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Urteilskopf 85 II 402 64. Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Dezember 1959 i.S. Möbel Glass A.-G. gegen Polinelli.
Regeste Aussteuer- Vorzahlungsvertrag, OR Art. 1, 2, 21, 71, 184, ZGB Art. 27 Abs. 2. Rechtsnatur. Erfordernis der Bestimmbarkeit von Ware und Preis (Erw. 2 a, b). Willensemigung hinsichtlich der Zahlungsbedingungen; Neben.. punkte (Erw. 2 c). Übervorteilung. Begriff von Leistung und Gegenleistung. Unerfahrenheit des Käufers? (Erw. 3). Nichtigkeit des Vertrags wegen übermässiger Bindung des Käufers? (Erw. 4). Unverbindlichkeit des Vertrags wegen Täuschung? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 403 BGE 85 II 402 S. 403 A.- Josef Polinelli schloss am 22. Mai 1956 mit der Firma Glass Möbel AG den folgenden "Möbel-Vorzahlungs- und Kaufvertrag" ab: "1. Der Käufer kauft Schlafzimmer-, Wohnzimmer-, Küchenmöbel, Teppiche, Wäsche-Aussteuer, im Gesamtwert von Fr. 5000.--. 2. Die Auswahl der Möbel ist für den Käufer vollkommen frei. Sie kann auch in Begleitung eines Vertreters der Glass Möbel AG in den Fabrik-Ausstellungen der dem SEM (Schweiz. Engros-Möbelfabrikantenverband) angeschlossenen Firmen vorgenommen werden. Der Abruf hat jedoch mindestens einen Monat vor Ablieferung zu erfolgen. Es kommen die Tagespreise im Zeitpunkt der Ablieferung in Anrechnung. Die Lieferung erfolgt franko in der ganzen Schweiz. Bei der Auswahl werden die Bahnspesen vom Wohnort nach St. Gallen und zurück vergütet. 3. Der Käufer leistet eine Einzahlung von Fr. ... bis ... und weitere monatliche Vorauszahlungen von Fr. 50.-, erstmals am 1. August 1956. Er ist berechtigt, auch grössere Zahlungen zu leisten. Die Zahlungen erfolgen an die Schweiz. Volksbank St. Gallen, bei welcher für alle Fr. 500.-- übersteigenden Beträge ein auf den Namen des Käufers lautendes Sparheft eröffnet wird. Sparguthaben der Schweiz. Volksbank St. Gallen sind nach Schweiz. Bankengesetz bis Fr. 5000.-- privilegiert. Über alle, einen Fünftel der Kaufsumme übersteigenden Einzahlungen kann der Käufer frei verfügen. Das Sparheft bleibt bei der Schweiz. Volksbank St. Gallen deponiert. Über das Guthaben kann nur mit BGE 85 II 402 S. 404 schriftlicher Zustimmung der beiden Vertragsparteien verfügt werden. 4. Dem Käufer wird auf den vorausbezahlten Beträgen der doppelte Bankzins, maximal 5%, bis zur Auswahl der Möbel, jedoch längstens während 5 Jahren, gutgeschrieben und an den Kaufpreis angerechnet. Hernach vermehrt sich das Guthaben um den normalen Sparheftzins. 5. Ein allfälliger Restbetrag wird bei der Ablieferung der Möbel bar aufbezahlt. Mit Zustimmung der Verkäuferin kann der Restbetrag in monatlichen Teilzahlungen, gemäss separaten Verkaufsbedingungen der Firma Glass Möbel AG, getilgt werden. 6. Sollte sich der Käufer bis zur Vollendung des 40. Altersjahres nicht verheiratet haben, so ist er berechtigt, frühestens nach 10 Jahren seit Abschluss dieses Vertrages, von diesem zurückzutreten und von der Verkäuferin die Rückerstattung der bereits einbezahlten Beträge, sowie des üblichen Bankzinses, innert 30 Tagen zu verlangen. 7. Bei Todesfall des Käufers werden die einbezahlten Beträge, sowie der übliche Bankzins, ohne jeden Abzug an dessen Erben zurückerstattet. Ebenso kann die Zurückerstattung an den Käufer im Falle unheilbarer Krankheit oder dauernder Invalidität erfolgen, sofern diese ein Ehehindernis sind. 8. Mit Zustimmung der Verkäuferin können die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag jederzeit auf eine Drittperson übertragen werden." Der Vertrag wurde namens der Verkäuferin durch deren Reisevertreter Dillier unterzeichnet. Der Käufer Polinelli, geb. 1933, war zur Zeit des Vertragsschlusses Maschinenschlosser; heute ist er städtischer Polizeisoldat in Zürich. Polinelli leistete nur eine einzige Zahlung von Fr. 50.-. Am 21. Dezember 1956 schrieb er an die Firma Glass, die Einhaltung des Vertrages sei ihm unmöglich, da seine Braut schon einen Möbelkaufvertrag von früher her besitze. Die Firma Glass antwortete am 29. Dezember 1956, der Vertrag könne nicht ohne weiteres aufgelöst werden; sie erklärte sich aber bereit, dem Käufer soweit als möglich entgegenzukommen, und ersuchte ihn, den von seiner Braut abgeschlossenen Vertrag zur Prüfung der Angelegenheit einzusenden. Polinelli kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach, sodern teilte der Firma Glass am 4. Januar 1957 lediglich mit, er überlasse ihr die bezahlten Fr. 50.- und erachte die Angelegenheit damit als erledigt. Die Firma Glass ersuchte ihn am 8. Januar 1957 erneut um Zustellung des Vertrags und erklärte, der angebotene Betrag BGE 85 II 402 S. 405 von Fr. 50.- würde zur Deckung ihres Schadens und ihrer Spesen niemals ausreichen; das brancheübliche Reugeld würde in seinem Falle 20% der vertraglichen Kaufsumme, also Fr. 1000.-- betragen. Da Polinelli nichts mehr von sich hören liess, betrieb ihn die Firma Glass für vier Monatsraten. Polinelli erhob Rechtsvorschlag mit der Begründung, der Vertrag vom 22. Mai 1956 sei für ihn unverbindlich. B.- Am 12. Oktober 1957 erhob die Firma Glass gegen Polinelli Klage mit den Rechtsbegehren: 1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene "Möbel-Vorzahlungs- und Kaufvertrag" mit einer Kaufsumme von Fr. 5000.-- verbindlich ist. 2. Es sei demnach der Beklagte zu verpflichten, die monatlichen Ratenzahlungen von Fr. 50. - bis zu Fr. 1000.-- zu bezahlen und den Restbetrag bei Ausübung des Wahlrechts in bar oder durch Abzahlung zu leisten. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage wegen Unverbindlichkeit des Vertrages und erhob Widerklage mit dem Begehren um Verurteilung der Klägerin zur Rückerstattung der bezahlten Fr. 50.- nebst Zins seit 24. Juni 1957. Ferner stellte er das Begehren um Feststellung, dass die Klägerin durch die Verwendung näher bezeichneten Werbematerials unlauteren Wettbewerb begangen habe, und beantragte Veröffentlichung des Urteils hinsichtlich dieses Punktes. C.- Das Bezirksgericht Zürich schützte mit Urteil vom 4. November 1958 die Klage und wies die Widerklage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, wies mit Urteil vom 18. Juni 1959 die Hauptklage ab und verpflichtete die Klägerin in teilweiser Gutheissung des vom Beklagten allein noch aufrechterhaltenen ersten Widerklagebegehrens zur Rückerstattung des Betrages von Fr. 50.- nebst Zins zu 5% seit 4. Dezember 1957 an den Beklagten. D.- Mit der vorliegenden Berufung hält die Klägerin ihre vor den kantonalen Instanzen gestellten Begehren aufrecht. BGE 85 II 402 S. 406 Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Bundesgericht hat die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Vorzahlungsverträgen in den Entscheiden BGE 84 II 13 ff., 266 ff. und 628 ff. einlässlich geprüft und ist zu ihrer Bejahung gelangt. Die Vorinstanz hält im angefochtenen Urteil an ihrem schon in früheren Fällen eingenommen gegenteiligen Standpunkt fest. Hiezu war sie befugt, da die vom Bundesgericht bei der Beurteilung eines bestimmten Rechtsstreites geäusserte Rechtsauffassung die kantonalen Gerichte bei der Entscheidung eines anderen Falles nicht bindet. Denn die Entscheidung über die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Vorzahlungsverträgen bildet lediglich das Motiv für die Beurteilung des einzelnen Streitfalles. Auch das Bundesgericht hat deshalb auf Grund der Verhältnisse des konkreten Falles das vorinstanzliche Urteil in allen in Betracht kommenden Punkten darauf hin zu überprüfen, ob es mit dem Bundeszivilrecht in Einklang steht. 2. Welches die Rechtsnatur des von den Parteien abgeschlossenen Vertrages sei (Kaufvertrag, Vorvertrag zu einem solchen, Vertrag sui generis), ist nicht von entscheidender Bedeutung. Denn bei jedem Vertragsgebilde müssen, gleich wie beim Kaufvertrag ( Art. 184 Abs. 3 OR ), die wesentlichen Leistungen und Gegenleistungen bestimmt oder mindestens bestimmbar sein, da es sonst an der zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Willenseinigung über die wesentlichen Punkte fehlen würde ( Art. 1, Art. 2 Abs. 1 OR ; vgl. BGE 84 II 272 Erw. 2). Die Vorinstanz hat gefunden, es sei im vorliegenden Fall kein Vertragsschluss zustande gekommen, weil es an der von Art. 1 OR geforderten übereinstimmenden gegenseitigen Willensäusserung fehle. Diese Auffassung trifft nicht zu. Eine übereinstimmende Willensäusserung liegt in Gestalt des schriftlichen, von beiden Parteien unterzeichneten BGE 85 II 402 S. 407 Vertrages unzweifelhaft vor. Es fragt sich lediglich, ob sie alle wesentlichen Punkte umfasst, insbesondere auch die Bestimmbarkeit von Ware und Preis ( Art. 2 Abs. 1 OR ). a) Die Bestimmbarkeit der Ware ist beim vorliegenden Vertrag in gleicher Weise gegeben wie im Falle des BGE 84 II 13 ff.; es kann daher auf die dort (S. 18 ff., Erw. 2) gemachten Ausführungen verwiesen werden. Die Vorinstanz wendet sich vor allem gegen die im erwähnten Entscheid vertretene Auffassung, es liege eine Wahlobligation im Sinne von Art. 72 OR vor. Da diese Bestimmung sich unter den Vorschriften über die Erfüllung der Obligationen (womit natürlich bestehende Obligationen gemeint sind) findet, kann sich fragen, ob sie hier, wo es sich um die Frage der Entstehung einer rechtsgültigen Obligation handelt, herangezogen werden kann. Immerhin lässt sich aus ihr wenigstens der Rückschluss ziehen, dass beim Vertragsschluss die Leistung nicht ein für allemal und unveränderlich bestimmt werden müsse, sondern dass die Abrede auf mehrere Leistungen nebeneinander lauten könne, in der Meinung, dass nur die eine von ihnen zu erfüllen sei, und zwar gemäss der Wahl des Gläubigers, die in einem dem Vertragsschluss nachfolgenden Zeitpunkt stattfindet. Damit ist allerdings die Neinung der Vorinstanz noch nicht widerlegt, Art. 72 OR setze voraus, "dass die zur Wahl stehenden Gegenstände fest umschrieben sind, so dass der Wahlberechtigte... einfach erklären kann, welcher dieser Gegenstände zur Erfüllung des Vertrages dienen soll." Es ist indessen ergänzend Art. 71 OR heranzuziehen, wonach die geschuldete Sache auch nur der Gattung nach bestimmt sein kann, wobei dem Schuldner die Auswahl zusteht, sofern sich aus dem Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt; letzteres ist hier der Fall, da nach dem Vertrag der Käufer auswahlberechtigt ist. Dass es sich um Gattungsware im Sinne von Art. 71 OR handelt (was nicht gleichbedeutend ist mit vertretbaren Sachen), steht ausser Zweifel; denn BGE 85 II 402 S. 408 Gegenstand des Vertrages sind Möbel, Teppiche, Wäsche, und zwar billige Durchschnittsware, wie sich aus allen Begleitumständen, insbesondere aus dem niedrigen Gesamtpreis von Fr. 5000.-- ergibt. Der Vertrag braucht nach Art. 71 OR nicht notwendigerweise auf Lieferung eines ganz bestimmten Gegenstandes oder alternativ auf einen oder mehrere von verschiedenen, aber ganz bestimmten Gegenständen zu gehen; vielmehr kann die Lieferung auch nur der Gattung nach vereinbart und die Spezifikation (Auswahl, Konzentration, Individualisierung) auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Die Auswahl kann nach Art. 2 des Vertrages in den Fabrikausstellungen der Klägerin oder der dem SEM angeschlossenen Firmen vorgenommen werden. Damit ist der Bereich, aus dem die Auswahl zu erfolgen hat, in ausreichender Weise umschrieben, um dem Erfordernis der Bestimmbarkeit der Ware zu genügen. b) Der Preis ist nur nach der Gesamtsumme (Fr. 5000.