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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
45ec41ed-b1da-4ebd-8fc1-deb834676bd1 | Urteilskopf
109 Ib 343
54. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Oktober 1983 i.S. X. AG gegen Steueramt und Bundessteuerrekurskommission des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 32 Abs. 3 OG
; Nachweis der Fristwahrung bei Eigendatierung einer Sendung mittels Frankiermaschinen.
Die eigene Datierung einer Sendung mit der Frankiermaschine ist kein Ersatz für den Poststempel, weil sie keine postamtliche Bescheinigung darstellt. Der Absender trägt das Risiko, den Nachweis für die rechtzeitige Postaufgabe mit andern tauglichen Mitteln erbringen zu müssen. | Sachverhalt
ab Seite 344
BGE 109 Ib 343 S. 344
Das Bundesgericht forderte die X. AG zur Leistung eines Kostenvorschusses bis zum 1. Februar 1983 auf. Bei der Bundesgerichtskanzlei ging am 9. Februar 1983 eine uneingeschriebene Briefsendung (mit einem vom 31. Januar 1983 datierten Check) ein, die als einzigen Stempel einen Frankaturmaschinen-Stempel per 31. Januar 1983 trug. Das Bundesgericht erachtete den Nachweis, dass die Sendung rechtzeitig der Post übergeben worden war, mit dem Frankaturmaschinen-Stempel als nicht erbracht:
Erwägungen
aus folgender Erwägung:
2.
a) Die eigene Datierung einer Sendung mit der Frankiermaschine ist kein Ersatz für den Poststempel; diese Datierung ist keine postamtliche Bescheinigung. Die Einstellung des Datums auf der Frankiermaschine ist manipulierbar; zudem ist die richtige Datierung mit der Frankiermaschine kein Beweis dafür, dass die Sendung am gleichen Tag zur Post gebracht wurde.
Insbesondere ist die Datierung mit der Frankiermaschine dann kein Beweis für das Aufgabedatum, wenn die Sendung erheblich verspätet bei der Rechtsmittelinstanz eintrifft (AGVE 1977, S. 53, wo der letzte Tag der Frist der 28. Februar war, die Sendung aber erst am 10. März 1977 beim Obergericht eintraf). Wie derjenige, der eine Sendung uneingeschrieben aufgibt, das Risiko trägt, dass der Poststempel rechtzeitig angebracht wird, so trägt derjenige, der eine Frankiermaschine mit Stempel benützt, das Risiko, dass die Sendung rechtzeitig beim Gericht eintrifft, denn einen Beweis für die rechtzeitige Postaufgabe hat er nicht.
b) Im vorliegenden Fall ist die Sendung erst am 9. Februar 1983 beim Bundesgericht eingegangen, obwohl sie den Frankaturmaschinen-Stempel vom 31. Januar 1983 trägt und der letzte Tag der Frist der 1. Februar 1983 war. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass sie schon am 31. Januar bzw. am 1. Februar (dem letzten Tag der Frist) aufgegeben wurde. Zwar ist es dem Absender
BGE 109 Ib 343 S. 345
grundsätzlich nicht verwehrt, den Nachweis für die fristgemässe Aufgabe mit anderen tauglichen Mitteln zu erbringen. Insbesondere wäre dazu der klare und unzweifelhafte Beweis durch unabhängige Zeugen geeignet. In
BGE 97 III 12
ff. wurde entschieden, dass auch die Ehefrau als Zeugin dafür, dass ihr Ehemann den Rechtsvorschlag vor ihren Augen am bestimmten Tag in den Briefkasten eingeworfen hat, einzuvernehmen sei, da das fragliche kantonale Prozessrecht das Zeugnis eines Ehegatten zulasse (a.a.O. 16 E. 2c). Eine andere Frage war dann allerdings, ob bei der Beweiswürdigung eine entsprechende Zeugenaussage als glaubwürdig erachtet werden konnte. Dies ist immer dann fraglich, wenn keine Umstände glaubhaft gemacht werden, welche den Verzicht auf den normalen Weg der eingeschriebenen Sendung erklären.
3.
(Es folgen Ausführungen, weshalb der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall keine tauglichen Beweismittel zur Verfügung stehen.) | public_law | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
45ef64d2-24cb-4d9f-9aa3-efdcebeb1540 | Urteilskopf
118 IV 197
35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Mai 1992 i.S. N. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Uri (Nichtigkeitsbeschwerde). | Regeste
Art. 23 Abs. 1,
Art. 28 SDR
;
Art. 90 Ziff. 2 SVG
; Beförderung gefährlicher Güter.
Wer im Besitze eines entsprechenden Unfallmerkblattes und in Kenntnis der SDR-Vorschriften mit 150 (anstelle der zulässigen 10) kg Essigsäure den Gotthard-Strassentunnel befährt, erfüllt den Tatbestand von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
. | Sachverhalt
ab Seite 197
BGE 118 IV 197 S. 197
A.-
N. fuhr am Dienstag, den 14. Februar 1989 mit seinem Lastwagen auf der N 2 in Göschenen Richtung Süd. Bei einer Polizeikontrolle vor dem Gotthard-Strassentunnel wurde festgestellt, dass er fünf Kanister "Essigsäure 98/100%" (Nettogewicht 150 kg) der SDR-Klasse 8 Ziff. 32b geladen hatte. Stoffe dieser SDR-Klasse dürfen je Beförderungseinheit nur in Mengen von weniger als 10 kg durch den Gotthard-Strassentunnel transportiert werden.
B.-
Das Landgericht Uri sprach N. mit Urteil vom 25. Juni 1991 schuldig der Verletzung von
Art. 23 Abs. 1 SDR
(SR 741.621) sowie von
Art. 27 Abs. 1 SVG
und
Art. 19 Abs. 1 lit. g SSV
und bestrafte ihn in Anwendung von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
mit einer Busse von Fr. 1'500.--.
Das Obergericht des Kantons Uri bestätigte dieses Urteil am 4. Dezember 1991.
C.-
Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt N. dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 118 IV 197 S. 198
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer stellt unter Vorbehalt der nachstehenden Erwägung betreffend den Versuch den Anklagesachverhalt nicht mehr in Abrede und räumt ausdrücklich ein, dass er damit
Art. 28 SDR
verletzt hat. Er wendet sich jedoch gegen eine Verurteilung wegen des Vergehenstatbestandes von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
.
Art. 90 Ziff. 2 SVG
ist objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit abstrakt oder konkret gefährdet. Subjektiv erfordert der Tatbestand, dass dem Täter aufgrund eines rücksichtslosen oder sonstwie schwerwiegend regelwidrigen Verhaltens zumindest eine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (
BGE 118 IV 86
E. 2a mit Hinweisen).
Nach Ansicht der Vorinstanz ist der objektive Tatbestand von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
aus den folgenden Gründen erfüllt: Essigsäure der vorliegenden Konzentration dürfe pro Beförderungseinheit nur in Mengen von weniger als 10 kg frei durch den Gotthard-Strassentunnel transportiert werden. Die Durchfahrt mit Mengen von mehr als 10 kg pro Beförderungseinheit sei verboten; es könne dafür auch keine Sonderbewilligung erteilt werden. Mit dem Transport von 150 kg des besagten Stoffes habe der Beschwerdeführer die höchstzulässige Menge an Gefahrengut um das Fünfzehnfache überschritten. Dies sei ein schwerwiegender Verstoss gegen die SDR-Vorschriften. Denn dieser Stoff könne bei einem Unfall farblose, am Boden sich ausbreitende, ätzende Dämpfe entwickeln und dabei mit Luft ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Bei einer derartigen Menge bestehe auch eine hohe abstrakte Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer. Der Gotthard-Strassentunnel werde im Gegenverkehr betrieben. Gleichzeitig könnten sich mehrere tausend Personen im Tunnel aufhalten. Die Folgen eines Unfalles, in den ein Fahrzeug mit verbotenen gefährlichen Gütern verwickelt werde, seien kaum vorstellbar.
Die Vorinstanz bejaht auch die subjektiven Voraussetzungen von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
: Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe nicht gewusst, dass er gefährliche Güter geladen habe, sei unbehelflich. Er habe die Art des Gefahrengutes gekannt und auch dessen Menge, habe er dieses doch selbst verladen. Auch anhand des Unfallmerkblattes habe er sich ein Bild über die Gefährlichkeit des transportierten Gutes machen können. Dennoch habe er es nicht für nötig gehalten, sich über die Zulässigkeit dieses Transportes zu erkundigen.
BGE 118 IV 197 S. 199
Ein solches Verhalten stelle auch subjektiv eine grobe Fahrlässigkeit dar.
Die Vorinstanz verletzt damit kein Bundesrecht. Die objektiven Voraussetzungen von
Art. 90 Ziff. 2 SVG
sind aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bezüglich des Gefährdungspotentials der transportierten Essigsäure im Falle eines Unfalls im Gotthard-Strassentunnel offensichtlich gegeben. Dasselbe gilt für die subjektiven Voraussetzungen: Der Beschwerdeführer stellt in seiner Nichtigkeitsbeschwerde nicht in Abrede, dass er die SDR-Vorschriften kannte. Die Vorinstanz hat offenbar nur deshalb nicht auf vorsätzliche Tatbegehung erkannt, weil dem Beschwerdeführer nicht nachgewiesen werden konnte, dass er um das tatsächliche Ausmass des Gefährdungspotentials, insbesondere bei einem Unfall mitten im Tunnel, wusste. Der Beschwerdeführer konnte sich jedoch aufgrund des Unfallmerkblattes ein Bild über das Gefahrenpotential machen. Wenn er dies nicht getan hat, dann hat er sich rücksichtslos über eine Vorschrift hinweggesetzt, die dazu dient, bei Unfällen im Gotthard-Strassentunnel Auswirkungen katastrophalen Ausmasses zu verhindern. | null | nan | de | 1,992 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
45f9bd78-7a71-4254-8ea0-5e9627debbe2 | Urteilskopf
116 II 625
111. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 19 décembre 1990 dans la cause société R. contre P. et Cour de justice du canton de Genève (recours de droit public) | Regeste
Anerkennung und Vollstreckung eines zivilen amerikanischen Abwesenheitsurteils in der Schweiz.
1. Ausnahme von der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 2).
2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 3).
3. Begriff und Inhalt des formellen Ordre public im Sinne von
Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG
. Gemilderter Ordre public bei der Anerkennung (E. 4a). Die Verletzung des prozessualen Ordre public wird vom Anerkennungsrichter nicht von Amtes wegen überprüft (E. 4b).
4. Die fehlende amtliche Zustellung des amerikanischen Abwesenheitsurteils verstösst nicht gegen den schweizerischen Ordre public (E. 4c). Tut dies die fehlende Urteilsbegründung? (E. 4d). | Sachverhalt
ab Seite 626
BGE 116 II 625 S. 626
A.-
Le 23 mai 1988, la société R. (ci-après: R.), domiciliée au Grand Caïman (Antilles britanniques), a assigné P., entre autres personnes, devant un tribunal américain (United States District Court for the Southern District of New York; ci-après: le Tribunal), aux fins d'obtenir le remboursement de fonds dont elle lui avait confié la gestion.
Initialement, P. était représenté par des avocats américains, qui ont répudié leur mandat en cours de procédure. Par ordonnance du 18 novembre 1988, le Tribunal lui a alors imparti un délai de 30 jours pour comparaître en personne ou désigner un avocat habilité à le remplacer, faute de quoi un jugement par défaut pourrait être prononcé contre lui. P., à qui ladite ordonnance a été communiquée, n'a pas obtempéré.
Le 3 février 1989, le Tribunal a rendu un jugement par défaut condamnant P. à payer à R. la somme de 60'910'330,67 US$. Ce jugement, dépourvu de motifs sur le fond, n'a pas été notifié à P. et est entré en force selon le droit américain.
BGE 116 II 625 S. 627
B.-
En février 1990, R. a fait séquestrer les biens de P. sis à Genève, puis a introduit une poursuite en validation de séquestre à laquelle le débiteur a fait opposition.
Statuant le 3 mai 1990, le Tribunal de première instance du canton de Genève a rejeté la requête de mainlevée déposée par R.
Par arrêt du 14 août 1990, la Cour de justice du canton de Genève a confirmé le jugement de première instance. Elle a estimé, à l'instar de l'autorité inférieure, que la décision étrangère était incompatible avec l'ordre public suisse.
C.-
R. forme un recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
Elle invite le Tribunal fédéral à annuler l'arrêt attaqué, à reconnaître et déclarer exécutoire le jugement américain, et à prononcer la mainlevée définitive de l'opposition. A titre subsidiaire, la recourante conclut au renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision.
L'intimé propose le rejet du recours et demande, subsidiairement, à pouvoir prouver les faits allégués dans sa réponse.
La Cour de justice a renoncé à se déterminer sur le recours.
Par ordonnance du 7 novembre 1990, le président de la Ire Cour civile a rejeté la requête d'effet suspensif présentée par la recourante.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
(Recevabilité du recours de droit public: voir
ATF 116 II 376
.)
2.
Saisi d'un recours de droit public dirigé contre une décision relative à l'exécution d'un jugement condamnatoire rendu par un tribunal étranger, le Tribunal fédéral peut être requis non seulement d'annuler la décision attaquée, mais aussi d'accorder ou de refuser lui-même la mainlevée, lorsque la situation est claire (
ATF 102 Ia 409
consid. 1c et les arrêts cités,
ATF 101 Ia 160
consid. 4). La conclusion de la recourante tendant au prononcé de la mainlevée est donc recevable en principe. Force est toutefois de constater, en l'espèce, que la Cour de justice n'a pas du tout examiné le bien-fondé de la demande de mainlevée au regard du droit des poursuites. En outre, la lecture de l'arrêt cantonal ne permet pas de savoir si l'intimé a soulevé ou non des objections à l'encontre de cette demande. Partant, si le présent recours devait être admis, le Tribunal fédéral ne serait pas en mesure d'accorder lui-même la mainlevée et il devrait se borner à annuler l'arrêt entrepris.
BGE 116 II 625 S. 628
3.
a) Aux termes de l'
art. 25 LDIP
, une décision étrangère est reconnue en Suisse si la compétence des autorités judiciaires ou administratives de l'Etat dans lequel la décision a été rendue était donnée (let. a), si la décision n'est plus susceptible de recours ordinaire ou si elle est définitive (let. b), et s'il n'y a pas de motif de refus au sens de l'art. 27 (let. c). Les deux premières conditions ne sont pas litigieuses. Les parties disputent, en revanche, de la question de savoir si la décision étrangère a été rendue en violation de principes fondamentaux ressortissant à la conception suisse du droit de procédure.
b) Lorsque l'application du droit fédéral - en l'occurrence la LDIP - lui est soumise par la voie du recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
(
art. 84 al. 1 let. a OJ
), le Tribunal fédéral ne l'examine que sous l'angle de l'arbitraire. Que l'on ait affaire ici à une décision relative à l'octroi de la mainlevée n'y change rien: le Tribunal fédéral ne revoit pas librement ce genre de décisions, lesquelles ne peuvent être l'objet ni d'un recours en réforme (
ATF 93 II 437
consid. 2) ni, contrairement à ce que suggère la recourante, d'un recours à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral (BlSchK 40/1976, p. 149 ss, n. 49). L'arrêt attaqué ne sera donc annulé que s'il viole gravement une norme ou un principe juridique clair et indiscuté, ou s'il contredit d'une manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité (
ATF 116 II 29
consid. 5 et les références).
Sans doute le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral est-il plus limité, lorsque la décision en cause a été rendue en application des dispositions de la LDIP sur la reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers, que lorsqu'elle a été prise sur la base d'un traité bilatéral ou multilatéral réglant la question (
art. 84 al. 1 let
. c OJ). Ce n'est là, toutefois, qu'une conséquence du système de recours institué par la loi. Le Tribunal fédéral ne peut que s'en accommoder, même si elle l'empêche d'assurer pleinement l'application uniforme du droit fédéral en ce domaine. Partant, cet état de choses ne justifie pas une extension de son pouvoir d'examen en la matière ni une interprétation plus large de la notion d'arbitraire (d'un autre avis: HAUSER, Zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Leistungsurteile in der Schweiz, in Festschrift für Max Keller, p. 608).
4.
La Cour de justice a refusé de reconnaître la décision étrangère, en s'appuyant sur l'
art. 27 al. 2 let. b LDIP
. L'intimé avait soutenu, devant elle, que l'incompatibilité du jugement
BGE 116 II 625 S. 629
américain avec l'ordre public suisse en matière de procédure, réservé par cette disposition, tenait au fait que ledit jugement, rendu par défaut, ne lui avait pas été notifié et ne comportait pas de motifs sur le fond. La cour cantonale n'a retenu que cette seconde objection. Dans sa réponse au recours, l'intimé n'en maintient pas moins la première. On ne saurait le lui reprocher. En effet, comme il n'a pas d'intérêt à former un recours de droit public contre une décision qui lui est favorable, il doit pouvoir soutenir présentement que la Cour de justice a écarté de manière arbitraire la première objection, pour le cas où le Tribunal fédéral serait amené à casser ladite décision, en admettant le bien-fondé du grief de la recourante dirigé contre la seconde objection (ATF
ATF 101 Ia 531
consid. 5,
ATF 89 I 523
consid. 4; voir aussi l'
ATF 86 I 225
).
a) La reconnaissance d'une décision étrangère doit être refusée, entre autres motifs, si une partie établit que cette décision a été rendue en violation de principes fondamentaux ressortissant à la conception suisse du droit de procédure, notamment que ladite partie n'a pas eu la possibilité de faire valoir ses moyens (
art. 27 al. 2 let. b LDIP
). Outre la violation de l'ordre public matériel (
art. 27 al. 1 LDIP
), le législateur a donc érigé en motif de refus celle de l'ordre public formel, consacrant ainsi la jurisprudence établie par l'arrêt
ATF 85 I 47
(consid. 4a) et confirmée ultérieurement (
ATF 111 Ia 14
consid. 2a et les arrêts cités), selon laquelle la réserve de l'ordre public ne vise pas seulement le contenu de la décision en cause, mais aussi la procédure qui a été suivie à l'étranger (sur cette question, voir également le Message du Conseil fédéral du 10 novembre 1982 concernant la loi fédérale sur le droit international privé, FF 1983 I 316ss).
L'ordre public suisse exige le respect des règles fondamentales de la procédure civile, garanti par l'
art. 4 Cst.
(
ATF 111 Ia 14
consid. 2a et les arrêts cités). Ce sont, notamment, la citation régulière, un déroulement équitable de la procédure, le droit d'être entendu et l'absence d'une procédure identique déjà pendante en Suisse ou d'un jugement en force ayant déjà été rendu dans la même affaire (
art. 27 al. 2 LDIP
; FF 1983 I 318; sur ce point, cf., dans la doctrine récente, HAUSER, op.cit., p. 596/597; WALDER, Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, p. 142 ss, n. 103; DUBLER, La reconnaissance et l'exécution des décisions étrangères en Suisse, in: Rapports suisses présentés au XIIe Congrès international de droit comparé, Sydney/Melbourne 1986, p. 55 ss; STOJAN, Die Anerkennung und Vollstreckung
BGE 116 II 625 S. 630
ausländischer Zivilurteile in Handelssachen, thèse Zurich 1986, p. 155 ss; plus généralement, cf. GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, p. 102; BAUR, Einige Bemerkungen zum Verfahrensrechtlichen ordre public, in Festschrift für Max Guldener, p. 2 ss).
La réserve de l'ordre public, en tant que clause d'exception, doit être interprétée de manière restrictive. Il en va tout spécialement ainsi en matière de reconnaissance et d'exécution de jugements étrangers où l'on a affaire à des rapports juridiques qui ont force de chose jugée ou qui sont définitivement acquis à l'étranger. En refusant de les reconnaître en Suisse, on créerait des rapports juridiques boiteux. C'est pourquoi on ne peut invoquer la réserve de l'ordre public suisse que si la contradiction avec le sentiment suisse du droit et des moeurs est sérieuse. Autrement dit, la reconnaissance constitue la règle, dont il ne faut pas s'écarter sans de bonnes raisons. Dans ce domaine, la doctrine emploie, à juste titre, les termes d'"ordre public atténué de la reconnaissance" ou d'"effet atténué de l'ordre public" (
ATF 109 Ib 235
consid. 2a et les arrêts cités; FF 1983 I 318; DUBLER, op.cit., p. 55; NIEDERMANN, Die ordre public-Klauseln in den Vollstreckungsverträgen des Bundes und den kantonalen Zivilprozessgesetzen, thèse Zurich 1976, p. 177 ss et les références).
b) Contrairement à la pratique antérieure (
ATF 105 Ib 47
), sous l'empire de la LDIP le juge de la reconnaissance n'examine plus d'office la violation de l'ordre public procédural; il ne le fait que si une partie invoque ce moyen (
art. 27 al. 2 LDIP
; FF 1983 I 318/319; WALDER, op.cit., p. 143, n. 172; le même, Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile unter besonderer Berücksichtigung schweizerischer Sicht, in: Zeitschrift für Zivilprozess (ZZP) 103/1990, p. 341 ss). La partie qui s'oppose à la reconnaissance et à l'exécution doit donc alléguer et établir que la procédure suivie à l'étranger a méconnu les principes fondamentaux respectés par l'ordre juridique suisse.
c) La Cour de justice a refusé à bon droit de considérer l'absence de notification officielle du jugement par défaut à l'intimé comme une violation de l'ordre public suisse.
L'intéressé ne prétend pas que le jugement du 3 février 1989 ne serait pas entré en force selon le droit américain, faute d'une telle notification. Au reste, semblable objection tomberait manifestement à faux, attendu que, selon la règle 77 (d) de la procédure civile des Etats-Unis (Federal Rules of Civil Procedure for the United
BGE 116 II 625 S. 631
States District Courts), le jugement ne doit être notifié qu'à la partie non défaillante. Il appartenait donc à l'intimé, qui n'avait pas décliné la compétence des autorités judiciaires américaines ni contesté l'applicabilité des règles de procédure de ce pays, de prendre toutes les mesures nécessaires à la sauvegarde de ses droits (
ATF 101 Ia 8
consid. 2). Au lieu de cela, il a renoncé à se défendre. Il savait, pourtant, qu'une telle attitude entraînerait un jugement par défaut, puisque l'ordonnance du 18 novembre 1988, qu'il avait reçue, le précisait expressément. Partant, la cour cantonale n'est nullement tombée dans l'arbitraire en tenant pour compatible avec l'ordre public suisse le fait que ce jugement n'avait pas été notifié au défaillant, conformément au droit de procédure américain. Son point de vue est d'autant plus défendable que le droit de procédure suisse admet, lui aussi, dans certains cas, que les notifications soient faites par publication (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3e éd., p. 253 ss). Il en va notamment ainsi lorsque l'adresse du destinataire est inconnue (
art. 11 et 70 al. 3 PCF
) ou encore lorsqu'une partie domiciliée à l'étranger n'a pas élu en Suisse un domicile où les notifications auraient pu lui être adressées (
art. 29 al. 4 OJ
). On relèvera, dans cet ordre d'idées, que le Tribunal, dans son ordonnance du 18 novembre 1988, avait formellement invité l'intimé à désigner un avocat habilité à le représenter et à recevoir les communications officielles (cf.
ATF 97 I 261
in fine). Au demeurant, la Cour de justice n'a fait qu'appliquer la jurisprudence du Tribunal fédéral en la matière (arrêt non publié du 19 décembre 1979, en la cause Warmbrunn c. Geddes, consid. 4). Force est, dès lors, de constater qu'elle n'a pas violé l'
art. 4 Cst.
en refusant de considérer le défaut de notification du jugement étranger comme un motif de refus au sens de l'
art. 27 al. 2 let. b LDIP
.
d) Le jugement américain ne comporte pas de motifs sur le fond. Pour la cour cantonale, ce défaut de motivation serait contraire à l'ordre public suisse.
Selon la jurisprudence relative à la Convention germano-suisse du 2 novembre 1929 concernant la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires et de sentences arbitrales (RS 0.276.191.361), l'exécution d'un jugement par défaut rendu en Allemagne et qui, conformément au code de procédure civile de ce pays, ne contient ni exposé des faits, ni motifs, n'est pas contraire à l'ordre public suisse (
ATF 103 Ia 199
ss et les arrêts cités; DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, Répertoire de droit
BGE 116 II 625 S. 632
international privé suisse, vol. 2, p. 197, n. 118). Le Tribunal fédéral avait exprimé le même avis en 1936 déjà à propos de l'exécution d'une sentence arbitrale anglaise (
ATF 62 I 143
ss). Telle est aussi l'opinion émise en doctrine relativement à la Convention franco-suisse du 15 juin 1869 sur la compétence judiciaire et l'exécution des jugements en matière civile (RS 0.276.193.491; DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, op.cit., p. 105, n. 443) et à celle qui a été conclue le 16 décembre 1960 avec l'Autriche (RS 0.276.191.632; DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, op.cit., p. 288, n. 12).
Cette jurisprudence doit être maintenue en tout cas pour les jugements par défaut et à la condition que la partie défaillante ait été invitée sans succès à prendre les mesures nécessaires à la sauvegarde de ses droits procéduraux (cf.
art. 29 al. 1 let
. c LDIP). Il est normal que celui qui se désintéresse du procès dans lequel il est impliqué en supporte les conséquences et doive souffrir, le cas échéant, qu'un jugement par défaut soit rendu sur la base des seules allégations de la partie non défaillante. Sans doute le droit fédéral prescrit-il au juge suisse d'examiner d'office, nonobstant le défaut du défendeur, si les faits allégués par le demandeur permettent d'admettre le bien-fondé de ses conclusions au regard du droit applicable (GULDENER, dernier op.cit., p. 270, note de pied 37, let. b). Toutefois, cette exigence, dont on peut aussi déduire l'obligation de motiver le jugement sur le fond, n'est qu'une émanation du principe rendu par l'adage jura novit curia, lequel ne fait, à l'évidence, pas partie intégrante de l'ordre public suisse. Le droit interne exclut d'ailleurs l'application de ce principe dans certaines procédures (cf., par exemple, l'
ATF 110 Ia 4
consid. 2a). On ajoutera que l'obligation qui est faite au juge de motiver ses décisions, telle qu'elle découle du droit d'être entendu garanti par l'
art. 4 Cst.
, vise à permettre au justiciable de saisir la portée du jugement qui lui donne tort, afin qu'il puisse l'attaquer à bon escient (
ATF 114 Ia 242
consid. 2). Or, l'intimé a été informé officiellement que son inaction conduirait au prononcé d'un jugement par défaut. Il ne pouvait donc ignorer que, s'il persistait à se tenir à l'écart de la procédure en cours, le Tribunal statuerait sur le vu des allégations de fait et des arguments de droit de la partie adverse, sur lesquels il fonderait son jugement. C'est dire que l'intéressé n'avait pas besoin de connaître les motifs de ce jugement pour en saisir le sens. Admissible en l'espèce même sous l'angle de l'
art. 4 Cst.
, l'absence de motivation du jugement par défaut rendu
BGE 116 II 625 S. 633
aux Etats-Unis ne saurait donc constituer une violation de l'ordre public suisse.
Se référant à l'arrêt
ATF 103 Ia 205
, la Cour de justice expose, par ailleurs, que la renonciation à l'exigence de motivation suppose que la partie défaillante ait eu la possibilité de faire opposition au jugement par défaut et de rétablir ainsi sans autre formalité la procédure dans sa situation initiale. Or, poursuit-elle, la recourante ne s'est pas prononcée sur cette possibilité. Ce faisant, elle renverse sans raison le fardeau de la preuve, tel qu'il découle de l'
art. 27 al. 2 LDIP
. Il n'incombait, en effet, pas à la recourante d'établir l'existence d'un moyen de droit susceptible de provoquer la mise à néant du jugement par défaut, mais bien plutôt à l'intimé de rapporter la preuve du contraire puisque c'est lui qui se prévalait du défaut de motivation pour s'opposer à la reconnaissance et à l'exécution dudit jugement. Les conséquences de l'absence de preuve sur ce point doivent dès lors être supportées par l'intimé. Celui-ci ne prétend du reste pas avoir invoqué l'absence d'une voie de droit comme motif de refus, et la Cour de justice admet que le jugement américain pouvait être l'objet d'un appel. L'intimé rétorque qu'il lui était matériellement impossible d'attaquer un jugement qui ne lui avait pas été notifié. Il doit cependant se laisser opposer le fait qu'il a renoncé à participer au procès, sur le conseil de ses avocats, après avoir été formellement averti qu'un tel comportement l'exposerait à un jugement par défaut. De surcroît, comme les connaissances de ses mandataires quant à la portée et aux modalités d'un jugement par défaut doivent lui être imputées, il est censé avoir su que le droit de procédure américain ne prévoit pas la notification de tels jugements à la partie défaillante. Pour cette raison, une violation de l'ordre public peut être exclue d'emblée en l'espèce. Point n'est, dès lors, besoin de décider si l'ordre public suisse ne tolère un jugement par défaut non motivé qu'à la condition qu'il puisse être mis à néant sans autre formalité - c'est-à-dire par une opposition non soumise à l'exigence de motivation - ou s'il tient pour suffisante, à cet égard, la possibilité de former un recours contre ce type de jugements. Il est vrai que, dans l'arrêt précité, le Tribunal fédéral, examinant la situation sous l'angle des
art. 4 Cst.
et 6 CEDH, paraît avoir mis l'accent sur la possibilité de rétablir la procédure dans son état initial par une simple opposition non motivée. Cela ne signifie pas pour autant que l'absence d'un tel moyen de droit implique toujours une violation de l'ordre public suisse. Il n'en va en tout cas pas ainsi dans
BGE 116 II 625 S. 634
l'hypothèse où la partie défaillante savait qu'un procès était pendant, avait la possibilité d'y participer, mais y a renoncé en connaissance de cause après avoir été menacée d'un jugement par défaut. Toute autre solution reviendrait à privilégier la partie qui s'est désintéressée de la conduite de son procès et, par voie de conséquence, à pénaliser celle qui a satisfait aux exigences du droit de procédure. Dans le cas particulier, le fait que l'intimé avait la possibilité de former un recours contre le jugement par défaut apparaît, dès lors, suffisant.
5.
L'arrêt attaqué viole donc manifestement l'
art. 27 al. 2 let. b LDIP
en tant qu'il fait de la motivation du jugement par défaut américain un principe fondamental ressortissant à la conception suisse du droit de procédure, au sens de cette disposition. Il est ainsi arbitraire et, partant, doit être annulé. | public_law | nan | fr | 1,990 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
45fb73ac-5e3a-44c2-acbe-6f6a6de0ac9f | Urteilskopf
137 III 1
1. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. S. gegen V. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_521/2010 vom 4. November 2010 | Regeste
Art. 264 ff. ZGB
; Zustimmung der Eltern zur Adoption; Untersuchungsgrundsatz.
Weder die Adoption einer mündigen Person noch die Adoption eines Kindes, das während des Adoptionsverfahrens mündig wird, bedürfen der Zustimmung der Eltern. Der Eintritt der Mündigkeit während der Rechtsmittelfrist ist von der oberen kantonalen Instanz zu berücksichtigen (E. 2-5). | Sachverhalt
ab Seite 1
BGE 137 III 1 S. 1
T., geboren im Februar 1992, ist die eheliche Tochter von M. und V., die 1991 geheiratet hatten. Das Amtsgericht schied die Ehe und stellte T. unter die elterliche Sorge ihrer Mutter M. (Urteil vom 4. Juli 1997). Ihre Mutter schloss 2002 die Ehe mit S. 2009 stellte
BGE 137 III 1 S. 2
S. das Gesuch, ihm die Adoption seiner Stieftochter T. zu bewilligen und von der Zustimmung des leiblichen Vaters V. abzusehen. Die Direktion des Innern des Kantons Zug wies das Adoptionsgesuch ab, weil der leibliche Vater seine Zustimmung zur Adoption nicht zu erteilen bereit sei und von seiner Zustimmung nicht abgesehen werden dürfe (Verfügung vom 27. Januar 2010). Die von S. dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug ab. Es hielt dafür, die inzwischen eingetretene Mündigkeit von T. könne nicht mehr berücksichtigt werden und teilte in der Sache die erstinstanzliche Beurteilung, von der verweigerten Zustimmung des leiblichen Vaters dürfe nicht abgesehen werden (Urteil vom 27. Mai 2010). Dem Bundesgericht beantragt S. (Beschwerdeführer), die Adoption gemäss Gesuch auszusprechen, eventuell die Sache an die kantonale Direktion des Innern zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht und V. (Beschwerdegegner) schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache an die kantonale Direktion des Innern zurück.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer hat sein Adoptionsgesuch in einem Zeitpunkt eingereicht, als seine Stieftochter noch unmündig war. Nach dem erstinstanzlichen Entscheid ist die Stieftochter während laufender Rechtsmittelfrist mündig geworden. Es stellt sich zunächst die Frage, welche Bedeutung dem Erreichen des Mündigkeitsalters im hängigen Adoptionsverfahren zukommt. Das mit der ZGB-Revision von 1972/73 neu geschaffene Adoptionsrecht unterscheidet den Regelfall der Unmündigenadoption (
Art. 264 ff. ZGB
) und den Ausnahmefall der Erwachsenenadoption (
Art. 266 ZGB
), verknüpft die beiden Arten von Adoptionen aber durch Verweise (
Art. 266 Abs. 3 und
Art. 268 Abs. 3 ZGB
), deren Tragweite unklar ist und durch Gesetzesauslegung zu ermitteln ist (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen:
BGE 136 II 149
E. 3 S. 154 und 187 E. 7.3 S. 194;
BGE 136 III 23
E. 6.6.2.1 S. 37).
3.
Gemäss
Art. 266 ZGB
darf eine mündige oder entmündigte Person adoptiert werden, wenn Nachkommen fehlen und einer der drei im Gesetz genannten besonderen Gründe vorliegt (Abs. 1 ) und im Falle der Adoption einer verheirateten Person deren Ehegatte zustimmt (Abs. 2). Im Übrigen finden gemäss
Art. 266 Abs. 3 ZGB
die
BGE 137 III 1 S. 3
Bestimmungen über die Adoption Unmündiger entsprechende Anwendung. Die Unmündigenadoption setzt unter anderem die Zustimmung der Eltern des Kindes voraus (
Art. 265a-265d ZGB
). Es stellt sich heute die Frage, ob "entsprechende" ("par analogie"; "analogicamente") Anwendung auch umfasst, dass eine mündige Person nur adoptiert werden darf, wenn deren Eltern zustimmen.
3.1
Gemäss
Art. 265 Abs. 2 ZGB
von 1907/12 konnte die Annahme einer unmündigen oder entmündigten Person, auch wenn sie urteilsfähig war, nur mit Zustimmung ihrer Eltern oder der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde erfolgen. Diese Vorschrift über die Kindesannahme bedeutete umgekehrt, dass ein mündiges Kind sich ohne Zustimmung seiner Eltern adoptieren lassen konnte (vgl.
BGE 97 I 619
E. 4b S. 623). Gemäss den Vorarbeiten zum Adoptionsrecht sollte daran offenbar nichts geändert werden (vgl. die Nachweise bei HEGNAUER, Berner Kommentar, 1984, N. 29 zu
Art. 266 ZGB
). Eine derartige Absicht des Gesetzgebers ergibt sich unmittelbar weder aus der Botschaft des Bundesrates (BBl 1971 I 1200, 1223 Ziff. 3.5.1.3.1) noch aus der Beratung in den Räten (AB 1971 S 724 f.; AB 1972 N 588-590, N 606-609, S 396 und N 1001). Die Frage wurde nicht angesprochen. Die Berichterstatter der Mehrheit im Nationalrat haben als Hauptanwendungsfall der Erwachsenenadoption immerhin die neu eingefügte sog. Nachadoption gemäss
Art. 12c SchlT ZGB
bezeichnet (Voten Copt und Frau Blunschy, AB 1972 N 588 f.). Übergangsrechtlich kann aufgrund dieser Vorschrift eine mündige oder entmündigte Person nach den neuen Bestimmungen über die Adoption Unmündiger adoptiert werden, wenn das bisherige Recht die Adoption während ihrer Unmündigkeit nicht zugelassen hat, die Voraussetzungen des neuen Rechts aber damals erfüllt gewesen wären. Für diesen Fall einer Erwachsenenadoption hat der Gesetzgeber in
Art. 12c Abs. 2 SchlT ZGB
ausdrücklich vorgesehen, dass die Vorschriften des bisherigen und des neuen Rechts über die Zustimmung der Eltern zur Adoption Unmündiger keine Anwendung finden. Der Ausschluss des Zustimmungserfordernisses wurde zwar auch nicht näher erörtert (AB 1972 N 629, S 398 f. und N 1001), gestattet aber immerhin den Schluss, dass für den Gesetzgeber selbstverständlich gewesen sein muss, eine mündige Person dürfe ohne Zustimmung ihrer Eltern adoptiert werden.
3.2
Abweichendes ergibt sich insbesondere auch aus dem Zweck der Regelung nicht. Das Zustimmungserfordernis der Eltern ist mit Rücksicht darauf, dass die Adoption die Bande zwischen dem Kind
BGE 137 III 1 S. 4
und seinen leiblichen Eltern praktisch endgültig zerschneidet, Ausfluss ihres Persönlichkeitsrechts (vgl.
BGE 113 Ia 271
E. 7a S. 277;
BGE 132 III 359
E. 4.3.1 S. 369) und nicht etwa der elterlichen Sorge (vgl.
BGE 104 II 65
E. 3 S. 66). Dieses Recht der leiblichen Eltern, der Adoption ihres Kindes zuzustimmen, besteht in den gesetzlichen Schranken gegenüber dem unmündigen Kind (
Art. 265a-d ZGB
). Wird das Kind aber mündig, kommt seine Persönlichkeit und insbesondere sein Selbstbestimmungsrecht voll zur Entfaltung und überwiegt sein Interesse an der Adoption durch einen Dritten das gegenteilige Interesse seiner Eltern am Fortbestand des Kindesverhältnisses (vgl. zur praktisch einhelligen Lehre: MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4. Aufl. 2009, S. 165 N. 320, mit Hinweisen, und STETTLER, Das Kindesrecht, SPR Bd. III/2, 1992, § 7/VI/D/4 S. 118 f.).
3.3
Die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Adoption Unmündiger auf die Erwachsenenadoption (
Art. 266 Abs. 3 ZGB
) bedeutet aus den dargelegten Gründen nicht, dass eine mündige Person nur adoptiert werden darf, wenn deren Eltern zustimmen. Eine mündige Person kann sich vielmehr ohne Zustimmung ihrer Eltern adoptieren lassen. Der vereinzelt anzutreffenden Feststellung, die leiblichen Eltern hätten der Adoption ihres mündigen Kindes zugestimmt (z.B.
BGE 106 II 278
E. 3 S. 280), kommt rechtlich insoweit keine Bedeutung zu.
4.
Der Gesetzgeber hat nicht nur die Adoption Unmündiger und die Adoption Mündiger oder Entmündigter je für sich geregelt, sondern in
Art. 268 Abs. 3 ZGB
auch den Fall, dass die zu adoptierende Person zu Beginn des Verfahrens noch unmündig sein kann, vor Abschluss des Verfahrens aber das Mündigkeitsalter erreicht. Wird gemäss
Art. 268 Abs. 3 ZGB
das Kind nach Einreichung des Adoptionsgesuches mündig, so bleiben die Bestimmungen über die Adoption Unmündiger anwendbar, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren ("si les conditions étaient réalisées auparavant"; "se le pertinenti condizioni erano precedentemente adempite"). Es stellt sich wiederum die Frage, ob der Verweis auf die Bestimmungen über die Adoption Unmündiger auch das Erfordernis der Zustimmung der Eltern umfasst, d.h. ob die Adoption eines Kindes, das bei Einreichung des Adoptionsgesuches noch unmündig war, im Zeitpunkt des Adoptionsentscheids aber mündig ist, die Zustimmung der leiblichen Eltern voraussetzt.
4.1
Der Wortlaut von
Art. 268 Abs. 3 ZGB
lässt keinen Vorbehalt erkennen, so dass gestützt darauf anzunehmen wäre, die
BGE 137 III 1 S. 5
Zustimmung der Eltern sei eine Adoptionsvoraussetzung, obschon die zu adoptierende Person bereits mündig ist. Dass gleichwohl nicht von einem klaren Wortlaut ausgegangen werden darf, verdeutlichen die vorstehenden Ausführungen, wonach sich eine mündige Person ohne Zustimmung ihrer Eltern adoptieren lassen darf (E. 3). Die Fälle unterscheiden sich insofern, als die Mündigkeit der zu adoptierenden Person bei der Erwachsenenadoption von Beginn an besteht, während sie bei
Art. 268 Abs. 3 ZGB
im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung fehlt und erst im Verlaufe des Verfahrens eintritt. Die praktisch einhellige Lehre vertritt die Ansicht, die Zustimmung der Eltern sei auch im zweiten Fall nicht mehr nötig (CYRIL HEGNAUER, Adoption eines Stiefkindes bei Eintritt der Mündigkeit während des Verfahrens [
Art. 268 Abs. 3 ZGB
], ZVW 42/1987 S. 49 ff.; MEIER/STETTLER, a.a.O., S. 165 N. 320 und S. 174 f. N. 329, mit Hinweisen, und STETTLER, a.a.O., § 9/IV/B S. 150).
4.2
Die Materialien zu
Art. 268 Abs. 3 ZGB
sind nicht schlüssig. Eine Bestimmung dieses Inhalts wird erstmals von der Kommission des Nationalrats beantragt, der den Vorschlag in der Folge aber nicht diskutiert, sondern - wie zuvor der Ständerat als Erstrat (AB 1971 S 726-732) - die Frage erörtert, ob ein Gericht oder eine andere Behörde über die Adoption entscheiden soll (AB 1972 N 609-617). Während die Zuständigkeitsfrage den Ständerat in der Differenzbereinigung weiter beschäftigt hat, ist die Zustimmung zum heutigen
Art. 268 Abs. 3 ZGB
diskussionslos erfolgt (AB 1972 S 396-398). Die Materialien geben unmittelbar keine Antwort auf die gestellte Frage.
4.3
Wiederum drängt sich der Vergleich mit dem Tatbestand der sog. Nachadoption auf. Gemäss
Art. 12c Abs. 1 SchlT ZGB
kann eine mündige oder entmündigte Person nach den neuen Bestimmungen über die Adoption Unmündiger adoptiert werden, wenn das bisherige Recht die Adoption während ihrer Unmündigkeit nicht zugelassen hat, die Voraussetzungen des neuen Rechts aber damals erfüllt gewesen wären. Übergangsrechtlich wird damit der gleiche Fall geregelt wie in
Art. 268 Abs. 3 ZGB
mit Bezug auf Veränderungen während des Adoptionsverfahrens. Hier wie dort werden auf eine mündige Person die Bestimmungen über die Adoption Unmündiger angewendet, wenn deren Voraussetzungen vorher - d.h. zur Zeit der Unmündigkeit bzw. unter Herrschaft des früheren Rechts der Kindesannahme - erfüllt waren. Beiden Regelungen liegen somit die gleichen Interessen und Wertungen zugrunde. Dass der
BGE 137 III 1 S. 6
Gesetzgeber bei der sog. Nachadoption das Erfordernis der elterlichen Zustimmung ausdrücklich ausgeschlossen hat (
Art. 12c Abs. 2 SchlT ZGB
), im Fall von
Art. 268 Abs. 3 ZGB
hingegen nicht, legt den Schluss nahe, der Gesetzgeber habe die Frage im Fall von
Art. 268 Abs. 3 ZGB
nicht bedacht und hätte sie, wenn ihm die Frage gestellt worden wäre, gleich beantworten wollen wie bei der sog. Nachadoption.
4.4
Der Schluss wird vom Zweck der Regelung in
Art. 268 Abs. 3 ZGB
bestätigt. Allein wegen der Dauer, die das Adoptionsverfahren beansprucht, soll das Kind keine Nachteile erleiden. Verändern sich die tatsächlichen Verhältnisse während des Verfahrens, sind diese Änderungen beim Adoptionsentscheid insoweit zu berücksichtigen, als sie geeignet sind, das Kindeswohl zu beeinflussen (vgl. Urteil 5A_619/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 4.2, zusammengefasst in: ZVW 64/2009 S. 127). Dem Kindeswohl aber dürfte besser entsprechen, dass das mündig gewordene Kind frei und ungeachtet der Zustimmung oder Ablehnung seiner leiblichen Eltern darüber entscheiden kann, ob es von der Person oder den Personen adoptiert werden will, mit denen es zuletzt in Hausgemeinschaft zusammengelebt hat (
Art. 264 ZGB
). Der Verweis in
Art. 268 Abs. 3 ZGB
auf die Bestimmungen über die Adoption Unmündiger dient somit nicht der Wahrung elterlicher Zustimmungsrechte, sondern will die Benachteiligung des im Verlaufe des Adoptionsverfahrens mündig gewordenen Kindes vermeiden, dessen Adoption nach den strengen Voraussetzungen der Erwachsenenadoption oftmals ausgeschlossen wäre (
Art. 266 ZGB
; vgl. für die Adoption eines mündigen Stiefkindes:
BGE 106 II 278
E. 4 S. 280 ff.) und den Erwerb des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Adoptiveltern zudem nicht bewirken könnte (
Art. 267a ZGB
).
4.5
Als Auslegungsergebnis kann festgehalten werden, dass die Zustimmung der leiblichen Eltern des Kindes nicht erforderlich ist, wenn das Kind nach Einreichung des Adoptionsgesuchs mündig wird. Nach ihrem Zusammenhang und Zweck ist die Regelung in
Art. 268 Abs. 3 ZGB
dahin gehend auszulegen, dass in Fällen, in denen das Kind nach Einreichung des Gesuchs mündig wird, mit Ausnahme der Vorschriften über die Zustimmung der Eltern die Bestimmungen über die Adoption Unmündiger anwendbar bleiben, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren. Ob auch andere Veränderungen als das Erreichen des Mündigkeitsalters während eines Adoptionsverfahrens Ausnahmen von der Verweisung in
Art. 268
BGE 137 III 1 S. 7
Abs. 3 ZGB
nahelegen, ist heute nicht zu entscheiden (vgl. dazu HEGNAUER, Berner Kommentar, 1984, N. 28 ff. zu
Art. 268 ZGB
).
5.
Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die Tatsache zu berücksichtigen, dass die zu adoptierende Stieftochter des Beschwerdeführers zwischen den Instanzen mündig geworden ist.
5.1
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Unmündigenadoption die Zustimmung der leiblichen Eltern nicht mehr benötigt wird, wenn das zu adoptierende Kind während der Verfahrensdauer mündig wird. Es hat zwar dafürgehalten, neu eingetretene Tatsachen wie hier die Mündigkeit des Kindes könnten im Rechtsmittelverfahren berücksichtigt werden, wenn wichtige prozessökonomische Gründe dafür sprächen, der Streitgegenstand nicht verändert werde und keine neuen Ermessensfragen aufgeworfen würden. Diese Voraussetzungen seien vorliegend jedoch nicht erfüllt. Würde nämlich die Mündigkeit des Kindes berücksichtigt und von der Zustimmung des leiblichen Elternteils abgesehen, änderte sich der Streitgegenstand in dem Sinne, als in (noch) umfassenderer Weise geprüft und entschieden werden müsste, ob die anbegehrte Adoption dem Kindeswohl diene, was die Beweggründe dazu seien, wie die Einstellung der anderen Nachkommen sei usw. Diese vertieft zu treffenden Abklärungen wie auch der im Rahmen des zulässigen Ermessens zu fällende Entscheid würden aber im Kompetenzbereich der Vorinstanz liegen. Die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens eingetretene Mündigkeit sei daher im vorliegenden Verfahren nicht zu beachten.
5.2
Gemäss
Art. 268a Abs. 1 ZGB
darf die Adoption erst nach umfassender Untersuchung aller wesentlichen Umstände, nötigenfalls unter Beizug von Sachverständigen, ausgesprochen werden. Die Verfahrensbestimmung legt weiter fest, welche Umstände namentlich abzuklären sind (
Art. 268a Abs. 2 ZGB
). Sie schreibt für das Adoptionsverfahren den Untersuchungsgrundsatz vor (vgl.
BGE 135 III 80
E. 3.4 S. 87). Soweit sie die Prüfung des Kindeswohls zu beeinflussen geeignet sind, müssen während des Adoptionsverfahrens neu eingetretene Tatsachen und die dazugehörigen Beweismittel - selbst in der Rechtsmittelinstanz - berücksichtigt werden. Denn massgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung in der Sache (vgl. dazu Urteil 5A_619/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 4, zusammengefasst in: ZVW 64/2009 S. 127).
5.3
Den bundesrechtlichen Anforderungen entsprechend sieht § 63 Abs. 4 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zug vom
BGE 137 III 1 S. 8
1. April 1976 (BGS 162.1; nachfolgend: VRG) vor, dass die Anbringung neuer Tatsachen und die Bezeichnung neuer Beweismittel in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig sind. Allein die Auslegung durch das Verwaltungsgericht verhindert somit, dass die nach dem Wortlaut von § 63 Abs. 4 VRG zulässige neue und für das Kindesinteresse wesentliche Tatsache der Mündigkeit im kantonalen Adoptionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Die Auslegung einer kantonalen Novenrechtsregelung aber, die Sinn und Geist des bundesgesetzlichen Untersuchungsgrundsatzes zuwiderläuft, missachtet den Vorrang des Bundesrechts (
Art. 49 Abs. 1 BV
; vgl.
BGE 116 II 215
E. 3 S. 218 f.;
BGE 123 III 213
E. 5b S. 218). Das Verwaltungsgericht hätte deshalb die form- und fristgerecht geltend gemachte und belegte neue Tatsache, das zu adoptierende Kind sei nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens mündig geworden, berücksichtigen müssen. | null | nan | de | 2,010 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
45ffcc3d-f615-4f21-945d-97a3087d960e | Urteilskopf
122 I 93
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Juni 1996 i.S. Corporaziun da vaschins da Scuol gegen Regenza dal chantun Grischun (staatsrechtliche Beschwerde). Extract da la sentenzia da la I Chombra da dretg public dals 6 da zercladur en il cas Corporaziun da vaschins da Scuol cunter Regenza dal chantun Grischun (recurs da dretg public) | Regeste
Art. 116 BV
und 37 Abs. 3 OG. Sprache des Bundesgerichtsurteils.
Ein Urteil des Bundesgerichts in einer Beschwerde einer romanischen Gemeinde oder Person gegen den Entscheid einer Instanz des Kantons Graubünden ist auf Rumantsch Grischun zu verfassen.
Art. 116 CF e 37 al. 3 OG. Linguatg da la sentenzia dal Tribunal federal.
La sentenzia dal Tribunal federal en in recurs d'ina vischnanca u persuna rumantscha cunter ina decisiun d'ina instanza dal chantun Grischun è da rediger en rumantsch grischun. | Sachverhalt
ab Seite 94
BGE 122 I 93 S. 94
La Regenza dal Chantun Grischun ha approvà la lescha da dretg da burgais da la vischnanca burgaisa da Scuol dals 8 da mars 1995 be parzialmain. Cunter questa decisiun ha la Corporaziun da vaschins da Scuol inoltrà in recurs da dretg public.
Erwägungen
Il Tribunal federal tira en consideraziun:
1.
La decisiun contestada è redigida en rumantsch ed en tudestg. Il recurs è redigì en rumantsch.
Tenor l'art. 30 al. 1 da la lescha federala davart l'organisaziun giudiziara (OG) èn tuttas scrittiras da dretg per il Tribunal federal da rediger en in linguatg naziunal. La sentenzia dal Tribunal federal vegn redigida en in linguatg uffizial, per regla en il linguatg da la decisiun contestada; sche las partidas discurran in auter linguatg uffizial, po la redacziun succeder en quest linguatg (art. 37 al. 3 OG). In burgais retorumantsch pudeva sin basa da questas prescripziuns pia bain sa drizzar en ses linguatg al Tribunal federal, n'aveva dentant, essend ch'il rumantsch nun era linguatg uffizial da la Confederaziun, betg il dretg sin ina decisiun en rumantsch (cf. GIUSEP NAY, La posiziun dal rumantsch sco linguatg uffizial, Legislaziun dad oz, 1991/1, pag. 15 ss.). Cun l'acceptaziun da l'art. 116 revedì da la Constituziun federala (CF) ils 10 da mars 1996 è il retorumantsch dentant daventà linguatg uffizial da la Confederaziun per il contact cun persunas da lingua rumantscha (al. 4). Era sche questa disposiziun constituziunala prevesa che la lescha regla ils detagls, po ella en ils cas clers gia vegnir applitgada directamain, avant che la lescha è relaschada. Ina sentenzia dal Tribunal federal en in recurs d'ina vischnanca u persuna rumantscha cunter ina decisiun d'ina instanza dal chantun Grischun, nua ch'il rumantsch è lingua uffiziala (art. 46 da la Constituziun chantunala [CC]; NAY, pag. 10 ss.), è senza dubi in contact
BGE 122 I 93 S. 95
tranter la Confederaziun e persunas retorumantschas, per il qual il rumantsch vala tenor art. 116 al. 4 CF sco linguatg uffizial. La preschenta sentenzia è pia da rediger en applicaziun da questa disposiziun e da l'art 37 al. 3 OG en rumantsch. Per quest intent è da far adiever dal linguatg unifitgà rumantsch grischun, dal qual la Confederaziun sa serva en concordanza cun la Regenza grischuna er per sias translaziuns da decrets (art. 14 al. 3 da la lescha da publicaziuns [DS 170.512], art. 11 da l'ordinaziun da publicaziuns [DS 170.512.1] ed art 8 da la directivas dal Cussegl federal per las translaziuns en rumantsch da la confederaziun).
Deutsche Übersetzung:
Die Regierung des Kantons Graubünden genehmigte das Bürgerrechtsgesetz der Bürgergemeinde Scuol vom 8. März 1995 nur teilweise. Gegen diesen Entscheid hat die Bürgergemeinde Scuol staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht.
Aus den Erwägungen:
1.-
Der angefochtene Entscheid ist romanisch und deutsch redigiert. Die Beschwerde ist romanisch abgefasst.
Nach Art. 30 Abs. 1 des Bundesrechtspflegegesetzes (OG) sind sämtliche Rechtsschriften für das Bundesgericht in einer Nationalsprache abzufassen. Das Urteil des Bundesgerichts wird in einer Amtssprache, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheides verfasst; sprechen die Parteien eine andere Amtssprache, so kann die Ausfertigung in dieser Sprache erfolgen (
Art. 37 Abs. 3 OG
). Eine rätoromanische Person konnte sich somit aufgrund dieser Bestimmungen zwar in ihrer Sprache an das Bundesgericht wenden, hatte jedoch, da das Romanische nicht Amtssprache des Bundes war, keinen Anspruch auf einen Entscheid auf Romanisch (vgl. GIUSEP NAY, La posiziun dal rumantsch sco linguatg uffizial, Gesetzgebung heute, 1991/1, S. 15 ff. mit deutscher Übersetzung S. 25 ff.). Mit der Annahme des revidierten Art. 116 der Bundesverfassung (BV) am 10. März 1996 wurde das Rätoromanische indessen im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache Amtssprache des Bundes (Abs. 4). Auch wenn diese Verfassungsbestimmung vorsieht, dass das Gesetz die Einzelheiten regelt, kann sie in den klaren Fällen, auch bevor das Gesetz erlassen ist, unmittelbar Anwendung finden. Ein Urteil des Bundesgerichts in einer Beschwerde einer romanischen Gemeinde oder Person gegen den Entscheid einer Instanz des Kantons
BGE 122 I 93 S. 96
Graubünden, wo das Romanische Amtssprache ist (Art. 46 der Kantonsverfassung [KV]; NAY, S. 10 bzw. 16 ff.), stellt zweifellos einen Verkehr zwischen dem Bund und rätoromanischen Personen dar, für den das Romanische gemäss
Art. 116 Abs. 4 BV
als Amtssprache gilt. Das vorliegende Urteil ist daher in Anwendung dieser Vorschrift und von
Art. 37 Abs. 3 OG
romanisch zu verfassen. Dabei ist von der Einheitssprache Rumantsch Grischun Gebrauch zu machen, deren sich auch der Bund im Einvernehmen mit der Bündner Regierung für die Übersetzung von Erlassen bedient (Art. 14 Abs. 3 Publikationsgesetz [SR 170.512], Art. 11 Publikationsverordnung [SR 170.512.1] und Art. 8 der Richtlinien des Bundesrates für die Übersetzungstätigkeit des Bundes ins Romanische). | public_law | nan | de | 1,996 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
46012bdf-ecf2-40a7-91e2-6db77a555e41 | Urteilskopf
103 V 68
17. Extrait de l'arrêt du 30 mars 1977 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre Thomann et Commission cantonale neuchâteloise de recours en matière d'AVS | Regeste
Art. 21 Abs. 1 IVG
. Über den Anspruch auf Abgabe eines orthopädischen Korsetts, das neben seiner konservativen Wirkung die Erwerbsfähigkeit verbessert oder bewahrt. | Erwägungen
ab Seite 68
BGE 103 V 68 S. 68
Extrait des considérants:
Dans le supplément 2 à la Circulaire concernant la remise des moyens auxiliaires valable dès le 1er avril 1975, sous le titre de "corsets orthopédiques" (chiffre marginal 100), l'Office fédéral des assurances sociales déclare que les appareils de soutien utilisés lors de menaces de fractures, par exemple sous l'effet de métastases carcinomateuses ou d'ostéoporose, sont des agents de traitement et non des moyens auxiliaires (opinion qui, s'agissant des cas d'ostéoporose, diverge de celle que le Tribunal fédéral des assurances a exprimée dans l'arrêt non publié Partsch du 15 novembre 1972). Or, dès l'instant où l'on admet qu'un moyen auxiliaire pris en charge par l'assurance-invalidité peut avoir aussi, voire surtout, un effet thérapeutique, on ne voit pas pourquoi il ne pourrait pas avoir également l'effet - conservatoire - d'empêcher une fracture. Il n'existe pas de différence justifiant une inégalité de traitement entre le corset de réclinaison accordé par l'arrêt ATFA 1964, p. 24, la ceinture antiptosique
BGE 103 V 68 S. 69
accordée par l'arrêt RCC 1969, p. 650, ou le corset ("Dreipunktmieder") accordé par l'arrêt Partsch, d'une part, et le corset orthopédique que l'administration refuse à l'intimée Ursula Thomann, d'autre part. Au demeurant, un appareil de soutien utilisé lors de menaces de fractures provenant de métastases cancéreuses ne soigne ni l'affection comme telle ni une affection secondaire. Il maintient nonobstant la maladie la fonction du squelette et, partant, des facultés essentielles: s'asseoir, se lever, marcher, etc., de sorte que, par exemple, une ménagère pourra vaquer à ses occupations habituelles. On doit dès lors seulement se demander dans chaque cas particulier s'il est satisfait aux exigences de l'art. 8 al. 1 LAI, qui veut que les mesures de réadaptation soient nécessaires et de nature à rétablir, améliorer ou sauvegarder la capacité de gain des assurés invalides ou menacés d'une invalidité imminente, voire à en favoriser l'usage. | null | nan | fr | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
46023f3d-dbf9-4ba6-b186-ba1d1d4cf441 | Urteilskopf
108 II 47
8. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. März 1982 i.S. Graubündner Kantonalbank gegen Konkursmasse B. (Berufung) | Regeste
Grundpfandverschreibung.
1. Ein Pfandrecht für einen unbegrenzten Kreis zukünftiger Forderungen verstösst gegen das Recht der Persönlichkeit und ist daher ungültig (E. 2).
2. Eine Grundpfandverschreibung kann nicht durch blosse Zession der sichergestellten Forderung auf eine beim Zessionar bereits bestehende Forderung übertragen werden. Um eine solche Wirkung zu erreichen, bedarf es auf jeden Fall eines neuen öffentlich beurkundeten Pfanderrichtungsvertrages (E. 3).
3. Dem Eintrag im Gläubigerregister kommt keine Grundbuchwirkung zu (E. 4). | Erwägungen
ab Seite 47
BGE 108 II 47 S. 47
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Streit der Parteien dreht sich nur um die Frage, ob die Klägerin auch für die Forderung von Fr. 60'500.-- die ihr zufolge
BGE 108 II 47 S. 48
des deliktischen Verhaltens des Gemeinschuldners B. gegenüber einer ihrer Kundinnen zusteht, das Grundpfandrecht beanspruchen kann, das mit Vertrag vom 3. Oktober 1977 und 28. Juni 1978 zugunsten der Schweizerischen Bankgesellschaft im Sinne einer Maximalhypothek im Betrag von Fr. 1'680'000.-- errichtet worden ist. Die Klägerin stützt ihren Anspruch darauf, dass das Grundpfand gemäss der öffentlich beurkundeten Pfandklausel "zur Sicherstellung aller Ansprüche irgendwelcher Art, die der Schweizerischen Bankgesellschaft, Davos, gegenüber B. zur Zeit schon zustehen oder in Zukunft je erwachsen werden", dienen soll. Mit der Abtretung der Forderung der Schweizerischen Bankgesellschaft gegen B. seien die damit verbundenen Vorzugs- und Nebenrechte, insbesondere das Grundpfandrecht, im vereinbarten Umfang von Fr. 1'680'000.-- auf die Klägerin übergegangen. Diese sei daher berechtigt, für alle Ansprüche irgendwelcher Art, die ihr gegenüber B. zustünden oder in Zukunft je erwachsen würden, grundpfandrechtliche Sicherheit bis zum Höchsthaftungsbetrag zu beanspruchen.
2.
Mit der Zession konnte die Klägerin nicht mehr Rechte erwerben, als bereits der Zedentin zustanden. Es ist daher vorerst die Frage zu prüfen, in welchem Umfang die Grundpfandbestellung der Schweizerischen Bankgesellschaft als der ursprünglichen Pfandgläubigerin Sicherheit bot.
Nach
Art. 824 Abs. 1 ZGB
kann durch die Grundpfandverschreibung eine beliebige gegenwärtige oder zukünftige oder bloss mögliche Forderung pfandrechtlich sichergestellt werden. Aus
Art. 825 Abs. 1 ZGB
ergibt sich sodann, dass die Grundpfandverschreibung auch zur Sicherung einer Forderung mit unbestimmten oder wechselndem Betrag dienen kann. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Grundpfandverschreibung nicht in allen Fällen vom Bestehen einer bestimmten Forderung abhängig ist. Wird im Rahmen eines dem Umfang nach wechselnden Kreditverhältnisses (Baukredit, Kontokorrentkredit) der Kredit abbezahlt, so geht das Pfandrecht daher nicht ohne weiteres unter. Vielmehr kann es im gleichen Rahmen zur Sicherstellung eines neuen Kredites verwendet werden, ohne dass eine Pfandrechtserneuerung erfolgen müsste (H. HUBER, Aktuelle Fragen aus dem Grundpfandrecht, ZBGR 39/1958, S. 348 ff., mit weiteren Hinweisen).
Die vorliegende Pfandklausel geht jedoch weit über die Sicherung eines Darlehensverhältnisses mit wechselndem Umfang hinaus und will nach ihrem Wortlaut alle nur denkbaren
BGE 108 II 47 S. 49
gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der Bank gegen ihren Kunden einschliessen. In der Doktrin sind ernste Zweifel an der Zulässigkeit einer solchen Klausel geäussert worden. Es wurde darauf hingewiesen, dass ein Pfandrecht für einen unbegrenzten Kreis künftiger Forderungen dem Verpfänder hinsichtlich des Pfandobjekts eine unabsehbare, in alle Zukunft wirkende Belastung auferlegt, weil es praktisch nie mehr gelöscht werden könnte. Eine solche übermässige Bindung verletze das Recht der Persönlichkeit im Sinne von
Art. 27 ZGB
(OFTINGER/BÄR, N. 127a ff. zu
Art. 884 ZGB
, mit weiteren Hinweisen). Das Bundesgericht hat solche berechtigten Bedenken in
BGE 51 II 273
ff. im Zusammenhang mit einer Faustpfandbestellung durch einen Schuldbrief Rechnung getragen. Es hat eine entsprechende Pfandklausel nur insoweit als gültig angesehen, als unter "noch erlaufenden Verbindlichkeiten" solche verstanden würden, an deren Begründung in der Zukunft die Kontrahenten bei Abschluss des Pfandvertrags vernünftigerweise hätten denken können und müssen, mit andern Worten solche Verbindlichkeiten, deren Eingehung in den Bereich der bereits bestehenden oder doch in Aussicht genommenen geschäftlichen Beziehungen zwischen den Kontrahenten falle. Von solchen Verbindlichkeiten wurde eine Wechselforderung ausgeschlossen, die der Pfandgläubiger von einem Dritten erworben hatte (
BGE 51 II 282
).
Es besteht kein Grund, weshalb diese einschränkende Auslegung einer solchen Pfandklausel nur für das Faustpfand, nicht aber im Zusammenhang mit einer Grundpfandverschreibung gelten sollte. Es ist daher zu prüfen, ob eine Forderung aus unerlaubter Handlung, wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird, auch als pfandgesichert hätte angesehen werden können, wenn sie zugunsten der ursprünglichen Pfandgläubigerin entstanden wäre. Das ist nicht der Fall. Die unerlaubte Handlung des Gemeinschuldners, die bei der Klägerin zu einer Schadenersatzforderung im Betrag von Fr. 60'500.-- geführt hat, hat nichts mit dem Kreditverhältnis zu tun, das der Schuldner und die Schweizerische Bankgesellschaft im Zusammenhang mit der Überbauung eines Grundstücks in Davos begründet hatten. Zwar ist nicht auszuschliessen, dass auch im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses Forderungen aus unerlaubter Handlung entstehen könnten, die durch eine entsprechende Pfandklausel erfasst wären. Im vorliegenden Fall richtete sich das fragliche deliktische Verhalten jedoch in erster Linie gegen eine weitere Bankkundin, so dass die
BGE 108 II 47 S. 50
Bank die Schadenersatzforderung gegen B. erst auf indirektem Weg geltend machen konnte. Damit bleibt aber diese Forderung ausserhalb des Bereichs bestehender oder doch in Aussicht genommener Geschäftsbeziehungen, die bei der Bestellung des Grundpfandes allein in die Pfandklausel einbezogen werden konnten, und es kann dafür keine Pfandsicherung beansprucht werden.
3.
Abgesehen davon stellt die Schadenersatzforderung, für welche die Klägerin die Grundpfandsicherheit beansprucht, gar keine künftige Forderung im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen der neuen Pfandgläubigerin und dem bisherigen Pfandschuldner im Sinne des Pfandvertrags dar. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sind die fraglichen Forderungen aus dem deliktischen Verhalten des B. gegenüber einer Kundin der Klägerin und damit auch die entsprechenden Forderungen der Klägerin gegen B. nämlich bereits am 9. November beziehungsweise am 12. und 14. Dezember 1979 entstanden. Die Zession der grundpfandgesicherten Forderung an die Klägerin erfolgte dagegen erst am 31. Januar 1980. Die Klägerin versucht somit, die als Nebenrecht der abgetretenen Forderung mit der Zession auf sie übergegangene Grundpfandverschreibung auf eine andere, bei ihr im Zeitpunkt der Zession bereits bestehende Forderung zu übertragen. Um eine solche Rechtswirkung zu erreichen bedarf es aber nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichts auf jeden Fall eines neuen öffentlich beurkundeten Pfanderrichtungsvertrags, der im vorliegenden Fall nicht abgeschlossen worden ist (
BGE 105 II 185
/186 E. 2,
BGE 60 II 96
/97; Urteil vom 20. August 1979 i.S. B. & T. AG c. X.-Bank, veröffentlicht in ZBGR 61/1980 S. 58/59 E. 2).
4.
Die Berufung erweist sich somit schon unter diesen Gesichtspunkten zum vornherein als unbegründet, so dass auf die weiteren Ausführungen in der Berufungsschrift nicht eingegangen werden muss. Immerhin sei bemerkt, dass dem Eintrag im Gläubigerregister entgegen der Auffassung der Klägerin keinerlei Grundbuchwirkung zukommt (
BGE 87 III 69
,
BGE 40 II 597
). | public_law | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46035a5b-5d87-4ab7-af74-40ceb1cdce70 | Urteilskopf
100 Ib 260
43. Arrêt du 12 juillet 1974 dans la cause Bindella et Aguet contre Commission de recours en matière foncière du canton de Vaud. | Regeste
Art: 19 BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG).
1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts hinsichtlich der Anwendung des
Art. 19 Abs. 1 EGG
durch die kantonale Behörde (Erw. 2).
2.
Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG
soll allgemein verhindern, dass irgendein Eigentümer eines Landguts, das einer Bauernfamilie eine auskömmliche Existenz zu bieten vermag, weitere landwirtschaftliche Liegenschaften kauft (Erw. 3).
3. Anwendung des
Art. 19 Abs. 1 EGG
auf ein Handels- oder Industrieunternehmen. Wie ist zu bestimmen, ob die Ausdehnung des landwirtschaftlichen Grundeigentums des Käufers noch in einem vernünftigen Rahmen bleibt? Frage offen gelassen (Erw. 4).
4. Wichtige Gründe im Sinne von
Art. 19 Abs. 1 lit. b und c EGG
, auf seiten des Käufers (Erw. 5a) und des Verkäufers (Erw. 5b). | Sachverhalt
ab Seite 261
BGE 100 Ib 260 S. 261
A.-
Clara Aguet, âgée de 74 ans, veuve de Frédéric Aguet, est propriétaire à Villette d'une vigne de 962 m2. Ne pouvant l'exploiter elle-même, elle a l'intention de la vendre pour le prix de 30 784 fr. (32 fr. le m2) à Rudolf Bindella. Celui-ci exploite à Zurich, sous raison sociale individuelle, un commerce de vins suisses et étrangers. Il est en outre propriétaire, dans la même ville, de l'hôtel "Villette" et d'un café-restaurant, à l'enseigne de "La pinte vaudoise". Pour satisfaire sa clientèle en dépit de certaines difficultés d'approvisionnement auprès des producteurs suisses, pour les vins vaudois et valaisans plus particulièrement, il en est venu à acquérir le domaine viticole de La Crausaz, à Grandvaux et Villette, d'une superficie de 34 138 m2, qu'il fait exploiter pour son compte par un vigneron.
Agissant au nom des parties, le notaire chargé d'instrumenter l'acte a demandé à la Commission foncière I de ne pas s'opposer à la vente en application de la loi fédérale du 12 juin 1951 sur le maintien de la propriété foncière rurale (LPR). Le 5 septembre 1973, cette commission a décidé qu'elle ferait opposition en se fondant sur l'art. 19 al. 1 lit. b LPR. Elle relevait, d'une part, que Rudolf Bindella était déjà propriétaire d'un domaine assurant à une famille des conditions d'existence suffisantes et, d'autre part, qu'il y avait dans la région des viticulteurs-propriétaires dont les vignes ne remplissaient pas cette condition et qui avaient de la peine à les agrandir.
Clara Aguet et Rudolf Bindella ont alors recouru auprès de la Commission cantonale de recours en matière foncière (ci-
BGE 100 Ib 260 S. 262
après: la Commission), qui les a déboutés par prononcé du 13 décembre 1973. Après avoir jugé d'office que l'opposition ne pouvait se fonder en l'espèce sur l'art. 19 al. 1 lit. a LPR, la Commission a en revanche admis l'applicabilité de l'art. 19 al. 1 lit. b, pour aboutir à la conclusion que, déjà propriétaire du domaine de La Crausaz, Rudolf Bindella n'avait pas besoin d'autres vignes pour assurer l'existence de son entreprise, et qu'il n'y avait ni du côté de l'acheteur, ni du côté de la venderesse, de justes motifs permettant de faire une exception.
B.-
Agissant conjointement par la voie du recours de droit administratif, Rudolf Bindella et Clara Aguet demandent au Tribunal fédéral de prononcer que l'opposition formée contre la vente, par Clara Aguet, d'une parcelle de 962 m2 en nature de vigne à Rudolf Bindella n'est pas fondée et doit être écartée. Les recourants soutiennent pour l'essentiel que l'art. 19 al. 1 lit. b LPR n'est pas applicable, Rudolf Bindella n'étant pas un agriculteur ni un vigneron, et la jurisprudence relative aux personnes morales ne pouvant être invoquée par analogie dans le cas d'une personne physique qui exploite un commerce; et que même si on en jugeait autrement, il faudrait dire qu'en l'espèce la vente était commandée par de justes motifs du double point de vue du vendeur et de l'acheteur.
C.-
La Commission de recours en matière foncière et le Département fédéral de justice et police concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
a) Selon l'art. 18 LPR (RS 211.412.11), les cantons sont autorisés à instituer, pour leur territoire, une procédure d'opposition en matière de ventes de domaines agricoles ou de biens-fonds agricoles. Le canton de Vaud a fait usage de cette faculté, d'abord par un arrêté du Conseil d'Etat fondé sur une délégation législative, puis par une loi du 18 septembre 1973 modifiant notamment l'art. 6 de la loi d'application de la LPR dans le canton, du 1er décembre 1952; selon cette disposition, il peut être formé opposition dans les cas visés aux alinéas 1, 2 et 3 de l'art. 19 LPR.
b) Les recourants reprochent au canton de Vaud d'avoir
BGE 100 Ib 260 S. 263
introduit en fait une procédure d'autorisation préalable, à la place du régime de l'opposition à la vente que prévoit le droit fédéral. Cette critique est sans rapport avec les questions litigieuses; elle est en outre dénuée de fondement. Selon l'art. 5 de l'arrêté du Conseil d'Etat du 14 mai 1969, abrogé le 28 septembre 1973, les parties pouvaient, avant l'instrumentation de l'acte de vente, demander la décision de la Commission foncière I, autorité de première instance. C'était là une simple faculté qui avait pour but évident d'éviter les frais d'un acte notarié peut-être inutile. Il ne s'agit donc pas d'un véritable système d'autorisation préalable imposé par la loi cantonale en violation du droit fédéral.
2.
Selon l'art. 19 al. 1 LPR, il peut être formé opposition contre des contrats de vente portant sur des domaines agricoles ou sur des biens-fonds agricoles dans trois éventualités énumérées sous lettres a, b et c. La novelle du 6 octobre 1972 (ROLF 1973 p. 93) a complété l'ancien alinéa 2, devenu alinéa 3, et introduit un nouvel alinéa 2. L'alinéa 1 n'a été modifié que dans son préambule, par la suppression après "bienfonds" des mots "qui en font partie". Cette modification ne joue pas de rôle en l'espèce, si ce n'est qu'elle rend inutile de se demander si les terrains en cause font partie ou non d'un domaine agricole.
L'art. 19 al. 1 LPR donne à l'autorité cantonale la faculté de faire dans certains cas opposition. Le Tribunal fédéral a, en conséquence, considéré qu'il ne lui appartenait pas d'examiner d'office si l'autorité aurait pu fonder son intervention sur une autre des lettres de l'art. 19 al. 1 LPR que celle dont elle a fait application (RO 89 I 62 s.
;
97 I 551
, consid. 4; cf. également RO 94 I 646). En l'espèce, l'autorité cantonale de recours a expressément exclu l'applicabilité de la lettre a. Si elle n'a rien dit de la lettre c, c'est sans doute qu'elle pensait que celle-ci ne pouvait de toute évidence pas entrer en considération. Le Tribunal fédéral ne peut donc revoir que l'application qui a été faite en l'espèce de l'art. 19 al. 1 lit. b LPR.
3.
Selon l'art. 19 al. 1 lit. b LPR, il peut être formé opposition si l'acheteur est déjà propriétaire de biens-fonds agricoles lui assurant, ainsi qu'à sa famille, une existence suffisante, à moins que l'achat ne doive permettre à des descendants de créer une exploitation agricole indépendante ou que d'autres justes motifs ne le commandent.
BGE 100 Ib 260 S. 264
Les recourants soutiennent, contrairement à la décision attaquée, que cette disposition n'est pas applicable en l'espèce; elle ne viserait que les agriculteurs ou viticulteurs propriétaires de leur domaine, et par extension jurisprudentielle, puis légale (art. 19 al. 2 nouveau LPR), certaines personnes morales, à l'exclusion des personnes physiques qui, exploitant une entreprise commerciale, ne sont pas des agriculteurs. Si cette manière de voir était juste, le recours devrait être admis sans qu'il soit nécessaire d'examiner les autres questions qu'il soulève.
a) Au considérant 4 de l'arrêt Emser Werke AG du 15 juillet 1966 (RO 92 I 322), le Tribunal fédéral a relevé que l'art. 19 al. 1 lit. b LPR avait été manifestement conçu pour des acheteurs qui sont des personnes physiques, une personne morale n'ayant ni famille, ni descendants. Cela n'excluait toutefois pas que cette disposition soit aussi appliquée par analogie aux personnes morales, sans quoi on pourrait en créer abusivement pour rendre la loi inefficace.
Le Tribunal fédéral a été plus explicite dans l'arrêt Studer et Thommen & Cie, du 31 janvier 1969 (RO 95 I 190). Il y a répété que, pris à la lettre, l'art. 19 al. 1 lit. b LPR concernait les personnes physiques, soit les agriculteurs déjà propriétaires d'un domaine agricole qu'ils exploitent eux-mêmes. Il a souligné que le but de cette disposition, qui est de mettre obstacle à l'extension de leurs domaines par de tels agriculteurs au-delà de ce qu'il faut pour leur assurer une existence suffisante, à eux et à leur famille, ne se limitait toutefois pas à cela. Il est d'empêcher de façon générale que n'importe quel propriétaire d'un immeuble rural propre à assurer l'existence d'une famille paysanne achète d'autres biens-fonds agricoles. Dans la mesure où ce but le demande, la règle est aussi applicable aux achats faits par des personnes morales ou par des sociétés commerciales sans personnalité juridique.
L'arrêt non publié Vaudroz et société Jean et Pierre Testuz SA, du 5 octobre 1973, s'en tient à cela, contrairement à ce que prétendent les recourants; la référence erronée (RO 92 I 322 au lieu de RO 95 I 190) que contient son considérant 2 est, à cet égard, sans importance.
b) Il y a lieu de confirmer cette jurisprudence, avec des précisions quant à ses motifs et sa portée.
Les diverses dispositions de la loi sur le maintien de la
BGE 100 Ib 260 S. 265
propriété foncière rurale doivent être interprétées et appliquées d'après le but de cette loi, tel que défini à l'art. 1er, encore qu'il s'agisse là d'une disposition-programme ne suffisant pas à justifier à elle seule des mesures non prévues dans l'une ou l'autre des parties spéciales (RO 81 II 642;
82 II 74
et 469;
86 II 422
;
90 I 271
;
93 I 685
, à propos de l'art. 19 ch. 1 lit. b). Ce but est notamment de protéger la propriété foncière rurale en tant que fondement d'une paysannerie saine et capable d'un effort productif, comme aussi de favoriser la création et le maintien d'entreprises agricoles. L'art. 19 al. 1 lit. b est en rapport avec ces deux objectifs. Il doit empêcher l'agrandissement démesuré des domaines existants et l'absorption progressive des exploitations autonomes de dimensions raisonnables. En disant cela, on ne se met pas en contradiction avec l'arrêt RO 83 I 315, invoqué par les recourants, qui condamne l'idée selon laquelle l'acquisition de domaines agricoles devrait être réservée aux seuls agriculteurs, à l'exclusion des acquéreurs qui veulent faire un simple placement; c'est en effet une question de mesure et non de qualité de l'acquéreur.
Tel étant le but de l'art. 19 al. 1 lit. b, on créerait une anomalie, si ce n'est une inégalité de traitement, en limitant l'application de cette disposition aux seuls agriculteurs déjà propriétaires d'un domaine qu'ils exploitent eux-mêmes. La même règle doit s'appliquer aussi, et même à fortiori, aux propriétaires terriens qui, n'étant pas agriculteurs, afferment leurs terres, ou les louent, ou les font exploiter pour leur compte par du personnel spécialisé. L'art. 19 al. 1 lit. b vise une sorte d'accaparement, dans un autre sens que celui de la lettre a, à laquelle il ajoute un cas particulier (ALBERT COMMENT, Fiche juridique suisse No 228, 1972, p. 15 en bas). Il se justifie d'intervenir contre un accaparement de ce genre s'il est le fait non seulement d'un agriculteur, mais aussi d'un propriétaire terrien qui n'est pas lui-même agriculteur. Sans cela, le but visé ne serait pas complètement atteint.
Ainsi que l'a déjà dit l'arrêt Studer et Thommen (RO 95 I 190), il s'agit d'empêcher de façon générale que n'importe quel propriétaire d'un immeuble rural propre à assurer l'existence d'une famille paysanne n'achète d'autres biens-fonds agricoles, sauf les exceptions prévues par la loi. Comme l'arrêt Emser Werke AG (RO 92 I 322), cet arrêt ne parlait ensuite que des personnes morales et des sociétés commerciales
BGE 100 Ib 260 S. 266
sans personnalité juridique; il s'agissait en effet dans les deux cas d'acquéreurs de ce genre. Cela ne signifiait pas, ni ne pouvait signifier, qu'il en irait différemment dans le cas d'une entreprise commerciale ou industrielle sous raison sociale individuelle. Une telle discrimination, dépourvue de toute justification, serait contraire à l'art. 4 Cst.
On doit donc admettre que l'art. 19 al. 1 lit. b LPR s'applique en principe à Rudolf Bindella.
c) Les recourants tirent cependant argument du nouvel art. 19 al. 2 LPR, tel qu'introduit par la novelle du 6 octobre 1971. Selon cette disposition, il peut également être formé opposition lorsque l'acheteur est une personne morale, ou une société de personnes dépourvue de la personnalité juridique et ayant la capacité d'acquérir, à laquelle participe financièrement dans une mesure prépondérante une personne qui, si elle agissait en son nom propre, serait touchée par les dispositions du premier alinéa de l'article 19.
Se fondant sur le fait que l'arrêt Emser Werke AG par le de fraude à la loi, puis sur les travaux parlementaires de 1972, les recourants soutiennent que, s'agissant de l'art. 19 al. 1 lit. b, le nouveau texte vise uniquement les personnes morales appartenant à un agriculteur ou contrôlées par lui; ils en déduisent que la lettre b de l'alinéa 1 ne peut pas s'appliquer à une entreprise commerciale. Il y a là une évidente pétition de principe. Absent du projet du Conseil fédéral et introduit par la Commission du Conseil national, puis adopté sans discussion par ce Conseil (Bull. stén. 1972, p. 1178) et ensuite par le Conseil des Etats (Bull. stén. 1972, p. 599), le nouvel art. 19 al. 2 a bien été présenté par les rapporteurs comme étant destiné à "déjouer les manoeuvres plus ou moins élégantes entreprises pour passer au travers du filet de la procédure d'opposition" (déclaration Debétaz, Bull. stén. CN, p. 1151) et à régler des cas "die bisher dem Einspruchsverfahren nicht unterstellt waren" (déclaration Amstad, Bull. stén. CE, p. 599). Mais on ne saurait rien tirer ni du texte, ni de sa genèse, quant à l'interprétation à donner de l'art. 19 al. 1 lit. b. La nouvelle disposition a tout son sens même si cette lettre b doit s'appliquer à des entreprises industrielles ou commerciales, pour des raisons valables en l'absence de toute fraude à la loi (cf. supra lit. a et b; RO 97 I 551 consid. 2). On peut d'ailleurs remarquer que le rapporteur Debétaz a donné,
BGE 100 Ib 260 S. 267
au sujet de la modification du préambule de l'art. 19 al. l'une explication qui rejoint les motifs téléologiques retenus plus haut dans l'interprétation de la lettre b. Constatant qu'auparavant l'opposition n'était pas possible en cas de vente de biens-fonds ne faisant pas partie d'un domaine agricole, il a parlé d'abus flagrants, du fait qu'en divers endroits, dans le vignoble notamment, des personnes morales et physiques aux moyens financiers importants monopolisaient la propriété en achetant des parcelles isolées au détriment de ceux qui devraient pouvoir les acquérir pour agrandir raisonnablement leur exploitation (Bull. stén. CN 1972, p. 1151).
4.
L'application de l'art. 19 al. 1 LPR à une entreprise industrielle ou commerciale suscite comme première question celle de savoir par rapport à quoi il faut déterminer si l'extension des propriétés rurales de l'acheteur est encore raisonnable, abstraction faite d'une éventuelle exception tenant à de justes motifs. L'arrêt Emser Werke AG dit qu'il faut en juger d'après l'étendue des terrains agricoles dont l'entreprise a un besoin économiquement défendable pour atteindre ses buts légitimes; mais l'arrêt ajoute aussitôt qu'après avoir résolu cette question de façon positive, on a déjà tranché dans le même sens celle de l'existence de justes motifs du côté de l'acheteur. L'arrêt Studer et Thommen & Cie semble dire en revanche que, quelle que soit la qualité de l'acheteur, il faut déterminer d'abord quel doit être l'agrandissement admissible du domaine pour assurer une existence suffisante à une famille paysanne. C'est ainsi que, dans sa réponse au présent recours, le Département fédéral de justice et police envisage les choses; partant de l'idée que, d'une superficie de 3,5 ha environ, le domaine de La Crausaz suffit à assurer l'existence d'une famille de vignerons, ce qui en principe pouvait motiver l'opposition, il se borne à examiner s'il y avait de justes motifs permettant de faire une exception. Cette manière de voir paraît plus conforme au but de la règle à appliquer. Mais la question peut rester ouverte, car, en l'espèce, le problème des dimensions suffisantes du domaine existant et celui d'éventuels justes motifs du côté de l'acheteur se confondent.
5.
D'après une jurisprudence bien établie qui concerne les lettres b et c de l'art. 19 LPR, les justes motifs dont parlent ces deux dispositions peuvent tenir soit à l'acheteur, soit au vendeur, soit à la nature objective de l'immeuble. Il faut
BGE 100 Ib 260 S. 268
apprécier l'ensemble des circonstances du cas d'espèce, en mettant en balance selon le droit et l'équité l'intérêt public que la loi tend à protéger et les intérêts privés que les parties font valoir en faveur de la vente (RO 97 I 552 et 557, 95 I 191, 94 I 179, 92 I 313). Il s'agit là d'une question de droit que le Tribunal fédéral examine en principe librement (RO 94 I 179). Mais il doit faire preuve d'une certaine retenue dans la mesure où interviennent des circonstances locales, et lorsqu'une autorité cantonale indépendante de l'administration s'est déjà prononcée (RO 97 I 552) avec de sérieux motifs, ce qui est le cas en l'espèce.
a) Des arrêts Emser Werke AG (RO 92 I 322) et Studer et Thommen & Cie (RO 95 I 190), il ressort que, lorsque l'acheteur est une entreprise industrielle ou commerciale, l'achat doit être considéré comme commandé par de justes motifs (texte français de l'art. 19 al. 1 lit. b LPR; "es sei denn, der Kauf... lasse sich aus wichtigen Gründen rechtfertigen", "salvo che l'acquisito... sia giustificato da altri gravi motivi", disent les textes allemand et italien) si l'entreprise qui achète a un besoin suffisant et économiquement défendable des terrains en cause pour atteindre ses buts légitimes. N'importe quel besoin, même compréhensible, ne suffit cependant pas, sans quoi il n'y aurait pas de limites. Selon les précisions apportées par l'arrêt Vaudroz et société Jean et Pierre Testuz SA, il faut qu'à défaut de l'acquisition envisagée, l'entreprise soit menacée dans son existence, ou du moins sérieusement entravée dans son activité ou dans son développement normal et raisonnable. Il faut en d'autres termes une certaine nécessité, ce qu'expriment les termes soulignés plus haut dans les trois textes de la loi.
En l'espèce, l'acheteur ne remplit pas ces conditions. Il admet lui-même que son commerce ne sera pas menacé dans l'immédiat s'il ne peut acquérir la vigne en cause. Il ajoute bien qu'il le sera dans un avenir relativement proche, compte tenu des gros investissements faits pour améliorer les installations techniques des caves de La Crausaz et en raison des difficultés croissantes d'approvisionnement auprès des producteurs vaudois; un simple lien commercial entre l'exploitation de l'entreprise et l'achat projeté ne saurait toutefois être considéré comme un motif valable. De toute façon, la décision attaquée relève après instruction de la cause que la récolte du
BGE 100 Ib 260 S. 269
domaine de La Crausaz (34 138 m2) et les achats de vins vaudois et valaisans suffisent à assurer à l'entreprise la possibilité de poursuivre son activité, de remplir sa fonction économique et d'atteindre ses buts. Les recourants n'apportant pas de preuves contraires, cette constatation de fait, qui n'est pas manifestement inexacte, lie le Tribunal fédéral en vertu de l'art. 105 al. 2 OJ. Elle est d'autant plus vraisemblable que, d'après le catalogue figurant au dossier, les vins suisses ne tiennent qu'une petite place parmi tous ceux que l'entreprise offre à sa clientèle.
Il n'y a donc pas de justes motifs du côté de l'acheteur.
b) La décision attaquée n'approfondit pas la question de l'existence de justes motifs du côté de la venderesse. Elle se borne à dire, sans explication, que l'intérêt des parties n'est pas compromis d'une manière si grave qu'il doive l'emporter sur celui de la collectivité.
aa) Selon la jurisprudence relative soit à la lettre b, soit à la lettre c de l'art. 19 LPR, il peut y avoir justes motifs du côté du vendeur si, pour des raisons d'âge ou de santé, celui-ci n'est plus en mesure d'exploiter ses terres ni de trouver de l'aide parmi ses proches, ni d'exercer une autre activité lucrative, et que sa situation financière est modeste au point qu'il doive réaliser tout ou partie de ses propriétés foncières pour assurer son existence. Le Tribunal fédéral a pour de telles raisons déclaré l'opposition non fondée dans les arrêts Lauchenauer (RO 92 I 313 s.), Studer et Thommen & Cie (RO 95 I 184 ss., consid. 6 non publié) et Krähenbühl (arrêt non publié du 23 mai 1969, consid. 4); dans le deuxième de ces trois cas, où il s'agissait de l'art. 19 al. 1 lit. b LPR, il a attaché de l'importance au fait qu'avant de traiter avec une entreprise commerciale, Studer avait vainement cherché à vendre à quelqu'un d'autre à des conditions convenables. Dans l'arrêt Heinis (RO 94 I 179 ss., consid. 4 et 5), il a constaté qu'on se trouvait en présence de la situation décrite plus haut, mais il a néanmoins déclaré l'opposition bien fondée en considérant que le vendeur pouvait s'assurer des moyens d'existence suffisants en vendant uniquement une parcelle classée en zone à bâtir et en affermant le reste de son domaine. Il a chaque fois tenu compte dans son appréciation de la plus ou moins grande importance de l'intérêt public en cause.
BGE 100 Ib 260 S. 270
bb) En l'espèce, le recours allègue sans apporter ni offrir aucune preuve qu'après le décès de son mari, Clara Aguet est, en raison de son âge et de son état de santé, dans l'impérieuse nécessité de vendre la vigne en cause, parce que c'est le seul bien lui appartenant en propre et que le revenu provenant de l'usufruit sur la fortune de l'hoirie ne lui permet ni de vivre, ni surtout de payer les soins médicaux et pharmaceutiques dont elle a besoin.
Il pourrait y avoir là de justes motifs, d'autant plus que, la parcelle étant très petite, sa vente à Rudolf Bindella ne compromettrait que faiblement l'intérêt public protégé par la loi. Pour se prononcer, il faudrait toutefois élucider les faits allégués, ce dont la Commission de recours s'est abstenue, quand bien même elle devait, selon le droit cantonal, revoir la cause dans son entier. Il y aurait donc lieu de lui renvoyer l'affaire pour complément d'instruction et nouvelle décision. Cela n'est toutefois pas nécessaire, l'opposition devant être déclarée bien fondée sur ce point pour un motif que le Tribunal fédéral peut faire intervenir sur la base du dossier. Dans sa décision du 5 septembre 1973, la Commission foncière I avait constaté que, de notoriété publique, il y a dans la région de Villette des propriétaires qui exploitent eux-mêmes leurs vignes et qui désireraient les agrandir pour s'assurer, à eux et à leur famille, une existence suffisante. Le membre de cette Commission chargé de l'instruction avait relevé dans son rapport que la parcelle en cause intéressait d'autres vignerons du lieu et qu'une offre de leur part à 28 fr. le m2 n'avait pas reçu de réponse. La Commission de recours confirme cela dans sa réponse. Les recourants n'ont à aucun moment contesté la constatation faite en première instance. On doit donc admettre que Clara Aguet pourrait vendre sa parcelle à un prix convenable à un autre acheteur qu'à Rudolf Bindella, et cela sans qu'il soit nécessaire de déroger pour des raisons d'équité au principe posé par l'art. 19 al. 1 lit. b LPR.
Il n'y a donc pas de justes motifs du côté de la venderesse. S'il se révélait par la suite qu'en dépit de tentatives sérieuses, Clara Aguet ne parvient pas à vendre sa parcelle pour un prix convenable à quelqu'un d'autre qu'à Rudolf Bindella, ce qui semble à vrai dire peu probable, les parties auront encore la faculté de présenter une nouvelle requête à l'autorité cantonale
BGE 100 Ib 260 S. 271
compétente. Il y aurait en effet un fait nouveau qui appellerait une nouvelle décision administrative.
6.
Les recourants font finalement valoir que l'opération ici frappée d'opposition n'enlèvera rien aux terres agricoles, puisque Rudolf Bindella entend continuer à exploiter la vigne qu'il désire acheter, et qu'il permettra ainsi à un vigneron - son employé - d'y travailler en assurant son existence et celle de sa famille.
Pour juste qu'elle soit, cette considération ne change rien à la situation juridique, car c'est uniquement le régime de propriété que vise l'art. 19 LPR.
Le recours se révèle ainsi à tous égards mal fondé, si bien qu'il doit être rejeté.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:
Le recours est rejeté. | public_law | nan | fr | 1,974 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
460433ed-bc37-488c-a6f4-454e2781db31 | Urteilskopf
109 IV 156
43. Auszug aus dem Urteil des Bundesstrafgerichtes vom 10. Oktober 1983 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen Kruszyk und Mitbeteiligte (Bundesstrafprozess) | Regeste
Botschaftsbesetzung.
1. Schweizerische Gerichtsbarkeit. Die schweizerischen Gerichte sind zuständig zur Beurteilung einer Anklage wegen strafbarer Handlungen im Zusammenhang mit der Besetzung einer in der Schweiz gelegenen Botschaft (E. I/1).
2. Bundesgerichtsbarkeit. Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften sind grundsätzlich auch auf Taten anwendbar, die vor dem Inkrafttreten neuer Strafbestimmungen begangen worden sind (E. I/2).
3. Notstand. Auf Notstandshilfe kann sich nicht berufen, wer eine Botschaft in der Schweiz besetzt und die Botschaftsangehörigen gefangenhält, um dadurch auf die schwierige Lage des Volkes in seiner Heimat aufmerksam zu machen (E. I/3). | Sachverhalt
ab Seite 157
BGE 109 IV 156 S. 157
Vom 6. bis 9. September 1982 besetzte der polnische Staatsangehörige Florian Kruszyk zusammen mit drei Landsleuten die polnische Botschaft in Bern. Die Besetzer hielten die Botschaftsangehörigen und einen zufälligen Besucher der Botschaft gefangen und stellten folgende Forderungen an die polnische Regierung:
1. Aufhebung des Kriegszustandes in Polen,
2. Freilassung aller polnischen politischen Gefangenen,
3. Auflösung aller Gefangenenlager,
4. Stopp der Repression gegen das polnische Volk.
Verbunden wurden diese Forderungen mit der Drohung, bei Nichterfüllung werde das Botschaftsgebäude samt Geiseln und Besetzer in die Luft gesprengt. Der Polizei gelang es schliesslich, der Besetzungsaktion durch Stürmung des Gebäudes ein unblutiges Ende zu bereiten. Gegenstand der Anklage gegen die vier Besetzer bildeten vor allem in den Botschaftsräumlichkeiten begangene strafbare Handlungen. Das Bundesstrafgericht sprach die Angeklagten nach durchgeführter Hauptverhandlung der altrechtlichen Form der Freiheitsberaubung, der Nötigung, der Drohung, der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der versuchten Erpressung sowie weiterer Straftaten schuldig. Den Anführer und verschuldensmässig am stärksten belasteten Angeklagten Kruszyk bestrafte es mit sechs Jahren Zuchthaus und fünfzehn Jahren Landesverweisung. Die drei jüngeren Angeklagten, zu deren Gunsten in erheblichem Masse achtenswerte Beweggründe berücksichtigt werden konnten, wurden zu Gefängnisstrafen von zweieinhalb bzw. drei Jahren verurteilt und je für fünf Jahre des Landes verwiesen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
I.
1.
Während der Voruntersuchung hat der Angeklagte Kruszyk wiederholt die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Beurteilung dieser Anklage bestritten, weil die polnische Botschaft exterritoriales Gebiet sei. Auch noch in der Hauptverhandlung hat er die Aktion als innerpolnische Angelegenheit bezeichnet, welche die Schweiz eigentlich gar nicht berühre. Damit wird übersehen, dass gemäss einem anerkannten Grundsatz des Völkerrechts diplomatische Vertretungen für ihr Personal und ihre Räumlichkeiten wohl Immunität geniessen, dabei aber Teil des Empfangsstaates
BGE 109 IV 156 S. 158
bleiben und keineswegs exterritorial sind (VERDROSS, Völkerrecht, 1964, S. 333; THIERRY/COMBACAU/SUR/VALLÉE, Droit international public, 1981, S. 309). Dem entsprechen auch die Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961. Art. 22 Ziff. 2 dieses Übereinkommens auferlegt dem Empfangsstaat zudem die Pflicht, "alle geeigneten Massnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird". Die schweizerische Gerichtsbarkeit ist im vorliegenden Fall somit offensichtlich gegeben.
2.
Für die innerstaatliche Gerichtsbarkeit massgebend ist die am 1. Oktober 1982 in Kraft getretene neue Fassung von
Art. 340 Ziff. 1 StGB
, da Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften grundsätzlich auch auf Taten vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts anzuwenden sind (
BGE 101 Ib 249
,
BGE 98 IV 74
E. 2 mit Hinweisen; SCHULTZ, Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 4. Aufl., S. 100). Die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts ergibt sich folglich aus Art. 340 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit
Art. 344 Ziff. 1 StGB
.
3.
Der Angeklagte Kruszyk hat sich in seinem Schlusswort zur Verteidigung auf den Rechtfertigungsgrund des Notstandes berufen. Er selbst befand sich nicht in einer unmittelbaren Gefahr, die ihn zum gewählten Vorgehen getrieben hätte. Ziff. 1 von
Art. 34 StGB
fällt daher von vornherein ausser Betracht. In Ziff. 2 wird jedoch auch diejenige Tat als straflos erklärt, die begangen wird, um Leib, Leben, Freiheit, Ehre oder Vermögen eines andern aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten. Der Angeklagte Kruszyk begründet sein Verhalten nicht etwa mit konkreten Gefahren für ihm nahestehende Personen, sondern mit der Lage des polnischen Volkes. Auch ihm musste indes klar sein, dass eine Botschaftsbesetzung zwar Aufsehen zu erregen, an der Situation seiner Landsleute in Polen aber kaum etwas zu ändern vermag. Abgesehen davon, dass sein Vorgehen in bezug auf den zu erwartenden Erfolg völlig unverhältnismässig war, verbietet auch das Interesse der Völkergemeinschaft an der Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen, derartige Aktionen als Mittel zur Herbeiführung politischer Veränderungen einzusetzen. Von einer Notstandshilfe im Sinne von
Art. 34 Ziff. 2 StGB
kann daher ebenfalls nicht die Rede sein. | null | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46048218-e6d9-42af-8da2-f98eb310fddf | Urteilskopf
138 III 213
32. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. et Z. Sàrl (recours en matière civile)
4A_527/2011 du 5 mars 2012 | Regeste
Art. 731b Abs. 1,
Art. 819 und 821 OR
,
Art. 311 Abs. 1 ZPO
; Mängel in der Organisation der Gesellschaft, Passivlegitimation, schriftliche und begründete Berufung.
Das Gesuch gestützt auf
Art. 731b Abs. 1 OR
muss ebenso wie die Klage nach
Art. 821 OR
gegen die Gesellschaft gerichtet sein (E. 2.1 und 2.2).
Die schriftliche und begründete Berufung (
Art. 311 Abs. 1 ZPO
) muss die Bezeichnung der Parteien enthalten. Wenn die vom Berufungskläger bezeichnete Partei nicht passivlegitimiert ist, kann der Richter über die Klage nicht urteilen und die Berufung muss abgewiesen werden (E. 2.3). | Sachverhalt
ab Seite 214
BGE 138 III 213 S. 214
A.
Au lieu-dit "Z." à ... (Vaud), d'importants terrains non bâtis se trouvaient en phase d'être classés en zone constructible. Y. et X. ont décidé de s'associer en vue d'y réaliser une promotion immobilière. Par acte du 1
er
juillet 2003, ils ont fondé dans ce but une société à responsabilité limitée, appelée "Z. Sàrl". Ils sont tous deux associés-gérants de la société, avec pouvoir de signature collective à deux, et possèdent chacun la moitié du capital.
De graves dissensions sont apparues entre les deux associés, chacun déposant une plainte pénale contre l'autre.
L'assemblée générale de la société, fixée au 8 octobre 2010, n'a pas pu être tenue, les deux associés-gérants étant, en raison de leur opposition, dans l'incapacité de désigner un président.
B.
Faisant valoir que la société était ainsi paralysée et dans l'impossibilité de faire valoir ses droits dans la procédure pénale dirigée contre X., Y. a déposé auprès du Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois, le 15 octobre 2010, une requête dirigée contre la société "Z. Sàrl" et X., concluant à la nomination d'un commissaire pour la société.
X. s'est opposé à la demande et a conclu reconventionnellement à la dissolution de la société et à la désignation d'un liquidateur.
Par jugement dont le dispositif a été communiqué aux parties le 20 janvier 2011, le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois a admis la requête et nommé A. en qualité de commissaire pour la société. Il a déclaré irrecevables les conclusions reconventionnelles prises par X., considérant que la question de la dissolution de la société devait être examinée dans un second temps.
Le 7 avril 2011, X. a interjeté appel contre ce jugement. Selon l'intitulé de son acte, l'appel est dirigé exclusivement contre Y.
Par arrêt du 8 juin 2011, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a rejeté l'appel dans la mesure où il est recevable. En substance, la cour cantonale a retenu que X. n'avait pas dirigé son appel contre la société "Z. Sàrl" alors que c'était elle qui avait la légitimation passive.
C.
Par arrêt du 5 mars 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile interjeté par X.
(résumé)
BGE 138 III 213 S. 215
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
2.1
Selon les constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral (
art. 105 al. 1 LTF
) -, l'assemblée générale de la société n'a pas pu être tenue, parce qu'elle n'avait pas de président. Considérant qu'il s'agissait d'une carence dans l'organisation, l'intimé a sollicité du juge, par une requête dirigée contre la société et contre son coassocié, qu'il désigne un commissaire pour la société.
L'absence d'un président constitue, en droit des sociétés, une carence dans l'organisation (PETER/CAVADINI, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. II, 2008, n° 3 ad
art. 731b CO
; WATTER/WIESER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. II, 3
e
éd. 2008, n° 6 ad
art. 731b CO
).
En cas de carence dans l'organisation d'une société à responsabilité limitée, les dispositions du droit de la société anonyme s'appliquent par analogie (
art. 819 CO
). L'
art. 731b CO
permet, dans un tel cas, à chaque membre de la société de requérir du juge qu'il prenne les mesures nécessaires, notamment qu'il nomme un commissaire (
art. 731b al. 1 CO
). L'action doit être dirigée contre la société; si cette dernière n'a pas de représentant, le juge doit préalablement lui désigner un commissaire pour la procédure (WATTER/WIESER, op. cit., n° 14 ad
art. 731b CO
).
C'est donc à juste titre que l'intimé a dirigé sa requête contre la société et le juge de première instance pouvait donc, sous l'angle de la légitimation passive, statuer sur cette requête.
2.2
Dans la procédure de première instance, le recourant a formé une demande reconventionnelle tendant à la dissolution de la société.
La cour cantonale n'a pas tranché la question de savoir si la demande reconventionnelle était fondée sur l'
art. 731b al. 1 ch. 3 CO
(applicable par le renvoi de l'
art. 819 CO
) ou sur l'
art. 821 CO
. La question peut effectivement rester ouverte puisque, dans les deux cas, la demande devait être dirigée contre la société (pour l'
art. 731b CO
: cf. supra consid. 2.1; pour l'
art. 821 CO
: CHRISTOPHE BUCHWALDER, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. II, 2008, n° 30 ad
art. 821 CO
; CHRISTOPH STÄUBLI, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. II, 3
e
éd. 2008, n° 22 ad
art. 821 CO
).
Dès lors que la société était partie à la procédure de première instance, les conclusions reconventionnelles étaient correctement dirigées et le juge pouvait, sous l'angle de la légitimation passive, statuer à leur sujet.
BGE 138 III 213 S. 216
2.3
Le problème actuellement litigieux est né de l'appel interjeté par le recourant, qui n'est dirigé, selon son intitulé, que contre le coassocié, et non pas contre la société.
Le dispositif de la décision de première instance a été envoyé aux parties après l'entrée en vigueur, le 1
er
janvier 2011, du CPC (RS 272), de sorte que les voies de recours sont régies par cette loi (
art. 405 al. 1 CPC
;
ATF 137 III 127
consid. 2 p. 130).
Selon l'
art. 311 al. 1 CPC
, l'appel doit être écrit et motivé. Cette disposition ne régit pas expressément le contenu de l'acte. Il faut cependant admettre qu'il s'agit d'une forme de demande adressée au juge et qu'il faut donc appliquer par analogie les
art. 221 et 244 CPC
(IVO W. HUNGERBÜHLER, in ZPO Kommentar, 2011, n° 10 ad
art. 311 CPC
). On en déduit donc que l'acte d'appel doit contenir la désignation des parties (art. 221 al. 1 let. a et 244 al. 1 let. a CPC; HUNGERBÜHLER, op. cit., n
os
12 s. ad
art. 311 CPC
; REETZ/THEILER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, n° 33 ad
art. 311 CPC
).
En l'occurrence, il résulte des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral (
art. 105 al. 1 LTF
) - que l'appelant a satisfait à cette exigence en désignant comme parties lui-même et son coassocié. Il n'a en revanche pas mis en cause la société.
Or, comme on l'a vu, la société avait la légitimation passive aussi bien pour l'action principale tendant à désigner un commissaire que pour l'action reconventionnelle tendant à la dissolution. La question de la légitimation passive relève du droit de fond et ne constitue pas une question formelle (
ATF 128 III 50
consid. 2b/bb p. 55; arrêt 4A_79/2010 du 29 avril 2010 consid. 2.1, in SJ 2010 I p. 459). L'appel étant mal dirigé, le juge ne pouvait statuer ni sur l'action principale, ni sur l'action reconventionnelle, parce que toute décision prise aurait violé le droit d'être entendu (
art. 29 al. 2 Cst.
) de la société, qui est directement visée dans ses droits. L'absence de légitimation passive entraîne le rejet de la démarche (cf. les jurisprudences qui viennent d'être citées).
Le rejet de l'appel ne viole donc pas le droit fédéral. | null | nan | fr | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
460a5a73-fbc6-4802-adcc-45367d07cbff | Urteilskopf
98 IV 140
26. Urteil des Kassationshofes vom 17. März 1972 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen Süess. | Regeste
1.
Art. 269 Abs. 1 BStP
.
Vorfragen des eidgenössischen Rechts zu Fragen des kantonalen Prozessrechts sind nur bedingt überprüfbar (Erw. 1).
2. Bundesgesetz über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929,
Art. 333 StGB
.
Das Spielbankengesetz bedroht nur die vorsätzliche Übertretung mit Strafe (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 141
BGE 98 IV 140 S. 141
A.-
Die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft erliess gegen Adolf Süess einen bedingten Strafbefehl, worin sie ihm vorwarf, das Verbot der Glückspielunternehmen durch Aufstellen des Geldspielautomaten "GO-N-STOP" im Rückfall übertreten zu haben, und ihn in Anwendung von Art. 9 des Bundesgesetzes über die Spielbanken zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 1'500.-- verurteilte.
Auf Einsprache des Gebüssten bestätigte das Polizeigericht Gelterkinden am 23. August 1971 den Strafbefehl.
B.-
Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft (Polizeikammer) hiess die Berufung des Verzeigten, mit der er seine Freisprechung verlangte, am 11. Januar 1972 teilweise insoweit gut, als es das Polizeigericht zur Beurteilung des Vergehenstatbestandes des
Art. 9 SBG
für unzuständig erklärte, dessen Urteil aufhob und die Sache gemäss § 8 Abs. 2 der kantonalen Strafprozessordnung zur Neubestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit an die Staatsanwaltschaft zurückwies.
C.-
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und dieses anzuweisen, den Verzeigten wegen Übertretung des Spielbankengesetzes zu bestrafen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.
Die Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft ordnet die sachliche Zuständigkeit der kantonalen Gerichte in der Weise, dass grundsätzlich Verbrechen und Vergehen erstinstanzlich durch die Kammern des Strafgerichts, Übertretungstatbestände des eidgenössischen und kantonalen Rechts dagegen durch die Polizeigerichte beurteilt werden (
§
§ 3 ff. StPO
).
Das Obergericht setzte sich im angefochtenen Entscheid einzig mit der Frage auseinander, ob das Polizeigericht Gelterkinden zur Beurteilung der dem Beschwerdegegner zur Last gelegten Widerhandlung gegen Art. 9 des Bundesgesetzes über die Spielbanken sachlich zuständig gewesen sei oder nicht. Das ist
BGE 98 IV 140 S. 142
eine Frage des kantonalen Verfahrensrechts, die mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Bundesgericht zur Überprüfung unterbreitet werden kann (
Art. 269 Abs. 1 und
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
). Daran ändert nichts, dass für die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage vorfrageweise darüber zu entscheiden war, ob die erwähnte Widerhandlung nach Bundesstrafrecht als Übertretung oder als Vergehen zu gelten habe. Der Kassationshof überprüft Vorfragen des eidgenössischen Rechts zu kantonalen Prozessfragen nur dann, wenn ohne seine Kontrolle der Zweck der eidgenössischen Vorschrift nicht gesichert wäre (
BGE 72 IV 48
). Das ist hier nicht der Fall. Vom Standpunkt des eidgenössischen Rechts aus ist es gleichgültig, ob die Widerhandlung des Beschwerdegegners durch eines der Polizeigerichte oder durch das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft beurteilt wird. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist daher nicht einzutreten.
2.
Die Beschwerde hätte übrigens, wenn auf sie einzutreten wäre, abgewiesen werden müssen.
a) Nach
Art. 9 SBG
kann der Täter, der innert fünf Jahren nach einer früheren Verurteilung erneut gegen das Spielbankengesetz verstösst, ausser mit Busse mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden. Da diese Strafandrohung drei Monate Freiheitsstrafe übersteigt, finden gemäss
Art. 333 Abs. 2 StGB
die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die Verbrechen und Vergehen Anwendung mit der Folge, dass der mit Gefängnis als Höchststrafe bedrohte Straftatbestand des
Art. 9 SBG
als Vergehen gilt (
Art. 9 Abs. 2 StGB
). Daran ändert nichts, dass
Art. 9 SBG
nur bei Rückfall des Täters anwendbar ist. Das Spielbankengesetz enthält eine eigene Ordnung des Rückfalls (Art.11), welche die Anwendung von
Art. 67 StGB
ausschliesst (
Art. 333 Abs. 1 StGB
). Der Rückfall ist hier nicht allgemeiner Strafschärfungsgrund, sondern qualifizierendes Merkmal eines besondern Straftatbestandes (vgl.
BGE 74 IV 78
, Praxis 35 Nr. 212 Erw. 2). Massgebend für die Einreihung qualifizierter Tatbestände ist aber die auf diese angedrohte Höchststrafe (
BGE 96 IV 32
Erw. 2), so dass die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Grundtatbestände der
Art. 6 und 7 SBG
abgestellt hat.
b) Die Staatsanwaltschaft hält diese Auslegung für unbefriedigend, weil sie zur Folge habe, dass
Art. 9 SBG
nur den vorsätzlich begangenen, nicht aber den fahrlässigen Rückfall
BGE 98 IV 140 S. 143
erfasse. Dieser Einwand ist unbehelflich. Nach
Art. 333 Abs. 3 StGB
sind die in anderen Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen bei fahrlässiger Begehung dann nicht strafbar, wenn nach dem Sinn der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist. Das trifft bei den Übertretungstatbeständen des Spielbankengesetzes zu. Dieses erklärt nirgends die fahrlässige Übertretung für strafbar. Eine solche Bestimmung wäre aber nötig gewesen, wenn auch die fahrlässige Tat hätte bestraft werden wollen, da nach den allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853, auf die das Spielbankengesetz in Art. 11 ausdrücklich verwies, auch Übertretungen ohne besondere gegenteilige Bestimmung nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar waren (Art. 11 und 12). Dass der Gesetzgeber die fahrlässige Übertretung des Spielbankengesetzes von der Strafbarkeit bewusst ausnehmen wollte, ergibt sich unmissverständlich auch aus der parlamentarischen Gesetzesberatung (StenBull StR 1929, Votum Brügger; NR 1929, S. 630, Votum Häberlin). Durch die Einführung des StGB ist der Sinn der Strafbestimmungen des Spielbankengesetzes nicht geändert worden.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. | null | nan | de | 1,972 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
460dd93a-c9e8-4b73-a1c3-0f99b4910aff | Urteilskopf
97 II 238
35. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 1er juillet 1971 dans la cause l'Union contre Follonier frères. | Regeste
Art. 30 Abs. 2 SVG
.
Beim Fehlen jeder Verdeutlichung und jedes sonstigen Hinweises im Text einer Versicherungspolice gilt eine Ladung im Sinne derPolice als mangelhaft, wenn sie den Anforderungen von
Art. 30 Abs. 2 SVG
nicht entspricht. Soll eine Ladung diesen Anforderungen genügen, so muss ihre Stabilität nicht nur für den normalen Verkehr, sondern auch für den Fall leichter Unfälle gewährleistet sein. | Sachverhalt
ab Seite 239
BGE 97 II 238 S. 239
Résumé des faits:
Un des camions avec remorque de Follonier frères, transportant du vin, est sorti accidentellement de la route près de Roche. Après avoir passé sur une pierre qui l'a fait dévier, il est monté sur la banquette et s'est immobilisé brutalement contre un talus. Sous l'effet du choc, la citerne placée sur la remorque a glissé sur le dispositif d'attelage et s'est ouverte sur l'angle arrière droit du camion.
L'Union, compagnie d'assurances contre l'incendie, les accidents et risques divers, à Genève, ayant refusé de prendre à sa charge la réparation du dommage de son assurée Follonier frères, celle-ci l'a assignée devant le Tribunal cantonal valaisan. Celui-ci a considéré que l'accident constituait un sinistre prévu par la police d'assurance, il a refusé de retenir une faute grave à la charge du chauffeur et un défaut d'arrimage du chargement. Estimant en conséquence que l'assureur n'était pas libéré de ses obligations aux termes de la police, il a donc accueilli la demande. L'Union recourt en réforme; elle persiste à conclure à libération totale. L'intimée conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
(L'accident est un sinistre prévu par la police d'assurance.)
2.
(Le chauffeur n'a pas commis de faute grave.)
3.
a) La clause 7 litt. b des Conditions générales de la police libère l'assureur de sa responsabilité:
"lorsque le preneur, effectuant le transport lui-même ou par ses gens, a disposé la marchandise d'une manière défectueuse sur le véhicule..."
BGE 97 II 238 S. 240
Il est constant que les cuves et citernes ovales contenant le vin étaient simplement posées sur des "berceaux" en bois, auxquels elles n'étaient pas assujetties. Ces berceaux eux-mêmes reposaient sans être fixés sur les ponts plats munis de ridelles du camion et de la remorque. Le chargement n'était donc pas du tout arrimé. Le poids des cuves ou citernes sur les "berceaux" ou supports devait à lui seul en assurer la stabilité.
La compagnie d'assurances soutient que la marchandise était disposée de façon défectueuse sur le véhicule. Elle voit dans le défaut d'arrimage une violation de l'art. 30 al. 2 LCR et prétend que le chargement était instable.
La cour cantonale a fait procéder à trois expertises. L'auteur de la première, l'inspecteur principal des autos du Bureau cantonal vaudois des automobiles, Schwaab, déclare le chargement "non conforme aux règles de l'art". Il estime d'une part qu'un arrimage est nécessaire au regard de l'art. 30 al. 2 LCR et, d'autre part, que le mode de fixation adopté est insuffisant sur route bombée, cahoteuse ou dans des courbes, ou même en cas de blocage brusque du véhicule; il relève que son point de vue est corroboré par le technicien de la maison Giovanola, qui a construit les citernes en cause. Telle est également l'opinion des experts Grossen et Grasso selon qui de nombreuses maisons de transports et d'importants commerçants en vins amarreraient leurs citernes; les berceaux sont dans ce cas solidement fixés sur les ponts et les citernes elles-mêmes sont arrimées au berceau par de gros boulons ou par des ceintures. Le troisième expert, Clausen, est d'un autre avis; il pense que le mode de chargement n'est absolument pas de nature à mettre en danger les usagers de la route; il est suffisant dans les conditions normales de circulation, freinages et arrêts brusques compris. L'expert lors d'essais a constaté que, à la suite d'un arrêt brusque à une vitesse d'environ 50 km/h, les citernes ne se sont pas déplacées ni sur le camion, ni sur la remorque.
Le jugement relève que le Service cantonal vaudois des automobiles exige un ancrage au pont du camion, ce que corroborent des pièces du dossier. Il relate ensuite une attestation de la Provins, qui confie à Follonier de nombreux transports, au moyen de citernes qu'elle fournit. Selon cette déclaration, le mode de chargement adopté par Follonier n'a jamais fait l'objet d'une contravention ou contestation quelconque; il ne mettrait donc pas en danger les usagers de la route. Enfin, le
BGE 97 II 238 S. 241
jugement souligne qu'aucune sanction n'a été prise par l'autorité vaudoise ensuite du rapport dressé par la gendarmerie lors de l'accident.
En présence de ces contradictions, les premiers juges ont considéré que si l'accident s'était produit à la suite d'un arrêt brusque, d'un choc ou d'un cahot survenu sur la chaussée, l'insuffisance du système de chargement aurait été démontrée. Mais le ripage et la chute des citernes se sont produits alors que le véhicule, en position déclive, est venu heurter un talus. Aussi bien ont-ils admis qu'il n'était "pas possible d'admettre que le mode de chargement pratiqué, au vu et au su des polices cantonales, non seulement par Follonier, mais par Provins et par d'autres transporteurs, violait de façon certaine ... l'art. 30 al. 2".
b) Les parties et la cour cantonale considèrent implicitement que l'application de la clause 7 b des Conditions générales est commandée par les règles de droit administratif régissant le chargement des véhicules. En d'autres termes, la marchandise ne sera réputée avoir été disposée d'une manière défectueuse sur le véhicule, au sens de la police d'assurance, que si le chargement n'est pas conforme aux exigences légales ou réglementaires. In casu cette manière de voir est raisonnable, il n'y a pas lieu de s'en écarter. En matière de police de la circulation, les autorités ont en effet institué une réglementation détaillée qui pose des exigences suffisamment strictes pour constituer la mesure de la diligence à observer d'une façon tout à fait générale. Aussi bien, en l'absence de toute précision et de toute autre référence dans le texte de la police, peut-on dire que le chargement défectueux au sens de la police est le chargement qui n'est pas conforme aux exigences de l'art. 30 al. 2 LCR selon lequel
"... Le chargement doit être disposé de telle manière qu'il ne mette en danger ni ne gêne personne et qu'il ne puisse tomber..."
L'interprétation de l'art. 30 al. 2 LCR ressortit au droit. Il ne suffit pas de considérer, comme la cour cantonale, que l'accident ne s'est pas produit à la suite d'un choc ou d'un cahot survenu sur la chaussée, pour en déduire que la preuve n'est pas faite de l'insuffisance du chargement, ni de relever les contradictions des experts pour refuser d'admettre que le mode de chargement "violait de façon certaine" les prescriptions de
BGE 97 II 238 S. 242
l'art. 30 al. 2 LCR. Il ne s'agit pas là d'un fait dont la preuve peut être réputée avoir échoué, mais d'un point de droit que le juge doit trancher: il doit choisir entre les avis des experts, lesquels, portant sur les moyens nécessaires pour assurer la stabilité du chargement, explicitent la règle de l'art. 30 al. 2 LCR. En cas de recours, il appartient au Tribunal fédéral de se prononcer en dernier ressort.
c) La première question à résoudre est celle de savoir si la stabilité du chargement doit être assurée seulement pour des conditions normales.
L'art. 30 al. 2 LCR doit être compris d'une façon plus stricte. Il ne suffit pas d'assurer la stabilité du chargement en vue du seul trafic normal et des freinages subits, qui en font partie. La densité de la circulation, la multiplication des incidents et accidents de tous genres et de toutes gravités, justifient des exigences plus sévères. La stabilité du chargement et son immobilité sur le camion doivent être assurées en tenant compte d'accidents anodins, telle la collision bénigne, en chaîne ou non, tel le dérapage sur du sol mouillé ou sur du verglas, qui aboutit à une collision latérale contre un mur ou une barrière: ces accidents le plus souvent n'affectent pas gravement le véhicule; tout au moins celui-ci reste-t-il sur ses roues et ne subit-il pas de dommage important. Dans toutes ces éventualités cependant l'instabilité du chargement, qui par exemple basculerait en atteignant d'autres usagers, peut avoir des conséquences graves qu'une fixation adéquate permet d'éviter.
Il ne suffit dès lors pas d'expérimenter un freinage sec avec un camion roulant à "environ" 50 km/h, comme l'a fait l'expert Clausen car d'une part les trains routiers peuvent rouler à 60 km/h (art. 5 OCR), et d'autre part, il faut envisager les hypothèses énumérées plus haut.
d) Complétées au besoin sur des points de détail (art. 64 al. 2 OJ), les constatations du jugement cantonal établissent ce qui suit:
aa) Le camion était chargé d'une citerne de 6500 litres, la remorque portait trois tonneaux de 650 litres environ chacun à l'avant et une citerne de 4500 litres à l'arrière.
bb) Le poids total du chargement, tare des citernes comprise, était de 14 300 kg.
cc) Les experts sont d'accord pour constater que chaque côté des socles supportant la citerne, il subsiste un jeu de 35 mm. Les berceaux n'étaient donc pas calés latéralement.
BGE 97 II 238 S. 243
Dans ces conditions, compter sur la seule force de gravité, soit sur le poids des citernes, pour assurer la fixité et la stabilité du chargement, c'est assumer délibérément le risque certain d'une mise en danger de la circulation par le déplacement ou la chute du chargement. Les trois experts qui se sont prononcés dans ce sens, le démontrent par de bonnes raisons. Il faut en effet tenir compte du jeu des berceaux sur le pont, du mouvement latéral du liquide, du mouvement latéral de la remorque.
Le fait, retenu par la cour cantonale, que l'accident ne s'est pas produit sur la route, n'est nullement décisif. C'est l'intensité du choc qui est déterminante. Or le camion a heurté, à une allure réduite, en position déclive, un talus, où il s'est immobilisé. Ce choc n'a pas été violent et le seul dégât signalé par le rapport de gendarmerie est une ridelle arrachée. Sans doute les 40 mètres de trajet sur la banquette et la position déclive du camion - mais non de la remorque - en fin de course ont joué leur rôle. Il n'en demeure pas moins que l'on est en présence d'un choc peu violent, comparable à ceux qui peuvent se produire sur la route au cours d'un incident sans gravité. A supposer qu'il y ait quelque doute, le respect de la sécurité que commande l'art. 30 al. 2 LCR impose au transporteur de prendre une marge de sécurité plutôt que d'assumer un risque au détriment des tiers mis en danger.
Les précautions imposées par l'autorité administrative et qu'observent la majorité des transporteurs sont un indice non négligeable de ce que la prudence commande à des transporteurs conscients de leur responsabilité. Or il ressort des expertises que des maisons de transport et des commerçants en vins importants, dont les camions sillonnent quotidiennement les routes, prennent la précaution d'arrimer leur chargement au pont du camion en assurant la fixation des berceaux et des citernes par des écrous et par des boulons amovibles. Ces mesures sont d'ailleurs simples, peu coûteuses; elles peuvent être prises facilement et rapidement.
Le chargement litigieux ne satisfaisait pas aux exigences de l'art. 30 al. 2 LCR, et partant la marchandise était disposée de manière défectueuse sur le véhicule au sens de l'art. 7 litt. b des conditions génerales. Cela suffit pour dégager la responsabilité de l'assureur, lequel n'a nullement à établir une relation de cause à effet entre le défaut de chargement et le sinistre. Il ne ressort pas du jugement que la preuve contraire ait été offerte, et d'ailleurs elle n'aurait pu l'être que si le sinistre
BGE 97 II 238 S. 244
était manifestement étranger au mode de chargement. Tel n'est pas le cas. Deux des trois expertises mettent expressément les défauts du chargement en relation avec le dommage. Seul l'expert Clausen prétend que si les citernes avaient été fixées, c'est tout le chargement, véhicule compris, qui aurait basculé, avec le même effet. C'est là une opinion de fait, que le jugement déféré n'a pas faite sienne.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours. | public_law | nan | fr | 1,971 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
4610218c-4ba8-4f42-b746-75f68c076892 | Urteilskopf
102 III 63
12. Entscheid vom 25. Februar 1976 i.S. M. GmbH. | Regeste
Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG
.
Betreibungsurkunden, in denen die Person des Schuldners nicht klar und unzweideutig genannt ist, sind grundsätzlich nichtig.
Lässt hingegen die mangelhafte Schuldnerbezeichnung den wirklichen Schuldner ohne weiteres erkennen, ist die Urkunde zu berichtigen und die Betreibung weiterzuführen. | Sachverhalt
ab Seite 63
BGE 102 III 63 S. 63
A.-
Die M. GmbH betrieb die Firma F. + E. AG, Autokranbetrieb, Sch., für eine Forderung von Fr. 1'700.-- nebst 6% Zins seit 13. September 1974. Im Zahlungsbefehl Nr. 131/1975 des Betreibungsamtes Sch. wurde als Schuldnerin die Firma F. + E., Autokranbetrieb, Sch., aufgeführt. Die Schuldnerin erhob Rechtsvorschlag, worauf die Gläubigerin beim Amtsgerichtspräsidenten am 16. Oktober 1975 die provisorische Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 1'700.-- nebst 5% Zins seit 8. August 1975 erwirkte.
B.-
Die Firma F. + E. AG reichte am 23. Oktober 1975 beim Amtsgerichtspräsidenten als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde ein. Sie beantragte, die unter der Schuldnerbezeichnung "F. + E." eingeleitete Betreibung vom 8. August 1975 und demzufolge auch der Rechtsöffnungsentscheid vom 16. Oktober 1975 seien nichtig zu erklären, weil die Schuldnerbezeichnung die gesetzlichen Vorschriften des
Art. 67 SchKG
nicht erfülle; eine Firma F. + E. existiere nämlich nicht. Mit Entscheid vom 21. November 1975 hob der Amtsgerichtspräsident die Betreibung Nr. 131/1975/BA Sch. auf.
Die M. GmbH zog diesen Entscheid an die obere kantonale Aufsichtsbehörde weiter. Diese wies die Beschwerde am
BGE 102 III 63 S. 64
12. Januar 1976 ab und erklärte den am 8. August 1975 in der Betreibung Nr. 131/1975/BA Sch. ausgestellten Zahlungsbefehl für nichtig.
C.-
Die Firma M. GmbH führt Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, der Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 12. Januar 1976 sei aufzuheben und der am 8. August 1975 in der Betreibung Nr. 131/1975 des Betreibungsamtes Sch. ausgestellte Zahlungsbefehl sei zu bestätigen.
Die Firma F. + E. AG beantragt in der Rekursantwort, den Rekurs abzuweisen und den Entscheid der Vorinstanz zu bestätigen.
Die obere kantonale Aufsichtsbehörde stellt ebenfalls Antrag auf Abweisung des Rekurses.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.
Der Amtsgerichtspräsident hat mit seinem Entscheid vom 21. November 1975 die Betreibung Nr. 131/1975 des Betreibungsamtes Sch. als nichtig aufgehoben. Mit Recht hat die Vorinstanz hiezu ausgeführt, da der Erlass des Zahlungsbefehls die einzige Betreibungshandlung darstelle, sei nicht die Betreibung als solche aufzuheben; vielmehr genüge es, die Nichtigkeit des Zahlungsbefehls festzustellen. Trotzdem hat dann die Vorinstanz in Ziffer 1 des Dispositivs zum angefochtenen Entscheid die Beschwerde vollumfänglich abgewiesen und damit den erstinstanzlichen Entscheid, der die Betreibung als solche aufgehoben hatte, bestätigt. In Ziffer 2 des Dispositivs hat sie hingegen den Zahlungsbefehl nichtig erklärt. Das Dispositiv des angefochtenen Entscheides ist somit widersprüchlich. Da sich im vorinstanzlichen Verfahren ergeben hatte, dass die Gläubigerin im Betreibungsbegehren die Schuldnerbezeichnung mit F. + E. AG zutreffend formuliert hatte, hätte die Vorinstanz richtigerweise nur den Zahlungsbefehl aufheben und das Betreibungsamt anweisen sollen, kostenlos (Art. 16 GebT) einen neuen Zahlungsbefehl mit richtiger Schuldnerbezeichnung auszufertigen.
2.
Gemäss Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 in Verbindung mit
Art. 67 Ziff. 2 SchKG
sind im Zahlungsbefehl Name und Wohnort des Schuldners aufzuführen. Wird als Schuldner eine
BGE 102 III 63 S. 65
nicht existierende Person angegeben, ist der Zahlungsbefehl nichtig (
BGE 80 III 77
; SCHWANDER, Nichtige Betreibungshandlungen, BlSchK 1954, S. 8, und SCHWARTZ, Die Bezeichnung der Parteien in den Betreibungsurkunden, BlSchK 1955, S. 2). Hingegen ist nicht jede Ungenauigkeit in der Bezeichnung des Schuldners seiner Nichtexistenz gleichzusetzen. Lässt die mangelhafte Bezeichnung den wirklichen Schuldner ohne weiteres erkennen, so besteht kein Anlass zur Anordnung einer derart schwerwiegenden Massnahme, wie es die Nichtigkeit des Zahlungsbefehls darstellt. Bestehen nämlich über die tatsächliche Person des Schuldners keine Zweifel, so wird weder der Gläubiger noch der Schuldner durch die Aufrechterhaltung der Betreibung in seinen Interessen geschädigt. In diesem Sinne hat das Bundesgericht bezüglich einer mangelhaften Gläubigerbezeichnung entschieden (
BGE 98 III 24
ff.). Es hat dabei festgehalten, dass die formellen Anforderungen an die Parteibezeichnung im Betreibungsverfahren nicht überspannt werden dürfen. Es besteht kein Grund, diese Praxis nicht auch auf den Fall einer ungenauen Schuldnerbezeichnung anzuwenden. Auch SCHWARTZ, a.a.O. S. 16, hat gestützt auf die Rechtsprechung mit Grund die Auffassung vertreten, dass eine ungenaue Parteibezeichnung in einer Betreibungsurkunde, die eine Unsicherheit über die Identität der fraglichen Partei zu schaffen geeignet ist, nur dann die Nichtigkeit der betreffenden Betreibungshandlung zur Folge haben solle, wenn sie die Beteiligten auch tatsächlich irregeführt hat. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Beteiligten über die Identität einer ungenau bezeichneten Partei Gewissheit verschaffen mussten.
3.
Im vorliegenden Fall wurde die Schuldnerin im Zahlungsbefehl als Firma "F. + E., Autokranbetrieb, Sch." anstatt mit "F. + E. AG, Autokranbetrieb, Sch." bezeichnet. Im Zahlungsbefehl fehlte somit lediglich der Zusatz "AG". Es liegt damit eine zwar nicht ganz korrekte Bezeichnung vor, die aber die wirklich gemeinte Schuldnerin klar erkennen lässt. Der Auffassung der Rekursgegnerin, dass mit der im Zahlungsbefehl aufgeführten Firma F. + E. eine Personengesellschaft oder eventuell eine einfache Gesellschaft und damit eine nicht existierende Person betrieben worden sei, was schlechthin Nichtigkeit zu Folge habe, kann nicht gefolgt werden. Die Schuldnerin übersieht dabei, dass Nichtigkeit nach der dargelegten
BGE 102 III 63 S. 66
Rechtsprechung dann nicht eintritt, wenn die mangelhafte Parteibezeichnung die Beteiligten tatsächlich nicht irregeführt hat. Dass eine solche Irreführung im vorliegenden Fall nicht stattgefunden hat, geht schon aus der Tatsache hervor, dass sich das Betreibungsverfahren bis und mit Erteilung der Rechtsöffnung vollständig richtig und unter Beteiligung der wirklich gemeinten Schuldnerin abgewickelt hat. Weder in Sch. noch in einer andern Gemeinde besteht eine Firma, wie sie im Zahlungsbefehl genannt worden ist. Ob früher eine Kollektivgesellschaft F. + E. bestanden habe, wie die Schuldnerin behauptet, ist unerheblich; denn es liegt auf der Hand und war auch allen Beteiligten klar, dass die Gläubigerin und Rekurrentin nicht eine seit mindestens 1962, dem Gründungsjahr der AG, nicht mehr existierende Firma betreiben wollte. Natürliche Personen konnten mit der Bezeichnung "F. + E., Autokranbetrieb, Sch.", zum vorneherein nicht gemeint sein. Zudem Wohnt der Geschäftsführer Franz E. in E. und hätte daher in dieser Gemeinde betrieben werden müssen. Somit kam allein die Firma F. + E. AG als Schuldnerin in Frage. Eine Verwechslung war weder möglich, noch ist sie in Wirklichkeit vorgekommen. Auch für die Einreichung einer Aberkennungsklage erwuchsen der Schuldnerin entgegen ihrer Behauptung keinerlei Schwierigkeiten oder Risiken. Selbstverständlich hätte sie nur unter ihrer richtigen Firmenbezeichnung eine solche Klage einreichen können. Wenn sie die Frist zur Klageerhebung versäumt hat, so hat sie dies offensichtlich ihrer eigenen Nachlässigkeit und nicht etwa der Unklarheit über die Schuldnerbezeichnung zuzuschreiben. Dasselbe gilt auch für die verpasste Teilnahme an der Rechtsöffnungsverhandlung. Nach der eigenen Darstellung der Schuldnerin wurde die Vorladung zu dieser Verhandlung von der Sekretärin der Firma F. + E. AG entgegengenommen, mit der Absicht, sie dem Verwaltungsratspräsidenten der Firma zu übergeben, was dann wegen dessen Ferienabwesenheit erst verspätet geschah. Der Zahlungsbefehl wurde hingegen dem Geschäftsführer der betriebenen Firma, Franz E., persönlich übergeben. Dabei handelt es sich entgegen der Darstellung in der Rekursantwort nicht um eine neue Tatsache; denn dies ergab sich bereits aus der Vernehmlassung des Betreibungsamtes an die Vorinstanz.
BGE 102 III 63 S. 67
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der vom Betreibungsamt Sch. am 8. August 1975 erlassene Zahlungsbefehl Nr. 131/1975 gültig ist. | null | nan | de | 1,976 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
461339b9-c288-4ecf-82ff-07df791dd514 | Urteilskopf
140 V 574
72. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Association A. et consorts contre Conseil d'Etat de la République et canton de Genève (recours en matière de droit public)
9C_422/2014 du 23 décembre 2014 | Regeste
Art. 55a KVG
; Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung; Ausführungsverordnung des Kantons Genf; abstrakte Normenkontrolle.
Die Kantone sind weitgehend autonom, die Anzahl der Ärzte festzulegen, die in ihrem Gebiet zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen werden; bei entsprechendem Bedürfnis können sie von den in Anhang 1 VEZL festgelegten Höchstzahlen abweichen (E. 6). | Sachverhalt
ab Seite 575
BGE 140 V 574 S. 575
A.
Dans le cadre de la mise en oeuvre de la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire au sens de l'
art. 55a LAMal
et de son ordonnance d'exécution (ordonnance du 3 juillet 2013 sur la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire [OLAF; RS 832.103]), le Conseil d'Etat de la République et canton de Genève a adopté le 16 avril 2014 le règlement d'application de l'ordonnance fédérale sur la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire (RaOLAF; rs/GE J 3 05.50). Ce règlement prévoit notamment que:
Art. 3 Principe
Les fournisseurs de prestations visés par la limitation de l'admission sont les médecins au bénéfice d'un titre postgrade fédéral ou jugé équivalent au sens de l'art. 36 de la loi fédérale qui exercent dans un cabinet une activité dépendante ou indépendante, au sein d'une institution au sens de l'art. 36a de la loi fédérale, ou dans le domaine ambulatoire d'un hôpital au sens de l'art. 39 de la loi fédérale.
Art. 4 Exception
Ne sont pas soumis à cette limitation les médecins qui peuvent attester avoir exercé pendant au moins trois ans dans un établissement suisse de formation reconnu en présentant:
a) des certificats FMH établis au cours de la formation postgraduée au sein d'établissements suisses reconnus;
b) ou des attestations de travail établies par des établissements suisses de formation postgraduée reconnus.
BGE 140 V 574 S. 576
Art. 5 Limitation de l'admission
1
Une admission à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins ne peut être délivrée que si le nombre maximum de médecins par domaine de spécialité, fixé par l'annexe 1 de l'ordonnance fédérale, n'est pas atteint.
2
En fonction des besoins en soins de la population, la direction générale [de la santé du département de l'emploi, des affaires sociales et de la santé] a la possibilité de délivrer des admissions supplémentaires à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins (...).
B.
L'Association A., B. SA, la Clinique C. SA, la Clinique D. SA, la Clinique E. SA ainsi que les docteurs F. et G. ont interjeté un recours en matière de droit public contre ce règlement, en concluant principalement à l'annulation de l'art. 3 RaOLAF, en tant que celui-ci concerne les médecins exerçant dans le domaine ambulatoire des hôpitaux, et subsidiairement à l'annulation de l'art. 5 al. 1 RaOLAF et au renvoi de "la cause au Conseil d'Etat de la République et canton de Genève afin que celui-ci augmente de manière adéquate les nombres maximums de médecins par domaine de spécialité, fixés par l'annexe 1 OLAF".
Le Conseil d'Etat a conclu au rejet du recours, alors que l'Office fédéral de la santé publique a renoncé à se déterminer. Les recourants ont répliqué.
Le recours a été rejeté.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Déposé le 22 mai 2014, le présent recours est antérieur à l'entrée en vigueur, le 14 juin 2014, de la novelle du 11 avril 2014 modifiant la loi genevoise sur l'organisation judiciaire (LOJ; rs/GE E 2 05), par le biais de laquelle a été créée, en application de l'art. 124 de la Constitution de la République et canton de Genève (Cst./GE; rs/GE A 2 00), une chambre constitutionnelle au sein de la Cour de droit public de la Cour de justice chargée, notamment, de traiter les recours contre les lois constitutionnelles, les lois et les règlements du Conseil d'Etat (
art. 1 let
. h ch. 3 et art. 130B al. 1 let. a LOJ). Faute de pouvoir faire l'objet d'un recours sur le plan cantonal, le règlement contesté est par conséquent directement attaquable par un recours en matière de droit public (
art. 82 let. b et
art. 87 al. 1 LTF
;
ATF 138 I 435
consid. 1.3.1 p. 440), lequel a par ailleurs été formé en temps utile (
art. 101 LTF
).
(...)
BGE 140 V 574 S. 577
3.
Dans le cadre d'un contrôle abstrait des normes, le Tribunal fédéral examine librement la conformité d'un acte normatif au droit constitutionnel; il s'impose cependant une certaine retenue eu égard notamment au principe découlant du fédéralisme et de la proportionnalité. Dans ce contexte, ce qui est décisif, c'est que la norme mise en cause puisse, d'après les principes d'interprétation reconnus, se voir attribuer un sens compatible avec les droits fondamentaux invoqués. Le Tribunal fédéral n'annule dès lors une norme cantonale que lorsque celle-ci ne se prête à aucune interprétation conforme à la Constitution fédérale ou à la Convention européenne des droits de l'homme. Pour en juger, il faut notamment tenir compte de la portée de l'atteinte aux droits fondamentaux en cause, de la possibilité d'obtenir ultérieurement, par un contrôle concret de la norme, une protection juridique suffisante, et des circonstances concrètes dans lesquelles ladite norme sera appliquée (
ATF 140 I 2
consid. 4 p. 14;
ATF 137 I 31
consid. 2 p. 39).
4.
4.1
Invoquant l'
art. 49 Cst.
, les recourants font valoir que l'art. 3 RaOLAF viole le principe de la primauté du droit fédéral, en tant qu'il soumet les médecins qui exercent dans le domaine ambulatoire d'un hôpital au sens de l'
art. 39 LAMal
à la limitation de l'admission à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie, sans procéder dans le même temps à une augmentation des nombres maximums de fournisseurs de prestations fixés dans l'annexe 1 OLAF. L'
art. 2 al. 2 OLAF
ne permettrait pas aux cantons, dès lors qu'ils font usage de la clause du besoin pour cette catégorie de médecins, de dissocier, d'une part, la limitation d'admission des médecins exerçant dans le domaine ambulatoire des hôpitaux et, d'autre part, l'augmentation des nombres maximums de médecins admis. Cette disposition ne laisserait ainsi aucun pouvoir discrétionnaire à l'autorité d'augmenter les nombres limites de médecins en fonction des demandes qui lui sont concrètement adressées. Par voie de conséquence, les recourants demandent que l'art. 3 RaOLAF soit annulé, dans la mesure où cette disposition soumet les médecins exerçant dans le domaine ambulatoire des hôpitaux aux limitations de nombre fixés de l'annexe OLAF ou, subsidiairement, que l'art. 5 al. 1 RaOLAF soit annulé et les nombres maximums de médecins par domaine de spécialité fixés de l'annexe OLAF soient augmentés en fonction des besoins en médecins exerçant dans le domaine ambulatoire des hôpitaux.
BGE 140 V 574 S. 578
4.2
Dans sa réponse au recours, le Conseil d'Etat expose que la législation fédérale relative à l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à charge de l'assurance-maladie n'exclut pas toute réglementation cantonale en la matière (
art. 55a al. 4 LAMal
). Les cantons peuvent adopter des dispositions d'application complémentaires et/ou renforçant l'efficacité de la législation fédérale concernée, à condition d'en respecter le sens et l'esprit. C'est pourquoi en vertu de l'art. 5 RaOLAF, chaque demande d'admission est, lorsque les chiffres de l'annexe 1 OLAF sont dépassés, préavisée par une commission représentant l'ensemble des partenaires de la santé touchés par la limitation. Cette manière de procéder permet à la Direction générale de la santé de délivrer aux médecins des autorisations de pratiquer au plus près des besoins en soins de la population, y compris dans l'ambulatoire hospitalier. Au surplus, malgré le fait que les chiffres de l'annexe 1 OLAF sont largement dépassés dans le canton de Genève, aucun médecin souhaitant exercer dans le domaine ambulatoire hospitalier ne s'est vu refuser une autorisation de pratiquer.
5.
5.1
Selon l'
art. 49 al. 1 Cst.
, le droit fédéral prime le droit cantonal qui lui est contraire. Ce principe constitutionnel de la primauté du droit fédéral fait obstacle à l'adoption ou à l'application de règles cantonales qui éludent des prescriptions de droit fédéral ou qui en contredisent le sens ou l'esprit, notamment par leur but ou par les moyens qu'elles mettent en oeuvre, ou qui empiètent sur des matières que le législateur fédéral a réglementées de façon exhaustive (
ATF 138 I 468
consid. 2.3.1 p. 470 et les références).
5.2
5.2.1
Afin d'empêcher l'augmentation du nombre des fournisseurs de prestations et la hausse des coûts de la santé qui y est liée, le législateur a réintroduit le 21 juin 2013 l'
art. 55a LAMal
, qui prévoit, dans sa teneur applicable depuis le 1
er
juillet 2013, la possibilité pour le Conseil fédéral de limiter, sous certaines conditions, l'admission des médecins visés à l'
art. 36 LAMal
, qu'ils exercent une activité dépendante ou indépendante, et des médecins qui exercent au sein d'une institution au sens de l'
art. 36a LAMal
ou dans le domaine ambulatoire d'un hôpital au sens de l'
art. 39 LAMal
.
5.2.2
La limitation de l'admission à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins a pour but de freiner l'augmentation des coûts de la santé et, partant, des primes d'assurance-maladie. Il est en
BGE 140 V 574 S. 579
effet de notoriété publique que cette augmentation représente un problème financier grave pour les assurés. La clause du besoin instaurée par l'
art. 55a LAMal
poursuit par conséquent un but de politique sociale admissible au regard de la liberté économique (
ATF 130 I 26
consid. 6.2 p. 50).
5.2.3
Faisant usage de la compétence prévue à l'
art. 55a LAMal
, le Conseil fédéral a édicté - pour une durée prévue jusqu'au 30 juin 2016 - l'ordonnance du 3 juillet 2013 sur la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire (OLAF). Sous réserve des personnes visées à l'
art. 55a al. 2 LAMal
et dans les dispositions transitoires relatives à la modification du 21 juin 2013 de la LAMal, les médecins visés à l'
art. 36 LAMal
et les médecins qui exercent au sein des institutions au sens de l'
art. 36a LAMal
ne sont admis à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins que si le nombre maximum fixé à l'annexe 1 OLAF pour le canton et le domaine de spécialité concernés n'est pas atteint (
art. 1 OLAF
). Les cantons peuvent prévoir que l'
art. 1 OLAF
s'applique également aux médecins qui exercent dans le domaine ambulatoire des hôpitaux visés à l'
art. 39 LAMal
(
art. 2 al. 1 OLAF
). S'ils font usage de cette compétence, ils augmentent de manière adéquate les nombres maximums de fournisseurs de prestations fixés dans l'annexe 1 OLAF (
art. 2 al. 2 OLAF
).
5.2.4
Le régime de la limitation peut être aménagé par les cantons. Ils peuvent ainsi prévoir que le nombre maximum fixé par l'annexe 1 ne s'applique pas à un ou plusieurs domaines de spécialité qui y sont visés (
art. 3 let. a OLAF
) ou qu'aucune admission à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire n'est octroyée pour un ou plusieurs domaines de spécialité si la densité médicale du canton selon l'annexe 2 est supérieure à celle de la région à laquelle le canton est rattaché au sens de l'annexe 2 ou supérieure à celle de l'ensemble de la Suisse (
art. 3 let. b OLAF
). Si la couverture sanitaire y est insuffisante dans un domaine de spécialité, les cantons peuvent par ailleurs admettre un nombre de personnes supérieur à celui fixé dans l'annexe 1 (
art. 4 OLAF
).
5.2.5
Il ressort du texte de l'ordonnance, de la systématique et de l'historique de l'
art. 55a LAMal
que le législateur fédéral et le Conseil fédéral ont adopté en matière d'admission de pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire une réglementation de droit fédéral directement applicable qui peut être exécutée par les cantons et qui
BGE 140 V 574 S. 580
ne doit être que concrétisée par des règlements d'exécution correspondants, la transposition de la réglementation fédérale en droit cantonal constituant du droit d'exécution dépendant (
ATF 130 I 26
consid. 5.3.2 p. 48). Sur la base de la réglementation de droit fédéral, il appartient aux cantons de décider si les fournisseurs de prestations concernés par le régime de la limitation, qui obtiennent une autorisation d'exercer leur profession, peuvent également pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins (arrêt 9C_219/2010 du 13 septembre 2010 consid. 5.3).
5.3
Afin de concrétiser la législation fédérale, le Conseil d'Etat de la République et canton de Genève a adopté le 16 avril 2014 un règlement d'application de l'ordonnance fédérale sur la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire (RaOLAF; rs/GE J 3 05.50).
6.
6.1
Il ressort des travaux préparatoires relatifs à la réintroduction de l'
art. 55a LAMal
que le législateur fédéral entendait clairement laisser aux cantons une large autonomie en matière de limitation de l'admission à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins. Pour celui-ci, il convenait en effet d'offrir aux cantons qui en avaient besoin les outils légaux leur permettant d'intervenir rapidement dans ce domaine, en attendant qu'une réglementation définitive entre en vigueur (Message du 21 novembre 2012 concernant la modification de la loi fédérale sur l'assurance-maladie [Réintroduction temporaire de l'admission selon le besoin], FF 2012 8709 8713 s. ch. 1.2 ss). Au cours des débats parlementaires avait notamment été mis en exergue le caractère fédéraliste et non contraignant de ce projet: les cantons qui ne souhaitaient pas appliquer de clause du besoin étaient libres d'en rester au statu quo, tandis que les cantons dans lesquels il existait un afflux de médecins spécialistes pouvaient disposer d'un outil de régulation leur permettant d'éviter les excès (intervention du Conseiller national Christian van Singer, BO 2013 CN 65; voir également les interventions, fondées en particulier sur l'exemple du canton de Genève, des Conseillères et Conseiller aux Etats Christine Egerszegi-Obrist, Liliane Maury Pasquier et Urs Schwaller, BO 2013 CE 416 s.; voir en outre l'intervention du Conseiller fédéral Alain Berset, BO 2013 CE 559).
6.2
Comme on l'a vu (cf. supra consid. 5.2.3 et 5.2.4), le système mis en place par le législateur prévoit que dès l'entrée en vigueur de
BGE 140 V 574 S. 581
l'ordonnance et pour une durée de trois ans, les cantons ne sont en principe plus autorisés à admettre aucun fournisseur de prestations supplémentaire visé à l'
art. 36 LAMal
à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins. Il en est de même pour les médecins qui exercent au sein des institutions au sens de l'
art. 36a LAMal
ou, sur décision des cantons, dans le domaine ambulatoire des hôpitaux au sens de l'
art. 39 LAMal
. Si un canton estime qu'un besoin subsiste pour tous ou certains domaines de spécialité, il peut toutefois, en se fondant sur les
art. 3 let. a et 4 OLAF
, décider de lever les limitations pour ces catégories de prestations ou spécialités qui ne seraient dès lors plus soumises à la limitation de pratiquer (voir également le Commentaire de l'Office fédéral de la santé publique du 3 juillet 2013 relatif à l'ordonnance sur la limitation de l'admission des fournisseurs de prestations à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire).
6.3
Les art. 3 et 5 al. 1 RaOLAF prévoient explicitement pour la République et canton de Genève la limitation, dans le cadre des seuils fixés dans l'annexe 1 OLAF, de l'admission des médecins visés à l'
art. 36 LAMal
, qu'ils exercent une activité dépendante ou indépendante, et des médecins qui exercent au sein d'une institution au sens de l'
art. 36a LAMal
ou dans le domaine ambulatoire d'un hôpital au sens de l'
art. 39 LAMal
. Cela étant, d'après les chiffres fournis par le Conseil d'Etat dans le cadre de la présente procédure, le nombre de médecins admis à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire dans la République et canton de Genève, toutes spécialités confondues (3559), dépassait, en date du 9 juin 2014, de 51,77 % le total des nombres maximums fixés à l'annexe 1 OLAF (2345). Comme le reconnaît d'ailleurs implicitement le Conseil d'Etat, quand bien même le RaOLAF fait référence aux limitations de l'
art. 55a LAMal
, la République et canton de Genève s'est en vérité écartée des limites fixées dans l'annexe 1 OLAF pour privilégier un examen au cas par cas de chaque demande d'admission supplémentaire à pratiquer à la charge de l'assurance obligatoire des soins afin d'adapter l'offre sanitaire cantonale au plus près des besoins de la population. Cette manière de faire, consacrée d'ailleurs à l'art. 5 al. 2 RaOLAF, n'est nullement contraire au droit fédéral, puisqu'elle s'inscrit, conformément à la volonté clairement affichée par le législateur fédéral, dans l'exercice de la très grande liberté laissée aux cantons en la matière par les
art. 3 let. a et 4 OLAF
, ces dispositions ne fixant ni cadre procédural en matière de contrôle de l'admission des fournisseurs de
BGE 140 V 574 S. 582
prestations ni régime de sanctions en cas de dépassement des limites fixées dans l'annexe 1 OLAF.
6.4
Il est vrai que l'
art. 2 al. 2 OLAF
prévoit en principe que les nombres maximums des fournisseurs de prestations fixés dans l'annexe 1 OLAF doivent être augmentés lorsque les médecins exerçant dans le domaine ambulatoire des hôpitaux au sens de l'
art. 39 LAMal
sont aussi soumis à la limitation introduite par l'
art. 55a LAMal
. Compte tenu du régime d'admission mis en place dans la République et canton de Genève qui, on l'a vu, ne viole pas le droit fédéral, il importe en réalité peu de savoir s'il convient, conformément à l'
art. 2 al. 2 OLAF
, d'augmenter de manière adéquate les nombres maximums de médecins fixés dans l'annexe 1 OLAF, ces chiffres n'ayant au final aucune portée quant au choix d'admettre ou non un médecin à pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire.
6.5
Sur le vu de ce qui précède et compte tenu de la retenue que s'impose le Tribunal fédéral dans le cadre d'un contrôle abstrait, la réglementation cantonale apparaît conforme au sens et à l'esprit du droit fédéral et échappe par conséquent à toute critique. | null | nan | fr | 2,014 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
46187f76-87b6-48d6-ab0e-1add802f645f | Urteilskopf
107 IV 29
9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Mai 1981 i.S. C. gegen Staatsanwaltschaft Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 64 StGB
, achtungswerte Beweggründe.
Begriff.
Bedeutung politischer Motive. | Sachverhalt
ab Seite 29
BGE 107 IV 29 S. 29
Aus dem Sachverhalt:
A.-
(Gekürzt) C. und M. verübten am 13. November 1979 einen Sprengstoffanschlag auf einen Stahlgittermast einer Hochspannungsleitung der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG, wobei ein Sachschaden von rund Fr. 21'500.-- entstand. In der Nacht vom 24./25. Dezember 1979 verübten sie einen Sprengstoffanschlag auf das Unterwerk "Sarelli" der Kraftwerke Sarganserland AG, wobei ein Beton-Richtstrahlmast stark beschädigt wurde, die Werkstromversorgung vollständig und die externe Stromversorgung teilweise ausfielen, ein Teil des in Transformatoren gelagerten Öls über die Ölauffangwannen auslief und Sachschaden von rund 1,4 Mio Franken entstand. Überdies haben
BGE 107 IV 29 S. 30
C. und M. von Frühjahr 1979 bis anfangs Januar 1980, teils zusammen, teils allein und teils mit Dritten, zahlreiche Diebstähle verübt; zur Diebsbeute zählten Sprengstoffe und Sprengmittel, Schusswaffen und Munition, Sende- und Empfangsgeräte mit Zubehör, Werkzeuge, Benzin, Bargeld usw.
Das Kantonsgericht von Graubünden verurteilte am 26.-29. Januar 1981 C. wegen wiederholter Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht, fortgesetzten Verbergens und Weiterschaffens von Sprengstoff, wiederholter Beschädigung von elektrischen Anlagen, wiederholter vorsätzlicher Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, banden- und gewerbsmässigen Diebstahls und zahlreicher weiterer Straftaten zu 10 Jahren Zuchthaus.
B.-
C. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht insbesondere geltend, die Vorinstanz habe dadurch
Art. 64 StGB
verletzt, dass sie ihm mit Bezug auf die Sprengstoff- und die damit zusammenhängenden Beschaffungsdelikte den Strafmilderungsgrund der achtungswerten Beweggründe verweigert habe.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Nach
Art. 64 StGB
kann der Richter die Strafe mildern, wenn der Täter aus achtungswerten Beweggründen gehandelt hat. Die Ermittlung des Beweggrundes der Tat gehört zu den tatsächlichen Feststellungen, die der kantonale Richter für den Kassationshof verbindlich trifft (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
). ob der Beweggrund achtungswert sei, ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Rangordnung ethischer Werte beurteilt, welche von der Gemeinschaft anerkannt werden. Der Beweggrund ist an sich unabhängig von der Tat und ihrem Verhältnis zum verfolgten Zweck. Die vom Täter vorausgesehenen Gefahren und Folgen der Tat können eine so grosse Rücksichtslosigkeit kundtun, dass diese die Schuld mehr erhöht, als der an sich achtungswerte Beweggrund sie zu mildern vermag. Politische Motive sind nicht an sich achtungswert. Sie können es sein, können aber auch ethisch neutral oder gar verwerflich sein (
BGE 104 IV 245
).
b) Hinsichtlich des Beweggrundes des Beschwerdeführers C. hielt die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich folgendes fest: Nach der Mittelschule habe der Beschwerdeführer seine
BGE 107 IV 29 S. 31
damals bereits bestehende oppositionelle Haltung in eine revolutionäre und anarchistische Lebensauffassung gesteigert, um dem kapitalistischen und verschwenderischen Staat zu trotzen. Möge er anfänglich auch aus ehrlicher gesellschaftskritischer Überzeugung und aus idealen Beweggründen die Verhältnisse in Gesellschaft, Staat und Wirtschaft für unbefriedigend und verbesserungswürdig gehalten haben, so sei das geeignete Mittel für ihn doch von Anfang an und ausschliesslich der revolutionäre Kampf gewesen, der sich in einem blinden Zerstören erschöpfe. In dieser Haltung habe er sich zu Gewaltaktionen gesteigert, die von reinen Hass- und Rachegefühlen geleitet worden seien. Er habe Gewalt als das noch einzig richtige Mittel bezeichnet, um die von ihm kritisierten Zustände zu bekämpfen. Seine Angriffsziele seien vor allem Objekte gewesen, die "nach Staat und Wirtschaft schmeckten". Sein Bestreben habe sich nicht darauf beschränkt, die Mitmenschen von gesellschaftlich oder politisch unbefriedigenden Zuständen wegzubringen und ihnen eine bessere und erträglichere Welt zu schaffen, sondern er habe die Zerstörung der staatlichen Ordnung überhaupt im Auge gehabt.
c) In rechtlicher Beziehung nahm die Vorinstanz an, derartige Beweggründe könnten nicht als achtungswert im Sinne von
Art. 64 StGB
betrachtet werden. Darin ist ihr beizupflichten. Unsere rechtsstaatliche Ordnung gibt jedem verschiedene Möglichkeiten, im Rahmen des geltenden Rechts mit demokratischen und erlaubten Mitteln für ihre Veränderung oder Verbesserung zu kämpfen. Verbrecherische Gewaltaktionen der vorliegenden Art, die anarchistische Ziele verfolgen und unsere staatliche Ordnung zu verändern oder zu vernichten suchen, sind nicht Handlungen, welche von der Gemeinschaft als höhere ethische Werte anerkannt werden, gleichgültig welchen Ideologien sie entspringen mögen.
Der Beschwerdeführer wendet ein, der revolutionäre Kampf als Mittel mache die Beweggründe noch nicht zum vornherein verwerflich; die Absicht, dem Menschen eine bessere Welt zu verschaffen, bleibe auch dann idealistisch, wenn durch die Wahl der Mittel die bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung getroffen werden wolle. Dem kann beigepflichtet werden, solange der Kampf um eine bessere Welt mit den gesetzlich erlaubten Mitteln unserer Rechtsordnung geführt wird. Wo dieser Kampf aber zum Verbrechen greift und Menschenleben gefährdet, kann er sich nicht mehr auf achtungswerte Beweggründe berufen. | null | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
4621e1f1-63ac-4918-ac76-3c0ce8173690 | Urteilskopf
117 II 387
72. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 25 octobre 1991 dans la cause société Z. contre X. Handels AG (recours en réforme) | Regeste
Art. 32 Abs. 2 OR
. Gleichgültigkeit des Dritten bei der Stellvertretung.
1. Die Folgen der Stellvertretung bei Gleichgültigkeit des Dritten kommen auch dann zum Tragen, wenn dieser nicht erkennen konnte, dass sein Verhandlungspartner den Vertrag im Namen eines andern abschliessen wollte (E. 2a).
2. Beweislast (E. 2e) und Unterscheidung zwischen Rechts- und Tatfrage (E. 2b) bezüglich der Gleichgültigkeit des Dritten.
3. Die Vertretungswirkung tritt dann ein, wenn es dem Dritten gleichgültig war, ob er den Vertrag mit dem Vertreter oder dem Vertretenen abschliesse (E. 2c).
4. Weder das Vorliegen eines Auftrages noch der Umstand, dass die gegenseitigen Verpflichtungen nicht sofort erfüllt werden müssen, stehen der Anwendung von
Art. 32 Abs. 2 OR
entgegen (E. 2d). | Sachverhalt
ab Seite 387
BGE 117 II 387 S. 387
A.-
En décembre 1984, X. Industries BV, dont le siège est à Amsterdam, a acheté, au nom d'X. Handels AG, une société suisse, 2000 tonnes métriques d'éthylène dichloride, au prix de 155 US$ la tonne, vendues par une société moscovite. La marchandise devait présenter un degré de pureté de 99,4%. Elle est arrivée au début du mois de janvier en Finlande. X. Industries BV a chargé la société O. Ab - agent, pour ce pays, de la société Z., dont le
BGE 117 II 387 S. 388
siège est à Genève - de procéder très rapidement à l'analyse d'un échantillon de la marchandise en question. Une fois en possession des résultats de cette analyse, O. Ab lui a indiqué que la marchandise était conforme aux spécifications contractuelles et présentait un taux de pureté de 99,8%. En réalité, de nouvelles analyses, effectuées par des tiers, ont permis d'établir que la marchandise ne correspondait pas aux qualités promises, son degré de pureté n'étant que de 97,5%, voire 97,8%.
Au début du mois de mai 1985, X. Handels AG a revendu la marchandise au prix de 130 US$ la tonne, alors que le cours de l'éthylène dichloride présentant le taux de pureté voulu était à l'époque de 195 US$. Lors des négociations subséquentes, la venderesse, tout en reconnaissant sa responsabilité en raison de la qualité insuffisante de la marchandise livrée, a fait valoir que, si elle en avait été avertie en temps utile, elle aurait pu la remplacer sans délai et à peu de frais. Elle a accepté finalement, à titre transactionnel, de réduire sa facture de 10%.
B.-
X. Handels AG a assigné la société Z. en paiement de 127'513,75 US$, en capital, à titre de dommages-intérêts pour mauvaise exécution du mandat. La défenderesse a conclu au rejet de l'action.
Après avoir annulé un premier jugement rendu dans cette affaire, la Cour de justice du canton de Genève, statuant comme juridiction d'appel, en a annulé un second par arrêt du 10 mai 1991. Cela fait, elle a condamné la défenderesse à payer à la demanderesse la somme de 97'290,90 US$.
C.-
La défenderesse interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à sa libération totale des fins de la demande.
Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme l'arrêt attaqué.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
La Cour de justice a admis l'effet de représentation parce qu'au moment de la conclusion du contrat, il était indifférent à la défenderesse de savoir avec qui elle traitait. Elle a donc fait application de l'art. 32 al. 2 in fine CO. Dans son recours en réforme, la défenderesse le lui reproche au motif que, s'agissant d'un contrat conclu intuitu personae, l'identité du mandant ne pouvait en aucun cas lui être indifférente.
BGE 117 II 387 S. 389
a) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral et l'opinion d'une majorité d'auteurs, l'art. 32 al. 2 in fine CO s'applique aussi lorsque le tiers ne pouvait pas se rendre compte que celui avec lequel il traitait voulait conclure l'affaire au nom d'autrui (
ATF 88 II 357
consid. 1e,
ATF 60 II 498
in fine; ZÄCH, n. 91 ad
art. 32 CO
; ZÄCH, Gleichgültigkeit des Dritten nach Art. 32 Abs. 2 OR, in: Festschrift für Mario M. Pedrazzini, p. 373; GUHL/MERZ/KOLLER, Das schweizerische Obligationenrecht, 8e éd., p. 153; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, p. 165; KELLER/SCHÖBI, Das Schweizerische Schuldrecht, vol. I, 3e éd., p. 71; GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4e éd., n. 972; d'un autre avis: BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2e éd., p. 622; DROIN, L'indifférence du tiers en matière de représentation, in: RDS 88/1969, I, p. 458 ss). Encore faut-il, dans cette hypothèse également, que le représentant ait bien eu la volonté (interne) d'agir comme tel (
ATF 109 III 120
consid. 4b,
ATF 100 II 211
consid. 8a,
ATF 88 II 194
/195 consid. 4, 357 consid. 1e); à défaut de cette exigence, la qualité de cocontractant, en laquelle il a entendu agir, pourrait, en effet, lui être déniée ultérieurement par le tiers ou le représenté et il se verrait ainsi contraint de jouer malgré lui le rôle d'un simple représentant. Si la volonté du représentant d'agir au nom d'autrui est établie, l'indifférence du tiers remplace alors la manifestation de cette volonté, de sorte que l'effet de représentation se produit bien que le tiers ignore l'existence d'un rapport de représentation. Sur ce point, le texte de l'
art. 32 al. 2 CO
ne souffre pas d'autre interprétation. En l'adoptant, le législateur, tenant compte des intérêts en présence, a permis que les effets de la représentation directe s'appliquent également aux affaires qui, extérieurement, paraissent avoir été conclues par le représentant en son propre nom et qui, de ce fait, devraient normalement être soumises aux règles régissant la représentation indirecte.