--) bestimmt. Die Verteilung auf die einzelnen Gegenstände erfolgt gemäss Art. 2 des Vertrages durch die Auswahl derselben unter Zugrundelegung der für sie im Zeitpunkt der Ablieferung geltenden Tagespreise. Zu der Frage der Bestimmbarkeit des Preises hat sich das Bundesgericht in den Entscheiden BGE 84 II 19 f und 274 lit. b ausgesprochen, worauf verwiesen werden kann. Wenn im zuletzt genannten Entscheid gesagt wurde, die dortige Preisbestimmung ("zu den normalen, jeweils gültigen Preisen") könne "nach Treu und Glauben nur dahin verstanden werden, dass die Kläger die Preise zu bezahlen haben werden, zu welchen die Beklagte die von ihnen auszuwählenden Gegenstände im Zeitpunkt der Auswahl gegen bar auch Dritten anbieten wird", so ist im vorliegenden Falle mit der Bestimmung "Tagespreise im Zeitpunkt der Ablieferung" ebenfalls eine genügende Fixierung getroffen, die zudem die im Entscheid BGE 84 II 633 erwähnte Gefahr ausschliesst, "dass der Vertrag die Freiheit der Klägerin, die Kaufgegenstände zu Konkurrenzpreisen aus BGE 85 II 402 S. 409 angemessenen Beständen auszuwählen", einschränken könnte. Sie lässt auch die beklagtische Behauptung, die Klägerin führe wesentlich erhöhte Detailpreise, die im Wettbewerb um den freien Kunden nicht konkurrenzfähig wären, als unbeachtlich erscheinen; denn es kommt eben nicht auf diese angeblich überhöhten klägerischen, sondern auf die allgemeinen Tagespreise an. Der Einwand des Beklagten, das schweizerische Recht stehe auf dem Boden der "objektiven Bestimmbarkeit" und verwerfe die "subjektive Bestimmbarkeit", stösst ins Leere; denn die in Frage stehende Vertragsbestimmung hat natürlich die objektive Bestimmbarkeit im Auge. Dem Beklagten würde daher das Recht zustehen, zu gegebener Zeit für die definitive Preisbestimmung nötigenfalls den Richter anzurufen. c) Die Vorinstanz nimmt an, es fehle auch hinsichtlich der Zahlungsbedingungen an der nötigen Willenseinigung. aa) Das angefochteneUrteilwirft zunächst den Zahlungsbedingungen Unklarheit, ja irreführende Formulierung vor (ohne dass deutlich ersichtlich ist, was für rechtliche Folgerungen daraus zu ziehen wären). Dieser Vorwurf bezieht sich auf Ziff. 3 des Vertrages, wo es heisst: "Die Zahlungen erfolgen an die Schweiz. Volksbank St. Gallen, bei welcher für alle Fr. 500.-- übersteigenden Beträge ein auf den Namen des Käufers lautendes Sparheft eröffnet wird. ... Über alle, einen Fünftel der Kaufsumme übersteigenden Einzahlungen (= hier Fr. 1000. - ) kann der Käufer frei verfügen. Das Sparheft bleibt bei der Schweiz. Volksbank St. Gallen deponiert. Über das Guthaben kann nur mit schriftlicher Zustimmung der beiden Vertragsparteien verfügt werden." Es ist zuzugeben, dass auf den ersten Blick eine Unklarheit besteht, indem die Verfügung über das einbezahlte Geld das eine Mal als dem Käufer für den einen Fünftel der Kaufsumme übersteigenden Betrag freistehend bezeichnet, das andere Mal bezüglich des ganzen Betrages von der Zustimmung beider Vertragsparteien abhängig gemacht wird. Indessen ergibt die nähere Betrachtung, dass offenbar an der ersten Stelle gemeint ist, ein Fünftel des Gesamtpreises werde von der Beklagten als Anzahlung in Anspruch BGE 85 II 402 S. 410 genommen, während die übersteigenden Beträge dem Kläger gehörten, und an der zweiten Stelle: zur Verfügung darüber sei jedoch die Zustimmung beider Parteien nötig. Es muss davon ausgegangen werden, dass der Vertrag den Sinn hat, grundsätzlich solle der ganze Preis in Raten einbezahlt und dann zur Bezahlung der ausgewählten Gegenstände verwendet werden, so dass eine vorherige Verfügung über das Einbezahlte, insbesondere Rückzüge, nicht ohne weiteres in Frage kämen. Wenn auch diese Ziff. 3 etwas unklar abgefasst ist, kann hieraus doch nicht das Nichtzustandekommen des Vertrages abgeleitet werden; sie ist eben auszulegen. bb) An der nötigen Willenseinigung der Parteien soll es aber nach der Vorinstanz insbesondere fehlen, weil es in Ziff. 5 des Vertrages heisst: "Ein allfälliger Restbetrag wird bei der Ablieferung der Möbel bar aufbezahlt. Mit Zustimmung der Verkäuferin kann der Restbetrag in monatlichen Teilzahlungen, gemäss separaten Verkaufsbedingungen der Firma Glass Möbel AG, getilgt werden." Der erste Satz ist völlig klar: Es handelt sich um ein Zug-um-Zug-Geschäft. Aber die Vorinstanz beanstandet, dass bezüglich der Umwandlung des Vertrages in einen Abzahlungsvertrag nichts Verbindliches gesagt sei. Dies ändert aber, wie das Bundesgericht in BGE 84 275 II Erw. 3 und 631 Erw. 1 ausgeführt hat, nichts daran, dass der Zug-um-Zug-Verkauf rechtsgültig ist, indem es sich bei der Festlegung der näheren Bedingungen für das bloss eventuell vorgesehene Abzahlungsgeschäft um Nebenpunkte im Sinne des Art. 2 OR handelt. Ergänzend ist zu bemerken, dass die Vorinstanz zu Unrecht von der Voraussetzung ausgeht, jeder Kaufvertrag mit ratenweiser Vorausbezahlung des Kaufpreises müsse die Möglichkeit enthalten, denselben in einem gewissen Zeitpunkt in ein Abzahlungsgeschäft umzuwandeln. Zu dieser Auffassung gelangt die Vorinstanz, indem sie kurzerhand annimmt, es sei dem Vertreter der Klägerin und dieser selbst beim Vertragsabschluss "natürlich klar" gewesen, BGE 85 II 402 S. 411 dass der Beklagte im Zeitpunkt der Ausübung seines Wahlrechts nicht in der Lage sein werde, die Restzahlung zu leisten; weiter geht sie - ohne jede Grundlage - davon aus, dass diese Situation (Unmöglichkeit der Aufbringung des Kaufpreisrestes durch Barzahlung bei Vornahme der Auswahl) "nach Wissen und Willen beider Parteien über kurz oder lang eintreten" werde. Durch diese Einstellung hat sich die Vorinstanz dazu verleiten lassen, den allein massgebenden Umstand völlig in den Hintergrund zu schieben, den Umstand nämlich, dass der Beklagte sich unterschriftlich verpflichtet hat, während einiger Jahre Ratenzahlungen zu leisten, die auf ein Sparheft angelegt werden und dann nach Ablauf der Frist und Einzahlung des vollen vorgesehenen Betrages eine Aussteuer zu beziehen oder aber bei Bezug der Gegenstände vor diesem Zeitpunkt den noch ausstehenden Kaufpreisrest bar aufzuzahlen. Abgesehen hievon ist übrigens der Vorinstanz ganz allgemein entgegenzuhalten, dass es sozial- und ehepolitisch betrachtet gesünder erscheint, wenn Eheinteressenten zunächst einige Jahre sparen, um dann, wenn sie die Mittel für eine Aussteuer beisammen haben, ein von Schulden unbelastetes Eheleben beginnen zu können, statt sich auf die leere Hand hin zu verehelichen und von Anfang an mit Abzahlungsverpflichtungen belastet zu sein, was erfahrungsgemäss häufig zu Schwierigkeiten im ehelichen Verhältnis führt. Nach dem Gesagten ist der Beklagte also verpflichtet, bei Übernahme der Aussteuergegenstände den Kaufpreisrest gemäss dem Zug-um-Zug-Prinzip bar zu bezahlen, falls die erbrachten Vorzahlungen zur Deckung der vollen Kaufpreisschuld nicht ausreichen. Diese Verpflichtung wird durch die Ausweichmöglichkeit des Abschlusses eines Abzahlungsvertrages, der im Vertrag erwähnt wird, nicht beseitigt. Will der Beklagte von dieser Ausweichmöglichkeit Gebrauch machen, so ist es durchaus nicht abwegig, dass die Klägerin dazu auch etwas zu sagen haben soll; denn die Lieferung auf Abzahlung bedeutet ein so grosses Risiko BGE 85 II 402 S. 412 für den Verkäufer, dass man ihm nicht zumuten kann, es ohne Rücksicht auf die persönlichen Eigenschaften des Käufers einfach zu übernehmen. d) Auf Grund der vorstehenden Erwägungen ist demnach in Bestätigung der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung die erforderlicheBestimmbarkeit von Ware und Preis anzunehmen und der Vertrag unter diesen Gesichtspunkten als zustandegekommen zu betrachten. 3. Im weiteren ist der Einwand der Vorinstanz zu prüfen, der Vertrag sei wegen Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR unverbindlich. Voraussetzung einer Übervorteilung ist ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in einem Vertrage, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinnes des andern herbeigeführt worden ist. Die Vorinstanz nimmt offensichtlich Übervorteilung des Beklagten unter Ausbeutung seiner geschäftlichen Unerfahrenheit an. Diese Auffassung hält der Prüfung nicht stand. a) Bezüglich des Erfordernisses des offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ist zunächst festzustellen, dass die einander gegenüberzustellenden Leistungen einerseits in den noch auszuwählenden Aussteuergegenständen, und zwar gemäss Tagespreisen im Zeitpunkt der Ablieferung, und anderseits im Betrag von Fr. 5.000.-- bestehen. So betrachtet, kann ein offenbares Missverhältnis überhaupt nicht in Frage kommen. Die Vorinstanz bringt denn auch gar nicht Leistung und Gegenleistung in Vergleich, sondern stellt - indem sie sich über den Wortlaut von Art. 21 OR hinwegsetzt - ganz andere Grössen einander gegenüber, nämlich einmal den Umstand, dass der Beklagte durch den Abschluss des Vertrages mit der Klägerin gebunden sei und somit bei keiner andern Firma zu allenfalls besseren Bedingungen mehr kaufen könne, und sodann die von der Klägerin für die Einzahlungen des Beklagten vorgesehene Zinsvergütung, welche sie zu niedrig findet. Daraus zieht sie dann die Schlussfolgerung: BGE 85 II 402 S. 413 "Betrachtet man aber das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auf diese Weise, so ist die Übervorteilung des Beklagten offensichtlich". Bei dieser Betrachtungsweise müsste aber folgerichtig auch jeder Lebensversicherungsvertrag als unverbindlich betrachtet werden; denn auch der Versicherungsnehmer bindet sich im obigen Sinne, erhält aber dafür nicht einmal eine angeblich unbefriedigende, sondern überhaupt keine Zinsvergütung auf seinen Einzahlungen. b) Auch eine Ausbeutung der Unerfahrenheit liegt nicht vor. Der Beklagte war zur Zeit des Vertragsabschlusses Maschinenschlosser und ist jetzt Polizeisoldat der Stadt Zürich. Es ist allgemein bekannt, dass bei den Aufnahmeprüfungen zur Polizei, jedenfalls in Stadt und Kanton Zürich, ziemlich grosse Anforderungen nicht nur in körperlicher, sondern auch in geistiger Hinsicht gestellt werden. Der Beklagte muss daher mindestens von durchschnittlicher Intelligenz sein. Dann konnte er sich aber sehr wohl ein Bild darüber machen, ob ihm der Erwerb einer Aussteuer auf dem Wege der Vorzahlungsvertrages dienlich sei oder nicht, und nur darum handelt es sich. Die von der Vorinstanz angestellten Überlegungen gehen am Kern der Sache vorbei. Zudem ist nicht dargetan, dass die betreffenden Angaben für den Vertragsschluss kausal waren; bezüglich der "Allonge" steht sogar das Gegenteil ausser Zweifel. 4. Die Vorinstanz hat schliesslich auch noch die Frage erörtert, ob der streitige Vertrag nicht wegen übermässiger Bindung des Beklagten und damit wegen Verstosses gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR ungültig sei. Zu dieser Frage hat sich das Bundesgericht in den Entscheidungen BGE 84 II 22 ff., Erw. 4, 276 ff. Erw. 4 und 5, 634 f. Erw. 3 ausgesprochen, worauf verwiesen werden kann. Im vorliegenden Falle macht die Vorinstanz unter Hinweis auf eine Abhandlung von Prof. JÄGGI (ZBJV 1958 S. 417 ff.) geltend, der Vorzahlungsvertrag müsse das unbedingte, nicht von der Zustimmung des Verkäufers abhängige BGE 85 II 402 S. 414 Recht des Käufers vorsehen, nach Leistung der Mindestzahlung einen Abzahlungskauf vorzunehmen und so die für ihn sonst zu lange Dauer des Vorzahlungsvertrages abzukürzen, wobei die Abzahlungsraten nicht höher sein dürften als die Vorzahlungsraten. Die Vorinstanz bemerkt, Prof. Jäggi sage nicht ausdrücklich, welches die Folge der Nichterfüllung dieses Erfordernisses sein solle, und nimmt an, sie könne nur in der Nichtigkeit des Vertrages bestehen. Diese letztere Auffassung ist abzulehnen. Wer einen Vorzahlungsvertrag eingeht, ist daran so gut gebunden, wie ein Versicherungsnehmer bei der Lebensversicherung, bei der die Zahlungspflicht noch länger dauert. Es mag als wünschbar bezeichnet werden, dass ein Vorzahlungsvertrag Bestimmungen über eine Umwandlung in ein Abzahlungsgeschäft enthalte; daraus aber eine Voraussetzung für seine Gültigkeit zu machen, geht zu weit. Übrigens ist auch Prof. JÄGGI nicht der Auffassung, das Fehlen einer solchen Bestimmung ziehe die Nichtigkeit des Vertrages nach sich; er erklärt nämlich (a.a.O. S. 451), in diesem Falle habe "der Käufer von Gesetzes wegen das Recht, nach Leistung einer angemessenen Anzahlung die Umwandlung in einen Abzahlungskauf zu verlangen". Ob dies der Fall sei, kann hier dahingestellt bleiben, da der Beklagte ja keine angemessene Anzahlung geleistet, sondern gerade nur die erste Rate von Fr. 50.