Il n'y a pas de raison d'abandonner cette jurisprudence, nonobstant la critique qu'en fait BUCHER (op.cit., ibid.; voir aussi: Für mehr Aktionendenken, in: Archiv für die civilistische Praxis 186/1986, p. 55 ss). Cet auteur met avant tout l'accent sur le risque que court le tiers, qui agit en exécution du contrat, de succomber en raison du défaut de qualité pour défendre de la seule personne avec laquelle il ait traité. Il ne faut cependant pas exagérer semblable risque, car celui qui attend d'être recherché personnellement pour faire état de sa qualité de représentant, qu'il n'a pas révélée au tiers
BGE 117 II 387 S. 390
lors de la conclusion du contrat, commet un abus de droit manifeste (venire contra factum proprium) qui n'est pas protégé par la loi (
art. 2 al. 2 CC
). Au demeurant, si le tiers a déjà exécuté le contrat qu'il pense avoir conclu avec le représentant, l'effet de représentation se produit ipso jure à l'égard du représenté, en vertu de la procuration existante. Il n'est donc pas nécessaire de renforcer la protection du tiers en restreignant encore plus le champ d'application de l'art. 32 al. 2 in fine CO.
b) L'indifférence du tiers quant à la personne du cocontractant concerne la volonté interne de l'intéressé. La constatation de cette volonté relève du domaine des faits et lie, partant, le Tribunal fédéral lorsqu'il est saisi d'un recours en réforme (
art. 63 al. 2 OJ
). C'est, en revanche, une question de droit que de savoir si la juridiction cantonale a méconnu ou non la notion d'indifférence et de déterminer les circonstances qui sont décisives à cet égard. Ressortit également au droit la recherche d'une volonté simplement hypothétique ou présumée d'une partie, mais les constatations de l'autorité cantonale relatives aux faits permettant de dégager une telle volonté ne peuvent pas être revues par le Tribunal fédéral (
ATF 116 II 263
consid. 5a, 115 II 329 consid. 2b, 488 consid. 4b et les références).
c) La personnalité du cocontractant est indifférente au tiers si ce dernier, au lieu de passer le contrat avec la personne qui s'est présentée à lui sans faire état de l'existence d'un rapport de représentation, eût également conclu le contrat avec une autre personne. Cette autre personne est-elle celle pour qui le représentant a voulu agir, soit le représenté, ou bien l'indifférence du tiers doit-elle s'appliquer à n'importe quelle personne? Pour répondre à cette question, il faut se souvenir que l'application de l'art. 32 al. 2 in fine CO suppose la volonté du représentant d'agir pour autrui (cf. let. a ci-dessus); par conséquent, la personne du représenté est, en principe, déjà déterminée objectivement au moment de la conclusion du contrat, même si le tiers ne la connaît pas encore. De ce point de vue, rien ne s'oppose donc à ce que l'on considère le problème de l'indifférence relativement à cette seule personne. Le but de la disposition étudiée est, en effet, de faire bénéficier directement le représenté des avantages de l'affaire conclue pour lui, dans l'hypothèse où le représentant, nanti de pouvoirs à cette fin, n'a pas révélé au tiers l'existence du rapport de représentation (ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, p. 261; d'un autre avis: BUCHER, Allgemeiner Teil, p. 621). Si le tiers eût accepté ce représenté
BGE 117 II 387 S. 391
comme cocontractant, rien ne justifie de lui refuser la protection de l'art. 32 al. 2 in fine CO pour la seule raison qu'il n'eût pas conclu le contrat avec n'importe quelle autre personne. De fait, exiger une indifférence générale et absolue quant à la personnalité du cocontractant reviendrait à restreindre par trop le champ d'application de cette disposition, car il se trouvera toujours une personne que le tiers n'aurait pas acceptée comme partenaire contractuel pour quelque motif que ce soit.
Aussi, pour l'application de l'art. 32 al. 2 in fine CO, suffit-il qu'il eût été indifférent au tiers de conclure le contrat avec le représentant ou avec celui au nom de qui ce dernier avait la volonté d'agir et qui a fait connaître par la suite sa qualité de représenté. Autrement dit, l'effet de représentation se produit lorsqu'il était indifférent au tiers de traiter avec le représentant ou le représenté. Le texte français de la disposition précitée, qui oppose clairement le premier au second ("s'il lui était indifférent de traiter avec l'un ou l'autre"), confirme d'ailleurs le bien-fondé de cette interprétation que l'on retrouve aussi dans la doctrine et la jurisprudence (ZÄCH, n. 104 et 111 ad
art. 32 CO
; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3e éd., vol. I, p. 387, note de pied n. 12; SJ 1962 p. 391, 1960 p. 170, 1954 p. 207). La Cour de justice n'a dès lors pas violé le droit fédéral en se bornant à examiner si, à l'époque, la défenderesse eût été également disposée à conclure le contrat avec la demanderesse plutôt qu'avec X. Industries BV.
d) Dans son recours en réforme, la défenderesse soutient que les juges précédents ont admis à tort qu'il lui était indifférent de traiter avec X. Industries BV ou avec la demanderesse. La cour cantonale s'est fondée, à cet égard, sur une déclaration du dénommé M. - directeur du département des opérations pour la défenderesse chez O. Ab en janvier 1985 - qui a admis son indifférence relativement aux deux sociétés entrant en ligne de compte. Elle a constaté, en outre, que la défenderesse n'avait jamais prétendu qu'elle pouvait avoir des raisons de refuser certains mandats. Enfin, la Cour de justice a considéré, sous l'angle de la solvabilité, qu'il s'agissait, en l'occurrence, de prestations courantes et peu coûteuses, que la défenderesse eût tout aussi bien pu fournir à la demanderesse, d'autant plus que celle-ci fait partie du groupe X., bien connu de celle-là.
La défenderesse objecte que M. ne s'est exprimé qu'"en qualité d'employé d'O. Ab". Cet état de choses ne change cependant rien
BGE 117 II 387 S. 392
à l'affaire. Le témoin était le directeur des opérations qu'O. Ab effectuait en Finlande comme agent de la défenderesse. En cette qualité, il était tenu de sauvegarder au mieux les intérêts de celle-ci. Par ailleurs, O. Ab était certainement autorisée à conclure des contrats au nom de la défenderesse, de sorte que la volonté du collaborateur auquel elle a confié le soin de le faire doit être imputée directement à la défenderesse.
Pour cette dernière, le contrat passé avec X. Industries BV, qu'elle qualifie de mandat proprement dit, supposait une relation de confiance particulière, ce qui exclurait que l'une des parties ait pu être indifférente à la personnalité de son partenaire. A cet argument, on peut déjà opposer le fait que tout mandat, au sens des
art. 394 ss CO
, n'implique pas forcément une relation de confiance particulière, contrairement au mandat classique (cf.
ATF 115 II 466
ss). De surcroît, l'élément de confiance ne concerne généralement que la personnalité du mandataire; celle du débiteur des honoraires ne lui est, en revanche, sinon étrangère, du moins pas plus soumise que ce n'est le cas pour les obligations pécuniaires propres à d'autres rapports contractuels. En l'espèce, il s'agissait en outre de prestations de services fournies par la défenderesse dans le monde entier et pour une pluralité de clients. L'existence d'un mandat - s'il fallait qualifier ainsi le contrat considéré, question qui peut demeurer indécise - ne ferait donc nullement obstacle à l'application de l'art. 32 al. 2 in fine CO.
On trouve souvent, dans la doctrine et la jurisprudence, l'opinion selon laquelle la personne du débiteur n'est, en général, pas indifférente au tiers, sous l'angle de la solvabilité, lorsque les obligations réciproques ne doivent pas être exécutées sur-le-champ (cf. ZÄCH, n. 112 ad
art. 32 CO
et les références; VON TUHR/PETER, op.cit., p. 388; ENGEL, op.cit., p. 262; ZR 80/1981 n. 2 consid. 2). Une telle opinion pourrait être suivie si l'on exigeait une indifférence absolue, c'est-à-dire envers qui que ce soit. En revanche, si l'on oppose, comme il se doit, la personne de celui qui a traité avec le tiers à celle du représenté, on peut fort bien imaginer des cas où l'indifférence existera même si l'obligation pécuniaire n'est pas immédiatement exigible, voire de ceux où la personnalité du représenté offrira davantage de garanties au tiers du point de vue de la solvabilité. Ce qu'il importe de déterminer à cet égard, c'est la décision qu'aurait prise le tiers au moment de la conclusion du contrat sur la base des éléments dont il disposait. Dans cette perspective, la cour cantonale a eu raison de mettre l'accent sur le
BGE 117 II 387 S. 393
fait que demanderesse et X. Industries BV appartiennent toutes deux au groupe X., avec lequel la défenderesse était en relations d'affaires depuis longtemps. Il est également établi, par les factures d'avril 1984 figurant au dossier, que la défenderesse, ou du moins sa filiale hollandaise, avait déjà accepté de traiter avec la demanderesse par le passé. On ne voit donc pas pourquoi elle aurait cessé de le faire en janvier 1985. Au reste, si les choses avaient mal tourné et qu'elle se soit vue contrainte d'assigner sa cocontractante en justice pour obtenir le paiement de ses honoraires, il aurait alors été préférable pour elle d'avoir à rechercher la demanderesse, qui a son siège en Suisse, plutôt que de devoir ouvrir action aux Pays-Bas contre X. Industries BV. Dans ces conditions, la Cour de justice a considéré à bon droit qu'il était indifférent à la défenderesse de traiter avec l'une ou l'autre de ces deux sociétés. Elle n'a ainsi nullement violé le droit fédéral en admettant la qualité pour agir de la demanderesse.
e) Dans un dernier moyen, la défenderesse invoque encore une violation de l'
art. 8 CC
. Elle critique, à cet égard, un passage de l'arrêt attaqué où la cour cantonale relève qu'elle n'a pu expliquer pour quelles raisons la personnalité de son cocontractant ne lui était pas indifférente. Il faut lui concéder que, selon la jurisprudence, lorsque le représentant ne s'est pas fait connaître comme tel, il appartient au représenté qui prétend être directement créancier du tiers d'établir les éléments de fait permettant de conclure à l'indifférence de ce tiers quant à la personne de son cocontractant (
ATF 100 II 211
consid. 8a et les références). Les déductions qu'en tire le juge dans la recherche de la volonté hypothétique ou présumée de ce tiers ne relèvent toutefois pas de l'appréciation des preuves, mais de l'application du droit (
ATF 115 II 488
consid. 4b et les références) à laquelle l'
art. 8 CC
est étranger. La défenderesse ne soutient du reste pas que les juges précédents auraient fondé leurs déductions sur des faits contestés et non prouvés. Pour le surplus, on rappellera que l'
art. 8 CC
, en tant qu'il règle la question du fardeau de la preuve, ne saurait être invoqué lorsque l'appréciation des preuves a permis au juge de constater l'existence du fait contesté (
ATF 114 II 291
et les arrêts cités). Il n'y a donc pas matière à appliquer l'
art. 8 CC
dans le cas particulier, du moment que la demanderesse a rapporté la preuve des différentes circonstances de fait sur lesquelles la Cour de justice s'est basée pour conclure à l'indifférence de la défenderesse quant à la personnalité du cocontractant. Ce dernier moyen est donc, lui aussi, mal fondé. | public_law | nan | fr | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
462253e7-d331-40dc-861e-b75c46570f43 | Urteilskopf
114 V 225
45. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1988 i.S. M. gegen Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen und Obergericht des Kantons Schaffhausen | Regeste
Art. 28 Abs. 2 und
Art. 29 Abs. 1 IVG
: Statut des Strafgefangenen in der Invalidenversicherung.
Die Wartezeit kann auch Zeiten der Strafverbüssung umfassen.
Der Versicherungsfall tritt grundsätzlich nach Ablauf der Wartezeit ein, ungeachtet der Tatsache, dass sich der Versicherte noch im Strafvollzug befindet.
Ein Einkommensvergleich ist zu diesem Zeitpunkt jedoch nur vorzunehmen, wenn der Versicherte Anspruch auf Zusatzrenten hat. Andernfalls hat die Invaliditätsschätzung erst bei der Entlassung aus dem Strafvollzug zu erfolgen. | Erwägungen
ab Seite 225
BGE 114 V 225 S. 225
Aus den Erwägungen:
3.
a) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in seiner früheren Rechtsprechung, auf welche sich das kantonale Gericht bezieht, angenommen, dass eine Inhaftierung von einer gewissen Dauer - sei es als Untersuchungshaft oder zum Zwecke des Strafvollzuges - eine Änderung des rechtlichen Status des Versicherten bewirke, dessen Invalidität nach den Kriterien der Erwerbsunfähigkeit bemessen worden ist. Da die Ausübung einer Erwerbstätigkeit
BGE 114 V 225 S. 226
in beiden Fällen der Inhaftierung in der Regel ausgeschlossen ist, wurde der Versicherte als Nichterwerbstätiger betrachtet und konnte als solcher keine Rente beanspruchen, sofern er in seinem üblichen Aufgabenbereich, der in der Verbüssung der Strafe besteht, nicht behindert ist (
BGE 110 V 288
Erw. 2b, 107 V 222 Erw. 2,
BGE 102 V 170
Erw. 2).
In
BGE 113 V 273
hat das Eidg. Versicherungsgericht in Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, die Tatsache, dass der Bezüger einer Invalidenrente eine Freiheitsstrafe verbüsst, stelle keinen Revisionsgrund im Sinne von
Art. 41 IVG
dar. Dies bedeutet aber nicht, dass die Rente während des Vollzuges einer Strafe oder Massnahme weiter ausgerichtet werden muss. Wie das Gericht unter Berufung auf verschiedene Normen des internationalen Rechts der Sozialen Sicherheit sowie
Art. 43 MVG
dargelegt hat, bildet die Inhaftierung (oder jede andere Form eines durch eine Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzuges, einschliesslich des Aufenthaltes in einer Arbeitserziehungsanstalt) einen Grund für die Sistierung - und nicht mehr für die Revision - des Anspruches auf eine Rente der Invalidenversicherung. Da der Rentenanspruch als solcher bestehen bleibt, ist daraus abzuleiten, dass der Strafantritt nicht mehr wie bisher zu einer Einstellung der Zusatzrenten führt, sondern diese im Gegenteil weiter ausgerichtet werden müssen (
BGE 113 V 277
Erw. 2b und 278 Erw. 2c).
b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat bereits unter der Geltung der früheren Rechtsprechung, welche die Inhaftierung eines Versicherten als Revisionsgrund infolge Statuswechsels betrachtete, entschieden, dass die Wartezeit auch Zeiten der Strafverbüssung einschliessen könne, während denen der Versicherte, wenn er sich in Freiheit befunden hätte, in dem von
Art. 29 Abs. 1 IVG
geforderten Ausmass arbeitsunfähig gewesen wäre. Es hat sodann erkannt, dass für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von den tatsächlichen oder wahrscheinlichen Verhältnissen nach der Strafentlassung auszugehen sei (
BGE 102 V 170
Erw. 2).
Konnte jedoch die Wartezeit auch gemäss der früheren Rechtsprechung Zeiten der Strafverbüssung umfassen, obwohl eine Statusänderung angenommen wurde, muss dies um so mehr im Lichte der neuen Rechtsprechung gelten, nach welcher der Strafvollzug keine Statusänderung darstellt und die Rente lediglich sistiert wird.
c) In seiner früheren Rechtsprechung nahm das Eidg. Versicherungsgericht an, der Versicherungsfall trete erst nach der Strafverbüssung
BGE 114 V 225 S. 227
ein (
BGE 102 V 170
Erw. 2). Nachdem nunmehr eine Statusänderung verneint wird und die Wartezeit auch während der Dauer des Freiheitsentzuges weiterläuft, tritt der Versicherungsfall grundsätzlich nach Ablauf der Wartezeit ein, ungeachtet der Tatsache, dass sich der Versicherte noch im Strafvollzug befindet. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Rente zu sistieren ist, solange der Strafvollzug andauert. Der Invaliditätsgrad des Strafgefangenen ist nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (
Art. 28 Abs. 2 IVG
) zu ermitteln. Dem Einkommen, das der Versicherte ohne Invalidität erzielen könnte, ist als Invalideneinkommen dasjenige Erwerbseinkommen gegenüberzustellen, das er trotz seiner Behinderung mit einer zumutbaren Tätigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt erlangen könnte. Die Tatsache, dass der Versicherte sich im Strafvollzug befindet, ist somit in bezug auf die Festlegung der hypothetischen Einkommen mit und ohne Invalidität unerheblich; die Invaliditätsschätzung hat in gleicher Weise zu erfolgen, wie wenn der Versicherte in Freiheit wäre.
d) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beschwerdeführer, der sich ab 31. Oktober 1986 in Untersuchungshaft und anschliessend im Strafvollzug befand, seit Beginn der Wartezeit am 1. Januar 1986 arbeitsunfähig ist. Ebenso fehlen Angaben in erwerblicher Hinsicht, welche die Festlegung des Invaliditätsgrades nach Ablauf der Wartezeit aufgrund eines Einkommensvergleichs ermöglichten. Aus diesen Gründen müsste die Sache zur Vornahme ergänzender Abklärungen und zu neuer Verfügung an die Verwaltung zurückgewiesen werden. Im vorliegenden Fall kann jedoch von einer Rückweisung abgesehen werden. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Er hätte somit keinen Anspruch auf Zusatzrenten für Angehörige. Da eine ihm nach Ablauf der Wartezeit am 26. Dezember 1986 allenfalls zustehende Invalidenrente während der Dauer des Strafvollzuges zu sistieren wäre (vgl. Erw. 3a hievor), erweist sich eine Sachverhaltsergänzung im gegenwärtigen Zeitpunkt als unnötig. Eine solche wird die Verwaltung bei der Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug vorzunehmen haben. Sollten zu jenem Zeitpunkt die gesetzlichen Voraussetzungen für den Rentenanspruch erfüllt sein, wird dem Beschwerdeführer die Rente ab dem Monat, in welchem er entlassen wird, ausgerichtet werden (
BGE 113 V 279
Erw. 2d).
Anders wäre hingegen vorzugehen, wenn die Invalidenrente eines Strafgefangenen Zusatzrenten auslösen kann. In einem solchen
BGE 114 V 225 S. 228
Fall müsste nach Ablauf der Wartezeit ein Einkommensvergleich vorgenommen werden. Ergäbe sich daraus eine rentenbegründende Invalidität, wäre zwar die Rente des Strafgefangenen zu sistieren, die Zusatzrenten jedoch müssten den Angehörigen ausbezahlt werden. | null | nan | de | 1,988 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
46278dda-b552-40c4-a2bc-c87cf3c07f83 | Urteilskopf
92 I 82
15. Extrait de l'arrêt du 29 juin 1966 dans la cause B contre A et Cour d'appel du canton de Berne. | Regeste
Beweisabnahme, Stellung des Richters, Verhältnis zwischen eidgenössischem und kantonalem Recht. Anthropologisch-erbbiologische Expertise.
1. Befugnis der Kantone zur Bestimmung, in welcher Form und in welchem Zeitpunkt die Beweisanträge zu stellen sind. Einschlägige Bestimmungen des bernischen Rechts. Überspitzter Formalismus? (Erw. 1).
2. Kantonale Bestimmung, wonach der Richter die ihm notwendig erscheinenden Beweisverfügungen von Amtes wegen zu treffen hat. Pflicht, von Amtes wegen eine anthropologisch-erbbiologische Expertise anzuordnen, die verspätet verlangt wurde? (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 83
BGE 92 I 82 S. 83
Le 8 avril 1963, Madeleine A a mis au monde une fille illégitime, qu'elle a nommée Michèle. Elle a désigné François B comme le père de l'enfant. B contestant sa paternité, Madeleine A et sa fille Michèle ont ouvert contre lui une action en paternité tendant exclusivement à des prestations pécuniaires. B a conclu au rejet de la demande. Il affirmait n'avoir jamais cohabité avec demoiselle A et invoquait au demeurant l'exceptio plurium et l'inconduite de la demanderesse no 1 à l'époque de la conception. Le Tribunal de première instance puis, par arrêt du 2 décembre 1965, la Cour d'appel du canton de Berne ont alloué leurs conclusions aux demanderesses.
L'expertise des sangs ordonnée par les premiers juges n'excluant pas la paternité du défendeur, celui-ci avait déposé une demande d'expertise anthropobiologique à l'audience de jugement, avant qu'il soit passé aux plaidoiries des parties. Ecartée en première instance pour cause de tardiveté, cette requête fut réitérée en instance d'appel. La Cour jugea cependant que cette requête avait été rejetée à bon droit. D'autre part, elle renonça à ordonner cette expertise d'office, au motif "qu'il résulte de l'administration des preuves que X n'a pas eu de relations intimes avec Madeleine A durant la période critique et qu'en outre le défendeur n'a nullement rendu vraisemblable que la demanderesse ait cohabité durant la période critique avec un autre que lui-même".
B forme contre l'arrêt de la Cour d'appel du canton de Berne le présent recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst. Il estime qu'en rejetant sa demande d'expertise comme tardive, la juridiction cantonale a fait preuve d'un formalisme excessif. Il soutient d'autre part en substance qu'elle a fait une application arbitraire de l'art. 89 CPC en s'abstenant d'ordonner cette expertise d'office.
Madeleine et Michèle A concluent au rejet du recours. La Cour d'appel du canton de Berne s'en rapporte à son arrêt.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Les cantons déterminent en principe librement selon quelles formes et à quel stade de la procédure les offres de preuves doivent être formulées. Dès lors, au cas de rejet d'une telle offre
BGE 92 I 82 S. 84
pour cause de tardiveté, le Tribunal fédéral ne peut intervenir que si les dispositions légales applicables ont été arbitrairement appliquées (cf. arrêt non publié du 30 mai 1951 en la cause dame Wyss c. Danielewicz, et la jurisprudence citée).
a) Si le recourant prétend qu'en écartant comme tardive sa requête d'expertise anthropobiologique, la juridiction cantonale a violé l'art. 4 Cst., il ne soutient pas sérieusement que cette décision n'était pas conforme aux dispositions du CPC bernois. C'est avec raison. Selon l'art. 92 CPC, les parties sont tenues de produire simultanément tous leurs moyens d'attaque et de défense; il leur est permis de les compléter ou de les rectifier jusqu'aux plaidoiries inclusivement. Passé ce moment, de nouveaux moyens d'attaque ou de défense ne sont pris en considération que si les parties justifient n'avoir pu les produire plus tôt, ou si le juge les retient d'office, en vertu du pouvoir que lui confère l'art. 89 (art. 93 al. 1 CPC). Par "plaidoiries" au sens de l'art. 92, il faut entendre exclusivement les exposés (ou "premières plaidoiries") prévus par l'art. 188 (cf., dans ce sens: LEUCH, Kommentar, 3e éd., n. 1 ad art. 93), par opposition aux "plaidoiries finales" de l'art. 200.
En appel, la Cour peut ordonner l'administration de nouvelles preuves, soit d'office, en application des art. 89 et 214 (art. 347), soit à la requête des parties, pourvu, dans ce dernier cas, que soient remplies les conditions de l'art. 93 (art. 93 al. 1; cf. LEUCH, op.cit., n. 2 ad art. 346; ZUMBÜHL, Die Appellation im Rechtsmittelsystem der bernischen Zivilprozessordnung, p. 73; FEHR, Das Novenrecht, p. 82).
Dans la présente espèce, il n'est pas contesté que la demande d'expertise a été formulée après les "premières plaidoiries". Le recourant ne prétend pas non plus qu'il était dans le cas d'invoquer l'art. 93 al. 1. Dans ces conditions, ni les premiers juges, ni la Cour d'appel du canton de Berne n'ont violé les dispositions topiques de la procédure bernoise en déclarant tardive la requête dont s'agit, et en l'écartant pour cette raison.
b) Le recourant prétend cependant qu'en lui faisant une stricte application de ces dispositions, la juridiction cantonale s'est montrée excessivement formaliste.
A l'appui de cette thèse, il fait valoir tout d'abord qu'il y aurait formalisme excessif à refuser une offre de preuve comme tardive, alors que la loi donne aujuge le pouvoir, et lui fait même un devoir, de l'ordonner d'office, et en tout état de cause. Cet
BGE 92 I 82 S. 85
argument est sans valeur. Les pouvoirs que l'art. 89 confère au juge doivent lui permettre (dans une mesure, du reste, limitée) de contribuer, par son intervention, à faire éclater la vérité. Il n'en reste pas moins que c'est aux parties qu'il appartient, au premier chef, d'indiquer leurs moyens de preuves; l'art. 89 n'a ni pour but, ni pour effet de les décharger de ce soin; une intervention du juge en vertu de cette disposition ne peut être envisagée qu'à titre subsidiaire (cf. LEUCH, op.cit., n. 1 ad art. 89). Si l'on admettait la thèse du recourant, l'art. 92 perdrait toute raison d'être, la partie négligente pouvant toujours tirer prétexte des pouvoirs conférés au juge par l'art. 89 pour se plaindre d'un "formalisme excessif".
Le recourant soutient ensuite qu'en rejetant comme tardive sa demande d'expertise, la juridiction cantonale n'a fait que prétexter une informalité de procédure et que sa décision a été inspirée en réalité par la méconnaissance de la jurisprudence fédérale la plus récente en matière d'expertise anthropobiologique, et par la méfiance à l'égard d'un nouveau mode de preuve. Cet argument n'est pas fondé non plus. La juridiction cantonale a statué distinctement sur les deux questions; elle a constaté tout d'abord que la demande d'expertise, ayant été formulée tardivement, avait été écartée à bon droit; puis elle a considéré qu'il n'y avait pas lieu d'ordonner cette expertise d'office (art. 347 et 89 combinés), et les motifs qu'elle a donnés à l'appui de cette solution n'ont rien à voir avec la tardiveté de la requête formulée par le recourant.
Le recourant estime en outre que sa requête, même tardive, ne retardait nullement la procédure puisque, de toute manière, l'expertise n'aurait pu être faite avant le 8 avril 1966; or, dit-il la ratio legis des art. 92 et 93 est justement d'éviter que l'une des parties puisse faire traîner un procès en longueur; ce risque n'existant pas dans le cas particulier, une application rigoureuse des art. 92 et 93 ne correspond à aucun intérêt légitime et doit être taxée de formalisme excessif. Le recourant perd de vue que des règles telles que celles des art. 92 et 93 ont pour mission d'assurer le déroulement ordonné du procès et contribuent ainsi, en dernière analyse, au bon fonctionnement de la justice; il s'y attache donc un intérêt considérable. Or, si l'on suivait la théorie du recourant, c'en serait fait de règles comme celles-ci. Sans doute peuvent-elles avoir parfois des conséquences rigoureuses; mais le législateur y a pourvu en édictant l'art. 93 al. 1,
BGE 92 I 82 S. 86
qui donne au juge assez de latitude pour remédier à ce que l'art. 92 aurait de trop rigide. Le législateur a donc procédé à la balance des intérêts préconisée par le recourant et il a exigé qu'on ne pût déroger à l'art. 92 sans raison valable. Dans le cas particulier, le juge n'a fait qu'appliquer les art. 92 et 93 à une requête qui aurait parfaitement pu être présentée en temps utile. Il ne saurait, dès lors, être question de formalisme excessif.
Le recourant soutient enfin que s'il n'a pas réclamé plus tôt cette expertise, c'est par souci "d'économie des moyens" - ce mode de preuve étant relativement onéreux - et ce d'autant plus qu'il est au bénéfice de l'assistance judiciaire; que cependant cette dernière circonstance ne saurait le priver du droit d'administrer cette preuve. Cet argument est sans pertinence: rien n'empêchait le recourant de réclamer cette expertise en temps utile, mais à titre subsidiaire, pour le cas où ses autres moyens de preuve auraient échoué, en invoquant précisément ces circonstances.
Le moyen tiré du formalisme excessif dans l'application des règles de procédure civile bernoise s'avère ainsi entièrement mal fondé.
2.
Le recourant semble vouloir reprocher également à la juridiction cantonale une application arbitraire de l'art. 89 CPC. Il soutient en effet qu'en écartant sa demande d'expertise au motif "... que X n'a pas eu de relations intimes avec Madeleine A pendant la période critique et qu'en outre le défendeur n'a nullement rendu vraisemblable que la demanderesse ait cohabité durant la période critique avec un autre que lui-même...", la Cour cantonale a méconnu les principes posés par la jurisprudence fédérale en matière d'expertise anthropobiologique. Il se réfère expressément à l'arrêt RO 91 II 159.
Cet arrêt a sans doute posé en principe que le juge, saisi d'une demande d'expertise anthropobiologique par l'une des parties à un procès en paternité, ne pouvait faire dépendre l'admission de cette requête de l'existence d'indices d'une cohabitation du défendeur avec la demanderesse, ou de celle-ci avec des tiers. Il a expliqué que ce nouveau mode de preuve faisait éclater le système des présomptions posées par les art. 314 ss. CC, parce qu'il permettait d'établir ou d'exclure directement un lien de paternité. Mais le recourant se méprend sur la portée de cette jurisprudence: elle a entendu trancher uniquement un problème de droit à la preuve (art. 8 CC), et pour le seul cas où l'offre de
BGE 92 I 82 S. 87
preuve avait été formulée conformément aux règles cantonales de procédure (cf. également arrêt non publié du 18 juin 1965, en la cause S. c. G.).
La question dont s'agit ici est toute différente: il faut déterminer le rôle respectif du juge, d'une part, et des parties, de l'autre, dans l'appointement et l'administration des preuves; en particulier, il faut définir la mesure de l'obligation incombant au juge de faire administrer des preuves d'office. Tous ces points ressortissent au droit cantonal, et l'on ne peut rien tirer à ce propos de la jurisprudence invoquée par le recourant.
L'art. 89 CPC fait obligation aujuge d'ordonner l'administration des preuves qui lui paraissent nécessaires "pour établir dans leur intégrité et leur vérité les faits sur lesquels reposent les droits et prétentions des parties". En l'espèce, la juridiction cantonale a jugé cette expertise inutile, faute d'indices d'une cohabitation de la demanderesse avec un tiers durant la période critique. Sans doute cette motivation n'est-elle pas conforme à la jurisprudence citée par le recourant. Mais, s'agissant d'interpréter une disposition cantonale qui, tout en ordonnant au juge de faire administrer d'office les preuves nécessaires, lui laisse à cet égard un très large pouvoir d'appréciation, et compte tenu du fait que le juge n'intervient qu'à titre subsidiaire, les parties demeurant responsables au premier chef du rassemblement des preuves (cf. consid. 1 ci-dessus), on conçoit fort bien que l'expertise anthropobiologique, si elle n'a pas été régulièrement requise, ne soit ordonnée d'office qu'à certaines conditions. Celles qu'a posées la juridiction cantonale dans la présente espèce apparaissent sans doute peu compatibles avec le nouveau mode de preuve; mais elles ne sont en tout cas pas arbitraires. On ne peut pas dire non plus que la juridiction cantonale a abusé de son pouvoir d'appréciation: c'est au contraire après une discussion très approfondie des preuves administrées que, jugeant sa conviction faite, elle a renoncé à ordonner l'expertise requise par le recourant.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette le recours dans la mesure où il est recevable. | public_law | nan | fr | 1,966 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
4629d1f6-f7a8-4719-be1b-87edfafa1213 | Urteilskopf
109 Ib 339
52. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 1. Dezember 1983 i.S. M. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Auslieferungshaftbefehl) | Regeste
1.
Art. 48 Abs. 2 IRSG
. Im Beschwerdeverfahren gegen einen Auslieferungshaftbefehl ist nicht über die Begründetheit des Auslieferungsbegehrens zu entscheiden.
2.
Art. 47 Abs. 2 IRSG
. Die offensichtliche Unbegründetheit eines solchen Begehrens stellt keinen "anderen Grund" i.S. von
Art. 47 Abs. 2 IRSG
dar. | Sachverhalt
ab Seite 339
BGE 109 Ib 339 S. 339
Der niederländische Staatsangehörige M. führt gegen den Auslieferungshaftbefehl des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 20. Oktober 1983 Beschwerde. Er macht u.a. geltend, "andere Gründe" i.S. von
Art. 47 Abs. 2 IRSG
würden es rechtfertigen, anstelle der Haft eine andere Sicherungsmassnahme anzuordnen. Die Anklagekammer weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
d) "Andere Gründe" schliesslich, die es rechtfertigen würden, anstelle der Haft andere Massnahmen zur Sicherung des Verfolgten anzuordnen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Auf alle Fälle könnte eine offensichtliche Unbegründetheit des Auslieferungsbegehrens nach der neuen Ordnung des
Art. 47 Abs. 2 IRSG
nicht als ein solcher Grund in Betracht kommen, denn wo sich ein solches Begehren a priori als haltlos erweist, könnten auch andere Sicherungsmassnahmen, die vom Gesetz ausdrücklich an jene
BGE 109 Ib 339 S. 340
"anderen Gründe" angeschlossen werden, nicht verfügt werden. Im übrigen wäre es ohnehin nicht Sache der Anklagekammer, in diesem einzig die Auslieferungshaft betreffenden Verfahren über die Begründetheit des Auslieferungsbegehrens zu befinden. Das hat im Einspracheverfahren durch das zuständige Bundesamt (
Art. 24 IRSG
) und nur auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde durch das Bundesgericht zu geschehen (
Art. 25 IRSG
;
BGE 109 Ib 65
E. 2a mit Zitaten). Soweit der Beschwerdeführer deshalb geltend macht, das gegen ihn in den Niederlanden geführte Verfahren weise Mängel im Sinne des
Art. 2 IRSG
auf, das Auslieferungsgesuch betreffe Taten, die auf eine Verkürzung von fiskalischen Abgaben gerichtet erschienen (
Art. 3 Abs. 3 IRSG
) usw., ist er nicht zu hören. | public_law | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
462dac99-aa70-49bc-b244-07a669e5a81a | Urteilskopf
102 Ia 101
19. Extrait de l'arrêt du 23 juin 1976 dans la cause A.M. contre R.M. | Regeste
Art. 4 BV
;
Art. 145 ZGB
.
Eine vorsorgliche Verfügung, die im Scheidungsverfahren der Mutter einen Unterhaltsbeitrag für ein mündiges Kind zuspricht, ist willkürlich. Es steht dem mündigen Kind selbst zu, hiefür ein besonderes Verfahren vor der zuständigen Behörde einzuleiten. | Sachverhalt
ab Seite 101
BGE 102 Ia 101 S. 101
Statuant sur le recours formé par A. M. contre l'ordonnance de mesures provisionnelles rendue par le président du Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine, le Tribunal civil du même arrondissement juge, le 17 mars 1976, que A. M. doit verser à son épouse une pension mensuelle de 1'100 fr. dès le 1er mars 1976. A lire les considérants de la décision, le montant de 1'100 fr. comprend 300 fr. pour l'enfant Alain, né le 2 avril 1956. Il est ordonné d'office que la contribution en faveur d'Alain sera versée aussi longtemps qu'il poursuivra ses études.
A. M. forme un recours de droit public, concluant à l'annulation de la décision dans la mesure où elle l'astreint à contribuer aux frais d'entretien au-delà de la majorité.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
...
2.
...
3.
Le recourant fait valoir, en bref, que le Tribunal civil de l'arrondissement de la Sarine aurait violé le principe de l'autonomie des parties, et par là l'
art. 4 Cst.
, en ignorant l'art. 4 du Code de procédure civile fribourgeois selon lequel le juge est lié par les conclusions des parties. Il admet que le juge statue d'office sur la contribution aux frais d'entretien des
BGE 102 Ia 101 S. 102
enfants mineurs; mais cette faculté ne vaudrait plus dans le cas de l'enfant majeur: selon lui, on ne saurait, au-delà des conclusions des parties, fixer une contribution aux frais d'entretien d'un enfant majeur.
4.
En vertu de l'
art. 272 CC
, "les père et mère supportent les frais d'entretien et d'éducation de l'enfant...". Ce devoir peut durer au-delà de la majorité de l'enfant, notamment lorsque celui-ci entreprend des études (
ATF 61 II 216
/217; HEGNAUER, n. 71 ad
art. 272 CC
, avec références; EGGER, n. 5 ad
art. 272 CC
; SILBERNAGEL, n. 5 ad
art. 272 CC
; DESCHENAUX/TERCIER, p. 124, 3.2.2). Dans une telle hypothèse, c'est à l'enfant majeur lui-même de faire valoir sa prétention fondée sur l'
art. 272 CC
(HEGNAUER, n. 74 ad
art. 272 CC
).
En cas de divorce, celui des parents auquel est attribué le droit de garde ou la puissance paternelle est tenu de pourvoir à l'entretien complet de l'enfant. Ainsi, dès le moment où il prononce par mesures provisionnelles ou par jugement au fond, le juge arrête, au besoin d'office et au-delà des conclusions des parties (
ATF 82 II 470
), la contribution due par l'autre parent sur la base des
art. 145 ou 156 al. 2 CC
(HEGNAUER, n. 19, 82, 161 et 163 ad
art. 272 CC
). Cependant, le jugement de divorce ne peut pas accorder à la mère elle-même une contribution aux frais d'entretien de l'enfant majeur, fût-il en période de formation professionnelle et auprès de sa mère (
ATF 61 II 217
,
ATF 69 II 68
; HEGNAUER, n. 71 ad
art. 272 CC
; BÜHLER, in Revue du droit de tutelle, 1967, p. 87). Et même lorsqu'il intervient avant la majorité, le jugement ne peut accorder une contribution à la mère elle-même que jusqu'à l'époque où l'enfant atteint ses vingt ans révolus. En effet, l'enfant mineur est déjà lui-même créancier de la contribution et celui des parents auquel est attribué le droit de garde ou la puissance paternelle agit en qualité de représentant légal (
ATF 69 II 68
,
ATF 90 II 355
,
ATF 98 IV 207
; HINDERLING, Ehescheidungsrecht, notamment pp. 162/163). Dès lors que la puissance paternelle ou le droit de garde tombe avec l'avénement de la majorité, le pouvoir de représentation légal tombe du même coup. L'enfant doit agir lui-même, comme, du reste, en dehors du cas de divorce.
La seule exception est celle où une convention sur les effets accessoires du divorce est passée, aux termes de laquelle le père s'engage à entretenir son fils après la majorité. Une telle
BGE 102 Ia 101 S. 103
convention est en principe ratifiée par le juge (HEGNAUER, n. 75 ad
art. 272 CC
), parce que cet accord est de nature à préserver au mieux les intérêts de l'enfant par une solution amiable, simple et pratique.
5.
Il n'y a pas lieu de s'écarter de cette application logique des règles de droit en matière de mesures provisionnelles, sous peine de créer un conflit né de la coexistence de deux légitimations. Tout d'abord, il ne serait pas heureux que le juge des mesures provisionnelles puisse statuer sur le sort de l'enfant majeur, alors que le juge du fond ne le peut pas. De plus, si la contribution accordée à la mère se montrait insuffisante, la prétention complémentaire du fils pourrait être écartée au motif que la quotité a déjà été fixée en faveur de la mère. Par ailleurs, la situation pourrait se compliquer lorsque l'enfant quitte le domicile de sa mère pour devenir indépendant. Des difficultés peuvent également se présenter en matière de poursuite, en cas de requête de mainlevée de l'opposition, dès lors que la mère bénéficiaire de la contribution ne représente plus l'enfant créancier. Enfin, l'enfant majeur deviendrait une troisième partie, indépendante, dans un procès qui oppose père et mère.
Ces considérations démontrent que la solution adoptée par le Tribunal de l'arrondissement de la Sarine n'est pas soutenable: en matière de mesures provisionnelles comme dans le cadre du jugement au fond, il est arbitraire de nier pratiquement la légitimation de l'enfant majeur. Pour ce motif, la décision attaquée doit être annulée dans la mesure où elle accorde à la mère elle-même un montant de 300 fr. pour Alain, au-delà de sa majorité. Il appartiendra à l'enfant d'entreprendre une procédure séparée et d'agir lui-même afin d'obtenir satisfaction.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours et annule le jugement attaqué dans la mesure où il accorde, pour l'enfant Alain, au-delà de sa majorité, un montant mensuel de 300 fr. à titre de contribution à ses frais d'entretien. | public_law | nan | fr | 1,976 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
462ef4be-bbd4-4273-b9e8-40d483df4efc | Urteilskopf
99 V 120
40. Urteil vom 22. Mai 1973 i.S. Balmer gegen Krankenkassen-Verein St. Moritz und Versicherungsgericht von Graubünden | Regeste
Parteivertretung.
- Die kantonalrechtliche Beschränkung der Parteivertretungsbefugnis auf Rechtsanwälte im Krankenversicherungsprozess ist nicht bundesrechtswidrig (
Art. 30bis KUVG
).
- Dagegen ist es überspitzt formalistisch, das von einem Nichtanwalt eingelegte Rechtsmittel ohne jede Verbesserungsmöglichkeit von der Hand zu weisen (
Art. 4 BV
). | Sachverhalt
ab Seite 120
BGE 99 V 120 S. 120
A.-
Mit Verfügung vom 18. Juli 1972 hob der Krankenkassen-Verein St. Moritz die Mitgliedschaft von Balmer infolge Verletzung der Anzeigefristen auf.
B.-
Balmer liess durch E.B., Sekretär des Bau- und Holzarbeiter-
BGE 99 V 120 S. 121
Verbandes der Schweiz, Beschwerde führen mit dem Antrag, die Ausschlussverfügung sei aufzuheben.
Das Versicherungsgericht von Graubünden trat durch Entscheid vom 9. Oktober 1972 auf die "Klage" nicht ein mit der Begründung, gemäss Art. 14 der Verordnung über die Organisation und das Verfahren des kantonalen Versicherungsgerichts gelte für das Verfahren vor diesem Gericht subsidiär die Zivilprozessordnung (ZPO). Mangels einer Bestimmung über die Parteistellvertretung in der Verordnung gelte
Art. 39 ZPO
, wonach vor einem Kollegialgericht als Parteivertreter nur handeln könne, wer im Besitze eines bündnerischen Fähigkeitsausweises für Rechtsanwälte sei. Das KUVG schreibe keine andere Regelung vor. Da E.B. nicht patentierter Rechtsanwalt sei, könne er vor dem Versicherungsgericht, das ein Kollegialgericht sei, nicht als Parteivertreter handeln. Ein Gesuch um Zulassung zur Parteivertretung im Einzelfall, das er gemäss
Art. 39 Abs. 3 ZPO
an den Gerichtspräsidenten hätte richten können, habe er auch nicht gestellt.
C.-
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Balmer durch Rechtsanwalt lic. iur. P. beantragen, der Entscheid des Versicherungsgerichts von Graubünden sei aufzuheben und die Sache sei zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es wird im wesentlichen geltend gemacht, das Versicherungsgericht habe mit seinem Nichteintretensentscheid
Art. 4 BV
verletzt, weil dieses Urteil einem im Ergebnis zum Unrecht führenden überspitzten Formalismus das Wort rede, der durch keine schutzwürdigen Interessen zu rechtfertigen sei und die Durchsetzung des materiellen Rechts ohne sachlich vertretbare Gründe vereitle. Der Formfehler hätte innert Frist leicht behoben werden können; denn gemäss der Praxis des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden würden nicht legitimierte Parteivertreter auf ihre mangelnde Vertretungsbefugnis hingewiesen und aufgefordert, dem Gericht innert bestimmter Frist ein Vertretungsgesuch nachzureichen.
Während das Versicherungsgericht von Graubünden auf eine Vernehmlassung verzichtet und lediglich die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, schliesst der Krankenkassen-Verein St. Moritz auf Bestätigung des kantonalen Entscheides.
Das Bundesamt für Sozialversicherung enthält sich eines Antrages, weil nur prozessuale Fragen streitig seien. Das Amt
BGE 99 V 120 S. 122
weist indessen auf EVGE 1965 S. 223 hin, wonach eine kantonalrechtliche Beschränkung der Parteivertretungsbefugnis auf Rechtsanwälte im Militärversicherungsprozess keine Verletzung des in
Art. 56 Abs. 1 lit. a MVG
enthaltenen Grundsatzes darstelle, was zufolge materieller Uebereinstimmung mit dem KUVG (Art. 30bis Abs. 3 lit. a) auch für den Krankenversicherungsprozess gelten müsse. Eine Abweisung der Beschwerde im Sinne dieser Rechtsprechung hätte allerdings die sozialversicherungsrechtlich peinliche Folge, dass eine nach der Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts ganz offensichtlich bundesrechtswidrige Ausschlussverfügung aus rein prozessualen Gründen gemäss
Art. 30 Abs. 4 KUVG
in formelle Rechtskraft erwüchse.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Es sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt, sein Ermessen überschritten oder es missbräuchlich gehandhabt hat oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie
Art. 105 Abs. 2 OG
).
2.
Das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren in Krankenversicherungssachen gehört dem kantonalen Prozessrecht an, muss aber den m
Art. 30bis Abs. 3 KUVG
aufgestellten Mindestvorschriften genügen. Nach lit. f dieser Bestimmung ist das Recht, sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet. Das Gesetz enthält indessen keine Vorschriften über die Vertretungsbefugnis. In EVGE 1965 S. 223 entschied das Eidg. Versicherungsgericht, dass in Militärversicherungssachen die Vertretungsbefugnis vor dem kantonalen Versicherungsgericht dem kantonalen Recht unterworfen sei. Die kantonalrechtliche Beschränkung der Vertretungsbefugnis auf den Anwaltsstand verstosse namentlich nicht gegen die bundesrechtlichen Prozessvorschriften des MVG. Diese Ordnung muss angesichts der in diesem Zusammenhang im wesentlichen übereinstimmenden
Art. 56 MVG
und 30bis KUVG auch in Krankenversicherungssachen gelten.
3.
a) Der Beschwerdeführer erblickt im vorinstanzlichen Entscheid jedoch einen gegen
Art. 4 BV
verstossenden überspitzten Formalismus. Auf diese Rüge ist einzutreten; denn mit
BGE 99 V 120 S. 123
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch geltend gemacht werden, dass die letzte kantonale Instanz im angefochtenen Entscheid bei der Anwendung kantonalen Rechts die Bundesverfassung verletzt habe (
BGE 92 I 336
Erw. 2, 96 I 89, 184, 98 I b 333 Erw. 1a,
BGE 99 V 55
; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, S. 134 Ziff. 3.4.).
b) Für das Verfahren vor dem bündnerischen Versicherungsgericht gilt die Verordnung über die Organisation und das Verfahren des kantonalen Versicherungsgerichts vom 28. November 1949 und für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht das Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Graubünden vom 9. April 1967. Vor beiden Instanzen - namentlich bezüglich der Stellvertretung - gilt subsidiär die ZPO (Art. 14 der zitierten Verordnung und Art. 22 des Verwaltungsgerichtsgesetzes). Gemäss
Art. 39 Abs. 1 ZPO
kann jeder Handlungsfähige seine Rechtsstreitigkeiten vor Gericht entweder selbst führen oder sich hiezu eines Rechtsvertreters bedienen, der über einen Fähigkeitsausweis für Rechtsanwälte verfügt. Auf begründetes Gesuch kann der Gerichtspräsident auch Personen, die zwar nicht im Besitze des Fähigkeitsausweises für Rechtsanwälte sind, im übrigen aber die Voraussetzungen dieses Artikels erfüllen, im Einzelfall zur Vertretung vor den Gerichtsbehörden zulassen (Abs. 3). Laut Abs. 4 muss, wer als Rechtsvertreter auftritt, handlungsfähig sein, in bürgerlichen Ehren und Rechten stehen und einen guten Leumund geniessen.
Von dieser Möglichkeit scheint das Verwaltungsgericht laut der m den Akten liegenden Auskunft des Präsidenten des Versicherungsgerichts vom 4. Januar 1973 regelmässig auf dem Formularwege - unter Ansetzung einer lotägigen Frist - Gebrauch zu machen. Die Praxis des Kantonsgerichts - das Versicherungsgericht ist laut dem angefochtenen Entscheid identisch mit dem Kantonsgerichtsausschuss - ist in dieser Beziehung offenbar schwankend.
Im vorliegenden Fall ist das Versicherungsgericht ohne Gewährung einer Verbesserungsmöglichkeit auf die von E. B., der nicht im Besitze des Fähigkeitsausweises für Rechtsanwälte ist, für Balmer eingereichte Beschwerde nicht eingetreten. Es fragt sich, ob ein Anspruch auf eine Verbesserungsmöglichkeit besteht. Da diese Frage die Anwendung kantonalen Rechts betrifft, kann sie vom Eidg. Versicherungsgericht nur unter dem beschränkten Gesichtspunkt der Willkür überprüft werden.
BGE 99 V 120 S. 124
c) Nach der Rechtsprechung verstösst ein durch die Praxis eingeführtes oder im Gesetz aufgestelltes Formerfordernis dann gegen
Art. 4 BV
, wenn es sich durch kein schutzwürdiges Interesse rechtfertigen lässt und die Durchsetzung des materiellen Rechts ohne sachlich vertretbaren Grund erschwert (
BGE 96 I 318
und
BGE 95 I 4
Erw. 2 mit Hinweisen).
Das schutzwürdige Interesse der grundsätzlichen Beschränkung der Vertretungsbefugnis auf Anwälte besteht im wesentlichen in der Gewährleistung einer juristisch und moralisch einwandfreien Vertretung im Interesse der vertretenen Partei einerseits und einer einwandfreien Prozessführung im öffentlichen Interesse klarer und zweckmässiger Rechtsfindung anderseits. Die gesetzliche Ordnung des
Art. 39 Abs. 1 ZPO
als solche lässt sich somit auf ernsthafte sachliche Gründe stützen und verstösst nicht gegen
Art. 4 BV
. Das schliesst indessen nicht aus, dass ihre Anwendung im Einzelfall einen überspitzten Formalismus bedeuten kann. Ein solcher liegt vor, wenn die Einhaltung der Vorschrift von
Art. 39 ZPO
, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen bzw. um die Gewährung der Vertretungsbefugnis in Sonderfällen durch einen Nichtanwalt zu ersuchen, durch das Versicherungsgericht in so rigoroser Weise durchgesetzt wird, dass dem Rechtsuchenden keine Gelegenheit geboten wird, den Formmangel innert einer Nachfrist zu verbessern. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Das Interesse des Beschwerdeführers, trotz des Formmangels vom Rechtsmittelweg nicht ausgeschlossen zu werden, ist unverhältnismässig bedeutungsvoller und schutzwürdiger als das Interesse an der Vermeidung einer geringfügigen Verzögerung des Verfahrens bei Gewährung einer Nachfrist. Dies trifft jedenfalls im Sozialversicherungsprozess zu, der kraft der gesetzlichen Vorschriften den Parteien die Beschreitung des Rechtsweges möglichst erleichtern will.
d) Da der angefochtene Entscheid nach dem Gesagten gegen
Art. 4 BV
verstösst, ist er aufzuheben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, die dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist anzusetzen hat entweder zur Vornahme der Prozesshandlung persönlich oder zur Bevollmächtigung eines zugelassenen Anwalts oder schliesslich zur Bevollmächtigung eines Nichtanwalts, der die Voraussetzungen für eine allfällige Zulassung zur Parteivertretung im Einzelfall nach
Art. 39 Abs. 3 ZPO
besitzt...
BGE 99 V 120 S. 125
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts von Graubünden vom 9. Oktober 1972 aufgehoben. Die Sache wird im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. | null | nan | de | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
4630a9ca-ac11-43d5-9548-4380f5aa8123 | Urteilskopf
82 I 102
15. Urteil vom 23. Mai 1956 i.S. Matter gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. | Regeste
Bauverbot: Erfordernis der gesetzlichen Grundlage für ein Bauverbot; Bedeutung der bisherigen Auslegung der Vorschrift.
Begriff der Verunstaltung; Rücksichtnahme auf das bisherige Landschaftsbild; Ausscheidung nicht zulässiger Kriterien. | Sachverhalt
ab Seite 102
BGE 82 I 102 S. 102
A.-
Der Beschwerdeführer Emil Matter-Gehring ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1192 an der Hauptstrasse in Füllinsdorf. Die Parzelle liegt etwas vor dem Dorfkern von Füllinsdorf auf einem Landsporn am Hange gegen die Ergolz. Der Beschwerdeführer will darauf ein Holzchalet im Brienzerstil erstellen und beauftragte die Firma Gyger-Brack A.-G. in Zofingen mit der Erstellung der Pläne und des Kostenvoranschlages. Die Pläne sehen ein zweistöckiges Chalet von 6.75/12.70 m mit breiter Vorderfront, ziemlich breit ausladendem Dach und stumpfem Firstwinkel vor. Die kantonale Baudirektion holte
BGE 82 I 102 S. 103
das Gutachten der staatlichen Kommission für Heimatschutz ein, die das Bauvorhaben ablehnte, weil es sich um einen ortsfremden Stil handle, d.h. um einen Haustypus, wie er meist im Berner Oberland anzutreffen, im Kanton Basel-Landschaft aber mit den vorgesehenen Dachvorsprüngen und Knaggen sowie den über die Fassaden vorragenden Balkenknöpfen nicht heimisch sei. Die Baudirektion lehnte daher das Baugesuch ab. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ist mit Entscheid vom 22. Juli 1955 auf eine Beschwerde hiegegen nicht eingetreten. In der Begründung des Entscheides wird ausgeführt: Nach § 22 des kantonalen Baugesetzes sei im ganzen Kanton der bisherige Baucharakter möglichst zu wahren, und nach § 5 der Verordnung betreffend Natur-, Pflanzen- und Heimatschutz sei die Errichtung von Gebäuden untersagt, die das Orts-, Strassen- und Landschaftsbild verunstalten. Gerade die Ortschaft Füllinsdorf mit ihrer von weither sichtbaren Hanglage bedürfe einer gut abgewogenen Überbauung. Ein Berner Chalet unmittelbar vor dem alten Dorfkern müsste als Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes erscheinen. Der projektierte Chaletbau schlage jeder saubern Baugesinnung im Gebiet des Kantons ins Gesicht. Ausserdem sei diese Art von Chalets an sich etwas Unehrliches. Denn sie wollten nach aussen hin etwas sein, dem das Innere nicht entspreche. Die Bauten, auf die der Gesuchsteller vergleichshalber hinweise, seien wesentlich zurückhaltender. Dass im Kanton noch hie und da Chaletbauten anzutreffen seien, sei zu bedauern. Jedenfalls könnten sie aber kein Präjudiz bilden für eine weitere Verunstaltung der Landschaft.
B.-
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt Emil Matter, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und diesen zu verhalten, die nachgesuchte Baubewilligung zu erteilen, eventuell selbst eine materielle Entscheidung zu treffen. Es wird Verletzung von
Art. 4 BV
und von § 9 KV (Schutz wohlerworbener Rechte) geltend gemacht
BGE 82 I 102 S. 104
und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Es sei willkürlich, anzunehmen, das projektierte Chalet würde das Orts-, Strassen- oder Landschaftsbild verunstalten. Das früher hübsche Ortsbild sei durch eine moderne Siedlung, in der Nähe des Bauplatzes durch eine turmähnliche Transformatorenstation, sowie durch zwei Flachdachhäuser bereits beeinträchtigt worden und biete heute keinen heimatschützlerisch wertvollen Anblick mehr. Der Beschwerdeführer werde durch die Verweigerung der Baubewilligung auch rechtsungleich behandelt, weil andere Chaletbauten bisher unbeanstandet zugelassen worden seien.
C.-
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde.
D.-
Die Instruktionskommission des Bundesgerichtes hat in Anwesenheit der Parteien, der Heimatschutzkommission und einer Vertretung des Gemeinderates von Füllinsdorf eine Lokalbesichtigung vorgenommen, und das Bundesgericht hat diese Besichtigung nach einer ersten Beratung wiederholt. Dabei hat sich ergeben: Das Chalet des Beschwerdeführers käme unterhalb der von der Ergolz zum Dorfkern von Füllinsdorf führenden Strasse, in einigem Abstand von dieser auf einen Landsporn zu stehen, unter welchem das Gelände wieder stark abfällt, in nördlicher Richtung gegen ein Tälchen, das, in einigem Abstand hinter dem Bauplatz, als Kehrichtablagerungsplatz benützt wird. Dazwischen steht eine turmartige Transformatorenstation und südlich oberhalb des Platzes ein Wohnhaus mit ganz unsymetrischen Dachlukarnen. Von der Strasse aus ist das mit der Hauptfront gegen das Tal zu gerichtete Haus nur teilweise sichtbar. Seine Vorderfront wäre dagegen erkennbar von der etwa 700 m weit entfernten Durchgangsstrasse Liestal-Basel, indes offenbar nicht mit ihren Einzelheiten. Von dort aus bietet sich das Dorf als Hangdorf mit einem Dorfkern von zu einem Teil nicht im Landschäfter Stil errichteten Häusern, rechts am Hang mit einer neuern Wohnsiedlung einheitlichen Baustils. Unterhalb des Dorfes ist die Bebauung
BGE 82 I 102 S. 105
unregelmässig. An der zum Dorfkern führenden Hauptstrasse befindet sich ein neueres Holzhaus, ein weiteres, teilweise aus Holz erstelltes nördlich der erwähnten Wohnkolonie. Eine neuere Chaletbaute (Chalet F. Jaggi-Leuthold) hat das Bundesgericht auf Veranlassung des Beschwerdeführers am Osthang von Liestal besichtigt. In den bezüglichen, vom Regierungsrat eingereichten Bauakten heisst es, die Knaggen seien überall wegzulassen, um das Gebäude der heimatlichen Bauweise anzupassen.
E.-
§ 97 des EG ZGB ermächtigt den Landrat, Vorschriften aufzustellen über die Erhaltung von Altertümern, Kunstdenkmälern und seltenen Pflanzen sowie gegen Verunstaltung von Landschafts- und Ortschaftsbildern sowie Aussichtspunkten. Gestützt darauf hat der Landrat die Verordnung betreffend Natur-, Pflanzen- und Heimatschutz vom 29. Septemner 1924 erlassen, die in § 5 bestimmt:
Die Errichtung sowie die Erweiterung und Erhöhung bestehender Gebaude ist untersagt, sofern dadurch das Orts-, Strassen- und Landschaftsbild oder Aussichtspunkte verunstaltet werden...
Das kantonale Gesetz betreffend das Bauwesen vom 15. Mai 1941 bestimmt unter dem Titel: Hochbauvorschriften in § 22:
Im ganzen Kanton soll der bisherige Baucharakter moglichst gewahrt werden.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Entscheid des Regierungsrates stellt nach seinem Dispositiv einen Nichteintretensentscheid dar. Nach den darin angestellten Erwägungen wird aber damit ohne Zweifel auf die Beschwerde materiell eingetreten und in der Sache selbst entschieden. Auch der Regierungsrat stellt übrigens in der Vernehmlassung fest, dass er mit dem Entscheid das Baugesuch materiell behandelt und abgelehnt habe. Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte durch Verweigerung einer Baubewilligung konnte deshalb an diesen Entscheid angeschlossen werden.
BGE 82 I 102 S. 106
2.
Die Eigentumsgarantie, über deren Verletzung der Beschwerdeführer sich beschwert, schützt das Eigentum nicht als unbeschränkte Herrschaft über die Sache, sondern nur mit demjenigen Inhalt, den das Vermögensrecht nach der jeweiligen Rechtsordnung hat. Sie schützt daher nur vor Beschränkungen ohne Grundlage im positiven (Gesetzes- oder Verordnungs-) Recht (
BGE 60 I 271
,
BGE 69 I 241
, Urteile vom 15. Juli 1937 i.S. Einwohnergemeinde Beinwil, 3. Juni 1946 i.S. Le Fort und vom 20. März 1947 i.S. Teilkirchgemeinde Möriken; Kirchhofer, Eigentumsgarantie, Eigentumsbeschränkung und Enteignung, ZSR n. F. 58, 140). Die gesetzliche Grundlage mangelt nicht bloss, wenn es an einer positiven Vorschrift überhaupt fehlt, welche die Beschränkung des Eigentums vorsehen oder rechtfertigen würde, sondern auch, wenn die kantonale Behörde auf eine Vorschrift abstellt, aus der sich die Zulässigkeit der Einschränkung schlechterdings nicht ergibt und nicht ohne sachlich nicht haltbare Auslegung oder Anwendung abgeleitet werden kann. Insoweit fällt die Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie mit derjenigen der Verletzung von
Art. 4 BV
, d.h. des Verbotes der Willkür und rechtsungleicher Behandlung, zusammen.
Hier ist streitig, ob § 97 EG ZGB nebst der darauf fussenden Verordnung über den Naturschutz, eventuell ob § 22 des kantonalen Baugesetzes für das Bauverbot eine gesetzliche Grundlage zu bilden vermögen.
3.
Indem § 22 des Baugesetzes die kantonalen Baubehörden anweist, den bisherigen Baucharakter möglichst zu wahren, vermöchte er für das Verbot eines Hauses, das dem bisherigen Baucharakter nicht entspricht, eine hinreichende Grundlage abzugeben. Es kommt jedoch nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es darf auch nicht unbeachtet bleiben, wie die kantonalen Behörden in 15jähriger Praxis zum Baugesetz die Vorschrift ausgelegt und angewendet haben und wie sie sie in Zukunft zu handhaben gedenken. Sie im einen Falle so, im andern anders auszulegen, würde das Verbot rechtsungleicher
BGE 82 I 102 S. 107
Behandlung verletzen. Wie die Lokalbesichtigung gezeigt hat und sich aus der Vernehmlassung des Regierungsrates und den Äusserungen seiner Vertreter anlässlich des Augenscheins ergibt, sind in neuerer und neuester Zeit, also seit dem Inkrafttreten des geltenden Baugesetzes, im Kanton Bauten bewilligt worden, die vom bisherigen Baucharakter ganz wesentlich abweichen. Die Behörden haben Bauten nicht beanstandet, die den verschiedensten Baustilen angehören, vom einfachen Holzchalet bis zur Pultdach- und Flachdachkonstruktion und zum Schwedenhaus. In der Vernehmlassung wird dazu ausgeführt, man könne Häuser wie das letztere nicht einfach deshalb verbieten, weil sie modern seien. Denn sie müssten - im Gegensatz zum Chalet des Beschwerdeführers - als echte und zeitgemässe Erscheinungsformen der Baukunst gelten. Das wird zutreffen, ändert aber nichts daran, dass damit der bisherige Baucharakter nicht gewahrt worden ist, und es zeigt gleichzeitig, dass auch in Zukunft als zeitgemäss betrachtete Neukonstruktionen, selbst wenn sie bisher im Kanton nicht heimisch waren, und damit vom hochgiebligen Landschäftlerhaus wesentlich abweichende Bautypen, nicht beanstandet werden, sofern sie nur für das Landschafts- oder Strassenbild nicht im Sinne einer Verunstaltung wirken (dazu Vernehmlassung des Regierungsrates S. 12 und die bezüglichen Erklärungen seiner Vertreter bei der Lokalbesichtigung). Ob das angefochtene Verbot eine gesetzliche Grundlage habe, fällt bei diesem Vorbehalt mit der Antwort auf die andere Frage zusammen, ob das Bauverbot auf § 97 EG und die Naturschutzverordnung abgestellt werden könne. Trifft das nicht zu, so kann § 22 des Baugesetzes nicht als gesetzliche Grundlage angesprochen werden.
4.
§ 97 EG ZGB und die Naturschutzverordnung rechtfertigen das Bauverbot, wenn das Chalet das Strassen-, Orts- oder Landschaftsbild verunstalten würde. Im Begriff der Verunstaltung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes, dass es sich um eine erheblich ungünstige Wirkung auf das Landschaftsbild
BGE 82 I 102 S. 108
handeln müsste, also um mehr als ein blosses "nicht verschönern" oder "leicht beeinträchtigen". Es muss ein Gegensatz zu Bestehendem vorhanden sein, der erheblich stört. Der Massstab muss dabei in Anschauungen von einer gewissen Verbreitung und Allgemeingültigkeit gefunden werden, nicht im Denken und Fühlen bloss einzelner Personen von besonderer aesthetischer Empfindlichkeit und spezieller Geschmacksrichtung. Bei Auslegung des Begriffs darf sich die zuständige Behörde nicht auf ihr subjektives Empfinden verlassen, sondern muss in der Lage sein, sich auf objektive und grundsätzliche Kriterien zu stützen und darzutun, dass deren Anwendung auf einen bestimmten Sachverhalt zur Geltendmachung des verordnungsmässigen Bauverbotes führen muss (Urteile vom 11. Juli 1935 i.S. Fankhauser, Erw. 3, 15. Juli 1937 i.S. Einwohnergemeinde Beinwil S. 23, 22. März 1950 i.S. Leu, Erw. 3 und vom 22. Oktober 1954 i.S. Bader, S. 13). Das bisherige Orts- und Landschaftsbild spielt dabei naturgemäss eine wesentliche Rolle. Ein besonders schönes Bild kann unter Umständen durch bauliche Vorkehren beeinträchtigt werden, wo sonst eine Verunstaltung nicht notwendigerweise eintreten würde. Dass das ursprüngliche Bild bereits in bloss untergeordneter Weise eine gewisse Störung erfahren hat, schliesst die Schutzwürdigkeit nicht aus, wenn die Behörde willens ist, die Schutzwürdigkeit im übrigen zu erhalten (das erwähnte Urteil i.S. Leu und die dortigen Zitate). Ob im Einzelfall eine Verunstaltung angenommen werden dürfe, lässt als Tatfrage dem Ermessen der kantonalen Behörde einen erheblichen Spielraum. Das Bundesgericht kann nur einschreiten, wenn die kantonalen Behörden dieses Ermessen augenscheinlich überschritten haben (
BGE 60 I 273
, Urteil vom 20. März 1947 i.S. Teilkirchgemeinde Möriken Erw. 4).
5.
Eine derartige Verunstaltung kann zum vorneherein nicht deshalb angenommen werden, weil das projektierte Chalet keine "echte und ehrliche Erscheinungsform"
BGE 82 I 102 S. 109
des Bauens darstelle, d.h. weil es nach aussen etwas sein wolle, dem das Innere nicht entspreche (Keller mit Betonmauern, geplättelte Badezimmer, moderner Komfort usw.). Denn das Strassen- und Ortschaftsbild könnte nur durch etwas aussen Sichtbares, nicht durch die innere Ausstattung des Hauses beeinträchtigt werden. Dagegen hätte eine Verunstaltung ohne Ermessensüberschreitung dann angenommen werden können, wenn der Beschwerdeführer beabsichtigt hätte, das Chalet in den Dorfkern von Füllinsdorf zu stellen, wo der bisherige Baucharakter im allgemeinen noch ordentlich gut gewahrt ist. Denn hier würde es, neben die vorhandenen Landschäftlerhäuser gestellt, störend wirken. Das Chalet soll jedoch nicht hieher, sondern an den Rand des Dorfes gestellt werden, auf einen von der Strasse abliegenden und ausserdem etwas tiefer gelegenen Bauplatz, mit Hauptfassade vom Dorfe weg. Es würde von der Strasse und vom Dorfe her nur von der hintern und obern Seite wahrnehmbar sein. Davon, dass diese Ansicht hässlich wäre oder einen erhaltungswürdigen Blick gegen Westen beeinträchtigen würde, kann nicht gesprochen werden. Wenn bei dem von der Dorfstrasse bis zur Ergolz zum Teil ziemlich steil abfallenden und zudem durch ein Tälchen eingeschnittenen Gebiet von einem einheitlichen Quartier gesprochen werden könnte, was als fraglich erscheint, so könnte doch jedenfalls zur Zeit nicht von einem einheitlichen oder gar ansprechenden Quartier die Rede sein. In der erwähnten Talmulde liegt der offene Kehrichtablagerungsplatz der Gemeinde. Ferner sind hier eine unsymetrische Lukarnenausbaute, eine turmähnliche Transformatorenstation, ein Pultdach und eine Wellblechgarage ersichtlich, neben denen das Chalet des Beschwerdeführers sicherlich nicht hässlich wirken könnte.
Der Regierungsrat scheint übrigens eine Verunstaltung weniger deshalb anzunehmen, weil das Strassen- oder Quartierbild von der Ortschaft aus betrachtet beeinträchtigt würde, als deshalb, weil die Neubaute von der Kantonsstrasse
BGE 82 I 102 S. 110
Liestal-Basel aus störend wirke. Dass ein Ortsbild beim Anblick von einem bestimmten Punkt ausserhalb des Dorfes beeinträchtigt werden kann, ist natürlich durchaus möglich. Doch darf auch dabei nicht ausser Betracht bleiben, welches Bild sich dem Beschauer schon bisher bot. In dieser Hinsicht wären gewisse Zweifel angebracht angesichts der obigen Feststellungen über das Bild, das die Gegend zwischen Strasse und Ergolz zur Zeit bietet. Es ist aber anzuerkennen, dass Einzelheiten nicht deutlich in die Augen springen. Aus dem gleichen Grunde könnte jedoch eine Verunstaltung durch das Chalet selbst dann nicht angenommen werden, wenn es im Ortsbild als störend empfunden werden könnte. Denn die Strasse befindet sich vom Dorfkern etwa 700 m entfernt. Auf diese Entfernung sind wohl die breite Form der Hauptfassade, der etwas flachere Dachwinkel und das weiter ausladende Dach erkennbar, und es wäre auch ersichtlich, dass sich das Haus in Material und Farbe von den oberhalb stehenden Steinhäusern unterscheiden würde. Das letztere wirkt aber für das Dorfbild keineswegs im Sinne einer Verunstaltung. In den Häusergruppen finden sich bereits Bauten im Chaletstil, ohne dass das Dorfbild aus diesem Grunde unschön oder hässlich wirken würde. Die entscheidende Abweichung in der Dachgestaltung aber hebt sich auf die festgestellte Entfernung nicht besonders ab und lässt sich schlechterdings nicht als verunstaltend bewerten. Von der Stelle des Beschauers präsentiert sich dem Blick nicht bloss der Dorfkern von Füllinsdorf, der oberhalb des Bauplatzes liegt, sondern das Dorf als Gesamtes, das nicht von besonderer Einheitlichkeit ist, und Bauelemente aus verschiedenen Zeitepochen nebeneinander aufweist. Das Chalet des Beschwerdeführers würde von der Strasse aus gesehen nicht anders wirken als andere Bauten, insbesondere die Chalets, von denen der Regierungsrat erklären liess, er würde sie wieder bewilligen.
Legt man also an den Begriff der Verunstaltung nicht einen allzu subjektiven Massstab an, und lässt man sich
BGE 82 I 102 S. 111
auch nicht durch Beanstandungen mitbestimmen, die für die Frage nach der Verunstaltung eines Ortsbildes überhaupt nicht in Betracht fallen können, so erweist sich die Anwendung des Begriffes der Verunstaltung auf das vom Beschwerdeführer projektierte Holzchalet als nicht haltbar. Damit entfällt aber die erforderliche gesetzliche Grundlage sowohl aus dem Gesichtspunkt von § 22 des Baugesetzes als aus demjenigen von § 97 EG ZGB und der Naturschutzverordnung.
Ob der Beschwerdeführer im Verhältnis zu den Eigentümern, denen die Erstellung von Chalets bewilligt wurde, rechtsungleich behandelt worden sei, kann dahingestellt bleiben.
6.
Bei Verweigerung einer Polizeibewilligung durch eine kantonale Behörde kann das Bundesgericht diese anweisen, die verweigerte Baubewilligung zu erteilen. Das rechtfertigt sich auch hier. Vorbehalten bleibt das Recht des Regierungsrates, zu prüfen, ob die aufgehobene Weigerung nicht aus andern, von ihm nicht geltendgemachten Gründen wieder verfugt werden dürfe. Bisher sind derartige Gründe nicht angeführt worden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Regierungsrates vom 22. Juli 1955 aufgehoben und der Regierungsrat angewiesen, dem Beschwerdeführer die verlangte Baubewilligung zu erteilen. | public_law | nan | de | 1,956 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
46314d18-ae3e-4fc7-b47c-e58212d5c29a | Urteilskopf
119 II 86
19. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Januar 1993 i.S. B. Corp. gegen N. AG (Berufung) | Regeste
Art. 35 OG
. Wiederherstellung einer Frist.
Ende der unverschuldeten Verhinderung und Beginn der zehntägigen Wiederherstellungsfrist, sobald der Anwalt in die Lage kommt, entweder die versäumte Prozesshandlung selbst nachzuholen oder damit einen geeigneten Substituten zu beauftragen oder aber den Klienten auf die Notwendigkeit der Fristeinhaltung aufmerksam zu machen. | Erwägungen
ab Seite 86
BGE 119 II 86 S. 86
Erwägungen:
1.
Mit Beschluss vom 5. August 1992 wies das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) einen Rekurs ab, den die B. Corp. als Mieterin gegen eine auf Begehren der Vermieterin, der N. AG, ergangene Ausweisungsverfügung erhoben hatte. Der Rekursentscheid wurde dem Anwalt der B. Corp. am 7. August 1992 eröffnet.
Am 14. September 1992 teilte der Anwalt dem Bundesgericht mit, er sei infolge einer notfallmässigen Hospitalisierung an der Wahrung der an diesem Tage (gemäss
BGE 79 I 245
Nr. 44 am 15. September) ablaufenden Berufungsfrist verhindert und behalte sich deshalb ein Wiederherstellungsgesuch nach
Art. 35 OG
vor. Dieses reichte er namens der B. Corp. am 15. Oktober 1992 zusammen mit einer Berufung auch ein und führte unter Verweis auf zwei ärztliche Zeugnisse aus, er sei wegen einer schweren Blutvergiftung in der Zeit vom 12. bis zum 17. September 1992 hospitalisiert und anschliessend bis zum 5. Oktober 1992 vollumfänglich arbeitsunfähig gewesen. Die N. AG beantragt, die Wiederherstellung zu verweigern und
BGE 119 II 86 S. 87
auf die Berufung zufolge Fristversäumnisses nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.
2.
Auf die anerkanntermassen erst nach Ablauf der peremptorischen Frist von
Art. 54 Abs. 1 OG
eingereichte Berufung kann das Bundesgericht nur eintreten, wenn die Voraussetzungen der Wiederherstellung gegeben sind und das Gesuch ausserdem rechtzeitig ist.
a) Die Wiederherstellung gegen die Folgen der Fristversäumung setzt voraus, dass der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln, und binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses unter Angabe desselben die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt (
Art. 35 Abs. 1 OG
).
Krankheit kann nach der Rechtsprechung ein unverschuldetes Hindernis sein, sofern sie derart ist, dass sie den Rechtsuchenden oder seinen Vertreter davon abhält, innert der Frist zu handeln oder dafür einen Vertreter beizuziehen. Demzufolge dauert das Hindernis nur solange an, als der Betroffene wegen seiner körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung weder selbst die Rechtshandlung vornehmen noch einen Dritten beauftragen kann, wobei im zweiten Fall erforderlich ist, dass der Betroffene trotz seiner Beeinträchtigung die Notwendigkeit einer Vertretung überhaupt wahrnehmen kann. Sobald es für den Betroffenen objektiv und subjektiv zumutbar wird, entweder selbst tätig zu werden oder die Interessenwahrung an einen Dritten zu übertragen, hört das Hindernis auf, im Sinne von
Art. 35 Abs. 1 OG
unverschuldet zu sein (zum gesamten
BGE 112 V 255
f.).
Für die Frage des unverschuldeten Hindernisses macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Verhinderung den Anwalt oder seinen Klienten trifft, hat sich doch der Anwalt so zu organisieren, dass die Fristen im Falle seiner Verhinderung trotzdem gewahrt bleiben (
BGE 99 II 352
E. 4). Das geschieht durch umgehende Bestellung eines Substituten oder bei fehlender Substitutionsvollmacht dadurch, dass der Klient sogleich veranlasst wird, selbst zu handeln oder einen anderen Anwalt aufzusuchen (LEUCH, N. 5 zu
Art. 288 ZPO
/BE; vgl. auch die in JdT 1988 IV 153ff. publizierte E. 2 von
BGE 114 Ib 56
). Daher endet die unverschuldete Verhinderung des Anwalts und beginnt die zehntägige Wiederherstellungsfrist zu laufen, sobald der Anwalt in die Lage kommt, entweder die versäumte Prozesshandlung selbst nachzuholen oder damit einen geeigneten Substituten zu beauftragen oder aber den Klienten auf die Notwendigkeit der Fristeinhaltung aufmerksam zu machen. In diesem einschränkenden Sinne ist auch
BGE 51 II 450
zu verstehen, wo einem
BGE 119 II 86 S. 88
infolge schwerer Lungenentzündung gänzlich arbeitsunfähigen Anwalt die binnen zehn Tagen nach erfolgter Genesung verlangte Wiedereinsetzung gewährt wurde.
b) Die Wiederherstellung beurteilt sich nach Massgabe der Gesuchsbegründung (
BGE 92 I 216
E. 2b; POUDRET, COJ, N. 3.2 zu
Art. 35 OG
). Aus ihr geht in Verbindung mit dem Zeugnis des Regionalspitals Horgen hervor, dass der Anwalt der Gesuchstellerin wegen einer schweren Blutvergiftung vom 12. bis zum 17. September 1992 hospitalisiert werden musste. Damit ist zwar belegt, dass eine unverschuldete Verhinderung bestanden hat (POUDRET, COJ, N. 3.4 zu
Art. 35 OG
). Für die Frage der Rechtzeitigkeit des Gesuchs ist indessen entscheidend, dass der Anwalt bereits am 14. September 1992 und damit noch während seines Spitalaufenthalts in der Lage war, das Bundesgericht von seiner Erkrankung schriftlich zu benachrichtigen. Dass er während seiner an den Spitalaufenthalt anschliessenden und bis zum 5. Oktober 1992 dauernden gänzlichen Arbeitsunfähigkeit ausserstande gewesen wäre, sei es die Berufung selbst zu verfassen, sei es in Übereinstimmung mit der Vollmacht einen Substituten beizuziehen oder wenigstens seine - nicht verhinderte - Klientin auf die ihr obliegende Pflicht zur Wahrung der Berufungsfrist (BIRCHMEIER, N. 2 zu
Art. 35 OG
) aufmerksam zu machen, wird im Gesuch nicht einmal behauptet und ist auch nicht durch das Arztzeugnis belegt, das bloss Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Fehlt es aber am Nachweis, dass der Zustand des Anwalts bis zum 5. Oktober 1992 sogar die wenig arbeitsintensive Bestellung eines Vertreters oder die blosse Benachrichtigung der Klientschaft ausgeschlossen hätte, kann bis zu diesem Datum kein unverschuldetes Hindernis im Sinne von
Art. 35 Abs. 1 OG
fortbestanden haben. Das erst am 15. Oktober 1992 gestellte Wiederherstellungsgesuch ist daher verspätet. Das hat zur Folge, dass auf die gleichzeitig eingereichte Berufung nicht einzutreten ist. | public_law | nan | de | 1,993 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
463a1ae5-1737-4ce5-a2a3-2c9784fe246c | Urteilskopf
88 II 325
44. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour civile du 8 août 1962 dans la cause Aljauherjl et fils contre la Compagnie des montres Longines, Francillon SA | Regeste
Internationales Privatrecht.
1. Rechtswahl (Erw. 1).
2. Massgebliches Recht in Bezug auf die Qualifikation des Rechtsverhältnisses und auf den sog. Alleinvertretungsvertrag (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 325
BGE 88 II 325 S. 325
A.-
Le 6 octobre 1943, Mohammed Habib Aljauherji & fils, à La Mecque (Arabie Séoudite), demandèrent à la Compagnie des montres Longines, Francillon SA, à St-Imier, de leur envoyer son catalogue. Le 22 novembre suivant, celle-ci accepta de leur vendre des montres, à la condition qu'elles ne soient pas réexpédiées dans d'autres pays. Elle fit quelques modestes livraisons.
Les 5 février et 28 mai 1945, la maison arabe exprima le désir de devenir, dans son pays, la représentante exclusive de la maison suisse. Celle-ci y consentit le 17 juillet, sous la condition précitée; mais elle précisa le surlendemain qu'elle entendait au préalable que la requérante admît ses prix et conditions et qu'elle indiquât le chiffre d'affaires annuel qu'elle pouvait garantir. La requête fut réitérée le 20 août, la maison arabe regrettant toutefois de ne pouvoir fixer d'avance l'ampleur des débouchés. Vu cette carence, l'exportateur suisse refusa le 18 octobre de prendre un engagement formel quant à la création
BGE 88 II 325 S. 326
d'une agence générale, mais promit de donner à son correspondant la préférence, du moins s'il avait lieu d'en être satisfait. En exécution de cet accord précaire, il lui transmit des commandes directes ou paya sur elles une "commission" et l'inscrivit, dans une brochure-réclame, sur la liste de ses "distributors or representatives".
Par lettre du 8 décembre 1955, l'exportateur mit fin aux relations communes existant "selon l'arrangement fait il y a des années"; la maison Al Abban, de Djeddah, disait-il, lui assurerait en effet une plus large distribution des montres Longines en Arabie Séoudite; elle lui avait déjà passé une commande importante pour le palais royal; ce marché était en cours d'exécution et l'acheteur s'opposait à l'intervention d'un intermédiaire; l'expéditeur rappelait le faible chiffre d'affaires réalisé par son ancien représentant. Celui-ci protesta le 15 décembre suivant, disant que la commande était le fruit de ses efforts et de ses cadeaux et qu'il avait fait son possible pour trouver des chalands. Le 25 janvier 1956, la maison suisse refusa en principe de verser une "commission". Toutefois, elle paya finalement 8000 fr. par gain de paix, sans aucun engagement pour l'avenir.
B.-
Le 10 septembre 1960, Mohammed Habib Aljauherji & fils ont ouvert action en paiement d'une somme de 24 000 fr. (soit 32 000 - 8000 déjà versés). Le 22 décembre 1961, le Tribunal de commerce du canton de Berne a rejeté cette conclusion.
C.-
Les demandeurs recourent en réforme auprès du Tribunal fédéral contre ce jugement. L'intimée conclut à l'irrecevabilité du recours, subsidiairement à son rejet.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Le Tribunal de commerce admet que les parties ont choisi le droit suisse parce qu'elles en ont requis l'application dans leurs mémoires et en cours de procédure sans se référer à la législation de l'Arabie Séoudite. L'intimée conclut à l'irrecevabilité du recours (art. 43 OJ);
BGE 88 II 325 S. 327
ni elle-même, ni les recourants ne s'étant exprimés consciemment sur le droit applicable, la loi étrangère régit, faute d'élection en faveur du droit interne, le contrat qui liait les parties; celles-ci ont consenti simplement à ce que le juge appliquât les dispositions qu'il connaissait le mieux.
Lorsque, dans le procès, les parties invoquent de façon concordante une législation déterminée, elles ne font une élection de droit que si elles ont la conscience et la volonté de faire un tel acte juridique (RO 87 II 200/201; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allgemeine Einleitung, Nos 208, 210, 243, 245, 248; NIEDERER, Festgabe für den Schweizerischen Juristentag 1961, p. 68 à 70; LALIVE, ZSR 1962 I p. 168).
En l'espèce, le problème de droit international privé leur a échappé. Elles n'ont manifestement pas recherché si le droit de l'Arabie Séoudite s'appliquait en soi ni voulu, dans l'affirmative, que le juge s'en tînt néanmoins aux règles, connues, du droit suisse. Les demandeurs, en effet, se sont bornés à citer, sur un point de détail et à tort, l'art. 417 CO; la défenderesse, de son côté, s'est référée, en passant, à diverses dispositions du code fédéral des obligations. Le jugement attaqué constate, certes, que les parties ont invoqué la loi interne en cours de procédure. Rien toutefois ne permet de penser qu'elles se sont posé la question du droit applicable et qu'elles l'ont résolue par un accord conscient.
Il s'ensuit que le tribunal doit examiner, pour s'assurer de la recevabilité du recours, quel droit régit, objectivement, les relations juridiques litigieuses.
2.
Pour ce faire, il faut d'abord décider, d'après le droit suisse (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, ibidem, No 97 sv.), quelle est la nature des relations qui ont existé entre parties.
Si elles ne ressortissaient pas au droit, elles n'entraînaient aucune sanction juridique et l'action est d'emblée mal fondée.
Dans le cas contraire, il s'agissait non pas d'un contrat d'agence, mais d'une convention de représentation exclusive.
BGE 88 II 325 S. 328
L'agent, en effet, prend à titre permanent l'engagement de négocier la conclusion d'affaires pour un ou plusieurs mandants ou d'en conclure en leur nom et pour leur compte (art. 418 a CO). Or, les recourants achetaient ferme, en leur nom et pour eux-mêmes, les montres qu'ils revendaient. Ce point est essentiel. Peu importe qu'ils aient oeuvré à titre permanent ou provisoire, qu'ils aient été inscrits sur une liste des distributeurs ou des représentants de l'exportateur, qu'enfin la correspondance produite les traite de vendeurs ou de représentants, termes que la langue commerciale ne prend pas toujours dans un sens juridique précis et univoque. Il suit de là que le développement des relations contractuelles revêtait plutôt les caractères de la représentation exclusive (RO 78 II 34, 367;
78 II 812
;
88 II 170
sv.). La clause usuelle exigeant un chiffre d'affaires minimum, qui fait défaut en l'espèce, n'est pas essentielle. Quant à la liberté de résilier le contrat que s'est constamment réservée l'intimée, elle n'en touche pas la nature. Mais vu cette précarité même, il n'est pas de raison de s'écarter de la règle ordinaire de conflit valable pour la vente; aussi le droit applicable est-il celui du domicile du vendeur, soit le droit suisse (v. notamment RO 79 II 165/6, 297/8). Ce droit décide à la fois si un contrat a été conclu et quels en sont les effets (RO 88 II 198/9).
Vu ce qui précède, le recours est recevable. | public_law | nan | fr | 1,962 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46418492-96b3-4c68-a3ca-97c273abac89 | Urteilskopf
92 IV 107
28. Urteil des Kassationshofes vom 13. Juni 1966 i.S. Born gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich. | Regeste
Art. 91 der eidgenössischen Fleischschauverordnung.
Gesetzmässigkeit der Vorschrift, dass Räume, in denen Fleisch und Fleischwaren verkauft werden, vor ihrer Inbetriebnahme behördlich zu genehmigen sind. | Sachverhalt
ab Seite 108
BGE 92 IV 107 S. 108
A.-
Die Gesundheitsbehörde von Schlieren erteilte am 20. November 1961 der Import und Grosshandels AG in Zürich für das Verkaufslokal der Dennerfiliale am Kesslerplatz in Schlieren die Bewilligung zum Verkauf aller Fleischwaren, die in Art. 88 lit. a-e der eidgenössischen Fleischschauverordnung (EFV) aufgeführt sind und nach dieser Bestimmung in Lebensmittelgeschäften mit entsprechender Ausstattung geführt werden dürfen (Konserven, Dauerfleischwaren, begrenzt haltbare Fleischwaren, tiefgekühltes Fleisch und Fleischwaren jeder Art in verkaufsfertigen Kleinpackungen). Nachträglich stellte sich heraus, dass in dieser Filiale auch offenes, nicht abgepacktes Frischfleisch verkauft wurde, das nur in Räumen geführt werden darf, welche die an Metzgereiverkaufsräume gestellten Anforderungen erfüllen, und wozu es nach
Art. 91 EFV
einer vorgängigen behördlichen Genehmigung der Räume bedarf, die von der Import und Grosshandels AG nicht eingeholt worden war. Die Gesundheitsbehörde verbot hierauf durch Verfügungen vom 1., 6. und 10. April 1964 den Verkauf von nicht abgepacktem Frischfleisch im erwähnten Verkaufslokal. Dieser wurde indessen weitergeführt. Das Statthalteramt des Bezirkes Zürich und der Regierungsrat des Kantons Zürich wiesen den gegen das Verkaufsverbot erhobenen Rekurs ab, der Regierungsrat mit Entscheid vom 30. Juli 1964.
B.-
Am 27. Januar 1965 erklärte das Statthalteramt des Bezirkes Zürich Jean Born als Generaldirektor der Import und Grosshandels AG und der Denner Vereinigte Filialunternehmen AG der Übertretung von
Art. 91 EFV
schuldig und büsste ihn mit Fr. 250.--.
Auf Einsprache des Gebüssten hob der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich am 28. Mai 1965 die Strafverfügung auf und sprach Born frei.
Gegen diesen Freispruch legte das Statthalteramt des Bezirkes Zürich Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich ein. Dieses verurteilte Born am 3. Februar 1966 gestützt auf
Art. 41 LMG
und
Art. 117 EFV
zu einer Busse von Fr. 250.--, weil vor Aufnahme des Verkaufs von Frischfleisch entgegen
Art. 91 Abs. 1 und 2 EFV
keine behördliche Genehmigung der Räume eingeholt worden war.
C.-
Born führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen. Bestritten
BGE 92 IV 107 S. 109
wird einzig die Gesetzmässigkeit des
Art. 91 EFV
, indem geltend gemacht wird, der Bundesrat sei nicht befugt gewesen, auf dem Verordnungsweg die vorgängige behördliche Genehmigung der Räume vorzuschreiben.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.
Grundlage der eidgenössischen Fleischschauverordnung (EFV) ist Art. 54 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen (LMG), der den Bundesrat beauftragt, die nötigen Vorschriften zum Schutze der Gesundheit und zur Verhütung von Täuschungen im Verkehr mit Waren und Gegenständen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen, zu erlassen.
a) Ob diese Delegationsnorm und der auf sie gestützte
Art. 91 EFV
verfassungsmässig seien, ist nicht zu entscheiden. Das Bundesgericht ist gemäss
Art. 113 Abs. 3 und
Art. 114 bis Abs. 3 BV
an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze gebunden und hat sich auch an die Vollziehungsverordnungen zu halten, soweit sie in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz erteilten Gesetzgebungskompetenz bleiben; in diesem Umfange nehmen sie an der Verbindlichkeit des Gesetzes teil. Sie können nur daraufhin überprüft werden, ob sie über den Rahmen der Ermächtigung hinausgehen (
BGE 84 IV 75
;
BGE 87 IV 33
;
BGE 87 I 321
, 435;
BGE 88 I 279
). Daher ist nicht zu untersuchen, ob die Vorschrift des
Art. 91 EFV
, nach der die Benützung der zum Verkauf von Fleisch und Fleischwaren bestimmten Räume vorher behördlich zu genehmigen ist, mit dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit und mit andern Grundsätzen des schweizerischen Staatsrechts vereinbar sei (vgl.
BGE 75 IV 79
Erw. 1;
BGE 76 IV 290
Erw. 1).
b)
Art. 54 Abs. 1 LMG
bestimmt bloss den Zweck, den die zu erlassenden Ausführungsvorschriften zu verfolgen haben, und überlässt es dem Ermessen des Bundesrates, über Art und Umfang der Massnahmen zu befinden, die er zur Erreichung des gesetzten Zieles für geeignet und nötig hält. Da der Richter nicht sein Ermessen an die Stelle jenes des Bundesrates treten lassen kann (
BGE 88 I 281
Erw. 1), hat er sich auf die Prüfung zu beschränken, ob sich der Bundesrat mit dem Erlass von
Art. 91 EFV
eines Mittels bedient habe, das objektiv geeignet ist, den durch
Art. 54 Abs. 1 LMG
verfolgten Zweck zu erreichen,
BGE 92 IV 107 S. 110
d.h. ob die vorgängige Genehmigung der für den Fleischverkauf bestimmten Räume überhaupt zum Schutze der Gesundheit oder zur Verhütung von Täuschungen im Verkehr dienen kann. Ob die umstrittene Verordnungsvorschrift zur Erreichung des gesetzlichen Zweckes auch nötig und das geeignetste Mittel sei, steht dagegen nicht zur Entscheidung (
BGE 75 IV 79
Erw. 2;
BGE 76 IV 290
Erw. 2;
BGE 84 IV 77
;
BGE 85 IV 71
;
BGE 87 IV 34
Erw. 2).
In
Art. 75 ff. EFV
werden die Anforderungen näher umschrieben, denen die zum Verarbeiten, Herstellen, Lagern und Verkauf von Fleisch und Fleischwaren bestimmten Räume hinsichtlich ihrer Lage, Grösse, ihres baulichen Zustandes, ihrer Ausstattung und Einrichtungen entsprechen müssen. Mit diesen Vorschriften will die Frische und Haltbarkeit des Fleisches und der Fleischwaren sowie deren Nähr- und Genusswert gewährleistet und verhindert werden, dass dieses Nahrungsmittel schädlichen Einflüssen wie Staub, Ungeziefer, Verunreinigungen jeder Art und andern nachteiligen Einwirkungen ausgesetzt und in unzuträglichem oder verdorbenem Zustande in Verkehr gebracht wird. Es versteht sich von selbst, dass der Schutz der Gesundheit, den diese Verordnungsvorschriften bezwecken, umso wirksamer ist, je nachhaltiger diesen nachgelebt wird. Es liegt daher im Interesse der Gesundheit, dass die Räume auf die vorgeschriebenen Anforderungen hin schon vor der Aufnahme des Betriebes amtlich geprüft werden, nicht erst nachträglich, wenn mit dem Inverkehrbringen von Fleisch und Fleischwaren bereits begonnen wurde. Die vorgängige Genehmigung der Räume erlaubt, allfällige Mängel zu beheben, bevor sie sich auf Fleisch und Fleischwaren nachteilig auswirken. Wird dagegen die Kontrolle erst nach Inbetriebnahme der Räume vorgenommen, so besteht die Gefahr, dass gegen Mängel erst nach bereits eingetretenen gesundheitlichen Schädigungen eingeschritten wird, womit den Betroffenen wenig geholfen ist.
Die beanstandete vorgängige Prüfung der Räume dient somit unzweifelhaft dem in
Art. 54 Abs. 1 LMG
angestrebten Schutz der Gesundheit, und infolgedessen wird
Art. 91 EFV
, für sich allein betrachtet, durch die Delegationsnorm gedeckt.
2.
Fragen kann sich nur noch, ob andere besondere Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes die Anordnung einer vorgängigen Genehmigung der Räume verbieten. Das wäre der Fall, wenn diese Frage im Gesetz abschliessend in dem Sinne
BGE 92 IV 107 S. 111
geregelt worden wäre, dass nur eine nachträgliche Prüfung zulässig sei. Davon kann aber nicht die Rede sein.
Es trifft zwar zu, dass
Art. 11 Abs. 1 LMG
die vorgängige Genehmigung der Räume und Einrichtungen, die dem Verkehr mit Lebensmitteln und andern dem Lebensmittelgesetz unterstellten Gegenständen dienen, nicht vorsieht, sondern davon ausgeht, dass die Prüfung nach der Aufnahme des Betriebes durchgeführt werde; denn die Bestimmung erklärt, dass den Aufsichtsbehörden die Befugnis zur Besichtigung der Räumlichkeiten, Apparate, Gefässe und Vorrichtungen während den üblichen Geschäftsstunden oder während der Zeit, da die Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind, zustehe. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass das Gesetz die vorgängige Prüfung allgemein ausschliessen und den Bundesrat daran hindern wolle, sie auf Gebieten, wo es erforderlich erscheint, später einzuführen. Auch die Gesetzesmaterialien bieten hiefür keine Anhaltspunkte. Die Auffassung des Beschwerdeführers, dass der Bundesrat ohne ausdrückliche Ermächtigung keine vom Gesetz abweichende Verordungsvorschrift erlassen dürfe, steht zudem im Widerspruch zu den Überlegungen, von denen sich der Gesetzgeber beim Erlass des Lebensmittelgesetzes leiten liess und auf die zurückzuführen ist, dass
Art. 54 Abs. 1 LMG
den Bundesrat nicht bloss mit dem Vollzug des Gesetzes betraut, sondern ihm darüber hinaus sehr weitgehende Verordnungskompetenzen einräumt. Wie schon in der Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 1899 hervorgehoben wurde, war man bestrebt, das Lebensmittelgesetz so einfach und so kurz als möglich zu fassen, weil man schon damals die Notwendigkeit einer Anpassung der Vorschriften an die rasch wechselnden Verhältnisse, insbesondere an den jeweiligen Stand der Wissenschaft, Technik und des Verkehrs voraussah und erkannte, dass das Verfahren einer Gesetzesrevision zu umständlich und zu zeitraubend ist, als dass mit der Entwicklung ständig Schritt gehalten werden könnte, und dass dieses Ziel nur auf dem Wege der Verordnung erreicht werden kann (BBl 1899 I 615, 633). Der Auffassung des Bundesrates, dass im Gesetz selber nur der Rahmen, namentlich die Organisation der Beaufsichtigung des Lebensmittelverkehrs festgelegt, der Inhalt der materiellen Bestimmungen aber im Interesse einer raschen Anpassung der Gesetzgebung an veränderte Verhältnisse durch bundesrätliche Verordnungen näher geordnet werden sollte,
BGE 92 IV 107 S. 112
schlossen sich nach anfänglichen Bedenken auch die eidgenössischen Räte an (so schonBGE 39 I 412mit Hinweisen auf das stenographische Bulletin der Bundesversammlung). Demnach ist ohne Belang, dass im bundesrätlichen Entwurf (Art. 9 Abs. 2 und 3) und in der Gesetzesberatung von einer vorgängigen Prüfung der Räume noch nicht die Rede war. Seit Erlass des Lebensmittelgesetzes im Jahre 1905 sind nicht nur auf dem Gebiete der Herstellung, Behandlung and Aufbewahrung der Lebensmittel umwälzende Neuerungen eingetreten, sondern auch in der Hygiene auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse erhebliche Fortschritte erzielt worden. Dementsprechend wurde auch an die im Lebensmittelhandel zu ergreifenden gesundheitspolizeilichen Massnahmen ein immer strengerer Masstab angelegt. Wenn es daher der Bundesrat im Jahre 1957 für geboten erachtete, auf dem besonders empfindlichen Gebiet des Fleisches und der Fleischwaren die Räume und Einrichtungen einer vorgängigen Kontrolle zu unterwerfen, so verstösst diese vorbeugende Schutzmassnahme nicht gegen
Art. 11 Abs. 1 LMG
. Sie entspricht im Gegenteil dem Sinn und Geist des Gesetzes, der darauf gerichtet ist, dass die Vorschriften den Erfordernissen der Zeit und damit auch den erhöhten hygienischen Ansprüchen von heute angepasst werden.
Aus den gleichen Gründen kann die Gesetzwidrigkeit von
Art. 91 Abs. 1 und 2 EFV
auch nicht aus
Art. 15-20 LMG
abgeleitet werden. Diese Bestimmungen regeln das Verfahren bei Beanstandungen und können, insoweit es sich um Räume und Einrichtungen handelt, bei der vorgängigen Prüfung in gleicher Weise angewendet werden wie bei der nachträglichen.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,966 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
4646553a-d64c-4f33-9c81-296759067d6c | Urteilskopf
118 IV 115
23. Estratto della sentenza della Corte di cassazione penale del 10 marzo 1992 nella causa Procura pubblica sopracenerina c. D., C., B. e A. (ricorso per cassazione). | Regeste
Art. 63 StGB
; Bemessung der Strafe bei aufgrund verdeckter Fahndung festgenommenen Angeschuldigten.
Wird ein Angeschuldigter aufgrund verdeckter Fahndung festgenommen, ist bei der Bemessung der Strafe jede dadurch bewirkte Förderung der Straftaten zu berücksichtigen; die Strafe ist gemäss der durch den Einsatz der V-Leute gemilderten Schuld herabzusetzen. Im vorliegenden Fall verletzt die von der kantonalen Behörde vorgenommene Strafreduktion um einen Viertel bzw. einen Fünftel
Art. 63 StGB
; sie hätte unter den konkreten Umständen nur weniger als einen Zehntel ausmachen dürfen (E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 116
BGE 118 IV 115 S. 116
Nel febbraio 1987 venivano fermati a Bellinzona gli autisti turchi A. e B. che, dopo aver trasportato con il loro autocarro 20 kg di eroina e 80 kg di morfina base, si apprestavano a consegnare gli stupefacenti a supposti acquirenti. Questi erano in realtà agenti di polizia in borghese; tutta la fase preparatoria e organizzativa del traffico, condotto da C., D. e E., era infatti stata seguita tramite un agente infiltrato dalla polizia, fin dall'inizio informato da F., che i trafficanti avevano preso per un potenziale acquirente o intermediario.
Con sentenza del 14 aprile 1989 la Corte delle assise criminali del Cantone Ticino sedente a Bellinzona dichiarava i predetti partecipanti a tale traffico colpevoli di violazione aggravata della legge federale sugli stupefacenti, condannando: C. (riconosciuto altresì colpevole di taluni altri reati minori) a 17 anni di reclusione e all'espulsione dal territorio svizzero per 15 anni; D., a 12 anni di reclusione e all'espulsione per 15 anni; A. e B., a 8 anni di reclusione e all'espulsione per 15 anni; B. (riconosciuto colpevole anche di due reati minori), a 6 anni di reclusione.
Adita da C. e da D., la Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino (CCRP) accoglieva il 12 ottobre 1989 parzialmente il ricorso del primo, prosciogliendolo da un'imputazione di atti preparatori di un traffico di 1000 kg di hascisc per intervenuta prescrizione, respingendo i gravami per il rimanente e confermando le pene irrogate in prima istanza.
Il 16 maggio 1990, la Corte di cassazione penale del Tribunale federale accoglieva il ricorso per cassazione proposto da C. e D. contro la sentenza della CCRP, nella misura in cui questa non aveva tenuto conto, quale fattore di riduzione di pena, dell'inchiesta mascherata; il ricorso di B., che non aveva sollevato tale censura, era invece respinto.
BGE 118 IV 115 S. 117
In sede di rinvio, la CCRP riduceva, con sentenza del 26 giugno 1991, da 17 a 13 anni di reclusione la pena inflitta a C., da 12 a 9 anni di reclusione quella inflitta a D., e da 8 anni a 6 anni e 6 mesi di reclusione quella inflitta a B. e A. (ai quali coimputati non ricorrenti la decisione veniva estesa in virtù di quanto disposto dall'art. 238 CCP/TI).
La Procura pubblica sopracenerina è insorta tempestivamente con ricorso per cassazione avverso la sentenza del 26 giugno 1991 della CCRP, chiedendone l'annullamento per avere tale corte effettuato una riduzione eccessiva delle pene.
La Corte di cassazione del Tribunale federale ha accolto il ricorso, rinviando la causa alla CCRP per nuova decisione.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1.
a) La CCRP ha, in base ai suoi precedenti accertamenti fattuali e ai corrispondenti rilievi contenuti nelle decisioni di rinvio del Tribunale federale, constatato che il traffico di stupefacenti di cui trattasi non era stato in alcun modo avviato da agenti infiltrati, e che l'iniziativa era dovuta esclusivamente agli imputati. Quali elementi che hanno agevolato l'esecuzione del traffico e che sono da attribuirsi all'attività degli agenti infiltrati, la CCRP ha considerato la presenza di tali agenti in veste di supposti acquirenti, la loro apparente solvibilità dimostrata con l'esibizione del denaro necessario per l'acquisto, e la loro apparente serietà, garantita dalla presentazione di un finto laboratorio. Essa ha altresì ravvisato un'agevolazione di una certa importanza nella presa in consegna dei campioni d'eroina nella zona extradoganale dell'aeroporto di Kloten. Ha invece attribuito scarso rilievo, sotto questo profilo, alle minacce proferite dall'agente infiltrato a D. e a E.; secondo la CCRP, esse non hanno agevolato l'operazione, né tanto meno hanno determinato gli autori ad agire; al contrario, quel nervosismo incontrollato aveva rischiato di far fallire tutta l'operazione, di guisa che se ne poteva tutt'al più tener conto quale ostacolo frapposto dall'infiltrato a un'ipotetica retromarcia in un'operazione già in fase esecutiva. La CCRP ha concluso che l'agevolazione da parte degli agenti infiltrati nell'esecuzione delittuosa non concerneva tal o tal altro esecutore in particolare, ma aveva piuttosto una portata generale ai fini della realizzazione del traffico per la quale detti agenti hanno spianato la strada. Ne seguiva che la colpa di tutti i partecipanti risultava diminuita e che ciò andava considerato in sede di nuova determinazione delle pene.
BGE 118 IV 115 S. 118
b) La ricorrente eccepisce al riguardo che un'inchiesta mascherata condotta correttamente non può comportare una riduzione tanto massiccia quale quella operata dalla CCRP. Essa rileva che la Corte di cassazione del Tribunale federale aveva nella sua sentenza di rinvio stabilito che l'intervento degli agenti infiltrati poteva avere solo un effetto limitato sulla riduzione delle pene pronunciate in precedenza. Secondo la ricorrente, la CCRP ha irrogato pene arbitrariamente miti, che manifestamente non corrispondono alla gravità obiettiva e soggettiva dei reati accertati; essa ha pertanto ecceduto il proprio potere di apprezzamento e violato così l'
art. 63 CP
.
2.
Nel ponderare gli elementi di rilevanza giuridica determinanti per la commisurazione della pena, il giudice di merito dispone di un considerevole potere di apprezzamento. Adito con ricorso per cassazione, con il quale può essere fatta valere solo la violazione del diritto federale (
art. 269 cpv. 1 PP
), il Tribunale federale interviene nella commisurazione della pena soltanto laddove l'autorità cantonale abbia ponderato erroneamente tali elementi, esercitando in modo eccessivo od abusivo il proprio potere di apprezzamento (
DTF 117 IV 114
e richiami).
a) In base ad un'interpretazione dell'
art. 63 CP
conforme alla Costituzione e alla Convenzione europea dei diritti dell'uomo, gli effetti dell'impiego di un agente infiltrato devono essere considerati, ai fini della determinazione della pena, in modo adeguato a favore dell'imputato. Il Tribunale federale non esige una base legale per l'impiego di agenti infiltrati, dato che non v'è una violazione di un diritto fondamentale garantito dalla Costituzione o dalla CEDU quando chi è imputato in seguito ad un'inchiesta mascherata non venga in alcun modo punito per il contributo alla sua partecipazione recato da agenti infiltrati (
DTF 116 IV 297
consid. 2b/aa,
DTF 112 Ia 22
). Ne discende, da un lato, che può derogarsi a tale principio solo in casi del tutto straordinari, per esempio laddove tale contributo sia stato minimo o manifestamente non abbia avuto alcuna influenza sul grado di colpa dell'imputato (
DTF 116 IV 298
consid. 2b/bb). D'altro canto, allorquando il traffico di stupefacenti di cui si tratta non sia stato in alcun modo avviato grazie ad un comportamento attivo di agenti infiltrati, bensì sia dovuto esclusivamente all'iniziativa degli autori, l'agevolazione - intervenuta in virtù del contributo di agenti infiltrati - dell'esecuzione dell'attività criminosa può comportare solo effetti limitati sulla misura della pena da pronunciare (
DTF 116 IV 299
consid. 2b/cc). In altre parole, in linea di principio va tenuto conto di qualsiasi agevolazione dell'attività criminosa; se tuttavia
BGE 118 IV 115 S. 119
tale agevolazione non ha avuto come risultato che, senza di essa, l'attività delittuosa non avrebbe avuto luogo o avrebbe avuto luogo solo in misura minore, bensì ha soltanto fatto sì che l'autore ha dovuto impiegare un'energia criminosa minore, tale circostanza comporta una riduzione relativamente minore della colpevolezza e giustifica perciò una diminuzione della pena corrispondente a tale minor grado di colpevolezza.
b) La CCRP ha manifestamente frainteso l'esatto significato di tale giurisprudenza. Essa è pervenuta in fatto alla conclusione - vincolante il Tribunale federale (
art. 277bis cpv. 1 PP
) e contro la quale i resistenti sollevano pertanto censure inammissibili (
art. 273 cpv. 1 lett. b PP
) - che il comportamento degli agenti infiltrati diretto a spianare la strada degli autori del traffico era stato essenzialmente passivo, di guisa che occorreva a tali autori, per realizzare il fine che si erano proposti, una volontà criminosa minore in misura corrispondente (
DTF 116 IV 297
consid. 2b/aa). Nel ridurre le pene, rispettivamente di un quarto o di un quinto, la CCRP ha ecceduto il proprio potere d'apprezzamento, poiché non ha tenuto conto dell'influenza solo modesta che il grado relativamente minore di colpevolezza dovuto al contributo degli agenti infiltrati poteva avere sulla misura delle pene da irrogare. Nella fattispecie poteva entrare nei limiti di un corretto potere d'apprezzamento solo una riduzione inferiore a un decimo. Per tale ragione il ricorso dev'essere accolto, la sentenza impugnata annullata e la causa rinviata per nuova decisione alla CCRP. | null | nan | it | 1,992 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
464990b5-cccd-4174-bdf8-c8cf32957163 | Urteilskopf
124 IV 274
46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Oktober 1998 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen D. und S. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 305bis StGB
; Geldwäscherei, einfache Einzahlung.
Durch Geldwäscherei wird der Zugriff der Strafbehörden auf eine Verbrechensbeute vereitelt. Ermittlungs-, Auffindungs- oder Einziehungsvereitelung sind gleichrangig. Strafbar ist die Vereitelungshandlung als solche, unbesehen eines Vereitelungserfolgs (E. 2).
Der Vortäter kann sein eigener Geldwäscher sein (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3).
Eine einfache Einzahlung auf das dem üblichen privaten Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto am Wohnort ist objektiv nicht Geldwäscherei (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 274
BGE 124 IV 274 S. 274
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 23. Januar 1998 ein Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 19. Juni 1997. Dabei fand es D. schuldig der mehrfachen Widerhandlung gegen
Art. 19 Ziff.1 Abs. 3-5 BetmG
, teilweise i.V.m.
Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG
, sowie der mehrfachen Übertretung von
Art. 19a Ziff. 1
BGE 124 IV 274 S. 275
BetmG
; es bestrafte ihn mit 12 Monaten Gefängnis bedingt. Es fand S. schuldig der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3-5 i.V.m. Ziff. 2 lit. b BetmG sowie der mehrfachen Übertretung von
Art. 19a Ziff. 1 BetmG
; es bestrafte sie mit 8 Monaten Gefängnis bedingt. Es fand beide Angeklagten der Geldwäscherei nicht schuldig und sprach sie von diesem Vorwurf frei.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung (zusätzliche Verurteilung wegen Geldwäscherei) an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf Gegenbemerkungen.
Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdegegner habe der Beschwerdegegnerin vom teilweise mit ihr zusammen erwirtschafteten Drogenerlös mindestens Fr. 22'000.-- übergeben. Sie habe davon in sechs Malen insgesamt Fr. 9'400.-- auf ihr bestehendes persönliches Salärkonto eingezahlt, auf das sie auch ihre übrigen Ein- und Auszahlungen vorgenommen habe. Etwas anderes als eine einfache Einzahlung von Bargeld auf ihr Konto sei nicht gemacht worden. Die Einzahlung habe das Auffinden weder erschwert noch vereitelt. Dieser Sachverhalt unterscheide sich grundlegend von jenem in
BGE 119 IV 242
. Die Vorinstanz verneint bei der Beschwerdegegnerin eine objektive und beim Beschwerdegegner jedenfalls eine subjektive Tatbestandserfüllung.
Die Beschwerdeführerin macht zunächst eine widersprüchliche Beurteilung im Sinne von
Art. 277 BStP
geltend, weil die Vorinstanz für das gleiche Geschehen bei der Beschwerdegegnerin den objektiven und beim Beschwerdegegner den subjektiven Tatbestand verneine, bei diesem aber offenbar eine Erfüllung des objektiven Tatbestands annehme. Sie verletze Bundesrecht, weil sie beim Beschwerdegegner den Vorsatz verneine und die Beschwerdegegnerin bereits mangels objektiver Tatbestandserfüllung freispreche, ohne aber eine Begehung im Sinne des untauglichen Versuchs zu prüfen (
Art. 23 Abs. 1 StGB
). Beide seien der Geldwäscherei schuldig zu sprechen.
2.
Der Gesetzgeber bezeichnete mit den Handlungen, die geeignet sind, "die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung" von Vermögenswerten zu vereiteln, die drei gleichrangigen Handlungsvarianten der Geldwäscherei (
BGE 119 IV 59
E. 2a
BGE 124 IV 274 S. 276
mit Hinweis auf AB 1990 S 195; BBl 1989 II 1081) und beauftragte die Rechtsprechung, Fallgruppen von Vereitelungshandlungen zu entwickeln (
BGE 119 IV 242
E. 1e). Nach Wortlaut und systematischer Einordnung unter die Straftaten gegen die Rechtspflege sollen möglichst lückenlos Handlungen des Täters erfasst werden, die geeignet sind, den Zugriff der Strafbehörden auf Vermögenswerte verbrecherischer Herkunft zu vereiteln. Die Revision des Einziehungsrechts zielte zwar auch auf die Bekämpfung der Geldwäscherei (BBl 1993 III 305), doch betreffen Geldwäscherei und Einziehungsrecht unterschiedliche Sachverhalte, nämlich die Strafbarkeit des Täters wegen Geldwäschereihandlungen zum einen und das davon unabhängige und weitergehende Einziehungsrecht des Staates zum andern.
Durch Geldwäscherei wird der Zugriff der Strafbehörden auf eine Verbrechensbeute vereitelt. Strafbar ist die Vereitelungshandlung als solche, unbesehen eines Vereitelungserfolgs. Die bisher publizierten Fälle betrafen (mit der Ausnahme von
BGE 120 IV 323
) aus verbrecherischem Drogenhandel herrührende Gelder, nämlich das Verstecken (
BGE 119 IV 59
;
BGE 122 IV 211
E. 2b) und Anlegen (
BGE 119 IV 242
E. 1d) sowie das Wechseln (
BGE 122 IV 211
E. 2c), jeweils mit dem Ziel, die Spur des Herkommens zu tilgen.
Zur Fallgruppe der Einzahlungen auf ein Konto wurde bisher nichts entschieden. Nachfolgend ist eine sogenannte "einfache Einzahlung" von Drogengeldern auf ein Bankkonto zu beurteilen.
3.
Geldwäschereitauglich sind alle Vermögenswerte, die aus einem Verbrechen herrühren (
BGE 119 IV 242
E. 1b). Auch der Vortäter kann sein eigener Geldwäscher sein (
BGE 120 IV 323
E. 3). Diese Rechtsprechung wurde im Rahmen des Betäubungsmittelstrafrechts bestätigt, so dass Täter und Mittäter des verbrecherischen Betäubungsmittelhandels sich unter den Voraussetzungen von
Art. 305bis StGB
zusätzlich der Geldwäscherei schuldig machen können (
BGE 122 IV 211
E. 3c). Es fragt sich, ob daran festzuhalten ist.
a) In der Literatur ist diese Rechtsprechung nämlich auf Kritik gestossen (vgl. die Nachweise in
BGE 122 IV 211
E. 3a und die Urteilsanmerkungen von CASSANI, AJP 9/1996 S. 1169, DÉNÉRÉAZ, JdT 145/1997 S. 177, GRABER, AJP 4/1995 S. 515, SCHULTZ, ZBJV 131/1995 S. 845 und ZBJV 133/1997 S. 391, sowie ACKERMANN, StGB 305bis N. 115 ff., in: Schmid [Hrsg.], Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen und Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998; dazu SCHUBARTH, Geldwäscherei - Neuland für das traditionelle Strafrechtsdenken, FS Günter Bemmann, Baden-Baden 1997,
BGE 124 IV 274 S. 277
S. 430; derselbe, Binnenstrafrechtsdogmatik und ihre Grenzen, ZStW 1998 S. 829).
Die Kritik wird mit einer strukturellen Verwandtschaft der Geldwäscherei mit Hehlerei und Begünstigung begründet. Geldwäscherei des Vortäters erscheint danach als Selbstbegünstigung. Die beiden angerufenen Bestimmungen
Art. 160 und 305 StGB
sind jedoch anders als
Art. 305bis StGB
so formuliert, dass bestraft wird, wer eine Sache, die "ein anderer" erlangt hat, hehlt bzw. wer "jemanden" begünstigt. ACKERMANN nimmt an, der sprachliche Unterschied sei unbewusst hineingeschlittert und müsse im Sinne einer Lückenfüllung praeter legem ausgeebnet werden (a.a.O., N. 118). STRATENWERTH kommt zum Ergebnis, Geldwäscherei sei als andere Straftat im Sinne der Regel anzusehen, dass der Zweck der Selbstbegünstigung sie nicht zu rechtfertigen vermöge; das befremdliche Ergebnis, dass sich strafbar macht, wer seine Verbrechensbeute versteckt, sei allein kein Grund, sich über das Gesetz hinwegzusetzen (Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 4. Auflage, Bern 1995, § 54 N. 42).
b) Die Rechtsprechung, wonach der Vortäter sein eigener Geldwäscher sein kann, ist zu bestätigen. Der Gesetzestext ist Ausgangspunkt der Gesetzesanwendung, wobei allerdings auch der klare Wortlaut auslegungsbedürftig sein kann (
BGE 95 IV 68
E. 3a). Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung aus der ratio legis heraus (
BGE 123 II 464
E. 3a). Im insoweit klaren Wortlaut von
Art. 305bis StGB
weist nichts auf eine Nichtanwendbarkeit auf den Vortäter hin, und seinem Sinn und Zweck lässt sich ein Vortäterprivileg nicht entnehmen. Es muss daher Sache des Gesetzgebers bleiben, allenfalls ein Vortäterprivileg einzubauen, so dass sich nur noch strafbar macht, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung [...] von Vermögenswerten zu vereiteln, die [...] aus einem Verbrechen eines anderen herrühren. Es erscheint indessen als eine Zielsetzung der Geldwäschereigesetzgebung, jede Verkehrsfähigkeit von Geldern aus verbrecherischem Drogenhandel zu unterbinden (
BGE 122 IV 211
E. 3b/ee; auch ACKERMANN, a.a.O., N. 258; kritisch ARZT, Wechselseitige Abhängigkeit der gesetzlichen Regelung der Geldwäscherei und der Einziehung, in: TRECHSEL [Hrsg.], Geldwäscherei, Zürich 1997, S. 29). Mit der Rechtsordnung ist vereinbar, dass diese Rechtsfolge auch den Vortäter selber trifft. Nach der ratio legis soll sich Verbrechen nicht lohnen: Unter Strafe gestellt ist daher nicht mehr wie bis anhin lediglich der kriminelle Erwerbsakt. Vielmehr verbietet der Geldwäschereitatbestand zum
BGE 124 IV 274 S. 278
vornherein jegliche Vereitelungshandlungen. Mit diesem konsequenten Neuansatz in der Verbrechensbekämpfung wird jede Verfügung über eine Verbrechensbeute in Vereitelungsabsicht (Vorsatz) und mit Vereitelungseignung tatbestandsmässig; die Beutesicherung wird bestraft und damit der Genuss der verbotenen Früchte unterbunden.
c) Auch aus rechtsvergleichender Sicht besteht kein Anlass zu einer Praxisänderung. Gemäss Art. 6 Ziff. 2 lit. b des Übereinkommens des Europarats über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990 (SR 0.311.53) kann ein Vertragsstaat vorsehen, dass die Straftaten der Geldwäscherei "nicht auf die Personen Anwendung finden, welche die Haupttat begangen haben". Damit geht das Übereinkommen von der grundsätzlichen Strafbarkeit des Vortäters aus. Eine Einschränkung hat der schweizerische Gesetzgeber in
Art. 305bis StGB
nicht vorgesehen. Dieser Konzeption ist nunmehr auch der deutsche Gesetzgeber gefolgt, indem er im entsprechenden
§ 261 StGB
(Geldwäsche) die Einschränkung "eines andern" gestrichen hat (Bundesgesetzblatt 1998 I Nr. 25 vom 8. Mai 1998, S. 845). Bereits im amerikanischen Recht fand die Strafnorm auf den Vortäter selber Anwendung (ARZT, Das schweizerische Geldwäschereiverbot im Lichte amerikanischer Erfahrungen, ZStrR 106/1989 S. 190).
4.
In der zu beurteilenden Sache fand die Erstinstanz den Beschwerdegegner und die Beschwerdegegnerin des qualifizierten bandenmässigen Betäubungsmittelhandels schuldig. Dieser Schuldspruch blieb vor der Vorinstanz unangefochten und wird von ihr bestätigt. Die Vorinstanz prüft sodann die Sache unter dem Gesichtspunkt der Geldwäscherei und spricht mit der Erstinstanz beide Tatbeteiligten von der Anklage der Geldwäscherei frei, und zwar wie diese deshalb, weil die Beschwerdegegnerin den objektiven und der Beschwerdegegner jedenfalls den subjektiven Tatbestand nicht erfüllt habe.
a) Die Beschwerdegegnerin zahlte neben ihrem Anteil an der Verbrechensbeute auch dem Beschwerdegegner gehörende Drogengelder auf ihr Bankkonto ein, auf das sie ebenso ihre übrigen Ein- und Auszahlungen vorgenommen hatte. Dabei stellt die Vorinstanz fest, dass etwas anderes als eine einfache Einzahlung von Bargeld auf ein Konto nicht gemacht wurde und dass die Einzahlung die Einziehung weder erschwert noch vereitelt habe. Sie folgert aus
BGE 119 IV 242
, dass "jedenfalls" das blosse Einzahlen auf ein auf den
BGE 124 IV 274 S. 279
Namen des Täters lautendes Konto weder zwingend als Geldwäscherei zu qualifizieren noch diese Qualifikation ausgeschlossen sei, dass somit jeweils die konkreten Umstände dafür ausschlaggebend sein dürften, ob bei einer einfachen Einzahlung von Bargeld auf ein Konto der objektive Tatbestand erfüllt sei. Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen. Es fehlen zum einen die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten "Kaschierungshandlungen". Zum andern verletzt die Beurteilung der Vorinstanz kein Bundesrecht, wonach die einfache Einzahlung auf das dem üblichen privaten Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto am Wohnort objektiv nicht Geldwäscherei ist. Die Beschwerdegegnerin hat deshalb den Tatbestand der Geldwäscherei objektiv nicht erfüllt.
Demzufolge ist auch eine versuchte Begehung zu verneinen, da sich ihr Vorsatz auf ein Verhalten bezog, das nach dem Gesagten straflos ist.
b) Ebensowenig hat der Beschwerdegegner den objektiven Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt, weil nach dem Gesagten die Einzahlung der Gelder auf das dem üblichen Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto der Beschwerdegegnerin, der damaligen Gattin des Beschwerdegegners, den Tatbestand nicht erfüllt und es nach dem massgeblichen Sachverhalt bezüglich des Beschwerdegegners an den geltend gemachten "Kaschierungshandlungen" gleichfalls fehlt. Entsprechend fällt auch bei ihm eine versuchte Geldwäscherei ausser Betracht.
c) Die vorinstanzliche Gesetzesanwendung ist im Sinne von
Art. 277 BStP
nachvollziehbar, wie dies auch die konzise Begründung der Beschwerdeschrift belegt. Die angefochtene Entscheidung verletzt somit kein Bundesrecht.
5.
(Kostenfolgen) | null | nan | de | 1,998 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
464a0d2b-7854-4013-a4b1-7796ce460358 | Urteilskopf
87 I 213
35. Urteil vom 5. Juli 1961 i.S. Politische Gemeinde Mels gegen Gemeinde Sargans und Regierungsrat des Kantons St. Gallen. | Regeste
Art. 88 OG
.
Die Neufestsetzung der Gemeindegrenzen kann von der Gemeinde nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. | Erwägungen
ab Seite 214
BGE 87 I 213 S. 214
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 10./17. Mai 1961, mit dem dieser die Gemeindegrenze zwischen Sargans und Mels, Gebiet Hinteres Chastels bis zum Chlifeld gemäss besonderem Plan 1: 5000 des kantonalen Meliorations- und Vermessungsamtes vom 10. Mai 1961 neu festgesetzt hat. Es wird beantragt, den Entscheid aufzuheben, weil er
Art. 4 BV
(das Verbot der Gehörsverweigerung und der Willkür) verletze, und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen.
2.
Als Rechtsmittel zum Schutze des Einzelnen gegen Übergriffe der öffentlichen Gewalt in verfassungsmässige Rechte steht die staatsrechtliche Beschwerde physischen und juristischen Personen zu. Die Gemeinde ist als öffentlich-rechtlicher Verband zur Beschwerde nur befugt, wenn sie in ihrer Autonomie verletzt ist, d.h. in einem Recht, das die Rechtsprechung einem verfassungsmässigen Recht des Bürgers gleichstellt, oder wenn ihr Bestand in Frage gestellt wird, schliesslich überhaupt immer dann, wenn der angefochtene Entscheid sie in gleicher oder ähnlicher Weise trifft wie eine Privatperson (
BGE 74 I 52
,
BGE 83 I 121
, 268; nicht publiziertes Urteil vom 18. Mai 1960 i.S. Gemeinde Ober-Ems; BIRCHMEIER, Über die Legitimation des Staates, der Gemeinde und der Behörden zur staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht, Zentralblatt Bd. 51, 121 ff.).
Eine Verletzung der Gemeindeautonomie wird in der Beschwerde nicht behauptet. Der Entscheid, mit dem die Gemeindegrenzen bereinigt werden, trifft die Gemeinde auch nicht in gleicher oder ähnlicher Weise, wie der Private durch eine Bereinigung seiner Grundstücke betroffen würde. Er grenzt das Gebiet von zwei koordinierten öffentlichen Gewalten gegeneinander ab und trifft die beteiligten Gemeinwesen als Träger herrschaftlicher Gewalt, nicht als Inhaber privater Rechte. Es ist nicht behauptet, der Entscheid teile der Gemeinde Mels selbst gehörendes Land der
BGE 87 I 213 S. 215
Nachbargemeinde Sargans zu. In derartigen Fällen hat daher die neuere Praxis die Legitimation der Gemeinde zur Anfechtung einer Grenzbereinigung verneint (Urteil vom 6. Februar 1947 i.S. Munizipalgemeinde Tägerwilen). Von einer Verletzung der Bestandesgarantie der Gemeinde könnte aber nur gesprochen werden, wenn entweder wesentliche Teile des Gemeindegebietes oder der Gemeindebevölkerung ohne Ersatz abgetrennt und einer andern Gemeinde zugeteilt würden.
Das trifft hier nicht zu. Der Regierungsrat stellt ausdrücklich fest, und es ist nicht bestritten, dass sogar unter dem Gesichtspunkt des Kulturlandes ein flächenmässiger Ausgleich stattfindet. Dass ein Teil der bisherigen Einwohner der Beschwerdeführerin nunmehr zu Sargans gehören werde, ist nicht behauptet und träfe nach dem Plan des Meliorationsamtes auch nicht zu. Ebenso ist nicht geltend gemacht, dass die Gemeinde durch den Austausch überhaupt oder sogar ein nennenswertes Steuerkapital verliere. Ist aber der Bestand der Gemeinde nicht in Frage gestellt, sondern handelt es sich um eine ausgesprochene Grenzregulierung, so fehlt der Gemeinde die Legitimation. | public_law | nan | de | 1,961 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
464ef02d-7360-4c60-9778-94d38ba9994e | Urteilskopf
113 Ib 138
24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Mai 1987 i.S. Oertig gegen Grossmann, Politische Gemeinde Wangen-Brüttisellen, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 22/24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG; Gärtnerei.
Eine Gärtnerei, die zur Zeit ausschliesslich mit überdeckter Produktionsfläche arbeitet und industriell organisiert ist, entspricht nicht dem Nutzungszweck der Landwirtschaftszone (E. 4c). Wie weit ist eine mögliche zukünftige Veränderung des Betriebes zu berücksichtigen? (E. 4c).
Ein Wohnhaus für den Inhaber einer nichtzonenkonformen Gärtnerei in der Landwirtschaftszone ist nicht standortgebunden, wenn die Überwachung des Betriebes von der nahen Wohnzone aus bzw. von einem dem Inhaber bereits gehörenden, nahegelegenen Haus aus möglich ist (E. 5). | Sachverhalt
ab Seite 139
BGE 113 Ib 138 S. 139
Werner Oertig betreibt auf dem Grundstück Nr. 2512 an der Altwiesenstrasse in Wangen eine gewerbliche Grossgärtnerei, welche auf die Herstellung von Schnittblumen spezialisiert ist. Zu seinem Betrieb gehörte bis anhin ein mit rechtskräftiger Baubewilligung erstelltes, fünf Einheiten umfassendes Gewächshaus. Das Baugrundstück lag damals nach dem Zonenplan zur Bauordnung der Gemeinde Wangen-Brüttisellen vom 11. November 1969 ausserhalb der Bauzone im übrigen Gemeindegebiet. Heute befindet es sich in der kantonalen Landwirtschaftszone gemäss § 36 ff. des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975/20. Mai 1984 (PBG).
Mit Beschluss vom 26. September 1983 bewilligte der Gemeinderat Wangen-Brüttisellen Werner Oertig unter verschiedenen Bedingungen und Auflagen den Bau eines Einfamilienhauses auf dem gleichen Grundstück. Dagegen rekurrierte Alfred Grossmann, Eigentümer der Nachbarparzelle Nr. 3756, an die kantonale Baurekurskommission III, welche seinen Rekurs am 15. Februar 1984 abwies.
Eine daraufhin von Alfred Grossmann erhobene Beschwerde hiess das Zürcher Verwaltungsgericht mit Urteil vom 6. Mai 1986 gut und hob, mangels Zonenkonformität und Standortgebundenheit des Einfamilienhauses, die Baubewilligung vom 26. September 1983 auf. Dabei wurde unter anderem in Betracht gezogen, dass Werner Oertig inzwischen in nur etwas mehr als 200 m Entfernung zum bestehenden Gewächshaus eine zusätzliche Parzelle gekauft hatte, auf der sich bereits ein Einfamilienhaus und eine weitere Wohnbaute befanden. Die dagegen von Werner Oertig eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Bundesgericht ab.
BGE 113 Ib 138 S. 140
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
(a) und b): Entscheidend für die Beurteilung der Zonenkonformität hinsichtlich der Landwirtschaftszone ist, ob der fragliche Gärtnereibetrieb überwiegend bodenabhängig produziert oder nicht (vgl.
BGE 112 Ib 273
f. E. 3).)
c) Im heutigen Zeitpunkt wird im Gartenbaubetrieb des Beschwerdeführers in Wangen ausschliesslich mit überdeckter Produktionsfläche gearbeitet; auch sonst ist seine Gärtnerei kaum landwirtschaftlich, sondern eher industriell organisiert. Die Schnittblumen wachsen in vollkommen durchtechnisierten Anlagen. Boden und Luft werden künstlich erwärmt und letztere mit CO2 angereichert. Dem automatisierten Giesswasser werden Düngemittellösungen beigegeben und auch die Belichtung/Beschattung der Kulturen erfolgt selbsttätig. Aufgrund der vorher erwähnten Abgrenzungskriterien muss der Betrieb des Beschwerdeführers im jetzigen Zustand - wie dies bereits das Verwaltungsgericht feststellte - als bodenunabhängig produzierender Gartenbau bezeichnet werden, den
Art. 16 RPG
nicht umfasst. Zu prüfen bleibt hingegen, ob für die Beurteilung der Zonenkonformität allein die heutige Situation oder zudem die mögliche zukünftige Entwicklung in Betracht zu ziehen ist. Letztere wäre zu berücksichtigen, wenn sie sich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit abzeichnete. Allerdings ist eine solche anhand der Akten nicht im erforderlichen Ausmasse ersichtlich und blosse Beteuerungen des Beschwerdeführers sind hier unbehelflich; umso mehr, weil er sich widersprüchlich verhalten hat. Vor der Ausfällung eines Grundsatzentscheides durch den Gemeinderat Wangen-Brüttisellen im Jahre 1980 erklärte er seine Absicht, auf seinem fast 28 000 m2 grossen Grundstück ein Gewächshaus von ca. 2 500 m2 und ein Einfamilienhaus zu erstellen. Inzwischen reichte er aber im Verlaufe des Jahres 1986 beim Gemeinderat ein neues Baugesuch für die Errichtung einer Reihe weiterer Gewächshäuser ein. Zu vermerken ist ferner, dass der Beschwerdeführer das treibhausfreie Land gemäss Akten nur in untergeordenetem Masse gartenbaulich nutzt, den Grossteil der Restfläche indessen verpachtet hat und darauf Mais angebaut wird. Für die von ihm zusätzlich erworbene Parzelle von 2 ha ergeben sich nach Aktenlage ebenfalls keine ausreichend sicheren Anhaltspunkte hinsichtlich einer künftigen Nutzung als offenes Land im Rahmen des Gartenbaubetriebes. Gesamthaft betrachtet lässt sich nicht mit genügender Bestimmtheit davon ausgehen, dass
BGE 113 Ib 138 S. 141
der Beschwerdeführer seinen heute vorwiegend industriell ausgerichteten Betrieb umstellen und in naher Zukunft den überwiegenden Teil seines Landes bodenabhängig bewirtschaften wird. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht nur die jetzt vorherrschenden Verhältnisse als massgebend erachtet und demgemäss die Zonenkonformität des bestehenden Gartenbaubetriebes, mangels einer der landwirtschaftlichen Nutzung entsprechenden Bodenbewirtschaftung verneint. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass anders entschieden werden müsste, falls klar zu Tage träte, dass der Beschwerdeführer den Grossteil der Restfläche im wesentlichen bodenabhängig nutzen würde.
d) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich bei seinem Bauvorhaben somit nicht um eine geplante Wohnbaute zu einem zonenkonformen, sondern zu einem zonenwidrigen Betrieb.
Wohngebäude sind als zonenkonforme Bauten in der Landwirtschaftszone nur dann zulässig, wenn sie der objektiven, betrieblichen Notwendigkeit einer zonenkonformen Bodenbewirtschaftung entsprechen und damit in erster Linie der landwirtschaftlichen Nutzung selber dienen (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 18 und N. 20 zu
Art. 16 RPG
; LEO SCHÜRMANN, Planungs- und Baurecht, 2. Auflage, Bern 1984, S. 170, Ziff. 5c). Da vorliegend der als zonenwidrig erkannte Gartenbaubetrieb des Beschwerdeführers auch keinen zugehörigen zonenkonformen Wohnraum begründen kann, erübrigen sich weitere Erörterungen hierzu. Es bleibt nur mehr zu prüfen, ob das Bauvorhaben gestützt auf Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) bewilligt werden kann.
5.
Eine Ausnahmebewilligung nach
Art. 24 Abs. 1 RPG
kann erteilt werden, wenn der Zweck der Baute einen Standort ausserhalb der Bauzone erfordert (lit. a) und wenn dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (
BGE 112 Ib 102
E. 4;
BGE 111 Ib 216
E. 3; jeweils mit Hinweisen).
a) Gemäss bundesgerichtlicher Praxis darf die Standortgebundenheit nur dann bejaht werden, wenn eine Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist. Dabei beurteilen sich die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit
BGE 113 Ib 138 S. 142
und Bequemlichkeit ankommen (
BGE 111 Ib 217
E. 3b, mit Hinweisen; EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 20 zu
Art. 24 RPG
). An die Erfordernisse der Standortgebundenheit sind strenge Anforderungen zu stellen. Eigenständiger Wohnraum gilt daher ausserhalb der Bauzonen als grundsätzlich nicht standortgebunden. Selbst Wohnraum als "Folge" landwirtschaftlicher Nutzung kann nur dann als standortbedingt bewilligt werden, wenn für ein ordnungsgemässes Bewirtschaften des Bodens ein längeres Verweilen am betreffenden Ort erforderlich ist und dieser von der nächstgelegenen Wohnzone weit entfernt liegt (LEO SCHÜRMANN, a.a.O., S. 184/185). Wer allerdings - wie im vorliegenden Fall - schon betrieblich nicht überwiegend auf Kulturland angewiesen ist, dem darf auch zugemutet werden, einen Standort zu wählen, der die erforderliche Überwachung von einer nahegelegenen Wohnzone aus ermöglicht (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 23 zu
Art. 24 RPG
, N. 22 zu
Art. 16 RPG
).
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass ein Wohnhaus in unmittelbarer Nähe die Überwachung seines Betriebes erleichtern würde; dieser Umstand kann aber nicht allein ausschlaggebend sein. Zu beachten ist ebenfalls, dass sich eine solche Kontrolle ohne grössere Schwierigkeiten auch von der nur etwas mehr als 200 m entfernten Zusatzparzelle, auf der sich zwei Wohnhäuser befinden, aus durchführen liesse. Sie könnte ausserdem ebenso von der nur einige 100 m entfernten Wohnzone aus erfolgen. Diese Distanzen sind im weitgehend flachen Gelände jedenfalls kurz genug, um auch für die teilweise stündlich von Hand vorzunehmende Bedienung der Beregnungsanlage und Bodenbewässerung zumutbar zu sein. Selbst bei nahendem Hagelwetter könnten von den dem Beschwerdeführer bereits gehörenden Wohnbauten oder von einem Gebäude in der Wohnzohne aus die notwendigen Abwehrmassnahmen noch rechtzeitig getroffen werden. Die Berufung des Beschwerdeführers auf
BGE 112 Ib 270
ff., wo in einem - seiner Meinung nach - ähnlichen Fall Wohnbauten zu einem Gärtnereibetrieb bewilligt wurden, ist unbehelflich. Beim erwähnten Entscheid handelt es sich um einen Grenzfall, der sich nicht verallgemeinern und mit den hier vorliegenden Verhältnissen vergleichen lässt. Einerseits ging es dabei um einen überwiegend bodenabhängig produzierenden und somit zonenkonformen Betrieb, und andererseits standen jenen Betriebsinhabern nicht schon bestehende Wohnbauten in nur etwas mehr als 200 m Entfernung zur Verfügung.
BGE 113 Ib 138 S. 143
Die Verneinung einer betrieblichen Standortgebundenheit für das vorliegende Bauvorhaben bedeutet, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, auch keine Benachteiligung des Gartenbaues gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. Das Bundesgericht beurteilt die Standortgebundenheit von Wohnbauten bei solchen Betrieben nach denselben Grundsätzen; d.h. eine Wohnbaute muss für die landwirtschaftliche Nutzung des betreffenden Bodens notwendig sein (
BGE 108 Ib 134
E. 2).
Das Zürcher Verwaltungsgericht hat somit ohne Verletzung von Bundesrecht die Standortgebundenheit für das geplante Einfamilienhaus des Beschwerdeführers verneint.
b) Da schon die Standortgebundenheit des Bauvorhabens verneint werden muss, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob diesem gemäss
Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG
überwiegende Interessen entgegenstehen. | public_law | nan | de | 1,987 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
464fd84f-04bc-435a-ae87-dad3b4774de9 | Urteilskopf
124 IV 286
48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Oktober 1998 i.S. R.F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 1 Abs. 3 lit. d und Abs. 4,
Art. 19 BetmG
;
Art. 1 StGB
; Handel mit "Ecstasy"; "nulla poena sine lege".
Ecstasy wird vom Betäubungsmittelgesetz erfasst. Die Bestrafung des Handels mit diesem Stoff verletzt den Grundsatz "nulla poena sine lege" nicht (E. 1).
Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG
; Bandenmässigkeit.
Mindestansätze einer Organisation beim Drogenhandel. Bandenmässigkeit auch im Lichte von
BGE 124 IV 86
bejaht (E. 2).
Art. 63 StGB
; Strafzumessung.
Strafe von 2 1/2 Jahren Zuchthaus für den Handel mit grossen Mengen Ecstasy. Angesichts der Umstände keine Ermessensüberschreitung der kantonalen Behörde (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 287
BGE 124 IV 286 S. 287
R.F. und seine Ehefrau H.F. haben zwischen September 1994 und März 1995 etwa 10 Reisen nach Amsterdam organisiert, anlässlich derer insgesamt ca. 21'500 bis 22'000 Ecstasy-Pillen eingekauft wurden. Die ersten beiden Reisen unternahmen die Eheleute F. zusammen mit ihrem Sohn bzw. Stiefsohn K. Die nächsten zwei Reisen unternahm H.F. allein. Ab Dezember 1994 beauftragten die Eheleute F. den G. mit der Übernahme der Pillen in Amsterdam und dem Transport der Ware in die Schweiz. Die Ecstasy-Pillen verkaufte das Ehepaar F. zwischen Oktober 1994 und April 1995 an Z. und B. sowie ab Februar 1995 an H.
Am 17./18. Juni 1996 verurteilte das Bezirksgericht Baden R.F. wegen banden- und gewerbsmässiger Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 3 1/4 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 32 Tagen, und zu Fr. 3'000.-- Busse.
In Abweisung der dagegen erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft und in teilweiser Gutheissung der Berufung von R.F. erkannte das Obergericht des Kantons Aargau am 23. Oktober 1997 auf 2 1/2 Jahre Zuchthaus.
R.F. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen.
BGE 124 IV 286 S. 288
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei Ecstasy nicht vom Betäubungsmittelgesetz erfasst.
a) Das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 wurde durch das Bundesgesetz vom 24. März 1995, in Kraft seit 1. Juli 1996, geändert und dabei gleichzeitig der Titel neu gefasst: Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121). Auch die Verordnung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmV; frühere Bezeichnung: Verordnung über die Betäubungsmittel; SR 812.121.1) wurde am 29. Mai 1996, in Kraft seit 1. Juli 1996 respektive 1. Januar 1997 (
Art. 76 BetmV
), geändert. Die Verordnung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) über die Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelverordnung BAG, BetmV-BAG; früher: Verordnung des BAG über die Betäubungsmittel und andere Stoffe und Präparate; SR 812.121.2) wurde am 12. Dezember 1996 mit Inkrafttreten am 1. Februar 1997 geändert.
Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten liegen vor dem Inkrafttreten der Änderung dieser Erlasse. Diese Änderungen haben jedoch, wie die Vorinstanz zutreffend und vom Beschwerdeführer unangefochten bemerkt, keinen Einfluss auf die Frage, ob Ecstasy ein Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes darstellt. Abgesehen von der erwähnten Neufassung des Titels des Gesetzes und der Verordnungen führte die Revision etwa zur Ergänzung der Liste der psychotropen Stoffe durch die Aufnahme von Barbituraten und Benzodiazepinen in
Art. 1 Abs. 3 BetmG
(vgl. Botschaft über den Beitritt der Schweiz zu zwei internationalen Betäubungsmittel-Übereinkommen sowie über die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom 22. Juni 1994, BBl 1994 III, S. 1273 ff., 1290 f.).
b) Strafbar nach
Art. 19 BetmG
sind zahlreiche Verhaltensweisen wie das Herstellen, Lagern, Befördern, Einführen, Verkaufen, Vermitteln oder Kaufen von Betäubungsmitteln.
Der Begriff des Betäubungsmittels wird in
Art. 1 BetmG
umschrieben. Nach Absatz 1 sind Betäubungsmittel abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wirkungstypen Morphin, Kokain, Cannabis. In Absatz 2 zählt das Gesetz auf, welche Stoffe insbesondere
BGE 124 IV 286 S. 289
zu den Betäubungsmitteln im Sinne von Abs. 1 gehören, nämlich (a) die Rohmaterialien Opium, unter gewissen Voraussetzungen Mohnstroh, Kokablatt und Hanfkraut; (b) Wirkstoffe (nämlich Phenantren-Alkaloide des Opiums sowie ihre Derivate und Salze, die zur Abhängigkeit führen; Ekgonin sowie seine Derivate und Salze, die zur Abhängigkeit führen; das Harz der Drüsenhaare des Hanfkrautes); (c) weitere Stoffe, die eine ähnliche Wirkung haben wie die Stoffe der Gruppen a oder b; (d) Präparate, die Stoffe der vorangegangenen Gruppen enthalten. Gemäss Absatz 3 werden den Betäubungsmitteln abhängigkeitserzeugende psychotrope Stoffe gleichgestellt. Darunter fallen: (a) Halluzinogene wie Lysergid und Mescalin; (b) zentrale Stimulantien vom Wirkungstyp des Amphetamins; (c) zentral dämpfende Stoffe vom Wirkungstyp der Barbiturate und Benzodiazepine; (d) weitere Stoffe, die eine den Stoffen der Gruppe a-c dieses Absatzes ähnliche Wirkung haben; (e) Präparate, die Stoffe der Gruppe a-d dieses Absatzes enthalten.
Nach
Art. 1 Abs. 4 BetmG
erstellt das Bundesamt für Gesundheit das Verzeichnis der Stoffe und Präparate im Sinne der Absätze 2 und 3. Dies hat es in der erwähnten BetmV-BAG getan.
c) Ecstasy wird vollsynthetisch aus Methamphetamin (3,4-Methylendioxymethamphetamin MDMA) hergestellt (AMBROS UCHTENHAGEN, in: Arthur Kreuzer [Hrsg.], Handbuch des Betäubungsmittelstrafrechts, München 1998, § 1 N. 66). Als Ecstasy werden auch die verwandten Stoffe MDA und MDEA oder MDE bezeichnet. Diese weisen eine vergleichbare Wirkung auf (vgl. ULRICH WEDER, Die Designer-Drogen aus rechtlicher Sicht, unter besonderer Berücksichtigung des Amphetaminderivats MDMA ("Ecstasy"), ZStrR 115/1997, S. 435 mit Hinweisen). MDMA und MDA wurden im Jahre 1986 in den Anhang 2 aBetmV-BAG aufgenommen, MDEA und MDE per 1. Juni 1990. Ecstasy befindet sich also im Verzeichnis der Stoffe und Präparate gemäss
Art. 1 Abs. 4 BetmG
.
d) Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei mit
Art. 1 StGB
nicht zu vereinbaren, dass ein bestimmter Stoff durch eine Verordnung des BAG den Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes unterstellt werde; der Gesetzgeber müsse erklären, was strafbar sei.
Der Grundsatz "nulla poena sine lege" gilt als verletzt, wenn jemand wegen einer Handlung verurteilt wird, die im Gesetz nicht als strafbar bezeichnet wird oder die auch bei weitestgehender Auslegung nicht unter eine Strafnorm subsumiert werden kann. Der Bundesgesetzgeber hat dieses Prinzip in
Art. 1 StGB
übernommen.
BGE 124 IV 286 S. 290
e) Wie dargelegt sind gemäss
Art. 1 Abs. 3 BetmG
den Betäubungsmitteln gleichgestellt abhängigkeitserzeugende psychotrope Stoffe, namentlich: Halluzinogene wie Lysergid und Mescalin (lit. a), zentrale Stimulantien vom Wirkungstyp des Amphetamins (lit. b) und weitere Stoffe, die eine diesen Stoffen ähnliche Wirkung haben (lit. d).
In der Fachinformation des BAG zu Ecstasy vom 9. Oktober 1997 wird ausgeführt, die Wirkung von MDMA sei einerseits jener eines Stimulans und anderseits jener eines Halluzinogens ähnlich, jedoch nicht so ausgeprägt, dass es ausschliesslich der einen oder anderen Gruppe zugeordnet werden könnte; der Begriff "Entaktogen" (innere [en] Rührungen [tact] verursachend [gen]) stehe für diese neue Klasse von psychotropen Stoffen. Die Wirkung setze nach ca. 30-60 Minuten ein und bestehe zunächst in Effekten wie Herzjagen, Pupillenerweiterung und Blutdrucksteigerung. Weiter würden Appetitlosigkeit, Verspannungen im Kieferbereich und unwillkürliche, rhythmische Bewegungen beschrieben. Bei verringerter Schmerzempfindlichkeit nehme das Berührungsempfinden zu. Dann träten die psychischen Effekte in den Vordergrund. Es komme zu einem ausgeprägten Gefühl innerer Ruhe und Entspannung. Ängste und dadurch bedingte Erinnerungs- und Wahrnehmungshemmungen nähmen ab. Die Kommunikationsfähigkeit werde deutlich verbessert, neurotische Abwehrmechanismen würden verringert und das Gegenüber könne wertfreier und realistischer wahrgenommen werden. Die psychische Wirkung halte für etwa 3-4 Stunden an, häufig begleitet von starkem Schwitzen und Harndrang, in deren Folge es zur Dehydratation kommen könne. Die psychischen Effekte seien in der Regel noch mehrere Tage wirksam. Das während der Substanzeinnahme Erlebte bleibe präsent. Das Suchtpotential von MDMA sei als vergleichsweise gering einzustufen. Eine körperliche Abhängigkeit (Entzugserscheinungen) sei nicht bekannt, hingegen könne eine psychische Abhängigkeit vom Halluzinogen-Typ auftreten, was jedoch stark von der Häufigkeit des Konsums abhängig sei. Der Missbrauch von MDMA sei selbstlimitierend, weil mit der Erhöhung der Dosierung und der Konsumfrequenz keine Steigerung der gewünschten psychotropen Effekte erreicht werde, jedoch die Nebenwirkungen zunähmen.
Im Gutachten des Pharmazeutischen Instituts der Universität Bern vom 4. Februar 1994 wird dargelegt, obwohl MDMA strukturell mit den stimulierenden und halluzinogenen Amphetaminen eng verwandt sei, sei die Substanz durch ein stark abweichendes pharmakologisches
BGE 124 IV 286 S. 291
Profil gekennzeichnet. MDMA sei von seinem Wirkbild her weder ein Halluzinogen (wie z.B. LSD) noch ein Zentrales-Nervensystem-Stimulans (wie z.B. Amphetamin). So habe MDMA im Vergleich mit Amphetamin nur etwa 10% der ZNS-Wirkung. MDMA werde heute deshalb den Entaktogenen, einer neuen Klasse von psychotropen Stoffen mit therapeutischem Potential, zugeordnet. Anhand der bisher vorliegenden Daten könne das Abhängigkeitspotential von MDMA als gering eingestuft werden.
Auch im Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Lausanne vom 23. Juni 1994 wird auf die entaktogenen Eigenschaften von MDMA hingewiesen. Eine gewisse Missbrauchsgefahr beim Menschen sei anzunehmen. Die erste Erfahrung mit Ecstasy werde im Allgemeinen als die genussreichste empfunden. Nach dem Konsum von 4-5 Dosen über einen Zeitraum von ungefähr einem Monat träten dysphorische Symptome auf. Die Einnahme von Ecstasy scheine unangenehm zu werden und der Konsum höre auf. Für eine kleine Minderheit gehe er allerdings weiter.
Nach dem Gutachten des Gerichtschemischen Laboratoriums Basel vom 29. September 1994 ist bei MDMA eine physische Abhängigkeit nicht gegeben. Eine psychische Abhängigkeit sei dagegen möglich.
In den Empfehlungen des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern zur Beurteilung von MDA, MDMA und MDEA als "schwerer Drogenfall" vom Februar 1997 wird dargelegt, diese Substanzen seien strukturell mit den ZNS-stimulierenden (Amphetamin und vor allem Methamphetamin) und den halluzinogenen (Mescalin) Amphetaminabkömmlingen verwandt. Sie würden den Entaktogenen zugeordnet. Es müsse zumindest mit einem mittelstarken psychischen Abhängigkeitspotential gerechnet werden.
Im Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich vom 8. November 1997 wird ausgeführt, die Spanne der psychischen Wirkungen von MDMA umfasse charakteristischerweise amphetaminartige stimulierende Effekte auf die Psyche sowie psychedelische (bewusstseinserweiternde) Wirkungen. Bei Ecstasy träten bei mässiger Dosierung in der Regel keine Halluzinationen auf. Zur Feststellung, ob Ecstasy zu einer pharmakologisch bedingten Abhängigkeit führe, seien Versuche an subhumanen Primaten mit einem klassischen Selbstverabreichungsmodell durchgeführt worden. Daraus lasse sich schliessen, dass solche Verbindungen prinzipiell zur Abhängigkeit führen können. Dieser Schluss lasse sich auch noch aus einer anderen Überlegung ziehen: Ecstasy erzeuge - wie
BGE 124 IV 286 S. 292
übrigens die Amphetamine, Kokain, Alkohol, Nikotin und Heroin auch - eine Erhöhung des Dopaminspiegels in dem im Gehirn lokalisierten Belohnungssystem. Auch dieser Befund deute darauf hin, dass dem Ecstasy ein Abhängigkeitspotential zukomme. Die erste Erfahrung mit Ecstasy werde im Allgemeinen als eine der genussreichsten empfunden. Auch daher könne angenommen werden, dass Verbindungen vom Ecstasy-Typ zu einer Abhängigkeit führen können. Aus den dargelegten Erkenntnissen lasse sich folgern, dass Ecstasy und analoge Verbindungen auch den Menschen zu Missbrauch verleiten und zur Abhängigkeit führen können. Dies sei auch in der Tat der Fall.
f) Aufgrund dieser Stellungnahmen kann Folgendes gesagt werden: Ecstasy (MDMA, MDA, MDEA, MDE) ist ein psychotroper Stoff, dem ein psychisches Abhängigkeitspotential zukommt. Ecstasy ist zwar einer eigenen Klasse von Stoffen, den Entaktogenen, zuzuordnen, weist in seiner Wirkung aber Ähnlichkeiten auf mit einem zentralen Stimulans und mit einem Halluzinogen. Ecstasy wird somit jedenfalls nach
Art. 1 Abs. 3 lit. d BetmG
vom Betäubungsmittelgesetz erfasst. Wenn das BAG in Anwendung von
Art. 1 Abs. 4 BetmG
Ecstasy in das Verzeichnis der verbotenen Stoffe aufgenommen hat, so hat es damit
Art. 1 Abs. 3 lit. d BetmG
lediglich konkretisiert. Der Umfang des strafbaren Verhaltens ergibt sich aus dem Gesetz. Die Bestrafung des Beschwerdeführers verletzt deshalb
Art. 1 StGB
nicht.
g) Es entspricht im Übrigen internationalem Standard, Ecstasy zu den verbotenen Betäubungsmitteln zu rechnen (vgl. UCHTENHAGEN, a.a.O., § 1 N. 68; HARALD HANS KÖRNER, Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, 4. Aufl., München 1994, S. 1561 N. 348).
h) Unbegründet ist der Einwand, die gesetzliche Strafnorm sei nicht hinreichend bestimmt. Das Verzeichnis des BAG hat ja gerade die Aufgabe, Klarheit über die im Einzelnen verbotenen Stoffe zu verschaffen. Ein allfälliger Irrtum darüber, was unter die verbotenen Betäubungsmittel fällt, wäre nicht unter dem Gesichtspunkt von
Art. 1 StGB
zu prüfen, sondern unter dem Gesichtspunkt des Verbotsirrtums (
Art. 20 StGB
).
i) Unbehelflich ist auch das Vorbringen, das vom Bundesrat nach
Art. 3a BetmG
zu bezeichnende nationale Referenzlabor habe zur Frage der Betäubungsmittelqualität von Ecstasy bisher noch nie Stellung genommen. Denn zum einen ist
Art. 3a BetmG
erst mit Wirkung auf den 1. Juli 1996 in das Gesetz eingefügt worden; die Bestimmung hätte also zum Zeitpunkt, wo das BAG Ecstasy in das
BGE 124 IV 286 S. 293
Verzeichnis der verbotenen Stoffe aufgenommen hat, gar nicht berücksichtigt werden können. Zum andern schreibt das Gesetz nicht vor, dass das Bundesamt erst nach einem Bericht des nationalen Referenzlabors einen Stoff in das Verzeichnis aufnehmen darf.
k) Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt somit als unbegründet.
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht Bandenmässigkeit gemäss
Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG
angenommen.
a) Nach der Rechtsprechung ist Bandenmässigkeit gegeben, wenn zwei oder mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob zwei oder mehr Täter vorhanden sind; entscheidend ist einzig der ausdrücklich oder konkludent manifestierte Wille, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken, und dieser Zusammenschluss (auch nur zweier Personen) ist es, der den Einzelnen psychisch und physisch stärkt, ihn deshalb besonders gefährlich macht und die Begehung von weiteren solchen Straftaten voraussehen lässt. In einem nicht publizierten Entscheid vom 25. April 1997 hat sich das Bundesgericht gefragt, ob für den Begriff der Bande weniger auf die Zahl der Beteiligten und stattdessen mehr auf den Organisationsgrad und die Intensität der Zusammenarbeit der Täter abgestellt werden sollte. Bei dieser Betrachtungsweise würde der Umstand, dass sich "nur" zwei Personen zur fortgesetzten Begehung von Straftaten zusammengefunden haben, eine bandenmässige Tatbegehung nicht ausschliessen, wenn nur gewisse Mindestansätze einer Organisation (etwa einer Rollen- oder Arbeitsteilung) und die Intensität des Zusammenwirkens ein derartiges Ausmass erreichten, dass von einem bis zu einem gewissen Grade fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann, auch wenn dieses allenfalls nur kurzlebig war. Ist demgegenüber schon die Zusammenarbeit derart locker, dass von Anfang an nur ein sehr loser und damit völlig unbeständiger Zusammenhalt besteht, läge keine Bande vor. Im beurteilten Fall hatte die Vorinstanz auch bei einer derartigen Umschreibung des Bandenbegriffs zutreffend eine bandenmässige Tatbegehung bejaht.
Für die Bejahung des Vorsatzes ist wesentlich, ob der Täter die Tatsachen kannte und wollte, aus denen das Gericht den rechtlichen
BGE 124 IV 286 S. 294
Schluss auf bandenmässige Tatbegehung zieht. Bandenmässigkeit ist erst anzunehmen, wenn der Wille der Täter auf die gemeinsame Verübung einer Mehrzahl von Delikten gerichtet ist (
BGE 124 IV 86
E. 2b mit Hinweisen).
b) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) haben der Beschwerdeführer und H.F. auf Anregung ihres Sohnes bzw. Stiefsohnes K. beschlossen, in den Ecstasy-Handel einzusteigen, und in der Folge zunächst mit diesem zusammen die Reisen nach Amsterdam geplant und durchgeführt. K. verfügte über die erforderlichen Kontakte zur Techno-Szene und organisierte die Abnahme der Pillen durch Z., der für die Verteilung besorgt war. K. knüpfte auch die nötigen Kontakte für den Bezug des Stoffes in Amsterdam. Die ersten beiden Reisen haben die Eheleute F. gemeinsam mit K. durchgeführt. H.F. wurde in der Folge zur eigentlichen Drehscheibe des Handels. Sie war, unterstützt von ihrem Mann, für den Einkauf der Pillen in Amsterdam und für deren Absatz an B., Z. und H. in der Schweiz besorgt. Der Beschwerdeführer war an der Planung beteiligt und nahm an den ersten beiden Reisen nach Amsterdam teil. Im Weiteren hat er auch, zusammen mit seiner Frau, die Aufgabe der Weitergabe der Tabletten an die Abnehmer übernommen. Ausserdem hat er im Dezember 1994 seinen Arbeitskollegen G. angeheuert, die ihm unangenehme Aufgabe des Transportes und des Schmuggels der Ecstasy-Pillen in die Schweiz gegen Entlöhnung zu übernehmen. Der Beschwerdeführer war beteiligt an der Planung des Ecstasy-Handels, an der Organisation des Handels, am Einkauf, Transport und Schmuggel des Stoffes - sei es, dass er die Durchführung selbst übernommen hat, sei es, dass er G. damit beauftragt hat - sowie am Absatz des importierten Stoffes. Der Beschwerdeführer, H.F., K., G. und Z. haben in verschiedener Beteiligung mitgewirkt, über ein halbes Jahr den Handel mit Ecstasy zu betreiben.
Aufgrund dieser Feststellungen waren hier Mindestansätze einer Organisation gegeben. Die Intensität des Zusammenwirkens hat ein derartiges Ausmass erreicht, dass von einem bis zu einem gewissen Grade fest verbundenen und stabilen Team gesprochen werden kann. Die Annahme der Bandenmässigkeit verletzt deshalb auch im Lichte der neueren Rechtsprechung Bundesrecht nicht.
c) Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung darzutun. Er geht von einem Sachverhalt aus, den die Vorinstanz nicht festgestellt hat, und richtet sich gegen die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid. Das
BGE 124 IV 286 S. 295
ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig (
Art. 277bis Abs. 1 und
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
). Die Vorinstanz stellt insbesondere nicht fest, der Beschwerdeführer habe nur unwesentliche Teilelemente zum strafrechtlich relevanten Verhalten beigesteuert, und er habe nur den Beistand geleistet, der in einer Ehegemeinschaft üblich sei.
Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde auch, soweit der Beschwerdeführer die fehlende Substantiierung der Anklageschrift rügt. Insoweit geht es um eine Frage des kantonalen Prozessrechts und nicht des Bundesrechts. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist deshalb nicht gegeben (
Art. 269 BStP
).
3.
Der schwere Fall nach Art. 19 Ziff 1 in fine BetmG ist somit bereits gestützt auf
Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG
gegeben. Ob zusätzlich Gewerbsmässigkeit im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG
anzunehmen sei, kann offen bleiben. Ist ein Qualifikationsgrund gegeben, muss nicht geprüft werden, ob allenfalls noch ein weiterer Qualifikationsgrund vorliege (
BGE 122 IV 265
E. 2c mit Hinweis).
4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Strafzumessung verletze Bundesrecht. Die ihm auferlegte Strafe sei unhaltbar hart.
a) Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen (
Art. 63 StGB
). Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden Komponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in dieses auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden kann (
Art. 269 BStP
), nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (vgl.
BGE 123 IV 150
E. 2a mit Hinweisen).
b) Der Beschwerdeführer hat mit 21'500 bis 22'000 Ecstasy-Pillen und damit mit einer grossen Drogenmenge gehandelt. Das ist straferhöhend zu gewichten. Das Handelsvolumen wurde erzielt in einem Zeitraum von nur einigen Monaten (September/Oktober 1994 bis April 1995). Der Umsatz betrug Fr. 193'500.--, der Nettogewinn Fr. 21'500.--. Auch das durfte die Vorinstanz straferhöhend berücksichtigen, ohne dass sie sich hätte dazu äussern müssen, ob - was im Lichte der Rechtsprechung (
BGE 117 IV 63
) allerdings auf der
BGE 124 IV 286 S. 296
Hand liegt - hier Gewerbsmässigkeit im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG
gegeben sei. Der Beschwerdeführer wollte zwar mit harten Drogen (Heroin/Kokain) nichts zu tun haben. Er wusste aber nicht, ob den Ecstasy-Pillen allenfalls andere gefährliche Substanzen beigemengt sein könnten. Er nahm in Kauf, mit verschnittenen Tabletten zu handeln und so eine Gefährdung der Konsumenten zu bewirken. Aufgrund der von der Vorinstanz festgestellten Umstände ist es nicht zu beanstanden, wenn sie das Tatverschulden des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau als gleichwertig einstuft. Der Beschwerdeführer konsumierte selber kein Ecstasy und handelte aus rein finanziellen Motiven. Zwar hatte er wegen eines Unfalls eine Erwerbseinbusse erlitten. Nach dem Unfall verfügten die Eheleute F. aber immer noch über monatliche Nettoeinkünfte von rund Fr. 6'000.--. K. war zudem wirtschaftlich selbständig und musste nicht mehr unterhalten werden. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, lässt sich mit Einkünften von Fr. 6'000.-- monatlich der Unterhalt zweier Erwachsener bestreiten. Die Schulden des Ehepaars F. waren nicht so hoch, dass es keine Möglichkeit gegeben hätte, sie anders als mit dem Gewinn aus Drogenhandel zu tilgen. Bei dieser Sachlage verletzt es Bundesrecht nicht, wenn die Vorinstanz das Tatmotiv straferhöhend berücksichtigt hat.
Bei der Täterkomponente sind der unbescholtene Leumund und die Vorstrafenlosigkeit zu Gunsten des Beschwerdeführers zu gewichten. Auch war er nach anfänglichem Leugnen weitgehend geständig.
Die Vorinstanz beurteilt das Verschulden als schwer. Sie gewichtet den Umstand, dass aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Nachweis nicht erbracht sei, dass Ecstasy eine schwer gesundheitsgefährdende Droge sei, in stärkerem Masse als das Bezirksgericht. Die von diesem verhängte Strafe von 3 1/4 Jahren Zuchthaus erachtet die Vorinstanz angesichts der Tatsache, dass Ecstasy näher bei den weichen als bei den harten Drogen anzusiedeln sei, als zu hoch. Angemessen sei eine Zuchthausstrafe von 2 1/2 Jahren.
c) Die Strafzumessung lässt keine Bundesrechtsverletzung erkennen. Die Vorinstanz hat die wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, keine unhaltbar harte Strafe ausgesprochen und ihr Ermessen nicht überschritten. | null | nan | de | 1,998 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
465074f3-62fc-436f-a849-745de0a33ac2 | Urteilskopf
138 III 407
60. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Genossenschaft X. gegen B. und C. (Beschwerde in Zivilsachen)
4A_729/2011 vom 25. Mai 2012 | Regeste
Genossenschaft des Obligationenrechts (
Art. 828 ff. OR
); Unterschreiten der Mindestmitgliederzahl (
Art. 831 Abs. 2 OR
); Rechtsfolgen nach
Art. 731b OR
.
Begriff und Wesen der Genossenschaft (E. 2.1 und 2.5.1); Mindestmitgliederzahl von sieben Genossenschaftern als begriffsbestimmendes Element der Genossenschaft (E. 2.5.1 und 2.5.2); Rechtsfolgen bei deren Unterschreitung (E. 2.5.2); Grundsätze des Verfahrens nach
Art. 731b OR
(E. 2.2-2.4). | Erwägungen
ab Seite 407
BGE 138 III 407 S. 407
Aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von
Art. 831 Abs. 2 OR
i.V.m.
Art. 731b Abs. 1 OR
. Die von der Vorinstanz angeordnete Auflösung der Genossenschaft allein aufgrund des Unterschreitens der Mindestzahl der Mitglieder sei unverhältnismässig. Nach
BGE 138 III 407 S. 408
Auffassung der Beschwerdeführerin hätte die Vorinstanz gestützt auf
Art. 731b Abs. 1 OR
vielmehr Massnahmen treffen müssen, um die Zahl der Genossenschafter wieder auf sieben zu erhöhen, namentlich durch Ernennung von vier Personen als Genossenschafter.
2.1
Die Genossenschaft des Obligationenrechts ist eine als Körperschaft organisierte Verbindung einer nicht geschlossenen Zahl von Personen oder Handelsgesellschaften, die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt (
Art. 828 Abs. 1 OR
). Bei der Gründung einer Genossenschaft müssen mindestens sieben Mitglieder beteiligt sein (
Art. 831 Abs. 1 OR
). Sinkt in der Folge die Zahl der Genossenschafter unter diese Mindestzahl, so sind die Vorschriften des Aktienrechts über Mängel in der Organisation der Gesellschaft entsprechend anwendbar (
Art. 831 Abs. 2 OR
).
2.2
Gemäss dem im Abschnitt über "Mängel in der Organisation der Gesellschaft" eingeordneten
Art. 731b OR
kann ein Aktionär, ein Gläubiger oder der Handelsregisterführer dem Richter beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, falls der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe fehlt oder eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt ist (Abs. 1 Ingress). Der Richter kann insbesondere der Gesellschaft unter Androhung ihrer Auflösung eine Frist ansetzen, binnen derer der rechtmässige Zustand wieder herzustellen ist (Abs. 1 Ziff. 1), das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen (Abs. 1 Ziff. 2) oder die Gesellschaft auflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs anordnen (Abs. 1 Ziff. 3).
Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber eine einheitliche Ordnung für die Behebung und Sanktionierung organisatorischer Mängel innerhalb einer Gesellschaft geschaffen (
BGE 136 III 369
E. 11.4.1 mit Hinweisen). Die Bestimmung erfasst diejenigen Fälle, in denen eine zwingende gesetzliche Vorgabe hinsichtlich der Organisation der Gesellschaft nicht oder nicht mehr eingehalten wird. Sie bezieht sich sowohl auf das Fehlen als auch die nicht rechtsgenügende Zusammensetzung obligatorischer Gesellschaftsorgane (
BGE 138 III 294
E. 3.1.2 S. 297 f.).
2.3
Die Behebung von Organisationsmängeln steht im Interesse eines funktionierenden Rechtsverkehrs und kann die Interessen von Anspruchsgruppen (
Stakeholder
) berühren, die sich am Verfahren nach
Art. 731b OR
nicht beteiligen (Arbeitnehmer, Gläubiger, Aktionäre).
BGE 138 III 407 S. 409
Aufgrund der Interessen Dritter sowie der Öffentlichkeit ist der Richter an spezifizierte Anträge der Parteien nicht gebunden (
BGE 138 III 294
E. 3.1.3 S. 298,
BGE 138 III 166
E. 3.5 S.170). Das im Summarium durchzuführende Organisationsmängelverfahren (
BGE 138 III 166
E. 3.9 S. 172) ist mithin vom
Offizialgrundsatz
beherrscht (
Art. 58 Abs. 2 ZPO
[SR 272]): Die Parteien haben keine Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand und können sich namentlich auch nicht vergleichen (
BGE 138 III 294
E. 3.1.3 S. 298).
2.4
Bei den in den Ziffern 1-3 von
Art. 731b Abs. 1 OR
genannten Massnahmen zur Behebung des Organisationsmangels handelt es sich um einen exemplifikativen, nicht abschliessenden Katalog (
BGE 136 III 369
E. 11.4.1 S. 371). Mit
Art. 731b Abs. 1 OR
wollte der Gesetzgeber dem Richter ähnlich wie bei der Auflösungsklage gemäss
Art. 736 Ziff. 4 OR
einen hinreichenden Handlungsspielraum gewähren, um eine mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalles angemessene Massnahme treffen zu können (
BGE 138 III 294
E. 3.1.4 S. 298,
BGE 138 III 166
E. 3.5 S. 170). Dieser ist bei der Ausübung dieses Handlungsspielraums freilich nicht ungebunden, denn die in
Art. 731b Abs. 1 OR
genannten Massnahmen stehen in einem Stufenverhältnis (
BGE 138 III 294
E. 3.1.4 S. 299). Der Richter soll die drastische Massnahme der Auflösung gemäss Ziffer 3 erst anordnen, wenn die milderen Massnahmen gemäss Ziffer 1 (Fristansetzung zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands) und Ziffer 2 (Ernennung des fehlenden Organs oder eines Sachwalters) nicht genügen oder erfolglos geblieben sind. Es gilt mithin wie im Verfahren nach
Art. 736 Ziff. 4 OR
das Verhältnismässigkeitsprinzip (vgl.