- bezahlt hat. Die Vorinstanz verweist auf das weitere Postulat (JÄGGI, a.a.O. S. 444 f.), dass der Vorzahlungsvertrag ein wirkliches Auflösungsrecht aus wichtigem Grund enthalten müsse, wie es im Gesetz für andere Dauerschuldverhältnisse vorgesehen ist, und sie erklärt, von einem solchen Recht sei im vorliegenden Fall keine Rede. Diese Feststellung der Vorinstanz beruht auf einem offensichtlichen Versehen. Denn Ziff. 6 und 7 des Vertrages sehen ausdrücklich solche wichtige Auflösungsgründe vor (Nichtverheiratung des Käufers bis zur Vollendung des 40. Altersjahres, Todesfall, unheilbare Krankheit oder dauernde schwere Invalidität des Käufers). Damit sind die dringendsten Fälle BGE 85 II 402 S. 415 berücksichtigt. Ein "wirkliches Auflösungsrecht", so wie es die Vorinstanz offenbar versteht, wäre mit dem Grundsatze, dass Verträge zu erfüllen sind, unvereinbar. Übrigens folgert Jäggi auch aus dem Mangel einer solchen Bestimmung keineswegs die Nichtigkeit des Vertrages, sondern er spricht sich (a.a.O. S. 451) dahin aus, dass der Käufer in einem solchen Falle von Gesetzes wegen das Recht habe, bei Eintritt eines wichtigen Grundes die entschädigungslose Aufhebung des Vertrages zu verlangen. Ein solcher wichtiger Grund wird aber vom Beklagten gar nicht geltend gemacht. 5. a) Nicht ausgesprochen hat sich die Vorinstanz zu den Einreden des Irrtums und der Täuschung, zu denen das bezirksgerichtliche Urteil im Sinne der Ablehnung Stellung genommen hatte. Die Vorinstanz hat lediglich gewisse hierher gehörende tatsächliche Momente unter dem Gesichtspunkt der Übervorteilung mit in Betracht gezogen. Die Berufungsantwort hält an der Einrede der Täuschung fest. Sie beruft sich auf die vom klägerischen Vertreter Dillier bei den Vertragsunterhandlungen gemachten Angaben bzw. begangenen Verschweigungen. Dazu ist vor allem festzustellen, dass der Beklagte, bevor er sich durch seine Unterschrift verpflichtete, den abzuschliessenden Vertrag genauestens zur Kenntnis nahm. Er wusste also, dass er in den Fabrikausstellungen der dem SEM angeschlossennen Firmen auswählen könne (Ziff. 2), dass (nur) für alle den Betrag von Fr. 500.-- übersteigenden Einzahlungen ein auf seinen Namen lautendes Sparheft eröffnet (Ziff. 3) und dass ihm auf den vorausbezahlten Beträgen "der doppelte Bankzins, maximal 5%, jedoch längstens während 5 Jahren, gutgeschrieben und an den Kaufpreis angerechnet werde, nachher dagegen nur noch der normale Sparheftzins" (Ziff. 4). Auf all das hat er Anspruch, und zu mehr hat er sich nicht verpflichtet. Was die Vorinstanz an der Art und Weise der klägerischen Werbung rügt, könnte - unter dem Gesichtspunkt der Täuschung - nur von Bedeutung sein, wenn die erwähnten Angaben für den BGE 85 II 402 S. 416 Vertragsabschluss durch den Kläger kausal gewesen wären. Dass dies der Fall war, stellt die Vorinstanz nicht fest und kann daher entgegen der Behauptung des Beklagten nicht als gegeben betrachtet werden. b) Im einzelnen ist zu den Vorbringen der Berufungsantwort zur Frage der Täuschung zu bemerken: Wenn in dem Werbeprospekt, den der Vertreter der Klägerin dem Beklagten vorlegte, in Ziff. 3 von mündelsicherer Anlage der Einzahlungen auf einem staatlich garantierten Sparheft die Rede ist, so ergibt sich aus dem Vertrag (Ziff. 3) klar und deutlich, dass dies für die ersten Fr. 500.-- nicht gilt. Mit dem weiter erwähnten "Propagandaschlager Marie Kobler" ist der Aufdruck auf der Allonge zum Postcheck-Einzahlungsschein Act. 10/4 gemeint, den der Beklagte festgestelltermassen vor Vertragsabschluss nicht gesehen hat. Die Angabe, dass der Beklagte, wenn er durch die Stadt gehen würde und irgendwo ein schönes Möbelstück sehe usw., hatte nach der Aussage des Zeugen Dillier nicht die Meinung, dass er bei jedem beliebigen Möbelgeschäft kaufen könne; der Zeuge hat dem Beklagten ja eine Liste der Fabriken gezeigt, unter denen er auswählen könne. Jene Angabe konnte sich übrigens vernunftgemäss auch nicht auf Luxusmöbel "in besonderen Hölzern, besonderen Formen, besondern Kunststoffen, patent- und modellgeschützte Stücke" beziehen (wie die Berufungsantwort meint), da doch die ganze Aussteuer nur Fr. 5000.-- kosten sollte und es sich daher ganz klar nur um billige Durchschnittsware handeln konnte. Dass Dillier den Beklagten pflichtwidrig über gewisse Punkte unvollständig unterrichtet habe, und zwar in Täuschungsabsicht, ist ebenfalls zu verneinen. Diese Verschweigung soll sich darauf beziehen, dass "als vertragstypische Vergünstigung aus dem Vorzahlungsvertrag nur die Zinsdifferenz von Fr. 230.-- zu betrachten sei, nicht aber der von ihm in Aussicht gestellte wesentlich höhere Zinsertrag (einfacher plus doppelter Bankzins)". Bei letzterem BGE 85 II 402 S. 417 handle es sich bloss um eine Scheinleistung, da er von der Klägerin als Geschäftsunkosten behandelt werde und folglich bei der Kalkulation des Detailverkaufspreises preissteigernd wirke. Das ist aber selbstverständlich, und auch der normal intelligente Beklagte musste sich sagen, dass jede dem Kunden gewährte Vergünstigung vom Verkäufer wieder irgendwie eingebracht werden muss, da ein auf Gewinnerzielung ausgehendes kaufmännisches Unternehmen keine Wohlfahrtseinrichtung darstellt. Die Behauptung der Berufungsantwort, das "Zinsschema" in Act. 35 Ziff. 3 sei "durch die Vorinstanz als irreführend und täuschend entlarvt" worden, trifft nicht zu. Die Vorinstanz führt an der angerufenen Urteilsstelle aus, dass die angegebenen Endkapitalien teilweise etwas zu hoch erscheinen, möglicherweise, weil dabei Stammeinlagen eingerechnet worden seien, während die Klägerin dem Beklagten eine solche nicht gutgeschrieben habe. Darin kann keine "Entlarvung einer Täuschung" erblickt werden. Dafür bedürfte es sicherer und genauer umschriebener Feststellungen. Dass nicht auseinander gehalten sei, welcher Teil dem üblichen Bankzins entspreche und welcher eine Mehrleistung der Klägerin darstelle, ist ohnehin kein Umstand, der als Täuschungsmoment überhaupt in Betracht kommen könnte. 6. Ist somit das Hauptklagebegehren auf Feststellung der Verbindlichkeit des Vertrages im Gegensatz zum Urteil der Vorinstanz gutzuheissen, so folgt daraus ohne weiteres auch die Gutheissung des zweiten Rechtsbegehrens auf Verpflichtung des Beklagten zur Entrichtung der vertragsgemässen Leistungen (Raten und Restbetrag, eventuell Abzahlungsraten) und die Abweisung der Widerklage, soweit diese noch streitig ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 18. Juni 1959 wird aufgehoben und statt dessen erkannt: BGE 85 II 402 S. 418 a) Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene "Möbel-Vorzahlungs- und Kaufvertrag" vom 22. Mai 1956, mit einer Kaufsumme von Fr. 5000.--, verbindlich ist; b) der Berufungsbeklagte wird verpflichtet, die monatlichen Ratenzahlungen von Fr. 50.- bis zu Fr. 1000.-- zu bezahlen und den Restbetrag bei Ausübung des Wahlrechtes in bar oder durch Abzahlung zu leisten. c) Die Widerklage wird abgewiesen.
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Urteilskopf 113 II 447 79. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Juli 1987 i.S. M. gegen H. (Berufung)
Regeste Art. 60 Abs. 3 BG über die landwirtschaftliche Pacht (LPG). Art. 60 Abs. 3 LPG soll missbräuchliche Kündigungen verhindern, ist aber nicht nur auf eigentliche Missbrauchstatbestände anzuwenden (E. 2a). Eine Erstreckungsklage ist nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger die Kündigung als gültig anerkannt hat (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 447 BGE 113 II 447 S. 447 A.- Mit Vertrag vom 6. Mai 1980 pachtete H. von M. ein landwirtschaftliches Heimwesen in K. Wegen Vertragsverletzungen BGE 113 II 447 S. 448 des Pächters erklärte M. am 24. Januar 1983, er löse den Vertrag vorzeitig auf den 15. November 1983 auf; eventuell spreche er die ordentliche Kündigung auf den 31. März 1987 aus. B.- Die ausserordentliche Kündigung ist Gegenstand eines Prozesses vor Bezirksgericht. Unter Bezugnahme auf die ordentliche Kündigung erhob der Pächter am 17. November 1986 Klage auf Erstreckung des Pachtverhältnisses um sechs Jahre. Das Mietgericht trat darauf wegen Verspätung nicht ein. Auf Rekurs des Pächters hat das Obergericht des Kantons Zürich am 2. April 1987 diesen Entscheid aufgehoben und die Sache zur materiellen Behandlung an das Mietgericht zurückgewiesen. C.- Mit der Berufung beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, den Rückweisungsentscheid aufzuheben und die Erstreckungsklage abzuweisen. In der Berufungsantwort stellt der Kläger die Anträge, die Berufung sei abzuweisen und das Erstreckungsverfahren vom Mietgericht bis zur rechtskräftigen Erledigung des Hauptprozesses zu sistieren. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hält Art. 60 Abs. 3 des am 20. Oktober 1986 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) für anwendbar, da die Kündigung vom 24. Januar 1983 vor dem Stichtag auf einen Termin danach, den 31. März 1987, erfolgt sei; die Erstreckungsklage erklärt es demzufolge als rechtzeitig erhoben. Die genannte Bestimmung sei eindeutig und ihre Anwendung hänge nicht davon ab, ob der Verpächter mit der Kündigung dem strengeren neuen Recht habe zuvorkommen wollen. Eine solche Absicht lasse sich in aller Regel gar nicht nachweisen und sei auch im vorliegenden Fall sowenig bewiesen wie auszuschliessen. Dass das Gesetz dem Pächter eine besonders starke Rechtsstellung verschaffe und für den Verpächter eine erhebliche Rechtsunsicherheit bewirke, habe der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Zielen der Revision offenbar bewusst in Kauf genommen. a) Der Beklagte macht demgegenüber geltend, Art. 60 Abs. 3 LPG richte sich lediglich gegen missbräuchliche Kündigungen, die im Hinblick auf die strengere Regelung des LPG ausgesprochen worden seien; das treffe aber vorliegend nicht zu. In der Tat ging es dem Gesetzgeber mit dieser Übergangsbestimmung darum, ein derartiges Vorgehen unwirksam zu machen (Botschaft vom BGE 113 II 447 S. 449 11. November 1981, BBl 1982 I S. 300; MERKLI, in Blätter für Agrarrecht 20/1986 S. 90 und 92 sowie in Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der Hochschule St. Gallen, Band 25, Das neue landwirtschaftliche Pachtrecht, S. 86 und 89). Das genügt jedoch nicht um anzunehmen, das Gesetz erfasse entgegen seinem Wortlaut nur eigentliche Missbrauchstatbestände; das würde zudem für den Pächter kaum überwindbare Beweisschwierigkeiten bewirken, wie das Obergericht zutreffend ausführt. Wenn der Beklagte vorträgt, dass der bundesrätlichen Botschaft keine Rechtswirkung zukomme und die Bestimmung in der parlamentarischen Beratung überhaupt nicht diskutiert worden sei, so kann das erst recht nur zur Folge haben, dass auf den eindeutigen Gesetzestext abgestellt wird. Dieser übernimmt übrigens - wie der Bundesrat zutreffend bemerkt hat (BBl S. 300) - insoweit die bereits in Art. 50bis EGG getroffene Regelung. b) Weiter bringt der Beklagte vor, der Kläger habe seinerzeit die ordentliche Kündigung ausdrücklich sowie durch Verzicht auf ein rechtzeitiges Erstreckungsbegehren anerkannt, weshalb seine Berufung auf Art. 60 Abs. 3 LPG rechtsmissbräuchlich sei. Wenn es nach der Literatur bei dieser Übergangsbestimmung um den Schutz einer unter altem Recht aufgebauten Vertrauensbeziehung gehe, habe der Kläger dieses Vertrauensverhältnis durch seine Vertragsverletzungen längst untergraben; das Vertrauensprinzip werde gegenteils durch Gewährung der Nachfrist verletzt und eine für den Verpächter unerträgliche Lage für lange Jahre zementiert. Soweit der Beklagte damit einen Zusammenhang mit der ausserordentlichen Kündigung herstellen will, ist darauf nicht einzutreten, weil diese nicht Gegenstand des Erstreckungsverfahrens ist. Wenn der Kläger sodann die ordentliche Kündigung als gültig anerkannt haben sollte, macht das die Erstreckungsklage keineswegs missbräuchlich, weil sie auch nach der Darstellung des Beklagten eine gültige Kündigung voraussetzt. Was der Beklagte sonst noch vorbringt, richtet sich gegen die gesetzliche Regelung als solche und genügt nicht, um die Berufung des Klägers darauf als missbräuchlich erscheinen zu lassen. Die Berufung ist demnach abzuweisen.
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nan
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1,987
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42fb3add-0bfa-41d2-8f8d-fc081f8aa2f7
Urteilskopf 126 II 54 7. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1999 i.S. C. gegen Schweizerische Bundesbahnen (SBB) und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 19 und 21 Eisenbahngesetz; Pflicht zur Übernahme der Kosten für Sicherheits- und Sanierungsvorkehren. Liegt ein Gefährdungstatbestand sowohl im Sinne von Art. 19 EBG wie auch im Sinne von Art. 21 EBG vor, so sind beim Entscheid über die Übernahme der Sanierungskosten ebenfalls beide Vorschriften zu berücksichtigen (E. 3). Die Kostenpflicht bestimmt sich in erster Linie nach der Frage, ob die Bahnanlage oder die Anlage des Dritten zuerst vorhanden war (E. 4, 5). Die Verjährung von Schadenersatzforderungen für Sicherheitsvorkehren gemäss Art. 19 und 21 EBG bestimmt sich nicht nach Art. 60 OR (E. 7). Den SBB als Organisation mit öffentlichrechtlichen Aufgaben ist in der Regel keine Parteientschädigung zuzusprechen (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 55 BGE 126 II 54 S. 55 Die 132/66kV-Übertragungsleitung Steinen - Immensee der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) führt im Gebiet Äschi der Gemeinde Arth/Goldau über die im Eigentum von C. stehende Parzelle Nr. 621. Mit Verfügung vom 11. Dezember 1987 stimmte das Bundesamt für Verkehr (BAV) der Erstellung eines Gewerbehauses auf Parzelle Nr. 621 unter der Voraussetzung zu, dass der Direktabstand zwischen dem Gebäude und den nächstliegenden Stromleitern 9,7 m nicht unterschreite. Am 20. Mai 1988 bewilligte das BAV zusätzlich den Bau eines Lagerhauses unmittelbar unter der Hochspannungsleitung unter der Bedingung, dass ein minimaler Direktabstand von 21,4 m zwischen dem Gebäude und den nächstliegenden Stromleitern eingehalten werde. Im Hinblick auf diese Bauvorhaben schlossen die SBB und C. am 15. Juli 1988 einen neuen Dienstbarkeitsvertrag für die Hochspannungsleitung, die bis anhin offenbar durch blosse Durchleitungsrechte gesichert war. Die Dienstbarkeit wurde am 19. August 1988 als "umschriebenes Überleitungsrecht für Hochspannungsfreileitung, Bau- und Pflanzbeschränkung" zu Lasten der Parzelle Nr. 621 und zu Gunsten der SBB im Grundbuch eingetragen. Nach Erstellung des Gewerbehauses "Äschi" wurde festgestellt, dass der vorgeschriebene Mindestabstand zwischen der Hochspannungsleitung und dem Gewerbehaus nicht eingehalten war. Nachmessungen ergaben, dass bei der Vermessung von falschen Höhenkoten ausgegangen worden war. Der Grundbuchgeometer bestätigte mit Schreiben vom 27. August 1990, dass auf Grund dieses Fehlers die an sich plangemäss erstellte Baute 4,39 m zu hoch liege. Die SBB luden hierauf C. ein, ihnen raschmöglichst Vorschläge zur Behebung des bewilligungswidrigen Zustands zu unterbreiten. Nach weiteren Besprechungen und Aufforderungen von Seiten der SBB beauftragte C. die Firma Z., sichernde Sofortmassnahmen zu ergreifen und Varianten zur endgültigen Sanierung auszuarbeiten. Da in der Folge keine Vorkehren mehr getroffen wurden und C., nunmehr vertreten durch einen Rechtsanwalt, mit Schreiben vom 4. April 1991 erklärte, die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes sei Sache der SBB, erhoben diese am 20. April 1991 Klage beim BAV BGE 126 II 54 S. 56 und verlangten die Anordnung von Massnahmen im Sinne von Art. 21 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101). Mit Zwischenverfügung vom 30. Mai 1991 untersagte das BAV mit sofortiger Wirkung die Nutzung des obersten Geschosses des Gewerbehauses "Äschi". In der Folge einigten sich die Parteien nach Beizug von Experten über die definitiven Sanierungsmassnahmen, die vom BAV mit Verfügung vom 10. Juni 1992 angeordnet wurden. Im Rahmen des nachfolgenden Verfahrens zum Entscheid über die Übernahme der Sanierungskosten verpflichtete das BAV C. gestützt auf Art. 21 Abs. 2 EBG , den SBB den Betrag von Fr. 140'906.20 nebst Zins zu 5% seit 1. Dezember 1993 zu bezahlen. Gegen diesen Entscheid des BAV erhob C. Verwaltungsbeschwerde beim eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (heute: Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, UVEK). Das Departement hiess die Beschwerde von C. am 14. Juni 1999 teilweise gut und setzte den von diesem zu bezahlenden Kostenanteil auf Fr. 96'906.40 fest. In den Erwägungen zu seinem Entscheid führte das UVEK - soweit hier interessierend - aus, dass entgegen der Annahme des BAV im vorliegenden Fall nicht Art. 21, sondern Art. 19 EBG anwendbar sei. Durch die Nichteinhaltung des Minimalabstandes zwischen Leitung und Gebäude werde nämlich nicht die Sicherheit der Leitung, sondern jene des nachträglich erstellten Gebäudes und der sich darin aufhaltenden Personen beeinträchtigt. Die Beurteilung der Streitsache sei daher ausschliesslich in Anwendung von Artikel 19 EBG vorzunehmen. C. hat gegen den Entscheid des UVEK Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, die vom Bundesgericht abgewiesen wird aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das UVEK seinen Entscheid auf Art. 19 EBG stütze, während das BAV von der Anwendbarkeit von Art. 21 EBG ausgegangen sei. Werde eine neue Norm beigezogen, so falle die Grundlage für die von den SBB gestellte Forderung dahin. Art. 19 EBG sehe ganz andere Voraussetzungen als Art. 21 EBG für die Kostentragungspflicht Dritter vor. Diese Voraussetzungen seien für den Beschwerdeführer nicht erfüllt, da er höchstens Zustandsstörer sei, während der Kanton Schwyz für den Vermessungsfehler einzustehen habe und als Verhaltensstörer BGE 126 II 54 S. 57 in erster Linie hafte. Der Beschwerdeführer habe sich im Übrigen zu einer Kostentragung auf Grund von Art. 19 EBG nie äussern können. Eine Kostentragungspflicht könne für den Beschwerdeführer auch nicht aus Art. 21 EBG hergeleitet werden, weil ihn kein Verschulden treffe; die Ursache der fraglichen Störung liege allein im fehlerhaften Vermessungswerk des amtlichen Geometers. Zumindest aber bestehe Haftungskonkurrenz und hätten daher die für den Vermessungsfehler Verantwortlichen ebenfalls zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Schliesslich sei die gegenüber dem Beschwerdeführer geltend gemachte Forderung verjährt; mangels einer entsprechenden Vorschrift im Eisenbahnrecht sei in Analogie zu Art. 60 OR von einer einjährigen Verjährungsfrist auszugehen. Da die Rechtshängigkeit einer Klage oder eines Forderungsbegehrens den Verjährungslauf nicht hemme, sei die Verjährung bereits im Verfahren vor dem BAV, jedenfalls aber im Verfahren vor dem UVEK eingetreten. 3. Es ist unbestritten, dass die SBB-Übertragungsleitung den Vorschriften von Art. 19 bis 21 des Eisenbahngesetzes über die Sicherheitsmassnahmen und die Kostentragungspflicht untersteht. Umstritten ist dagegen, welche Bestimmung die Rechtsgrundlage für die Forderung der SBB auf Rückerstattung ihrer Sanierungskosten bilde. Das UVEK hat diese ausschliesslich in Art. 19 EBG gesehen, während sich das BAV nur auf Art. 21 EBG stützte. Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes fällt die Streitsache jedoch in den Regelungsbereich beider Vorschriften: Die Bestimmung von Art. 19 EBG trägt dem Gefährdungspotential von Bahnanlagen Rechnung und hält die Bahnunternehmung dazu an, jene Vorkehren zu treffen, die für die Sicherheit der Bahn selbst sowie auch zur Vermeidung von Gefahren für Personen und Sachen erforderlich sind. Art. 21 EBG bezieht sich demgegenüber auf die Gefahren, die von Arbeiten, Anlagen, Bäumen oder Unternehmungen Dritter ausgehen und die Sicherheit der Bahnanlagen beeinträchtigen können. Er verpflichtet daher diese Dritten, auf Begehren der Bahn - im Streitfall auf Verfügung der Aufsichtsbehörde - durch geeignete Massnahmen Abhilfe zu schaffen. Im vorliegenden Fall wurde durch den Bau des Gewerbehauses "Äschi" - der Anlage eines "Dritten" - der aus Sicherheitsgründen vorgeschriebene Mindestabstand zwischen Hochspannungsfreileitung und Gebäude unterschritten. Dadurch ist einerseits die Sicherheit des Bahnstromversorgungsnetzes beeinträchtigt und mithin ein Gefährdungstatbestand gemäss Art. 21 Abs. 1 EBG geschaffen worden. BGE 126 II 54 S. 58 Andererseits ist aber durch die Nichteinhaltung der vom BAV festgelegten Minimaldistanz auch im Sinne von Art. 19 Abs. 1 EBG eine Gefahr für das Gebäude und die sich in diesem aufhaltenden Menschen entstanden. Gemäss den beiden Vorschriften erwuchs den SBB als Inhaberinnen der Starkstromleitung und dem Beschwerdeführer als Gebäudeeigentümer gleicherweise die Pflicht, die zur Behebung der gefährlichen Situation erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Bestimmt sich demnach die Pflicht zur Beseitigung der gefahrenträchtigen Situation sowohl nach Art. 21 wie auch nach Art. 19 EBG , so sind bei der Regelung der Kostenfolgen dem Grundsatze nach ebenfalls beide Vorschriften zu berücksichtigen. 4. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 EBG hat die Bahnunternehmung die Kosten der durch die Bahnanlage bedingten Sicherheitsmassnahmen zu übernehmen. Kosten für Vorkehren, welche wegen Bauvorhaben oder anderer Bedürfnisse Dritter nötig werden, gehen zu deren Lasten ( Art. 19 Abs. 2 Satz 2 EBG ). Wird die Sicherheit der Bahn durch Anlagen oder Unternehmungen Dritter beeinträchtigt, so wird die Bahn dann kostenpflichtig, wenn die Anlagen oder Unternehmungen schon vor Inkrafttreten des Eisenbahngesetzes oder vor Erstellung der Bahnanlagen bestanden ( Art. 21 Abs. 2 Satz 1 EBG ). Für die nach diesem Zeitpunkt erstellten Anlagen oder eröffneten Unternehmungen tragen deren Inhaber die Kosten der Sanierung ( Art. 21 Abs. 2 Satz 2 EBG ). Die Kostenfolgen der Beseitigung eines gefährlichen bzw. polizeiwidrigen Zustandes, der durch das Aufeinandertreffen von Bahnanlagen und Anlagen Dritter verursacht wird, bestimmt sich somit nach der zeitlichen Priorität, das heisst nach der Frage, welche Anlage - jene der Bahn oder jene des Dritten - zuerst vorhanden war. Die Massgeblichkeit des Vorbestehens der einen oder anderen Anlage, die jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Eisenbahngesetzes im Jahre 1958 gilt (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 19. Mai 1998 i.S. Ferrovie Federali Svizzere, publ. in RDAT 1998 II S. 196), ist wie dargelegt in Art. 21 Abs. 2 EBG klar festgehalten. Sie ergibt sich aber auch aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 EBG , wo von Bau-"Vorhaben" Dritter gesprochen wird sowie von anderen Bedürfnissen Dritter, für welche Vorkehren "nötig werden". Damit wird ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass die Kosten für Massnahmen, die erst hinterher im Interesse Dritter getroffen werden müssen, zu deren Lasten gehen sollen. Übrigens ist das einfache Kriterium, dass zu bezahlen hat, wer später kommt und den bisherigen BGE 126 II 54 S. 59 Zustand ändert, in weiteren Vorschriften des Eisenbahngesetzes übernommen worden, so insbesondere in den Bestimmungen von Art. 25 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 2 EBG über die Tragung der Kosten für neue Kreuzungen zwischen Bahnen und Strassen oder anderen Anlagen (vgl. dazu die ausführlichen Erwägungen in der bundesrätlichen Botschaft zum Entwurf eines Eisenbahngesetzes vom 3. Februar 1956, BBl 1956 I 246 ff. zu den damaligen Artikeln 23 bis 30 EBG). Für die Auferlegung der Kosten ist somit auch im vorliegenden Fall ausschlaggebend, welche der beiden sich gegenseitig gefährdenden Anlagen zuerst am Platze war und welche durch ihr späteres Hinzukommen den bisherigen Zustand änderte. Nur wenn sich diese Frage der Priorität nicht lösen lässt, ist auf weitere, sich aus der Lehre und Rechtsprechung ergebende Kriterien abzustellen, so etwa darauf, wer als "Störer" im polizeirechtlichen Sinne gelte und aus diesem Grunde zur Kostentragung beizuziehen sei. 5. Wie sich aus den Akten ergibt, bestand die Übertragungsleitung der SBB schon seit längerer Zeit, als der Beschwerdeführer die Überbauung seines Grundstücks unternahm. Gemäss Grundbuchblatt wurde die Parzelle Nr. 621 im Jahre 1971 mit einem Überleitungsrecht für eine Hochspannungsleitung zu Gunsten der SBB belastet. Die Leitung wurde offenbar im damaligen Zeitpunkt erstellt. Ist demnach vom Vorbestehen der SBB-Leitung auszugehen, so sind nach dem Gesagten die Kosten für die Behebung der Gefährdungssituation dem Beschwerdeführer, der seine Baute erst im Nachhinein erstellt hat, zu Recht auferlegt worden. Allerdings könnte hiergegen eingewendet werden, den SBB hätten ursprünglich blosse Durchleitungsrechte für die Überspannung der Parzelle Nr. 621 zugestanden. Diese Dienstbarkeiten hätten die Baufreiheit des Grundeigentümers in keiner Weise eingeschränkt; vielmehr seien die SBB, als der Beschwerdeführer sein Grundstück überbauen wollte, zur Verlegung der Leitung oder zum Erwerb von Bauverbots-Servituten verpflichtet gewesen (vgl. BGE 115 Ib 13 E. 2 S. 17 mit Hinweisen auf weitere Urteile). Rechtlich gesehen sei daher der Bestand der Leitung am gegebenen Ort erst durch den Dienstbarkeitsvertrag vom 15. Juli 1988 und die darin vereinbarte Baubeschränkung gesichert worden. In diesem Sinne komme der Leitung keine Priorität zu. Einer solchen Betrachtungsweise - die übrigens vom Beschwerdeführer nicht vertreten wird - wäre jedoch schon deshalb nicht zu folgen, weil bei der Gefahrenabwehr und der Beseitigung polizeiwidriger BGE 126 II 54 S. 60 Zustände auf die offenkundigen Verhältnisse abzustellen ist. Ähnlich wie beim Besitzesschutz muss ohne vorgängige rechtliche Abklärungen rasch gehandelt werden können. Zwar steht bei der Regelung der Kostentragung die zeitliche Dringlichkeit nicht mehr in gleicher Weise im Vordergrund. Stellt der Bundesgesetzgeber aber - wie hier im Eisenbahnwesen - nicht nur für die Pflicht zur Ergreifung von Sicherheitsmassnahmen, sondern auch für die Kostentragungspflicht Regeln auf, die auf die Offenkundigkeit abstellen, so kann es in Fällen wie dem vorliegenden keine Rolle spielen, welche Servituten die Existenz und damit auch das Vorbestehen einer Bahnzwecken dienenden Leitung ermöglicht haben. Im Weiteren haben die Parteien in ihrem Dienstbarkeitsvertrag vom 15. Juli 1988 selbst erklärt, dass die neu umschriebenen Dienstbarkeitsrechte dem "Fortbestand" der Leitung dienen und für die Situierung dieser Rechte der effektive Leitungsverlauf massgebend sei. Damit sind sie ihrerseits davon ausgegangen, dass der bisherige tatsächliche Zustand auch die rechtliche Situation bestimme. Es besteht daher kein Grund, hier in Anwendung von Art. 21 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 2 EBG nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Errichtung der Leitungs-Anlage abzustellen. 