BGE 136 III 278
E. 2.2.2 S. 280). Die Auflösung nach
Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR
stellt eine
ultima ratio
dar, also das letztmögliche Mittel, das erst zur Anwendung gelangt, wenn sich mildere Mittel nicht als sachgerecht bzw. zielführend erweisen (
BGE 136 III 369
E. 11.4.1 S. 371;
BGE 138 III 294
E. 3.1.4 S. 299). Dies ist etwa der Fall, wenn sich Verfügungen als nicht zustellbar erweisen oder wenn sich die Gesellschaft in keiner Art und Weise vernehmen lässt (
BGE 138 III 294
E. 3.1.4 S. 299).
2.5
2.5.1
Die Genossenschaft des Obligationenrechts ist eine personenbezogene Körperschaft. Das personale Element dieser Rechtsform kommt namentlich darin zum Ausdruck, dass der Genossenschaftszweck gemäss
Art. 828 Abs. 1 OR
hauptsächlich in
gemeinsamer
Selbsthilfe
der Genossenschafter verfolgt werden muss (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER,
BGE 138 III 407 S. 410
Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl. 2007, § 19 N. 8; FRANCO TAISCH, Genossenschaftsgruppen und deren Steuerung, 2009, S. 27). Dabei handelt es sich um ein eigentliches Kennzeichen der Genossenschaft (Botschaft vom 19. Dezember 2001 zur Revision des Obligationenrechts [GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht], BBl 2002 3235). In der Genossenschaft soll nicht wie in der Aktiengesellschaft lediglich "ein Stück Vermögen" des Aktionärs, sonderngleichsam "ein Stück der wirtschaftlichen Persönlichkeit" des Genossenschafters selbst aufgehen (MAX GERWIG, Die Genossenschaft, in: Sieben Vorträge über das neue Obligationenrecht, 1937, S. 152). Der Körperschaftszweck ist unter persönlicher Mitwirkung der Genossenschafter zu erreichen. Diese Betonung des persönlichen Substrats findet unter anderem Ausdruck darin, dass der Gesetzgeber für die Errichtung einer Genossenschaft die Beteiligung von
mindestens sieben Mitgliedern
verlangt (
Art. 831 Abs. 1 OR
; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, a.a.O., § 19 N. 12; ROLAND RUEDIN, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. II, 2008, N. 1 zu
Art. 831 OR
). Im Unterschied zur Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat es der Gesetzgeber im Rahmen der Revision des GmbH- Rechts denn auch ausdrücklich abgelehnt, die Genossenschaft als Einpersonenkörperschaft zuzulassen, da der Zweck der gemeinsamen Selbsthilfe "wesensnotwendigerweise eine Mehrzahl von Personen" voraussetze (Botschaft, a.a.O., S. 3235). Anders als etwa der bundesdeutsche Gesetzgeber, welcher anlässlich der Reform von 2006 die Mindestanzahl der Genossenschafter von sieben auf drei gesenkt hat (§ 4 des deutschen Genossenschaftsgesetzes [GenG]; dazu VOLKER BEUTHIEN, Genossenschaftsgesetz, 15. Aufl. 2011, N. 1 zu § 4), behielt der eidgenössische Gesetzgeber zudem das Erfordernis von mindestens sieben Genossenschaftern bei.
2.5.2
Daraus ist zu schliessen dass es sich bei der Mindestzahl von sieben Genossenschaftern nach der gegenwärtigen Gesetzeslage um ein begriffsbestimmendes Element der Genossenschaft handelt (vgl. auch RUEDIN, a.a.O., N. 16 zu
Art. 831 OR
). Sinkt die Mitgliederzahl auf unter sieben, liegt damit nicht lediglich eine mangelhafte Organisation der Körperschaft vor, sondern ist der Tatbestand der Genossenschaft als solcher nicht mehr gegeben. Die Körperschaft existiert nur noch formal im Handelsregister, hat aber materiell ihre Existenz verloren und kann auch durch eine richterliche Massnahme nicht wieder hergestellt werden. In der Lehre wird daher zu Recht
BGE 138 III 407 S. 411
vertreten, dass für den Fall des Unterschreitens der Mindestzahl von sieben Genossenschaftern von den in
Art. 731b Abs. 1 OR
beispielhaft aufgeführten Massnahmen nur die in Ziff. 1 und 3 aufgeführten Handlungen, also die Ansetzung einer Frist zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes sowie die Auflösung der Gesellschaft, in Frage kommen (CARL BAUDENBACHER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 14 zu
Art. 831 OR
; MAURICE COURVOISIER, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 5 zu
Art. 831 OR
; vgl. auch die Regeln des deutschen und italienischen Rechts [§ 80 Abs. 1 GenG sowie Art. 2522 Abs. 3 Codice civile], welche bei Absinken unter die Mindestzahl ebenfalls die Auflösung der Genossenschaft vorsehen). Da die Beschwerdeführerin selbst der Auffassung ist, dass eine Fristansetzung gemäss
Art. 731b Abs. 1 Ziff. 1 OR
unzweckmässig wäre, hat die Vorinstanz zu Recht die Auflösung der Genossenschaft angeordnet. | null | nan | de | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
46573f7c-1113-43f4-bdc5-26fb2a47ae77 | Urteilskopf
111 Ib 253
48. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 5 novembre 1985 dans la cause Tracomin S.A. contre Sudan Oil Seeds Co Ltd (recours de droit public) | Regeste
Form der Schiedsabrede gemäss dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, abgeschlossen in New York am 10. Juni 1958.
1. Eine schriftlich vorgeschlagene und mündlich oder stillschweigend angenommene Schiedsabrede entspricht nicht den Formerfordernissen gemäss Art. II Abs. 1 des New Yorker Übereinkommens. Um eine bestehende Streitigkeit einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, muss der Vorschlag hiezu nicht nur schriftlich unterbreitet werden, sondern es ist auch eine schriftliche Annahme durch die Gegenseite erforderlich, welche der Partei zukommen muss, von welcher der Vorschlag zur Bestellung eines Schiedsgerichts ausgegangen ist. Die Schiedsklausel oder die Schiedsabrede können auch über Telex vereinbart werden (E. 5).
2. Liegt eine ausdrückliche Schiedsabrede vor, die im Augenblick geschlossen wurde, wo eine konkrete Streitigkeit bestand, so muss nicht geprüft werden, ob diese Schiedsabrede sich auf eine frühere Schiedsklausel stützen kann und ob jene frühere Schiedsklausel den Formerfordernissen von Art. II Abs. 2 des New Yorker Übereinkommens genügte (E. 6). | Erwägungen
ab Seite 254
BGE 111 Ib 253 S. 254
Extrait des considérants:
5.
Aux termes de l'art. II de la Convention de New York (RS 0.277.12), chacun des Etats contractants reconnaît la convention écrite par laquelle les parties s'obligent à soumettre à un arbitrage tous les différends ou certains des différends qui se sont élevés ou pourraient s'élever entre elles au sujet d'un rapport de droit déterminé, contractuel ou non contractuel, portant sur une question susceptible d'être réglée par voie d'arbitrage. On entend par "convention écrite" une clause compromissoire insérée dans un contrat ou un compromis signés par les parties ou contenus dans un échange de lettres ou de télégrammes.
Il ressort de ce texte que la convention écrite par laquelle l'arbitrage est convenu entre parties peut être soit une clause compromissoire, soit un compromis. La clause compromissoire soumet à l'arbitrage un conflit qui n'est pas encore né, mais qui pourrait découler d'un rapport de droit dans lequel les parties envisagent d'entrer. Le compromis est en revanche un contrat que les parties passent au moment où un conflit est né entre elles, et dont l'objet est de faire trancher par des arbitres ce conflit déjà né (cf. VAN DER BERG, The New York Arbitration Convention of 1958, p. 171, 190, 202).
Aussi bien la clause compromissoire que le compromis exigent la forme écrite telle qu'elle est définie par l'art. II al. 2 de la Convention de New York. Ce texte l'emporte sur les droits nationaux et constitue une loi uniforme régissant la forme de la
BGE 111 Ib 253 S. 255
clause compromissoire ou du compromis (VAN DER BERG, p. 173, 177). La reconnaissance de la convention d'arbitrage ne saurait exiger ni plus ni moins que la forme définie par l'art. II al. 2 de la Convention (VAN DER BERG, p. 177-179). Certes, en vertu de l'art. VII de la Convention de New York, les parties peuvent encore se prévaloir de conditions de reconnaissance plus larges, dans la mesure où elles peuvent invoquer la législation ou les traités du pays où la sentence est invoquée. Mais en l'espèce, l'art. VII de la Convention de New York ne trouve aucune application, car les parties n'invoquent aucune autre règle de droit que la Convention de New York, et l'on ne saurait suppléer à leurs moyens.
A défaut de signature de l'une et l'autre des parties, la clause compromissoire ou le compromis peuvent résulter d'un échange de lettres ou de télégrammes. L'échange de télex doit être assimilé à l'échange de télégrammes (VAN DER BERG, p. 204, p. 195 avec référence à la décision genevoise figurant dans la RSJ 1968, p. 56, No 19; SCHLOSSER, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, n. 343, p. 335; COHEN, De la validité formelle des clauses compromissoires conclues par télex, in RSJ 1979, p. 259).
Il faut toutefois un échange de messages. Si un compromis est proposé par écrit ou par télégramme et accepté oralement ou tacitement, les formes exigées par l'art. II al. 2 de la Convention de New York ne sont pas satisfaites (VAN DER BERG, p. 196; RSJ 1968, p. 56, No 19. Cet arrêt est critiqué par SCHLOSSER, op.cit. p. 340, qui estime qu'en l'espèce l'acceptation écrite du cocontractant était suffisante. La critique porte donc sur un autre point.) Il faut au contraire non seulement une proposition écrite d'arbitrage, mais encore une acceptation écrite de l'autre partie et que cette acceptation soit communiquée à la partie qui a fait la proposition d'arbitrage (VAN DER BERG, p. 199-203).
En l'espèce, Sudan Oil Seeds Co Ltd (SOS) a fait la proposition à Tracomin de soumettre à l'arbitrage le conflit découlant du défaut de délivrance en temps utile d'un accréditif couvrant les dernières livraisons dues en vertu du contrat No 10-80/81 du 6 décembre 1980, par télex du 18 mai 1981, par lettre du 4 juillet 1981 puis par télex du 16 juillet 1981. Tracomin a déclaré par télex du 21 juillet 1981 qu'elle désignait son arbitre dans le conflit qui lui avait été exposé, puisqu'elle se référait expressément au télex de sa partie adverse du 16 juillet, lequel rappelait le télex du 18 mai et la lettre du 4 juillet. Elle a ainsi manifesté dans les formes
BGE 111 Ib 253 S. 256
prévues par l'art. II al. 2 de la Convention de New York qu'elle acceptait l'arbitrage, dès l'instant qu'elle désignait elle-même son arbitre dans ledit conflit. On doit admettre que les parties ont manifesté par écrit leur volonté de soumettre à l'arbitrage de la FOSFA le conflit né entre elles dans l'exécution du contrat No 10-80/81 du 6 décembre 1980, conflit qui a été effectivement soumis aux arbitres et tranché par la sentence No 2542 dont l'exécution est poursuivie.
6.
Toute l'argumentation de la recourante consiste à soutenir que dans le contrat No 10-80/81 du 6 décembre 1980, il n'y avait pas de clause compromissoire valable au sens de l'art. II de la Convention de New York, ce contrat ne faisant pas référence expresse à la possibilité de soumettre à l'arbitrage les conflits qui pourraient naître lors de son exécution. Cette question peut demeurer ouverte, dès l'instant que, même si une clause compromissoire n'a pas été souscrite valablement lors de la conclusion du contrat, dans tous les cas un compromis a été convenu par échange d'écrits une fois que le conflit est né et a pu être défini concrètement, dans les messages de Sudan Oil Seeds des 18 mai, 4 juillet et 16 juillet 1981 auxquels Tracomin s'est référée dans son message de réponse en date du 21 juillet. Dans ces conditions, il est inutile de se déterminer sur la jurisprudence publiée aux
ATF 110 II 54
et d'analyser si cet arrêt admet une clause compromissoire par référence ou si les conditions particulières de cette affaire permettaient de dire que la clause compromissoire était comprise dans l'ensemble des documents signés par les parties ou leurs représentants. L'existence d'un compromis exprès conclu au moment où un conflit concret était né dispense de rechercher si ce compromis pouvait ou non se fonder sur une clause compromissoire antérieure et si cette clause compromissoire répondait aux conditions de forme posées par l'art. II al. 2 de la Convention de New York (SCHLOSSER, op.cit., n. 340, p. 334). | public_law | nan | fr | 1,985 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
465b31ec-1d2a-4bf3-bf9a-0fa16e4d2abe | Urteilskopf
103 Ib 122
22. Urteil vom 22 September 1977 i.S. Bioquell AG gegen Regierungsrat des Kantons Zürich | Regeste
Verkehr mit Verbrauchsgegenständen.
Beschlagnahme von Werbeprospekten für kosmetische Mittel. Begriff der Ware im Sinne von
Art. 21 LMG
. | Sachverhalt
ab Seite 122
BGE 103 Ib 122 S. 122
Die Firma Bioquell AG vertreibt die "Aphro-Öl-Badekur" als angebliches Schlankheitsmittel und "Fleuro-Bust" als Präparat "zur Vergrösserung, Entwicklung und Straffung der Büste". Bei diesen Produkten handelt es sich nicht um Heilmittel, die nach den entsprechenden Vorschriften bewilligt wären, sondern um kosmetische Mittel (
Art. 467 LMV
).
Der Kantonschemiker des Kantons Zürich beanstandete eine Anzahl Prospekte über diese Produkte, weil darin unzulässige, inhaltlich unwahre Anpreisungen (wie Schlankmachen, Abmagerung, Formveränderungen der Brust) enthalten seien. Durch Verfügung vom 19. Oktober 1976 verbot er der Firma Bioquell AG das Versenden dieser Prospekte ab sofort und ordnete die Beschlagnahme der allenfalls im Kanton Zürich vorhandenen Prospektexemplare an.
Der gegen diese Verfügung eingereichte Rekurs wurde von der Direktion des Gesundheitswesens abgewiesen. Am 16. März 1977 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich den gegen den Entscheid der Gesundheitsdirektion erhobenen Rekurs ab.
BGE 103 Ib 122 S. 123
Gegen den Entscheid des Regierungsrates führt die Bioquell AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die Beschlagnahmung von Werbeprospekten und Publikationen aufgrund des Lebensmittelgesetzes unzulässig sei. Sie macht geltend, nach der abschliessenden Regelung des LMG (Art. 21/22 und 45) könne nur eine Beschlagnahmung von gesundheitsschädlichen, verdorbenen oder gefälschten Waren vorgenommen werden, nicht aber von separaten Werbeprospekten, welche nicht unter den Begriff der Ware im Sinne von
Art. 3 LMV
zu subsumieren seien.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Eidgenössische Departement des Innern beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht, die beanstandeten Prospekte seien mit den geltenden Vorschriften im Einklang und enthielten keine für kosmetische Produkte unzulässigen Anpreisungen. Das Verbot der Versendung der Prospekte wird nicht angefochten und die Tragweite von
Art. 467 LMV
gar nicht erörtert. Die Beschwerde beschränkt sich auf die Frage der gesetzlichen Möglichkeit einer Beschlagnahme von Werbeprospekten und Publikationen. Ohne dass dies hier näher darzulegen wäre, kann daher davon ausgegangen werden, dass das gemäss dem angefochtenen Entscheid allenfalls zu beschlagnahmende Werbematerial den Vorschriften der Lebensmittelgesetzgebung, insbesondere
Art. 467 LMV
nicht entspricht. Diese selbstverständliche Voraussetzung bildet nicht Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
2.
Das LMG enthält in den Art. 21-24 Vorschriften über die Beschlagnahme. Art. 21 lautet:
"Die infolge der Vorprüfung oder der Untersuchung beanstandeten Waren können durch die Aufsichtsorgane mit Beschlag belegt werden, auch im Falle einer Einsprache. Die Beschlagnahme ist sofort vorzunehmen, wenn die Waren augenscheinlich gesundheitsschädlich, verdorben oder gefälscht sind. Sie können in amtliche Verwahrung genommen werden.
Ist eine Aufbewahrung mit Rücksicht auf ihre Natur unmöglich, so sind sie in geeigneter Weise zu verwerten oder nötigenfalls zu zerstören.
Das Interesse der Beteiligten ist dabei nach Möglichkeit wahrzunehmen."
BGE 103 Ib 122 S. 124
a) Der Begriff der "Ware" wird weder im LMG noch in der LMV definiert. Das Gesetz bezieht sich einerseits auf den Verkehr mit Lebensmitteln (Nahrungs- und Genussmitteln) und anderseits auf den Verkehr mit Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen (
Art. 1 LMG
). In der LMV werden drei grosse Gruppen unterschieden: Lebensmittel (Abschnitt B Art. 39 bis 420), Stoffe zur Behandlung von Lebensmitteln (Abschnitt C Art. 421 bis 448), Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstände (Abschnitt D Art. 449 bis 485). Der von der Beschwerdeführerin wiederholt angerufene
Art. 3 LMV
enthält keine Definition der "Ware", sondern verwendet diesen Terminus als Oberbegriff für alle in Betracht fallenden Stoffe und Objekte und setzt fest, dass "für die Beurteilung einer Ware als Lebensmittel, Gebrauchs- oder Verbrauchsgegenstand im Sinne dieser Verordnung die Zusammensetzung und der Verwendungszweck massgebend" seien, "nicht aber eine blosse Verwendungsmöglichkeit oder eine zugeschriebene Wirkung". Damit wird keineswegs gesagt, "Waren" seien ausschliesslich die Lebensmittel, Gebrauchs- oder Verbrauchsgegenstände. Dieses Wort behält vielmehr in der Lebensmittelgesetzgebung eine ganz allgemeine Bedeutung und umfasst gegebenenfalls u.a. auch die Mittel zur Behandlung von Lebensmitteln (Abschnitt C der LMV) sowie Verpackungen, Werbeprospekte usw. Wohl mag der Gesetzgeber bei der Verwendung des Wortes "waren" in
Art. 21 LMG
in erster Linie die eigentliche Kontrolle von Lebensmitteln, Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen im Auge gehabt haben. Es ist aber abwegig anzunehmen, mit diesem nicht eingeschränkten Allgemeinbegriff seien die lebensmittelpolizeilich ebenfalls wesentlichen andern Waren, wie insbesondere Etiketten, Packungen, Propagandamaterial, nicht gemeint. Es muss nach der ratio legis vielmehr davon ausgegangen werden, dass unter "Waren" (in
Art. 21 und
Art. 28 LMG
) alle Sachen zu verstehen sind, deren lebensmittelpolizeiliche Beanstandung in Frage kommt. Dass die im zweiten Satz von
Art. 21 Abs. 1 LMG
vorgeschriebene sofortige Beschlagnahme sinngemäss nicht Propagandamaterial sondern nur die Konsumgüter selber oder allenfalls noch für deren Behandlung bestimmte Stoffe betrifft, ist kein stichhaltiges Argument gegen einen weitgefassten Begriff der Ware. Auch aus der separaten Erwähnung der Beschlagnahme von Apparaten und Gerätschaften in
BGE 103 Ib 122 S. 125
Art. 22 LMG
lässt sich keine Einschränkung des Warenbegriffs in Art. 21 ableiten. Der Gesetzgeber hielt es für zweckmässig, die Möglichkeit der Beschlagnahme von Apparaten und Gerätschaften (in Parallele zu
Art. 15 LMG
) ausdrücklich vorzusehen; es handelt sich dabei um Objekte, deren Subsumtion unter den Begriff "waren" vielleicht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch etwas ferner liegt. Es fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt für den Schluss, durch die Fassung der Art. 21/22 LMG habe der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Beschlagnahme von täuschendem Packungsmaterial und Werbeprospekten bewusst nicht geschaffen und diese Massnahme auf die zu verkaufenden Waren sowie Apparate und Gerätschaften beschränkt. Ein sachliches Motiv, vorschriftswidriges Propagandamaterial von der Beschlagnahme auszunehmen, ist nicht erkennbar.
b) Wollte man aber
Art. 21 LMG
restriktiv interpretieren und annehmen die dort geregelte Beschlagnahme könne sich nur auf Lebensmittel, Gebrauchs- und Verbrauchsartikel beziehen, so dürfte auf jeden Fall nicht gefolgert werden, es handle sich dabei um eine abschliessende, die Beschlagnahme von vorschriftswidrigem Propagandamaterial verbietende Regelung. Für einen derartigen Schutz des zu beanstandenden Propagandamaterials fehlt jeder vernünftige Grund. Die Lebensmittelgesetzgebung soll nicht nur gesundheitsschädliche Produkte vom Verkehr fernhalten, sondern auch verhüten, dass im Handel mit unschädlichen Produkten täuschende Bezeichnungen und irreführende Anpreisungen gehandelt werden (
Art. 54 LMG
vgl. hiezu
Art. 13 ff. LMV
und insbesondere
Art. 467 Abs. 5 LMV
). Das Gesetz würde bei einer restriktiven Interpretation von Art. 21 (Beschränkung der Beschlagnahme auf für den Verkauf bestimmte Waren) bezüglich der Beschlagnahme von täuschendem Propagandamaterial eine Lücke aufweisen. Die zuständigen Behörden wären nach den allgemeinen Grundsätzen über den Verwaltungszwang befugt, zur Verhinderung der Verwendung vorschriftswidriger Werbedrucksachen das vorhandene Material zu beschlagnahmen (unmittelbarer Zwang an Sachen gemäss § 30 Abs. 1 lit. c des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes; vgl.
Art. 41 Abs. 1 lit. b VwVG
). Auch bei dieser restriktiven Auslegung von
Art. 21 LMG
wäre somit die angefochtene Verfügung nicht aufzuheben, sondern als eine
BGE 103 Ib 122 S. 126
verhältnismässige Vollstreckungsmassnahme, die sich auf das kantonale Recht stützen kann, zu schützen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
465c64fe-eaa8-4358-967e-68fb51d16bdf | Urteilskopf
126 IV 76
12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Januar 2000 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden gegen A., B., C. und D. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 195 Abs. 3 StGB
; Förderung der Prostitution.
Die Tatbestandsalternative des Überwachens setzt voraus, dass auf die sich prostituierende Person ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem sie sich nicht ohne weiteres entziehen kann. Die blosse Möglichkeit, den Umfang der gegen Entgelt erbrachten sexuellen Leistungen aufgrund des abzuliefernden Erlöses festzustellen, erfüllt den Tatbestand nicht. | Sachverhalt
ab Seite 76
BGE 126 IV 76 S. 76
A.-
Das Kantonsgericht von Graubünden sprach mit Urteil vom 12./13. Juli 1999 A., B., C. sowie D. von der Anklage der mehrfachen Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB
i.V.m.
Art. 200 StGB
frei. A. und D. sprach es ferner von der Anklage der Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 2 StGB
i.V.m.
Art. 200 StGB
frei. Hingegen erklärte das Kantonsgericht von Graubünden alle vier Angeklagten der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al. 5 und Abs. 4 ANAG schuldig und verurteilte sie zu je 10 Tagen Gefängnis, unter Anrechnung der jeweils ausgestandenen Untersuchungs- bzw. Polizeihaft und unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu Bussen von je Fr. 1'000.-, bedingt löschbar nach Ablauf derselben Probezeit.
B.-
Gegen dieses Urteil führt die Staatsanwaltschaft Graubünden eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, soweit A., B., C. und D. von der Anklage der mehrfachen Förderung der Prostitution im Sinne
BGE 126 IV 76 S. 77
von
Art. 195 Abs. 3 StGB
i.V.m.
Art. 200 StGB
freigesprochen wurden, und die Sache sei zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) fest, die vier Angeklagten hätten seit Mai 1998 durch die O. AG in Chur den Sauna-Club L. betrieben, welcher als Edelbordell konzipiert gewesen sei. Die unternehmerische Führung sei gemeinsam durch die O.-Aktionäre B., C. und D. erfolgt, wobei B. primär für Verwaltung und Buchhaltung und D. für Personalfragen zuständig gewesen seien, während C. als Verwaltungsratspräsident fungierte. A. sei mit Wirkung ab 20. Mai 1998 als Geschäftsführerin tätig gewesen. Die Art der Geschäftsführung, insbesondere die Regeln, nach welchen im Sauna-Club L. der Prostitution nachgegangen werden sollte, sei von den Angeklagten gemeinschaftlich festgelegt und A. sowohl schriftlich wie mündlich mitgeteilt worden. Die Betriebsordnung habe eine detaillierte, in Bezug auf die diversen angebotenen sexuellen Leistungen abgestufte Preisliste umfasst. Den erhaltenen Dirnenlohn hätten die Prostituierten nach erbrachter Dienstleistung vollständig der Geschäftsführung aushändigen müssen. Davon habe die Betreiberin des Sauna-Club L. 40% einbehalten und die übrigen 60% den Prostituierten nach Schluss jeden Arbeitstages überlassen. Ab Ende Juli/anfangs August 1998 hätten die Prostituierten ausser ihren Abgaben auf dem erwirtschafteten Dirnenlohn zusätzlich noch einen Eintrittspreis von Fr. 60.- pro Tag zu entrichten gehabt.
b) Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Tatbestand der Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB
sei von keinem der Angeklagten erfüllt worden. Den sich prostituierenden Frauen seien ihre Ausweispapiere belassen worden und ihre Bewegungsfreiheit sei in keiner Weise eingeschränkt gewesen. Es sei nicht erstellt, dass sie nicht jederzeit hätten weggehen oder das Etablissement nicht jederzeit hätten wechseln können. Auch seien sie weder durch Chauffeure noch durch andere "Helfer" der Angeklagten noch durch diese selbst überwacht oder kontrolliert worden. Die Prostituierten hätten auch nicht einen bestimmten Tagesumsatz erwirtschaften müssen. Die Frauen hätten längere Zeit im Sauna-Club L. verweilen können, ohne Freier zu bedienen. Dass sie deswegen bedrängt oder sonst wie von einem der Angeklagten
BGE 126 IV 76 S. 78
angegangen worden wären, sei nicht erstellt. Es sei ihnen auch nicht vorgeschrieben worden, welche sexuellen Handlungen und Praktiken sie hätten ausführen müssen. Ebenfalls frei gewesen seien sie in der Auswahl ihrer Kunden. Wohl hätten sie gewöhnlich wie die Freier Fr. 60.- Eintritt bezahlen müssen, ansonsten seien sie aber in ihren Betätigungen frei gewesen. Schliesslich sei den Frauen auch nicht verwehrt gewesen, "Eigengeschäfte" abzuschliessen und mit Freiern das Lokal zu verlassen, um an einem anderen Ort sexuelle Dienste zu erbringen. Vor diesem Hintergrund sei die Erhebung eines Eintrittsgelds, welches als Gegenleistung für die Benützung der Infrastruktur gedacht gewesen sei, nicht zu beanstanden. Die den Frauen abgegebene Preisliste habe als Richt- und Leitlinie gedient. Eine Kontrolle darüber, ob die abgelieferten Einnahmen mit den tatsächlich vorgenommenen sexuellen Handlungen übereinstimmten, habe nicht bestanden. Zwar hätten die Prostituierten alle Einnahmen abliefern müssen und hätten sie ihren Anteil erst am Abend ausbezahlt erhalten, doch liege darin keine Einschränkung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten. Entscheidend sei, dass sie ihren Lohn vereinbarungsgemäss täglich ausbezahlt erhalten hätten. Die Preisliste sei ein ordnendes Element gewesen, das allen Prostituierten ermöglicht habe, die Preise gleich zu gestalten und so einem unerwünschten Preis-Dumping entgegenzuwirken. Sie habe somit im Interesse der Prostituierten selbst gelegen. Der von den Frauen abzuliefernde Anteil von 40% der erzielten Einnahmen erscheine nicht unangemessen, wenn berücksichtigt werde, wie hoch die Fixkosten mittlerweile in anderen freiberuflichen Dienstleistungsbetrieben zu Buche schlagen würden. Ausserdem sei mit dieser Regelung, die den Frauen nicht eine fixe, sondern eine anteilsmässige Beteiligung auferlegte, eine unterschiedliche Behandlung der Prostituierten verhindert worden, hätten sie doch ihren Beitrag nur dann abliefern müssen, wenn sie in den Räumen des Sauna-Clubs ihre Arbeit tatsächlich ausgeführt hätten. Wäre ein für alle Frauen einheitlicher Mietzins gefordert worden, so wären dadurch jene Prostituierten benachteiligt gewesen, welche aus irgendwelchen Gründen nur wenig oder gar keinen Umsatz erzielt hätten. Insgesamt seien die sich im Sauna-Club L. prostituierenden Frauen weder überwacht noch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt worden. Zwar hätten die Angeklagten mit der Preisliste eine gewisse Ordnung und Reglementierung erlassen, doch reiche dies allein für die Erfüllung des Tatbestandes von
Art. 195 Abs. 3 StGB
nicht aus.
BGE 126 IV 76 S. 79
c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe sich in der Begründung ihres Entscheides mehrheitlich auf Umstände gestützt, welche für die Beurteilung nicht massgebend seien. So sei die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Prostituierten nicht angeklagt worden. Es werde in der Anklageschrift auch nicht geltend gemacht, dass die Frauen einen bestimmten Tagesumsatz hätten erwirtschaften müssen. Die Überwachung, welche bei objektiver Betrachtungsweise die Handlungsfreiheit der Prostituierten beeinträchtigte, habe aber darin bestanden, dass diese einer Art Betriebsreglement unterstellt worden seien. Danach hätten sie für den Fall, dass sie keine Freier bedient oder einen bestimmten Tagesumsatz nicht erreicht hätten, eine Eintrittsgebühr von Fr. 60.- pro Tag bezahlen müssen. Im Weiteren hätten die Prostituierten ihre Dienste nach einer von der Geschäftsführung festgelegten verbindlichen Tarifliste anbieten müssen, die eine freie Bestimmung der Preise nicht erlaubt habe. Eine weitere Kontrollmöglichkeit habe darin bestanden, dass die Frauen nach erbrachter Dienstleistung den gesamten Erlös der Geschäftsführerin des Sauna-Clubs hätten abliefern müssen, wodurch Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung zumindest indirekt habe festgestellt werden können. Die Betriebsordnung habe demzufolge insofern eine Überwachung bewirkt, dass die Prostituierten regelmässig Rechenschaft über ihre Geschäftstätigkeit hätten ablegen müssen. Es habe ständig kontrolliert werden können, ob, wie und in welchem Masse eine Frau im Sauna-Club der Prostitution nachgegangen sei. Damit sei das Tatbestandsmerkmal des Überwachens erfüllt. Daneben sei aber auch das alternative Tatbestandselement der Bestimmung von Ort, Zeit, Ausmass oder anderer Umstände der Prostitution gegeben. Die Ortsbestimmung liege darin, dass die Prostituierten ihre Arbeit grundsätzlich im Sauna-Club L. auszuführen gehabt hätten. Zudem seien die Preise für die einzelnen Dienstleistungen festgelegt gewesen und hätten die Frauen zunächst den gesamten Ertrag abliefern müssen. Bei dieser Vorgehensweise sei die Gewinnbeteiligung direkt von der sexuellen Tätigkeit der Prostituierten abhängig gemacht worden. Unter dem Gesichtspunkt der Infrastrukturkosten könne es aber keinen Unterschied machen, welche sexuellen Dienstleistungen im Einzelnen erbracht würden. Eine prozentmässige Beteiligung am Dirnenlohn berge eine ungleich höhere Gefahr der Einflussnahme als die Zurverfügungstellung der Infrastruktur gegen eine fixe Gebühr.
BGE 126 IV 76 S. 80
2.
Art. 195 StGB
bedroht unter dem Untertitel "Ausnützen sexueller Handlungen" die Förderung der Prostitution mit Strafe. Danach macht sich strafbar, wer eine unmündige Person der Prostitution zuführt (Abs. 1), wer eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder eines Vermögensvorteils wegen der Prostitution zuführt (Abs. 2), wer die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt (Abs. 3) und wer eine Person in der Prostitution festhält (Abs. 4). Der Überwachung einer Prostituierten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nach
Art. 195 Abs. 3 StGB
macht sich somit schuldig, wer eine Kontrolle darüber ausübt, ob, wie und in welchem Ausmass die Prostituierte dem Gewerbe nachgeht, oder auch wer von ihr nur schon regelmässig über ihre Tätigkeit Rechenschaft fordert. Der Tatbestand erfasst mithin Fälle, in denen die Prostituierte aufgrund der Überwachung in ihrer Handlungsfreiheit beschränkt wird und ihre Tätigkeit nicht mehr ihrem eigenen Willen entsprechend ausüben kann. Der Handlungsalternative des Bestimmens von Ort, Zeit, Ausmass oder anderen Umständen der Prostitution kommt lediglich die Bedeutung einer näheren Umschreibung der Art und Weise zu, in welcher die Handlungsweise der betroffenen Person beeinträchtigt wird (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, 5. Aufl., Bern 1995, § 9 N. 11; JENNY, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Bern 1997, Art. 195 N. 11; REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 412; REHBERG, Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 1993, S. 26 f.; CORBOZ, Les principales infractions, vol. II, Art. 195 N. 46 f.; WIPRÄCHTIGER, Aktuelle Praxis des Bundesgerichts zum Sexualstrafrecht, ZStR 117/1999, S. 146 f. mit Hinweis auf den unveröffentlichten Entscheid des Kassationshofs vom 9.10.1997 i.S. M.). Von dieser Bestimmung wird erfasst, wer sich der Prostituierten gegenüber in einer Machtposition befindet, die es ihm erlaubt, deren Handlungsfreiheit einzuschränken und festzulegen, wie sie ihrer Tätigkeit im Einzelnen nachzugehen hat, in Einzelfällen gar bestimmte Verhaltensweisen zu erzwingen. Unter "andere Umstände" werden etwa der vom Freier zu bezahlende Dirnenlohn und der an den Täter abzuliefernde Anteil sowie die Art der zu erbringenden Leistung gezählt (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 195 N. 9; JENNY, a.a.O., N. 11; REHBERG/SCHMID, a.a.O., S. 412 FN 112; REHBERG, AJP 1993, 27; CORBOZ, a.a.O., N. 47). Nach der Rechtsprechung setzt die
BGE 126 IV 76 S. 81
Strafbarkeit nach
Art. 195 Abs. 3 StGB
voraus, dass auf die Prostituierte ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem sie sich nicht ohne weiteres entziehen kann, so dass sie in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nachgehen will, nicht mehr vollständig frei ist, und dass die Überwachung oder die bestimmende Einflussnahme ihrem Willen oder ihren Bedürfnissen zuwiderläuft (
BGE 125 IV 269
E. 1; ferner WIPRÄCHTIGER, a.a.O., S. 146 f. mit Hinweis auf den unveröffentlichten Entscheid des Kassationshofs vom 9.10.1997 i.S. M.). Nach übereinstimmender Auffassung in der Lehre ist das Führen eines Bordells für sich allein nicht generell als Ausnützen der Abhängigkeit der darin tätigen Prostituierten anzusehen. Entscheidender Gesichtspunkt ist auch hier, ob und in welchem Mass die Handlungsfreiheit der Betroffenen eingeschränkt ist (TRECHSEL, a.a.O., N. 11; STRATENWERTH, a.a.O., N. 9; JENNY, a.a.O., N. 12; REHBERG/SCHMID, a.a.O., S. 412; CORBOZ, a.a.O., N. 49).
3.
Der Freispruch der Angeklagten von der Anklage der Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB
verletzt kein Bundesrecht. Nach den Feststellungen der Vorinstanz war die Bewegungsfreiheit der Frauen im Sauna-Club nicht eingeschränkt. So konnten sie offenbar jederzeit weggehen oder das Etablissement wechseln. Sie mussten auch nicht einen bestimmten Tagesumsatz erwirtschaften und konnten sich ohne weiteres längere Zeit im Club aufhalten, ohne sich Freiern zur Verfügung zu halten. Schliesslich waren sie frei in der Wahl ihrer Kunden und war ihnen nicht vorgeschrieben, welche Handlungen und Praktiken sie ausüben mussten. Wohl trifft zu, wie die Beschwerdeführerin einwendet, dass sich die Anklageschrift nicht ausdrücklich auf diese Umstände stützt. Doch sind diese Gesichtspunkte für die Frage, ob die Frauen durch die Betriebsordnung des Sauna-Club L. in ihrer sexuellen Bestimmungsfreiheit eingeschränkt waren, nicht ohne Bedeutung. Die Funktion eines Betriebsreglements, insbesondere über die Art und Weise der Abrechnung, und einer von der Geschäftsführung festgelegten Tarifliste erscheint durchaus in einem anderen Licht, je nach dem wie sich das Umfeld, in welchem die Frauen ihre Dienste anbieten, im Einzelnen darstellt. Eine blosse "betriebswirtschaftliche Kontrolle", die mit der Prostituierten frei vereinbart worden ist und keine grössere Abhängigkeit als die eines normalen Arbeitnehmers begründet, erfüllt den Tatbestand des Überwachens nicht (HORN, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, 6. Aufl., § 181a N. 11 f.). Das ergibt sich daraus, dass ein blosses Beobachten für ein Überwachen im Sinne des
BGE 126 IV 76 S. 82
Gesetzes nicht ausreicht, sondern zusätzlich die Absicht erforderlich ist, im Falle einer Störung einzugreifen, d.h. gegebenfalls das fragliche Verhalten durchzusetzen (vgl. NITZE, Anm. zu BGH, Urt. v. 17.9.1985 1 StR 279/85, NStZ 1986, 359, 361; SCHÖNKE/SCHRÖDER/LENCKNER, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl. 1997, § 181a N. 8). Ob dies der Fall ist, ergibt sich daraus, wie die Organisation des Etablissements im Einzelnen ausgestaltet ist. Wohl trifft zu, dass die Frauen im Sauna-Club ihrerseits einen Eintrittspreis von Fr. 60.- bezahlen mussten, die Preise für ihre Dienstleistungen nicht frei bestimmen konnten und zunächst den ganzen Erlös der Geschäftsleitung, die täglich abrechnete, abzuliefern hatten. Auf der anderen Seite konnten die Prostituierten ihre Anwesenheitszeiten, Art und Umfang ihrer Tätigkeit und die Wahl der Kunden aber jederzeit selbst bestimmen. Bei dieser Sachlage lässt sich nicht sagen, durch die Tarifliste und die Regelung der Gewinnbeteiligung sei ein derart bestimmender Einfluss auf die Frauen ausgeübt worden, dass ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt gewesen wäre. Wie die Vorinstanz ausführt, kam der Preisliste denn auch in erster Linie die Funktion einer Richt- und Leitlinie zu, die den Frauen erlaubte, die Preise gleich zu gestalten und so einem "unerwünschten Preis-Dumping" entgegenzuwirken. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, dass die Beteiligung der Geschäftsleitung sich anteilsmässig nach Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung richtete und nicht in einer fixen Abgabe bestand, zumal die Frauen bei dieser Regelung - abgesehen freilich von der Eintrittsgebühr - nicht gezwungen waren, die fixe Gebühr abzuverdienen. Die tatsächlichen Verhältnisse im Sauna-Club L. unterscheiden sich somit erheblich von denjenigen, die den bisher vom Bundesgericht beurteilten Fällen zugrunde lagen. So war im
BGE 125 IV 269
zugrunde liegenden Fall durch einen Begleitservice von vorneherein in allen Einzelheiten festgelegt, wo, mit wem und zu welchen Konditionen die Prostituierten welche Liebesdienste ausführen mussten. Darüber hinaus konnten sich die betroffenen Frauen, die sich praktisch rund um die Uhr zur Verfügung halten mussten, allfälligen, ihnen widerstrebenden sexuellen Wünschen der Kunden nicht widersetzen und wurden sie bei der Ausübung der Prostitution durch Chauffeure, die sie zum jeweiligen Einsatzort begleiteten, per Natel überwacht. Auch dem im unveröffentlichten Entscheid des Kassationshofs vom 9.10.1997 i.S. M. (vgl. WIPRÄCHTIGER, a.a.O., S. 146 f.) zugrunde liegenden Fall war die Freiheit der betroffenen Animierdamen dadurch erheblich eingeschränkt, dass sie schon aufgrund
BGE 126 IV 76 S. 83
der ihnen auferlegten finanziellen Bedingungen gezwungen waren, sich der Prostitution hinzugeben, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, und sie ebenfalls strikten Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Kundschaft etc. unterworfen waren. In diesen Fällen konnte eine Überwachung im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB
nicht ernsthaft in Zweifel stehen. Demgegenüber erscheint die blosse Möglichkeit, den Umfang der gegen Entgelt erbrachten sexuellen Dienstleistungen aufgrund des abzuliefernden Erlöses festzustellen, wie sie im zu beurteilenden Fall vorliegt, keine Überwachung im Sinne des Gesetzes, solange jedenfalls die Frauen in ihrem Entscheid, ob, wann, in welchem Umfang und mit wem sie sexuelle Handlungen vornehmen wollen, frei sind. Der Freispruch von der Anklage der Förderung der Prostitution im Sinne von
Art. 195 Abs. 3 StGB
verletzt daher kein Bundesrecht und die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. | null | nan | de | 2,000 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
465dd6de-6a03-4d0c-8968-5c1762ae3ec1 | Urteilskopf
135 III 162
23. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile)
4A_319/2008 du 16 décembre 2008 | Regeste
Ausländische Hausangestellte im Dienste einer Diplomatin; zivilrechtliche Auswirkungen einer Erklärung der Arbeitgeberin gegenüber der Schweizerischen Eidgenossenschaft (
Art. 342 Abs. 2 OR
).
Die Abgabe einer Legitimationskarte an eine ausländische Hausangestellte setzt namentlich eine Garantieerklärung der Arbeitgeberin voraus, in der sie sich insbesondere verpflichtet, die Arbeitnehmerin in Vollzeit zu beschäftigen. Die Arbeitnehmerin kann sich vor dem Zivilrichter auf diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung berufen (E. 3.2).
Rechtsmissbrauch der Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall verneint (E. 3.3). | Sachverhalt
ab Seite 162
BGE 135 III 162 S. 162
A.
En 1999, un diplomate travaillant au sein d'une mission permanente, à Genève, cherchait à engager comme employée de maison Y., ressortissante des Philippines résidant alors dans ce pays.
BGE 135 III 162 S. 163
La procédure d'engagement était soumise à la directive du 1
er
mai 1998 du Département fédéral des affaires étrangères (DFAE) sur l'engagement des domestiques privés par les fonctionnaires internationaux (ci-après: directive du DFAE de 1998 ou la directive), en vigueur jusqu'au 30 avril 2006. Parmi les conditions d'admission et de séjour du domestique privé, le chiffre 3.1 de la directive instituait notamment l'obligation de travailler à plein temps pour un seul et même employeur; à titre exceptionnel, un domestique privé engagé selon le chiffre 3.1 pouvait être autorisé à travailler pour deux employeurs, lesquels devaient tous deux être autorisés à engager un domestique privé au bénéfice d'une carte de légitimation (chiffre 3.21 de la directive). L'établissement d'une carte de légitimation supposait que l'organisation de l'employeur adressât à la Mission suisse, avant la prise d'emploi, diverses pièces justificatives, dont la déclaration de garantie de l'employeur, signée par celui-ci, et la déclaration du domestique privé, signée par ce dernier.
Par la déclaration susmentionnée, l'employeur garantissait vis-à-vis des autorités suisses le paiement de cotisations et frais déterminés (cotisations aux assurances selon les dispositions de la directive, frais médicaux non couverts par les assurances, frais de voyage du retour dans le pays d'origine du domestique privé) ainsi que la fourniture du logement et de la nourriture conformément à la directive; par ailleurs, l'employeur déclarait avoir pris connaissance des dispositions de la directive et de la déclaration faite par son futur domestique privé.
Dans la déclaration de l'employé, le domestique privé prenait note, entre autres, qu'il devait travailler à plein temps pour un seul et même employeur, à moins d'avoir été autorisé par la Mission suisse à travailler simultanément pour deux employeurs.
Y. a signé la déclaration du domestique privé; son futur employeur a signé la déclaration de garantie de l'employeur, avant de faire parvenir les deux documents à la Mission suisse. Les parties ont conclu ensuite un contrat de travail, dans lequel l'employeur s'engageait notamment à occuper Y. à raison de huit heures par jour, six jours par semaine.
Ayant obtenu le visa demandé, l'employée de maison est arrivée en Suisse en janvier 2000. La Mission suisse lui a délivré une carte de légitimation F. Dès le début des rapports de travail, l'employeur a informé Y. qu'il n'était pas à même de l'occuper à plein temps et
BGE 135 III 162 S. 164
qu'elle devait chercher un travail complémentaire ailleurs. Elle a rapidement trouvé un tel emploi auprès d'une fonctionnaire internationale; cette deuxième activité n'a pas été autorisée par le DFAE.
Avant son départ de Suisse, en mars 2001, l'employeur a suggéré à Y. d'entrer au service d'un autre diplomate, lequel a déféré à la procédure d'engagement prévue par la directive. A son tour, le nouvel employeur a fait savoir à Y. qu'il ne pouvait lui fournir un emploi à plein temps, mais tout au plus une mise à contribution de neuf heures par semaine.
Avant de quitter la Suisse en avril 2003, le deuxième employeur a recommandé Y. à X., alors diplomate auprès d'une mission permanente. Conformément à la procédure d'engagement prévue par la directive du DFAE de 1998, X. a fait signer à Y. la déclaration du domestique privé et a signé la déclaration de garantie de l'employeur, puis elle a fait parvenir ces documents, par les soins de sa mission permanente, à la Mission suisse, laquelle a établi à l'intention de Y. une nouvelle carte de légitimation F. X. a d'emblée fait savoir à l'employée de maison qu'elle n'était pas à même de lui fournir un emploi à plein temps. Elle l'a encouragée à trouver un autre employeur pour le temps restant. Les parties ont signé un contrat de travail, prévoyant notamment une durée de travail de neuf heures par semaine et un salaire mensuel brut de 948 fr. 50. En réalité, dès le début des rapports de travail, fin mai 2003, X. n'a occupé Y. que trois heures par semaine et lui versait 240 fr. par mois; X. a pris en charge la totalité des primes d'assurance-maladie de la travailleuse. Le contrat de travail a pris fin le 26 juillet 2004.
Du 1
er
juin 2003 au 31 juillet 2004, Y. a réalisé en sus un revenu mensuel de 1'340 fr., correspondant à des prestations de travail effectuées auprès d'autres employeurs. Elle n'a pas pris de vacances pendant cette période.
B.
Le 4 décembre 2006, Y. a assigné X. en paiement de 43'916 fr. 95, soit 40'540 fr. à titre de différence entre le salaire payé et le salaire prévu pour un emploi à plein temps par le contrat-type genevois pour les travailleurs de l'économie domestique et 3'376 fr. 95 à titre d'indemnité de vacances non prises, le tout avec intérêts.
Par jugement du 7 août 2007, le Tribunal des prud'hommes du canton de Genève a condamné X. à payer à Y. le montant brut de 280 fr. avec intérêts, à titre d'indemnité pour vacances non prises.
BGE 135 III 162 S. 165
Statuant le 27 mai 2008 sur appel de Y., la Cour d'appel de la juridiction des prud'hommes a annulé le jugement de première instance et condamné l'employeuse à verser à Y. la somme nette de 6'815 fr. 50 avec intérêts. Selon l'arrêt cantonal, la travailleuse pouvait prétendre à un salaire pour un emploi à plein temps pendant quatorze mois, soit du 1
er
juin 2003 au 31 juillet 2004. En substance, la cour cantonale a considéré qu'en signant la déclaration de garantie, l'employeuse avait attesté savoir que l'engagement à plein temps de la domestique constituait l'une des conditions d'admission et de séjour en Suisse de ladite employée; ce faisant, l'employeuse était tenue, en vertu d'une obligation de droit public, de respecter cet engagement, dont la travailleuse pouvait se prévaloir devant les tribunaux civils, conformément à l'
art. 342 al. 2 CO
("effet horizontal" de l'engagement). La Cour d'appel excluait par ailleurs tout abus de droit de la part de l'employée. Au montant de 33'700 fr. représentant le salaire dû pendant quatorze mois pour un travail à temps plein, il convenait d'ajouter l'indemnité pour les vacances par 1'244 fr. 50. De la somme totale de 34'944 fr. 50 ainsi obtenue, la cour cantonale a déduit le salaire perçu de X. (3'360 fr.), les revenus réalisés chez d'autres employeurs (18'760 fr.) et les primes d'assurance-maladie payées par l'employeuse (6'009 fr.) pour aboutir à un solde de 6'815 fr. 50 encore dû à Y.
C.
Parallèlement à un recours constitutionnel subsidiaire qui a été déclaré irrecevable, X. a interjeté un recours en matière civile. Elle demandait au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt cantonal et de confirmer le jugement de première instance.
Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
3.1
Selon le contrat de travail signé par les parties, l'intimée devait fournir sa prestation à raison de neuf heures par semaine. En réalité, la recourante n'a occupé l'employée de maison que trois heures par semaine. Il ne résulte pas de l'état de fait déterminant que l'intimée, qui travaillait par ailleurs pour une autre employeuse, ait demandé à effectuer six heures hebdomadaires supplémentaires auprès de la recourante ou, à tout le moins, ait offert ses services dans cette mesure. Dans ces conditions, il convient de retenir l'existence d'un accord implicite sur un taux d'occupation de trois heures par semaine.
3.2
La question litigieuse en l'espèce est la suivante: l'intimée ne peut-elle réclamer à la recourante que le salaire afférent aux heures
BGE 135 III 162 S. 166
de travail fournies effectivement et conformément au contrat? Ou alors peut-elle prétendre au salaire correspondant à un emploi à plein temps, en se prévalant, par le biais de l'
art. 342 al. 2 CO
, d'une obligation de droit public de la recourante portant sur l'engagement d'une domestique privée à temps complet?
3.2.1
L'
art. 342 al. 2 CO
autorise une partie à un contrat de travail à agir civilement afin d'obtenir l'exécution d'une obligation de droit public imposée à son cocontractant par des dispositions fédérales ou cantonales sur le travail et susceptible d'être l'objet d'un contrat individuel de travail. L'obligation de droit public peut résulter directement d'une norme générale et abstraite, mais elle peut aussi être fondée sur une décision (STAEHELIN/VISCHER, Zürcher Kommentar, 3
e
éd. 1996, n° 15 ad
art. 342 CO
; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, 2
e
éd. 1992, n° 14 ad
art. 342 CO
).
Dans le domaine du droit des étrangers ordinaire, le Tribunal fédéral a appliqué l'
art. 342 al. 2 CO
en rapport avec l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers (OLE, RO 1986 1794; en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007; cf. actuellement
art. 22 LEtr
[RS 142.20] et
art. 22 de l'ordonnance relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative du 24 octobre 2007 [OASA; RS 142.201]
), disposition qui soumet l'autorisation nécessaire pour exercer une activité lucrative, notamment, à la garantie que le travailleur bénéficie des conditions de rémunération usuelles dans la localité et la profession en question. Il a ainsi admis qu'une fois l'autorisation délivrée, l'employeur est tenu, en vertu d'une obligation de droit public, de respecter les conditions qui l'assortissent, en particulier le salaire approuvé par l'autorité administrative; le travailleur dispose alors d'une prétention qu'il peut exercer devant les juridictions civiles, le juge civil étant lié par les conditions de rémunération fixées dans l'autorisation délivrée pour un emploi donné. Dans ce contexte, le Tribunal fédéral a rappelé le but visé par l'
art. 9 OLE
, qui tend à maintenir la paix sociale en préservant les travailleurs suisses d'une sous-enchère salariale induite par la main d'oeuvre étrangère, d'une part, et en protégeant les travailleurs étrangers eux-mêmes, d'autre part (
ATF 122 III 110
consid. 4d p. 114/115;
ATF 129 III 618
consid. 5.1 p. 621/622 et consid. 6.1 p. 623).
3.2.2
La procédure permettant à l'intimée, de nationalité étrangère, de travailler en Suisse pour la recourante, diplomate auprès d'une
BGE 135 III 162 S. 167
mission permanente, n'était pas régie par le droit des étrangers ordinaire. Aux termes de l'
art. 25 al. 1 let
. f de la loi fédérale sur le séjour et l'établissement des étrangers du 26 mars 1931 applicable à l'époque (LSEE; RS 1 113; cf. actuellement
art. 98 al. 2 LEtr
), le Conseil fédéral est autorisé à régler, dans le domaine de la police des étrangers, le traitement spécial des représentants d'Etats étrangers ou des membres d'organisations internationales. Il a ainsi soustrait à l'application de l'OLE, en particulier, les membres de missions diplomatiques et permanentes ainsi que le personnel privé au service de ces personnes, pour autant qu'ils soient titulaires d'une pièce de légitimation établie par le DFAE (art. 4 al. 1 let. a et d OLE; cf. actuellement, art. 43 al. 1 let. a et d OASA). C'est en effet le DFAE qui est compétent pour délivrer la carte de légitimation, valant à la fois titre de séjour et autorisation de travail dans un domaine délimité (cf. arrêt 2A.432/1999 du 12 avril 2000 consid. 2; LUCIUS CAFLISCH, La pratique suisse en matière de droit international public, Annuaire suisse de droit international 1988, p. 238/239).
Le séjour du domestique privé étranger en Suisse est soumis à certaines conditions, dont celle de travailler à plein temps pour un seul et même employeur (art. 3.1 de la directive du DFAE de 1998); l'unique dérogation concerne la possibilité de répartir ce temps de travail entre deux employeurs autorisés à engager un tel travailleur étranger (art. 3.21 de la directive). L'exigence d'un emploi à temps complet, voire de deux emplois représentant ensemble une activité à cent pour cent, vise à garantir des moyens de subsistance suffisants au domestique, dès lors qu'un emploi à temps partiel dans ce secteur ne permet guère de réaliser un revenu assurant une existence décente. Cette condition tend ainsi à protéger l'employé de maison étranger, mais également à éviter le travail au noir, source de dumping salarial défavorable aux travailleurs suisses. Ce double objectif de protection, qui cherche à préserver la paix sociale, correspond au but visé par l'
art. 9 OLE
en imposant le respect des conditions salariales usuelles par l'employeur qui occupe un travailleur étranger. A cet égard, le taux d'occupation imposé, qui influe nécessairement sur la rémunération, joue un rôle similaire au salaire agréé par l'autorité cantonale dans le régime ordinaire applicable aux étrangers voulant travailler en Suisse.
Pour obtenir une carte de légitimation en faveur d'un domestique privé, l'employeur n'a pas à fournir un contrat de travail écrit, contrairement à ce qui est exigé dans le droit des étrangers ordinaire
BGE 135 III 162 S. 168
(
art. 9 al. 3 OLE
); en revanche, il doit remettre aux autorités suisses différents documents, dont la déclaration de garantie de l'employeur.
En l'espèce, la recourante a déposé une telle pièce, dans laquelle elle déclare avoir pris connaissance des dispositions de la directive du DFAE de 1998; l'exigence du travail à plein temps figure parmi ces dispositions. Cette déclaration ne peut se comprendre que comme un engagement de l'employeuse envers la Confédération d'occuper la domestique à temps complet et de la payer en conséquence. En déclarant savoir que le séjour en Suisse suppose un emploi à temps complet, l'employeur promet par là-même d'engager le domestique à ce taux d'occupation. Contrairement à ce que la recourante soutient, la distinction opérée dans la déclaration entre les points garantis par l'employeur et ceux simplement connus de celui-ci relève de la pure forme et ne saurait traduire une différence de fond, en tout cas sur un élément aussi important que la durée du temps de travail conditionnant l'octroi de la carte de légitimation. L'engagement de l'employeur à cet égard est encore renforcé par la remise aux autorités suisses, par le fonctionnaire international, de la déclaration de l'employé, dont l'employeur atteste connaître la teneur; en effet, le domestique y déclare précisément avoir pris connaissance du fait qu'il doit travailler à plein temps pour le même employeur. Il s'ensuit que, comme la cour cantonale l'a bien vu, la recourante s'est obligée envers les autorités suisses à engager l'intimée à temps complet.
Il reste à examiner si l'employée de maison peut se prévaloir de cette obligation de droit public devant le juge civil. Dans le droit des étrangers ordinaire, l'octroi d'une autorisation de travail dépend en particulier de l'approbation par l'autorité du salaire convenu par les parties, lequel doit correspondre au niveau de la rémunération en usage dans la localité et la profession considérées. Dans le droit spécial applicable en l'espèce, la délivrance d'une carte de légitimation au domestique privé par le DFAE suppose notamment l'engagement susmentionné de l'employeur d'offrir à l'employé un travail à plein temps. Comme déjà relevé, les conditions exigées dans les deux procédures présentent une analogie et poursuivent le même but. Rien ne justifie dès lors de traiter différemment les deux situations dans leurs effets de droit civil.
Au surplus, la recourante ne peut se prévaloir de la liberté économique, et singulièrement de la liberté contractuelle, pour se soustraire
BGE 135 III 162 S. 169
à son
propre engagement
envers l'Etat et, par extension, envers son employée. Au demeurant, l'employeuse n'a pas été entravée dans sa liberté économique puisqu'elle pouvait engager comme domestique une ressortissante suisse ou étrangère au bénéfice d'une autorisation ordinaire (cf. CAROLINE KRAEGE, Sonderregelungen für Personen [...], in Ausländerrecht, 2
e
éd. 2009, n° 5.133 p. 182). La liberté économique n'emporte pas le droit pour le fonctionnaire international de prendre à son service comme employé de maison n'importe quel ressortissant étranger, indépendamment de toute procédure d'admission en Suisse.
Sur le vu de ce qui précède, l'intimée disposait d'une prétention de droit privé, fondée sur la déclaration de garantie de l'employeur, à être occupée à plein temps par la recourante. La conclusion dans ce sens de la cour cantonale ne consacre aucune violation du droit fédéral.
3.3
Il convient encore d'examiner si, comme la recourante le prétend, l'intimée commet un abus de droit en se prévalant de cette prétention.
3.3.1
A teneur de l'
art. 2 al. 2 CC
, l'abus manifeste d'un droit n'est pas protégé par la loi. La règle prohibant l'abus de droit permet au juge de corriger les effets de la loi dans certains cas où l'exercice d'un droit allégué créerait une injustice manifeste (
ATF 134 III 52
consid. 2.1 p. 58 et les références). L'existence d'un abus de droit se détermine selon les circonstances concrètes du cas, en s'inspirant des diverses catégories mises en évidence par la jurisprudence et la doctrine (
ATF 129 III 493
consid. 5.1 p. 497 et les arrêts cités). L'emploi dans le texte légal du qualificatif "manifeste" démontre que l'abus de droit doit être admis restrictivement. Les cas typiques en sont l'absence d'intérêt à l'exercice d'un droit, l'utilisation d'une institution juridique contrairement à son but, la disproportion manifeste des intérêts en présence, l'exercice d'un droit sans ménagement ou l'attitude contradictoire (
ATF 129 III 493
consid. 5.1 p. 497;
ATF 127 III 357
consid. 4c/bb p. 364). Dans cette dernière catégorie, le comportement de celui qui accepte d'abord de conclure une convention et qui, par la suite, en considération de règles impératives, excipe de l'invalidité de cette même convention, n'est toutefois constitutif d'abus de droit que si des conditions particulières sont réalisées (
ATF 133 III 61
consid. 4.1 p. 76;
ATF 129 III 493
consid. 5.1 p. 497). Une telle limitation s'impose spécialement en matière de contrat de
BGE 135 III 162 S. 170
travail car, à défaut, la protection assurée au travailleur par des dispositions impératives peut se révéler illusoire (
ATF 129 III 493
consid. 5.1 p. 497,
ATF 129 III 618
consid. 5.2 p. 622). Il incombe à la partie qui se prévaut d'un abus de droit d'établir les circonstances particulières qui autorisent à retenir cette exception (
ATF 133 III 61
consid. 5.1 p. 76 et les références).
3.3.2
En l'espèce, l'intimée a accepté de ne travailler que trois heures par semaine pour la recourante; or, elle avait signé la déclaration de l'employé et pris ainsi note qu'elle devait travailler à cent pour cent pour le même employeur, sauf dérogation n'entrant pas en ligne de compte dans le cas présent. La seule contradiction résultant de ces deux actes ne suffit pas à qualifier la prétention de l'intimée d'abusive, d'autant plus que la recourante elle-même a adopté la même attitude inconséquente et n'a pas hésité à tromper les autorités pour pouvoir engager la domestique philippine. Pour le reste, les constatations de l'autorité cantonale ne laissent pas apparaître des circonstances particulières qui justifieraient de ne pas reconnaître la prétention de l'intimée à un travail à plein temps.
Le moyen tiré de l'
art. 2 al. 2 CC
est par conséquent mal fondé.
3.4
A juste titre, la recourante ne critique pas les considérants de l'arrêt attaqué sur la demeure de l'employeur. Si elle pouvait prétendre à travailler à cent pour cent pour la recourante, l'intimée n'avait pas à offrir ses services pour la durée du temps de travail dépassant trois heures par semaine, dès lors que l'employeuse lui avait fait clairement savoir qu'elle ne pouvait l'occuper plus longtemps que l'horaire convenu (cf. entre autres, arrêt 4A_332/2007 du 15 novembre 2007 consid. 2.1; GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 3 ad
art. 324 CO
). La recourante en demeure restait dès lors tenue de payer le salaire pour un emploi à plein temps (
art. 324 al. 1 CO
; cf. également CAROLINE KRAEGE, op. cit., n° 5.142, p. 184), sous réserve de l'imputation liée aux revenus réalisés en exécutant un autre travail (
art. 324 al. 2 CO
). Le calcul effectué en l'espèce par la cour cantonale, qui aboutit à un solde de 6'815 fr. 50 en faveur de l'intimée, n'est pas remis en cause par la recourante et n'a pas à être examiné par la cour de céans.
3.5
En conclusion, le recours en matière civile doit être rejeté. | null | nan | fr | 2,008 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
465e5e5e-7984-48ab-b6a0-b07d7f878115 | Urteilskopf
96 I 193
35. Urteil vom 3. Juni 1970 i.S. Brehm gegen Schüep und Kassationsgericht des Kantons Zürich. | Regeste
Berufung. Offensichtlich auf Versehen beruhende Feststellung einer Tatsache (
Art. 55 lit. d und
Art. 63 Abs. 2 OG
).
Die Rüge, der kantonale Richter habe die Behauptung einer für die Anwendung des Bundesrechts erheblichen Tatsache versehentlich als unbestritten betrachtet, kann mit der Berufung an das Bundesgericht erhoben werden (und daher gemäss § 345 zürch. ZPO nicht Gegenstand der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde sein). | Sachverhalt
ab Seite 193
BGE 96 I 193 S. 193
A.-
Architekt Hans Schüep, der für Adolf Brehm tätig gewesen war, belangte diesen mit Klage vom 23. März 1964 auf Bezahlung von Fr. 17'810.60 nebst Zinsen. Das Bezirksgericht Zürich sprach ihm Fr. 9444.25 zu. Das Obergericht des Kantons Zürich, bei dem beide Parteien Berufung einlegten, bestätigte das bezirksgerichtliche Urteil am 9. April 1968.
BGE 96 I 193 S. 194
Inbezug auf zwei gutgeheissene Posten von Fr. 2345,55 und 1592,60 hatte Brehm in der Berufungsbegründungsschrift geltend gemacht, der Kläger Schüep habe die Vorbereitungen für den Baubeginn so liederlich oder überhaupt nicht getroffen, dass sozusagen alles neu oder überhaupt gemacht werden musste. Zu diesem Einwand führte das Obergericht in seinem Urteil aus, der Kläger habe schon vor erster Instanz behauptet, von seiner Seite seien alle Vorbereitungen für den Baubeginn, soweit sie möglich gewesen seien, getroffen worden, und diese im einzelnen genau substantiierte Behauptung sei in der Berufungsbegründungsschrift nicht bestritten worden; im Vorbringen, Telser habe bezügliche Arbeiten ausführen müssen, liege keine ausreichende Bestreitung der Behauptung, der Kläger habe diese Arbeiten bereits ausgeführt gehabt; dem Kläger könne daher die verdiente Vergütung nicht verweigert werden.
B.-
Der Beklagte reichte beim Kassationsgericht des Kantons Zürich eine Nichtigkeitsbeschwerde gemäss § 344 zürch. ZPO ein, mit der er das obergerichtliche Urteil aus verschiedenen Gründen anfocht und dabei u.a. geltend machte, die Annahme des Obergerichts, es fehle inbezug auf die beiden erwähnten Beträge an einer ausreichenden Bestreitung, sei aktenwidrig und willkürlich.
Das Kassationsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 17. Juli 1968 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. In den Erwägungen führte es aus, dass und weshalb jene Annahme des Obergerichts aktenwidrig sei, doch hätte dies als offensichtliches Versehen bei der Feststellung einer nach Bundesrecht zu beurteilenden Tatsache mit der Berufung ans Bundesgericht geltend gemacht werden können (
Art. 55 lit. d OG
), weshalb das Kassationsgericht auf die Rüge nicht eintreten könne (
§ 345 ZPO
).
C.-
Gegen diesen Entscheid des Kassationsgerichts hat Adolf Brehm staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er macht Verletzung des
Art. 4 BV
geltend und bringt zur Begründung vor: Die Annahme des Kassationsgerichts, dass es auf die Aktenwidrigkeitsrüge wegen Zulässigkeit der Berufung ans Bundesgericht nicht eintreten könne, sei willkürlich und bedeute eine Rechtsverweigerung. Die fragliche Aktenwidrigkeit beziehe sich auf eine Feststellung, die eindeutig vom kantonalen Recht beherrscht werde, denn die Frage, ob ein Beklagter eine Behauptung
BGE 96 I 193 S. 195
des Klägers in genügender (genügend substantiierter) Weise bestritten habe, sei ohne jeden Zweifel eine prozessrechtliche Frage, die der Kognition des Bundesgerichtes entzogen sei. Das Bundesgericht habe seit jeher festgestellt, dass es nicht zuständig sei, wenn die Aktenwidrigkeitsrüge im Rahmen einer vom kantonalen Recht beherrschten prozessualen Frage erhoben werde, gleichgültig, ob der Rechtsstreit im übrigen dem eidgenössischen materiellen Recht unterliege oder in seinem ganzen Umfange kantonal-rechtlicher Natur sei (
BGE 35 II 145
und vor allemBGE 45 II 357; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 209). Diese Praxis sei derart alt und eindeutig, dass die angefochtene Entscheidung als willkürlich zu bezeichnen sei.
D.-
Der Beschwerdegegner Hans Schüep beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich beantragt sinngemäss ebenfalls Abweisung und führt aus: Das Obergericht habe die im angefochtenen Entscheid wiedergegebenen Behauptungen des Beschwerdeführers nicht aus Gründen des kantonalen Prozessrechts für unerheblich erklärt, sondern habe sie offensichtlich übersehen und ihnen aus diesem Grunde keine rechtliche Bedeutung beigemessen. Ob ihnen rechtliche Bedeutung zukomme (was offensichtlich der Fall sei), sei eine Frage des Bundesrechts und nicht des kantonalen Prozessrechts. Das Übersehen von wesentlichen Tatsachenbehauptungen sei ein Versehen im Sinne des OG (Urteil der II. Zivilabteilung als Staatsgerichtshof vom 6. Oktober 1960 i.S. Ember c. Schaffner S. 12 unten).
E.-
Da die staatsrechtliche Kammer für Beschwerden wegen Verletzung des
Art. 4 BV
die Frage, wann ein offensichtliches Versehen im Sinne von
Art. 55 lit. d und
Art. 63 Abs. 2 OG
vorliege, entsprechend der Rechtsprechung der I. Zivilabteilung und abweichend von derjenigen der II. Zivilabteilung entscheiden wollte, hat die Vereinigung der staatsrechtlichen Kammer und der beiden Zivilabteilungen am 20. April 1970 hierüber beraten (
Art. 16 OG
). Der dabei gefasste Beschluss ergibt sich aus den nachstehenden Erwägungen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach § 344 Ziff. 8 zürch. ZPO kann gegen einen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden, wenn das Gericht ihn auf aktenwidrige tats ächliche Annahmen gestützt
BGE 96 I 193 S. 196
hat. Doch ist die Nichtigkeitsbeschwerde nach
§ 345 Abs. 1 ZPO
unzulässig, soweit der angefochtene Entscheid mit der Berufung oder mit der zivilrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (GULDENER, Die Nichtigkeitsbeschwerde S. 159 Ziff. I).
Im vorliegenden Falle hat das Kassationsgericht in seinem Urteil ausgeführt, dass und weshalb die im obergerichtlichen Urteil enthaltene Annahme, es fehle an einer ausreichenden Bestreitung eines Klagevorbringens, aktenwidrig sei. Gleichwohl lehnte es das Eintreten auf die Aktenwidrigkeitsrüge ab mit der Begründung, sie hätte als offensichtliches Versehen bei der Feststellung einer nach Bundesrecht zu beurteilenden Tatsache gemäss
Art. 55 lit. d OG
mit der Berufung ans Bundesgericht geltend gemacht werden können. Diese Betrachtungsweise widerspricht nach Auffassung des Beschwerdeführers der ständigen und eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichts und verletzt deshalb
Art. 4 BV
.
2.
Mit der Berufung an das Bundesgericht kann nur geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung des Bundesrechts (
Art. 43 Abs. 1 OG
). Durch Feststellungen über tatsächliche Verhältnisse wird das Bundesrecht, sofern sie nicht unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen sind, nicht verletzt (
Art. 43 Abs. 3 und
Art. 63 Abs. 2 Satz 1 OG
). Vorbehalten bleibt jedoch "die Berichtigung offensichtlich auf Versehen beruhender Feststellungen von Amtes wegen" (
Art. 63 Abs. 2 Satz 2 OG
). Damit im Zusammenhang bestimmt
Art. 55 lit. d OG
, die Berufungsschrift müsse, wenn "die Feststellung einer nach dem Bundesrecht zu beurteilenden Tatsache durch die kantonale Instanz als offensichtlich auf Versehen beruhend angefochten wird", die genaue Angabe dieser Feststellung und der mit ihr im Widerspruch stehenden Aktenstelle enthalten. Diese Vorschriften traten an die Stelle der Bestimmung in Art. 81 des OG von 1893 (aoG), wonach das Bundesgericht an tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz dann ausnahmsweise nicht gebunden war, wenn sie "mit den Akten im Widerspruch" standen (vgl. BIRCHMEIER a.a.O. S. 208 unter Ziff. 9 a).
Offensichtlich auf Versehen beruht eine Feststellung nur dann, wenn sie darauf zurückzuführen ist, dass die Vorinstanz eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig (nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut)
BGE 96 I 193 S. 197
wahrgenommen hat (
BGE 87 II 232
/3 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Dass dies bei der fraglichen Feststellung des Obergerichts zutrifft, stellt das Kassationsgericht nicht in Abrede. Streitig ist, ob es sich um die Feststellung "einer nach dem Bundesrecht zu beurteilenden Tatsache" im Sinne von
Art. 55 lit. d OG
handelt. Der Beschwerdeführer bestreitet dies unter Berufung aufBGE 35 II 145undBGE 45 II 357, während es das Kassationsgericht im angefochtenen Entscheid bejaht hat und sich hiefür in der Beschwerdeantwort auf das Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1960 i.S. Ember c. Schaffner beruft.
3.
In den beiden vom Beschwerdeführer erwähnten Urteilen hat die I. Zivilabteilung des Bundesgerichts in Anwendung des Art. 81 aoG entschieden, dass das Bundesgericht als Berufungsinstanz die Übereinstimmung des festgestellten Tatbestandes mit den Akten nicht überprüfen könne, soweit sich diese Feststellungen auf die Anwendung des ausländischen Rechts (
BGE 35 II 145
; ebensoBGE 41 II 742,
BGE 59 II 400
/401) oder des kantonalen Prozessrechts (
BGE 45 II 357
) beziehen. Demgemäss hat die I. Zivilabteilung unter der Herrschaft des OG von 1943 wiederholt erkannt, dass die Fragen, ob im kantonalen Verfahren ein bestimmtes Anbringen rechtzeitig oder verspätet gemacht, ob eine bestimmte Behauptung aufgestellt oder nicht aufgestellt, ob eine Tatsachenbehauptung rechtzeitig und in der vom Prozessrecht vorgeschriebenen Form bestritten worden sei, dem kantonalen Prozessrecht unterstehen und dass die in diesem Bereich getroffenen Feststellungen der kantonalen Gerichte daher mit der Berufung auch nicht wegen offensichtlichen Versehens angefochten werden können (nicht veröffentlichte Urteile vom 17. September 1955 i.S. Haefeli & Co. c. Rottigni S. 4/5, vom 5. Dezember 1956 i.S. Privat-Kommerzbank AG c. Suwald S. 2/3 und vom 10. Mai 1962 i.S. Immobilien AG c. O. Züllig & Co. S. 4/5; vgl. auch
BGE 81 II 529
). Hieraus würde für den vorliegenden Fall folgen, dass mit der Berufung gegen das obergerichtliche Urteil nicht hätte geltend gemacht werden können, die darin enthaltene Feststellung, es fehle an einer ausreichenden Bestreitung eines Klagevorbringens, beruhe offensichtlich auf einem Versehen. Nun hat aber die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts mehrfach erkannt, ein offensichtliches Versehen im Sinne von
Art. 55 lit. d und
Art. 63 Abs. 2 OG
liege auch dann vor, wenn das Versehen zu einer unrichtigen Anwendung des kantonalen Prozessrechts führte, die mittelbar eine Verletzung
BGE 96 I 193 S. 198
von Bundesrecht zur Folge hat (nicht veröffentlichte Urteile vom 26. September 1963 i.S. Haltiner c. Haltiner S. 4 ff. und vom 11. April 1967 i.S. Weber c. Bâtiment Lux SA S. 7); insbesondere hat sie in dem in der Beschwerdeantwort des Kassationsgerichts angerufenen Urteil vom 6. Oktober 1960 i.S. Ember c. Schaffner S. 12 unten erklärt, dass die Rüge, der kantonale Richter habe die Behauptung einer für die Anwendung des Bundesrechts erheblichen Tatsache versehentlich als unbestritten betrachtet, gemäss
Art. 55 lit. d OG
mit der Berufung an das Bundesgericht erhoben werden könne. Diese von der II. Zivilabteilung vertretene Auslegung von Art. 55 lit. d (und Art. 63 Abs. 2) OG verdient, wie die Vereinigung der staatsrechtlichen Kammer für Verletzung des
Art. 4 BV
und der beiden Zivilabteilungen entschieden hat, den Vorzug vor derjenigen der I. Zivilabteilung.
Die beiden Bestimmungen enthalten eine Ausnahme vom Grundsatz, dass das Bundesgericht als Berufungsinstanz an die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz gebunden ist und nur die Rechtsanwendung zu überprüfen hat. Beim richtigen oder unrichtigen Wahrnehmen einer Aktenstelle, sei diese in einer Beweisurkunde oder, wie bei Behauptungen und Bestreitungen, in einer Rechtsschrift enthalten, handelt es sich um einen rein tatsächlichen Vorgang, der mit der Auslegung oder Anwendung des kantonalen Prozessrechts nichts zu tun hat. Es besteht daher kein sachlicher Grund, dass das Bundesgericht in einer nach Bundesrecht zu beurteilenden Streitsache beim Vorliegen einer offensichtlich auf Versehen beruhenden Feststellung des kantonalen Richters nicht auch einschreitet, wenn das Versehen zu einer unrichtigen Anwendung des kantonalen Prozessrechts führt und damit die Anwendung von Bundesrecht nur mittelbar beeinflusst. Die gegenteilige Auffassung gibt namentlich inbezug auf die Frage, ob etwas behauptet oder bestritten sei, zu Abgrenzungen und Unterscheidungen Anlass, die sehr heikel sein können, dem Rechtssuchenden die Wahl des zu treffenden Rechtsmittels übermässig erschweren würden und ihn in allen Zweifelsfällen nötigen würden, gleichzeitig Berufung und kantonale Nichtigkeitsbeschwerde oder, sofern eine solche nicht zur Verfügung steht, staatsrechtliche Beschwerde zu ergreifen. GULDENER nimmt denn auch an, wenn eine Tatsache als feststehend bezeichnet werde, obschon sie bestritten und nicht bewiesen sei, so liege darin eine unrichtige Tatbestandsfeststellung,
BGE 96 I 193 S. 199
die, sofern sie auf einem offensichtlichen Versehen beruhe, für das Bundesgericht nicht verbindlich sei und mit der Berufung gerügt werden könne (Beweiswürdigung und Beweislast S. 24/5). Das erscheint auch deshalb als zutreffend, weil die versehentliche Annahme, die Behauptung einer erheblichen Tatsache sei unbestritten geblieben, nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar Bundesrecht verletzt, nämlich den
Art. 8 ZGB
, aus dem sich ergibt, dass der Richter eine bestrittene Behauptung nicht ungeprüft seinem Entscheid zugrunde legen darf (
BGE 71 II 127
/8,
BGE 75 II 103
,
BGE 80 II 295
/6).
4.
Wenn die Feststellung des Obergerichts, inbezug auf eine Behauptung des Klägers fehle es an einer ausreichenden Bestreitung des Beklagten, aktenwidrig war, wie das Kassationsgericht angenommen hat, so hätte dies der Beschwerdeführer nach dem Gesagten mit der Berufung ans Bundesgericht rügen können. Die Annahme des angefochtenen Entscheids, dass in diesem Punkte die Berufung zulässig und die Kassationsbeschwerde daher unzulässig sei, erweist sich damit nicht nur als nicht willkürlich, sondern als zutreffend, weshalb die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,970 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
46664c68-fbbf-46f7-85bb-45d258fc7e05 | Urteilskopf
108 V 251
55. Auszug aus dem Urteil vom 9. November 1982 i.S. Schweizerische Krankenkasse Helvetia gegen Rüedi und Versicherungsgericht des Kantons Zürich | Regeste
Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3,
Art. 6bis und 11 KUVG
.
Der Kassenausschluss wegen Nichtbezahlung der Mitgliederbeiträge ist zulässig, sofern er nach schriftlicher Mahnung mit Androhung der Säumnisfolgen aufgrund der Statuten erfolgt und für den Zahlungsverzug keine Rechtfertigungsgründe geltend gemacht werden können (Präzisierung der Rechtsprechung). | Erwägungen
ab Seite 252
BGE 108 V 251 S. 252
Aus den Erwägungen:
3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Krankenkasse Helvetia richtet sich dagegen, dass die Vorinstanz den sanktionsweise verfügten Ausschluss aus der Kassenmitgliedschaft wegen Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit aufgehoben hat.
a) Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit stellt einen im gesamten Verwaltungsrecht sowohl bei der Rechtssetzung wie bei der Rechtsanwendung zu beachtenden Grundsatz dar, welcher insbesondere auch in der Sozialversicherung Geltung hat (EVGE 1968 S. 162, RSKV 1982 S. 168, 1980 S. 24). In der sozialen Krankenversicherung bedeutet er u.a., dass Sanktionen, welche die Krankenkassen wegen pflichtwidrigen Verhaltens ihrer Mitglieder anordnen, in einem angemessenen Verhältnis insbesondere zum Verschulden des Versicherten stehen müssen. Schwere Sanktionen dürfen erst nach erfolgloser schriftlicher Mahnung verfügt werden, es sei denn, eine solche könne vernünftigerweise nicht vorausgesetzt werden. Der Ausschluss aus der Kasse als schwerste Sanktion bedarf zudem einer klaren statutarischen Grundlage (
BGE 106 V 173
und 178 mit Hinweisen; vgl. auch EVGE 1968 S. 160, 1967 S. 139 sowie RSKV 1978 S. 95, 1977 S. 212, 1974 S. 86, 1970 S. 221).
Gestützt auf eine entsprechende Statutenbestimmung kann ein Kassenausschluss auch im Falle der Nichtbezahlung von Mitgliederbeiträgen erfolgen. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in
BGE 96 V 13
festgestellt hat, handelt es sich hiebei um einen Sonderfall des
BGE 108 V 251 S. 253
Ausschlusses, bei welchem die Sanktion grundsätzlich nicht von einer Würdigung der subjektiven Umstände, insbesondere des Verschuldens des Versicherten abhängig ist. Die Krankenkassen sind daher nicht verpflichtet, den Ausschluss unter dem Gesichtspunkt seiner Verhältnismässigkeit zum Verschulden des Versicherten zu überprüfen, noch bildet das Verschulden eine notwendige Voraussetzung des Kassenausschlusses. Ausnahmsweise können jedoch besondere Umstände vorliegen, welche den Zahlungsverzug zu rechtfertigen vermögen. Der Kassenausschluss ist demnach zulässig, sofern er nach schriftlicher Mahnung mit Androhung der Säumnisfolgen aufgrund der Statuten erfolgt und für den Zahlungsverzug keine Rechtfertigungsgründe geltend gemacht werden können.
b) Nach Art. 21 lit. b der Statuten der Krankenkasse Helvetia kann ein Mitglied aus der Kasse ausgeschlossen werden, u.a. wenn es mit der Zahlung von (mindestens) zwei Monatsprämien mehr als einen Monat im Rückstand ist und erfolglos gemahnt worden ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall unbestrittenermassen erfüllt. Werner Rüedi hat ab August 1980 keine Beiträge mehr geleistet und ist am 26. November 1980 schriftlich und unter Androhung des Ausschlusses gemahnt worden.
Besondere Gründe, welche den Zahlungsverzug zu rechtfertigen vermöchten, liegen nicht vor. | null | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
46708475-a3d9-4a5a-9541-2bd9f8cad188 | Urteilskopf
97 I 778
113. Auszug aus dem Urteil vom 15. September 1971 i.S. X. und Mitbeteiligte gegen Bern, Kanton und Verwaltungsgericht. | Regeste
Art. 4 BV
; bernische Vermögenssteuer, amtlicher Wert
Der amtliche Wert von baurechtsbelasteten Grundstücken darf ohne Verletzung von
Art. 4 BV
aufgrund des kapitalisierten Ertragswerts ermittelt werden. Die gegenwärtig gültige bernische Ordnung ist nicht verfassungswidrig. | Sachverhalt
ab Seite 778
BGE 97 I 778 S. 778
A.-
Art. 227 des bernischen Gesetzes über die direkten Staats- und Gemeindesteuern (StG; Fassung vom 28. Juni 1964) lautet wie folgt:
"Auf den 1. Januar 1967 ist eine Hauptrevision der amtlichen Werte der Grundstücke und Wasserkräfte durchzuführen. Der Grosse Rat erlässt das erforderliche Dekret und setzt insbesondere das Ausmass der Neubewertung fest."
Das erwähnte Dekret "betreffend die Hauptrevision der amtlichen Werte der Grundstücke und Wasserkräfte" (HRD) wurde vom Grossen Rat bereits am 5. Mai 1964 erlassen. Es sieht in § 25 Abs. 1 und 2 folgendes vor:
"Für Grundstücke, die mit einem Baurecht belastet sind, richtet sich der amtliche Wert nach dem Ertragswert.
Der Ertragswert berechnet sich in der Regel nach dem vereinbarten Baurechtszins, kapitalisiert zu 4 Prozent."
B.-
In Anwendung von § 25 HRD setzte die Gemeindeschatzungskommission Bern den amtlichen Wert eines in der Stadt Bern gelegenen Grundstücks auf Fr. 7'625,000.-- fest. Die Parzelle steht im Miteigentum der Erben X. und ist mit einem auf 45 Jahre begründeten, d.h. im Jahre 2010 ablaufenden
BGE 97 I 778 S. 779
selbständigen und dauernden Baurecht belastet. Der jährliche Baurechtszins beträgt Fr. 305'000.--.
Nachdem die Grundeigentümer gegen die Festsetzung des amtlichen Werts erfolglos Einsprache erhoben hatten, gelangten sie am 25. April 1969 an die kantonale Rekurskommission mit dem Begehren, den amtlichen Wert ihres Grundstücks angemessen herabzusetzen. Die Kommission wies indessen den Rekurs am 11. September 1970 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts ab.
C.-
Gegen diesen Entscheid erhoben die Erben X. Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie machten geltend, der Zinssatz von 4% widerspreche krass den heutigen Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt und führe im vorliegenden Fall zu einem Ertragswert, der zum Verkehrswert in keinem vernünftigen Verhältnis stehe.
Mit Urteil vom 22. Februar 1971 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen folgendes aus: Wie in einem grundlegenden Entscheid vom 11. August 1969 erkannt worden sei, hielten die in § 25 HRD aufgestellten Bewertungsnormen für baurechtsbelastete Grundstücke vor dem Steuergesetz ohne weiteres stand. Die aufgrund der Hauptrevision festgesetzten Steuerwerte hätten unverändert auf Jahre hinaus zu gelten. Der vom Grossen Rat beschlossene Zinssatz von 4% sei angemessen und gestatte in aller Regel eine sachgemässe Anpassung der amtlichen Werte an die steigenden Bodenpreise, was eine annähernd richtige Bewertung auf längere Sicht gewährleiste und damit auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bewertungsgrundsätze entspreche. Im vorliegenden Fall bestehe kein Anlass, von der Bewertungsregel des § 25 HRD abzuweichen, denn der ermittelte Ertragswert übersteige den aufgrund der Richtpreise geschätzten Verkehrswert bloss um rund 28%; diese Differenz liege im Rahmen des Vertretbaren, weshalb der Verzicht der Rekurskommission auf eine - an sich mögliche - "Normalisierung" des Baurechtszinses nicht zu beanstanden sei.
D.-
Die Erben X. führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
. Sie stellen folgenden Antrag:
"Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 22. Februar 1971 sei aufzuheben. und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Weisung. den Wert der Parzelle der Beschwerdeführer nicht nach § 25
BGE 97 I 778 S. 780
des Dekrets über die Hauptrevision der amtlichen Werte der Grundstücke und Wasserkräfte sondern gemäss dem Bodenverkehrswert festzusetzen."
Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
E.-
Das Verwaltungsgericht und die kantonale Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
(Formelles).
2.
Die Beschwerdeführer machen geltend, es gehe nicht an, den amtlichen Wert einer baurechtsbelasteten Parzelle aufgrund des realisierten Ertrags festzusetzen, denn dieses Vorgehen führe zu einer rechtsungleichen Behandlung gegenüber dem Eigentümer eines unbelasteten Grundstücks. Verfassungswidrig sei auch der im Dekret vorgesehene Kapitalisierungssatz von 4%, denn er werde den heutigen Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt offensichtlich nicht mehr gerecht. Damit erheben die Beschwerdeführer Verfassungsrügen, die sich gegen die in § 25 HRD enthaltene Ordnung richten. Das ist zulässig, denn die Verfassungswidrigkeit einer kantonalen Vorschrift kann auch vorfrageweise im Zusammenhang mit der Anfechtung eines Anwendungsaktes gerügt werden (
BGE 97 I 29
Erw. 2 mit Verweisungen).
a) Gemäss
Art. 54 Abs. 1 StG
ist der amtliche Wert der Grundstücke "unter Berücksichtigung des Verkehrs- und des Ertragswerts" festzusetzen. Bei der Bewertung von Baurechtsparzellen ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese während der Dauer des Baurechts keinen Verkehrswert aufweisen, der mit jenem eines unbelasteten Grundstücks verglichen werden könnte. Freilich besteht ein Restwert (Wert der nuda proprietas), welcher zur Zeit des Vertragsabschlusses unbedeutend ist, gegen den zeitlichen Ablauf des Baurechts hin ansteigt und je nach der Ausgestaltung des Baurechtsvertrags den vollen Verkehrswert der Parzelle erreichen kann (vgl. dazu REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum zürcherischen Steuergesetz, Bd. 3, N. 45 zu
§ 34 StG
; HANS MICHAEL RIEMER, Das Baurecht (Baurechtsdienstbarkeit) des Zivilgesetzbuches und seine Behandlung im Steuerrecht, Diss. Zürich 1968, S. 240/1). Es leuchtet deshalb ohne weiteres ein, dass der erwähnte Restwert zumindest zu Beginn der Vertragsdauer nicht geeignet ist,
BGE 97 I 778 S. 781
Anhaltspunkt für die Bestimmung des tatsächlichen Wertes eines baurechtsbelasteten Grundstücks zu bilden. Mit Rücksicht darauf ist es vielmehr durchaus vernünftig, den amtlichen Wert einer solchen Parzelle aufgrund des Ertragswerts, d.h. aufgrund des Barwerts der Grundrente zu ermitteln (W. NAEGELI, Die Wertberechnung des Baulandes, 2. Aufl. 1965, S. 110). Auf den Ertragswert abzustellen, rechtfertigt sich auch im Hinblick darauf, dass der Wert eines baurechtsbelasteten Grundstückes in geringerem Masse konjunkturellen Schwankungen unterworfen ist als derjenige eines unbelasteten Grundstücks. Die in § 25 HRD enthaltene Ordnung schliesst im übrigen eine Berücksichtigung des Verkehrswerts nicht zu vorneherein aus, kann doch der Baurechtszins bei der Ermittlung des Vermögenssteuerwerts "normalisiert", d.h. angemessen herabgesetzt werden, wenn sich ein Ertragswert ergibt, der zum Verkehrswert eines vergleichbaren unbelasteten Grundstücks in einem offenbaren Missverhältnis steht (vgl. Bewertungsnormen der kantonalen Schatzungskommission, zitiert bei RIEMER, a.a.O., S. 238/9). Damit ist ohne weiteres Gewähr dafür geboten, dass den Besonderheiten des Einzelfalles genügend Rechnung getragen werden kann. Die Kritik der Beschwerdeführer an der in § 25 HRD vorgesehenen Ermittlung des amtlichen Werts aufgrund des Ertragswerts geht daher fehl.
b) Auch der angefochtene Kapitalisierungssatz von 4% lässt sich sachlich begründen. Als massgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung gilt der 1. Januar 1967 (
Art. 227 Abs. 1 StG
). Das Bewertungsdekret (HRD) wurde jedoch bereits im Jahre 1964 erlassen. Damals lag der Hypothekarzinsfuss im Kanton Bern bei 4% (Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1971, S. 276). Dass der Grosse Rat diesen Satz als Kapitalisierungszinsfuss wählte, bedeutet jedoch nicht, dass dieser notwendigerweise dem Zinsfuss für 1. Hypotheken entsprechen muss. Die Frage des angemessenen Kapitalisierungssatzes wurde im Grossen Rat eingehend erörtert. Aus den Verhandlungen (teilweise wiedergegeben bei RIEMER, a.a.O., S. 237/8) geht hervor, dass der Rat eine generelle Gleichstellung mit dem Zinsfuss für 1. Hypotheken ablehnte und dem Umstand Rechnung tragen wollte, dass der Baurechtsgeber, der einen Nettoertrag erzielt, weniger hohe Lasten zu tragen hat als der Eigentümer eines unbelasteten bebauten Grundstücks. Diese Überlegungen des Gesetzgebers erscheinen ohne weiteres haltbar und geben zumindest unter
BGE 97 I 778 S. 782
dem Gesichtswinkel des
Art. 4 BV
keinen Anlass zu Kritik. Bei Erlass des HRD entsprach der beschlossene Zinssatz von 4% durchaus den tatsächlichen Verhältnissen, was auch im Schrifttum anerkannt wird (vgl. W. NAEGELI, a.a.O., S. 110). Dass der Hypothekarzinsfuss in dem für die Bewertung massgeblichen Zeitpunkt (1. Januar 1967) bei 4 1/4% lag, lässt den in § 25 HRD vorgesehenen Satz von 4% jedenfalls nicht als schlechthin unhaltbar erscheinen. Eine allzugrosse Differenz zwischen Kapitalisierungs- und Hypothekarzinsfuss wäre freilich mit
Art. 4 BV
nicht vereinbar. Eine Abweichung von 1/4%, wie sie im massgeblichen Zeitpunkt bestand, liegt jedoch durchaus im Rahmen des sachlich Vertretbaren und ist daher nicht zu beanstanden. Die seit 1967 erfolgte Erhöhung der Hypothekarzinssätze ist für die Beurteilung der angefochtenen Regelung belanglos, denn massgeblich für die Bewertung waren die tatsächlichen Verhältnisse am 1. Januar 1967 (
Art. 227 StG
). Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem System der bernischen Vermögenssteuer, wonach der Steuerwert der Grundstücke während längerer Zeit, d.h. während ungefähr 10 Jahren unverändert bleibt. Dass dieses System, für welches im übrigen beachtliche Gründe angeführt werden können, gegen die Verfassung verstosse, behaupten die Beschwerdeführer selbst nicht, weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
c) Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die in § 25 HRD enthaltene Ordnung weder sinn- und zwecklos ist, noch rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist. Sie verstösst demnach nicht gegen
Art. 4 BV
(
BGE 96 I 456
Erw. 1, 143 mit Hinweisen auf frühere Urteile).
3.
Zu prüfen bleibt, ob die Bewertung des fraglichen Grundstücks vor der Verfassung standhält.
Die Beschwerdeführer machen geltend, die Bewertung gemäss § 25 HRD führe im vorliegenden Fall zu einem Ertragswert bzw. amtlichen Wert, der den von den Schätzern ermittelten Verkehrswert um rund 28% übersteige und daher vor
Art. 4 BV
nicht haltbar sei. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang erwogen, die erwähnte Differenz halte sich im Rahmen des Vertretbaren und erfordere nach den Bewertungsnormen der kantonalen Schatzungskommission (vgl. RIEMER, a.a.O., S. 238) keine "Normalisierung" des vereinbarten Baurechtszinses von Fr. 305'000.--.
BGE 97 I 778 S. 783
Im Schätzungsprotokoll vom 3. Juli 1967 ist in der Tat ein "massgebender Verkehrswert" von Fr. 15'000.--/m2 aufgeführt. Der auf den Quadratmeter umgerechnete Ertragswert beträgt demgegenüber Fr. 19'350.--. Wie der erwähnte "Verkehrswert" im Einzelnen ermittelt wurde, geht aus den Akten nicht hervor; im Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 11. September 1970 wird lediglich ausgeführt, massgebend seien dabei "Richtpreise im betreffenden Gebiet" gewesen. Da Baurechtsparzellen keinen eigentlichen "Verkehrswert" aufweisen (vgl. oben Erw. 2 a), handelt es sich beim "Verkehrswert" gemäss Schätzungsprotokoll bloss um eine weitgehend hypothetische Grösse, bei deren Festsetzung den Schätzern ein weiter Ermessensspielraum offen steht. Das gilt insbesondere auch für das Grundstück der Beschwerdeführer, das verkehrsmässig ausserordentlich günstig gelegen ist. Die umstrittene Differenz von 28% zwischen Ertragswert und "Verkehrswert" der Parzelle darf somit in ihrer Aussagekraft nicht überbewertet werden. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass das bernische Vermögenssteuerrecht den Restwert der Baurechtsparzellen (vgl. oben Erw. 2 a) nicht erfasst und damit eine für den Baurechtsgeber verhältnismässig günstige Ordnung darstellt. Es erscheint daher sachlich gerechtfertigt, bei der "Normalisierung" von Baurechtszinsen Zurückhaltung zu üben und von den Bewertungsregeln des § 25 HRD nur in jenen Fällen abzugehen, in denen ein krasses Missverhältnis zwischen Ertragswert und "Verkehrswert" besteht. Wie das Verwaltungsgericht mit Recht ausführt, durften die Steuerbehörden im vorliegenden Fall ohne Willkür davon absehen, den vereinbarten Baurechtszins von Fr. 305'000.-- zu "normalisieren", denn auch in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde sind die Beschwerdeführer den Nachweis dafür schuldig geblieben, dass der angefochtene amtliche Wert zu den tatsächlichen Verhältnissen im Jahre 1967 in einem derart krassen Gegensatz stand, dass sich selbst bei der gebotenen Zurückhaltung ein Abgehen von den gesetzlichen Bewertungsgrundsätzen aufgedrängt hätte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,971 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
467a752c-ae44-49e2-93e0-fa7417ca3fee | Urteilskopf
126 V 368
61. Urteil vom 7. August 2000 i.S. R. gegen AdU-Arbeitslosenkasse, Solothurn, und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn | Regeste
Art. 8 Abs. 1,
Art. 9 Abs. 2,
Art. 11 Abs. 3,
Art. 29 Abs. 1 AVIG
: Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug.
Wird Arbeitslosenentschädigung gestützt auf
Art. 29 Abs. 1 AVIG
zugesprochen und ausgerichtet, führt die spätere vollständige oder teilweise Erfüllung der im Bestand oder im Hinblick auf die Realisierbarkeit mit Zweifeln behafteten Lohn- und Entschädigungsansprüche im Sinne von
Art. 11 Abs. 3 AVIG
nicht zu einer Verschiebung des Beginns der Rahmenfrist. | Sachverhalt
ab Seite 368
BGE 126 V 368 S. 368
A.-
Der am 8. September 1934 geborene R. arbeitete als Technischer Einkäufer bei der S. AG. Am 3. Februar 1997 wurde über die Firma der Konkurs eröffnet. Vier Tage später teilte die Konkursverwaltung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Auflösung der Arbeitsverhältnisse unter sofortiger Freistellung von
BGE 126 V 368 S. 369
der Arbeitsleistung auf den frühestmöglichen Termin mit, was für R. den 31. Mai 1997 bedeutete.
Ab 10. Februar 1997 (Beginn der Stempelkontrolle) bezog R. Arbeitslosenentschädigung. Nachdem ihm die AdU-Arbeitslosenkasse auf Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 den Erhalt der "vorgeleisteten Entschädigung" aus der Konkursmasse bestätigt hatte, ersuchte er um Verschiebung des Beginns der zweijährigen Rahmenfrist auf den 1. Juni 1997. Damit wollte er in den Genuss der ausserordentlichen Rahmenfrist und Anspruchsberechtigung für Versicherte kommen, die sich innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vor Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters als arbeitslos melden. Mit Verfügung vom 21. Dezember 1998 lehnte die Arbeitslosenkasse das Begehren ab.
B.-
Die von R. hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 2. November 1999 ab.
C.-
R. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die Arbeitslosenkasse zu verpflichten, das Ende der ordentlichen Rahmenfrist auf den 31. Mai 1999 festzulegen, ihm bis zu diesem Zeitpunkt die entsprechenden Taggeldleistungen zu erbringen und eine ausserordentliche Rahmenfristverlängerung bis zum 8. September 1999 zu gewähren.
Die Arbeitslosenkasse beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Nach
Art. 8 Abs. 1 AVIG
hat der Versicherte Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn er u.a. ganz oder teilweise arbeitslos ist (lit. a), einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (lit. b) und die Kontrollvorschriften erfüllt (lit. g).
Als ganz arbeitslos gilt, wer in keinem Arbeitsverhältnis steht und eine Vollzeitbeschäftigung sucht (
Art. 10 Abs. 1 AVIG
). Der Arbeit Suchende gilt erst dann als ganz (oder teilweise) arbeitslos, wenn er sich beim Arbeitsamt seines Wohnorts zur Arbeitsvermittlung gemeldet hat (
Art. 10 Abs. 3 AVIG
).
Der Arbeitsausfall ist anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage dauert (
Art. 11 Abs. 1 AVIG
). Nicht anrechenbar ist
BGE 126 V 368 S. 370
ein Arbeitsausfall, für den dem Arbeitslosen Lohnansprüche oder wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses Entschädigungsansprüche zustehen (
Art. 11 Abs. 3 AVIG
).
Hat die Kasse begründete Zweifel darüber, ob der Arbeitslose für die Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber Lohn- oder Entschädigungsansprüche im Sinne von Artikel 11 Absatz 3 hat oder ob sie erfüllt werden, so zahlt sie Leistungen nach Artikel 7 Absatz 2 lit. a (Arbeitslosenentschädigung) oder b (Entschädigung für die Teilnahme an Massnahmen der Umschulung, Weiterbildung und Eingliederung) aus (
Art. 29 Abs. 1 AVIG
). Mit der Zahlung gehen alle Ansprüche des Versicherten samt dem gesetzlichen Konkursprivileg im Umfang der ausgerichteten Taggeldentschädigung auf die Kasse über (
Art. 29 Abs. 2 Satz 1 AVIG
).
b) Nach
Art. 9 AVIG
gelten für den Leistungsbezug und die Beitragszeit zweijährige Rahmenfristen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht (Abs. 1). Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug beginnt am ersten Tag, für den sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 2). Die Rahmenfrist für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor diesem Tag (Abs. 3). Ist die Rahmenfrist für den Leistungsbezug abgelaufen und beansprucht der Versicherte wieder Leistungen nach Artikel 7 Absatz 2 lit. a oder b, so gelten, sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, erneut zweijährige Rahmenfristen für den Leistungsbezug und die Beitragszeit (Abs. 4).
Innerhalb der Rahmenfrist für den Leistungsbezug bestimmt sich die Höchstzahl der Taggelder nach dem Alter des Versicherten (
Art. 27 Abs. 1 und 2 AVIG
). Der Bundesrat kann für Versicherte, die innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vor Erreichen des AHV-Rentenalters arbeitslos geworden sind und deren Vermittlung allgemein aus Gründen des Arbeitsmarktes unmöglich oder stark erschwert ist, den Anspruch um höchstens 120 Taggelder erhöhen und die Rahmenfrist für den Leistungsbezug um sechs Monate verlängern (
Art. 27 Abs. 3 AVIG
, in der vom 1. Januar 1996 [AS 1996 279 und 293] bis 31. August 1999 gültig gewesenen Fassung [AS 1999 2383 und 2385]). Nach dem gestützt auf diese Delegationsnorm erlassenen
Art. 41b AVIV
(in der bis 31. August 1999 gültig gewesenen Fassung) wird Versicherten, die sich innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vor Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters als arbeitslos melden, eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet, welche bis zum AHV-Rentenalter dauert. Sie haben Anspruch auf zusätzliche 120 Taggelder.
BGE 126 V 368 S. 371
2.
a) Im vorliegenden Fall hat die Arbeitslosenkasse den Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug auf den 10. Februar 1997 festgelegt und ab diesem Zeitpunkt gestützt auf
Art. 29 Abs. 1 AVIG
wegen begründeter Zweifel über die Realisierbarkeit der Lohnforderungen für die bis 31. Mai 1998 laufende Kündigungsfrist Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet. Es ist zu Recht nicht mehr bestritten, dass der Beschwerdeführer nach der Freistellung von der Arbeitsleistung am 7. Februar 1997 schon mit der Anmeldung zur Arbeitsvermittlung drei Tage später und dem Besuch der Stempelkontrolle und nicht erst Ende Mai 1997 als (ganz) arbeitslos galt. Denn nach der gesetzlichen Ordnung ist für das Anspruchsmerkmal der Arbeitslosigkeit gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. a AVIG
die tatsächliche und nicht etwa, wie noch in der Beschwerde an die Vorinstanz geltend gemacht wurde, die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses massgebend (
BGE 119 V 157
Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 121 V 381
Erw. 3c).
b) Dass die Rahmenfrist gleichwohl erst am 1. Juni 1997, dem Tag nach Ablauf der ordentlichen dreimonatigen Kündigungsfrist als eröffnet zu betrachten (und somit
Art. 41b AVIV
anwendbar) sei, wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde damit begründet,
Art. 29 Abs. 1 AVIG
stelle nur insoweit eine Sonderregelung zu
Art. 11 Abs. 3 AVIG
dar, als es um den Tatbestand des Bestehens von Zweifeln über arbeitsvertragliche Ansprüche gehe. In diesen Fällen sei es folgerichtig, einen im Rahmen jener Bestimmung erfolgten Leistungsbezug als ordentlichen Bezug zu betrachten, welcher den Beginn der Rahmenfrist auslöse. Beim zweiten in
Art. 29 Abs. 1 AVIG
erwähnten Tatbestand, demjenigen des Insolvenzrisikos bei klaren arbeitsvertraglichen Ansprüchen liege indessen keine sich an
Art. 11 Abs. 3 AVIG
anlehnende Sonderregelung vor, welche dessen Anwendungsbereich konkretisierend ausdehne. Vielmehr werde damit eine echte Ausnahme zu dem in dieser Bestimmung enthaltenen Grunderfordernis geschaffen. Insofern könne dieser Tatbestand als besonderer Anspruchstitel betrachtet werden, und es lasse sich daraus keineswegs zwingend darauf schliessen, dass in diesen Fällen die Rahmenfrist sofort ausgelöst werde.
3.
Es ist richtig, dass
Art. 29 Abs. 1 AVIG
zwei unterschiedliche Tatbestände regelt, nämlich einerseits den Fall, dass Zweifel darüber bestehen, ob der Versicherte überhaupt Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber hat, und anderseits den Fall, dass Zweifel über die Realisierbarkeit ausgewiesener Ansprüche bestehen (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
BGE 126 V 368 S. 372
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 366). Daraus lässt sich indessen nicht auf eine unterschiedliche Anwendung der für die Rahmenfrist geltenden Bestimmungen schliessen. Insbesondere lässt sich damit nicht begründen, dass in Fällen, in welchen für die Zeit des Arbeitsausfalls zwar Lohn- oder Entschädigungsansprüche ausgewiesen sind, über deren Einbringlichkeit jedoch Zweifel bestehen, die Rahmenfrist erst mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu laufen beginnt.
a) aa) Nach dem klaren Wortlaut des
Art. 29 Abs. 1 AVIG
macht es in Bezug auf die Auslösung von Arbeitslosenentschädigung nach
Art. 7 Abs. 2 lit. a AVIG
keinen Unterschied, ob begründete Zweifel über Lohn- oder Entschädigungsansprüche des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bestehen oder ob die klar ausgewiesenen und damit die Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalles ausschliessenden (
BGE 114 V 342
Erw. 5d,
BGE 106 V 119
Erw. 2) Ansprüche realisierbar sind. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Materialien ergibt. Danach hat die Versicherung zu leisten, "wenn Zweifel über die Berechtigung der Forderung bestehen" oder "wenn der Anspruch zwar unbestritten, die Einbringlichkeit desselben aber fraglich ist" (Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980 [BBl 1980 III 489ff., 587 f.] sowie
BGE 114 V 343
ff. Erw. 6c-e). Demgegenüber sah der
Art. 29 Abs. 1 AVIG
entsprechende frühere
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 AlVG
vor, dass die Kasse bei Bestehen von Zweifeln über den Anspruch des Versicherten gegenüber dem Arbeitgeber zur Ausrichtung der Arbeitslosenentschädigung ermächtigt ist, nicht hingegen "bei einem klar ausgewiesenen Lohnanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber", und dies "unabhängig von der Realisierbarkeit der Forderung" (
BGE 106 V 119
Erw. 2; vgl. auch GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, N 3 zu Art. 29, welcher von einer Verbesserung im Vergleich zur alten Regelung spricht). Dass die Überschrift zu
Art. 29 AVIG
("Zweifel über Ansprüche aus Arbeitsvertrag") den Insolvenz-Tatbestand nicht erwähnt, ist nach dem Gesagten nicht von Bedeutung.
bb) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass es für die Nichtanrechenbarkeit des Arbeitsausfalles nach
Art. 11 Abs. 3 AVIG
nicht genügt, dass die Lohn- oder die Entschädigungsansprüche wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses klar ausgewiesen sind. Vielmehr müssen die betreffenden
BGE 126 V 368 S. 373
Forderungen auch realisierbar sein, ansonsten der im Unterschied zur früheren Ordnung neu in
Art. 29 Abs. 1 AVIG
eingefügte Insolvenz-Tatbestand keinen Sinn machte. Wenn und soweit (vorfrageweise) die Erfüllbarkeit dieser arbeitsvertraglichen Ansprüche klar (ohne jeden begründeten Zweifel) verneint werden muss, ist ein anrechenbarer Arbeitsausfall gegeben (GERHARDS, a.a.O., N 31 zu Art. 29; vgl.
BGE 117 V 254
Erw. 4,
BGE 114 V 342
Erw. 5d). Im Zweifelsfalle darüber, ob die Forderungen gegen den Arbeitgeber erfüllt werden, was sich nach den konkreten tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten beurteilt (
BGE 114 V 344
Erw. 6e sowie NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 367 f.), wird zu Gunsten der arbeitslosen Person im Sinne einer unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung dieses Anspruchsmerkmal als gegeben angenommen (vgl. ARV 1999 Nr. 8 S. 33 Erw. 3a und NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 134).
Inwiefern der Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug für beide Risikotatbestände des
Art. 29 Abs. 1 AVIG
im selben Zeitpunkt (in dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind) zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung derjenigen Versicherten führt, deren arbeitsvertragliche Ansprüche "gänzlich klar" sind, gegenüber denjenigen mit im Bestand zweifelhaften Forderungen, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, ist nicht ersichtlich.
b) In Bezug auf den Beginn der Rahmenfrist für den Bezug von Arbeitslosenentschädigung gemäss
Art. 9 Abs. 2 AVIG
danach zu unterscheiden, ob ein ordentlicher Anspruch oder ein solcher nach
Art. 29 Abs. 1 AVIG
gegeben ist, besteht sodann kein Grund. In jedem Fall müssen sämtliche in
Art. 8 Abs. 1 lit. a bis g AVIG
genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein, wobei diejenige des anrechenbaren Arbeitsausfalles unter den tatbeständlichen Voraussetzungen des
Art. 29 Abs. 1 AVIG
von Gesetzes wegen vermutet wird (vgl. auch ARV 1999 Nr. 8 S. 36 Erw. 5). Es kann somit nicht die Rede davon sein, mit dieser Vorschrift sei ein besonderer Tatbestand geschaffen worden, bei dem die Anspruchsvoraussetzungen nach
Art. 8 Abs. 1 AVIG
nicht erfüllt zu sein bräuchten, damit Leistungen ausgerichtet werden können. Diese vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung liefe darauf hinaus, einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung auch ausserhalb der Rahmenfristen zuzulassen, was sich mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbaren lässt. Die Rahmenfrist für den Leistungsbezug begrenzt die Anspruchsberechtigung in zeitlicher Hinsicht und legt die für die Dauer und Höhe der Leistungen massgebende Zeitspanne
BGE 126 V 368 S. 374
ein für alle Mal fest (NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 89; vgl. auch GERHARDS, a.a.O., N 6 und 19 zu Art. 9). Vorbehalten bleiben einzig Sachverhalte, wo sich die Zusprechung und Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung nachträglich zufolge Fehlens einer oder mehrerer Anspruchsvoraussetzungen als unrichtig im wiedererwägungsrechtlichen oder prozessual revisionsrechtlichen Sinne erweist (vgl.
BGE 122 V 21
Erw. 3a und 368 f. Erw. 3 mit Hinweis sowie
Art. 95 Abs. 1 AVIG
). Diese Grundsätze gelten auch im Anwendungsbereich von
Art. 29 Abs. 1 AVIG
(GERHARDS, a.a.O., N 21-24 zu Art. 9). Dabei stellt nach der gesetzlichen Konzeption die Tatsache, dass die Kasse nachträglich in den Genuss von Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers der versicherten Person kommt, keinen prozessualen Revisionsgrund dar mit der Folge, dass die Rahmenfrist entsprechend neu festzulegen wäre. Eine solche Auffassung käme im Ergebnis einer Retrozession der an die Kasse abgetretenen Forderungen gleich, was grundsätzlich unzulässig ist (GERHARDS, a.a.O., N 29 und 30 zu Art. 29 sowie NUSSBAUMER, a.a.O., Fn 733; vgl.
BGE 123 V 78
Erw. 2).
c) aa) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann im Umstand, dass auch beim Bezug von Arbeitslosenentschädigung nach
Art. 29 Abs. 1 AVIG
in Fällen wie dem vorliegenden (Kündigung unter Freistellung von der Arbeitsleistung nach Konkurseröffnung) die Rahmenfrist zu laufen beginnt, wenn sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, nicht eine erhebliche Benachteiligung derjenigen Versicherten erblickt werden, welche ihre arbeitsvertraglichen Ansprüche selber geltend machen und sich erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bei der Arbeitslosenversicherung melden. Denn die Arbeitslosenkasse leistet auf Grund dieser Sonderregel nicht nur Erwerbsersatz, sondern nimmt dem Arbeitslosen auch die mit einem Prozess gegen den früheren Arbeitgeber verbundenen Kosten- und Inkassorisiken ab (GERHARDS, a.a.O., N 3 f. zu Art. 29, und NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 365). In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass die Anspruchsberechtigung im Rahmen von
Art. 29 Abs. 1 AVIG
nicht voraussetzt, dass der Versicherte im Zeitpunkt der Anmeldung zum Leistungsbezug oder bis zum Abschluss des Abklärungsverfahrens seine Forderung auf gerichtlichem Weg (schon) geltend gemacht hat. In einem solchen Verhalten kann folgerichtig auch nicht ein einstellungsrechtlich relevanter Verzicht auf Lohn- und Entschädigungsansprüche gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber zu Lasten der Versicherung im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 lit. b AVIG
erblickt
BGE 126 V 368 S. 375
werden (ARV 1999 Nr. 8 S. 34 Erw. 3b mit Hinweisen). Sachlich lässt es sich daher durchaus vertreten, wenn die nach Massgabe von
Art. 9 AVIG
sowie
Art. 8 Abs. 1 und
Art. 29 Abs. 1 AVIG
festgelegte Rahmenfrist für den Leistungsbezug auch bei nachträglicher teilweiser oder vollständiger Realisierung der arbeitsvertraglichen Ansprüche unverändert bleibt (so auch GERHARDS, a.a.O., N 22 zu Art. 9; ferner AM/ALV-Praxis 98/4, Blatt 4). Damit wird auch, was der Beschwerdeführer verkennt, insofern eine Gleichbehandlung der Versicherten im Sinne des Versicherungsprinzips erreicht, als es in leistungsmässiger Hinsicht nicht darauf ankommt, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Zeitpunkt die betreffenden Forderungen eingebracht werden können. Anderseits gelten die realisierten Lohn- und Entschädigungsansprüche als Beitragszeiten für eine allfällige weitere Bezugsrahmenfrist (AM/ALV-Praxis 98/4, Blatt 4).
Im Übrigen steht es dem Versicherten grundsätzlich frei, ob er Leistungen nach
Art. 29 Abs. 1 AVIG
beanspruchen oder die arbeitsvertraglichen Ansprüche selber geltend machen und sich erst für eine anschliessende Arbeitslosigkeit zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung anmelden will. Eine diesbezügliche Aufklärungspflicht der Arbeitslosenkassen besteht indessen nicht und eine solche ist vorliegend auch insofern zu verneinen, als der Beschwerdeführer bei einem Zuwarten mit der Anmeldung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Ende Mai 1997 in den Genuss einer Verlängerung der Rahmenfrist nach
Art. 27 Abs. 3 AVIG
und
Art. 41b AVIV
gekommen wäre.
bb) Unbehelflich ist schliesslich der Einwand, die Folgen des Beginns der Rahmenfrist am 10. Februar 1997 seien unverhältnismässig. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit (zum Begriff vgl.
BGE 119 Ia 353
Erw. 2a mit Hinweisen) kommt im Leistungsrecht der Sozialversicherung im Wesentlichen nur dort zum Zug, wo die Leistungsvoraussetzungen oder der Umfang des Leistungsanspruchs von unbestimmten Rechtsbegriffen abhängig sind oder das Gesetz dem Rechtsanwender einen Ermessensspielraum einräumt. Wo hingegen das Gesetz keinen solchen Spielraum offen lässt, wie dies bei den im vorliegenden Fall zur Diskussion stehenden Bestimmungen über die Rahmenfristen (
Art. 9 Abs. 2 AVIG
,
Art. 27 Abs. 3 AVIG
und
Art. 41b AVIV
) der Fall ist, kann davon nicht im Einzelfall unter Berufung auf das Verhältnismässigkeitsprinzip abgewichen werden (vgl. MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 55 ff.).
BGE 126 V 368 S. 376
4.
Dass Zweifel an der Realisierbarkeit der Lohnforderungen für die Zeit ab Freistellung von der Arbeitsleistung (7. Februar 1997) bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (31. Mai 1997) unbegründet gewesen wären und demzufolge
Art. 29 Abs. 1 AVIG
gar nicht anwendbar sei, wird nicht geltend gemacht und ist im Falle des Konkurses des Arbeitgebers regelmässig auch nicht anzunehmen (ARV 1996/1997 Nr. 21 S. 121 Erw. 7b sowie NUSSBAUMER, a.a.O., Rz 368). Die Arbeitslosenkasse hat daher den Beginn der Rahmenfrist zu Recht auf den 10. Februar 1997 festgelegt, in welchem ersten Zeitpunkt nach der Anmeldung zum Leistungsbezug sämtliche Anspruchsvoraussetzungen gemäss
Art. 8 Abs. 1 AVIG
, insbesondere diejenige des anrechenbaren Arbeitsausfalles auf Grund unwiderlegbarer gesetzlicher Vermutung, erfüllt waren. Weil der Beschwerdeführer das ordentliche AHV-Rentenalter erst am 8. September 1999 und damit mehr als zweieinhalb Jahre nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erreicht hat, fehlen die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Rahmenfrist und eine zusätzliche Anspruchsberechtigung nach
Art. 27 Abs. 3 AVIG
und
Art. 41b AVIV
. Der angefochtene Entscheid ist somit rechtens. | null | nan | de | 2,000 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
467e6a65-c919-466f-b017-f6e0aaae49cf | Urteilskopf
107 V 136
30. Auszug aus dem Urteil vom 17. August 1981 i.S. Horat gegen Eidgenössische Ausgleichskasse und Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO | Regeste
Art. 43bis Abs. 1 AHVG
, 42 Abs. 2 IVG und 36 Abs. 1 IVV.
- Für die Beurteilung der Hilflosigkeit sind sechs Lebensverrichtungen relevant (Erw. 1c).
- Die Hilfe ist erheblich, wenn sie bei einer Teilfunktion einer einzelnen Lebensverrichtung erforderlich ist. Die in Rz 298.3 der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit genannten Beispiele für die Erheblichkeit in Teilfunktionen sind alternativ zu verstehen; die Beispiele sind nicht abschliessend umschrieben (Erw. 1d).
- Aufgabe der mit der Abklärung der Hilflosigkeit betrauten Personen (Arzt bzw. Fürsorgestelle): Diese haben anzugeben, worin die notwendigerweise zu leistende Hilfe besteht. Die Beurteilung der Rechtsfrage der Erheblichkeit ist Sache der Verwaltung bzw. des Richters (Erw. 2b). | Sachverhalt
ab Seite 137
BGE 107 V 136 S. 137
A.-
Der 1911 geborene Alois Horat, Bezüger einer Altersrente, stürzte am 5. Juli 1977 von einem Baum und ist seither querschnittgelähmt. Im Juli 1978 meldete er sich zum Bezug einer Hilflosenentschädigung der AHV an. Die Invalidenversicherungs-Kommission holte bei Dr. med. B. einen Arztbericht (vom 1. August 1978) ein und beschloss hernach die Abweisung des Begehrens, da der Versicherte nicht in schwerem Grade hilflos sei. Dies eröffnete die Eidgenössische Ausgleichskasse dem Versicherten mit Verfügung vom 19. Oktober 1978.
B.-
Alois Horat liess Beschwerde erheben mit dem Antrag, es sei ihm eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades auszurichten. Er machte geltend, dass er bei allen alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig auf die Hilfe seiner Ehefrau angewiesen sei und von ihr gepflegt werden müsse.
BGE 107 V 136 S. 138
Die Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO stellte fest, dass der Versicherte zwar regelmässig Hilfe benötige sowie der dauernden Pflege und der persönlichen Überwachung bedürfe, dass die Hilfe aber aufgrund der Angaben des Hausarztes nur beim An- und Auskleiden, beim Aufstehen, Absitzen und Abliegen sowie beim Verrichten der Notdurft erheblich sei, nicht jedoch beim Essen, bei der Fortbewegung und bei der Körperpflege. Mit Entscheid vom 5. Januar 1979 wies die Rekurskommission die Beschwerde ab.
C.-
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt der Versicherte den Antrag auf Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung erneuern. Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die Eidgenössische Ausgleichskasse vertritt die Auffassung, dass es sich vorliegend um einen Grenzfall handle, und enthält sich eines Antrags. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Nach
Art. 43bis Abs. 1 AHVG
haben in der Schweiz wohnhafte Personen, denen eine Altersrente zusteht und die in schwerem Grade hilflos sind, Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Dieser Anspruch entsteht am 1. Tag jenes Monats, in dem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und die Hilflosigkeit schweren Grades ununterbrochen mindestens 360 Tage gedauert hat (Abs. 2). Für den Begriff und die Bemessung der Hilflosigkeit sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung sinngemäss anwendbar (Abs. 5).
Gemäss
Art. 42 Abs. 2 IVG
gilt als hilflos, wer wegen der Invalidität für die alltäglichen Lebensverrichtungen (dazu nachstehend Erw. 1c) dauernd der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf.
Nach
Art. 36 Abs. 1 IVV
gilt die Hilflosigkeit als schwer, "wenn der Versicherte vollständig hilflos ist. Dies ist der Fall, wenn er in allen alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist und überdies der dauernden Pflege oder der persönlichen Überwachung bedarf".
b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat sich in mehreren neueren Urteilen mit der Auslegung des
Art. 36 Abs. 1 IVV
befasst. In
BGE 104 V 127
hat es festgehalten, dass der Versicherte im Sinne der
BGE 107 V 136 S. 139
genannten Vorschrift "vollständig" hilflos ist, wenn er in allen relevanten Lebensverrichtungen hilfsbedürftig ist, wobei es genügt, dass er in den einzelnen Lebensverrichtungen "in erheblicher Weise" fremder Hilfe bedarf. In
BGE 105 V 52
hat das Gericht den Begriff dieser Dritthilfe in dem Sinne präzisiert, dass die Hilfe auch bloss in Form einer Überwachung des Versicherten bei Vornahme der relevanten Lebensverrichtungen bestehen kann, indem etwa die Drittperson den Versicherten auffordert, eine Lebensverrichtung vorzunehmen, die er wegen seines psychischen Zustandes ohne besondere Aufforderung nicht vornehmen würde (sogenannte indirekte Dritthilfe). Zudem hat es erkannt, dass die soeben umschriebene (direkte bzw. indirekte) Dritthilfe bereits derart umfassend ist, dass der weitern - gemäss
Art. 36 Abs. 1 IVV
kumulativ notwendigen - Voraussetzung der dauernden Pflege oder der dauernden persönlichen Überwachung nur noch eine untergeordnete Bedeutung zukommen kann und dass - jedenfalls im Rahmen der genannten Bestimmung - schon eine minimale Erfüllung eines dieser zusätzlichen Erfordernisse genügen muss. "Dauernd" ist dabei als Gegensatz zu "vorübergehend" und nicht im Sinne von "rund um die Uhr" zu verstehen. Pflege und Überwachung beziehen sich nicht auf die alltäglichen Lebensverrichtungen, sondern bedeuten vielmehr eine Art medizinischer oder pflegerischer Hilfeleistung, welche infolge des physischen oder psychischen Zustandes des Versicherten notwendig ist. Unter Pflege ist beispielsweise die Notwendigkeit zu verstehen, täglich Medikamente zu verabreichen oder eine Bandage anzulegen. Die Notwendigkeit der persönlichen Überwachung ist zum Beispiel dann gegeben, wenn ein Versicherter wegen geistiger Absenzen nicht während des ganzen Tages allein gelassen werden kann. Die vorgenannten Grundsätze hat das Eidg. Versicherungsgericht in
BGE 106 V 153
bestätigt.
c) Nach der Rechtsprechung zu der bis Ende 1976 geltenden Regelung, welche zwar drei Grade der Hilflosigkeit festlegte, sie aber begrifflich nicht umschrieb (
Art. 39 Abs. 2 IVV
in der Fassung vom 11. Oktober 1972), galt die Hilflosigkeit dann als schwer, wenn der Versicherte mindestens zu 2/3 hilflos war (
BGE 104 V 128
Erw. 1 mit Hinweis). Wohl verwies
Art. 42 Abs. 2 IVG
schon damals auf die alltäglichen Lebensverrichtungen; angesichts der groben Festlegung der Hilflosigkeitsgrade in alt
Art. 39 Abs. 2 IVV
sowie im Hinblick darauf, dass nicht bei allen Lebensverrichtungen eine ins Gewicht fallende Hilflosigkeit gegeben sein musste,
BGE 107 V 136 S. 140
bestand für das Eidg. Versicherungsgericht keine zwingende Veranlassung, die Gesamtzahl der massgebenden alltäglichen Lebensverrichtungen zu bestimmen und diese im einzelnen zu umschreiben. Ursprünglich ist das Eidg. Versicherungsgericht davon ausgegangen, dass unter den "alltäglichsten und gewöhnlichsten Lebens- und Leibesverrichtungen... in erster Linie das An- und Auskleiden, die Nahrungsaufnahme und die Verrichtung der Notdurft zu verstehen" sind (EVGE 1961 S. 61; vgl. auch EVGE 1966 S. 133); später hat es auch die Körperpflege dazu gezählt (EVGE 1967 S. 254). Im Jahre 1969 ist der Katalog nochmals erweitert und folgendes festgehalten worden:
"Dazu zählt aber auch das normalmenschliche, der Gemeinschaft angepasste und an diese gewöhnte Verhalten, wie es der Alltag mit sich bringt. Wer zu solchem Verhalten nicht oder nicht mehr fähig ist, muss grundsätzlich ebenfalls als hilflos betrachtet werden. Nach der Verwaltungspraxis ist in diesem Zusammenhang ferner die Herstellung des Kontaktes zur Umwelt zu berücksichtigen. Es ist jedoch zu beachten, dass die notwendige Hilfe bei der Herstellung dieses Kontaktes in der Regel nur als zusätzliches Element, neben anderen nötigen Hilfeleistungen, einen Anspruch auf die Entschädigung zu begründen vermag; unter ganz besonderen Voraussetzungen liessen sich allerdings Fälle denken, bei denen diese Art von Hilfe, für sich allein genommen, bereits leistungsbegründend sein könnte" (ZAK 1970 S. 37 f., 41 f. und 73, 1969 S. 617 und 747; vgl. auch
BGE 104 V 128
,
BGE 98 V 24
; EVGE 1969 S. 217; ZAK 1971 S. 37). In
BGE 105 V 54
wurden neu auch das Aufstehen, Absitzen und Abliegen sowie die Fortbewegung aufgeführt, während in
BGE 106 V 157
das normalmenschliche, der Gemeinschaft angepasste Verhalten weggelassen und nur die Kontaktaufnahme zur Umwelt erwähnt worden ist.
Da es nach der seit 1977 geltenden Regelung bei der Bemessung der schweren Hilflosigkeit darauf ankommt, ob der Versicherte in allen alltäglichen Lebensverrichtungen hilfsbedürftig ist, und da deren Gesamtzahl auch für die mittelschwere Hilflosigkeit von Bedeutung sein kann (
Art. 36 Abs. 2 lit. a IVV
), fragt sich, welche Lebensverrichtungen im einzelnen massgebend sind. Das Gesamtgericht, dem diese Rechtsfrage vorgelegt wurde, hat entschieden, dass von der Aufzählung in
BGE 106 V 157
auszugehen ist. Hinsichtlich der dort zuletzt als selbständige Lebensverrichtung erwähnten Kontaktaufnahme zur Umwelt sowie des mit dieser zusammenhängenden, ebenfalls im Jahre 1969 in den Katalog aufgenommenen normalmenschlichen Verhaltens hat das Gesamtgericht erkannt, dass beide Funktionen unter dem Begriff "zwischenmenschliche Beziehungen (im Sinne des Kontaktes mit der
BGE 107 V 136 S. 141
Umwelt)" zu erfassen und zusammen als Teilfunktion neben der Fortbewegung (im bzw. ausser Hause) zu berücksichtigen sind. Wegleitend dafür ist die Überlegung, dass die im Jahre 1969 vorgenommene Katalogerweiterung eher als Erleichterung gedacht war, indem ein Versicherter, der zu normalmenschlichem Verhalten nicht oder nicht mehr fähig war, noch als 2/3 hilflos gelten und eine Hilflosenentschädigung der AHV erhalten konnte, selbst wenn er bei einer der übrigen Lebensverrichtungen keiner ins Gewicht fallenden Hilfe bedurfte. Würde die Kontaktaufnahme im vorher umschriebenen Sinne auch unter der jetzigen Regelung als selbständige Lebensverrichtung verstanden, bei der - wie bei allen andern - gemäss
Art. 36 Abs. 1 IVV
erhebliche Hilfsbedürftigkeit bestehen müsste, so könnte eine Entschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades wohl nur noch in seltenen Ausnahmefällen gewährt werden; dies entspräche aber nicht dem Sinn des
Art. 42 IVG
, welcher die Entschädigung nach dem Grade der Hilflosigkeit abgestuft wissen will, ohne den höchsten, bei Altersrentnern übrigens allein möglichen Entschädigungssatz als Ausnahmefall zu normieren (
BGE 105 V 56
Erw. 4). Nach dem Gesagten sind demnach die folgenden sechs alltäglichen Lebensverrichtungen relevant:
1. Ankleiden, Auskleiden;
2. Aufstehen, Absitzen, Abliegen;
3. Essen;
4. Körperpflege;
5. Verrichten der Notdurft;
6. Fortbewegung (im oder ausser Haus), Kontaktaufnahme.
d) Nach den Ausführungen in Erw. 1b hievor genügt es, dass der Versicherte in den einzelnen Lebensverrichtungen "in erheblicher Weise" Dritthilfe benötigt. Wo eine einzelne Lebensverrichtung mehrere Teilfunktionen umfasst, ist nicht verlangt, dass der Versicherte bei der Mehrzahl derselben fremder Hilfe bedarf. Vielmehr ist gemäss Beschluss des Gesamtgerichts bloss erforderlich, dass der Versicherte bei einer dieser einzelnen Teilfunktionen regelmässig in erheblicher Weise auf direkte oder indirekte Dritthilfe angewiesen ist. Die in Rz 298.3 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über Invalidität und Hilflosigkeit (gültig ab 1. Januar 1979) aufgeführten, im übrigen als nicht abschliessend zu betrachtenden Beispiele für die Erheblichkeit der Hilfe in Teilfunktionen sind deshalb alternativ zu verstehen. In diesem Sinne ist die Hilfe beispielsweise bereits erheblich:
BGE 107 V 136 S. 142
- beim Essen, wenn der Versicherte zwar selber essen, die Speisen aber nicht zerkleinern kann, oder wenn er die Speisen nur mit den Fingern zum Mund führen kann (
BGE 106 V 158
Erw. 2b);
- bei der Körperpflege, wenn der Versicherte sich nicht selber waschen oder kämmen oder rasieren oder nicht selber baden bzw. duschen kann;
- bei Fortbewegung und Kontaktaufnahme, wenn der Versicherte im oder ausser Hause sich nicht selber fortbewegen kann oder wenn er bei der Kontaktaufnahme Dritthilfe benötigt.
2.
Im vorliegenden Fall ist streitig, ob der Beschwerdeführer bei Erlass der Kassenverfügung vom 19. Oktober 1978 die Voraussetzung ununterbrochener 360tägiger Hilflosigkeit schweren Grades im Sinne der
Art. 43bis Abs. 2 AHVG
und
Art. 36 Abs. 1 IVV
erfüllte.
a) ...
b) ... Dem Beschwerdeführer muss beim An- und Ausziehen der Oberkörperbekleidung (Hemden, Trainer, Jacken) geholfen werden; da es hierbei um unentbehrliche Kleidungsstücke geht, ist die Hilfe erheblich (vgl. Rz 298.3 der bundesamtlichen Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit). Dies wird denn auch im vorinstanzlichen Entscheid nicht in Frage gestellt, ebensowenig wie die Erheblichkeit der Hilfe beim Aufstehen, Absitzen und Abliegen.
Hinsichtlich des Essens wurde im Schreiben des Paraplegikerzentrums ausgeführt, dass man "die vollständige Abhängigkeit von Drittpersonen in allen Punkten, ausser beim Essen bestätigen" könne. Nach dem in Erw. 1b Gesagten bedarf es aber in den einzelnen Lebensverrichtungen "erheblicher", nicht "vollständiger" Hilflosigkeit. Das Paraplegikerzentrum schränkte denn auch seine Aussage insofern ein, als es hinzufügte, dass zum Essen "aber auch eine entsprechende Vorbereitung und Bereitstellung (gehört), in welcher der Patient wieder bereits behindert ist". Wenn die Tochter des Beschwerdeführers in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erwähnt, ihr Vater könne die Nahrung wohl selber zu sich nehmen, doch müsse sie auf den Teller geschöpft und zerschnitten werden, so ist dies durchaus glaubhaft und wird durch das Paraplegikerzentrum bestätigt. Da somit davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer die Nahrung nicht selber zerkleinern kann, ist die Hilfe auch beim Essen als erheblich zu betrachten. Zu ergänzen ist, dass Dr. med. B. sich im Schreiben vom 14. Mai 1979 ausdrücklich den Feststellungen des Paraplegikerzentrums anschloss und mithin von der im Zusatzbericht vom
BGE 107 V 136 S. 143
6. Dezember 1978 vertretenen Auffassung Abstand nahm, wonach die Dritthilfe beim Essen nicht erheblich sei. In diesem Zusammenhang ist ganz allgemein festzustellen, dass es nicht Sache des Arztes (oder einer mit der Abklärung der Verhältnisse betrauten Fürsorgestelle) ist, die Rechtsfrage der Erheblichkeit zu beantworten. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, näher zu umschreiben, worin die von Dritten notwendigerweise zu leistende (direkte oder indirekte) Hilfe in den einzelnen Lebensverrichtungen bzw. deren Teilfunktionen besteht, oder in diesem Sinne von der Verwaltung im Erhebungsformular gestellte konkrete Tatfragen zu beantworten. Sache der Verwaltung (bzw. im Beschwerdefall des Richters) ist es sodann, aufgrund dieser Angaben die Rechtsfrage zu beurteilen, ob die Hilfsbedürftigkeit erheblich ist oder nicht.
Im Gegensatz zur Vorinstanz muss die Erheblichkeit der Hilfe vorliegend auch bei der Körperpflege bejaht werden. Es kommt dabei nicht auf eine gesamthafte Betrachtung aller zur Körperpflege gehörenden Teilfunktionen an. Vielmehr ist hier entscheidend, dass als Folge der Inkontinenz eine tägliche Reinigung des Körpers notwendig und dass der Beschwerdeführer dabei auf Dritthilfe angewiesen ist. Ferner ist die Hilfe auch beim Verrichten der Notdurft erheblich, was denn auch nirgends in Zweifel gezogen wird.
Bei der sechsten Lebensverrichtung (Fortbewegung im oder ausser Haus, Kontaktaufnahme) ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer wegen der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und der dadurch bedingten Schmerzen und Kraftverminderung sich mit dem Rollstuhl nur mühsam vorwärts- und rückwärtsbewegen kann, wobei schon kleine Schwellen und andere Hindernisse Dritthilfe notwendig machen. Da der Beschwerdeführer sich somit nicht selbständig von einem Raum in den andern begeben kann, ist die Hilfe auch hier erheblich. Im Rahmen dieser Lebensverrichtung müsste die Erheblichkeit im übrigen auch schon deshalb bejaht werden, weil ein selbständiges Fortbewegen ausser Haus wohl ausgeschlossen ist. Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob der Beschwerdeführer bei der Teilfunktion "Kontaktaufnahme" hilfsbedürftig ist.
Es steht damit fest, dass der Beschwerdeführer in allen alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist.
c) Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer auch der dauernden Pflege oder der dauernden persönlichen Überwachung bedarf.
BGE 107 V 136 S. 144
Nach der Rechtsprechung genügt dabei schon eine minimale Erfüllung eines dieser zusätzlichen Erfordernisse (vgl. Erw. 1b hievor). Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich angesichts der Paraplegie und der vollständigen Inkontinenz ohne die Hilfe einer Drittperson nicht mehr zuhause aufhalten könnte. Nach den glaubhaften Angaben in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde muss der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau nachts alle drei Stunden umgebettet werden, um das Wundwerden zu verhindern. Zudem muss sie täglich mit ihm turnen und seinen Körper nach dem Waschen einfetten. Diese dauernd notwendige Pflege ist ausserordentlich intensiv und übersteigt das im Rahmen des
Art. 36 Abs. 1 IVV
geforderte Mindestmass bei weitem. Daher ist auch die Voraussetzung der dauernden Pflege erfüllt.
d) Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in schwerem Grade hilflos ist, weshalb ihm eine Hilflosenentschädigung der AHV zusteht.
Der Beschwerdeführer verunfallte am 5. Juli 1977 und ist seither schwer hilflos. Die am genannten Tage eröffnete 360tägige Wartezeit endigte demnach Ende Juni 1978. Da somit in diesem Monat sämtliche Voraussetzungen erfüllt waren, ist die Hilflosenentschädigung dem Beschwerdeführer gemäss
Art. 43bis Abs. 2 AHVG
ab 1. Juni 1978 auszurichten (vgl. Anhang II der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit). Es ist Sache der Ausgleichskasse, darüber noch eine Verfügung zu erlassen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Rekurskommission Uri für die AHV-IV-EO vom 5. Januar 1979 und die Verfügung der Eidgenössischen Ausgleichskasse vom 19. Oktober 1978 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 1. Juni 1978 Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV hat. | null | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
467e9bcc-be5c-4ca2-89c3-9fc94c5e08f2 | Urteilskopf
88 IV 8
3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Februar 1962 i.S. Mauchle gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen. | Regeste
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB
.
Die Frage des besonders leichten Falles ist auch dann zu prüfen, wenn für das während der Probezeit begangene Verbrechen oder Vergehen eine Gefängnisstrafe von nur wenigen Tagen ausgesprochen wurde (Änderung der Rechtsprechung). | Erwägungen
ab Seite 9
BGE 88 IV 8 S. 9
Aus den Erwägungen:
Der Kassationshof hat seine Rechtsprechung zu
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB
, wonach bei vorsätzlichen Verbrechen oder Vergehen die Frage des besonders leichten Falles sich überhaupt nur stelle, wenn die neue Tat bloss mit Haft oder Busse geahndet worden sei (
BGE 78 IV 11
), in
BGE 86 IV 88
ff. einer Überprüfung unterzogen und dabei als möglich anerkannt, dass es auch unter den Fällen mit sehr kurzen Gefängnisstrafen solche gebe, die ausnahmsweise als besonders leicht, als Bagatellfall gewürdigt werden können. Es wurde dort bereits ausgeführt, dass derartige Ausnahmefälle von der Anwendung des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 nicht zum vorneherein ausgeschlossen sind, dass Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung im Gegenteil Raum lassen, auch eine mit einer kurzfristigen Gefängnisstrafe gesühnte Tat daraufhin zu überprüfen, ob sie als besonders leicht zu bewerten sei, und dass der geringe Unterschied, der zwischen einer längeren Haftstrafe und einer Strafe von wenigen Tagen Gefängnis bestehe, es nahe lege, von der bis anhin gehandhabten einfachen und klaren, aber starren Regel, je nach der ausgesprochenen Strafart die Frage des besonders leichten Falles in Erwägung zu ziehen oder nicht, abzugehen. Dieser Schritt drängt sich in der Tat auf, und es kann daher, was in
BGE 86 IV 90
Erw. 3 mit Rücksicht auf den damals zu beurteilenden Fall noch einmal offen gelassen wurde, aus den erwähnten Gründen an der früheren Rechtsprechung nicht mehr festgehalten werden.
Dies bedeutet indessen nicht, dass die Grenze zwischen besonders leichten und bloss leichten Fällen zugunsten
BGE 88 IV 8 S. 10
der letztern verschoben und damit der Begriff des besonders leichten Falles erweitert wird. Mit der Praxisänderung soll lediglich der Anwendungsbereich des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 gegenüber der bisherigen starren Abgrenzung beweglicher gestaltet werden, um zu verhindern, dass in den seltenen Fällen, wo ein mit Gefängnis bestraftes Verbrechen oder Vergehen nach den gesamten objektiven und subjektiven Umständen ausnahmsweise als besonders leichter Fall gewürdigt zu werden verdient, die Möglichkeit der Anordnung einer Ersatzmassnahme von vorneherein verschlossen bleibt. Die schon in
BGE 86 IV 90
Erw. 2 lit. b vertretene Auffassung, dass bei Delikten, für die eine Gefängnisstrafe von mehr als einer Woche ausgefällt wurde, ein besonders leichter Fall jedenfalls nur beim Vorliegen aussergewöhnlicher Umstände in Betracht gezogen werden dürfte, ist nach wie vor begründet. | null | nan | de | 1,962 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
467ef7fb-a15d-4c81-b951-a796462e7ad9 | Urteilskopf
112 Ib 576
85. Estratto della sentenza 19 novembre 1986 della I Corte di diritto pubblico nella causa S. e litisconsorti c. Camera dei ricorsi penali del Tribunale di appello del Cantone Ticino e Giudice istruttore sottocenerino (ricorso di diritto amministrativo) | Regeste
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
1. Das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) und das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (EÜR) finden auch Anwendung, wenn die im Ersuchen aufgeführten Taten vor deren Inkrafttreten begangen wurden (E. 2).
2. Art. 17, 25, 78 f. IRSG,
Art. 14 IRSV
.
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen letztinstanzlicher kantonaler Behörden. Zulässige Rügen und Kognitionsbefugnis des Bundesgerichtes; Möglichkeit der reformatio in peius sive in melius der angefochtenen Verfügung; durch den Streitgegenstand gegebene Begrenzung der Offizialmaxime; Unzulässigkeit der Anfechtung des Vorentscheides des Bundesamtes (E. 3).
3.
Art. 16 und 23 IRSG
.
Im Kanton Tessin - wo noch kein Einführungsgesetz zum IRSG erlassen worden ist - obliegt die Ausführung von Ersuchen um "andere" Rechtshilfe dem Instruktionsrichter, gegen dessen Anordnungen innert fünf Tagen Beschwerde bei der Camera dei ricorsi penali erhoben werden kann (Art. 93 in Verbindung mit Art. 120 ff., 226 und 227 CPP/TI). Vereinbarkeit dieser speziell kurzen Frist mit den Anforderungen des Bundesrechtes? Frage offengelassen (E. 7a-b).
4.
Art. 1 Ziff. 2 EÜR
,
Art. 3 Abs. 1 IRSG
.
Begriff der militärischen strafbaren Handlung (E. 10).
5. Rechtshilfemassnahmen, die die Anwendung von Zwangsmassnahmen erfordern; Grundsatz der Spezialität und der beidseitigen Strafbarkeit (
Art. 2 lit. b,
Art. 5 Ziff. 1 lit. a,
Art. 23 Ziff. 1 EÜR
, Art. 3 des Bundesbeschlusses vom 27. September 1966,
Art. 6, 64 und 67 IRSG
).
a) Vorbehalte und Erläuterungen der Schweiz zum EÜR. Die Schweiz hat in jedem Fall der Rechtshilfe die ersuchende Vertragspartei klar darüber zu informieren, welche Schranken sie für den Gebrauch der von ihr erteilten Auskünfte setzen will; wird im Zeitpunkt der Übermittlung kein solcher Vorbehalt gemacht, so kann der ersuchende Staat die erhaltenen Auskünfte gemäss Landesrecht verwenden, ohne gegen seine staatsvertraglichen Verpflichtungen zu verstossen (E. 11a).
b) Tragweite der Art. 2 lit. d, Art. 6, Art. 35 Abs. 2,
Art. 63, 64 und 67 IRSG
im Hinblick auf das Prinzip der beidseitigen Strafbarkeit und den Spezialitätsgrundsatz. Bei "anderer" Rechtshilfe ist der Schweizer Richter in der Regel nicht verpflichtet, die Strafbarkeit der Tat gemäss dem Recht des ersuchenden Staates zu überprüfen; Ausnahmen von diesem Grundsatz (E. 11b/ba). Die Prüfung der Strafbarkeit gemäss Landesrecht schliesst auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale ein, mit Ausnahme jedoch - gleich wie bei der Auslieferung - der besonderen Schuldformen und Strafbarkeitsbedingungen des schweizerischen Rechts (E. 11b/bb). Fall teilweiser Unzulässigkeit eines Rechtshilfebegehrens; Notwendigkeit, den ersuchenden Staat darauf aufmerksam zu machen, in welchem Rahmen die erhaltenen Auskünfte in weiteren Verfahren zur Verfolgung anderer Straftaten oder anderer Personen verwendet werden können; Pflichten der ersuchenden Partei (E. 11b/bc).
6. a) Keine Anwendbarkeit des EÜR auf die Übergabe von Gegenständen, die Beute bilden (Art. 1 Ziff. 2, Art. 3 Ziff. 1) (E. 12a).
b) Anwendbarkeit der EÜR auf die Sicherungsbeschlagnahme von Deliktsgut oder von Erlös aus diesem? Frage offengelassen, da das interne Recht eine Übergabe von Deliktsgut an den ersuchenden Staat zum Zwecke der Beschlagnahme zulässt (
Art. 74 IRSG
) und vorläufige Massnahmen - wie gerade die Sicherungsbeschlagnahme - zur Sicherstellung der Übergabe gestattet (
Art. 18 IRSG
). Im vorliegenden Fall besteht das Deliktsgut teilweise aus Steuerbeträgen, die dem ausländischen Fiskus durch Steuerbetrug entzogen worden sind (
Art. 3 Abs. 3 IRSG
) und für welche praxisgemäss eine Übergabe nicht in Frage kommt; dennoch ist die vorsorgliche Massnahme zulässig, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die durch Steuerumgehung beiseite geschafften Gewinne nicht nur dem Fiskus, sondern auch Privaten entzogen worden sind, die sich auf
Art. 74 Abs. 2 IRSG
berufen könnten. Pflicht der Schweizer Behörde, die ausländische Behörde um die notwendigen näheren Angaben zu ersuchen, mit der Androhung, dass die Sicherungsbeschlagnahme allenfalls mangels weiterer Präzisierungen dahinfallen werde (E. 12b-c).
7. Unzulässigkeit des Rechtshilfeersuchens wegen Erlöschens des Strafanspruchs nach schweizerischen Recht (
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
).
Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die Straftaten zwischen 1974 und 1979 begangen worden sind und die in
Art. 11 Abs. 2 und 3 VStrR
vorgesehene absolute Verjährung noch nicht eingetreten ist (E. 13b).
8. Die Angehörigen von Verfolgten, die nach den Gesuchsunterlagen weder Beschuldigte noch Verdächtigte sind, können sich nicht darauf berufen, am Strafverfahren nicht beteiligt zu sein (
Art. 10 IRSG
), und müssen daher dulden, dass Auskünfte eingeholt werden. Die ersuchende Partei darf indessen die von der Schweiz erhaltenen Beweismittel nicht in Verfahren verwenden, die gegen diese Personen eröffnet worden sind, ohne die Schweiz zusätzlich um Zustimmung zu ersuchen (E. 13d).
9. Übermittlung von Beweismitteln; Prüfung ihrer Eignung durch die Behörden des ersuchten Staates (E. 14a).
10. Beschlagnahme und Übergabe von Gütern, die Deliktsgut bilden; die Behörden des ersuchten Staates haben zu prüfen, ob diese Güter zumindest aller Wahrscheinlichkeit nach direkt oder indirekt strafbarer Tätigkeit entstammen (E. 14b). | Sachverhalt
ab Seite 581
BGE 112 Ib 576 S. 581
Il Giudice istruttore presso il Tribunale di Torino, dott. Mario Vaudano, conduce dal 1980 un'inchiesta contro numerose persone implicate in quello che in Italia è denominato lo scandalo dei petroli. In questo procedimento sono coinvolti, da un lato, funzionari e ufficiali del corpo della guardia di finanza e, dall'altro, parecchi operatori economici attivi nel commercio di prodotti petroliferi. Questi ultimi avrebbero corrotto i primi per indurli a compiere atti contrari ai doveri del loro ufficio al fine di evitare - mediante anche allestimento di atti pubblici e privati falsi - il pagamento di ingentissime somme dovute a titolo d'imposta di fabbricazione sugli oli minerali e sui prodotti della loro lavorazione. I reati ritenuti dall'autorità italiana sono quelli di associazione per delinquere, prevista e punita dall'art. 416 CPI, di sottrazione all'accertamento ed al pagamento dell'imposta di fabbricazione sui prodotti petroliferi (
art. 23 del
decreto legge 28 febbraio 1939, n. 334), di uso illegittimo, risp. miscelazione illegittima di prodotti petroliferi (art. 23bis e ter dello stesso decreto), di violazione di doveri incombenti ai militari della guardia di finanza (art. 3 della legge 9 dicembre 1941, n. 1383, in relazione con gli
art. 215 e 219 del
codice penale militare di pace), di corruzione per atto contrario ai doveri
BGE 112 Ib 576 S. 582
d'ufficio (art. 319 CPI), di corruzione attiva (art. 321 CPI), di falsità materiale e ideologica commessa da pubblico ufficiale (art. 476 e 479 CPI), il tutto in relazione con l'art. 110 CPI - che regola il concorso di più persone nel medesimo reato - nonché con gli art. 61 n. 9 e 112 CPI (circostanze aggravanti comuni o speciali) e 81 CPI (concorso formale e reato continuato), e meglio come emerge da due mandati di cattura emessi il 12 luglio 1982 e l'8 marzo 1983 nei confronti di numerosi prevenuti.
Il 4 marzo 1983 il Giudice istruttore Vaudano diresse all'Ufficio federale di polizia (UFP) una commissione rogatoriale con richiesta d'assistenza giudiziaria, all'intenzione delle autorità competenti dei Cantoni del Ticino, di Ginevra e di Zurigo. Il 21 marzo successivo l'UFP trasmise l'istanza al Giudice istruttore sottocenerino, pregandolo di procedere alle investigazioni richieste e precisando che le informazioni avrebbero dovuto servire unicamente al perseguimento di reati del diritto comune. Con la domanda l'autorità italiana chiedeva ricerche presso tutti gli istituti bancari del Cantone Ticino per stabilire l'esistenza di relazioni delle persone inquisite, il sequestro e la trasmissione di tutta la documentazione ritrovata nonché il sequestro penale di tutti gli averi di qualsiasi natura rinvenuti siccome presumibilmente costituenti vuoi il provento della corruzione passiva, trattandosi di ufficiali della finanza o di pubblici funzionari, vuoi il frutto illecito di una truffa fiscale per il mancato pagamento di imposte sul petrolio commercializzato dalle ditte dei prevenuti privati. Con riferimento a precedenti commissioni rogatoriali inviate dal Giudice istruttore di Treviso, il dott. Vaudano chiedeva altresì che le ricerche fossero estese nei confronti di familiari dei prevenuti, sui cui nominativi si tornerà in appresso.
Dopo aver richiesto informazioni alle banche, il Giudice istruttore sottocenerino - facendo seguito alla domanda di assistenza del 4 marzo 1983 - si è pronunciato formalmente con decisione del 7 luglio 1983. Egli ha ordinato ad una serie di istituti bancari, tutti in Lugano, di comunicare se un certo numero di persone, specificatamente elencate, fossero o fossero state titolari, singolarmente o congiuntamente con altri, al proprio nome o sotto cifra ovvero altro nome o sigla, per procura o fiduciariamente, di conti correnti, libretti di deposito o risparmio, accreditamenti, aperture di credito, mutui, depositi aperti o chiusi e/o provvisori di qualsiasi genere, cassette di sicurezza, sotto qualsivoglia altra forma e di qualsiasi natura e consistenza, e di trasmettere in copia gli estratti conto, i giustificativi,
BGE 112 Ib 576 S. 583
i cartoncini delle firme e i documenti personali presentati per l'apertura dei conti. Inoltre, limitatamente a taluni nominativi espressamente elencati, egli ha ordinato il sequestro di ogni documento e/o di ogni avere patrimoniale. Nella motivazione il Giudice istruttore sottocenerino rilevava che il requisito della doppia incriminazione era adempiuto, i fatti indicati nella domanda italiana essendo punibili in Svizzera a titolo di corruzione attiva o passiva (art. 288, 315 CPS), infedeltà nella gestione pubblica (art. 314), abuso di autorità (art. 312), falsità (art. 317) e truffa fiscale (
art. 14 DPA
); osservava altresì che la prestazione dell'assistenza era sottoposta al rispetto della condizione di specialità da parte dell'autorità italiana ed avvertiva che le informazioni ottenute sarebbero state trasmesse all'autorità richiedente tramite l'UFP, una volta cresciuta in giudicato la sua decisione.
Contro la decisione 7 luglio 1983 del Giudice istruttore sottocenerino - per quanto qui ancora interessa - sono insorti con reclamo alla Camera dei ricorsi penali del Tribunale di appello (CRP) i prevenuti nel procedimento penale italiano F., B. e C., già ufficiali della guardia di finanza, A., ufficiale in congedo della guardia di finanza, R., moglie di F., e M., moglie di A., la Banca X. in Lugano ed infine S., nella sua qualità di mandatario per suddelega della moglie di B. Questi ricorsi sono stati respinti dalla Camera dei ricorsi penali con una serie di decisioni distinte del 3, 4, 5 e 10 dicembre 1985.
I soccombenti hanno impugnato le singole decisioni della Camera con separati ricorsi di diritto amministrativo, chiedendo in sostanza al Tribunale federale di annullarle e protestando spese e ripetibili.
La Camera dei ricorsi penali non ha presentato un atto di risposta e s'è limitata a trasmettere l'inserto di causa. Il Giudice istruttore sottocenerino ha concluso per l'integrale reiezione dei gravami. L'Ufficio federale di polizia ha presentato diffuse osservazioni soltanto nel caso S., con la conclusione di ammettere parzialmente il ricorso, e nei casi F., A. e B.
Erwägungen
Considerando in diritto:
2.
Ai rapporti italo-svizzeri nel settore dell'assistenza giudiziaria in materia penale si applicano la Convenzione europea di ugual titolo (CEAG) del 20 aprile 1959, alla quale entrambi gli Stati
BGE 112 Ib 576 S. 584
hanno aderito, e - nella misura in cui questa contenga lacune o non si estenda a talune misure - la legge federale sull'assistenza internazionale in materia penale (AIMP) del 20 marzo 1981, entrata in vigore il 1o gennaio 1983, purché la sua applicazione non conduca a risultati che contraddicano la lettera o lo spirito della Convenzione che, secondo la giurisprudenza, prevale sul diritto interno (
DTF 108 Ib 530
consid. 2a,
DTF 105 Ib 296
consid. 1a; cfr. anche
art. 1 cpv. 1 AIMP
).
Che i fatti che formano oggetto della domanda italiana siano per avventura anteriori all'entrata in vigore della Convenzione e, rispettivamente, dell'AIMP non ha - contrariamente alla tesi sostenuta nel gravame della Banca X. - rilevanza sotto questo risvolto. Tanto il diritto dell'estradizione, quanto quello della cosiddetta assistenza accessoria o piccola assistenza non constano infatti di disposizioni del diritto penale materiale, ma di norme di procedura che - riservate eccezioni - sono applicabili a tutti i casi che debbono decidersi dopo la loro entrata in vigore; d'altro lato, la relazione tra lo Stato richiedente e quello richiesto non insorge al momento in cui il fatto è stato commesso, ma al momento in cui la domanda estera è presentata (SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, pag. 98 segg.; SCHULTZ, Le secret bancaire et le traité d'entraide judiciaire en matière pénale conclu entre la Suisse et les Etats-Unis d'Amérique, Cahier SBS n. 11, pag. 16 segg.; DE CAPITANI, Internationale Rechtshilfe. Eine Standortbestimmung, RDS 100/1981 II pagg. 378/79). La giurisprudenza del Tribunale federale ha costantemente riconosciuto questo principio, tanto in materia di estradizione (
DTF 109 Ib 62
consid. 2a) quanto in materia di assistenza accessoria (
DTF 109 Ib 157
consid. 3b,
DTF 99 Ia 90
). Il diritto in vigore al momento della decisione sulla domanda è determinante anche per stabilire, ove ciò sia necessario, se sussista il requisito della doppia punibilità (
art. 5 par. 1 lett. a CEAG
in relazione con la dichiarazione fatta dalla Svizzera circa lo stesso articolo;
art. 64 cpv. 1 AIMP
): se il fatto perseguito è punibile si determina secondo il diritto penale in vigore nello Stato richiesto al momento della decisione sulla domanda di assistenza e non sulla scorta di quello vigente al momento della commissione del fatto o della conclusione della Convenzione. Così, tanto l'estradizione quanto l'assistenza (nel caso di necessità di misure coercitive) sono da accordare se il fatto - punibile nello Stato richiedente - non lo era nello Stato richiesto al momento in cui è stato commesso, ma lo è divenuto, per una modifica del diritto interno,
BGE 112 Ib 576 S. 585
prima della decisione sulla domanda. La misura coercitiva non è infatti più diretta, in tale momento, contro una persona innocente; né è leso il precetto per cui la legge penale non ha effetto retroattivo, poiché il diritto dell'assistenza è da equiparare alla procedura penale, alla quale il principio di non retroattività è estraneo (SCHULTZ, Das schweiz. Auslieferungsrecht, pag. 323).
3.
Le decisioni impugnate sono state prese dall'ultima istanza cantonale. Il ricorso di diritto ammministrativo è ammissibile in virtù dell'
art. 25 AIMP
: oltre la violazione del diritto federale, che comprende l'eccesso o l'abuso del potere di apprezzamento (
art. 104 lett. a OG
), con esso si può far valere anche l'applicazione inammissibile o manifestamente inesatta del diritto straniero (
art. 25 cpv. 4 AIMP
). Poiché l'istanza precedente è un tribunale cantonale, il Tribunale federale può rivedere l'accertamento dei fatti giuridicamente rilevanti solo nella misura in cui esso sia manifestamente inesatto o incompleto o sia stato compiuto in violazione di norme essenziali di procedura (
art. 104 lett. b, 105 cpv. 2 OG
). Quanto alla descrizione dei fatti contenuta nella domanda straniera e nella documentazione allegata, essa vincola il Tribunale federale, a meno che essa sia manifestamente inesatta o contenga lacune o contraddizioni (
DTF 107 Ib 254
consid. 2b/aa, 267 consid. 3a,
DTF 105 Ib 425
/26 consid. 4b): questo esame è infatti riservato al giudice straniero del merito, non a quello svizzero dell'assistenza o dell'estradizione (
DTF 109 Ib 329
consid. 11g). La censura d'inadeguatezza della decisione impugnata non è ammissibile, poiché nel campo specifico il diritto federale volutamente non la prevede (art. 104 lett. c n. 3 OG; Messaggio del Consiglio federale dell'8 marzo 1976, in FF 1976 II pagg. 458/59). Per contro, il Tribunale federale, in deroga al principio generale sancito nell'
art. 114 cpv. 1 OG
, non è vincolato dalle conclusioni delle parti (
art. 25 cpv. 6 AIMP
): ciò significa, da un lato, che queste possono presentare davanti all'istanza federale domande nuove ivi compresa quella tendente ad una reformatio in peius e, dall'altro, che il Tribunale federale - liberato dal vincolo del principio di disposizione ed applicando il principio di officialità - può modificare la decisione impugnata a favore o a sfavore del ricorrente, andando oltre le conclusioni prese ed ammettendo ad esempio l'assistenza in punti sui quali essa era stata negata o negandola invece ove era stata concessa (reformatio in peius sive in melius; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2 ediz., pag. 249 segg.; MARKEES,
BGE 112 Ib 576 S. 586
SJK n. 421a, pagg. 26/27, lett. d e e). Con questa innovazione introdotta dall'AIMP, il legislatore ha esteso al campo dell'assistenza accessoria, materia in cui il Tribunale federale giudicava precedentemente sulle decisioni cantonali statuendo con cognizione ristretta su ricorso di diritto pubblico (art. 84 segg. OG), i principi che esso applicava statuendo quale istanza unica in materia di estradizione sotto l'impero della cessata LEstr del 1892 (cfr.
DTF 100 Ia 410
consid. 1c/d e rif.,
DTF 99 Ia 554
consid. 2/3). Questa estensione del potere cognitivo è stata voluta per l'importanza primordiale che riveste la collaborazione internazionale nel campo della lotta contro il crimine, da un lato, e per la protezione degli interessi personali legittimi del perseguito o di terzi, dall'altro (MARKEES, SJK n. 421a, pag. 26; FF 1976 II pag. 456). Nell'applicare la massima dell'officialità, tuttavia, il Tribunale federale è tenuto a rispettare i limiti dell'oggetto del litigio, poiché il suo intervento sconfinerebbe altrimenti nell'esercizio di poteri di sorveglianza che non gli competono, né nei riguardi delle autorità cantonali sulle quali vigila l'UFP (
art. 3 OAIMP
), né nei confronti delle autorità federali (GYGI, op.cit., pagg. 250, 42 segg. 44;
DTF 105 V 201
,
DTF 103 Ib 369
/70 consid. 1b,
DTF 101 V 116
/17, 98 V 33/34 consid. 1a). L'
art. 25 cpv. 6 AIMP
non implica neppure un obbligo tassativo del giudice adito di ricercare d'ufficio e ad ogni costo motivi cui le parti - tenute a collaborare per la ricerca del diritto - non abbiano fatto allusione, sia per estendere sia per restringere la concessione dell'assistenza (cfr.
DTF 109 Ib 175
). Non suscettibile di impugnazione diretta in materia di assistenza giudiziaria internazionale è la decisione-preavviso con la quale l'UFP si pronuncia sull'ammissibilità prima facie della domanda e la trasmette all'autorità cantonale in applicazione degli art. 17 cpv. 2 e 78 cpv. 1 AIMP: la legge (art. 79 cpv. 1) sancisce chiaramente che la decisione sull'ammmissibilità della cooperazione internazionale per l'assistenza accessoria compete all'autorità cantonale, e l'ordinanza (art. 14) precisa ulteriormente che l'accettazione e la trasmissione della domanda non sono impugnabili a titolo indipendente; gli aventi diritti hanno infatti la facoltà di tutelare i loro interessi nella procedura di ricorso cantonale, ed in seguito con il ricorso di diritto amministrativo. Nella misura in cui la Banca X. critica la decisione di trasmissione dell'UFP e ne propone l'annullamento, il suo gravame è pertanto irricevibile (cfr. FREI, Das neue Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen - neue Lösungen und neue Probleme, RPS 100/1983 pag. 62).
BGE 112 Ib 576 S. 587
7.
Ai fini del giudizio, conviene occuparsi in limine delle censure formali sollevate da C. Questo ricorrente lamenta innanzitutto che il suo legale abbia dovuto interporre il reclamo alla CRP nel termine eccessivamente breve di cinque giorni previsto dall'
art. 227 cpv. 1 CPP
/TI, senza avere né la possibilità di conferire col cliente, né quella di accedere alla documentazione depositata presso una banca di Lugano, che l'aveva in effetti trasmessa al Giudice istruttore in busta chiusa e sigillata senza fornire dichiarazione alcuna; C. censura poi che la CRP - malgrado ripetute istanze - abbia omesso di convocare il suo patrocinatore insieme con i funzionari dell'istituto per esaminare la documentazione della relazione bancaria e che non gli abbia consentito in seguito di completare il reclamo.
a) Secondo l'
art. 16 cpv. 1 AIMP
incombe ai Cantoni di eseguire in modo particolare le domande di altra assistenza, ovverosia di assistenza accessoria; essi determinano la competenza, l'organizzazione e la gestione delle autorità esecutive (cpv. 2), e debbono prevedere anche un rimedio giuridico contro le decisioni di queste autorità (
art. 23 AIMP
).
Il Canton Ticino non ha sin qui adottato disposizioni d'applicazione della legge federale. Analogamente a quanto era praticato in passato, prima dell'entrata in vigore dell'AIMP, nel Ticino la competenza del Giudice istruttore quale autorità esecutiva viene radicata, con interpretazione estensiva, nell'
art. 93 del
codice di procedura penale del 10 luglio 1941. Questa disposizione - inserita nel titolo VIII sezione I, che concerne la prova per testimoni - prevede che, ove occorra procedere ad esami di testimoni in materia penale dietro richiesta di autorità giudiziarie estere, gli atti si faranno dal Giudice istruttore e che in questo caso i testi potranno, secondo le richieste, essere sentiti con giuramento. Dall'art. 93 in combinazione con gli art. 120 e segg. CPP/TI, viene inferito nella prassi che il Giudice istruttore è inoltre l'autorità competente per procedere a sequestri di oggetti che possono avere qualche importanza per l'istruzione del processo, sia come mezzi di prova o perché soggetti a confisca, anche quando si tratta di dar seguito ad una rogatoria di autorità estere. Analoghe competenze sono riconosciute al Giudice istruttore, sulla scorta di questa interpretazione della procedura cantonale, nel campo della cooperazione con l'autorità federale nella procedura d'estradizione (cfr. art. 16 cpv. 1, prima frase, AIMP). Dal canto loro, gli
art. 226 e 227 CPP
/TI stabiliscono tra l'altro che contro tutti i provvedimenti e le omissioni del Giudice istruttore è
BGE 112 Ib 576 S. 588
ammesso il reclamo alla Camera dei ricorsi penali nel termine di cinque giorni; il ricorso non ha effetto sospensivo, salvo contraria decisione della CRP (
art. 227 cpv. 3 CPP
/TI). Anche queste disposizioni, in virtù di prassi costante, sono ritenute applicabili alle misure adottate dal Giudice istruttore nel settore dell'assistenza giudiziaria.
b) Il termine di cinque giorni può ritenersi adeguato per il gravame contro provvedimenti presi dal Giudice istruttore nell'ambito di procedure penali che sono radicate nel Cantone. In genere, infatti, i provvedimenti impugnabili consistono nell'ordine di carcerazione o nel rifiuto della libertà provvisoria o dell'assunzione di prove offerte: questioni delicate certo, ma relativamente semplici sotto il profilo della fattispecie e delle disposizioni applicabili. Diversa può invece essere la situazione, sotto i due profili evocati, ove si tratti di impugnare provvedimenti presi nell'ambito dell'assistenza internazionale: alla difficoltà delle questioni giuridiche possono infatti aggiungersi la necessità di compulsare documentazioni complesse e la difficoltà per il patrono di prendere contatto con il proprio cliente. Ci si può quindi seriamente chiedere se la limitazione del termine ricorsuale a cinque giorni in siffatti casi non abbia come conseguenza quella di costituire impedimento o comunque intralcio all'applicazione del diritto federale, il quale ha indubbiamente inteso - con la disposizione dell'
art. 23 AIMP
- imporre ai Cantoni l'introduzione di un rimedio giuridico efficiente. In tale contesto giova osservare come la giurisprudenza del Tribunale federale - quando non era ancora vigente la nuova AIMP, ma già erano applicabili le norme della CEAG - abbia rilevato che la procedura nello Stato richiesto (ed a quel momento si trattava esclusivamente delle procedure cantonali) doveva esser adattata alle esigenze poste dagli obblighi internazionali assunti dalla Svizzera nel campo dell'assistenza, e che l'applicazione delle norme processuali cantonali doveva trovare il suo limite là dove la loro rigida osservanza avrebbe potuto condurre a risultati contrari agli impegni internazionali assunti o agli scopi fondamentali dell'istituto della collaborazione internazionale, aggiungendo esplicitamente che, a tenore della dichiarazione fatta dalla Svizzera in relazione con l'
art. 5 cpv. 1 lett. a CEAG
, l'assistenza non poteva esser rifiutata con l'argomento che la misura richiesta sarebbe stata incompatibile col diritto interno (possibilità questa offerta dall'art. 5 par. 1 lett. c CEAG, ma di cui la Svizzera non si è avvalsa: cfr.