6. Nach dem Gesagten erweist sich der Einwand des Beschwerdeführers, er habe sich nie zur Anwendung von Art. 19 Abs. 2 EBG äussern können, als nicht stichhaltig. Wie dargelegt stellen Art. 21 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 2 EBG für Fälle wie den vorliegenden die gleichen Voraussetzungen für die Kostenpflicht Dritter auf. Ausserdem war bereits im Verfahren vor dem BAV zur Festlegung der geeigneten Sanierungsvorkehren mehrmals davon die Rede, dass dringend auch Massnahmen zum Schutze der Bauarbeiter und der sich im Gewerbehaus "Äschi" aufhaltenden Personen zu treffen seien. Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer hat deshalb damit rechnen müssen, dass bei der Regelung der Kostentragung (auch) auf Art. 19 EBG abgestellt werden könnte ( BGE 124 I 49 E. 3c, S. 52; BGE 123 I 63 E. 2d S. 69 je mit Hinweisen). Ebenso wenig vermag der Hinweis darauf, dass mehrere "Störer" vorhanden seien und Haftungskonkurrenz bestehe, dem Beschwerdeführer zu helfen. Die Bestimmungen von Art. 19 und 21 EBG regeln die Kostenverteilung zwischen der Bahnunternemung und dem "Dritten", welcher Eigentümer der Anlage oder Verantwortlicher für die Unternehmung ist, die im Zusammentreffen mit der Bahn Gefahren schafft. Haben auf der Seite des "Dritten" weitere BGE 126 II 54 S. 61 Personen die Gefahrenlage mitbewirkt, so ist es dessen Sache, diese weiteren Beteiligten im hierfür einschlägigen Verfahren zur Rechenschaft zu ziehen. Der Beschwerdeführer hat daher mit gutem Grund in seiner Verwaltungsbeschwerde vom 16. September 1996 auf seinen früher gestellten Antrag um Beiladung des Kantons Schwyz ausdrücklich verzichtet. 7. Soweit sich der Beschwerdeführer schliesslich darauf beruft, dass die Forderung der SBB nach der sinngemäss anwendbaren Bestimmung von Art. 60 OR bereits verjährt sei, ist ihm ebenfalls nicht zu folgen. Das Eisenbahnrecht enthält keine Bestimmung über die Verjährung von Schadenersatzforderungen für Sicherheitsvorkehren im Sinne von Art. 19 und 21 EBG . Beginn und Dauer der Verjährungsfrist sind deshalb anhand vergleichbarer Regelungen oder - wenn auch solche fehlen - nach allgemeinen Rechtsprinzipien festzulegen (vgl. BGE 108 Ib 150 E. 4a, mit Hinweisen). Nun hat das Bundesgericht schon mehrfach festgestellt, dass die in Art. 60 OR vorgesehene einjährige Verjährungsfrist nicht auf öffentlichrechtliche Schadenersatzansprüche übertragen werden könne. Fehle eine ausdrückliche Bestimmung, die die Verjährungsfrist auf nur ein Jahr festsetze, so müsse der Forderungsberechtigte nicht mit einer derart kurzen Frist rechnen. Mit Rücksicht auf das Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sei bei der Lückenfüllung eine längere Frist zu wählen und in der Regel von einer - einzigen - Verjährungsfrist von fünf Jahren auszugehen (vgl. BGE 105 Ib 6 E. 3c S. 13 f.; BGE 108 Ib 485 ; BGE 113 Ia 461 E. 2 S. 464 f.; BGE 122 II 26 E. 5 S. 32 f; BGE 124 II 543 E. 4a S. 550). Diese fünfjährige Verjährungsfrist ist vom Bundesgericht auch in Fällen angewandt worden, in denen es um die Überbindung der Kosten für Sicherheitsvorkehren und die Beseitigung polizeiwidriger Zustände ging. Dabei ist zum Fristenlauf präzisiert worden, die Verjährung beginne erst, wenn die effektiven Kosten für die ergriffenen Massnahmen bekannt seien ( BGE 122 II 26 E. 5, Entscheid des Bundesgerichts vom 17. Dezember 1980 i.S. X, publ. in ZBl 82/1981 S. 370 E. 2). Gemäss diesen Grundsätzen, an denen auch im vorliegenden Fall festzuhalten ist, ist die Forderung der SBB nicht verjährt. 8. Damit erweist sich der Beschwerdeentscheid des Departementes als bundesrechtsmässig und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet. Wird der angefochtene Entscheid bestätigt, fällt eine Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens ausser Betracht ( Art. 157 OG ). BGE 126 II 54 S. 62 Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem unterliegenden Beschwerdeführer zu überbinden ( Art. 156 Abs. 1 OG ). Hingegen fragt sich, ob dieser auch zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die SBB zu verpflichten sei. Nach Art. 159 Abs. 2 OG darf im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde obsiegenden Behörden oder mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen werden. Nun sind zwar die SBB nach heutiger Gesetzgebung kein autonomer eidgenössischer Betrieb gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG (SR 172.021) und Art. 98 lit. d OG mehr und können daher auch nicht mehr als Behörde im Sinne des VwVG gelten (vgl. BGE 101 Ib 99 E. 2b S. 104; 113 Ib 34 E. 3 S. 39). Sie bleiben aber als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft im Sinne von Art. 2 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 20. März 1998 mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraut; ihnen steht jedenfalls zur Zeit auch noch Verfügungsgewalt zu. Sie haben daher als Organisation mit öffentlichrechtlichen Aufgaben keinen Anspruch auf Parteientschädigung im vorliegenden Verfahren.
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Urteilskopf 135 III 88 12. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 5A_559/2008 du 21 novembre 2008
Regeste Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ; Umrechnungskurs in gesetzliche Schweizerwährung für eine in Euro festgelegte Forderung. Der Umrechnungskurs des Euro ist eine notorische Tatsache, die vom Betreibungsgläubiger weder behauptet noch bewiesen werden muss (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 88 BGE 135 III 88 S. 88 A. Le 10 août 1994, le Tribunal de première instance de Munich (Allemagne) a condamné X. à verser à Y., son ex-épouse, la somme de 1'645 euros à titre de pension alimentaire. Le 1 er octobre 2007, Y. a requis la poursuite de son ex-époux pour un montant de 35'523 fr. 20, plus intérêts à 5 % dès le 15 mars 2007, terme moyen. Selon le taux de change retenu par la créancière (à savoir 1 euro = 1,6611 fr.), la pension mensuelle, d'un montant de 1'645 euros, correspond à la somme de 2'732 fr. 50. X. a formé opposition au commandement de payer qui lui était notifié. B. Le 20 décembre 2007, Y. a requis du Tribunal de première instance du canton de Genève la reconnaissance et l'exécution du jugement du Tribunal de première instance de Munich, ainsi que la mainlevée définitive de l'opposition formée par son ex-mari au commandement de payer. BGE 135 III 88 S. 89 Par jugement du 4 avril 2008, le Tribunal de première instance a notamment reconnu et déclaré exécutoire en Suisse le jugement allemand (ch. 1) et prononcé la mainlevée définitive de l'opposition faite au commandement de payer - sans toutefois préciser à concurrence de quel montant - (ch. 2). Statuant sur appel de X. le 19 juin 2008, la Cour de justice a, entre autres, réformé le ch. 2 en prononçant la mainlevée à concurrence de 35'285 fr. 25 avec intérêt à 5 % l'an dès le 15 mars 2007. C. X. dépose un recours en matière civile contre cette dernière décision, concluant au rejet de la requête de mainlevée définitive. Le recours a été rejeté par arrêt du 21 novembre 2008. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Le recourant soutient qu'en jugeant que l'intimée ne devait pas prouver par pièce le taux de change entre l'euro et le franc suisse, la cour cantonale aurait violé l' art. 80 al. 1 LP . 4.1 A teneur de l' art. 67 al. 1 ch. 3 LP , la réquisition de poursuite adressée à l'Office énonce le montant de la créance en valeur légale suisse. La conversion en valeur légale suisse d'une créance stipulée en monnaie étrangère est une règle d'ordre public et une exigence de la pratique. En imposant cette conversion, le législateur n'a cependant pas entendu modifier le rapport de droit liant les parties et nover en une dette de francs suisses celle que les intéressés ont librement fixée en devises étrangères ( ATF 134 III 151 consid. 2.3 et les références citées; ROLAND RUEDIN, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n os 27 s. ad art. 67 LP ). La conversion se fait au cours de l'offre des devises du jour de la réquisition de poursuite ( ATF 51 III 180 consid. 4; BlSchK 1997 p. 62 consid. 5e; RUEDIN, op. cit., n os 29 s. ad art. 67 LP ). Selon la jurisprudence, les faits notoires, qu'il n'est pas nécessaire d'alléguer ni de prouver ( ATF 130 III 113 consid. 3.4 et les arrêts cités), sont ceux dont l'existence est certaine au point d'emporter la conviction du juge, qu'il s'agisse de faits connus de manière générale du public (allgemeine notorische Tatsachen) ou seulement du juge (amtskundige oder gerichtskundige Tatsachen; VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8 e éd. 2006, p. 255 n. 17; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n. 945). La jurisprudence précise que, pour être notoire, un renseignement ne doit pas être constamment BGE 135 III 88 S. 90 présent à l'esprit, il suffit qu'il puisse être contrôlé par des publications accessibles à chacun (arrêt du Tribunal fédéral 4P.277/1998 du 22 février 1999 consid. 3d, in RSDIE 2000 p. 575). De nos jours, le taux de conversion des monnaies est un fait notoire, qui ne doit être ni allégué ni prouvé. Il peut en effet être contrôlé sur internet, par des publications officielles et dans la presse écrite; il est donc accessible à chacun (cf. arrêt du Tribunal fédéral 5P.236/1988 du 8 novembre 1988 consid. 1b, in SJ 1989 p. 205; arrêt du Tribunal fédéral 4P.277/1998 du 22 février 1999 consid. 3d, in RSDIE 2000 p. 575; également PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, art. 1-88 LP , 1999, n o 63 ad art. 80 LP ). L'internet permet en outre d'accéder rapidement au taux de conversion en vigueur à une date donnée - par exemple la date de la réquisition de poursuite -; il n'est donc pas nécessaire d'obtenir une confirmation bancaire ou une copie de la presse parue à la date recherchée. Il suffit ainsi de quelques minutes pour déterminer qu'au 1 er octobre 2007, le cours de l'euro en francs suisses était de 1,6603 et effectuer ensuite la conversion des 1'645 euros en francs suisses ( http://www.fxtop.com donne les taux officiels diffusés par la Banque centrale européenne). 4.2 C'est par conséquent à tort que le recourant soutient que le taux de conversion doit être prouvé par pièces et qu'il y aurait donc violation de l' art. 80 al. 1 LP pour ce motif. La cour cantonale a fixé le taux de conversion à 1,65 fr., soit à un taux inférieur au taux réel notoire de 1,6603 fr. La poursuivante n'ayant cependant pas recouru contre l'arrêt cantonal, il n'y a pas lieu de réformer cette décision en sa faveur. Il est superflu d'examiner les griefs formulés par le recourant à l'encontre de la "valeur approximative" retenue par la Cour de justice.
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Urteilskopf 101 IV 103 28. Urteil des Kassationshofes vom 23. Januar 1975 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt gegen Ziltener.
Regeste Art. 277bis Abs. 1, 277ter Abs. 1 und 2 BStP, Art. 38 OG . Bindung der kantonalen Behörde und des Kassationshofes an die im Rückweisungsentscheid erteilten Weisungen.
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 101 IV 103 S. 103 A.- Am 29. März 1974 hat das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Siegfried Ziltener wegen fahrlässiger Tötung, fortgesetzter grober Verletzung von Verkehrsregeln, Fahren in angetrunkenem und übermüdetem Zustand, Unfallflucht und versuchter Vereitelung einer Blutprobe zu 18 Monaten Gefängnis und Fr. 1'000.-- Busse verurteilt. Es gewährte ihm den bedingten Strafvollzug unter Auferlegung einer Probezeit von vier Jahren und der Weisung, während 2 Jahren kein Auto zu führen. B.- Auf Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hin wies der Kassationshof am 4. Juli 1974 die Vorinstanz an, Ziltener den bedingten Strafvollzug zu verweigern. Diese Rückweisung nahm das Appellationsgericht im neuen Urteil vom 24. September 1974 nicht nur zum Anlass, die Gefängnisstrafe unbedingt vollziehen zu lassen, sondern es setzte die Strafe auch auf 12 Monate Gefängnis herab und nahm von einer Busse Umgang. C.- Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Nichtigkeitsbeschwerde, das Urteil des Appellationsgerichtes vom 24. September 1974 sei aufzuheben, soweit es abgesehen von der Verweigerung BGE 101 IV 103 S. 104 des bedingten Strafvollzuges das Strafmass herabsetzte. Ziltener beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Appellationsgericht führt aus, in Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde habe das Bundesgericht die Sache an das Appellationsgericht zurückgewiesen, damit es "dem Beschwerdegegner den bedingten Strafvollzug verweigere". Ohne dies in seinen Erwägungen oder im Urteilsdispositiv ausdrücklich zu erwähnen, habe das Bundesgericht damit den Entscheid des Appellationsgerichts vom 29. März 1974 vollumfänglich aufgehoben. Dies ergebe sich schon daraus, dass mit dem bedingten Vollzug auch die darauf beruhende Weisung dahinfallen müsse. Das Urteil des Bundesgerichts erwähne allerdings auch diesen Umstand nicht, was nur dahin verstanden werden könne, dass das Appellationsgericht das Urteil vollständig neu zu fassen habe. Im übrigen entspreche die Aufhebung des ganzen Urteils nicht nur dem Antrag des Staatsanwalts vor Bundesgericht, sondern auch der kassatorischen Funktion der Nichtigkeitsbeschwerde überhaupt: Die Aufhebung sei die von Art. 277ter Abs. 1 OG ausdrücklich vorgesehene Folge im Falle einer Kassation. Bei seinem neuen Entscheid sei das Appellationsgericht einzig hinsichtlich der Verweigerung des bedingten Strafvollzugs an die rechtliche Begründung des Bundesgerichts gebunden ( Art. 277ter Abs. 2 OG ), im übrigen aber in seiner Entscheidung frei. Das müsse so sein, denn Höhe der Strafe und Art des Vollzugs ständen in einem derart engen Zusammenhang, dass sie nicht voneinander getrennt beurteilt werden könnten, auch wenn in der Theorie etwa andere Auffassungen vertreten würden. Es könne kein Zweifel darüber bestehen, dass das Appellationsgericht bei Ausfällung einer unbedingten Strafe im nun kassierten Urteil diese wesentlich niedriger angesetzt hätte. Dem materiell urteilenden Gericht müsse deshalb unter allen Umständen das Recht vorbehalten bleiben, die durch den Kassationsentscheid nötig gewordene Anpassung vorzunehmen. 2. Der Kassationshof darf nicht über die Anträge des Beschwerdeführers hinausgehen ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ), d.h. den Entscheid der kantonalen Behörde nicht in unangefochten gebliebenen Punkten überprüfen und die kantonale BGE 101 IV 103 S. 105 Behörde nicht anweisen, ihn weitergehend abzuändern als der Beschwerdeführer beantragt. Mit Rücksicht auf dieses Verbot muss die Beschwerdeschrift nach Art. 273 Abs. 1 lit. a BStP die Angabe, welche Punkte des Entscheides angefochten werden, und die Anträge enthalten ( BGE 77 IV 60 , BGE 87 IV 102 ). Hält der Kassationshof die Beschwerde im Strafpunkt für begründet, so hebt er den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurück ( Art. 277ter Abs. 1 BStP ). Das besagt nichts weiter als dass die Nichtigkeitsbeschwerde im Falle der Gutheissung zur Aufhebung des kantonalen Urteils führt, nicht zu eigener Entscheidung des Bundesgerichts in der Sache selbst (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege S. 569). Die kassatorische Funktion der Nichtigkeitsbeschwerde ändert nichts daran, dass die Urteilsmotive zu beachten sind. Gemäss Art. 277ter Abs. 2 BStP muss die kantonale Behörde, an die der Kassationshof eine Sache zu neuer Entscheidung zurückweist, dem neuen Urteil die rechtliche Begründung der Kassation zugrundelegen. Die Kassation nach Bundesrecht hat nicht den Zweck, den ganzen Strafprozess auf einen neuen Boden zu stellen, sondern sie hat nur die unrichtige rechtliche Auffassung, von der der Vorderrichter ausgegangen ist, zu korrigieren. Die kantonale Behörde darf deshalb nicht frei urteilen, als ob überhaupt kein Urteil gefällt worden wäre. Sie hat sich vielmehr auf das zu beschränken, was durch die Weisung des Kassationshofes als Gegenstand der neuen Entscheidung umschrieben wurde. Die Weisung grenzt den Gegenstand des Prozesses endgültig ab, um diesen einer raschen Erledigung zuzuführen und auch die Beteiligten gegen nachteilige Weiterungen des Verfahrens zu schützen. Der kantonale Richter, an den zurückgewiesen wird, ist somit nach Art. 277ter Abs. 2 BStP verpflichtet, seine Entscheidung auf den Gegenstand der ersten Nichtigkeitsbeschwerde und des daran anschliessenden Kassationsurteils zu beschränken und sich innert dieses Rahmens an die ihm erteilte Weisung zu halten. Die Entscheidung des Bundesgerichts wird gemäss Art. 38 OG mit der Ausfällung rechtskräftig, und an der Rechtskraft nehmen deshalb auch die Weisungen teil, die der kantonalen Instanz im Entscheid erteilt werden. Daraus folgt, dass die Weisungen nicht nur die kantonale Behörde, sondern auch das Bundesgericht selber binden. Der Kassationshof kann daher, wenn gegen das neue Urteil der kantonalen Behörde BGE 101 IV 103 S. 106 Nichtigkeitsbeschwerde geführt wird, auf seine Weisungen nicht mehr zurückkommen; insoweit hat er das neue Urteil nur daraufhin zu überprüfen, ob es im Rahmen der erteilten Weisungen bleibt ( BGE 80 IV 141 , BGE 85 IV 211 , 92 IV 23, Urteil Meyer vom 23. Dezember 1960; zum analogen Art. 66 Abs. 1 OG : BGE 83 II 550 , BGE 85 III 123 , BGE 90 II 308 ; für das staatsrechtliche Verfahren: BGE 92 I 508 , BGE 100 Ia 30 ). 3. Der einzig beschwerdeführende Staatsanwalt hatte in seiner ersten Beschwerde nur die Gewährung des bedingten Strafvollzugs angefochten. In Gutheissung der Beschwerde hatte der Kassationshof dementsprechend der Vorinstanz ausschliesslich die Weisung erteilt, den bedingten Strafaufschub zu verweigern. Darauf hatte sie sich zu beschränken. Dass mit der Verweigerung des bedingten Strafvollzugs auf diesem beruhende Weisungen wegfallen, ist selbstverständlich. Indem die Vorinstanz in ihrem neuen Entscheid über die Weisung des Kassationshofes hinausging und die Strafe neu bemass, verstiess sie gegen Bundesrecht. Die Auffassung der Vorinstanz, die Verweigerung oder Gewährung des bedingten Strafvollzugs sei ein Strafzumessungsgrund, findet im StGB, das in den Art. 63-68 die Strafzumessungsgründe und -regeln abschliessend aufführt (vgl. BGE 95 IV 61 ), keine Stütze (Urteil Härtner vom 11. November 1971). Sie behauptet das selber nicht, sondern macht geltend, die Höhe der Strafe und die Art des Vollzuges ständen in einem derart engen Zusammenhang, dass sie nicht voneinander getrennt beurteilt werden könnten, ausser in der Theorie. Dass getrennte Beschlussfassung über Strafmass und bedingten Strafvollzug auch in der Praxis durchaus möglich ist, zeigt indessen allein schon § 188 Abs. 1 StPO -BS, der vorschreibt, dass die Abmehrung darüber, ob eine Verurteilung bedingt zu erfolgen habe, erst vorzunehmen ist, wenn über die Höhe der Strafe Beschluss gefasst ist. Wenn übrigens die These der Vorinstanz von der Unteilbarkeit der Strafzumessung und des Entscheids über den bedingten Strafvollzug zuträfe, so würde sie auch für den Kassationshof gelten. Dann würde das Fehlen einer Weisung über das Strafmass in seinem Urteil bedeuten, dass er stillschweigend eine 18monatige Gefängnisstrafe auch bei unbedingtem Vollzug als angemessen erachtete. Daran wäre die Vorinstanz wiederum gebunden, selbst wenn der Kassationshof sich versehentlich BGE 101 IV 103 S. 107 zum Strafmass nicht geäussert hätte ( BGE 80 IV 143 , BGE 85 IV 212 ). 4. Die Vorinstanz hat somit im Sinne des bundesgerichtlichen Urteils vom 4. Juli 1974 zu entscheiden, d.h. dem Beschwerdegegner den bedingten Strafvollzug zu verweigern und im übrigen ihr Urteil vom 29. März 1974 unverändert zu belassen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 80 II 22 5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Januar 1954 i.S. Stadler gegen Hofmann.
Regeste Bauhandwerkerpfandrecht. Klage gegen den vorgehenden Pfandgläubiger gemäss Art. 841 ZGB , 117 VZG. Wann ist eine den Handwerkern und Unternehmern zum Nachteil gereichende Belastung des Grundstücks erkennbar?
Sachverhalt ab Seite 22 BGE 80 II 22 S. 22 Aus dem Tatbestand: A.- Bauunternehmer Lehner, der schon eine Anzahl Bauten in mehreren Kantonen ausgeführt hatte, begann im Jahre 1947 mit der Errichtung von Häusern in Steinhausen. Darunter befand sich ein auf Parzelle Nr. 275 geplantes Einfamilienhaus. Im Oktober 1947 nahm er beim Beklagten Hofmann ein Darlehen von Fr. 60'000.-- auf, das er bis zum 1. Mai 1948 mit einem Pauschalzins von Fr. 5000.-- zurückzahlen sollte. Als Sicherheit gewährte er dem Darleiher namentlich eine Grundpfandverschreibung von Fr. 80'000.-- im 1. Rang auf der erwähnten Parzelle. Das Darlehen wurde dann gegen besondere Verzinsung der Fr. 65'000.-- gestundet, und im Juli 1948 trat an die Stelle der Grundpfandverschreibung ein Schuldbrief von Fr. 70'000.-- im 1. Range, den der Beklagte als Faustpfand erhielt. B.- Die Forderungen der Bauhandwerker liess Lehner zum grössten Teil unbezahlt. Sie liessen gestützt auf BGE 80 II 22 S. 23 Art. 837 ZGB Pfandrechte für Beträge von Fr. 31'003.70 im Nachgang zum erwähnten Schuldbrief eintragen. C.- In dem am 27. September 1948 über Lehner eröffneten Konkurse wurde der Beklagte mit seiner faustpfandgesicherten Forderung von Fr. 65'000.-- nebst Zinsen, zusammen Fr. 72'014.55, kolloziert, was unangefochten blieb. Das Grundstück Nr. 275 wurde vom Konkursamt auf Fr. 100'000.-- geschätzt, am 27. Juni 1950 aber für Fr. 73'000.-- versteigert. D.- Das Konkursamt setzte den Handwerkern gemäss Art. 117 VZG Frist zur Klage nach Art. 841 ZGB . Sieben Handwerker traten ihre Forderungen dem Kläger Stadler ab, der selber als Handwerker Fr. 9352.-- zu fordern hat und nun insgesamt Fr. 34'012.-- geltend machen kann. Die vom Kantonsgericht und vom Obergericht des Kantons Zug abgewiesene, mit vorliegender Berufung erneuerte Klage geht dahin, es sei dem Kläger aus dem Verwertungsbetreffnis des Beklagten ein Betrag von Fr. 34'012.-- auszurichten. Das Bundesgericht gelangt im Gegensatz zu den kantonalen Gerichten zur Annahme, es sei dem Beklagten im Sinne von Art. 841 ZGB erkennbar gewesen, dass das Grundstück durch die ihm eingeräumte Pfandverschreibung zum Nachteil der Handwerker und Unternehmer belastet wurde, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: Die Frage, ob der Beklagte bei Errichtung der Grundpfandverschreibung Ende Oktober 1947 damit habe rechnen müssen, dass diese den Handwerkern und Unternehmern zum Nachteil gereichen könnte, wird vom Obergericht verneint mit Hinweis auf den damaligen Grundbesitz des Bauherrn Lehner, der weit herum als Grossunternehmer bekannt gewesen sei und als kreditwürdig gegolten habe. Der Umstand, dass Lehner mangels flüssiger Mittel einen Kredit gebraucht, sei nicht geeignet gewesen, Bedenken zu erwecken. Solche Illiquidität könne bei BGE 80 II 22 S. 24 grossem Liegenschaftsbesitz eintreten, weil berufsmässige Kreditgeber nur bis zu 65-70% der Bausummen zu kreditieren pflegen. Lehner habe beim Verkaufe von Bauten und Bauplätzen mit dem Freiwerden von Fr. 140'000.-- rechnen können, wie er selber bezeuge. Es sei glaubwürdig, dass der Beklagte zu ihm volles Vertrauen gehabt habe, wie denn auch Andere Lehner für kreditwürdig gehalten hätten. Mit der Aussage, er habe Lehner als Bauspekulanten betrachtet und sei daher vorsichtig gewesen, habe der Beklagte bei seiner Einvernahme nur auf dessen Geldanlagen in den Bauten angespielt. Auch aus der Äusserung des Beklagten, er habe gewusst, dass die Grundpfandverschreibung von Fr. 80'000.-- seinen Kredit nicht sicherstelle, dürfe nicht gefolgert werden, es sei ihm erkennbar gewesen, dass die Bauhandwerker dadurch geschädigt werden könnten. Der Baukredit übersteige immer den Bodenwert, sonst wäre er ja gar nicht dazu tauglich, das Bauen zu ermöglichen. Diese Erwägungen gehen im wesentlichen dahin, der Beklagte habe annehmen dürfen, Lehner sei vermöglich, bedürfe des Darlehens nur, weil er zur Zeit nicht über flüssige Mittel verfüge, und werde die Bauhandwerker bezahlen. Daher sei ihm nicht erkennbar gewesen, dass die Belastung des im Bau befindlichen Einfamilienhauses zu seinen Gunsten den Handwerkern zum Nachteil gereiche. Diese Betrachtungsweise setzt voraus, dass die Belastung des Baugrundstückes über den Bodenwert hinaus den Bauhandwerkern nicht im Sinne von Art. 841 ZGB nachteilig sei, wenn bei Errichtung der vorgehenden Pfandrechte genug (nur nicht flüssiges) Vermögen des Bauherrn vorhanden wäre, um die Bauhandwerker zu befriedigen, so dass diese nicht auf den Bauwert greifen müssten. Das widerspricht jedoch dem Grundgedanken des Bauhandwerkerpfandrechtes. Danach sind die Werte, die im erbauten Werke liegen, den Handwerkern und Unternehmern, die sie geschaffen haben, zu ihrer Sicherheit bis zu ihrer Befriedigung durch den Bauherrn vorbehalten BGE 80 II 22 S. 25 ( BGE 43 II 611 ). Ihr Recht auf Eintrag besteht denn auch ganz ohne Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse des Bauherrn, und zwar schon vom Tage an, da sie sich zur Bauleistung verpflichtet haben ( Art. 839 ZGB ). Das Gesetz bietet ihnen dingliche Sicherheit an den von ihnen geschaffenen Werten. Sie sollen sich daraus befriedigen können, was auch immer eintreten möge, also auch bei unerwartetem Vermögenszerfalle des Bauherrn nach Eintrag anderer Pfandrechte auf dem Baugrundstück ( BGE 76 II 141 ). Wer ihnen diese Werte kraft eines vertraglich eingeräumten Pfandrechtes vorwegnimmt, kann sich, wenn die Bauhandwerker zu Verlust kommen, nicht darauf berufen, es sei ihm nicht erkennbar gewesen, dass jene die ihnen vom Gesetze zugedachte Pfandsicherheit am Bauwerte jemals nötig haben werden. An und für sich verringert jede vorgehende Belastung des Baugrundstückes über den Bodenwert hinaus die den Handwerkern und Unternehmern gesetzlich vorbehaltene Sicherheit, es wäre denn, dass ein Teil des Grundstückswertes unbelegt bliebe, und zwar soviel, als zur Sicherung der Bauforderungen genügt (indem keine höhern Bauforderungen mehr ausstehen). Nur unter besondern Voraussetzungen kann ein Pfandgläubiger, der sich erkennbar den den Bodenwert übersteigenden Bauwert verpfänden liess, die Handwerker und Unternehmer auf anderes Vermögen des Bauherrn verweisen. Es müsste sich um eine ausreichende dingliche Sicherheit anderer Art handeln, womit das Grundpfand am gebauten Werk entbehrlich geworden wäre. Fehlt es an solcher Ersatzsicherheit, so hat, wer sich den Bauwert vorgängig verpfänden lässt, dafür zu sorgen, dass der von ihm dafür zur Verfügung gestellte Geldbetrag, für den er selbst eben diese dingliche Sicherheit vorwegnimmt, den Bauhandwerkern zugewendet werde. Gegenüber der vorliegenden Klage aus Art. 841 ZGB ist keine solche Einwendung begründet. Weder waren die Handwerker bezahlt (die meisten Arbeiten, aus denen die vom Kläger vertretenen Forderungen hergeleitet werden, BGE 80 II 22 S. 26 waren noch gar nicht geleistet), noch waren sie sonstwie sichergestellt. Dabei war dem Beklagten bewusst, dass sein Pfandrecht den erst noch zu schaffenden Bauwert belegte. Wie wenig er sich übrigens auf die persönliche Kreditwürdigkeit Lehners verliess, geht daraus hervor, dass er sich noch zwei Schuldbriefe auf andern Grundstücken als zusätzliche Sicherheit geben und bis zum 1. Mai 1948 einen Pauschalzins von Fr. 5000.-- (das sind 16 2/3% für eine Jahresdauer) versprechen liess, was nur bei einem eigentlichen Risikogeschäft nicht als wucherisch bezeichnet zu werden verdient. Bei dieser Sachlage hatte er allen Grund, darüber zu wachen, dass der von ihm gewährte Kredit zur Bezahlung der Bauhandwerker und Unternehmer beim Einfamilienhaus in Steinhausen verwendet werde. Er behauptet gar nicht, in diesem Sinn etwas vorgekehrt zu haben. Und Lehner, der zugibt, mit dem vom Beklagten erhaltenen Gelde Löhne und Material für andere Bauten bezahlt zu haben, erklärt, der Beklagte habe sich um die Verwendung des Baukredites nie interessiert. Offen fügt er bei, er hätte das Geld von der Bank billiger bekommen, habe es aber lieber von Hofmann genommen, um einer Kontrolle über die Verwendung der Summe zu entgehen. Die Klage ist somit zu schützen, soweit ein dem Zugriff nach Art. 841 ZGB unterliegendes Verwertungsergebnis vorliegt...