DTF 99 Ia 87
segg. consid. 5). Mutatis mutandis - e stavolta con riguardo alle
BGE 112 Ib 576 S. 589
necessità di efficacia del rimedio imposto ai Cantoni dall'
art. 23 AIMP
- ci si può pertanto chiedere se il rispetto del prioritario diritto federale (art. 2 Disp. trans. Cost.) non imponga un adattamento - in via legislativa o per interpretazione del disposto dell'
art. 227 CPP
/TI in relazione con l'
art. 23 AIMP
- del termine di ricorso. D'altro lato, un prolungamento eccessivo di questo termine è però da escludere, se non si vuole venir meno all'esigenza di celerità imposta nel disbrigo delle pratiche di assistenza internazionale: comunque, si può ben riconoscere che, nella migliore delle ipotesi, un termine di cinque giorni costituisce un minimo al disotto del quale non si potrebbe in nessun caso scendere senza violazione del diritto federale e che sarebbe auspicabile che il legislatore cantonale lo aumenti. Ai fini del giudizio, la questione della compatibilità del termine controverso con il diritto federale può tuttavia rimanere aperta: infatti, nella misura in cui l'applicazione dell'
art. 227 CPP
/TI si fosse - come affermato dal ricorrente - tradotta in un diniego di giustizia formale, tale vizio sarebbe da considerare riparato nella procedura del ricorso di diritto amministrativo. Certo, per ammettere che un diniego di giustizia in cui sia incorsa l'autorità inferiore possa esser riparato davanti al Tribunale federale, occorre che questa istanza possa esaminare le questioni controverse con piena cognizione o almeno con cognizione pari a quella di cui disponeva l'istanza precedente (
DTF 110 Ia 82
consid. 5d,
DTF 105 Ib 174
,
DTF 104 Ia 214
,
DTF 94 I 108
consid. 3) e, per la limitazione imposta dall'
art. 105 cpv. 2 OG
, ciò non si avvera per l'accertamento dei fatti e per l'adeguatezza (
DTF 98 Ib 171
consid. 3, 176 consid. 3; Rep. 1980 pag. 4 consid. 2c). Tuttavia, come ancora si vedrà, sono litigiosi in casu soltanto problemi di puro diritto, onde eventuali vizi della procedura cantonale possono esser sanati. Questa censura, quindi, può essere respinta.
c) Resta da esaminare l'addebito con cui si rimprovera all'autorità cantonale di aver emanato la propria risoluzione senza esaminare i documenti sequestrati dal Giudice istruttore e consegnati sotto sigillo da taluni istituti bancari. Intanto bisogna ammettere che codesta critica appare comprensibile. Stando al dispositivo della decisione presa dal Giudice istruttore, questi si è limitato ad ordinare l'assunzione di informazioni ed il sequestro conservativo di taluni beni. Tuttavia, nella motivazione, il Giudice istruttore ha avvertito che le informazioni ottenute sarebbero state trasmesse all'autorità richiedente non appena la sua decisione fosse cresciuta in giudicato, senza precisare se ed a
BGE 112 Ib 576 S. 590
quale preventivo esame tali informazioni sarebbero state sottoposte prima della loro trasmissione: onde il comprensibile timore - espresso ad esempio nel ricorso di S. - che possano esser consegnate all'autorità italiana anche indicazioni che, non indispensabili per il procedimento pendente in Italia, sono invece da eliminare.
Questa ambiguità dev'essere soppressa con la precisazione che, per il caso in cui i gravami dovessero essere respinti, l'autorità esecutiva dovrà procedere all'esame dettagliato degli atti sequestrati, dando l'occasione di esprimersi a quei terzi i cui interessi potrebbero essere pregiudicati dalla procedura d'assistenza, malgrado il rispetto delle regole della specialità da parte italiana, rispetto che - come già s'è visto (consid. 6) - può essere presunto. Con questa precisazione, anche tale censura può essere respinta, con il rilievo che la suddetta cautela non è necessaria per quanto ha tratto ai nominativi dei prevenuti e dei loro congiunti, che conoscono o avrebbero potuto conoscere il contenuto dei documenti bancari di loro spettanza. Ammetterla per essi - che erano oltretutto liberi di invitare la banca a fornire la documentazione senza apposizione del suggello - equivarrebbe a prolungare oltre misura l'esecuzione dell'assistenza, fornendo l'occasione per manovre puramente dilatorie (cfr. sentenza 1o marzo 1985 in re Banque de dépôts et de gestion, consid. 3, ove la questione è stata sollevata e lasciata aperta con riferimento alla posizione di un titolare di un conto, che era nel contempo delegato del Consiglio d'amministrazione dell'istituto bancario interessato).
10.
La CEAG non si applica ai reati militari che non costituiscono reati di diritto comune (art. 1 par. 2). Il diritto interno, dal canto suo, dichiara irricevibile la domanda se il procedimento verte su un reato che, secondo la concezione svizzera, "costituisce una violazione degli obblighi militari o di analoghi obblighi o sembra volto contro la difesa nazionale o la forza difensiva dello Stato richiedente" (
art. 3 cpv. 1 AIMP
).
Alcuni ricorrenti deducono da queste norme che l'assistenza dev'essere negata nella misura in cui essa si riferisce a fatti che nel procedimento italiano suffragano imputazioni di reati contemplati nel codice penale militare di pace. Questa obiezione è infondata. I fatti, su cui si appoggia la domanda italiana, non costituiscono reati puri del diritto militare, cioè reati volti contro beni militari e che come tali possono esser commessi solo da militari (SCHULTZ, Das schweiz. Auslieferungsrecht, pag. 472; GUT, Die fiskalischen und militärischen
BGE 112 Ib 576 S. 591
Vergehen im schweizerischen Auslieferungsrecht, tesi Zurigo 1943, pag. 66). Essi non costituiscono violazione di obblighi che, per loro natura, incombono soltanto a militari e non hanno segnatamente per oggetto la difesa nazionale o la forza difensiva dello Stato richiedente: si tratta infatti di violazioni di obblighi d'ufficio che incombono a qualsiasi funzionario e costituenti fattispecie che sono note anche nel diritto comune. La circostanza per cui la qualifica di militare dell'agente sia presa in considerazione ai fini della commisurazione della pena o per ammettere il concorso nell'infrazione cumulativa di norme del diritto comune e del diritto militare non è determinante (SCHULTZ, ibidem, mutatis mutandis per quanto riguarda l'assistenza accessoria, anziché l'estradizione; cfr. anche MARKEES, SJK n. 421a, pag. 6 n. 2).
11.
a) La CEAG non subordina l'obbligo di accordare l'assistenza ad alcuna condizione materiale nella misura in cui il caso considerato dalla domanda rientra nel suo campo d'applicazione (cfr. art. 1 e 3; Messaggio del Consiglio federale del 1o marzo 1966, in FF 1966 I pag. 441 segg.): in particolare, secondo il testo convenzionale, non occorre che il reato motivante la domanda rientri nel novero di quelli per i quali l'estradizione dev'esser accordata, né è necessario che sia adempiuto il requisito della doppia incriminazione (FF 1966 I pag. 442, 446 segg.; cfr. inoltre, RAPPORT EXPLICATIF SUR LA CONVENTION EUROPÉENNE D'ENTRAIDE JUDICIAIRE EN MATIÈRE PÉNALE, Consiglio d'Europa, Strasburgo 1969, considerazioni generali e note agli art. 1, 3, 5 e 14; GRÜTZNER, Rechtshilfe (Internationale) in Strafsachen, Wörterbuch des Volkerrechts, vol. III, pag. 49 segg. in part. pag. 53;
DTF 99 Ia 87
/89 consid. 5a). Giusta l'
art. 5 par. 1 CEAG
le Parti contraenti sono però autorizzate, al momento della firma o della ratifica, a riservarsi la facoltà di sottoporre l'esecuzione delle commissioni rogatorie per perquisizione o sequestro di oggetti a una o più delle seguenti condizioni: che il reato motivante la rogatoria sia punibile secondo le leggi della Parte richiesta e di quella richiedente (lett. a); che lo stesso reato sia idoneo nel Paese richiesto a dar luogo ad estradizione (lett. b); che l'esecuzione della rogatoria sia compatibile con la legge della Parte richiesta (lett. c).
La Svizzera, approvando la Convenzione, ha fatto uso della facoltà prevista dall'
art. 5 par. 1 lett. a CEAG
(principio della doppia incriminazione), estendendo questa riserva - come glielo permetteva l'
art. 23 par. 1 CEAG
- all'esecuzione di ogni commissione
BGE 112 Ib 576 S. 592
rogatoria esigente l'applicazione di una qualsivoglia misura coercitiva (
art. 3 del
decreto federale del 27 settembre 1966 che approva la Convenzione, in RU 1967 pag. 893 segg.; Dichiarazione della Svizzera all'art. 5 par. 1, in RS 0.351.1 pag. 26). Questa dichiarazione è da mettere in relazione con quella fatta all'art. 2 lett. b, secondo cui la Svizzera si riserva "il diritto, in casi speciali, di accordare l'assistenza giudiziaria, in virtù della Convenzione, soltanto alla condizione espressa che i risultati delle investigazioni effettuate in Svizzera e le informazioni contenute nei documenti o inserti trasmessi siano usati esclusivamente per istruire e giudicare i reati, per i quali l'assistenza è fornita".
Deriva da queste disposizioni che la Svizzera, in ogni caso in cui fornisce l'assistenza, deve informare la Parte richiedente esattamente circa i limiti che essa intende porre all'utilizzazione delle informazioni trasmesse, e che, se questa riserva precisa non è apposta al momento della comunicazione, lo Stato richiedente è autorizzato ad utilizzare le informazioni ricevute come meglio gli pare, sia per perseguire il prevenuto indicato nella domanda per altri reati che non vi sono contemplati, sia per perseguire persone diverse da quella o quelle oggetto della domanda, senza per questo venir meno agli obblighi stabiliti dalla Convenzione. Sotto questo profilo la situazione è sostanzialmente diversa da quella vigente in materia di estradizione, ove la CEEstr (art. 14) consacra esplicitamente il principio di specialità generalmente ammesso in quel campo e lo Stato richiedente sa di essere autorizzato a perseguire il ricercato unicamente per i fatti per i quali l'estradizione è stata concessa e di dover domandare - se del caso - un'estensione di quella già accordata (cfr. sul principio di specialità in questo settore,
DTF 109 Ib 330
segg. consid. 13/15; sull'estradizione aggiuntiva, sentenze 27 aprile 1977 e 8 febbraio 1984 in re Fioroni, Cazzaniga e Prampolini). Di questa conoscenza, per contro, lo Stato richiedente non dispone in materia di assistenza accessoria, specie per quanto riguarda la punibilità secondo il diritto svizzero di determinati fatti o persone ed il rifiuto dell'assistenza per talune categorie di reati, come quelli che la Parte richiesta - in virtù del proprio diritto interno - considera fiscali o politici o connessi con delitti politici ed ai quali - diversamente che per i reati militari esclusi dal campo d'applicazione della Convenzione (art. 1 par. 2) - questa si applica, ma l'assistenza può essere rifiutata (art. 2 lett. a). Anche per quest'ultima categoria di reati la Svizzera non ha fatto dichiarazioni di carattere generale, ragione per cui
BGE 112 Ib 576 S. 593
le limitazioni della collaborazione devono esser segnalate espressamente allo Stato richiedente in occasione della trasmissione, applicando la riserva fatta all'
art. 2 lett. b CEAG
. A ciò si aggiunga che l'
art. 19 CEAG
obbliga la Parte richiesta a motivare qualsiasi rifiuto dell'assistenza giudiziaria, ed è quindi palese che lo Stato richiedente ha anche il diritto di conoscere i motivi di un rifiuto parziale, in cui si risolve ogni limitazione apposta alla libera utilizzazione delle informazioni ricevute.
b) Mentre il diritto convenzionale, comprensivo delle dichiarazioni e riserve espresse al momento dell'adesione, che vincolano le Parti contraenti al pari della Convenzione (
DTF 107 Ib 271
consid. 4b), precisa i limiti che la Svizzera - quale Stato richiesto - può porre alla prestazione dell'assistenza e all'utilizzazione della documentazione trasmessa, l'AIMP stabilisce i limiti che la Svizzera deve - secondo il proprio diritto interno - fissare all'assistenza prestata, nella misura in cui tali limiti non vadano oltre a quelli consentiti dal diritto convenzionale, prioritario in virtù dell'
art. 1 cpv. 1 AIMP
. Sotto questo profilo sono segnatamente di rilievo per l'assistenza accessoria gli
art. 6, 64 e 67 AIMP
.
ba) Giusta l'art. 64 cpv. 1, prima frase AIMP, i provvedimenti d'assistenza secondo l'art. 63, se implicano l'applicazione della coercizione processuale, possono essere ordinati soltanto ove dall'esposizione dei fatti risulti che l'atto perseguito all'estero denota gli elementi obiettivi di una fattispecie punibile secondo il diritto svizzero; a discarico della persona perseguita, tali provvedimenti sono però ammissibili anche se l'atto perseguito all'estero è impunibile in Svizzera (cpv. 2). Dal capoverso primo di questa disposizione risulta che il diritto interno, per l'assistenza accessoria, ha attenuato il principio della doppia incriminazione previsto dall'
art. 5 par. 1 lett. a CEAG
, principio da cui la Svizzera ha dichiarato far dipendere la prestazione della collaborazione nei casi implicanti misure coercitive. L'AIMP si fonda sulla premessa che lo Stato richiedente l'assistenza domanda allo Stato richiesto l'esecuzione di provvedimenti che le sue autorità potrebbero legittimamente adottare sul territorio in cui si esercita la sua sovranità: l'
art. 64 AIMP
parte cioè dalla presunzione che queste condizioni - tra cui quella della punibilità secondo il diritto dalla Parte richiedente - siano adempiute e rinuncia a prescrivere all'autorità di assistenza ed al giudice svizzero l'obbligo di controllare la punibilità secondo il diritto della Parte richiedente. Ciò non toglie che - ove fosse dimostrato che tale presunzione non è in realtà
BGE 112 Ib 576 S. 594
adempiuta - la prestazione dell'assistenza sarebbe un chiaro abuso e che essa in simile evenienza dovrebbe essere rifiutata (MARKEES, SJK n. 421a, pag. 3 n. 2; cfr. anche SCHULTZ, Das neue Schweizer Recht der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen, SJZ 77/1981 pag. 105). D'altronde, una procedura incoata nello Stato richiedente per fatti manifestamente impunibili secondo la legislazione di questo, costituirebbe un procedimento che presenta "altre gravi deficienze" ai sensi dell'art. 2 lett. d AIMP, il che rappresenta motivo d'irricevibilità. Se ne deve concludere che l'
art. 64 cpv. 1 AIMP
non obbliga tassativamente all'esame della punibilità dei fatti secondo il diritto dello Stato richiedente, ma non vieta neppure un simile esame.
bb) Il testo dell'
art. 64 cpv. 1 AIMP
esige inoltre unicamente che l'atto perseguito all'estero denoti "gli elementi obiettivi di una fattispecie punibile secondo il diritto svizzero". Questa formulazione non deve indurre in errore. Essa non significa che basti accertare una punibilità "in abstracto" dei fatti oggetto della domanda, senza riferimento alla persona ed alla situazione concreta del perseguito, né che le condizioni soggettive della colpevolezza siano senza importanza. Come rileva giustamente SCHULTZ (Secret bancaire et entraide judiciaire internationale en matière pénale, pag. 41), un reato come il danneggiamento (art. 145 cpv. 1 CPS) è punibile soltanto se è stato commesso intenzionalmente (art. 18 cpv. 1 CPS): di conseguenza, per poter dar luogo ad assistenza, occorre che il delitto sia stato perpetrato con intenzione. Dal fatto per cui l'
art. 64 cpv. 1 AIMP
non menziona che gli elementi oggettivi del reato deriva che - se si eccettuano l'intenzione e la negligenza - gli altri elementi soggettivi particolari frequentemente evocati nel codice penale svizzero non sono richiesti per la concessione dell'assistenza. A questo proposito, la norma corrispondente relativa all'estradizione (
art. 35 cpv. 2 AIMP
) spiega del resto in modo più chiaro di che cosa si tratti, disponendo esplicitamente che la punibilità secondo il diritto svizzero è determinata senza tener conto delle particolari forme di colpa e condizioni di punibilità da questo previste (cfr. ad esempio,
DTF 109 Ib 326
consid. 11aa). Se ne deve concludere che l'esigenza della doppia incriminabilità è attenuata dall'AIMP tanto in materia d'estradizione (art. 35 cpv. 2) quanto in materia di piccola assistenza (art. 64 cpv. 1) in maniera analoga per quanto concerne le forme particolari e le condizioni di punibilità proprie del diritto svizzero; che in più, nella piccola assistenza, al requisito della doppia punibilità si rinuncia totalmente, allorquando si tratta di
BGE 112 Ib 576 S. 595
assumere prove a discarico del perseguito (
art. 64 cpv. 2 AIMP
); e che infine, sempre per l'assistenza accessoria, l'esame della punibilità del fatto secondo il diritto estero non è tassativamente richiesto. Che questa interpretazione sia corretta è confermato inoltre dalla circostanza che il legislatore, nel corso dei lavori parlamentari, ha stralciato il capoverso 3 dell'art. 32 e il capoverso 2 dell'
art. 60 del
progetto, i quali prevedevano che - eccezionalmente - tanto l'estradizione quanto l'altra assistenza potevano esser concesse anche per un fatto non punibile in Svizzera, qualora questo fosse punibile all'estero per circostanze particolari ed apparisse degno di pena anche secondo i principi generali del diritto svizzero (Boll.uff. CSt 1977 pag. 631, CN 1979 pag. 849; SCHULTZ, op.cit., in SJZ 77/1981 pag. 95), e ciò nonostante che il progetto riprendesse analoga norma già contenuta nella cessata LEstr del 1892 (art. 4 in fine). Il legislatore ha così manifestato la volontà di mantenere il principio della doppia incriminazione - sia pure attenuato come s'è visto - non solo nel campo dell'estradizione, ove esso è internazionalmente ammesso, ma anche in quello della piccola assistenza, dove costituisce una radicata tradizione del solo diritto patrio (cfr. FF 1966 I pag. 441 segg., in part. 446).
bc) Le disposizioni di cui s'è detto sopra debbono poi esser poste in relazione con gli
art. 6 e 67 AIMP
. La prima di queste norme prevede che se il reato contestato al perseguito ricade sotto parecchie disposizioni penali svizzere, si può dar seguito alla domanda soltanto per le fattispecie per le quali non sussistano motivi d'esclusione e se sia garantito che lo Stato richiedente osservi le condizioni poste (cpv. 1): se ne deduce, in relazione anche col capoverso 2, che l'assistenza dev'essere rifiutata parzialmente - essendo in gioco l'applicazione di misure coercitive - per quella parte dei fatti addebitati al perseguito che, punibili secondo il diritto estero, non lo sarebbero secondo il diritto svizzero. Verso gli Stati aderenti alla CEAG, non è però richiesto l'ottenimento dell'assicurazione preventiva del rispetto delle condizioni poste (art. 6 cpv. 1 in fine AIMP), poiché essa è implicita nell'obbligo di fedeltà alla Convenzione (
DTF 107 Ib 271
/72 consid. 4b, 106 Ib 269,
DTF 104 Ia 57
segg. consid. 5b; GAUTHIER, La nouvelle législation suisse sur l'entraide internationale en matière pénale, RPS 101/1984 pagg. 62/63). Infine, l'
art. 67 cpv. 1 AIMP
precisa che lo Stato richiedente non può usare le informazioni ottenute né a scopo d'indagine né come mezzi di prova in procedimenti vertenti su fatti per cui
BGE 112 Ib 576 S. 596
l'assistenza è inammissibile e che qualsiasi altro uso sottostà al preventivo consenso dell'Ufficio federale. Certo, con questa disposizione il legislatore federale non ha voluto inibire in modo assoluto l'utilizzazione delle informazioni fornite per qualsiasi altro procedimento, sia verso lo stesso prevenuto, ma per fatti diversi da quelli menzionati nella domanda, sia verso altri prevenuti non indicati nella domanda, quali ad esempio i coautori o i complici. Nella prima frase dell'
art. 67 cpv. 1 AIMP
, il legislatore ha inteso riferirsi a quelle procedure che riguardano segnatamente i reati fiscali e politici, ai quali la Convenzione si applica, ma nei quali l'assistenza è esclusa in virtù delle riserve formulate e del diritto interno, nonché i delitti militari, ai quali la Convenzione non si applica: l'esclusione dell'utilizzazione delle informazioni fornite (specialità) per tali categorie di reati va, per quanto s'è detto sopra (consid. 11a), segnalata con precisione in occasione di ogni trasmissione all'autorità estera, ciò che d'altronde l'UFP fa con l'uso di un apposito formulario. Nella seconda frase dell'
art. 67 cpv. 1 AIMP
(obbligo del consenso preventivo) si fa allusione invece a quelle procedure - verso il perseguito o altre persone - che concernono reati del diritto comune non menzionati nella domanda, per i quali l'assistenza è ammissibile in linea di principio, ma potrebbe nondimeno esser negata nel caso concreto per circostanze particolari. L'obbligo dello Stato richiedente di domandare il consenso dell'UFP per l'ulteriore utilizzazione delle informazioni ricevute quali mezzi di prova, al fine di perseguire reati o prevenuti diversi da quelli indicati nella domanda originale, deve garantire che l'assistenza fornita non venga utilizzata in casi per i quali - fossero essi stati posti sin dall'inizio alla base della domanda - l'assistenza stessa sarebbe stata rifiutata (SCHULTZ, Secret bancaire et entraide judiciaire internationale en matière pénale, pag. 45; GAUTHIER, op.cit., RPS 101/1984 pag. 77). Una diversa interpretazione dell'art. 67 cpv. 1, seconda frase AIMP, che volesse escludere il perseguimento di ogni altro reato di diritto comune dalla nozione di "qualsiasi altro uso" di cui è discorso in codesta norma non potrebbe esser accolta, poiché sarebbe atta a vanificare il principio della doppia incriminazione consacrato nel diritto svizzero e nella riserva formulata dalla Svizzera a tal proposito.
Che l'interpretazione degli
art. 6 e 67 cpv. 1 AIMP
qui sostenuta sia corretta, si ricava d'altronde dalla lettura dell'
art. 5 del
Trattato sull'assistenza giudiziaria in materia penale concluso il 25 maggio
BGE 112 Ib 576 S. 597
1973 con gli Stati Uniti d'America, ove le condizioni e i limiti di utilizzabilità delle informazioni ottenute dallo Stato richiedente - anziché esser fatti dipendere di volta in volta da condizioni formulate all'atto della trasmissione, in applicazione della riserva generale alla CEAG (art. 2 lett. b) - sono stati chiaramente e direttamente precisati. Ora, non v'è motivo per ritenere che l'autorità svizzera debba ispirarsi a criteri più larghi di quelli stabiliti dal Trattato USA nei casi retti dalla Convenzione europea, dove essa deve indicare di caso in caso le limitazioni dell'uso del materiale probatorio imposte allo Stato richiedente.
12.
a) La CEAG non si applica alla consegna di oggetti - valori patrimoniali compresi - che costituiscono il bottino del reato. Essa non contiene infatti alcuna disposizione analoga a quella dell'art. 20 par. 1 lett. b della Convenzione europea d'estradizione, che prevede la consegna del productum sceleris: solo con la Repubblica Federale di Germania e con l'Austria la Svizzera ha stipulato convenzioni bilaterali complementari che estendono la consegna, al di là di quella dei mezzi di prova menzionati dall'
art. 3 CEAG
, a quella degli oggetti provenienti dal reato ed al ricavo della loro realizzazione (art. II cpv. 3 dell'Accordo 13 novembre 1969 con la Repubblica Federale di Germania; art. II n. 3/8 dell'Accordo 13 giugno 1972 con la Repubblica Austriaca; sentenza 2 luglio 1986 in re Gelli, destinata a pubblicazione, consid. 5b). L'inapplicabilità della CEAG in questo campo risulta - oltre che dal fatto che l'art. 3 par. 1 si limita a menzionare come oggetto delle commissioni rogatorie gli atti istruttori, i mezzi di prova, gli inserti o i documenti, senza far allusione al productum sceleris - anche dall'art. 1 par. 2 che precisa che la Convenzione non si applica - tra l'altro - all'esecuzione delle condanne: ora, la consegna del prodotto del reato ha senso unicamente se si tratta di garantire allo Stato richiedente la (futura) esecuzione di una sentenza di confisca di detto prodotto o di condanna alla restituzione di esso alla vittima del reato (cfr.
DTF 99 Ia 92
/93 consid. 6b; RAPPORT EXPLICATIF SUR LA CONVENTION EUROPÉENNE D'ENTRAIDE JUDICIAIRE EN MATIÈRE PÉNALE, già citato, ad art. 1 pag. 12; DUSSAIX, Quelques problèmes relatifs à l'application pratique du point de vue judiciaire de la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale, Consiglio d'Europa, Strasburgo 1971, pag. 37 segg. in part. 43).
b) Per contro, la giurisprudenza del Tribunale federale ha sin qui lasciato aperta la questione di sapere se la CEAG non si applichi
BGE 112 Ib 576 S. 598
almeno al sequestro conservativo del provento del reato e/o della realizzazione di esso. Contro la sua applicabilità in tale campo si adduce che il sequestro conservativo è misura cautelare e preventiva destinata ad assicurare l'esecuzione di una confisca o di un giudizio di condanna alla restituzione in favore della vittima e che pertanto - esclusa la consegna per le ragioni testé indicate - dev'essere esclusa anche l'adozione di misure preparatorie in vista di tale consegna (
DTF 99 Ia 92
/93 consid. 6b). In favore dell'applicabilità, si può addurre che - tenuta a prestare "l'assistenza giudiziaria più ampia possibile" (
art. 1 par. 1 CEAG
) - la Parte richiesta deve quantomeno cooperare per impedire, mediante una procedura snella e sollecita, la temuta dispersione, l'ulteriore occultamento o la distruzione del frutto del reato, al fine di consentire allo Stato richiesto e/o alle vittime del delitto di avviare poi delle procedure per il ricupero dei beni sequestrati nel territorio di quest'ultimo Stato (
DTF 99 Ia 93
/94 consid. 6c). Anche a questo argomento si può invero opporre che l'obbligo stabilito dalla Convenzione di prestare l'assistenza più larga possibile non abbraccia che il campo di applicazione della Convenzione stessa: in
DTF 106 Ib 341
segg., statuendo in un caso anteriore all'entrata in vigore dell'AIMP, il Tribunale federale ha comunque giudicato che la CEAG non fa perlomeno ostacolo all'adozione di un sequestro conservativo e che il fatto che un Cantone lo avesse concesso in favore di una vittima del reato applicando il diritto cantonale interno, allora unicamente determinante, e dando seguito alla domanda di assistenza in misura più larga di quanto la CEAG imponesse, non costituiva violazione né del diritto convenzionale né dell'ulteriore diritto federale (sentenza citata, pag. 346 consid. 3d).
Nel caso in esame, la questione di sapere se le autorità italiane possano esigere in virtù della CEAG l'adozione di sequestri conservativi del genere di quelli qui richiesti ma controversi, onde sussisterebbe un obbligo internazionale della Svizzera di dar seguito alla loro domanda, oppure se al contrario la Parte richiedente debba rimettersi puramente e semplicemente alla normativa interna della Parte richiesta, che non fonda alcun diritto per lo Stato richiedente alla cooperazione internazionale in materia penale (
art. 1 cpv. 4 AIMP
), può rimanere tuttavia ancora aperta, per le ragioni che si esporranno in seguito.
c) Il diritto federale interno prevede la consegna di oggetti provenienti dal reato nel settore dell'estradizione agli art. 34
BGE 112 Ib 576 S. 599
cpv. 1, 59 cpv. 1 e 60 AIMP, e nel settore dell'altra assistenza all'
art. 74 AIMP
.
ca) Il capoverso primo di quest'ultima disposizione precisa tra l'altro che gli oggetti, segnatamente i documenti, e i beni che possono essere sequestrati secondo il diritto svizzero sono, a richiesta, messi a disposizione delle autorità competenti in materia di cause penali, se possono essere importanti per la loro decisione. La questione di sapere se questi oggetti contemplati nell'
art. 74 cpv. 1 AIMP
debbano esser messi a disposizione non solo per la loro importanza probatoria, ma anche ai fini di una loro confisca da parte dello Stato richiedente sembra doversi risolvere negativamente dal momento che, per il rinvio all'art. 59 contenuto nel capoverso 3, all'atto della loro consegna può (ma non deve) esserne chiesta la restituzione gratuita. Tuttavia, per il carattere non cogente dell'
art. 59 cpv. 2 AIMP
, non è escluso che, rinunciando alla restituzione, la Svizzera come Stato richiesto possa consentire anche la loro confisca da parte dello Stato richiedente. Si osservi che una confisca da parte del giudice svizzero del prodotto del reato, con eventuale devoluzione alla vittima ai sensi degli art. 58 cpv. 1 lett. a, 58bis, 59 o 60 CPS presupporrebbe che la legge svizzera sia applicabile al reato secondo gli
art. 3 a 6
bis CPS o secondo il principio dell'universalità sancito ad esempio dagli art. 202 n. 5 CPS e 19 n. 4 LS (cfr. SCHULTZ, Die Einziehung, der Verfall von Geschenken und anderen Zuwendungen sowie die Verwendung zugunsten des Geschädigten gemäss StGB rev. Art. 58 ff., Kriminalistisches Institut des Kantons Zürich, 1977, pag. 20), condizioni di cui nessuna sarebbe adempiuta nel caso in rassegna.
cb) L'
art. 74 cpv. 2 AIMP
specifica inoltre che gli "altri oggetti" - cioè quelli che a differenza del capoverso 1 non sono importanti per la decisione dell'autorità estera - e i beni provenienti da un reato possono esser consegnati, a scopo di restituzione all'avente diritto, anche indipendentemente dal procedimento penale nello Stato richiedente. Per lo scopo di questa consegna, un obbligo di restituzione ai sensi degli
art. 74 cpv. 3 e 59 AIMP
non entra manifestamente in considerazione: la Svizzera in tal caso rinuncia anzi ai pegni doganali o a qualsiasi altra garanzia giusta il diritto doganale o fiscale svizzero, salvo il caso in cui il proprietario leso dal reato sia lui stesso debitore della tassa (
art. 60 cpv. 1 AIMP
); eventualmente tale rinuncia può esser subordinata alla reciprocità (
art. 60 cpv. 2 AIMP
; cfr. SCHULTZ, Das neue Schweizer Recht der iternationalen Zusammensrbeit in Strfsachen, Zeitschrift für die
BGE 112 Ib 576 S. 600
gesamte Strafrechtswissenschaft, 96/1984 pagg. 609/10).
cc) Dalle disposizioni surriferite si deve dedurre che, in linea di principio, il diritto svizzero non esclude una consegna del provento del reato allo Stato richiedente ai fini di confisca o per la restituzione all'avente diritto. Altra questione è però quella di sapere se tale consegna non debba esser negata allorquando il provento del reato consista in imposte o tasse sottratte al fisco estero: se è vero che la Svizzera può prestare l'assistenza per una truffa fiscale in virtù dell'art. 3 cpv. 3, seconda frase AIMP - in eccezione alla regola d'irricevibilità sancita dall'art. 3 cpv. 3, prima frase, per le domande concernenti decurtazione di tributi o violazione di provvedimenti di politica monetaria, commerciale od economica - è altrettanto vero infatti che, anche in questo caso, una consegna alla Parte richiedente del prodotto della sottrazione fiscale equivarrebbe all'(anticipata) esecuzione di decisioni estere in materia fiscale, decisioni alle quali la prassi svizzera si è sempre rifiutata di dar seguito (FREI, Aspetti procedurali della nuova legge svizzera, in L'assistenza internazionale in materia penale in Svizzera, Milano 1983, pag. 46 n. 7). Ai fini del giudizio, tale questione non merita tuttavia, come ancora si vedrà, maggiore approfondimento e può in particolare rimanere aperta quella di sapere se - come sostenuto nel gravame della Banca X. con riferimento all'opinione di codesto autore - l'esclusione della futura consegna implichi anche il rifiuto di misure provvisionali (
art. 18 AIMP
) destinate ad assicurarla, quali il sequestro conservativo.
cd) Secondo l'
art. 18 AIMP
, a espressa domanda dello Stato estero possono esser prese misure provvisionali per mantenere lo stato esistente, per salvaguardare interessi giuridici minacciati o per assicurare prove in pericolo, purché il procedimento giusta la stessa legge non appaia manifestamente inammissibile o inappropriato. In caso di pericolo nel ritardo, esse possono esser ordinate dall'UFP - se sussistono certe condizioni - non appena annunciata la domanda.
Nella misura in cui i provvedimenti di sequestro adottati in casu dal Giudice istruttore si riferiscono alla documentazione bancaria quale mezzo di prova, essi non danno luogo ad osservazioni. Più delicata è invece la questione, nella misura in cui - relativamente ai ricorrenti A. e M. e ad altre sette persone, fra cui potrebbero esserci clienti della Banca X. - è stato ordinato il sequestro di ogni avere patrimoniale, siccome suscettibile di costituire il provento o profitto del reato.
BGE 112 Ib 576 S. 601
Infatti, secondo le indicazioni fornite nella domanda italiana e nella relativa documentazione, tale provento illecito sarebbe costituito, trattandosi di funzionari, del prezzo della corruzione e, trattandosi di operatori privati, di tributi sottratti al fisco italiano tramite una truffa fiscale.
Per proventi del reato di questa natura, una restituzione ad un danneggiato privato è concettualmente esclusa: una futura applicazione dell'
art. 74 cpv. 2 AIMP
(consegna a scopo di restituzione all'avente diritto) non entra pertanto in linea di conto, onde non si giustifica - a tal proposito - neppure il sequestro conservativo. Per contro, secondo quel che s'è visto sopra, non è vietata dall'AIMP una consegna alla Parte richiedente di averi patrimoniali che costituiscono la mercede della corruzione, e ciò ai fini di confisca, analogamente a quanto prevede l'art. 58 cpv. 1 lett. a CPS. Una consegna degli importi sottratti al fisco mercé truffa fiscale è invece esclusa, almeno secondo la prassi sin qui seguita dalle autorità svizzere, dalla quale non v'è ragione di scostarsi: sia che vi sia stata truffa fiscale per la quale si può concedere assistenza, sia che si tratti di semplice sottrazione di tributi, per la quale l'assistenza è esclusa (
art. 3 cpv. 3 AIMP
), il provento è in un caso e nell'altro costituito di un tributo sottratto e la consegna equivarrebbe all'esecuzione anticipata di una decisione fiscale estera. Tuttavia, per il momento, non si tratta di decidere in merito alla consegna, ma solo di adottare provvedimenti per il mantenimento della situazione di fatto. Ora, allo stato attuale delle indagini, non si può in linea di principio scartare l'ipotesi che i profitti accantonati con l'elusione delle tasse sulla fabbricazione dei petroli siano stati sottratti - nonché al fisco - anche alle società per mezzo delle quali gli operatori economici agivano. Al Tribunale federale è noto - attraverso sentenze di estradizione che concernono casi analoghi (
DTF 112 Ib 225
segg.; sentenza 19 dicembre 1984 in re Chiabotti) - che in Italia pendono anche processi per bancarotta fraudolenta: in simile evenienza, l'esistenza di danneggiati che potrebbero eventualmente porsi al beneficio dell'
art. 74 cpv. 2 AIMP
non può essere esclusa. La misura conservativa - se ricorrono gli altri estremi dell'assistenza, che restano da esaminare - si giustifica pertanto e può essere mantenuta, e la censura sollevata nel ricorso della Banca X. per quanto riguarda l'eventuale sottrazione fiscale deve - per il momento e sino a miglior accertamento - essere respinta. Tuttavia, per evitare il prolungarsi indefinito di un blocco di averi che potrebbe rivelarsi ingiustificato o sproporzionato,
BGE 112 Ib 576 S. 602
l'autorità cantonale, rispettivamente l'UFP in sede di trasmissione degli atti, debbono invitare l'autorità italiana, fissando un congruo termine, a fornire delucidazioni al proposito e a precisare le sue domande, con la comminatoria che - in difetto di tale richiesta - il sequestro conservativo decadrà (cfr., per una soluzione analoga, la sentenza 9 aprile 1986 in re Kiehne, ove si trattava del sequestro di averi patrimoniali intestati alla moglie di un prevenuto di corruzione passiva). A questo proposito si può sin d'ora rilevare che - per il mantenimento del sequestro conservativo - sarebbe sufficiente che la competente autorità italiana dimostrasse che la confisca dei prodotti del reato, analogamente a quanto accade nel diritto svizzero, forma oggetto del procedimento penale e sarà decisa da un giudice: in tale evenienza - di norma - il sequestro conservativo potrebbe esser mantenuto sino alla decisione definitiva sulla confisca.
13.
a) (...)
b) In taluni ricorsi si evoca a proposito della truffa fiscale la questione della prescrizione. Giusta l'art. 5 cpv. 1 lett. c AIMP la domanda è irrecevibile se - implicando essa come in casu misure coercitive - l'azione penale sarebbe esclusa secondo il diritto svizzero a causa della prescrizione assoluta. La durata della prescrizione assoluta è di sette anni e mezzo (
art. 11 cpv. 2 DPA
). Tuttavia, secondo il disposto speciale dell'
art. 11 cpv. 3 DPA
, la prescrizione è tra l'altro sospesa per i delitti e le contravvenzioni durante i procedimenti d'opposizione, di reclamo o giudiziari circa l'obbligo di pagamento o restituzione o circa altre questioni pregiudiziali da decidere secondo la singola legge amministrativa, e nelle more di questi procedimenti non corre neppure la prescrizione assoluta (
DTF 110 Ib 312
e rif.,
DTF 100 Ib 275
/76; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, vol. I, 3a ediz., pagg. 228/29); per il resto valgono le disposizioni generali del codice penale e segnatamente l'art. 71, secondo cui, se il reato è stato eseguito mediante atti successivi, la prescrizione decorre dal giorno in cui è stato compiuto l'ultimo atto, e se il reato è continuato per un certo tempo, dal giorno in cui è cessata la continuazione (cfr.
DTF 106 IV 83
/84,
DTF 104 IV 267
/68 consid. 2,
DTF 102 Ib 222
/23 consid. 2).
Nel caso in esame, i fatti incriminati si situano tra il 1974 e il 1979: tenendo conto delle disposizioni appena citate, e soprattutto dell'
art. 11 cpv. 2 DPA
, si deve concludere che la prescrizione non sarebbe ancora intervenuta secondo il diritto svizzero. Che essa si
BGE 112 Ib 576 S. 603
sia eventualmente verificata sotto il profilo del diritto italiano non è neppure affermato.
c) (...)
d) I congiunti dei perseguiti, cioè le ricorrenti R. e M. ed eventuali altri parenti fra i clienti della Banca X. non figurano imputati o sospettati negli atti all'appoggio della domanda italiana: in ogni caso, per questi congiunti, la domanda non indica quali fatti circostanziati siano posti a loro carico e sarebbe quantomeno irricevibile per insufficienze formali (
art. 14 par. 1 lett. b e par. 2 CEAG
,
art. 28 cpv. 3 lett. a AIMP
). Segnatamente, l'autorità italiana non espone per quali fatti questi congiunti dei funzionari potrebbero essersi resi colpevoli quali complici o coautori di delitti di violazione dei doveri d'ufficio, di falsi, di abusi di potere o di truffe fiscali. Nemmeno sono sostanziati fatti, né è elevato il sospetto circostanziato di favoreggiamento (art. 305 CPS); quanto ad un'ipotetica ricettazione (art. 144 CPS) - a parte la carenza di un esposto dei fatti, che comporta l'irricevibilità della domanda - farebbe difetto per il diritto svizzero il requisito della punibilità, la ricettazione presupponendo quale reato precedente un delitto volto contro il patrimonio, ciò che non costituisce la corruzione passiva (art. 315 CPS), che è un delitto contro i doveri d'ufficio (
DTF 101 IV 405
consid. 2; sentenza 22 ottobre 1986 in re UFP c. Procura pubblica del Canton Zurigo; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 3a ediz., pag. 286). D'altronde - a ben vedere - la domanda italiana è formulata nel procedimento che vede prevenuti solo i funzionari corrotti o gli operatori economici loro corruttori, e basta pertanto prendere atto di codesta circostanza. Per quanto si è esposto sopra (consid. 11a/b) e per evitare ogni rischio ed equivoco, va precisato comunque in occasione della trasmissione che ogni uso della documentazione fornita, vuoi per investigazioni vuoi per procedimenti nei confronti di familiari dei funzionari inquisiti, dovrà essere preceduto da una circostanziata nuova domanda diretta all'UFP.
Questa precisazione in punto all'utilizzabilità delle informazioni non significa per nulla che i congiunti degli ufficiali inquisiti possano sottrarsi agli accertamenti che la domanda italiana, a buon diritto, chiede siano estesi anche nei loro confronti, né al sequestro conservativo e neppure alla trasmissione della documentazione all'Italia. A torto essi invocano infatti la qualità di terzi non implicati ai sensi dell'
art. 10 AIMP
. Come il Tribunale federale ha più volte ribadito, dev'esser
BGE 112 Ib 576 S. 604
negata la protezione accresciuta che questa norma accorda - senza violazione degli obblighi convenzionali (cfr.
art. 3 par. 1 CEAG
) - ai terzi non implicati, poiché tale qualità non può esser riconosciuta a chi - anche in buona fede - fosse suscettibile d'esser stato utilizzato dall'autore perseguito come istrumento per commettere il reato o nasconderne il prodotto. Ora, è sostanziato il sospetto che somme o beni costituenti il prezzo della corruzione possano esser affluiti su conti o depositi al nome dei congiunti (cfr.
DTF 107 Ib 260
/61,
DTF 105 Ib 429
; sentenze 18 settembre 1984 in re A. e M.): solo se dopo il controllo delle relazioni bancarie dovesse avverarsi che taluni depositi, normalmente costituiti, sono del tutto estranei ai fatti oggetto della domanda italiana, la trasmissione dovrebbe essere evitata, poiché nessun rapporto sussisterebbe con il fatto (
DTF 107 Ib 255
/56 consid. 2bb; SCHULTZ, Secret bancaire et entraide judiciaire internationale en matière pénale, pag. 23).
e) (Situazione particolare del ricorrente S., a cui l'UFP riconosce la qualità di terzo non implicato ai sensi dell'
art. 10 AIMP
: accoglimento della conclusione subordinata contenuta nel suo ricorso e tendente all'eliminazione di ogni indicazione concernente le sue generalità al momento della trasmissione degli atti.)
14.
Per quanto riguarda il sequestro conservativo dei beni patrimoniali ordinato, la CRP sembra essere dell'opinione che non spetterebbe all'autorità svizzera di determinare se i beni sequestrati costituiscano effettivamente un productum sceleris. Questa opinione non può essere condivisa ed abbisogna di precisazione, in quanto occorre distinguere fra i mezzi di prova ed i proventi del reato.
a) Per i mezzi di prova la Parte richiesta non può certo trasmettere in blocco tutti gli atti della relazione bancaria in modo acritico e indeterminato. L'
art. 3 par. 1 CEAG
prevede infatti la trasmissione di mezzi di prova, inserti o documenti, e sottintende che essi debbono possedere rilevanza per il procedimento in corso. L'
art. 63 AIMP
precisa il concetto, sottolineando che le informazioni sono da trasmettere in quanto sembrino necessarie "all'estero per un procedimento in materia penale o servano a reperire il corpo del reato" (cpv. 1). Quando - il che qui non è il caso, salvo che per il ricorrente S. - sono in gioco gli interessi legittimi di terzi non implicati ai sensi dell'
art. 10 AIMP
, le informazioni sono da trasmettere solo se esse appaiono indispensabili per l'accertamento dei fatti e solo se l'importanza del reato lo giustifichi.
BGE 112 Ib 576 S. 605
Fatta eccezione di questo caso particolare, l'esame dell'idoneità dei mezzi di prova è circoscritto ad un giudizio prima facie e d'apparenza: per il resto, la valutazione definitiva del materiale probatorio, come il giudizio sulla colpevolezza, sono riservati al giudice estero del merito (cfr., mutatis mutandis, per il caso dell'estradizione,
art. 20 par. 1 lett. a CEEstr
e sentenza 2 luglio 1986 in re Gelli, consid. 7a).
b) Più rigoroso, invece, dev'essere l'esame inteso a sapere se certi beni patrimoniali costituiscono il prodotto del reato. La CEAG non contiene disposizioni al proposito e, come s'è visto, non si estende a tale campo. L'
art. 74 cpv. 2 AIMP
, relativo alla consegna a scopo di restituzione all'avente diritto, specifica chiaramente che deve trattarsi di oggetti o beni provenienti da un reato. A questo proposito occorre quindi che, perlomeno sotto la visuale della verosimiglianza, essi appaiano direttamente o indirettamente (SCHULTZ, Das schweiz. Auslieferungsrecht, pagg. 512/13) acquisiti per mezzo del delitto. Un indiscriminato sequestro di beni patrimoniali che non provengano dal reato oggetto della domanda d'assistenza e la successiva consegna alla Parte richiedente non sono infatti coperti dalla legge e lederebbero i diritti dei titolari (cfr., mutatis mutandis, sentenza Gelli consid. 10a,
DTF 103 Ia 622
consid. 4a e
DTF 97 I 383
/84).
Nelle circostanze concrete, il sequestro cautelativo ordinato si giustifica (supra, consid. 12d); tuttavia, l'autorità cantonale dev'essere invitata a riesaminarne più da vicino la giustificazione con riguardo alla provenienza di tali beni, non appena essa avrà controllato la documentazione bancaria.
16.
Da quanto sopra discende che tutti i ricorrenti soccombono nelle loro domande principali tendenti al rifiuto puro e semplice dell'assistenza giudiziaria. Parzialmente essi ottengono invece soddisfazione in punto alle modalità, da cui tale assistenza dev'esser fatta dipendere, ed alle precisazioni da portare a conoscenza delle autorità italiane; pure parziale soddisfazione i ricorrenti ottengono sulla questione del successivo riesame del provvedimento di sequestro e sul termine che dev'essere fissato all'autorità richiedente per fornire delucidazioni e precisare su tal punto le proprie domande, pena la decadenza della misura conservativa. Dal canto suo, S. vede accolta la domanda subordinata, volta all'eliminazione di ogni riferimento relativo alle sue generalità al momento della trasmissione degli atti.
Ciò trae seco come conseguenza che i ricorsi di R., di F., della Banca X., di M. e A., di B. e di C. debbono essere respinti ai sensi
BGE 112 Ib 576 S. 606
dei considerandi e che quello di S. dev'essere invece parzialmente ammesso, sempre nel senso dei considerandi. | public_law | nan | it | 1,986 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
468488d5-9043-4f1e-8b9b-8e21fdc4260f | Urteilskopf
116 IV 75
14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. März 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Fahren in angetrunkenem Zustand; Atemlufttest als Beweismittel (
Art. 55 Abs. 2 und
Art. 91 Abs. 1 SVG
,
Art. 138 VZV
;
Art. 249 BStP
).
Das Ergebnis eines Atemlufttests (im konkreten Fall 1,8%o) kann ohne Verletzung von Bundesrecht jedenfalls dann bei der Ermittlung des Alkoholisierungsgrades des Fahrzeuglenkers als Beweismittel mitberücksichtigt werden, wenn eine Blutprobe, etwa wegen der Weigerung des Fahrzeuglenkers, nicht abgenommen werden konnte. | Erwägungen
ab Seite 75
BGE 116 IV 75 S. 75
Erwägungen:
4.
Der Beschwerdeführer wendet ein, es liege "kein richtiger Beweis" für seine Fahruntüchtigkeit vor. Soweit er damit geltend machen will, bei der Beantwortung der Tatfrage nach dem Grad seiner Alkoholisierung (vgl.
BGE 105 IV 345
E. 1) hätte das Ergebnis des nach dem Gesagten rechtmässig angeordneten Atemlufttests
BGE 116 IV 75 S. 76
nicht in die Beweiswürdigung miteinbezogen werden dürfen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde zu prüfen ist.
a) Fahrzeugführer und an Unfällen beteiligte Strassenbenützer, bei denen Anzeichen von Angetrunkenheit vorliegen, sind geeigneten Untersuchungen zu unterziehen. Die Blutprobe kann angeordnet werden (
Art. 55 Abs. 2 SVG
). Die geeignete Untersuchungsmassnahme, der sich Fahrzeugführer und an Unfällen beteiligte Strassenbenützer zur Feststellung der Angetrunkenheit nach
Art. 55 SVG
zu unterziehen haben, ist die Blutprobe (
Art. 138 Abs. 1 VZV
). Zur Vorprobe kann ein Atemprüfgerät verwendet werden. Von den weiteren Untersuchungen wird abgesehen, wenn die Atemprobe einen Alkoholgehalt von weniger als 0,6 Gew.-%o ergibt (
Art. 138 Abs. 3 VZV
). Verweigert ein Verdächtigter die Blutentnahme oder die zusätzliche ärztliche Untersuchung, so ist er auf die Folgen (
Art. 91 Abs. 3 SVG
) aufmerksam zu machen (Abs. 4). Wenn wichtige Gründe vorliegen, kann die Blutprobe gegen den Widerstand des Verdächtigten durchgeführt werden (Abs. 5). Vorbehalten bleiben weitergehende Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts, ferner die Feststellung der Angetrunkenheit aufgrund von Zustand und Verhalten des Verdächtigten oder durch Ermittlung über den Alkoholkonsum und dergleichen, namentlich wenn die Blutprobe nicht vorgenommen werden kann (Abs. 6).
Art. 138 VZV
könnte die Auffassung nahelegen, dass der Atemlufttest nicht als Beweismittel für die Feststellung der Alkoholisierung berücksichtigt werden darf. Es fällt insbesondere auf, dass der Atemlufttest, der in
Art. 138 Abs. 3 VZV
ausdrücklich als Mittel zur Vorprobe erwähnt wird, in
Art. 138 Abs. 6 VZV
, welcher namentlich die Fälle betrifft, in denen keine Blutprobe vorgenommen werden kann, nicht als eine Massnahme zur Feststellung der Angetrunkenheit aufgeführt wird; angesichts dessen könnte es zweifelhaft sein, ob der Atemlufttest unter "und dergleichen" im Sinne von
Art. 138 Abs. 6 VZV
- "etc." bzw. "ecc." im französischen bzw. italienischen Text - eingeordnet werden kann.
b) Nach Sinn und Zweck von
Art. 55 Abs. 2 SVG
und
Art. 138 VZV
muss indessen jedenfalls in Fällen, in denen, etwa wegen der Weigerung des Fahrzeuglenkers, eine Blutprobe nicht abgenommen werden kann, auch das Ergebnis eines Atemlufttests berücksichtigt werden dürfen (vgl. auch
BGE 105 IV 345
E. 2b mit Hinweis). Die heute üblicherweise verwendeten Geräte
BGE 116 IV 75 S. 77
- im konkreten Fall ein Alcometer 'Lion S-D II' - sind vergleichsweise zuverlässig (vgl. auch das insoweit nicht publizierte Urteil des Bundesgerichts vom 13. März 1980 i.S. W. gegen AR, E. 3). Es besteht kein sachlicher Grund für die Auffassung, dass die Verurteilung eines Fahrzeuglenkers zwar etwa gestützt auf Zeugenaussagen über dessen Zustand bzw. Alkoholkonsum (vgl.
Art. 138 Abs. 6 VZV
) zulässig sein soll, dass dagegen das Ergebnis eines Atemlufttests (im konkreten Fall 1,8%o) nicht soll berücksichtigt werden dürfen. Dem eindeutigen Ergebnis eines Atemlufttests den Beweiswert abzusprechen, widerspräche im übrigen auch dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (
Art. 249 BStP
;
115 IV 268
E. 1).
c) Ob der Beweis einer 0,8%o übersteigenden Blutalkoholkonzentration ohne Willkür als erbracht betrachtet werden konnte, ist eine die Beweiswürdigung betreffende Frage, die im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde bejaht wurde. Daran knüpft
Art. 2 Abs. 2 VRV
die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung der Fahrunfähigkeit. | null | nan | de | 1,990 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46851539-5182-45f7-9404-d967a67f33eb | Urteilskopf
125 III 363
63. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 27 juillet 1999 dans la cause Assocation Maison du Bout-du-Monde contre Ville de Genève (recours en réforme) | Regeste
Erlöschen der Gebrauchsleihe (
Art. 309 und 310 OR
).
Ist die Dauer der Leihe weder durch die Vereinbarung der Parteien noch durch den vereinbarten Gebrauch begrenzt, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückverlangen. So verhält es sich, wenn der vereinbarte Gebrauch im Betrieb eines Kultur- und Freizeitzentrums besteht. | Sachverhalt
ab Seite 363
BGE 125 III 363 S. 363
A.-
Le 19 septembre 1984, la Ville de Genève a cédé gratuitement l'usage d'une villa à l'Association Maison du Bout-du-Monde pour que celle-ci y exerce son activité statutaire, à savoir l'exploitation d'un centre culturel et social.
Par lettre du 22 avril 1996, la Ville de Genève a informé l'association qu'elle lui retirait l'usage de la villa, lui impartissant un délai au 31 mai 1996 pour quitter les lieux.
B.-
Invoquant à la fois son droit à restitution et sa qualité de propriétaire, la Ville de Genève a déposé une demande en évacuation.
Par jugement du 23 avril 1998, le Tribunal de première instance du canton de Genève a ordonné l'évacuation de la villa.
Statuant sur appel de l'association, la Chambre civile de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 15 janvier 1999, a confirmé ce jugement.
C.-
L'Association Maison du Bout-du-Monde interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Invoquant une violation des
art. 309 et 310 CO
, elle conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale; subsidiairement, elle demande le déboutement de sa partie adverse.
Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme l'arrêt attaqué.
BGE 125 III 363 S. 364
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
a) Il n'est pas contesté que les parties sont convenues que l'intimée cédait gratuitement à la recourante l'usage de la villa pour qu'elle puisse y exercer son activité statutaire. Les parties admettent que leur convention relève du droit privé et il n'y a pas lieu d'y revenir. Leur accord se caractérise comme un prêt à usage au sens de l'
art. 305 CO
.
b) Selon l'
art. 309 al. 1 CO
, lorsque la durée du contrat n'a pas été fixée conventionnellement, le prêt à usage prend fin aussitôt que l'emprunteur a fait de la chose l'usage convenu, ou par l'expiration du temps dans lequel cet usage aurait pu avoir lieu. L'
art. 309 al. 2 CO
ajoute que le prêteur peut réclamer la chose, même auparavant, si l'emprunteur en fait un usage contraire à la convention, s'il la détériore, s'il autorise un tiers à s'en servir, ou enfin s'il survient au prêteur lui-même un besoin urgent et imprévu de la chose.
Selon l'
art. 310 CO
, le prêteur est libre de réclamer la chose quand bon lui semble si le prêt a été fait pour un usage dont le but ni la durée ne sont déterminés.
c) Les parties et le juge de première instance ont estimé qu'il s'agissait en l'espèce d'un prêt pour un usage convenu, au sens du titre marginal de l'
art. 309 CO
, de sorte que le prêteur ne -pouvait réclamer sa chose qu'aux conditions fixées par l'
art. 309 al. 2 CO
.
La cour cantonale a considéré en revanche qu'il fallait appliquer l'
art. 310 CO
et que le prêteur était libre de réclamer la chose en tout temps.
d) Si l'on devait suivre l'opinion des parties, il en résulterait que l'emprunteur - qui est une personne morale dont le but statutaire n'est pas limité dans le temps - pourrait conserver l'usage de la chose indéfiniment, sauf s'il viole le contrat ou si le prêteur peut invoquer un besoin qui est à la fois urgent et imprévu (cf.
art. 309 al. 2 CO
).
L'usage de la chose étant un attribut essentiel du droit de propriété, on ne peut déjà guère imaginer que le propriétaire s'en défasse contractuellement pour l'éternité. Au demeurant, le droit suisse n'admet pas la conclusion de contrats «éternels» (cf.
ATF 114 II 159
consid. 2a p. 161 et les références).
Une telle conception irait à l'encontre de la nature du prêt à usage, qui fait de la restitution l'obligation principale de l'emprunteur (
art. 305 CO
).
BGE 125 III 363 S. 365
On ne voit pas pourquoi un prêteur - qui fait une libéralité en cédant l'usage gratuitement - devrait être moins bien traité qu'un bailleur, lequel pourrait, en pareilles circonstances, donner congé au locataire (cf.
art. 266a ss CO
).
Les parties interprètent donc les
art. 309 et 310 CO
d'une manière insoutenable.
e) Le prêt à usage est un contrat par lequel le prêteur s'oblige à céder gratuitement l'usage d'une chose que l'emprunteur s'engage à lui rendre après s'en être servi (
art. 305 CO
). Il s'agit donc d'un contrat qui porte sur la cession de l'usage d'une chose pendant une certaine durée (cf. Tercier, Les contrats spéciaux, 2e éd., n. 2296 et 2299).
Dans un contrat de durée, les parties peuvent en principe convenir, expressément ou tacitement, de la durée de leur engagement; dans ce cas, elles sont liées par la parole donnée et ne peuvent mettre fin prématurément au contrat qu'en invoquant la «clausula rebus sic stantibus» ou un juste motif prévu spécialement par la loi ou le contrat. Si la durée n'a pas été fixée expressément ou tacitement, chacune des parties peut donner congé en respectant le délai et le terme prévus par la loi ou le contrat. On retrouve les mêmes mécanismes dans tous les contrats d'usage, qui sont, par nature, des contrats de durée (pour le bail à loyer, cf. art. 257d, 257f, 258, 259b, 261, 263, 266 ss CO; pour le bail à ferme, cf. art. 282, 285, 288, 290, 292, 293, 295 ss CO; pour le prêt de consommation, cf.
art. 318 CO
; pour le bail à ferme agricole, cf.
art. 7, 8, 16 ss LBFA
[loi fédérale sur le bail à ferme agricole; RS 221.213.2]).
Il n'y a pas de raison que le législateur ait adopté des mécanismes différents pour le prêt à usage. Les art. 309 à 311 CO, qui règlent la question de l'extinction du prêt à usage, doivent donc être interprétés en harmonie avec les dispositions traitant de la même question pour d'autres contrats d'usage.
Les art. 309 à 311 CO règlent donc la durée du contrat, la résiliation anticipée et le congé ordinaire.
f) Contrairement à ce que suggèrent les parties, la doctrine ne s'exprime pas dans un sens différent.
TERCIER distingue clairement entre le contrat fait pour une durée indéterminée (op.cit., n. 2331) et le contrat fait pour une durée déterminée (op.cit., n. 2332). Les hypothèses prévues par l'
art. 309 al. 2 CO
et par l'
art. 311 CO
(mort de l'emprunteur) sont qualifiées de causes extraordinaires d'extinction du contrat (op.cit., n. 2333 à 2336).
BGE 125 III 363 S. 366
BECKER parle de résiliation avant terme dans les hypothèses de l'
art. 309 al. 2 CO
(Commentaire bernois, n. 3 et 4 ad
art. 309-311 CO
) et explique que si la durée du prêt n'est pas limitée par le but convenu ou d'une autre manière, l'emprunteur peut le révoquer en tout temps (op.cit., n. 5 ad
art. 309-311 CO
).
SCHÄRER explique que la durée du contrat peut être déterminée en convenant d'une certaine période dans le temps ou en prévoyant un certain usage (Commentaire bâlois, n. 2 ad
art. 309 CO
); dans ce cas, les motifs extraordinaires d'extinction prévus par l'
art. 309 al. 2 CO
sont applicables (op.cit., n. 3 ad
art. 309 CO
). Si le prêt est d'une durée indéterminée, il faut appliquer l'
art. 310 CO
dont la formulation n'est pas très heureuse (op.cit., n. 1 ad
art. 310 CO
).
Engel explique que le terme peut être fixé par le contrat ou résulter de l'usage accompli; si l'usage n'est pas limité dans le temps ni défini par une utilisation spécifique, le prêteur peut révoquer le prêt, en tout temps, sans délai, comme bon lui semble (Contrats de droit suisse, p. 246).
g) Selon la ratio legis, l'usage mentionné par l'
art. 309 al. 1 CO
ne peut être qu'un usage qui permet de délimiter la durée du contrat.
Cela résulte de l'adjonction à l'
art. 309 al. 1 CO
des mots «ou par l'expiration du temps dans lequel cet usage aurait pu avoir lieu». Si l'emprunteur tarde à faire l'usage convenu, le contrat s'éteint lorsqu'il aurait pu le faire en agissant de bonne foi.
Cette interprétation est encore confirmée par les mots «même auparavant» qui figurent à l'
art. 309 al. 2 CO
et qui montrent que cette disposition régit une résiliation anticipée.
La doctrine a d'ailleurs donné des exemples d'usage convenu (au sens de l'
art. 309 al. 1 CO
) qui ne laissent planer aucun doute: elle évoque le prêt d'un cheval pour un cours militaire (BECKER, op.cit., n. 2 ad
art. 309-311 CO
), le prêt de bijoux pour un bal ou celui d'une Rolls-Royce pour une réception (ENGEL, ibid.).
h) Les
art. 309 et 310 CO
doivent donc être interprétés de la manière suivante. Si la durée du prêt a été déterminée, par un terme, une durée ou l'usage convenu, les parties sont liées par cet accord et le prêteur ne peut réclamer sa chose de façon anticipée qu'aux conditions de l'
art. 309 al. 2 CO
. Si la durée du prêt ne peut pas être déterminée, ni par la convention des parties ni par l'usage convenu, le prêteur peut réclamer la chose en tout temps (
art. 310 CO
).
Cette interprétation restrictive trouve sa justification dans le caractère gratuit de la prestation du prêteur (cf., à ce sujet, Gauch, System der Beendigung von Dauerverträge, Fribourg 1968, p. 59). Elle
BGE 125 III 363 S. 367
est confirmée, du reste, par l'interprétation qui est faite de la disposition comparable du droit français (art. 1888 du Code civil français), la doctrine traitant comme un prêt à durée indéterminée - résiliable en tout temps par le prêteur - celui qui se caractérise par le fait que l'usage convenu ne comporte en lui-même aucune limite de temps (cf., parmi d'autres, Grua, Prêt à usage, in Juris-Classeurs, 1993, Fasc. 30, n. 24 ad art. 1888 à 1891 CCF).
i) En l'espèce, il n'est pas contesté que les parties n'ont pas fixé la durée du prêt. L'usage convenu - l'exploitation par une personne morale d'un centre culturel et social - ne permet en aucune façon de limiter le prêt dans le temps. On ne peut dire en effet quand la recourante a fait l'usage convenu ou aurait pu le faire en agissant de bonne foi (
art. 309 al. 1 CO
). Le cas s'écarte donc totalement des hypothèses de l'
art. 309 al. 1 CO
, telles que le prêt d'un stylo pour signer une lettre, d'une bicyclette pour aller à la poste, de bijoux pour une soirée, d'une voiture pour un voyage, d'un logement pendant des études universitaires, etc. Lorsque - comme c'est ici le cas - la convention des parties ne permet de discerner aucune limite dans le temps, il s'agit d'un prêt d'une durée indéterminée, ce qui entraîne l'application de l'
art. 310 CO
, et non de l'
art. 309 CO
. Le prêteur pouvait donc exiger la restitution sans avoir à justifier de circonstances particulières. Ainsi, l'arrêt attaqué ne viole pas le droit fédéral et il n'est pas nécessaire de rechercher d'autres faits concernant l'usage convenu et la manière dont la villa a été effectivement utilisée. | null | nan | fr | 1,999 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
468d6db2-a5af-470e-ae0b-4566ac6008d8 | Urteilskopf
114 V 33
9. Urteil vom 25. Februar 1988 i.S. Personalfürsorgestiftung X AG gegen H. und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau | Regeste
Art. 27 Abs. 2, 39 Abs. 2 BVG,
Art. 331a Abs. 1 OR
: Freizügigkeitsleistung.
- Zur Entstehung des Anspruchs auf Freizügigkeitsleistung (Erw. 2).
- Der Anspruch auf Freizügigkeitsleistung darf grundsätzlich auch bei absichtlicher Schadenszufügung nicht mit der von der Arbeitgeberfirma an die Stiftung abgetretenen Schadenersatzforderung verrechnet werden (Erw. 3). | Sachverhalt
ab Seite 33
BGE 114 V 33 S. 33
A.-
Der 1933 geborene Adolf H. war seit 1. März 1973 bei der Maschinenfabrik X AG (nachfolgend Arbeitgeberin) als Einkaufschef tätig. Ab 1975 gehörte er der Versicherungskasse der Personalfürsorgestiftung (nachfolgend Stiftung) seiner Arbeitgeberin an. Auf Ende März 1985 kam es zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Veruntreuungen zum Nachteil der Arbeitgeberin im Schadensbetrag von mindestens Fr. 250'000.--. Auf diesen Zeitpunkt wurde ein Freizügigkeitsanspruch des Destinatärs gegenüber der Stiftung von Fr. 34'021.15 errechnet.
In der Folge trat Adolf H. eine neue Stelle bei der G. AG an. Damit wurde er bei der Pensionskasse Y vorsorgeversichert. Diese Pensionskasse ersuchte die Stiftung am 26. August 1985 um Überweisung
BGE 114 V 33 S. 34
des Freizügigkeitsanspruches von Adolf H. Die Stiftung weigerte sich jedoch, die Überweisung an die Pensionskasse Y vorzunehmen, weil die frühere Arbeitgeberin Anspruch auf die Freizügigkeitsleistung erhebe.
Die frühere Arbeitgeberin ersuchte am 7. Januar 1986 die Stiftung um Streichung von Adolf H. als Versicherungsnehmer und meldete ihren Anspruch auf dessen Freizügigkeitsguthaben an. Mit Schreiben vom gleichen Tag trat sie ihre Schadenersatzforderungen gegen Adolf H. "gemäss Verlustschein vom 30. August 1985 mit allen Rechten in der Höhe eines allfälligen Guthabens von Herrn H." an die Stiftung ab und ersuchte in diesem Umfang um Verrechnung. Die Zessionserklärung erfolgte eventualiter für den Fall, dass überhaupt ein Freizügigkeitsanspruch bestanden habe, was bestritten werde.
B.-
Adolf H. liess am 4. Februar 1986 beim Versicherungsgericht des Kantons Thurgau gegen die Stiftung Klage einreichen mit dem Begehren, diese sei zu verpflichten, der Pensionskasse Y die ihm zustehende Freizügigkeitsleistung im Betrag von Fr. 34'021.15 zu bezahlen. Die beklagte Stiftung erhob in der Klageantwort die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. In der Sache selber trug sie auf Abweisung der Klage an. In der Replik und Duplik hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest.
Das Versicherungsgericht des Kantons Thurgau schützte die Klage nach Bejahung seiner sachlichen Zuständigkeit und verpflichtete die Stiftung zur Bezahlung der dem Kläger zustehenden Freizügigkeitsleistung von Fr. 34'021.15 an die Pensionskasse Y (Entscheid vom 23. Januar 1987).
C.-
Die Stiftung lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Adolf H. und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Gemäss
Art. 73 Abs. 1 BVG
bezeichnet jeder Kanton als letzte kantonale Instanz ein Gericht, das über die Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Der Bundesrat hat diese Bestimmung laut
Art. 98 Abs. 2 BVG
in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die Inkraftsetzung und Einführung des BVG auf
BGE 114 V 33 S. 35
den 1. Januar 1985 in Kraft gesetzt.
Art. 73 BVG
findet auf den obligatorischen, vor-, unter- und überobligatorischen Bereich registrierter privat- und öffentlichrechtlicher Vorsorgeeinrichtungen Anwendung (
Art. 49 Abs. 2 BVG
), ferner auf nicht registrierte Personalvorsorgestiftungen (
Art. 89bis Abs. 6 ZGB
;
BGE 112 V 358
Erw. 1a). Das Eidg. Versicherungsgericht hat in
BGE 112 V 359
Erw. 3 die zeitlichen Grenzen der Anwendbarkeit von
Art. 73 BVG
festgelegt. Dessen Geltungsbereich ist auf die Beurteilung von Streitsachen beschränkt, in welchen der Versicherungsfall nicht vor dem 1. Januar 1985 eingetreten oder die in Frage stehende Forderung bzw. Verpflichtung nicht vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts entstanden ist. Der Umstand, dass in einem solchen Fall Sachverhalte aus der Zeit vor und nach dem 1. Januar 1985 zu beurteilen sind, ändert an der BVG-Rechtspflegezuständigkeit nichts (
BGE 113 V 200
Erw. 1b und 292; MEYER-BLASER, Die Rechtswege nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), in: ZSR 106/1987 I S. 627 f.).
b) Bei der Stiftung handelt es sich um eine registrierte Vorsorgeeinrichtung im Sinne von
Art. 48 BVG
. Sodann steht fest, dass der Beschwerdegegner bis Ende März 1985 bei der Firma X AG angestellt war. Der Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung gegenüber der Stiftung konnte erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen (
Art. 27 Abs. 2 BVG
;
Art. 331a Abs. 1 OR
sowie Art. 6 Abs. 1 des Reglementes der Stiftung). Da das Arbeitsverhältnis zwischen Adolf H. und der Maschinenfabrik X AG auf Ende März 1985 aufgelöst wurde, ist der Freizügigkeitsfall folglich nach dem Inkrafttreten des BVG (1. Januar 1985) eingetreten. Somit ist das Eidg. Versicherungsgericht nach dem in Erw. 1a Gesagten für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache zuständig.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die angebliche Unzuständigkeit des kantonalen Versicherungsgerichts u.a. damit begründet, dass
Art. 49 Abs. 2 BVG
eng auszulegen sei; die Bestimmungen betreffend Rechtspflege gelangten nur in bezug auf die im Katalog von
Art. 49 Abs. 2 BVG
enthaltenen Vorschriften zur Anwendung. Nicht darunter falle die Frage, ob ein Freizügigkeitsanspruch des Beschwerdegegners gültig entstanden sei und ob die entsprechende Freizügigkeitsleistung allenfalls herausgegeben werden müsse. Diese Auffassung findet indessen im Gesetz keine Stütze. Durch die Verweisung in
Art. 49 Abs. 2 BVG
wird
BGE 114 V 33 S. 36
der sachliche Geltungsbereich des
Art. 73 BVG
auf Vorsorgeeinrichtungen ausgeweitet, die mehr als die Mindestleistungen erbringen (
BGE 112 V 359
Erw. 3). Ferner sind die Rechtspflegebestimmungen des BVG nach der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Ansicht nicht anwendbar, weil das BVG nicht rückwirkend gelte und im vorliegenden Fall ein (nicht erworbener) Freizügigkeitsanspruch aus vorobligatorischer Zeit zur Diskussion stehe, auf welchen das OR Anwendung finde. Dieser Auffassung kann im Hinblick auf die dargestellte klare Rechtslage ebenfalls nicht beigepflichtet werden. Entscheidend ist, dass das den Freizügigkeitsfall auslösende Ereignis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter der Herrschaft des BVG eingetreten ist. Dass die Freizügigkeitsleistung auch und überwiegend in vorobligatorischer Zeit finanziert wurde, ändert nach dem Gesagten an der Rechtsprechungszuständigkeit nach
Art. 73 BVG
nichts. Mithin hat die Vorinstanz ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht.
c) Beim Prozess um Freizügigkeitsleistungen (Entstehung, Höhe, Erfüllung usw.) handelt es sich um einen Streit um Versicherungsleistungen, weshalb sich die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts nach
Art. 132 OG
richtet. Danach ist die Kognition nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung. Das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen. Ferner ist das Verfahren regelmässig kostenfrei (
Art. 134 OG
).
2.
a) Im Obligatoriumsbereich gewährleistet die Freizügigkeitsleistung dem Versicherten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Erhaltung des Vorsorgeschutzes (
Art. 27 Abs. 1 BVG
). Der Versicherte hat Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines Versicherungsfalles aufgelöst wird und er die Vorsorgeeinrichtung verlässt (
Art. 27 Abs. 2 BVG
).
Art. 28 BVG
regelt die (vorliegend nicht umstrittene) Höhe der Freizügigkeitsleistung und
Art. 29 BVG
deren Übertragung von einer Vorsorgeeinrichtung auf eine andere. Abs. 1 dieser Bestimmung hält fest, dass der Betrag der Freizügigkeitsleistung der neuen Vorsorgeeinrichtung zu überweisen ist. Diese schreibt ihn dem Versicherten gut.
BGE 114 V 33 S. 37
Bezüglich des unter-, über- und vorobligatorischen Bereichs, somit der weitergehenden Vorsorge, hält
Art. 331a Abs. 1 OR
bei Spareinrichtungen fest:
Hat der Arbeitnehmer für die Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenvorsorge Beiträge an eine Spareinrichtung geleistet und erhält er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihr keine Leistungen, so hat er gegen sie eine Forderung, die mindestens seinen Beiträgen samt Zins entspricht.
Art. 331c Abs. 1 OR
mit dem Randtitel "Erfüllung der Schuldpflicht" lautet:
Die Personalfürsorgeeinrichtung hat ihre, der Forderung des Arbeitnehmers entsprechende Schuldpflicht in der Weise zu erfüllen, dass sie zu dessen Gunsten eine Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen gegen die Personalfürsorgeeinrichtung eines anderen Arbeitgebers, gegen eine der Versicherungsaufsicht unterstellte Unternehmung oder, unter voller Wahrung des Vorsorgeschutzes, gegen eine Bank oder Sparkasse begründet, welche die vom Bundesrat festgesetzten Bedingungen erfüllt.
Art. 6 Abs. 1 des Reglementes der Stiftung, deren Kasse sich nach Art. 1 Abs. 3 aus einer betriebseigenen Sparkasse und einer Ergänzungsversicherung zusammensetzt, hält für den Fall des vorzeitigen Dienstaustritts fest:
Wird das Arbeitsverhältnis eines Mitglieds vor Erreichen des ordentlichen Rücktrittstermins aufgelöst, ohne dass ein Anspruch auf Leistungen gemäss den Abschnitten B und C besteht, so endet gleichzeitig dessen Mitgliedschaft bei der Kasse. In diesem Falle hat das ausscheidende Mitglied Anrecht auf eine Austrittsleistung, welche weiterhin dem Fürsorgezweck gewidmet bleiben muss.
Art. 6 Abs. 3 lit. b des Reglementes bestimmt zur Abgeltung der Austrittsleistung folgendes:
Falls das ausscheidende Mitglied ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und beim neuen Arbeitgeber in eine Fürsorgeeinrichtung eintritt, kann die Austrittsleistung zur Begründung einer Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen an diese Einrichtung überwiesen werden, anstelle der Bestellung einer Freizügigkeitsversicherung.
b) Die Vorinstanz ging in ihrem Entscheid davon aus, dass Adolf H. vom 1. März 1973 bis 31. März 1985 bei der Firma X AG angestellt war. Seine Arbeitsleistungen hätten die Pflicht der Arbeitgeberin zur Entrichtung des vereinbarten Lohnes begründet. Seit 1975 sei er Destinatär der Stiftung gewesen. Dementsprechend seien ihm die seinerseits zu leistenden Beiträge von der Arbeitgeberin jeweils bei der Lohnauszahlung in Abzug gebracht und der Kasse überwiesen worden; im gleichen Umfang sei aber auch die Arbeitgeberin selber beitragspflichtig gewesen.
BGE 114 V 33 S. 38
Dass diese Abrechnung lediglich "rein buchmässig zur Quantifizierung und Abgrenzung" erstellt worden sei, jedoch im Sinne der Klageantwort jeder materiellen Grundlage entbehre, sei unzutreffend, wie die Vorinstanz weiter erwog. Aus der Tatsache, dass Adolf H. der Arbeitgeberin grossen finanziellen Schaden zugefügt habe, könne nicht abgeleitet werden, dass die Lohnzahlungspflicht mit allen ihren Nebenfolgen wie der Pflicht zur Leistung von BVG-Beiträgen nie bestanden habe. Ebenso unbehelflich sei der Einwand, Adolf H. habe wegen seiner Veruntreuungen im Endeffekt gar keine eigenen Prämien bezahlt, habe doch die Arbeitgeberin selber zugegeben, auch bei ihm den reglementarisch vorgeschriebenen Lohnabzug vorgenommen zu haben. Entscheidend sei einzig, dass Adolf H. seit Frühling 1973 bei der früheren Arbeitgeberin beschäftigt und während dieser Zeit teilweise vorsorgeversichert gewesen sei bzw. dass ihm die Arbeitgeberin von 1975 bis 1984 insgesamt Fr. 19'423.40 und vom 1. Januar bis 31. März 1985 Fr. 936.-- vom Lohn abgezogen habe. Wenn die Arbeitgeberin heute Schadenersatzansprüche gegen Adolf H. geltend mache, so habe dies nicht zur Folge, dass die früher gestützt auf Gesetz und Reglement erbrachten Beiträge irrtümlich erfolgt seien. Es stelle sich höchstens die Frage, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer nach
Art. 321e OR
für den Schaden verantwortlich sei, den er der Arbeitgeberin zugefügt habe. Dieses Problem stehe aber mit dem hier zu beurteilenden in keinem Zusammenhang.
c) Wie schon im erstinstanzlichen Verfahren vertritt die Stiftung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut den Standpunkt, der Beschwerdegegner habe keinen rechtsgültigen Freizügigkeitsanspruch erworben. Die Begründung geht dahin, dass die Beitragspflicht der Arbeitgeberin die Lohnzahlungspflicht voraussetze. Der Beschwerdegegner habe wegen schwerer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten gar keinen Lohnanspruch gehabt. Der Rechtsgrund für die Gegenleistung Lohn mit allen Nebenfolgen sei ex tunc entfallen. Die Arbeitgeberin könne daher ihre Leistungen zurückverlangen. Mangels Lohnanspruches habe der Beschwerdegegner der Stiftung auch keine eigenen Prämienmittel zur Verfügung gestellt bzw. habe die Arbeitgeberin ohne Rechtsgrund "Beiträge" für den Beschwerdegegner an die Stiftung geleistet. Wohl habe diese die von der Arbeitgeberin als Inkassostelle überwiesenen Beitragszahlungen gebucht und abgegrenzt. Weder die blosse Tatsache der Beitragsleistung noch die formale Buchung, sondern nur ein Lohnanspruch aufgrund korrekter
BGE 114 V 33 S. 39
arbeitsvertraglicher Erfüllung begründe einen rechtsgültigen Anspruch des Beschwerdegegners auf eine Freizügigkeitsleistung. Der Arbeitnehmer habe lediglich dann einen Beitrag aus eigenen Mitteln geleistet, wenn er bei Geltendmachung des Freizügigkeitsanspruches eine "Entreicherung" in der Höhe mindestens seiner Beiträge nachweisen könne. Dies sei beim Beschwerdegegner nicht der Fall, weshalb diesem mangels eigener Beitragsleistung bei der Stiftung kein Freizügigkeitsanspruch entstanden sei.
d) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wie das BSV zutreffend ausführt, beurteilt sich die Frage der Entstehung des Freizügigkeitsanspruches im Obligatoriumsbereich nach
Art. 27 Abs. 2 BVG
und in der weitergehenden Vorsorge nach
Art. 331a Abs. 1 OR
sowie Art. 6 des Stiftungsreglementes. Da die entsprechenden Voraussetzungen - im Obligatoriumsbereich das Bestehen der Versicherungspflicht (vgl. dazu Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 10 Abs. 1 BVG
) bzw. im über- und vorobligatorischen Bereich die Bezahlung der Beiträge, sodann in beiden Bereichen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versicherungsfalles und das Verlassen der Vorsorgeeinrichtung - beim Beschwerdegegner erfüllt sind, ist ein Freizügigkeitsanspruch entstanden. Als unbehelflich erweist sich insbesondere der Einwand der Beschwerdeführerin, die Beiträge des Beschwerdegegners seien wohl faktisch der Vorsorgeeinrichtung überwiesen worden - dies jedoch zu Unrecht, wie sich später herausgestellt habe, da sich die Arbeitgeberin bezüglich der Lohnzahlungspflicht in einem Irrtum befunden habe. Als Gegenleistung für die Leistung der vertraglich übernommenen Arbeit durch den Arbeitnehmer (
Art. 321 OR
) hatte ihm der Arbeitgeber dafür nach
Art. 322 Abs. 1 OR
den entsprechenden Lohn zu entrichten. Die in
Art. 323b Abs. 2 OR
vorgesehene und von der Arbeitgeberin bzw. der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verrechnungseinrede bei Ersatzforderungen für absichtlich zugefügten Schaden setzt den Bestand einer Lohnforderung gerade voraus. Ob bei rechtzeitiger Kenntnis des Schadens die Lohnforderung allenfalls durch Verrechnung mit der Schadenersatzforderung erloschen wäre und insofern im Sinne der Ausführungen der Beschwerdeführerin keine Lohnzahlungspflicht mehr bestanden hätte, ist daher im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Für die Entstehung einer Forderung nach
Art. 331a Abs. 1 OR
ist vielmehr entscheidend, dass gestützt auf den massgebenden Lohn Beiträge geschuldet (vgl. Art. 13 des Reglementes) und demzufolge - wie im vorliegenden
BGE 114 V 33 S. 40
Fall - zu Recht überwiesen wurden. Im übrigen endete die für die Entstehung eines Freizügigkeitsanspruches (stillschweigend) vorausgesetzte Versicherungspflicht im seit 1. Januar 1985 geltenden Obligatoriumsbereich nach
Art. 10 Abs. 2 BVG
erst mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses Ende März 1985. Bei der Argumentation der Beschwerdeführerin wird im übrigen der Unterschied zwischen den Rechtsbeziehungen aus dem Arbeitsverhältnis einerseits und dem gesetzlichen bzw. vertraglichen Vorsorgeverhältnis (d.h. dem BVG-Obligatoriumsbereich bzw. dem über- und vorobligatorischen Bereich) anderseits verkannt (zu den Vorsorgebeteiligten und ihren gegenseitigen Rechtsbeziehungen, insbesondere bei der Personalfürsorgestiftung als Trägerin der Personalvorsorge, vgl. RIEMER, Berufliche Vorsorge,
§ 4 N 1
ff.; ferner SCHNEITER, Die Rechtsbeziehungen zwischen Dienst- und Vorsorgeverhältnis bei privatrechtlichen Wohlfahrtseinrichtungen, Diss. Zürich 1966, S. 49 ff.; WALSER, Die Personalvorsorgestiftung, Diss. Zürich 1975, S. 101 ff.).
3.
Im weiteren ist streitig, ob der vom Beschwerdegegner erworbene (masslich unbestrittene) Freizügigkeitsanspruch durch Verrechnung mit der von der ehemaligen Arbeitgeberin an die Stiftung abgetretenen Schadenersatzforderung untergegangen ist.
a) Dies ist nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu bejahen. Es müsse zwischen den Interessen des Destinatärs an der Erhaltung von Vorsorgeansprüchen und jenen des Arbeitgebers und damit verbunden der Personalfürsorgestiftung, eine Schadenersatzforderung verrechnen zu können, abgewogen werden. Da die AHV/IV existenzsichernd sei und
Art. 323b Abs. 2 OR
die Verrechnung von Ersatzforderungen des Arbeitgebers bei absichtlicher Schadenszufügung in der Gegenwart unbeschränkt zulasse, könne nicht das gleiche Gesetz die Verrechnung mit Guthaben, die künftig die Fortführung der gewohnten Lebenshaltung sichern sollen, verbieten. Eine "Inkassozession" von Schadenersatzforderungen an die Personalfürsorgestiftung sei durch den Stiftungszweck gedeckt und liege im Interesse sowohl der Stiftung als auch ihrer Destinatäre. Die analoge Anwendung von
Art. 39 Abs. 2 und 3 BVG
in der weitergehenden Vorsorge verstosse wegen indirekter Rückwirkung gegen
Art. 91 BVG
. Der Schutz des Freizügigkeitsanspruches des einzelnen sei relativ und finde seine Grenze beim "Straffälligen". Es könne nicht Sinn und Zweck der Rechtsordnung sein, Vermögensteile eines Delinquenten vor dem berechtigten Zugriff eines vorsätzlich Geschädigten zu schützen.
BGE 114 V 33 S. 41
Art. 39 Abs. 2 und 3 BVG
, die scheinbar eine Regelung zugunsten des Beschwerdegegners träfen, enthielten für Fälle der vorliegenden Art eine unechte Lücke. Es widerspreche Treu und Glauben, sei rechtsmissbräuchlich und verstosse gegen Sinn und Zweck der Rechtsordnung, wenn der Beschwerdegegner den Freizügigkeitsanspruch geltend mache.
b) Wie die Vorinstanz und das BSV zutreffend festgestellt haben, darf im Obligatoriumsbereich der Leistungsanspruch mit Forderungen, die der Arbeitgeber der Vorsorgeeinrichtung abgetreten hat, nur verrechnet werden, wenn sie sich auf Beiträge beziehen, die nicht vom Lohn abgezogen worden sind (
Art. 39 Abs. 2 BVG
). Rechtsgeschäfte, die dieser Bestimmung widersprechen, sind nichtig (Abs. 3). Damit schliesst das Gesetz die Verrechnung mit Forderungen, welche der Arbeitgeber seiner Vorsorgeeinrichtung abgetreten hat, von der erwähnten Ausnahme abgesehen, generell und zwingend aus (
BGE 111 II 169
Erw. 2c; RIEMER, a.a.O.,
§ 5 N 30
). Besteht nach dem Gesagten ein generelles Verrechnungsverbot bezüglich Forderungen, die der Vorsorgeeinrichtung abgetreten wurden (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 251), so verbietet sich eine Lückenfüllung im Sinne der Vorbringen der Beschwerdeführerin. Die gesetzliche Konzeption mit dem Barauszahlungsverbot und eng begrenzten Ausnahmen (
Art. 30 BVG
) sowie dem Verrechnungsverbot bei Nichtigkeit der damit in Widerspruch stehenden Rechtsgeschäfte (
Art. 39 Abs. 2 und 3 BVG
) beruht auf einer Interessenabwägung des Gesetzgebers zugunsten der Erhaltung des Vorsorgeschutzes. Diesem kommt Vorrang zu gegenüber anderen Interessen, weshalb die für die berufliche Vorsorge geäufneten Mittel nicht zweckentfremdet werden dürfen.
c) Das Bundesgericht hat in
BGE 111 II 168
Erw. 2 die Verrechnung von Schadenersatzansprüchen einer Personalfürsorgestiftung mit Forderungen des Destinatärs auf künftige Vorsorgeleistungen der Stiftung gemäss
Art. 331c Abs. 1 und 2 OR
als grundsätzlich unzulässig erklärt (vgl. auch
BGE 112 II 39
Erw. 3). Das Gericht führte aus:
Anders als beim Lohn (
Art. 323b Abs. 2 OR
) hat der Gesetzgeber bei den Leistungen der Fürsorgeeinrichtung nur die Abtretung und Verpfändung, nicht aber die Verrechenbarkeit ausdrücklich ausgeschlossen (
Art. 331c Abs. 2 OR
). Daraus ist in der Literatur zum Teil auf die Zulässigkeit der Verrechnung geschlossen worden... Diese Betrachtungsweise
BGE 114 V 33 S. 42
wird indes dem Zweck der gesetzlichen Regelung nicht gerecht.
Art. 331c OR
will die Beiträge dem Vorsorgezweck erhalten, soweit nicht ein Ausnahmefall von Abs. 4 vorliegt.
Art. 331c Abs. 1 und 2 OR
enthält deshalb ein zwingendes Barauszahlungsverbot. Zweck der starren Bindung einer Freizügigkeitspolice ist es, unter allen Umständen dem Arbeitnehmer eine Vorsorge zu gewährleisten. Daraus ist abgeleitet worden, bis zum Eintritt des Vorsorgefalls seien die betreffenden Forderungen der Destinatäre diesen gegenüber gar nicht erfüllbar, was eine Verrechnung ausschliesse... In der Literatur wird überdies angenommen, der Anspruch des Destinatärs auf Geldzahlung an die neue Personalfürsorgeeinrichtung schliesse die Verrechnung auch mangels Gleichartigkeit der Forderungen aus... Entscheidend ist jedoch, dass eine Zweckentfremdung der Vorsorgemittel im Anwendungsbereich des
Art. 331c Abs. 1 und 2 OR
ausgeschlossen werden muss. Eine Verrechnung ist daher unzulässig, soweit sie eine solche Zweckentfremdung bewirkt (
BGE 111 II 168
Erw. 2a).
Auch bei einer ursprünglichen (d.h. nicht abgetretenen) Forderung der Stiftung führt die Verrechnung im Ergebnis zu einer zweckwidrigen Verwendung des Stiftungsvermögens. Daran ändert nichts, dass die Mittel zur Abdeckung von Schadenersatzforderungen aus unerlaubter Handlung verwendet werden sollen. Ob allenfalls in Analogie zu
Art. 323b Abs. 2 OR
davon bei absichtlicher Schädigung eine Ausnahme zu machen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden (
BGE 111 II 169
Erw. 2c).
d) Wie sich dem zitierten Entscheid des Bundesgerichts entnehmen lässt, ist für den Ausschluss der Verrechnung die Zweckbindung der Vorsorgemittel ausschlaggebend. Dabei kann im vorliegenden Fall die Frage, ob die Verrechnung noch an andern, spezifisch verrechnungsmässigen Voraussetzungen wie Gleichartigkeit der geschuldeten Leistungen und Fälligkeit der Forderungen (vgl.
Art. 120 Abs. 1 OR
sowie VIRET, La prévoyance en faveur du personnel selon le nouveau droit du contrat de travail, in: ZSR 94/1975 I S. 169 ff.) scheitern müsste, dahingestellt bleiben. Die vom Bundesgericht offengelassene Frage, ob bei absichtlicher Schädigung in Analogie zu
Art. 323b Abs. 2 OR
die Zweckbindung aufgehoben und die Verrechnungsmöglichkeit ausnahmsweise zugelassen werden sollen, ist zu verneinen. Kommt dem Vorsorgeschutz hohe Priorität zu, so ist kein überzeugendes Argument dafür ersichtlich, die Verrechnungsmöglichkeit bei Schadenersatzforderungen aus unerlaubter Handlung nach
Art. 41 OR
bei (leichter und grober) Fahrlässigkeit zu verneinen, bei absichtlicher Schadenszufügung die Freizügigkeitsleistungen dagegen aus der strengen gesetzlichen Zweckbindung der Vorsorgemittel zu entlassen. Dabei muss der Schutz aller Destinatäre, auch der der Angehörigen des Arbeitnehmers, im Auge behalten werden. Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Auffassung
BGE 114 V 33 S. 43
steht somit bei einer punktuellen Aufhebung des Verrechnungsverbots nicht nur der Vorsorgeschutz des "Straffälligen" auf dem Spiel.
4.
(Parteientschädigung.)
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,988 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
468e385e-d967-4060-9b94-ca7fc61434f5 | Urteilskopf
95 II 379
52. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Dezember 1969 i.S. Putzi gegen Wilhelm und Mathis. | Regeste
BG vom 20. Dezember 1968 über die Änderung des OG; Übergangsrecht (Ziffer III Abs. 2 und 3 dieses BG).
Auf die Rechtsmittel gegen einen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Oktober 1969) gefällten Entscheid bleiben die bisherigen Verfahrensvorschriften, insbesondere die bisherigen Bestimmungen über die Fristen anwendbar, auch wenn der Entscheid den Parteien erst nach jenem Zeitpunkt mitgeteilt wurde.
Die Frist für die Berufung gegen einen solchen Entscheid beträgt also 20 Tage (
Art. 54 Abs. 1 OG
in der Fassung vom 16. Dezember 1943). | Sachverhalt
ab Seite 379
BGE 95 II 379 S. 379
Das Kantonsgericht von Graubünden verpflichtete Putzi mit Urteil vom 28. August 1969 in Gutheissung einer auf Vermögensleistungen gerichteten Vaterschaftsklage, die Mutter gemäss
Art. 317 ZGB
mit Fr. 1000.-- zu entschädigen und für das Kind gemäss
Art. 319 ZGB
monatliche Unterhaltsbeiträge von zunächst Fr. 130.--, später Fr. 150.-- zu zahlen.
Gegen diesen - seinem Vertreter am 16. Oktober 1969 mitgeteilten - Entscheid hat der Beklagte am 17. November 1969 (Montag) die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Sache zur Einholung einer Blutgruppenexpertise und eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 95 II 379 S. 380
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) bestimmte in Art. 54 Abs. 1, die Berufung sei binnen 20 Tagen vom Eingang der schriftlichen Mitteilung des Entscheides (Art. 51 lit. d) an einzulegen. Das Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 20. Dezember 1968, das am 1. Oktober 1969 in Kraft trat, hat die Berufungsfrist (wie auch die Frist für die Berufungsantwort und für die Nichtigkeitsbeschwerde,
Art. 61 Abs. 1 und
Art. 69 OG
) auf 30 Tage verlängert. Ziffer III dieses Gesetzes bestimmt in Absatz 2, dieses Gesetz finde keine Anwendung auf die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor dem Bundesgericht oder dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten und auf Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen (aux recours ou autres moyens de droit introduits contre des décisions rendues avant son entrée en vigueur, ai ricorsi o altri rimedi giuridici presentati contro decisioni anteriori alla sua entrata in vigore), und fügt in Absatz 3 bei: "Im Falle von Absatz 2 bleiben die früheren Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen anwendbar."
Der in Ziffer III Abs. 2 verwendete Ausdruck "Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen" umfasst, wie durch die französische und die italienische Fassung dieser Bestimmung klar bestätigt wird, alle in den Bereich der eidgenössischen Gerichtsbarkeit fallenden Rechtsmittel gegen Entscheide, die vor dem Inkrafttreten des genannten Bundesgesetzes, also vor dem 1. Oktober 1969, ergangen sind, ohne Rücksicht darauf, wann sie den Parteien mitgeteilt wurden. Auf die Rechtsmittel gegen solche Entscheide findet also das Gesetz vom 20. Dezember 1968 nach Ziffer III Abs. 2 keine Anwendung. Vielmehr bleiben darauf nach Ziffer III Abs. 3 die frühern Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen anwendbar. Die Vorschriften über die Rechtsmittelfristen sind Verfahrensbestimmungen. Für die Frist zur Berufung gegen ein vor dem 1. Oktober 1969 gefälltes kantonales Urteil gilt also, auch wenn es den Parteien erst nach diesem Zeitpunkte schriftlich mitgeteilt wurde, gemäss Ziffer III Abs. 2 und 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1968
Art. 54 OG
in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943, was
BGE 95 II 379 S. 381
bedeutet, dass die Frist für die Berufung gegen ein solches Urteil 20 Tage von der schriftlichen Mitteilung an beträgt. Die vorliegende, erst nach Ablauf dieser Frist eingelegte Berufung ist daher verspätet.
Es mag allerdings auffallen, dass ein Gesetz, welches u.a. die Frist für die Berufung an das Bundesgericht, das wichtigste eidgenössische Rechtsmittel im Bereich der Zivilrechtspflege, neu regelt, dieses Rechtsmittel in der deutschen Fassung seiner Übergangsbestimmung nicht besonders erwähnt, sondern es nur mit dem farblosen Ausdruck "andere Rechtsmittel" erfasst (während die romanischen Bezeichnungen für die Berufung, recours en réforme und ricorso per riforma, ohne weiteres unter die Ausdrücke "recours", "ricorsi" fallen, mit denen diese Fassungen den für die Berufung nicht passenden Ausdruck "Beschwerden" wiedergeben). Ausserdem ist die Bezeichnung "Verfügungen" für die mit der Berufung an das Bundesgericht anfechtbaren Entscheide ungebräuchlich (wogegen diese Entscheide von den romanischen Bezeichnungen "décisions", "decisioni" ohne weiteres erfasst werden). Die deutsche Fassung von Ziffer III Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 ist also sprachlich nicht geglückt. Dass sie in ihrer Ausdrucksweise auf die zivilprozessualen Rechtsmittel nicht besser Rücksicht nimmt, erklärt sich daraus, dass zunächst nur die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbarkeit neu geregelt werden sollte (vgl. BBl 1965 II 1265 ff.: Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde) und dass erst in einem späten Stadium des Gesetzgebungsverfahrens auf einen Vorstoss des Schweizerischen Anwaltsverbandes hin auch die Bestimmungen des OG über die Gerichtsferien bezw. den Stillstand der Fristen (Art. 34) und über die Fristen für die Berufung, die Berufungsantwort und die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen (
Art. 54, 61 und 69 OG
) in die Revision einbezogen wurden (vgl. die vom Ständerat am 12. Dezember 1967 behandelten, durch den Vorstoss des Anwaltsverbandes veranlassten Anträge der ständerätlichen Kommission, Sten.Bull. 1967, StR, S. 347/48, die unverändert Gesetz wurden). Man begnügte sich deshalb damit, in der ursprünglich allein für die Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden und in ihrem Wortlaut hierauf zugeschnittenen Übergangsbestimmung (Ziffer V des Entwurfs) bei der Umschreibung der dem neuen Gesetz nicht unterliegenden Prozesshandlungen den vom Nationalrat gewählten
BGE 95 II 379 S. 382
Ausdruck "Anfechtung der vor jenem Zeitpunkt [vor dem Inkrafttreten des Gesetzes] getroffenen Verfügungen" (Sten. Bull. 1967, NR, S. 46) durch die Wendung "Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen" zu ersetzen (Sten. Bull. 1967, StR, S. 363). Die Absätze 2 und 3 von Ziffer III des Bundesgesetzes über die Änderung des OG, vom 20. Dezember 1968, lassen aber trotz der wenig geschickten Redaktion von Absatz 2 der deutschen Fassung mit genügender Klarheit erkennen, dass diese Bestimmungen nicht nur für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten und die Anfechtung von Verwaltungsverfügungen gelten, sondern auch für die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde gegen kantonale Entscheide in Zivilsachen. Ziffer III des BG vom 20. Dezember 1968 will die Frage der zeitlichen Geltung des neuen Gesetzes unzweifelhaft abschliessend regeln, so dass sich allein schon aus der deutschen Fassung unausweichlich der Schluss ergibt, dass nicht bloss die Weiterziehung der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Verwaltungsverfügungen, sondern auch die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde gegen vor diesem Zeitpunkt gefällte Zivilentscheide ausnahmslos dem frühern Recht unterliegen.
Ziffer III des Bundesgesetzes von 1968 unterscheidet sich inhaltlich von der Übergangsbestimmung des am 1. Januar 1945 in Kraft getretenen OG von 1943. Nach Art. 171 Abs. 1 dieses Gesetzes fanden auf diejenigen Fälle, welche vor dem 1. Januar 1945 beim Bundesgericht anhängig gemacht wurden oder "für deren Weiterziehung die Frist vor dem 1. Januar 1945 zu laufen begonnen hat", noch die bisherigen Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften Anwendung. Da die Frist für die Berufung an das Bundesgericht schon nach dem OG von 1893 von der schriftlichen Mitteilung des angefochtenen Entscheides an lief (Art. 65), richtete sich die Berufung gegen einen vor dem 1. Januar 1945 gefällten Entscheid nach Art. 171 des OG von 1943 nur dann nach dem alten Recht, wenn der Entscheid den Parteien noch vor diesem Zeitpunkte schriftlich mitgeteilt worden war. Bei Mitteilung nach diesem Zeitpunkte galten stets die neuen Bestimmungen. Entsprechend bestimmte der bundesrätliche Entwurf des Gesetzes über die Änderung des OG in Ziffer V Abs. 2 (BBl 1965 II 1347), dieses Gesetz finde Anwendung auf die Beschwerdefälle, in denen die Beschwerdefrist nach seinem Inkrafttreten zu laufen beginnt. Auch Art. 76 Abs. 2 des gleichzeitig vorgelegten Entwurfs des Bundesgesetzes über
BGE 95 II 379 S. 383
das Verwaltungsverfahren sah vor, dieses Gesetz finde Anwendung ... "auf die Beschwerdesachen, in denen die Beschwerdefrist nach seinem Inkrafttreten zu laufen beginnt" (BBl 1965 II 1395). Aus welchen Gründen die (einander angepassten) Übergangsbestimmungen der beiden am 20. Dezember 1968 erlassenen Bundesgesetze (Ziff. III Abs. 2 des BG über die Änderung des OG, Art. 81 des BG über das Verwaltungsverfahren) in Abweichung von den Entwürfen des Bundesrats nicht mehr darauf abstellen, ob die Weiterziehungsfrist vor oder nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetze zu laufen begann, m.a.W. ob der angefochtene Entscheid vor oder nach diesem Zeitpunkt mitgeteilt wurde, sondern darauf, ob er vor oder nach diesem Zeitpunkt ergangen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. (Die Abänderung der Entwürfe, die auf einen vom Nationalrat am 1. März 1967 diskussionslos angenommenen Antrag der nationalrätlichen Kommission zu Ziff. V Abs. 2 des Entwurfs des BG über die Änderung des OG, Sten.Bull. 1967, NR, S. 46, bzw. auf einen dieser Kommission vorgelegten Text zurückgeht, scheint irrtümlich als rein redaktionell angesehen worden zu sein; vgl. das Protokoll der nationalrätlichen Kommission, 5. Sitzung vom 8./9. November 1966, S. 52, zu Ziff. V, sowie das Protokoll der ständerätlichen Kommission, 4. Sitzung vom 13./14. September 1967, S. 18 zu Art. 76, und das Protokoll der nationalrätlichen Kommission, Sitzung vom 1./2. Februar 1968, S. 29 zu Art. 76/76 bis.) Der Wortlaut der endgültigen Fassung der fraglichen Übergangsbestimmungen lässt aber keinen Zweifel darüber aufkommen, dass für die Weiterziehung von vor dem Inkrafttreten der beiden neuen Gesetze (1. Oktober 1969) gefällten Entscheiden in keinem Falle das neue, sondern stets das frühere Recht gilt; denn diese Bestimmungen ordnen vorbehaltlos an, das neue Recht gelte nicht für Rechtsmittel gegen "vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen", "décisions rendues avant son entrée en vigueur", "decisioni anteriori alla sua entrata in vigore" (Ziff. III Abs. 2 des BG betr. Änderung des OG) bezw. "decisioni emanate prima della sua entrata in vigore" (Art. 81 des BG über das Verwaltungsverfahren).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten. | public_law | nan | de | 1,969 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
4692dcb3-39ec-4769-a19b-9f460cfe873d | Urteilskopf
95 II 630
85. Arrêt de la Ire Cour civile du 2 décembre 1969 dans la cause Dame Brupbacher contre Assicuratrice italiana. | Regeste
Haftpflicht des Motorfahrzeughalters. Befreiung wegen schweren Drittverschuldens?
Art. 58 und 59 Abs. 1 SVG
.
1. Der Versicherer des Halters eines Motorfahrzeuges mit schweizerischen Kontrollschildern kann von einem im Ausland verunfallten, aber in der Schweiz wohnhaften Mitfahrer hier belangt werden (
Art. 65 und 85 SVG
; Erw. 1).
2. Die solidarische Haftung von Schadenersatzpflichtigen gemäss
Art. 60 Abs. 1 SVG
gilt für den Halter eines Motorfahrzeuges, das an einem Unfall beteiligt ist, nur dann, wenn er nach den für ihn geltenden Regeln und unter Vorbehalt der vom Gesetz vorgesehenen Befreiungsgründe haftet (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2 und 3).
3. Ein auf der Autobahn verkehrender Motorfahrzeughalter, der beim Überholen wegen einer von einem Lastwagen fallenden Korbflasche einen Unfall erleidet, wird von seiner Haftpflicht gegenüber einem verletzten Mitfahrer nicht befreit, wenn den für die Ladung verantwortlichen Lastwagenführer nach den besonderen Umständen kein schweres Verschulden trifft (Erw. 4-6). | Sachverhalt
ab Seite 631
BGE 95 II 630 S. 631
A.-
Le 16 août 1964, Hermann Kumbier, qui résidait à Genève, était parti de Suisse au volant de sa voiture DKW Junior, munie de plaques GE 9612, pour passer ses vacances en
BGE 95 II 630 S. 632
Italie avec Karl Köster et son amie dame Erika Brupbacher, domiciliée à Zurich. Les trois voyageurs devaient partager les frais d'essence et d'huile. Ils avaient loué en commun une tente. Chacun supportait ses propres frais d'entretien.
Le 17 août, vers 13 heures, Kumbier circulait sur l'autoroute du Soleil, au-delà de Florence, à la vitesse de 100 à 120 km/h. Au km 313'200, près du village de Figline Valdarno, sur le territoire de la commune de Rignano, il entreprit le dépassement d'un camion Fiat, muni de plaques PG 51 504, appartenant à la maison Olivi, à Pérouse, dont il estima la vitesse à 70 ou 80 km/h. Le camion était conduit par un chauffeur professionnel, Luciano Moschini. Il était chargé de dames-jeannes vides que le chauffeur avait chargées lui-même dans une verrerie d'Empoli.
Alors que l'automobile se trouvait à côté du camion, une bonbonne vide en verre nu, d'une contenance de 50 litres environ, tomba de l'avant du véhicule sur la route, devant la voiture, légèrement sur la droite de celle-ci. Surpris, Kumbier donna un coup de volant à gauche et freina. La voiture fit une embardée sur la droite et sortit de la chaussée en faisant un tonneau. Elle laissa des traces de freinage et de dérapage sur plus de 100 m.
A l'endroit où s'est produit l'accident, l'autoroute est rectiligne et plane. Le trafic était plutôt restreint. Le temps était beau.
Kumbier et le passager du siège avant Köster ne subirent que des blessures superficielles. Dame Brupbacher, qui avait pris place sur le siège arrière, subit en revanche une fracture de la colonne vertébrale qui entraîna la paralysie des membres inférieurs. Incapable de travailler à 100% depuis l'accident, elle est affectée d'une invalidité permanente qui l'empêche définitivement d'exercer son métier de serveuse. Même en faisant l'apprentissage d'une profession assise, elle ne pourra plus travailler à plein temps.
B.-
Par demande du 15 septembre 1966, dame Brupbacher a intenté une action partielle à l'Assicuratrice Italiana, qui assurait Kumbier contre les conséquences de la responsabilité civile dérivant de l'emploi de son automobile. Elle a pris des conclusions en paiement de 27 958 fr. 55 avec intérêt à 5% dès le 1er juillet 1965 à titre de réparation du dommage matériel, remboursement des frais de traitement et dommages-mtérêts pour incapacité de travail temporaire du jour de l'accident à celui de
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l'ouverture du procès. Elle a porté en déduction de la somme réclamée pour perte de gain le montant de 4000 fr. qu'elle a reçu de la défenderesse en vertu d'une assurance accidents en faveur des occupants de la voiture de Kumbier. La demanderesse a conclu en outre au paiement de 18 031 fr. 60, valeur échue, somme correspondant au coût d'une voiture spéciale, aux frais de l'écolage pour la conduite de ce véhicule et aux frais d'un séjour dans un centre de réadaptation. Elle a reçu de la défenderesse, en vertu de l'assurance en faveur des occupants, outre les 4000 fr. déjà mentionnés, une somme de 15 000 fr. pour invalidité permanente.
L'Assicuratrice Italiana a conclu au rejet de la demande.
Par jugement du 2 juillet 1969, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a débouté la demanderesse de ses conclusions. Ses motifs sont, en bref, les suivants:
En principe, vu les art. 58 et 60 LCR, le détenteur du véhicule dont un passager a été blessé dans une collision répond du dommage solidairement avec le détenteur de l'autre véhicule impliqué dans l'accident. Il peut toutefois se libérer s'il apporte les preuves requises par l'art. 59 al. 1 LCR. En l'espèce, Kumbier n'a pas commis de faute. On ne saurait en effet lui faire grief d'avoir, en présence d'un obstacle imprévisible, freiné énergiquement et donné un coup de volant à gauche pour tenter d'éviter la masse qui tombait devant lui. Il n'est pas établi qu'une défectuosité du véhicule, dont il n'existe d'ailleurs pas le moindre indice, ait contribué à l'accident. Le chauffeur du camion a commis une faute grave en n'arrimant pas convenablement les dames-jeannes qui dépassaient les ridelles du camion et la hauteur maximale réglementaire.
C.-
Dame Brupbacher recourt en réforme et reprend les conclusions de sa demande.
Elle plaide au bénéfice de l'assistance judiciaire gratuite, selon décision du 15 septembre 1969.
D.-
L'intimée conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Blessée dans un accident de la circulation qui s'est produit à l'étranger, alors qu'elle était domiciliée en Suisse et qu'elle avait pris place dans un véhicule automobile muni de plaques suisses, la recourante est fondée à se prévaloir des règles du droit suisse concernant la responsabilité civile et l'assurance du
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détenteur de la voiture en question (art. 85 al. 2 lettre b LCR).
La société d'assurances intimée ayant sa direction pour la Suisse à Lausanne, les tribunaux vaudois sont compétents pour connaître de l'action directe que lui intente le lésé (art. 65 et 85 al. 1 LCR).
2.
En vertu de l'art. 60 al. 1 LCR, lorsque plusieurs personnes répondent d'un dommage subi par un tiers dans un accident où est en cause un véhicule automobile, ces personnes sont solidairement responsables. Mais l'art. 60 al. 1 LCR n'institue pas un régime spécial, fondé sans exonération possible sur la causalité naturelle, dérogeant au droit commun. Il suppose au contraire que la responsabilité respective de chacune des personnes recherchées soit établie selon les règles qui lui sont propres et compte tenu des exculpations prévues par la loi. Ainsi, la responsabilité solidaire de deux détenteurs de véhicules automobiles impliqués dans un accident suppose que la responsabilité individuelle de chacun d'eux soit engagée, sur la base de l'art. 58 LCR, qui en fixe le principe, et compte tenu de l'art. 59 al. 1 LCR, qui régit les conditions d'exculpation (RO 95 II 333, 344). Un détenteur ne pourra donc pas être recherché par le tiers lésé s'il est au bénéfice d'une preuve libératoire prévue par la loi.
3.
La recourante observe avec raison que tout conducteur doit compter avec un obstacle imprévisible, tel qu'un animal qui bondit devant lui, une pierre qui tombe, un cadavre ou un blessé qui gît sur la chaussée, un animal blessé ou tué, voire une chaise ou un autre objet tombé d'un autre véhicule, qui n'a pas encore été enlevé. L'accident provoqué par le heurt d'un pareil obstacle ou la manoeuvre d'évitement que tente l'automobiliste est en effet un risque inhérent à la conduite du véhicule. Mais à la différence de l'arrêt Meier (RO 93 IV 115), cité dans le recours, il n'y a pas lieu de rechercher en l'espèce si le conducteur Kumbier a commis une faute qui justifierait une sanction pénale. Il suffit de constater que les lésions subies par dame Brupbacher sont en relation de causalité adéquate avec l'emploi de la voiture de Kumbier, dont elle était la passagère. Dès lors, la responsabilité civile du détenteur prénommé est engagée selon l'art. 58 al. 1 LCR, et celle de son assureur conformément à l'art. 63 LCR. Le sort du recours dépend du point de savoir si le détenteur - et partant son assureur - peuvent se prévaloir de l'art. 59 al. 1 LCR pour se libérer de leur responsabilité.
BGE 95 II 630 S. 635
4.
L'art. 59 al. 1 LCR libère de la responsabilité civile fondée sur l'art. 58 al. 1 le détenteur qui prouve que l'accident a été causé par la force majeure ou par une faute grave du lésé ou d'un tiers sans que lui-même ou les personnes dont il est responsable aient commis de faute et sans qu'une défectuosité du véhicule ait contribué à l'accident. Cette disposition légale ne fait qu'appliquer le principe de la causalité adéquate. Elle suppose une circonstance, non imputable au détenteur, dont le rôle causal apparaît à tel point prépondérant que la relation de causalité entre l'emploi du véhicule et le dommage n'est plus adéquate (RO 95 II 351, consid. 6).
a) La chute d'un objet qui avait été chargé sur un véhicule automobile en marche n'est pas un cas de force majeure ni même, comme le prétend la recourante, un cas fortuit. En effet, la perte d'une partie du chargement qui se disloque n'est pas un fait de la nature, indépendant de tout comportement de l'homme, comme la chute d'une pierre qui se détache d'une paroi de rocher et tombe sur un véhicule en marche (cf. Tribunal du district de Zurich, 20 octobre 1955, Landert c. Helvetia, Arrêts de tribunaux civils suisses dans des contestations de droit privé en matière d'assurance, XI, no 67, p. 391). C'est un risque spécifique engendré par l'utilisation d'un véhicule automobile, plus précisément par sa vitesse et les trépidations qu'elle provoque. Le détenteur du véhicule qui perd une pièce mécanique ou une partie de son chargement sur la route est en principe responsable envers les tiers qui heurtent cet obstacle et subissent de ce fait un dommage, du moins lorsque l'accident se produit peu après la perte (RO 81 II 554).
Mais cette responsabilité causale du détenteur du véhicule qui a perdu l'objet n'exclut pas nécessairement celle du détenteur du véhicule qui heurte l'obstacle ou qui cherche à l'éviter par une manoeuvre qui provoque un accident (cf. sur ces questions R. GREC, La situation juridique du détenteur de véhicule automobile en cas de collision de responsabilités, thèse Lausanne 1969, p. 34 et 46 s.).
b) En l'espèce, la chute de la dame-jeanne ne provient pas uniquement du fonctionnement des organes mécaniques du camion. Sans doute s'explique-t-elle probablement par les trépidations dues à la vitesse élevée de ce véhicule de transport sur l'autoroute. Mais elle peut aussi être en relation de causalité avec la manière dont le camion avait été chargé par son conducteur
BGE 95 II 630 S. 636
Moschini. L'arrêt attaqué constate que les bonbonnes étaient entassées en plusieurs couches superposées. La dernière couche dépassait en hauteur les ridelles du véhicule. Malgré cela, les bonbonnes de la couche supérieure n'étaient ni attachées, ni recouvertes d'une bâche ou d'un filet. La hauteur du chargement était supérieure à la limite maximale autorisée. Il n'est toutefois pas établi que la bonbonne qui est tombée ait été posée par-dessus les autres sans être retenue par les ridelles du véhicule. Un témoin l'avait déclaré. Mais la cour cantonale n'a pas retenu cette circonstance. Sa décision relève de l'appréciation des preuves et lie le Tribunal fédéral (art. 63 al. 2 OJ). Il faut examiner, sur le vu de ces constatations, si la chute de la dame-jeanne est en relation de causalité adéquate avec la faute d'un tiers.
c) Se référant à l'opinion du professeur YUNG (La responsabilité civile d'après la loi sur la circulation routière, Mémoires de la Faculté de droit de Genève, no 15, 1962, p. 21 s.), lequel rapproche l'art. 37 al. 6 LA de l'art. 58 al. 4 LCR, la recourante se demande si le chauffeur du camion Moschini est bien un tiers. La réponse n'est pas douteuse.
Sans doute le chauffeur n'est-il pas un tiers, mais un "auxiliaire au service du véhicule", dans ses rapports avec le détenteur du camion, lequel répond de la faute du conducteur comme de sa propre faute à l'égard des tiers, en vertu de l'art. 58 al. 4 LCR. Mais lorsque plusieurs détenteurs sont impliqués dans un accident et que le lésé s'en prend à l'un d'entre eux, les autres sont des tiers au sens de l'art. 59 al. 1 LCR (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 2e éd., tome II/2, p. 568 in fine et p. 673; BUSSY, Responsabilité civile automobile, FJS 915, no 34, p. 15; Message du Conseil fédéral, du 24 juin 1955, FF 1955 II 47 s.). Aussi le Tribunal fédéral a-t-il jugé que, contrairement à la jurisprudence rendue sous l'empire des art. 37 et 38 LA (RO 86 II 189), la faute grave et exclusive de l'un des détenteurs exonère de toute responsabilité le détenteur non fautif (RO 95 II 344).
De même, le conducteur de l'un des véhicules impliqués dans l'accident est un tiers, dans les rapports entre le lésé et le détenteur d'un autre véhicule dont l'emploi est en rapport de causalité avec le dommage. En l'espèce, le chauffeur du camion Moschini est sans conteste un tiers, au sens de l'art. 59 al. 1 LCR, dans les rapports entre dame Brupbacher, passagère blessée,
BGE 95 II 630 S. 637
et Kumbier, détenteur et conducteur de la voiture où elle avait pris place, respectivement l'intimée qui assure le prénommé contre les conséquences de sa responsabilité civile.
5.
La faute d'un tiers ne libère le détenteur, en vertu de l'art. 59 al. 1 LCR, que si elle est grave. Selon la jurisprudence concernant cette disposition légale et l'art. 37 LA qui l'a précédée, un usager de la route commet une faute grave s'il viole des règles de prudence élémentaires dont l'observation s'imposait à l'évidence à tout homme raisonnable se trouvant dans la même situation (RO 95 II 578, consid. 2 a;
92 II 253
, consid. 2;
64 II 241
; cf. aussi RO 87 II 189 et 88 II 435). Si l'on ne doit pas admettre à la légère que le risque inhérent à l'emploi d'un véhicule, dont répond le détenteur, n'est pas en relation de causalité adéquate avec le dommage, lorsqu'une faute dont répond une autre personne a également joué un rôle causal, on ne saurait partager l'opinion d'OFTINGER (op. cit., tome I, p. 276, tome II/1, p. 342 s., tome II/2, p. 649 et 653) pour qui cette conclusion devrait être exceptionnelle et serait même à peine concevable. Au contraire, il est fréquent que des usagers de la route violent gravement les règles élémentaires de la prudence et l'on peut fort bien concevoir que la relation de cause à effet entre leur faute lourde et l'accident soit si prépondérante qu'elle relègue tout à fait à l'arrière-plan le risque inhérent dont répond une autre personne, à tel point que ce danger-là ne constitue plus une cause adéquate du dommage (RO 87 II 307, 93 II 130, 95 II 351 s.).
Le Tribunal cantonal vaudois a qualifié de grave la faute commise par Moschini, chauffeur professionnel, qui a violé des règles élémentaires de prudence en n'arrimant pas convenablement les bonbonnes - lesquelles dépassaient les ridelles du véhicule - et en transportant un chargement qui excédait la hauteur maximale autorisée, bien qu'il empruntât avec son camion une autoroute où il circulait à une vitesse élevée.
Certes, en droit italien (art. 32 al. 1 du code de la route; cf. CIGOLINI, La responsabilità dalla circolazione stradale, Milan 1963, p. 323 s.) comme en droit suisse (art. 30 al. 2 LCR, 66 et 73 OCR), la hauteur maximale du chargement est fixée à 4 m. Mais le fait qu'en l'espèce, le chargement du camion excédait la limite prescrite n'est pas une cause adéquate du dommage. En effet, si les ridelles avaient dépassé en hauteur les couches de bonbonnes, l'accident ne se serait pas produit, selon
BGE 95 II 630 S. 638
le cours ordinaire des choses. Au contraire, un chargement semblable, mais n'excédant pas la hauteur prescrite, n'eût pas empêché l'accident de se produire.
La cause adéquate du dommage réside dans le fait que les dames-jeannes dépassaient la hauteur des ridelles, sans être arrimées. Sur le vu des photographies versées au dossier pénal constitué en Italie, auquel se réfère le jugement attaqué, la couche supérieure est complète. La cour cantonale a jugé non établi que la bonbonne qui est tombée fût simplement posée pardessus les autres. La seule explication plausible de l'accident est dès lors que la dame-jeanne en question avait été coincée quelque part dans le chargement, peut-être entre les couches inférieures; puis, sous l'effet des trépidations continues que provoquait le mouvement du camion, chaque bonbonne aura repris peu à peu sa place naturelle; le tassement progressif du chargement aura fait émerger de la couche supérieure un récipient qui a finalement été éjecté du véhicule.
La faute de Moschini consiste ainsi dans la violation de la règle générale de prudence, exprimée en droit suisse à l'art. 30 al. 2 LCR, en droit italien à l'art. 119 al. 1 du code de la route, selon laquelle le chargement doit être disposé de telle manière qu'il ne puisse pas tomber. Même à l'égard d'un chauffeur professionnel, une pareille faute ne saurait être qualifiée de grave, dans les circonstances particulières de l'espèce, telles qu'elles résultent des constatations du jugement attaqué.
La faute du chauffeur qui a chargé le camion devrait être appréciée différemment si la cour cantonale avait constaté en fait qu'une bonbonne avait été simplement posée par-dessus la dernière couche, sans être arrimée. Mais les juges vaudois n'ont précisément pas retenu cette hypothèse.
6.
L'intimée n'ayant pas établi que l'accident avait été causé par la faute grave d'un tiers, elle n'est pas libérée selon l'art. 59 al. 1 LCR de sa responsabilité fondée sur les art. 58 et 63 LCR. Il n'est donc pas nécessaire d'examiner si Kumbier a commis une faute, ni si une défectuosité de son véhicule a contribué à l'accident.
A l'égard de la recourante, l'intimée répond solidairement du dommage en vertu de l'art. 60 al. 1 LCR, sous réserve de son droit de recours au sens de l'art. 60 al. 2 LCR. Il en résulte que la demande doit être accueillie en principe et le jugement attaqué réformé dans ce sens.
BGE 95 II 630 S. 639
La cour cantonale a constaté en fait les éléments du dommage. Mais elle ne s'est pas prononcée sur certains articles. La recourante lui en fait grief. Il appartiendra à la juridiction vaudoise de statuer sur ce point, en complétant l'état de fait s'il s'avérait qu'il s'agit là d'une inadvertance de sa part, et de fixer l'indem nité.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours, annule le jugement rendu le 2 juillet 1969 par la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des motifs. | public_law | nan | fr | 1,969 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
469e64f2-74be-451e-91d6-5645ace94ebb | Urteilskopf
82 II 259
38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Mai 1956 i.S. Luzio gegen Kobelt und Schultze. | Regeste
Erbbiologische Expertise (Ähnlichkeits- und Unähnlichkeitsbeweis) im Vaterschaftsprozess.
1. Was für eine Rolle kommt diesem Beweismittel im allgemeinen zu? (Erw. 2).
2. Gegenüber der Vermutung nach
Art. 314 Abs. 1 ZGB
und ebenso gegenüber der durch nachgewiesenen Drittverkehr der Mutter in der kritischen Zeit an sich begründeten exceptio plurium vermag ein erbbiologischer Befund nur bei einem an Sicherheit grenzenden schlüssigen Ergebnis durchzudringen (Erw. 1 und 3). | Sachverhalt
ab Seite 260
BGE 82 II 259 S. 260
A.-
Am 15. Januar 1952 gebar die damals ledige Elisabeth Schultze, geboren 1926, das Kind Esther Schultze. Mutter und Kind belangen den Beklagten Serafino Luzio auf Vaterschaft mit Standesfolge und bestimmte Vermögensleistungen.
Luzio hatte die Erstklägerin 1947 kennen gelernt, mit ihr nach etwa einem halben Jahr intime Beziehungen aufgenommen und ihr zunächst formlos die Ehe versprochen. Die Heiratspläne begegneten dem Widerstand der reformierten Eltern der Erstklägerin gegen eine Heirat mit dem Katholiken Luzio, der Ehe und Familie seiner Konfession unterstellen wollte. Es kam auch zu Auseinandersetzungen und zeitweiligen Unterbrüchen der Beziehungen wegen anderer Männerbekanntschaften der Erstklägerin. Ungefähr Anfang 1950 verband diese sich, wieder mit Heiratsabsichten, mit Albert Uecker, erfuhr dann aber Ende März 1950, dass er schon verheiratet war. Sie näherte sich wieder dem Beklagten, der sie nach wie vor zu lieben erklärte. Es kam zu einer Versöhnung, zu regelmässigen Besuchen, meistens mit Geschlechtsverkehr, und im Herbst 1951 zur Verlobung und zu ernsthaften Heiratsvorbereitungen.
Die Erstklägerin war inzwischen schwanger geworden, nach ihrer Darstellung Mitte April 1951, zu welchem Zeitpunkt (15. oder 16. April) der Beklagte sie, was er zugibt, besucht und ihr beigewohnt hatte. Erst im September 1951
BGE 82 II 259 S. 261
gestand ihm dann die Erstklägerin, infolge seiner Zweifel an ihrer Treue und auf sein Drängen, Uecker habe von ihr nicht lassen wollen, und sie habe sich von ihm bis zum Frühjahr 1951 nicht gänzlich lösen können, ihn Ende April noch einmal auf ihrem Zimmer empfangen und sich ihm hingegeben. Uecker bestätigte, dass dies am 28. April 1951 geschehen war.
B.-
Der Beklagte erhob gegenüber der Klage Einreden gemäss
Art. 314 Abs. 2 und
Art. 315 ZGB
. Uecker stellte sich dem Bezirksgericht für eine Expertise zur Verfügung, zur Prüfung der Frage, ob er als Vater ausgeschlossen werden könne. Da diese Expertise (Untersuchung der Blutgruppen und -faktoren sowie der Rhesuseigenschaften) nichts ergab, d.h. die Vaterschaft Ueckers nicht ausschloss, wies das Bezirksgericht die Klage gestützt auf
Art. 314 Abs. 2 ZGB
ab. Dem klägerischen Antrag, durch eine anthropologische Untersuchung abklären zu lassen, ob das Kind nicht von Uecker, sondern nur vom Beklagten abstammen könne, folgte es nicht, in der Erwägung, nach Gesetz und Praxis müsse die Unsicherheit der Vaterschaft als erwiesen gelten, wenn die beiden möglichen Empfängnisdaten kaum 14 Tage auseinanderliegen.
C.-
Das Obergericht entsprach dem Begutachtungsantrag der Klägerschaft und liess durch Dr. Dora Pfannenstiel (Basel) nach anthropologisch-erbbiologischer Methode die Frage prüfen, ob Albert Uecker als Vater des Kindes Esther Schultze ausgeschlossen werden könne. Die Expertin erstattete darüber folgenden Befund:
"Die Vaterschaft des Zeugen Albert Uecker zu dem Kinde Esther Schultze ist zwar nicht mit Sicherheit auszuschliessen, aber der Gesamtbefund spricht gegen seine Vaterschaft."
D.-
In Würdigung dieses Gutachtens gelangte das Obergericht zur Gutheissung der Klage, da angenommen werden müsse, "dass die Zeugung auf den vom Beklagten zugegebenen Geschlechtsverkehr vom 15. oder 16. April 1951, der übrigens in die wahrscheinlichste Empfängniszeit fällt, zurückgeht". Einen Klageausschluss nach dem
BGE 82 II 259 S. 262
vom Beklagten ebenfalls angerufenen
Art. 315 ZGB
lehnte das Obergericht ab.
E.-
Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde des Beklagten trat das kantonale Kassationsgericht am 22. Februar 1956 nicht ein.
F.-
Mit der vorliegenden Berufung hält der Beklagte an den Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels fest und beantragt Abweisung der Klage. Die Klägerinnen lassen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils antragen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Einrede des Mehrverkehrs ist an und für sich begründet, da die Erstklägerin innerhalb der Empfängniszeit, und zwar innert höchstens 13 Tagen (15. oder 16. April - 28. April 1951), sowohl mit dem Beklagten als auch mit dem Zeugen Uecker geschlechtlich verkehrt hat. Durch die serologische Untersuchung (klassische Blutgruppen A B 0, Untergruppen A1 und A2, Blutfaktoren M und N, Rhesusfaktoren) ist Uecker als Vater nicht auszuschliessen. Das angefochtene Urteil stützt sich auf die zweite Expertise, die dargetan hat, dass eine Reihe von erbbiologischen Merkmalen auf die Vaterschaft des Beklagten hindeuten, während solche Merkmale hinsichtlich einer Vaterschaft Ueckers praktisch fehlen. Das im Gutachten in der erwähnten Weise formulierte Ergebnis rechtfertigt nach Ansicht des Obergerichtes hinlänglich die Annahme, der Beklagte sei der Vater. In dieser Annahme liegt indessen keine für das Bundesgericht nach
Art. 63 Abs. 2 OG
verbindliche Feststellung tatsächlicher Natur. Es handelt sich um die rechtliche Würdigung der durch die Expertise dargelegten grössern Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Beklagten, wobei das Obergericht seine Überzeugung namentlich auch aus den Einzelbefunden des Gutachtens gewinnt. Ob diese Wahrscheinlichkeit genüge, um die durch den Verkehr mit Uecker zunächst begründete Einrede des Mehrverkehrs zu entkräften, hat das Bundesgericht
BGE 82 II 259 S. 263
gemäss
Art. 43 Abs. 4 OG
nachzuprüfen, gleichwie es nach ständiger Rechtsprechung nachprüft, ob ein nachgewiesener in die kritische Zeit fallender Mehrverkehr nicht in Betracht komme, weil die von seinem Zeitpunkt an berechnete Schwangerschaftsdauer bei Berücksichtigung des Reifegrades des Kindes bei der Geburt nicht zutreffen könne (vgl.
BGE 76 II 6
/7).
Das Obergericht ist sich übrigens bewusst, dass man, um im vorliegenden Falle die Einrede des Mehrverkehrs abweisen zu können, die von der bisherigen bundesgerichtliche Praxis der Auslegung von
Art. 314 Abs. 2 ZGB
gesetzten Schranken erweitern müsse. "Denn es lässt sich auf Grund des Gutachtens nicht sagen, dass die Möglichkeit der Vaterschaft Ueckers im Vergleich zu der des Beklagten praktisch ausser Betracht falle oder so gut wie ausgeschlossen sei". In der Tat kann nach der Praxis die aus einem in die kritische Zeit fallenden Mehrverkehr der Mutter hergeleitete exceptio plurium nur eben dann als entkräftet gelten, "wenn die Vaterschaft des Beklagten so unvergleichlich viel wahrscheinlicher ist als die des Dritten, dass diese letztere praktisch ausser Betracht fällt" (
BGE 69 II 285
,
BGE 76 II 6
f.). Hievon glaubt das Obergericht abgehen und die seit dem Erlass des ZGB aufgekommenen anthropologisch-biologischenUntersuchungsmethodenstärker zur Geltung bringen zu sollen. Es hält dafür, trotz der diesen Methoden zum Teil noch anhaftenden Unvollkommenheit verdiene der Einredetatbestand heute nur noch dann bejaht zu werden, "wenn der Mehrverkehr nach den Erkenntnissen der Wissenschaft tatsächlich erhebliche Zweifel an der Vaterschaft zu rechtfertigen vermag". Damit übereinstimmend findet man etwa den Gedanken ausgesprochen, Mehrverkehr begründe nach dem heutigen Stande des Wissens "nicht von vornherein" erhebliche Zweifel (DORA PFANNENSTIEL, Die Bedeutung anthropologischer Gutachten hinsichtlich der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft, SJZ 50 S. 217 ff., besonders 221).
Dieser Betrachtungsweise ist jedoch nicht zu folgen.
BGE 82 II 259 S. 264
Im Bestreben, dem Kinde wenn möglich "einen Vater zu geben", geht sie darauf aus, die von der Praxis an die Entkräftung der Mehrverkehrseinrede gestellten strengen Anforderungen zu mildern. Diesem Bestreben kommt das Gesetz selber in anderer Weise entgegen: indem es in
Art. 314 Abs. 1 ZGB
bei nachgewiesenem in die kritische Zeit fallenden Verkehr der Mutter des Kindes mit dem Beklagten eine Vermutung zugunsten der Klägerschaft aufstellt. Und die Praxis lässt diese Vermutung zu voller Auswirkung kommen, indem - sofern ein Mehrverkehr als solcher nicht nachgewiesen ist - zu deren Entkräftung nur der Nachweis ausreicht, dass der Beklagte mit Sicherheit oder doch mit grösster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater des Kindes auszuschliessen sei. Zu solchem Gegenbeweis ist, ausser Zeugungsunfähigkeit, ein den Beklagten als Vater ausschliessender Blutgruppenbefund geeignet (
BGE 60 II 86
,
BGE 61 II 75
,
BGE 65 II 126
,
BGE 66 II 66
und seither gefällte Entscheidungen), aber auch die Tatsache, dass sich vom festgestellten Verkehr mit dem Beklagten aus gerechnet eine Schwangerschaftsdauer ergeben würde, die angesichts des Reifegrades des Kindes bei der Geburt nicht zutreffen kann oder doch "äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen" ist (vgl. neuestens
BGE 82 II 87
); dabei wird von Experten etwa als äusserst unwahrscheinlich eine unter 1% gehende "Dekadenwahrscheinlichkeit" betrachtet, was die Praxis je nach den sonstigen Umständen gelten lässt (vgl.
BGE 77 II 34
/5,
BGE 78 II 109
/10,
BGE 80 II 298
). Im gleichen Sinne kann der Beklagte als Vater auch dann ausgeschlossen werden, wenn bei ihm Vererbungsfaktoren anderer Art fehlen, die das Kind aufweist und nicht von Mutterseite empfangen hat, also von Vaterseite empfangen haben muss, und die beim wirklichen Vater feststellbar sein müssten. Unter diesem Gesichtspunkt hat die schweizerische Rechtsprechung eindeutig spezifische, z.B. mongolische Rassenmerkmale in Betracht gezogen (
BGE 55 II 295
ff.).
Begründet somit ein in die kritische Zeit fallender Verkehr
BGE 82 II 259 S. 265
der Mutter des Kindes mit dem Beklagten - vom Fall eines nachgewiesenen Mehrverkehrs der Mutter abgesehen - eine nur mit klarem Gegenbeweis widerlegbare Vermutung zu Lasten des Beklagten, so erwächst dann aber diesem aus einem nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter eine ebenso schwer widerlegbare Einrede. Anders entscheiden hiesse den Beklagten rechtsungleich behandeln. Hat er einerseits als Vater zu gelten, wenn er keinen Mehrverkehr der Mutter als solchen nachzuweisen vermag und die durch seine eigene Beiwohnung begründete Vermutung sich nicht mit hinlänglicher Sicherheit nach der in dieser Hinsicht strengen Praxis entkräften lässt, so muss anderseits die durch nachgewiesenen Mehrverkehr der Mutter begründete exceptio plurium aufrecht bleiben, wenn sie nicht nach den gleichen Grundsätzen entkräftet wird. Dem weitgehenden Schutz der sich aus
Art. 314 Abs. 1 ZGB
ergebenden Vermutung zu Gunsten der Klägerschaft entspricht der ebenso starke Schutz der aus nachgewiesenem Mehrverkehr abgeleiteten Einrede zu Gunsten des Beklagten. Dieser durch die Beweislastverteilung des
Art. 314 ZGB
geforderte Standpunkt liegt einer Reihe von Entscheidungen zugrunde (vgl.
BGE 51 II 112
,
BGE 53 II 14
,
BGE 61 I 305
,
BGE 64 II 253
,
BGE 66 II 66
,
BGE 68 II 152
,
BGE 69 II 284
,
BGE 76 II 5
,
BGE 78 II 107
,
BGE 80 II 298
), und es ist nach dem Gesagten daran festzuhalten.
2.
Zur Begründung der von der Praxis geprägten Regel, wonach die Vaterschaftsvermutung nach Art. 314 Abs. 1 wie auch die Mehrverkehrseinrede nur dann entfällt, wenn es so gut wie ausgeschlossen ist, dass das Kind dem betreffenden Verkehr entstammt, wurde unter anderm auf die Tatsache verwiesen, dass die biologischen Gesetze, auf die es hier ankommt, immer noch unvollkommen bekannt sind (
BGE 68 II 153
). Das gilt besonders von den Vererbungsgesetzen, auf die sich im vorliegenden Falle das Gutachten und das angefochtene Urteil stützen. Es ist in der Fachwissenschaft noch durchaus umstritten, ob und wie weit einzelne Merkmale einigermassen sichere Schlüsse
BGE 82 II 259 S. 266
auf die Abstammung zulassen. SCHWEIZER, Die Leistung des Beweises im Vaterschaftsprozess ... (1936), führt eine Reihe von Fachleuten an, die den Vererbungsrückschlüssen vom Kind auf den Vater noch skeptisch gegenüberstehen, namentlich auch inbezug auf die Beweiskraft der Papillarlinien der Finger, auf die das vorinstanzliche Urteil das grösste Gewicht legt. In der ausländischen Rechtsprechung wird denn auch die erbbiologische Beweisführung in vielen Fällen nur als zusätzliches Indiz benützt oder doch nur bei einer diese Untersuchung nahelegenden sonstigen Beweislage angeordnet (vgl. das von D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 220 angeführte österreichische Urteil). Als entscheidend fällt eine erbbiologische Begutachtung, vom schon erwähnten Falle typischer Rassenmerkmale abgesehen, etwa bei seltenen auf Vererbung beruhenden Anomalien in Betracht (vgl. ein Urteil des Bezirksgerichtes Kulm vom 23. September 1941, SJZ 39 S. 29, und dazu D. PFANNENSTIEL, SJZ 50 S. 221/2, die den Ausspruch des damaligen Experten hervorhebt: "Mit der Einzigartigkeit der Merkmalsverbindung ist der Nachweis der Heredität bereits erbracht"). Führt die erbbiologische Untersuchung zu einem praktisch als sicher zu erachtenden Ergebnis, sei es im Sinne des Ausschlusses eines von mehreren in Betracht kommenden Beischläfers, sei es gar im Sinn eines positiven Vaterschaftsnachweises (vgl. D. PFANNENSTIEL in SJZ 49 S. 101), so ist sie als taugliches Beweismittel zu berücksichtigen. Fraglich ist allerdings, ob jede Partei im Vaterschaftsprozess, um eine gegen sie bestehende Rechtsvermutung zu beseitigen, ohne weiteres die Anordnung einer erbbiologischen Expertise verlangen könne, auch ohne dass sie sich bereits auf auffallende, zu ihren Gunsten sprechende Merkmale zu berufen vermag. Die der erbkundlichen Begutachtung weiten Raum gewährende deutsche Rechtsprechung (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen 160 S. 63 und ebenso des Bundesgerichtshofes 7 S. 116) dürfte für schweizerische Vaterschaftsprozesse schon deshalb nicht wegleitend sein,
BGE 82 II 259 S. 267
weil es sich mit der kurzen Klagefrist des
Art. 308 ZGB
nicht wohl verträgt, ohne schlüssige Anhaltspunkte eine Verzögerung des Prozesses auf sich zu nehmen, wie sie sich daraus ergeben muss, dass eine erbbiologische Begutachtung erst, wenn das Kind mindestens zwei oder drei Jahre alt ist, mit Aussicht auf ein zuverlässiges Ergebnis stattfinden kann (vgl. DETTLING, SCHÖNBERG und SCHWARZ, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin 1951 S. 391; D. PFANNENSTIEL, SJZ 1950 S. 222). Das mag jedoch dahingestellt bleiben, da das Obergericht die erbbiologische Expertise ja angeordnet und damit mindestens im Rahmen der ihm zustehenden prozessualen Befugnisse gehandelt hat. Heute geht es nur um die rechtliche Würdigung des dabei gewonnenen Beweisergebnisses.
3.
Wie das Obergericht selbst ausführt, vermag dieses Ergebnis die exceptio plurium nicht zu entkräften, wenn man, wie es nach dem oben Gesagten richtig ist, an den von der Praxis aufgestellten Schranken der Entkräftungsmöglichkeit festhält. Der Richter muss sich auf einem solchen Sachgebiete, auf dem er nicht selber Fachmann sein kann, an die vom Experten vorgenommene Gesamtwertung der erhobenen Befunde halten. Es steht ihm nicht zu, Einzelbefunden eine höhere Bedeutung beizumessen und so zugunsten der (gegen-) beweisbelasteten Partei eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit bzw. an Unmöglichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit anzunehmen, die der Experte nicht zu bejahen vermochte. Wäre die Expertin im vorliegenden Falle zu einem so entschiedenen Gesamtbefund gelangt, so hätte sie das Schlussergebnis anders formuliert. Es ist ihr ja durchaus geläufig, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit bei der Gesamtbeurteilung zum Ausdrucke zu kommen hat (vgl. ihre Ausführungen in SJZ 49 S. 105, wonach die Beurteilung je nach dem Ergebnis abzustufen ist von "Vaterschaft unwahrscheinlich" bis "im höchsten Grade unwahrscheinlich"; im letztern Falle könne die Vaterschaft "praktisch nicht mehr vermutet werden"; siehe im übrigen Neue
BGE 82 II 259 S. 268
Juristische Wochenschrift 1950 S. 563/4 über die Benennung von sechs Stufen der Wahrscheinlichkeit nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie). Das vorliegende Gutachten vermochte nur auszusagen, die Vaterschaft des Dritten, Uecker, müsse "als unwahrscheinlich bezeichnet werden" (also nicht "im höchsten Grade" oder "äusserst" unwahrscheinlich). Das entspricht dem Befund über den Beklagten, wonach es "sehr unwahrscheinlich" ist, "dass diese Ähnlichkeiten vom Zufall geprägt sind". Somit bleibt es bei dem im Gutachten angegebenen Schlussergebnis, dem die exceptio plurium bei Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze standhält.
Ist die Klage daher auf Grund dieser Einrede abzuweisen, so erübrigt sich eine Prüfung der vom Beklagten erhobenen Einrede aus
Art. 315 ZGB
.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 21. Juni 1955 aufgehoben und die Klage abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,956 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46a58178-4eef-49c0-aae4-2bf25cc63cd9 | Urteilskopf
106 IV 264
68. Urteil des Kassationshofes vom 25. September 1980 i.S. J. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 18 Abs. 3,
Art. 117 und 229 Abs. 2 StGB
.
1. Sorgfaltspflicht des Bauschaffenden, der statt der üblichen eine ungewöhnliche Konstruktionsmethode wählt.
2. Eine Regel der Baukunde ist anerkannt, wenn sie nach dem Stand des Erfahrungswissens unbestritten ist. | Sachverhalt
ab Seite 265
BGE 106 IV 264 S. 265
A.-
J. hatte als verantwortlicher Bauleiter der Firma B. AG für die Sicherung des Hangs oberhalb des Trasses der N 8 und der SBB eine ungewöhnliche Konstruktionsmethode gewählt: Die ca. 28 t schweren, 5 x 5 x 0,45 m messenden Elemente aus armiertem Beton wurden zunächst in senkrechter Stellung auf kippbaren Eisenschemeln betoniert und nachher gegen den Hang gekippt. Gegen vorzeitiges Umkippen wurden Holzabstützungen angebracht und die Kippschemel durch Eisenbolzen blockiert. Dennoch geriet am 16. Februar 1976 ein eben fertiggestelltes Element vorzeitig ins Kippen, die Holzabstützungen und Eisenbolzen hielten nicht stand und der auf dem Element stehende Arbeiter G. wurde zwischen Element und Wand erdrückt.
B.-
Am 11. Oktober 1979 verurteilte das Kantonsgericht Obwalden J. wegen fahrlässiger Tötung (
Art. 117 StGB
) und fahrlässiger Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde (
Art. 229 Abs. 2 StGB
) zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 500.--. Die von J. gegen dieses Urteil eingereichte Berufung wies das Obergericht des Kantons Obwalden am 29. Mai 1980 ab.
C.-
J. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Aus der Beschwerdebegründung geht hervor, dass J. Rückweisung zur Freisprechung von beiden Anklagepunkten verlangt.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
In den beiden von der Strafkommission Obwalden eingeholten fachtechnischen Gutachten wird übereinstimmend ausgeführt, dass der labile Gleichgewichtszustand, in dem sich die Elemente bis zu ihrem Umkippen an den Hang befanden, leicht durch von aussen wirkende Horizontalkräfte, mit denen im Tiefbau stets zu rechnen sei, gestört werden könne. Dieses grosse Gefahrenmoment könne nur durch die Anordnung von
BGE 106 IV 264 S. 266
dauernd wirksamen, "narrensicheren" Abstützungen oder Verankerungen sicher ausgeschaltet werden. Im vorliegenden Fall seien die Regeln der Baukunst missachtet worden, indem "bei den Überlegungen der Sicherheit des Bauvorganges die Einwirkung von unvorhergesehenen äussern Kräften ganz ausser acht gelassen" worden sei (Gutachten Sch.) und somit "die Kippsicherheit des Elementes nicht bis zum Abschluss des Umlegens bei üblichen Vorkommnissen dauernd gewährleistet" gewesen sei (Gutachten M.). Der Standsicherheit des Bauwerkes hätten einzig die nach den Regeln des Stahlbaus untauglich konstruierten Sicherungsbolzen gedient (Gutachten Sch.). Im Gutachten M. wird beigefügt, dass die objektive Gefährlichkeit des gewählten ungewöhnlichen Bauvorganges allerdings nicht offensichtlich und nicht ohne weiteres erkennbar gewesen sei und dass das zu lösende Problem ausserhalb des allgemeinen Erfahrungsbereichs eines Bauschaffenden und auch am Rande dessen liege, was in der Ausbildung gelehrt werde.
Aus diesen Gutachten schlossen die kantonalen Gerichte auf fahrlässige Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde und, da der Tod des G. zweifelsfrei auf das Kippen des Betonelementes mangels genügender Sicherung zurückzuführen war, was nicht bestritten wird, auf fahrlässige Tötung.
2.
In der Nichtigkeitsbeschwerde wird zur Hauptsache geltend gemacht, was nicht ohne weiteres erkennbar sei und ausserhalb des allgemeinen Erfahrungsbereichs und auch am Rande dessen liege, was in der Ausbildung gelehrt werde, sei für J. nicht voraussehbar gewesen. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit setze aber die Voraussehbarkeit der eingetretenen Folgen voraus. Was nicht voraussehbar sei, könne nicht bedacht und es könne darauf nicht Rücksicht genommen werden. Da J. die eingetretenen Folgen nicht habe voraussehen können, habe er auch nicht die entsprechenden Sicherheitsvorkehren treffen können und auch keinen Anlass gehabt, einen Spezialisten beizuziehen.
Zu prüfen ist somit, ob die Vorinstanz von einem richtigen Begriff der Fahrlässigkeit ausgegangen ist. Die Würdigung der fachtechnischen Gutachten durch die kantonalen Gerichte ist eine Frage der Beweiswürdigung, die im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, mit der einzig Bundesrechtsverletzungen gerügt werden können (
Art. 269 Abs. 1 BStP
), nicht aufgeworfen werden kann.
BGE 106 IV 264 S. 267
a) Beim Beschwerdeführer handelt es sich nicht um einen untergeordneten Handlanger, der eine Ungeschicklichkeit beging, über deren Tragweite er auch bei sorgfältiger Überlegung sich nicht im Klaren sein konnte; der Beschwerdeführer war der von der mit der Bauausführung beauftragten Firma eingesetzte Bauleiter, der die Verantwortung für Art und Ablauf der Arbeiten trug. Er ist diplomierter Baumeister und in seinem Beruf erfahren. Für die Sicherung des Hangs standen ihm verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Er konnte entweder eine Ausführung wählen, die allgemein üblich und ihm voll vertraut war, so dass er aus eigener Sachkunde die nötigen Sicherheitsvorkehren treffen konnte. Wählte er statt dessen eine ungewöhnliche Konstruktion, deren Besonderheiten ihm weder von seiner Ausbildung her noch aus eigener Erfahrung bekannt waren, so musste er sich entweder selbst noch vorher diese Kenntnisse verschaffen oder einen ausgewiesenen Fachmann beiziehen. Er hat weder das eine noch das andere getan. Dass eine senkrecht auf Kippschemeln errichtete Betonmauer von 28 t Gewicht und 5 x 5 x 0,45 m Ausmass einer erheblichen Gefahr des Umkippens infolge der Einwirkung von Horizontalkräften oder des Nachgebens des Untergrundes ausgesetzt ist, ist sogar für den technischen Laien offensichtlich und war auch dem Beschwerdeführer bewusst, hat er doch Sicherheitsmassnahmen gegen ein vorzeitiges Kippen getroffen. Dabei vernachlässigte er aber die nach Meinung der Experten allgemein (also auch für J.) bekannte Wahrscheinlichkeit erheblicher Querkräfte und unterliess es, sich auf irgendeine Art darüber Klarheit zu verschaffen, ob die getroffenen Sicherungen ausreichten.
b) Der in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptete Widerspruch zwischen den Erwägungen des Kantonsgerichts und jenen des Obergerichts ist nur scheinbar. Die 1. Instanz legte das Hauptgewicht darauf, dass die Sicherheitsmassnahmen offensichtlich in Verletzung der Regeln der Baukunde ganz ungenügend waren. Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer dagegen vor allem vor, keinen Fachmann beigezogen zu haben. So oder anders lautet der Vorwurf dahin, J. habe die ihm als dipl. Baumeister und als Bauleiter obliegende Sorgfaltspflicht verletzt, indem er das Betonelement ungenügend sicherte. Ob er bei pflichtgemässer Sorgfalt von sich aus eine ausreichende Sicherheit hätte einbauen oder mangels genügender
BGE 106 IV 264 S. 268
eigener Kenntnisse hätte einen Spezialisten beiziehen sollen, ändert an der strafrechtlichen Beurteilung nichts. Entweder hat der Beschwerdeführer trotz ausreichender Kenntnisse zu wenig sorgfältig gesichert, oder dann hat er, obwohl ihm seine mangelnden Kenntnisse bewusst sein mussten, ohne Beizug eines Fachmannes nach Gutdünken eine Sicherung getroffen, die sich in der Folge als völlig ungenügend erwies. In beiden Fällen trifft ihn der Vorwurf der Fahrlässigkeit.
c) Der Hinweis auf die summarischen Fachkenntnisse seines Mitarbeiters G. vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Für die Planung und Ausführung war J. verantwortlich. Ob ihm auch dann Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könnte, wenn G. eine bessere fachliche Ausbildung besessen hätte als er selbst, braucht hier nicht untersucht zu werden. Gerade auch der Umstand, dass G. über noch weniger Kenntnisse (in Statik, etc.) verfügte, hätte den Beschwerdeführer im Rahmen seiner Berufspflichten dazu veranlassen müssen, entweder eine ihm genau bekannte Konstruktionsmethode zu wählen oder sich die Kenntnisse über die möglichen Einwirkungen auf ein im labilen Gleichgewicht stehendes Betonelement dieses Ausmasses und die daraus resultierende Kippgefahr vorerst selber zu verschaffen oder einen Spezialisten beizuziehen.
3.
Der Beschwerdeführer macht schliesslich zu Unrecht geltend, der Tatbestand von
Art. 229 Abs. 2 StGB
sei schon in objektiver Hinsicht nicht erfüllt. Dass nach den Ausführungen des Gutachters M. das gestellte Problem "ausserhalb dem allgemeinen Erfahrungsbereich eines Bauschaffenden und auch am Rande dessen, was in der Ausbildung gelehrt wird", liegt (Gutachten M.), bedeutet entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung nicht, dass die Sicherheitsvorkehren, die nach der übereinstimmenden Ansicht der Experten zur Vermeidung des Umkippens des Betonelementes hätten getroffen werden müssen, nicht zu den "anerkannten Regeln der Baukunde" gehören. In beiden Gutachten wird denn auch eine Missachtung (Gutachten M.) bzw. gar eine grobe Missachtung (Gutachten Sch.) der Regeln der Baukunst bejaht. Zu den anerkannten Regeln der Baukunde im Sinne von
Art. 229 StGB
gehören nicht nur jene Regeln, die ein Bauschaffender mit der Ausbildung und Erfahrung des Beschwerdeführers kennt, sondern auch jene Gesetze und Regeln, die allenfalls nur ein akademisch gebildeter Ingenieur oder
BGE 106 IV 264 S. 269
Architekt kennen kann. Entscheidend ist, dass die betreffende Regel nach dem Stand des Erfahrungswissens feststeht, d.h. unbestritten ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,980 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46acce2a-9298-4ca7-b1ca-97ffa455e029 | Urteilskopf
99 Ia 586
72. Arrêt du 30 novembre 1973 dans la cause X. contre Conseil d'Etat du canton de Genève. | Regeste
Advokaturexamen.
Art. 4 BV
.
Der mit einer Beschwerde gegen den Entscheid der Advokaturprüfungskommission befasste Genfer Staatsrat verletzt
Art. 4 BV
nicht, wenn er seine Überprüfung auf Willkür beschränkt. | Sachverhalt
ab Seite 587
BGE 99 Ia 586 S. 587
A.-
L'art. 124 de la loi genevoise sur l'organisation judiciaire du 22 novembre 1941 (LOJ) dispose que, pour être admis à représenter les parties en matière civile, les avocats doivent, après avoir effectué un stage, subir avec succès un examen de fin de stage, portant sur leurs connaissances théoriques et pratiques et dont les conditions sont déterminées par un règlement du Conseil d'Etat.
Le Conseil d'Etat a fixé ces conditions dans le règlement sur la profession d'avocat, du 16 juin 1956 (RPA), soit dans les articles 13 à 22 et 27 à 32 de ce règlement.
Les dispositions du règlement intéressant spécialement le présent cas sont les suivantes:
"
Art. 13 1
Une commission d'examens est nommée tous les quatre ans par le Conseil d'Etat, sur la proposition du département de justice et police.
2 Elle se compose du procureur général, de 16 membres titulaires et de 6 suppléants choisis parmi les magistrats de l'ordre judiciaire, les professeurs de la faculté de droit et les avocats au barreau de Genève; 4 de ces derniers sont désignés comme membres titulaires et 2 comme suppléants par le conseil de l'ordre des avocats.
Art. 14
1 La commission d'examens est présidée par le procureur général ou par un membre désigné par lui.
2 Elle peut se subdiviser en sous-commissions, chargées d'apprécier les épreuves écrites et de faire subir les épreuves orales. Les notes de chaque épreuve sont données par la sous-commission compétente.
3 La commission se réunit en séance plénière à huis clos pour statuer sur les résultats d'ensemble.
Art. 19
1 La note maximum pour chaque épreuve est 6. L'examen est admis, sans autre indication, si la moyenne des notes atteint 4 et si aucune note inférieure à 1 n'a été donnée pour aucune épreuve.
2 N'est pas admis à subir les épreuves orales le candidat qui n'a pas obtenu aux épreuves écrites une moyenne de 4 ou dont une épreuve a été appréciée par une note inférieure à 1.
Art. 20
Le candidat qui n'est pas reçu peut subir à nouveau l'examen à une session suivante. Après le troisième échec, le candidat est définitivement éliminé.
Art. 27
L'examen de fin de stage comprend des épreuves écrites et des épreuves orales. Il porte sur les connaissances théoriques et pratiques des candidats.
BGE 99 Ia 586 S. 588
Art. 28
Les épreuves écrites portent sur les quatre branches suivantes:
a) droit civil suisse, y compris le droit international privé suisse;
b) droit des obligations (CO, parties 1 à 5);
c) organisation judiciaire et procédure civile genevoise et fédérale;
d) droit pénal.
Art. 29
1 Les épreuves écrites consistent dans la rédaction d'une consultation. L'épreuve de procédure civile peut comporter la rédaction d'un ou de plusieurs actes de procédure.
2 Lors des épreuves écrites, le candidat peut demander les lois qu'il désire consulter."
B.-
X., avocat stagiaire, s'est présenté à l'examen de fin de stage à la session de novembre 1970. Il a obtenu un total de 10,25 points, soit une moyenne de 2,56, pour les 4 épreuves écrites prévues à l'art. 28 RPA. N'ayant ainsi pas obtenu la note moyenne de 4, il n'a pas été admis à subir les épreuves orales (art. 19 al. 2 RPA). S'étant représenté à la session de novembre 1971, il a obtenu un total de 15,25 points, soit une moyenne de 3,81 et a ainsi échoué à nouveau. Il s'est présenté une troisième fois à la session de novembre 1972 et a alors obtenu les notes suivantes: droit civil: 3,5; droit des obligations: 2,5; procédure civile: 4,75; droit pénal: 4,25, soit un total de 15 points et une moyenne de 3,75.
L'épreuve de droit civil consistait dans la rédaction d'une consultation relative à une action en nullité d'un testament par lequel le défunt avait disposé d'une partie de sa fortune en faveur de diverses institutions; cette question mettait en jeu les notions de fondation, de legs avec charges, de qualité pour défendre et des problèmes annexes de droit successoral. Réunie en séance plénière pour statuer sur les résultats d'ensemble, la commission d'examens a estimé que la sous-commission chargée d'apprécier l'épreuve de droit civil n'avait pas tenu suffisamment compte de la relative difficulté de la question posée et a pour cette raison décidé d'augmenter d'un demi-point les notes attribuées aux différents candidats pour cette épreuve. De ce fait, les notes obtenues, comprises primitivement entre 1,5 et 4,75, oscillent entre 2 et 5,25. A la suite de cette décision, dont X. a bénéficié en voyant passer sa note de 3 à 3,5, huit candidats obtinrent pour l'épreuve de droit civil la note 4 ou une note supérieure, alors que, d'après les notes primitivement attribuées par la souscommission,
BGE 99 Ia 586 S. 589
quatre candidats seulement auraient atteint ou dépassé la note de 4.
Sur les vingt candidats qui ont pris part à la session de novembre 1972, six, dont le recourant, n'ont pas été admis à subir les épreuves orales et ont dès lors subi un échec, alors que si la note de droit civil n'avait pas été augmentée, le nombre des échecs à ce stade aurait été de dix.
Le 14 décembre 1972, le Département de justice et police communiquait à X., au nom de la commission d'examens, les notes attribuées à ses épreuves écrites et l'informait que la moyenne n'atteignant pas 4, il n'était pas admis à subir les examens oraux. Il ajoutait que s'agissant du 3e échec, et par application de l'art. 20 RPA, le candidat était définitivement éliminé.
C.-
Les 20 et 21 décembre 1972, X. formait d'une part auprès du Département de justice et police un recours contre la décision de la Commission d'examens et d'autre part auprès du Conseil d'Etat un recours contre la décision du Département de justice et police du 14 décembre 1972, lui confirmant que la moyenne de ses notes n'atteignant pas 4, il n'était pas admis à subir les examens oraux.
Le 16 février 1973, le Département de justice et police écrivit au recourant que seule l'élimination définitive de celui-ci avait fait l'objet d'une décision du Département. Mais cette décision est la conséquence automatique du troisième échec, sans que le Département dispose à cet égard d'un quelconque pouvoir d'appréciation. Le recours ne peut avoir d'objet que dans la mesure où l'intéressé conteste la réalité du troisième échec. Or, sur ce point, le Département n'est pas compétent pour entrer en matière, l'appréciation du travail de droit civil ressortissant à la compétence exclusive de la Commission d'examens, de sorte que le recours est irrecevable.
Dans son recours au Conseil d'Etat, X. a qualifié d'arbitraire la décision de la Commission d'examens d'augmenter d'un demi-point les notes de tous les travaux de droit civil, cette décision faussant l'échelle d'appréciation. D'après lui, "l'examen de droit civil s'est avéré très difficile à comprendre et à corriger", et la Commission aurait dû considérer l'examen comme nul au lieu de majorer les notes.
D.-
Par arrêté du 4 juillet 1973, le Conseil d'Etat, tout en admettant la recevabilité du recours, l'a rejeté comme mal fondé.
BGE 99 Ia 586 S. 590
E.-
Agissant par le moyen du recours de droit public, X. attaque l'arrêté du Conseil d'Etat, qu'il taxe d'arbitraire, et en requiert l'annulation.
F.-
Le Conseil d'Etat conclut au rejet du recours, dans la mesure où celui-ci n'est pas irrecevable.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
a) Le Conseil d'Etat, avant de statuer sur le fond, s'est demandé si le recours de X. était recevable. Il a répondu par l'affirmative. Cependant, pour tenir compte de l'autonomie et du pouvoir d'appréciation dont jouit la Commission d'examens, ainsi que de la nature matérielle de la décision contestée, il entend faire preuve de la plus grande retenue dans l'examen de tels recours et ne se reconnaît pour les juger qu'un pouvoir d'examen réduit. Appliquant par analogie une disposition de la loi sur l'orientation, la formation professionnelle et le travail des jeunes gens, du 25 mars 1969, relative aux examens en matière de formation professionnelle, il admet avoir qualité pour contrôler toute violation de la loi qui aurait pu être commise par la commission, notamment en ce qui concerne l'organisation des examens de fin de stage. En revanche, il n'estime pas avoir qualité pour entrer en matière sur des griefs tirés de l'appréciation des notes par la commission, pas plus que sur des griefs articulés à l'encontre de la préparation, du degré de difficulté ou du choix des questions d'examen, ne réservant à cet égard que l'hypothèse de l'arbitraire manifeste.
b) Le recourant fait grief au Conseil d'Etat d'avoir limité son pouvoir de cognition, alors qu'il avait, d'après lui, à statuer comme autorité d'appel, sans aucune limite. Le Conseil d'Etat aurait dès lors versé dans l'arbitraire et commis un déni de justice. Jamais, jusqu'ici, statuant dans sa compétence juridictionnelle, il n'aurait restreint son pouvoir d'examen, sinon en vertu d'une disposition légale ou réglementaire. Il aurait ainsi, en l'espèce, "bouleversé sa pratique constante, en même temps que les principes généraux du droit, lesquels sont sauvegardés par l'art. 4 Cst.".
c) Il convient donc d'examiner si c'est à tort et d'une façon arbitraire que le Conseil d'Etat a limité sa cognition au contrôle de la légalité de la décision de la Commission d'examens, laissant à celle-ci quant au choix des questions posées et à l'appréciation des notes une liberté d'appréciation qui a ses limites dans l'arbitraire.
BGE 99 Ia 586 S. 591
La loi et le règlement ne prévoyant aucun recours contre les décisions de la Commission d'examens, le Conseil d'Etat s'est néanmoins considéré comme compétent pour recevoir le recours en tant que celui-ci est "fondé sur le droit coutumier". La pratique a admis dans le canton de Genève que les décisions des organes de l'administration cantonale peuvent, en l'absence d'une voie de recours prévue par la loi ou par un règlement, être soumises au Conseil d'Etat en sa qualité d'organe chargé de "l'administration générale du canton" (art. 101 Cst. cantonale), les limites de cette compétence étant les mêmes que celles de l'administration générale (cf. HAENNI, La jurisprudence administrative du Conseil d'Etat du canton de Genève, p. 34; CORNIOLEY, Questions posées par la réforme de la juridiction administrative à Genève, in Sixième Journée juridique, p. 43; Rapport de la commission du Grand Conseil chargée d'examiner le projet de loi sur le tribunal administratif, 1970, No 1867-C, p. 4). Ce recours étant coutumier, le pouvoir d'examen du Conseil d'Etat n'est réglé par aucun texte écrit. En sa qualité d'organe chargé de l'administration générale, le Conseil d'Etat a sans doute un pouvoir d'examen complet en ce qui concerne le contrôle des actes de l'administration proprement dite. Mais la Commission d'examen des avocats n'est pas un organe de l'administration hiérarchiquement soumis au Conseil d'Etat. Composée de magistrats, de professeurs et d'avocats, elle est indépendante de l'administration cantonale et le Conseil d'Etat ne peut donner des instructions à ses membres sur la façon d'apprécier les notes d'examen. Lesdits membres ont à cet égard une liberté d'appréciation analogue à celle des professeurs d'université chargés de faire subir des examens (cf. WOLFFERS, Die staatsrechtliche Stellung der Universität Zürich, thèse Zurich 1940, p. 131-132). Le Conseil d'Etat n'aurait pas commis un acte arbitraire en refusant de se saisir du recours de X. S'en étant saisi, il n'a pas commis arbitraire en restreignant son pouvoir de cognition comme il l'a fait. Il est d'ailleurs peu concevable que le Conseil d'Etat, substituant son appréciation à celle de la Commission d'examens, composée de juristes choisis en raison de leur compétence particulière dans les différents domaines du droit suisse et genevois, se prononce, sauf cas d'arbitraire, sur le libellé d'une question d'examen adoptée par les membres de la Commission. Il est au surplus généralement admis que les décisions des jurys d'examens, en raison de la technicité des problèmes posés, ne
BGE 99 Ia 586 S. 592
peuvent faire l'objet que d'un contrôle limité (voir, pour l'Allemagne, MERK, Deutsches Verwaltungsrecht, t. II, p. 2036; pour la France, A. DE LAUBADÈRE, Traité élémentaire de droit administratif, 4e édition, t. I, p. 501). C'est aussi la raison pour laquelle le législateur a décidé de soustraire au contrôle du Tribunal fédéral, en tant que juridiction administrative, les "décisions sur le résultat d'examens professionnels, d'examens de maîtrise ou d'autres examens de capacité" (art. 99 litt.f OJ). Le message du Conseil fédéral concernant l'extension de la juridiction administrative fédérale avait relevé, en ce qui concerne les décisions constatant le résultat d'un examen, que "les examinateurs et experts disposent d'une très grande latitude de jugement" (FF 1965 II 1350, ad litt. f).
2.
a) Le recourant fait grief au Conseil d'Etat d'avoir "fait sien l'outrepassement de pouvoirs de la Commission d'examens" qui aurait violé l'art. 14 al. 2 et 3 RPA, en modifiant les notes attribuées aux candidats par la sous-commission chargée d'organiser l'épreuve de droit civil. D'après lui, l'art. 14 al. 2 disposant que les notes de chaque épreuve sont données par la sous-commission compétente, la Commission plénière ne pouvait modifier ces notes, mais, appelée à "statuer sur les résultats d'ensemble", elle pouvait tout au plus autoriser l'admission d'un candidat qui n'aurait pas obtenu la moyenne requise.
Le grief ainsi soulevé par le recourant est irrecevable pour deux motifs. D'une part, il est présenté pour la première fois dans le recours de droit public; il ne l'a pas été dans le recours au Conseil d'Etat, où le recourant avait bien reproché à la Commission d'avoir augmenté les notes, mais n'avait pas contesté sa compétence en la matière. Or la jurisprudence a admis que le recourant ne saurait alléguer qu'une décision cantonale est arbitraire parce qu'elle n'a pas pris en considération d'office des moyens qu'il n'avait pas invoqués lui-même alors qu'il en aurait eu la faculté (RO 97 I 317, 96 I 120). D'autre part, le recours de droit public n'est ouvert qu'aux individus lésés par une décision cantonale. Le recourant ne saurait se prétendre lésé par une décision de la Commission d'examens qui a augmenté sa note d'un demi-point par rapport à celle qui avait été fixée par la sous-commission. Cette décision n'a pas aggravé sa situation, elle l'a améliorée, et elle eût pu être de nature à lui permettre de réussir l'examen si les notes obtenues dans les autres disciplines avaient été suffisantes à cet effet. La décision de la Commission
BGE 99 Ia 586 S. 593
sur ce point ne l'atteint donc pas dans sa situationjuridique et ne lui cause pas de préjudice, ce qui entraîne, sous cet angle aussi, l'irrecevabilité du moyen (RO 96 I 311; cf. BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, ad art. 88, p. 371).
b) Le recourant soutient encore, dans le même contexte, que pratiquement la Commission, en augmentant les notes, les a fixées en raison du résultat obtenu et non de la qualité des travaux et qu'elle a ainsi faussé l'échelle d'appréciation par rapport aux autres notes d'examen. Ce moyen, accessoire du précédent, est irrecevable pour les mêmes raisons.
3.
Enfin, le recourant affirme que la question posée ne faisait pas "appel aux connaissances "pratiques" des candidats, en violation de l'art. 27 RPA". Mais il ne motive ce grief qu'en se référant aux moyens exposés dans son recours au Conseil d'Etat. Or, aux termes de l'art. 90 al. 1 lit. b OJ, l'acte de recours doit contenir un exposé des droits constitutionnels ou des principes juridiques violés, précisant en quoi consiste la violation. La jurisprudence a interprété cette disposition en statuant que, dans un recours de droit public, les moyens du recourant doivent être exposés dans l'acte de recours, sans que le Tribunal fédéral ait à les rechercher dans les actes de la procédure cantonale (RO 96 I 14, 93 I 137, BIRCHMEIER, op.cit. p. 390). Ce dernier moyen est ainsi irrecevable. Il n'est du reste pas exposé clairement dans le recours cantonal, où X. ne se plaignait pas d'une prétendue violation de l'art. 27 RPA, même si le Conseil d'Etat, dans sa décision, a fait état de ce grief.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral,
Rejette le recours en tant qu'il est recevable. | public_law | nan | fr | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
46acfdc2-fafd-4074-8851-1037a60a0850 | Urteilskopf
110 Ia 163
34. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juni 1984 i.S. BDS Beton AG gegen Bär und Mitbet. und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 22ter; Raumplanung; § 234 lit. a des zürcherischen Planungs- und Baugesetzes (PBG), planungsrechtliche Baureife.
Die planungsrechtliche Baureife eines Grundstücks im Sinne von
§ 234 lit. a PBG
darf verneint werden, wenn eine das Grundstück betreffende Änderung des regionalen Richtplanes im Gange ist und nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass das Bauvorhaben der künftigen Zonenordnung widerspreche. Die Baubewilligung für eine Betonzentrale wird zu Recht verweigert, wenn damit gerechnet werden muss, dass das Baugrundstück einer Wohnzone zugewiesen werden wird. | Sachverhalt
ab Seite 164
BGE 110 Ia 163 S. 164
Die Gesellschafter der BDS Beton AG (in Gründung) erhielten am 31. März 1982 von der Baukommission Männedorf die Bewilligung für die Erstellung einer Betonaufbereitungsanlage auf dem Grundstück Kat. Nr. 5845 am Gerbeweg im Gebiet "Weieren" in Männedorf. Dieses liegt gemäss dem Zonenplan zur Bauordnung vom 24. Oktober 1969 in der Industriezone, welche im Süden durch die Seestrasse und im Norden durch die rechtsufrige SBB-Linie begrenzt wird. An die gegenüberliegende Seite des Bahnareals stösst eine Wohnzone ohne Gewerbeerleichterung an.
Gegen das Bauvorhaben gingen zahlreiche Einsprachen ein, doch wurden diese auf Rekurs der Einsprecher hin auch von der Baurekurskommission II am 14. Dezember 1982 abgewiesen. Das Verwaltungsgericht, an das die unterlegenen Einsprecher den Entscheid der Rekurskommission weiterzogen, hiess die Beschwerde mit Urteil vom 7. Juni 1983 gut. Es hob den Entscheid der Baurekurskommission und die Baubewilligung wegen fehlender planungsrechtlicher Baureife des Grundstücks gestützt auf §§ 234 f. des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) auf, da zur Zeit der Baubewilligung der Entwurf zum regionalen Gesamtplan (Richtplan gemäss
§ 30 PBG
) bereits vorgelegen habe. Dieser vom Regierungsrat nachträglich am 8. Dezember 1982 genehmigte Plan weise das Baugrundstück dem Wohngebiet mit Gewerbeerleichterungen zu. Mit der Möglichkeit der Änderung des Nutzungsplanes habe daher bereits im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung am 31. März 1982 gerechnet werden müssen. Die Bewilligung der Betonaufbereitungsanlage würde die Planung nachteilig beeinflussen, da eine solche Anlage, wovon auch die Baurekurskommission ausgegangen sei, in die Industriezone gehöre.
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichtes haben die Gesellschafter der Beton AG unter anderem wegen Verletzung von
Art. 22ter BV
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist diese ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
6.
Fraglich ist daher nur noch, ob die Aufhebung der Baubewilligung im konkreten Falle gegen die Eigentumsgarantie verstosse oder ob sie sich auf das Gesetz - hier
§ 234 PBG
- stützen lasse und im öffentlichen Interesse liege.
BGE 110 Ia 163 S. 165
Bei Anrufung der Eigentumsgarantie untersucht das Bundesgericht die Frage, ob sich im kantonalen Recht eine Grundlage für den umstrittenen Eingriff finde, grundsätzlich nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür; frei geprüft wird allerdings, wenn es sich um einen besonders schweren Eingriff handelt. Ob ein solcher hier vorliege, kann offenbleiben, da sich die Einwendungen der Beschwerdeführer auch bei freier Prüfung als unbegründet erweisen.
a) Die Beschwerdeführer sind der Meinung, das Vorliegen eines blossen Entwurfes zum regionalen Richtplan reiche nicht aus zur Annahme, dass die planungsrechtliche Baureife fehle. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die regionale Richtplanung ist für die ihr nachgeordnete kommunale Richt- und Nutzungsplanung verbindlich (
§ 16 PBG
,
Art. 9 RPG
). Muss damit gerechnet werden, dass ein Richtplanentwurf zu einer Änderung der bestehenden Nutzungsordnung führt, so ist die gesetzliche Voraussetzung der planungsrechtlichen Baureife gemäss
§ 234 lit. a PBG
nicht erfüllt. Ein solcher Richtplanentwurf stellt eine hinlänglich klar umrissene Willenserklärung auf Planänderung und nicht bloss eine noch nicht genügend konkretisierte Planabsicht dar (vgl. nicht publ. Entscheide vom 17. November 1982 i.S. Zollikon E. 4b und vom 5. Oktober 1983 i.S. Zürich E. 3b). Ob die Planänderung schliesslich verwirklicht werde, steht in der Entscheidungsfreiheit des zuständigen Organs, auf Gemeindeebene der Gemeindeversammlung. Im vorliegenden Fall war daher die Meinung des Gemeinderates, trotz der Richtplananordnung könne und solle im Nutzungsplan die Industriezone beibehalten werden, nicht ausschlaggebend für die Frage, ob das Grundstück der Beschwerdeführer planungsrechtlich baureif sei.
Die Ernsthaftigkeit der in Aussicht genommenen Planänderung ist übrigens inzwischen bestätigt worden, hat doch der Regierungsrat am 8. Dezember 1982 den regionalen Gesamtplan genehmigt und die Gemeindeversammlung am 14. Februar 1983 im kommunalen Richtplan ebenfalls Wohngebiet mit Gewerbeerleichterung für das fragliche Gebiet angeordnet, womit eine an sich mögliche "Durchstossung" des regionalen Richtplanes abgelehnt worden ist.
b) Das Verwaltungsgericht ist im weiteren zu Recht davon ausgegangen, die Bewilligung der Betonaufbereitungsanlage könnte die in Änderung stehende Planung nachteilig beeinflussen. Eine solche ungünstige Präjudizierung ist nur dann zu verneinen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass
BGE 110 Ia 163 S. 166
das umstrittene Projekt mit der zukünftigen planungsrechtlichen Festlegung in Widerspruch stehe.
Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, eine Betonzentrale könne ihrer Natur nach - wie auch die Vorinstanzen erklärt hätten - nur in einer Industriezone errichtet werden. Die Vorinstanzen haben indessen die Frage, ob das Bauvorhaben in einer Wohnzone mit Gewerbeerleichterungen zulässig wäre, überhaupt nicht geprüft, da sie annahmen, es sei keine Zonenänderung zu erwarten gewesen. Die Einwendung der Beschwerdeführer, das Verwaltungsgericht hätte die Vereinbarkeit des Projektes mit einer Wohnzone mit Gewerbeerleichterung näher untersuchen müssen, ist daher grundsätzlich berechtigt. Das Gericht hätte jedoch die nachteilige Präjudizierung auch unter diesem Gesichtswinkel bejahen dürfen. Die Beschwerdeführer übersehen, dass es für diese Frage nicht allein auf die zu erwartenden Lärmimmissionen ankommt. Selbst wenn sich der zu erwartende, mit dem Betrieb der Betonzentrale verbundene Lärm innerhalb der Werte halten sollte, die in einer Wohn- und Gewerbezone zulässig sind, ist damit noch nicht gesagt, dass das Vorhaben sämtlichen zukünftigen Bestimmungen über die Wohnzone mit Gewerbeerleichterung, so jenen über Gebäudehöhe, Geschosszahl, Ausnützungsmass usw., entsprechen werde. Die Baupläne sehen einen typischen Industriebau mit grossem, fast vollständig geschlossenem Kubus und einer maximalen Höhe von über 17 m vor. Solche Bauten werden in der Regel in Wohnzonen, auch in solchen mit Gewerbeerleichterung, nicht zugelassen. Diese Feststellung genügt, wie dargelegt, um eine Beeinträchtigung der laufenden Planung anzunehmen. Abschliessend kann die Frage der Vereinbarkeit des Projektes mit der vorgesehenen Nutzungsordnung erst nach rechtskräftiger Festlegung beurteilt werden. Sollten die Beschwerdeführer der Meinung sein, diese erlaube ihnen die Verwirklichung ihres Vorhabens, so steht es ihnen frei - wie das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung bemerkt -, ihr Gesuch zu erneuern.
c) Schliesslich steht auch fest, dass die zweifellos gewichtigen privaten Interessen der Beschwerdeführer an der Verwirklichung ihres Vorhabens jedenfalls zur Zeit gegenüber den öffentlichen Interessen an der Planänderung zurücktreten müssen. Die Art des Vorhabens der Beschwerdeführer, seine bauliche Gestaltung sowie die mit dem Betrieb verbundenen Immissionen könnten sich auf den bestehenden Dorfcharakter und auf die weitere Entwicklung
BGE 110 Ia 163 S. 167
des Dorfes auswirken (vgl. Urteil vom 1. Dezember 1982 i.S. Kies AG, mit welchem ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen bestätigt wurde, das die Bewilligung für eine Betonaufbereitungsanlage wegen der Auswirkungen des Verkehrs auf die angrenzenden Wohnquartiere abgelehnt hat). Der Konflikt zwischen dem Vertrauen in den Bestand der geltenden Ordnung und einer den neuen Erkenntnissen entsprechenden Ortsplanung ist in einem Falle, in dem - wie hier - keineswegs feststeht, ob mit nur geringfügigen Verstössen gegen die zukünftige planungsrechtliche Festsetzung zu rechnen ist, zugunsten des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Planänderung zu entscheiden. Damit ist auch gesagt, dass von einem Verstoss gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht die Rede sein kann. Einzig die Zurückstellung des Baugesuches oder dessen Ablehnung zur Zeit vermag die Planänderung zu sichern. | public_law | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
46b13c56-0060-4644-867f-44c1b03f70c9 | Urteilskopf
122 III 88
17. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et faillites du 16 avril 1996 dans la cause Banque X. et Banque Z. contre V. (recours LP) | Regeste
Abschlagszahlungen aus Miet- und Pachtzinsen im Falle mehrerer Betreibungen von Grundpfandgläubigern (
Art. 95 Abs. 2 VZG
).
Betreiben mehrere Grundpfandgläubiger den Schuldner auf Verwertung des nämlichen Grundstückes, so kann derjenige unter ihnen, der sich darüber ausgewiesen hat, dass seine Forderung vom Schuldner anerkannt oder rechtskräftig festgestellt worden ist, nur im Einverständnis mit allen anderen oder nach Aufstellung eines Kollokationsplanes Abschlagszahlungen aus Miet- und Pachtzinsen erhalten, in welchem Stadium auch immer die verschiedenen Betreibungen sich befinden. | Sachverhalt
ab Seite 88
BGE 122 III 88 S. 88
En 1992, la banque X. a introduit deux poursuites en réalisation de gage immobilier avec extension aux loyers contre V., pour des créances
BGE 122 III 88 S. 89
garanties par des gages grevant deux immeubles. Les ordonnances prononçant la mainlevée provisoire des oppositions formées par V. ont été attestées définitives sous réserve d'une action en libération de dette.
En 1993, la banque Z. a également requis contre V. une poursuite en réalisation de gage immobilier avec extension aux loyers, pour une créance garantie par un gage de rang postérieur grevant les mêmes immeubles. L'ordonnance prononçant la mainlevée provisoire de l'opposition formée par V. a été attestée définitive et libre d'action en libération de dette.
En janvier 1995, la banque X. a engagé contre V. une nouvelle poursuite en réalisation de gage immobilier avec extension aux loyers. L'ordonnance prononçant la mainlevée provisoire de l'opposition formée par V. a été attestée définitive et libre d'action en libération de dette.
En mars 1995, la banque Z. a requis la vente des immeubles et demandé la distribution des loyers encaissés. L'office des poursuites a établi un tableau de distribution des produits des immeubles, dont l'avis de dépôt faisait état de la distribution à la banque Z. d'un premier acompte correspondant au total de la poursuite engagée par celle-ci.
Agissant par la voie de la plainte à l'autorité cantonale de surveillance, la banque X. a demandé l'annulation du tableau de distribution; elle reprochait notamment à l'office d'avoir violé l'art. 95 al. 2 de l'ordonnance du Tribunal fédéral sur la réalisation forcée des immeubles (ORFI, RS 281.42) en omettant de fixer préalablement l'existence et le rang de la créance garantie par gage au moyen d'un état de collocation. L'autorité cantonale de surveillance a rejeté la plainte.
La Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral a admis le recours de la banque X. contre la décision de l'autorité cantonale de surveillance.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
a) L'
art. 95 ORFI
permet que des acomptes sur les loyers et fermages perçus par l'office soient versés au créancier gagiste poursuivant qui prouve que sa créance a été reconnue par le débiteur ou constatée par prononcé définitif (al. 1); si plusieurs créanciers gagistes ont intenté des poursuites par rapport au même immeuble et se trouvent dans ce cas, des
BGE 122 III 88 S. 90
acomptes ne peuvent leur être payés que s'ils sont tous d'accord quant à la répartition, ou, si l'un d'eux a formulé une objection, si l'existence et le rang de la créance garantie par gage ont été préalablement fixés au moyen d'un état de collocation (al. 2).
L'autorité cantonale de surveillance a interprété cette disposition en ce sens que, si un seul créancier gagiste poursuivant a prouvé que sa créance a été reconnue par le débiteur ou constatée par prononcé définitif, l'accord des autres ou l'établissement d'un état de collocation n'est pas nécessaire pour le paiement d'un acompte à ce créancier. Constatant qu'au moment où l'office a établi le tableau de distribution litigieux, la recourante n'avait pas prouvé que le débiteur n'avait pas introduit d'action en libération de dette, l'autorité cantonale a en conséquence rejeté la plainte.
La recourante conteste cette interprétation sous l'angle d'une interprétation tant grammaticale (fondée sur le texte allemand de l'
art. 95 ORFI
et sur la relation entre les deux alinéas de cette disposition) que systématique de cette disposition (fondée sur sa position dans l'ordonnance par rapport aux art. 85 ss et 97 ss, en particulier 114 de celle-ci), de même que sous l'angle d'une interprétation téléologique (au regard des principes posés par les
art. 806 CC
, 813 ss, en particulier 817 al. 1 CC, ainsi que par les art. 157 al. 3 et 219 al. 3 LP). Elle soutient que le paiement d'acomptes doit se faire en respectant le rang des créances qui font l'objet d'une poursuite en réalisation de gage, ce qui nécessite - sauf accord entre les créanciers gagistes poursuivants - l'établissement d'un état de collocation.
b) Dans un arrêt cité par la recourante, le Tribunal fédéral a exposé qu'en cas de contestation sur la répartition provisoire du produit net des loyers entre plusieurs créanciers gagistes qui ont intenté des poursuites en réalisation de gage immobilier, l'
art. 95 al. 2 ORFI
prescrit de dresser un état de collocation conformément à l'
art. 157 al. 3 LP
; cette disposition renvoie à l'
art. 219 al. 3 LP
, qui prévoit que l'ordre des créances est déterminé par les règles du droit civil sur le droit de gage immobilier; selon l'
art. 114 al. 2 ORFI
, si plusieurs créanciers gagistes ont requis la poursuite à des dates différentes, le créancier de rang antérieur a droit par préférence (cf.
art. 817 al. 1 CC
) aux loyers et fermages échus depuis la réquisition de poursuite, conformément à l'
art. 806 al. 1 CC
(
ATF 95 III 33
consid. 2). Cette jurisprudence, dont il n'y a pas lieu de s'écarter, appelle des précisions sur la portée de l'
art. 95 al. 2 ORFI
.
BGE 122 III 88 S. 91
2.
C'est à juste titre que l'autorité cantonale a constaté que le passage de l'
art. 95 al. 2 ORFI
"Si plusieurs créanciers gagistes ... se trouvent dans ce cas" (en allemand "Sind mehrere solche Betreibungen von Grundpfandgläubigern ... hängig") se réfère à la condition posée par l'al. 1, à savoir que le créancier poursuivant prouve que sa créance a été reconnue par le débiteur ou constatée par prononcé définitif. Les conclusions qu'elle a tirées de cette constatation sont en revanche erronées. En effet, si seuls les créanciers poursuivants qui ont prouvé que leur créance a été reconnue par le débiteur ou constatée par prononcé définitif peuvent prétendre au paiement d'acomptes, un tel paiement suppose l'accord de tous les créanciers gagistes poursuivants, que leur créance ait ou non été reconnue ou définitivement constatée. Le texte allemand, plus précis que le texte français, écarte tout doute à cet égard par l'emploi de la formule "wenn und soweit sämtliche betreibende Grundpfandgläubiger mit der Verteilung einverstanden sind" (et non "wenn und soweit alle mit der Verteilung einverstanden sind"). Quant au texte italien de l'
art. 95 ORFI
, il est absolument univoque. L'al. 2 ne répète pas la condition, qui découle déjà de l'al. 1, que seul le créancier poursuivant dont la créance a été reconnue par le débiteur ou définitivement constatée peut demander le paiement d'acomptes; il prévoit que des acomptes pourront être versés à plusieurs créanciers qui ont intenté des poursuites en réalisation de gage sur le même fonds ("A più creditori, che abbiano promossa esecuzione in via di realizzazione del pegno sul medesimo fondo, potranno essere versati degli acconti ...") lorsque tous sont d'accord sur le mode de répartition de ceux-ci ("... ove tutti siano d'accordo sul modo di ripartirli, ..."), ou, dans le cas contraire, lorsque l'existence et le rang des créances garanties ont été fixés au moyen d'un état de collocation dressé conformément à l'
art. 157 al. 3 LP
("... o, in caso contrario, ove l'esistenza ed il grado dei crediti garantiti siano stati accertati mediante graduatoria allestita in conformità dell'articolo 157 capoverso 3 della LEF").
L'
art. 95 al. 2 ORFI
ne peut ainsi être interprété qu'en ce sens qu'en cas de pluralité de créanciers poursuivant le débiteur en réalisation de gages grevant le même immeuble, celui d'entre eux qui a prouvé que sa créance a été reconnue par le débiteur ou constatée par prononcé définitif ne peut obtenir le paiement d'acomptes qu'avec l'accord de tous les autres ou après l'établissement d'un état de collocation, quels que soient les stades auxquels se trouvent les différentes poursuites, sous réserve bien entendu des loyers et fermages encaissés durant la période où ce créancier aurait
BGE 122 III 88 S. 92
seul engagé une poursuite (cf.
art. 806 al. 1 CC
et 114 ORFI). Comme le relève pertinemment la recourante, un créancier poursuivant ne saurait obtenir davantage sous la forme d'acomptes payés avant la réquisition de vente dans la procédure préliminaire (
art. 85 ss ORFI
) qu'après la réalisation (art. 97 ss, en particulier 114 ORFI). Le recours est donc fondé sur ce point. | null | nan | fr | 1,996 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
46b35c16-0b2f-41b8-9217-c5db1e158ea1 | Urteilskopf
84 I 221
31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung als staatsrechtlicher Kammer vom 20. November 1958 i.S. Lippuner gegen Margelisch und Kantonsgericht Schwyz. | Regeste
Verbot der Klageänderung (§ 205 Ziff. 1 der ZPO des Kantons Schwyz).
Verletzt der Richter dieses Verbot in willkürlicher Weise durch Berücksichtigung einer nachträglichen eventuellen Faustpfandansprache im Widerspruchsprozess, nachdem anfänglich nur auf Anerkennung des Eigentums geklagt worden war?
Gegenstand der Widerspruchsklage (
Art. 106-109 SchKG
). | Sachverhalt
ab Seite 222
BGE 84 I 221 S. 222
Aus dem Tatbestand:
In einer von Lippuner gegen Janser angehobenen Betreibung wurde ein auf der Liegenschaft des Schuldners errichteter, im Besitze des Bauunternehmers Margelisch befindlicher Inhaberschuldbrief von Fr. 10'000.-- gepfändet. An diesem Pfandtitel beanspruchte Margelisch ein Faustpfandrecht für eine Forderung von Fr. 7000.--. Es handelte sich um eine restliche Bauforderung mit Verzugszinsen. Das Betreibungsamt eröffnete über dieses Pfandrecht ein Widerspruchsverfahren nach Art. 106/7 SchKG (mit Klägerrolle des Pfandansprechers, der sich darüber nicht beschwerte), bezeichnete dann aber bei der Ansetzung der Klagefrist den vom betreibenden Gläubiger bestrittenen Anspruch als Eigentumsanspruch. Hierauf klagte Margelisch auf Anerkennung des ihm an diesem Schuldbrief zustehenden Eigentums und brachte zur Begründung vor, Janser habe ihm den Schuldbrief an Zahlungsstatt übergeben. In der Klagebeantwortung wies Lippuner darauf hin, dass Margelisch bisher den Schuldbrief immer nur als Sicherheit für seine restliche Bauforderung beansprucht habe. Erst nach Abschluss dieses Schriftenwechsels stellte Margelisch ein Eventualbegehren um Anerkennung eines ihm am streitigen Schuldbrief zustehenden Faustpfandrechtes. Darin sah Lippuner eine unzulässige Klageänderung, und er stellte den Antrag, es sei auf das Eventualbegehren nicht einzutreten. Die kantonalen Gerichte verwarfen diese Einrede und hiessen das Eventualbegehren gut.
BGE 84 I 221 S. 223
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 22. April 1958 richtet sich die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde des Beklagten Lippuner. Er rügt insbesondere eine willkürliche Verletzung des in § 205 Ziff. 1 der kantonalen ausgesprochenen Verbotes der Klageänderung.
Diese Vorschrift lautet: "§ 205.
Die Rechtshängigkeit der Klage hat folgende Wirkungen: 1. jede Änderung des aufgestellten Rechtsbegehrens und der Parteibezeichnungen, vorbehältlich der blossen Verdeutlichung derselben, sowie der Berichtigung von Rechnungsirrtümern oder offenbaren Schreibfehlern, ist ausgeschlossen;"
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers durfte in diesem Widerspruchsprozess nur über das mit der Klage geltend gemachte Eigentum an dem gepfändeten Inhaberschuldbrief entschieden werden. Das erst nach Abschluss des Schriftenwechsels in eventuellem Sinn gestellte Rechtsbegehren betrachtet er, wie er sogleich nach Empfang der Nachtragseingabe vom 9. Mai 1957 einwendete, als eine vom kantonalen Prozessrecht (§ 205 Ziffer 1 der schwyzerischen ZPO) verpönte Klageänderung.
Demgegenüber beruft sich der Kläger in der Beschwerdebeantwortung auf die rechtliche Natur der Widerspruchsklage. Es geht im Widerspruchsprozess nach seinen Ausführungen gar nicht um ein bestimmtes vom Dritten beanspruchtes dingliches Recht, sei es Eigentum oder Pfandrecht, sondern einfach um "ein die Pfändungspfandrechte des betreibenden Gläubigers ausschliessendes oder zurückdrängendes Recht". Der Drittansprecher habe in seinem Rechtsbegehren nur dies zu behaupten; die dingliche Qualität seines Anspruchs habe also nicht als Gegenstand des Widerspruchsprozesses zu gelten, und das Urteil habe darüber und namentlich über eine dem dinglichen Recht zugrunde liegende Forderung nichts Verbindliches auszusagen. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizutreten.
BGE 84 I 221 S. 224
Man mag zwar zusammenfassend das Recht eines Dritten an gepfändeten Sachen als "ein die Pfändung ausschliessendes oder zurückdrängendes Recht" bezeichnen. Es ist aber für die Wirkung des Urteils auf den Fortgang der Betreibung von Belang, ob ein "die Pfändung ausschliessendes Recht" (Eigentum) oder bloss ein "sie zurückdrängendes Recht" (Pfandrecht) vorliege. Das Rechtsbegehren des Ansprechers hat daher anzugeben, ob das eine oder das andere dieser Rechte oder beide, nämlich in erster Linie Eigentum und in eventuellem Sinn Pfandrecht, geltend gemacht werden. Übrigens würde statt von einem "die Pfändung zurückdrängenden Recht" besser von einem "bei der Verwertung zu berücksichtigenden Vorzugsrecht" gesprochen. Denn das Pfandrecht lässt im Unterschied zum Eigentum die Pfändung als solche gänzlich zu Recht bestehen, so dass unter den gesetzlichen Voraussetzungen alsdann die Verwertung anzuordnen sein wird. Zum Zuschlag bei der Zwangsversteigerung (oder zu einem Freihandverkaufe) darf es dann aber nur kommen, wenn die als pfandgesichert befundenen Forderungen überboten werden, da nur ein nach deren Deckung verbleibender Überschuss den pfändenden Gläubigern zufällt (
Art. 126 SchKG
). Daher hat das Urteil im Widerspruchsprozess die Art des Drittmannsrechtes zu bezeichnen und bei Anerkennung eines Pfandrechtes auch den Betrag der pfandgesicherten Forderung, der bei der Verwertung überboten werden muss, rechtsverbindlich festzusetzen (wenn auch natürlich nur für das betreffende Betreibungsverfahren und mit Rechtskraftwirkung nur für die Parteien des Rechtsstreites). Nur so wird Klarheit darüber geschaffen, ob die Sache gepfändet bleibe und, bei blossem Pfandrecht, unter welchen Bedingungen sie verwertet werden dürfe. Dementsprechend unterscheiden die Betreibungsbehörden genau zwischen Eigentums- und Pfandansprachen (vgl.
BGE 81 III 54
ff.). Auch die für die Fristansetzungen nach
Art. 107 und 109 SchKG
zu verwendenden obligatorischen Formulare (vgl. Nr. 18 und 24) verlangen
BGE 84 I 221 S. 225
die Angabe des beanspruchten Rechtes und bei Pfand- und Retentionsrechtsansprachen die Bezifferung der gesicherten Forderung. Somit erweist sich der Einwand des Beschwerdegegners, es liege von vornherein keine Klageänderung vor, weil die Angabe der Art des von ihm beanspruchten dinglichen Rechtes keinen wesentlichen Bestandteil des Klagebegehrens bilde, als unzutreffend.
Nun bestanden aber sachlich vertretbare Gründe, das nachträglich vom Kläger gestellte Eventualbegehren nicht unter das Klageänderungsverbot der kantonalen Prozessordnung fallen zu lassen. In der Lehre des Prozessrechts ist allgemein anerkannt, dass die blosse Verminderung des anfänglich gestellten Klagebegehrens, sei es durch teilweisen Verzicht oder durch Stellung eines weniger weit gehenden Eventualbegehrens, nicht als Klageänderung zu gelten hat (vgl. GULDENER, Schweizeriches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 244/45; LEUCH, Kommentar zur bernischen ZPO, N. 2 zu Art. 94). Ein Pfandrecht kann allerdings im allgemeinen gegenüber dem Eigentum nicht in dem Sinn als ein geringeres Recht gelten, dass es in jenem begrifflich schon enthalten wäre und also jede Eigentumsklage eine Pfandrechtsklage in sich schlösse. Vielmehr wird oft um das Eigentum gestritten, ohne dass bei dessen Verneinung ein Pfandrecht in Frage käme. Hängt doch des Pfandrecht notwendig mit einer durch es zu sichernden Forderung zusammen, was für das Eigentum nicht zutrifft. Beruft sich aber der dritte Besitzer einer gepfändeten Sache auf ein ihm mit Rücksicht auf eine ihm zustehende unbeglichene Forderung übertragenes Eigentum, so kann es sich um endgültige Eigentumsübertragung (an Zahlungsstatt oder zahlungshalber) oder um fiduziarischen Eigentumserwerb (Sicherungsübereignung) handeln, und es mag sich alsdann im Prozess erweisen, dass ihm gar nicht Eigentum, wohl aber ein Pfandrecht zusteht. Bei der Übertragung einer Sache oder eines Inhaberpapiers an einen drängenden Gläubiger wird denn auch mitunter der Inhalt des ihm daran zustehenden Rechtes nicht eindeutig vereinbart.
BGE 84 I 221 S. 226
Deshalb kommt es bei Pfändungen häufig zu Drittansprachen, die auf Eigentum und zugleich eventuell auf Pfandrecht lauten, worauf in der Regel über die beiden alternativ erhobenen Ansprachen ein einheitliches WWiderspruchsverfahren durchzuführen ist (vgl.
BGE 69 III 38
ff.). Bei solchem Zusammenhang des Bestzierwerbs mit einer unbeglichenen Forderung erscheint fiduziarisches Eigentum (zur Sicherstellung) als ein geringeres Recht als endgültig (an Zahlungsstatt oder zahlungshalber) übertragenes Eigentum und ein Pfandrecht als geringeres Recht als fiduziarisches Eigentum. Diese dem Zweck der Tilgung oder Sicherstellung entsprechende praktische Betrachtungsweise kann es hinreichend rechtfertigen, gegenüber einem erst im Laufe des Widerspruchsprozesses erfolgenden Übergang von einem stärkeren zum schwächeren dieser Ansprüche, und ebenso gegenüber der ergänzenden Geltendmachung eines schwächern Anspruchs in eventuellem Sinne, ein vom Prozessgesetz aufgestelltes Klageänderungsverbot nicht Platz greifen zu lassen. Es handelt sich um eine sinnvolle Milderung, nicht um eine willkürliche Missachtung dieses Verbotes. So hat denn das zürcherische Obergericht sogar eine im Widerspruchsprozess nachträglich erhobene eventuelle Faustpfandansprache, die beim Betreibungsamt nicht angemeldet worden war, vom Klageänderungsverbot ausgenommen (BlZR 11 Nr. 49), was JAEGER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis I, N. 5 C zu
Art. 107 SchKG
, billigen zu dürfen glaubte. Von willkürlicher Nichtanwendung des Klageänderungsverbotes kann im vorliegenden Falle vollends nicht gesprochen werden. Hat doch der Kläger mit seinem Eventualbegehren das beim Betreibungsamt einzig, und zwar ordnungsgemäss schon anlässlich der Pfändung, angemeldete Faustpfandrecht zur Geltung gebracht, nachdem er sich durch die unrichtige Benennung des bestrittenen Rechtes in der betreibungsamtlichen Klagefristansetzung hatte dazu verleiten lassen, vorerst Eigentum einzuklagen. Durfte somit das Eventualbegehren als dem Klageänderungsverbot
BGE 84 I 221 S. 227
nicht unterstehend gelten, so brauchte auch der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Weg einer Klageänderung (
§ 317 ZPO
) nicht beschritten zu werden. | public_law | nan | de | 1,958 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
46b608b0-41f3-4a80-b402-296be103f338 | Urteilskopf
116 II 700
122. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1990 i.S. Firma F. gegen A. (Berufung) | Regeste
Art. 339 Abs. 2,
Art. 347a,
Art. 350a Abs. 1 OR
;
Art. 2 Abs. 2 ZGB
; Vereinbarung über Provisionsansprüche des Handelsreisenden, rechtsmissbräuchliche Berufung auf das Fehlen der Schriftform; Fälligkeit der Provisionsforderungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
1. Die Berufung des Arbeitgebers auf den Formmangel einer bloss mündlich geschlossenen Vereinbarung über Provisionen kann auch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn daraus ein Anspruch des Handelsreisenden auf Vertragserfüllung entsteht (E. 3).
2. Da
Art. 350a Abs. 1 OR
nicht die Fälligkeit, sondern den Umfang der Provisionsguthaben regelt, ist es zulässig, die Fälligkeit der in
Art. 339 Abs. 2 OR
umschriebenen Forderungen durch schriftliche Abrede über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 700
BGE 116 II 700 S. 700
Werner A. war vom 2. Dezember 1974 bis 30. April 1987 Angestellter der Firma F. Er arbeitete zunächst sowohl im Innen- wie im Aussendienst und dann ab 1. Dezember 1982 ausschliesslich im Aussendienst als Handelsreisender. Die Arbeitsbedingungen wurden in mehreren, im Laufe der Jahre aufeinanderfolgenden Verträgen
BGE 116 II 700 S. 701
geregelt. Der letzte, von beiden Parteien unterschriebene Vertrag stammt vom 6. Dezember 1982. Nach Beendigung der Anstellung entstanden zwischen A. und seiner früheren Arbeitgeberin Meinungsverschiedenheiten über die Höhe noch offener Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis. Streitig waren insbesondere die Provisionsguthaben.
Auf Klage von A., mit der er die Zahlung von Fr. 65'069.65 verlangte, verpflichtete das Bezirksgericht Rorschach die Firma F. mit Urteil vom 1./8. Juni 1989, dem Kläger Fr. 62'624.15 nebst 5% Zins seit 6. Mai 1987 auf Fr. 57'393.60 zu zahlen.
Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte Berufung beim Kantonsgericht St. Gallen mit dem Antrag, es aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger schloss sich der Berufung an und verlangte die Gutheissung der Klage im herabgesetzten Umfang von Fr. 64'576.15 nebst Zins. Mit Urteil vom 9. Mai 1990 verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagte, dem Kläger Fr. 59'345.60 nebst 5% Zins seit 6. Mai 1987 für Fr. 14'104.55 und seit 1. Mai 1988 für den vollen Betrag zu zahlen.
Beide Parteien fochten das Urteil des Kantonsgerichts beim Bundesgericht an. Dieses weist die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Vereinbarungen über das Entgelt und den Auslagenersatz des Handelsreisenden müssen gemäss
Art. 347a Abs. 1 lit. c OR
schriftlich festgehalten werden. Die Schriftform ist nach eindeutigem Wortlaut von
Art. 347a Abs. 2 OR
nicht Gültigkeitserfordernis in dem Sinne, dass insoweit eine Teilnichtigkeit des Vertrages anzunehmen wäre, denn falls sie fehlt, wird der in Absatz 1 aufgezählte Inhalt des Vertrages durch die gesetzlichen Vorschriften und die üblichen Arbeitsbedingungen bestimmt.
Diese besondere gesetzliche Ausgestaltung der Folgen des Formmangels lässt erkennen, dass das Formerfordernis - wie auch sonst im Gebiet des Arbeitsrechts üblich - vor allem zum Schutz des Arbeitnehmers angeordnet worden ist. Wegen ihrer Klarstellungs- und Beweisfunktion dient die Schriftform aber auch dem Interesse des Arbeitgebers (Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Revision des Arbeitsvertragsrechts vom 25. August 1967, BBl 1967 II 409; REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 9. Aufl., S. 120). Keine Rolle spielen
BGE 116 II 700 S. 702
dagegen die Interessen der Öffentlichkeit oder jene von nicht am Vertragsverhältnis beteiligten Drittpersonen.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann das Verhalten der an einem formungültigen Vertrag beteiligten Parteien dazu führen, dass die von einer Partei erhobene Einrede des Formmangels als rechtsmissbräuchlich beurteilt wird. Ob dies zutrifft, hat der Richter nicht nach starren Regeln, sondern unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Dabei kommt der freiwilligen und irrtumsfreien Erfüllung des mangelhaften Vertrages durch die Parteien besondere Bedeutung zu. Als Grundsatz gilt aber, dass aus dem Rechtsmissbrauchsverbot kein Anspruch auf Vertragserfüllung abgeleitet werden kann. In der Praxis des Bundesgerichts ist dieses Prinzip mit Billigung der Lehre indessen dahin eingeschränkt worden, dass die Berufung auf den Formmangel auch dann rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Vertrag zwar noch nicht vollständig, aber doch in der Hauptsache erfüllt worden ist (
BGE 112 II 111
E. 3, 332 E. 2,
BGE 104 II 101
E. 3; MERZ, N. 476 zu
Art. 2 ZGB
; derselbe, Vertrag und Vertragsschluss, S. 215; ALFRED KOLLER, Vom Formmangel und seinen Folgen, in: Der Grundstückkauf, N. 239 ff. S. 109 ff.; im Ergebnis gleich, aber mit anderer Begründung: SCHMIDLIN, Der formungültige Grundstückkauf, ZSR 1990/Bd. 109, I. Halbband, S. 245 ff.).
Diese Praxis ist vor allem in Fällen des Formmangels bei Grundstückkaufverträgen entwickelt und angewandt worden. Bei solchen Verträgen erfüllt die Formvorschrift aber eine andere Funktion als im vorliegenden Fall. Zudem dient sie nicht nur den Interessen der Vertragsparteien, sondern auch jenen der Öffentlichkeit. Schliesslich hat der Formmangel beim Grundstückkauf die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge (
BGE 112 II 334
; zu den abweichenden Lehrmeinungen braucht hier nicht Stellung genommen zu werden). Eine Verletzung von
Art. 347a Abs. 1 OR
berührt dagegen die Gültigkeit des Vertrages als Ganzes nicht.
Unter diesen Umständen kommt dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der Gebundenheit der Parteien an ihr früheres vertrauenswürdiges Verhalten, d.h. der Missbilligung widersprüchlichen Verhaltens, entscheidende Bedeutung zu. Öffentliche oder Drittinteressen gebieten keine Einschränkung. Der Schutzzweck der Formvorschrift, der in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden kann (
BGE 112 II 337
mit Hinweisen), spricht ebenfalls für die Aufrechterhaltung der dem Kläger günstigeren mündlichen Vereinbarung. Von Bedeutung ist schliesslich auch,
BGE 116 II 700 S. 703
dass es um regelmässig wiederkehrende und während längerer Zeit erbrachte Leistungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses geht. Wie in der Literatur zu Recht hervorgehoben wird, besteht in solchen Fällen ein besonderes Bedürfnis, den Rechtsmissbrauch auch dann zu bejahen, wenn sich daraus ein Erfüllungsanspruch jener Partei ergibt, die sich auf die Verbindlichkeit der an einem Formmangel leidenden Vereinbarung beruft (SCHMIDLIN, N. 131 ff. zu
Art. 11 OR
). Schwierig zu entscheiden ist allerdings, ab welchem Stadium der Vertragsabwicklung die Berufung auf den Formmangel als missbräuchlich beurteilt werden muss. Diese Frage braucht jedoch nicht allgemein erörtert zu werden, da die Einrede des Formmangels im vorliegenden Fall Provisionsguthaben betrifft, die während mehr als fünf Jahren von der Arbeitgeberin regelmässig und vorbehaltlos anerkannt sowie ausbezahlt worden sind und deren vertragliche Grundlage sie erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in Frage gestellt hat. Bei Vorliegen solch eindeutiger Verhältnisse ist das Vertrauen des Klägers in die Geltung der stillschweigenden Vereinbarung zu schützen; das widersprüchliche Verhalten der Beklagten verdient dagegen keinen Rechtsschutz.
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
4.
Gemäss
Art. 339 Abs. 1 OR
gilt als Regel, dass mit der Beendigung des Arbeitsvertrages alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig werden. Ausnahmsweise kann die Fälligkeit durch schriftliche Abrede hinausgeschoben werden; nämlich dann, wenn es um Provisionsforderungen geht, die sich auf Geschäfte beziehen, welche ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden (
Art. 339 Abs. 2 OR
).
Art. 350a Abs. 1 OR
hält andererseits fest, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien dem Handelsreisenden die Provisionen auf allen Geschäften auszurichten, die er abgeschlossen oder vermittelt hat, sowie auf allen Bestellungen, die bis zur Beendigung dem Arbeitgeber zugehen, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Annahme und Ausführung. Von dieser Vorschrift darf nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (
Art. 362 OR
).
Aufgrund der Entstehungsgeschichte von
Art. 350a Abs. 1 OR
ist das Kantonsgericht zum Ergebnis gekommen, diese Vorschrift stelle keine Fälligkeitsregel auf, sondern halte lediglich den Umfang des Provisionsanspruchs bei Vertragsende fest; die mit
Art. 339 Abs. 2 OR
übereinstimmende Vereinbarung unter Ziffer
BGE 116 II 700 S. 704
V. 2. des Vertrages vom 6. Dezember 1982 sei deshalb gültig. Mit der Anschlussberufung wird geltend gemacht, die Auslegung des Kantonsgerichts widerspreche der vorherrschenden Lehre und stelle zu stark auf die Materialien ab; die richtige, systematische Auslegung ergebe, dass
Art. 350a Abs. 1 OR
die Fälligkeit aller Provisionsguthaben zwingend auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses festlege.
a) Es trifft zwar zu, dass in der Lehre die Auffassung vertreten wird,
Art. 350a Abs. 1 OR
betreffe die Fälligkeit der Provisionsguthaben und sei als Sonderregel im Verhältnis sowohl zu
Art. 339 Abs. 2 OR
wie auch zu
Art. 322b OR
zu verstehen (STREIFF, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 4. Aufl., N. 3 zu
Art. 350a OR
). SCHWEINGRUBER folgert aus
Art. 350a Abs. 1 OR
, alle abgeschlossenen oder vermittelten Geschäfte sowie die bis Vertragsende zugegangenen Bestellungen sollten abgerechnet, berücksichtigt und ausbezahlt werden, würden also fällig; diese Vorschrift gehe als zwingende Spezialvorschrift für den Fall der Vertragsbeendigung
Art. 322b OR
vor. Zum Verhältnis von
Art. 350a Abs. 1 OR
zu
Art. 339 Abs. 2 OR
äussert er sich dagegen nicht (Kommentar zum Arbeitsvertrag, S. 376/7). REHBINDER begnügt sich damit, bezüglich
Art. 350a OR
festzuhalten, alle Provisionen seien mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, ohne seine Äusserung aber zu begründen (Schweiz. Arbeitsrecht, 9. Aufl., S. 123). Teilweise anderer Meinung ist BEAT MEYER, der in
Art. 350a Abs. 1 OR
eine allgemeine, aber nicht zwingende Vorschrift über die Fälligkeit sieht, da gestützt auf
Art. 339b Abs. 2 OR
durch schriftliche Abrede davon abgewichen werden könne (Das Anstellungsverhältnis des Handelsreisenden, Diss. Zürich 1978, S. 67 ff.). Anderer Ansicht ist auch KURT BRUNNER (Das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Vermittlungsagent und seine Drittwirkungen, Diss. Zürich 1981, S. 128), der mit gleicher Begründung wie die Vorinstanz verneint, dass
Art. 350a Abs. 1 OR
die Frage der Fälligkeit regle, und allein die Vorschrift von
Art. 339 OR
für massgebend hält. Entgegen der Behauptung des Klägers kann somit nicht von einer vorherrschenden Lehrmeinung in seinem Sinne gesprochen werden.
b) Auf den deutschen Wortlaut von
Art. 350a Abs. 1 OR
darf bei der Auslegung nicht entscheidend abgestellt werden, weil sowohl der französische wie auch der italienische Text nicht damit übereinstimmen. Es heisst dort nicht, die Provision sei dem Handelsreisenden bei Beendigung des Vertragsverhältnisses
BGE 116 II 700 S. 705
auszurichten, sondern beide romanischen Fassungen verwenden die Formulierung, der Handelsreisende habe in diesem Zeitpunkt "Anspruch auf die Provision" ("le voyageur de commerce a droit à la provision", "il commesso viaggiatore ha diritto alla provvigione"). Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, gilt bei der Auslegung von Bundesgesetzen der Grundsatz der Gleichwertigkeit der drei Amtssprachen. Es darf deshalb ohne Anhaltspunkte ausserhalb des Wortlautes keiner der drei Fassungen gegenüber den anderen der Vorzug gegeben werden (MEIER-HAYOZ, N. 98 ff. zu
Art. 1 ZGB
;
BGE 107 Ib 230
).
c) Aufschluss über das Verhältnis zwischen
Art. 350a Abs. 1 OR
und
Art. 339 Abs. 2 OR
sowie deren Bedeutung gibt dagegen die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmungen.
Anlässlich der Revision des Arbeitsvertragsrechts durch das Bundesgesetz vom 25. Juni 1971 (AS 1971 1465) wurden die Vorschriften des Bundesgesetzes über das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden vom 13. Juni 1941 (HRAG) in das Obligationenrecht eingefügt. Dabei wurden bestimmte Regeln des HRAG zu allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts ausgestaltet. So verhält es sich mit den Absätzen 1 und 2 von
Art. 339 OR
, die inhaltlich auf die Absätze 1 und 3 von Art. 17 HRAG zurückgehen. Andere Bestimmungen des HRAG blieben jedoch Sonderrecht und wurden deshalb systematisch beim Zweiten Abschnitt des Zehnten Titels des Obligationenrechts lit. B unter der Überschrift "Der Handelsreisendenvertrag" eingeordnet. Dazu gehört Absatz 2 von Art. 17 HRAG, dessen hauptsächlicher Inhalt von
Art. 350a Abs. 1 OR
übernommen worden ist (Botschaft des Bundesrates vom 25. August 1967, BBl 1967 II 266 f.).
Die drei Absätze von Art. 17 HRAG sind somit voneinander getrennt worden. Ihre Bedeutung in der ursprünglichen Verbindung ist indessen eindeutig. Während die Absätze 1 und 3 die Fälligkeit von Gehalt, Provision und Auslagenersatz des Handelsreisenden regelten, wurde mit Absatz 2 klargestellt, dass der Provisionsanspruch auch für Geschäfte oder Offerten besteht, deren Erfüllung oder Annahme erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintritt. Diese Bestimmung regelte somit den Umfang der Provisionsberechtigung und nicht die Fälligkeit der entsprechenden Provisionsforderungen. Das muss nach dem Gesagten auch für
Art. 350a Abs. 1 OR
gelten. Auf den Umstand, dass Art. 17 Abs. 2 HRAG mit
Art. 350a Abs. 1 OR
übernommen worden ist, weisen denn auch die besonderen Bemerkungen der
BGE 116 II 700 S. 706
Botschaft des Bundesrates zu dieser Bestimmung hin (BBl 1967 II 413). Die Bedeutung von
Art. 339 Abs. 1 und 2 OR
und damit das Verhältnis zu
Art. 350a Abs. 1 OR
wird im übrigen auch in den besonderen Bemerkungen zu
Art. 339 OR
klargestellt (BBl 1967 II 392). Danach wurde die schon vorher aufgrund von
Art. 333 Abs. 2 OR
und Art. 17 Abs. 1 HRAG geltende Regel verallgemeinert, indem
Art. 339 Abs. 1 OR
die Fälligkeit aller Forderungen beider Vertragsparteien mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintreten lässt. In der Botschaft wird sodann ausgeführt, die in Absatz 2 vorgesehene Ausnahme von dieser Regel, d.h. eine spätere Fälligkeit, könne für bestimmte Provisionsforderungen schon nach geltendem Recht beim Handelsreisenden schriftlich vorgesehen werden (Art. 17 Abs. 3 HRAG); der Entwurf übernehme diese Regel für alle Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden (BBl 1967 II 392).
Die erwähnten Bestimmungen des Entwurfs des Bundesrates wurden von beiden Kammern des Parlamentes diskussionslos angenommen (Amtl.Bull. 1969 NR 842, 859; 1970 StR 361, 365).
d) Die Entstehungsgeschichte erlaubt somit eine klare Beantwortung der Auslegungsfrage. Es handelt sich zudem nicht um eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint. Denn einerseits ist die in der deutschen Fassung von
Art. 350a Abs. 1 OR
gebrauchte Wendung "die Provision ist auszurichten" insoweit nicht eindeutig und andererseits darf aus den bereits erwähnten Gründen (vorne E. 4b) nicht entscheidend auf den deutschen Wortlaut abgestellt werden.
Unbegründet ist sodann auch der Einwand des Klägers, die Materialien seien für die Auslegung nicht massgebend, weil die Vorschriften schon über zwanzig Jahre alt seien. Dieser Gesichtspunkt ist zwar in mehreren Entscheiden des Bundesgerichts erwähnt worden (
BGE 114 Ia 196
,
BGE 111 II 152
,
BGE 108 Ia 37
, 103 Ia 290 mit Hinweisen). Er kann aber nicht in jedem Fall, sondern nur dann von Bedeutung sein, wenn Anlass zur Annahme besteht, dass die klar erkennbare Regelungsabsicht des Gesetzgebers wegen inzwischen eingetretenen bedeutenden Änderungen den massgebenden Verhältnissen und Anschauungen nicht mehr gerecht wird (MEIER-HAYOZ, N. 154 ff. zu
Art. 1 ZGB
). Dass das hinsichtlich
Art. 339 OR
und
Art. 350a OR
zutrifft, wird vom Kläger weder behauptet noch nachgewiesen und ist auch nicht ersichtlich. Schliesslich ist nicht einzusehen, warum eine systematische Auslegung
BGE 116 II 700 S. 707
zu einem anderen Ergebnis führen muss, wie der Kläger geltend macht. Die systematischen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Gesetzesbestimmungen sind bereits aufgezeigt worden und ergeben im Rahmen der gesamten Regelung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durchaus einen Sinn.
e) Die mit der Anschlussberufung angefochtene Auslegung verstösst demnach nicht gegen Bundesrecht. Die Vorinstanz ist zutreffend von der Gültigkeit der Vereinbarung unter Ziffer V. 2. des Vertrages vom 6. Dezember 1982 ausgegangen, soweit damit der Zeitpunkt der Fälligkeit der Provisionsforderungen geregelt wird, und hat dementsprechend die Verzugszinsforderung des Klägers von Fr. 5'230.55 zu Recht abgewiesen. Die Anschlussberufung des Klägers erweist sich als unbegründet. | public_law | nan | de | 1,990 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46b6a7a4-0ee7-4660-884d-248a47663631 | Urteilskopf
101 III 18
4. Arrêt du 20 février 1975 dans la cause Y. | Regeste
1. Ein irrtümlicherweise gegen einen der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner angehobenes Pfändungsverfahren. Einstellung des Verfahrens durch das Betreibungsamt, welches die rechtswidrigen Handlungen aufhebt und die Konkursandrohung erlässt. Wenn sich das Betreibungsamt aus einem Grund, der nichts mit dem Gläubiger zu tun hat, entschliesst, im Laufe des Pfändungsverfahrens gesetzwidrige Betreibungshandlungen aufzuheben, stellt es nur die frühere Rechtslage wieder her, so dass die korrekt erlassenen Betreibungshandlungen nicht als nichtig erklärt werden müssen (Erw. 1b).
2. Beneficium excussionis realis (
Art. 41 SchKG
). Hat der Schuldner seinen Anspruch, dass der Gläubiger Betreibung auf Pfandverwertung anstrengt, nicht rechtzeitig geltend gemacht, ist er verwirkt und wird die ordentliche Betreibung auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses weitergeführt (Erw. 2a). | Sachverhalt
ab Seite 19
BGE 101 III 18 S. 19
A.-
Le 15 mai 1974, à la requête de Jean X., l'Office des poursuites de Montreux a notifié à Rico Y. un commandement de payer de 83'000 fr., plus intérêts et frais, représentant une partie du prix de vente d'un immeuble. Cette somme, réclamée par poursuite ordinaire No 38177, était garantie par une hypothèque légale en faveur du créancier.
L'opposition totale formée par le débiteur a été levée et le créancier a requis la continuation de la poursuite. L'Office des poursuites a fixé la saisie au 30 août.
Le 2 juillet 1974, à la requête de la Caisse d'épargne du Valais à Sion, l'Office des poursuites de Montreux a notifié à Rico Y. un commandement de payer de 45'516 fr., plus intérêts et frais, montant d'un billet à ordre impayé. Le paiement de cette somme était également réclamé par poursuite ordinaire No 39107.
L'opposition totale formée par le débiteur a été levée et le créancier a requis la continuation de la poursuite le 6 septembre 1974. L'Office des poursuites a fixé la saisie au 27 septembre 1974.
Le 14 août 1974, toujours à la requête de Jean X., l'Office des poursuites de Montreux a notifié à Rico Y. un commandement de payer de 19'015 fr., plus intérêts et frais, représentant l'amortissement et les intérêts d'une obligation au porteur.
Le paiement de cette somme était requis par poursuite ordinaire No 39686.
Rico Y. a d'abord formé opposition totale; mais il l'a retirée par la suite et Jean X. a requis la continuation de la poursuite. L'Office des poursuites a fixé la saisie au 27 septembre 1974.
B.-
Au cours de la procédure de saisie, il s'est avéré que le débiteur avait été inscrit au registre du commerce comme associé indéfiniment responsable d'une société en nom collectif Z., dès le 9 février 1971, et que cette inscription avait été radiée le 17 avril 1974.
L'Office des poursuites de Montreux a annulé les opérations de saisie effectuées dans les trois poursuites, a suspendu la procédure de saisie et a établi trois comminations de faillite qui ont été notifiées au débiteur le 15 octobre 1974.
C.-
Rico Y. a formé une plainte contre chacune de ces comminations de faillite auprès de l'autorité inférieure de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du
BGE 101 III 18 S. 20
canton de Vaud, en demandant l'annulation des trois poursuites dirigées contre lui, les créanciers étant renvoyés à déposer de nouvelles réquisitions de poursuite.
Le 19 novembre 1974, le Président du Tribunal de Vevey a rejeté les trois plaintes et, le 27 décembre 1974, l'autorité supérieure de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Vaud a rejeté les trois recours formés par Y. contre ces prononcés.
D.-
Rico Y. recourt auprès de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation des arrêts cantonaux, ainsi qu'à l'annulation des trois poursuites dirigées contre lui, les créanciers étant invités à déposer une nouvelle réquisition de poursuite.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Le recourant estime que les trois poursuites sont nulles, parce que la renonciation de l'Office à continuer la poursuite doit être assimilée à un retrait de la réquisition de saisie par le créancier; que, dès lors, les créanciers doivent déposer de nouvelles réquisitions de poursuite contre lui.
a) Lorsqu'une poursuite a été continuée par voie de saisie au lieu de l'être par voie de faillite - ou inversement -, les opérations irrégulières sont radicalement nulles (RO 94 III 68 et les références citées;
79 III 16
/17 - bien que cet arrêt parle, de manière trop extensive, de nullité de la poursuite -;
54 III 223
;
25 I 526
consid. 3; JÄGER, Poursuite pour dettes et faillites, n. 11 ad art. 38 LP et spécialement n. 6 ad art. 173 LP; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I p. 71 in fine).
L'Office peut constater la nullité des opérations irrégulières en tout temps et il est tenu de les annuler pour autant qu'une plainte n'ait pas déjà été formulée contre elles (RO 97 III 5; FRITZSCHE, vol. I p. 51), ou que d'autres motifs tirés de la sécurité du droit ne s'opposent pas à l'annulation de ces opérations (FRITZSCHE, vol. I p. 46).
Mais tel n'est pas le cas en l'espèce, de sorte que l'Office a annulé avec raison les opérations de saisie auxquelles il avait procédé dans les trois poursuites, puisqu'en application de l'art. 40 al. 1 LP, le débiteur, qui était inscrit jusqu'au 17 avril 1974 au registre du commerce, était soumis à la poursuite par
BGE 101 III 18 S. 21
voie de faillite durant les six mois suivant la publication de la radiation.
b) Lorsque le créancier retire sa réquisition de continuer la poursuite une fois les opérations de la saisie effectuée, ce retrait affecte non seulement la saisie, mais la poursuite elle-même (RO 94 III 82 consid. 3, 28 I 227). En revanche, s'il retire sa réquisition avant que les opérations de la saisie aient été effectuées, ce retrait n'affecte que la réquisition de continuer la poursuite, et il a la possibilité de présenter une nouvelle réquisition aussi longtemps que le délai de l'art. 88 al. 2 LP n'est pas écoulé (JÄGER, n. 6 litt. c ad art. 88 LP; FAVRE, Cours de droit des poursuites, 3e éd., p. 171/172). Le même principe s'applique dans le cas où la réquisition de continuer la poursuite est retirée alors que la saisie déjà exécutée a été annulée à la suite d'un recours (RO 78 III 61).
La situation est cependant différente lorsque l'Office décide de lui-même, pour un motif qui ne tient pas au créancier, d'annuler en cours de saisie des opérations non conformes aux règles légales. Dans ce cas, l'Office ne fait que rétablir la situation antérieure, de sorte qu'il n'y a aucun motif d'annuler l'ensemble des opérations de poursuite, y compris celles qui ont été accomplies correctement. Sans pouvoir justifier d'un intérêt digne de protection, le débiteur aurait ainsi la possibilité de faire une nouvelle fois opposition au commandement de payer.
2.
Le recourant fait encore valoir que les deux poursuites que Jean X. lui a adressées sont nulles parce qu'elles se fondent sur des créances garanties par gage et que la poursuite aurait dû tendre à la réalisation du gage, ce qui n'est pas le cas.
Il prétend que s'il n'a pas fait valoir ce moyen par la voie de la plainte dans le délai de 10 jours dès la notification du commandement de payer, c'est parce que, sur les conseils de l'Office des poursuites de Montreux, il a été amené à renoncer à porter plainte et à exiger la poursuite en réalisation de gage.
a) Le débiteur peut opposer à une poursuite ordinaire l'exception tirée du fait que la créance est garantie par gage et exiger la réalisation préalable du gage. Il doit dans ce cas adresser une plainte à l'autorité de surveillance dans le délai de 10 jours dès la notification du commandement de payer (RO 97 III 51 et les arrêts cités; FRITZSCHE, vol. I p. 329 ss).
BGE 101 III 18 S. 22
Faute d'agir en temps utile, le droit du débiteur d'exiger que le créancier suive la voie de la poursuite en réalisation de gage est périmé et la poursuite suit son cours ordinaire par voie de saisie ou de faillite. En l'espèce, le droit du recourant d'exiger la réalisation préalable du gage est ainsi périmé.
b) L'autorité cantonale n'a pas cherché à savoir si l'Office de Montreux avait ou non affirmé au recourant, comme celui-ci le prétend, que le fait d'être l'objet d'une poursuite ordinaire ou d'une poursuite en réalisation de gage ne ferait pour lui pas grande différence. C'est avec raison. En effet, ce renseignement, même s'il a été donné, n'est pas déterminant, parce qu'il n'est pas établi, ni vraisemblable d'après la procédure suivie par l'Office des poursuites de Montreux, que le recourant ait donné à l'employé de l'Office une image complète de sa situation et notamment lui ait précisé avoir été inscrit au registre du commerce jusqu'au 17 avril 1974. Dès lors si, par hypothèse, l'Office de Montreux a donné des renseignements inexacts, c'est sur la base d'un exposé de faits incomplets. Le recourant ne peut dès lors se prévaloir des avis qu'il aurait reçus. Il le peut d'autant moins d'ailleurs qu'il ne prétend même pas avoir été induit en erreur sur la possibilité de former une plainte ou, d'une manière générale, sur les moyens de droit à sa disposition (cf. IMBODEN, Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd., vol. I, No 343). L'avis qui lui aurait été donné portait en effet, de l'aveu même de l'intéressé, sur les conséquences d'une renonciation à déposer une plainte contre le fait que la poursuite ne tendait pas à la réalisation du gage. Or le fait que la situation juridique du recourant aurait été appréciée de manière inexacte ne peut faire renaître le délai de plainte de 10 jours.
Dispositiv
Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites:
Rejette les recours. | null | nan | fr | 1,975 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
46b8f7b9-c1c4-4a95-8d61-ee2bed4f168a | Urteilskopf
109 III 49
13. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. März 1983 i.S. Pan Impex Consult AG gegen Sentramat AG (Berufung) | Regeste
Einreichung der Aberkennungsklage bei einem unzuständigen Richter; Nachfrist.
Tritt der mit einer Aberkennungsklage angerufene Richter wegen Unzuständigkeit auf die Klage nicht ein, läuft dem Betreibungsschuldner ab Zustellung des Nichteintretensentscheides ein - der Nachfrist des
Art. 139 OR
nachgebildete - neue Klagefrist von zehn Tagen. | Sachverhalt
ab Seite 49
BGE 109 III 49 S. 49
Durch Verfügung vom 31. März 1982 erteilte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Zürich der Pan Impex Consult AG in der gegen die Sentramat AG eingeleiteten Betreibung (Nr. 6305 des Betreibungsamtes Zürich 8) provisorische Rechtsöffnung für Fr. 19'000.-- nebst Zins zu 6% seit 15. Dezember 1981. Dieser Entscheid wurde den Parteien am 20. April 1982 zugestellt.
Mit der Post am 30. April 1982 übergebener Eingabe an das Bezirksgericht Zürich reichte die Sentramat AG gegen die Pan Impex Consult AG eine Aberkennungsklage ein.
Unter Hinweis auf ein Telefongespräch mit dem Bezirksgericht
BGE 109 III 49 S. 50
und auf eine nochmalige Überprüfung der Rechtslage stellte die Klägerin mit Eingabe vom 25. Mai 1982 beim Bezirksgericht das Gesuch, es sei das dort eingeleitete Aberkennungsverfahren im Sinne von § 112 der zürcherischen Zivilprozessordnung (ZPO) direkt an das für die Beurteilung der Klage zuständige Handelsgericht des Kantons Zürich zu überweisen.
Durch Beschluss vom 26. Mai 1982 entschied das Bezirksgericht Zürich (3. Abteilung), auf die Klage werde wegen fehlender Zuständigkeit nicht eingetreten; gleichzeitig überwies es die Akten an das Handelsgericht. Der bezirksgerichtliche Entscheid wurde den Parteien am 14. Juni 1982 zugestellt, und am 18. Juni 1982 gingen die Akten samt Beschluss beim Handelsgericht ein.
In einem Vorentscheid vom 28. September 1982 stellte das Handelsgericht fest, dass die Frist zur Einreichung der Aberkennungsklage eingehalten worden sei und dass demnach auf die Klage einzutreten sei.
Gegen das handelsgerichtliche Urteil hat die Beklagte beim Bundesgericht Berufung erhoben mit folgenden Anträgen:
"1. Das Vorurteil der Vorinstanz sei aufzuheben.
2. Die Streitsache sei zur Gutheissung des materiellen Rechtsbegehrens der Beklagten, auf die Klage sei nicht einzutreten, an die Vorinstanz zurückzuweisen.
3. Eventuell sei die Streitsache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen."
Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Fest steht, dass die Klägerin die zehntägige Klagefrist des
Art. 83 Abs. 2 SchKG
insofern eingehalten hat, als sie die Klageschrift am 30. April 1982 der Post übergab, nachdem sie den Rechtsöffnungsentscheid am 20. April 1982 zugestellt erhalten hatte. Indessen reichte sie die Klage nicht bei dem im Falle der Parteien zuständigen Handelsgericht ein, sondern beim Bezirksgericht Zürich. Das Handelsgericht hat die Frist dennoch als gewahrt betrachtet, indem es in sinngemässer Anwendung von
Art. 139 OR
der Klägerin eine Nachfrist von zehn Tagen ab Zustellung des bezirksgerichtlichen Nichteintretensentscheides eingeräumt hat. Die Vorinstanz stellt sodann fest, dass die Klägerin innerhalb dieser Nachfrist bei ihr Klage erhoben habe.
3.
...
BGE 109 III 49 S. 51
4.
Die Beklagte macht geltend, es treffe nicht zu, dass Rechtsprechung und Literatur sich eindeutig für eine analoge Anwendung des
Art. 139 OR
auf die Verwirkungsfrist des
Art. 83 Abs. 2 SchKG
aussprächen.
a) Der Vorinstanz ist zunächst insofern beizupflichten, dass ein Teil der Lehre die sinngemässe Anwendung des dem Wortlaut nach nur für die Verjährung geltenden
Art. 139 OR
auf Verwirkungsfristen nicht in Frage stellt (vgl. VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., S. 230 N. 33c; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 409 oben und N. 114). Während WALDER (Prozesserledigung ohne Anspruchsprüfung, S. 120, N. 51) sowie STRÄULI/MESSMER (Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., N. 2 zu § 112) die bundesgerichtliche Rechtsprechung erwähnen, sich aber im übrigen einer Stellungnahme enthalten, ist GULDENER (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 274) der Auffassung, die Anwendbarkeit des
Art. 139 OR
sollte "vernünftigerweise" auf Verwirkungsfristen des Betreibungsrechts ausgedehnt werden.
b) Was andererseits die Rechtsprechung betrifft, so verläuft die Entwicklung eindeutig in der von der Vorinstanz erwähnten Richtung. Nachdem
Art. 139 OR
zunächst nur auf die Klagefristen des Familienrechts angewendet wurde, dehnte das Bundesgericht diese Praxis später allgemein auf die Klagefristen (Verjährungs- und Verwirkungsfristen) des Bundeszivilrechts aus (vgl.
BGE 80 II 291
E. 1;
BGE 98 II 183
, je mit Hinweisen). Ob auch im Falle einer Aberkennungsklage eine Nachfrist entsprechend
Art. 139 OR
zu laufen beginnen könne, wurde in
BGE 49 III 68
noch ausdrücklich verneint, in
BGE 68 III 84
dann aber immerhin in Erwägung gezogen, wenn auch letztlich noch offen gelassen. In
BGE 91 III 15
ff. setzte sich die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts eingehend mit den Argumenten auseinander, die in
BGE 49 III 68
zur Ablehnung der analogen Anwendung des
Art. 139 OR
geführt hatten. Sie gelangte zum Schluss, der Umstand, dass dem Schuldner noch die Rückforderungsklage zur Verfügung stehe, rechtfertige nicht, dass eine analoge Anwendung von
Art. 139 OR
abgelehnt werde mit der Begründung, dem Schuldner erwachse kein nichtwiedergutzumachender Schaden. Den endgültigen Entscheid überliess die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer jedoch dem zuständigen Richter, da die vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden für die Beurteilung dieser materiellrechtlichen Frage nicht
BGE 109 III 49 S. 52
zuständig seien (S. 19). Die Frage wurde auch in
BGE 96 III 95
E. 2 und 100 III 39 angeschnitten, jedoch unbeantwortet gelassen.
c) Unter Hinweis auf die Ausführungen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer in
BGE 91 III 15
ff. ist hier festzuhalten, dass es in der Tat eine unbillige Härte wäre und einer vernünftigen Interessenabwägung widersprechen würde, wenn der Schuldner, der innert Frist eine Aberkennungsklage bei einem unzuständigen Richter eingereicht hat, zwangsläufig zur Zahlung verpflichtet wäre und ihm nur noch die - in manchen Fällen wenig aussichtsreiche - Rückforderungsklage zur Verfügung stünde. Es besteht sodann kein Anlass, nur bei fehlendem Verschulden eine Nachfrist zu gewähren, ist doch eine solche Voraussetzung
Art. 139 OR
gänzlich fremd. Hingegen ist der Besonderheit Rechnung zu tragen, dass die gesetzliche Frist für die Aberkennungsklage nur zehn Tage beträgt, und die in analoger Anwendung des
Art. 139 OR
zu gewährende Nachfrist ist deshalb auf ebenfalls zehn Tage zu beschränken (so auch Guldener, a.a.O.). Ob
Art. 139 OR
auch bei der Arrestprosequierungsklage heranzuziehen sei (verneint in
BGE 75 III 73
ff., offen gelassen in den späteren Entscheiden; vgl. zuletzt
BGE 108 III 41
ff.), mag weiterhin offen bleiben.
d) Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Klarheit der Verhältnisse ist der Vorinstanz schliesslich auch darin beizupflichten, dass die Nachfrist im vorliegenden Fall erst mit der Zustellung des formellen Nichteintretensentscheides des Bezirksgerichts zu laufen begann. Das Telefongespräch zwischen diesem Gericht und dem Vertreter der Klägerin ist deshalb ohne Bedeutung. | null | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
46bf9483-2236-43fa-98a3-2914f29d2298 | Urteilskopf
119 IV 187
32. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 4 août 1993, dans la cause V. et Cst. c. Ministère public du canton de Neuchâtel (pourvoi en nullité) | Regeste
Art. 76 Abs. 3 BVG
; Zweckentfremdung von Arbeitnehmerbeiträgen.
Art. 76 Abs. 3 BVG
ist wie
Art. 87 Abs. 3 AHVG
auszulegen (Beantwortung der in
BGE 117 IV 82
offengelassenen Frage). | Sachverhalt
ab Seite 187
BGE 119 IV 187 S. 187
A.-
M. SA, société s'occupant de la fabrication de boîtes de montres, de leur achat et de leur vente, a été mise en faillite, le 2 décembre 1986, à sa demande, nonobstant l'octroi d'un sursis concordataire de quatre mois, le 23 septembre 1986. La suspension de la procédure de faillite a été ordonnée le 27 janvier 1987, faute d'actifs permettant une liquidation même sommaire. A cette époque, V. et B. étaient respectivement président et vice-président du conseil
BGE 119 IV 187 S. 188
d'administration de la société. V. était également vice-président du conseil de la fondation de prévoyance en faveur du personnel de l'entreprise.
En 1985 et en 1986, la société n'a pas versé à la caisse de compensation compétente les retenues prélevées, à concurrence de 117'038 fr. 90 sur les salaires du personnel de l'entreprise à titre de cotisations AVS.
Il en a été de même par 79'131 fr. 80 des sommes dues au fonds de prévoyance de M. SA, prélevées également sur les salaires.
B.-
A raison de ces circonstances, V. et B. ont fait l'objet d'une procédure pénale. Ils ont été libérés par le Tribunal de police du district du Val-de-Travers, mais statuant le 8 décembre 1992 sur recours du Ministère public, la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel a partiellement annulé ce jugement considérant qu'ils devaient être reconnus coupables d'infraction aux
art. 87 al. 3 LAVS
, 76 al. 3 LPP et 159 al. 1 CP.
Erwägungen
Considérant en droit:
6.
Le défaut de versement des cotisations sociales porte également sur les sommes retenues sur le salaire des employés et destinées à la fondation de la prévoyance en faveur du personnel de l'entreprise. L'autorité cantonale a considéré que l'
art. 76 al. 3 LPP
, applicable dans cette hypothèse, obéissait aux mêmes principes que l'
art. 87 al. 3 LAVS
. Les recourants, dans leur pourvoi, tout en concluant à libération pour les motifs examinés plus haut, ne contestent pas ce point de vue. Quant à la jurisprudence, elle a pour l'instant laissé la question ouverte (
ATF 117 IV 78
précité). Pour le reste, si l'on examine les deux dispositions, on constate que l'
art. 87 al. 3 et 6 LAVS
correspond exactement (sauf le montant maximum de l'amende, doublé en 1972) à l'art. 92 al. 3 et 6 du projet soumis aux chambres en 1946 (FF 1946 II 575) et que selon le message lui-même (FF 1946 II 543), les dispositions pénales - de l'art. 92 notamment - ne donnaient pas lieu à commentaire, si ce n'est qu'elles correspondaient "au minimum strictement indispensable". Quant à l'
art. 76 al. 3 et 6 LPP
(art. 72 du projet, FF 1976 I 278), la seule référence qui y est faite, dans le message (FF 1976 I 238), est que les dispositions pénales ont été réduites au minimum. Or si ce n'est en ce qui concerne le cumul de l'emprisonnement et de l'amende, prévu dans la LAVS et non dans la LPP, les deux dispositions correspondent
BGE 119 IV 187 S. 189
exactement, sous réserve des termes utilisés. Il s'en déduit qu'il n'existe aucune raison de distinguer entre les conditions de leur application, compte tenu de la similitude du but recherché et des difficultés pratiques qui résulteraient d'une application différenciée. Il s'ensuit que l'autorité cantonale n'a pas non plus violé le droit fédéral en considérant que l'
art. 76 al. 3 LPP
était applicable, ce qui du même coup justifie l'application au recourant V., et pour les motifs qu'elle a indiqués, de l'
art. 159 CP
. Ce recourant ne prétend d'ailleurs pas le contraire, puisqu'il fait seulement valoir que cette disposition ne saurait trouver application s'il devait être mis au bénéfice de l'état de nécessité en ce qui concerne les infractions aux
art. 87 al. 3 LAVS
et 76 al. 3 LPP. Le pourvoi doit ainsi être rejeté dans son entier. | null | nan | fr | 1,993 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46c16ccb-6e4c-4a5c-be06-69f2f9c7fad4 | Urteilskopf
80 II 88
12. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 16 février 1954 dans la cause Société anonyme internationale de transports Gondrand frères contre Chemins de fer fédéraux. | Regeste
Internationales Abkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr, vom 23. November 1933, Art. 40 und 45.
Begriff der Reklamation (aussergerichtlicher Anspruch). Anforderungen an eine solche. | Sachverhalt
ab Seite 88
BGE 80 II 88 S. 88
Le 16 octobre 1946, la Société anonyme internationale de transports Gondrand frères a reçu à Genève un wagon venant de Nice et contenant des fûts d'huile d'olive.
BGE 80 II 88 S. 89
Le surlendemain, elle a adressé aux organes des Chemins de fer fédéraux (CFF) la lettre suivante:
"Expédition 4856 du 8.10.1946 de Nice sur Genève-Cornavin. Wagon 293.591-55 fûts huile d'olive k. 12179,5.
Cet envoi a été mis à notre disposition hier par vos organes et nous avons constaté lors du déchargement de ce wagon le manquant des fûts:
BS no 7
UO no 3-5-9-16 et 18
soit au total de 6 fûts.
Nous formulons d'ores et déjà toutes les réserves nécessaires pour le manquant de ces fûts à l'arrivée à Genève, et vous serions très obligés de vouloir bien faire des recherches.
Les destinataires suisses vont nous adresser les factures pour les manquants et nous nous permettrons de vous les adresser."
Le 21 octobre, la S. A. Gondrand frères a encore envoyé la lettre de voiture aux CFF.
Actionnés en dommages-intérêts le 9 juin 1948, les CFF ont soulevé l'exception de prescription; ils soutenaient que la lettre du 18 octobre 1946 n'avait pas suspendu le cours de la prescription, attendu, disaient-ils, qu'elle ne constituait pas une "réclamation administrative" au sens des art. 40 et 45 de la convention internationale concernant le transport des marchandises par chemin de fer, du 23 novembre 1933 (CIM).
Le Tribunal fédéral a rejeté ce moyen.
Erwägungen
Extrait des motifs:
Aux termes de l'art. 45 § 1 CIM, l'action née du contrat de transport est prescrite par un an lorsque la somme due n'a pas été fixée par une reconnaissance, par une transaction ou par un jugement. Pour les demandes d'indemnité en cas de perte partielle, la prescription court du jour où la livraison a eu lieu (art. 45 § 2 CIM). Elle est toutefois suspendue en cas de réclamation écrite adressée au chemin de fer conformément à l'art. 40; elle reprend son cours à partir du jour où le chemin de fer a repoussé la réclamation par écrit et restitué les pièces qui y étaient jointes (art. 45 § 3 CIM). Enfin, l'art. 40, qui règle les réclamations administratives,
BGE 80 II 88 S. 90
prescrit qu'elles doivent être adressées au chemin de fer par écrit (§ 1) et que, si elles sont formées par le destinataire, ce dernier doit produire la lettre de voiture lorsqu'elle lui a été remise (§ 3).
Les CFF prétendent que la lettre du 18 octobre 1946 ne constitue pas une réclamation administrative au sens de l'art. 40 CIM, attendu qu'elle ne contient pas une demande de dommages-intérêts et n'indique pas avec précision le montant réclamé. Dès lors, l'action intentée le 9 juin 1948 serait tardive.
Dans son arrêt RO 53 II 54 consid. 1, le Tribunal fédéral a jugé qu'on doit entendre par "réclamation" l'avis écrit qu'un contrat de transport, relativement à un certain objet et sur un certain point, n'a pas été exécuté ou ne l'a été qu'imparfaitement. Les CFF objectent que cette jurisprudence, née sous l'empire de l'ancienne CIM de 1890/1898, est caduque; en effet, disent-ils, l'ancienne CIM ne parlait que de "réclamation", alors que la nouvelle précise qu'il doit s'agir d'une "réclamation administrative", et, dans le texte allemand, on a remplacé le terme de "Reklamation" par l'expression plus claire de "aussergerichtlicher Anspruch".
Il est cependant erroné de prétendre que la réclamation administrative doive indiquer le montant exact de la prétention. Cette exigence ne peut être fondée ni sur le texte de la CIM ni sur les travaux de la Conférence qui a élaboré cette convention (Berne, mai-juin 1923). D'autre part, la nature de la réclamation administrative n'impose pas une telle condition. Cette procédure doit simplement permettre au chemin de fer de se prononcer sur les réclamations de l'expéditeur ou du destinataire et, si possible, de liquider le litige extrajudiciairement; or il peut fort bien prendre une décision de principe sans connaître le montant exact qui lui sera réclamé.
Mais les CFF prétendent que, de toute façon, la lettre du 18 octobre 1946 ne constitue pas une réclamation administrative car la S. A. Gondrand frères n'y fait pas
BGE 80 II 88 S. 91
valoir des prétentions pour perte partielle et n'y demande pas une indemnité. On peut s'abstenir en l'espèce de juger si une réclamation administrative doit satisfaire à ces conditions. Car, même si l'on tranche cette question par l'affirmative, on doit admettre que la destinataire a fait une réclamation valable en octobre 1946. En effet, pour juger ce point, il faut interpréter les lettres de la S. A. Gondrand frères sans s'attacher de façon formaliste aux termes qu'elle a employés, mais en se fondant sur la manière dont les CFF pouvaient raisonnablement les comprendre. Or, dans sa lettre du 18 octobre 1946, la destinataire indique avec précision l'expédition'le wagon et le chargement dont il s'agit et signale la perte de six fûts dont elle donne les numéros; elle formule ensuite les "réserves nécessaires" et annonce qu'elle va envoyer aux CFF les factures de ses clients. En recevant cette lettre, le chemin de fer ne pouvait avoir aucun doute; il devait comprendre que la destinataire entendait, pour le cas où la marchandise ne serait pas retrouvée, faire valoir des prétentions pour perte partielle et réclamer des dommages-intérêts. Sinon, on ne saisirait pas le sens des réserves faites dans la lettre ni la raison de l'envoi des factures des clients. On doit admettre, dès lors, que la lettre du 18 octobre 1946 contenait une demande de dommages-intérêts et renfermait tous les éléments nécessaires au chemin de fer pour se prononcer en principe sur la réclamation. Il est vrai qu'elle n'était pas accompagnée de la lettre de voiture, contrairement aux prescriptions de l'art. 40 § 3 CIM. Mais cette omission a été réparée le 21 octobre 1946. Dès qu'ils ont reçu ce document, les CFF ont donc été saisis d'une réclamation administrative qui a suspendu le cours de la prescription. | public_law | nan | fr | 1,954 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46cea7d3-ab91-4e99-8dd4-924f69d35c33 | Urteilskopf
123 IV 9
2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. Januar 1997 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 21, 22, 24, 25, 242 und 244 StGB. Übergabe von Falschgeld an einen Eingeweihten.
Wer falsches Geld einem Eingeweihten übergibt (veräussert) und in Kauf nimmt, dass dieser oder eine andere Person es als echtes Geld in Umlauf setzen werde, kann nur nach den Regeln über die Mittäterschaft und die Teilnahme an der Tat des andern wegen (versuchten) In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echt bestraft werden. Die Übergabe (Veräusserung) von Falschgeld an einen Eingeweihten ist nicht schon als solche Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld. Vorbehalten bleibt im übrigen eine Verurteilung des Übergebers wegen eines allfälligen vorgängigen Einführens, Erwerbens oder Lagerns falschen Geldes (E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 10
BGE 123 IV 9 S. 10
A.-
G. wurde von P. angefragt, ob er einen Abnehmer für eine grössere Menge falscher 100-Dollar-Noten kenne. G. wandte sich an D., der bereit war, in das Geschäft einzusteigen und seinerseits nach Abnehmern zu suchen. G. übergab dem D. als Muster eine gefälschte Note, die er von P. erhalten hatte. Mitte 1993 liess D. den G. wissen, dass er einen Abnehmer gefunden habe, der bereit sei, für 1'000 falsche 100-Dollar-Noten Fr. 20'000.-- zu zahlen. G. teilte dies P. mit, erhielt von diesem 975 gefälschte 100-Dollar-Noten und bewahrte sie in seiner Wohnung in Basel auf. Am 6. Juli 1993 übergab er das Falschgeld in seiner Wohnung D.. Dieser fuhr sogleich nach Weil a. Rhein/D, um es dort seinem Abnehmer "H." gegen Zahlung des vereinbarten Preises zu übergeben. Er legte in seinem Fahrzeug die 975 100-Dollar-Noten "H." vor, der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg war. "H." verliess daraufhin das Fahrzeug und veranlasste sogleich die Festnahme von D. und die Sicherstellung des Falschgeldes.
B.-
Das Strafdreiergericht Basel-Stadt sprach G. am 31. März 1995 des versuchten In-Umlaufsetzens falschen Geldes (Art. 242 Abs. 1 i.V.m.
Art. 21 Abs. 1 StGB
) schuldig und verurteilte ihn zu 10 Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es erklärte zwei Gefängnisstrafen von fünf Tagen und von zwei Monaten gemäss den Urteilen des Bezirksamtes Rheinfelden vom 18. Februar 1992 und des Strafgerichtspräsidenten Basel-Stadt vom 10. Februar 1993 in Anwendung von
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB
für vollziehbar.
Der Appellationsgerichtsausschuss des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 22. Mai 1996 das erstinstanzliche Urteil gestützt auf die darin enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen.
C.-
G. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung vom Vorwurf des versuchten In-Umlaufsetzens falschen Geldes, eventuell zur Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu versuchtem In-Umlaufsetzen falschen Geldes und zur Ausfällung einer entsprechend herabgesetzten Strafe von höchstens drei Monaten Gefängnis unter Verzicht auf den Widerruf des bedingten Strafvollzuges an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGE 123 IV 9 S. 11
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Nach Auffassung der Vorinstanzen hat sich der Beschwerdeführer des (unvollendet) versuchten In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld in Mittäterschaft schuldig gemacht. Bloss ein Versuch liege deshalb vor, weil D. das Falschgeld einem verdeckten Ermittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg übergeben habe und es also nicht in den Geldverkehr gelangt sei. Immerhin Versuch und nicht nur eine straflose Vorbereitungshandlung sei deshalb gegeben, weil der Beschwerdeführer (und auch D.) in Form von Mittäterschaft bestimmte Tatbeiträge geleistet und es für ihn kein Zurück mehr gegeben habe. Der Beschwerdeführer sei nicht bloss Gehilfe, sondern Mittäter am versuchten In-Umlaufsetzen falschen Geldes als echtes Geld gewesen. Zur Begründung wird im erstinstanzlichen Entscheid ausgeführt, nach dem Tatplan zwischen dem Beschwerdeführer, D. und den Eingeweihten (d.h. den deutschen Abnehmern) habe das Falschgeld an gutgläubige Dritte abgesetzt werden sollen, indem der Beschwerdeführer das Falschgeld beschafft und D. zum Transport über die Grenze übergeben habe, wohingegen die Eingeweihten den Kontakt zu den gutgläubigen Dritten hergestellt hätten. Sie alle hätten also gemeinschaftlich zusammengewirkt. Die eingeweihten Abnehmer hätten Zug um Zug für die falschen Noten Fr. 20'000.-- bezahlt, was nur erklärbar sei, wenn der Weiterverkauf an gutgläubige Dritte bereits konkret ins Auge gefasst gewesen sei. Der Tatbeitrag des Beschwerdeführers sei über eine Vermittlerrolle weit hinaus gegangen. Der Beschwerdeführer sei die Schaltstelle gewesen, ohne welche die Informationen von P. zu D. und zurück nicht hätten ausgetauscht werden können. Er habe ein Muster der gefälschten Noten weitergereicht und schliesslich das gesamte Falschgeld in seiner Wohnung aufbewahrt und somit in seiner Verfügungsgewalt gehabt, bis er es im geeigneten Moment persönlich an D. zum Weitertransport übergeben habe.
b) Der Beschwerdeführer wendet ein, es liege kein Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld vor. Im Falle der Annahme von Versuch sei sein Tatbeitrag höchstens als Gehilfenschaft zu werten.
c) Aus den Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil, auf welches die Vorinstanz verweist, geht nicht deutlich hervor, worin genau die Vorinstanz die massgebende objektive Versuchshandlung erblickt, an welcher der Beschwerdeführer durch sein Verhalten als Mittäter mitgewirkt habe. Die Übergabe des Falschgeldes durch
BGE 123 IV 9 S. 12
den Beschwerdeführer an D. wird im erstinstanzlichen Urteil nicht schon als solche als Versuch der Straftat im Sinne von
Art. 242 StGB
qualifiziert, sondern lediglich als ein Tatbeitrag, den der Beschwerdeführer neben anderen zur Ausführung des zusammen mit P., D. und den deutschen Abnehmern geplanten In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld geleistet habe. Inwiefern der Beschwerdeführer mit den deutschen Abnehmern geplant habe, gemeinschaftlich falsches Geld als echtes Geld in Umlauf zu setzen, ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Entscheid indessen nicht ersichtlich. Daraus ergibt sich vielmehr, dass P., der Beschwerdeführer und D. in gemeinschaftlichem Zusammenwirken einen Käufer des Falschgeldes suchten und dass D. diesen im (vermeintlichen) deutschen Interessenten "H." fand. Der letzte Akt war das Treffen zwischen D. und "H." in Weil a. Rhein/D, an dem D. das ihm vom Beschwerdeführer zuvor ausgehändigte Falschgeld gegen Zahlung der vereinbarten Gegenleistung "H." übergeben wollte, der in Wahrheit ein verdeckt auftretender Ermittler war. Nachdem D. die 975 100-Dollar-Noten vorgelegt hatte, wurde er festgenommen und das Falschgeld sichergestellt. Zu prüfen ist damit, ob die Übergabe von Falschgeld an einen Eingeweihten unter Inkaufnahme, dass dieser oder ein Dritter es als echtes Geld in Umlauf setzen werde, als Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld im Sinne von
Art. 242 Abs. 1 StGB
zu qualifizieren sei. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer sich an diesem Versuch als Mittäter oder bloss als Gehilfe beteiligt habe.
2.
Gemäss
Art. 242 Abs. 1 StGB
wird wegen In-Umlaufsetzens falschen Geldes mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis bestraft, wer falsches oder verfälschtes Metallgeld oder Papiergeld, falsche oder verfälschte Banknoten als echt oder unverfälscht in Umlauf setzt. Diese Bestimmung findet nach
Art. 250 StGB
auch auf ausländisches Geld Anwendung.
a) In
BGE 76 IV 165
E. 3 und
BGE 80 IV 265
E. 3 wurde entschieden, strafbar wegen In-Umlaufsetzens falschen Geldes gemäss
Art. 242 StGB
mache sich auch, wer falsches Geld einem Eingeweihten übergibt und zumindest in Kauf nimmt, dass der Erwerber oder eine andere eingeweihte Person das Falschgeld als echtes Geld in Umlauf bringen werde. Unter dem Gesichtspunkt von
Art. 242 StGB
sei es unerheblich, ob jemand das In-Umlaufsetzen falschen Geldes als echt direkt und allein besorge oder bewusst durch Dritte ausführen lasse.
BGE 85 IV 22
erkannte, wer falsches Geld als solches einem Eingeweihten
BGE 123 IV 9 S. 13
überlasse, der es vorsätzlich als echt in Umlauf setze, sei nur dann strafbar, wenn er sich als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe an der Tat des andern beteiligt habe (was in jenem Fall nicht zutraf). Soweit in
BGE 76 IV 165
,
BGE 80 IV 265
und in einem nicht publizierten Urteil vom 31. Oktober 1957 auf die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Übergebers nicht mit genügender Deutlichkeit hingewiesen worden sei, seien diese Entscheidungen im dargelegten Sinne zu ergänzen. In
BGE 119 IV 154
E. 4b S. 162 wurde die Frage aufgeworfen, ob derjenige, welcher Falschgeld als solches einem Eingeweihten übergibt und dabei in Kauf nimmt, dass der Erwerber oder dessen Abnehmer es als echtes Geld in Umlauf setzen werde, sich nicht bereits durch die Übergabe des Falschgeldes an den Eingeweihten des Versuchs des In-Umlaufsetzens falschen Geldes im Sinne von
Art. 242 StGB
schuldig mache. Mit der Versuchsproblematik setze sich
BGE 85 IV 22
nämlich nicht ausdrücklich auseinander, insbesondere auch nicht mit der Frage, wie es sich verhalte, wenn der Erwerber des Falschgeldes nicht mehr dazu komme, es als echtes Geld in Umlauf zu setzen oder dies zumindest zu versuchen. Die Frage konnte in
BGE 119 IV 154
E. 4b S. 162 offengelassen werden, da ein allfälliger unvollendeter Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als durch die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Geldfälschung im Sinne von
Art. 240 Abs. 1 StGB
mitbestrafte Nachtat zu werten war (E. 4a/cc S. 162) und weil die Übergabe des Falschgeldes an den Eingeweihten ungeachtet ihrer rechtlichen Qualifikation im Rahmen der Strafzumessung wegen Geldfälschung als Nachtatverhalten straferhöhend berücksichtigt werden konnte (E. 4c S. 163).
b) Die Übergabe von Falschgeld an einen Eingeweihten wird nur dann von
Art. 242 StGB
erfasst, wenn sie als Beteiligung (Mittäterschaft oder Teilnahme) an der von einem andern, nicht notwendigerweise vom Übernehmer, begangenen Straftat des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld qualifiziert werden kann, wobei der andere diese Straftat zumindest versucht haben muss. Die Übergabe von Falschgeld an einen Eingeweihten ist mithin nicht schon als solche, sondern nur als Beteiligungshandlung unter dem Gesichtspunkt von
Art. 242 StGB
relevant. Daher kann die Übergabe an den Eingeweihten nicht allein schon dann strafbarer Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes sein, wenn der Übergeber zumindest in Kauf nimmt, dass der Übernehmer oder eine andere Person das Falschgeld als echtes Geld in Umlauf setzen werde. Dies ist vielmehr lediglich die subjektive Voraussetzung für die Bestrafung des
BGE 123 IV 9 S. 14
Übergebers wegen der in der Übergabe allenfalls liegenden Beteiligung (Mittäterschaft oder Teilnahme) an der vom andern begangenen (zumindest versuchten) Straftat. Wer Falschgeld einem anderen übergibt und dabei in Kauf nimmt, dass der Übernehmer oder ein Dritter es als echtes Geld in Umlauf setzen werde, tut damit zwar einen letzten Schritt, aber nicht den letzten Schritt in das Verbrechen im Sinne von
Art. 242 Abs. 1 StGB
; er versucht gerade nicht, das Falschgeld als echtes Geld in Umlauf zu setzen. Allerdings mag sich mit der Übergabe des Falschgeldes an einen andern die Gefahr, dass es als echtes Geld in Umlauf gesetzt werde, für den Übergeber erkennbar erhöhen, insbesondere dann, wenn der Übernehmer dafür einen vergleichsweise hohen Preis gezahlt hat; diese Risikoerhöhung qualifiziert die Übergabe aber nicht als Versuch einer Straftat im Sinne von
Art. 242 StGB
. Das ergibt sich auch aus dem Gesetz selbst. Wer Geld fälscht, um es als echt in Umlauf zu setzen, wird gemäss
Art. 240 Abs. 1 StGB
mit Zuchthaus bestraft. Wer falsches Geld erwirbt, einführt oder lagert, um es als echt in Umlauf zu bringen, wird nach
Art. 244 Abs. 1 StGB
mit Gefängnis bestraft. Daraus wird ersichtlich, dass weder die Fälschung noch der Erwerb von Falschgeld in der Absicht, es als echtes Geld in Umlauf zu bringen, schon als solche ein Versuch des In-Umlaufsetzens im Sinne von
Art. 242 StGB
sind. Die Übergabe (Veräusserung) von Falschgeld an einen Eingeweihten ist objektiv ein Akt, der zwischen der Fälschung des Geldes und dem Erwerb des Falschgeldes durch den Eingeweihten liegt. Wenn aber selbst der von
Art. 244 StGB
als strafbare Vorbereitungshandlung erfasste Erwerb von Falschgeld in der Absicht, es als echtes Geld in Umlauf zu bringen, nicht schon als solcher ein Versuch des In-Umlaufsetzens im Sinne von
Art. 242 StGB
ist, dann kann erst recht auch die dieser Handlung vorangehende Übergabe (Veräusserung) des Falschgeldes an den Eingeweihten unter Inkaufnahme, dass dieser oder ein anderer es als echtes Geld in Umlauf bringen werde, kein Versuch des In-Umlaufsetzens im Sinne von
Art. 242 StGB
sein. Die in
Art. 240 ff. StGB
nicht geregelte Übergabe von Falschgeld an den Eingeweihten kann daher nicht in Anwendung der Regeln betreffend den Versuch, sondern allein nach den Grundsätzen betreffend die Beteiligung (Mittäterschaft oder Teilnahme) an der Straftat eines andern gemäss
Art. 242 StGB
bestraft werden. Erste Voraussetzung hiefür ist demnach (unter Vorbehalt des Versuchs der Anstiftung zu einem Verbrechen im Sinne von
Art. 24 Abs. 2 StGB
), dass der Erwerber des Falschgeldes oder eine andere Person es als echtes Geld in Umlauf gesetzt oder
BGE 123 IV 9 S. 15
dies zumindest versucht hat. Wenn dies aus irgendwelchen Gründen nicht geschieht, dann ist die Übergabe des Falschgeldes an den Eingeweihten keine Beteiligungshandlung an einer Straftat im Sinne von
Art. 242 StGB
und kann sie daher nicht nach dieser Bestimmung bestraft werden.
Wer Falschgeld einem Eingeweihten übergibt und dabei in Kauf nimmt, dass der Erwerber oder eine andere eingeweihte Person es als echtes Geld in Umlauf setzt, macht sich demnach nicht schon durch diese Übergabe des Versuchs des In-Umlaufsetzens im Sinne von
Art. 242 StGB
schuldig. Er kann vielmehr nur dann gemäss dieser Bestimmung bestraft werden, wenn er sich durch die Übergabe als Mittäter oder Teilnehmer an der Straftat eines andern beteiligt hat. Die in
BGE 119 IV 154
E. 4b S. 162 aufgeworfene Frage ist somit in Bestätigung von
BGE 85 IV 22
zu verneinen (ebenso ausdrücklich STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht, Bes. Teil II, 4. Aufl. 1995, § 33 N. 19; vgl. auch TRECHSEL, Kurzkommentar,
Art. 242 StGB
N. 2).
Die Übergabe von Falschgeld an einen Eingeweihten unter Inkaufnahme, dass dieser oder eine andere Person es als echtes Geld in Umlauf setzen werden, unterscheidet sich wesentlich von dem Fall, den der Kassationshof im nicht publizierten Entscheid vom 27. Januar 1986 i.S. TI c. F. und Kons. (wiedergegeben in Rep. 120/1987 S. 181; zusammengefasst in RStrS 1993 Nr. 383) als Versuch des In-Umlaufsetzens falschen Geldes als echtes Geld im Sinne von
Art. 242 StGB
qualifiziert hat. Der in jenem Fall Beschuldigte übergab das Falschgeld einem Mittelsmann, damit dieser es einem Bankier bringe. Die Handlung des Beschuldigten war direkt auf das In-Umlaufsetzen des falschen Geldes als echtes Geld gerichtet; der Beschuldigte übergab nicht lediglich Falschgeld einem Eingeweihten unter blosser Inkaufnahme, dass dieser oder ein anderer es als echtes Geld in Umlauf setzen werde.
c) Der Beschwerdeführer übergab die 975 falschen 100-Dollar-Noten, die P. ihm ausgehändigt hatte, dem D.. Dieser wollte sie, wie der Beschwerdeführer wusste, gegen Zahlung von Fr. 20'000.-- einem (dem Beschwerdeführer nicht bekannten) Interessenten in Deutschland übergeben, der nach den Vorstellungen des Beschwerdeführers das Falschgeld möglicherweise selbst als echtes Geld in Umlauf setzen würde. Als D. das Falschgeld dem deutschen Interessenten, der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler war, in Weil a. Rhein/D vorlegte, wurde er festgenommen und das Falschgeld sichergestellt. Damit hat aber, was entscheidend ist, niemand zumindest
BGE 123 IV 9 S. 16
versucht, das Falschgeld als echtes Geld in Umlauf zu setzen. Das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten ist demnach keine Beteiligungshandlung an einer zumindest versuchten Straftat eines andern im Sinne von
Art. 242 StGB
, und es kann daher nicht in Anwendung dieser Bestimmung bestraft werden.
d) Das bedeutet nicht, dass der Veräusserer von Falschgeld in den Fällen, in denen der Erwerber nicht zumindest versucht hat, das Falschgeld als echtes Geld in Umlauf zu setzen, notwendigerweise straflos bleibe. Gemäss
Art. 244 StGB
wird bestraft, wer Falschgeld einführt, erwirbt oder lagert, um es als echtes Geld in Umlauf zu bringen. Der Veräusserer von Falschgeld hat dieses vorher unter Umständen im Sinne dieser Bestimmung eingeführt, erworben und/oder gelagert. Ob dies auf den Beschwerdeführer zutrifft, ist hier nicht zu entscheiden, da dieser Straftatbestand nicht Gegenstand des Verfahrens vor den kantonalen Behörden bildete und der Beschwerdeführer sich dazu weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht äussern konnte. Den kantonalen Behörden ist es aber von Bundesrechts wegen unbenommen zu prüfen, ob der Beschwerdeführer die falschen 100-Dollar-Noten im Sinne von
Art. 244 StGB
erworben und/oder gelagert habe, und es ist ihnen unbenommen, gegen den Beschwerdeführer unter Wahrung der sich aus der BV und der EMRK ergebenden Grundsätze allenfalls eine entsprechende Anklage zu erheben, soweit dies nach dem kantonalen Prozessrecht möglich ist (vgl.
BGE 98 IV 241
[245 in fine];
113 IV 68
E. 2c).
e) Die gesetzliche Regelung der Delikte gegen den Geldverkehr (
Art. 240 ff. StGB
) bereitet in mancher Hinsicht Auslegungsschwierigkeiten, wie sich auch aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergibt (siehe zum In-Umlaufsetzen als echt schon
BGE 76 IV 165
E. 3 und
BGE 80 IV 265
E. 3 einerseits,
BGE 85 IV 22
andererseits; zu der in
Art. 240 StGB
vorausgesetzten Absicht
BGE 119 IV 154
E. 2d S. 157 f.). Nicht alle als strafwürdig erscheinenden Verhaltensweisen zwischen der Herstellung falschen Geldes (
Art. 240 StGB
) einerseits und dem In-Umlaufsetzen falschen Geldes (
Art. 242 StGB
) andererseits werden im Gesetz ausdrücklich genannt;
Art. 244 StGB
erwähnt nur das Einführen, Erwerben und Lagern. Es ist daher eine im Einzelfall schwierige Auslegungsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen etwa das Besitzen oder Aufbewahren als Lagern und die Übernahme zwecks Weitergabe als Erwerb zu qualifizieren seien. Unter anderem zur Vermeidung von solchen Schwierigkeiten und von allfälligen Strafbarkeitslücken werden in neueren Bestimmungen die als strafwürdig erachteten Verhaltensweisen möglichst
BGE 123 IV 9 S. 17
erschöpfend aufgelistet (siehe z.B.
Art. 179sexies StGB
,
Art. 19 Ziff. 1 BetmG
). Eine Neuregelung der Straftaten gegen den Geldverkehr erscheint als wünschenswert.
f) Der Beschwerdeführer verlangt in seinem Hauptantrag die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu seiner Freisprechung vom Vorwurf des versuchten In-Umlaufsetzens falschen Geldes. Im Falle der Gutheissung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde weist der Kassationshof die Sache indessen lediglich zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist zudem nicht auszuschliessen, dass gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren wegen Erwerbens oder Lagerns falschen Geldes im Sinne von
Art. 244 StGB
durchgeführt wird; die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher im Sinne der Erwägungen gutzuheissen.
3.
(Kostenfolgen). | null | nan | de | 1,997 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46d44e2d-9123-4681-a321-bd54b28a6fae | Urteilskopf
107 IV 152
43. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 16. September 1981 i.S. G. gegen Generaldirektion PTT (Beschlagnahme) | Regeste
Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 TVG
. Art. 1 Abs. 1 TVV. Wann gilt eine Sprechfunkanlage in einem Personenwagen als "erstellt"?
Eine in einem Wagen montierte, mit Antenne und Handmikrofon versehene Sprechfunkanlage, die durch einen einfachen Handgriff an die Stromquelle angeschlossen werden kann (z.B. vermittels einer sog. Krokodilklemme), ist betriebsfertig im Sinne von Art. 1 Abs. 1 TVV. | Sachverhalt
ab Seite 153
BGE 107 IV 152 S. 153
A.-
Am 24. April 1980 entdeckten Beamte der Kantonspolizei Zürich im Personenwagen von G. ein nicht-typengeprüftes Sprechfunkgerät der Marke BELCOM S = 865 S, für welches G. keine Radiokonzession vorweisen konnte. Das gegen G. wegen Widerhandlung gegen
Art. 42 TVG
angehobene Untersuchungsverfahren stellte die Kreistelefondirektion (KTD) Basel mangels Beweis ein, verfügte aber die Einziehung des beschlagnahmten Funkgeräts. Die Rechtsabteilung der Generaldirektion PTT hob die Einziehung auf und ordnete die Rückgabe der Funkanlage an G. an unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass das Gerät in der Schweiz weder erstellt noch betrieben werden dürfe.
Am 29. Juli 1981 fanden Beamte der Kantonspolizei Bern dasselbe Gerät erneut im Wagen von G. fest montiert vor, mit angeschlossener Sende-/Empfangsantenne und Handmikrofon. Die KTD Zürich eröffnete am 31. August 1981 gegen G., der keine Konzession besass, eine Untersuchung gemäss
Art. 37 ff. VStrR
wegen Widerhandlung gegen
Art. 42 TVG
und belegte die von der Polizei vorläufig sichergestellten Gegenstände (
Art. 19 Abs. 3 VStrR
) im Sinne von
Art. 46 VStrR
mit Beschlag. G. wurde am 3. September 1981 ein Doppel des Beschlagnahmeprotokolls ausgehändigt.
...
B.-
Mit einer am 4. September 1981 zur Post gegebenen Beschwerde beantragt G., es sei das Verfahren gegen ihn einzustellen, die Vorladung auf den 1. Oktober 1981 solle "abgenommen" werden und es seien ihm die beschlagnahmten Gegenstände zurückzuerstatten.
Die Generaldirektion PTT beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei.
BGE 107 IV 152 S. 154
Erwägungen
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
3.
Der Beschwerdeführer besitzt unbestrittenermassen keine Konzession, die ihn zum Erstellen, Betreiben oder Benützen des beschlagnahmten Sprechfunkgeräts berechtigte. Nach der Aktenlage war die Funkanlage links neben dem Lenkrad, unter dem Armaturenbrett befestigt, mittels Kabelverbindung mit der auf dem Dach des Wagens montierten Antenne gekoppelt und ein Handmikrofon am Funkgerät angeschlossen. Zudem konnte das Gerät leichthin mit sogenannten Krokodilklemmen an den Stromkreis angeschlossen werden. Es befand sich also in betriebstauglicher Anordnung; denn ob die Inbetriebsetzung des Geräts, d.h. seine Versorgung mit Elektrizität durch Betätigung eines Schalters, eines Drehknopfs oder durch Anschliessen des Kabels an die Stromquelle vermittels eines Bananensteckers oder einer Krokodilklemme geschieht, macht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsfertigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 1 TVV (SR 784.101) keinen wesentlichen Unterschied aus; auch im letzteren Fall kann die Verbindung mit der Stromquelle durch einen einfachen Handgriff leichthin hergestellt werden. Wo aber - wie im vorliegenden Fall - eine Funksprechanlage in solcher Anordnung vorgefunden wird, besteht der Verdacht einer Verletzung des Fernmelderegals, dient doch eine derartige Installation in aller Regel dem Gebrauch der Anlage. Bestanden aber nach dem Gesagten zureichende Verdachtsmomente dafür, dass der Beschwerdeführer gegen
Art. 42 TVG
verstossen habe, dann wurde auch begründeterweise eine Untersuchung im Sinne von
Art. 37 ff. VStrR
gegen ihn eröffnet.
Dispositiv
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. | null | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
46e0847e-01d5-4710-bc42-b95fdbf0d7bf | Urteilskopf
90 I 258
39. Auszug aus dem Urteil vom 17. September 1964 i.S. Furrer gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich. | Regeste
Wehrsteuer; Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland (Fassung vom 15. Juli 1931).
1. Ertrag beweglichen Vermögens (Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB): Rückständige Anleihenszinsen, die der deutsche Schuldner dem schweizerischen Gläubiger auf Grund des Londoner Abkommens über deutsche Auslandsschulden vom 27. Februar 1953 auf einmal teils in bar, teils durch Fundierung (Aushändigung von Werttiteln) entrichtet hat (Erw. 2, 3).
2. Zeitpunkt, in dem die Zinsen als Einkommen erfasst werden (Erw. 4).
3. Berechnung des Einkommens, das der Gläubiger durch Bezug von Fundierungstiteln erzielt hat (Erw. 5).
4. Bestimmung des für den Steuersatz massgebenden Gesamteinkommens: Anrechnung der in der Schweiz nicht steuerbaren Zinsen für hypothekarisch gesicherte Obligationen (Erw. 6).
5. Das Einkommen, zu dem die auf einmal entrichteten rückständigen Zinsen gehören, wird zum ordentlichen Satz besteuert; Art. 40 Abs. 2 WStB (Besteuerung zum Rentensatz) ist nicht anwendbar (Erw. 7). | Sachverhalt
ab Seite 259
BGE 90 I 258 S. 259
A.-
Die Schuldner deutscher Auslandsanleihen hatten bei Kriegsende im Jahre 1945 den Zinsendienst, der im allgemeinen schon vorher seit Jahren nicht mehr den Vertragsbedingungen entsprochen hatte, vollständig eingestellt. Am 27. Februar 1953 schloss die Bundesrepublik Deutschland mit den Gläubigerstaaten, zu denen auch die Schweiz gehört, ein Abkommen über deutsche Auslandsschulden ab (sog. Londoner Abkommen, AS 1954 S. 3 ff.). Auf Grund dieses Abkommens wurden u.a. die Modalitäten der auf Schweizerfranken lautenden Anleihen neu geregelt.
Der Beschwerdeführer Hermann Furrer verfügte über
BGE 90 I 258 S. 260
Obligationen, die dieser Regelung unterstanden. Demnach wurden die am 1. Januar 1953 noch ausstehenden Zinsen für diese Titel in den Jahren 1953-1956 - den Berechnungsjahren für die Wehrsteuer der 8. und 9. Periode - teilweise zum Kapital geschlagen (fundiert) und teilweise in bar nachentrichtet.
B.-
Bei der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Wehrsteuer der genannten Perioden wurden diese Leistungen als Einkommen erfasst. Soweit sie für Obligationen entrichtet wurden, die nicht hypothekarisch sichergestellt waren, wurden sie in die Berechnung des steuerbaren Einkommens einbezogen. Soweit es sich um grundpfändlich gesicherte Titel handelte, wurden die Leistungen für die Bestimmung des Steuersatzes nach Art. 44 WStB mitberücksichtigt.
In seiner Beschwerde an die kantonale Rekurskommission bestritt Hermann Furrer, dass die fundierten und in bar nachentrichteten Zinsen ihm als Einkommen angerechnet werden können. Die Rekurskommission wies die Beschwerde ab.
C.-
Gegen diesen Entscheid erhebt Hermann Furrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde, in welcher er an seinem Standpunkte festhält. Er macht geltend, er habe die deutschen Obligationen erst nach dem Abschluss des Londoner Abkommens gekauft. In dem von ihm erlegten Kaufpreis sei ein Betrag für die reduzierten aufgelaufenen Zinsen inbegriffen. Durch die nachträgliche Entrichtung dieser Zinsen sei ihm lediglich zurückbezahlt worden, was er für den Erwerb der entsprechenden Forderung ausgelegt hatte. Es handle sich also nicht um Kapitalertrag.
D.-
Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
(Prozessuales.)
2.
Nach Art. 21 Abs. 1 WStB fällt das gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen aus Erwerbstätigkeit,
BGE 90 I 258 S. 261
Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen in die Steuerberechnung. In lit. c daselbst werden als Ertrag beweglichen Vermögens unter anderm die Zinsen von Guthaben aufgeführt; darunter fallen nach dieser Bestimmung "alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift, Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten geldwerten Leistungen des Schuldners an den Gläubiger, die rechtlich nicht zur Tilgung der Kapitalschuld führen".
Im vorliegenden Fall wurden aufgelaufene Zinsen aus deutschen Obligationen teils in bar, teils in Form von Werttiteln (durch Fundierung) entrichtet; die Kapitalschulden wurden dabei - in Übereinstimmung mit dem Londoner Abkommen - nicht herabgesetzt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die in dieser Weise bewirkten geldwerten Leistungen der deutschen Schuldner an den Beschwerdeführer Zinsen aus Guthaben im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB darstellen und daher in die Berechnung des für die Wehrsteuer massgebenden Einkommens des Empfängers einbezogen werden mussten.
3.
Der Beschwerdeführer wendet vergeblich ein, er habe beim Erwerb der Obligationen nicht nur den Preis für die Kapitalforderung, sondern auch ein Entgelt für den - im Kurswert mitberücksichtigten - Anspruch auf die rückständigen Zinsen bezahlen müssen. Nach der hier anwendbaren Ordnung der Wehrsteuer vom Einkommen nicht buchführungspflichtiger natürlicher Personen kommt es nicht darauf an, ob das Vermögen des Steuerpflichtigen wertmässig zugenommen hat oder nicht (
BGE 86 I 231
). Der Wertschriftenertrag wird bei demjenigen als Einkommen erfasst, der ihn vom Schuldner erhält, also im Zeitpunkt der Leistung Gläubiger ist, ohne Rücksicht darauf, was er ausgelegt hat, um den Titel zu erlangen. Anderseits muss der Verkäufer des Titels den Ertrag, der nicht mehr ihm zugekommen, aber im Verkaufspreis einkalkuliert worden ist, nicht als Einkommen versteuern. Es ist Sache des Titelerwerbers, der voraussehbaren steuerlichen Belastung des Ertrages bei der Vereinbarung des Kaufpreises
BGE 90 I 258 S. 262
Rechnung zu tragen (
BGE 86 I 44
ff.). Dies gilt für Erträge von Aktien (Dividenden usw.) wie auch für Obligationenzinsen. Hier wie dort handelt es sich um Ertragseinkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB. Die Meinung des Beschwerdeführers, dass die Rekurskommission zu Unrecht eine "aktienrechtliche Betrachtungsweise" angewendet habe, ist unbegründet.
4.
Die in Frage stehenden Zinsen hätten schon im Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet werden sollen, doch war bis zum Abschluss des Londoner Abkommens ungewiss geblieben, ob und, wenn ja, wann sie bezahlt werden würden. Erst infolge dieses Abkommens ist die Ungewissheit geschwunden. Mit Recht wurden die Zinsen erst in dem Zeitpunkt als Einkommen erfasst, in dem sie in bar oder in Form von Werttiteln ausgerichtet wurden (vgl.
BGE 73 I 141
).
5.
Die Rekurskommission hat bei der Berechnung des Einkommens, das der Beschwerdeführer in Form von Fundierungstiteln erhalten hat, gemäss Empfehlung der eidgenössischen Steuerverwaltung auf den - unter dem Nominalwert liegenden - Verkehrswert der ausgehändigten Obligationen abgestellt. Das lässt sich rechtfertigen; denn der Gläubiger konnte die Fundierungstitel nur zum Kurswert veräussern; sie hatten für ihn nur diesen Wert.
6.
Für die Besteuerung der deutschen Obligationen und ihrer Erträge ist hinsichtlich der 8. und 9. Wehrsteuerperiode das schweizerisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen in der ursprünglichen Fassung vom 15. Juli 1931 anwendbar. Danach werden Kapitalvermögen und Einkünfte daraus grundsätzlich in dem Staate besteuert, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat (Art. 6). Dagegen werden die Einkünfte aus hypothekarisch gesicherten Forderungen (abgesehen von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen) im Schuldnerstaat von der Steuer erfasst (Art. 2 Abs. 1 und 2). Indessen sind sie nach Art. 44 WStB bei der Festsetzung des für den Steuersatz massgebenden Gesamteinkommens des schweizerischen
BGE 90 I 258 S. 263
Gläubigers mitzuberücksichtigen; das Doppelbesteuerungsabkommen steht dem nicht entgegen (
BGE 84 I 78
ff.). Die angefochtenen Einschätzungen entsprechen diesen Grundsätzen.
7.
Die rückständigen Zinsen sind von den deutschen Gesellschaften auf einmal ausgerichtet worden. Man kann sich daher fragen, ob sie unter Art. 40 Abs. 2 WStB fallen, wonach die Steuer für Einkommen, zu dem Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen, Ersatzleistungen für bleibende Nachteile oder Kapitalabfindungen bei Beendigung eines Dienstverhältnisses gehören, zu dem Satze berechnet wird, der anwendbar wäre, wenn an Stelle der Kapitalabfindung oder Ersatzleistung wiederkehrende Leistungen ausgerichtet würden.
Die Rekurskommission hat die Frage mit Recht verneint. Die in Art. 40 Abs. 2 WStB vorgesehene Steuervergünstigung ist auf die Tatbestände beschränkt, die in der Bestimmung abschliessend aufgezählt sind (
BGE 87 I 386
). Hier ist einzig zu prüfen, ob Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen vorliegen; die beiden anderen im Gesetz genannten Tatbestände fallen von vornherein ausser Betracht. Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leistungen sind einmalige Zuwendungen, die dazu bestimmt sind, einen Anspruch abzugelten, der auf periodische Leistungen geht und mit deren Vollzug sukzessive untergeht. Sie stellen ein Entgelt für den Ausfall künftiger solcher Leistungen dar, mit dessen Entrichtung die Stammschuld getilgt wird. Mit einem solchen Entgelt hat man es hier nicht zu tun; denn es wurden lediglich aufgelaufene Schuldzinsen - wenn auch in reduziertem Umfange und auf einmal - nachträglich entrichtet, ohne dass die Stammschuld selbst getilgt wurde (vgl. KÄNZIG, Die eidg. Wehrsteuer, N. 3 zu Art. 40 WStB).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,964 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
46e63094-6d42-4e2b-86d3-a2b1bb08e2c7 | Urteilskopf
114 III 40
14. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 27. Januar 1988 i.S. B. (Rekurs) | Regeste
Festsetzung des unpfändbaren Lohnbetrages (
Art. 325 Abs. 1 OR
).
Das Betreibungsamt hat auf Ersuchen eines Beteiligten den unpfändbaren Lohnbetrag auch dann festzusetzen, wenn der Arbeitnehmer nach der Abtretung eines Teils der Lohnforderung in Konkurs gefallen ist und in der darauffolgenden Betreibung des Gläubigers Rechtsvorschlag erhoben hat (E. 2).
Der Gemeinschuldner kann sich dabei nicht auf die Einrede des mangelnden neuen Vermögens im Sinne von
Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG
berufen (E. 2). | Erwägungen
ab Seite 41
BGE 114 III 40 S. 41
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.
Gemäss
Art. 325 Abs. 1 OR
kann der Arbeitnehmer künftige Forderungen nur soweit gültig abtreten oder verpfänden, als sie pfändbar sind; auf Ersuchen eines Beteiligten setzt das Betreibungsamt am Wohnort des Arbeitnehmers den unpfändbaren Betrag fest.
Strittig ist, ob das Betreibungsamt den unpfändbaren Betrag auch dann festsetzen dürfe, wenn der Arbeitnehmer nach der Abtretung eines Teils der Lohnforderung in Konkurs gefallen ist und in der darauffolgenden Betreibung des Gläubigers Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens erhoben hat. Nach Auffassung des Rekurrenten kann der unpfändbare Betrag in einem solchen Fall nur von jenem Richter bestimmt werden, der gemäss
Art. 265 Abs. 3 SchKG
darüber zu befinden hat, ob der Gemeinschuldner zu neuem Vermögen gekommen ist.
2.
Die Auffassung des Rekurrenten ist nicht stichhaltig. Als Beteiligte hat die Gläubigerin nach dem ausdrücklichen Wortlaut von
Art. 325 Abs. 1 OR
das Recht, vom Betreibungsamt die Ermittlung des unpfändbaren Betrages zu verlangen. Dass der Rekurrent gegen die Betreibung Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens erhoben hat, steht dem nicht entgegen. Dem Gläubiger ist es vielmehr freigestellt, ob er das durch den Rechtsvorschlag gehemmte Betreibungsverfahren überhaupt weiterverfolgen will. Der Rechtsvorschlag kann daher keinen Anlass geben, dem Gläubiger das in
Art. 325 Abs. 1 OR
verankerte Recht abzusprechen, vom Betreibungsamt die Festsetzung des unpfändbaren Betrages zu verlangen. Davon abgesehen rechtfertigt sich die Zuständigkeit des Betreibungsamtes durch dessen fachliche Kompetenz, da die Berechnung der unpfändbaren Lohnquote nach den Regeln des Betreibungsrechts erfolgt (
Art. 93 SchKG
). Das Betreibungsamt gewährleistet zudem ein einfaches, billiges und in der Regel rasches Verfahren (vgl. REHBINDER, Berner Kommentar, N. 11 zu
Art. 325 OR
; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 14 f. zu
Art. 325 OR
).
Im übrigen scheint der Rekurrent zu übersehen, dass künftige Lohnforderungen nicht in die Konkursmasse gemäss
Art. 197 SchKG
fallen (
BGE 111 III 76
). Lohnforderungen bleiben vielmehr ungeachtet des persönlichen Konkurses dem Arbeitnehmer vorbehalten. Über diese kann er grundsätzlich weiterhin frei verfügen. Gerade deswegen kann sich der Arbeitnehmer bezüglich eines nach dem Konkurs entstandenen, aber schon vor der Konkurseröffnung
BGE 114 III 40 S. 42
abgetretenen Lohnanspruches aber auch nicht auf die Einrede des mangelnden neuen Vermögens berufen (
BGE 75 III 116
;
BGE 114 III 27
E. 1). Die Befürchtung, dass das Betreibungsamt die pfändbare Quote tiefer als der Richter ansetzen könnte, weil der Richter im Unterschied zum Betreibungsamt die Bildung neuen Vermögens im Sinne von
Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG
berücksichtigen werde, ist daher gegenstandslos.
3.
Die Festsetzung des Existenzminimums durch das Betreibungsamt ist für die künftige Stellung des Rekurrenten bedeutsam. Wie dieser zu Recht befürchtet, kann sich der Gläubiger ausserhalb eines Betreibungsverfahrens gestützt auf die abgetretene Lohnforderung und die vom Betreibungsamt festgesetzte unpfändbare Lohnquote direkt an den Arbeitgeber wenden (vgl. hierzu
BGE 76 III 116
f.; WALDER, Lohnabtretung und Zwangsvollstreckung, S. 76-79). Dem Rekurrenten kann daher ein rechtserhebliches Interesse, seine Sache von der zuständigen Behörde entscheiden zu lassen, nicht abgesprochen werden. Die kantonale Aufsichtsbehörde ist auf den kantonalen Rekurs zu Unrecht nicht eingetreten. Im Ergebnis spielt dies jedoch keine Rolle, da durch den Nichteintretensentscheid der inhaltlich zutreffende Beschluss der unteren Aufsichtsbehörde vom 4. November 1987 in Kraft geblieben ist, mit welchem das Betreibungsamt angewiesen worden ist, die unpfändbare Quote festzusetzen. | null | nan | de | 1,988 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
46eb6c5b-9e89-40b3-b8e3-5a4b66642403 | Urteilskopf
112 II 118
23. Arrêt de la Ire Cour civile du 11 mars 1986 dans la cause G. contre Confédération Suisse (procès direct) | Regeste
Verlust des Versorgers,
Art. 45 Abs. 3 OR
. Voraussetzungen für die Zusprechung von Ersatz eines Versorgerschadens an Eltern beim Tod eines Kindes (E. 3).
Verjährung. Begriff der Kenntnis vom Schaden im Sinne von
Art. 60 Abs. 1 OR
und Art. 68 Abs. 1 Bundesgesetz über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (LFG), wenn der Umfang der Beeinträchtigung von der Entwicklung einer Situation abhängt (E. 4).
Art. 46 OR
. Schadenersatz für den Nervenschock eines Vaters, der durch einen Flugzeugabsturz zwei seiner Kinder verloren hat. Wer selber in einem absoluten Recht - hier in der körperlichen Integrität - beeinträchtigt wird, ist direkt geschädigt und hat Anspruch auf Schadenersatz (E. 5a-e).
Art. 47 OR
. Genugtuung infolge Tötung von Kindern des Klägers (E. 2) und dessen Invalidität wegen Nervenschocks, verursacht durch jene Todesfälle (E. 6).
Art. 52 IVG
. Übergang der Ansprüche aus Invalidenversicherung (E. 5f). | Sachverhalt
ab Seite 119
BGE 112 II 118 S. 119
A.-
Le 23 août 1982, un avion militaire Hunter s'est écrasé au sol, provoquant la mort de Claude G., né le 4 janvier 1965, et de son frère Frédéric G., né le 15 janvier 1972. La mère des défunts, Alberte G., et leur frère Alban G. ont été blessés. Ces personnes étaient occupées à cueillir des poires.
A la suite de ces décès, le père des défunts, Angiolino G., né en 1931, a subi un choc nerveux très important qui l'a gravement atteint dans sa santé physique. Il a été et se trouve en traitement médical. Il a été annoncé à l'assurance-invalidité au printemps 1985.
Angiolino G. travaillait et travaille encore au service d'une coopérative fruitière. En 1983/84 son salaire annuel a été de 42'019 fr. 60. Bien que son activité ne dépassât pas 50%, le montant intégral de son salaire lui a été versé, en partie grâce aux prestations de la Mutuelle valaisanne à Sion.
Outre son activité à la coopérative fruitière, Angiolino G., aidé par son épouse et ses enfants, s'occupait de travaux agricoles et d'arboriculture pour son compte.
B.-
La Confédération a versé, à titre de réparation du tort moral, à Alberte et Angiolino G. une indemnité de 40'000 fr. chacun et à Alban G. une indemnité de 12'000 fr., plus intérêt. Elle a également réglé des dommages matériels (dégâts aux cultures, frais funéraires). Elle a en revanche rejeté les prétentions des parents à une indemnité pour perte de soutien du fait du décès de leurs enfants, ainsi que celles du père à des dommages-intérêts pour incapacité de travail et invalidité permanente.
C.-
Le 13 mai 1985, Angiolino G., son épouse Alberte et leur fils Alban ont ouvert action contre la Confédération devant le Tribunal fédéral. Ils ont pris les conclusions suivantes:
BGE 112 II 118 S. 120
"1. - La Confédération Suisse est reconnue devoir, pour les suites de l'accident d'aviation du 23 août 1982, pour tort moral, ensuite du décès des deux enfants Claude et Frédéric G.:
a) à Alberte G., Fr. 60'000.--, avec intérêts à 5% dès le jour de l'accident, sous déduction de Fr. 40'000.-- avec intérêts y afférents à 5% jusqu'au 14 mars 1984;
b) à Angiolino G., Fr. 60'000.--, avec intérêts à 5% dès le jour de l'accident, sous déduction de Fr. 40'000.-- avec intérêts y afférents à 5% jusqu'au 14 mars 1984;
c) à Alban G., Fr. 20'000.-- avec intérêts à 5% dès le jour de l'accident, sous déduction de Fr. 12'000.-- avec intérêts y afférents à 5% jusqu'au 14 mars 1984.
2.- Pour perte de soutien Fr. 30'000.--, avec intérêts à 5% dès le dépôt du mémoire-demande, à M. et Mme Angiolino et Alberte G.
3.- Pour tort moral personnel de M. Angiolino G. Fr. 40'000.-- avec intérêts à 5% dès le 23.8.1982 à Angiolino G.
4.- Pour dommage concret pour les années 1983, 1984 et 1985 Fr. 30'000.-- avec intérêts à 5% moyen dès le 17.1984 à Angiolino G.
5.- A Angiolino G. pour invalidité à 50%
a) principalement une rente mensuelle de Fr. 2'583,33, indexée selon l'indice national des prix à la consommation et proportionnellement réadaptée à chaque variation de dix points dudit indice;
b) subsidiairement, une rente capitalisée de Fr. 31'000.-- annuellement (indice tabelle 20 Stauffer 1608/1985 ou 1568/1986), dont à déduire les prestations éventuelles des assurances sociales (AI).
6.- La Confédération Suisse versera en outre pour les dépens jusqu'au dépôt de la demande Fr. 8'500.-- aux époux G."
La Confédération a conclu au rejet de la demande.
D.-
Au cours d'une audience préparatoire du 3 octobre 1985, la défenderesse a admis qu'à la suite du choc nerveux subi par Angiolino G. et causé par l'accident du 23 août 1982, ce demandeur a une invalidité de 50%.
Les parties ont en outre déclaré que les problèmes de collision et de solidarité entre la défenderesse et les assurances personnelles du demandeur Angiolino G. ou de son employeur ne sont plus mis en cause. La défenderesse a admis dès lors que si le principe d'une réparation en faveur de ce demandeur était admis, le calcul de l'indemnité se fasse sur la base de la moitié du salaire actuel du demandeur.
Les demandeurs ont abandonné toute prétention en rapport avec la diminution de leur revenu provenant de l'exploitation de terrains à titre indépendant.
BGE 112 II 118 S. 121
Enfin, la défenderesse a reconnu devoir 8'500 fr. à titre de réparation pour les frais d'avocat engagés avant le procès. Ce montant a été reconnu ferme, valeur échue.
Par ordonnance du 10 octobre 1985, le juge délégué a considéré qu'il n'était pas nécessaire de procéder à l'administration de preuves, que les titres produits suffisaient et que la cause était en état d'être jugée. Il a alors prononcé la clôture de la procédure préparatoire.
E.-
Par décision du 14 février 1986, la Caisse cantonale valaisanne de compensation à Sion a fixé, dès le 1er janvier 1986, à 503 fr. par mois la rente d'invalidité accordée à Angiolino G., à 151 fr. par mois la rente complémentaire pour son épouse, et à 201 fr. par mois la rente complémentaire simple pour son fils Alban, payable jusqu'à la fin de la formation professionnelle de ce dernier.
F.-
Le 10 mars 1986, les demandeurs ont déclaré abandonner leurs conclusions 4, 6 et 7 et modifier leur conclusion 5 de la manière suivante:
"La Confédération suisse versera pour invalidité de 50% de Angiolino G.:
a) principalement: une rente mensuelle de Fr. 1'750.-- indexée selon l'indice national des prix à la consommation et proportionnellement réadaptée à chaque variation de dix points dudit indice.
b) subsidiairement: une rente capitalisée de Fr. 21'000.-- annuellement (indice tabelle 20 Stauffer 1608), sur la base d'une réserve faite des droits de recours de l'AI."
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
La demande se fonde sur l'art. 64 de la loi fédérale sur la navigation aérienne du 21 décembre 1948 (LNA; RS 748.0), qui prévoit que le dommage causé par un aéronef en vol aux personnes et aux biens qui se trouvent à la surface donne droit à réparation contre l'exploitant de l'aéronef s'il est établi que le dommage existe et qu'il provient de l'aéronef. Sous réserve de règles spéciales, les dispositions du code des obligations sont applicables (art. 79 LNA). La Confédération répond en outre, selon certaines dispositions de la loi dont les art. 64 et 79, des dommages qui sont causés par un aéronef militaire suisse à des personnes et à des biens qui se trouvent à la surface (art. 106 al. 1 LNA).
On se trouve donc en présence d'une action en responsabilité fondée sur des dispositions de droit civil fédéral. Comme la valeur litigieuse
BGE 112 II 118 S. 122
dépasse 8'000 fr., les conditions de l'
art. 41 lettre b OJ
sont réunies.
2.
Les demandeurs estiment insuffisants les montants que la défenderesse leur a versés à titre de réparation du tort moral consécutif au décès des deux enfants, soit 40'000 fr. pour chacun des parents et 12'000 fr. pour le frère des défunts. Compte tenu de l'ensemble des circonstances, notamment de la gravité de l'atteinte subie, d'une part, de l'absence de toute faute à la charge de la défenderesse, dont la responsabilité est purement causale, d'autre part, les indemnités accordées aux demandeurs correspondent aux montants admis par la jurisprudence cantonale et fédérale la plus récente (cf. HÜTTE, Die Genugtuung, 2e éd. 1984, III et V; HACKS/RING/BÖHM, Schmerzensgeld Beträge, 12e éd. 1985, p. 42 s.). La demande doit donc être rejetée sur ce point.
3.
Les demandeurs réclament une indemnité pour la perte de soutien correspondant à l'aide, qu'ils estiment à 300 fr. par mois, que les deux enfants décédés auraient apportée à leurs parents dans leurs travaux agricoles privés. Ils proposent de fixer la valeur capitalisée de cette aide, ex aequo et bono, à 30'000 fr. pour les deux enfants.
Les enfants ne peuvent être considérés comme soutien de leurs parents, au sens de l'
art. 45 al. 3 CO
, que dans la mesure où la contribution qu'ils apportent ou auraient apportée par leur travail au revenu de la famille dépasse ce qu'ils reçoivent de leurs parents, de sorte que leur décès contraint ceux-ci à réduire leur train de vie (cf. les arrêts
ATF 108 II 436
s.,
ATF 102 II 93
,
ATF 101 II 260
relatifs au décès de la femme, soutien de son mari; OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht I, 4e éd., p. 183 ch. 6 et n. 60). Or il ressort de l'expérience générale de la vie qu'en l'espèce, le montant de l'aide future apportée jusqu'à l'âge de 22 ans par les enfants à leurs parents aurait été compensée, d'un point de vue purement économique, par les frais liés à leur entretien. Dans la mesure où elles s'appliqueraient ici, les considérations de l'arrêt
ATF 58 II 40
ss consid. 7, rejetant la mise en compte de tels frais, apparaîtraient dépassées au regard de la jurisprudence récente précitée. A cet égard, l'accident n'entraîne donc pas pour les demandeurs de diminution de patrimoine justifiant l'octroi d'une indemnité pour perte de soutien. Ce chef de conclusions doit donc également être rejeté.
4.
Le demandeur Angiolino G. réclame une indemnité à titre de réparation du dommage résultant de l'invalidité de 50% consécutive
BGE 112 II 118 S. 123
au choc nerveux qu'il a subi à la suite du décès de ses deux fils, ainsi qu'une indemnité pour le tort moral personnel lié à cette invalidité.
La défenderesse invoque la prescription.
Selon l'art. 68 al. 1 LNA - applicable aux dommages causés par les aéronefs militaires, en vertu de l'art. 106 al. 1 LNA - les actions en réparation du dommage causé par un aéronef se prescrivent par un an à compter du jour du dommage; "si la personne lésée prouve qu'elle n'a pas pu avoir connaissance soit du dommage, soit de son étendue, soit de l'identité de la personne responsable, la prescription commence à courir du jour où elle a pu en avoir connaissance".
Pour déterminer quand le demandeur a une connaissance suffisante du dommage et de son étendue, on peut se référer aux critères dégagés par la jurisprudence en matière de prescription des autres actions de droit privé. Selon cette jurisprudence, le créancier connaît suffisamment le dommage lorsqu'il apprend, touchant son existence, sa nature et ses éléments, les circonstances propres à fonder ou à motiver une demande en justice; si l'ampleur du préjudice résulte d'une situation qui évolue, la prescription ne court pas avant le terme de cette évolution; tel est notamment le cas du préjudice consécutif à une atteinte à la santé de la victime dont il n'est pas possible de mesurer d'emblée l'évolution avec suffisamment de sécurité (
ATF 108 Ib 99
s. et les arrêts cités).
En l'espèce, il ressort d'un certificat médical du 21 décembre 1982 que la durée de l'incapacité de travail du demandeur Angiolino G. était encore considérée comme indéterminée à cette époque. Au moment où il a ouvert action, en mai 1985, le demandeur était toujours en traitement chez deux médecins, et il a été annoncé à l'assurance-invalidité au printemps 1985 (al. 5 et 6 de la demande, admis par la défenderesse). Il n'était donc pas encore en mesure d'évaluer avec suffisamment de sécurité l'ampleur et l'évolution de son mal. Seule une expertise ou un rapport médical circonstancié aurait pu le renseigner clairement à ce sujet. La reconnaissance par la défenderesse, lors de l'audience préparatoire du 3 octobre 1985, de l'invalidité de 50% découlant du choc nerveux consécutif à l'accident du 23 août 1982 a toutefois rendu superflue une telle mesure d'instruction.
La prescription d'un an prévue à l'art. 68 LNA n'était donc pas acquise au moment de l'ouverture d'action, de sorte que l'exception soulevée par la défenderesse doit être rejetée.
BGE 112 II 118 S. 124
5.
a) La défenderesse s'oppose aux prétentions d'Angiolino G. tendant à la réparation du dommage et du tort moral résultant de son invalidité, en faisant valoir qu'il s'agit de préjudices indirects ne donnant pas droit à réparation. Selon elle le demandeur pourrait tout au plus avoir subi directement un dommage s'il avait été témoin de l'accident et qu'à la suite de l'événement, il ait été atteint dans sa santé psychique; or au moment de l'accident, il travaillait ailleurs et n'a été informé de l'événement que plus tard; l'atteinte à sa santé n'est donc pas le résultat de l'action dommageable en soi, mais la conséquence de la mort de ses deux enfants causés par l'événement.
b) Le Tribunal fédéral a jugé à plusieurs reprises, tant en matière de responsabilité pour faute, selon l'
art. 41 CO
, qu'en matière de responsabilité causale, que la loi ne permettait d'allouer des dommages-intérêts qu'à la personne directement atteinte par l'acte illicite et que les tiers lésés indirectement et par ricochet ne bénéficiaient pas d'un tel droit (
ATF 99 II 223
,
ATF 82 II 38
et les arrêts cités). En cas de décès, il a notamment déclaré que l'énumération des
art. 45 et 47 CO
était limitative et que les survivants ne pouvaient exiger des dommages-intérêts pour le préjudice occasionné indirectement par l'accident aux biens du défunt (
ATF 54 II 224
). Il a relevé que l'
art. 45 al. 3 CO
, disposition permettant d'indemniser les survivants - qui ne sont atteints que par contrecoup - de leur perte de soutien, est une règle exceptionnelle qui déroge au système général du code des obligations et ne saurait être interprétée extensivement (
ATF 82 II 39
).
Quant au problème plus particulier du dommage consécutif au choc nerveux causé par le décès d'un proche lésé, un arrêt de 1897 a jugé équitable l'allocation d'une somme d'argent au père d'un enfant tué accidentellement, en considérant qu'il fallait tenir compte du fait que le père et la mère avaient perdu leur unique enfant et qu'à la suite de ce décès la mère souffrait d'un ébranlement du système nerveux qui était une source de dommage matériel et moral (
ATF 23 II 1044
consid. 6). Dans un arrêt de 1928, le Tribunal fédéral a considéré en revanche que les éléments du dommage donnant droit à réparation en cas de décès étaient indiqués de manière limitative par les
art. 45 et 47 CO
; les dépenses assumées par les parents d'un enfant tué accidentellement pour se guérir du choc nerveux que leur avait causé l'accident et la mort tragique de leur enfant n'entrent pas en ligne de compte (
ATF 54 II 141
consid. 3).
BGE 112 II 118 S. 125
Deux arrêts récents concernant la responsabilité consécutive à l'endommagement de conduites d'eau ou d'électricité ont atténué ou précisé la portée du principe jurisprudentiel selon lequel les tiers lésés indirectement ou par ricochet ne peuvent obtenir la réparation de leur préjudice. Le Tribunal fédéral a jugé que pour définir la personne directement lésée par l'acte illicite, il fallait se référer à la prescription violée par l'auteur de l'acte dommageable et rechercher si elle avait pour but de protéger le lésé dans les droits atteints par l'acte incriminé: si le lésé peut établir la violation d'une norme ayant pour but de le protéger directement, il doit être considéré comme un lésé immédiat (
ATF 101 Ib 255
s. consid. 2c et d); la question de savoir si l'on a affaire à un lésé direct ou indirect se recouvre avec celle de l'illicéité de l'acte incriminé (
ATF 102 II 89
consid. 6c).
Appliquant ces principes, le Tribunal fédéral a considéré, dans le cas d'un incendie de forêt illicite, qu'une commune n'avait pas la qualité de lésée directe pour les frais que lui ont causés l'intervention de ses équipes de lutte contre le feu: le dommage issu de ces frais est un dommage exclusivement indirect; les prescriptions légales réprimant l'incendie n'ont pas, en plus de leurs propres buts, celui de protéger les collectivités publiques contre les pertes occasionnées dans l'accomplissement de la tâche d'intérêt public que constitue l'extinction des incendies (
ATF 104 II 98
s. consid. 2a et b).
c) Jusqu'aux deux arrêts de 1975 et 1976 concernant les dommages causés à des conduites, la doctrine a presque unanimement approuvé ou pris acte, sans développements particuliers, du principe selon lequel seule la personne directement atteinte par l'acte illicite a la qualité de lésé pouvant prétendre à l'allocation de dommages-intérêts, alors que les tiers qui ne sont atteints qu'indirectement ou par ricochet ne bénéficient pas d'un tel droit (cf. notamment: OFTINGER, op.cit., I, p. 64; BECKER, n. 115 ad
art. 41 CO
; OSER/SCHÖNENBERGER, n. 52 ad
art. 41 CO
; VON TUHR/PETER, p. 432 s.; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, 3e éd., p. 40 s.; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allg. Teil, p. 52). Comme le Tribunal fédéral, la doctrine considère que les
art. 45 al. 3 et 47 CO
sont des exceptions au principe de la non-indemnisation du préjudice réfléchi. OFTINGER (op.cit., II, p. 228, n. 341) se demande toutefois si l'énumération des postes de dommages réfléchis indemnisables figurant à l'
art. 45 CO
n'a pas un caractère exemplaire, et non pas exhaustif.
BGE 112 II 118 S. 126
L'arrêt précité de 1928, refusant de dédommager les parents pour leurs frais de guérison consécutifs au choc nerveux causé par la mort de leur enfant (
ATF 54 II 141
consid. 3) n'a suscité que quelques réserves. BUSSY (Responsabilité civile automobile V, FJS 910, p. 10 s. et 13) relève que cette jurisprudence tend simplement à limiter le cercle des lésés, sans justification théorique solide. GIOVANNONI (La causalité dans la responsabilité civile extra-contractuelle, RJB 98/1962, p. 272 s.) estime qu'elle ne se justifie pas lorsque la personne atteinte par contrecoup subit non pas un dommage purement pécuniaire ou patrimonial, mais un dommage corporel ou matériel proprement dit. Un autre commentateur est d'avis que l'époux qui subit une névrose traumatique après défiguration de sa femme a droit à réparation du dommage qu'il subit de ce chef (CARRARD, Le dommage esthétique et sa réparation, in JdT 1938 I 336, ch. 25). La jurisprudence précitée du Tribunal fédéral est en revanche approuvée, quant à son résultat, par FREI (Der Reflexschaden im Haftpflichtrecht, thèse Zurich 1973, p. 71, n. 102, p. 94 n. 28).
Les deux arrêts de 1975 et 1976 relatifs aux dommages causés à des conduites ont donné lieu à de nouvelles analyses de la doctrine au sujet de l'indemnisation du dommage réfléchi, tendant à déterminer les critères propres à délimiter le dommage donnant droit à réparation de celui qui ne peut pas être couvert. Les auteurs n'excluent pas la réparation d'un dommage tel que celui qui est invoqué en l'espèce par le demandeur Angiolino G. (cf. en particulier TERCIER, La réparation du préjudice réfléchi en droit suisse de la responsabilité civile, in Gedächtnisschrift Peter Jäggi, Fribourg 1977, p. 239 ss, et GIOVANNONI, Le dommage indirect en droit suisse de la responsabilité civile, in RDS 96/1977 I, p. 31 ss; cf. aussi, entre autres, MERZ, in RJB 114/1978, p. 129-131 et in Schweizerisches Privatrecht VI/1, p. 190-192; KRAMER, "Reine Vermögensschäden" als Folge von Stromkabelbeschädigungen, in Recht 1984, p. 132 ss; TAUPITZ, Haftung für Energieleiterstörungen durch Dritte, Berlin 1981, p. 48-51; GUHL/MERZ/KUMMER, 7e éd., p. 165 s.; BREHM, Berner Komm., n. 17 ad
art. 41 CO
; avant les deux arrêts de 1975/76: DESCHENAUX, Norme et causalité en responsabilité civile, in Stabilité et dynamisme du droit dans la jurisprudence du Tribunal fédéral, Bâle 1975, p. 399 ss, notamment p. 416 ss; CAVIN, Le dommage indirect dans le droit de la responsabilité civile, in Revue générale des assurances terrestres 1975, p. 110-112).
BGE 112 II 118 S. 127
d) La jurisprudence allemande, approuvée par la doctrine dominante, admet le principe de la réparation d'un dommage comme celui qui est en cause ici, qu'elle qualifie de "Schockschaden" et considère comme un dommage direct. Depuis 1971, le Tribunal suprême allemand a limité la portée de ce principe, en n'admettant la réparation du dommage qu'en cas d'atteinte importante appréciable médicalement et en ne l'accordant qu'à un cercle restreint de proches de la victime décédée (BGHZ 56 (1971), p. 163 ss; pour un exposé détaillé de la question, cf. STAUDINGER, BGB, 12e éd., n. 506 ss, 516 ss, 525 ad par. 823).
En France également, un tel dommage est réparé. Les bases légales ne sont toutefois pas aussi proches de celles existant en Suisse que c'est le cas pour le droit allemand (cf. MAZEAUD, Traité de la responsabilité civile, 6e éd., II, n. 1872-1874; FREI, op.cit., p. 72 ss).
La jurisprudence autrichienne n'admet pas la réparation du "Schockschaden", en vertu du principe selon lequel les dispositions sur l'indemnisation des survivants règlent la matière de façon exhaustive. Mais cette manière de voir est critiquée en doctrine (cf. RUMMEL, Kommentar zum ABGB, Vienne 1984, n. 5 ad par. 1325).
e) Il ressort de l'exposé de jurisprudence et de doctrine qui précède qu'on ne saurait refuser la réparation du dommage subi par le demandeur Angiolino G. en lui objectant, comme le fait la défenderesse, qu'il s'agirait d'un dommage "indirect" - ou, plus précisément, d'un dommage réfléchi, appelé également dommage par ricochet ou dommage réflexe (Reflexschaden), soit d'un dommage subi par une tierce personne qui était en relation avec la victime de l'atteinte (cf. la terminologie française adoptée par DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2e éd. 1982, p. 48 s.). La solution de cette question ne peut être déduite que de l'examen des conditions de la responsabilité civile en cause, soit de l'art. 64 al. 1 LNA, à la lumière des principes généraux du droit suisse de la responsabilité civile.
L'existence du dommage n'est pas contestée. Le rapport de causalité naturelle entre ce dommage et la chute de l'avion militaire ne l'est pas non plus. S'agissant des conséquences d'un choc nerveux subi par un père à la suite d'un décès accidentel de deux jeunes fils, le caractère adéquat de la causalité ne saurait être nié.
BGE 112 II 118 S. 128
La condition de l'illicéité, également applicable en matière de responsabilité causale (OFTINGER, op.cit., p. 135; KELLER, op.cit., p. 69; KELLER/GABI, Haftpflichtrecht II, p. 355; STARK, Probleme der Vereinheitlichung des Haftpflichtrechts, in RDS 86/1967 II, p. 164 n. 19; contra: DESCHENAUX/TERCIER, op.cit., p. 41), est, elle aussi, remplie. L'illicéité est en effet réalisée, en tout cas, lorsque l'acte incriminé porte atteinte à un bien protégé par un droit absolu, tel que la vie, l'intégrité corporelle ou la propriété. L'ordre juridique protège directement ces droits, sans qu'il soit nécessaire de rechercher dans chaque cas si l'auteur du dommage a violé une injonction déterminée. S'agissant d'atteintes à l'intégrité corporelle, cette protection résulte, d'une manière générale, des
art. 122 ss CP
(cf. à ce sujet BREHM, op.cit., n. 35 et 39 ad
art. 41 CO
; OFTINGER, op.cit., I, p. 132; DESCHENAUX/TERCIER, op.cit., p. 71). La personne qui est elle-même victime d'une atteinte à un droit absolu, comme c'est le cas du demandeur, est donc directement lésée et peut demander réparation de son dommage à celui qui l'a causé. Peu importe à cet égard que la chaîne causale soit plus ou moins brève, que l'atteinte soit immédiate ou qu'elle frappe par contrecoup une personne qui était en relation avec la victime immédiate. Par ailleurs, le caractère limitatif de la réglementation de l'
art. 45 CO
, évoqué notamment par l'arrêt précité
ATF 54 II 141
, ne peut concerner que le dommage purement patrimonial dont une personne autre que la personne décédée demande réparation, et non pas le dommage lié à une atteinte à l'intégrité corporelle. La solution de cet arrêt, qui s'appliquait à un tel dommage, ne saurait donc être reprise.
La présente espèce se distingue des cas jugés par les arrêts de 1975 (
ATF 101 Ib 252
ss) et 1976 (
ATF 102 II 85
ss), ainsi que des situations généralement envisagées dans la discussion relative à la réparation du préjudice réfléchi, en ce sens qu'il s'agit d'atteinte à un droit absolu et non plus de dommage purement patrimonial (cf. GIOVANNONI, article cité in RJB 98/1962, p. 272). Dans cette dernière hypothèse, la condition de l'illicéité n'est remplie et la réparation n'est due, comme le Tribunal fédéral l'a jugé dans ces deux arrêts, qu'en cas de violation d'une norme ayant pour but de protéger la victime dans les intérêts atteints par l'acte incriminé (cf. dans le même sens DESCHENAUX/TERCIER, op.cit., p. 72, n. 27; GIOVANNONI, article cité in RDS 96/1977 I, p. 53).
f) Le demandeur Angiolino G., gravement atteint dans son intégrité corporelle à la suite de la chute d'un avion militaire, a dès
BGE 112 II 118 S. 129
lors droit à la pleine réparation de son dommage par la défenderesse selon l'
art. 46 CO
, applicable en vertu de l'art. 79 LNA. Conformément à la pratique, cette réparation se fera sous forme de capital et non de rente. Selon la conclusion No 5b du demandeur, il s'agira d'une rente capitalisée, calculée depuis 1986, année du jugement. Le demandeur ne réclame rien pour les années antérieures, étant donné qu'il a été entièrement payé grâce à ses assurances personnelles. Le montant à prendre en considération pour calculer la perte consécutive à l'invalidité de 50% correspond à la moitié du salaire allégué et prouvé, soit 21'009 fr. 80 (50% de 42'019 fr. 60).
Le demandeur, né en août 1931, a 54 ans au début de 1986. Selon la table 20 de Stauffer/Schaetzle, au taux de 3 1/2%, une rente immédiate d'activité pour un homme de cet âge représente 1'160 fr. pour 100 fr. Le capital dû sur cette base s'élève ainsi à 243'713 fr. (Fr. 210,098 x 1160).
De ce capital doit être déduite la valeur capitalisée des rentes d'invalidité allouées au demandeur, selon l'
art. 52 LAI
, qui prévoit que les prestations de même nature peuvent donner lieu à subrogation, soit en l'espèce la rente d'invalidité y compris les rentes complémentaires. Pour calculer les montants déductibles à ce titre, on doit tenir compte du fait que les rentes d'invalidité sont remplacées par les rentes de vieillesse lorsque le bénéficiaire atteint l'âge auquel il y a droit (soit 65 ans pour le demandeur), et que la rente AVS ne doit pas être prise en considération dans le droit de subrogation, car il ne s'agit pas d'une rente couvrant le risque d'invalidité qui fonde la prétention du demandeur (MAURER, Sozialversicherungsrecht I, p. 403, et Cumul et subrogation dans l'assurance sociale et privée, Berne 1976, p. 68; STOESSEL, Das Regressrecht der AHV/IV gegen den Haftpflichtigen, thèse Zurich 1982, p. 83).
Les rentes complémentaires versées au demandeur pour son épouse et pour son fils doivent être portées en compte, au titre de la subrogation, jusqu'au moment où elles doivent cesser; pour l'épouse, née en septembre 1943, il s'agit du moment où elle atteindra l'âge de 55 ans qui lui donne droit à une rente complémentaire AVS en vertu de l'
art. 22bis LAVS
(cf. STOESSEL, op.cit., p. 90 et n. 10); pour le fils, né en 1967, la rente complémentaire doit être versée jusqu'au terme de la formation professionnelle, soit jusqu'en juillet 1987.
Le calcul de tous ces montants portés en compensation au titre de la subrogation doit se faire sur la base de la table
BGE 112 II 118 S. 130
Stauffer/Schaetzle No 23, pour un homme de 54 ans, en fonction de la durée de la rente AI ou de la rente complémentaire calculée comme ci-dessus, soit 11 ans pour la rente AI du demandeur, 13 ans pour la rente complémentaire de l'épouse et 1 an et demi pour la rente complémentaire de l'enfant. Pour la rente du demandeur, soit 6'036 fr. par an (503 fr. par mois), le coefficient est de 835, ce qui donne 50'400 fr. Pour la rente complémentaire de l'épouse, soit 1'812 fr. par an (151 fr. par mois), le coefficient est de 929, ce qui représente 16'833 fr. Pour la rente de l'enfant, soit 2'412 fr. par an (201 fr. par mois), compte tenu d'un coefficient moyen entre 98 et 192, soit 145, on aboutit à 3'497 fr. Le total de ces trois montants devant être déduit au titre de la subrogation s'élève à 70'730 fr.
Le capital dû au demandeur s'élève dès lors à 172'983 fr. (243'713 fr. - 70'730 fr.).
6.
Atteint dans son intégrité corporelle, le demandeur subit, indépendamment du tort moral que lui a causé la mort de ses deux fils, un tort moral personnel lié à l'invalidité qui le frappe. Compte tenu de l'ensemble des circonstances, en particulier du lien entre cette atteinte immatérielle et celle qui résulte de la mort des deux fils, pour laquelle le demandeur a déjà été indemnisé, il y a lieu d'arrêter le montant dû à ce titre à 20'000 fr., avec intérêt dès le jour de l'accident.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
1. Admet partiellement l'action du demandeur Angiolino G.;
2. Condamne la Confédération Suisse à verser à Angiolino G. la somme de 172'983 fr., valeur échue, ainsi que la somme de 20'000 fr. avec intérêt à 5% l'an dès le 23 août 1982;
3. Rejette toutes les autres conclusions du demandeur Angiolino G., ainsi que les conclusions des codemandeurs Alberte G. et Alban G. | public_law | nan | fr | 1,986 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
46ee8dfc-e701-4998-bfe9-04be12bf9820 | Urteilskopf
139 IV 11
2. Extrait de l'arrêt de la Cour de droit pénal dans la cause Canal+ Distribution SAS, Société d'Edition de Canal Plus, Nagra France SAS et Nagravision SA contre Ministère public central du canton de Vaud, B. et A. (recours en matière pénale)
6B_167/2012 du 11 octobre 2012 | Regeste
Art. 67 Abs. 1 lit. i und
Art. 69 Abs. 1 lit. e URG
; Recht, ein zugänglich gemachtes, gesendetes oder weitergesendetes Werk oder eine solche Werkdarbietung wahrnehmbar zu machen.
Wer ein Kartenfreigabesystem (cardsharing) betreibt, das die Entschlüsselung von Fernsehprogrammen ermöglicht, ohne mit dem Sendeunternehmen ein Abonnement abgeschlossen zu haben, macht die ausgestrahlten Sendungen für seine Benutzer nicht wahrnehmbar im Sinne von
Art. 67 Abs. 1 lit. i und
Art. 69 Abs. 1 lit. e URG
(E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 12
BGE 139 IV 11 S. 12
A.
Statuant sur les appels déposés contre un jugement du Tribunal de l'arrondissement de Lausanne du 30 mai 2011 par Société d'Edition de Canal Plus, Canal+ Distribution SAS, Nagra France SAS et Nagravision SA, d'une part, et par A. et B., d'autre part, la Cour d'appel pénale du Tribunal cantonal vaudois a, par jugement du 9 décembre 2011, partiellement admis l'appel des premières et rejeté celui des seconds. Elle a confirmé la libération de A. et B. du chef d'accusation d'infraction à la loi fédérale du 9 octobre 1992 sur le droit d'auteur et les droits voisins (LDA; RS 231.1), mais condamné les précités pour infraction à la loi fédérale du 19 décembre 1986 contre la concurrence déloyale (LCD; RS 241) à des peines pécuniaires de 120 jours-amende, respectivement 60 jours-amende à 30 francs le jour. Elle a par ailleurs alloué des prétentions civiles.
B.
Ce jugement se fonde sur les principaux éléments de fait suivants.
B.a
Société d'Edition de Canal Plus et Canal+ Distribution SAS appartiennent au groupe Canal+ dont les principales activités sont l'édition et la distribution de chaînes payantes ainsi que la production et la distribution de films et de programmes de télévision. Société d'Edition de Canal Plus a pour mission principale l'édition de chaînes généralistes. Elle est présente en Suisse depuis 1996 via différents téléréseaux et par satellite en analogique, et, depuis le 1
er
octobre 2008, en numérique. Canal+ Distribution SAS a notamment pour but d'assurer toutes opérations ou prestations se rapportant à la distribution ou la commercialisation des chaînes Canal+ et Canal Sat, par tout moyen de diffusion ou support.
B.b
Afin de limiter l'accès de ses programmes à ses abonnés, Canal+ Distribution SAS crypte le signal de ses émissions par le biais
BGE 139 IV 11 S. 13
d'un mot de contrôle transmis à une carte à puce fournie à ses clients. Une fois décrypté par la carte à puce, le mot de contrôle est directement envoyé au décodeur de l'abonné, ce qui lui permet de visionner les programmes. Les données sont cryptées par un système développé et commercialisé par Nagravision SA.
B.c
A. a créé l'entreprise C. Sàrl et a ouvert deux magasins faisant commerce d'antennes et paraboles à Renens et à Fribourg. Entre 2006 et décembre 2007, il a modifié des appareils décodeurs, notamment de type Dreambox 500 S, afin qu'ils puissent décoder les chaînes cryptées de Société d'Edition de Canal Plus sans qu'il soit nécessaire de payer l'abonnement officiel y relatif. Pour ce faire, il installait sur les décodeurs un programme leur permettant d'accéder, via une connexion internet, aux codes de décryptage des cartes officielles dont il était titulaire. Pour bénéficier de ce système, ses clients devaient souscrire un abonnement de maintenance au prix de 350 francs par an. A. a vendu entre 200 et 250 appareils modifiés pour un chiffre d'affaires se situant entre 130'000 et 162'000 francs.
B.d
B. est l'associé de A. Entre 2006 et décembre 2007, il a vendu des décodeurs qu'il avait parfois lui-même modifiés et a installé certains d'entre eux chez des clients.
C.
Société d'Edition de Canal Plus, Canal+ Distribution SAS, Nagra France SAS et Nagravision SA forment un recours en matière pénale contre le jugement du 9 décembre 2011. Elles concluent à ce que A. et B. soient reconnus coupables d'infraction à la loi sur le droit d'auteur et condamnés à une peine supérieure à 120 jours-amende à 30 francs le jour, respectivement 60 jours-amende à 30 francs le jour, à ce qu'ils soient reconnus débiteurs à leur égard de la somme de 136'500 francs, respectivement 5'400 francs, avec intérêts à 5 % dès le 9 décembre 2011 à titre de remise de gain, à ce qu'ils soient reconnus débiteurs à leur égard de la somme de 20'000 francs chacun avec intérêts à 5 % dès le 9 décembre 2011 à titre de réparation du tort moral et à ce qu'ils soient condamnés à leur verser la somme de 33'462 francs à titre de dépens pénaux de deuxième instance.
Il n'a pas été ordonné d'échange d'écritures.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Les recourantes soutiennent que les intimés se sont rendus coupables d'infraction aux art. 67 al. 1 let. i et 69 al. 1 let. e LDA en
BGE 139 IV 11 S. 14
faisant voir ou entendre les émissions qu'elles ont produites et diffusées.
2.1
2.1.1
L'
art. 67 al. 1 let. i LDA
réprime, sur plainte du lésé, le comportement de quiconque, intentionnellement et sans droit, fait voir ou entendre une oeuvre diffusée ou retransmise (teneur en vigueur avant le 1
er
juillet 2008; le comportement réprimé s'étend après cette date également à une autre hypothèse, qui n'est toutefois pas pertinente en l'espèce).
L'
art. 67 al. 1 let. i LDA
réprime pénalement la violation du droit accordé à l'auteur par l'
art. 10 al. 2 let
. f LDA de faire voir ou entendre son oeuvre (cf. BARRELET/EGLOFF, Le nouveau droit d'auteur, 3
e
éd. 2008, n° 4 ad
art. 67 LDA
; REHBINDER/VIGANÒ, Urheberrechtsgesetz, Kommentar, 3
e
éd. 2008, n° 16 ad
art. 67 LDA
). Ce droit est parfois appelé droit de réception publique, par opposition à la réception privée (cf. FRANÇOIS DESSEMONTET, Le droit d'auteur, 1999, n. 236 p. 186; BARRELET/EGLOFF, op. cit., n
os
37 et 38 ad
art. 10 LDA
, qui déconseillent toutefois l'utilisation de ce terme). Cette disposition complète le droit de retransmission en réservant à l'auteur l'exploitation sur un écran ou par des haut-parleurs des oeuvres diffusées ou retransmises (DESSEMONTET, op. cit., n. 236 p. 185 s.). La doctrine cite à titre d'exemple de cas visé par cette disposition celui du restaurateur dont la clientèle peut voir une émission télévisée, celui du grand magasin qui diffuse de la musique ou celui du coiffeur qui travaille avec un poste de radio allumé, lesquels devront requérir une autorisation pour utiliser les oeuvres. Le droit de l'auteur de faire voir ou entendre des émissions suppose l'absence d'installation supplémentaire entre le poste récepteur et les utilisateurs. Le cas de l'hôtelier dont les clients ont la possibilité de regarder la télévision ne constitue ainsi pas une mise à disposition au sens de l'
art. 10 al. 2 let
. f LDA (BARRELET/EGLOFF, op. cit., n° 37 ad
art. 10 LDA
; HERBERT PFORTMÜLLER, in Urheberrechtsgesetz [URG], Müller/Oertli [éd.], 2006, n° 13 ad
art. 10 LDA
).
2.1.2
A la différence de l'
art. 67 LDA
, l'
art. 69 LDA
n'assure pas la protection du droit d'auteur, mais des droits voisins, soit ceux dont disposent les artistes interprètes, les producteurs de phonogrammes ou de vidéogrammes ainsi que les organismes de diffusion (cf.
art. 1 al. 1 let. b LDA
;
art. 33 ss LDA
). L'
art. 37 LDA
, qui définit les droits des organismes de diffusion, protège le travail de production de la création d'un signal de diffusion d'une émission destinée à être reçue
BGE 139 IV 11 S. 15
par le public, ce qui inclut la télévision par abonnement (BARRELET/EGLOFF, op. cit., n° 4 ad
art. 37 LDA
; REHBINDER/VIGANÒ, op. cit., n° 3 ad
art. 37 LDA
).
L'
art. 69 al. 1 let
. e LDA réprime le comportement de celui qui, intentionnellement et sans droit, fait voir ou entendre une prestation diffusée ou retransmise (teneur en vigueur avant le 1er juillet 2008; le comportement réprimé s'étend après cette date également à une autre hypothèse, qui n'est toutefois pas pertinente en l'espèce). Cette disposition sanctionne une infraction au droit exclusif dont l'organisme de diffusion dispose de faire voir ou entendre son émission en vertu de l'
art. 37 let. b LDA
(BARRELET/EGLOFF, op. cit., n° 3 ad
art. 69 LDA
). Ce droit correspond à celui conféré aux auteurs par l'
art. 10 al. 2 let
. f LDA (cf. BARRELET/EGLOFF, op. cit., n° 6 ad
art. 37 LDA
; REHBINDER/VIGANÒ, op. cit., n° 8 ad
art. 37 LDA
, cf. supra consid 2.1.1).
2.2
La cour cantonale a considéré que le droit de faire voir ou entendre des oeuvres se rapportait à un acte par lequel un poste récepteur était utilisé de telle sorte que des personnes ne faisant pas partie du cercle privé de celui qui détient le poste puissent voir ou entendre les émissions diffusées, retransmises ou mises à disposition. Les conditions d'application des art. 67 al. 1 let. i et 69 al. 1 let. e LDA n'étaient ainsi pas réalisées en l'espèce.
2.3
Les recourantes soutiennent que les intimés, en décryptant les oeuvres diffusées par elles, ont rendu celles-ci perceptibles, contre leur volonté, puisque sans le système mis en place, les clients de ces derniers n'auraient pas pu visionner leurs émissions, qui étaient cryptées. Elles invoquent le texte allemand de la loi qui utilise le terme de "wahrnehmbar machen". Selon elles, la loi est formulée de manière technologiquement neutre et l'absence d'utilisation d'un poste récepteur n'est pas pertinente. Le procédé utilisé violait ainsi les droits que les
art. 10 al. 2 let
. f LDA et 37 let. b LDA leur accordaient et était constitutif d'infraction aux
art. 67 al. 1 let. i LDA
et 69 al. 1 let. e LDA.
2.4
Les oeuvres diffusées par les recourantes n'étaient pas transmises par les intimés à leurs clients de manière à ce qu'ils puissent directement en profiter. Elles étaient au contraire reçues par ces derniers, puis décryptées par le serveur mis en place par les intimés. Ceux-ci ne diffusaient ainsi pas directement auprès de leurs clients, sans installation supplémentaire, les programmes des recourantes. Le cas d'espèce n'est pas comparable à celui du restaurateur ou du coiffeur
BGE 139 IV 11 S. 16
qui diffuse des oeuvres protégées aux clients qui se trouvent dans leur établissement ou dans leurs locaux, qui, dans ces hypothèses, les perçoivent immédiatement, sans aucun intermédiaire. L'hôtelier rend également "perceptible" à ses clients les programmes de télévision que ceux-ci peuvent visionner dans leur chambre grâce au poste de télévision qui y est installé. La doctrine considère cependant qu'il ne s'agit pas là d'un cas d'application de l'
art. 10 al. 2 let
. f LDA (cf. supra consid. 2.1.1). Cela montre que, contrairement à ce que les recourantes soutiennent, le simple fait de rendre perceptible une oeuvre ne suffit pas pour que la disposition précitée soit applicable.
Au surplus, la cour cantonale n'a pas exclu une violation de la loi sur le droit d'auteur pour le motif qu'aurait été réalisée l'exception d'usage privé selon l'
art. 19 al. 1 let. a LDA
, disposition qu'elle ne cite pas. Elle mentionne l'usage qui sort du cercle privé pour expliquer la portée de l'
art. 10 al. 2 let
. f LDA, parfois qualifié de "droit de réception publique". Elle n'a en revanche pas expliqué que les oeuvres avaient été utilisées dans un cadre privé et qu'un tel usage était autorisé. Les recourantes ne peuvent ainsi valablement soutenir que l'autorité cantonale aurait invoqué à tort l'exception d'usage privé pour nier une violation de leurs droits.
2.5
En définitive, il doit être retenu que les intimés n'ont pas fait voir ou entendre, au sens des art. 10. al. 2 let. f et 37 let. b LDA, les programmes produits et diffusés par les recourantes. Les conditions d'application des
art. 67 al. 1 let. i LDA
et 69 al. 1 let. e LDA ne sont pas remplies. La cour cantonale n'a ainsi pas violé le droit fédéral en considérant que les intimés n'avaient pas enfreint ces dispositions. Le recours doit être rejeté, sans qu'il soit nécessaire d'examiner les griefs d'arbitraire dans l'établissement des faits et de violation des
art. 62 LDA
et 126 CPP relatifs à la remise du gain réclamée par les recourantes et de violation de l'
art. 433 al. 1 CPP
qu'elles invoquent en relation avec la violation de la loi sur le droit d'auteur. | null | nan | fr | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
4700deb1-412c-4a3b-b7c3-f93e8fa7d41d | Urteilskopf
108 V 90
23. Urteil vom 10. September 1982 i.S. Dieterle gegen Bundesamt für Militärversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Zürich | Regeste
Art. 23 Abs. 1 und
Art. 25 MVG
. Erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Integrität (Erw. 1).
Art. 40bis Abs. 1 MVG
. Voraussetzungen der Zusprechung einer Genugtuung (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 90
BGE 108 V 90 S. 90
A.-
Der 1954 geborene Urs Dieterle zog sich am 8. Juni 1977 im Militärdienst anlässlich einer Stosstruppübung wegen einer explodierenden Petarde u.a. rechtsseitig eine tiefere Hornhautverletzung zu, indem ein kleines Steinchen in das Auge eindrang. Die Militärversicherung gewährte verschiedene Krankenpflege- und Krankengeldleistungen. Ende Januar 1978 konnte die ärztliche Behandlung abgeschlossen werden.
Am 29. Juni 1979 schrieb Urs Dieterle der Militärversicherung, er sei infolge der Unfallverletzung bei der Ausübung seines Berufes als angehender Biologe stark beeinträchtigt. Nach Abklärung der Verhältnisse erliess die Militärversicherung am 8. Juli 1980 eine Verfügung, in welcher sie jegliche Rentenleistungen aus dem Unfall vom 8. Juni 1977 verweigerte und überdies einen Genugtuungsanspruch verneinte.
B.-
Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich wies die vom Versicherten hiergegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 24. März 1981 ab.