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Urteilskopf 122 III 145 30. Estratto della sentenza 11 marzo 1996 della II Corte civile nella causa A contro Comunione condominiale della PPP particella n. xx RFD di Bellinzona (ricorso per riforma)
Regeste Stockwerkeigentum: Abtretung von Sondernutzungsrechten an Parkplätzen an einzelne Miteigentümer (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 und 712g in Verbindung mit Art. 648 ZGB und 164 OR). Rechte an Parkplätzen: Sondernutzungsrecht und ausschliessliches Recht (E. 3). Ein Sondernutzungsrecht mit realobligatorischem Charakter, das einem Eigentümer einer Stockwerkeigentumseinheit zusteht, kann unter Vorbehalt einer abweichenden Vereinbarung einem anderen Miteigentümer ohne die Zustimmung der Stockwerkeigentümerversammlung abgetreten werden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 122 III 145 S. 146 A.- Nel 1983 la B. SA ha costituito in proprietà per piani (PPP) la sua particella n. XX RFD di Bellinzona, su cui sorge uno stabile di appartamenti. Tutti i posteggi siti sul fondo base, ossia dieci coperti e quattordici scoperti, sono stati concessi in diritto d'uso particolare alla quota di comproprietà per piani n. YY, conformemente all'atto di costituzione e alla tabella di assegnazione planimetrica annessa al regolamento per l'uso e l'amministrazione della proprietà per piani, menzionato a registro fondiario. La B. SA ha poi venduto tutte le unità di PPP, attribuendo, agli acquirenti che lo desideravano, uno o più posteggi in uso particolare scorporandoli dal foglio PPP n. YY cui erano inizialmente attribuiti e trasferendoli sulla quota venduta. Al momento della vendita, il foglio PPP n. YY è stato svincolato dai rimanenti diritti d'uso particolare sui posteggi, che sono stati trasferiti sul foglio PPP n. XX e, in seguito, sul foglio PPP n. ZZ, rimasto di proprietà della B. SA. Nel 1986 la società ha venduto quest'ultima quota di PPP ancora di sua proprietà - comprensiva di tutti i posteggi non ancora assegnati fino ad allora, ossia quattro posteggi coperti e dieci scoperti - a A. Tutte le nuove assegnazioni dei posteggi sono state menzionate a registro fondiario con riferimento ai documenti giustificativi. B.- Con petizione 30 ottobre 1990 la comunione dei comproprietari ha promosso nei confronti dei condomini titolari di diritti d'uso particolare su posteggi, dei loro successori in diritto e della citata società, un'azione volta a ordinare all'ufficiale del registro fondiario - accertata la nullità dei singoli contratti di compravendita dei posteggi - di correggere le avvenute menzioni nel senso che tutti i posteggi siano assegnati al foglio PPP n. YY, subordinatamente di accertare che i trapassi dei posteggi sono avvenuti in violazione del regolamento. Con sentenza 29 novembre 1993, il Pretore del Distretto di Bellinzona ha respinto la petizione. Statuendo il 31 ottobre 1995, la I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino, adita dall'attrice, ha accolto l'appello assegnandole quanto chiesto nelle conclusioni principali. C.- Insorta al Tribunale federale con un ricorso per riforma, A. postula che la petizione sia respinta. L'attrice conclude per la reiezione del gravame e la conferma della sentenza impugnata. Erwägungen Considerando in diritto: 3. a) I posteggi all'aperto non possono essere oggetto di un diritto esclusivo dal momento ch'essi costituiscono imperativamente parti comuni in BGE 122 III 145 S. 147 virtù dell' art. 712b cpv. 2 n. 1 CC (PAUL-HENRI STEINAUER, Questions choisies en rapport avec la propriété par étages, in Revue valaisanne de jurisprudence, 25/1991 pag. 285 segg., in particolare 291; ARTHUR MEIER-HAYOZ/HEINZ REY, Commentario bernese, vol. IV/1/5, 1988, n. 56 ad art. 712b CC ; ROLF H. WEBER, Die Stockwerkeigentümergemeinschaft, tesi Zurigo 1979, pag. 169; DIETER ZOBL, Rechtsfragen zur Sondernutzung von Autoabstellplätzen bei Stockwerkeigentum, in Mélanges Jacques-Michel Grossen, 1992, pag. 285 segg., in particolare 285; JEAN RUEDIN, Fragen um Autoabstellplätze, in Diggelmann/Kunz/Peter-Ruetschi, Aktuelles Stockwerkeigentum, 1984, pag. 162 segg., in particolare pag. 163). I posteggi coperti possono essere oggetto di un diritto esclusivo soltanto se costituiscono un tutto ( art. 712b cpv. 1 CC ), ossia unicamente se essi sono isolati gli uni dagli altri mediante muri o per lo meno con grate che possono essere chiuse (STEINAUER, loc.cit., pag. 293; MEIER-HAYOZ/REY, loc.cit.; WEBER, op.cit., pag. 118; ZOBL, loc.cit.; RUEDIN, loc.cit.). b) Nella realtà accade spesso che il promotore di uno stabile destinato a proprietà per piani si riservi, all'atto della costituzione della PPP, parecchi diritti di posteggio in uso particolare, che trasferirà poi a seconda delle richieste degli interessati e di regola mediante controprestazione, al momento della vendita delle singole unità di PPP. Il diritto d'uso particolare sul posteggio viene così determinato all'atto della vendita di ogni singola unità di PPP. Secondo la dottrina non occorre che all'atto della costituzione della PPP tutti questi diritti d'uso particolare siano attribuiti a un'unità di PPP, come in concreto avvenuto, ma basta che tale facoltà venga prevista nel regolamento (ZOBL, op.cit., pag. 292 n. 4; WEBER, op.cit., pag. 182). Un siffatto sistema permette di tener conto, man mano che si procede alla vendita delle singole unità di PPP, dei bisogni individuali degli acquirenti (WEBER, loc.cit.); ciò ha come conseguenza, tuttavia, che tutti i posteggi non ancora assegnati il giorno della vendita dell'ultima unità di PPP rimangono, come nella presente fattispecie, all'acquirente di tale unità condominiale. 4. a) Il Tribunale federale non ha invece ancora avuto occasione di decidere se un diritto d'uso particolare possa essere ceduto anche da un singolo comproprietario e, all'occorrenza, se una cessione del genere richieda il consenso dell'assemblea dei comproprietari. In DTF 115 II 340 esso ha lasciato aperta la questione di sapere se, per principio, un comproprietario possa cedere un tale diritto a terzi estranei alla comunione dei condomini senza la contemporanea alienazione allo stesso BGE 122 III 145 S. 148 soggetto giuridico della propria quota di comproprietà. Ha nondimeno sottolineato che un'operazione del genere non potrebbe avvenire senza il permesso dell'assemblea dei comproprietari. Si tratta infatti di evitare che terzi estranei alla comunione dei comproprietari possano acquisire diritti con efficacia reale da esercitare su parti comuni mediante l'accordo di un solo condomino. In effetti, secondo l' art. 648 cpv. 2 CC , occorre l'assenso di tutti per costituire tali diritti, a meno che i comproprietari abbiano unanimemente stabilito un'altra disciplina (consid. 2c). b) I diritti d'uso particolare sono diritti d'utilizzazione su una parte comune che hanno una funzione esclusiva nei confronti degli altri comproprietari non autorizzati; questi sono tenuti, sulla base di un'obbligazione personale, a rispettare il diritto d'uso particolare e a permetterne l'utilizzazione prevista (MEIER-HAYOZ/REY, op.cit., n. 45 ad art. 712g CC ). I diritti d'uso particolare non sono dei diritti reali, ma diritti personali rafforzati, poiché fissati nel regolamento di una comproprietà e risultando, pertanto, nei loro effetti, assai simili ai diritti reali (MEIER-HAYOZ/REY, op.cit., n. 46 ad art. 712g CC ; ZOBL, op.cit., pag. 290 nota a piè di pagina n. 29; HANS-PETER FRIEDRICH, Das Stockwerkeigentum, Reglement für die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer, 2a ed. 1972, pag. 54). Quando, come nella fattispecie concreta, la titolarità di un diritto d'uso particolare è stabilita in relazione alla proprietà di taluna o talaltra unità di PPP, si è in presenza di un'obbligazione reale, o un'obbligazione propter rem (WEBER, op.cit., pag. 190). In caso di trasferimento del diritto reale di cui la titolarità determina il beneficiario di un diritto personale propter rem, la cessione di questo non risulta dagli art. 164 segg. CO, poiché il credito propter rem, in quel caso, segue il diritto reale (EUGEN SPIRIG, Commentario zurighese, vol. V/1k, 1993, premessa ad art. 164-174, n. 219; EUGEN BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2a ed. 1988, pag. 536). Gli art. 164 segg. CO sono applicabili, per contro, in caso di cessione di un credito propter rem senza trasferimento del diritto reale al quale questo è collegato. c) Secondo l' art. 164 cpv. 1 CO , il creditore può cedere ad altri il suo credito anche senza il consenso del debitore, se non vi osta la legge, la convenzione o la natura del rapporto giuridico. Nessuna norma legale impedisce la cessione tra comproprietari per piani di un diritto d'uso particolare su una parte comune. Nemmeno dagli accertamenti dell'autorità cantonale risulta che una tale cessione sia vietata dal regolamento per BGE 122 III 145 S. 149 l'amministrazione e l'uso della proprietà per piani. Occorre quindi esaminare se una tale cessione è esclusa dalla natura del rapporto giuridico. Secondo la giurisprudenza, la cessione di un diritto senza il consenso del debitore è vietata con riferimento a quest'ultimo aspetto qualora il credito sia intensamente legato alla persona del creditore, la cui sostituzione implicherebbe un cambiamento del carattere, del contenuto o dello scopo dell'obbligazione; in particolare la cessione è esclusa quando il cambiamento del creditore comporta un aggravio della posizione del debitore ( DTF 109 II 445 e riferimenti; cfr. SPIRIG, op.cit., n. 161 ad art. 164). Un diritto d'uso particolare concesso al proprietario di una specifica unità condominiale su una parte comune ha come unico effetto di escluderne - nella misura fissata dall'estensione di questo diritto - l'utilizzazione da parte degli altri comproprietari, in deroga all' art. 648 cpv. 1 CC . Un cambiamento della titolarità di un tale diritto nell'ambito della comunità della PPP non modifica né la natura, né il contenuto, né lo scopo dell'obbligazione degli altri membri della comunione dei comproprietari per piani; questi rimangono esclusi nella stessa misura dall'uso particolare riservato al solo comproprietario autorizzato (cfr. la decisione del "Bundesgerichtshof" del 24 novembre 1978 citata da WEBER, op.cit., pag. 171 seg.). La circostanza che la cessione di un diritto d'uso particolare a un altro comproprietario potrebbe perturbare l'equilibrio all'interno della comunione dei comproprietari (cfr. ZOBL, op.cit., pag. 290 nota a piè di pagina n. 29) non è decisiva. In effetti, se è vero che la comproprietà per piani presenta, oltre a una componente reale, anche una componente personale o comunitaria (MEIER-HAYOZ/REY, op.cit., premessa ad art. 712a-712t, n. 43), è altrettanto vero che la sua funzione si limita alla disposizione, all'utilizzazione, all'amministrazione e al mantenimento del valore economico del bene immobile comune (MEIER-HAYOZ/REY, op.cit., premessa ad art. 712a-712t, n. 50). Il vincolo istituito dalla legge tra i comproprietari per piani non è così stretto da implicare l'approvazione dell'assemblea dei comproprietari di ogni atto idoneo a modificare l'equilibrio all'interno della comunione. Inoltre, contrariamente all'alienazione parziale di un'unità condominiale, che presuppone necessariamente - dato il legame indissolubile tra la quota di comproprietà e il diritto esclusivo - l'alienazione simultanea di una quota di comproprietà (MEIER-HAYOZ/REY, op.cit., n. 32 ad art. 712e; WEBER, op.cit., pag. 156), la cessione di un diritto d'uso particolare di natura BGE 122 III 145 S. 150 personale non richiede l'alienazione di una quota di comproprietà. Pertanto, essa non comporta imperativamente una modificazione delle quote di valore che richiederebbe, per la sua validità, oltre al consenso di tutti gli interessati diretti, l'approvazione dell'assemblea dei comproprietari ( art. 712e cpv. 2 CC ). d) Da queste considerazioni discende che il proprietario di un'unità condominiale titolare, propter rem, di un diritto d'uso particolare su una parte comune può cedere questo diritto a un comproprietario per piani senza il consenso dell'assemblea dei comproprietari, salvo convenzione contraria. Una cessione del genere non è vietata né dalla legge, né dalla natura dei rapporti tra comproprietari per piani. È quindi a torto che la Corte cantonale ha accolto la petizione dell'attrice e ordinato all'Ufficiale dei registri di Bellinzona di cancellare dai fogli delle singole quote di PPP del fondo base n. XX RFD di Bellinzona le menzioni relative ai diritti d'uso particolare sui posteggi. La sentenza impugnata deve quindi essere riformata nel senso che la petizione è respinta. Diventa di conseguenza superfluo esaminare le ulteriori censure sollevate dalla ricorrente, segnatamente quelle inerenti all'asserita carenza della legittimazione attiva dell'attrice e all'abuso di diritto della stessa.
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Urteilskopf 112 V 152 26. Extrait de l'arrêt du 11 juillet 1986 dans la cause Ray et Reymond contre Caisse de compensation des Groupements patronaux vaudois et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 52 AHVG . - Ein Schaden im Sinne dieser Bestimmung kann sich nur aus einem Akt oder einer Unterlassung des Arbeitgebers ergeben, wenn er als gesetzliches Durchführungsorgan handelt. - Unter dem Gesichtspunkt des Art. 52 AHVG können die Organe einer (in Konkurs geratenen) Aktiengesellschaft, die ein Unternehmen mit Aktiven und Passiven übernommen hatte, nicht haftbar gemacht werden, wenn die Übernehmer-Gesellschaft die geschuldeten Beiträge der früheren Schuldnerin nicht bezahlt hat.