BGE 108 V 90 S. 91
C.-
Urs Dieterle lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei die Militärversicherung in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides zu verpflichten, ihm "eine angemessene Rente für erhebliche Beeinträchtigung der Integrität im Sinne von
Art. 25 MVG
oder eine angemessene Genugtuung im Sinne von
Art. 40bis Abs. 1 MVG
auszurichten". Auf die Begründung der Beschwerde wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die Militärversicherung lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Hinterlässt der versicherte Schaden eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität, so ist dem Versicherten gemäss Art. 23 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 25 MVG
eine Rente auszurichten, deren Höhe in Würdigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Ein Integritätsschaden gibt grundsätzlich dann Anspruch auf eine Rente der Militärversicherung, wenn der Versicherte objektiverweise im Lebensgenuss erheblich eingeschränkt ist. Rechtserheblich in diesem Sinne ist die Störung primärer Lebensfunktionen, nicht auch die blosse Behinderung in der sonstigen Lebensgestaltung wie beispielsweise beim Sport, bei der Teilnahme an gesellschaftlichen Anlässen und dergleichen (
BGE 96 V 112
; EVGE 1968 S. 94, 1966 S. 150).
b) Der Beschwerdeführer erblickt einen Integritätsschaden darin, "dass als Folge des Unfalles durch eine Blutfüllung des Narbenpterygiums am rechten Auge bei Nahsicht (insbesondere beim Mikroskopieren) starke Übermüdung, Rötungen und Verschwimmung des Gesichtsfeldes auftreten". Diese Sehstörungen wögen um so schwerer, als er im Hinblick auf seine Berufstätigkeit als Pflanzenphysiologe gezwungen sei, oft und langdauernd zu mikroskopieren. Dass er durch Zufall und Neigung in einem Berufe tätig sei, in dem das Sehen und insbesondere das Mikroskopieren eine besondere Rolle spiele, dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen.
Im Bericht vom 14. Dezember 1979 erhob Prof. Dr. med. H. am linken Auge normale und am rechten Auge folgende Befunde:
BGE 108 V 90 S. 92
"Visus Ferne mit Brille 1,0 knapp. Reizloser vorderer Bulbusabschnitt. Narbenpterygium von nasal unten nach Richtung 5 Uhr mit Überlappen über Cornea-Skleragrenze um ca. 1 1/2 bis 2 mm. Leichte Vaskularisation. Das Narbenpterygium bedeckt die frühere perforierende Hornhautnarbe bei 5 Uhr limbusnahe. Vorderkammer ohne Entzündungszeichen. - Linse intakt. - Normale Retinaverhältnisse. - Gesichtsfeld oB." Der Arzt beurteilte die Verhältnisse folgendermassen: "Patient klagt besonders beim Mikroskopieren über starke Ermüdung und Verschwimmen vor den Augen, insbesondere rechts. Die exakte Prüfung der binocularen Sehfunktionen ergibt normale Verhältnisse, insbesondere keine Anhaltspunkte für latente Schielstellung, noch für Konvergenzschwäche. Durch eine gewisse Blutfüllung des Narbenpterygiums am rechten Auge bei Nahesicht kann ein kleiner Teil der vom Patienten geklagten Beschwerden und Behinderungen erklärt werden und somit ein kleiner Kausalzusammenhang mit den versicherten Verletzungsfolgen konstruiert werden. Die objektiv erhobenen Befunde (siehe oben) erklären die Beschwerden jedoch nicht vollkommen und restlos. Versicherungstechnisch ist wegen des guten erhaltenen zentralen Visus die Behinderung durch das beschriebene Narbenpterygium kaum fassbar, es sei denn, man würde einen kosmetischen Defekt (höchstens 5% Invalidität) annehmen."
Es fragt sich, ob diese Störung erheblich ist. Aus den Angaben des Prof. Dr. med. H. ist ersichtlich, dass der Arzt bei seiner Beurteilung der speziellen beruflichen Situation des Beschwerdeführers bereits Rechnung trug. Des weiteren steht die ärztliche Schätzung einer "Invalidität" von höchstens 5% ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass ein kosmetischer Defekt angenommen würde. Ein solcher liegt jedoch nach den zutreffenden Ausführungen des stellvertretenden Chefarztes der Militärversicherung vom 8. Januar 1980 und in Anbetracht der bei den Akten liegenden Farbaufnahmen nicht vor. Das vom Beschwerdeführer als gravierend empfundene Beschwerdebild erfüllt in seiner Gesamtheit das Erfordernis der Erheblichkeit nicht. Vorinstanz und Verwaltung haben demzufolge den Anspruch auf eine Integritätsrente zu Recht verneint.
2.
a) Nach
Art. 40bis Abs. 1 MVG
kann die Militärversicherung bei Körperverletzung oder im Todesfall "unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen". Gemäss dem Bericht der Expertenkommission für die Revision des Militärversicherungsgesetzes vom Dezember 1961 (S. 28 ff.) und der bundesrätlichen Botschaft betreffend Änderung des Militärversicherungsgesetzes vom 26. März 1963 (BBl 1963 I 865/866) soll die Genugtuung im Militärversicherungsrecht
BGE 108 V 90 S. 93
nur als Ausnahme und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände sowie der Schwere des immateriellen Schadens gewährt werden. Nach der Rechtsprechung setzt die Genugtuung eine verhältnismässig schwere seelische Unbill oder mit anderen Worten einen seelischen Schmerz voraus, der billigerweise durch einen Geldbetrag gemildert werden soll (
BGE 103 V 186
,
BGE 96 V 113
, vgl. auch
BGE 97 V 104
Erw. 2; EVGE 1966 S. 78). Dabei muss die Beurteilung des Schadens nach objektiven Kriterien erfolgen, da nur auf diese Weise eine rechtsgleiche Behandlung der Versicherten gewährleistet ist (vgl.
BGE 96 V 113
).
b) Die beim Unfall vom 8. Juni 1977 erlittenen Gesundheitsschäden sind in der Folge befriedigend und verhältnismässig rasch verheilt. Spätestens im Januar 1978 konnte der Beschwerdeführer seine Studienarbeiten wieder aufnehmen. Die körperlichen Beeinträchtigungen führten deshalb, entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, nicht zu einer schweren seelischen Unbill im Sinne der Rechtsprechung, auch wenn die momentane (angeblich 1 1/2 Wochen dauernde) fehlende Sehkraft des rechten Auges berücksichtigt wird. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers macht jedoch geltend, der behandelnde Arzt (Dr. med. F.) habe nach dem Unfall erklärt, es sei nicht sicher, ob das Sehvermögen am rechten Auge wieder erlangt werde; diese Prognose einer möglichen Erblindung (auch nur eines Auges) sei bei jedem durchschnittlichen und normalen Menschen erstrangig dazu geeignet, eine schwere seelische Erschütterung hervorzurufen. Indes darf die Aussage des Arztes - sofern sie überhaupt abgegeben worden ist, was sich heute kaum mehr überprüfen lässt - nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern nur unter Berücksichtigung der im Anschluss an den Unfall herrschenden Verhältnisse gewürdigt werden. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die erlittenen Verletzungen umgehend zuverlässig diagnostiziert und einer optimalen Behandlung (Hospitalisation zum Zweck der Fremdkörperentfernung unter Narkose) zugeführt werden konnten. Bereits aufgrund der unmittelbar nach dem Unfall vorgenommenen medizinischen Untersuchungen konnte eine bleibende Erblindung des rechten Auges praktisch ausgeschlossen werden; zu rechnen war einzig mit einer länger dauernden Photophobie (Lichtscheu). Es war dem Beschwerdeführer zuzumuten, sich über die effektive Tragweite seiner keineswegs geringfügigen, aber doch nicht irreversiblen Augenschädigung Kenntnis zu verschaffen. Da er dies unterliess, hat er die aus der fraglichen ärztlichen Auskunft herrührende
BGE 108 V 90 S. 94
seelische Bedrängnis selber zu verantworten. Eine schützenswerte schwere seelische Unbill besteht bei den geschilderten Umständen jedenfalls nicht.
Sämtliche weiteren in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwände vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob nach den zu
Art. 47 OR
entwickelten Regeln im vorliegenden Fall eine Genugtuung geschuldet wäre; denn auch wenn nach zivilrechtlicher Praxis bei leichteren bis mittelschweren Augenverletzungen Schmerzensgeld bezahlt würde, hiesse das nicht, dass die Militärversicherung in solchen Fällen ebenfalls zur Entrichtung von Genugtuungssummen verpflichtet wäre (vgl. EVGE 1966 S. 77 Erw. 2 mit Hinweis).
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
47025e81-7ec6-457c-9900-fcb079dd988e | Urteilskopf
89 II 72
14. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Februar 1963 i.S. Weckerle gegen Stapf-Weckerle. | Regeste
Erbteilung; Ausgleichung nach
Art. 626 ZGB
.
Ausdrückliche Anordnung des Erblassers bei der Zuwendung an den Sohn, dass diese nicht unter Ausgleichungspflicht stehen soll (Erw. 2).
Unentgeltliche Zuwendung des Vaters an den Sohn in Form eines negotium mixtum cum donatione; Voraussetzungen objektiver und subjektiver Art (Erw. 3). | Sachverhalt
ab Seite 73
BGE 89 II 72 S. 73
A.-
Nach dem Tode seiner ersten Frau teilte der Gärtnermeister August Weckerle deren Nachlass mit seinem einzigen Sohn Gotthilf Weckerle und trat ihm mit Kaufvertrag vom 23. April 1948 seine Gärtnereiliegenschaft in Zürich-Altstetten samt Inventar zum Preise von Fr. 65'000. - ab, der wie folgt zu tilgen war: Der Käufer übernimmt auf Anrechnung die auf der Kaufliegenschaft haftende Grundpfandschuld von Fr. 25'000.--; der Restbetrag von Fr. 40'000.-- wird verrechnet mit dem dem Sohne zufallenden Erbteil aus dem Nachlass der Mutter. Die "weiteren Bestimmungen" des Kaufvertrags enthalten u.a. folgende Klauseln:
"6. Der Käufer erklärt hiermit ausdrücklich, dass er mit dieser Liegenschaftenübernahme aus dem Nachlass seiner verstorbenen Mutter... vollständig abgefunden worden sei und keinerlei Forderungen an den Verkäufer mehr zu stellen habe.
7. Ausser Betracht und Verrechnung fallen auch sämtliche von der verstorbenen Mutter oder vom Verkäufer bis dato gemachten Zuwendungen etc. gemäss
Art. 626 ZGB
." Kurz nach diesem Verkauf (Mai 1948) starb der Sohn Gotthilf Weckerle unter Hinterlassung seiner Ehefrau und einer Tochter Nelly. In der Folge ging der Vater August Weckerle eine zweite Ehe mit Klara Weber ein. Im Laufe der Ehe machte er der Ehefrau mehrere erhebliche Zuwendungen in Form der Übertragung einer Liegenschaft in Dietikon und mehrerer Barzahlungen im Gesamtbetrage von ca. Fr. 160'000. -.
Als August Weckerle 1958 starb, waren seine gesetzlichen Erben seine zweite Frau und die Tochter Nelly seines vorverstorbenen Sohnes. Das amtliche Inventar über den Nachlass zeigte ein Reinvermögen von Fr. 678'400. -.
BGE 89 II 72 S. 74
In einer letztwilligen Verfügung vom 14. März 1956 hatte August Weckerle seine Enkelin Nelly W. auf den Pflichtteil gesetzt und für die übrige Erbschaft - unter Vorbehalt einiger kleinerer Vermächtnisse - seine Witwe als Erbin eingesetzt.
B.-
Zwischen den beiden Erbinnen wurde die Teilung streitig. Die Enkelin erhob gegen die Witwe zwei Klagen mit den Anträgen, diese habe vom Wert der empfangenen lebzeitigen Zuwendungen - Grundstück und Barkapital - im Totalbetrage von Fr. 159'200. - der Klägerin je deren Pflichtteil = 9/16 herauszuzahlen.
Demgegenüber beantragte die Witwe Abweisung der Klage und verlangte widerklageweise, bei der Teilung des Nachlasses habe die Enkelin den Wert der im Jahre 1948 dem Sohne übereigneten, inzwischen für 1,7 Millionen als Bauland weiterverkauften früheren Gärtnereiliegenschaften bis zum Betrage von 1,5 Millionen zur Ausgleichung zu bringen.
C.-
Das Bezirksgericht Zürich wies sowohl die beiden Hauptklagen als die Widerklage ab.
Bezüglich der Hauptklagen stellte sich die klagende Enkelin auf den Standpunkt, weil sie auf den Pflichtteil gesetzt sei, verletze jede einzelne im Sinne von
Art. 527 ZGB
der Herabsetzung unterliegende lebzeitige Zuwendung des Erblassers an die Ehefrau eo ipso ihren Pflichtteil und zwar eben im Umfang desselben = 9/16. In dieser Auffassung lehnte die Klägerin es ab, die Gesamthöhe ihres Pflichtteils ausgehend von einem die lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers mit einbeziehenden Gesamtnachlass zu berechnen und den Nachweis zu erbringen, dass das hinterlassene Vermögen zur Befriedigung ihres derart gemäss Art. 475/527 ZGB errechneten Pflichtteilsanspruchs nicht ausreiche. Das Bezirksgericht wies daher die Hauptklagen mangels Substantiierung ab.
Die Widerklage der Witwe wies das Bezirksgericht mit der Begründung ab, dass nach der vorherrschenden Lehre - und entgegen der Auffassung des Bundesgerichts (BGE
BGE 89 II 72 S. 75
77 II 228 ff.) - Nachkommen des Erblassers dem überlebenden Ehegatten gegenüber weder ausgleichungsberechtigt noch -pflichtig seien.
D.-
Dieses Urteil zogen beide Parteien an das Obergericht weiter, das indessen mit Urteil vom 13. April 1962 beide Berufungen abgewiesen und den Motiven des Bezirksgerichts beigepflichtet hat.
E.-
Die Hauptklägerin hat sich mit diesem Ausgang ihrer Klage abgefunden. Die Widerklägerin Wwe Weckerle dagegen reichte die vorliegende Berufung ein mit dem Antrag auf Gutheissung der Widerklage und demgemäss Verpflichtung der widerbeklagten Enkelin, bei der Teilung die von ihrem Vater 1948 übernommenen Liegenschaften bis zum Betrage von 1,5 Millionen zur Ausgleichung zu bringen; eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beweisergänzung.
Die Berufung wird damit begründet, der Sohn Gotthilf Weckerle habe im Jahre 1948 die Liegenschaft vom Vater zu einem Preise (Fr. 65'000. -) erworben, der schon damals nur einen Bruchteil des wirklichen Wertes betragen habe. Jener Verkauf stelle daher eine Ausstattung des Sohnes durch den Erblasser im Sinne von
Art. 626 Abs. 2 ZGB
dar, die somit der Ausgleichung unterliege. Es gehe nicht an, mit den Vorinstanzen die Ausgleichungspflicht auf die Nachkommen unter sich zu beschränken und sie gegenüber dem überlebenden Ehegatten zu verneinen. Der Wortlaut des Art. 626 sei eindeutig. Was die Vorinstanzen und ein Teil der Doktrin dagegen und gegen die Auffassung des Bundesgerichts in seinem Entscheid 77 II 228 ff. vorbrächten, sei nicht nur unstichhaltig, sondern bedeute geradezu eine Auslegung contra legem.
F.-
Die Berufungsbeklagte trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils an. Sie macht in erster Linie geltend, in Ziff. 7 des Kaufvertrags vom 23. April 1948 sei dem Käufer ausdrücklich jede Ausgleichungspflicht erlassen worden. Ein solcher Erlass liege zudem schon darin, dass der Erblasser seine Erbfolge
BGE 89 II 72 S. 76
nach der Übertragung der Liegenschaft an den Sohn durch Testament geordnet habe, wodurch die lediglich dem Intestaterbrecht angehörenden Regeln über die Ausgleichungspflicht ausgeschaltet worden seien. Wollte man aber aus diesen Umständen keinen Erlass der Ausgleichungspflicht ableiten, so sei zu berücksichtigen, dass der Erblasser im Jahre 1948 keinen Anlass gehabt habe, bezüglich der in der Übereignung allenfalls liegenden teilweise unentgeltlichen Zuwendung an die Frage der Ausgleichung zu denken, da ja damals der Sohn sein einziger Erbe und die zweite Ehe noch längst nicht in Sicht gewesen sei, sodass mit oder ohne Ausgleichung alles auf das gleiche hinauslief. Bei dieser Sachlage bestehe nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser seinem Sohn die Liegenschaft nicht mit ihrem ganzen Wert hätte belassen wollen. Endlich hätten damals weder der Erblasser noch der Sohn in der Übertragung überhaupt eine teilweise unentgeltliche Zuwendung erblickt. Effektiv habe der Sohn über den Kaufpreis von Fr. 65'000. - hinaus Fr. 11'000. - in Form eines Verzichts auf restliches Muttergut und auf Lidlohnforderung geleistet. Einen höheren Wert könne man der Liegenschaft für den damaligen Zeitpunkt nur zumessen, wenn man sie nicht als Gärtnereiliegenschaft, sondern als Bauland betrachte.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
(Ausführungen darüber, dass sich eine erneute Stellungnahme zu der in
BGE 77 II 228
ff. erörterten Frage der grundsätzlichen Ausgleichungspflicht der Nachkommen gegenüber dem überlebenden Ehegatten erübrigt, weil hier ohnehin kein ausgleichungspflichtiger Vorempfang vorliegt.)
2.
Nach
Art. 626 Abs. 2 ZGB
kann der Erblasser die Zuwendung im Sinne dieser Bestimmung an den Nachkommen, entgegen der vom Gesetz aufgestellten Vermutung, durch ausdrückliche Erklärung von der Ausgleichungspflicht
BGE 89 II 72 S. 77
entbinden. Eine solche Erklärung des Vaters Weckerle nun kann in Ziff. 7 des Kaufvertrags von 1948 erblickt werden. Der Ausdruck "bis dato" ist freilich insofern nicht eindeutig, als er eine einschränkende Auslegung in dem Sinne zulässt, es seien damit die vor diesem Verkaufe erfolgten - unbekannten - Zuwendungen gemeint, aber nicht die in diesem Verkaufe selber allenfalls liegende Zuwendung. Indessen wäre es schwer verständlich, wenn der Vater anlässlich dieses Geschäftsverkaufs an den Sohn ausdrücklich mit allen früheren, nicht genannten Zuwendungen im Hinblick auf den Erbfall hätte reinen Tisch machen, aber gleichzeitig mit der Übereignung selbst eine neue, dereinst "in Betracht und Verrechnung" fallende Zuwendung gemäss Art. 626 machen wollen. Näher liegt zweifellos die Annahme, der Vater habe damals dem Sohne und Geschäftsnachfolger die Geschäftsliegenschaft definitiv und vorbehaltlos, nämlich so übereignen wollen, dass dieser Verkauf einmal auch erbrechtlich keine Rolle mehr spielen sollte. Dafür, dass dies seitens des Erblassers so gemeint war, spricht auch die spätere testamentarische Verfügung vom Jahre 1956, wonach er, nach Vorabsterben des Sohnes und Wiederverheiratung, die Enkelin auf den Pflichtteil setzte, offenbar in der Meinung, dass sie mit dem Vorempfang ihres Vaters, dessen zunehmende Wertsteigerung inzwischen erkennbar geworden war, bereits reichlich empfangen habe und versorgt sei, dass er also jene Zuwendung als etwas endgültiges betrachtete und nicht auch noch deren Einwerfung bezw. Ausgleichung verlangte. Ob die freilich nicht ganz eindeutige Anordnung in Ziffer 7 des Kaufvertrags in Verbindung mit der 1948 gegebenen erbrechtlichen Situation als Ausschluss der Ausgleichungspflicht auch als genügend betrachtet werden könnte, wenn etwa aus der zweiten Ehe des Erblassers noch ein Kind hervorgegangen wäre und mithin die Ausgleichungsfrage zwischen zwei Nachkommen streitig wäre, kann dahingestellt bleiben. Bei den gegebenen Verhältnissen erscheint die vorstehende Auslegung des
BGE 89 II 72 S. 78
Willens des Verkäufers und seiner Erklärung im Kaufvertrag einleuchtend und billig.
3.
Aber selbst wenn man darauf nicht abstellen wollte, müsste der Ausgleichungsanspruch der Witwe aus einem weitern, primären Gesichtspunkte verneint werden.
Art. 626 Abs. 1 und 2 ZGB
setzen eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers an den Erben voraus. In einem Kaufgeschäft kann eine solche, nämlich eine Schenkung'dann liegen, wenn der wirkliche Wert der Kaufsache den vereinbarten Kaufpreis so erheblich übersteigt, dass ein eigentliches Missverhältnis der beiden Leistungen besteht und die Kaufparteien sich beim Vertragsschlusse dieses Mehrwertes bewusst sind. "Von einem negotium mixtum cum donatione kann nur gesprochen werden, wenn eine Schenkung, bezw. unentgeltliche Zuwendung beabsichtigt ist, in dem Sinne, dass man den Preis bewusst unter dem Wert ansetzt, um die Differenz unentgeltlich dem Käufer zukommen zu lassen" (
BGE 77 II 39
). Im vorliegenden Falle macht die Berufungsklägerin geltend, die verkaufte Liegenschaft sei schon im Jahre 1948 ein Mehrfaches des vereinbarten Kaufpreises wert gewesen. Eine erhebliche Differenz könnte sich aber nur ergeben, wenn man schon für jenen Zeitpunkt von einem präsumtiven Baulandwert des Bodens ausginge. Nun handelte es sich aber um eine Gärtnereiliegenschaft, die der damals 64-jährige Gärtnermeister Weckerle seinem Sohne und bisherigen Mitarbeiter, ebenfalls Gärtner, samt dem Gärtnereibetriebsinventar, Gerätschaften, Lastwagen, etc. abtrat, also ganz offenbar in der beidseitigen Meinung, dass der Sohn das väterliche Geschäft weiterbetreibe. Die Liegenschaft wurde also als Gärtnerei, nicht als Abbruch- und Bauland übereignet. Als wirklicher Wert ist somit der Wert als Gärtnerei massgebend. Welches dieser Wert im Jahre 1948 war, könnte heute, 15 Jahre später, nur mittelst Expertise ermittelt werden. Ergäbe sich aber noch ein erheblicher Mehrwert, so wüsste man erst noch nicht, ob damals die Kaufparteien sich dessen und der daher in der Abtretung
BGE 89 II 72 S. 79
liegenden teilweisen Schenkung bewusst waren und diese gewollt haben. Der Vater hatte damals keinen Anlass, sich hierüber Gedanken zu machen. Er selber war für seine Lebenszeit mit seinem sonstigen Vermögen gesichert und hatte einen höheren Kaufpreis nicht nötig, und erbrechtlich war damals die Frage ohne Belang, da der Käufer der einzige Erbe war.
Muss also angenommen werden, dass Vater und Sohn damals mit der Übereignung der Gärtnerei das definitive Ausscheiden dieses Sachwertes aus dem Vermögen des Vaters unter allen Gesichtpunkten, auch dem des Erbrechts, wollten, so kann daran die spätere Ehe des Verkäufers auch für den Erbfall nichts ändern und ein Ausgleichungsanspruch der Witwe nicht angenommen werden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 13. April 1962 bestätigt. | public_law | nan | de | 1,963 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
4706f8bd-485c-4e0a-b421-c21af1c9c2ef | Urteilskopf
108 IV 148
36. Urteil des Kassationshofes vom 18. Oktober 1982 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen M. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
.
Ob die verbüsste mehr als drei Monate dauernde Freiheitsstrafe auf eine oder mehrere Verurteilungen zurückgeht, ist unbeachtlich. Ausschlaggebend ist die Verbüssung in einem Zuge. | Sachverhalt
ab Seite 148
BGE 108 IV 148 S. 148
A.-
Das Strafgericht Basel-Land verurteilte M. am 11. Dezember 1981 wegen fortgesetzter Vernachlässigung von Unterstützungspflichten zu zwei Monaten Gefängnis und gewährte ihm den bedingten Strafvollzug mit einer Probezeit von drei Jahren,
BGE 108 IV 148 S. 149
obschon er in den letzten fünf Jahren vor der Tat verschiedene Strafen verbüsst hatte (20 Tage Gefängnis wegen Hehlerei, 2 1/2 Monate Gefängnis wegen Unzucht mit einem Kinde, 3 Wochen Gefängnis wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten und 3 Monate Gefängnis unter anderem wegen Diebstahls), davon einmal in einem Zuge Strafen von zusammen mehr als drei Monaten Dauer. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigte das Urteil am 24. August 1982.
B.-
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil sei wegen Verletzung von
Art. 41 Ziff. 1 StGB
aufzuheben und die Sache sei zur Verweigerung des bedingten Strafvollzugs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
ist der bedingte Strafvollzug zu verweigern, wenn der Verurteilte innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens eine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten verbüsst hat. Streitig ist lediglich, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall gegeben sei.
Der Verurteilte verbüsste in den letzten fünf Jahren vor der Tat keine Strafe, die vom Richter auf mehr als drei Monate angesetzt worden war. Dagegen verbüsste er um die Jahreswende 1979/80 in einem Zuge wegen vorsätzlicher Vergehen zwei Gefängnisstrafen, die zusammen eine Strafdauer von 111 Tagen - also mehr als drei Monate - ergaben.
2.
Das Bundesgericht führte in
BGE 99 IV 134
unter anderem aus, nach dem Sinn des Gesetzes solle der bedingte Strafvollzug nur einem Verurteilten verweigert werden, der rückfällig geworden sei, obwohl er vorher eine Strafe von erzieherischer Wirkung (peine éducative) verbüsst habe; diese Voraussetzung fehle, wenn er getrennt (séparément) mehrere kurze Gefängnisstrafen verbüsst habe, selbst wenn deren Dauer zusammengerechnet drei Monate übersteige; in diesem Falle könne ihm der bedingte Strafvollzug nur wegen Fehlens der subjektiven Voraussetzungen (Erwartung künftigen Wohlverhaltens) verweigert werden. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht kein Anlass.
Entscheidend ist demnach die Frage, ob der Verurteilte in den letzten fünf Jahren vor der Tat eine Strafe verbüsst habe, welche
BGE 108 IV 148 S. 150
erziehend auf ihn hätte einwirken sollen, mit anderen Worten ob er die Wirkungen des resozialisierenden Vollzugs zu spüren bekommen habe. Strafen von nicht mehr als drei Monaten Dauer gelten als Warnstrafen ohne besondere erzieherische Wirkung (s.
BGE 99 IV 134
,
BGE 98 IV 81
; SCHULTZ, Einführung in den allg. Teil des Strafrechts, II, 4. Aufl., S. 102 unten). Werden mehrere solche Strafen getrennt voneinander vollzogen, so sind auf jeden einzelnen Strafvollzug die Bestimmungen über die Haft anwendbar (
Art. 37bis Ziff. 1 Abs. 1 StGB
). Der Verurteilte verbüsst in jedem einzelnen Falle eine Warnstrafe ohne erzieherischen Einfluss. Die getrennte Verbüssung von mehreren Gefängnisstrafen, von denen jede weniger als drei Monate beträgt, vermag demnach objektiv die Verweigerung des bedingten Strafvollzugs noch nicht zu begründen, selbst dann nicht, wenn die verschiedenen Strafen zusammengerechnet mehr als drei Monate ergeben.
Anders verhält es sich indessen, wenn mehrere kurze Gefängnisstrafen in einem Zuge verbüsst werden. Für diesen Fall verweist
Art. 37bis Ziff. 1 Abs. 2 StGB
auf
Art. 397bis Abs. 1 lit. a StGB
, welcher den Bundesrat ermächtigt, ergänzende Bestimmungen aufzustellen. Der Bundesrat hat davon Gebrauch gemacht und in
Art. 2 Abs. 2 lit. a VStGB 1
angeordnet, mehrere gleichzeitig zu verbüssende Gefängnisstrafen seien nach
Art. 37 StGB
zu vollziehen, wenn ihre Gesamtdauer mehr als drei Monate betrage.
Art. 37 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
bestimmt aber, dass derartige Gefängnisstrafen erziehend auf den Gefangenen einwirken und ihn auf den Wiedereintritt in das bürgerliche Leben vorbereiten sollen. Werden also mehrere kurze Gefängnisstrafen von zusammen mehr als drei Monaten Dauer in einem Zuge verbüsst, bekommt der Verurteilte die erzieherische Wirkung eines solchen Vollzugs zu spüren. Wenn er dann innert fünf Jahren trotzdem erneut delinquiert, rechtfertigt es sich, ihm den bedingten Strafvollzug aus dem objektiven Grunde des
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
zu verweigern. Bei dieser Betrachtungsweise kann es keine Rolle spielen, ob die mehr als drei Monate dauernde Strafverbüssung auf eine oder mehrere Verurteilungen zurückgeht.
Zum gleichen Ergebnis gelangt man im übrigen, wenn man sich die Regelung von
Art. 68 Ziff. 1 StGB
vor Augen führt, welche Bestimmung den Täter erfasst, der durch eine oder mehrere Handlungen mehrere Freiheitsstrafen verwirkt hat. Nicht zweifelhaft kann dabei sein, dass der vorangehende Vollzug einer nach
Art. 68 Ziff. 1 StGB
für mehrere Delikte ausgefällten Strafe von über drei
BGE 108 IV 148 S. 151
Monaten gemäss
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
den bedingten Strafvollzug ausschliesst. Es würde indessen jeder vernünftigen Begründung entbehren, wenn zwar die durch gleichzeitige Beurteilung erfolgte "Zusammenfassung" von Strafen für mehrere Delikte (
Art. 68 StGB
) zum objektiven Ausschluss des bedingten Strafvollzugs führen würde, bei getrennter Beurteilung der gleichen Delikte aber der gemeinsame Vollzug der ausgefällten Strafen (
Art. 2 VStGB 1
) für eine spätere Anwendung von
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
nicht die gleiche Wirkung hätte, d.h. nicht als eine Strafe zu werten wäre.
Die Vorinstanz äusserte Bedenken, dass es bei dieser Regelung von Zufälligkeiten oder Umständen, für welche der Verurteilte nicht einzustehen und auf welche er keinen Einfluss habe, abhängen könne, ob der Strafvollzug aus objektiven Gründen im Sinne der genannten Bestimmung zu verweigern sei; wenn die verschiedenen Strafen auf Drängen des Verurteilten oder auf Veranlassung der Vollzugsbehörden (z.B. aus organisatorischen Gründen) getrennt vollzogen werden, sei der bedingte Strafvollzug objektiv noch möglich, im andern Falle dagegen nicht. Derartige Ungleichheiten werden indessen weitgehend vermieden, wenn die Strafvollzugsbehörden die Bestimmungen der
Art. 2 und 3 VStGB 1
über die gleichzeitig vollziehbaren Freiheitsstrafen beachten. Sollten entgegen diesen Bestimmungen einmal mehrere kurze Gefängnisstrafen von zusammen mehr als drei Monaten Dauer getrennt vollzogen werden, so dass bei einer neuen Verurteilung die objektiven Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs gegeben wären, so müsste dies nicht zwangsläufig eine ungerechtfertigte Bevorzugung gegenüber Fällen bedeuten, in denen mehrere kurze Freiheitsstrafen zu einem drei Monate übersteigenden Strafvollzug zusammengefasst werden. Sind nämlich die neben den objektiven ebenso zu prüfenden subjektiven Bedingungen nicht erfüllt, wäre der bedingte Strafvollzug immer noch aus diesem Grunde zu verweigern. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und die Sache ist zur Verweigerung des bedingten Strafvollzugs infolge Fehlens der objektiven Voraussetzungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. | null | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
47095338-4c9a-4d2b-b12c-8ea38e6df834 | Urteilskopf
121 V 5
2. Auszug aus dem Urteil vom 28. Februar 1995 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich | Regeste
Art. 113 in Verbindung mit
Art. 95 OG
: Beweisanforderungen im Rahmen der Massenverwaltung.
Zum erforderlichen Beweisgrad, wenn die Zustellung der Verfügung umstritten ist. | Erwägungen
ab Seite 6
BGE 121 V 5 S. 6
Aus den Erwägungen:
3.
a) Die vorinstanzliche Feststellung, die Beitragsverfügung vom 23. Dezember 1991 sei dem Beschwerdeführer eingeschrieben zugestellt worden, ist offensichtlich unrichtig (
Art. 105 Abs. 2 OG
), wie der Beschwerdeführer beweismässig eindeutig dargetan hat und was auch seitens der Kasse eingeräumt wird. Die Beitragsverfügung vom 23. Dezember 1991, welche zu Fristwahrungszwecken (
Art. 16 Abs. 1 AHVG
) noch vor Ablauf des Kalenderjahres 1991 erlassen und zugestellt werden sollte, fand versehentlich nicht in das Bordereau der eingeschriebenen Briefe Aufnahme und wurde folglich als einfache Post versandt.
b) Damit fragt sich, ob die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen durfte, die Verfügung sei dem Beschwerdeführer seinerzeit zugestellt und von diesem nicht innert 30 Tagen mit Beschwerde angefochten worden. Die Parteien vertreten die Auffassung, dass für die entsprechenden Feststellungen im Zusammenhang mit der Zustellung gemäss
BGE 119 V 9
Erw. 3c/aa nicht der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, sondern der in Zivil- und Strafverfahren übliche volle Beweis gelte.
Diese Schlussfolgerung kann aus
BGE 119 V 10
Erw. 3c/bb nicht gezogen werden. Vielmehr hat das Gericht dort den Wirkungsbereich des erforderlichen vollen Beweises auf Tatsachen beschränkt, welche für die Rechtzeitigkeit im Prozess ausschlaggebend sind, Tatsachen somit, welche nicht im Rahmen der Massenverwaltung von Bedeutung sind. Daher rührt es denn auch, dass gemäss
BGE 120 V 35
Erw. 3 für den Nachweis der massenweise versendeten Krankenkassenzeitschriften, in welchen Statutenänderungen bekanntgemacht werden, nicht der volle Beweis, sondern der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verlangt wird. Auch die Versendung von Kassenverfügungen über Beiträge Selbständigerwerbender gehört zur sozialversicherungsrechtlichen Massenverwaltung. Mit der Zustellung der Verfügung wird noch kein Prozessrechtsverhältnis begründet; dies geschieht erst mit der Einreichung einer Beschwerde. Auch bezüglich Tatsachen, welche für die Zustellung der Kassenverfügungen erheblich sind, gilt somit, wie bisher, der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Allerdings bedingt dies in der Regel die Eröffnung der Verfügung mit eingeschriebenem Brief; denn nach der Rechtsprechung vermag die Verwaltung den Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Zustellung der Verfügung nicht durch den
BGE 121 V 5 S. 7
blossen Hinweis auf den üblichen administrativen Ablauf zu erbringen (ZAK 1984 S. 124 Erw. 1b).
Vorliegend ist die Zustellung der Verfügung vom 23. Dezember 1991 nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht, noch kann dieser Nachweis durch weitere Abklärungsmassnahmen erbracht werden. Gegen einen solchen Nachweis sprechen einmal die Versehen auf seiten der Ausgleichskasse (Absicht, die Verfügung eingeschrieben zu verschicken, Tatsache, dass dies versehentlich unterblieb); auf der andern Seite sind die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, aktenkundigen Schwierigkeiten zu beachten, welche sich in der postalischen Versorgung von Teilen der Bevölkerung von X im hier massgeblichen Zeitraum ergaben.
Somit durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht unter dem Gesichtspunkt des hier massgeblichen Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht davon ausgehen, die Beitragsverfügung vom 23. Dezember 1991 sei dem Beschwerdeführer zugestellt worden.
c) Kann die Verfügung vom 23. Dezember 1991 nicht als dem Verfügungsadressaten zugestellt gelten, ist der vorinstanzlichen Feststellung, die Verfügung sei zufolge Nichtanfechtung in formelle Rechtskraft erwachsen und deshalb der richterlichen Überprüfung entzogen, der Boden entzogen. Nachdem der Beschwerdeführer im Rahmen dieses Prozesses in den Besitz der Beitragsverfügung gelangt ist, müsste diese an sich aufgrund der von ihm vorsorglicherweise eingereichten Beschwerde durch die erstinstanzlich zuständige Behörde beurteilt werden, an welche die Sache zu überweisen wäre. Das aber wäre ein Verstoss gegen die Prozessökonomie. Die Akten weisen klar aus, dass der Beitragsanspruch für 1986 verwirkt ist. Dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung zu
Art. 16 Abs. 1 AHVG
, wonach es, im Unterschied zu jener zu
Art. 82 AHVV
, zur Wahrung der fünfjährigen Beitragsfestsetzungsfrist nicht genügt, dass die Ausgleichskasse die Beitragsverfügung erlässt; vielmehr muss diese dem Beitragspflichtigen vor Ablauf der fünfjährigen Verwirkungsfrist ordnungsgemäss zugestellt worden sein (
BGE 119 V 95
Erw. 4c mit Hinweisen). Die Beitragsverwirkung liegt somit tatsächlich und rechtlich klar auf der Hand, und die Prozessparteien, insbesondere die Ausgleichskasse, konnten sich in den Rechtsschriften dazu äussern. Unter diesen Voraussetzungen ist die Beitragsverfügung vom 23. Dezember 1991 in diesem Verfahren aufzuheben. | null | nan | de | 1,995 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
47100b5c-4a48-484a-99be-2918495b67d9 | Urteilskopf
99 Ib 440
60. Arrêt du 21 septembre 1973 dans la cause Département fédéral de justice et police contre Strickstrack. | Regeste
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. Art. 6 Abs. 2 lit. b BB vom 23. März 1961.
Stockwerkeigentum an einem Hotel, das der Form nach von einer die Miteigentümer verbindenden einfachen Gesellschaft betrieben wird, dessen Führung aber durch den Gesellschaftsvertrag einer Betriebsgesellschaft übertragen ist, deren Mandat nur aus wichtigen Gründen und mit einer qualifizierten Mehrheit von Mitgliedern der einfachen Gesellschaft widerrufen werden kann: In einem solchen Fall liegt nicht ein von den Miteigentümern selber geführter Betrieb vor, so dass die erwähnte Bestimmung auf den Verkauf der Miteigentumsanteile nicht anwendbar ist. | Sachverhalt
ab Seite 441
BGE 99 Ib 440 S. 441
Résumé des faits:
A.-
Günter-Helge Strickstrack, de nationalité allemande et domicilié en Allemange, se proposait d'acheter une part de copropriété par étages portant sur un appartement de deux pièces dans un hôtel en construction à Neuchâtel, qui s'appellera "Eurotel Neuchâtel", sera géré par "Organisation Eurotel SA Suisse" à Thoune (affiliée à une union internationale des organisations Eurotel) et dont la propriété sera divisée en 86 parts de propriété par étages.
Agissant au nom des constructeurs, Touraine SA a demandé à la "Commission cantonale pour la sanction d'acquisitions immobilières par des personnes domiciliées à l'étranger" (ci-après: la Commission cantonale) d'autoriser cette acquisition sur la base de l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961 instituant le régime de l'autorisation pour l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger (ci-après: AF du 23 mars 1961). Par une seconde lettre du même jour, Touraine SA a demandé en outre un accord de principe pour d'autres ventes de parts du même hôtel à des étrangers domiciliés à l'étranger.
B.-
Selon les documents présentés à la Commission cantonale par les requérants, le système Eurotel est pour l'essentiel le suivant:
Les acquéreurs de parts de propriété par étages (appelées "Unités") d'un hôtel déterminé doivent signer un "Contrat de Société" en vertu duquel ils forment ensemble une société simple, dont le but est d'exploiter l'hôtel; le même contrat confère en outre un mandat à l'"Organisation Eurotel SA Suisse", à Thoune. L'adhésion à ce contrat confère à chaque associé la qualité d'"EUROTELman" ou celle de "Condomini" (art. 4), suivant les cas.
BGE 99 Ib 440 S. 442
L'assemblée des sociétaires (de la société simple), qui se réunit une fois par an au moins, a pour principales attributions de prendre connaissance (Entgegennahme) du rapport annuel de gestion et des comptes de la Gérance, ainsi que du rapport de vérification; d'approuver les comptes et les budgets établis par la Gérance; de fixer les allocations à verser au fonds de rénovation et les dépenses extraordinaires pour rénovations et transformations; de nommer un Comité consultatif de 4 membres et suppléants; d'attribuer à la Gérance et au Comité consultatif des tâches non prévues par le contrat (art. 9).
Le Comité consultatif, qui assiste la Gérance dans son activité (art. 10), a pour attributions d'élaborer et de proposer la modification des clauses du contrat, de contrôler les comptes de la Gérance et la répartition des frais et des participations au résultat de l'exploitation (art. 11).
Le mandat de gérance confié à l'Organisation Eurotel SA Suisse (art. 13) ne peut être révoqué que pour justes motifs, par une assemblée extraordinaire convoquée à la demande de 30% au moins des associés détenant ensemble au moins 300 millièmes des voix; 750 millièmes des voix doivent être représentés à cette assemblée par leurs titulaires respectifs, et la représentation n'est autorisée que pour 250 millièmes, le mandataire devant être lui-même associé et ne pouvant en représenter qu'un seul; la décision de révocation doit être prise à la majorité de 85% des voix représentées. La Gérance a notamment pour tâches (art. 12) d'accomplir tous les actes d'administration ordinaires du complexe immobilier qui sont nécessaires à la conservation de la copropriété, puis de représenter la société (simple) pour toutes les affaires ordinaires ayant trait à l'exploitation, d'édicter des règlements de maison qui sont soumis à l'approbation de l'assemblée de la société. L'Organisation Eurotel SA engage le personnel nécessaire au nom des associés; elle est seule compétente pour décider de sa rémunération, de son activité et de son licenciement (art. 17). Cette organisation peut acquérir les objets nécessaires à l'exploitation et au confort, les achats de valeur importante étant toutefois soumis à l'approbation de l'assemblée (art. 18). Elle doit tenir les objets appartenant à la société simple séparés de son propre patrimoine (art. 19). En rétribution de sa gestion et en couverture de divers frais, elle reçoit une indemnité annuelle qui est égale au 10% du chiffre d'affaires brut de l'exploitation
BGE 99 Ib 440 S. 443
de l'hôtel et au 5% du chiffre d'affaires brut du restaurant et des exploitations auxiliaires (art. 25).
Chaque EUROTELman "participe au résultat de l'exploitation" de l'hôtel, du restaurant et des exploitations auxiliaires en proportion des millièmes que représentent ses propres Unités (art. 5). Chacun reçoit une carte (art. 26) qui lui donne le droit de descendre dans l'EUROTEL de son choix selon des tarifs spéciaux; autant que possible, l'Unité dont il est propriétaire lui est réservée, à condition qu'il en fasse la demande assez tôt (art. 28). L'EUROTELman n'est pas autorisé à enlever ou à remplacer une partie quelconque de l'aménagement et des installations de son Unité; il n'a pas non plus le droit d'y installer un autre ameublement (art. 12 lit. f). L'associé qui désire aliéner une Unité doit demander le consentement d'Organisation Eurotel, consentement qui lui est donné si le nouvel acquéreur accepte le contrat de société (art. 37); il est tenu d'astreindre le tiers acquéreur de son Unité ou d'un droit de jouissance sur celle-ci à adhérer à la catégorie d'EUROTELman dont il faisait partie (art. 35 al. 2); à ce défaut, Organisation Eurotel peut faire valoir un droit de préemption au prix déterminé par deux experts (art. 35 al. 3).
Selon une circulaire non datée émise par Organisation Eurotel SA sous le titre "EUROTEL - une idée économique à l'avenir plein de promesses", la qualité d'EUROTELman procure les avantages suivants: un placement de capital indépendant des fluctuations boursières et des cours, avec inscription au registre foncier; la rémunération du capital investi par la participation au bénéfice net d'un hôtel de premier ordre; l'augmentation de la valeur de ce capital; un droit d'habitation dans tous les EUROTEL avec des réductions de 20 à 50%; la jouissance d'un appartement de vacances. La circulaire précise que la valeur d'une Unité varie de 70 000 fr. à plus de 250 000 fr. Elle dit en outre qu'après le temps de carence de tout hôtel qui débute, on peut compter avec un rendement annuel net de 6 à 9%.
C.-
Par décision du 7 décembre 1972, la Commission cantonale a déclaré mal fondée la requête présentée en faveur de Strickstrack, et irrecevable la demande tendante à un "accord de principe". Elle a retenu que l'hôtel serait en réalité exploité non point par la société simple groupant les copropriétaires, mais par l'Organisation Eurotel SA, et cela de façon
BGE 99 Ib 440 S. 444
indépendante. Elle a en outre considéré que l'acquisition de parts apparaissait principalement comme un placement de capitaux, ce qui ne constituait pas un intérêt légitime à l'acquisition, en vertu de l'art. 6 al. 3 de l'AF du 23 mars 1961.
D.-
Agissant par mandat et pour le compte de Touraine SA, l'Organisation Eurotel SA Suisse, à Thoune, a recouru contre cette décision auprès du Conseil d'Etat. Par prononcé du 6 avril 1973 notifié le 12 avril, celui-ci a admis le recours en ce qui concerne l'autorisation demandée en faveur de Strickstrack, et il l'a rejeté en tant qu'il avait pour objet la seconde requête. Il a estimé que les propriétaires de parts de copropriété devaient être considérés comme exploitant eux-mêmes l'hôtel en société simple, l'Organisation Eurotel se trouvant en vertu d'un mandat dans leur dépendance immédiate et ne jouissant en tout cas pas d'une liberté économique suffisante pour qu'on puisse la considérer comme un exploitant indépendant.
E.-
Agissant par la voie du recours de droit administratif, le Département fédéral de justice et police demande au Tribunal fédéral d'annuler le prononcé du Conseil d'Etat et de refuser l'autorisation demandée. Il soutient notamment que les acquéreurs de part n'exploitent pas eux-mêmes l'hôtel, de sorte que l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961 n'est pas applicable; il relève que cette manière de voir a été confirmée par les Chambres fédérales lors de la récente discussion de l'AF du 21 mars 1973 modifiant celui du 23 mars 1961 (FF 1973 I 956), discussion qui a abouti au rejet d'une proposition tendant à admettre l'existence d'un intérêt légitime en cas d'acquisition d'une part de propriété sur un Eurotel.
F.-
Agissant au nom de Strickstrack et du propriétaire de l'immeuble où se construit l'Eurotel Neuchâtel, Organisation Eurotel SA Suisse conclut au rejet du recours.
Elle produit notamment un "Reglement über das Stockwerkeigentum EUROTEL". L'art. 3 al. 3 de ce règlement qualifie d'EUROTELman le copropriétaire qui abandonne l'usage de son Unité à l'exploitation de l'hôtel, tandis que le "condomini" est celui qui réserve son Unité à son usage personnel; Strickstrack sera EUROTELman, si bien qu'il n'aura pas le droit d'habiter sa propre Unité. Les art. 14 et 15 parlent d'un mandat d'administrateur qui, comme la gérance, est confié à Organisation Eurotel SA et qui porte avant tout sur la gestion de la copropriété. L'art. 19 oblige les copropriétaires à faire
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chaque année une avance de frais qui est ensuite compensée avec le résultat de l'exercice.
En droit, les intimés soutiennent notamment que l'Organisation Eurotel SA est sous la dépendance immédiate des copropriétaires, ainsi que cela ressort des art. 9, 11 et 12 du contrat, comme aussi du fait que le mandat est révocable. A leur avis l'admission du recours créerait une inégalité de traitement par rapport à d'autres hôtels exploités par des sociétés étrangères et financées de l'étranger (Holiday-Inn, Sheraton, Hilton, etc.). Ils estiment que l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961 est aussi applicable au système Eurotel, de sorte que l'autorisation demandée doit être accordée.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
(Procédure).
2.
Selon l'art. 6 al. 1 de l'AF du 23 mars 1961 dans son texte actuel, l'autorisation doit être accordée si l'acquéreur prouve un intérêt légitime à l'acquisition. Il y a notamment intérêt légitime "lorsque l'immeuble en cause servira à l'acquéreur entièrement ou pour une part importante à abriter l'établissement stable d'une entreprise faisant le commerce, exploitant une fabrique, ou exerçant quelque autre industrie en la forme commerciale" (art. 6 al. 2 lit. b).
a) Absente du projet du Conseil fédéral, cette disposition a été introduite en 1961 par les Chambres fédérales, mais sans les mots "à l'acquéreur" (art. 6 al. 3 lit. b du texte d'alors, ROLF 1961, p. 211). D'après les débats parlementaires, on a voulu faire en sorte que des entreprises étrangères puissent s'installer en Suisse et y acquérir les immeubles nécessaires, à défaut de quoi les nombreuses entreprises suisses qui désirent créer des établissements stables à l'étranger auraient été exposées à des mesures de rétorsion (Bull. stén. 1961, CE p. 56/58 et CN p. 106/108).
Lors de la revision de 1970, on a repris ce texte tel quel, sans nouvelles explications, mais en y ajoutant les mots "à l'acquéreur", pour bien préciser, conformément à la jurisprudence (cf. arrêt Maraschi, analysé ci-dessous), que c'est l'acquéreur lui-même, et non pas un tiers, qui doit exploiter une entreprise sur l'immeuble acquis en Suisse (Message du Conseil fédéral, FF 1969 II 2, p. 1400).
b) Dans son arrêt Maraschi du 11 novembre 1964, l'ancienne
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Commission fédérale de recours en matière d'acquisition d'immeubles s'est occupée du cas d'un Eurotel en construction à St-Moritz, sur recours de diverses personnes domiciliées à l'étranger, auxquelles avait été refusée l'autorisation d'acquérir une unité dans cet hôtel. Elle a relevé que l'art. 6 al. 3 lit. b de l'AF du 23 mars 1961 - dans son texte initial - n'était pas applicable, car il supposait que l'acquéreur exploite luimême l'entreprise en question. Or l'autorité cantonale avait constaté que l'hôtel en cause serait exploité par Silva-Appartement AG à Thoune, sans que les copropriétaires aient aucune influence sur la marche des affaires, et les recourants n'avaient pas contesté ce point de fait.
Le Tribunal fédéral n'a aucune raison de s'écarter des principes posés par l'arrêt Maraschi, d'autant plus que le législateur les a consacrés lors de la revision de 1970, en précisant que l'immeuble doit servir à l'acquéreur à abriter un établissement stable. En revanche, cet arrêt ne constitue pas un précédent décisif en ce qui concerne le cas Eurotel, dans la mesure où des changements ont été apportés au système Eurotel, notamment par l'introduction d'un contrat de société qui devrait faire des copropriétaires les exploitants de l'hôtel, ce qui n'était pas le cas, semble-t-il, au moment où l'arrêt Maraschi a été rendu.
c) L'exploitation d'un hôtel constitue incontestablement une industrie exercée en la forme commerciale au sens de l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961. Il s'agit donc uniquement d'examiner en l'espèce, si l'hôtel sera réellement exploité par la société simple que formeront les copropriétaires, avec mandat à l'Organisation Eurotel SA, qui resterait cependant sous la dépendance directe des copropriétaires, ou si cette Organisation doit être considérée comme un tiers exploitant l'hôtel de façon indépendante.
3.
La question litigieuse dépend de l'analyse et de l'appréciation des clauses complexes que contiennent le "contrat de société" (ci-après: le contrat) et le "règlement de copropriété" (ci-après: le règlement) auxquels doivent adhérer les acquéreurs d'une Unité dans un Eurotel.
Ces textes règlent à la fois la gestion de la copropriété sur l'immeuble et l'exploitation de l'hôtel. Cette distinction est importante, car les pouvoirs conférés aux copropriétaires en tant que tels ne signifient rien quant à leur rôle dans l'exploitation
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de l'hôtel. Le mélange des deux activités apparaît aussi dans le fait que l'Organisation Eurotel est à la fois gérante de l'hôtel (art. 13 al. 1 du contrat) et administrateur de la copropriété (art. 15 du règlement), au sens apparemment des art. 712 q à 712 t CC, la révocation de ces deux mandats étant soumise aux mêmes conditions restrictives (art. 13 al. 3 du contrat et art. 15 al. 2 du règlement).
L'assemblée des associés, qui se confond avec celle des copropriétaires, ressemble fort à l'assemblée des copropriétaires que prévoit l'art. 712 m CC, car elle a des pouvoirs semblables en vertu de l'art. 9 du contrat, sauf qu'elle n'a pas à nommer l'administrateur. Rien dans cette disposition ne lui donne la faculté d'intervenir directement dans l'exploitation proprement dite de l'hôtel. Elle exerce bien un pouvoir de contrôle qui s'étend aussi à cette exploitation, mais c'est une conséquence du fait que le capital investi par chaque copropriétaire n'a pas d'autre rendement assuré que celui de l'exploitation hôtelière. Ce contrôle est donc inhérent à la gestion de la copropriété. On relève en outre que, si elle doit approuver le budget et les comptes, l'assemblée prend simplement connaissance du rapport de gestion. Quant au Comité consultatif - qui correspond au comité dont par le l'art. 712 m ch. 3 CC - il est bien chargé d'assister la gérance (art. 10 al. 1 du contrat), mais les attributions qui lui sont expressément conférées (art. 11 du contrat) se limitent à des contrôles, en ce qui concerne l'exploitation. Ce n'est pas un organe de gestion que l'on pourrait comparer au Conseil d'administration d'une société anonyme. Son nom (Comité consultatif, Beirat) le montre d'ailleurs bien.
Pour démontrer que les copropriétaires-associés ont un pouvoir effectif de décision, le prononcé attaqué relève que, lors de la 2e assemblée de l'"Eurotel Crans", le 18 septembre 1971, la compétence financière concernant les dépenses extraordinaires d'acquisitions nouvelles et de remplacement (Neu- und Ersatzanschaffungen) a été répartie entre l'Organisation Eurotel (jusqu'à 10 000 fr.), le Comité consultatif (de 10 000 à 20 000 fr.) et l'assemblée (au-delà de 20 000 fr.). Mais de telles dépenses concernent la gestion de la copropriété, et non l'exploitation proprement dite, même s'il s'agit d'objets mobiliers, dans la mesure où ceux-ci appartiennent au propriétaire de l'immeuble et en constituent des accessoires. Cette remarque vaut aussi pour les deux exemples donnés par les intimés - dans leur
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réponse au recours - à propos de 1,"Eurotel Montreux", dont l'assemblée du 30 avril 1973 a décidé une dépense de 290 000 francs pour la transformation du "Snack-restaurant" et défini une politique de placement des liquidités appartenant au fonds de renouvellement. C'était aussi une affaire de gestion de la copropriété, entrant dans la compétence de l'assemblée des copropriétaires en vertu de l'art. 712 m CC, que de désigner comme organe de contrôle une autre fiduciaire que celle proposée par Organisation Eurotel, ainsi que l'a fait le 13 avril 1973 l'assemblée constitutive d'"Eurotel Les Diablerets". Les intimés ne font en revanche état d'aucune décision de l'assemblée ou du Comité consultatif d'un quelconque Eurotel de Suisse concernant l'exploitation hôtelière proprement dite.
Aux pouvoirs de l'assemblée et du Comité consultatif - limités, comme on l'a vu, à la gestion de la copropriété et au contrôle de l'exploitation hôtelière - il faut opposer les attributions de la Gérance, telle qu'elle est confiée à l'Organisation Eurotel SA (art. 13 al. 1 du contrat). Contrairement à ce que dit la décision attaquée, ces attributions ne se ramènent pas à une simple surveillance; on ne saurait parler non plus d'une sorte d'assistance technique, ni y voir uniquement la manifestation du désir des copropriétaires de faire bénéficier leur entreprise du renom d'Eurotel. En effet, selon l'art. 12 du contrat, la Gérance est non seulement chargée d'assurer un contrôle technique et une haute surveillance (lit. a), puis d'accomplir tous les actes d'administration ordinaires du complexe immobilier (lit. b), mais il lui incombe en outre de représenter la société simple - c'est-à-dire d'agir à sa place - pour toutes les affaires ordinaires ayant trait à l'exploitation (lit. c). Elle est donc bel et bien chargée de l'exploitation en général, et rien dans le contrat ne dit qu'elle s'en occupe sous l'étroite dépendance des copropriétaires, comme le prétend la décision attaquée. Le mot "ordinaire" (lit. c) ne s'oppose manifestement qu'aux acquisitions importantes et en relation avec la copropriété, lesquelles seules sont soumises à l'approbation de l'assemblée de la société, tandis que l'acquisition des objets nécessaires à l'exploitation et au confort est de la compétence de l'Organisation Eurotel (art. 18 du contrat). C'est en outre cette organisation qui engage le personnel, et décide seule de sa rémunération, de son activité, et de son licenciement (art. 17 du contrat); certes, elle le fait "au nom des associés",
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mais cette adjonction purement formelle ne confère certainement pas aux copropriétaires le droit de donner directement des ordres au personnel, notamment pas au directeur. Quant à l'obligation pour l'Organisation Eurotel de tenir ses propres biens séparés de ceux de la société simple (art. 19 du contrat), elle va de soi et incomberait de toute façon à l'administrateur d'un immeuble en copropriété par étages. On doit déduire de ces dispositions que la Gérance jouit d'une large indépendance pour l'exploitation proprement dite, laquelle n'est soumise qu'à un simple contrôle de la part des copropriétaires-associés. Dire que ceux-ci assument la direction (Führung) des affaires, comme le font les intimés, c'est méconnaître le texte du contrat et très probablement la réalité.
Certes, l'Organisation Eurotel agit en vertu d'un mandat, lequel est en principe révocable en tout temps selon une disposition impérative de la loi (art. 404 CO; GAUTSCHI, Kommentar, note 10 lit. a, d et e ad art. 404). Mais le contrat (art. 13 al. 3) subordonne la révocation à des conditions si sévères (justes motifs, quorum de 750/1000 sans représentation possible, droit de représentation très limité pour les autres 250/1000, majorité qualifiée de 85%) qu'elle sera à peu près impossible en pratique. Pour s'en persuader, il suffit de constater qu'à l'assemblée tenue le 13 avril 1973 par "Eurotel Les Diablerets", les copropriétaires présents ne détenaient que 205/1000 des voix, et c'était pourtant une assemblée constitutive; à l'assemblée ordinaire d'"Eurotel Montreux", le 30 avril 1973, ce chiffre était de 220/1000, et le total des voix présentes et représentées de 452/1000. En première instance, la Commission cantonale a vu dans cette impossibilité pratique de révocation une circonstance décisive, alors que la décision attaquée l'a estimée sans importance. On doit sur ce point donner raison à la Commission cantonale, car le sentiment, pour l'Organisation Eurotel, d'être en fait à l'abri d'une révocation ne peut que la rendre plus indépendante dans l'exploitation de l'hôtel.
Reste un élément en faveur de la thèse du Conseil d'Etat et des intimés: c'est que les copropriétaires (les Eurotelman) participent au résultat de l'exploitation proportionnellement aux millièmes que représente leur Unité (art. 5 du contrat), l'Organisation Eurotel ne recevant de son côté qu'une "indemnité" en pour-cent du chiffre d'affaires (art. 25 du contrat). Cette société agit donc bien pour le compte des copropriétaires-
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associés, qui se partagent les profits, mais semblent devoir aussi supporter d'éventuelles pertes. Ce risque est cependant plus théorique que réel, étant donné que le compte d'exploitation hôtelière n'a aucune charge d'intérêts à supporter en rapport avec les investissements; or c'est en raison de cette charge fixe avant tout qu'il est souvent difficile d'équilibrer les comptes d'un hôtel. Il est en outre intéressant de relever qu'en 1972, pour Eurotel Montreux, l'Organisation Eurotel a rétrocédé aux copropriétaires, sur ses honoraires, une somme de 55 000 fr. et que, compte tenu de cette rétrocession, le bénéfice net a été de 1583 000 fr., ce qui représentait un rendement de 8,56% sur le capital investi, dit le procès-verbal. Cette manière de présenter les choses montre bien que ce que recherchent les copropriétaires, et ce que s'efforce de leur procurer l'Organisation Eurotel, c'est un rendement intéressant sur un placement immobilier, avec un risque de perte très limité en fait. Si, pour les Eurotel existant actuellement en Suisse, les copropriétaires avaient déjà eu à supporter des pertes, les intimés n'auraient pas manqué d'en faire état.
De tout ce qui précède, on doit conclure qu'en réalité ce ne sont pas les copropriétaires qui exploitent eux-mêmes l'hôtel. Comme le disait en première instance la Commission cantonale, ils restent très éloignés de la marche des affaires hôtelières, et il serait pour le moins osé de les considérer comme des "cohôteliers", ainsi que le prétendaient les requérants. L'exploitation de l'hôtel est bien plutôt l'affaire de l'Organisation Eurotel, qui pour cette activité n'est pas sous l'étroite dépendance des copropriétaires, mais agit au contraire avec une grande liberté. Bien que, formellement, le système ait été modifié depuis l'arrêt Maraschi, la réalité n'a cependant pas changé de façon essentielle, et les principes posés dans cet arrêt, puis confirmés par le législateur, conduisent à dire que l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961 n'est pas applicable.
Au demeurant, le cas Eurotel est très éloigné de la ratio legis, qui était de permettre à des entreprises étrangères d'avoir un établissement stable en Suisse. Dans le cas Eurotel, les investisseurs étrangers sont, pour la plupart sans doute, de simples particuliers qui ne sont pas des hôteliers et n'ont jamais songé à le devenir, leur unique but étant de faire un placement immobilier avec la perspective d'un rendement intéressant, surtout pour ceux qui n'ont pas le droit d'utiliser
BGE 99 Ib 440 S. 451
eux-mêmes leur Unité, comme c'est le cas de Strickstrack. La circulaire émise par l'Organisation Eurotel SA montre d'ailleurs bien qu'il s'agit, pour les acquéreurs de parts, de procéder à un placement immobilier. Or, selon l'art. 6 al. 3 de l'AF du 23 mars 1961 (texte de 1970), le placement de capitaux ne constitue pas un motif légitime d'acquisition, en dehors de deux exceptions non réalisées ici.
Le recours doit donc être admis.
4.
Les intimés soutiennent cependant que l'admission du recours conduirait à une inégalité de traitement par rapport à des sociétés étrangères spécialisées dans la construction et l'exploitation d'hôtels (Holiday-Inn, Sheraton, Hilton, etc.), qui sont autorisées à établir des succursales en Suisse et à y acheter les immeubles nécessaires.
Ce grief, qui est à peine esquissé d'ailleurs, est mal fondé. En effet, les sociétés citées remplissent juridiquement les conditions d'application de l'art. 6 al. 2 lit. b de l'AF du 23 mars 1961, ainsi que les autorités compétentes l'ont admis, de tout temps, semble-t-il. Economiquement, leur cas présente peut-être une certaine analogie avec celui d'Eurotel, mais cette analogie n'est que partielle, en ceci principalement que, dans les sociétés citées, les investisseurs étrangers sont des entrepreneurs en hôtellerie dont le but principal est d'exercer une activité économique en Suisse, et non pas de faire un placement immobilier, alors que c'est le contraire pour les acquéreurs d'Unités Eurotel. Pour ces motifs, le cas de ces sociétés correspond beaucoup mieux à la ratio legis, et il faut bien mettre une limite à l'exception que constitue l'art. 6 al. 2 lit. b de l'arrêté fédéral. Si, d'analogie en analogie, on étendait trop la portée de cette règle, on finirait par porter fortement atteinte au principe de l'interdiction.
Du point de vue de la politique économique et touristique de la Suisse, il eût peut-être été défendable d'étendre l'exception au cas d'Eurotel. Mais seul le législateur aurait pu le faire; or il s'y est expressément refusé, au cours des travaux parlementaires qui ont conduit à l'adoption de l'AF du 21 mars 1973 modifiant celui du 23 mars 1961. Lors de ces travaux en effet, le problème posé par le système Eurotel et d'autres systèmes semblables a fait l'objet de diverses propositions, dont les auteurs faisaient valoir des motifs de politique économique et touristique, en relevant que l'équipement hôtelier de la Suisse
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est aujourd'hui insuffisant, dans certains centres tout au moins, et que le système Eurotel constitue un moyen efficace de remédier à cette situation avec le concours d'hôtes en puissance, les capitaux suisses ne s'investissant pas volontiers dans les constructions hôtelières. Mais ces propositions ont été finalement retirées ou repoussées, notamment parce qu'un tel système constitue essentiellement un placement de capitaux et non la réelle exploitation commune d'un hôtel (cf. Bull. stén. CN 1972 p. 2227, 2236 à 2238, CE 1973 p. 224).
Il est vrai que, formellement, la récente décision du Parlement - passée sous silence par les intimés, alors que le recours la signalait avec toutes références utiles - ne concerne que l'avenir. Mais le législateur s'est en fait prononcé sur l'interprétation du droit applicable au présent cas, et de façon si nette que le Tribunal fédéral ne saurait ignorer cette interprétation, certainement compatible - voir la plus compatible - avec les textes. Dans leurs interventions, les défenseurs d'une règle favorable au système Eurotel se sont d'ailleurs montrés eux-mêmes conscients de ce qu'il faudrait, d'une manière ou d'une autre, modifier l'arrêté fédéral pour qu'ils obtiennent satisfaction. En outre, le Tribunal fédéral ne pourra à l'avenir que tenir compte de ce qui sera devenu un silence qualifié au sujet du cas Eurotel.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours, annule la décision attaquée et refuse l'autorisation demandée. | public_law | nan | fr | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
472216c1-f99e-4693-b27a-50cb2493ab92 | Urteilskopf
99 Ib 467
64. Arrêt du 5 octobre 1973 dans la cause Banque X. contre Administration fédérale des contributions. | Regeste
Stempelabgabe auf ausländischen Wertpapieren,
Art. 30 StG
.
Im Ausland ausgegebene Wertpapiere, die in der Schweiz von einer Bank auf Grund eines "an einen grössern Personenkreis gerichteten Angebots" in Verkehr gesetzt werden: Wann liegt ein solches Angebot vor? Fall einer Bank, die für Kunden gestützt auf einen allgemeinen Auftrag zeichnet, ohne sie angefragt zu haben. | Sachverhalt
ab Seite 468
BGE 99 Ib 467 S. 468
La banque X. a placé de 1967 à 1969, auprès de clients établis à l'étranger et en Suisse, 6464 obligations américaines convertibles de 1000$. Au cours moyen de 4 fr. 32, ces titres représentaient une valeur totale de 27 946 000 fr. Parmi ces obligations, 1653 ont été souscrites par des clients domiciliés en Suisse, pour une valeur de 7 740 000 fr. Estimant que ces émissions de titres tombaient sous le coup de l'art. 31 LT, la Division fédérale des droits de timbre et de l'impôt anticipé les a soumises au droit de timbre de 1,2% et a fixé les droits dus à 151 122 fr. 85. Sur réclamation de la banque, l'Administration fédérale des contributions a maintenu la taxation, dans une décision du 29 mars 1973.
B. - Agissant par la voie du recours de droit administratif, la banque X. requiert le Tribunal fédéral d'annuler la décision de l'Administration fédérale des contributions du 29 mars 1973. Elle soutient qu'elle n'a pas adressé d'offres à sa clientèle pour ces emprunts. de sorte que les souscriptions ne seraient pas soumises au droit de timbre. Ses arguments seront repris ci-dessous, dans la mesure utile.
L'Administration fédérale des contributions conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Selon l'art. 30 LT. les émissions d'obligations étrangères sont assujetties au droit de timbre lorsqu'elles sont mises sur le marché suisse par voie de souscription ou d'offre publiques, ou encore sur la base "d'une offre adressée à un cercle de personnes d'une certaine étendue". En l'espèce, il n'y a pas eu de souscription ou d'offre publiques, mais l'Administration fédérale a retenu que la banque avait offert les titres à un nombre de personnes d'une certaine étendue, ce que la banque conteste.
2.
L'offre que vise l'art. 30 LT consiste en une participation à l'émission, en une invitation à souscrire. Le fait déterminant de l'impôt est l'émission, ce que disait clairement le texte primitif de l'art. 30 LT, adopté en 1917: "Sont soumis au timbre les titres étrangers mis sur le marché suisse par voie d'émission." Le texte adopté par les Chambres en 1927, sur l'initiative de l'administration (Bull. stén. 1927, CN p. 237 et CE p. 225), n'a pas modifié le
BGE 99 Ib 467 S. 469
principe: c'est toujours l'émission qui détermine l'impôt; mais le nouveau texte définit l'émission en y englobant les activités privées qui se développent en Suisse pour favoriser la souscription.
La banque reconnaît elle-même avoir signalé des émissions étrangères à certains de ses clients. On doit donc admettre qu'elle a favorisé la souscription de ces emprunts. Sa participation active à ces émissions découle aussi du nombre des souscripteurs dont elle a exécuté les ordres (en moyenne plus de 100 par emprunt) et de l'importance des capitaux souscrits (en moyenne plus de 5 millions par emprunt).
3.
Le principe d'une participation de la banque aux émissions étant admis, il s'agit d'examiner si cette participation a revêtu l'ampleur que requiert l'art. 30 LT. Cette disposition ne se réfère pas aux montants souscrits; elle ne prend en considération que le nombre de personnes invitées à souscrire: il faut qu'il s'agisse d'un "cercle de personnes d'une certaine étendue".
a) Dans une circulaire adressée aux banques en juin 1967, la Division du timbre et de l'impôt anticipé indique ce qu'il faut entendre par "cercle de personnes d'une certaine étendue". La condition est remplie lorsque l'offre a été adressée à plus de 20 personnes et l'on admettra qu'il en a été ainsi lorsque l'emprunt aura été souscrit par au moins 20 personnes domiciliées en Suisse. Ces instructions ont été approuvées par l'Association suisse des banquiers qui, tout en répétant son opposition de principe à l'imposition des émissions étrangères, a convenu que ces instructions traduisaient de la façon la plus pratique la règle contenue à l'art. 30 LT (lettre du 9 novembre 1967).
La banque soutient que les conditions fixées par ces instructions sont plus sévères pour le contribuable que celles qui ont été voulues par le législateur. On peut douter du bien-fondé de cette allégation déjà pour la raison que l'Association suisse des banquiers n'eût certainement pas approuvé des instructions aggravant la position de ses membres.
Mais il y a plus. L'art. 44 de l'ordonnance d'exécution du 20 février 1918 (OT), abrogée lors de la revision de 1927, précisait que l'offre était considérée comme effectuée publiquement lorsqu'elle était faite "à plusieurs personnes" en Suisse dans le délai d'un mois. La revision de 1927 n'a pas modifié la situation de droit antérieure (cf. FF 1926 I 786 ss.; AMSTUTZ ET WYSS, Stempelsteuerrecht, 1930, p. 110 ch. 9); elle tendait simplement à
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clarifier les conditions d'imposition, les textes précédents donnant lieu à controverse. La nouvelle rédaction de l'art. 30 LT, soumise directement au Parlement au cours de ses débats, était propre, selon les rapporteurs, à éliminer tout doute sur l'imposition des titres étrangers (Bull. stén. 1927, CN p. 238, CE p. 225); s'il fallait en dégager une certaine tendance, elle irait plutôt dans le sens de l'aggravation de l'imposition. On a fait ce qui était possible, disait le rapporteur au Conseil national, pour atteindre les emprunts émis à l'étranger en les imposant déjà lorsqu'ils n'avaient donné lieu qu'à une publicité restreinte.
On doit donc admettre que l'administration n'a pas été audelà des exigences légales en fixant à 20 le nombre de personnes à partir duquel on doit parler d'un cercle "d'une certaine étendue".
b) Il est évidemment difficile, lorsque la propagande a été verbale comme en l'espèce, de déterminer combien de personnes ont été atteintes par cette propagande; il faut alors se référer, dans de tels cas, au nombre des souscriptions recueillies par l'auteur de la propagande pour en déduire l'ampleur. Les instructions de la Division du timbre font abstraction des souscriptions émanant de personnes domiciliées à l'étranger, pour ne prendre en considération que les souscriptions de personnes domiciliées en Suisse. Dans les banques qui, comme la recourante, consacrent une grande partie de leur activité à la gestion de fortune, la clientèle est formée surtout d'étrangers; aussi bien, les souscriptions suisses recueillies par la recourante ne formentelles que le tiers des souscriptions totales.
En principe, le nombre de 20 souscriptions émanant de contribuables domiciliés en Suisse est acceptable comme norme générale; il traduit, dans l'ordre normal des choses, une propagande déjà importante; à plus forte raison doit-il être admis lorsque des souscriptions ont affiué en outre de l'étranger, comme ce fut le cas en l'espèce. Tout au plus pourrait-on réserver le cas où un emprunt étranger aurait remporté en Suisse un grand succès en raison d'une publicité faite à l'étranger et où une importante banque n'aurait recueilli par exemple que 21 souscriptions à 1000 fr.
La recourante ne se trouve pas dans un cas semblable et ne le prétend d'ailleurs pas. Mais elle relève qu'une banque importante réunit plus de souscriptions qu'un petit établissement et qu'il est inéquitable de fixer au même nombre de 20, dans les
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deux cas, le nombre déterminant des souscripteurs. Un tel argument n'aurait de l'importance que dans les cas où les souscriptions n'auraient pas été sollicitées ou recommandées par la grande ou la petite banque. Lorsqu'il y a eu propagande, cette propagande fait affiuer les souscriptions auprès de l'établissement dont elle émane. En l'espèce, la recourante admet avoir recommandé les emprunts, au moins dans une certaine mesure. Il n'y a donc pas d'inégalité à fixer concrètement au même niveau les résultats de la propagande d'une grande ou d'une petite banque.
c) Il s'agit encore d'examiner si les conditions fixées par les instructions de la Division du timbre sont réunies dans le cas de la recourante, et pour chacun des cinq emprunts pris séparément.
La preuve directe que, dans chacun de ces emprunts, plus de 20 personnes ont été l'objet de recommandations émanant de la direction ou du personnel de la banque n'est pas faite. Selon la banque, ses interventions n'auraient touché que moins de 20 clients domiciliés en Suisse pour chaque emprunt. La preuve ne peut dès lors être apportée qu'indirectement, au regard du nombre des souscriptions recueillies. Selon la norme, jugée admissible en l'espèce, on tiendra pour établi que plus de 20 personnes ont été l'objet de recommandations lorsque 20 personnes domiciliées en Suisse ont souscrit à l'emprunt.
Des indications contenues dans le recours lui-même, il ressort que les souscripteurs de ces emprunts ont été de:
Nombre Suisses Selon mandat
total général
Emprunt a 92 33 13
Emprunt b 175 68 39
Emprunt c 108 21 17
Emprunt d 56 24 16
Emprunt e 130 33 21
Ainsi, la condition de 20 souscripteurs suisses est remplie pour chacun des cinq emprunts, si l'on tient compte des souscripteurs pour lesquels la recourante dit avoir agi sans les consulter, au bénéfice d'un mandat général qui lui avait été conféré; la condition ne serait en revanche remplie que pour deux des emprunts (a et b), s'il fallait éliminer ces dernières souscriptions; dans les trois autres cas, le nombre des souscripteurs domiciliés en Suisse
BGE 99 Ib 467 S. 472
aurait été ramené à moins de 20 (c: 21-17=4; d: 24-16= 8; e: 33-21 = 12). Mais, comme on l'a vu ci-dessus, l'offre de souscrire - déterminante pour l'assujettissement au droit de timbre - consiste dans l'assistance donnée à l'émission étrangère. Le fait, pour une banque, de souscrire en faveur d'un client qui lui a laissé le soin de choisir les placements à opérer, constitue un acte d'assistance, qui est même d'un degré plus élevé que le simple conseil de souscrire. Les cas dans lesquels la banque a souscrit pour de tels clients doivent donc être comptés eux aussi.
En conclusion, les conditions d'assujettissement fixées dans les instructions de la Division du timbre sont remplies pour chacun des cinq emprunts en cause. Ces instructions n'allant pas au-delà des exigences de l'art. 30 LT, la décision attaquée se justifie pleinement, de sorte que le recours doit être rejeté.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette le recours. | public_law | nan | fr | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
4723742b-428c-4334-8a55-108bf5cc768d | Urteilskopf
125 I 71
9. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Dezember 1998 i.S. Sektion Bern des Schweizer Berufsverbandes der Krankenschwestern und Krankenpfleger u. Mitb. gegen Kanton Bern (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
;
Art. 88 OG
,
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
und
Art. 93 Abs. 2 OG
; Gleichstellungsgesetz (GlG); Lohngleichheit; Berner Krankenschwestern.
Zulässiges Rechtsmittel gegen eine generell-abstrakte kantonale Regelung, die das Recht auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit verletzen soll (E. 1a).
Beschwerdelegitimation eines Berufsverbandes und einzelner Privater (E. 1b).
Tragweite von
Art. 90 Abs. 1 lit. b und
Art. 93 Abs. 2 OG
: An die Rüge- und Begründungspflicht sind mit Blick auf
Art. 6 GlG
keine überspitzten Anforderungen zu stellen, doch kann das Verfahren nicht im zweiten Schriftenwechsel auf mit konkreten Einstufungsvorgängen verbundene spätere Akte oder auf ursprünglich nicht angefochtene weitere Bestimmungen ausgedehnt werden (E. 1c u. 1d).
Inhalt von
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
(E. 2) und verfassungsrechtlicher Stellenwert von Bewertungssystemen (E. 3).
Zulässigkeit der Einreihung einer Funktion in Abweichung von der im Arbeitsplatzbewertungsverfahren vorgeschlagenen Einstufung (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 72
BGE 125 I 71 S. 72
Im Zuge einer für das ganze Staatspersonal durchgeführten Besoldungsrevision (Projekt BEREBE) erliess der Grosse Rat des Kantons Bern am 8. November 1995 das Dekret über Gehalt und
BGE 125 I 71 S. 73
Zulagen des Personals der bernischen Kantonsverwaltung (Gehaltsdekret). Darin regelte er die Grundzüge des Einreihungsplans, überliess die Umschreibung der Richtpositionen und der Voraussetzungen für die Einreihung der Stellen im Rahmen der «Anforderungen und Belastungen» sowie der «Entwicklung der Gehälter der öffentlichen Gemeinwesen und der Privatwirtschaft» jedoch dem Regierungsrat (Art. 2 Abs. 2 Gehaltsdekret). Für das Pflegepersonal sah er Einreihungen in den Klassen 10 bis 17 vor (Anhang 1 zum Gehaltsdekret).
Der Regierungsrat regelte hierauf die weiteren Einzelheiten in der Gehaltsverordnung vom 26. Juni 1996 (GehV). Dabei wies er die Funktionen «dipl. Krankenschwester/-pfleger DN II» und «dipl. Krankenschwester/-pfleger mit dreijähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS» der Gehaltsklasse 15 zu (vgl. Anhang I zur Gehaltsverordnung), obwohl die Bewertungskommission im Rahmen der analytischen Arbeitsplatzbewertung, die der Besoldungsrevision zugrunde lag, im November 1991 gestützt auf die Arbeitswerte für die Schlüsselstelle 302 (Regula Brassel/Dipl. Krankenschwester AKP/Frauenspital) eine Einreihung in der Besoldungsklasse 17 vorgeschlagen hatte.
Die Sektion Bern des Schweizer Berufsverbandes der Krankenschwestern und Krankenpfleger sowie Liliane Stoffel, Veronika Schneckenburger und Monika Mäder-Wegmüller haben hiergegen am 20. September 1996 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Sie beantragen, die «'Einreihung der Stellen in die Gehaltsklassen' (Anhang zur Gehaltsverordnung des Kantons Bern vom 26. Juni 1996) sei insoweit aufzuheben, als die Einreihung der diplomierten Krankenschwester/-pfleger (Diplomniveau II) sowie der diplomierten Krankenschwester/-pfleger mit 3-jähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS, in die Gehaltsklasse 15 vorgeschrieben wird». Sie machen geltend, die «Zurückstufung» der entsprechenden Funktionen durch den Regierungsrat sei aus finanzpolitischen Gründen erfolgt, nachdem die Arbeitsplatzanalyse einen zu grossen Aufholbedarf ergeben habe; sie vermöge sich auf keine sachlichen Gründe zu stützen. Ein typischer Frauenberuf werde dadurch weiter indirekt diskriminiert, was
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
verletze.
Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten bzw. sie abzuweisen.
Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels haben die Parteien an ihren Ausführungen und Anträgen festgehalten. In ihrer Beschwerdeergänzung
BGE 125 I 71 S. 74
rügen die Beschwerdeführerinnen zusätzlich die Überführung des alten in das neue Lohnsystem, die ein lohnmässiges «Aufholen» der Krankenschwestern/-pfleger trotz eines ausgewiesenen Bedürfnisses «vereitle»; zudem stellen sie verschiedene weitere Aspekte des Arbeitsplatzbewertungsverfahrens in Frage (Konfundierung und Gewichtung verschiedener Merkmale/geschlechterspezifische Zusammensetzung der Projektorganisation).
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt,
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1.
a) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Einreihung der Funktionen «dipl. Krankenschwester/-pfleger DN II» und «dipl. Krankenschwester/-pfleger mit dreijähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS» in die Gehaltsklasse 15. Gegen eine solche generell-abstrakte Regelung ist auch nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151) nur die staatsrechtliche Beschwerde gegeben: Zwar stellt das Gleichstellungsgesetz nicht bloss eine Grundsatz- oder Rahmenregelung dar, an die sich das kantonale Recht halten muss, sondern es bildet vielmehr - soweit es um Fragen der Gleichstellung von Frau und Mann geht - selber die Grundlage für den kantonalen Entscheid, auch wenn dieser im Rahmen eines Rechtsstreits um an sich kantonal geregelte Besoldungsansprüche für öffentlichrechtlich Angestellte ergeht (
BGE 124 II 409
E. 1d/ii S. 417). Dies gilt indessen zum Vornherein nicht, wenn wie hier ein kantonaler Gesetzesakt als solcher angefochten wird. Nach
Art. 13 Abs. 1 GlG
richtet sich der Rechtsschutz bei öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist auf den individuellen Rechtsschutz ausgerichtet (vgl.
Art. 97 OG
in Verbindung mit
Art. 5 VwVG
) und kennt keine abstrakte Normenkontrolle (vgl.
BGE 112 Ia 180
E. 2c S. 185 f., mit Hinweisen; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 133 f.). Einzelne Bestimmungen einer kantonalen Besoldungsverordnung können im Hinblick auf eine allfällige Verletzung von
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
deshalb - wie bisher - nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (zur verfahrensrechtlichen Ausgangslage vor Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes:
BGE 120 Ia 95
E. 1c/bb
BGE 125 I 71 S. 75
S. 98 f.; vgl. allgemein auch MARGRITH BIGLER-EGGENBERGER, in: Margrith Bigler-Eggenberger/Claudia Kaufmann [Hrsg.], Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Basel 1997, Rz. 32 zu Art. 13).
b) aa) Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist legitimiert, wer durch die angefochtene Bestimmung unmittelbar oder virtuell (d.h. mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal) in seiner rechtlich geschützten Stellung betroffen wird (
Art. 88 OG
;
BGE 124 I 11
E. 1b S. 13, mit Hinweis). In diesem Rahmen kann ein als juristische Person konstituierter Verband die Interessen einer Mehrheit oder einer Grosszahl seiner Mitglieder vertreten, soweit deren Wahrung zu seinen statutarischen Aufgaben gehört und die einzelnen Mitglieder ihrerseits beschwerdebefugt wären (sog. «egoistische Verbandsbeschwerde»:
BGE 119 Ib 374
E. 2a S. 376 ff.;
BGE 113 Ib 363
E. 2a S. 365; bestätigt in
BGE 123 II 376
E. 5b/dd S. 384).
bb) Die Sektion Bern des Schweizer Berufsverbandes der Krankenschwestern und Krankenpfleger ist als Verein nach
Art. 60 ZGB
konstituiert. Gemäss Art. 3 lit. a ihrer Statuten hat sie «die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Behörden, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie andern Organisationen» zu wahren. Durch die umstrittene Einstufung wird - zumindest virtuell - ein grosser Teil bzw. eine Mehrzahl ihrer Mitglieder betroffen, die ihrerseits beschwerdebefugt wären. Sie ist deshalb zur Erhebung der vorliegenden Verbandsbeschwerde legitimiert.
cc) Die privaten Beschwerdeführerinnen waren bei Beschwerdeeinreichung als dipl. Kinderkrankenschwestern am Kantonalen Frauenspital Bern bzw. als dipl. Psychiatrieschwester an der Psychiatrischen Universitätsklinik Waldau tätig und somit durch die beanstandete Einreihung betroffen. Dass der Kanton, wie er einwendet, seit Anfang 1997 das Frauenspital nicht mehr betreibt und selber nur noch drei psychiatrische Kliniken unterhält, ändert hieran nichts, da die Beschwerdeführerinnen auf jeden Fall als potentielle Bedienstete des Kantons durch die gerügte Einreihung virtuell berührt bleiben. Ob die von ihnen geltend gemachten Interessen tatsächlich verletzt sind, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung. Der Einwand, der Kanton selber beschäftige im Gegensatz zu den Gemeinden, Gemeindeverbänden oder privaten Betrieben einen hohen Anteil an männlichem Pflegepersonal, weshalb zum Vornherein nicht von einer einen typischen Frauenberuf betreffenden Regelung ausgegangen werden könne, vermag die Legitimation der Beschwerdeführerinnen deshalb nicht in Frage zu stellen.
BGE 125 I 71 S. 76
c) Nach
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurzgefasste Darstellung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Der Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung gilt im Bereich der Verfassungsbeschwerde nicht. Das Bundesgericht beschränkt sich auch bei der abstrakten Normenkontrolle auf die Prüfung rechtsgenügend vorgebrachter Rügen (vgl.
BGE 118 Ia 64
E. 1b S. 67;
BGE 113 Ia 126
E. 5 S. 131). Entgegen den Einwänden des Kantons Bern genügt die vorliegende Eingabe grundsätzlich diesen Anforderungen: Die Beschwerdeführerinnen machen zwar nicht ausdrücklich geltend, die beanstandete Einstufung sei innerhalb des Gefüges der neuen kantonalen Besoldungsordnung, d.h. im Vergleich mit anderen Einreihungen, im Ergebnis geschlechtsdiskriminierend, indem vergleichbare andere gleichwertige Tätigkeiten von Männern besser entlöhnt würden oder die Entlöhnung der Krankenschwestern bzw. -pfleger im Vergleich zu gleichwertigen männlichen Tätigkeitszweigen zu niedrig sei. Sie wenden jedoch ein, der Regierungsrat habe einen «typischen Frauenberuf» insofern (indirekt) diskriminiert, als er ohne sachlichen Grund entgegen der Empfehlung der Bewertungskommission die Funktionen «dipl. Krankenschwester/-pfleger DN II» und «dipl. Krankenschwester/-pfleger mit dreijähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS» um zwei Gehaltsklassen «zurückgestuft» und damit von der im Rahmen der Arbeitsplatzbewertung ermittelten Gleichwertigkeit mit den der 17. Gehaltsklasse zugewiesenen Tätigkeiten ausgenommen habe. Hierzu bedarf es keiner weiteren spezifischen Vergleiche. Sollte der Regierungsrat ohne einen rechtsgenügenden Grund einen typischen Frauenberuf deutlich unter den errechneten Arbeitswert zurückgestuft haben, wäre dies geeignet, direkt
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
zu verletzen. In diesem Fall wäre nicht noch zu belegen, was sich letztlich bereits aus der Arbeitsplatzbewertung selber ergäbe. Nach
Art. 6 GlG
wird eine Diskriminierung hinsichtlich der Entlöhnung vermutet, wenn eine solche von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Zwar ist diese Bestimmung im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, in dem sich das Bundesgericht mit Rücksicht auf die verfassungsmässige Kompetenzordnung im föderalistischen Bundesstaat allgemein eine gewisse Zurückhaltung auferlegt (
BGE 118 Ia 64
E. 2c S. 72, mit Hinweis), an sich nicht direkt anwendbar, doch ist dem
BGE 125 I 71 S. 77
darin zum Ausdruck gebrachten Wertentscheid zumindest insofern Rechnung zu tragen, als im Rahmen von
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
keine überspitzten Anforderungen an die Rüge- und Begründungspflicht gestellt werden dürfen.
d) aa) Dies bedeutet indessen nicht, dass die Beschwerdeführerinnen im bundesgerichtlichen Verfahren jederzeit noch alle möglichen Rügen vorbringen könnten. Beschwerdegegenstand vor Bundesgericht bildet die rechtzeitig und begründet angefochtene kantonale Regelung. Das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle kann nicht während der Instruktion auf mit konkreten Einstufungsvorgängen verbundene spätere kantonale Akte oder nachträglich auf weitere Bestimmungen des ursprünglichen Erlasses ausgedehnt werden. Findet in Anwendung von
Art. 93 Abs. 2 OG
ein zweiter Schriftenwechsel statt, so ist eine Beschwerdeergänzung nur soweit zulässig, als erst die Erwägungen der kantonalen Behörden hierzu Anlass geben. Anträge und Rügen, die bereits in der Beschwerde selber hätten gestellt bzw. vorgebracht werden können, sind unstatthaft; innert der Beschwerdefrist Versäumtes darf nicht im zweiten Schriftenwechsel nachgeholt werden (vgl.
BGE 118 Ia 305
E. 1c S. 308;
BGE 102 Ia 211
E. 1 S. 213;
99 Ia 364
E. 1 S. 366;
BGE 98 Ia 491
E. 1b S. 494; Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 376 f.).
bb) Die Beschwerdeschrift vom 20. September 1996 richtete sich ausschliesslich gegen die von den Beschwerdeführerinnen als «Rückstufung» bezeichnete Einreihung der umstrittenen Funktionen in die Besoldungsklasse 15 statt 17.
Dies ergibt sich unzweideutig aus ihrer Beschwerdebegründung, wenn sie festhalten: «Beide Funktionen, welche der Schlüsselstelle 'diplomierte Krankenschwester AKP' entsprechen, wurden gegenüber dem Ergebnis der analytischen Arbeitsplatzbewertung im Laufe des politischen Prozesses um zwei Gehaltsklassen hinuntergestuft und in Gehaltsklasse 15 eingereiht. Gegen diese Mindereinstufung richtet sich die vorliegende Beschwerde». Auf die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 3. Juli 1997 ist deshalb nicht einzutreten, soweit die Beschwerdeführerinnen darin anhand abstrakter Beispiele nachträglich neu geltend machen, der Kanton Bern verletze
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
auch durch die vorgesehene frankenmässige Überführung in das neue Besoldungssystem und die für die Bediensteten im Pflegebereich vorgesehenen Anlaufstufen: Sowohl die frankenmässige Überführung wie auch die Anlaufstufen bildeten bereits Gegenstand des Dekrets vom 8. November 1995
BGE 125 I 71 S. 78
(Art. 32 bzw. Art. 9 Gehaltsdekret), ohne dass die entsprechenden Regelungen angefochten worden wären. Die Ausführungsbestimmungen dazu in der Gehaltsverordnung bildeten ihrerseits nicht Gegenstand der Beschwerdeschrift, obwohl die entsprechenden Punkte bereits bei der Beratung des Gehaltsdekrets gerade mit Blick auf die Pflegeberufe zu Diskussionen Anlass gegeben hatten (vgl. Tagblatt des Grossen Rates 1995/6 S. 1091 f. [Votum Widmer] und S. 1099 ff.); schliesslich bezieht sich auch der Beschwerdeantrag allein auf die Einstufung in die Klasse 17. Unter diesen Umständen sind allfällige in der Übergangsregelung bzw. in der (nachträglichen) Festlegung der Anlaufstufen liegende indirekte Diskriminierungen, weil nicht bzw. nicht rechtzeitig angefochten, hier nicht weiter zu berücksichtigen. Sie könnten gegebenenfalls Gegenstand konkreter Lohnklagen bilden, welche das Bundesgericht letztinstanzlich auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin (vgl.
Art. 13 GlG
) zu beurteilen hätte, womit insofern ein hinreichender verfassungsrechtlicher Schutz gewährleistet bleibt (vgl.
BGE 119 Ia 141
E. 5d/cc S. 153, mit Hinweisen).
cc) Die Beschwerdeführerinnen beanstanden in ihrer Beschwerdeergänzung in verschiedener Hinsicht neu auch das im Kanton Bern durchgeführte Bewertungsverfahren als solches. Dieses habe frauendiskriminierende Elemente enthalten und damit dazu beigetragen, «dass der typische Frauenberuf der Krankenschwester gehaltsmässig zu tief eingestuft wurde». Zu diesen Rügen gab an sich wiederum nicht erst die Vernehmlassung des Kantons Anlass, weshalb sie ebenfalls bereits in der Beschwerdeschrift selber hätten erhoben werden müssen. Die entsprechenden Vorbringen erscheinen im Übrigen insofern als widersprüchlich, als sich die Beschwerdeführerinnen gerade selber auf die betreffenden Resultate berufen, um geltend zu machen, der Regierungsrat sei aus rein politischen Überlegungen vom Ergebnis der wissenschaftlichen Analyse abgewichen. Es ist nicht ersichtlich, welches schutzwürdige Interesse die Beschwerdeführerinnen ausserhalb ihres Beschwerdeantrags daran haben könnten, dass sich das Bundesgericht abstrakt mit der Frage nach allfälligen «frauentypischen Diskriminierungsquellen» in den zurzeit gebräuchlichen Arbeitsplatzbewertungen auseinandersetzt. Ihre Kritik überzeugt - wie zu zeigen sein wird (vgl. E. 3) - letztlich aber auch inhaltlich nicht.
2.
a) Die Bundesverfassung (Art. 4 Abs. 2) bzw. das Gleichstellungsgesetz (Art. 3 Abs. 1) verbieten jede direkte oder indirekte Benachteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund
BGE 125 I 71 S. 79
ihres Geschlechts. Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn sich eine Ungleichbehandlung ausdrücklich auf die Geschlechtszugehörigkeit oder auf ein Kriterium stützt, das nur von einem der beiden Geschlechter erfüllt werden kann, und sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt. Von einer indirekten Diskriminierung ist demgegenüber auszugehen, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts ohne sachliche Rechtfertigung gegenüber jenen des anderen erheblich benachteiligt (BBl 1993 I 1295f.;
BGE 124 II 409
E. 7 S. 424 f., mit Hinweisen).
b) Eine verpönte Ungleichbehandlung besteht insbesondere, wenn Frau und Mann für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit unterschiedlich entlöhnt werden (
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
;
Art. 3 Abs. 2 GlG
). Untersagt sind Lohnunterschiede, die auf geschlechtsspezifischen Umständen beruhen (
BGE 117 Ia 270
E. 2b S. 273, mit Hinweisen). Dabei kann sich eine Diskriminierung sowohl aus der generellen Einstufung bestimmter geschlechtsspezifischer Funktionen ergeben als auch aus der konkreten Entlöhnung einer bestimmten Person im Vergleich zu einer solchen des anderen Geschlechts (vgl. den Sachverhalt von
BGE 113 Ia 107
ff.). Der Begriff der gleichwertigen Arbeit umfasst nicht bloss ähnliche, das heisst gleichartige Arbeiten, sondern bezieht sich darüber hinaus im Zusammenhang mit sogenannten versteckten Lohndiskriminierungen auch auf Arbeiten unterschiedlicher Natur (
BGE 117 Ia 270
E. 2b S. 273, mit Hinweisen).
c) aa) Ob Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, kann nicht wissenschaftlich objektiv und wertfrei entschieden werden, sondern hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können (vgl. Andreas C. Albrecht, Der Begriff der gleichwertigen Arbeit im Sinne des Lohngleichheitssatzes «Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit» [
Art. 4 Abs. 2 BV
], Basel 1998, S. 29 f., 33 f. und 162). Die verschiedenen arbeitswissenschaftlichen Bewertungsverfahren unterscheiden sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen; keines ist dabei verfassungsrechtlich allein zulässig: Den zuständigen Behörden steht bei der Ausgestaltung des Besoldungssystems im öffentlichen Dienst ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu; sie können aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte jene Tatbestandsmerkmale auswählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen (
BGE 123 I 1
E. 6b/c S. 8;
BGE 121 I 49
E. 4c S. 53 f.). Das Lohngleichheitsgebot schränkt diesen grossen Ermessensspielraum
BGE 125 I 71 S. 80
nicht grundsätzlich ein; es bedeutet nicht, dass nur noch eine ganz bestimmte Methode für die Bewertung von Arbeitsplätzen zulässig wäre, und es legt nicht positiv fest, welcher Massstab anzuwenden ist; das Lohngleichheitsgebot verbietet allein die Wahl geschlechtsdiskriminierender Bewertungskriterien (
BGE 124 II 409
E. 9b S. 427).
bb) Als geschlechtsspezifisch - und ohne sachliche Rechtfertigung diskriminierend - haben Anforderungsmerkmale zu gelten, welche von den Angehörigen eines Geschlechts wesentlich leichter oder anteilmässig wesentlich häufiger erfüllt werden können als von den Angehörigen des andern. Hingegen dürfen nicht Kriterien als geschlechtstypisch bezeichnet werden, die - ohne die genannten Bedingungen zu erfüllen - bloss aufgrund traditioneller gesellschaftlicher Rollenbilder einem Geschlecht zugeschrieben werden. Diese würden damit lediglich verstärkt, was dem verfassungsmässigen und gesetzlichen Gleichstellungsgebot geradezu widerspräche. Ob ein bestimmtes, einer Arbeitsplatzbewertung zugrundeliegendes Kriterium geschlechtstypisch ist, muss entweder aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung oder durch wissenschaftliche Untersuchungen statistisch nachweisbar sein. Bloss unbewiesene oder nicht glaubhaft gemachte Behauptungen oder Vermutungen, bestimmte Eigenschaften seien spezifisch weiblich oder männlich, können demgegenüber nicht genügen (
BGE 124 II 409
E. 9d S. 428 f.).
3.
Vor diesem Hintergrund gehen die von den Beschwerdeführerinnen gegen das Bewertungssystem erhobenen Einwände an der Sache vorbei, soweit darauf einzutreten ist (vgl. oben E. 1d/cc):
a) Der Kanton Bern hat seiner strukturellen Besoldungsrevision im Wesentlichen eine «Vereinfachte Funktionsanalyse» zugrunde gelegt, wie sie vom Bundesgericht im Kanton Zürich bereits als nicht bundesrechtswidrig beurteilt worden ist (
BGE 124 II 409
E. 10 S. 429 ff.). Der Einwand, die Auswahl und Gewichtung der Kriterien, namentlich die gegenüber dem Kriterium «Ausbildung/Erfahrung» und «Geistige Anforderungen/Belastung» geringe Bedeutung der «Psychischen Anforderungen» benachteilige die Frauen, setzte voraus, dass das entsprechende Kriterium von diesen wesentlich einfacher erfüllt werden könnte als von Männern und dass typische Männerberufe bzw. «neutrale» Berufe diesbezüglich regelmässig tiefere Anforderungen stellten; dies ist jedoch weder gerichtsnotorisch noch nachgewiesen oder glaubhaft gemacht (
BGE 124 II 409
E. 10d S. 430). Das betreffende Kriterium fand denn mit der gleichen
BGE 125 I 71 S. 81
Gewichtung auch ohne weiteres auf typische Männerberufe mit starken psychischen Anforderungen und Belastungen Anwendung (z.B. Polizisten usw.).
b) Soweit die Beschwerdeführerinnen einwenden, die Kriterien «Ausbildung/Erfahrung» und «geistige Anforderungen/Belastung» überschnitten sich und bewirkten eine Mehrfachbewertung der intellektuellen Anforderungen der analysierten Funktionen, übersehen sie, dass auch der analytischen Arbeitsplatzbewertung Wertentscheide zugrunde liegen (vgl.
BGE 124 II 409
E. 9b S. 426 f.). Diese sind nur zu beanstanden, soweit sie im dargelegten Sinn geschlechtsdiskriminierend wirken. Wenn der Realität in der Arbeitswelt entsprechend intellektuelle Merkmale bei der Bewertung in grösserer Zahl oder stärker gewichtet Berücksichtigung finden als körperliche Anforderungen, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies typische Frauenberufe diskriminieren soll. Dass die nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen untergewichteten psycho-sozialen Kriterien frauenspezifisch wären, ist ebensowenig erstellt wie der Einwand, das Kriterium «Zwischenmenschliche Beziehungen» sei frauenbegünstigend und deshalb zu wenig berücksichtigt (vgl.
BGE 124 II 409
E. 10d am Ende S. 430). Im übrigen weist der Kanton Bern zu Recht darauf hin, dass selbst die von den Beschwerdeführerinnen zitierten Experten Katz und Baitsch bezüglich ihres Systems vorschlagen, den intellektuellen Bereich mit 25-50%, den psycho-sozialen mit 20-40%, den physischen mit 5-25% und die Verantwortung mit 20-30% zu gewichten (Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann [Hrsg.], KATZ/BAITSCH, Lohngleichheit für die Praxis, 2. Aufl., Bern 1997, S. 40 f. [FN 20]).
c) Schliesslich ist nicht ersichtlich, inwiefern der Einwand, die mit der Bewertung betrauten Organe seien überwiegend mit Männern und hohen «KadermitarbeiterInnen» besetzt gewesen, eine verfassungswidrige Diskriminierung zu begründen vermöchte: Im Rahmen des Bewertungsverfahrens war in erster Linie Sachkunde gefragt. Ein absoluter Anspruch auf eine mehrheitliche oder paritätische Vertretung des einen oder anderen Geschlechts lässt sich
Art. 4 Abs. 2 BV
entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht entnehmen (vgl.
BGE 123 I 152
ff.).
4.
Unter diesen Umständen bleibt zu prüfen, ob der Regierungsrat, wie die Beschwerdeführerinnen geltend machen, aus sachlich nicht gerechtfertigten, das heisst nicht arbeitsspezifisch begründbaren, Überlegungen mit den umstrittenen Funktionen einen typischen Frauenberuf - und nur diesen - um zwei Klassen zurückgestuft hat.
BGE 125 I 71 S. 82
a) Nach
Art. 6 GlG
wird bezüglich der Entlöhnung eine Diskriminierung vermutet, wenn eine solche von der betroffenen Person glaubhaft gemacht ist. Es obliegt in diesem Fall der Gegenpartei, den Beweis der Nichtdiskriminierung zu erbringen. Das Bundesgericht hat die Tatsache, dass eine bestimmte Massnahme, die sich für die Betroffenen negativ auswirkt, einseitig zum Nachteil eines geschlechtsspezifischen Berufs getroffen wird oder sich so auswirkt, als gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Diskriminierung gewertet. Es erklärte
Art. 6 GlG
deshalb in einem Fall anwendbar, bei dem - wie hier - eine im Bewertungsverfahren vorgeschlagene Einreihung in die Klasse 17 nachträglich in eine solche in der Klasse 15 korrigiert worden war. Gestützt auf die Erklärungen des betroffenen Kantons verneinte es in der Folge jedoch eine geschlechtsspezifische Diskriminierung, da sich die gerügte Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen liess (geringere Arbeitszeit von Kindergärtnerinnen gegenüber Primarlehrkräften;
BGE 124 II 436
E. 7, 8 und 9). Die Frage, ob und inwiefern
Art. 6 GlG
allenfalls sinngemäss auch im vorliegenden Normenkontrollverfahren Anwendung findet bzw. sich eine ähnliche verfahrensrechtliche Regel unmittelbar aus
Art. 4 Abs. 2 BV
ergeben könnte (vgl. hierzu:
BGE 118 Ia 35
ff.), braucht nicht abschliessend beurteilt zu werden, da sich die beanstandete Abweichung (zumindest im Rahmen des Prüfungsprogramms einer abstrakten Normenkontrolle [vgl. hierzu:
BGE 118 Ia 64
E. 2c S. 72) als sachlich vertretbar und systemkonform erweist. Es ist deshalb auch dem Einwand nicht weiter nachzugehen, bei den entsprechenden Funktionen handle es sich, soweit der Kanton als unmittelbarer Arbeitgeber betroffen sei, gar nicht um typische Frauenberufe.
b) Der Regierungsrat begründet die Einstufung der Funktionen «dipl. Krankenschwester/-pfleger DN II» bzw. «dipl. Krankenschwester/-pfleger mit dreijähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS» in die Gehaltsklasse 15 in erster Linie damit, dass die in der Schlüsselposition 302 beurteilte Tätigkeit von Regula Brassel, welche im November 1991 zu einer provisorischen Einreihung in die Klasse 17 geführt hatte, nicht den Anforderungen einer Krankenschwester mit normaler Grundausbildung entsprochen habe. Die beurteilte Stelle sei eine solche in einer spezifischen, speziell anspruchsvollen Pflegesituation gewesen (Onkologie), welche an sich eine Zusatzausbildung erfordert hätte, weshalb sich der Antrag der Bewertungskommission nicht auf eine «normale» Krankenschwester mit Basisausbildung bezogen habe.
BGE 125 I 71 S. 83
c) Mag auch auf den ersten Blick erstaunen, dass dies der Bewertungskommission entgangen sein könnte, so hält die Einschätzung des Regierungsrats einer verfassungsrechtlichen Prüfung doch stand:
aa) Aus dem Stellenbeschrieb und dem Interview mit Regula Brassel ergibt sich, dass diese eine ganze Reihe von sehr anspruchsvollen und belastenden Aufgaben in einem Bereich zu erfüllen hatte (Pflege und Betreuung von Tumorpatientinnen [Onkologie]), der besonders hohe Anforderungen stellt. Mangels einer Stationssekretärin musste sie neben den pflegerischen Aufgaben überdurchschnittlich viele Administrativgeschäfte erledigen. Im übrigen unterhielt sie in ihrer Funktion in mehreren Bereichen regelmässige Kontakte nach aussen (Abteilung Onkologie, Strahlentherapie, Radiologie, Nuklearmedizin und Stomaberatung des Inselspitals). Regula Brassel wies ausdrücklich selber darauf hin, dass für ihre Funktion eine höhere Fachausbildung (Onkologie) wünschbar erschiene. Die Beschwerdeführerinnen wenden zwar ein, diese Aufgaben entsprächen den durchschnittlichen Anforderungen an eine Krankenschwester schlechthin. Wie es sich damit verhält, braucht hier indessen nicht weiter untersucht zu werden: Es liegt verfassungsrechtlich im Rahmen des dem kantonalen Besoldungsgebers zustehenden Spielraums, einen Einsatz im Gebiet der Onkologie (oder etwa der Intensivstation bzw. des Operationssaals) als speziell anspruchsvoll zu beurteilen und diese Tatsache einstufungsmässig entsprechend zu berücksichtigen.
bb) Die Einschätzung des Bewertungsausschusses im November 1991, auf die sich die Beschwerdeführerinnen berufen, bildete lediglich einen ersten provisorischen Plan für die Einreihung der Schlüsselstellen und schloss das Bewertungsverfahren nicht ab. Dessen Resultate waren mit Blick auf den vollständigen Einreihungsplan im Folgenden zu vernetzen und weiter zu überprüfen. In diesem Rahmen traf der Bewertungsausschuss bei den von ihm beurteilten 130 Schlüsselstellen selber 19 Minus- und 15 Plusklassenkorrekturen; schon ihm selber schienen damit in 26% der Fälle Änderungen angezeigt. Der Regierungsrat, der einen Einreihungsplan für 507 Stellen auszuarbeiten hatte, war seinerseits gehalten und berechtigt, allfällige weitere für die innere Struktur und das Lohngefüge nötige Anpassungen vorzunehmen. Es ist nicht ersichtlich, warum dem vorbereitenden Gremium in den zur Diskussion stehenden besoldungsrechtlichen Ermessensfragen eine höhere Sachkompetenz und Legitimation zustehen sollte als den für den politischen Entscheid
BGE 125 I 71 S. 84
zuständigen Instanzen aufgrund der fachkundigen Beurteilung durch die Verwaltung. Der Regierungsrat hatte neben den umstrittenen Funktionen im Pflegebereich 21 weitere Stellen einzureihen, wobei ihm hierfür (von den Führungsfunktionen abgesehen) nach dem Anhang 1 des Gehaltsdekrets eine Bandbreite von Gehaltsklasse 10 bis 17 offen stand. Wenn er dabei die Besoldungsklasse 17 für «dipl. Krankenschwestern/-pfleger mit Zusatzausbildung IKP, IPS, OP etc.» vorbehielt, d.h. für Schwestern bzw. Pflege-Spezialisten und Spezialistinnen mit «ausserordentlich grosser Verantwortung und Risiko; Einsatzgebiet OP, Intensivstation, Onkologie etc.» war dies systemkonsequent. Die Umschreibung entsprach inhaltlich der von Regula Brassel ausgeübten Tätigkeit. Jene verfügte zwar nicht über die hierzu an sich nötige Zusatzausbildung, doch nahm sie die entsprechende Funktion dennoch voll wahr. Dies genügte, da für die Einreihung in eine Klasse der Richtpositionen in erster Linie nicht der Ausbildungsgang entscheidend war, sondern die Fähigkeit, die Anforderungen einer Stelle tatsächlich vollständig zu erfüllen (vgl. Vortrag der Finanzdirektion vom 12. Mai 1995 betreffend das «Dekret über Gehalt und Zulagen des Personals der bernischen Kantonsverwaltung [Gehaltsdekret]», S. 44). Hätte der Regierungsrat bereits die «Durchschnittskrankenschwester» bzw. den «Durchschnittskrankenpfleger» ohne Zusatzausbildung, wie von den Beschwerdeführerinnen beantragt, in die Gehaltsklasse 17 eingereiht, hätte er die spezifischen Zusatzausbildungen und die besonderen Belastungen in gewissen Gebieten der Krankenpflege im Rahmen des vom Grossen Rat beschlossenen Einreihungsplans für das Pflegepersonal kaum mehr berücksichtigen können.
d) Die Beschwerdeführerinnen wenden ein, die Zurückstufung sei in Wirklichkeit aus rein finanziellen Überlegungen erfolgt. Indem sich der Regierungsrat auf die Besoldung der Krankenschwestern in anderen Kantonen berufe, rechtfertige er diskriminierende Besoldungen mit anderen diskriminierenden Löhnen. Der Vergleich mit anderswo bezahlten Gehältern verfälsche die innere Lohngerechtigkeit des aufgrund der analytischen Arbeitsplatzbewertung erarbeiteten Systems.
aa) Nach der Rechtsprechung dürfen objektive Umstände, die nicht geschlechtsspezifisch motiviert sind und sich nicht auf die Person oder die Tätigkeit des Arbeitnehmers beziehen, bei der Gehaltsfestsetzung im Rahmen des Anspruchs auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit berücksichtigt werden. Hierzu gehört auch die konjunkturelle Lage, die zumindest zeitweise eine unterschiedliche
BGE 125 I 71 S. 85
Entlöhnung zu begründen vermag, soweit diese nicht an das Geschlecht der betroffenen Beschäftigten gebunden ist (
BGE 118 Ia 35
E. 2c S. 38;
BGE 113 Ia 107
E. 4a S. 116). Der Regierungsrat hat für den Entscheid, die Funktionen «dipl. Krankenschwester/-pfleger DN II» und «Dipl. Krankenschwester/-Pfleger mit dreijähriger Ausbildung AKP, Psy. KP, KWS» in die Klasse 15 einzureihen, neben den auf der Schlüsselstelle 302 erfüllten höheren Anforderungen auch die in anderen Kantonen bezahlten Löhne berücksichtigt. Dies war entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerinnen verfassungsrechtlich nicht unzulässig: Einem Kanton ist es nicht verwehrt, sein Lohnsystem auf einen grösseren Markt auszurichten und die dort bezahlten Gehälter mitzuberücksichtigen, soweit er damit nicht einen typischen Frauenberuf in sachlich ungerechtfertigter Weise und in Abweichung von der Arbeitsplatzbewertung deutlich unterbezahlt. Nachdem für die umstrittene Einstufung ein objektiver, in der beurteilten Arbeit liegender Grund bestand, kann davon vorliegend nicht die Rede sein, zumal der Kanton Bern - bei aller Vorsicht, die bei solchen Vergleichen geboten ist - die Krankenschwestern im neuen System doch wesentlich besser stellt als bisher: Das Grundgehalt in der Klasse 15 beläuft sich auf Fr. 4'753.15; in den Anlaufstufen 01-06 erfolgt die Einstufung auf einer Basis von Fr. 4'681.85 bis Fr. 4'325.35. Diese Beträge liegen relativ deutlich über dem entsprechend berechneten Gehalt von Fr. 4'175.25, wie es unter der bisherigen Regelung für eine «Standardkrankenschwester» (mit drei Alterszulagen) galt. Konkret ist eine Einreihung in die Gehaltsklasse 15 Anlaufstufe 2 vorgesehen; damit erzielen die Krankenschwestern ein Anfangsgehalt von monatlich 4'610.55 und verdienen damit über 400 Franken mehr als unter der bisherigen Regelung. Gemäss VESKA-Statistik 1996 befände sich der Kanton Bern mit dieser Lösung bei den bestbezahlenden Arbeitgebern, selbst wenn davon auszugehen ist, dass inzwischen auch in anderen Kantonen Lohnverbesserungen erfolgt sind. Soweit die Beschwerdeführerinnen in ihren Berechnungen zu ungünstigeren Resultaten kommen, beziehen sich ihre Beispiele auf die Überführung von der alten in die neue Ordnung. Diese wurde von ihnen, wie bereits dargelegt, nicht rechtzeitig formgerecht angefochten, weshalb allfällige Verletzungen von
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
bzw.
Art. 3 GlG
insofern erst auf Klage hin im Einzelfall zu beurteilen wären.
bb) Mit den Beschwerdeführerinnen ist davon auszugehen, dass rein budgetäre Schwierigkeiten eine Abweichung vom verfassungsmässigen Anspruch auf gleichen Lohn nicht zu rechtfertigen vermöchten.
BGE 125 I 71 S. 86
Liegt ein Verstoss gegen das Lohngleichheitsgebot vor, hat der Richter selbst dann einzugreifen, wenn mit der Gutheissung des Anspruchs schwerwiegende Auswirkungen auf das ganze Lohnsystem und die kantonalen Finanzen verbunden sind (
BGE 124 II 436
E. 10g/h S. 454 f., mit Hinweisen). Erweist sich ein bisheriges Lohnsystem als rechtsungleich und diskriminierend, so obliegt es den zuständigen Behörden, die geeigneten Massnahmen zu treffen und die Diskriminierung zu beseitigen. Wenn dabei aus finanzpolitischen Gründen die Gesamtlohnsumme nicht erhöht werden kann, muss die Diskriminierung kostenneutral behoben werden. Vorliegend hat der Grosse Rat zwar die zulässigen Mehrkosten der strukturellen Besoldungsrevision im Hinblick auf die gespannte Finanzlage wiederholt herabgesetzt, wobei insbesondere auch auf die Krankenpflegeberufe, bei denen im Rahmen der Arbeitsplatzbewertung ein überdurchschnittlicher Aufholbedarf ausgemacht worden war, Bezug genommen wurde, doch kann - wie dargelegt - nicht gesagt werden, die umstrittene Einreihung in die 15. Gehaltsklasse sei lediglich aus budgetären Gründen zu Lasten eines typischen Frauenberufs erfolgt. Die von den Beschwerdeführerinnen behauptete Diskriminierung in anderen Kantonen bildet nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens und wird im übrigen nicht weiter belegt (vgl.
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
).
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
bzw.
Art. 3 und 5 GlG
legen zudem ihrerseits nicht einen bestimmten Lohn fest, sondern verbieten nur eine Lohndiskriminierung. Unzulässig kann nicht die Höhe einer Besoldung an sich sein, sondern ausschliesslich eine ungerechtfertigte Lohndifferenz zu einer andern, als gleichwertig beurteilten Tätigkeit beim selben Arbeitgeber oder in einem von diesem abhängigen System (vgl.
BGE 124 II 436
E. 11a S. 456;
BGE 121 I 49
E. 3c S. 51 f.; ELISABETH FREIVOGEL, in: Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, a.a.O., Rz. 105 zu Art. 3). | public_law | nan | de | 1,998 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
4727619b-d878-407f-8cd7-581a5bdb3e90 | Urteilskopf
80 II 271
45. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. September 1954 i. S. Genossenschaftsbäckerei Glarus in Liq. gegen Schneider und Konsorten. | Regeste
Genossenschaftsrecht.
Generalversammlungsbeschlüsse, welche unter Verletzung der Statuten, nachgiebiger Gesetzesbestimmungen oder zwingender, aber lediglich den Schutz privater Interessen bezweckender Vorschriften gefasst werden, sind anfechtbar und nicht nichtig (Art. 883, 888, 891 und 913 OR). | Sachverhalt
ab Seite 271
BGE 80 II 271 S. 271
Aus dem Tatbestand:
A.-
In Glarus bestand seit dem Jahre 1843 die Aktienbäckerei-Gesellschaft. Aus ihr ging im Jahre 1914 durch Umwandlung und Geschäftsübernahme die beklagte Genossenschaftsbäckerei hervor. Sie bezweckte gemäss § 1 ihrer damaligen Statuten, ein "möglichst billiges, vollgewichtiges und schmackhaftes Brot zu liefern".
B.-
Zu den Mitgliedern der Genossenschaftsbäckerei gehörte seit 1914 der Konsumverein Glarus, der keine eigene Bäckerei besass. Er eröffnete 1921 in seiner Filiale. Iselihaus und ab 1931 auch in seinem Hauptlokal Verkaufsstellen für Brot der Genossenschaftsbäckerei. Am 25. August 1942 schlossen die Genossenschaftsbäckerei und der Konsumverein einen Lieferungsvertrag, durch welchen dem Konsumverein, gegen eine Provision von 16%, der Verkauf von Brot und anderen Backwaren in dessen Geschäftslokalen übertragen wurde.
C.-
In ihrer Haupversammlung vom 19. Februar 1944 gab sich die Genossenschaftsbäckerei neue, dem revidierten
BGE 80 II 271 S. 272
OR angepasste Statuten. Sie bestimmen u.a., bei im wesentlichen unveränderter Zweckumschreibung (§ 1):
in § 4: "Mitglied der Genossenschaft kann jede Person, Gesellschaft oder Anstalt werden, die diese Statuten anerkennt und gewillt ist, die Institution der Genossenschaft zu benützen."
in § 7: "... ein Mitglied kann durch die Verwaltungskommission ausgeschlossen werden, unter Rekursrecht an die nächste Hauptversammlung:
wenn es die Genossenschaftsinteressen gefährdet und den Statuten zuwiderhandelt;
wenn es während zwei aufeinanderfolgenden Jahren keine oder auffallend wenig Waren aus der Genossenschaftsbäckerei bezieht;
wenn es ein Konkurrenzgeschäft betreibt" (lit. c).
in § 16: "Die Hauptversammlung ist das oberste Organ der Genossenschaft und es haben ihre statutengemäss gefassten Beschlüsse für alle Mitglieder rechtsverbindliche Kraft. Jede Hauptversammlung ist beschlussfähig..."
in § 17: "Die Traktanden der Hauptversammlung sind den Mitgliedern acht Tage vorher bekannt zu geben..."
in § 33: "Die Hauptversammlung ist jederzeit befugt, mit Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder eine Revision der Statuten zu beschliessen, insofern dieselbe auf der Traktandenliste steht."
in § 34: "Die Auflösung der Genossenschaft kann nur stattfinden, wenn vier Fünftel sämtlicher Mitglieder dies verlangen. Dabei ist der
Art. 913 OR
zu beachten. Die Anwendung dieses
Art. 913 OR
steht der Hauptversammlung zu."
Durch Zeitungsinserat vom 14. Februar 1948 wurden die Mitglieder der Genossenschaftsbäckerei zur ordentlichen Hauptversammlung auf den 27. Februar 1948 eingeladen. Als Traktanden waren vermerkt: "Die statutarischen, gestellte Anträge, Statutenänderung." Die Hauptversammlung vom 27. Februar 1948 beschloss u.a. die Änderung der §§ 17, 18 und 34 der Statuten. § 34 wurde, gegen einen Antrag des Mitgliedes Walcher, der alle Brotbezüger gleich behandeln wollte, in der von der Verwaltungskommission vorgeschlagenen nachstehenden Fassung angenommen:
in § 34: "Eine Auflösung der Genossenschaft kann durch Hauptversammlungsbeschluss mit 4 /5 der abgegebenen Stimmen erfolgen.
BGE 80 II 271 S. 273
Das nach Tilgung sämtlicher Schulden und Rückzahlung der Genossenschaftsanteile verbleibende Vermögen wird gleichmässig auf diejenigen Genossenschafter verteilt, die während ihrer Mitgliedschaft die statutarischen Verpflichtungen erfüllt haben."
D.-
Der ungünstige Rechnungsabschluss für das Jahr 1949 veranlasste die Verwaltungskommission der Bäckereigenossenschaft im Februar 1950, mit dem Konsumverein in Verhandlungen über eine Herabsetzung der zugesicherten Verkaufsprovision zu treten. Der Konsumverein stimmte einer auf das laufende Jahr befristeten Verminderung von 16 auf 13% zu unter der Voraussetzung, dass die Genossenschaftsbäckerei wirksame Massnahmen zur Sanierung des Betriebes ergreife. Am 30. September 1950 kündigte die Bäckereigenossenschaft den Lieferungsvertrag auf den 31. Dezember 1950 in der Meinung, dass für die Zeit ab 1. Januar 1951 ein neues Abkommen geschlossen werde. Hierüber kam indessen keine Einigung zustande. Daraufhin fand am 16. November 1950 eine ausserordentliche Hauptversammlung der Bäckereigenossenschaft statt, welche auf Antrag der Verwaltungskommission die Auflösung der Genossenschaft auf den 31. Dezember 1950 beschloss.
An der ordentlichen Hauptversammlung vom 23. Februar 1951 orientierten die eingesetzten Liquidatoren über den Stand der Liquidation. Sodann teilten sie in einem Zirkularschreiben vom 29. Dezember 1951 an sämtliche Genossenschafter mit, dass nach Rückzahlung der Anteilscheine und Begleichung der Steuern ein Liquidationsergebnis von Fr. 42'880.-- verbleibe. In Bezug auf dessen Verwendung wurde erklärt, dass gemäss § 34 der Statuten in der neuen Fassung von 1948 nur jene Mitglieder anteilsberechtigt seien, welche die Bedingungen der §§ 4 und 7 der Satzung erfüllt haben. Entsprechend erhielten 91 Genossenschafter vorläufige Auszahlungen, während 42 als nicht berechtigt ausgeschiedenen Mitgliedern die erwähnte Auffassung der Liquidatoren in einem zweiten Rundschreiben vom 29. Dezember 1951 gesondert zur Kenntnis gebracht wurde.
BGE 80 II 271 S. 274
E.-
Gegen dieses Vorgehen erhob die Genossenschafterin Frau Schneider-Jakober Einsprache. Sie behauptete, durch Kauf des Brotes in der Filiale des Konsumvereins ihren Verpflichtungen genügt zu haben, und verlangte ihren vollen Liquidationsanteil. Da sie auf Ablehnunng stiess, reichte sie zusammen mit 12 weiteren Genossenschaftern, unter ihnen dem Konsumverein Glarus, gegen die Genossenschaftsbäckerei in Liq. Klage ein über die Streitfragen:
"Ist nicht gerichtlich festzustellen, dass die Änderung der Statuten der Beklagten vom 27. Februar 1948 ungültig ist, und dass damit insbesondere § 34 der Statuten der Beklagten in der Fassung vom 19. Februar 1944 gültig ist?
Eventuell:
1. Ist nicht gerichtlich festzustellen, dass die Kläger während ihrer Mitgliedschaft die statutarischen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber erfüllt haben?
2. Ist die Beklagte deshalb nicht verpflichtet, die Kläger bei der Verteilung des Liquidationserlöses als vollberechtigte Genossenschafter anzuerkennen und ihnen vorläufig eine erste Auszahlung von je Fr. 300.--, abzüglich Verrechnungs- und Couponsteuer in der Höhe von Fr. 90.- auszubezahlen?
3. Ist die Beklagte nicht verpflichtet, den Klägern von weitern Liquidationszahlungen die gleichen Anteile zukommen zu lassen, wie den übrigen vollberechtigten Mitgliedern?"
Das Zivilgericht Glarus hiess für die Kläger Nr. 8 und 13 die Eventualbegehren gut und wies im übrigen die Klage ab. Demgegenüber schützte das Obergericht des Kantons Glarus mit Urteil vom 2./16. März 1954 das Klage-Hauptbegehren, womit ein Eintreten auf die Eventualbegehren sich erübrigte.
F.-
Die Beklagte legte Berufung an das Bundesgericht ein. Sie beantragt, es sei die Klage, soweit nicht vom Kläger Nr. 8 angestrengt, vollumfänglich abzuweisen, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Die Berufung richtet sich in erster Linie gegen die Ungültigerklärung der Statutenänderung vom 27. Februar 1948 durch das Obergericht. Sie hält daran fest, dass
BGE 80 II 271 S. 275
der bezügliche Generalversammlungs-Beschluss höchstens anfechtbar gewesen wäre, aber keinesfalls nichtig sei.
a) Das Zeitungsinserat vom 14. Februar 1948, mit welchem die Genossenschafter zur Hauptversammlung vom 27. Februar 1948 geladen wurden, erwähnte zwar "Statutenänderung" als Verhandlungsgegenstand. Aber im Widerspruch zu
Art. 883 Abs. 1 OR
enthielt es keine Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts der vorgeschlagenen Neuerung. Daher konnte hierüber gemäss
Art. 883 Abs. 2 OR
an der Generalversammlung vom 27. Februar 1948 kein Beschluss gefasst werden. Die trotzdem angenommene Änderung der §§ 17, 18 und 34 der Statuten war also gesetzwidrig.
Daraus haben die kantonalen Gerichte verschiedene Folgerungen gezogen, indem das Zivilgericht blosse Anfechtbarkeit, das Obergericht aber Nichtigkeit der Statutenrevision annahm. Das Bundesgericht hat bereits in einem unveröffentlichten Urteil vom 22. November 1939 in Sachen Wildenthaler und Neu-Email A.-G. c. St. Gallen entschieden, dass ein Beschluss anfechtbar und nicht nichtig sei, wenn er "nur die Statuten, Gesetzesbestimmungen dispositiven Rechts oder Vorschriften, die zwar zwingend sind, aber lediglich den Schutz der privaten Interessen der einzelnen Aktionäre bezwecken", verletze. Dabei wurde den Vorschriften der letztgenannten Art auch die dem
Art. 883 OR
entsprechende in
Art. 700 OR
beigezählt. Von dieser Praxis abzugehen ist kein Anlass. Sie wahrt den Grundsatz unter Vermeidung nachteiliger Rechtsunsicherheit, wie sie die einschneidenden Folgen der Nichtigkeit bewirken müssten (vgl. WIELAND, Handelsrecht II S. 103). ... Dass, wie die Vorinstanz beifügt, der wesensmässige Unterschied zwischen den beiden Gesellschaftsformen "Analogieschlüsse vom Aktien- zum Genossenschaftsrecht" verbiete, ist an sich unrichtig (vgl. z.B.
BGE 78 II 155
) und hier überdies deswegen verfehlt, weil es gar nicht um "eine analoge Anwendung gewisser gesetzlicher Bestimmungen aus dem Aktienrecht auf das
BGE 80 II 271 S. 276
Genossenschaftsrecht" geht, sondern einfach um die Auslegung einer der aktienrechtlichen analogen genossenschaftsrechtlichen Vorschrift.
Da nun weder die Kläger noch andere Genossenschafter ihr in
Art. 891 OR
vorbehaltenes Recht zur Anfechtung des umstrittenen Generalversammlungs-Beschlusses vom 27. Februar 1948 ausgeübt haben, ergibt sich, dass die neue Fassung des § 34 der Statuten rechtswirksam ist, es wäre denn, ein sonstiger Mangel würde die Nichtigkeit bewirken.
b) Zur Bekräftigung ihrer grundsätzlichen Anschauung führt die Vorinstanz aus, die Beschränkung der Anteilsberechtigung am Liquidationsüberschuss nach Massgabe des in der Generalversammlung vom 27. Februar 1948 gutgeheissenen Satzungstextes bringe eine "Diskriminierung" aller Genossenschafter mit sich, welche Brot und Backwaren der Beklagten statt in deren Ladengeschäft beim Konsumverein gekauft hatten; das sei umso stossender, als Mitgliederausschlüsse wegen ungenügender Warenbezüge unterblieben waren und die Brotablage in der Konsumfiliale Iselihaus für die Bewohner naher Quartiere eine willkommene Bequemlichkeit dargestellt habe.
Die Nichtigkeit der Statutenänderung von 1948 liesse sich aus solchen Überlegungen höchstens dann herleiten, wenn diese einen rechts- oder sittenwidrigen Inhalt des neuen § 34 zu belegen vermöchten. Davon kann ernsthaft nicht die Rede sein. § 34 der Satzung verletzt keine zwingenden Gesetzesbestimmungen. Indem er für den Fall der Auflösung der Genossenschaft die Verwendung des Liquidationsüberschusses festlegt, macht er erlaubten Gebrauch von der in
Art. 833 Ziff. 8 und 913 OR
eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Weil die gewählte Lösung sich im Rahmen der nachgiebigen Gesetzesordnung bewegt, liegt auch keine Beeinträchtigung der in
Art. 854 OR
vorgesehenen Rechtsgleichheit unter den Genossenschaftern vor. Dass eine Genossenschaft die Beteiligung am Liquidationsüberschuss von der Erfüllung der statutarischen
BGE 80 II 271 S. 277
Mitgliedschaftspflichten abhängig macht, ist sachlich weder mit der guten Sitte unvereinbar noch unbillig. Endlich war, wie bereits das Zivilgericht hervorgehoben hat, seit der Generalversammlung von 1948 zufolge Verwerfung des Antrages Walcher zweifelsfrei bekannt, dass Backwarenkäufe beim Konsumverein nicht oder doch nicht länger als Benützung der Institutionen der Genossenschaft galten. Mittlerweile hatten die Kläger annähernd drei Jahre Zeit, um sich durch Direktbezüge von der Beklagten im geforderten Mindestausmass einen Anspruch auf den Liquidationsanteil zu sichern. Selbst wenn man übrigens trotz alledem zugunsten der Kläger unterstellen wollte, der neue § 34 der Statuten sei mit irgendwelchen rechts- oder sittenwidrigen Mängeln behaftet, so könnten diese nach der Natur der Sache keine öffentlichen, sondern nur private Interessen berühren, weshalb nach dem Vorstehenden der Generalversammlungsbeschluss bestenfalls anfechtbar gewesen und niemals nichtig wäre.
c) Gänzlich abwegig ist die Meinung der Vorinstanz, durch den Beschluss auf Änderung des § 34 der Satzung seien den Klägern gegen ihren Willen wohlerworbene Rechte entzogen worden. Abgesehen davon, dass der angeführte
BGE 61 II 171
ohnehin auf den gegebenen Sachverhalt nicht ohne weiteres passen würde, hatten die Mitglieder der Beklagten gemäss § 34 der Statuten von 1944 weder einen wohlerworbenen noch überhaupt einen Anspruch auf Anteil am Liquidationsüberschuss. Vielmehr hätte danach
Art. 913 Abs. 4 OR
Platz greifen, d.h. das Restvermögen zu genossenschaftlichen Zwecken oder zur Förderung gemeinnütziger Bestrebungen verwendet werden müssen, was sowohl die Kläger wie das Obergericht zu verkennen scheinen.
d) Schliesslich bemerkt die Vorinstanz, es sei "durch das Versammlungsprotokoll nicht einmal mit Sicherheit nachgewiesen, dass überhaupt die vom Gesetz verlangte 2/3 Mehrheit der Genossenschafter anwesend gewesen ist
BGE 80 II 271 S. 278
(OR Art. 888 Abs. 2)". Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass es nach der eigens zitierten Gesetzesbestimmung wie nach den §§ 33 und 16 der Satzung für Beschlüsse über Statutenrevisionen einer Mehrheit von zwei Dritteln "der abgegebenen Stimmen" bzw. "der anwesenden Mitglieder", nicht etwa sämtlicher Genossenschafter bedarf. Nun hält die unbestrittene Aufzeichnung im Versammlungsprotokoll vom 27. Februar 1948 fest, dass in der Abstimmung über den Antrag der Verwaltungskommission auf Änderung des § 34 und den abweichenden Antrag Walcher jener "mit überwiegender Mehrheit gegen vereinzelte Stimmen" durchdrang. Geht man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus, so kann nicht bezweifelt werden, dass in einer Kampfabstimmung unter 46 anwesenden Genossenschaftern "vereinzelte Stimmen" die für eine Vereitelung des qualifizierten Mehrs nötige Zahl von 16 nicht erreichen. Ausserdem hätte auch eine Beschlussfassung mit bloss absoluter statt mit Zweidrittels-Mehrheit in Anbetracht des Gegenstandes und der Auswirkungen aus den mehrfach genannten Gründen die Anfechtbarkeit und nicht die Nichtigkeit zur Folge gehabt.
2.
Die damit sich ergebende Abweisung des Klage-Hauptbegehrens zwingt zur Beurteilung der Eventualbegehren. | public_law | nan | de | 1,954 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
4730256a-56ad-41b5-9aec-24d7dc07dc76 | Urteilskopf
109 Ib 116
18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. April 1983 i.S. Ruth Guler gegen Gemeinde Klosters-Serneus und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 5 Abs. 2 RPG
. Materielle Enteignung. Baulinien.
Baulinien führen im allgemeinen nicht zu einem besonders schweren Eingriff in das Eigentum (E. 3, 4).
Fall einer Baulinie, die eine Parzelle in der Hälfte durchschneidet, auf welcher ein modernisierungsbedürftiges Hotel steht. Die Erteilung der Baubewilligung unter der Bedingung, einen Revers zu unterzeichnen, wonach der durch den Einbau von Badezimmern entstehende Mehrwert im Enteignungsfall nicht entschädigt wird, führt im vorliegenden Fall zu keiner materiellen Enteignung (E. 5). | Sachverhalt
ab Seite 116
BGE 109 Ib 116 S. 116
Ruth Guler ist Eigentümerin der an die Kantonsstrasse in Klosters angrenzenden Parzellen Nrn. 432 und 433. Das Grundstück Nr. 432 dient vorwiegend als Parkplatz. Die anschliessende Liegenschaft Nr. 433 stösst als Eckparzelle auch an die Doggilochstrasse an und ist mit dem Hotel Wynegg überbaut. Sie ist gemäss einem von der Gemeinde am 14. April 1981 erlassenen Baulinienplan für die Korrektion der Doggilochstrasse mit einer Baulinie belastet, welche von der heutigen Strassengrenze einen Abstand von 7 m einhält und das Hotelgebäude fast in der Mitte durchschneidet. Bereits eine frühere Baulinie, die gegenüber der Strasse
BGE 109 Ib 116 S. 117
einen Abstand von 4 m festsetzte, belastete das Hotelgebäude gemäss einem Strassen- und Baulinienplan aus dem Jahre 1932.
Am 5. Mai 1981 reichte die Beschwerdeführerin ein Baugesuch Nr. 41/81 für den Umbau einiger Hotel-Zimmer (Balkonausbau) und den Einbau von Badezimmern und Duschen ein. Die approximativen Baukosten wurden im Baugesuch mit Fr. 200'000.-- angegeben. Die Gemeinde erteilte die Baubewilligung am 23. Juni 1981, unter der Bedingung, dass die Beschwerdeführerin einen im Grundbuch anzumerkenden Revers unterzeichne, wonach sie für den Fall der Strassenverbreiterung auf die Entschädigung des mit dem Umbau geschaffenen Mehrwertes verzichte. Die Beschwerdeführerin weigerte sich, diesen Revers zu unterzeichnen. Die Gemeinde verfügte daher am 27. Oktober 1981 folgende Anmerkung im Grundbuch: "Strassenbaulinie; Mehrwert gemäss Baugesuch Nr. 41/1981 innerhalb der Baulinie ohne Vergütung im Enteignungsfall."
Ruth Guler forderte hierauf bei der zuständigen Enteignungskommission V eine Entschädigung aus materieller Enteignung. Da die Gemeinde einen enteignungsgleichen Eingriff verneinte, überwies die Enteignungskommission V die Sache gemäss Art. 22 Abs. 3 des kantonalen Enteignungsgesetzes an das Verwaltungsgericht, welches die Klage abwies. Die dagegen von Ruth Guler erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde weist das Bundesgericht ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Strassen- und Baulinien, welche das Strassenareal begrenzen und die für die Erstellung von Gebäuden massgebenden Linien festlegen, zählen zu dem im kantonalen Recht seit jeher bekannten unentbehrlichen Instrumentarium zur Sicherstellung der geordneten baulichen Entwicklung. Bereits in seiner frühesten Rechtsprechung hatte sich das Bundesgericht wiederholt mit den Eigentumsbeschränkungen zu befassen, die sich aus der Festlegung derartiger Linien ergeben. Es anerkannte das Eigentum als verfassungsmässig garantiertes Recht, hielt jedoch fest, dass die Gesetzgebung dessen Umfang und Inhalt bestimme und dass es daher "den vom objektiven Rechte aufgestellten mitunter sehr intensiven Beschränkungen" unterliege (BGE V (1879) S. 396 E. 4; II (1876) S. 97 E. 8).
Hievon ausgehend anerkannte das Bundesgericht die Verfassungsmässigkeit einer gesetzlichen Regelung, die der im vorliegenden
BGE 109 Ib 116 S. 118
Fall zu beurteilenden Rechtslage nahekommt. Das damals zu beurteilende Luzerner Gesetz sah einerseits vor, dass der Eigentümer eines Bauwerks, welches über eine Baulinie hinausreicht, das Recht verliert, Bauarbeiten auszuführen, welche nicht zum blossen Unterhalt notwendig sind; anderseits ordnete es an, dass die Entschädigung für das abzutretende Land erst bei der Expropriation zu leisten ist (BGE V (1879) S. 538).
In weiteren Fällen bestätigte das Gericht wiederholt, dass die Belastung eines Grundstückes mit Baulinien grundsätzlich auch dann entschädigungslos zu dulden ist, wenn sie auf unbestimmte Zeit gilt (BGE II (1876) S. 97; XVII (1891) S. 59 f., E. 3). Es anerkannte, dass ein Gesetz, das die mit der Festsetzung von Baulinien verbundenen Eigentumsbeschränkungen zeitlich nicht beschränkt und das die Behörden auch nicht verpflichtet, eine Strasse, für welche die Baulinien festgelegt sind, innert bestimmter Frist auszuführen oder die Linien aufzuheben, nicht gegen die Eigentumsgarantie verstösst (BGE XXXI/II (1905) S. 546 oben, S. 553 E. 2).
b) Die neuere Praxis bestätigt, dass Baulinien im allgemeinen nicht zu einem besonders schweren Eingriff in das Eigentum führen. Baulinien beschränken das Grundeigentum in ähnlicher Weise wie dies der Grenz- oder Gebäudeabstand tut, wofür auch keine Entschädigung beansprucht werden kann (
BGE 95 I 461
,
BGE 93 I 343
mit Hinweisen). Soweit die Bau- und Strassenlinien die Grob- und Feinerschliessung des Baugebiets und die Korrektion solcher bestehender Strassen festsetzen (vgl. Art. 4 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes, WEG, vom 4. Oktober 1974), zählen sie zu den üblichen Eigentumsbeschränkungen (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar zum Sachenrecht, Band IV, 1. Abteilung, 1. Teilband, N. 669, S. 253). Die Eigentümer sind in der Regel an der Festsetzung dieser Linien ebensosehr interessiert wie die Allgemeinheit. Diese Feststellung trifft grundsätzlich auch für die Korrektion zu schmaler Strassen zu, verbessert diese doch die Erschliessungsverhältnisse und erlaubt sie wegen des grösseren Baulinienabstandes eine günstigere, möglicherweise höhere Überbauung. Schliesslich können die Nachteile, die aus der Durchschneidung von Parzellen mit Bau- und Strassenlinien entstehen, vielfach mit den hiefür vorgesehenen Parzellordnungsmassnahmen, welche auch auf überbaute Grundstücke anwendbar sind, behoben werden (vgl.
Art. 7-11 WEG
). Dennoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob nicht ausnahmsweise die sich aus einem Baulinienplan
BGE 109 Ib 116 S. 119
ergebenden Beschränkungen den Eigentümer enteignungsähnlich treffen (
BGE 95 I 461
mit Hinweisen).
4.
a) Die Korrektionslinie untersagt die bisherige Nutzung der Häuser nicht. Auch ist ihr Unterhalt möglich, d.h. das Gebäude darf in seiner derzeitigen inneren und äusseren Gestaltung, Form und Zweckbestimmung bestehen bleiben. Dabei rechnet die kantonale Praxis zum Teil auch bauliche Vorkehren, die nicht allein der Erhaltung, sondern auch der Modernisierung dienen, zum Unterhalt, vorausgesetzt, dass sie nicht bauliche Umgestaltungen zur Folge haben (ERICH ZIMMERLIN, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, N. 2b zu § 150, S. 416). Der einwandfreie Unterhalt der von Baulinien angeschnittenen Häuser zieht im Enteignungsfall keine Nachteile nach sich. Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert des entsprechend gut unterhaltenen Gebäudes.
b) Umgestaltungen oder Umbauten, mit denen die Substanz eines Gebäudes verändert wird, sind hingegen gemäss der im kantonalen Recht allgemein üblichen Regelung (vgl. ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N. 12 zu §§ 137-40, S. 377) nur zulässig, wenn der Eigentümer einen Beseitigungs- oder Mehrwertrevers unterzeichnet, in welchem er für den Enteignungsfall von vornherein auf eine Entschädigung für die wertvermehrenden Investitionen verzichtet. Die künftig mögliche Nutzung der mit Baulinien belasteten Liegenschaft ist somit beschränkt, jedoch - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht besonders schwerwiegend im Sinne des Begriffs der materiellen Enteignung.
Es ist zu beachten, dass die blosse Zulässigkeit von Unterhaltsarbeiten für alle bestehenden Bauten gilt, welche neuem Recht widersprechen. Die mit Baulinien belasteten Liegenschaften befinden sich in dieser Hinsicht in keiner andern Lage als die zahlreichen überbauten Grundstücke, deren Bauten einer neuen Bau- oder Zonenordnung oder einer sonstigen seit ihrer Erstellung eingetretenen Rechtsänderung widersprechen. Diese Bauten können dank der Besitzstandsgarantie bestehen bleiben, doch darf in sie nicht mehr investiert werden, als der Unterhalt erfordert. Die mit Baulinien belasteten Gebäude befinden sich sogar in einer günstigeren Lage, da deren Eigentümer gegen Revers auch wertvermehrende Investitionen tätigen dürfen, wenn das kantonale Recht dies vorsieht.
5.
Es ist daher im vorliegenden Falle einzig fraglich, ob besondere Umstände vorliegen, die zur Folge haben, dass die
BGE 109 Ib 116 S. 120
Beschwerdeführerin durch die Baulinie der Doggilochstrasse so betroffen wird, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde.
a) Die Beschwerdeführerin macht in diesem Sinne geltend, der von ihr verlangte Revers habe zur Folge, dass sie von den dringend nötigen Investitionen absehen müsse, was zwangsläufig dazu führe, dass auf längere Sicht die Bewirtschaftung des Hotelbetriebes nicht mehr möglich sei.
Ihre Befürchtung, dass das Hotel ohne den Einbau von Badezimmern und Duschen nicht mehr zeitgemäss und deshalb auch nicht mehr voll konkurrenzfähig sei, ist verständlich. Doch übersieht sie, dass die geplante Verbreiterung der Doggilochstrasse sie nicht anders trifft als alle Eigentümer bebauter Liegenschaften, deren Häuser von Korrektionslinien angeschnitten sind und die daher im Zeitpunkt der Ausführung der Korrektion abgebrochen werden müssen. Die betroffenen Betriebsinhaber haben in einem solchen Falle entweder einen Revers zu unterzeichnen oder weitergehende Lösungen wie etwa die Errichtung eines Neubaues auf der Baulinie oder eine Betriebsverlegung in Erwägung zu ziehen.
b) Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bereits im Jahre 1981 Duschen und Badezimmer für rund Fr. 200'000.-- eingerichtet hat. Die Gemeinde wiederholt auch im bundesgerichtlichen Verfahren ihre Zusicherung, sie werde in den nächsten zehn Jahren keine Enteignung für die Verbreiterung der Doggilochstrasse durchführen. Sie bestätigt ausdrücklich, sie sei selbstverständlich entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin an diese Zusicherung gebunden. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, warum diese Bindung nicht bestehen soll. Wohl sieht Art. 44 des Gemeindebaugesetzes nicht vor, dass der Gemeinderat eine Terminierung des Reverses, wie sie in andern kantonalen Rechten bekannt ist (vgl. etwa Basel-Stadt, Strassengesetz vom 14. Januar 1937, § 22), zubilligen kann. Doch wäre die vorbehaltlose im gerichtlichen Verfahren gegebene Zusicherung in einem Enteignungsverfahren nicht unbeachtlich, falls etwa die Gemeindeversammlung entgegen der Auffassung des Gemeinderates in einem früheren Zeitpunkt die Verbreiterung der Doggilochstrasse beschliessen sollte. Kann somit die Beschwerdeführerin damit rechnen, dass ihr jedenfalls zehn Jahre für die Amortisation ihrer Investition zur Verfügung stehen, so wird ihr mit der Forderung eines Mehrwertreverses kein Sonderopfer zugemutet.
BGE 109 Ib 116 S. 121
c) Das Verwaltungsgericht weist sodann zutreffend darauf hin, dass die angrenzende Parzelle Nr. 432 mit dem Hotelgrundstück Nr. 433 wirtschaftlich eine Einheit bildet. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies nicht, meint jedoch, ein Ausweichen auf die benachbarte Parzelle Nr. 432 führe lediglich dazu, die Rechtsnachteile der materiellen Enteignung auf ein anderes Grundstück zu übertragen. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Da sie die Möglichkeit hat, ihre Parzelle zu vereinigen und alsdann in Beachtung der Baulinie einen Neubau zu errichten, kann von vornherein nicht gesagt werden, die Baulinie treffe die Beschwerdeführerin gegenüber den übrigen betroffenen Eigentümer in besonders stossender ungleicher Weise. Diese Möglichkeit hat vielmehr zur Folge, dass die Beschwerdeführerin weniger schwer betroffen ist als der Eigentümer einer Liegenschaft, auf welcher ohne Durchführung einer Umlegung oder Grenzbereinigung mit andern Eigentümern auf der Baulinie nicht neu gebaut werden könnte. Im übrigen entspricht die von der Beschwerdeführerin beanstandete Folge - der Verlust wertvermehrender Investitionen - dem Zweck der Baulinie; diese will im Interesse der geplanten Strassenkorrektion die Erstellung von Neubauten auf der Baulinie fördern. Das Grundstück der Beschwerdeführerin wird somit durch den Baulinienplan vom 14. April 1981 nicht enteignungsähnlich getroffen.
d) Im übrigen scheint es angebracht zu sein, im Hinblick auf die besonders starke Abnützung und Beschädigung von Hoteleinrichtungen bei der Festsetzung des Mehrwertes aufgrund der Bauabrechnung den Anteil am "normalen Unterhalt" grosszügig zu bemessen. Damit ist einem allfällig künftigen Entscheid über die Enteignungsentschädigung wegen formeller Enteignung nicht vorgegriffen. | public_law | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
4734e5bc-934d-4a46-8750-fad513b32d48 | Urteilskopf
81 IV 186
42. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 mai 1955 dans la cause Hirsch contre Ministère public du canton de Genève. | Regeste
1. Bannbruch durch Ein- und Ausfuhr von Gold (Erw. 1).
2. Grundsätze des Zollstrafrechts, anwendbar auf
- das Zusammentreffen strafbarer Handlungen (Erw. 2 und 3);
- die Bemessung der Busse, insbesondere bei Bannbruch (Erw. 4). | Sachverhalt
ab Seite 186
BGE 81 IV 186 S. 186
A.-
De 1944 à 1951, Hirsch a été condamné 13 fois, pour des délits douaniers, à des amendes allant de 7 fr. à 22 000 fr. environ. La plupart de ces condamnations se rapportaient à des trafics prohibés d'or.
De novembre 1949 jusqu'au mois d'avril 1950, il a fait dédouaner, pour l'importation en Suisse, 1 375 316 kg. d'or fin en lingots sur le vu de permis d'importation qu'il s'était procurés abusivement ou qu'il s'était fait céder en produisant des documents fictifs. Il a en outre fait exporter en fraude, par divers complices, la même quantité d'or fin en lingots.
Déféré au juge pénal pour ces faits, il a été condamné le 31 mai 1954, par le Tribunal de police de Genève, d'une part, à deux mois d'emprisonnement sans sursis et à une amende de 273 412 fr. pour trafic prohibé à l'importation,
BGE 81 IV 186 S. 187
d'autre part, à deux mois d'emprisonnement sans sursis et à une amende de 273 412 fr. pour trafic prohibé à l'exportation.
Sur appel de Hirsch, la Cour de justice de Genève con firma ce jugement, le 9 octobre 1954.
B.-
Le 25 octobre 1954, Hirsch a déclaré se pourvoir en nullité contre cet arrêt, qui lui avait été communiqué le 15 octobre. Il a motivé ensuite son pourvoi par un mémoire daté du 25 octobre 1954 et déposé auprès de la Cour de justice, le 2 novembre suivant. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour qu'il soit statué à nouveau.
C.-
Sur le fond, le Ministère public fédéral conclut au rejet du pourvoi.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Le recourant ne conteste pas s'être rendu coupable de trafic prohibé à l'importation tout d'abord, puis à l'exportation. Il a raison.
Ses importations, comme ses exportations d'or, ne pouvaient avoir lieu que moyennant une autorisation délivrée par la Banque nationale suisse selon les règles édictées par le Département fédéral des finances et des douanes (art. 3 al. 1 et art. 4 de l'ACF du 7 décembre 1942 sur la surveillance du commerce de l'or, ainsi que de l'importation et de l'exportation de l'or). Il s'est fait céder certaines autorisations délivrées à des tiers, ce qui était illicite (art. 7 de l'ordonnace d'exécution du 28 octobre 1946). Dans un cas, il s'en est fait délivrer une personnellement. Mais, d'après les constatations souveraines du juge cantonal, il n'a jamais eu l'intention de respecter la condition à laquelle étaient soumises toutes les autorisations d'importer dont il s'est servi, à savoir que l'or soit façonné en Suisse et réexporté dans le délai prescrit (art. 3 al. 2 de l'ACF du 7 décembre 1942 et 7 de l'ordonnance d'exécution du 28 octobre 1946). Il s'ensuit que, dans tous les cas, les importations qu'il a
BGE 81 IV 186 S. 188
faites constituaient des actes de trafic prohibé au sens des ch. 5 et 6 de l'art. 76 LD. Ses exportations, qui ont eu lieu sans soumettre la marchandise au contrôle douanier, constituaient la même infraction (art. 76 ch. 2 LD). Il était donc punissable de par les art. 77 ss. LD et c'est à juste titre que le juge cantonal lui a appliqué ces dispositions légales (art. 5 ch. 2 de l'ACF du 7 décembre 1942).
2.
Hirsch allègue cependant que le juge cantonal aurait mal interprété les art. 77 ss. LD et en particulier n'aurait pas dû prononcer deux peines distinctes pour les deux infractions retenues (trafic prohibé à l'importation tout d'abord, puis à l'exportation). Car, dit-il, lorsqu'il y a concours réel de deux délits douaniers, comme en l'espèce le second ne constitue qu'une circonstance aggravante du premier et la sanction doit consister dans une peine d'ensemble.
Sur ce point, le Tribunal fédéral a, jusqu'ici, donné de la loi l'interprétation suivante: La loi sur les douanes règle le concours d'infractions à son art. 85. De par le ch. 1 de l'art. 333 CP, cette disposition légale s'applique, en cas de délit douanier, à l'exclusion des principes généraux du code pénal qui ont le même objet (cf. RO 72 IV 189). Cependant, elle ne concerne que le concours idéal à l'exclusion du concours réel (arrêt Riat, du 14 février 1949, non publié). Aucune prescription spéciale du droit fiscal et notamment du droit douanier ne règle ce dernier cas, mais on n'en saurait conclure qu'il soit soumis à l'art. 68 ch. 1 CP. Car il suffit que le droit spécial règle une matière, ne fût-ce qu'implicitement et négativement, pour que l'application des principes généraux du code pénal soit exclue (RO 72 IV 190, consid. 2;
74 IV 26
). Tel est le cas du concours réel en droit douanier.
Dans ce domaine particulier, la peine ne saurait être fixée, comme dans le droit pénal commun, selon la culpabilité, en tenant compte des mobiles, des antécédents et de la situation personnelle du délinquant (art. 63 CP; cf., pour l'amende, art. 48 ch. 2 CP; RO 72 IV 191;
BGE 81 IV 186 S. 189
arrêt Riat, précité). Le but de la peine est ici de réparer la perte subie par le fisc et de protéger la collectivité (RO 72 IV 190 s., consid. 2; arrêt Riat, précité).
Ce caractère spécial de la répression en matière de délits douaniers ne permet pas, en principe, de prononcer une peine d'ensemble lorsqu'il y a cumul d'infractions; peu importe qu'il s'agisse de cumul idéal ou de cumul réel. La seule exception est celle que prescrit le premier alinéa de l'art. 85 LD. Dans tous les autres cas, il faut prononcer autant de peines qu'il y a d'infractions. Cette règle est implicite, mais absolue en matière de cumul réel (arrêts Riat, précité; Agazzi, du 17 mars 1949, non publié; RO 76 IV 296 litt. c;
78 IV 198
, consid. 4; arrêt Arditi, du 12 juin 1953, non publié; v. de même Jurisprudence des autorités administratives de la Confédération, 1944-1945, nos 114 et 115; 1951 nos 90 et 91).
3.
Le recourant demande à la Cour de cassation de revoir les principes ainsi posés. Il estime tout d'abord que si la première phrase de l'art. 85 al. 1 LD vise le concours idéal, la seconde, en revanche, ne peut avoir trait qu'au concours réel. Il est vrai que, séparée de son contexte, cette phrase, d'après la rédaction française de la loi tout au moins, semble ne pas concerner le concours idéal seulement. Elle est ainsi formulée: "Le concours de deux délits constitue une circonstance aggravante". Pour appliquer ce principe, le juge devrait tout d'abord fixer la peine pour l'un des délits en concours et l'aggraver ensuite pour l'autre, en vertu des art. 75 al. 2 et 77 al. 3 LD. Mais, dans son contexte, le sens de l'art. 85 al. 1 deuxième phrase est clair: La première phrase pose en principe qu'en cas de concours idéal entre une contravention douanière et un acte de trafic prohibé, "la peine applicable est celle prévue pour le plus grave". La deuxième phrase se rapporte nécessairement à la première, car elle la complète en précisant que l'on tiendra compte de l'autre délit comme d'une circonstance aggravante qui entraînera une augmentation de la peine dans les limites
BGE 81 IV 186 S. 190
que fixe la loi. Cette interprétation est du reste confirmée par le texte allemand et italien de la loi, où, grammaticalement, la deuxième phrase de l'art. 85 al. 1 se rapporte sans conteste à la première ("Das Zusammentreffen gilt"...; "Il concorso dei due reati constituisce"...). Enfin, l'art. 82 LD, qui énumère limitativement les circonstances aggravantes dans les délits douaniers, prévoit exclusivement, sous ch. 5, le concours idéal entre une contravention douanière et un acte de trafic prohibé et nullement le cas du concours réel.
Le texte et le système de la loi s'opposent donc absolument à l'interprétation que propose le recourant. Le cumul des peines entraînant certaines rigueurs, on comprend que, dans le cas du concours idéal d'infractions douanières où ces rigueurs pouvaient être particulièrement apparentes le législateur ait fait une exception (art. 85 al. 1). Dans le cas de concours réel de délits douaniers, en revanche, le cumul des peines se justifie entièrement, surtout lorsqu'il s'agit d'amendes. Mais il se justifie également dans le cas de peines privatives de liberté, quitte au juge, lorsqu'il les fixe, à tenir compte, dans le cadre de la loi, du fait qu'elles s'ajoutent les unes aux autres et ne se confondent pas.
4.
Invoquant l'art. 77 al. 1 LD, le juge cantonal a dit, dans l'arrêt attaqué, "qu'en matière de trafic prohibé, la peine est fixée en tenant compte de la valeur des marchandises qui ont fait l'objet du trafic et nullement en raison de la perte fiscale subie par la Confédération ou pour protéger la collectivité." Le recourant le conteste. Les délits douaniers retenus contre lui n'ayant fait subir au fisc qu'une perte minime, il estime que les amendes qui ont été prononcées sont trop élevées et contraires à la loi.
On a vu plus haut que les amendes douanières sont infligées en vue de réparer la perte subie par le fisc et de protéger la collectivité (cf. RO 72 IV 191). Dans le cas du trafic prohibé, où la perte subie par le fisc est
BGE 81 IV 186 S. 191
en général minime, vu la nature même de l'infraction, la réparation de cette perte ne peut jouer qu'un rôle tout à fait accessoire, tandis que l'essentiel est la protection de la collectivité, laquelle a un intérêt éminent à ce que le trafic de marchandises prohibées ou soumises à des restrictions n'échappe pas au contrôle. Il n'est donc pas exact que, comme le dit la Cour de justice dans son arrêt, l'amende en matière de trafic prohibé n'ait pas pour but de protéger la collectivité. C'est précisément ce but que vise la prescription spéciale de l'art. 77, selon laquelle l'amende, en cas de trafic prohibé, est proportionnelle à la valeur des marchandises. Le juge cantonal a appliqué cet article à juste titre. A cet égard, par conséquent, Hirsch se plaint à tort d'une violation de la loi.
5.
...
Dispositiv
Par ces motifs, la Cour de cassation pénale:
Rejette le pourvoi. | null | nan | fr | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
473923cb-4d90-4609-bc63-2c8fbad3ca51 | Urteilskopf
96 I 513
79. Urteil vom 11. November 1970 i.S. Doetschmann gegen Aargauisches Elektrizitätswerk und Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement. | Regeste
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Zulässigkeit der Beschwerde gegen Entscheide des Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements über Einsprachen und Planänderungsbegehren im Sinne des
Art. 30 lit. a und b EntG
(Erw. 1).
Anforderungen an die Begründung der Beschwerde (Erw. 2).
Enteignung für die Durchleitung elektrischer Energie (Art. 50 Abs 2. ElG).
Dauer der bewilligten Durchleitungsrechte (Erw. 4).
Darf die Leitung frei über ein Grundstück geführt werden oder ist sie zu verkabeln? Massgebende Gesichtspunkte (Erw. 5). | Sachverhalt
ab Seite 513
BGE 96 I 513 S. 513
A.-
Das Aargauische Elektrizitätswerk (AEW), das die Gemeinde Sisseln, die dortigen Chemiewerke Roche und da
BGE 96 I 513 S. 514
Pumpwerk des Rheinkraftwerkes Säckingen über zwei 16 kV-Leitungen mit elektrischer Energie versorgt, sah sich infolge der baulichen Entwicklung des Gebiets genötigt, für eine der beiden Zuleitungen ein neues Trasse zu suchen. Von der neuen, 1950 m langen Leitung sind 1250 m verkabelt, davon die beiden durch Baugebiet führenden Enden sowie, auf Verlangen des Staates, eine Strecke längs des Sisselnbaches aus Gründen des Landschaftsschutzes; die restlichen 700 m sind als Freileitung vorgesehen. Das Leitungsprojekt wurde vom Eidg. Starkstrominspektorat am 11. November 1969 genehmigt.
Das AEW konnte die Durchleitungsrechte für den Bau dieser Leitung von 31 Grundeigentümern für die Dauer von 50 Jahren freihändig erwerben; nur Fritz Doetschmann widersetzte sich. Er ist Eigentümer der 14 754 m2 haltenden, unüberbauten Parzelle Nr. 1581, die südlich des Dorfes Sisseln liegt und im Osten an den Sisselnbach grenzt. Die geplante Leitung soll zunächst 50 m verkabelt der Ostgrenze der Parzelle entlang und dann 90 m frei über sie geführt werden.
B.-
Am 19. November 1969 bewilligte der Präsident der Eidg. Schätzungskommission des Kreises IV (ESchK) dem AEW die Durchführung des abgekürzten Enteignungsverfahrens gegen Doetschmann. Dieser erhob Einsprache mit dem Begehren, die Freileitung sei, wenn möglich ohne Inanspruchnahme seines Grundstücks, zu verkabeln; eventuell sei das Durchleitungsrecht nur für die Dauer von 25 Jahren zu erteilen. Ferner meldete er seine Ansprüche gemäss
Art. 36 EntG
an.
Nachdem die Einigungsverhandlung ergebnislos verlaufen war, überwies der Präsident der ESchK die Akten dem Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) zum Entscheid über das Enteignungsbegehren und die Einsprache. Das EVED holte Vernehmlassungen des Eidg. Starkstrominspektorates sowie der Eidg. Kommission für elektrische Anlagen ein und erliess dann am 3. August 1970 eine Verfügung, mit der es dem AEW das Enteignungsrecht zum Erwerb der für den Leitungsbau erforderlichen Rechte erteilte (Ziff. 1), die Dauer dieser Rechte auf 50 Jahre festlegte und ihren Inhalt umschrieb (Ziff. 2) und die grundsätzliche Einsprache und das Planänderungsbegehren Doetschmanns abwies (Ziff. 3). In der Begründung wird ausgeführt: Eine Verkabelung quer durch die Parzelle des Einsprechers wäre technisch möglich, lasse sich aber aus sicherheitstechnischen und finanziellen Gründen nicht ausführen,
BGE 96 I 513 S. 515
da in porösem Auffüllmaterial 5-6 m tiefe Gräben mit Spundwänden erstellt werden müssten. Eine Verkabelung längs des Sisselnbaches hätte erhebliche Mehrkosten zur Folge, denen keine entscheidenden Vorteile, dagegen bedeutende Nachteile gegenüberständen. Das Begehren um Verkabelung und Verschiebung der Leitung sei daher abzuweisen. Da eine möglichst lange Dauer der Durchleitungsrechte im öffentlichen Interesse liege, habe sie der Bundesrat bisher in der Regel auf 50 Jahre bemessen. Es bestehe kein Grund, von dieser Praxis abzuweichen. Übrigens werde der Einsprecher während dieser Dauer durch die Leitung nicht übermässig belastet. Einmal liege die Parzelle in einem baulich noch nicht erschlossenen Gebiet und sei vom Einsprecher zum grössten Teil bis zu einer Höhe von 5-6 m aufgeschüttet worden. Sodann könne der Einsprecher bei einer allfälligen Überbauung gemäss
Art. 50 Abs. 3 ElG
eine Verlegung der Leitung verlangen. Da der Bau und der Betrieb der geplanten Leitung einem öffentlichen Bedürfnis entspreche und bei Abwägung aller auf dem Spiel stehenden Interessen keine andere als die vom AEW projektierte Linienführung gefunden werden könne, sei dem AEW in Anwendung von
Art. 1 EntG
und 43 und 50 Abs. 2 ElG das Enteignungsrecht zu erteilen.
C.-
Gegen diese Verfügung des EVED hat Fritz Doetschmann Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Er beantragt, Ziff. 1-3 der Verfügung seien aufzuheben und die 16 kV-Leitung sei rechtsseitig des Sisselnbaches, eventuell linksseitig auf der Parzelle Nr. 1581 bis zur Südseite der Eisenbahnbrücke weiterzuverkabeln, und es sei das Durchleitungsrecht gegebenenfalls nur für die Dauer von 25 Jahren zu erteilen. Zur Begründung der Beschwerde wird ausgeführt: Die Verkabelung eines Teiles der Leitung sei aus Gründen des Landschaftsschutzes entlang des Sisselnbaches vorgesehen. Das Grundstück des Beschwerdeführers gehöre aber ebensogut zur schützenswerten Zone wie die andern Parzellen bis zum Dorf. Eine von Ing. Beutler eingeholte Kostenberechnung zeige, dass die Verkabelung nicht mehr, sondern eher weniger koste als eine Freileitung. Die Einräumung des Leitungsrechtes für 25 Jahre genüge; eine Dauer von 50 Jahren dränge sich keineswegs auf.
D.-
Das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement sowie das Aargauische Elektrizitätswerk beantragen Abweisung der Beschwerde.
BGE 96 I 513 S. 516
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid, durch den dem AEW das Enteignungsrecht erteilt und die grundsätzliche Einsprache sowie das Planänderungsbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen worden sind, stellt eine Verfügung im Sinne des Art. 5 VwG dar und ist von einem Department des Bundesrates gefällt worden. Er unterliegt daher nach
Art. 97 Abs. 1 und
Art. 98 lit. b OG
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wenn nicht eine der in
Art. 99-102 OG
aufgezählten Ausnahmen vorliegt. Das trifft hier nicht zu. Aus
Art. 99 lit. c OG
ergibt sich vielmehr, dass gegen Entscheide über Einsprachen gegen Enteignungen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist unter Vorbehalt des hier nicht gegebenen Sonderfalles von
Art. 99 lit. d OG
.
2.
Nach
Art. 104 OG
kann der Beschwerdeführer mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einerseits Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (lit. a), anderseits unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (lit. b) rügen;. ferner kann er gewisse Verfügungen wegen Unangemessenheit anfechten (lit. c). Aus dieser Umschreibung der Beschwerdegründe ergibt sich nicht nur, was in der nach
Art. 108 Abs. 2 OG
erforderlichen schriftlichen Beschwerdebegründung darzulegen ist, sondern auch, was das Bundesgericht prüfen kann.
Die Verfügung des EVED gehört nicht zu den Entscheiden, die gemäss
Art. 104 lit. c OG
wegen Unangemessenheit angefochten werden können. In Frage kommen nur die Beschwerdegründe von
Art. 104 lit. a und b OG
. Mit der vorliegenden Beschwerde wird dem EVED in einem Punkte (Mehrkosten der Verkabelung) unrichtige Feststellung des Sachverhaltes vorgeworfen. Im übrigen enthält die Beschwerde lediglich Ausführungen, die zur Begründung der gegenüber dem angefochtenen Entscheid unzulässigen Rüge der Unangemessenheit dienen könnten. Dagegen wird - jedenfalls ausdrücklich - nicht geltend gemacht, das EVED habe sein Ermessen überschritten oder missbraucht, noch es habe Bundesrecht verletzt. Das steht jedoch dem Eintreten auf die Beschwerde nicht entgegen. An die Beschwerdebegründung sind, wie in
BGE 96 I 95
E. 2a unter Hinweis auf frühere Urteile ausgeführt wurde, keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Beschwerde nicht eingetreten
BGE 96 I 513 S. 517
wird nur dann, wenn jede Begründung fehlt (
BGE 96 I 96
E. 2b). Liegt eine solche vor, so genügt es, wenn sich aus ihr mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird, und das trifft bei der vorliegenden Beschwerde zu. Höhere Anforderungen an die Beschwerdebegründung zu stellen, verbietet sich ausser aus dem in
BGE 96 I 96
oben angegebenen Grunde auch deshalb, weil der Beschwerdebegründung für den Entscheid des Bundesgerichts nur eine beschränkte Bedeutung zukommt. So kann das Bundesgericht die Feststellung des Sachverhaltes nicht nur auf Begehren des Beschwerdeführers, sondern auch von Amtes wegen überprüfen (Art. 105 alt OG und Art. 105 Abs. 1 rev. OG;
BGE 92 I 327
E. 2,
BGE 93 I 605
oben). Ferner ist das Bundesgericht an die Begründung der Begehren der Parteien nicht gebunden (Art. 109 Abs. 1 alt OG und Art. 114 Abs. 1 rev. OG), was bedeutet, dass es das massgebende Recht von Amtes wegen anzuwenden hat (
BGE 75 I 362
oben; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 445/6). Es kann somit nicht gesagt werden, dass die vorliegende Beschwerde als Ganzes der erforderlichen Begründung entbehre und dass daher auf sie nicht einzutreten sei. Zu prüfen bleiben die einzelnen Begehren und deren Begründung.
3.
In Dispositiv 1 des angefochtenen Entscheids wird dem AEW das Enteignungsrecht zum Erwerb der erforderlichen Rechte für den Bau und den Betrieb der geplanten Leitung nach Sisseln erteilt. Der Beschwerdeführer beantragt auch die Aufhebung dieses Dispositivs, bringt aber nichts vor, was geeignet wäre, dieses Begehren zu begründen. Weder bestreitet er, dass die zweite Zuleitung im öffentlichen Interesse liegt (
Art. 1 Abs. 1 EntG
), noch dass das bisherige Leitungstrasse infolge der baulichen Entwicklung des Gebiets verlegt werden muss und die neue Linienführung grundsätzlich richtig ist. Er beanstandet lediglich die Dauer und die Art der Inanspruchnahme seines Grundstücks. Soweit sich die Beschwerde gegen Dispositiv 1 des angefochtenen Entscheids richtet, ist sie daher ohne weiteres abzuweisen.
4.
In Dispositiv 2 wird die Dauer des dem AEW eingeräumten Rechts, die Leitung über das Grundstück des Beschwerdeführers zu führen, auf 50 Jahre festgelegt. Der Beschwerdeführer beanstandet dies; er ist der Auffassung, 25 Jahre würden genügen.
Weder dem EntG noch dem ElG ist zu entnehmen, für welche
BGE 96 I 513 S. 518
Dauer Durchleitungsrechte zu erteilen sind. Es geht dabei um eine Abwägung der sich entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen. Im angefochtenen Entscheid (S. 9-12) wird näher dargelegt, dass und weshalb ein erhebliches öffentliches Interesse an einer möglichst langen Dauer bestehe und im vorliegenden Falle kein Grund vorliege, von der bisherigen Praxis des Bundesrates (VEBB 11 Nr. 206, 12 Nr. 145) abzuweichen, nach welcher die Dauer von Durchleitungsrechten in der Regel auf 50 Jahre bemessen wurde. Diese eingehenden Ausführungen des EVED werden in der Beschwerde nicht zu widerlegen versucht. Sie leuchten auch durchaus ein und erscheinen als zutreffend. Das gilt insbesondere auch für die Erwägung, dass die Parzelle des Beschwerdeführers während der genannten Dauer nicht übermässig belastet werde, da die Parzelle baulich noch nicht erschlossen sei und gegenwärtig als Deponie benützt werde und dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überbauung unter den Voraussetzungen des
Art. 50 Abs. 3 ElG
eine Verlegung der Leitung verlangen könne. Dazu kommt, dass alle übrigen Grundeigentümer einer Dauer von 50 Jahren zugestimmt haben und eine Ausnahmebehandlung des Beschwerdeführers nicht gerechtfertigt wäre.
5.
In Dispositiv 3 des angefochtenen Entscheids wird - neben der bereits behandelten Einsprache gegen die Dauer des Durchleitungsrechts - das auf Verschiebung oder Verkabelung der Leitung gerichtete Planänderungsbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen.
Soweit der Beschwerdeführer verlangt, dass die Leitung nicht auf sein Grundstück, sondern auf die rechte Seite des Sisselnbaches verlegt werde, bringt die Beschwerde nichts vor. Gründe hiefür sind auch nicht ersichtlich, da das gewählte Trasse offenbar das kürzeste ist und die Verlegung auf die andere Bachseite neben Mehrkosten nur zur Folge hätte, dass die Leitung über andere private Grundstücke als das des Beschwerdeführers geführt würde, was die Verlegung nicht zu rechtfertigen vermag. Fragen kann sich nur, ob dem Begehren des Beschwerdeführers um Verkabelung der Leitung hätte entsprochen werden sollen, wobei sowohl eine Verkabelung quer über sein Grundstück als auch eine solche längs der Grenze am Bach in Betracht fällt. Der Entscheid hierüber war aufgrund der Abwägung der sich entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen zu treffen und kann, soweit sich technische Fragen stellen und sich
BGE 96 I 513 S. 519
das EVED auf Berichte sachverständiger Instanzen (Starkstrominspektorat und Kommission für elektrische Anlagen) stützt, vom Bundesgericht nur mit Zurückhaltung überprüft werden.
a) Die Verkabelung quer über die Parzelle des Beschwerdeführers wird vom EVED abgelehnt, weil sie sich aus sicherheitstechnischen und finanziellen Gründen nicht ausführen lasse. Das wird in der Beschwerde mit keinem Wort zu widerlegen versucht und ist offenbar richtig, denn das Kabel müsste in diesem Falle 5-6 m unter lockeres Deponiematerial gelegt werden.
b) Die Verkabelung längs der Grundstücksgrenze wird vom EVED wegen der damit verbundenen Mehrkosten abgelehnt. Der Beschwerdeführer bestreitet solche Mehrkosten und beruft sich dafür auf eine von ihm eingeholte Kostenberechnung des Ingenieurs Beutler vom 21. Februar 1970. Das EVED hat im angefochtenen Entscheid zu dieser Kostenberechnung nicht Stellung genommen. Es hat sie aber dem Eidg. Starkstrominspektorat unterbreitet, und dieses hat sie eingehend überprüft und ist dabei zum Schlusse gekommen, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht werde und dass die Verkabelung rund Fr. 20 000.-- mehr kosten würde als die Freileitung. Ob schon diese Mehrkosten die Ablehnung des Begehrens um Verkabelung rechtfertigen, kann dahingestellt bleiben. Die Verkabelung ist, wie sich aus der mit der Beschwerdeantwort des EVED eingereichten, im Bulletin des SEV (1970 S. 197 ff.) abgedruckten Stellungnahme der Eidg. Kommission für elektrische Anlagen zur Frage "Kabel oder Freileitung?" ergibt, mit weiteren Nachteilen (grössere Anfälligkeit für Störungen, Erschwerung von Reparaturen, Energieverluste usw.) verbunden. Bei dieser Sachlage ist es im Hinblick auf das Ermessen, das dem EVED bei dieser technischen Frage einzuräumen ist, nicht zu beanstanden, wenn es annahm, das öffentliche Interesse an der Freileitung wiege schwerer als das private Interesse des Beschwerdeführers an der Verkabelung. Dagegen vermag auch der Einwand des Beschwerdeführers nicht aufzukommen, die Verkabelung sei aus Gründen des Landschaftsschutzes geboten. Mit Rücksicht auf diesen hat der Kanton die Verkabelung der Leitung nur verlangt, soweit sie dem Ufer des Sisselnbaches entlang führt, d.h. bis zum Grundstück des Beschwerdeführers. Von dort an entfernt sich die Leitung vom Ufer und überquert
BGE 96 I 513 S. 520
das Grundstück des Beschwerdeführers und dann die Bahnlinie. Dass das Grundstück des Beschwerdeführers zur schützenswerten Landschaft gehöre, hat das EVED mit guten Gründen verneint, ist es doch, wie in der Beschwerde nicht bestritten wird, zum grössten Teil mit aufgeschüttetem Material bedeckt und mit Unkraut überwuchert, so dass es keinen erfreulichen und schützenswerten Anblick bietet. Auch wird ein Teil des Grundstücks für die geplante Zubringerstrasse beansprucht werden. Unter diesen Umständen erscheint das Interesse des Beschwerdeführers an der Verkabelung der Leitung auf seinem Grundstück jedenfalls zur Zeit geringer als das öffentliche Interesse an der Freileitung. Bei einer Änderung der Verhältnisse, insbesondere wenn einmal die Überbauung des Grundstücks (soweit es überhaupt dem Beschwerdeführer verbleibt) in Frage kommt, wird er unter Umständen gemäss
Art. 50 Abs. 3 ElG
die Beseitigung,der Freileitung verlangen können.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,970 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
473a4d2b-3f78-4f1e-81d6-ab3ae806e8a7 | Urteilskopf
112 Ia 356
57. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. November 1986 i.S. Schweizerische Gewerbekrankenkasse gegen Stadt Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 84 Abs. 2 OG
;
Art. 88 OG
; Legitimation einer privatrechtlich organisierten, vom Bund anerkannten Krankenkasse zur Führung staatsrechtlicher Beschwerde gegen einen das kommunale Versicherungsobligatorium betreffenden kantonalen Entscheid.
1. Gibt es anstelle der staatsrechtlichen Beschwerde ein anderes bundesrechtliches Rechtsmittel, mit dem sich eine vom Bund anerkannte Krankenkasse gegen die Festsetzung von Mitgliederprämien und Prämien-Verbilligungsbeiträgen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung durch kommunale oder kantonale Behörden zur Wehr setzen kann? Frage offengelassen (E. 4).
2. Eine vom Bund anerkannte Krankenkasse ist selbst dann nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen die Festsetzung von Mitgliederprämien und Prämien-Verbilligungsbeiträgen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung betreffenden kantonalen Entscheid legitimiert, wenn sie privatrechtlich organisiert ist (E. 5). | Sachverhalt
ab Seite 357
BGE 112 Ia 356 S. 357
Gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung vom 13. Juni 1911 (KUVG; ab 1. Januar 1984 Bundesgesetz über die Krankenversicherung; SR 832.10) sind die Kantone ermächtigt, die Krankenversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsklassen obligatorisch zu erklären. Es steht ihnen frei, diese Befugnis ihren Gemeinden zu überlassen (
Art. 2 Abs. 2 KUVG
). Gemäss Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über die Kranken- und Unfallversicherung vom 3. Oktober 1965 (EGKUVG) ermächtigt der Kanton Zürich seine Gemeinden, das Versicherungsobligatorium für Personen einzuführen, deren Einkommen unter einer bestimmten Grenze liegt. In der Stadt Zürich besteht nach Massgabe dieser bundesrechtlichen und kantonalen Bestimmungen die Versicherungspflicht (Art. 1 der Verordnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung vom 30. November 1966, mit Änderungen vom 30. Juni 1976; KVO). Zur Durchführung der obligatorischen Versicherung werden jene bundesrechtlich anerkannten Krankenkassen als sogenannte Vertragskrankenkassen zugelassen, die bestimmte Bedingungen erfüllen (Art. 10 KVO). Die Vertragskrankenkassen erhalten von der Stadt Zürich für die obligatorisch Versicherten Prämienbeiträge, die sie zur Ermässigung der Mitgliederprämien zu verwenden haben, sowie Sonderbeiträge zur Abgeltung zusätzlicher Lasten (Art. 23 KVO). Die verbilligten Prämien für diese Mitglieder werden in einem vom Stadtrat im Einvernehmen mit den Vertragskrankenkassen festgelegten Verfahren vereinbart und sind vom Stadtrat zu genehmigen (Art. 34 Abs. 2 und 3 KVO).
BGE 112 Ia 356 S. 358
Die Schweizerische Gewerbekrankenkasse in Zürich ist eine vom Bund anerkannte Krankenkasse (
Art. 3 ff. KUVG
) in Form des Vereins gemäss
Art. 60 ff. ZGB
, die sich an der Durchführung des Versicherungsobligatoriums in der Stadt Zürich beteiligt. Seit 1980 forderte sie vom Gesundheits- und Wirtschaftsamt der Stadt Zürich in mehreren Eingaben eine Erhöhung der Mitgliederprämien in der obligatorischen Versicherung oder alternativ eine Erhöhung der städtischen Beiträge ab 1981 sowie einen Ausgleich für die nach ihrer Berechnung ab 1976 in der obligatorischen Versicherung erlittenen Verluste. Diese Begehren wurden von den städtischen und kantonalen Behörden, letztinstanzlich vom Regierungsrat des Kantons Zürich, abgewiesen. Das Bundesgericht tritt auf eine gegen den Regierungsratsbeschluss gerichtete staatsrechtliche Beschwerde der Schweizerischen Gewerbekrankenkasse nicht ein aus den folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
4.
a) Gemäss
Art. 84 Abs. 2 OG
ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann. Der Grundsatz der absoluten Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde gilt nach ständiger Praxis des Bundesgerichts nicht bloss gegenüber der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (
BGE 110 Ib 257
E. 1, mit Hinweis), die im vorliegenden Fall gemäss Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts vom 26. März 1986 nicht in Betracht kommt (
BGE 112 V 106
ff.), sondern insbesondere auch - mit einer Ausnahme (
BGE 99 Ia 83
/4 E. 1c;
BGE 98 Ia 284
/5 E. 3; SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, S. 189) - im Verhältnis zur Beschwerde an den Bundesrat nach
Art. 73 VwVG
(
BGE 107 Ia 264
E. 2c;
BGE 102 Ia 203
E. 1; KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 265; vgl. auch
BGE 108 Ia 113
E. 1b). Ebenso gilt dieser Grundsatz, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 13. Juni 1986 i.S. Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte, Sektion Bern, gegen Regierungsrat des Kantons Bern (
BGE 112 Ia 180
ff.) entschieden hat, gegenüber einer als förmliches Rechtsmittel ausgestalteten Beschwerde an eine Aufsichtsbehörde, deren Entscheid mit Verwaltungsbeschwerde an eine Eidg. Rekurskommission und sodann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (Art. 61 ff.
BGE 112 Ia 356 S. 359
i.V.m.
Art. 74 BVG
). Dementsprechend ist die staatsrechtliche Beschwerde auch ausgeschlossen, wenn die behauptete Rechtsverletzung mit einer Beschwerde beim Eidg. Departement des Innern oder beim Bundesamt für Sozialversicherung - weiterziehbar in letzter Instanz an den Bundesrat oder mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht - beseitigt werden kann.
b) In seiner Duplik vom 2. November 1984 zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Schweizerischen Gewerbekrankenkasse an das Eidg. Versicherungsgericht regte das Bundesamt für Sozialversicherung an, zu prüfen, ob allenfalls die Zuständigkeit des Bundesrates zur Beurteilung einer Verwaltungsbeschwerde gemäss Art. 72 lit. d i.V.m.
Art. 73 Abs. 1 lit. c VwVG
im Rahmen seiner sogenannten Restkompetenz gegeben wäre.
aa) Von einer Restkompetenz des Bundesrates als Verwaltungsbeschwerdeinstanz, die von sehr eingeschränkter Bedeutung ist, kann für das Verfahren in Bundesverwaltungssachen allgemein gesprochen werden, da die Beschwerde nach
Art. 72 ff. VwVG
gegenüber der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht oder an das Eidg. Versicherungsgericht und gegenüber der Beschwerde an eine eidgenössische Rekurskommission subsidiär ist (Entscheid des Bundesrates vom 21. Januar 1981, E. 1, in VPB 45/1981 Nr. 46 S. 247; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 112). Die in diesem Sinne verstandene Restkompetenz des Bundesrates ergibt sich aus ausdrücklichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsrechts, die die Beschwerde an den Bundesrat vorsehen oder die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht oder das Eidg. Versicherungsgericht ausschliessen.
bb) Im Gebiet der sozialen Krankenversicherung ist die Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat lediglich in
Art. 22quinquies KUVG
vorgesehen; sie ist nach dieser Bestimmung nur gegen Erlasse und Entscheide der Kantonsregierungen gemäss den Art. 22 bis 22quater KUVG (insbesondere über Tarife für Ärzte und Heilanstalten) gegeben. Die Art. 22 bis 22quater KUVG fallen indessen als Grundlage für kantonale oder kommunale Vorschriften über das Obligatorium der Krankenpflegeversicherung und damit für den angefochtenen Beschluss des Zürcher Regierungsrates von vornherein nicht in Betracht (vgl. dazu den Entscheid des Bundesrates vom 4. Juli 1984, E. 1, in VPB 48/1984 Nr. 45 S. 309), so dass sich eine Beschwerde an den Bundesrat nicht auf
Art. 22quinquies KUVG
stützen könnte. Andere Vorschriften, die
BGE 112 Ia 356 S. 360
eine Beschwerde an den Bundesrat vorsehen, bestehen im Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung nicht.
cc) Die Beschwerde an den Bundesrat könnte möglicherweise aufgrund von Art. 72 lit. d i.V.m.
Art. 73 Abs. 1 lit. c VwVG
wegen Verletzung anderer weder privat- noch strafrechtlicher Bestimmungen des Bundesrechts - d.h. von öffentlichrechtlichen Bestimmungen des Bundesrechts, zu denen auch das Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung und seine Ausführungsbestimmungen zu zählen sind - gegen den angefochtenen kantonalen Entscheid zulässig sein. Allerdings ist die Restkompetenz des Bundesrates diesbezüglich sehr eingeschränkt. Denn nach ständiger Praxis des Bundesgerichts soll die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte oder wegen Verletzung von Staatsverträgen mit dem Ausland (
Art. 84 Abs. 1 lit. a und c OG
) - obwohl in
Art. 74 VwVG
nicht erwähnt - der Beschwerde an den Bundesrat nicht weichen (
BGE 99 Ia 83
/4 E. 1c;
BGE 98 Ia 284
/5 E. 3; KÄLIN, a.a.O., S. 271/2; GRISEL, Traité de droit administratif, Band II, S. 965). Nach der ausdrücklichen Bestimmung von
Art. 73 Abs. 2 lit. a VwVG
ist zudem die Beschwerde an den Bundesrat ausgeschlossen - und damit die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht vorbehalten -, soweit ein Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV geltend macht.
Da die Beschwerdeführerin zur Hauptsache eine Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV sowie von weiteren verfassungsmässigen Rechten rügt, ist es somit fraglich, ob der Bundesrat zur Behandlung der Beschwerde als Verwaltungsbeschwerde zuständig wäre. Ausserdem hat das Bundesamt für Sozialversicherung in seiner Vernehmlassung vom 1. Juni 1984 zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Schweizerischen Gewerbekrankenkasse an das Eidg. Versicherungsgericht den Standpunkt vertreten, die Beschwerde an den Bundesrat nach Art. 72 lit. d i.V.m.
Art. 73 Abs. 1 lit. c VwVG
sei nur gegen letztinstanzliche kantonale Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG
zulässig, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen. Gleicher Meinung scheint auch der Bundesrat zu sein (Entscheid des Bundesrates vom 17. Dezember 1984, E. 1, in VPB 49/1985 Nr. 34 S. 192 und weitere). Nachdem das Eidg. Versicherungsgericht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Übereinstimmung mit der vom Bundesgericht im Meinungsaustausch vertretenen Ansicht (vgl. dazu im übrigen
BGE 107 Ia 338
ff. E. 1b und c) entschieden hat, dass
BGE 112 Ia 356 S. 361
sich der angefochtene Regierungsratsbeschluss nicht auf öffentliches Recht des Bundes stütze, scheint es fraglich, ob der Bundesrat dies anders betrachten und die Beschwerde nach Art. 72 lit. d i.V.m.
Art. 73 Abs. 1 lit. c VwVG
von daher als zulässig erachten würde. Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Beschwerde nach
Art. 73 VwVG
nur insoweit gegeben sein soll, als das Anfechtungsobjekt auf Bundesrecht beruht, denn gerade die im Ingress von
Art. 73 Abs. 1 VwVG
ausdrücklich erwähnten kantonalen Erlasse werden sich nicht immer auf Bundesrecht stützen (vgl. dazu auch GYGI, a.a.O., S. 113). Unter diesen Umständen kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Bundesrat für die Behandlung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Regierungsratsbeschluss zuständig wäre.
c) Denkbar ist auch, dass die Beschwerdeführerin die in der staatsrechtlichen Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen im sogenannten Genehmigungsverfahren hätte geltend machen können oder unter Umständen heute noch geltend machen könnte.
aa) Das Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung, das die soziale Krankenversicherung nicht den Kantonen, sondern im wesentlichen den anerkannten Krankenkassen zum Vollzug überträgt, behält dem Bundesrat unter anderem die Genehmigung der Kassenstatuten und der übrigen Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Mitglieder (
Art. 4 KUVG
), der Erlasse von Kantonen und Gemeinden über das Versicherungsobligatorium (
Art. 2 Abs. 3 KUVG
) und ein weit über das beim Vollzug von Bundesverwaltungsrecht durch die Kantone Übliche hinausgehendes Aufsichtsrecht vor (
Art. 33 KUVG
), mit dem er für die einheitliche Anwendung des Gesetzes zu sorgen hat und bei dessen Ausübung er den anerkannten Krankenkassen verbindliche Weisungen erteilen kann. Der Bundesrat hat diese allgemeinen und einzelne spezielle Befugnisse, die ihm nach dem Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung zustehen, in seinen Ausführungsbestimmungen dem Bundesamt für Sozialversicherung und vereinzelt dem Eidg. Departement des Innern übertragen. Von der Sache her sollten an sich die Entscheidungen und konkreten Weisungen des Bundesamtes für Sozialversicherung mit Verwaltungsbeschwerde gemäss
Art. 44 ff. VwVG
an das Eidg. Departement des Innern und in letzter Instanz an den Bundesrat weitergezogen werden können, soweit nicht gegen Beschwerdeentscheide des Departements oder direkt gegen Verfügungen des Bundesamtes die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht
BGE 112 Ia 356 S. 362
zur Verfügung steht (vgl. dazu auch MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Band II, S. 288 ff., speziell S. 290 [inkl. Anmerkung 641], und S. 422 ff., speziell S. 424/5; BONER/HOLZHERR, Die Krankenversicherung, S. 10/1).
bb) Gemäss
Art. 8 Abs. 2 der Verordnung V über die Krankenversicherung betreffend die Anerkennung von Krankenkassen und Rückversicherungsverbänden sowie ihre finanzielle Sicherheit vom 2. Februar 1965 (VO V; SR 832.121)
ist die Genehmigung von Bestimmungen der Gemeinden über das Krankenpflegeversicherungsobligatorium dem Bundesamt für Sozialversicherung übertragen. Das Bundesamt hat demgemäss die Verordnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung der Stadt Zürich vom 30. November 1966 und ihre Änderung vom 30. Juni 1976 genehmigt. Dagegen ist nicht ersichtlich, ob es jeweils die alljährlich gemäss Art. 34 Abs. 3 KVO zwischen der Beschwerdeführerin und dem städtischen Amt für Sozialversicherung vereinbarten Prämien der obligatorisch versicherten Mitglieder genehmigte. Es ist denn auch fraglich, ob es sich bei den Prämientarifen für die obligatorisch versicherten Mitglieder, die gemäss Art. 34 Abs. 3 KVO vom Stadtrat genehmigt werden müssen, um Gemeindebestimmungen handelt, die (auch) der Pflicht zur Genehmigung durch das Bundesamt unterliegen.
cc) Diese Frage kann indessen offenbleiben. Denn soweit es sich bei diesen jährlich festgesetzten Prämientarifen nicht um kommunale Bestimmungen im Sinne von
Art. 2 Abs. 3 KUVG
handelt, die als solche der Genehmigung durch das Bundesamt für Sozialversicherung bedürfen, stellen sie einen Beitragstarif dar, der bei jeder Änderung dem Bundesamt zur Genehmigung zu unterbreiten ist (Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 VO V in Verbindung mit
Art. 4 KUVG
). Die Beschwerdeführerin hat somit - soweit dies im vorliegenden Fall für einzelne im Streit liegende Jahre nicht bereits geschehen oder infolge Zeitablaufs ausgeschlossen ist - die Möglichkeit, im Genehmigungsverfahren die von ihr in der staatsrechtlichen Beschwerde behauptete Unvereinbarkeit des Beitragstarifes mit dem übergeordneten Bundesrecht geltend zu machen und dem Bundesamt zu beantragen, der von der Stadt Zürich nach ihrer Auffassung rechtswidrig verlangten Änderung die Genehmigung zu versagen. Sie kann sich auf diese Weise allfällig zu niedrigen Prämien ihrer obligatorisch Versicherten, die ihr die Stadt ohne Ausgleich durch städtische Beiträge zumuten will, widersetzen, ohne auf die Mitwirkung an der obligatorischen Versicherung
BGE 112 Ia 356 S. 363
verzichten zu müssen. Einen für sie ungünstigen Entscheid des Bundesamtes für Sozialversicherung kann sie sodann mit den einschlägigen Rechtsmitteln des sozialen Krankenversicherungsrechts weiterziehen.
dd) Soweit für die vorliegend streitigen Jahre das Genehmigungsverfahren noch offenstehen sollte, könnte auf die staatsrechtliche Beschwerde somit auf jeden Fall nicht eingetreten werden. Fraglich wäre nur, ob unter dem Gesichtspunkt von
Art. 84 Abs. 2 OG
die staatsrechtliche Beschwerde insoweit zulässig wäre, als es die Beschwerdeführerin unterlassen hat, im Genehmigungsverfahren für frühere Jahre ihre Einwendungen zu erheben.
d) Die Fragen, ob und inwieweit der Bundesrat oder das Bundesamt für Sozialversicherung im Rahmen eines der vorstehend aufgezeigten Verfahren die Vorbringen der Beschwerdeführerin hätten prüfen können oder allenfalls immer noch prüfen könnten, müssen allerdings vom Bundesgericht weder entschieden noch in einem Meinungsaustausch nach
Art. 96 Abs. 2 OG
mit dem Bundesrat näher geklärt werden. Denn auf die vorliegende Beschwerde kann auf jeden Fall aus einem andern Grund nicht eingetreten werden.
5.
a) Gemäss
Art. 88 OG
steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse und Verfügungen erlitten haben. Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein Rechtsbehelf zum Schutz der Träger verfassungsmässiger Rechte gegen Übergriffe der Staatsgewalt; allein diesen Trägern steht sie zur Verfügung. Dementsprechend sind öffentlichrechtliche Korporationen - wie Kantone und Gemeinden oder ihre Behörden sowie öffentlichrechtliche Genossenschaften usw. -, die als Träger öffentlicher Gewalt handeln, zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen sie in dieser Eigenschaft treffenden Entscheid nicht legitimiert (
BGE 109 Ia 174
/5 E. 1, mit Nachweisen). Eine Ausnahme gilt für Gemeinden und andere öffentlichrechtliche Körperschaften nur, soweit sie sich mit staatsrechtlicher Beschwerde gegen eine Verletzung ihrer durch das kantonale Verfassungs- oder Gesetzesrecht garantierten Autonomie zur Wehr setzen. Ausserdem sind öffentlichrechtliche Körperschaften zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, soweit sie nicht hoheitlich handeln, sondern sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen und vom angefochtenen
BGE 112 Ia 356 S. 364
Entscheid in gleicher Weise wie ein Privater betroffen sind (
BGE 111 Ia 148
E. 1b;
BGE 109 Ia 175
E. 2, mit Nachweisen).
Ebensowenig wie öffentlichrechtliche Körperschaften sind privatrechtlich organisierte Korporationen, die vom kantonalen Recht mit öffentlichen Aufgaben betraut werden und gegenüber den ihrer Gewalt unterworfenen Privaten als Hoheitsträger auftreten, zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger gegen Entscheide einer ihnen in diesem Bereiche übergeordneten Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde berechtigt (
BGE 111 Ia 148
E. 1b, mit Hinweisen; nicht publiziertes Urteil vom 5. März 1984 i.S. diverser Ausgleichskassen gegen Kanton St. Gallen, E. 1b). Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sie im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde geltend machen, die streitige Rechtsbeziehung sei im kantonalen Verfahren zu Unrecht als Zivilsache statt als öffentlichrechtliche Angelegenheit behandelt worden (
BGE 111 Ia 146
ff.). Ausserdem müsste eine privatrechtliche Körperschaft oder Anstalt insoweit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert sein, als sie sich gegen die Übertragung hoheitlicher Aufgaben überhaupt wehren will.
b) Zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Korporation in dem Bereich, in dem sie als Hoheitsträger auftritt, auch dann nicht berechtigt, wenn der angefochtene Erlass oder Entscheid sie in ihren eigenen Vermögensinteressen betrifft. So trat das Bundesgericht nicht ein auf staatsrechtliche Beschwerden von Korporationen gegen Entscheide oder Erlasse betreffend Steuern oder Beiträge zur Finanzierung der hoheitlichen Tätigkeit (
BGE 109 Ia 173
ff.; nicht publiziertes Urteil vom 31. Oktober 1985 i.S. Stadt Wädenswil gegen Rehau GmbH, E. 2), betreffend anteilig auferlegte Kosten einer Zivilschutzbaute (
BGE 103 Ia 63
f.), betreffend den gesetzlichen oder vertraglichen Lastenausgleich unter verschiedenen Korporationen (nicht publizierte Urteile vom 9. Dezember 1983 i.S. Gemeinden Trimmis, Zizers und Untervaz gegen Kanton Graubünden und vom 12. März 1984 i.S. Gemeinde Tesserete gegen Kanton Tessin) oder betreffend die Finanzierung hoheitlicher Aufgaben der Korporation durch Beiträge des Kantons (nicht publiziertes Urteil vom 24. Juli 1986 i.S. Gemeinde Möhlin gegen Grosser Rat des Kantons Aargau; offengelassen noch im nicht publizierten Urteil vom 31. August 1982 i.S. Gemeinde Gelterkinden gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft). In Betracht kommt gegen Entscheide und Erlasse
BGE 112 Ia 356 S. 365
über die Finanzierung hoheitlicher Aufgaben von Körperschaften nur die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung in ihrer Autonomie. Von solchen im weitesten Sinne die Finanzierung der hoheitlichen Tätigkeit betreffenden Entscheiden oder Erlassen sind kantonale Hoheitsakte zu unterscheiden, die eine Korporation in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin von Gegenständen des Finanz- oder Verwaltungsvermögens betreffen; soweit es sich nicht um Sachen im Gemeingebrauch handelt, ist eine Körperschaft diesbezüglich wie ein Privater betroffen und zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (
BGE 104 Ia 387
E. 1;
BGE 97 I 640
/1 E. 2b, mit zahlreichen Nachweisen; ungenau KÄLIN, a.a.O., S. 254, der nicht von Gegenständen des Finanz- oder Verwaltungsvermögens, sondern von Eingriffen in das Finanz- oder Verwaltungsvermögen [recte: Verwaltungsvermögen generell spricht).
c) Die anerkannten Krankenkassen führen in der Krankenversicherung eine bundesrechtlich nicht obligatorische Sozialversicherung durch, die jedoch vom Bund subventioniert wird und im Bundesgesetz sowie den entsprechenden Ausführungserlassen in öffentlichrechtlicher Art und bis in die Details geordnet ist, insbesondere was die wesentlichen Beziehungen zu den Aufnahmebewerbern und den Mitgliedern betrifft (Aufnahme, Freizügigkeit, Ausschluss, vgl. Art. 5 bis 6 und Art. 7 bis 11 KUVG sowie Art. 1 bis 13 der Verordnung III über die Krankenversicherung betreffend die Leistungen der vom Bund anerkannten Krankenkassen und Rückversicherungsverbände vom 15. Januar 1965 [VO III; SR 832.140]; Mindestleistungen, vgl. Art. 12 bis 20 KUVG und Art. 14 ff. der VO III; Prämien und Kostenbeteiligung der Versicherten, vgl.
Art. 6bis KUVG
und Art. 16 bis 28 VO V). Die anerkannten Krankenkassen sind als Hoheitsträger (MAURER, a.a.O., Band I, S. 142 und S. 244; Band II, S. 287) berechtigt, Verfügungen zu erlassen (
Art. 30 Abs. 1 KUVG
), die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen (
Art. 30 Abs. 2 und
Art. 30ter Abs. 1 KUVG
). Sie haben ihre Tätigkeit als Hoheitsträger nach den für die öffentliche Verwaltung geltenden Rechtsgrundsätzen der Gesetzmässigkeit, Rechtsgleichheit usw. auszuüben (MAURER, a.a.O., Band I, S. 146 ff.; Band II, S. 287). Es bleibt ihnen nur eine durch die Bundesgesetzgebung stark eingeschränkte Autonomie bei der Gestaltung der Prämientarife (vgl.
Art. 3 Abs. 2 und 3 KUVG
sowie Art. 9 bis 13 VO V), bei der Versicherung zusätzlicher Leistungen über die gesetzlichen Mindestleistungen hinaus, bei der Organisation ihrer Mitgliedschaftsbeziehungen und ihrer
BGE 112 Ia 356 S. 366
Verwaltung sowie bei der Ordnung ihrer vertraglichen Beziehungen zu den Medizinalpersonen und Heilanstalten; von dieser Autonomie dürfen sie nur im Rahmen ungeschriebener Regeln des Bundesrechts und unter Berücksichtigung des Prinzips der Gegenseitigkeit Gebrauch machen (
BGE 106 V 180
/1 E. 3). Eine grössere Autonomie verbleibt den Krankenkassen allenfalls, soweit sie noch andere Versicherungsarten betreiben, die nicht zur sozialen Krankenversicherung des Bundesrechts zählen (
Art. 3 Abs. 5 KUVG
;
BGE 107 V 39
ff.). Im Bereiche der sozialen Krankenversicherung stehen sie - auch wenn sie wie die Beschwerdeführerin privatrechtlich organisiert sind - als Hoheitsträger den Behörden von Bund und Kantonen nicht wie Private gegenüber, die sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen.
Dies gilt noch in höherem Masse, wenn sich die Krankenkassen an der Durchführung der obligatorischen Krankenversicherung beteiligen, die die Kantone oder mit deren Ermächtigung die Gemeinden für ihre gesamte Bevölkerung oder für einzelne Bevölkerungsklassen einführen (
Art. 2 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 KUVG
). Dabei vollziehen sie nebst dem öffentlichen Recht des Bundes zusätzlich auch öffentliches Recht des Kantons und allenfalls der Gemeinde (MAURER, a.a.O., Band II, S. 304). Dieses kantonale oder kommunale Recht schränkt ihre Autonomie hinsichtlich der Aufnahme von Mitgliedern und damit verbundener Vorbehalte ein, schliesst ihnen bestimmte Personen nötigenfalls zwangsweise an und verbietet ihren Ausschluss (für Zürich: §§ 10 und 11 EGKUVG, Art. 19 und 20 KVO). Beim Vollzug eines auf die Bevölkerung unterer Einkommensschichten begrenzten Obligatoriums müssen die beteiligten Krankenkassen ausserdem die Vorschriften über die mit öffentlichen Beiträgen verbilligten Prämien der obligatorisch versicherten Mitglieder (§§ 18 und 19 EGKUVG, Art. 23 KVO) und über die zusätzlich zu deckenden Krankheitskosten (§ 13 Abs. 2 EGKUVG, Art. 28 Abs. 1 Ziff. 3, 5, 6 und 9 KVO) als zwingendes öffentliches Recht anwenden. Bewegen sie sich schon als anerkannte Krankenkassen im Gebiet der sozialen Krankenversicherung nicht auf dem Boden des Privatrechts, sondern als Hoheitsträger im öffentlichen Bereich, so stehen sie beim Vollzug der obligatorischen Krankenversicherung dem Kanton oder der Gemeinde, deren Obligatorium sie durchsetzen helfen, erst recht nicht als Privatpersonen gegenüber.
d) Der angefochtene Beschluss des Zürcher Regierungsrates betrifft die Finanzierung der hoheitlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin
BGE 112 Ia 356 S. 367
durch Beiträge der Stadt Zürich und durch Prämien der obligatorisch Versicherten. Obwohl dieser Entscheid die Vermögensinteressen der als Verein organisierten Beschwerdeführerin berührt, ist sie nicht legitimiert, ihn wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte anzufechten, da sie die gerügten Verletzungen nicht in ihrer Eigenschaft als privatrechtliche Korporation auf der Ebene des Privatrechts erleidet. Auf die Rügen der rechtsungleichen Behandlung und der Willkür sowie der Verletzung von
Art. 31 BV
,
Art. 34bis BV
, Art. 2 ÜbBest. BV und Art. 19 KV kann daher nicht eingetreten werden. Ob die Beschwerdeführerin allenfalls darüber hinaus mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung einer Autonomie - wie sie Gemeinden und öffentlichrechtlichen Körperschaften zusteht - geltend machen könnte, scheint fraglich, kann aber im vorliegenden Fall offenbleiben, da sie keine selbständige Autonomierüge erhebt, sondern sich nur im Zusammenhang mit Art. 2 ÜbBest. BV auf ihre angebliche Autonomie beruft.
6.
Zu prüfen bleibt, ob auf die Rüge der formellen Rechtsverweigerung, d.h. der Verweigerung des rechtlichen Gehörs, eingetreten werden kann.
a) Das Bundesgericht billigte in seiner früheren Rechtsprechung mehrfach die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften auch demjenigen Beschwerdeführer zu, der in der Sache selbst zur Beschwerde nicht legitimiert ist (
BGE 105 Ia 276
E. 2d;
BGE 102 Ia 94
E. 1, mit weiteren Nachweisen). In seiner neueren Praxis ist es davon abgerückt, und es hat namentlich dann, wenn der Beschwerdeführer in der Sache selbst nicht rechtlich geschützte Interessen geltend machen konnte und somit aus diesem Grund zur Beschwerde nicht berechtigt war, wesentlich differenziert (
BGE 110 Ia 72
ff.;
BGE 107 Ia 185
/6 E. 3c). Nach dieser neueren Praxis ist ein Privater, der in der Sache selbst mangels rechtlich geschützter Interessen zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert ist, zur Beschwerde wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs insoweit berechtigt, als er die Verletzung von Verfahrensrechten rügt, die ihm nach kantonalem Prozessrecht als Partei zustanden (
BGE 110 Ia 75
E. 2a in fine;
BGE 107 Ia 185
/6 E. 3c).
b) Diese Berechtigung zur Gehörsverweigerungsrüge eines Privaten, der in der Sache selbst keine rechtlich geschützten Interessen hat, kann nicht auf öffentlichrechtliche oder privatrechtliche
BGE 112 Ia 356 S. 368
Korporationen ausgedehnt werden, die mit hoheitlichen Aufgaben betraut sind und deshalb einen kantonalen Entscheid in der Sache selbst nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten können. Denn der aus
Art. 4 BV
hergeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör soll als verfassungsmässiges Recht den Bürger gegen staatliche Hoheitsakte - hier der Prozessleitung usw. - schützen, und nicht eine hoheitlich handelnde Behörde gegen (prozessuale) Fehler einer im Rechtsmittelverfahren übergeordneten Behörde. Eine sich auf dem Boden des öffentlichen Rechts bewegende (privatrechtliche oder öffentlichrechtliche) Korporation kann daher aus prozessualen Vorschriften im kantonalen Verfahren, in dem sie nicht bloss als Vorinstanz, sondern als Partei behandelt wurde und bestimmte Parteirechte ausübte, keine Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Gehörsverweigerung durch Verletzung solcher Parteirechte herleiten. Somit ist auch auf diese Rüge der Beschwerdeführerin nicht einzutreten. | public_law | nan | de | 1,986 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
473d1a8f-a323-4565-afd8-4f8a7032e99b | Urteilskopf
125 IV 177
27. Urteil des Kassationshofes vom 15. Juni 1999 i.S. X. gegen Z. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
,
Art. 7 Abs. 1 StGB
,
Art. 173 ff. StGB
. Erfolgsort bei ehrverletzenden Äusserungen in Briefen.
Schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht bei ehrverletzenden Äusserungen in Briefen, die im Ausland verfasst, aus dem Ausland zielgerichtet an individuell bestimmte Personen in der Schweiz versandt und von den Adressaten im Inland zur Kenntnis genommen wurden (E. 2 und 3).
Art. 27 aStGB. Pressestrafrecht.
Ehrverletzende Äusserungen in Briefen an die rund 250 Mitglieder eines Vereins fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Bestimmung (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 178
BGE 125 IV 177 S. 178
Der ECU ist eine als Verein nach deutschem Recht mit Sitz in Starnberg konstituierte Interessengemeinschaft von mittelständischen Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern. Im Jahre 1994 war der in Starnberg wohnhafte X. Präsident und der in Bern wohnhafte Z. einer der Vizepräsidenten des Vereins und hatte dieser rund 250 Mitglieder in ganz Europa. Die führenden Mitglieder waren in verschiedenen Fragen zerstritten.
Am 6. Juni 1994 richtete das in Deutschland wohnhafte Vereinsmitglied Y. einen Brief an den Präsidenten. Darin warf sie unter anderen dem Vizepräsidenten Z. vor, zu einem Vernichtungsschlag gegen den Verein angesetzt zu haben, und bat sie den Präsidenten, ein dem Brief beigelegtes Schreiben an alle Vereinsmitglieder zu verteilen. In diesem Schreiben führte Y. unter Bezugnahme auf zwei Vereinsveranstaltungen, an denen sie teilgenommen hatte, unter anderem Folgendes aus:
"Auf beiden Veranstaltungen habe ich erhebliche und unangenehme
Spannungen innerhalb des Verbandes miterleben müssen, die nach meiner
Auffassung einzig und allein im profilneurotischen Bestreben insbesondere
der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... gründen, Herrn Präsidenten ...(X.)...
zu entmachten, um selbst den Verband zu führen.
Den Herren sind alle Mittel recht, wie teilweise falsche Anschuldigungen
bezüglich der Geschäftsführung von ...(X.)... und der geplante
Konkursantrag zeigen.
Die Tragik am Vorgehen der Herren ...(Z.)... und ...(W.)... besteht in
der sicheren Tatsache, dass die beiden Herren die ECU als solche
zerstören...."
Im Schreiben wird abschliessend zur Gründung eines Fördervereins des ECU aufgerufen.
Dieses Schreiben von Y. sandte der Vereinspräsident X. in der Folge als Beilage zu einem Rundschreiben an alle Vereinsmitglieder, darunter an mindestens zwei Mitglieder in der Schweiz.
Der Vizepräsident Z. erstattete gegen den Präsidenten X. und das Mitglied Y. Strafanzeige und Strafantrag wegen Ehrverletzung und wegen unlauteren Wettbewerbs.
Das Obergericht des Kantons Bern stellte mit Entscheid vom 23. Juli 1998 fest, dass der erstinstanzliche Freispruch von X. vom Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs in Rechtskraft erwachsen ist, und es verurteilte X. wegen übler Nachrede (im Sinne von
Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
) zu einer Busse von 1'000 Franken, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. Es verpflichtete
BGE 125 IV 177 S. 179
ihn zudem unter Androhung der Straffolgen von
Art. 292 StGB
, das Urteilsdispositiv nach Eintritt der Rechtskraft den damaligen Mitgliedern des ECU Europe kommentarlos zuzustellen.
X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm zur Last gelegte Handlung falle nicht unter den Anwendungsbereich des schweizerischen Strafgesetzbuches, da sie ausschliesslich im Ausland verübt worden sei. Zudem sei die Handlung im Sinne von Art. 27 aStGB durch das Mittel der Druckerpresse begangen worden, und daher sei gemäss dieser Bestimmung die bekannte Verfasserin des Schreibens allein strafrechtlich verantwortlich. Sodann sei die inkriminierte Äusserung nicht ehrverletzend. Sie sei vor dem Hintergrund eines tobenden Machtkampfes um die Vormachtstellung im Verband zu sehen, weshalb, wie bei Äusserungen in einer politischen Auseinandersetzung, mit der Annahme einer Ehrverletzung besondere Zurückhaltung geboten sei. Da sowohl die Verfasserin des Schreibens als auch er selbst als Deutsche in Deutschland lebten, sei auch zu berücksichtigen, dass dort die Messlatte hinsichtlich ehrverletzender Äusserungen wesentlich höher liege. Ausserdem habe er die angeblich ehrverletzende Äusserung nicht im Sinne von
Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
"weiterverbreitet". Denn er habe die Ehrverletzung nicht erneuert, sondern sich im Sinne eines rein passiven Verhaltens darauf beschränkt, in seiner Eigenschaft als Vereinspräsident die Meinungsäusserung eines Vereinsmitglieds unverändert und kommentarlos an die übrigen Vereinsmitglieder weiterzuleiten. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, es fehle am Vorsatz. Nachdem er das Schreiben nur quer durchgelesen habe und im Verband zu jener Zeit von beiden Seiten mit harten Bandagen um Macht gekämpft worden sei, sei das fragliche Schreiben nicht ungewöhnlich gewesen und seien ihm die inkriminierten Äusserungen nicht aufgefallen. Zudem könne von ihm nicht verlangt werden, vor dem Versand eines Schreibens an die Vereinsmitglieder in ganz Europa zu prüfen, ob die nach deutschem Recht offensichtlich keine Ehrverletzungen darstellenden Äusserungen nach irgendeiner anderen Rechtsordnung allenfalls als ehrverletzend qualifiziert werden könnten. Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer auf den
BGE 125 IV 177 S. 180
aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen. Da im fraglichen Schreiben zur Gründung eines Fördervereins zur Rettung des Verbands vor dem drohenden Zerfall aufgerufen worden sei, sei er als Präsident des Verbands geradezu verpflichtet gewesen, das Schreiben an die übrigen Vereinsmitglieder weiterzuleiten.
2.
Dem schweizerischen Strafgesetzbuch ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt (
Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
). Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt als da verübt, wo der Täter es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist (
Art. 7 Abs. 1 StGB
).
a) Die frühere Rechtsprechung ging von einem relativ weiten Begriff des Erfolgs im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
aus. Erfolg war danach der Schaden, um dessentwillen die Handlung unter Strafe gestellt ist. Ein solcher Schaden trete nicht nur bei den Erfolgsdelikten im technischen Sinne ein, sondern auch bei den schlichten Tätigkeitsdelikten; ein Unterschied bestehe nur insofern, als der Erfolg sich bei den ersteren von der Handlung abhebe, bei den letzteren aber als notwendige Wirkung in der Handlung eingeschlossen sei (
BGE 91 IV 228
betreffend Vorenthalten eines Unmündigen gemäss Art. 220 aStGB;
BGE 87 IV 153
betreffend Vernachlässigung von Unterstützungspflichten nach Art. 217 aStGB). Schon nach dieser Praxis war aber das schweizerische Recht dann nicht anwendbar, wenn das im Ausland begangene schlichte Tätigkeits- oder Unterlassungsdelikt ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist (
BGE 97 IV 205
betreffend Fälschung von Ausweisen).
Die Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
ist in
BGE 105 IV 326
, der wiederholten Kritik von Schultz folgend, geändert worden. Nach diesem Entscheid (betreffend mehrfache Ehe gemäss Art. 215 aStGB) ist "Erfolg" im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
(und von
Art. 346 Abs. 1 StGB
) der als Tatbestandselement umschriebene Aussenerfolg eines sogenannten Erfolgsdelikts. Allerdings hat der Kassationshof in
BGE 109 IV 1
erkannt, dass beim Betrug auch der Ort, an dem die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist bzw. eintreten sollte, Ort des Erfolgs und damit Begehungsort im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
sei. Beim Betrug als sogenanntem kupierten Erfolgsdelikt gebe es zwei Erfolge, nämlich einerseits die Schädigung des Vermögens, die eingetreten sein müsse, und andererseits die Bereicherung, welche vom Täter beabsichtigt worden sein müsse (siehe auch
BGE 124 IV 241
E. 4c S. 244). In
BGE 125 IV 14
betreffend Entziehen von
BGE 125 IV 177 S. 181
Unmündigen gemäss
Art. 220 StGB
hat der Kassationshof die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss
Art. 7 Abs. 1 StGB
mit der Begründung bejaht, dass der Vater, der seine Kinder erlaubterweise nach Ägypten in die Ferien mitgenommen hatte, seine Rechtspflicht zur Rückgabe der Kinder am Wohnsitz der Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt in der Schweiz erfüllen musste.
b) Der Kassationshof hatte sich auch schon mit der Frage nach dem Erfolgsort bei Ehrverletzungsdelikten zu befassen. In
BGE 102 IV 35
betreffend angebliche Ehrverletzungen in einer im Ausland herausgegebenen und gedruckten, aber auch in der Schweiz verbreiteten (deutschen) Zeitschrift hat der Kassationshof erkannt, bei der üblen Nachrede und bei der Verleumdung (Art. 173 f. StGB) bestehe der "Erfolg" im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
in der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch Dritte; sobald der Dritte die Äusserung vernommen habe, sei das Delikt vollendet (E. 2b S. 38). Auch für Pressedelikte beschränke das Gesetz den Tatort nicht auf den Ausführungsort (Herausgabe- bzw. Druckort). Bei diesen Delikten sei der Erfolgsort grundsätzlich dort, wo das Presseerzeugnis gelesen oder sonstwie zur Kenntnis genommen werde. Eine Anpassung an die Besonderheiten der Presse erfolge in Bezug auf den Tatort lediglich insoweit, als der Verbreitungsort als Erfolgsort gelte, weil angenommen werde, das Presseerzeugnis sei am Verbreitungsort auch zur Kenntnis genommen worden. Da die Zeitschrift zwar im Ausland herausgegeben und gedruckt, aber auch in der Schweiz vertrieben worden sei, sei der Erfolg der darin enthaltenen angeblich ehrverletzenden Äusserung auch in der Schweiz eingetreten und insoweit gemäss
Art. 7 Abs. 1 StGB
die schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben (E. 2c S. 38 f.).
Diese in
BGE 102 IV 35
vertretene Auffassung hat der Kassationshof in einem nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 in Sachen N. unter Hinweis auf die in der Zwischenzeit durch
BGE 105 IV 326
vorgenommene Änderung der Rechtsprechung zum Begriff des Erfolgs im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
aufgegeben. Es ging dabei um eine angeblich ehrverletzende Äusserung in einer im Ausland herausgegebenen und gedruckten, auch in der Schweiz vertriebenen (italienischen) Zeitung. Gemäss dem genannten nicht publizierten Urteil sind die üble Nachrede und die Verleumdung keine Erfolgsdelikte, sondern schlichte Tätigkeitsdelikte. Zwar sei zur Tatbestandserfüllung erforderlich, dass ein Dritter von der ehrverletzenden Äusserung Kenntnis erhalten habe. Diese Kenntnisnahme sei aber kein Aussenerfolg im Sinne der sogenannten
BGE 125 IV 177 S. 182
Erfolgsdelikte, sondern die gleichsam zwingende Folge der vorausgesetzten Tathandlung, die in der Äusserung gegenüber einem Dritten bestehe. Der Kassationshof hat im genannten nicht publizierten Urteil vom 24. Dezember 1998 aus diesen Gründen in ausdrücklicher Abweichung von
BGE 102 IV 35
ff. erkannt, dass die in einer im Ausland gedruckten und herausgegebenen Zeitung enthaltene ehrverletzende Äusserung nicht in Anwendung von Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m.
Art. 7 Abs. 1 StGB
der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen sei, auch insoweit nicht, als die ausländische Zeitung auch in der Schweiz verbreitet und die ehrverletzende Äusserung somit hier zur Kenntnis genommen werde.
c) Der Beschwerdeführer beruft sich nicht auf dieses nicht publizierte Urteil vom 24. Dezember 1998, welches ihm im Zeitpunkt der Beschwerdebegründung auch gar nicht bekannt sein konnte. Es kann dahingestellt bleiben, ob an den darin enthaltenen Erwägungen vollumfänglich festgehalten werden kann, soweit sie die Frage der schweizerischen Gerichtsbarkeit in Bezug auf angeblich ehrverletzende Äusserungen in Zeitungen und Zeitschriften betreffen, die im Ausland herausgegeben und gedruckt, aber auch in der Schweiz verbreitet werden. Der vorliegend zu beurteilende Fall unterscheidet sich insoweit wesentlich von dem in jenem Entscheid beurteilten Sachverhalt.
3.
Der Beschwerdeführer hat das Schreiben von Deutschland aus per Post unter anderen an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz versandt, welche die darin enthaltenen Äusserungen in der Schweiz zur Kenntnis genommen haben.
a) Der Tatbestand der üblen Nachrede (
Art. 173 StGB
) ist erst mit der Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung durch einen Dritten vollendet. Ob diese Kenntnisnahme als ein Erfolg im technischen Sinne der Erfolgsdelikte zu gelten hat, ist in der Lehre, soweit sie sich überhaupt dazu äussert, umstritten (bejahend z.B. SCHULTZ, ZBJV 113/1977 S. 549; verneinend JOSÉ HURTADO POZO, Droit pénal, partie générale I, 2e éd. 1997, n. 385; grundsätzlich kritisch gegenüber der Unterscheidung ARZT, Erfolgsdelikt und Tätigkeitsdelikt, ZStrR 107/1990 S. 168 ff.). Auch wenn mit dem vorstehend erwähnten nicht publizierten Urteil des Kassationshofes vom 24. Dezember 1998 i.S. N. angenommen wird, die Kenntnisnahme der ehrverletzenden Äusserung sei kein Erfolg im technischen Sinne der Erfolgsdelikte, muss in einem Fall der hier zu beurteilenden Art die schweizerische Gerichtsbarkeit bejaht werden.
b) Der Beschwerdeführer hat das Schreiben zielgerichtet, direkt
BGE 125 IV 177 S. 183
und individuell an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz persönlich adressiert, welche es in der Schweiz zur Kenntnis genommen haben. Die Kenntnisnahme der Äusserung ist unter diesen Umständen eine Wirkung, die als ausreichender Anknüpfungspunkt für die schweizerische Gerichtsbarkeit erscheint und als ein "Erfolg" im Sinne von
Art. 7 Abs. 1 StGB
zu qualifizieren ist. Es gibt in diesen Fällen von persönlich adressierten Briefen aus dem Ausland an individuell bestimmte Adressaten in der Schweiz - anders als allenfalls bei Äusserungen in ausländischen Zeitungen und Zeitschriften sowie in ausländischen Massenmedien allgemein keinen sachlichen Grund, die schweizerische Gerichtsbarkeit gemäss
Art. 7 Abs. 1 StGB
zu verneinen. In der Lehre wird denn auch verschiedentlich der Fall des Versands eines ehrverletzenden Briefes aus dem Ausland in die Schweiz als Beispiel eines grenzüberschreitenden Distanzdelikts genannt, für welches gemäss
Art. 7 Abs. 1 StGB
schweizerische Gerichtsbarkeit gilt (siehe z.B. THORMANN/VON OVERBECK, Das schweizerische Strafgesetzbuch, Art. 7 N. 1), und bereits Stooss hat in den Verhandlungen der Expertenkommission darauf hingewiesen, dass beispielsweise bestraft werden soll, wer einen verleumderischen Brief vom Ausland her in die Schweiz gesendet hat (Protokoll der Verhandlungen der Expertenkommission vom 20. September 1893, S. 36).
Die Vorinstanz hat demnach die schweizerische Gerichtsbarkeit mit Recht bejaht.
4.
Der Beschwerdeführer hat als Vereinspräsident das von einem Vereinsmitglied verfasste, vereinsinterne Angelegenheiten betreffende Schreiben in Deutschland vervielfältigt und von Deutschland aus per Post an die insgesamt rund 250 Vereinsmitglieder in ganz Europa verschickt, darunter an mindestens zwei Vereinsmitglieder in der Schweiz. Damit hat er die ihm zur Last gelegte Straftat des Weiterverbreitens einer ehrverletzenden Beschuldigung nicht im Sinne von Art. 27 aStGB durch das Mittel der Druckerpresse begangen. Denn es fehlt am unstreitig erforderlichen Merkmal der Veröffentlichung, weil das interne Angelegenheiten der Interessengemeinschaft von mittelständischen Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. betreffende Schreiben ausschliesslich an die rund 250 Vereinsmitglieder persönlich verschickt worden ist. Es ist damit nur an ganz bestimmte Personen abgegeben worden, nicht an jeden beliebigen Interessenten innerhalb eines Kreises, und es war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (siehe zum Ganzen TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar,
BGE 125 IV 177 S. 184
2. Aufl. 1997, Art. 27 N. 3; FRANZ RIKLIN, Schweizerisches Presserecht, 1996, § 1 N. 7, § 5 N. 83).
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Sonderregelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäss Art. 27 aStGB überhaupt auf Presseerzeugnisse, die im Ausland verfasst und gedruckt, aber auch in der Schweiz verbreitet werden, anwendbar sei.
Da somit Art. 27 aStGB nicht zur Anwendung gelangt, ist der Einwand des Beschwerdeführers unbegründet, dass die bekannte Verfasserin des von ihm versandten Schreibens gemäss dieser Bestimmung allein strafrechtlich verantwortlich sei.
5.
a) Die inkriminierten Äusserungen sind nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz insgesamt ehrverletzend. Sie betreffen nicht nur die gesellschaftliche Geltung des Beschwerdegegners als Geschäfts- oder Berufsmann, sondern sie berühren auch dessen Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein. Wem als Vizepräsident eines Vereins angeblich alle Mittel recht sind, wie teilweise falsche Beschuldigungen und die Einreichung eines Konkursantrags, um in solcher zerstörerischer Weise den Vereinspräsidenten zu entmachten und in profilneurotischem Bestreben selber die Präsidentschaft zu übernehmen, der benimmt sich nicht so, wie nach allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten pflegt. Dass die Äusserungen im Rahmen eines tobenden Machtkampfes um die Vormachtstellung getan worden seien, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Ein solcher Machtkampf kann nicht mit einer politischen Auseinandersetzung gleichgesetzt werden, bei welcher eine strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung anzunehmen ist.
b) Indem der Beschwerdeführer das von einem Vereinsmitglied verfasste Schreiben an die rund 250 Mitglieder verschickte, hat er die darin enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen im Sinne von
Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
weiterverbreitet. Dass er sie nicht "erneuerte", wiederholte oder zu seinen eigenen machte, ist unerheblich.
c) Gemäss einer tatsächlichen Feststellung im angefochtenen Entscheid hat das Beweisergebnis gezeigt, dass die inkriminierten Stellen dem Beschwerdeführer nicht verborgen bleiben konnten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die inkriminierten Äusserungen seien ihm nicht aufgefallen, steht im Widerspruch dazu und ist nicht zu hören. Dass der Beschwerdeführer allenfalls weder wusste noch in Kauf nahm, dass die inkriminierten Äusserungen nach dem
BGE 125 IV 177 S. 185
schweizerischen Recht, anders als angeblich nach dem deutschen Recht, als strafrechtlich relevante Ehrverletzung qualifiziert werden könnten, ist unerheblich. Das Bewusstsein der Strafbarkeit gehört nicht zum Vorsatz.
d) Der Beschwerdeführer war als Präsident des Verbands allenfalls verpflichtet, den Aufruf eines Mitglieds zur Gründung eines Fördervereins zur Rettung des Verbands an die übrigen Mitglieder weiterzuleiten. Dazu war es aber nicht notwendig, das Schreiben vollumfänglich und unverändert, einschliesslich der darin enthaltenen ehrverletzenden Äusserungen, weiterzuleiten. Dem Beschwerdeführer wäre es möglich und zumutbar gewesen, die Weiterleitung des Schreibens in dieser Fassung zu verweigern und die Verfasserin zu einer Abänderung unter Weglassung der ehrverletzenden Äusserungen aufzufordern.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. | null | nan | de | 1,999 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
473e57ab-2f9e-4df6-852b-c0c7c380317a | Urteilskopf
139 III 504
74. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre Maître B., agissant en sa qualité de liquidateur de C. Ltd (en liquidation) (recours en matière civile)
5A_408/2013 du 8 novembre 2013 | Regeste a
Art. 76 Abs. 1 BGG
; Unterscheidung zwischen Beschwerderecht und Aktiv- oder Passivlegitimation.
Das Beschwerderecht im Sinne von
Art. 76 Abs. 1 BGG
ist eine Prozessvoraussetzung, währenddem die Aktiv- oder Passivlegitimation eine Voraussetzung des materiellen Rechts ist (E. 1.2).
Regeste b
Art. 166 ff. und 29 IPRG
; Gegenpartei im Verfahren auf Anerkennung eines ausländischen Konkursdekretes.
Der Drittschuldner als Beklagter im Anfechtungsprozess ist nicht Gegenpartei im Verfahren auf Anerkennung des Konkurses in der Schweiz über die ausländische Gesellschaft, welche als Abtretungsgläubigerin gegen ihn auf Anfechtung klagt (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 505
BGE 139 III 504 S. 505
A.
A.a
Entre avril et novembre 2008, C. Ltd (ci-après: C.), société à responsabilité limitée de droit israélien, active dans le commerce de diamants, ayant son siège à D. (Israël) et contrôlée par la famille E. au travers de la holding de droit luxembourgeois E. Sàrl, a acquis des diamants, au moyen de crédits octroyés par deux banques israéliennes, et les a vendus à F., société dont le siège est à H. et qui fait également partie du groupe E., pour le prix de USD 41'625'529.97.
F. n'a payé à C. que le montant d'environ 3 millions de USD; le solde de USD 39'158'228 reste impayé. F. a pourtant revendu les diamants à A., société de droit belge ayant son siège à G., pour le prix de USD 42'600'000.
A.b
Le 31 mars 2009, F. et A. ont signé une convention prévoyant la réduction du prix de 10 millions de USD, le versement d'un montant de 10'005'990 fr. à F. et la cession d'une créance de USD 20'112'007 de A. à F.
A.c
Dans la faillite de F., prononcée le 23 septembre 2009 par le Tribunal de première instance du canton de Genève (ci-après: Tribunal de première instance), C. a produit une créance de USD 27'036'382, qui a été colloquée en 3
e
classe.
A.d
La masse en faillite de F. a ouvert action contre A. le 17 septembre 2010, en révocation de la convention du 31 mars 2009, en répétition des prestations effectuées en exécution de cette convention et, subsidiairement, en paiement de USD 30'112'007, USD 10'005'990 et USD 10'440'000.
Elle a ensuite cédé cette prétention contre A., notamment, à C. le 3 février 2011, qui est devenue demanderesse à la procédure en révocation.
B.
Dans l'intervalle, à la demande des deux banques israéliennes qui lui avaient octroyé des crédits, C. a été tout d'abord mise sous contrôle judiciaire en 2009 par jugements des 13 et 24 mai 2009, jugements reconnus en Suisse par décision du Tribunal de première instance de Genève du 20 janvier 2010.
Puis, par jugement du 14 septembre 2010, le Tribunal de district de I. (Israël) a ordonné sa dissolution et sa liquidation; Maître B. a été désigné comme liquidateur provisoire, puis permanent, et chargé
BGE 139 III 504 S. 506
notamment de récupérer tous les avoirs et toutes les créances de C. et, dans ce contexte, autorisé à plaider à l'étranger.
C.
Le liquidateur B. a déposé une demande de reconnaissance de la faillite de C. devant le Tribunal de première instance de Genève.
A. s'est opposée à la reconnaissance de la faillite en Suisse, au motif principal que l'Etat d'Israël n'offrait pas la réciprocité s'agissant de la reconnaissance d'une faillite prononcée en Suisse, et a sollicité de pouvoir intervenir en qualité d'opposante à la procédure, ce qui lui a été accordé. Le liquidateur s'est opposé à l'intervention de A., au motif que celle-ci n'avait pas la qualité pour être opposante.
Les parties ont produit chacune un avis de droit sur la question de la réciprocité au sens de l'
art. 166 al. 1 let
. c LDIP.
Par jugement du 17 décembre 2012, le Tribunal de première instance a reconnu le jugement israélien rendu le 14 septembre 2010 qui prononçait la dissolution et la liquidation judiciaire de C. et désignait B. en qualité de liquidateur (ch. 1). Il a en conséquence prononcé l'ouverture d'une procédure de faillite ancillaire en Suisse à l'encontre de C. (ch. 2) et, entre autres, ordonné la transmission du jugement à l'office des faillites notamment pour exécution de la procédure de faillite ancillaire (ch. 3). Il a admis que la condition de la réciprocité prévue par l'
art. 166 al. 1 let
. c LDIP est réalisée. Bien qu'il ait autorisé A. à intervenir au litige, le Tribunal de première instance a laissé ouverte la question de la qualité de A. pour s'opposer à la reconnaissance, celle-ci étant sans incidence sur l'issue du litige.
Statuant par arrêt du 26 avril 2013, la Cour de justice du canton de Genève a admis la qualité pour recourir et pour s'opposer de A. et a rejeté son recours, la condition de la réciprocité de l'
art. 166 al. 1 let
. c LDIP étant, selon elle, remplie.
(...)
Par arrêt du 8 novembre 2013, le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par A. contre cette décision.
(extrait)
Extrait des considérants:
Erwägungen
1.
1.2
Conformément à l'
art. 76 al. 1 LTF
, a qualité pour former un recours en matière civile quiconque a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire (let. a)
BGE 139 III 504 S. 507
et est particulièrement touché par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (let. b).
En l'espèce, la première condition est remplie dès lors que la recourante a participé à la procédure cantonale et qu'elle n'a pas obtenu ce à quoi elle avait conclu. Il y a lieu d'admettre également qu'elle est touchée et a un intérêt digne de protection au recours. En effet, la qualité pour recourir, qui est une condition de recevabilité, ne se confond pas avec la qualité pour agir ou pour défendre au fond, en l'espèce avec la qualité pour requérir la reconnaissance de la décision étrangère ou la qualité pour s'opposer à la reconnaissance au sens de l'art. 167 al. 1 en relation avec l'
art. 29 al. 2 LDIP
(RS 291), qui est une condition de droit matériel. Il n'y a pas lieu d'anticiper sur le sort de cette question pour décider si le recours est recevable. Pour que l'intérêt au recours soit admis, il suffit que le recourant apparaisse atteint dans un droit qui lui appartient.
(...)
3.
Saisi d'un recours en matière civile, le Tribunal fédéral applique le droit d'office (
art. 106 al. 1 LTF
). Il examine donc d'office et librement la qualité pour agir et la qualité pour défendre, qui sont des conditions de droit matériel, sur la base des faits constatés dans l'arrêt attaqué (
ATF 130 III 550
consid. 2;
ATF 118 Ia 129
consid. 1 et les arrêts cités).
3.1
Les
art. 166 ss LDIP
ne prévoient que la reconnaissance de la décision de faillite rendue à l'étranger, à l'exclusion de son exécution (ou exequatur au sens strict), le but de la reconnaissance de la faillite étrangère étant l'ouverture d'une faillite ancillaire en Suisse. Selon l'
art. 167 al. 1 LDIP
, la requête en reconnaissance est portée devant le tribunal du lieu de situation des biens en Suisse et l'
art. 29 LDIP
est applicable par analogie. La procédure est soumise aux art. 335 à 346 CPC (
art. 335 al. 3 CPC
; cf. ANDREAS BUCHER, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 2 in fine ad
art. 29 LDIP
).
3.2
En vertu de l'
art. 29 LDIP
, la requête en reconnaissance est adressée à l'autorité compétente du canton où la décision étrangère est invoquée, accompagnée de différentes pièces (al. 1); la partie qui s'oppose à la reconnaissance est entendue dans la procédure et elle peut y faire valoir ses moyens (al. 2).
Selon le Message du Conseil fédéral du 10 novembre 1982 concernant une loi fédérale sur le droit international privé (FF 1983 I 255),
BGE 139 III 504 S. 508
la partie intéressée à ce que la décision soit (reconnue et) déclarée exécutoire au sens de l'
art. 28 LDIP
(art. 26 du projet du Conseil fédéral) est en général la partie qui a obtenu gain de cause dans la procédure étrangère et qui veut faire valoir ses droits en Suisse; mais il peut aussi y avoir des cas où c'est la partie qui a succombé qui peut avoir intérêt à la reconnaissance; pour l'interprétation de la notion de partie intéressée, on peut s'inspirer par voie d'analogie de l'art. 6 de la loi fédérale sur la procédure administrative (FF 1983 319 ch. 217.4), qui règle la qualité de partie en procédure administrative fédérale.
Par ailleurs, selon la jurisprudence, l'
art. 29 al. 2 LDIP
, appliqué par analogie, n'impose pas au tribunal saisi de la requête en reconnaissance d'une décision de faillite étrangère, de convoquer le failli, ou les éventuels opposants à l'audience où sera examinée la requête, mais exige uniquement que la partie qui s'oppose à la reconnaissance soit entendue dans la procédure. L'ensemble des intéressés sera informé de la décision reconnaissant la faillite par la publication de celle-ci (
art. 169 al. 1 LDIP
) et ils pourront faire valoir leurs moyens d'opposition, conformément à l'
art. 29 al. 2 LDIP
, en interjetant recours contre la décision de reconnaissance (arrêt B.144/1991 du 27 novembre 1991 consid. 3, cité et approuvé par ANDREA BRACONI, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 12 ad
art. 167 LDIP
et les références citées, et par KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 13 ad
art. 167 LDIP
).
3.3
Aux termes de l'
art. 6 PA
(RS 172.021), ont qualité de parties les personnes dont les droits ou les obligations pourraient être touchés par la décision à prendre, ainsi que les autres personnes, organisations ou autorités qui disposent d'un moyen de droit contre cette décision.
L'
art. 6 PA
définit ainsi la qualité de partie à la procédure de première instance en relation avec la qualité pour recourir au sens de l'
art. 48 PA
, disposition qui correspond à l'
art. 89 al. 1 LTF
et doit être interprétée de la même manière: celui qui a la qualité pour recourir selon ces deux dernières dispositions a aussi la qualité de partie en première instance (
ATF 139 II 328
consid. 3.2 et les arrêts cités,
ATF 139 II 279
consid. 2.2;
ATF 130 II 521
consid. 2.5).
A ainsi la qualité de partie celui qui est particulièrement touché par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à ce qu'elle
BGE 139 III 504 S. 509
soit annulée ou modifiée. Est particulièrement touché celui qui est atteint de manière directe et concrète et dans une mesure et avec une intensité plus grande que d'autres personnes et se trouve dans un rapport étroit et spécial avec l'objet de la contestation. A un intérêt digne de protection, celui qui a un intérêt juridique ou de fait à ce que la décision soit annulée ou modifiée: cet intérêt consiste dans l'utilité pratique que la modification ou l'annulation lui apporterait, en lui évitant de subir directement un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre (
ATF 139 II 279
consid. 2.2;
ATF 135 II 145
consid. 6.1). La qualité de partie est définie de la même manière à l'
art. 17 al. 1 LP
(
ATF 138 III 219
consid. 2.3;
ATF 129 III 595
consid. 3;
ATF 120 III 42
consid. 3), qu'à l'
art. 76 al. 1 let. b LTF
dans sa teneur en vigueur depuis le 1
er
janvier 2011 (
ATF 138 III 537
consid. 1.2.2).
La question de savoir si le tiers débiteur d'une créance ou d'une prétention révocatoire de la masse en faillite est particulièrement touché et a un intérêt digne de protection a notamment été tranchée en relation avec la cession de cette créance ou de cette prétention aux créanciers selon l'
art. 260 LP
, dans l'application de l'
art. 17 al. 1 LP
. Il a été jugé que le tiers débiteur est certes touché de manière directe par la cession aux créanciers de la créance que l'administration de la masse a inventoriée contre lui; s'il a un intérêt de fait à l'annulation de la cession, qui a pour conséquence de priver le cessionnaire de la qualité pour agir contre lui, il doit encore être directement lésé par cet acte. Pour déterminer si tel est le cas, il faut examiner le vice éventuel dont serait entaché l'acte de cession (arrêt 5A_483/2012 du 23 août 2012 consid. 5.3.3). Ainsi, il a été admis que le tiers est directement lésé lorsque la décision de cession rendue par l'administration de la faillite l'exposerait au risque d'être recherché plusieurs fois pour la même prétention, à savoir lorsque la cession aurait eu lieu sans renonciation préalable de la communauté des créanciers et sans que la possibilité n'ait été donnée à tous les créanciers de présenter une demande de cession (
ATF 79 III 6
consid. 1 et les références citées) ou dans des circonstances n'excluant pas que d'autres créanciers demandent ultérieurement la cession (
ATF 53 III 71
). En revanche, le tiers n'est pas directement lésé lorsqu'il s'immisce dans la procédure interne de la cession des prétentions selon l'
art. 260 LP
, qui n'intéresse que l'administration de la masse (
ATF 71 III 133
consid. 1;
67 III 85
p. 88), qu'il entend empêcher que le cercle des créanciers cessionnaires soit élargi (
ATF 71 III 133
consid. 1), que la cession soit confirmée (
ATF 65 III 1
consid. 1) ou que le délai imparti
BGE 139 III 504 S. 510
au créancier cessionnaire pour agir soit prolongé (
ATF 63 III 70
consid. 3), ou se plaindre des modalités de la cession (
ATF 67 III 85
p. 88;
74 III 72
; sur l'ensemble de ces points, cf. arrêt 5A_483/2012 du 23 août 2012 consid. 5.3.3).
Dans un arrêt récent, le Tribunal fédéral vient de préciser que le tiers débiteur d'une prétention révocatoire n'est pas directement lésé par la cession accordée par l'administration de la masse dès lors que, même si la cession était viciée, il ne serait pas libéré pour autant, la prétention continuant d'appartenir à la masse; la question de la répartition de l'actif n'intéresse pas le défendeur à l'action révocatoire, qui peut faire valoir ses moyens dans le cadre de l'action révocatoire intentée contre lui (
ATF 139 II 384
consid. 2.2.2).
De la même manière que le tiers débiteur, défendeur à l'action révocatoire, n'est pas directement lésé par la cession de la prétention révocatoire au créancier qui a ouvert action contre lui, le tiers débiteur, défendeur à l'action révocatoire, n'est pas directement lésé par la reconnaissance en Suisse de la faillite de la société étrangère qui a obtenu la cession de la prétention révocatoire contre lui et agit en révocation contre lui.
3.4
En l'occurrence, la société recourante, défenderesse à l'action révocatoire, n'est pas directement lésée par la reconnaissance de la faillite de la société C. en Suisse, cessionnaire et demanderesse à l'action révocatoire. Certes, elle est concernée plus que tout un chacun par la décision attaquée puisque, comme elle l'indiquait dans son recours cantonal, le refus de la reconnaissance de la faillite de C. en Suisse remettrait en cause tant la production de celle-ci dans la faillite de F. que la qualité de celle-ci pour agir dans l'action révocatoire dirigée contre elle. Mais elle n'a pas un intérêt digne de protection à s'opposer à la reconnaissance dès lors que cette reconnaissance ne lui cause pas un préjudice direct: c'est en effet la masse en faillite de F. qui est titulaire de la prétention révocatoire, la cession de l'
art. 260 LP
n'ayant que pour effet de transférer au cessionnaire le droit d'agir en lieu et place de la masse (
Prozessführungsbefugnis
ou
Prozessstandschaft
). C'est dans le cadre de l'action révocatoire intentée contre elle qu'elle peut et doit faire valoir ses moyens afin d'éviter de subir un "préjudice direct".
Il s'ensuit que le recours doit être rejeté par substitution des motifs qui précèdent. | null | nan | fr | 2,013 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
473e7aed-78e1-43fc-8504-e8ff80af63cd | Urteilskopf
106 IV 20
7. Urteil des Kassationshofes vom 18. März 1980 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 140 Ziff. 2 StGB
.
Trifft die im Gesetz umschriebene Tätereigenschaft auf die juristische Person zu, so ist es bei Schweigen des Gesetzes eine Frage der Auslegung des betreffenden gesetzlichen Tatbestandes, ob diese Eigenschaft auch die natürliche Person kennzeichnet, welche die Handlung als Organ (im strafrechtlichen Sinn) der juristischen Person begangen hat. Für
Art. 140 Ziff. 2 StGB
trifft dies zu. | Sachverhalt
ab Seite 20
BGE 106 IV 20 S. 20
A.-
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat am 27.
September 1979 den Entscheid des Strafgerichts Basel-Stadt vom 7. April 1978 im wesentlichen bestätigt, durch den K. wegen wiederholter qualifizierter Veruntreuung und anderer Delikte zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.
B.-
Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt K., das Urteil des Appellationsgerichtes sei insoweit aufzuheben, als es den Beschwerdeführer wegen qualifizierter Veruntreuung verurteilt hat.
BGE 106 IV 20 S. 21
Appellationsgericht und Staatsanwaltschaft beantragen Abweisung der Beschwerde.
C.-
Eine von K. gegen das Urteil des Appellationsgerichts eingereichte staatsrechtliche Beschwerde wies der Kassationshof des Bundesgerichts am 17. März 1980 ab, soweit er darauf eintrat.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze; die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist indessen mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen (
Art. 269 BStP
).
Das verkennt der Beschwerdeführer, wenn er in seiner Nichtigkeitsbeschwerde geltend macht, die Vorinstanz habe mit der Bejahung seiner persönlichen Bereicherung den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt. Diese Maxime ist kein selbständiger Satz des Bundesrechts; sie geht nicht weiter als das aus
Art. 4 BV
abgeleitete Verbot der willkürlichen Beweiswürdigung, dessen Missachtung mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werde kann (
BGE 100 IV 269
E. 1,
BGE 96 I 144
). Der Beschwerdeführer hat dies übrigens getan, seine Rüge wurde aber im Urteil des Bundesgerichts vom 17. März 1980 als unbegründet abgewiesen. Soweit K. in der Nichtigkeitsbeschwerde erneut behauptet, die Vorinstanz habe mit der Annahme der persönlichen Bereicherung den erwähnten Grundsatz missachtet, ist darauf nicht einzutreten.
b) Abgesehen davon ist das Fehlen einer tatsächlichen persönlichen Bereicherung entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung offensichtlich kein Strafmilderungsgrund im Sinne von Art. 64/65 StGB.
2.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Tatbestand der Veruntreuung gemäss
Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
in subjektiver und objektiver Beziehung erfüllt zu haben. Er macht aber geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht das Vorliegen von Qualifikationsmerkmalen im Sinne von
Art. 140 Ziff. 2 StGB
bejaht.
a) Qualifiziert ist die Veruntreuung nach
Art. 140 Ziff. 2 StGB
unter anderem, wenn der Angeklagte die Tat "als ... berufsmässiger Vermögensverwalter oder bei Ausübung eines
BGE 106 IV 20 S. 22
Berufs, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, zu der er durch eine Behörde ermächtigt ist, begeht ...". Die Vorinstanz hat beides bejaht.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen sinngemäss ein, die Übertragung der qualifizierenden Eigenschaften der Bank auf den Beschwerdeführer verletze den Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" (
Art. 1 StGB
), wie schon aus
Art. 172 StGB
hervorgehe. Zwar sei er faktisch und rechtlich in Basel Filialleiter gewesen; trotzdem sei er von der Zentrale in New York abhängig gewesen und es habe ihm daher als Bankangestellten und Kundenberater die Selbständigkeit eines Vermögensverwalters gefehlt (
BGE 69 IV 164
f.). Die behördliche Ermächtigung schliesslich sei nicht ihm, sondern der Bank erteilt worden.
b) Werden strafbare Handlungen im Geschäftsbetrieb von juristischen Personen begangen, so sind hierfür die natürlichen Personen strafbar, welche sie verübt haben. Selbst dort, wo die juristische Person haftet (angelsächsisches Strafrecht; Zivilrecht), haftet sie grundsätzlich nur neben der fehlbaren natürlichen Person.
Art. 172 und 326 StGB
,
Art. 6 VStrR
und zahlreiche Vorschriften des Nebenstrafrechtes sind somit Ausdruck einer allgemeinen Regel und lassen daher keinen Umkehrschluss zu (
BGE 105 IV 175
E. 3). Trifft die im Gesetz umschriebene Tätereigenschaft auf die juristische Person zu, so ist es bei Schweigen des Gesetzes eine Frage der Auslegung des betreffenden Tatbestandes, ob diese Eigenschaft auch die natürliche Person kennzeichnet, welche die Handlung als Organ (im strafrechtlichen Sinn) der juristischen Person begangen hat (
BGE 100 IV 41
f. mit Hinweisen auf
BGE 78 IV 39
, SCHULTZ u. SCHWANDER).
Dabei ist zu beachten, dass die juristische Person gar nicht anders als durch natürliche Personen handeln kann. Der Kunde der Bank seinerseits übergibt sein Vermögen nicht einer abstrakten Fiktion, sondern fachkundigen Leuten, die von andern Leuten in der Bank ausgewählt werden und die namens der Bank das Vermögen Zur getreuen und berufsmässigen Verwaltung entgegennehmen.
Wer als Angestellter einer Bank für die Verwaltung von Kundenvermögen (mit) verantwortlich ist, ist daher - entgegen
BGE 69 IV 164
f. - berufsmässiger Vermögensverwalter im Sinne von
Art. 140 Ziff. 2 StGB
. Wer innerhalb einer Bank
BGE 106 IV 20 S. 23
eine Tätigkeit verrichtet, derentwegen die Bank der behördlichen Bewilligung bedarf, übt einen durch die Behörde ermächtigten Beruf im Sinne dieser Bestimmung aus (vgl.
BGE 103 IV 18
). Dies folgt aus der teleologischen Auslegung des Gesetzes. Ob die Bank als juristische Person konstituiert ist oder nicht, kann für die Umschreibung des Täterkreises von
Art. 140 StGB
keine Rolle spielen.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, die Kunden hätten ihr Vermögen nicht ihm, sondern der Bank anvertraut, stellt er sich in Widerspruch zu seinem Antrag, wonach er wegen Veruntreuung gemäss
Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
zu verurteilen sei; hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des Anvertrautseins besteht zwischen Ziff. 2 und Ziff. 1 von
Art. 140 StGB
kein Unterschied.
c) Indem der Beschwerdeführer ausdrücklich anerkennt, den Grundtatbestand von
Art. 140 StGB
erfüllt zu haben, anerkennt er zu Recht, dass ihm in der Bank die Stellung eines Organs zukam. Der strafrechtliche Organbegriff ist weiter als der zivil- und handelsrechtliche; er schliesst alle Personen ein, welche im Rahmen der Tätigkeit der Gesellschaft eine selbständige Entscheidungsbefugnis haben (
BGE 100 IV 42
E. 2c). Das trifft auch zu, wenn sie diese mit anderen teilen (kollektive Zeichnungsberechtigung, Kollegialorgane). Sie wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Organ der Aufsicht oder Kontrolle höherer Organe unterstellt ist, sofern ihm ein genügender Bereich eigener Entscheidung eingeräumt ist.
K. hatte seit ca. 1966 in der Firma A. die Verantwortung für die Anlageberatung und Kundenbetreuung im Wertschriftensektor inne. In dieser Eigenschaft warb er hauptsächlich im Ausland eine grosse Anzahl von Kunden an. In der Folge betreute er eine Anzahl dieser Nummernkontoinhaber als "Customerman" auch selbst. Im Mai 1970 übernahm er zudem die Gesamtleitung der A. Filiale in Basel. Als Kundenbetreuer konnte er über die Konti der ihm anvertrauten Kunden verfügen, ohne dass er dazu die Bewilligung eines übergeordneten Organs der Bank einholen musste; zudem konnte er der Buchhaltung der Bank direkt entsprechende Anweisungen erteilen. Damit kam dem Beschwerdeführer offensichtlich die Stellung eines Organs im strafrechtlichen Sinne zu.
3.
Die angebliche Verletzung von
Art. 68 StGB
schliesslich begründet K. mit keinem Wort, weshalb auf die Beschwerde
BGE 106 IV 20 S. 24
insoweit nicht einzutreten ist (
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. | null | nan | de | 1,980 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
473f10b0-b58c-4820-b2bc-48c2435e748a | Urteilskopf
85 IV 78
20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Mai 1959 i.S. Stucki gegen Generalprokurator des Kantons Bern. | Regeste
Art. 237 Ziff. 2 StGB
.
Nach dieser Bestimmung macht sich nicht nur strafbar, wer selber schuldhaft eine Verkehrsstörung oder Verkehrsgefährdung herbeiführt, sondern auch, wer auf eine von einem Dritten geschaffene gefährliche Verkehrslage aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht genügend Rücksicht nimmt. | Sachverhalt
ab Seite 78
BGE 85 IV 78 S. 78
Am 22. Juli 1958, um 13.50 Uhr, fuhr Stucki am Steuer seines Personenwagens von Habstetten nach Bolligen. Als er sich der beim Eingang dieser Ortschaft aufgestellten Innerortstafel näherte, gewahrte er auf eine Entfernung von ungefähr 80 m auf der einen Seite der Strasse ein ihm entgegenkommendes, landwirtschaftliches Gefährt und auf der andern, bei der Einmündung des Privatweges Fischer, den 7-jährigen Knaben Gerber, der bei seinem Dreirad stand und sich dem landwirtschaftlichen Fahrzeug zuwandte. Stucki betätigte die Bremsen, setzte die Geschwindigkeit auf 50-60 km/Std. herab und gab ein Warnsignal. Kaum hatte er mit dem landwirtschaftlichen Gefährt innerorts vor der rechtsseitigen Einmündung des besagten Privatweges gekreuzt, als der Knabe Gerber auf die Strasse heraussprang. Obschon Stucki unverzüglich bremste und nach links auswich, wurde das Kind vom vorderen
BGE 85 IV 78 S. 79
rechten Kotflügel des Autos erfasst und zur Seite geschleudert. Es erlitt infolge des Anpralls eine leichte Hirnerschütterung.
Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte Stucki am 10. Februar 1959 wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 30.-.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Der Beschwerdeführer bestreitet, den öffentlichen Verkehr gestört, gehindert oder gefährdet zu haben. Gegen
Art. 237 StGB
verstosse nur, wer selber schuldhaft eine Verkehrsstörung oder Verkehrsgefährdung herbeiführe, nicht auch derjenige, dessen Schuld einzig darin bestehe, dass er auf die Möglichkeit einer von einem Dritten verschuldeten oder zufällig herbeigeführten Störung nicht genügend Rücksicht nehme. Diese in ZBJV 89 S. 443 vertretene und vom Beschwerdeführer übernommene Betrachtungsweise legt das Schwergewicht zu einseitig auf die Worte "Verkehrsstörung" und "Verkehrsgefährdung" und wird den tatsächlichen Verhältnissen des Strassenverkehrs nicht gerecht. Bei der heutigen Intensität des Verkehrs und der engen Verflechtung der verschiedenen, gleichzeitig sich rasch abwickelnden Verkehrsvorgänge kann nicht zwischen dem Strassenbenützer unterschieden werden, der eine Störung oder Gefährdung des öffentlichen Verkehrs unmittelbar herbeiführt, und demjenigen, der einer so herbeigeführten gefährlichen Verkehrslage aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht gebührend Rechnung trägt. Abgesehen davon ist nicht einzusehen, warum der letztere besser gestellt werden sollte als der erste. Wer nicht die Vorsicht walten lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet ist, und aus diesem Grund zu einer unmittelbar von einem Dritten bewirkten Gefahr oder Störung beiträgt, macht sich wie dieser nach
Art. 237 StGB
strafbar. | null | nan | de | 1,959 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
4740190c-c225-4a10-a179-69f24d5ec461 | Urteilskopf
140 III 97
17. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause dame A. contre Tribunal de protection de l'adulte et de l'enfant du canton de Genève (recours en matière civile)
5A_843/2013 du 13 janvier 2014 | Regeste
Art. 398 und 446 Abs. 2 ZGB
; Sachverständigengutachten als Voraussetzung für die Errichtung einer umfassenden Beistandschaft.
Eine infolge psychischer Störung oder geistiger Behinderung errichtete Schutzmassnahme (vorliegend eine umfassende Beistandschaft) muss auf einem Sachverständigengutachten beruhen, soweit nicht eines der Mitglieder der Erwachsenenschutzbehörde über die nötigen Kenntnisse verfügt (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 97
BGE 140 III 97 S. 97
A. Par lettre du 22 novembre 2012, l'Hospice général a signalé au Tribunal tutélaire du canton de Genève (actuellement: Tribunal de protection de l'adulte et de l'enfant [TPAE]) que A. ne pouvait plus gérer ses affaires administratives et financières en raison de son état
BGE 140 III 97 S. 98
de santé; il s'est référé au surplus à un certificat médical du Dr C., médecin traitant de l'intéressée depuis 1999. Le 15 janvier 2013, le TPAE a entendu l'assistante sociale auprès de l'Hospice général, la personne concernée et son médecin traitant; le 18 janvier 2013, il a nommé un curateur d'office à l'intéressée, laquelle a recouru sans succès contre cette mesure.
Le 25 juin 2013, le TPAE a entendu de nouveau la personne concernée ainsi que le Dr B. en qualité de témoin; celui-ci a déclaré avoir suivi l'intéressée de septembre 2009 à décembre 2009, diagnostiquant un trouble délirant persistant dont elle était anosognosique; le suivi médical a ensuite été interrompu après que le médecin eut préconisé un traitement médicamenteux (neuroleptique). Également entendu, le curateur a déclaré que l'intéressée n'avait pas de patrimoine et s'en est rapporté à justice quant aux mesures à prendre.
B. Par décision du 15 juillet 2013, le TPAE a notamment institué une mesure de curatelle de portée générale en faveur de A. et lui a désigné deux collaboratrices du Service de protection de l'adulte en qualité de co-curatrices. Il a considéré que l'intéressée souffrait d'un grave trouble psychiatrique, enraciné depuis de nombreuses années, qui était de nature à l'empêcher totalement de gérer ses affaires et de disposer d'une compréhension appropriée des situations auxquelles elle se trouvait confrontée; son état de santé, dont elle était anosognosique, expliquait son refus systématique de se soigner et induisait des comportements de nature à porter atteinte à ses propres intérêts ayant pour conséquence une absence totale de source de revenus.
Par acte du 8 août 2013, A. a appelé de cette décision. Statuant le 7 octobre 2013, la Chambre de surveillance de la Cour de justice du canton de Genève a rejeté le recours et confirmé la décision attaquée.
C. Le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile formé par A., annulé la décision attaquée et renvoyé l'affaire au TPAE pour nouvelle décision.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
La recourante critique d'abord les constatations de fait de la décision attaquée quant à sa capacité de discernement et à son besoin d'assistance, faisant valoir en substance que les conditions d'une mise sous curatelle ne sont pas remplies. En outre, elle se plaint implicitement de la violation de l'art. 446 al. 2, 3
e
phrase, CC, dès lors qu'elle
BGE 140 III 97 S. 99
reproche aux autorités cantonales d'avoir ordonné la mesure sans avoir procédé à la moindre expertise. Il convient d'examiner ce grief en premier.
4.1
L'autorité cantonale a exposé que, pour déterminer l'existence de troubles psychiques ou d'une déficience mentale, l'autorité de protection, qui établit les faits d'office (
art. 446 al. 1 CC
), peut ordonner, si elle l'estime nécessaire, un rapport d'expertise (art. 446 al. 2 in fine CC). Elle a toutefois considéré qu'une telle mesure probatoire ne s'imposait pas dans le cas présent, au vu des éléments du dossier et de l'audition des médecins, qui font ressortir "que la recourante souffre d'un trouble délirant persistant, enraciné depuis de nombreuses années, dont elle est anosognosique".
4.2
Sous l'empire du droit antérieur, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2012, l'interdiction pour cause de maladie mentale ou de faiblesse d'esprit ne pouvait être prononcée que sur un rapport d'expertise (ancien
art. 374 al. 2 CC
). L'actuel
art. 446 CC
prévoit que l'autorité de protection de l'adulte établit les faits d'office (al. 1
er
) et procède à la recherche et à l'administration des preuves nécessaires (al. 2, 1
re
phrase); elle peut charger une tierce personne ou un service d'effectuer une enquête (al. 2, 2
e
phrase) et, si nécessaire, ordonner un rapport d'expertise (al. 2, 3
e
phrase).
S'agissant de l'exigence d'une expertise, le Message du Conseil fédéral du 28 juin 2006 concernant la révision du code civil suisse (Protection de l'adulte, droit des personnes et droit de la filiation, FF 2006 6635 ss) expose que, si "l'autorité n'a pas les connaissances nécessaires pour traiter un cas, elle doit faire appel à un expert", ce qui "peut s'avérer indispensable en particulier [...] pour la limitation de l'exercice des droits civils en raison d'un trouble psychique ou d'une déficience mentale"; se référant à l'ancien droit, il précise encore que, en dérogation à l'ancien
art. 374 al. 2 CC
, il n'y a pas lieu de faire obligatoirement appel à un expert externe "si l'un des membres de l'autorité qui participe à la décision dispose des connaissances nécessaires" (FF 2006 6711 ad art. 446).
Se ralliant à cette approche, la doctrine préconise aussi le recours à une expertise lorsqu'aucun membre de l'autorité appelée à statuer ne dispose des connaissances nécessaires et que la mesure emporte des restrictions de l'exercice des droits civils en raisond'un trouble psychique ou d'une déficience mentale (AUER/MARTI, in Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, 2012, n° 19 ad
art. 446 CC
; BOHNET,
BGE 140 III 97 S. 100
Autorités et procédure en matière de protection de l'adulte, in Le nouveau droit de la protection de l'adulte, 2012, n. 130; FASSBIND, Erwachsenenschutz, 2012, p. 115 s.; MEIER/LUKIC, Introduction au nouveau droit de la protection de l'adulte, 2011, n. 109 et 403; STECK, in Protection de l'adulte, 2013, n° 13 ad
art. 446 CC
;
le même
, in Das neue Erwachsenenschutzrecht, 2011, n° 6 ad
art. 446 CC
).
4.3
Dans le cas particulier, la recourante fait l'objet d'une curatelle de portée générale (
art. 398 CC
) - c'est-à-dire la mesure la plus lourde du nouveau droit de la protection de l'adulte (cf. FF 2006 6681 ad art. 398) - en raison de son trouble psychique (
art. 390 al. 1 ch. 1 CC
). Cette décision a été rendue, sans expertise, sur la base des "éléments du dossier" et de "l'audition des médecins", en l'occurrence des médecins traitants de l'intéressée. Par ailleurs, il ne ressort pas de la décision attaquée - et la cour cantonale ne l'affirme pas non plus - que l'un des membres de l'autorité appelée à statuer posséderait les connaissances médicales nécessaires pour conclure au trouble psychique justifiant la mesure de curatelle en question. Dans ces circonstances, l'autorité de protection de l'adulte ne pouvait statuer sans recourir à une expertise externe et indépendante; la décision de la Chambre de surveillance, qui retient le contraire, viole dès lors le droit fédéral.
L'admission du grief pris du défaut d'expertise scelle le sort du présent recours. La décision entreprise doit être annulée et la cause renvoyée au TPAE, qui devra ordonner une expertise, à moins qu'un de ses membres n'ait les connaissances nécessaires; il n'est pas opportun de renvoyer l'affaire à la Chambre de surveillance, qui n'aurait d'autre choix que de transmettre à son tour le dossier à l'autorité de première instance (art. 107 al. 2, 2
e
phrase, LTF), d'autant que la recourante doit bénéficier de deux degrés de juridiction avec une pleine cognition. | null | nan | fr | 2,014 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
4740a679-c1d5-4a6c-9729-f2a300358fd4 | Urteilskopf
122 I 18
5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. März 1996 i.S. G. gegen Kanton Zürich und Kantonsrat des Eidgenössischen Standes Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 4 und 58 BV
, Art. 2 ÜbBest. BV,
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
; Zürcher Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung; abstrakte Normenkontrolle.
§ 5a der Zürcher Zivilprozessordnung (ZPO), wonach der Richter am Ort der Anstalt zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV,
Art. 58 BV
und
Art. 4 BV
nicht (E. 2b/aa-cc).
Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, wenn nach dem kantonalen Recht die Berufung auch gegen einen den Freiheitsentzug aufhebenden Entscheid des Einzelrichters zulässig ist (E. 2c/aa).
Die Vorschrift von
§ 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO
, die den Kreis der Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Bundesrecht einschränkt, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2c/bb).
Die zürcherische Regelung des Berufungsverfahrens ist mit
Art. 397f Abs. 1 ZGB
und
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
vereinbar (E. 2d). | Sachverhalt
ab Seite 19
BGE 122 I 18 S. 19
Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich nahmen in der Volksabstimmung vom 12. März 1995 die Vorlage über die Gesetzesänderungen betreffend die fürsorgerische Freiheitsentziehung an. Der Kantonsrat erwahrte das Abstimmungsergebnis am 8. Mai 1995. Dieser Beschluss wurde im kantonalen Amtsblatt vom 19. Mai 1995 veröffentlicht. Am 7. Juni 1995 setzte der Regierungsrat des Kantons Zürich die erwähnten Gesetzesänderungen auf den 1. Januar 1996 in Kraft.
G. erhob gegen die Gesetzesänderungen betreffend die fürsorgerische Freiheitsentziehung staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
Art. 4 BV
, 58 BV, 2 ÜbBest. BV, 5 Ziff. 4 EMRK und 6 Ziff. 1 EMRK. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und hebt § 203e Abs. 2 Ziff. 4 der zürcherischen Zivilprozessordnung auf. Im übrigen weist es die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Mit den beanstandeten Vorschriften hat der Kanton Zürich das Verfahren betreffend die fürsorgerische Freiheitsentziehung, welches bisher in einer Verordnung festgelegt war, auf Gesetzesstufe geregelt. Die hiefür erforderlichen Änderungen betrafen drei kantonale Gesetze, nämlich das Gerichtsverfassungsgesetz vom 13. Juni 1976 (GVG), das Gesetz über den Zivilprozess vom 13. Juni 1976 (ZPO) und das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 2. April 1911 (EG zum ZGB). Der Beschwerdeführer hält die neue kantonale Verfahrensregelung in verschiedener Hinsicht für verfassungs- und konventionswidrig.
BGE 122 I 18 S. 20
a) Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention angerufen werden. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (
BGE 119 Ia 321
E. 4;
118 Ia 64
E. 2c, je mit Hinweisen). Ob ein kantonaler Erlass mit Verfassung und Konvention vereinbar ist, prüft das Bundesgericht frei (
BGE 119 Ia 321
E. 4 mit Hinweisen).
b) Nach der früheren zürcherischen Ordnung behandelte die Psychiatrische Gerichtskommission als einzige kantonale Instanz Gesuche um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Mit den Gesetzesänderungen wurde dieses System aufgegeben und ein zweistufiges richterliches Verfahren eingeführt: Der Einzelrichter am Bezirksgericht entscheidet als erste Instanz, und sein Entscheid kann mit der Berufung an das Obergericht weitergezogen werden (
§ 22a GVG
und
§ 259 Ziff. 2 ZPO
). Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der ersten Instanz bestimmt
§ 5a ZPO
, dass der Richter am Ort der Anstalt und bei ausserkantonalen Anstalten der Richter am Sitz der einweisenden Behörde oder am Wohnsitz der betroffenen Person zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist. Der Beschwerdeführer wendet ein, diese Regelung verletze
Art. 397b ZGB
und damit den Vorrang des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV). Ausserdem verstosse sie gegen die Garantie des verfassungs- und konventionsmässigen Richters nach
Art. 58 Abs. 1 BV
und
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
sowie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne von
Art. 4 BV
.
aa) Der in Art. 2 ÜbBest. BV enthaltene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtsetzung befugt sind. Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung dieses Grundsatzes gerügt, so prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandete kantonale Norm mit dem Bundesrecht vereinbar ist (
BGE 120 Ia 89
E. 2a;
BGE 117 Ia 472
E. 2a, je mit Hinweisen). Nach
Art. 64 Abs. 1 und 2 BV
steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem ganzen Gebiet des Zivilrechts zu. Die
BGE 122 I 18 S. 21
Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung verbleiben, wie bis anhin, den Kantonen (
Art. 64 Abs. 3 BV
). Diese sind verpflichtet, die Organisation der Gerichte und das gerichtliche Verfahren so zu regeln, dass das Bundeszivilrecht tatsächlich durchgesetzt werden kann. Sie dürfen dabei keine Normen erlassen, welche die Verwirklichung des Bundeszivilrechts verunmöglichen. Wenn die Kantone dies dennoch tun, verstossen sie gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (
BGE 104 Ia 105
E. 4a). Zum gleichen Ergebnis führt die Anwendung von
Art. 6 Abs. 1 ZGB
. Nach dieser Vorschrift werden die Kantone in ihren öffentlichrechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. Sie verletzen jedoch den Grundsatz des Vorranges des Bundesrechts, wenn sie dort legiferieren, wo der Bundesgesetzgeber ein Gebiet selber abschliessend geregelt hat, wenn die von ihnen erlassenen Bestimmungen nicht durch ein schutzwürdiges öffentliches Interesse gedeckt sind und wenn sie dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts widersprechen (
BGE 120 Ia 89
E. 2b;
BGE 110 Ia 111
E. 3b;
BGE 104 Ia 105
E. 4a, je mit Hinweisen).
Gemäss
Art. 397b Abs. 1 ZGB
ist für den Entscheid über eine fürsorgerische Freiheitsentziehung eine vormundschaftliche Behörde am Wohnsitz oder, wenn Gefahr im Verzuge liegt, eine vormundschaftliche Behörde am Aufenthaltsort der betroffenen Person zuständig. Der Beschwerdeführer macht geltend, im Vormundschaftsrecht gelte allgemein der Grundsatz, dass die Behörde am Wohnsitz der betroffenen Person zum Entscheid über vormundschaftliche Massnahmen zuständig sei. Solche Massnahmen müssten, wenn immer möglich, dort angeordnet und aufgehoben werden können, wo der Schutzbefohlene seinen Lebensmittelpunkt habe. Vom Wohnsitzprinzip dürfe nur abgewichen werden, wenn das Bundesrecht dies selber vorsehe oder wenn es dem kantonalen Gesetzgeber dazu ausdrücklich die Befugnis einräume. In bezug auf die gerichtliche Überprüfung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung geniesse der kantonale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der sachlichen Zuständigkeit völlige Freiheit, bei der Regelung der örtlichen Zuständigkeit hingegen sei er an
Art. 397b ZGB
gebunden. Die vom zürcherischen Gesetzgeber in
§ 5a ZPO
vorgesehene Überprüfung durch den Richter am Ort der Anstalt verstosse daher gegen Bundesrecht.
Aus den Materialien zu den
Art. 397a ff. ZGB
ergibt sich, dass das Bundesrecht die materiellen Voraussetzungen einer fürsorgerischen
BGE 122 I 18 S. 22
Freiheitsentziehung abschliessend regelt (Botschaft des Bundesrates vom 17. August 1977, BBl 1977 III, S. 19). Hinsichtlich des Verfahrens stellt es indes lediglich die zur Verwirklichung der materiellen Bestimmungen unentbehrlichen Verfahrensvorschriften auf, und zwar in Art. 397e für das gesamte Verfahren, in Art. 397f für die gerichtliche Beurteilung (BBl 1977 III, S. 33). In diesem Bereich sind, wie in der Botschaft des Bundesrates festgehalten wird, kantonale Ausführungsvorschriften notwendig, und es bleibt auch Raum für ergänzende kantonale Bestimmungen (BBl 1977 III, S. 19 f.). Die vom Beschwerdeführer beanstandete Vorschrift von § 5a der zürcherischen ZPO regelt die örtliche Zuständigkeit zur gerichtlichen Beurteilung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Der Bundesgesetzgeber hat, wie gesagt, unter Vorbehalt von
Art. 397f ZGB
die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens dem kantonalen Recht überlassen.
Art. 397f ZGB
enthält keine Vorschrift über die Zuständigkeit zur gerichtlichen Beurteilung, und in der bundesrätlichen Botschaft wird erklärt, in bezug auf die Regelung der sachlichen Zuständigkeit bestehe für die kantonale Ausführungsgesetzgebung "völlige Freiheit" (BBl 1977 III, S. 39). Unbehelflich ist die Argumentation des Beschwerdeführers, der kantonale Gesetzgeber sei hingegen "bei der Regelung der örtlichen Zuständigkeit im gerichtlichen Verfahren an
Art. 397b ZGB
gebunden". Diese Vorschrift regelt, wie die kantonalen Instanzen in ihren Beschwerdeantworten mit Recht betonen, die Zuständigkeit zur Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung an sich, nicht aber die Zuständigkeit zur gerichtlichen Überprüfung des Freiheitsentzugs. Der Bundesgesetzgeber hat davon abgesehen, für die gerichtliche Beurteilung die sachliche und örtliche Zuständigkeit festzulegen, und den Gesetzesmaterialien ist klar zu entnehmen, dass er diesen Bereich bewusst der Regelung durch das kantonale Recht überlassen wollte.
Nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber in einem vom Bundeszivilrecht geregelten Bereich keine abschliessende Ordnung getroffen hat, für sich allein nicht, um die vom Kanton diesbezüglich erlassenen Vorschriften als zulässig zu betrachten. Erforderlich ist zudem, dass die kantonalen Bestimmungen einem schutzwürdigen öffentlichen Interesse entsprechen und nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts verstossen. Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im Kanton Zürich war früher die Psychiatrische Gerichtskommission, die ihren Sitz in Zürich hatte, als einzige kantonale
BGE 122 I 18 S. 23
Instanz zur Behandlung von Gesuchen um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig. Dieses System hatte zur Folge, dass die Betroffenen von den verschiedenen Anstalten jeweils für die Verhandlungen nach Zürich geführt werden mussten, wodurch neben einem erheblichen administrativen Aufwand und hohen Transportkosten auch Unannehmlichkeiten für die Betroffenen entstanden, welche oft für die Transporte medikamentös behandelt werden mussten (Beleuchtender Bericht des Regierungsrates zur Vorlage über die Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung, S. 3). Diese teuren und für den Betroffenen oft umständlichen und unangenehmen Transporte entfallen, wenn entsprechend der neuen Ordnung der Richter am Ort der Anstalt, in welcher sich der Betroffene befindet, über Gesuche um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung entscheidet. Zudem besteht bei diesem System die Möglichkeit, dass der Richter den Betroffenen in der Anstalt persönlich anhören kann. Wie die kantonalen Instanzen in ihren Beschwerdeantworten ausführen, wollte der zürcherische Gesetzgeber mit der in
§ 5a ZPO
getroffenen Regelung das Verfahren der gerichtlichen Beurteilung einfacher und rascher gestalten. Die beanstandete kantonale Norm zielt auf eine Verbesserung des Verfahrens ab und ist mithin durch ein schutzwürdiges öffentliches Interesse gedeckt. Sie verstösst auch nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts. Nach
Art. 397f Abs. 1 ZGB
entscheidet der Richter in einem "einfachen und raschen Verfahren". Wenn der zürcherische Gesetzgeber erwog, das System der Zuständigkeit des Richters am Ort der Anstalt vermöge diesen Anforderungen besser gerecht zu werden als das Wohnsitzprinzip, so lässt sich das angesichts der Vorteile des dargestellten Systems mit guten Gründen vertreten. Der Einwand des Beschwerdeführers, der Richter am Wohnsitz des Betroffenen könne die Situation besser beurteilen als der Richter am Ort der Anstalt, wird vom Regierungsrat mit dem überzeugenden Hinweis darauf entkräftet, dass vor allem im grossstädtischen Umfeld die Anonymisierung zunehme und die erstinstanzlich zuständigen Gerichte im übrigen bezirksweise organisiert seien, weshalb der örtliche Bezug so oder so nur sehr lose sei. Die Rüge,
§ 5a ZPO
verletze den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet.
bb) Zur Begründung des Vorwurfs, diese kantonale Norm verstosse gegen die Garantie des verfassungsmässigen Richters, bringt der Beschwerdeführer vor, wenn der Einzelrichter am Ort der Anstalt für die Überprüfung der
BGE 122 I 18 S. 24
Einweisung zuständig sei, könne die einweisende Behörde mit dem Entscheid über die geeignete Anstalt faktisch auch darüber bestimmen, welcher Richter für die Beurteilung zuständig sei. Es bestehe die Gefahr, dass die Behörde eine bestimmte Anstalt nicht nach dem Gesichtspunkt ihrer Eignung auswähle, sondern weil sie erwarte, der Richter am Ort dieser Anstalt werde den Einweisungsentscheid eher schützen als ein anderer Richter. Durch diese "Auswahlmöglichkeit" könne der gerichtliche Entscheid "erheblich beeinflusst oder manipuliert werden", was
Art. 58 Abs. 1 BV
ausschliessen wolle. Ferner stelle sich die Frage, ob es mit der Garantie des gesetzlichen Richters vereinbar sei, dass die betroffene Person nicht zum voraus wisse, welchem Richter sie im Falle ihrer Einweisung unterstehen werde.
Art. 58 Abs. 1 BV
gewährleistet den Anspruch auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter sowie die Einhaltung der einmal getroffenen staatlichen Zuständigkeitsordnung. Er schreibt aber den Kantonen nicht eine bestimmte Gerichtsorganisation oder ein bestimmtes Verfahren vor (
BGE 117 Ia 190
E. 6a;
BGE 114 Ia 50
E. 3b). Aus
Art. 58 Abs. 1 BV
lässt sich nicht ableiten, dass zur Überprüfung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung der Richter am Wohnsitz des Betroffenen zuständig sein müsse. Sodann genügt es unter dem Gesichtspunkt dieser Verfassungsbestimmung, dass sich die Zuständigkeit zur Überprüfung des Freiheitsentzugs aufgrund des
§ 5a ZPO
im Anwendungsfall bestimmen lässt. Inwiefern die in dieser Vorschrift getroffene Regelung den Möglichkeiten des Manipulierens Tür und Tor öffnen soll, wird durch die blossen Mutmassungen und Behauptungen des Beschwerdeführers nicht dargetan; es ist klar, dass die Behörden die Anstalt im Hinblick auf die Interessen der einzuweisenden Person wählen müssen und Spekulationen über die Art der gerichtlichen Beurteilung keine Rolle spielen dürfen. Die angefochtene kantonale Norm verstösst weder gegen die Garantie von
Art. 58 Abs. 1 BV
noch gegen den hier nicht über die Verfassungsbestimmung hinausgehenden Anspruch gemäss
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
.
cc) Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Zuständigkeitsordnung von
§ 5a ZPO
verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne von
Art. 4 BV
. Er führt zur Begründung aus, Personen, die in eine Anstalt an ihrem Wohnort oder in eine ausserkantonale Anstalt eingewiesen worden seien, würden von ihrem Wohnsitzrichter beurteilt. In allen anderen Fällen sei der Wohnsitzrichter nicht zuständig, obwohl die Schutzbedürftigkeit, die zur Einweisung führe, sich in nichts
BGE 122 I 18 S. 25
unterscheide. Da der Richter am Wohnort das soziale Umfeld weit besser beurteilen könne als der Richter am Anstaltsort, lasse sich "diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen".
Ein Erlass verstösst gegen das Willkürverbot, wenn er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist. Er verletzt das Rechtsgleichheitsgebot, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen (
BGE 119 Ia 123
E. 2b;
BGE 117 Ia 97
E. 3a;
BGE 114 Ia 321
E. 3a, je mit Hinweisen). Es bestehen, wie dargelegt, ernsthafte sachliche Gründe dafür, dass im Falle der Einweisung einer Person in eine innerhalb des Kantons gelegene Anstalt der Richter am Anstaltsort zur Beurteilung des fürsorgerischen Freiheitsentzugs zuständig ist. Eine solche Ordnung ist nicht sinn- und zwecklos und hält dem Willkürverbot stand. Dass nach
§ 5a ZPO
in jenen Fällen, in denen die Anstalt ausserhalb des Kantons liegt, der Richter am Wohnsitz der betroffenen Person oder am Sitz der einweisenden Behörde zur Beurteilung der Freiheitsentziehung zuständig ist, verletzt das Gebot der Rechtsgleichheit nicht. Die unterschiedliche rechtliche Regelung ist deshalb gerechtfertigt, weil sich in diesen selteneren Fällen der Betroffene nicht in einer innerhalb des Kantons gelegenen, sondern in einer ausserkantonalen Anstalt befindet und der Zürcher Gesetzgeber nicht befugt ist, eine ausserkantonale Behörde als richterliche Instanz einzusetzen. Die in
§ 5a ZPO
getroffene Ordnung verstösst demnach nicht gegen
Art. 4 BV
.
c) Gemäss
§ 203e Abs. 2 ZPO
gelten als Verfahrensbeteiligte:
"1. die betroffene Person;
2. die Anstaltsleitung, sofern die Einweisung durch einen Arzt erfolgt ist;
3. die Vormundschaftsbehörde, wenn sie die Einweisung verfügt hat oder
wenn
sie vormundschaftliche Massnahmen, die über die Vermögensverwaltung hinausgehen, angeordnet oder das Verfahren für solche Massnahmen eingeleitet hat;
4. nahe Angehörige, die mit der gesuchstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben."
aa) Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorschrift von
§ 203e Abs. 2 Ziff. 2-4 ZPO
verstosse gegen
Art. 397d ZGB
und missachte damit den Vorrang des Bundesrechts. Aus den Materialien zu
§ 203e Abs. 2 ZPO
ergebe sich, dass die in dieser Vorschrift aufgeführten Verfahrensbeteiligten legitimiert
BGE 122 I 18 S. 26
seien, auch gegen jene Entscheide des Einzelrichters Berufung einzulegen, mit welchen die freiheitsentziehende Massnahme aufgehoben worden sei (Protokoll des Zürcher Kantonsrates, S. 11577-11581). Nach
Art. 397d ZGB
könne die betroffene oder eine ihr nahestehende Person gegen den Einweisungsentscheid und gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs den Richter anrufen. Wie sich aus der Botschaft des Bundesrates (BBl 1977 III, S. 36 f.) und der Rechtsprechung des Bundesgerichts (
BGE 112 II 104
) ergebe, entziehe sich ein Entscheid, der die fürsorgerische Freiheitsentziehung aufhebe, der Überprüfung durch den Richter. Es sei deshalb mit dem Bundesrecht unvereinbar, wenn nach
§ 203e Abs. 2 Ziff. 2-4 ZPO
(in Verbindung mit
§ 268a und
§ 268b ZPO
) ein kantonales Rechtsmittel auch gegen den die Massnahme aufhebenden Entscheid des Einzelrichters zulässig sei. Regierungsrat und Kantonsrat vertreten demgegenüber die Auffassung,
Art. 397d ZGB
verbiete dem kantonalen Gesetzgeber nicht, dass dieser im kantonalen Verfahrensrecht die Möglichkeit einräume, auch gegen Entlassungsentscheide des Einzelrichters ein Rechtsmittel einzulegen. Sie betonen in ihren Beschwerdeantworten, der zürcherische Gesetzgeber habe mit der beanstandeten Regelung den Rechtsschutz ausbauen wollen.
Nach
Art. 397d ZGB
kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person "gegen den Entscheid" den Richter anrufen (Abs. 1), und dieses Recht besteht auch bei Abweisung eines Entlassungsgesuches (Abs. 2). Die Bestimmungen, welche
Art. 397d ZGB
vorangehen, handeln von den Voraussetzungen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (
Art. 397a ZGB
), von der Zuständigkeit zur Anordnung dieser Massnahme (
Art. 397b ZGB
) und von der behördlichen Mitteilungspflicht bei Anordnung einer Freiheitsentziehung (
Art. 397c ZGB
). Wenn
Art. 397d Abs. 1 ZGB
vom "Entscheid" spricht, dessen gerichtliche Beurteilung die betroffene oder eine ihr nahestehende Person verlangen kann, so kann damit nach der Systematik der gesetzlichen Regelung nur der Entscheid gemeint sein, der gemäss den vorangehenden Bestimmungen die Freiheitsentziehung anordnet. Auch die Systematik innerhalb der Vorschrift von
Art. 397d ZGB
selber führt zu diesem Schluss, denn wenn nach Abs. 2 das Recht auf Anrufung des Richters "auch bei Abweisung eines Entlassungsgesuches" besteht, so lässt sich daraus schliessen, dass mit dem "Entscheid" gemäss Abs. 1 nur jener über Unterbringung oder Zurückbehaltung in einer Anstalt gemeint sein kann. Aufgrund der Gesetzesmaterialien muss ebenfalls angenommen werden, die
BGE 122 I 18 S. 27
gerichtliche Überprüfung sei auf freiheitsentziehende Massnahmen beschränkt. In der bundesrätlichen Botschaft wird festgehalten, wenn eine Person unfreiwillig in einer Anstalt untergebracht oder zurückbehalten oder wenn ein Entlassungsgesuch abgelehnt werde, so könne nach
Art. 397d ZGB
der Richter angerufen werden (BBl 1977 III, S. 36 f.). Die im Anschluss an diese Feststellung im Detail angeführten Fälle, in denen ein Anspruch auf gerichtliche Beurteilung besteht, beziehen sich alle auf die Freiheitsentziehung und nicht auf die Aufhebung einer solchen Massnahme (BBl 1977 III, S. 37). Wie das Bundesgericht in einem Urteil vom 14. August 1984 erklärte, liegt bezüglich
Art. 397d ZGB
keine (echte) Lücke in dem Sinne vor, dass das Gesetz eine Frage nicht beantwortet, die sich bei dessen Anwendung unvermeidlicherweise stellt. Eine historisch-teleologische und systematische Auslegung ergibt, dass der Bundesgesetzgeber bewusst nur jene behördlichen Entscheide der richterlichen Beurteilung zugänglich machen wollte, die eine die Freiheit entziehende oder beschränkende Massnahme zum Gegenstand haben (
BGE 112 II 104
E. 3b S. 106). Auch in der Rechtslehre wird die Auffassung vertreten, ein Entscheid, der die fürsorgerische Freiheitsentziehung aufhebe, sei nicht nach
Art. 397d Abs. 1 ZGB
anfechtbar (SPIRIG, Zürcher Kommentar, N. 39 zu
Art. 397d ZGB
). Soll aber nach dem Willen des Bundesgesetzgebers ein solcher Entscheid einer Behörde nicht durch den Richter überprüft werden können, darf der kantonale Gesetzgeber insoweit keine abweichenden Vorschriften erlassen. Die neue zürcherische Ordnung lässt denn auch Begehren um gerichtliche Beurteilung im Rahmen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung nur bei der Einweisung, der Ablehnung des Entlassungsgesuchs, der Zurückbehaltung oder der Rückversetzung in die Anstalt zu (
§ 22a GVG
und § 117i EG zum ZGB). Das zürcherische Recht lässt somit bei vormundschaftlichen Entlassungsentscheiden die richterliche Überprüfung nicht zu, was mit
Art. 397d ZGB
ganz im Einklang ist. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung das Gegenteil behauptet, ist seine Kritik klarerweise unbegründet.
Was der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift beanstandet, betrifft nicht die in
Art. 397d ZGB
geregelte Frage, gegen welche vormundschaftlichen Entscheide aus dem Bereich der fürsorgerischen Freiheitsentziehung der Richter angerufen werden kann. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass nach der zürcherischen Ordnung in einem gerichtlichen Verfahren, in dem der Einzelrichter die Entlassung verfügte, der Entscheid mit Berufung beim Obergericht angefochten werden kann. Wie die kantonalen
BGE 122 I 18 S. 28
Behörden mit Recht ausführen, sind es zwei durchaus verschiedene Fragen, ob man gegen einen Entscheid der Vormundschaftsbehörde den Richter anrufen kann, oder ob sich ein Entscheid des Einzelrichters mit Berufung beim Obergericht anfechten lässt. Die zweite Frage betrifft die Zweistufigkeit des richterlichen Überprüfungsverfahrens, und davon handelt der
Art. 397d ZGB
nicht. Er bestimmt wie gesagt nur, gegen welche Entscheide der Vormundschaftsbehörde der Richter angerufen werden kann. So besehen, erscheint die Rüge, die zürcherische Ordnung widerspreche
Art. 397d ZGB
, als unbegründet.
Der Beschwerdeführer könnte mit seiner Rüge nur durchdringen, wenn aus der Regel des
Art. 397d ZGB
, welche die Anrufung des Richters bei Entlassungsentscheiden ausschliesst, sinngemäss der Schluss gezogen werden müsste, die Kantone dürften gegen Entlassungsentscheide des Einzelrichters die Berufung nicht zulassen. Es ist verständlich, dass der Beschwerdeführer diesen Schluss zieht, doch ist diese Folgerung keineswegs zwingend. Es ist durchaus sinnvoll, dass der eidgenössische Gesetzgeber einerseits die allgemeine Frage, welche Entscheide der Vormundschaftsbehörde richterlicher Anfechtung zugänglich sind, selber regelte, während er anderseits die Frage, ob im Fall eines Entscheids des Einzelrichters die Berufung an eine obere kantonale Instanz zulässig ist, nach dem allgemeinen Grundsatz, dass die Ordnung des Verfahrens Sache der Kantone ist, der kantonalen Regelung überliess. In der Botschaft des Bundesrates wurde ausgeführt, es seien kantonale Ausführungsvorschriften über die sachliche Zuständigkeit und das Verfahren nötig und es bleibe Raum für ergänzende kantonale Bestimmungen; die Kantone könnten dabei bewährte Lösungen in ihr künftiges Recht übernehmen und sie weiterentwickeln (BBl 1977 III, S. 20). Dass der Bundesgesetzgeber selber bestimmte, gegen welche vormundschaftlichen Entscheide der Richter angerufen werden kann, hatte einen besonderen Grund. Soweit mit einem Entscheid der Vormundschaftsbehörde dem Betroffenen die Freiheit entzogen wird, muss nach
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
, welche Vorschrift mit dem Beitritt der Schweiz zur EMRK Bestandteil der schweizerischen Rechtsordnung wurde, eine richterliche Beurteilung gewährleistet sein. Um eine dieser internationalen Norm entsprechende Ordnung zu garantieren, empfahl es sich dem Bundesgesetzgeber, selber zu bestimmen, in welchen Fällen richterliche Beurteilung verlangt werden kann, und damit festzulegen, dass im Fall des Freiheitsentzugs stets der Richter muss
BGE 122 I 18 S. 29
angerufen werden können. Die Regel des
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
war für den eidgenössischen Gesetzgeber ein wichtiger Grund, um Klarheit darüber zu schaffen, wann gerichtliche Beurteilung muss verlangt werden können (BBl 1977 III, S. 38). Es gibt keine solchen Gründe, die den Bundesgesetzgeber hätten veranlassen müssen, die Legitimation zu einer Berufung im gerichtlichen Verfahren selber festzulegen. Es entsprach vielmehr durchaus der allgemeinen Regel, diese ausgesprochene Verfahrensfrage dem kantonalen Gesetzgeber zur Regelung zu überlassen. Es kann deshalb nicht gesagt werden, es widerspreche Sinn und Geist des
Art. 397d ZGB
, dass nach zürcherischem Recht die Berufung gegen Entlassungsentscheide des Einzelrichters zulässig ist. Dass die zürcherische Ordnung mit dem Text des
Art. 397d ZGB
nicht in Widerspruch steht, wurde bereits ausgeführt: Die bundesrechtliche Regel bezieht sich einzig auf die Frage, in welchen Fällen gegen Entscheide der Vormundschaftsbehörde der Richter angerufen werden kann, nicht auf die Frage, welche richterlichen Entscheide mit einem Rechtsmittel an eine obere richterliche Instanz weitergezogen werden können. Die zürcherische Ordnung hält demnach dem Bundesrecht und damit dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts stand. Der Beschwerdeführer hätte sich, um seine These zu stützen, auf den Kommentar SPIRIG (N. 39 und 40 zu
Art. 397d ZGB
) berufen können, wo behauptet wird, § 268a der Zürcher ZPO sei nicht nur bundesrechts-, sondern auch EMRK-widrig. Dieser Autor scheint auch nicht zwischen den beiden Fragen der Anrufung des Richters und der Zulässigkeit der Berufung unterschieden zu haben, und die Behauptung,
§ 268a ZPO
verstosse gegen die EMRK, wird nicht näher begründet und ist im übrigen unzutreffend.
bb) Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, die Vorschrift von
§ 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO
verstosse aus einem weiteren Grund gegen Bundesrecht. Gemäss
Art. 397d ZGB
komme die Legitimation im Verfahren nach
Art. 397a ff. ZGB
neben der betroffenen auch jeder "nahestehenden Person" zu, wobei dieser Begriff weit zu verstehen sei und darunter auch jemand falle, der die betroffene Person aufgrund freundschaftlicher oder beruflicher Beziehungen gut kenne. Die kantonale Bestimmung umschreibe den Kreis der Verfahrensbeteiligten mit "nahen Angehörigen, die mit der gesuchstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben". Da diese Umschreibung bedeutend enger gefasst sei als der bundesrechtliche Begriff, werde mit der kantonalen Bestimmung die Parteistellung von nahestehenden Personen in unzulässiger und
BGE 122 I 18 S. 30
bundesrechtswidriger Weise eingeschränkt.
Nach
Art. 397d Abs. 1 ZGB
steht das Recht, im Falle einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung den Richter anzurufen, der betroffenen oder einer ihr nahestehenden Person zu. In den Materialien wurde ausgeführt, der Begriff "nahestehende Person" entspreche dem Sinne nach der in
Art. 420 ZGB
verwendeten Umschreibung "jedermann, der ein Interesse hat"; diese Formulierung wäre aber unbefriedigend gewesen, weil nach Lehre und Praxis nur derjenige ein Interesse im Sinne des Gesetzes habe, welcher Mündelinteressen wahren wolle (BBl 1977 III, S. 37). Der Begriff der nahestehenden Personen nach
Art. 397d Abs. 1 ZGB
wird in Lehre und Rechtsprechung weit ausgelegt (SPIRIG, a.a.O., N. 24 u. 26 zu
Art. 397d ZGB
mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; CYRIL HEGNAUER, Zum Begriff der nahestehenden Person im Sinne von
Art. 397d ZGB
, Zeitschrift für Vormundschaftswesen 39/1984, S. 26 ff.; THOMAS SEEGER, Die fürsorgerische Freiheitsentziehung, Zeitschrift für öffentliche Fürsorge 81/1984, S. 76; CHRISTIANA SUHR BRUNNER, Fürsorgerische Freiheitsentziehung und Suchterkrankungen, insbesondere Drogensucht, Diss. Zürich 1994, S. 145). Das Bundesgericht versteht darunter jene Personen, die den Betroffenen zufolge Verwandtschaft oder Freundschaft oder wegen ihrer Funktion oder beruflichen Tätigkeit (Arzt, Sozialhelfer, Priester oder Pfarrer etc.) gut kennen (
BGE 114 II 213
E. 3). Auch in der Literatur wird ausgeführt, nahestehende Personen seien jene, die wegen ihrer Beziehung zum Betroffenen eine unmittelbare Kenntnis seiner Persönlichkeit hätten und deshalb geeignet seien, die Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. In diesem Sinne erscheine als nahestehende Person neben nahen Verwandten wie Vater und Mutter auch der vertraute Freund und die vertraute Freundin, ausserdem der Lehrer, der Pfarrer, der Arzt, der Psychologe, der Jugendgruppenleiter oder der Sozialarbeiter, wenn er beruflich mit der eingewiesenen Person in engen Kontakt gekommen sei (HEGNAUER, a.a.O., S. 27 f.). Nach der hier angefochtenen kantonalen Bestimmung gelten als Verfahrensbeteiligte "nahe Angehörige, die mit der gesuchstellenden Person im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben". Die Zürcher Behörden halten in ihren Beschwerdeantworten fest, der kantonale Gesetzgeber habe mit dieser Umschreibung den Kreis der Verfahrensbeteiligten gegenüber der bundesrechtlichen Vorschrift nicht beschränken wollen. Der Regierungsrat weist darauf hin, unter dem Begriff
BGE 122 I 18 S. 31
"Angehörige" seien nach zeitgemässer Interpretation nicht nur die Verwandten, sondern eben auch nahestehende Personen, wie zum Beispiel der Konkubinatspartner, zu verstehen. Mit der gewählten Formulierung solle zum Ausdruck gebracht werden, dass zwischen der betroffenen Person und dem Dritten eine gewisse Beziehung bestehen müsse.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die angefochtene kantonale Norm einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, hat das Bundesgericht grundsätzlich vom Wortlaut der Vorschrift auszugehen. Nach dem Wortlaut von
§ 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO
umfasst der Kreis der Verfahrensbeteiligten nahe Angehörige, die entweder mit dem Betroffenen im gemeinsamen Haushalt leben oder sich am Einweisungsverfahren wesentlich beteiligt haben. In der Sprache des eidgenössischen Rechts sind "Angehörige" einer Person nur der Ehegatte, die Verwandten gerader Linie, die vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, die Adoptiveltern und Adoptivkinder, nicht aber Schwager und Schwägerin, Stiefeltern und Stiefkinder, Verlobte und Konkubinatspartner (
Art. 110 Ziff. 2 StGB
; STEFAN TRECHSEL, Kurzkommentar zum StGB, Zürich 1989, N. 3 zu
Art. 110 StGB
; vgl. auch PIERRE TERCIER, Qui sont nos "proches"?, in Festgabe Bernhard Schnyder, Freiburg 1995, S. 799 ff., der den Begriff der Angehörigen weniger eng auslegt). Wenn der Regierungsrat ausführt, unter den Begriff "Angehörige" falle auch der Konkubinatspartner und allgemein eine Drittperson, die zum Betroffenen eine gewisse Beziehung habe, so legt er die kantonale Bestimmung gegen ihren unmissverständlichen Wortlaut aus. Wie ausgeführt, sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch Ärzte, Sozialhelfer, Priester und Pfarrer, die den Betroffenen gut kennen, zu den nahestehenden Personen im Sinne von
Art. 397d ZGB
zu rechnen. Es ist klar, dass diese nicht als Angehörige betrachtet werden können, und das macht es besonders deutlich, dass die Behauptung der Zürcher Behörden, die in
§ 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO
enthaltene Regel schränke den Kreis der Verfahrensbeteiligten nicht ein, verfehlt ist. Die kantonale Vorschrift steht mit dem Bundesrecht in klarem Widerspruch, lässt sich nicht verfassungskonform auslegen und verstösst gegen den in Art. 2 ÜbBest. BV statuierten Grundsatz des Vorranges des Bundesrechts. Sie ist aufzuheben und die Beschwerde in diesem Punkt gutzuheissen.
d) Im weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, die Ausgestaltung des Berufungsverfahrens in den
§
§ 260 Abs. 2, 268a und 268b ZPO
verstosse gegen das Gebot des "einfachen und raschen Verfahrens" gemäss
Art. 397f Abs. 1
BGE 122 I 18 S. 32
ZGB
und
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
. Das schriftliche Berufungsverfahren stelle auch an Rechtskundige hohe Anforderungen und könne daher nicht als "einfaches Verfahren" bezeichnet werden. Obwohl offenbar auf Replik und Duplik verzichtet werden solle, werde häufig ein weiterer Schriftenwechsel nötig sein, so dass das Berufungsverfahren "regelmässig wesentlich länger als einen Monat dauern" werde und deshalb den Anforderungen an ein "rasches Verfahren" nicht zu genügen vermöge. Da der Richter im Berufungsverfahren zudem die Möglichkeit habe, der Berufung die aufschiebende Wirkung zu erteilen, sei die Dauer des Berufungsverfahrens zum erstinstanzlichen Verfahren hinzuzurechnen.
Der fürsorgerische Freiheitsentzug nach
Art. 397a ff. ZGB
stellt eine Freiheitsbeschränkung im Sinne von
Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK
dar. Dementsprechend hat eine von einer solchen Massnahme betroffene Person gemäss
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
das Recht, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht so rasch als möglich über die Rechtmässigkeit der Freiheitsentziehung entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit die Entlassung angeordnet wird (
BGE 116 Ia 60
E. 3a;
BGE 114 Ia 182
E. 3a/bb). Der Entscheid über eine fürsorgerische Freiheitsentziehung kann nach
Art. 397d ZGB
beim Richter angefochten werden. Die Verfahrensordnung wird unter Beachtung der bundesrechtlichen Grundsätze von
Art. 397e und
Art. 397f ZGB
durch das kantonale Recht bestimmt. Das zürcherische Recht sieht in
§ 203d ZPO
für das Verfahren vor dem Einzelrichter vor, dass die betroffene Person spätestens innerhalb von vier Arbeitstagen seit Eingang des Gesuchs durch den Richter persönlich zu befragen und die Hauptverhandlung in der Regel innert der gleichen Frist durchzuführen ist. Mit dieser Ausgestaltung wird dem Gebot eines raschen und einfachen Verfahrens in hinreichender Weise entsprochen, und der Beschwerdeführer behauptet denn auch zu Recht nicht, das erstinstanzliche gerichtliche Verfahren vermöge den Anforderungen von
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
nicht zu genügen.
Seine Kritik bezieht sich auf das Berufungsverfahren. Es stellt sich die Frage, ob
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
auch dann anwendbar ist, wenn ein Gericht als zweite gerichtliche Instanz über die Rechtmässigkeit eines fürsorgerischen Freiheitsentzugs befindet. Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 5. Juli 1991 (
BGE 117 Ia 193
ff.) erklärt, die genannte Konventionsbestimmung gelte nur für Verfahren, in denen ein Gericht als erste gerichtliche Haftprüfungsinstanz tätig sei; auf das Haftprüfungsverfahren der zweiten gerichtlichen Instanz komme
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
nicht zur Anwendung. Die
BGE 122 I 18 S. 33
Europäische Kommission für Menschenrechte vertrat in ihrem Bericht vom 9. September 1992 in der Sache Navarra dieselbe Ansicht. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus,
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
wolle den einzelnen vor willkürlicher Inhaftierung schützen, und dieser Zweck sei erreicht, wenn ein Gericht unverzüglich (à bref délai) über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs befinde. Werde dieser nach Abschluss der Prüfung durch das Gericht bestätigt, so müsse er nach dem internen Recht des Vertragsstaates als rechtmässig und frei von Willkür betrachtet werden, auch wenn gegen den Entscheid des Gerichts ein Rechtsmittel zur Verfügung stehe. Wenn das Erfordernis des "unverzüglichen Entscheids" auch für das Rechtsmittelverfahren Geltung hätte, würde dieser Begriff in einer dem Sinn des
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
nicht mehr entsprechenden Weise ausgedehnt (Bericht der Kommission in der Sache Navarra, Serie A, Band 273-B, Ziff. 38-48). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist anderer Meinung. Er hielt in der erwähnten Angelegenheit fest, die Vertragsstaaten seien aufgrund von
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
zwar nicht gehalten, ein zweistufiges gerichtliches Verfahren für die Beurteilung der Rechtmässigkeit der Haft einzuführen. Wenn aber in einem Vertragsstaat ein zweistufiges System bestehe, müssten grundsätzlich den inhaftierten Personen im Rechtsmittelverfahren dieselben Garantien eingeräumt werden wie im Verfahren vor der ersten gerichtlichen Instanz. Zu diesen Garantien gehöre der Anspruch auf einen unverzüglichen Entscheid. Bei der Abklärung der Frage, ob dieses Erfordernis beachtet worden sei, müsse beim System des zweistufigen gerichtlichen Haftprüfungsverfahrens eine Gesamtbewertung (une "appréciation globale") vorgenommen werden (Urteil des EGMR vom 23. November 1993 in der Sache Navarra, Serie A, Band 273-B, Ziff. 28). Geht man von diesen Überlegungen des EGMR aus, so kann bei der im vorliegenden Fall vorzunehmenden abstrakten Normenkontrolle nicht gesagt werden, das hier in Frage stehende zweistufige gerichtliche Verfahren zur Überprüfung einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung verletze
Art. 5 Ziff. 4 EMRK
. Das Verfahren vor dem Einzelrichter ist, wie dargelegt, so ausgestaltet, dass es den Anforderungen dieser Bestimmung genügt. Was das Berufungsverfahren anbelangt, so trägt die in den
§
§ 268a und 268b ZPO
getroffene Ordnung dem Beschleunigungsgebot ebenfalls in genügender Weise Rechnung. Durch die kurze Berufungsfrist, den Ausschluss von Replik und Duplik sowie die Schriftlichkeit des Verfahrens wird sichergestellt, dass
BGE 122 I 18 S. 34
das Verfahren in möglichst kurzer Frist durchgeführt werden kann. Dass die Berufungsinstanz die Möglichkeit hat, dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zu erteilen, ändert daran nichts. Im übrigen kann die Frage nach der Zulässigkeit der Verfahrensdauer nicht abstrakt beurteilt werden; der Entscheid hängt vielmehr von der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ab (
BGE 117 Ia 372
E. 3a mit Hinweisen). Ferner weist die kantonale Behörde darauf hin, gemäss
§ 29 Abs. 2 ZPO
könne der Richter von Amtes wegen der Partei einen Rechtsbeistand bestellen, wenn sie offensichtlich nicht in der Lage sei, ihre Sache selbst gehörig zu führen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass das rechtliche Gehör des Betroffenen auch im Berufungsverfahren hinreichend gewahrt ist. Nach dem Gesagten ist der Vorwurf unbegründet, die Ausgestaltung des Berufungsverfahrens in den
§
§ 260 Abs. 2, 268a und 268b ZPO
sei mit dem Gebot eines einfachen und raschen Verfahrens im Sinne der
Art. 397f Abs. 1 ZGB
und 5 Ziff. 4 EMRK unvereinbar.
e) Gemäss
§ 203f ZPO
kann das Gericht der gesuchstellenden Partei eine Prozessentschädigung aus der Gerichtskasse zusprechen, wenn das Gesuch gutgeheissen wird. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, diese Vorschrift verstosse gegen
Art. 4 BV
. Er führt aus, in der Beratung des Kantonsrates sei der Vorschlag der Kommissionsmehrheit unterlegen, die der gesuchstellenden Partei im Falle des Obsiegens eine obligatorische Prozessentschädigung habe zusprechen wollen. Die in
§ 203f ZPO
vorgesehene fakultative Zusprechung gehe auf einen Minderheitsantrag eines Kantonsrats zurück, der damit begründet worden sei, es sei nicht nötig, dass jemand diese Entschädigung erhalte, der ihrer gar nicht bedürfe. Die Regelung, wonach das Gericht der obsiegenden Partei eine Prozessentschädigung nicht zwingend zusprechen müsse, verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung. Durch die Kann-Vorschrift entstehe eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da offen sei, nach welchen Kriterien der Richter sein Ermessen ausüben wolle. Es gehe nicht an, betroffenen Personen in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozessentschädigung zu verwehren; massgebend sei einzig, ob im Zusammenhang mit dem Verfahren tatsächlich ein Schaden entstanden sei.
Der Regierungsrat hält in der Beschwerdeantwort fest, das Gericht müsse einen gewissen Spielraum haben, um über die Ausrichtung einer Prozessentschädigung zu entscheiden. Von einer Entschädigung könne dann abgesehen werden, wenn der Partei kein Schaden erwachsen sei. Es treffe zu,
BGE 122 I 18 S. 35
dass hierbei die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei keine Rolle spielen dürften. Im weiteren weist der Regierungsrat darauf hin, der Beschwerdeführer könne aus dem Votum des Kantonsrates, der den Minderheitsantrag gestellt habe, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es könne auch nicht gesagt werden, dass durch die in
§ 203f ZPO
vorgesehene Regelung eine erhebliche und bedenkliche Rechtsunsicherheit entstehe, denn der Richter müsse sein Ermessen nach sachlichen Kriterien ausüben. Dieser Erwägung ist beizupflichten. Eine Ordnung, welche der obsiegenden Partei keinen absoluten Anspruch auf eine Prozessentschädigung einräumt, verstösst als solche weder gegen das Willkürverbot noch gegen die Rechtsgleichheit. Der Richter ist bei der Anwendung der Vorschrift von
§ 203f ZPO
gehalten, im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang die obsiegende Partei zu entschädigen ist, und er hat das ihm dabei zustehende Ermessen in sachlich vertretbarer Weise auszuüben. Die kantonale Norm ist einer verfassungskonformen Auslegung ohne weiteres zugänglich.
f) Nach § 117e Abs. 3 EG zum ZGB ist bei Versetzung einer durch die Vormundschaftsbehörde eingewiesenen Person in eine andere Anstalt die zuständige Behörde zu benachrichtigen. Der Beschwerdeführer macht geltend, diese Vorschrift verstosse gegen
Art. 397a ZGB
und somit gegen den Vorrang des Bundesrechts, da für die Versetzung in eine andere Anstalt das Verfahren gemäss
Art. 397a ff. ZGB
nicht beachtet werde. Es genüge nicht, dass eine Versetzung formlos erfolge und die zuständige Vormundschaftsbehörde über die Versetzung lediglich benachrichtigt werde.
Der fürsorgerische Freiheitsentzug als solcher erfolgt mit der Einweisung in eine Anstalt. Diese Massnahme hat nach den Regeln gemäss
Art. 397a ff. ZGB
zu erfolgen. Bei der Versetzung in eine andere Anstalt geht es indessen nicht mehr um die Einweisung als solche; der Freiheitsentzug ist vielmehr bereits erfolgt, und es geht nur mehr um die Art und Weise seiner Durchführung. Deshalb muss das formelle Verfahren grundsätzlich nicht eingehalten werden. Im übrigen weist die kantonale Behörde mit Grund darauf hin, dass der Vormundschaftsbehörde die Versetzung mitgeteilt werde und die betroffene Person jederzeit eine gerichtliche Überprüfung verlangen könne. Dem Schutz des Betroffenen wird so in genügender Weise Rechnung getragen. Die in § 117e Abs. 3 EG zum ZGB getroffene Regelung steht mithin nicht in Widerspruch zu
Art. 397a ZGB
. | public_law | nan | de | 1,996 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
47417e8d-7b7a-4964-893d-05e53a487603 | Urteilskopf
110 Ib 191
32. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 14 mars 1984 dans la cause Denysiana S.A. contre Jassica S.A. (recours de droit public) | Regeste
Begehren, einen in Frankreich gefällten Schiedsspruch in der Schweiz zu vollstrecken (Art. 16 des französisch-schweizerischen Vertrages vom 15. Juni 1869; Art. V und VII des Übereinkommens von New York vom 10. Juni 1958).
Konkurrieren Bestimmungen des zweiseitigen französisch-schweizerischen Vertrages mit dem mehrseitigen Übereinkommen von New York, so kann die Partei, welche die Vollstreckung eines Schiedsspruchs begehrt, sich auf die ihr günstigste Bestimmung berufen (Art. VII Ziff. 1 des Übereinkommens von New York; E. 2a-b).
Art. V Ziff. 1 lit. e des Übereinkommens von New York: Es obliegt der Partei, die sich dem Vollstreckungsbegehren widersetzt, zu beweisen, dass der Schiedsspruch noch nicht verbindlich ist, aufgehoben oder aufgeschoben wurde (E. 2c). | Sachverhalt
ab Seite 192
BGE 110 Ib 191 S. 192
Jassica S.A. a requis le Tribunal de première instance du canton de Genève de déclarer exécutoire une sentence arbitrale rendue le 8 septembre 1980 à Paris, dans un différend l'opposant à la Compagnie commerciale Denysiana S.A. Elle a produit la sentence arbitrale, un arrêt de la Cour d'appel de Paris rejetant un appel en nullité formé contre cette sentence par Denysiana S.A. et une lettre du 9 mars 1983 de son conseil l'informant que la Cour de cassation avait rejeté par arrêt du 24 février 1983 un pourvoi en cassation de Denysiana S.A.
Le Tribunal a déclaré la sentence exécutoire par jugement du 29 août 1983, confirmé le 10 novembre 1983 par la Cour de justice du canton de Genève.
Le Tribunal fédéral rejette un recours de droit public formé par Denysiana S.A. contre l'arrêt de la Cour de justice.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
La France et la Suisse sont liées tant par la Convention entre la Suisse et la France sur la compétence judiciaire et l'exécution des jugements en matière civile, du 15 juin 1869 (ci-après: Traité franco-suisse), que par la Convention pour la reconnaissance et l'exécution des sentences arbitrales étrangères, conclue à New York le 10 juin 1958 (ci-après: Convention de New York), qui contiennent toutes deux des dispositions sur l'exécution dans l'un des Etats de sentences arbitrales rendues dans l'autre. L'application n'en est pas subordonnée à la nationalité ou au domicile des parties (art. I de la Convention de New York, art. 15 du Traité franco-suisse).
a) En l'occurrence, sont seules litigieuses les formalités à remplir par le requérant pour obtenir une décision déclarant exécutoire en Suisse une sentence arbitrale rendue en France.
L'art. 16 du Traité franco-suisse exige à ce sujet la production de
"1o L'expédition du jugement ou de l'arrêt légalisée par les envoyés respectifs, ou à leur défaut par les autorités de chaque pays;
2o l'original de l'exploit de signification dudit jugement ou arrêt ou tout autre acte qui, dans le pays, tient lieu de signification;
BGE 110 Ib 191 S. 193
3o un certificat délivré par le greffier du tribunal où le jugement a été rendu, constatant qu'il n'existe ni opposition, ni appel, ni autre acte de recours."
L'art. IV de la Convention de New York prévoit que le requérant doit fournir
"a) l'original dûment authentifié de la sentence ou une copie de cet original réunissant les conditions requises pour son authenticité;
b) l'original de la convention visée à l'art. II, ou une copie réunissant les conditions requises pour son authenticité."
Selon l'art. V ch. 1 lettre e de la Convention de New York, la partie adverse a la faculté de prouver "que la sentence n'est pas encore devenue obligatoire pour les parties ou a été annulée ou suspendue par une autorité compétente du pays dans lequel, ou d'après la loi duquel, la sentence a été rendue".
b) L'art. VII ch. 1 de la Convention de New York régit les relations avec d'autres traités bilatéraux ou multilatéraux, en ce sens que ses dispositions "ne portent pas atteinte à la validité des accords multilatéraux ou bilatéraux conclus par les Etats contractants en matière de reconnaissance et d'exécution des sentences arbitrales".
Il résulte clairement de cette disposition que la Convention de New York réserve à ses Etats membres la faculté de déroger à ses règles, ce qu'ils peuvent faire en adoptant des règles plus strictes ou plus libérales. Savoir si deux (ou plusieurs) Etats ont dérogé à la Convention de New York relève de l'interprétation de leur droit bilatéral (ou plurilatéral) mais non de celle de la Convention de New York. La cour cantonale fait allusion au principe de la hiérarchie des normes dont elle paraît inférer une primauté du droit conventionnel multilatéral sur le droit conventionnel bilatéral; ce serait méconnaître que l'un et l'autre ressortissent au droit international conventionnel et que la participation de plus de deux Etats à une convention ne modifie pas son caractère conventionnel.
La Convention de New York est postérieure (de près d'un siècle) au Traité franco-suisse. Par ailleurs, elle a été conclue pour faciliter la reconnaissance et l'exécution internationales des sentences arbitrales. Lors de sa conclusion et de son approbation, les représentants de la France et de la Suisse n'ont pas manifesté la volonté ou le désir que, dans les relations bilatérales entre les deux pays, la reconnaissance et l'exécution des sentences arbitrales fussent régies par les règles plus strictes du Traité franco-suisse. Au contraire, dans son message aux Chambres fédérales, relatif à l'approbation
BGE 110 Ib 191 S. 194
de la Convention de New York, le Conseil fédéral a exprimé l'opinion que, comme déjà sous l'empire de la Convention de Genève, le requérant pourrait se fonder sur la disposition qui lui est la plus favorable (FF 1964 II 639 639). En l'absence de motif contraire, il n'y a pas de raison de supposer que ces deux Etats voudraient priver, dans leurs relations bilatérales, les justiciables d'avantages accordés d'emblée dans les relations avec tous les autres Etats ayant déjà adhéré ou pouvant encore adhérer à la Convention de New York. Il y a dès lors lieu de présumer que la France et la Suisse ont entendu faire bénéficier les plaideurs, également dans les relations bilatérales entre les deux pays, des conditions le cas échéant plus favorables de la Convention de New York, quant à la reconnaissance et l'exécution des sentences.
Cette solution correspond à la règle dite de l'efficacité maximale, rappelée avec raison par la cour cantonale. Selon cette règle, on donnera la préférence, en cas de concurrence entre dispositions conventionnelles sur la reconnaissance et l'exécution de sentences arbitrales, à la disposition rendant possible ou facilitant davantage la reconnaissance ou l'exécution, soit en raison de conditions de fond plus libérales, soit grâce à une procédure plus simple, cela conformément au but des conventions bi- ou multilatérales en la matière, qui est de faciliter dans toute la mesure du possible la reconnaissance et l'exécution des sentences arbitrales; une partie ne doit dès lors pas être privée de la possibilité d'obtenir la reconnaissance ou l'exécution d'une sentence, lorsque cette possibilité résulte d'un accord international en vigueur (cf. à ce sujet MAJOROS, Les conventions internationales en matière de droit privé, II p. 472; VAN DEN BERG, The New York Arbitration Convention of 1958, p. 90 ss, 105 ss, 113, 118 s.; voir aussi BERTHEAU, Das New Yorker Abkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, thèse Zurich 1965 p. 98 ss; SCHLOSSER, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, I p. 81, 119 ss; SCHWAB, Schiedsgerichtsbarkeit, 3e éd., p. 330 ss; HAHN, L'arbitrage commercial international en Suisse face aux règles de concurrence de la CEE, thèse Lausanne 1983, p. 17).
c) Dans le cadre de l'application de la Convention de New York, la recourante prétend qu'une seule condition fait défaut: elle ne conteste pas que la Cour de cassation française ait rejeté son pourvoi, mais elle affirme que l'arrêt ne lui est pas opposable, selon le droit français, tant qu'il ne lui a pas été signifié dans la forme;
BGE 110 Ib 191 S. 195
elle cite à ce sujet l'arrêt
ATF 46 I 458
et soutient que, lors du prononcé du juge de première instance, l'arrêt de la Cour de cassation ne lui avait toujours pas été notifié.
Selon l'art. V ch. 1 lettre e de la Convention de New York, et à la différence de ce que prévoient de nombreux traités relatifs à la reconnaissance et l'exécution de jugements étrangers, c'est à la partie qui s'oppose à la demande qu'il appartient de prouver que la sentence n'est pas encore devenue obligatoire, a été annulée ou suspendue, d'après le droit régissant l'arbitrage (cf.
ATF 108 Ib 90
s.).
Or la recourante ne démontre nullement que, selon le droit français en vigueur lors du prononcé d'exequatur, la sentence arbitrale n'était pas encore obligatoire, notamment parce que le pourvoi en cassation aurait un effet suspensif jusqu'au moment de la signification de l'arrêt de la Cour de cassation. L'arrêt citéATF 46 I 458 n'a rien à voir avec cette question.
Il est dès lors superflu d'examiner si l'attitude de la recourante, qui admet que la dernière autorité française a rejeté son recours, est compatible avec les règles de la bonne foi (cf.
ATF 105 Ib 41
). | public_law | nan | fr | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
4741f879-d12c-4ef9-b846-4a177ac499f0 | Urteilskopf
118 V 150
19. Urteil vom 11. August 1992 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Verwaltungsgericht des Kantons Bern betreffend Anspruch auf Ergänzungsleistungen i.S. B. | Regeste
Art. 17a ELV
;
Art. 3 Abs. 1 lit. f und Abs. 6 ELG
.
-
Art. 3 Abs. 6 ELG
räumt dem Bundesrat die Kompetenz ein, die Amortisation des gemäss
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
anrechenbaren Verzichtsvermögens zu regeln (Erw. 3c/aa).
- Die in
Art. 17a ELV
und lit. a Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung der ELV vom 12. Juni 1989 getroffene Regelung ist gesetzes- und verfassungsmässig (Erw. 3c/cc).
- Die bisher geltende Rechtsprechung zu
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
, wonach eine Amortisation von anrechenbarem Verzichtsvermögen unzulässig ist, kann im zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich von
Art. 17a ELV
keine Anwendung finden (Erw. 3c/bb). | Sachverhalt
ab Seite 151
BGE 118 V 150 S. 151
A.-
Der 1920 geborene, geschiedene Gottfried B. reichte erstmals im Jahre 1989 eine Anmeldung zum Bezug von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV ein. Die Ausgleichskasse des Kantons Bern ermittelte einen Einnahmenüberschuss von Fr. 11'099.--, wobei sie eine vom Versicherten im Dezember 1988 an die Kinder ausbezahlte Summe von Fr. 80'000.-- als Vermögensverzicht anrechnete. Mit Verfügung vom 28. April 1989 verneinte die Ausgleichskasse einen EL-Anspruch für das Jahr 1989.
Am 15. Januar 1990 trat der Versicherte ins Alters- und Pflegeheim L. ein. Im November 1990 stellte seine Tochter, Ruth B., ein Gesuch um Neufestsetzung der Ergänzungsleistungen rückwirkend ab 1. Januar 1990. Die Ausgleichskasse ermittelte einen Ausgabenüberschuss von Fr. 2'607.-- und Fr. 5'918.-- für die Jahre 1990 und 1991, wobei sie wiederum die im Dezember 1988 an die Kinder ausbezahlten Fr. 80'000.-- mitberücksichtigte. Mit zwei Verfügungen vom 17. Januar 1991 wurde Ruth B. eröffnet, dass ein monatlicher Anspruch auf Ergänzungsleistung von Fr. 218.-- ab 1. Januar 1990 und von Fr. 494.-- ab 1. Januar 1991 bestehe.
B.-
Ruth B. erhob namens ihres Vaters Beschwerde. Sie beanstandete ausschliesslich die Anrechnung der Summe von Fr. 80'000.--. Diese hätten die Kinder vor zwei Jahren erhalten und sie stehe dem Vater nun nicht mehr zur Verfügung.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerde mit Entscheid vom 15. August 1991 ab.
BGE 118 V 150 S. 152
C.-
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des Beschwerdeentscheides sowie die Abänderung der angefochtenen Verfügungen im Sinne einer Verminderung des anrechenbaren Verzichtsvermögens.
Während sich Gottfried B. nicht vernehmen lässt, schliesst die Ausgleichskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Im vorinstanzlichen Entscheid werden die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Ergänzungsleistung zur AHV und die Berechnungsregeln, wie sie für einen alleinstehenden Heimbewohner im Kanton Bern Geltung haben, zutreffend dargelegt, weshalb darauf verwiesen werden kann.
Der kantonale Richter führt des weitern richtig aus, dass Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, nach
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
(in der ab 1. Januar 1987 geltenden und auf den vorliegenden Fall anwendbaren Fassung) bei der Berechnung der Ergänzungsleistung anzurechnen sind.
b) Einziger Streitpunkt im vorinstanzlichen Verfahren war die Anrechnung des Verzichtsvermögens von Fr. 80'000.-- und eines daherigen angemessenen Ertrages.
Aus den Akten ergibt sich, wie Verwaltung und Vorinstanz richtig erkannt haben, dass der Vater ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung seinen Kindern im Jahre 1988 den Betrag von Fr. 80'000.-- auszahlte. Darin liegt ein Verzicht auf Vermögenswerte im Sinne von
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
(
BGE 115 V 353
Erw. 5c mit Hinweisen), der bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens zu berücksichtigen ist. Insoweit hat die Vorinstanz die Beschwerde zu Recht abgewiesen.
2.
Mit Bezug auf die Höhe des anrechenbaren Verzichtsvermögens gehen Verwaltung und Vorinstanz davon aus, dass der volle Betrag von Fr. 80'000.-- anzurechnen sei. Insbesondere wird, im Gegensatz zu der vom BSV vertretenen Auffassung, die Anwendbarkeit von
Art. 17a Abs. 1 und 2 ELV
im vorliegenden Fall verneint.
Diese im Rahmen der Änderung der ELV vom 12. Juni 1989 (in Kraft seit 1. Januar 1990) erlassenen Bestimmungen lauten wie folgt:
BGE 118 V 150 S. 153
Der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist (Art. 3 Abs. 1 Bst. f ELG), wird jährlich um Fr. 10'000.-- vermindert (Abs. 1).
Der Wert des Vermögens im Zeitpunkt des Verzichts ist unverändert auf den 1. Januar des Jahres, das auf den Verzicht folgt, zu übertragen und dann jeweils nach einem Jahr zu vermindern (Abs. 2).
Wortlaut und Entstehungsgeschichte (vgl. ZAK 1989 S. 432) geben den klaren Willen des Verordnungsgebers wieder, dass diese Bestimmungen uneingeschränkt, d.h. unabhängig von Beweggrund und Höhe des Verzichtsvermögens sowie des tatsächlich noch vorhandenen Vermögens anwendbar sein sollen. Da übergangsrechtlich auch Vermögenswerte, auf die vor dem 1. Januar 1990 verzichtet worden ist, ab diesem Zeitpunkt der jährlichen Verminderung unterliegen (lit. a der Übergangsbestimmungen zur Änderung der ELV vom 12. Juni 1989), haben Verwaltung und Vorinstanz die Höhe des anrechenbaren Verzichtsvermögens im vorliegenden Fall offensichtlich abweichend von
Art. 17a ELV
festgesetzt.
3.
a) Die Vorinstanz verneint die Anwendbarkeit von
Art. 17a Abs. 1 und 2 ELV
wie auch von lit. a Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung der ELV vom 12. Juni 1989 im vorliegenden Fall mit der Begründung, diese Bestimmung sei insofern verfassungs- und gesetzwidrig, als einerseits die Amortisation von Verzichtsvermögen vor dem 1. Januar 1990 ausgeschlossen und anderseits ab 1. Januar 1990 in allen Fällen eine betragsmässig feste Amortisation von Fr. 10'000.-- jährlich vorgeschrieben werde. Eine Amortisation von Verzichtsvermögen sei schon dann zulässig, wenn angenommen werden könne, dass ein Versicherter, hätte er das Verzichtsvermögen noch, dieses mittlerweile zur Deckung seines Lebensunterhaltes herangezogen hätte; andernfalls sei sie erst dann zulässig, wenn die vorhandenen Vermögenswerte den hypothetischen Verzehr des Verzichtsvermögens sowie den entsprechenden Ertrag nicht mehr zu decken vermögen. Eine andere Lösung würde eine nicht zu rechtfertigende Schlechter- oder Besserstellung des Verzichtenden gegenüber anderen EL-Ansprechern bedeuten.
Auch die Ausgleichskasse lehnt aus Gründen der Gleichbehandlung der Versicherten im vorliegenden Fall die Anwendung der fraglichen Bestimmungen ab, hält jedoch dafür, dass diese Bestimmung dann anwendbar sei, sobald das tatsächlich noch vorhandene Vermögen unter den Vermögensfreibetrag gesunken ist.
Das BSV macht in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde demgegenüber geltend, dass gemäss geltender Rechtsprechung des Eidg.
BGE 118 V 150 S. 154
Versicherungsgerichts eine hypothetische Verminderung des Verzichtsvermögens für die Zeit nach der Entäusserung nicht zulässig sei. Dies habe zur Folge, dass die Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, bis zum Tod des Bezügers unverändert in der EL-Berechnung stehenbleiben und somit nicht, wie dies bei einem Nichtverzicht möglich ist, vermindert werden können. Um die mit dieser Schlechterstellung verbundenen Härten aufzufangen, habe der Bundesrat, gestützt auf
Art. 3 Abs. 6 ELG
, in
Art. 17a ELV
die jährliche Amortisation von Verzichtsvermögen vorgeschrieben (vgl. auch ZAK 1989 S. 432). Hinsichtlich der Höhe der Amortisation sei aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit ein einheitlicher Betrag in allen Fällen einem variablen in Einzelfällen vorzuziehen. Die übergangsrechtliche Regelung, wonach Vermögenswerte, auf die vor Inkrafttreten von Art. 17a verzichtet worden ist, erst ab 1. Januar 1990 der jährlichen Verminderung unterliegen sollen (lit. a Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 12. Juni 1989), bezwecke schliesslich, die finanziellen Auswirkungen und nachträgliche Anspruchsabklärungen in Grenzen zu halten.
b) Im Streit liegt somit die Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit von
Art. 17a Abs. 1 und 2 ELV
sowie lit. a Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung der ELV vom 12. Juni 1989.
(Es folgen Ausführungen über die Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates.)
c/aa)
Art. 17a ELV
stützt sich auf
Art. 3 Abs. 6 ELG
. Gemäss dieser Bestimmung regelt der Bundesrat u.a. die Bewertung des anrechenbaren Einkommens und Vermögens. Aus den Materialien ergibt sich, dass durch
Art. 3 Abs. 6 ELG
, den das Parlament in der vorgeschlagenen Fassung diskussionslos übernommen hat, dem Bundesrat eine umfassende Kompetenz zur Regelung der Fragen betreffend die Anspruchsberechtigung eingeräumt werden sollte, soweit nicht die Kantone ausdrücklich durch das Gesetz für zuständig erklärt würden. Damit sollte insbesondere ermöglicht werden, durch eine differenzierte Ordnung den verschiedenen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Diese Kompetenz umschliesst zweifellos (BBl 1970 I 148) auch die Regelung der Amortisation des gemäss
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
anrechenbaren Verzichtsvermögens, weshalb sich
Art. 17a ELV
ohne weiteres im Rahmen der formellgesetzlichen Delegationsnorm hält.
bb) Was die sachlich-inhaltliche Gesetzmässigkeit anbelangt, hat das Eidg. Versicherungsgericht zum alten, bis 31. Dezember 1986 gültigen
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
, der die Anrechenbarkeit von
BGE 118 V 150 S. 155
Verzichtsvermögen nur unter der Voraussetzung vorsah, dass der Verzicht im Hinblick auf die Erwirkung von Ergänzungsleistungen erfolgte, in ständiger Rechtsprechung befunden, dass eine Amortisation von Verzichtsvermögen im Sinne von
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
nicht zulässig sei (
BGE 113 V 195
Erw. 5c mit Hinweisen). Begründet wurde dies damit, dass es letztlich auf eine Anerkennung der durch die Entäusserung geschaffenen Sachlage hinausliefe, "résultat que veut précisément éviter l'art. 3 al. 1er lit. f LPC" (nicht veröffentlichte Erw. 4e von EVGE 1968 S. 296). Nach dieser Rechtsprechung blieb somit dem Versicherten, der auf Vermögen verzichtete, im Gegensatz zu jenem Versicherten, der sein Vermögen behielt, auf alle Zeit verschlossen, das ihm weiterhin zu- und angerechnete Verzichtsvermögen abzutragen. Dies konnte, wie das BSV bemerkte (vgl. ZAK 1989 S. 432), zu grossen Härten für die Betroffenen führen. Zu beachten ist ferner, dass ein übermässiger Vermögensverzehr, soweit er der Befriedigung eigener Bedürfnisse dient, in der Regel nicht unter
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
fällt (
BGE 115 V 354
Erw. 5c mit Hinweis) und folglich ergänzungsleistungsrechtlich berücksichtigt wird.
Wenn der Verordnungsgeber aus diesen und weiteren Gründen, gestützt auf
Art. 3 Abs. 6 ELG
, sich entschloss, durch Einfügung des Art. 17a in die ELV überhaupt und erstmals eine Grundlage für die Amortisation von Verzichtsvermögen zu schaffen, so liegt darin kein Widerspruch zur Bestimmung über die Anrechenbarkeit solcher Einkünfte gemäss
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
; denn der Amortisationsgedanke wahrt den gesetzlichen Grundsatz der Anrechenbarkeit, ja setzt ihn gleichsam voraus. Folglich kann die erwähnte Rechtsprechung im zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich des
Art. 17a ELV
von vornherein keine Anwendung mehr finden.
cc) Mit Bezug auf die Modalitäten (Zeitpunkt und Höhe der Amortisationsraten) kommt dem Bundesrat unter den Gesichtspunkten von Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit (Rechtsgleichheit, Willkür) zunächst ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit zu.
Die vom Bundesrat getroffene Lösung schreibt ohne Rücksicht auf die übrige Vermögenslage eine jährliche pauschale Amortisation von Fr. 10'000.-- vor. Es ist klar, dass auch andere, allenfalls differenziertere Regelungen denkbar wären. Indessen ist nicht ersichtlich, inwiefern diese einfache und geradlinige Lösung rechtsungleich oder willkürlich sein oder den Grundsatz der Anrechenbarkeit von Verzichtsvermögen nach
Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG
unterlaufen sollte.
BGE 118 V 150 S. 156
Die Auffassung von kantonalem Gericht und Ausgleichskasse, zuerst sei das effektiv vorhandene Vermögen aufzubrauchen, bevor eine Amortisation des fiktiven Verzichtsvermögens vorzunehmen sei, ist zu sehr auf die bisherige Rechtsprechung ausgerichtet. Der Wille des Verordnungsgebers in
Art. 17a ELV
, Verzichtsvermögen vermindern zu lassen, unabhängig davon, ob effektives Vermögen vorhanden ist, trägt dem Gedanken der Gleichbehandlung aller Versicherten - jener, die verzichtet haben, und jener, die nicht verzichtet haben - Rechnung, indem Verzichts- wie effektives Vermögen grundsätzlich verringert werden kann. Die weitere Auffassung von Vorinstanz und Ausgleichskasse, im Falle des Verzichts bestehe das Vermögen aus zwei klar abgetrennten Teilen - nämlich dem effektiv vorhandenen und dem Verzichtsvermögen - und das effektiv vorhandene sei insofern anders als das Verzichtsvermögen zu behandeln, als es zuerst grundsätzlich aufzubrauchen sei, bevor an eine Amortisation des Verzichtsvermögens gedacht werden könne, entbehrt jeder Grundlage. Im weiteren wird damit dem Versicherten zugemutet, seinen durch allfällige Ergänzungsleistungen nicht gedeckten Lebensbedarf aus dem effektiven Vermögen zu bestreiten, bis der Freibetrag erreicht oder gar alles aufgebraucht ist, um dann eine Durststrecke zu durchlaufen, bis das fiktive Verzichtsvermögen hypothetisch abgetragen ist. Diese Zeitspanne des Darbens kann Jahre dauern, während welcher die Verwaltung dem Versicherten, der um Ergänzungsleistungen nachsucht, entgegenhält, er könne ja fiktives Verzichtsvermögen verzehren. Gerade diese Folge will jedoch der neue
Art. 17a ELV
mildern, was unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden ist.
Was nun das Mass der Amortisation anbelangt, so sind ebenfalls verschiedene Regelungen denkbar. Naheliegend erscheint die vom Bundesrat getroffene Lösung einer pauschalen Amortisation. Ebenso in Frage käme eine Lösung, wonach das Verzichtsvermögen jährlich um den auf dem ganzen Vermögen errechneten prozentualen zumutbaren Vermögensverzehr verringert würde. Es kann nun aber im Rahmen der vorfrageweisen Normenkontrolle nicht darum gehen zu untersuchen, welche von diesen und anderen denkbaren Lösungen die zweckmässigste ist. Ausschlaggebend ist allein, dass die vom Bundesrat getroffene Regelung, wie dargelegt, weder eine willkürliche und rechtsungleiche noch dem gesetzlichen Grundsatz der Anrechenbarkeit zuwiderlaufende Lösung darstellt.
Die vom Bundesrat getroffene Übergangsregelung, wonach Vermögenswerte, auf die vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmung
BGE 118 V 150 S. 157
verzichtet worden ist, erst ab dem 1. Januar 1990 zu amortisieren sind (lit. a Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung der ELV vom 12. Juni 1989), ist schliesslich ebenfalls nicht zu beanstanden.
4.
Daraus ergibt sich, wie das BSV in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend ausführt, dass die Ausgleichskasse für die Berechnung der Ergänzungsleistungen ab Januar 1990 lediglich ein Verzichtsvermögen von Fr. 70'000.-- anrechnen darf. Die Sache ist daher an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie in diesem Sinne die Ergänzungsleistungen neu berechne. | null | nan | de | 1,992 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
4744b5d4-a5a8-4a3b-bad8-9ccfa3d050ad | Urteilskopf
107 IV 98
29. Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1981 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 64 StGB
, Betätigen aufrichtiger Reue durch Schadensdeckung.
Fall einer Schadensdeckung durch die Eltern des Täters unter Anrechnung als Erbvorempfang. | Sachverhalt
ab Seite 98
BGE 107 IV 98 S. 98
A.-
Das Bezirksgericht Aarau verurteilte am 24. September 1980 B. wegen qualifizierten Raubes, für den
Art. 139 Ziff. 2 StGB
eine Mindeststrafe von fünf Jahren Zuchthaus vorsieht, sowie wegen bandenmässigen und einfachen Diebstahls und weiterer Verfehlungen (Gesamtschaden über Fr. 30'000.--) zu fünfeinhalb Jahren Zuchthaus, abzüglich 310 Tage erstandener Untersuchungshaft, wobei es das Vorliegen eines Strafmilderungsgrundes verneinte.
Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 25. Juni 1981 im Berufungsverfahren den Schuldpunkt mit einer geringfügigen, hier nicht in Betracht fallenden Modifikation und setzte die Strafe auf viereinhalb Jahre Zuchthaus, abzüglich 584 Tage erstandener Untersuchungshaft, herab, wobei es dem Verurteilten
BGE 107 IV 98 S. 99
den Strafmilderungsgrund der aufrichtigen Reue und Schadensdeckung im Sinne von
Art. 64 StGB
zugute hielt.
B.-
Gegen diesen Entscheid erhebt die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei wegen Verletzung von
Art. 64 StGB
aufzuheben und die Sache sei zur Neufestsetzung einer Strafe von mehr als fünf Jahren Zuchthaus, ohne Berücksichtigung des Strafmilderungsgrundes der aufrichtigen Reue, an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Streitig ist lediglich, ob die Vorinstanz dem Beschwerdegegner den Strafmilderungsgrund der Betätigung aufrichtiger Reue im Sinne von
Art. 64 StGB
zu Recht zugebilligt habe. Nach der Rechtsprechung betätigt aufrichtige Reue nur, wer aus eigenem Entschluss etwas tut, das als Ausdruck seines Willens anzusehen ist, geschehenes Unrecht wieder gutzumachen (
BGE 73 IV 160
). Als Beispiel erwähnt das Gesetz die Schadensdeckung, soweit sie dem Täter zumutbar war. Demnach kann nicht jede Schadensdeckung als Betätitung aufrichtiger Reue gewertet werden. Mit dem Hinweis auf die Zumutbarkeit und die "Betätigung" der Reue verlangt das Gesetz eine besondere Anstrengung von seiten des Fehlbaren, die er freiwillig, nicht nur vorübergehend und nicht nur unter dem Druck des drohenden oder hängigen Strafverfahrens erbringen muss. Wer sich erst unter dem Druck des drohenden Verfahrens zu einer besonderen Anstrengung herbeilässt, bekundet keine aufrichtige Reue, sondern handelt aus taktischen Gründen und verdient deshalb keine besondere Milde (
BGE 98 IV 310
,
BGE 96 IV 109
/110). Auch in der Literatur wurde betont, aufrichtige Reue im Sinne von
Art. 64 StGB
müsse ein besonderes, freiwilliges und uneigennütziges Verhalten sein, durch das der Täter den greifbaren Beweis seiner Reue erbringe, bei dem er Einschränkungen auf sich nehme und alles daran setze, das geschehene Unrecht wieder gutzumachen (SCHULTZ, Einführung in den allg. Teil des Strafrechts, 3. Aufl. S. 80; BRINER, Die ordentliche Strafmilderung nach dem schweizerischen Strafgesetzbuch unter besonderer Berücksichtigung der Strafmilderungsgründe des Art. 64, Diss. Zürich 1977 S. 129; MAURER, Die Strafzumessung im schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. Zürich 1945 S. 98).
BGE 107 IV 98 S. 100
2.
Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen, die das Bundesgericht seinem Entscheid zugrunde legen muss (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
), haben die vermöglichen Eltern des Beschwerdegegners dessen Verteidiger beauftragt, mit den Geschädigten den Schaden zu regeln. Der Verteidiger schloss in der Folge mit allen Geschädigten Vereinbarungen. Die Schadenersatzansprüche wurden noch vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung aus dem Vermögen der Eltern beglichen. Der Beschwerdegegner erklärte sich bereit, diese Geldleistung seiner Eltern sich als Erbvorempfang anrechnen zu lassen.
Die Vorinstanz begründete den Strafmilderungsgrund der Betätigung aufrichtiger Reue im wesentlichen wie folgt: Um die Eltern zur Vorschussleistung zu gewinnen, habe der Beschwerdegegner mit ihnen intensive Gespräche führen müssen. Das offenbare eine Willensanstrengung sowie einen innern Einsatz und zeige, dass dem Beschwerdegegner aufgrund echter Einsicht an der Wiedergutmachung gelegen sei. Dasselbe ergebe sich daraus, dass er sich im vorzeitigen Strafvollzug anstrenge und sich bemühe, von seinem früheren Lebenswandel Distanz zu gewinnen - eine Einstellung, die auch durch den persönlichen Eindruck bekräftigt werde. Der Beschwerdegegner erleide eine Schmälerung seines Erbteils und erbringe insofern eine eigene Leistung, ähnlich wie der Täter, der zur Schadensdeckung eine Lohnzession vornehme. Er habe zwar erst während des Verfahrens, aber nicht unter dem Druck desselben und nicht aus taktischen Gründen gehandelt. Er sei am 20. November 1979 verhaftet worden und hätte demzufolge gar nicht lange Gelegenheit gehabt, in der Freiheit den Schaden zu ersetzen und dadurch Reue zu bekunden, ganz abgesehen davon, dass er damals noch andere Probleme gehabt habe. In der Untersuchungshaft habe er dann wegen der Einschränkungen in seiner persönlichen Handlungsfreiheit nicht selbst vorgehen können, sondern die Hilfe seines Verteidigers in Anspruch nehmen müssen. Dass seine Eltern vermöglich seien, stelle keine Privilegierung dar, denn in den Genuss dieser Strafmilderung könne in jedem Falle nur ein Täter gelangen, der sich die Mittel zur Schadenersatzleistung irgendwie verschaffen könne.
Die Beschwerdeführerin bringt demgegenüber vor, die eigentliche Anstrengung zur Schadensdeckung sei nicht vom Beschwerdegegner, sondern von dessen Eltern und vom Verteidiger ausgegangen. Mit der Zustimmung, die bezahlten Schadenersatzbeträge sich als Erbvorempfang anrechnen zu lassen, habe der Beschwerdegegner keine persönliche Leistung erbracht, weil die Geschädigten
BGE 107 IV 98 S. 101
später ohnehin auf seinen Erbteil hätten greifen können. Er habe deswegen auch nicht auf ein Recht verzichtet. Von innerem Einsatz, echter Einsicht und von Bestreben, vom früheren Lebenswandel Distanz zu gewinnen, könne keine Rede sein, nachdem der Beschwerdegegner am 12. Juli 1981 aus einem Urlaub nicht in den Strafvollzug zurückgekehrt und seither flüchtig sei. Die Schadenersatzzahlung sei vielmehr aus taktischen Gründen erfolgt. Die Anwendung von
Art. 64 StGB
in Fällen dieser Art liefe im übrigen auf eine ungerechtfertigte Privilegierung eines Angeklagten hinaus, dessen Eltern vermöglich und ersatzbereit seien. Die Vorinstanz habe demnach
Art. 64 StGB
verletzt.
3.
a) Nach der angeführten Rechtsprechung kann die Schadensdeckung nur dann als Betätigung aufrichtiger Reue gewertet werden, wenn sie auf einer besondern und freiwilligen Anstrengung beruht, die der Täter unter Inkaufnahme von Einschränkungen persönlich erbringt. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführerin darin beizupflichten, dass die eigentlichen Anstrengungen zur Schadensdeckung nicht vom Beschwerdegegner, sondern von dessen Eltern und vom Verteidiger unternommen worden waren. Der Beschwerdegegner war in der Untersuchungshaft aber in seiner persönlichen Handlungsfreiheit beschränkt. Unter diesen Umständen darf ihm kein Nachteil daraus erwachsen, dass er die Besprechung mit den Geschädigten über die Schadensregulierung nicht persönlich, sondern durch seinen Verteidiger und seine Eltern führte.
Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen musste der Beschwerdegegner mit seinen Eltern intensive Gespräche führen, um diese zur Schadensdeckung zu gewinnen. Indem er sich die von den Eltern bezahlten Schadenersatzbeträge auf seinen Erbteil anrechnen liess, nahm er gegenüber seinen Miterben eine Schmälerung seines Erbteils, unter Umständen sogar eine spätere Herausgabepflicht in Kauf. Die intensiven Gespräche mit den Eltern und die Schmälerung des Erbteils durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht als eine persönliche und freiwillige Anstrengung werten, die dem Beschwerdegegner eine Einschränkung brachte.
Der Beschwerdeführerin kann darin beigepflichtet werden, dass die Gläubiger später ohnehin auf den Erbteil des Beschwerdegegners hätten greifen können (dessen Höhe heute allerdings noch nicht feststeht, so dass unsicher ist, ob sie später durch den Erbteil volle Deckung hätten erhalten können). Das steht der Anwendung von
Art. 64 StGB
indessen nicht entgegen, denn das Wesen der
BGE 107 IV 98 S. 102
tätigen Reue besteht ja gerade darin, dass der Täter freiwillig und noch vor der Urteilsfällung eine ihn persönlich einschränkende Leistung erbringt, statt sich erst später zu dieser Leistung auf dem Rechtswege zwingen zu lassen.
Wohl wird der Beschwerdegegner durch den nur teilweisen Verzicht auf seinen künftigen Erbanteil persönlich weniger stark eingeschränkt, als wenn er z.B. zur Schadensdeckung eine Darlehen aufgenommen und sich zu dessen Rückzahlung in monatlichen Raten verpflichtet hätte. Das ist indessen unerheblich, denn in beiden Fällen nimmt er eine gewisse Einschränkung auf sich. Es muss ihm das Recht zugestanden werden, von zwei möglichen Arten der Schadensdeckung jene zu wählen, die ihn weniger belastet. Es wäre unsinnig, von ihm zu verlangen, er hätte das erbetene und schliesslich erfolgte Anerbieten seiner Eltern ausschlagen und zur Schadensdeckung ein Darlehen aufnehmen müssen (das er nach der Urteilsfällung ja auch mit Hilfe der Eltern und unter Verzicht auf einen entsprechend hohen Erbanteil hätte zurückzahlen können).
b) In subjektiver Hinsicht setzt die Zubilligung des genannten Strafmilderungsgrundes voraus, dass der Täter nicht nur unter dem Eindruck eines bevorstehenden oder hängigen Strafverfahrens und aus taktischen Gründen, sondern aus aufrichtiger Reue und in der Absicht handelt, geschehenes Unrecht wieder gutzumachen. Mit welchem Beweggrund und in welcher Absicht ein Täter handelte und der Schluss von seiner Handlungsweise auf seinen Charakter sind Tatfragen (
BGE 104 IV 245
E. 3 lit. b,
BGE 101 IV 15
,
BGE 100 IV 182
E. 3,
BGE 99 IV 86
E. c und 8 E. 3), an deren Beantwortung durch die Vorinstanz das Bundesgericht gebunden ist.
Die Vorinstanz hielt ausdrücklich fest, der Beschwerdegegner habe zwar während, aber nicht unter dem Druck des vorliegenden Verfahrens und nicht aus taktischen Gründen gehandelt; seine mit den Eltern geführten intensiven Gespräche hätten eine Willensanstrengung und einen innern Einsatz des Beschwerdegegners bekundet, "dem es aufgrund echter Einsicht daran gelegen war, die Wiedergutmachung zu regeln"; dass dem so sei, ergebe sich auch daraus, dass er sich im vorzeitigen Strafvollzug anstrenge und sich bemühe, von seinem früheren Leben Distanz zu gewinnen. Diese Feststellungen tatsächlicher Art hat das Bundesgericht seinem Entscheid zugrunde zu legen (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
).
Die Beschwerdeführerin wendet ein, von echter Einsicht und von einem Bestreben, vom früheren Leben Distanz zu gewinnen, könne keine Rede sein, nachdem der Beschwerdegegner am 12. Juli
BGE 107 IV 98 S. 103
1981 aus einem Urlaub nicht zurückgekehrt und seither flüchtig sei. Dieses von der Beschwerdeführerin geschilderte Verhalten spricht tatsächlich gegen die vorinstanzliche Annahme, doch handelt es sich dabei um eine erst nach der Urteilsfällung zutage getretene neue Tatsache, die in diesem Verfahren weder vorgebracht noch berücksichtigt werden darf (Art. 273 Abs. 1 lit. b und 277bis Abs. 1 BStP). Das Bundesgericht hat demnach davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner die Schadensdeckung weder aus taktischen Gründen noch unter dem Druck des Strafverfahrens vornahm, sondern aus echter Einsicht, im Bestreben um die Wiedergutmachung des Schadens und im Bemühen, von seinem früheren Leben Distanz zu gewinnen. Unter diesen Umständen kann der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht zur Last gelegt werden, wenn sie (zumindest im Zweifel) dem Beschwerdegegner den Strafmilderungsgrund der Betätigung aufrichtiger Reue zugute hielt. Es kann auch nicht gesagt werden, ihr Entscheid privilegiere in ungerechtfertigter Weise einen Beschuldigten, dessen Eltern vermöglich seien. Wären seine Eltern nicht vermöglich, hätte der Beschwerdegegner die Möglichkeit gehabt, in anderer Weise sich um die ganze oder teilweise Schadensdeckung zu bemühen und aufrichtige Reue zu betätigen, worauf ihm der Strafmilderungsgrund des
Art. 64 StGB
ebenfalls hätte zugutegehalten werden können. Die Beschwerde erwiest sich demnach, so sehr man für den Antrag der Beschwerdeführerin Verständnis aufbringen mag, angesichts der verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als unbegründet.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. | null | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
4749c810-759b-4fc4-b47f-bd3262495685 | Urteilskopf
80 IV 201
41. Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1954 i. S. Schüpbach gegen K. und Mitbeschuldigte. | Regeste
Art. 270 Abs. 3 BStP
.
Die Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Einstellungsbeschluss steht dem Privatstrafkläger auch dann nicht zu, wenn der öffentliche Ankläger im kantonalen Verfahren in anderer Stellung denn als Partei das öffentliche Interesse vertreten hat. | Erwägungen
ab Seite 202
BGE 80 IV 201 S. 202
Erwägungen:
Das auf Begehren des Privatklägers Schüpbach gegen K. und Mitbeschuldigte wegen Betruges, Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsführung, Pfändungsbetruges und Amtsmissbrauchs eröffnete Strafverfahren ist durch Beschluss des ausserordentlichen Untersuchungsrichters des Kantons Bern und des Bezirksprokurators des Seelandes aufgehoben worden, und die Anklagekammer des Kantons Bern hat nach Anhörung des Generalprokurators den gegen diesen Beschluss eingelegten Rekurs des Schüpbach abgewiesen. Da die den Beschuldigten vorgeworfenen Vergehen alle von Amtes wegen zu verfolgen sind, stände Schüpbach die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer nur zu, wenn er nach den Vorschriften des kantonalen Rechts die Anklage allein, ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers, vertreten hätte (
Art. 270 Abs. 3 BStP
). Das trifft nicht zu. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern als öffentlicher Ankläger ist am kantonalen Verfahren beteiligt gewesen. In erster Instanz hat sie daran durch den Bezirksprokurator bei der Fassung des Aufhebungsbeschlusses teilgenommen, was nach der Rechtsprechung des Kassationshofes genügt, um den Privatkläger von der Nichtigkeitsbeschwerde auszuschliessen, da das Privatinteresse des Geschädigten die Fortsetzung eines Strafverfahrens nicht mit dem eidgenössischen Rechtsmittel soll erzwingen können, wenn der beteiligte öffentliche Ankläger dafür hält, die Interessen der Allgemeinheit verlangten sie nicht (
BGE 71 IV 111
). Dazu kommt, dass auch in oberer Instanz die Staatsanwaltschaft beteiligt gewesen ist, und zwar durch den Generalprokurator (Art. 194 bern. StrV). Unerheblich ist, ob er dort "Partei" oder, wie eine Lehrmeinung
BGE 80 IV 201 S. 203
annimmt (vgl. WAIBLINGER, Das Strafverfahren für den Kanton Bern Art. 193 N. 1 Abs. 2, Art. 194 N. 2, ZBJV 80 213), "Hilfsperson" der Anklagekammer gewesen sei; denn im einen wie im anderen Falle ist er berufen gewesen, vor der Anklagekammer das öffentliche Interesse geltend zu machen, hat also der Privatkläger nicht im Sinne des
Art. 270 Abs. 3 BStP
allein die Anklage vertreten.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. | null | nan | de | 1,954 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
475327c6-e428-426d-aa53-110a2d6eb320 | Urteilskopf
111 II 206
43. Verfügung des Präsidenten der I. Zivilabteilung vom 5. September 1985 i.S. X. gegen Y. und Z. (Berufung) | Regeste
Art. 150 Abs. 2 OG
.
Erweisliche Zahlungsunfähigkeit im Sinne dieser Bestimmung ergibt sich in der Regel aus feststellbaren Betreibungshandlungen, ist aber nicht leichthin anzunehmen; insbesondere taugen Betreibungen, selbst häufige, nicht zum Beweis, wenn sie wegen Rechtsvorschlages des Schuldners weder zu einer Pfändung noch zu einer Konkursandrohung geführt haben. | Erwägungen
ab Seite 206
BGE 111 II 206 S. 206
Erwägungen:
1.
Erweislich zahlungsunfähig ist nach Lehre und Rechtsprechung, wer weder über die Mittel verfügt, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, noch über den erforderlichen Kredit, sich diese Mittel nötigenfalls zu beschaffen (Urteil des Kassationsgerichts Zürich in SJZ 77/1981 S. 198 ff. und dort zitierte Literatur). Die kantonalen Prozessgesetze, die neben oder anstelle des allgemeinen Kautionsgrundes der Zahlungsunfähigkeit enumerativ Einzelgründe aufführen, verlangen durchwegs das Vorliegen von Verlustscheinen, die Konkurseröffnung oder die Einreichung eines Gesuches um Nachlassstundung (
§ 73 Ziff. 3 ZPO
/ZH und STRÄULI/MESSMER, N. 18 dazu;
Art. 70 Ziff. 2 ZPO
/BE und LEUCH, N. 5 f. dazu;
Art. 149 Ziff. 1-3 ZPO
/SG). Das Bundesgericht hatte bisher einzig Gelegenheit, die Einreichung eines Gesuches um Nachlassstundung
BGE 111 II 206 S. 207
als Beweis für die Zahlungsunfähigkeit anzuerkennen (
BGE 79 II 304
E. 3). Dass eine Zahlungsunfähigkeit nicht leichthin angenommen werden darf, folgt einerseits aus dem Wortlaut von
Art. 150 Abs. 2 OG
, der sich nicht mit blosser Glaubhaftmachung begnügt, sondern erweisliche Zahlungsunfähigkeit verlangt, andererseits aus dem Grundsatz, dass einer Partei der Zugang zu den Gerichten nicht unnötig erschwert werden soll (GULDENER, Zivilprozessrecht 3. Aufl., S. 52 f.; ISLER, Die Kautionspflicht im Schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1967, S. 7 f.). Auch dort, wo der Gesetzgeber wie in
Art. 150 Abs. 2 OG
nur den allgemeinen Kautionsgrund der Zahlungsunfähigkeit vorsieht, kommt der Richter in der Regel nicht darum herum, auf die feststellbaren Rechtsakte des Betreibungsrechts abzustellen (ISLER, a.a.O. S. 27).
2.
Die Gesuchsteller berufen sich darauf, der Berufungsbeklagte sei in den letzten Jahren häufig betrieben worden. Der eingereichte Auszug aus dem Register des Betreibungsamtes Wil weist für das Jahr 1982 fünfzehn, für das Jahr 1983 zwei, für das Jahr 1984 drei und für das Jahr 1985 (bis Ende August) fünf Betreibungen aus. Es erscheint fraglich, ob bei diesen Zahlen, besonders was die Jahre 1983 bis 1985 betrifft, bereits von aussergewöhnlich häufigen Betreibungen gesprochen werden kann, wobei insbesondere bei den fünf Betreibungen aus dem Jahr 1985 auffällt, dass vier davon von der gleichen Gläubigerin für einen nahezu gleichen Betrag in regelmässigen Abständen angehoben worden sind. Die Frage braucht indessen nicht beantwortet zu werden. Entscheidend ist, dass der Berufungsbeklagte in sämtlichen Betreibungen Rechtsvorschlag erhoben hat und dass keine von ihnen zu einer Pfändung oder Konkursandrohung geführt hat. Unter solchen Umständen vermögen zwar häufige Betreibungen allenfalls einen gewissen Verdacht, keinesfalls aber den von
Art. 150 Abs. 2 OG
geforderten klaren Beweis der Zahlungsunfähigkeit zu erbringen. Im vorliegenden Fall rechtfertigt sich, jedenfalls für die Zeit nach 1982, indessen nicht einmal ein Verdacht.
3.
Auch die weitern im Gesuch aufgeführten Argumente sind nicht geeignet, den verlangten Nachweis zu erbringen:
a) Bei der heute bloss summarisch vorzunehmenden Prüfung kann nicht gesagt werden, die Berufung sei offensichtlich aussichtslos. Wäre das übrigens der Fall, bestünde für die Berufungsbeklagten kein Anlass, eine Berufungsantwort einzureichen, und die Sicherstellung von Parteikosten würde sich erübrigen. Unzutreffend
BGE 111 II 206 S. 208
ist, dass der Berufungskläger in seiner kantonalen Kassationsbeschwerde keinen einzigen zulässigen Nichtigkeitsgrund angerufen habe; das Kassationsgericht hat die Beschwerde nicht ausschliesslich durch Nichteintreten, sondern teilweise durch Abweisung erledigt.
b) In der Berufungsschrift ist nicht von der Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung im Sinne von
Art. 150 Abs. 2 OG
, sondern ausschliesslich von der Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten nach Abs. 1 der genannten Gesetzesbestimmung die Rede, die an keine besondern Voraussetzungen geknüpft ist.
c) Dass der Berufungskläger Verwaltungsrat und angeblich Hauptaktionär einer Aktiengesellschaft war, die in Konkurs gefallen ist, sagt über seine Zahlungsfähigkeit nichts aus.
d) Der Berufungskläger war im Februar 1985 in der Lage, innert zwanzig Tagen eine Prozesskostensicherheit im Betrag von Fr. 27'488.-- zu leisten. Das spricht nicht gegen, sondern für seine Zahlungsfähigkeit. Sollte es zutreffen, dass er die vom Kassationsgericht zugesprochene Parteientschädigung (die er übrigens sichergestellt hat) trotz Mahnungen nicht bezahlt habe, wäre das allenfalls ein Indiz für fehlenden Zahlungswillen, vermöchte indessen ebenfalls nichts über seine Zahlungsfähigkeit auszusagen.
e) Unter diesen Umständen braucht auf die Frage der Steuerfaktoren des Berufungsklägers nicht weiter eingegangen zu werden. Auch wenn sich die diesbezüglichen Behauptungen der Gesuchsteller (Fr. 40'000.-- Einkommen und kein Vermögen) als zutreffend erweisen würden, wäre eine Zahlungsunfähigkeit des Berufungsklägers damit nicht erwiesen.
Dispositiv
Demnach wird verfügt:
Das Gesuch um Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,985 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
4754279f-671d-4c26-aac2-1292d80b92c9 | Urteilskopf
107 II 411
65. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Oktober 1981 i.S. Berger gegen Zürcher Lichtkreis ZLK (Berufung) | Regeste
Art. 47 Abs. 3 OG
.
Art. 2 Abs. 2 OR
.
1. Voraussetzungen der Berufungsfähigkeit einer Hauptklage, die den Streitwert von
Art. 46 OG
nicht erreicht (E. 1).
2. Ergänzung des Vertrages durch den Richter. Die Natur des Geschäftes kann eine vorausgehende Kündigung des Vertragsverhältnisses erfordern. Bestimmung der den konkreten Verhältnissen angemessenen Kündigungsfrist (E. 7-9). | Sachverhalt
ab Seite 411
BGE 107 II 411 S. 411
A.-
Edwin Kuhn erteilte Anton Berger am 11. Juli 1963 das alleinige Auffüllrecht einer Kiesgrube, die sich auf der Meliorationsparzelle Nr. 9004 in Aeugst a.A. befand. Berger hatte ihm gemäss Vertrag pro abgeladenes Auto Fr. 3.-- zu bezahlen und war für Ordnung und Sauberkeit im Bereich der Grube verantwortlich. Eine Abrechnung hatte halbjährlich zu erfolgen.
Am 7. April 1972 verkaufte Kuhn diese Parzelle an den Zürcher Lichtkreis ZLK. In Ziffer 8 des Kaufvertrages übernahm der
BGE 107 II 411 S. 412
Käufer Rechte und Pflichten aus dem mit Berger bestehenden Vertrag. Mit Schreiben vom 21. Juni 1972 teilte der Zürcher Lichtkreis Berger die Handänderung mit und machte ihn gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Kiesgrube als aufgefüllt und demnach der Vertrag als erfüllt zu betrachten sei. Er wurde aufgefordert, die Grube ordnungsgemäss zu übergeben. Berger bestritt, dass die Kiesgrube aufgefüllt sei und erklärte, auf diese Auffüllmöglichkeit nicht zu verzichten.
B.-
Im Mai 1975 klagte der Zürcher Lichtkreis ZLK gegen Berger auf Zahlung von Fr. 6'818.40 nebst Zins. Gefordert wurde damit Ersatz der Kosten für Instandstellungsarbeiten. Der Beklagte widersetzte sich der Klage und verlangte widerklageweise für den Verlust der Auffüllmöglichkeit der Kiesgrube Schadenersatz im Betrage von Fr. 14'000.-- nebst Zins.
Das Bezirksgericht Horgen hiess die Hauptklage gut und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger Fr. 6'818.40 nebst 5% Zins seit 7. November 1974 zu bezahlen. Die Widerklage hiess es teilweise gut und sprach dem Beklagten Fr. 9'632.-- nebst 5% Zins seit 18. September 1972 zu.
Auf Appellation beider Parteien bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 13. Juni 1980 dieses Urteil in bezug auf die Hauptklage, während es die Widerklage vollumfänglich abwies.
C.-
Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Beklagte Berufung eingelegt mit dem Antrag, es aufzuheben, die Hauptklage abzuweisen und die Widerklage für einen Betrag von Fr. 14'000.-- nebst Zins gutzuheissen, eventuell die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Der Berufungsstreitwert von Fr. 8'000.-- wird zwar von der Widerklage mit Fr. 14'000.--, nicht aber von der Hauptklage mit Fr. 6'818.40 erreicht. Für diese ist daher die Berufung nur unter der Voraussetzung gegeben, dass die mit Haupt- und Widerklage geltend gemachten Ansprüche einander ausschliessen (
Art. 47 Abs. 3 OG
). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Widerklage unabhängig vom Schicksal der Hauptklage gutgeheissen oder abgewiesen werden kann und umgekehrt (
BGE 95 II 283
,
BGE 59 II 73
; BIRCHMEIER, N. 6 zu
Art. 47 OG
). So hiess das Bezirksgericht
BGE 107 II 411 S. 413
gleichzeitig sowohl Haupt- wie Widerklage teilweise gut, während das Obergericht nur die Hauptklage zusprach und es auch möglich wäre, allein die Widerklage gutzuheissen.
Der Beklagte wendet freilich ein, die Ansprüche schlössen sich gegenseitig aus. Die Widerklage sei zu schützen, weil der Kläger den Vertrag gebrochen habe. Er schulde daher Schadenersatz, während ihm die mit der Hauptklage geltend gemachten Ansprüche gemäss
Art. 82 OR
nicht zustünden. Damit übersieht der Beklagte, dass die Einrede des nichterfüllten Vertrages nicht auf alle Verpflichtungen anwendbar ist, welche aus einem zweiseitigen Vertrag erwachsen, sondern nur auf solche, die gegenseitig derart aufeinander Bezug haben, dass die eine die Gegenleistung für die andere ist (
BGE 84 II 150
,
BGE 67 II 126
; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, S. 63). Im streitigen Vertrag besteht ein solches Austauschverhältnis einerseits zwischen der Verpflichtung des Eigentümers, das Auffüllen der Kiesgrube zu dulden, und anderseits der Pflicht des Berechtigten, pro Wagenladung ein Entgelt zu bezahlen. Die Verpflichtung, für Ordnung und Sauberkeit im Bereich der Grube zu sorgen, stellt für diesen dagegen eine Nebenpflicht dar, die sich nicht in einem Austauschverhältnis zur Pflicht des Eigentümers befindet, neue Ablagerungen zu dulden.
Sofern der Beklagte gegenüber dem Kläger gleichzeitig Gläubiger und Schuldner einer fälligen Geldforderung ist, könnte er Verrechnung geltend machen. Er behauptet jedoch nicht, dies getan zu haben.
Auf die Berufung kann somit nur in bezug auf die Widerklage eingetreten werden.
3.
Für die Ermittlung der Rechte und Pflichten der Parteien massgebend ist der zwischen dem Beklagten und dem damaligen Grundeigentümer Kuhn am 11. Juli 1963 geschlossene Vertrag. Das Obergericht qualifiziert ihn unwidersprochen als Vertrag spezieller Eigenart. Es stellt fest, bei dessen Abschluss sei weder schriftlich noch mündlich eine Einigung über die Auffüllmenge und den Endzustand des Grundstücks erfolgt, sondern die Regelung dieser Fragen bewusst einer späteren Vereinbarung vorbehalten worden. Eine solche zusätzliche Vereinbarung sei indessen nicht zustande gekommen. Als Rechtsnachfolger Kuhns könne sich der Kläger daher auf sein Eigentumsrecht stützen und ohne Verletzung eines Rechts des Beklagten die Auffüllung und damit dessen Auffüllrechte beenden.
BGE 107 II 411 S. 414
7.
Im Schluss des Obergerichts, der Kläger sei als Grundeigentümer berechtigt gewesen, das Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung zu beenden, sieht der Beklagte eine Verletzung von
Art. 2 Abs. 2 OR
.
Gemäss dieser Bestimmung hat der Richter die vorbehaltenen Nebenpunkte, über die eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist, nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden. Wie wenn es darum geht, eine Vertragslücke auszufüllen, hat sich der Richter dabei vom Wesen und Zweck des Vertrages leiten zu lassen und den gesamten Umständen des Falles Rechnung zu tragen. Die Ergänzung eines Vertrages kann als Rechtsfrage vom Bundesgericht frei überprüft werden (
BGE 107 II 149
mit Hinweisen).
Aus den Feststellungen des angefochtenen Entscheides ergibt sich, dass der Vertrag das Auffüllen der Kiesgrube bezweckte. Weil es bei Vertragsschluss unsicher war, wie das Grundstück am Ende auszusehen hatte, behielten sich die Parteien diesbezüglich eine spätere Vereinbarung vor, die jedoch nicht zustande kam. Es lag im Interesse beider Vertragsparteien, sich verhältnismässig langfristig zu binden. Nach Treu und Glauben durfte der Beklagte damit rechnen, zumindest soviel Material in der Kiesgrube ablagern zu können, bis das Grundstück einigermassen ebenerdig war. Bis dahin hatte der Eigentümer offensichtlich auch kein Interesse, sich der Auffüllung der Grube zu widersetzen. Von den weiteren Ablagerungen hing dann allerdings die künftige Bodengestaltung ab, die für den Grundeigentümer im Hinblick auf die spätere Verwendungsmöglichkeit von entscheidender Bedeutung war. Von diesem Zeitpunkt an ist sein Interesse, auf die Geländeform Einfluss nehmen zu können, höher einzustufen, als jenes des Beklagten, mit der Ablagerung von Material fortfahren zu dürfen. Es ist dem Grundeigentümer deshalb in Ergänzung des Vertrages von jenem Moment an grundsätzlich das Recht einzuräumen, sich der weiteren Ablagerung von Material zu widersetzen.
Die Vorinstanz geht freilich zu weit und missachtet die Interessen des Beklagten, wenn sie dem Kläger kraft seiner Eigentümerstellung die Befugnis zuerkennt, den Vertrag durch einseitige Erklärung von einem Tag auf den andern zu beenden. Die Natur des Vertrages erfordert vielmehr eine vorausgehende Kündigung des Vertragsverhältnisses. Dies um so mehr, als die Parteien übereingekommen sind, den Zeitpunkt des Vertragsendes später zu regeln. Wenn auch dem Eigentümer ein überwiegendes Interesse zuzugestehen ist, über das Schicksal seines Grundstücks zu befinden, so
BGE 107 II 411 S. 415
hat er doch die Beendigung des Vertragsverhältnisses der Gegenpartei rechtzeitig bekanntzugeben, damit auch diese ihre Dispositionen treffen kann. Es darf auch angenommen werden, dass umsichtige Vertragspartner in einer vergleichbaren Lage eine Kündigungsfrist in ihren Vertrag aufgenommen hätten, die ihnen erlauben würde, sich auf das Ende des Vertrages beizeiten einzustellen. Vorliegend aber ist es Aufgabe des Richters, in Anwendung von
Art. 2 Abs. 2 OR
zu bestimmen, welche Kündigungsfrist den konkreten Verhältnissen angemessen ist. Um allfälligen Missbräuchen vorzubeugen, drängt es sich zudem auf, die Menge festzusetzen, die während der Kündigungsfrist höchstens noch abgelagert werden darf. Ausgehend davon kann der Schaden berechnet werden, der dem Beklagten dadurch entstanden ist, dass es ihm nicht möglich war, von seinen vertraglichen Befugnissen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Gebrauch zu machen.
Im obergerichtlichen Urteil sind indes nicht genügend Anhaltspunkte vorhanden, die es dem Bundesgericht erlaubten, in der Sache selbst zu entscheiden. In bezug auf den mit der Widerklage geforderten Schadenersatz lässt sich daher die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz nicht umgehen. Diese wird vorerst zu prüfen haben, ob die Kiesgrube im Zeitpunkt der Vertragsauflösung durch den Kläger soweit aufgefüllt war, dass diesem als Grundeigentümer ein Kündigungsrecht überhaupt zustand. Alsdann wird über die Dauer der Kündigungsfrist zu befinden sein. Eine analoge Anwendung der sechsmonatigen Kündigungsfrist von
Art. 290 Abs. 1 OR
kann dabei angesichts des überwiegenden Interesses des Grundeigentümers an einer wirksamen Einflussnahme auf die Geländeform nicht in Frage kommen. Nach Ansicht des Bundesgerichts dürfte eine Frist von etwa drei Monaten angemessen sein, doch wird es dem Obergericht überlassen, diese aufgrund dessen, was bei ähnlichen Verhältnissen üblich ist, genau festzulegen. Die während der Kündigungsfrist höchstzulässige Ablagerungsmenge könnte anhand der während der gesamten Vertragsdauer durchschnittlich erfolgten Ablagerungen berechnet werden.
8.
Der Beklagte behauptet, das von der Vorinstanz dem Grundeigentümer zugebilligte Kündigungsrecht sei vom Kläger zu einem Zweck missbraucht worden, der mit der Willensmeinung der ursprünglichen Vertragspartner im Widerspruch stehe. Die Kündigung hätte daher vom Obergericht als wegen Rechtsmissbrauchs im Sinne von
Art. 2 Abs. 2 ZGB
ungültig erklärt werden müssen.
Dieser Einwand ist unbegründet. Sofern dem Kläger das Recht
BGE 107 II 411 S. 416
zustand, den Vertrag mit dem Beklagten zu kündigen, so war belanglos, wie er das Grundstück in der Folge gestalten wollte. Die Kündigung eines Vertrages ist gerade dazu bestimmt, die Vertragsparteien von den eingegangenen Verpflichtungen zu befreien. Dies schliesst vorliegend das Recht des Grundeigentümers ein, nach Ablauf der Kündigungsfrist wieder völlig frei über sein Grundstück zu verfügen.
9.
Schliesslich hält sich der Beklagte mit der Eventualerwägung des Obergerichts auf, gemäss der auch die Annahme eines pachtvertragsähnlichen Verhältnisses am Ergebnis nichts zu ändern vermöchte. Er wendet ein, die Vorinstanz widerspreche sich selbst, wenn sie einerseits die gesetzliche Regel von
Art. 290 OR
als durch Parteivereinbarung aufgehoben erkläre, anderseits aber annehme, eine Vereinbarung betreffend den für die Beendigung des Vertrages massgebenden Zustand sei nicht erfolgt. Mangels gültiger und klarer Parteivereinbarung müsse es bei der gesetzlichen Regelung und damit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten bleiben.
Der Beklagte übersieht, dass die fehlende Einigung über den vorbehaltenen Nebenpunkt keineswegs zur Folge hat, dass die Bestimmung von
Art. 290 OR
zur Anwendung gelangt. Bei der Ergänzung eines Vertrages nach
Art. 2 Abs. 2 OR
geht vielmehr die Natur des Geschäftes dem dispositiven Gesetzesrecht vor (JÄGGI/GAUCH, N. 517 zu
Art. 18 OR
; MERZ, N. 138 zu
Art. 2 ZGB
; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, S. 190). Das Obergericht hat deshalb kein Bundesrecht verletzt, wenn es in seiner Eventualerwägung von der Regel gemäss
Art. 290 OR
abgewichen ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Hinsichtlich der Hauptklage wird auf die Berufung nicht eingetreten.
Bezüglich der Widerklage wird die Berufung gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Juni 1980 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. | public_law | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
47579e4a-f671-4705-9cff-3fe926e62dfb | Urteilskopf
88 II 400
56. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. November 1962 i.S. D. gegen Bezirksrat Zürich. | Regeste
Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels (
Art. 370 ZGB
).
Begriff desselben.
Einordnung des Falles, dass das Verhalten der zu entmündigenden Person einen dauernden Hang zur Kriminalität zeigt.
Gefährdung der Sicherheit Anderer durch Vermögensdelikte.
Ist von der Entmündigung abzusehen, weil sie wegen ablehnender Einstellung des zu Entmündigenden keinen Erfolg verspricht oder weil eine mildere Massnahme ausreicht? Sind bei einer zu einer längern Freiheitsstrafe verurteilten Person die Voraussetzungen für die Entmündigung nach
Art. 370 ZGB
gegeben, so ist diese Bestimmung und nicht
Art. 371 ZGB
anzuwenden. | Sachverhalt
ab Seite 400
BGE 88 II 400 S. 400
D. wurde am 21. November 1957 vom Obergericht des Kantons Zürich wegen Gehilfenschaft zu einem Abtreibungsversuch,
BGE 88 II 400 S. 401
wiederholten Betrugs, wiederholter Urkundenfälschung, Betrugsversuchs und Veruntreuung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Der bedingte Strafvollzug wurde ihm verweigert, weil er seine deliktische Tätigkeit während der Strafuntersuchung fortgesetzt hatte. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich betrachtete auf Grund der ihr übermittelten Strafakten die Voraussetzungen einer Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels an sich als gegeben, begnügte sich aber mit einer Verwarnung, da D. bei seiner Einvernahme vom 21. August 1958 Einsicht zeigte und Besserung versprach.
Am 25. August 1958 aus der Strafhaft entlassen, versah D. am 14. November 1959 ein seiner Arbeitgeberin entwendetes Postcheckformular, in das er den Betrag von Fr. 14'214.-- einsetzte, mit der nachgeahmten Unterschrift seines Chefs und löste den Check ein. Den ihm ausbezahlten Betrag verwendete er für sich. Wegen dieser Tat verurteilte ihn das Schwurgericht des Kantons Zürich am 6. Mai 1961 zu zwei Jahren Gefängnis. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich verhörte ihn darauf am 8. und 28. August 1961. Am 8. September 1961 beantragte sie dem Bezirksrat die Entmündigung gemäss
Art. 371 ZGB
(wegen Freiheitsstrafe) in der Meinung, die Voraussetzungen für die Anwendung von
Art. 370 ZGB
seien zwar erfüllt, doch sei es, da D. zur Zeit ganz uneinsichtig sei, aus psychologischen Gründen ratsam, erst im Herbst 1962 in Kenntnis der Wirkungen des Strafvollzugs zu prüfen, ob weitere vormundschaftliche Massnahmen zu treffen seien. Der Bezirksrat Zürich sprach jedoch am 15. September 1961 die Entmündigung gemäss
Art. 370 ZGB
wegen lasterhaften Lebenswandels aus.
D. verlangte am 6. Oktober 1961 gerichtliche Entscheidung über seine Entmündigung. Die hierauf vom Bezirksrat eingereichte Klage auf Entmündigung gemäss
Art. 370 ZGB
wurde vom Bezirksgericht Zürich am 8. März 1962 abgewiesen, weil diese - objektiv zwar gerechtfertigte - Massnahme namentlich wegen der ablehnenden Einstellung
BGE 88 II 400 S. 402
D.s den erhofften Erfolg nicht erzielen, sondern nachteilig wirken würde.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das der Bezirksrat appellierte, hat dagegen mit Urteil vom 22. Juni 1962 den Entmündigungsbeschluss des Bezirksrats bestätigt.
Das Bundesgericht weist die Berufung D.s ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
In der Sache selbst bestreitet der Berufungskläger mit Recht nicht, dass seine Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels im Sinne von
Art. 370 ZGB
als gerechtfertigt erscheint, wenn auf die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abgestellt wird, wie dies nach
Art. 63 Abs. 2 OG
zu geschehen hat.
a) Als lasterhaft hat nach Rechtsprechung und Lehre zu
Art. 370 ZGB
nicht nur ein unmoralisches Verhalten in geschlechtlicher Beziehung, sondern jedes Verhalten zu gelten, das in erheblichem Masse gegen die Rechtsordnung oder die guten Sitten verstösst. Für die Annahme, dass der Lebenswandel lasterhaft sei, genügt eine einzelne Verfehlung nicht, sondern es muss sich um ein fortgesetztes, gewohnheitsmässiges Verhalten der erwähnten Art handeln, von dem anzunehmen ist, dass es auch in Zukunft andauern würde, wenn keine vormundschaftlichen Massnahmen ergriffen würden (
BGE 69 II 18
,
BGE 83 II 275
; EGGER, 2. Aufl., N. 45 und 46, und KAUFMANN, 2. Aufl., N. 23 und 24 zu
Art. 370 ZGB
; KEEL, Die Bevormundungsfälle, in "Das Vormundschaftsrecht", Veröffentlichungen der schweiz. Verwaltungskurse an der Handelshochschule St. Gallen, Band 1, S. 36; SUTER, Verschwendung, Misswirtschaft, Trunksucht und lasterhafter Lebenswandel als Entmündigungsgründe, S. 60 f.). Mit einem solchen Falle hat man es hier zu tun. In den Jahren 1955 bis 1957 hat der Berufungskläger immer wieder gegen das Strafgesetz verstossen. Während der Strafuntersuchung, die wegen seiner ersten Vergehen gegen ihn eröffnet wurde, hat er sich nicht gebessert, sondern zahlreiche weitere Straftaten
BGE 88 II 400 S. 403
begangen. Die erste Verurteilung hielt ihn nicht davon ab, rückfällig zu werden, und selbst die zweite Bestrafung hat bei ihm offenbar keine Sinnesänderung bewirkt; hatte er doch die Stirn, noch am 28. August 1961, bei der zweiten Vernehmung durch die Vormundschaftsbehörde im vorliegenden Verfahren, jede Schuld zu bestreiten und zu erklären, das Urteil des Schwurgerichts sei für ihn unverständlich. Sein Verhalten während der letzten Jahre zeigt also einen dauernden Hang zur Kriminalität. Die Vorinstanz hat ihm daher zu Recht einen lasterhaften Lebenswandel im Sinne von
Art. 370 ZGB
vorgeworfen.
b) Ein Verhalten, das unter
Art. 370 ZGB
fällt, kann nach dieser Bestimmung die Entmündigung nur rechtfertigen, wenn die betreffende Person sich oder ihre Familie dadurch der Gefahr eines Notstandes oder der Verarmung aussetzt, zu ihrem Schutze dauernd des Beistandes und der Fürsorge bedarf oder die Sicherheit Anderer gefährdet. Von diesen drei Voraussetzungen (die nicht zugleich erfüllt sein müssen) ist hier auf jeden Fall die zuletzt genannte gegeben. Durch seine Vergehen gefährdet der Berufungskläger das Vermögen Dritter und damit die Sicherheit Anderer (EGGER N. 51 z.
Art. 370 ZGB
). Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob die aus den Delikten entstehende Pflicht, den Geschädigten Schadenersatz zu leisten und die Kosten der Strafverfahren zu bezahlen, den Berufungskläger der Gefahr eines Notstandes oder der Verarmung aussetze, wie die Vorinstanz dies ausserdem angenommen hat.
c) Die Entmündigung nach
Art. 370 ZGB
ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch dem Entmündigungsgrund oder wenigstens seinen Folgen entgegengetreten werden kann und andere, weniger einschneidende Massnahmen nicht genügen (
BGE 46 II 211
E. 4,
BGE 69 II 19
E. 3). Das Obergericht hat dies nicht verkannt. Es durfte sehr wohl annehmen, dass ein Vormund beim Berufungskläger trotz der ablehnenden Einstellung, die er zur Zeit noch an den Tag legt, durch geeignete Betreuung und Beeinflussung (Ermutigung
BGE 88 II 400 S. 404
zur Arbeit, Kontrolle der Verwendung der Freiheit usw.) eine Wendung zum Bessern anbahnen könne. Zur Erfüllung dieser Aufgabe erscheint die mit dem Amt eines Vormundes verbundene Autorität als unerlässlich; ein blosser Berater wäre von vornherein nicht in der Lage, den Berufungskläger vor einem neuen Rückfall zu bewahren (vgl. hiezur MAGET, Le choix de la mesure tutélaire adéquate dans les cas des
art. 369 à 372
CC, S. 161). Die Betrachtungsweise der Vormundschaftsbehörde und des Bezirksgerichts, welche die Entmündigung nach
Art. 370 ZGB
im Ergebnis von der Zustimmung des zu Entmündigenden abhängig macht, ist mit dem Wortlaut und dem Sinne des Gesetzes unvereinbar. Wenn der Berufungskläger nach seiner Entlassung aus der Strafanstalt Schwierigkeiten haben wird, sich wieder in das Erwerbsleben und die menschliche Gesellschaft einzugliedern, so wird dies nicht auf die Entmündigung, sondern vor allem auf seine Vorstrafen zurückzuführen sein.
d) Der Umstand, dass für den zu zwei Jahren Gefängnis verurteilten Berufungskläger der Entmündigungsgrund von
Art. 371 ZGB
zutrifft, steht der Anwendung von
Art. 370 ZGB
nicht entgegen. Sind bei einer zu einer längern Freiheitsstrafe verurteilten Person die Voraussetzungen für eine Entmündigung nach
Art. 370 ZGB
gegeben, so ist sie nach dieser Bestimmung und nicht nach
Art. 371 ZGB
zu entmündigen; denn eine solche Person bedarf eines Vormundes vor allem auch nach der endgültigen Entlassung aus der Strafhaft, in welchem Zeitpunkt eine auf Grund von
Art. 371 ZGB
angeordnete Vormundschaft gemäss
Art. 432 ZGB
ohne weiteres aufhört, so dass bei Konkurrenz von Art. 370 und 371 diese letztere Bestimmung zurückzutreten hat (vgl. MAGET a.a.O. S. 169; SPECKER, Der Strafverhaft als Entmündigungsgrund, ZSR 1946 S. 307; SPITZER'Zur Anwendung von
Art. 371 ZGB
, SJZ 1946 S. 10 oben; vgl. KAUFMANN N. 27 zu
Art. 370 ZGB
). | public_law | nan | de | 1,962 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
475a1b7b-9b4b-44b0-b139-5b74bf42f92d | Urteilskopf
121 V 258
41. Auszug aus dem Urteil vom 21. Dezember 1995 i.S. H. gegen Ausgleichskasse des Kantons Aargau und Versicherungsgericht des Kantons Aargau | Regeste
Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG
,
Art. 2 Abs. 1 und 2 HVI
, Ziff. 10.05 HVI Anhang sowie Ziff. 10.05* HVI Anhang (in der bis 31. Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung), Rz. 10.05.1 der Wegleitung des BSV über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die IV (WHMI).
Zu den Voraussetzungen, unter denen die IV die Kosten für invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen zu erstatten hat.
Beurteilung der Verwaltungspraxis. | Sachverhalt
ab Seite 259
BGE 121 V 258 S. 259
A.-
Die 1987 geborene H. ist seit Geburt körperlich und geistig schwerstbehindert und bezieht deswegen von der Invalidenversicherung die verschiedensten Leistungen, unter anderem Sonderschulbeiträge, Pflegebeiträge wegen schwerer Hilflosigkeit, einen Treppenfahrstuhl mit Sitzschale sowie einen Rollstuhl ohne motorischen Antrieb ("Rehabuggy").
Wegen Schwierigkeiten bei Einlad und Transport des ungefähr 22 kg schweren und auch zusammengeklappt noch grossen Kinderwagens tauschten die Eltern der Versicherten ihr Fahrzeug gegen einen "Renault Espace" ein. Um H., welche ziemlich schwer ist und den Kopf nicht selber halten kann, im Kinderwagen mit dem Auto transportieren zu können, liessen ihre Eltern den Renault Espace mit einer Teleskop-Rampe und einer Rollstuhlbefestigung mit Spindel ausstatten. Ein entsprechendes Gesuch um Übernahme der Kosten für diesen Motorfahrzeugumbau (Fr. 1'200.-) lehnte die Invalidenversicherung nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 24. Juni 1993 ab. Die Verwaltung verneinte insbesondere einen Anspruch auf Übernahme dieser Ausstattung unter dem Titel invaliditätsbedingte Abänderungen eines Motorfahrzeuges, da H. nicht Halterin des Fahrzeuges sei.
B.-
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 29. März 1994 ab.
C.-
Der Vater von H. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es seien seiner Tochter die Kosten für die Motorfahrzeugabänderung zuzusprechen; zudem sei eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.
Während die Ausgleichskasse eine auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde lautende Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission einreicht, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) einer Stellungnahme.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin zu Lasten der Invalidenversicherung Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Ausstattung
BGE 121 V 258 S. 260
des Renault Espace ihrer Eltern mit einer Teleskop-Rampe und einer Rollstuhlbefestigung mit Spindel hat. Diese Frage beurteilt sich intertemporal nach den bei Verwirklichung des anspruchserheblichen Sachverhaltes gültigen Rechtsnormen (
BGE 118 V 110
Erw. 3 mit Hinweis).
2.
a) Gemäss
Art. 21 IVG
hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf (Abs. 1). Der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat ebenfalls im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel (Abs. 2).
b) Laut Art. 2 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI), erlassen durch das Eidg. Departement des Innern (EDI) gestützt auf
Art. 21 Abs. 4 IVG
und
Art. 14 IVV
, besteht im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1); Anspruch auf die in dieser Liste mit * bezeichneten Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen Hilfsmitteln ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2).
Die im HVI Anhang enthaltene Liste ist insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt. Dagegen ist bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel (innerhalb der Kategorie) ebenfalls abschliessend oder bloss exemplifikatorisch ist (
BGE 117 V 181
Erw. 3b mit Hinweis,
BGE 115 V 193
Erw. 2b mit Hinweisen).
c) Der Versicherte hat in der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (
BGE 110 V 102
Erw. 2). Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist; ferner muss der voraussichtliche Erfolg einer Eingliederungsmassnahme in einem vernünftigen Verhältnis zu ihren Kosten stehen (
BGE 115 V 198
Erw. 4e/cc, 206 oben; ZAK 1992 S. 210 Erw. 3a).
BGE 121 V 258 S. 261
3.
a) Ziff. 10 HVI Anhang regelt die Abgabe von Motorfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen und lautet in der vorliegend anwendbaren, seit 1. Januar 1993 gültigen Fassung wie folgt:
10 Motorfahrzeuge und Invalidenfahrzeuge für Versicherte, die voraussichtlich dauernd eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausüben und zur Überwindung des Arbeitsweges auf ein persönliches Motorfahrzeug angewiesen sind.
10.01* Motorfahrräder, zwei- bis vierrädrig
10.02* Kleinmotorräder und Motorräder
10.03* ...
10.04* Automobile
10.05 Invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen
Im Unterschied zu der bis 31. Dezember 1992 gültig gewesenen Regelung verzichtet Ziff. 10 Ingress HVI Anhang auf das Erfordernis, dass der Versicherte das Motorfahrzeug selbständig gefahrlos bedienen kann, und es fehlt bei Ziff. 10.05 HVI Anhang das *, wodurch die gesetzliche Zielrichtung dieser Hilfsmittelkategorie auf die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt und die Selbstsorge gemäss
Art. 21 Abs. 2 IVG
und
Art. 2 Abs. 1 HVI
(Erw. 2a, b hievor) erweitert wird.
b) aa) Nach Auffassung des kantonalen Gerichts ist das Erfordernis der selbständigen gefahrlosen Bedienung des Motorfahrzeuges im Zuge der Verordnungsänderung vom 9. Oktober 1992 lediglich für jene Fälle preisgegeben worden, da das Automobil, dessen invaliditätsbedingte Abänderung verlangt werde, zur Erzielung eines existenzsichernden Erwerbseinkommens notwendig sei. Zur Begründung verweist die Vorinstanz auf das in ZAK 1988 S. 180 veröffentlichte Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts, woraus hervorgehe, dass die Hilfsmittelabgabe im Rahmen von
Art. 21 Abs. 2 IVG
die selbständige Fortbewegung des Versicherten anstrebe und ermöglichen solle. Dementsprechend setze gemäss Rz. 10.05.1 der Wegleitung des BSV über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (WHMI) der Anspruch auf Vergütung der Kosten invaliditätsbedingter Abänderungen von Motorfahrzeugen alternativ voraus, dass die Versicherten das Fahrzeug selber lenken können oder Anspruch auf Leistungen gemäss Ziff. 10.01*-10.04* HVI Anhang haben.
bb) Der Auslegung von Ziff. 10.05 HVI Anhang durch das kantonale Gericht kann im Hinblick auf Wortlaut und Systematik des Anhangs zur HVI nicht beigepflichtet werden. Fehl geht zunächst die Berufung der Vorinstanz auf
BGE 121 V 258 S. 262
ZAK 1988 S. 180 (und den in diesem Zusammenhang ebenfalls zitierten ZAK 1983 S. 447). Denn in jenem Entscheid ging es um die - vom Eidg. Versicherungsgericht in der Folge bejahte - Frage, ob die Regelung der Abgabe von Elektrofahrstühlen gemäss Ziff. 9.02 HVI Anhang (in der bis 31. Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung), soweit sie lediglich Versicherte für anspruchsberechtigt erklärte, welche dieses Hilfsmittel bedienen und sich damit selbst fortbewegen könnten, gesetzmässig war (ZAK 1988 S. 181 Erw. 2a). Diese Verordnungsbestimmung stipulierte somit selber das Erfordernis der selbständigen Fortbewegung durch einen Fahrstuhl mit elektromotorischem Antrieb. Genau diese Voraussetzung hat das zuständige Departement im Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz (
Art. 21 Abs. 4 IVG
) delegierten Kompetenzen in Ziff. 10 Ingress HVI Anhang und damit gesetzessystematisch für sämtliche Hilfsmittel nach Ziff. 10.01*-10.05 HVI Anhang gestrichen, indem es das Erfordernis der selbständigen gefahrlosen Bedienung fallengelassen hat. Hätte der Verordnungsgeber, wie die Vorinstanz annimmt, Ziffer 10.05 davon ausnehmen wollen, hätte er eine entsprechende abweichende Anordnung getroffen, und zwar um so mehr als die gleichzeitige Erweiterung der gesetzlichen Zielrichtung dieses Hilfsmittels (Erw. 3a) ganz auf der Linie der mit den Verordnungsänderungen vom 9. Oktober 1992 angestrebten Verbesserung der sozialen Integration behinderter Menschen liegt (vgl. Soziale Sicherheit 2/1993 S. 23). Ziff. 10.05 HVI Anhang kommt somit im Rahmen der auf den 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Änderungen des Hilfsmittelrechts in zweifacher Hinsicht ein neuer Rechtssinn zu: Der Anspruch auf invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen kann weder mit dem Hinweis verneint werden, der Versicherte sei nicht imstande, selber das Motorfahrzeug zu führen, noch mit dem Einwand, er verwende das Auto nicht zur Ausübung einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit (oder zu einem der andern erwerblich orientierten Eingliederungsziele nach
Art. 21 Abs. 1 IVG
), dies unter dem Vorbehalt, dass im einen oder anderen Bereich ein erheblicher Eingliederungserfolg in einfacher und zweckmässiger Weise angestrebt wird (Erw. 4 hienach). Das kantonale Gericht hat daher den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Übernahme der Kosten der invaliditätsbedingten Abänderung des Fahrzeuges ihrer Eltern zu Unrecht mit der Begründung verneint, sie könne das abgeänderte Fahrzeug nicht selber lenken. Die sonst im Hilfsmittelrecht regelmässig beachtliche Funktion, die Autonomie des Versicherten zu erhöhen
BGE 121 V 258 S. 263
(vgl. etwa ZAK 1988 S. 180), kommt im vorliegenden Regelungszusammenhang nicht zum Zuge.
c) Der streitige Hilfsmittelanspruch scheitert sodann auch nicht daran, dass die Versicherte nicht Halterin des Fahrzeuges ist, an dem die invaliditätsbedingten Abänderungen vorgenommen worden sind.
Die gegenteilige, der angefochtenen Verfügung zugrunde liegende Auffassung stimmt zwar mit Rz. 10.05.1 WHMI (gemäss Nachtrag vom 1. August 1993) überein, wonach ein Anspruch gestützt auf Ziff. 10.05 HVI Anhang die Haltereigenschaft voraussetzt. Dies ist jedoch im Rahmen der Kompetenz des Sozialversicherungsrichters zur Überprüfung von Verwaltungsweisungen (vgl. dazu
BGE 119 V 259
Erw. 3a mit Hinweisen) insofern ohne Belang, als die französische und italienische Version von Rz. 10.05.1 WHMI im Unterschied zum deutschen Text nicht verlangen, dass der Versicherte Halter des abzuändernden oder bereits abgeänderten Motorfahrzeuges ist (vgl.
BGE 121 V 24
Erw. 4b mit Hinweisen). Zudem ist eine Anknüpfung an den Eigentumsverhältnissen dem Hilfsmittelrecht fremd. Dies ergibt sich allgemein daraus, dass (kostspielige) Hilfsmittel in der Regel leihweise abgegeben werden (vgl.
Art. 21 Abs. 3 IVG
in Verbindung mit
Art. 3 HVI
). Mit Bezug auf invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen (Ziff. 10.05 HVI Anhang) im besonderen sodann zeigt ein Blick in die Liste, dass die Invalidenversicherung viele Hilfsmittel abgibt (oder Amortisationsleistungen daran zuspricht), die in nicht dem Versicherten zu Eigentum gehörenden Mobilien oder Immobilien installiert werden (vgl. Ziff. 13.01* HVI Anhang [Invaliditätsbedingte Zusatzgeräte und Anpassungen für die Bedienung von Apparaten und Maschinen] oder Ziff. 14.04 HVI Anhang [Invaliditätsbedingte bauliche Änderungen in der Wohnung]).
d) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Übernahme der Kosten für invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen nach Ziff. 10.05 HVI Anhang (gültig ab 1. Januar 1993) durch die Invalidenversicherung nicht voraussetzt, dass der Versicherte das Fahrzeug selber lenken kann. Dabei ist unerheblich, ob ein Anspruch auf Motorisierung nach Ziff. 10.01*-10.04* HVI Anhang besteht oder nicht. Insoweit Rz. 10.05.1 WHMI die Abgabe dieses Hilfsmittels an die Haltereigenschaft knüpft und alternativ verlangt, dass der Versicherte das Fahrzeug selber lenken kann oder Anspruch auf Leistungen gemäss Ziff. 10.01*-10.04* HVI hat, ist die Weisung verordnungswidrig.
BGE 121 V 258 S. 264
4.
Die Ausstattung des den Eltern der Beschwerdeführerin gehörenden Renault Espace mit einer Teleskop-Rampe und einer Rollstuhlbefestigung mit Spindel kann noch als invaliditätsbedingte Abänderung von Motorfahrzeugen im Sinne von Ziff. 10.05 HVI Anhang und der Hilfsmittelbegriff somit als erfüllt betrachtet werden (vgl.
BGE 115 V 194
Erw. 2c,
BGE 101 V 269
Erw. 1b), weil nicht der Mehrkomfort gegenüber dem seriellen Ausrüstungsstand in Frage steht, sondern die behinderungsbedingt erforderliche Anpassung. Die dabei angefallenen Kosten gehen somit zu Lasten der Invalidenversicherung, wenn und soweit diese Vorkehr zur Erreichung eines der in
Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG
umschriebenen Zwecke während längerer Zeit notwendig ist und die Erfordernisse der Einfachheit und Zweckmässigkeit des Hilfsmittels gegeben sind (vgl.
Art. 8 Abs. 1 IVG
und
Art. 21 Abs. 3 IVG
). Dies ist zu bejahen.
Die streitige Abänderung ist für die soziale Integration der schwer und mehrfach behinderten Beschwerdeführerin notwendig, weil eine Fortbewegung, sei es zur Aufsuchung der Eingliederungsstätte, sei es im privaten Bereich, praktisch nur möglich ist, wenn sie im Reha-Kinderwagen mit dem Auto transportiert wird. Mit der Teleskop-Rampe und der Befestigungsvorrichtung kann das Eingliederungsziel der Fortbewegung auf einfache und zweckmässige Weise erreicht werden. Es handelt sich dabei um behindertengerechte Vorkehren, welche sich in solchen Verhältnissen bewährt haben. Schliesslich ist auch das für eine nichterwerbliche Hilfsmittelabgabe spezifische Kriterium der Kostspieligkeit erfüllt, belaufen sich doch die Abänderungskosten auf Fr. 1'200.-. | null | nan | de | 1,995 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
475ea992-69e9-4e1f-8774-23cd35931e0e | Urteilskopf
81 III 147
41. Entscheid vom 24. September 1955 i.S. Bühler. | Regeste
Voraussetzungen und Wirkungen der Pfändung eines bestrittenen Lohnguthabens.
Art. 93 SchKG
. | Sachverhalt
ab Seite 147
BGE 81 III 147 S. 147
A.-
Willy Bühler ist Angestellter der Kommanditgesellschaft Bühler-Meyer & Co., deren unbeschränkt haftende Teilhaberin seine Ehefrau ist. In der von Emil Blum gegen ihn angehobenen Betreibung ergab sich beim Pfändungsvollzug vom 9. Juni 1955 kein pfändbares Vermögen. Über das Lohneinkommen befragt, gaben der Schuldner und dessen Ehefrau einen gemeinsamen monatlichen Lohnbezug von Fr. 700.-- aus der Geschäftskasse an. Das Betreibungsamt fand aber, diese Angabe sei nicht zuverlässig, und betrachtete den Lohnanspruch des Schuldners als nicht feststellbar. Demgemäss erliess es eine Anzeige an den Gläubiger mittels des Formulars Nr. 11, bemass dabei das Existenzminimum des Schuldners und seiner Familie (mit zwei minderjährigen Kindern) auf monatlich Fr. 630.-- und setzte dem Gläubiger Frist zur Abgabe einer Erklärung, ob und eventuell mit welchem Betrag der Verdienst des Schuldners dieses Existenzminimum übersteige. Der Gläubiger bezifferte hierauf den mutmasslichen Monatsverdienst des Schuldners auf mindestens Fr. 1000.--; dessen Lohneinkommen übersteige bei Berücksichtigung der Beitragspflicht der Ehefrau das Existenzminimum sicher um Fr. 500.--. Gestützt auf diese Angaben pfändete das Betreibungsamt, mit Wirkung
BGE 81 III 147 S. 148
vom 1. Juli 1955 an, den das Existenzminimum von Fr. 630.-- übersteigenden Einkommensbetrag von monatlich Fr. 500.-- auf längstens ein Jahr bis zur Deckung der in Betreibung stehenden Forderung mit Zins und Kosten.
B.-
Über diese Pfändung beschwerte sich der Schuldner mit dem Antrag, sie sei auf monatlich Fr. 35.- herabzusetzen. Er liess nicht gelten, dass sein Lohneinkommen unbestimmbar sei. Vielmehr sei durch die Buchhaltung ausgewiesen, dass beide Ehegatten miteinander Fr. 700.-- beziehen. Davon entfalle die Hälfte = Fr. 350.-- auf ihn; ebenso sei das Existenzminimum zu verteilen, sodass er die Hälfte von Fr. 630.-- = Fr. 315.-- zu decken habe. Somit seien monatlich Fr. 35.- pfändbar, was er anerkenne, mehr aber nicht. Nach eingehender Prüfung der Sache bemass indessen die kantonale Aufsichtsbehörde das Existenzminimum des Schuldners und seiner Familie auf monatlich Fr. 544.-- und hielt im übrigen einen Jahresverdienst des Schuldners von mindestens Fr. 12'000.-- für wahrscheinlich. Da sich immerhin das Lohneinkommen "angesichts der mangelhaften und undurchsichtigen Buchaufschriebe der Arbeitgeberfirma" nicht zuverlässig bestimmen lasse, erklärte die Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 29. August 1955 vom Lohne des Schuldners monatlich Fr. 35.- endgültig und den vom Gläubiger behaupteten Mehrbetrag von Fr. 465.-- über das Existenzminimum von Fr. 544.-- hinaus als bestrittene Forderung pfändbar.
C.-
Gegen diesen Entscheid rekurriert der Schuldner mit dem Antrag, er sei aufzuheben, und jede den Betrag von Fr. 35.- im Monat übersteigende Lohnpfändung sei als ungesetzlich zu erklären.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Ohne die Bemessung des Existenzminimums durch die Vorinstanz zu beanstanden, widersetzt sich der Rekurrent nach wie vor einer weitergehenden Lohnpfändung, als wie
BGE 81 III 147 S. 149
er sie, im Betrage von Fr. 35.- monatlich, als begründet anerkennt. Er weist neuerdings auf die Geschäftsbuchhaltung der Arbeitgeberfirma hin und will den Verdacht weiterer Lohnbezüge nicht gelten lassen. Indessen erscheint die angefochtene Entscheidung als rechtmässig, die einen grösseren Arbeitsverdienst des Schuldners nicht etwa verbindlich feststellt, sondern lediglich ein dahingehendes Guthaben als bestrittenes der Pfändung und allfälligen Verwertung unterstellt. Im allgemeinen ist eine bestrittene Forderung zu pfänden, wenn der Gläubiger deren Existenz auch nur behauptet (vgl. neuestens
BGE 81 III 17
ff.). Für die Lohnpfändung gilt insofern etwas Abweichendes, als den Betreibungsbehörden obliegt, nicht nur die für die Festsetzung des Existenzminimums des Schuldners und seiner Familie bedeutungsvollen Tatsachen, sondern auch die übrigen zur Anwendung von
Art. 93 SchKG
wesentlichen Verhältnisse von Amtes wegen abzuklären, namentlich die wahren Lohneinkünfte des Schuldners (
BGE 54 III 236
). Kann die Höhe des Arbeitsverdienstes des Schuldners vom Betreibungsamt und im Beschwerdeverfahren von den Aufsichtsbehörden einwandfrei festgestellt werden, so ist über die Lohnpfändung auf dieser tatbeständlichen Grundlage zu verfügen. In einem solchen Falle ist eine weitere Lohnpfändung abzulehnen, auch wenn sie der Gläubiger, aber eben auf Grund als haltlos erwiesener Behauptungen, verlangt. Bleibt aber das Ergebnis der Untersuchung ungewiss, und bestehen ernstliche Anhaltspunkte für den vom Gläubiger behaupteten Mehrverdienst des Schuldners, so ist ein entsprechendes (das Existenzminimum übersteigendes) Lohnguthaben als bestrittenes zu pfänden, sei es für sich allein oder (wie es die Vorinstanz angeordnet hat) neben einem unbestrittenen. Dadurch wird der Schuldner keineswegs in seinem Existenzminimum beeinträchtigt; denn die Pfändung einer bestrittenen Lohnforderung ist dem Arbeitgeber eindeutig als Pfändung eines allfälligen Mehrbetrages über das dabei zu beziffernde Existenzminimum
BGE 81 III 147 S. 150
(und über den etwa, wie hier, fest gepfändeten Lohnbetrag) anzuzeigen.
Nun bestehen nach dem Ergebnis der eingehenden Untersuchung der Verhältnisse durch die Vorinstanz in der Tat Anhaltspunkte dafür, dass der Schuldner nicht bloss die von ihm angegebenen Fr. 350.-- im Monat (neben Spesenersatz, der für eine Lohnpfändung nicht in Betracht fällt) bezieht. Selbst wenn jener Betrag in einem Anstellungsvertrag vereinbart wäre, hätte sich übrigens danach nur die feste Lohnpfändung zu bestimmen (unter Berücksichtigung einer allfälligen Beitragspflicht der Ehefrau); das würde die Pfändung eines bestrittenen Mehrverdienstes nicht ausschliessen (
BGE 63 III 105
ff. Erw. 1), wenigstens dann nicht, wenn, wie oben ausgeführt, mit solchen Mehrbezügen ernstlich zu rechnen ist. Das trifft hier zu, weshalb das Betreibungsamt mit Recht vom Gläubiger eine Angabe über den von ihm vermuteten pfändbaren Lohnbetrag bei einem (vorläufig) auf Fr. 630.-- im Monat bemessenen Existenzminimum verlangt hat, mittels des Formulars Nr. 11 (vgl.
BGE 65 III 70
,
BGE 74 III 7
). Auch nach Durchführung verschiedener Massnahmen zur nähern Abklärung der Verhältnisse durch die Vorinstanz sind erhebliche Zweifel über den wahren Arbeitsverdienst des Schuldners begründet. Es fehlt an einer schriftlichen Festsetzung seines Lohnes und steht nicht einmal fest, wieviel von den für ihn und die Ehefrau gemeinsam gebuchten Lohnbezügen jeweilen auf ihn entfällt. Abgesehen davon ist mit weitern Lohnbezügen des Schuldners zu rechnen, da der angegebene Betrag doch nicht wohl seiner Arbeitsleistung entsprechen kann und ein anderer Angestellter, wie die Vorinstanz feststellt, viel mehr als jenen Betrag bezieht. Das sind genügende Anhaltspunkte, um eine Pfändung bestrittenen Lohnes zu rechtfertigen. Ausgeschlossen werden derartige Mehrbezüge durch die Geschäftsbuchhaltung nicht einwandfrei. Nach den vorinstanzlichen Erhebungen können sie vielmehr in verschiedenen andern Posten der Buchhaltung
BGE 81 III 147 S. 151
verborgen sein. Selbst wenn übrigens der Schuldner nur die von ihm angegebenen Lohnbeträge beziehen sollte, d.h. sich ausbezahlen liesse, würde sich noch die Frage erheben, ob nicht seine Lohnansprüche dennoch höher wären (vgl. JAEGER-DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurs-Praxis I S. 189 Abs. 3 mit Zitaten). Darüber zu entscheiden, muss dem Richter vorbehalten bleiben, den der Erwerber der bestrittenen Lohnforderung allenfalls anrufen wird.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
4760a7ff-2afa-4ffd-aea8-912b180fe222 | Urteilskopf
93 II 7
3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Mai 1967 i.S. Hoell gegen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich. | Regeste
Auslieferungsrecht (hier: Vertrag zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn vom 10. März 1896): Der Grundsatz der Spezialität verbietet nur die Verfolgung des Ausgelieferten (durch strafrechtliche, polizeiliche oder administrative Massnahmen) wegen anderer vor der Auslieferung begangener Taten, dagegen nicht den Eintritt gesetzlicher Nebenfolgen des Strafvollzuges, zu welchem die Auslieferung an die Schweiz bewilligt wurde. Insbesondere ist eine Entmündigung nach
Art. 371 ZGB
zulässig. (Erw. 1).
Örtliche Zuständigkeit zur Entmündigung: Als fiktiver Wohnsitz im Sinne des
Art. 24 Abs. 2 ZGB
fällt auch ein Zwangsaufenthalt in Betracht. Gegenüber einem Schweizerbürger, der sich (hier: infolge Auslieferung) in der Schweiz aufhält, sind die schweizerischen Behörden zur Einleitung eines Entmündigungsverfahrens ohne weiteres zuständig, gleichgültig ob dieser Bürger seinen ausländischen Wohnsitz aufgegeben habe, und ob die Behörden des bisherigen ausländischen Wohnsitzes ebenfalls zur Ergreifung vormundschaftlicher Massnahmen zuständig und bereit wären.
Art. 29 und 30 NAG
(Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 8
BGE 93 II 7 S. 8
A.-
K. H. Hoell, Bürger von Zürich, wurde am 5. Juli 1949 vom Schwurgericht des Kantons Zürich zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt. Er entwich aus der Strafhaft nach Frankreich, und dieser Staat bewilligte die Auslieferung nur für einen Teil der Delikte, weshalb die zürcherischen Behörden eine Strafaufteilung beschlossen. Am 6. September 1960 endigte der Strafteil, für welchen die Auslieferung bewilligt war. Daher wurde K. H. Hoell unter Gewährung der auslieferungsrechtlichen Schonfrist von dreissig Tagen in Freiheit gesetzt. Nachher wurde er zur Verbüssung des andern Strafteils wieder zur Fahndung
BGE 93 II 7 S. 9
ausgeschrieben. In den Jahren 1963 bis 1966 lebte er in Österreich. Als er seinen Reisepass beim schweizerischen Konsulat in Bregenz verlängern lassen wollte, erfuhren die schweizerischen Strafvollzugsbehörden von seinem Aufenthalt. Auf ihr Ersuchen wurde er von den österreichischen Behörden verhaftet und im Sommer 1966 an die Schweiz ausgeliefert. Den in Frage stehenden Rest der Strafe von noch etwas mehr als acht Jahren Zuchthaus ersteht er in der Anstalt Regensdorf.
B.-
Am 27. Oktober 1966 beschloss der Bezirksrat Zürich, die im Jahre 1960 intern aufgehobene Vormundschaft nach
Art. 371 ZGB
über K. H. Hoell wieder zu errichten. Darüber beschwerte sich dieser bei der kantonalen Justizdirektion im wesentlichen deshalb, weil die Auslieferung durch Österreich nur zum Strafvollzug erfolgt sei und Massnahmen anderer Art wie insbesondere eine Entmündigung nicht zulässig seien.
C.-
Mit Entscheid vom 9. Januar 1967 wies die Justizdirektion des Kantons Zürich die gegen die Entmündigung erhobene Beschwerde ab.
D.-
Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Berufung des K. H. Hoell an das Bundesgericht. Er lehnt die Entmündigung weiterhin als unzulässig ab. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich beantragt Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Dass die Anordnung einer Entmündigung, wie sie
Art. 371 ZGB
für die Dauer einer Strafhaft von mindestens einem Jahr vorschreibt, gegen die Grundsätze des Auslieferungsrechts verstosse, kann dem Berufungskläger nicht zugegeben werden. Wird die Auslieferung nur zur Strafverfolgung oder zum Strafvollzuge wegen bestimmter Delikte gewährt (wie sie insbesondere der Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn vom 10. März 1896 in Art. 11 umschreibt: BS 1848-1947 Bd. 12 S. 185), so schliesst dies allerdings nach dem sog. Grundsatz der Spezialität die Verfolgung jeder vor der Auslieferung begangenen anderen Tat aus, und zwar nicht nur die eigentliche Strafverfolgung, sondern auch andere die Bewegungsfreiheit des Verfolgten beeinträchtigende Massnahmen, seien es solche polizeilicher oder verwaltungsrechtlicher Art (vgl. H. SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, 1953, S. 365). Eine derartige Massnahme steht jedoch hier nicht in Frage. Vielmehr wurde gegenüber dem Berufungskläger
BGE 93 II 7 S. 10
- im wesentlichen zu seinem eigenen Schutze - lediglich eine gesetzliche Nebenfolge des Strafvollzuges verfügt, zu welchem ihn die österreichischen Behörden an die Schweiz ausgeliefert haben. Solche mit dem Strafvollzug verbundene Massnahmen überschreiten den durch das Auslieferungsrecht gezogenen Rahmen nicht, so wenig wie die Art des Strafvollzuges selbst und die allfällig die Hauptstrafe ergänzenden Nebenstrafen.
2.
Es besteht auch kein Zweifel, dass die schweizerischen (und speziell die zürcherischen) Behörden zur Anordnung einer solchen Vormundschaft örtlich zuständig sind. Wie das Bundesgericht bereits im Fall eines Schweizerbürgers, der seinen ausländischen Wohnsitz aufgegeben hatte und nach seiner Einreise in die Schweiz verhaftet wurde, entschieden hat (
BGE 80 II 107
ff. und daran anknüpfend das Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Juli 1966 i.S. Vormundschaftskommission der Stadt Thun, Erw. 3), begründet auch ein Zwangsaufenthalt den fiktiven Wohnsitz im Sinne des
Art. 24 Abs. 2 ZGB
. Im vorliegenden Fall ist freilich ungewiss, ob der Berufungskläger in Innsbruck bis zu seiner Auslieferung einen festen Wohnsitz hatte (vgl. die darüber von der kantonalen Justizdirektion mit ihrem Schreiben vom 20. Januar 1967 an das schweizerische Zentralpolizeibureau eingeleitete Untersuchung, deren Ergebnis aus den Akten nicht hervorgeht), und es ist fraglich, ob seine Auslieferung einer freiwilligen Einreise in die Schweiz gleichzustellen und als Aufgabe des ausländischen Wohnsitzes zu deuten sei. Wie dem aber auch sein mag, ergibt sich die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden zur Ergreifung vormundschaftlicher Massnahmen gegenüber diesem Schweizerbürger aus den Normen des internationalen Privatrechts, wie sie in den Artikeln 29 und 30 NAG enthalten sind. Diese Bestimmungen gehen dem
Art. 28 NAG
vor, gelten also unabhängig davon, ob nach der Gesetzgebung des Wohnsitzstaates auch dort eine Zuständigkeit zu vormundschaftlichen Massnahmen gegenüber dem betreffenden Schweizerbürger bestehe (
BGE 86 II 323
ff.; siehe auch
BGE 87 II 132
ff.; ferner STAUFFER, N II zu
Art. 30 NAG
). Daraus folgt, dass selbst wenn die Auslieferung des Berufungsklägers an die Schweiz nicht als "Aufgabe" seines allfälligen Innsbrucker Wohnsitzes zu gelten haben sollte, eine Entmündigung nach
Art. 371 ZGB
in der Schweiz verfügt werden durfte. Ob die österreichischen Behörden ebenfalls zu
BGE 93 II 7 S. 11
solchen Massnahmen gegenüber K. H. Hoell zuständig und auch bereit wären, sie zu ergreifen (wofür die Akten übrigens keinen Anhaltspunkt bieten), ist nach dem Gesagten ohne Belang. - Als wohnsitzbegründender Aufenthalt in der Schweiz wie auch allenfalls als Heimatort kommt nur Zürich in Frage.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und die Verfügung der Justizdirektion des Kantons Zürich vom 9. Januar 1967 bestätigt. | public_law | nan | de | 1,967 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
476413bb-2691-4afb-a44b-f3ad16e13a6a | Urteilskopf
114 Ia 25
5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 11. Mai 1988 i.S. X. gegen Kanton Schwyz und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 4 BV
; Auslegung einer unklaren oder zweideutigen Regelung der Klagevoraussetzungen.
Nach Lehre und Praxis gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Willkürverbot, dass dem Rechtsuchenden aus einer unklaren oder zweideutigen Regelung der Klagevoraussetzungen kein Nachteil erwachsen darf. Solche Normen sind deshalb derart auszulegen, wie sie vernünftigerweise von den Rechtsuchenden verstanden werden dürfen (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 25
BGE 114 Ia 25 S. 25
X. wurde am 5. August 1984 wegen Verdachts der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie verschiedener Vermögensdelikte verhaftet. Das Kantonale Strafgericht Schwyz erklärte X. am 7./8. März 1985 der fortgesetzten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Betruges, der Veruntreuung und der Zechprellerei schuldig und verurteilte ihn zu fünf Jahren und 356 Tagen Zuchthaus, unter Anrechnung der Untersuchungshaft.
BGE 114 Ia 25 S. 26
Am 17. Dezember 1985 hiess das Kantonsgericht des Kantons Schwyz eine Berufung von X. teilweise gut, sprach ihn nur noch des Betruges und der Zechprellerei schuldig und verminderte die Strafe auf einen Monat Gefängnis. Gleichentags wurde X. aus der Haft entlassen.
Mit Eingabe vom 17. März 1986 reichte X. beim Regierungsrat des Kantons Schwyz ein Entschädigungsbegehren ein, mit dem Antrag, es seien ihm zufolge ungerechtfertigter Haft ein Verdienstausfall von Fr. 42'500.-- und eine Genugtuung von Fr. 100'000.-- auszurichten. Der Regierungsrat wies das Entschädigungsbegehren am 2. Dezember 1986 ab. Hierauf erhob X. beim kantonalen Verwaltungsgericht Klage gegen den Kanton Schwyz mit dem Begehren, dieser sei zu verpflichten, ihm gestützt auf § 52 der Verordnung über den Strafprozess im Kanton Schwyz (Strafprozessordnung) vom 28. August 1974 (StPO) Schadenersatz und Genugtuung zu bezahlen. Das Verwaltungsgericht wies die Frage mit Urteil vom 29. Dezember 1987 im Sinne der Erwägungen ab.
Am 15. Februar 1988 gelangte X. mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil vom 29. Dezember 1987 sei aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von
Art. 4 BV
. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Das Verwaltungsgericht wies die Klage im wesentlichen gestützt auf § 52 der Verordnung über den Strafprozess im Kanton Schwyz (Strafprozessordnung) vom 28. August 1974 (StPO) und § 68 der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege vom 6. Juni 1974 (VRP) ab. Der Wortlaut der massgeblichen Bestimmungen lautet wie folgt:
"
§ 52 StPO
. Entschädigung bei Freispruch
Dem freigesprochenen Angeklagten ist auf Begehren eine Entschädigung für ungerechtfertigte Nachteile auszurichten.
Das Begehren ist, unter Nachweis des erlittenen Schadens, spätestens innert drei Monaten nach Eröffnung des Freispruches geltend zu machen. Die Entschädigung kann verweigert werden, wenn der Freigesprochene durch verwerfliches oder leichtfertiges Benehmen die Untersuchung verschuldet oder das Verfahren erschwert hat.
§ 68 VRP 2. Vorverfahren
Vor Einreichung der Klage teilt der Kläger dem Beklagten sein Begehren schriftlich mit. Der Beklagte nimmt dazu innert angemessener Frist Stellung.
BGE 114 Ia 25 S. 27
Kommt eine Partei dieser Pflicht nicht nach, so kann das Verwaltungsgericht darauf bei der Kostenauflage Rücksicht nehmen.
§ 69 VRP 3. Anhängigmachung
Die Klage wird durch eine schriftliche Eingabe beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht."
Unbestritten ist, dass gemäss
§ 67 Abs. 1 VRP
das kantonale Verwaltungsgericht zur Behandlung von Schadenersatzklagen der vorliegenden Art gegen den Kanton zuständig ist. Das Verwaltungsgericht kam aber zum Schluss, die Dreimonatsfrist gemäss
§ 52 Abs. 2 StPO
sei eine Verwirkungsfrist und diese sei nur eingehalten, wenn innert dieser Zeit die Klage bei ihm eingereicht werde, was vorliegend aber nicht erfolgt sei. Im einzelnen führte es aus, "Geltendmachen" im Zusammenhang mit einer Verwirkungsfrist könne nicht schon ein Verhalten sein, das allenfalls im Verwaltungsrecht genüge, eine Verjährungsfrist zu unterbrechen. Auch wenn in
§ 52 StPO
nicht ausdrücklich von einer Klageeinreichung die Rede sei, werde wie im Zivilprozess ein Verfahrensschritt verlangt, der für den Fall der nicht gütlichen Erledigung eine speditive prozessuale Erledigung in die Wege leite. Die Unverbindlichkeit des Vorverfahrens gemäss
§ 68 Abs. 1 VRP
erlaube es deshalb nicht, die Einleitung dieses Verfahrens als Geltendmachung der Entschädigungsansprüche im Sinne von
§ 52 Abs. 2 StPO
zu qualifizieren. Das Entschädigungsbegehren im Vorverfahren stelle somit nur eine Handlung dar, welche die Verjährungsfrist zu unterbrechen vermöge. Die innert drei Monaten nach Eröffnung des Freispruchs beim Regierungsrat eingereichte Eingabe vom 17. März 1986 stelle deshalb nicht eine Geltendmachung bzw. Klageanhebung im Sinne von
§ 52 Abs. 2 StPO
dar.
b) Der Beschwerdeführer rügt, diese Auslegung des kantonalen Rechts halte vor dem Willkürverbot nicht stand, insbesondere sei es unhaltbar, die Frist von
§ 52 Abs. 2 StPO
als Verwirkungsfrist zu interpretieren und anzunehmen, diese könne nur durch Klageanhebung gewahrt werden; die unklare Bestimmung von
§ 52 Abs. 2 StPO
dürfe nicht zum Nachteil des Rechtsuchenden ausgelegt werden.
Nach der Rechtsprechung liegt Willkür nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre; das Bundesgericht hebt einen Entscheid der kantonalen Behörde nur auf, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt
BGE 114 Ia 25 S. 28
oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (
BGE 113 Ia 19
E. 3a;
BGE 112 Ia 122
E. 4; je mit Hinweisen).
c) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen (
BGE 113 V 109
E. 4a;
BGE 112 V 171
E. 3a;
BGE 105 Ib 53
E. 3a; je mit Hinweisen). In
§ 52 Abs. 2 StPO
wird von "Geltendmachen" gesprochen, was nicht auf eine förmliche Anhängigmachung des Rechtsstreites bei einer gerichtlichen Behörde hindeutet. Besonders deutlich ergibt sich dies bei einem Vergleich dieser Bestimmung mit
§ 69 VRP
, wo es heisst, eine verwaltungsgerichtliche Klage werde durch schriftliche Eingabe beim Verwaltungsgericht "anhängig gemacht". Das schwyzerische Recht unterscheidet demnach klar zwischen blosser Geltendmachung und formellem Anhängigmachen.
§ 52 Abs. 2 StPO
lässt zudem verschiedene Fragen offen (Rechtsnatur der Frist; Modalitäten der Geltendmachung). Dass diese Norm in der heutigen Fassung zumindest unklar ist, ergibt sich insbesondere auch daraus, dass das Verwaltungsgericht selbst darauf hinweist, diese Bestimmung werde im Entwurf der Expertenkommission für die Revision der kantonalen Rechtspflegeerlasse verdeutlicht. Nach Lehre und Praxis gebieten aber der Grundsatz von Treu und Glauben und das Willkürverbot, dass solche Bestimmungen derart auszulegen sind, wie sie vernünftigerweise von den Rechtsuchenden verstanden werden dürfen (
BGE 97 I 106
E. 4 mit Hinweis; CLAUDE ROUILLER, La protection de l'individu contre l'arbitraire de l'état, ZSR NF Bd. 106, 1987, II, S. 225 ff., 315 mit Hinweis). Aufgrund des Wortlautes von
§ 52 Abs. 2 StPO
durfte diese Bestimmung vom Beschwerdeführer somit derart verstanden werden, dass das Begehren innert drei Monaten nach Eröffnung des Freispruches beim angesprochenen Schuldner (Beklagten) bzw. dessen obersten Verwaltungsorgan, dem Regierungsrat, geltend zu machen sei. Dies auch deshalb, weil diese Regelung im Gegensatz zu
§ 68 Abs. 1 VRP
kein Vorverfahren normiert. Hat der Gesetzgeber aber darauf verzichtet, ausdrücklich ein solches einzuführen, so geht es nicht an, per analogiam ein noch strengeres vorzuschreiben, als dies selbst in
§ 68 VRP
für das allgemeine verwaltungsgerichtliche Klageverfahren vorgesehen ist. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts spielt es vorliegend keine Rolle, ob die in
§ 52 Abs. 2 StPO
vorgesehene Frist eine Verwirkungs- oder Verjährungsfrist darstellt, oder ob es sich dabei, wie dies wohl der in der Schweiz vorherrschenden Auffassung entsprechen dürfte (vgl. VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts,
BGE 114 Ia 25 S. 29
2. Band, 3. Auflage, Zürich 1974, S. 161 f. und 211), um eine dem Prozessrecht angehörende Ausschlussfrist (Präklusivfrist) handelt. Entscheidend ist allein, dass die durch einen Rückgriff auf die Regelung im zivilprozessualen Verfahren gewählte Lösung zu einer krassen Verletzung eines unumstrittenen Rechtsgrundsatzes führt. Selbst wenn man eine Verwirkungsfrist annehmen wollte, so würden nicht derart gewichtige Gründe für eine Interpretation von "Geltendmachen" im Sinne von "Klageeinreichen" beim Verwaltungsgericht sprechen, dass eine Verletzung eines verfassungsmässigen Grundsatzes in Kauf zu nehmen wäre. Wenn das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz in einem anderen Entscheid vom 27. November 1984 ausgeführt hat,
§ 52 Abs. 2 StPO
stipuliere "ein zusätzliches, besonderes Verfahren" (Entscheide der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Kantons Schwyz, EGV-SZ 1984, S. 12 f.), so kann das nur so verstanden werden, dass dieses - nicht zuletzt zu Verhinderung der Einleitung unnötiger Klagen - zuerst abgeschlossen sein muss, bevor die Klageeinleitung beim Verwaltungsgericht zu erfolgen hat. Somit kann
§ 52 Abs. 2 StPO
nicht den Sinn haben, die Klage beim Verwaltungsgericht sei innert drei Monaten seit Eröffnung des Freispruches anhängig zu machen, sondern nur, das Forderungsbegehren sei innert der erwähnten Frist beim Beklagten, hier dem Regierungsrat, geltend zu machen. Eine andere Auslegung wäre nicht nur offensichtlich unhaltbar, sondern würde auch, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. | public_law | nan | de | 1,988 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
476ce181-078c-4c64-b8ff-87e7fcc938df | Urteilskopf
105 V 44
11. Urteil vom 20. Februar 1979 i.S. Keller AG gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich | Regeste
Art. 1 AlVB umschreibt den Kreis der Beitragspflichtigen und die Ausnahmen von der Beitragspflicht abschliessend. | Sachverhalt
ab Seite 44
BGE 105 V 44 S. 44
A.-
Die Keller AG ist der Ausgleichskasse des Kantons Zürich angeschlossen und hat dieser die paritätischen AHV/IV/EO-Beiträge zu entrichten. Am 6. Juli 1977 gab die Firma der Kasse für das 2. Quartal 1977 eine beitragspflichtige Lohnsumme von Fr. ... an. Gleichzeitig teilte sie der Kasse mit, sie weigere sich, Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zu entrichten, weil der gegenwärtig einzige Arbeitnehmer zugleich Mehrheitsaktionär der Firma sei und als solcher keinen Anspruch gegenüber der Arbeitslosenversicherung habe. Am 29. Juli 1977 erliess die Ausgleichskasse eine beschwerdefähige Verfügung, mit welcher sie die Firma verpflichtete, zusätzlich zu den geschuldeten AHV/IV/EO-Beiträgen 0,8% Beiträge an die Arbeitslosenversicherung auf der für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1977 angegebenen Lohnsumme zu bezahlen.
B.-
Gegen diese Verfügung beschwerte sich die Keller AG mit der Begründung, ihr Arbeitnehmer J. Keller sei gegen Arbeitslosigkeit nicht versichert. Der Beitragspflicht stehe kein Leistungsanspruch gegenüber, weshalb sich die Unterstellung unter die Beitragspflicht als willkürlich erweise.
Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit der Feststellung ab, die Voraussetzungen der
BGE 105 V 44 S. 45
Beitragspflicht nach Art. 1 AlVB seien erfüllt. Mit dieser Bestimmung werde abschliessend umschrieben, wer Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zu entrichten habe und wer von der Beitragspflicht befreit sei. Davon könne nicht abgewichen werden, auch wenn J. Keller gemäss
Art. 31 Abs. 1 lit. c AlVV
keinen Leistungsanspruch gegenüber der Arbeitslosenversicherung habe. Im übrigen gelte der Ausschluss von der Anspruchsberechtigung praktisch nur für eine allfällige Teilarbeitslosigkeit (Entscheid vom 21. Oktober 1977).
C.-
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Keller AG, Mehrheits- und Alleinaktionäre seien entweder als Arbeitnehmer mit vollen Rechten und Pflichten in die Arbeitslosenversicherung aufzunehmen oder den Selbständigerwerbenden gleichzustellen und aus der Versicherung auszuschliessen. In der Begründung wird geltend gemacht, die Regelung gemäss AlVB verstosse gegen die Rechtsgleichheit, indem der Mehrheits- und Alleinaktionär bei der Leistungsberechtigung gegenüber andern Versicherten benachteiligt sei.
Die Ausgleichskasse beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Während sich das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit eines Antrages enthält, nimmt das Bundesamt für Sozialversicherung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde materiell nicht Stellung.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 1 Abs. 1 AlVB hat Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zu entrichten, wer gemäss AHVG obligatorisch versichert ist, für Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit beitragspflichtig ist und von einem Arbeitgeber nach lit. b der Bestimmung entlöhnt wird (lit. a) und wer nach
Art. 12 AHVG
als Arbeitgeber beitragspflichtig ist (lit. b). Von der Beitragspflicht ausgenommen sind die Arbeitnehmer, die ihre Beiträge an die AHV mit Beitragsmarken entrichten, und deren Arbeitgeber (Art. 1 Abs. 2 AlVB). Die Beiträge an die Arbeitslosenversicherung sind laut Art. 2 Abs. 1 AlVB vom massgebenden Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung zu entrichten, höchstens jedoch von monatlich Fr. 3900.-- je Arbeitsverhältnis. Der Beitrag beläuft sich auf 0,8% des massgebenden Lohnes und ist von Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte zu tragen (Art. 3 Abs. 1 AlVB). Dabei zieht der Arbeitgeber den Beitragsanteil des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung
BGE 105 V 44 S. 46
ab und entrichtet ihn zusammen mit seinem eigenen Anteil der zuständigen AHV-Ausgleichskasse (Art. 4 AlVB).
2.
Gemäss dieser Ordnung richtet sich die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich nach derjenigen in der AHV. Nicht jeder Arbeitnehmer im Sinne des AHVG ist jedoch auch anspruchsberechtigt gegenüber der Arbeitslosenversicherung (vgl. insbesondere Art. 11 AlVB und
Art. 31 AlVV
). Ein Arbeitnehmer kann daher beitragspflichtig sein, obschon er möglicherweise von vorneherein nicht anspruchsberechtigt ist, falls er arbeitslos wird. In der Botschaft des Bundesrates zur Einführung der obligatorischen Arbeitslosenversicherung vom 11. August 1976 wird hierauf nicht ausdrücklich hingewiesen. Es geht daraus aber hervor, dass möglichst rasch eine Übergangsordnung getroffen werden wollte mit den beiden Hauptelementen eines Versicherungsobligatoriums und einer tragfähigen Finanzierung (BBl 1976 II 1597 ff.). Um die Erfassung der Versicherungspflichtigen und den Beitragsbezug ohne Schwierigkeiten und ohne zusätzlichen Verwaltungsapparat bewerkstelligen zu können, wurde dieser den AHV-Organen übertragen, was eine völlige Übereinstimmung im Kreis der Beitragspflichtigen der beiden Versicherungszweige voraussetzte (a.a.O., S. 1602). Auf dem Gebiet der Leistungen wurden die Änderungen auf das unbedingt Notwendige beschränkt, und es wurde davon abgesehen, die Anspruchsberechtigung in jedem Fall mit der Beitragspflicht in Einklang zu bringen (a.a.O., S. 1604 ff.). Das Parlament ist diesen Grundsätzen gefolgt. Dabei wurde in Zusammenhang mit der Beitragspflicht mitarbeitender Familienglieder in der Landwirtschaft auf die sich hieraus ergebenden Probleme hingewiesen, ohne dass in der Folge jedoch näher darauf eingetreten wurde (vgl. Sten. Bull. SR 1976 S. 335/36). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die bestehenden Unebenheiten zwischen Beitragspflicht und Anspruchsberechtigung bewusst in Kauf genommen hat. Die Gesetzesmaterialien bestätigen somit, was sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, dass nämlich unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 2 AlVB sämtliche AHV-beitragspflichtigen Arbeitnehmer auch der Pflicht zur Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherung unterstehen.
3.
Nach dem Gesagten ist der Auffassung der Vorinstanz beizupflichten, wonach Art. 1 AlVB den Kreis der Beitragspflichtigen
BGE 105 V 44 S. 47
und die Ausnahmen von der Beitragspflicht abschliessend umschreibt. Es steht ferner fest, dass mit Bezug auf den vorliegenden Fall keine vom Richter auszufüllende Gesetzeslücke angenommen werden darf. Zwar kann eine selbständige richterliche Rechtsfindung ausnahmsweise auch dann erfolgen, wenn die Gesetzesauslegung zu offensichtlich unhaltbaren Ergebnissen führt, die sich mit der Rechtsordnung nicht vereinbaren lassen (
BGE 101 V 190
, EVGE 1968 S. 108). So verhält es sich hier jedoch nicht, weil das Ergebnis der Gesetzesauslegung zumindest als vertretbar erscheint. Der Gesetzgeber hat denn auch in andern Bereichen der Sozialversicherung Personen der Beitragspflicht unterstellt, die nicht in den Genuss von Versicherungsleistungen gelangen (vgl. Art. 27 in Verbindung mit
Art. 1 EOG
sowie die Antwort des Bundesrates auf die Einfache Anfrage Gautier vom 22. August 1978, Sten. Bull. NR 1978 S. 1476).
Dazu kommt, dass J. Keller keineswegs zum vorneherein vom Bezug von Arbeitslosenentschädigungen ausgeschlossen ist. Nicht anspruchsberechtigt sind die im Betrieb einer juristischen Person tätigen Beitragspflichtigen nur, wenn sie deren Beschlüsse in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, Mitglieder oder Aktionäre, insbesondere infolge ihrer Kapitalbeteiligung, bestimmen oder massgeblich zu beeinflussen vermögen (
Art. 31 Abs. 1 lit. c AlVV
). Dieser Ausschlussgrund gilt nur so lange, als der bestimmende Einfluss auf die juristische Person tatsächlich ausgeübt werden kann (
BGE 104 V 201
). Werden solche Versicherte durch Verlust ihrer Stellung im Betrieb (beispielsweise zufolge Liquidation der Firma) ganz arbeitslos, so sind sie grundsätzlich anspruchsberechtigt, wobei ihre Tätigkeit im Betrieb als beitragspflichtige Beschäftigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 AlVB und
Art. 12 AlVV
angerechnet wird (vgl. ARV 1977 S. 23 sowie Antwort des Bundesrates auf die Einfache Anfrage Augsburger vom 5. Oktober 1977, Sten. Bull. NR 1977 S. 1741). Der Ausschluss von der Anspruchsberechtigung beschränkt sich praktisch somit auf den Fall der Teilarbeitslosigkeit. Umso eher erscheint das Ergebnis der Gesetzesauslegung im vorliegenden Fall als vertretbar.
Im übrigen ist es dem Richter verwehrt, Bundesgesetze und allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse auf Übereinstimmung mit der Verfassung zu prüfen (
Art. 113 Abs. 3 und
Art. 114bis Abs. 3 BV
). Zu mehr als einer möglichst verfassungskonformen
BGE 105 V 44 S. 48
Auslegung des Gesetzes besteht kein Raum. Dabei kann auch dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nur Rechnung getragen werden, soweit Wortlaut und Sinn einer Bestimmung es zulassen (vgl.
BGE 99 Ia 636
). Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die gesetzliche Regelung vorgebracht wird, erweist sich daher als unbehelflich.
4.
Es ist unbestritten, dass J. Keller Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin ist und für seine Tätigkeit AHV-beitragspflichtigen Lohn im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 AHVG
bezieht. Sein Verdienst unterliegt daher der Beitragspflicht gemäss Art. 1 ff. AlVB. Eine Ausnahme von der Beitragspflicht im Sinne von Art. 1 Abs. 2 AlVB ist nicht gegeben. Die angefochtene Kassenverfügung, welche in masslicher Hinsicht nicht bestritten wird, besteht folglich zu Recht.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,979 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
4770f178-48db-4ffa-9cef-3424ca7dcc41 | Urteilskopf
110 III 115
30. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 15. Oktober 1984 i.S. A. M. (Rekurs) | Regeste
Abtretung von Lohnforderungen (
Art. 325 OR
); Notbedarf (
Art. 93 SchKG
).
1. Die Frage der Rechtsgültigkeit einer Lohnzession ist eine solche des materiellen Rechts. Sie ist daher vom Zivilrichter zu beantworten; das Betreibungsamt und damit auch die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs sind hiefür nicht zuständig (E. 1).
2. Im Rahmen von
Art. 93 SchKG
ist ein Anteil des Frauenverdienstes mit in die Berechnung des Existenzminimums einzubeziehen. Hierbei wird der von der erwerbstätigen Ehefrau nach Massgabe ihrer gesetzlichen Beistandspflicht an die gemeinsamen ehelichen Lasten zu erbringende Beitrag festgestellt; um diesen Beitrag ermässigt sich die Unterhaltspflicht des Ehemannes und erhöht sich entsprechend der pfändbare Betrag seines Einkommens (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 115
BGE 110 III 115 S. 115
Aufgrund eines am 3. August 1983 geschlossenen Darlehensvertrages zedierte A. M. der Bank Rohner AG, St. Gallen, seine jeweiligen Lohnansprüche. Am 15. Dezember 1983 wurde
BGE 110 III 115 S. 116
über den Schuldner der Konkurs eröffnet und am 13. März 1984 geschlossen. Die Bank erhielt für ihre Darlehensforderung einen Verlustschein. Sie verlangte, gestützt auf die Lohnzession und
Art. 325 OR
, vom Betreibungsamt R. die Berechnung des Existenzminimums des Schuldners.
Gegen die Verfügung des Betreibungsamtes, mit welcher dieses den Notbedarf auf Fr. 2'620.-- festgesetzt hatte, erhob die Bank Rohner AG beim Bezirksgerichtspräsidenten von Unterrheintal Beschwerde. Dieser bestimmte hauptsächlich mit der Begründung, dass beim Grundbetrag von Fr. 970.-- und nicht von Fr. 1'800.-- auszugehen sei, das Existenzminimum mit Fr. 1'790.--.
Nachdem das Betreibungsamt neu einen pfändbaren Überschuss von Fr. 810.-- errechnet hatte, reichte der Schuldner seinerseits Beschwerde beim Bezirksgerichtspräsidenten von Unterrheintal ein. Er verlangte die Aufhebung der Verfügung des Betreibungsamtes und die Festsetzung des pfändbaren Einkommens, d.h. wohl richtigerweise des Grundbedarfs, auf Fr. 1'800.--. Der Bezirksgerichtspräsident wies die Beschwerde am 2. August 1984 ab.
Mit denselben Anträgen zog der Schuldner den Entscheid des Bezirksgerichtspräsidenten an die kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs weiter. Nachdem diese sein Rechtsbegehren abgewiesen hatte, gelangte er mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Der Rekurrent behauptet zunächst, die Lohnzession sei mangelhaft und die Abweisung dieser Rüge durch die kantonale Aufsichtsbehörde verstosse gegen Bundesrecht. Es treffe nicht zu, dass der kantonalen Aufsichtsbehörde diesbezüglich nur eine beschränkte Kognition zustehe. Vielmehr sei die Frage, ob die Zession "gehörig sei oder nicht", von Amtes wegen zu prüfen; denn von deren Beantwortung hänge es ab, ob die Bank Rohner AG überhaupt berechtigt sei, vom Betreibungsamt die Berechnung des Existenzminimums zu verlangen.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat indessen mit Recht ausgeführt, dass die Frage der Rechtsgültigkeit der Zession eine solche des materiellen Rechts ist. Sie ist daher vom Zivilrichter zu beantworten; das Betreibungsamt und damit auch die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs sind hiefür nicht zuständig.
BGE 110 III 115 S. 117
Das Betreibungsamt muss sich in Anwendung von
Art. 325 OR
nur über die Pfändbarkeit künftiger Lohnforderungen vergewissern und dabei summarisch prüfen, ob eine nicht zum vornherein und klarerweise ungültige Lohnzession vorliegt.
Wie der Rekurrent selber ausführt, lag dem Betreibungsamt ein schriftlicher Darlehensvertrag mit einer Zessionserklärung auf der Rückseite des Vertragsformulares vor. Diese Erklärung auf dem vom Schuldner unterzeichneten Vertrag ist nicht klarerweise ungültig, wie es der Rekurrent unter Hinweis auf
Art. 165 OR
, die Lehre dazu und die Praxis bezüglich der allgemeinen Geschäftsbedingungen ausführlich darzulegen versucht. Mag auch seine Kritik an der Verbindung von Darlehensvertrag, Schuldanerkennung und Lohnabtretung einiges für sich haben, so müsste sich damit doch der ordentliche Richter auseinandersetzen. Dem Betreibungsamt konnte dieses Problem nicht unterbreitet werden. Ebensowenig war es Aufgabe der Aufsichtsbehörden, im Verfahren nach
Art. 17 ff. SchKG
die materiellrechtlichen Fragen über die Anforderungen, welche an die allgemeinen Geschäftsbedingungen zu stellen sind, zu beantworten (vgl. dazu
BGE 95 III 42
E. 4).
2.
Sodann bringt der Rekurrent vor, er habe bereits mit der Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde eine Verletzung von
Art. 4 BV
gerügt, weil das Betreibungsamt bei der Festsetzung des unpfändbaren Betrages gemäss
Art. 325 Abs. 1 OR
auch den Beitrag der Ehefrau an die ehelichen Lasten miteinbezogen habe. Er habe dargelegt, dass zur Beurteilung dieser Frage nicht das Betreibungsamt, sondern gemäss Art. 55 Ziff. 6 der kantonalen Zivilprozessordnung das Bezirksgericht zuständig sei.
Auf diese Rüge kann nicht eingetreten werden. Nach ständiger Rechtsprechung prüft die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer nur die Anwendung und Auslegung des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts durch die kantonalen Instanzen, wogegen Verfassungsverletzungen mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen sind (
BGE 105 III 34
mit Hinweis).
3.
Der Rekurrent meint aber auch,
Art. 325 OR
sei verletzt worden, weil die kantonale Aufsichtsbehörde das Vorgehen des Betreibungsamtes geschützt und damit zugelassen habe, dass bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages auch ein Beitrag der Ehefrau aus ihrem Erwerbseinkommen an die ehelichen Lasten berücksichtigt wurde.
Die kantonale Aufsichtsbehörde ist jedoch (unter Hinweis auf den Kommentar SCHÖNENBERGER/GAUCH/STAEHELIN, N. 14 zu
BGE 110 III 115 S. 118
Art. 325 OR
) davon ausgegangen, dass die Berechnung des Notbedarfs nach den Regeln des Betreibungsrechts erfolgt. Das ist, wie sich aus dem engen Zusammenhang zwischen
Art. 325 OR
(und
Art. 226e OR
; vgl. dazu
BGE 95 III 42
E. 3) mit
Art. 93 SchKG
ergibt, zutreffend. Im Rahmen von
Art. 93 SchKG
ist ein Anteil des Frauenverdienstes mit in die Berechnung des Existenzminimums einzubeziehen (
BGE 94 III 5
E. 1,
BGE 97 III 12
). Entgegen der Auffassung des Rekurrenten geht es hierbei - auch unter dem Gesichtspunkt von
Art. 325 OR
- keineswegs darum, einen Lohnanteil der Ehefrau an die Gläubigerin zu zedieren. Vielmehr wird der von der erwerbstätigen Ehefrau nach Massgabe ihrer gesetzlichen Beistandspflicht (
Art. 192 Abs. 2 und
Art. 246 ZGB
) an die gemeinsamen ehelichen Lasten zu erbringende Beitrag festgestellt; um diesen Beitrag ermässigt sich die Unterhaltspflicht des Ehemannes und erhöht sich entsprechend der pfändbare Betrag seines Einkommens.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat daher durchaus zu Recht das Vorgehen des Betreibungsamtes geschützt. Die Argumentation des Rekurrenten, durch den Einbezug eines Anteils des Frauenverdienstes sei der "Wortlaut der von der Gegenpartei eingelegten Zession zuungunsten des Beschwerdeführers bzw. von dessen Ehefrau übermässig interpretiert" worden, geht demgegenüber an der Sache vorbei. Würde man seiner Auffassung folgen, so wäre es auch nicht gerechtfertigt - wie die kantonale Aufsichtsbehörde zutreffend bemerkt -, bei der Bestimmung des Notbedarfs im Sinne von
Art. 325 OR
den Aufwendungen Rechnung zu tragen, welche für den Haushalt eines Ehepaares notwendig sind. | null | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
47716401-a62e-4fab-a2a1-30470e6d3c0a | Urteilskopf
113 Ib 193
33. Extraits de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 4 décembre 1987 dans la cause X. contre le Juge-instructeur II du district de Sion (recours de droit administratif) | Regeste
Voraussetzungen gemäss
Art. 90 Abs. 1 BdBSt
der Mitteilung des Inhaltes von Strafakten an die Steuerbehörden und der Verwendung gegen im Strafverfahren nicht mit einbezogene Dritte. | Sachverhalt
ab Seite 193
BGE 113 Ib 193 S. 193
Sur la base des informations contenues dans le dossier pénal de Y. dont il a obtenu la communication, le fisc valaisan a ouvert une procédure en rappel d'impôt et en soustraction à l'encontre de tiers non impliqués dans la procédure pénale et notamment contre X. Face au refus de ce dernier de fournir le relevé complet de sa fortune et de ses revenus, l'autorité de taxation a obtenu du Juge-instructeur II du district de Sion la copie des différentes pièces du dossier pénal de Y. concernant la situation de X.
Celui-ci recourt devant le Tribunal fédéral en invoquant une violation de l'
art. 90 al. 1 AIFD
. Son recours de droit administratif est rejeté dans la mesure où il est recevable.
Erwägungen
Extraits des considérants:
3.
Selon l'
art. 90 al. 1 AIFD
, "les administrations publiques et les autorités judiciaires de la Confédération, des cantons et des communes doivent, sans égard au secret de fonction, fournir gratuitement à l'autorité de taxation, sur demande de celle-ci, les renseignements, tirés des registres officiels et de toutes autres pièces, qui peuvent être utiles pour la taxation des contribuables. Le secret postal et télégraphique demeure garanti."
BGE 113 Ib 193 S. 194
a) S'appuyant sur cette disposition, les autorités fiscales ont, à bon droit, obtenu accès au dossier pénal de Y. dès lors que ce dernier était sérieusement suspecté d'avoir commis des actes illicites également sur le plan fiscal. Dans la mesure où l'examen des documents bancaires figurant dans le dossier pénal - qui échappaient ainsi à la protection du secret bancaire - donnait au fisc des indices suffisants pour soupçonner concrètement des tiers (et parmi ceux-ci le client X.) de contrevenir aux lois fiscales, l'autorité de taxation pouvait, en vertu de l'
art. 90 al. 1 AIFD
, utiliser ces pièces à l'encontre des tiers concernés même si ceux-ci ne sont pas directement impliqués dans la procédure pénale (
ATF 108 Ib 236
).
b) En l'occurrence, le recourant conteste à tort l'existence d'indices suffisants autorisant le fisc à obtenir la première consultation du dossier pénal dans le courant de 1985. Ainsi qu'il a été relevé précédemment, les autorités fiscales soupçonnaient à cette époque la personne pénalement poursuivie et elles avaient de sérieuses raisons de penser que Y. avait fraudé le fisc. Cette première consultation du dossier ne saurait donc être qualifiée de contraire à l'
art. 90 al. 1 AIFD
. Or, les renseignements tirés du dossier pénal à cette occasion ont constitué à leur tour des indices suffisants pour autoriser une enquête fiscale sur la situation de tiers; ils justifient également l'admission d'une nouvelle demande de renseignements conformément à l'
art. 90 al. 1 AIFD
.
c) Soulignant qu'une consultation du dossier a déjà eu lieu en 1985, le recourant soutient ensuite qu'il est inutile de remettre à l'autorité fiscale des copies de pièces dont elle a déjà eu connaissance. Il invoque à l'appui de son point de vue le texte de l'arrêt publié aux
ATF 108 Ib 232
; dans la mesure où - s'agissant de préciser la portée de l'
art. 90 al. 1 AIFD
- le Tribunal fédéral n'a parlé que de consultation des pièces (Einsicht) et non pas d'usage de celles-ci (Gebrauch), le recourant prétend que des pièces ayant servi à une procédure pénale ne peuvent être utilisées et mises en possession de services administratifs.
Cette argumentation est évidemment erronée. Le texte allemand de l'
art. 90 al. 1 AIFD
, auquel se réfère expressément le recourant, n'utilise pas le terme de consultation du dossier (Einsichtnahme), mais de communication de renseignements (Auskunfterteilung). Ce devoir de renseigner est satisfait aussi bien par la consultation proprement dite du dossier que par la remise de copies de celui-ci. Selon les termes clairs de la disposition en cause, aucun
BGE 113 Ib 193 S. 195
antagonisme ne saurait non plus être établi entre la communication de renseignements par les autorités pénales et leur utilisation par les autorités fiscales. Le but de l'
art. 90 al. 1 AIFD
consiste précisément à permettre l'utilisation des informations et des documents ainsi transmis à des fins fiscales.
Par ailleurs, une consultation répétée d'un dossier pénal n'est pas critiquable lorsqu'elle est justifiée par un besoin de procéder à des vérifications plus précises ou, comme en l'espèce, par la nécessité d'obtenir des copies de certaines pièces. Au demeurant, le contribuable est d'autant moins fondé à s'en plaindre qu'il n'a pas donné suite à la réquisition de produire les relevés bancaires qui lui a été adressée après que le fisc eut constaté que ses rapports bancaires avec l'Union de Banques Suisses n'avaient pas été déclarés. Le recourant a donc lui-même conduit l'autorité fiscale à demander de pouvoir à nouveau consulter le dossier pénal de Y. Connaissant ce dossier pour l'avoir déjà examiné, le fisc savait avec précision quelles pièces lui étaient nécessaires; il était dès lors plus simple - et parfaitement admissible - d'en demander uniquement des copies. | public_law | nan | fr | 1,987 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
47724d13-695f-40d6-8145-345147943cf9 | Urteilskopf
137 III 385
57. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre A. (recours en matière civile)
5A_62/2011 du 26 juillet 2011 | Regeste
Art. 163, 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
, aArt. 137 ZGB; Grundlage der Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten im Eheschutz sowie bei vorsorglichen Massnahmen.
Art. 163 ZGB
bleibt Rechtsgrund der Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten im Eheschutz sowie bei vorsorglichen Massnahmen. Präzisierung von
BGE 128 III 65
(E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 385
BGE 137 III 385 S. 385
A.
X., né en 1977, de nationalité turque, et A., née en 1959, de nationalité suisse, se sont mariés le 16 juin 2005 à Genève. Précédemment, ils ont signé un contrat de mariage prévoyant le régime de la séparation de biens, ainsi qu'un pacte de renonciation à tous droits dans la succession de l'autre.
A. est la soeur de B. Lors de vacances en Turquie où ils ont fait la connaissance de X., les époux B. ont demandé à ce dernier de venir
BGE 137 III 385 S. 386
s'installer à Genève pour s'occuper de leurs enfants, contre versement d'un salaire mensuel de 3'000 fr. et la mise à disposition d'un appartement ainsi que d'une femme de ménage.
N'ayant pas pu prolonger le permis de séjour de X., les époux B. ont demandé à A. de contracter mariage avec leur employé, ce qu'elle a accepté. Aucune communauté conjugale n'a existé entre les époux, A. vivant avec sa mère et ayant elle-même un compagnon depuis plusieurs années.
En novembre 2009, X. a connu des problèmes de santé, suite auxquels les époux B. ont résilié les rapports contractuels.
B.
Par requête de mesures protectrices de l'union conjugale du 26 avril 2010, X. a notamment demandé que A. soit condamnée à lui verser une contribution d'entretien de 3'000 fr. par mois dès le 1
er
décembre 2009 et la somme de 2'500 fr. à titre de
provisio ad litem
. Le Tribunal de première instance a jugé que l'époux avait droit à une contribution d'entretien de 1'700 fr. par mois couvrant ses charges incompressibles, ainsi qu'à la somme de 2'500 fr. à titre de
provisio ad litem
.
A. a recouru contre le jugement sur mesures protectrices auprès de la Cour de justice, qui a annulé le jugement attaqué et rejeté la requête de mesures protectrices de l'union conjugale formée par l'époux.
C.
Par mémoire du 24 janvier 2011, X. interjette un recours en matière civile contre cet arrêt, concluant notamment à sa réforme en ce sens que A. soit condamnée à lui verser la somme de 2'500 fr. à titre de
provisio ad litem
et la somme de 1'700 fr. dès le 1
er
juin 2010 à titre de contribution d'entretien.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
Saisi d'un recours en matière civile au sens de l'
art. 98 LTF
, le Tribunal fédéral peut rejeter le recours en opérant une substitution de motifs, pour autant que la nouvelle motivation n'ait pas été expressément réfutée par l'autorité cantonale et qu'elle résiste, à son tour, au grief de la violation des droits constitutionnels (
ATF 133 III 545
consid. 2.2;
ATF 128 III 4
consid. 4c/aa;
ATF 112 Ia 353
consid. 3c/bb; arrêt 5A_684/2008 du 1
er
décembre 2008 consid. 1.2).
3.1
Même lorsqu'on ne peut plus sérieusement compter sur la reprise de la vie commune, ce que le juge du fait doit constater, l'
art. 163 CC
BGE 137 III 385 S. 387
demeure la cause de l'obligation d'entretien réciproque des époux en mesures protectrices de l'union conjugale, comme il l'est aussi en mesures provisionnelles prononcées pour la durée de la procédure de divorce (
ATF 130 III 537
consid. 3.2). Aux termes de cette disposition, mari et femme contribuent, chacun selon ses facultés, à l'entretien convenable de la famille (al. 1); ils conviennent de la façon dont chacun apporte sa contribution [...] (al. 2); ce faisant, ils tiennent compte des besoins de l'union conjugale et de leur situation personnelle (al. 3). Pour fixer la contribution d'entretien, selon l'
art. 176 al. 1 ch. 1 CC
, le juge doit partir de la convention, expresse ou tacite, que les époux ont conclue au sujet de la répartition des tâches et des ressources entre eux. Il doit ensuite prendre en considération qu'en cas de suspension de la vie commune (art. 175 s. CC), le but de l'
art. 163 CC
, soit l'entretien convenable de la famille, impose à chacun des époux le devoir de participer, selon ses facultés, aux frais supplémentaires qu'engendre la vie séparée. Il se peut donc que, suite à cet examen, le juge doive modifier la convention conclue pour la vie commune, pour l'adapter à ces faits nouveaux. C'est dans ce sens qu'il y a lieu de comprendre la jurisprudence consacrée dans l'
ATF 128 III 65
, qui admet que le juge doit prendre en considération, dans le cadre de l'
art. 163 CC
, les critères applicables à l'entretien après le divorce (
art. 125 CC
) pour statuer sur la contribution d'entretien et, en particulier, sur la question de la reprise ou de l'augmentation de l'activité lucrative d'un époux (cf. aussi, arrêt 5A_122/2011 du 9 juin 2011 consid. 4). Ainsi, le juge doit examiner si, et dans quelle mesure, au vu de ces faits nouveaux, on peut attendre de l'époux désormais déchargé de son obligation de tenir le ménage antérieur, en raison de la suspension de la vie commune, qu'il investisse d'une autre manière sa force de travail ainsi libérée et reprenne ou étende son activité lucrative. En effet, dans une telle situation, la reprise de la vie commune, et donc le maintien de la répartition antérieure des tâches, ne sont ni recherchés ni vraisemblables; le but de l'indépendance financière des époux, notamment de celui qui jusqu'ici n'exerçait pas d'activité lucrative, ou seulement à temps partiel, gagne en importance. Cela vaut tant en matière de mesures protectrices de l'union conjugale, lorsqu'il est établi en fait qu'on ne peut plus sérieusement compter sur une reprise de la vie commune, qu'en matière de mesures provisionnelles durant la procédure de divorce, la rupture définitive du lien conjugal étant à ce stade très vraisemblable (dans ce sens, cf.
ATF 130 III 537
consid. 3.2).
BGE 137 III 385 S. 388
En revanche, ni le juge des mesures protectrices de l'union conjugale, ni celui des mesures provisionnelles ne doit trancher, même sous l'angle de la vraisemblance, les questions de fond, objet du procès en divorce, en particulier celle de savoir si le mariage a influencé concrètement la situation financière du conjoint.
3.2
En l'espèce, il ressort des constatations de fait de l'arrêt attaqué que les époux se sont mariés dans le but, pour l'un, d'obtenir un permis de séjour, et, pour l'autre, de répondre à une demande de son frère qui souhaitait pouvoir, par ce moyen, conserver son employé. Ils n'ont jamais vécu ensemble, n'ont jamais formé de communauté conjugale sous quelque forme que ce soit, et aucun d'eux n'a contribué, en espèces ou en nature, à l'entretien de l'autre. La capacité de gain de chacun des époux n'a donc pas été un élément essentiel de la convention des époux, au sens de l'
art. 163 al. 2 CC
; la perte de celle-ci, si elle était avérée, ne pourrait donc pas en entraîner la modification. En d'autres termes, la convention des époux était celle d'une indépendance totale, chacun pourvoyant à ses propres besoins et vivant en tous points de manière autonome par rapport à l'autre. Il n'y a donc, au moment de statuer sur les mesures protectrices de l'union conjugale, aucun fait nouveau justifiant de modifier la convention des parties. Le recourant n'a donc droit à aucune contribution d'entretien, que ce soit pour subvenir à ses besoins courants ou supporter les coûts du procès.
3.3
Le recourant n'ayant, en application de l'
art. 163 CC
, aucun droit à une contribution d'entretien, ou à une
provisio ad litem
, c'est à tort que l'autorité cantonale a recouru à l'abus de droit au sens de l'
art. 2 al. 2 CC
pour statuer. Quant à la motivation subsidiaire de l'autorité cantonale, tirée de l'absence d'impact décisif du mariage, question de fond de la procédure de divorce, elle est sans pertinence au regard de l'
art. 163 CC
. Le recours sera donc rejeté par substitution de motifs. | null | nan | fr | 2,011 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
4773cbaf-86ce-4743-b3e6-229bb1e6055a | Urteilskopf
124 IV 280
47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Oktober 1998 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 13e ANAG
und
Art. 23a ANAG
.
Die Missachtung einer fremdenpolizeilichen Verfügung betreffend Ausgrenzung oder Eingrenzung ist nur dann strafbar, wenn sich der Vollzug der Weg- oder Ausweisung des Ausländers als undurchführbar erweist. Massgebend sind insoweit die Verhältnisse nicht zur Zeit der Tat, sondern im Zeitpunkt des Urteils (E. 2). Verzicht auf die Anordnung des Vollzugs von einschlägigen Vorstrafen (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 280
BGE 124 IV 280 S. 280
A.-
Mit Verfügung der Fremdenpolizei des Kantons Zürich vom 22. Juli 1997 wurde B. das Betreten der Stadt Zürich verboten. Am Abend des 16. Januar 1998 begab sich B. nach Zürich, um mit einem Kollegen eine Diskothek aufzusuchen.
BGE 124 IV 280 S. 281
B.-
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich verurteilte B. am 19. Januar 1998 wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer im Sinne von Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
zu vier Monaten Gefängnis (unbedingt). Er ordnete zudem den Vollzug der Gefängnisstrafen von 30 Tagen und von 90 Tagen gemäss den Strafbefehlen der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 4. September 1997 und vom 25. Dezember 1997 an.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach B. auf dessen Berufung hin am 2. März 1998 vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer frei und hob die Verfügung betreffend Widerruf des bedingten Strafvollzugs auf.
C.-
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
2.
a) Durch das Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 18. März 1994, in Kraft seit 1. Februar 1995, sind dem Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) mehrere neue Bestimmungen beigefügt worden, nämlich Art. 13a-13e und Art. 23a.
Um die Durchführung eines Wegweisungsverfahrens sicherzustellen, kann die zuständige kantonale Behörde einen Ausländer, der keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzt, während der Vorbereitung des Entscheides über seine Aufenthaltsberechtigung gemäss
Art. 13a ANAG
für höchstens drei Monate in Haft nehmen, und zwar unter anderem dann, wenn er ein nach
Art. 13e ANAG
ihm zugewiesenes Gebiet verlässt oder ihm verbotenes Gebiet betritt (Art. 13a Buchstabe b). Diese Haft im Sinne von
Art. 13a ANAG
ist die sogenannte Vorbereitungshaft (siehe die Botschaft des Bundesrates, BBl 1994 I 305 ff., 321 f.). Wurde ein erstinstanzlicher Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet, so kann die zuständige kantonale Behörde den Ausländer gemäss
Art. 13b Abs. 1 ANAG
zur Sicherstellung des Vollzugs in Haft belassen, wenn er sich gestützt auf Art. 13a bereits in Haft befindet, beziehungsweise in Haft nehmen, wenn Gründe nach Art. 13a Buchstabe
BGE 124 IV 280 S. 282
b, c oder e vorliegen. Diese Haft im Sinne von
Art. 13b ANAG
ist die Ausschaffungshaft (Botschaft S. 323 f.). Sie darf höchstens drei Monate dauern; stehen dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entgegen, kann die Haft mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um höchstens sechs Monate verlängert werden (
Art. 13b Abs. 2 ANAG
). Die Haft, und zwar sowohl die Vorbereitungs- wie auch die Ausschaffungshaft, wird gemäss Art. 13c Abs. 5 Buchstabe a ANAG unter anderem dann beendet, wenn "sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist". Unter derselben Voraussetzung ist die Missachtung einer Aus- oder Eingrenzungsverfügung gemäss
Art. 23a ANAG
strafbar.
b) Ob ein Ausländer ausgeschafft werden kann, steht im Zeitpunkt, in dem er eine Auflage gemäss
Art. 13e ANAG
(betreffend Ein- oder Ausgrenzung) missachtet, häufig noch nicht fest. Solange unklar ist, ob der Ausländer ausgeschafft werden kann, kommt grundsätzlich die Vorbereitungs- bzw. Ausschaffungshaft in Betracht und ist jedenfalls eine Bestrafung wegen Missachtung einer Ein- bzw. Ausgrenzungsverfügung ausgeschlossen. Wenn im Sinne des Gesetzes und der diesbezüglichen Rechtsprechung (siehe etwa
BGE 122 II 148
E. 3 S. 152 f.) "sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder Ausweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist", fallen einerseits die Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft, welche ja die Sicherstellung der Ausschaffung bezwecken, ausser Betracht und ist andererseits eine Bestrafung wegen Missachtung einer Aus- bzw. Eingrenzungsverfügung zulässig. Die Strafbarkeit hängt nicht etwa davon ab, ob der Ausländer wegen der Missachtung der Auflage sich zu irgendeiner Zeit in Vorbereitungs- und/oder Ausschaffungshaft befunden hat, sondern allein davon, ob der Vollzug der Weg- oder Ausweisung undurchführbar ist.
Kann der Ausländer ausgeschafft werden, so ist es aus der Sicht des Gesetzgebers nicht opportun, vorerst noch eine Freiheitsstrafe wegen Missachtung einer Aus- bzw. Eingrenzungsverfügung gemäss Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
auszusprechen und allenfalls zu vollstrecken. Kann der Ausländer aber nicht ausgeschafft werden, so soll er wegen der Missachtung der Aus- oder Eingrenzungsverfügung bestraft werden, womit auch erreicht werden kann, dass er sich in der Zukunft an solche Auflagen hält. Die Strafe ist damit insoweit subsidiär gegenüber den fremdenpolizeilichen Massnahmen der Ausschaffung sowie der diese sicherstellenden Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft. In Anbetracht des sich aus dem
BGE 124 IV 280 S. 283
Gesetz ergebenden Vorrangs der Ausschaffung vor einer Bestrafung muss der Strafrichter bei der Beurteilung der Missachtung einer Aus- bzw. Eingrenzungsverfügung auf die (ihm bekannten) Verhältnisse zur Zeit des Urteils abstellen.
Dies gilt auch dann, wenn, wie offenbar im vorliegenden Fall, zur Zeit der Tat eine Ausschaffung des Ausländers und daher auch die Anordnung einer fremdenpolizeilichen Haft in Anbetracht der damaligen (den Behörden bekannten) Verhältnisse ausser Betracht fiel, diese Verhältnisse bzw. der Kenntnisstand der Behörden sich in der Folge, und sei es auch erst kurz vor der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Urteils, dergestalt geändert haben, dass eine Ausschaffung möglich geworden ist. Auch in diesem Fall sind allein die den Behörden bekannten Verhältnisse zur Zeit des Urteils massgebend. Dass der Ausländer trotz Missachtung einer Aus- bzw. Eingrenzungsverfügung im Sinne von
Art. 13e ANAG
nicht in Anwendung von Art. 13a Buchstabe b respektive Art. 13b Abs. 1 Buchstabe b ANAG in Vorbereitungs- resp. Ausschaffungshaft genommen werden konnte, da eine Ausschaffung damals unmöglich schien, bedeutet nicht, dass der Ausländer ungeachtet der Änderung der Verhältnisse zu bestrafen sei.
Die in
Art. 23a ANAG
vorausgesetzte erwiesene Undurchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs ist nicht eine persönliche Sondereigenschaft des Täters, die im Zeitpunkt der Tat vorliegen muss, sondern eine objektive Strafbarkeitsbedingung oder allenfalls eine Prozessvoraussetzung aus Opportunitätsgründen, die zur Zeit der Urteilsfällung erfüllt sein muss.
c) Allerdings können sich die Verhältnisse auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils ändern. So ist es möglich, dass einerseits ein rechtskräftig gemäss Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
verurteilter Ausländer zufolge nachträglicher Änderung der Verhältnisse doch noch ausgeschafft und dass andererseits ein rechtskräftig freigesprochener Ausländer zufolge nachträglicher Änderung der Verhältnisse nicht mehr ausgeschafft werden kann. Wie in diesen Fällen vorzugehen wäre, kann hier mit der Vorinstanz offen gelassen werden. Im Übrigen ergeben sich bei Änderung der für die Ausschaffung relevanten Verhältnisse Schwierigkeiten unabhängig davon, ob die Verhältnisse zur Zeit der Tat oder die Verhältnisse im Zeitpunkt der Urteilsfällung als massgebend erachtet werden. Die Probleme resultieren aus
Art. 23a ANAG
selbst, der entscheidend darauf abstellt, ob der Vollzug der Weg- oder Ausweisung durchführbar ist, was aber von rechtlichen und tatsächlichen Umständen
BGE 124 IV 280 S. 284
abhängt, die sich im Laufe der Zeit, sowohl zwischen der Tat und der Urteilsfällung als auch noch nach dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils, ändern können.
d) Im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Berufungsurteils vom 2. März 1998 war der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdegegners durchführbar, da die jugoslawischen Behörden mit Schreiben vom 6. Januar 1998 ihre Zustimmung für die Ausstellung eines "Laissez-passer" für den Beschwerdegegner erteilt haben, wie das Bundesamt für Flüchtlinge mit Schreiben vom 20. Januar 1998 der Fremdenpolizei des Kantons Zürich mitteilte. Damit waren im Zeitpunkt der Urteilsfällung, der massgebend ist, die Voraussetzungen für eine Bestrafung des Beschwerdegegners gemäss Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
nicht (mehr) erfüllt. Entgegen dem Eventualstandpunkt der Beschwerdeführerin fällt eine Bestrafung eines Ausländers gemäss Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
nicht erst dann ausser Betracht, wenn dieser tatsächlich aus der Schweiz ausgeschafft, der Vollzug der Wegweisung also durchgeführt worden ist; es genügt, dass der Vollzug der Wegweisung durchführbar, mit andern Worten die Ausschaffung möglich ist.
Die Vorinstanz hat den Beschwerdegegner daher zu Recht vom Vorwurf der Missachtung der Ausgrenzungsverfügung der Fremdenpolizei des Kantons Zürich vom 22. Juli 1997 freigesprochen.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit in diesem Punkt abzuweisen.
3.
Der Beschwerdeführer ist durch Strafbefehle der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 4. September 1997 und vom 25. Dezember 1997 zu bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafen von 30 Tagen beziehungsweise 90 Tagen verurteilt worden, weil er sich am 3. September 1997 bzw. am 24. Dezember 1997 in Missachtung der Ausgrenzungsverfügung der Fremdenpolizei des Kantons Zürich vom 22. Juli 1997 in der Stadt Zürich aufgehalten hatte.
a) Die 1. Instanz, die den Beschwerdegegner wegen Widerhandlung im Sinne von Art. 23a i.V.m.
Art. 13e ANAG
zu vier Monaten Gefängnis (unbedingt) verurteilte, da er die Ausgrenzungsverfügung am 16. Januar 1998 erneut missachtet hatte, ordnete den Vollzug der beiden Vorstrafen an. Die Vorinstanz hat die Verfügung betreffend Widerruf des bedingten Strafvollzugs unter Hinweis auf den Ausgang des Verfahrens (Freispruch) aufgehoben.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, auch im Falle der Bestätigung des vorinstanzlichen Freispruchs sei der Vollzug der beiden einschlägigen Vorstrafen anzuordnen. Der Beschwerdegegner habe
BGE 124 IV 280 S. 285
durch die erneute Missachtung der Ausgrenzungsverfügung während den Probezeiten jedenfalls im Sinne von
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB
in anderer Weise das auf ihn gesetzte Vertrauen getäuscht. Die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie nicht zumindest aus diesem Grunde den Vollzug der beiden einschlägigen Vorstrafen angeordnet habe. Eventuell sei der angefochtene Entscheid insoweit gemäss
Art. 277 BStP
aufzuheben, da er mangels hinreichender diesbezüglicher Begründung nicht auf seine Vereinbarkeit mit Bundesrecht überprüft werden könne.
b) Ein bestimmtes Verhalten, das etwa wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmales, einer objektiven Strafbarkeitsbedingung oder einer Prozessvoraussetzung nicht strafbar ist, soll nicht kurzerhand als Täuschung des Vertrauens in anderer Weise im Sinne von
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB
zum Widerruf des bedingten Strafvollzugs führen. Die Vorinstanz hat dem Anschein nach in dieser Überlegung ohne ausdrückliche Begründung von einem Widerruf abgesehen. Im Übrigen betreffen die beiden Vorstrafen ebenfalls Widerhandlungen des Beschwerdegegners gegen die Ausgrenzungsverfügung vom 22. Juli 1997. Es ist fraglich, ob eine Anordnung des Vollzugs dieser Strafen in Anwendung von
Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB
mit Sinn und Zweck des Bundesgesetzes über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vereinbar wäre, nachdem in Anbetracht der zur Zeit der Ausfällung des Berufungsurteils bekannten Sachlage die Ausschaffung des Beschwerdegegners möglich war und gerade aus diesem Grunde die erneute Missachtung der Ausgrenzungsverfügung, die nach Meinung der Beschwerdeführerin Anlass zum Widerruf des bedingten Strafvollzugs sein soll, nicht strafbar ist.
Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen. | null | nan | de | 1,998 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
477815d4-f3b2-4db0-86bd-06a1157956eb | Urteilskopf
108 II 278
55. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 17 juin 1982 dans la cause Fondation Russel-Eynard et consorts contre Commune de Rolle (procès direct) | Regeste
Art. 2 Abs. 2, 80 ff., 482 Abs. 1, 601 ZGB.
1. Auslegung eines Testaments und einer Stiftungsurkunde (E. 4a und b).
2. Wird der Vermächtnisnehmer testamentarisch angewiesen, eine Stiftung zu gründen und ihr die vermachten Vermögenswerte zu übertragen, liegt ein Vermächtnis unter Auflage vor (E. 4c).
3. Berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verlangen, ist nicht nur die begünstigte Stiftung, sondern sind auch ein Erbe sowie diejenigen Personen, denen die vom Erblasser festgelegte Leistung zukommen soll (E. 4d).
4. Ist
Art. 601 ZGB
auf die durch die Auflage eingeräumten Rechte analog anwendbar? Frage offen gelassen (E. 5a).
5. Der Vermächtnisnehmer, der die Einrede der Verjährung erhebt, nachdem er durch sein Verhalten den Begünstigten in den Glauben versetzt hat, er werde die Auflage vollziehen, und ihn dadurch davon abgehalten hat, die Vollziehung zu verlangen, handelt rechtsmissbräuchlich (E. 5b). | Sachverhalt
ab Seite 279
BGE 108 II 278 S. 279
A.-
a) Marguerite Russell-Eynard était propriétaire d'un domaine dit "Au Pré de Vert", sis à Rolle, dans la partie ouest, de part et d'autre de la route du lac. Comportant maison de maître, dépendance et ruraux, ce domaine est formé des parcelles 326 et 327 du feuillet 15 de la commune de Rolle.
Le 1er novembre 1918, Marguerite Russel-Eynard rédigea un testament instituant héritière unique une fondation qu'elle chargeait ses exécuteurs testamentaires de constituer et qui devait porter le nom de son fils prédécédé, Claudi Russell-Eynard. Elle expliquait qu'elle désirait perpétuer la mémoire de Claudi Russell-Eynard par une oeoeuvre humanitaire venant en aide à des enfants tuberculeux dont les moyens étaient insuffisants pour faire face à la maladie. Ces enfants devaient pouvoir vivre dans la propriété et jouir de ses produits. Aussi la testatrice déclarait-elle laisser à cette oeuvre sa campagne de Pré de Vert "et tout ce qu'elle contient, à moi appartenant au jour de mon décès, à l'exception de tout objet spécialement disposé autrement, ainsi que la presque totalité de ma fortune, afin que ladite oeuvre puisse être organisée et subsister".
Par un second testament, du 22 août 1923, Marguerite Russel-Eynard annula ses dispositions antérieures, tout en renvoyant à son testament de 1918 pour expliquer les sentiments qui l'avaient inspirée. Elle tenait compte d'une importante modification des circonstances survenue depuis 1918: sa soeur Rachel avait divorcé et repris le nom de Eynard. Marguerite Russell-Eynard instituait donc héritière Rachel Eynard et, à son défaut, le fils de celle-ci, Paul Eynard. En ce qui concerne la fondation à créer, elle disposait:
"Je lègue à la Commune de Rolle ma propriété de Pré de Vert, maison, campagnes et dépendances, ainsi qu'un capital de cent vingt mille francs qui représente dans sa presque totalité la fortune qui m'a été laissée par mon mari.
BGE 108 II 278 S. 280
Je désire que ce legs (120'000 fr.) soit consacré à une Fondation pour enfants indigents et délicats, atteints légèrement ou menacés de tuberculose osseuse, sans distinction d'origine ni de religion. Si la Commune de Rolle n'a pas les fonds nécessaires pour créer cette fondation, elle aura la faculté de céder les biens que je lui lègue à une fondation ou autre oeuvre existant déjà et qui devra s'engager à poursuivre le but indiqué par moi sous le nom "Fondation Claudi Russell-Eynard".
Je lègue à la Commune de Rolle, pour la fondation susmentionnée, tout le mobilier proprement dit qui se trouve à Pré de Vert, à l'exception des tableaux et de quelques meubles de souvenir que ma mère et ma soeur devront choisir."
Marguerite Russell-Eynard est décédée à Rolle le 25 juin 1924. Ses dispositions testamentaires furent homologuées par le juge de paix du cercle de Rolle le 26 juin 1924.
b) Des divergences de vues apparurent bientôt entre les exécuteurs testamentaires de Marguerite Russell-Eynard et la commune de Rolle au sujet de l'interprétation du legs fait à la commune. Les exécuteurs testamentaires soutenaient que les immeubles pouvaient être immatriculés au registre foncier, au chapitre ordinaire de la commune de Rolle, et même à un chapitre spécial, mais seulement jusqu'à ce que la fondation Claudi Russell-Eynard eût son existence propre et pût vivre de ses moyens: à ce moment là, disaient-ils, les immeubles devraient passer au chapitre personnel de la fondation.
La Municipalité prétendait, au contraire, que la commune de Rolle, instituée légataire avec charge, avait le droit, après acceptation du legs, de faire inscrire les immeubles au chapitre de la commune de Rolle avec réserve d'usufruit.
Finalement, un accord intervint, en 1930-1931, entre la commune et les exécuteurs testamentaires: une fondation au sens des
art. 80 ss CC
serait constituée, la somme de 120'000 fr. lui serait affectée, les immeubles seraient transférés à un chapitre cadastral spécial intitulé "Commune de Rolle, fondation Claudi Russell-Eynard" et voués exclusivement à l'oeuvre à créer.
Le Conseil communal accepta le legs et la création de la fondation. L'acte de délivrance du legs, notarié le 26 avril 1932, fut inscrit le 30 avril au registre foncier.
Le même jour, la commune de Rolle a constitué la fondation. L'acte constitutif contient notamment les dispositions admises par les parties, soit l'attribution définitive du legs de 120'000 fr. à la fondation, à titre de capital initial, l'attribution en propriété exclusive du mobilier légué et la clause suivante relative aux immeubles:
BGE 108 II 278 S. 281
"Enfin, est encore affecté à titre définitif à la Fondation Claudi Russell-Eynard l'usage de tous les immeubles formant la campagne de Pré de Vert, communes de Rolle et de Gilly, et qui viennent de faire l'objet d'un acte de délivrance de legs en faveur de Rolle, étant entendu que ces immeubles sont inscrits au Registre foncier à un chapitre spécial de la Commune de Rolle intitulé "Commune de Rolle (Fondation Claudi Russell-Eynard)", sans que ladite commune ait jamais la possibilité de distraire tout ou partie de ces immeubles du but fixé par Mme Marguerite Russell-Eynard, cela sous réserve toutefois que dans l'éventualité où il paraîtrait nécessaire pour la Fondation de réaliser une partie du domaine, la Commune se prêterait à cette aliénation moyennant que le produit de la vente vienne accroître le capital inaliénable de la Fondation. La Fondation aura sur ces immeubles le droit de jouissance le plus étendu avec la faculté de les gérer et d'en tirer tous les revenus, mais avec l'obligation de les maintenir en bon état.
Elle supportera tous les frais d'exploitation, impôts, assurances et autres contributions publiques.
La Commune de Rolle n'aura pas à rembourser le coût d'installations, réparations d'entretien pour les transformations, constructions et reconstructions qui pourraient être apportées aux immeubles et ouvrages, toutes ces dépenses devant être supportées par la Fondation bénéficiaire."
L'acte constitutif arrête ensuite les statuts de la fondation, dont l'art. 1 est ainsi libellé:
"La Fondation Claudi Russell-Eynard a pour but de créer sur le domaine de Pré de Vert, à Rolle, un établissement en faveur d'enfants indigents et délicats, atteints légèrement ou menacés de tuberculose osseuse, sans distinction d'origine ni de religion; le tout conformément aux dispositions des dernières volontés de Mme Marguerite Russell-Eynard."
c) En 1944, le comité de la fondation, d'accord avec la commune de Rolle, envisagea de vendre les immeubles et d'en affecter le produit à une oeuvre en faveur d'enfants atteints de tuberculose osseuse, le traitement de cette maladie ne pouvant pas être pratiqué à Rolle en raison du climat. Autorité supérieure en matière de surveillance des fondations, le Conseil d'Etat du canton de Vaud décida, le 11 janvier 1946, de ne pas autoriser la vente en principe, tout en se réservant d'examiner une nouvelle demande de vente partielle destinée à augmenter les ressources de l'oeuvre. Toutefois, il autorisa le comité de la fondation à s'intéresser, non seulement à des enfants atteints de tuberculose osseuse, mais à des enfants délicats, débiles ou prédisposés à la tuberculose, qui ont besoin de passer leur vie au grand air.
d) En 1978, la fondation établit un projet de nouvelles constructions qui devait être financé par des subventions et par des emprunts garantis par hypothèque sur les immeubles. Elle chargea le notaire Chuard de trouver une solution permettant d'assurer le
BGE 108 II 278 S. 282
financement hypothécaire. Consultant le registre foncier, cet homme de loi constata que le propriétaire des immeubles était inscrit en les termes suivants: "Rolle, La Commune - Fondation Claudi Russell-Eynard". Il demanda conseil au professeur Piotet, qui, dans un avis de droit du 30 mai 1978, estima que la propriété des immeubles devait être transférée par la commune à la fondation. La Municipalité se rallia à cette manière de voir et proposa au Conseil communal de l'autoriser à exécuter le transfert. Mais le Conseil communal refusa son accord dans sa séance du 5 février 1980. Dans l'intervalle, le 27 octobre 1978, le conservateur du registre foncier de Rolle rectifia la désignation du propriétaire des parcelles 326 et 327, en biffant les mots "Fondation Claudi Russell-Eynard" pour ne laisser subsister que "Rolle, La Commune".
Cette rectification ne fut pas notifiée à la fondation. Le notaire Chuard en prit connaissance fortuitement à la fin de l'année 1978, en consultant de nouveau le registre foncier dans le cadre de ses démarches pour chercher comment créer un crédit hypothécaire. Le conservateur lui déclara alors qu'il en avait référé à son supérieur hiérarchique.
B.-
Le 11 juillet 1980, la Fondation Claudi Russell-Eynard, Paul Eynard et les enfants mineurs Marc-Etienne Rochat, Thierry Gallay et Patrick Favre, tous trois représentés par leurs parents, ont ouvert action contre la commune de Rolle. Ils demandaient que la défenderesse fût condamnée à transférer gratuitement à la fondation la propriété des immeubles légués par Marguerite Russell-Eynard.
Le Tribunal fédéral a admis l'action.
Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
Selon les demandeurs, la volonté de la testatrice était, non seulement que la commune constituât la fondation, mais encore qu'elle lui transférât tous les biens légués, y compris les immeubles.
a) Pour déterminer les intentions d'un testateur, il faut se référer à ce qu'il a écrit et, s'il subsiste une obscurité, interpréter les termes dont il s'est servi en tenant compte de l'ensemble du testament, voire d'éléments extrinsèques - dans la mesure où ils permettent d'élucider, d'appuyer ou de corroborer une indication contenue dans le texte (
ATF 101 II 34
consid. 3 et les références) - sans s'arrêter au sens que le légataire a pu donner de bonne foi aux seules énonciations (cf., notamment, TUOR, Das Erbrecht, Erste Abteilung, Vorbemerkungen zum dritten Abschnitt, n. 11 ss; PIOTET, Droit successoral, Traité de droit privé suisse, IV p. 192).
BGE 108 II 278 S. 283
En l'espèce, les termes employés dans le testament du 22 août 1923 ne prêtent pas à équivoque au sujet de la somme de 120'000 francs et du mobilier légués à la commune: ces biens devaient être consacrés à la fondation. En revanche, la testatrice ne le précise pas expressément à propos du legs des immeubles. Mais cette interprétation s'impose. Il ne fait pas de doute, d'après le contexte, que la testatrice léguait à la commune de Rolle immeubles, espèces et mobilier pour qu'ils fussent affectés soit à une fondation que créerait la légataire, soit à une fondation ou une oeuvre préexistantes. Il ressort en outre du testament de 1918, auquel Marguerite Russell-Eynard s'est référée pour expliquer sa volonté, que la testatrice entendait que les immeubles eux-mêmes fussent consacrés à la fondation. On y lit:
"... Depuis la mort de notre enfant nous avions pris ensemble, mon mari et moi, la décision de faire de Pré de Vert, maison et campagne, une Fondation pour enfants indigents et délicats, en souvenir de notre fils... Je laisse donc à cette oeuvre ma campagne Pré de Vert et tout ce qu'elle contient... C'est le désir de mon mari et le mien que tout soit fait pour le bien-être, le confort et la joie de ces enfants afin qu'ils puissent jouir à Pré de Vert de tout ce que notre enfant a aimé ici-même dans sa courte vie..."
La commune de Rolle ne doute d'ailleurs pas de cette interprétation, puisqu'elle a toujours déclaré vouloir consacrer les immeubles aux enfants bénéficiaires: elle l'a admis dans l'acte constitutif de la fondation et le dit encore en procédure. Toutefois, elle conteste que cette affectation doive nécessairement se faire par un transfert de propriété à la fondation.
b) Dans l'acte constitutif du 26 avril 1932, la commune déclare consacrer l'usage des immeubles, à titre définitif, à la fondation, s'engageant à n'en jamais distraire tout ou partie, sauf si la fondation elle-même devait en avoir besoin pour atteindre son but; la commune se prêterait alors à l'aliénation, moyennant que le produit de la vente vienne accroître le capital inaliénable de la fondation. Celle-ci doit avoir le droit de jouissance le plus étendu sur les immeubles, avec faculté de les gérer et d'en tirer tous les fruits, mais elle est aussi chargée de toutes les contributions publiques, ainsi que des frais d'installations, de réparations et de transformations.
Un tel faisceau de droits et d'obligations ne peut pas relever de la liberté des contrats, s'il doit durer perpétuellement (LIVER, Die Dienstbarkeiten und Grundlasten, 1980, Einleitung, n. 142). Un contrat serait d'ailleurs inconcevable en l'espèce, l'acte de fondation étant un acte unilatéral du fondateur, faute d'un cocontractant (RIEMER, Die Stiftungen, n. 4 ad
art. 80 CC
; PIOTET, Droit successoral, p. 161).
BGE 108 II 278 S. 284
Dans ces conditions, l'ensemble de droits et d'obligations indiqué dans l'acte constitutif ne peut que faire l'objet d'un droit réel. Le nombre et les modalités des droits réels sont exhaustivement fixés par la loi (LIVER, op.cit., Einleitung, n. 12; MEIER-HAYOZ, Das Eigentum, 5e éd., Quellen und Hilfsmittel der Rechtsfindung, n. 78 ss). Il ne saurait s'agir d'un usufruit, puisque l'usufruit des personnes morales ne peut pas durer plus de cent ans (
art. 749 al. 2 CC
). Le seul droit réel qui puisse avoir une portée aussi large est la propriété.
La commune a d'ailleurs indiqué par acte concluant qu'elle admettait que la fondation devait acquérir les immeubles légués, puisqu'elle a ménagé son inscription au registre foncier. Mais cette inscription était inefficace. L'inscription de deux personnes en qualité de propriétaires n'est possible qu'en cas de propriété commune ou de copropriété, modalités qui ne correspondaient ni à la volonté de la testatrice, ni à celle des parties. La radiation de la fondation par décision du 27 octobre 1978 était donc bien fondée, lors même qu'elle est intervenue sous une forme critiquable.
La commune a également manifesté qu'à son avis la fondation devait être propriétaire des immeubles quand, dans l'acte constitutif, elle a prévu qu'une partie des immeubles pourrait être vendue si cela se révélait utile pour atteindre le but de la fondation, et que la somme ainsi obtenue devrait revenir à la fondation exclusivement. Elle a exprimé la même intention en 1944, lorsqu'il a été question de vendre les immeubles.
La commune ne saurait soutenir que la testatrice ne voulait pas créer une véritable fondation, au sens des
art. 80 ss CC
, mais qu'elle se contentait d'une fondation dépendante ou fiduciaire, ou subordonnée, soit de l'attribution à une personne de biens à employer à une certaine fin (J. L. KRAFFT, Les fonds de prévoyance et la théorie générale des fondations, thèse Lausanne 1956, p. 51 ss; RIEMER, p. 264 ss, n. 418; PIOTET, Droit successoral, p. 135). Si une telle figure juridique est analogue à la fondation, notamment par l'affectation durable d'un patrimoine à un but déterminé, elle s'en distingue cependant fondamentalement par l'absence de personnalité juridique. Or, en l'espèce, c'est bien une personnalité indépendante, soit une personne morale capable d'acquérir des droits, qu'a voulue Marguerite Russell-Eynard. Dans son testament de 1918, elle en faisait sa seule héritière; dans celui de 1923, elle lui a expressément destiné la somme de 120'000 francs et le mobilier, lui attribuant en outre les immeubles litigieux,
BGE 108 II 278 S. 285
comme l'a confirmé l'interprétation de ses dispositions de dernières volontés. Au demeurant, en créant une fondation au sens des
art. 80 ss CC
, la défenderesse a elle-même manifesté la signification qu'elle donnait aux intentions de la testatrice.
Personne morale, la fondation demanderesse a la capacité d'être propriétaire des biens qui lui sont affectés et le fondateur est tenu de lui en transférer la propriété, dès lors qu'il doit nécessairement y renoncer lui-même (KRAFFT, op.cit., p. 43).
Le titre au transfert de la propriété est donc établi. Il réside dans la disposition testamentaire de Marguerite Russell-Eynard qui prévoit l'affectation à la fondation des immeubles légués à la commune. Cette dernière ne saurait prétendre que la fondation a renoncé au titre d'acquisition en se contentant des modalités stipulées dans l'acte constitutif: la fondation n'était pas partie à cet acte; au surplus, on l'a vu, le faisceau de droits et d'obligations qui y est énoncé ne peut faire l'objet que d'un droit de propriété.
c) La question se pose dès lors de savoir si la disposition testamentaire qui fonde le titre d'acquisition de la fondation doit être qualifiée de charge, comme le soutiennent les demandeurs, ou de sous-legs, ainsi que l'affirme la défenderesse. La distinction porte à conséquence en l'espèce pour déterminer la qualité pour agir des demandeurs autres que la fondation et, éventuellement, pour statuer sur l'exception de prescription soulevée par la défenderesse.
aa) Le legs, au sens des
art. 484 ss CC
, crée une véritable créance en faveur du bénéficiaire, tandis que la charge, telle qu'elle est prévue à l'
art. 482 CC
, se borne à conférer aux intéressés un droit sui generis à l'exécution (
ATF 105 II 259
/260 c et d, 103 II 226 consid. I 2, 101 II 27/28 et les références; cf. PIOTET, Droit successoral, p. 113, 118, 134, qui précise que le legs confère un avantage patrimonial).
bb) Il est évident que le legs fait à la commune de Rolle était grevé d'une charge dans la mesure où la testatrice a invité la légataire à créer une fondation, subsidiairement à désigner une fondation ou une oeuvre préexistante qui pût le recueillir. Dans la seconde hypothèse, la fondation préexistante n'aurait pas pu faire valoir contre la commune une créance pour qu'elle la désignât. Dans la première éventualité envisagée par la testatrice, soit celle qui s'est réalisée, la commune était tenue de créer une fondation, c'est-à-dire, on l'a vu, d'accomplir un acte unilatéral. Il ne pouvait donc y avoir de créancier au sens du droit des obligations.
BGE 108 II 278 S. 286
cc) Du fait de l'
art. 488 al. 3 CC
, le légataire peut être grevé d'une substitution fidéicommissaire lui imposant de rendre le legs à un tiers, l'appelé. En application de l'
art. 545 al. 1 CC
, la fondation demanderesse pourrait remplir ce rôle d'appelé bien qu'elle n'existât pas au moment de l'ouverture de la succession. A première vue, on pourrait donc concevoir qu'en vertu du testament la fondation a contre la commune, légataire grevée de substitution, une action en délivrance d'un sous-legs (
art. 562 CC
), si bien qu'elle serait titulaire d'une créance en transfert des immeubles.
Mais une telle distinction entre la création de la fondation et le transfert des biens qui lui sont consacrés est impossible. On ne peut imaginer une fondation sans que des biens soient affectés à un but spécial (RIEMER, n. 24 ad
art. 80 CC
): d'après la définition de l'
art. 80 CC
, cette affectation est l'essence même de l'institution. Dès lors, quand le légataire est obligé par une charge de créer une fondation et de lui transférer ce qu'il a acquis dans la succession, le transfert est dû en vertu de la charge, comme la constitution de la fondation elle-même, dont il est indissociable (cf. PIOTET, Clause d'un pacte successoral prévoyant la constitution d'une fondation et sa dotation, JdT 1980 I p. 315 ss, sp. p. 316).
d) Aux termes de l'
art. 482 al. 1 CC
, tout intéressé a le droit de requérir l'exécution de la charge. Le cercle des intéressés ne doit pas être déterminé de manière restrictive. Il n'est pas besoin d'un intérêt patrimonial: un intérêt moral suffit (TUOR, n. 14 ad
art. 482 CC
; PIOTET, Droit successoral, p. 135). Paul Eynard a un double intérêt moral à voir exécuter la charge. Il est le neveu de la testatrice. De plus, si sa tante n'avait pas testé en faveur de la fondation, les biens qui sont affectés à celle-ci lui seraient normalement revenus par l'intermédiaire de sa mère: dès l'instant qu'il en est privé, il est fondé à demander qu'ils parviennent à la personne désignée par la testatrice (cf. TUOR, n. 15 ad
art. 482 CC
).
Quant aux enfants demandeurs, qui accomplissent leur scolarité à l'institution de Pré de Vert, ils sont du nombre des destinataires de la prestation voulue par Marguerite Russell-Eynard. Leur qualité pour agir ne saurait dès lors être douteuse (TUOR, n. 15 ad
art. 482 CC
; PIOTET, Droit successoral, p. 135).
5.
La défenderesse soulève l'exception de prescription.
a) Le droit de la fondation d'obtenir le transfert des immeubles n'étant pas une créance découlant d'un sous-legs (
art. 562 CC
), l'
art. 601 CC
n'est pas applicable directement. La loi ne prévoit pas expressément que les droits conférés aux intéressés par la charge
BGE 108 II 278 S. 287
sont soumis à prescription. Dans l'arrêt
ATF 76 II 208
consid. 5, le Tribunal fédéral a estimé que c'était douteux, mais a laissé la question indécise; dans l'arrêt
ATF 87 II 362
, il est dit que, aussi longtemps que le bénéficiaire jouira de la libéralité, il sera lié par les charges qui l'affectent, sauf si elles sont illicites ou contraires aux moeurs. Selon ESCHER (Das Erbrecht, Erste Abteilung: Die Erben, 3e éd., n. 22 ad
art. 482 CC
), l'absence de créance a pour conséquence l'imprescriptibilité du droit à l'exécution. En revanche, SPIRO (Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Band I: Die Verjährung der Forderungen, § 61, p. 131/132 et n. 23) et PIOTET (Droit successoral, p. 138) estiment que l'
art. 601 CC
devrait s'appliquer par analogie, étant donné la parenté qui existe entre la charge et le legs.
Point n'est besoin de trancher en l'espèce, car les demandeurs font valoir avec raison que la défenderesse ne saurait invoquer la prescription sans abuser de son droit.
b) Le débiteur commet un abus de droit en se prévalant de la prescription, non seulement lorsqu'il amène astucieusement le créancier à ne pas agir en temps utile, mais aussi lorsque, sans dol, il a un comportement qui incite le créancier à renoncer à entreprendre des démarches juridiques pendant le délai de prescription et que, selon une appréciation raisonnable, fondée sur des critères objectifs, ce retard apparaît compréhensible (
ATF 89 II 262
/263 consid. 4 et les références).
Tel est le cas en l'occurrence. Dès qu'elle a acquis le legs et qu'ainsi la charge a sorti ses effets (
art. 482 al. 1 CC
), la défenderesse n'a cessé de déclarer qu'elle entendait affecter les immeubles litigieux à la fondation demanderesse, à titre définitif, sans avoir jamais la possibilité de distraire tout ou partie de ces immeubles du but visé par la testatrice, et que la fondation aurait sur ces biens le droit de jouissance le plus étendu. Elle a même fait inscrire la fondation au registre foncier, conjointement avec elle, comme propriétaire: certes, telle qu'elle a été opérée, cette inscription n'avait pas de portée juridique, mais elle manifestait chez la défenderesse la volonté de mettre les immeubles à l'entière disposition de la fondation. La commune est allée jusqu'à s'obliger à consentir à une aliénation partielle qui serait conforme aux intérêts et au but de la fondation. Du fait de cette attitude, la fondation a toujours vu reconnaître son droit à user des immeubles comme un propriétaire, dans les limites qui lui sont assignées par
BGE 108 II 278 S. 288
son but. Elle n'avait dès lors aucune raison d'exiger le transfert des immeubles. C'est seulement lorsque, après la radiation de la fondation au registre foncier, le Conseil communal a, par décision du 5 février 1980, refusé le transfert que la commune a clairement indiqué qu'elle n'entendait pas exécuter pleinement la charge dont est grevé le legs, en recourant à une institution reconnue par le droit et correspondant à la volonté de la testatrice. | public_law | nan | fr | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
47791c84-17b0-4ee4-8e43-c94ab40d754c | Urteilskopf
111 Ia 161
29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 1er octobre 1985 dans la cause X. contre Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel (recours de droit public) | Regeste
Art. 4 BV
; Strafverfahren; Praxisänderung.
Verfassungsmässigkeit der Änderung der Rechtsprechung durch das Neuenburger Kassationsgericht, wonach es nicht zwingend einen unheilbaren Formfehler darstellt, wenn der Beschuldigte nicht eingeladen wird, sich am Schluss der Verhandlung als letzter zu äussern. | Sachverhalt
ab Seite 161
BGE 111 Ia 161 S. 161
X. a été renvoyé devant le Tribunal correctionnel du district de La Chaux-de-Fonds comme accusé de diverses escroqueries et de faux dans les titres. A l'audience de jugement, le président du tribunal omit d'inviter le prévenu à prendre la parole le dernier, conformément à l'
art. 212 al. 4 CPP
neuch. Le défenseur de X. fit noter cette omission au procès-verbal, mais après la délibération du tribunal, une fois le jugement rendu et communiqué oralement aux parties dans son dispositif et ses principaux motifs. Dans le pourvoi qu'il interjeta auprès de la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel, X. s'est prévalu de l'omission du juge au titre de violation d'une règle essentielle de la procédure, se fondant à cet égard sur une jurisprudence cantonale publiée. La Cour de cassation a rejeté le pourvoi. Sur la question de l'informalité
BGE 111 Ia 161 S. 162
soulevée par le recourant, elle a modifié la jurisprudence en vigueur qu'elle trouvait quelque peu formaliste. Se référant à l'
art. 242 ch. 2 CPP
neuch., elle considère depuis lors qu'une erreur de procédure peut être signalée et réparée à temps si les parties ont la possibilité matérielle d'intervenir auprès du tribunal. Dans le cas particulier, rien ne s'opposait à ce que le mandataire du recourant signalât à temps l'irrégularité.
X. a formé un recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
, que le Tribunal fédéral a rejeté.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
L'arrêt attaqué consacre un changement de jurisprudence et le recourant en conteste le bien-fondé.
a) Pour être compatible avec l'
art. 4 Cst.
, un changement de jurisprudence doit s'appuyer sur des motifs sérieux et objectifs (
ATF 108 Ia 125
consid. 2a,
ATF 106 Ia 92
consid. 2,
ATF 105 Ib 61
). Dans l'arrêt qui fonde l'ancienne jurisprudence cantonale, publié au RJN 4 II 154/155, la Cour de cassation pénale neuchâteloise a jugé qu'il n'était pas possible au prévenu de signaler l'irrégularité en question au cours des débats puisque, précisément, les débats avaient été clos sans que la parole lui ait été donnée. La même autorité considère aujourd'hui que cette argumentation n'est pas convaincante, du moins sous une forme aussi absolue, car elle consacre un formalisme excessif et tend à faire du prononcé de la clôture des débats sans que l'intéressé ait eu la parole le dernier un vice de forme par définition irréparable. Ainsi, le juge qui se rendrait compte de son erreur immédiatement après l'avoir commise, avant de rendre son jugement, ne pourrait la réparer, ce qui - aux yeux de la cour cantonale - serait inadmissible. L'autorité intimée ne dénie nullement à la disposition de l'
art. 212 al. 4 CPP
(le prévenu a la parole le dernier) son caractère de règle essentielle de la procédure dont la violation est constitutive du motif de cassation de l'
art. 242 ch. 2 CPP
. Elle relève toutefois que, selon la lettre même de cette dernière disposition, "il n'y a pas lieu à cassation si au cours des débats le recourant n'a pas signalé l'irrégularité prétendue, si faire se pouvait".
Opéré dans le contexte légal en vigueur, le changement de jurisprudence incriminé est inspiré avant tout par le souci de voir appliquer le principe général de la bonne foi à la procédure pénale, une nécessité que le Tribunal fédéral a d'ailleurs déjà reconnue à
BGE 111 Ia 161 S. 163
maintes reprises (cf. en particulier
ATF 104 IV 94
consid. 3,
ATF 86 IV 150
, 83 II 345). Il découle notamment de cette jurisprudence fédérale qu'il est contraire au principe de la bonne foi d'invoquer après coup des moyens que l'on avait renoncé à faire valoir en temps utile en cours de procédure, parce que la décision intervenue a finalement été défavorable (cf. arrêt non publié Neuhaus du 31 octobre 1979 consid. 3).
Au vu de ce qui précède, on ne saurait dire que le changement de jurisprudence effectué par la Cour de cassation pénale cantonale soit dénué de fondement sérieux et objectif. Cela suffit, sous l'angle de l'
art. 4 Cst.
, à en admettre le bien-fondé et à priver de toute pertinence l'essentiel des griefs soulevés par le recourant. C'est dès lors en vain que celui-ci tente de démontrer que l'autorité intimée aurait "vidé complètement de son sens une règle essentielle de la procédure" et soutenu "une argumentation si dépourvue de logique". Au demeurant, lorsqu'il est saisi d'un recours pour arbitraire, le Tribunal fédéral ne peut s'écarter de la solution adoptée par l'autorité cantonale que si elle lui paraît insoutenable, en contradiction manifeste avec la situation effective, évidemment injuste, adoptée sans motifs objectifs et en violation d'un droit certain. Tel n'est pas le cas en l'espèce, et il n'y a pas arbitraire du seul fait qu'une autre solution pourrait aussi se défendre et paraître même plus correcte (
ATF 107 Ia 11
/12 consid. 2d et arrêts cités).
b) La Cour de cassation pénale cantonale a estimé que, dans le cas particulier, rien - pas même la déférence due au tribunal - ne s'opposait à ce que le mandataire du recourant fasse remarquer à temps au juge l'omission qu'il avait commise: il pouvait le faire soit au moment où ce dernier annonçait que le tribunal allait se retirer pour délibérer, soit lorsqu'il annonçait qu'il allait prononcer le jugement. On ne voit pas en quoi, et le recourant n'en fait nullement la démonstration, l'autorité intimée aurait "raisonné de manière parfaitement arbitraire" sur ce point. Il n'y a en tout cas aucune raison de mettre en doute la déclaration qu'elle fait dans ses observations, aux termes de laquelle l'avocat du recourant a eu "largement le temps d'intervenir", étant donné que "le tribunal n'a pas annoncé qu'il se retirait pour délibérer, ne s'est pas levé et n'a pas disparu de la salle... instantanément!". Selon le cours ordinaire des choses, le conseil du recourant aurait pu en effet intervenir à l'un des instants cités pour signaler, encore à temps, l'irrégularité. Il ne fait état d'aucune circonstance particulière et sérieuse qui l'eût empêché de réagir au moment opportun, avant que ne soit connu le
BGE 111 Ia 161 S. 164
jugement (15 mois d'emprisonnement commués en internement au sens de l'
art. 42 CP
).
La situation eût été autre si le recourant n'avait pas été assisté, ce que reconnaît à juste titre la cour cantonale. | public_law | nan | fr | 1,985 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
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