Sachverhalt ab Seite 153 BGE 112 V 152 S. 153 A.- Inscrite au Registre du commerce le 24 juin 1980, la société X S.A., dont Ray et Reymond étaient administrateurs, avait repris les actifs et les passifs de l'entreprise Z, non inscrite au Registre du commerce. Avant cette reprise, l'entreprise Z devait à la Caisse de compensation des Groupements patronaux vaudois un arriéré de cotisations paritaires AVS/AI/APG/AC. De son côté, X S.A. ne s'est pas acquittée, dès le mois de mars 1981, de la totalité des cotisations dues sur les rémunérations versées à ses employés. Elle a été déclarée en faillite le 14 octobre 1982. La faillite a été liquidée en la forme sommaire. Par décision du 24 mai 1983, la caisse de compensation précitée a notifié à Ray et Reymond qu'elle leur demandait, en vertu de l' art. 52 LAVS , la réparation du dommage causé par l'insolvabilité de X S.A. Le dommage comprenait une partie de la dette de cotisations de l'entreprise Z. B.- Ray et Reymond se sont opposés à la décision susmentionnée. Aussi la caisse de compensation a-t-elle porté le cas devant l'autorité cantonale de recours, conformément à l' art. 81 al. 3 RAVS . Par jugement du 5 novembre 1984, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a admis l'action dont il était saisi et il a condamné les intéressés à verser solidairement à la caisse la somme de Fr. .... BGE 112 V 152 S. 154 C.- Ray et Reymond interjettent recours de droit administratif contre ce jugement, dont ils demandent l'annulation. La caisse intimée conclut au rejet du recours. Quant à l'Office fédéral des assurances sociales, il renonce à présenter une proposition. Erwägungen Extrait des considérants: 4. ... Ainsi donc, on doit considérer que la responsabilité des recourants est engagée sous l'angle de l' art. 52 LAVS . Par conséquent, ces derniers répondent solidairement du dommage subi par la caisse de compensation... 5. Il reste toutefois à examiner le problème de l'étendue du dommage dont la caisse de compensation est en droit de demander la réparation. La juridiction cantonale admet que ce dernier englobe également les cotisations paritaires dues mais non versées par l'entreprise Z; elle considère que, dans la mesure où elle a repris l'actif et le passif de cette entreprise, X S.A. est devenue responsable de l'ensemble des dettes de celle-ci. Par conséquent, il ne se justifierait pas d'opérer "une réduction sur le montant arrêté par la caisse au titre des engagements de l'entreprise Z". De leur côté, les recourants contestent toute reprise par X S.A. de la dette de cotisations en question, faisant valoir que les statuts de la société prévoyaient expressément, sur ce point, "un effet rétroactif au 1er janvier 1980 sans plus". Il n'est cependant pas nécessaire de se prononcer sur cette controverse, car la solution retenue ici par les premiers juges ne peut pas être confirmée quant à son résultat. Sans doute est-il vrai que celui qui acquiert une entreprise avec actif et passif devient responsable des dettes envers les créanciers dès que l'acquisition a été portée par lui à leur connaissance ou qu'il l'a publiée dans les journaux ( art. 181 al. 1 CO ; cf. également, en ce qui concerne plus particulièrement les dettes de cotisations, ATFA 1965 p. 11). Mais, à elle seule, l'application de cette disposition ne permettrait pas de conclure que les recourants doivent être tenus à réparation en leur qualité d'anciens administrateurs de la société reprenante. Selon le système légal, la responsabilité de droit public instituée par l' art. 52 LAVS est le corollaire des obligations que l'employeur - c'est-à-dire celui qui verse à des personnes obligatoirement assurées une rémunération au sens de l' art. 5 al. 2 LAVS (cf. art. 12 al. 1 LAVS ) - assume, notamment, en matière de perception des cotisations et de versement des prestations BGE 112 V 152 S. 155 (BINSWANGER, Kommentar zum AHVG, note 1 ad art. 52; ATF 96 V 124 ; voir également le message du Conseil fédéral relatif à un projet de loi sur l'assurance-vieillesse et survivants, FF 1946 II 437 et 529). Cette norme ne vise donc pas n'importe quel dommage invoqué par une caisse de compensation: par définition, ce dernier doit être la conséquence d'un acte ou d'une omission relevant des tâches que la loi attribue à l'employeur. En matière de cotisations, qui représente le champ d'application principal de l' art. 52 LAVS , l'employeur responsable ne peut donc être que la personne (physique ou morale) qui était chargée, en tant qu'organe d'exécution de la loi, de la perception des cotisations et du règlement des comptes, conformément à l' art. 14 al. 1 LAVS en corrélation avec les art. 34 ss RAVS (cf. RCC 1985 p. 608 consid. 5b). Or, dans le cas particulier, X S.A. n'avait à l'évidence aucune obligation découlant de la LAVS en matière de retenue et de paiement des cotisations d'assurances sociales dues sur les rémunérations versées par l'entreprise Z. C'est dire que le non-paiement d'une partie de ces cotisations n'a rien à voir avec la qualité d'employeur de X S.A. Cela suffit à exclure, sur le point ici en discussion, une responsabilité - subsidiaire - des recourants, fondée sur l' art. 52 LAVS . 6. Il résulte de ce qui précède que les recourants ne peuvent être tenus pour responsables que jusqu'à concurrence du dommage causé par le non-paiement des cotisations dues par X S.A. sur les rémunérations de ses propres salariés. Eu égard au pouvoir d'examen limité du Tribunal fédéral des assurances et au fait que le dossier ne fournit pas de renseignements suffisamment précis sur ce point, il convient de renvoyer la cause à la caisse intimée pour qu'elle chiffre exactement le montant du dommage en question et qu'elle rende une nouvelle décision.
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Urteilskopf 89 I 414 60. Urteil vom 4. Oktober 1963 i.S. Keller gegen Schweiz. Bundesbahnen.
Regeste Haftung des Beamten gegenüber dem Bund (Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 1958). 1. Zuständigkeit des Bundesgerichtes; Zulässigkeit von Feststellungsklagen im verwaltungsrechtlichen Verfahren (Erw. 1). 2. Nichtanwendbarkeit des Art. 20 Abs. 3 VG auf die negative Feststellungsklage des Beamten im Schadenbeteiligungsverfahren (Erw. 2). 3. Schaden des Bundes infolge Diebstahls von Geld aus dem Kassenschrank eines SBB-Stationsgebäudes; Verwahren derKassenschrankschlüssel in einer Pultschublade als Mitursache des Schadens (Erw. 3). 4. Haftung des Beamten verneint mangels grober Fahrlässigkeit (Erw. 4-6).
Sachverhalt ab Seite 415 BGE 89 I 414 S. 415 A.- 1. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 1961 wurden aus dem Kassenschrank des Stationsgebäudes der SBB in Rheinfelden schweizerische Banknoten und ausländische Devisen im Gesamtwert von mindestens Fr. 75'662.42 und höchstens Fr. 79'150.88 gestohlen. Der Täter war, wie die polizeiliche Untersuchung ergab, von einem vor der Bürotüre aufgestellten Posthandwagen durch das Oberlicht eingedrungen, welches wegen einer am betreffenden Tage eingerichteten Lautsprecheranlage, deren Kabel durch das Oberlicht geführt wurde, nicht verschlossen, sondern lediglich mit einem Draht gesichert war. Im Büro selber hatte er den Kassenschrank ohne Gewaltanwendung mit einem Schlüssel geöffnet und sodann BGE 89 I 414 S. 416 zwei der drei Fächer des Tresors bis auf das Hartgeld und einige wenige Banknoten geleert. Hans Keller, der seit Jahren als Bürochef der SBB im Bahnhof Rheinfelden arbeitete, pflegte die ihm anvertrauten Schlüssel während der Dienstzeit auf sich zu tragen, nach Dienstschluss jedoch in der Schublade seines Pultes einzuschliessen. Diese Schublade wurde nach dem Diebstahl etwa 15 cm weit herausgezogen vorgefunden, wobei das Schloss sich in Verschlusstellung befand. Der Schlüssel stak nicht im Schloss. Auf dem Boden lagen dagegen zwei Schlüsselbünde mit je zwei Tresorschlüsseln. Da sie nicht bezeichnet waren, liess sich nicht feststellen, ob sich die Schlüssel Kellers darunter befanden. Von den insgesamt sechs Kassenschrankschlüsseln der vom Täter geleerten Fächer blieb je einer unauffindbar. Der Dieb konnte bis heute nicht ermittelt werden. 2.- In der Folge leiteten die SBB gegen Hans Keller als Leiter des innern Dienstes und verantwortlichen Kassenbeamten ein Disziplinarverfahren ein. Sie warfen ihm vor, den Schaden grobfahrlässig mitverschuldet zu haben, indem er instruktionswidrig die Kassenschrankschlüssel zur Nachtzeit statt an einem sicheren Ort, in seinem Pult aufbewahrt habe. Der Kläger anerkannte eine gewisse Unvorsichtigkeit seinerseits, bestritt jedoch den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, weil er keine bestimmten Weisungen über die Verwahrung der Schlüssel erhalten habe, die Pultschublade noch der sicherste Aufbewahrungsort gewesen sei und seine Vorgesetzten während zehn Jahren sein Vorgehen nie beanstandet hätten. 3.- Am 30. Dezember 1961 verfügte die Direktion des Kreises III der SBB, Keller wegen grobfahrlässiger "Verletzung der Instruktion betreffend die Verwahrung der Kassenschlüssel" mit Fr. 800. - am Schaden zu beteiligen. Hiegegen erhob Keller am 8. Februar 1962 Einsprache, die indessen am 13. März 1962 von der genannten Kreisdirektion abgewiesen wurde. Es wurde dabei dem Einsprecher bedeutet, dass es ihm freistehe, den "bestrittenen BGE 89 I 414 S. 417 Besoldungsanspruch durch Klage beim Schweizerischen Bundesgericht geltend zu machen". B.- Am 6. Mai 1963 erhob Keller beim Bundegericht verwaltungsrechtliche Klage mit dem Begehren: "1. Es sei die von den Beklagten am 30. Dezember 1961 erlassene Verfügung, gemäss welcher der Kläger an einem im Bahnhof Rheinfelden eingetretenen Schaden mit Fr. 800. beteiligt wird, aufzuheben. "2. Es sei zu erkennen, dass der Kläger am Schaden nicht zu beteiligen sei. U.K.u.E.F." Der Kläger macht geltend, der Kausalzusammenhang zwischen der Aufbewahrung der Schlüssel in der Pultschublade und dem eingetretenen Schaden sei nicht gegeben und zudem könne die Art der Verwahrung der Schlüssel nicht als grobfahrlässige erachtet werden. In der Klageschrift wird schliesslich festgestellt, dass dem Kläger bisher keine Abzüge vom Lohn gemacht worden sind. C.- Die SBB beantragen, auf die Klage wegen Verwirkung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen, subeventuell eine angemessene Beteiligung am Schaden festzusetzen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Schadenersatzanspruch, den die SBB gegenüber dem Kläger erhoben, stützt sich auf Art. 8 VG , wonach der Beamte dem Bund für den Schaden haftet, den er ihm durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Dienstpflicht zugefügt hat. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet demnach ein in der Bundesgesetzgebung begründeter vermögensrechtlicher Anspruch des Bundes aus öffentlichem Recht, zu dessen Beurteilung das Bundesgericht als einzige Instanz zuständig ist ( Art. 110 OG , Art. 10 VG ). Dem steht nicht entgegen, dass nicht der Bund als Kläger auftritt, sondern der Beamte gerichtliche Feststellung verlangt, dass jener keinen Schadenersatzanspruch gegen ihn habe. Das BGE 89 I 414 S. 418 ist eine Folge der der Verwaltung zustehenden Befugnis, ihre Schadenersatzansprüche gegen den Beamten mit dessen Lohnguthaben zu verrechnen und diesen damit in die Klägerrolle zu verweisen ( BGE 86 I 179 ). Dabei ist es dem Beamten unbenommen, schon der bloss drohenden Verrechnung durch eine negative Feststellungsklage entgegenzutreten. Diese Klage ist im freien Verwaltungsverfahren wie im Zivilprozess zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung hat ( BGE 74 I 442 E. 3, BGE 87 I 149 ). Ein solches Interesse des Klägers steht im vorliegenden Fall ausser Zweifel. Nachdem die SBB eine Beteiligung Kellers am Schaden verfügt und diesem mit dem Hinweis darauf, dass es ihm freistehe, "seinen bestrittenen Besoldungsanspruch" klageweise geltend zu machen, die sonst eintretende Verrechnung mit seinem Lohnguthaben angekündigt hatten, war es dem Kläger nicht zuzumuten, erst eine Kürzung seines Lohnes zu dulden und bis dahin den seines Erachtens ungerechtfertigten Vorwurf der grobfahrlässigen Dienstpflichtverletzung auf sich lasten zu lassen. Die Zulässigkeit der Klage steht daher ausser Frage und kann auch nicht mit dem Hinweis auf Art. 10 Abs. 2 VG bestritten werden. Nach Wortlaut und Sinn ist diese Bestimmung (s. ergänzend auch Art. 20 VG und Art. 2 und 3 der Vollziehungsverordnung), die ausdrücklich von der Geltendmachung eines Anspruchs durch Klage gegen den Bund spricht, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Hier geht es, trotz umgekehrter Parteirollen, nicht um den Lohnanspruch des Beamten gegen den Bund, sondern um eine Schadenersatzforderung desselben gegen seinen Beamten. In solchen Fällen aber bedarf es ausser der verfügungsmässigen Geltendmachung des Anspruchs durch die zuständige Amtsstelle keiner weiteren Stellungnahme von ihrer Seite, damit der Beamte den Weg der verwaltungsrechtlichen Klage an das Bundesgericht mit dem Begehren um Feststellung des Nichtbestehens jenes Anspruchs beschreiten kann. BGE 89 I 414 S. 419 2. Die Beklagten stellen sich auf den Standpunkt, dass Art. 20 Abs. 3 VG , der die Verwirkung der Klage gegen den Bund regle, auch auf die Klage von Beamten im Schadenbeteiligungsverfahren anwendbar sei; da im vorliegenden Falle die Klage nicht innert sechs Monaten seit Erlass der Verfügung über die Schadenbeteiligung des Klägers erhoben worden sei, habe sie als verwirkt zu gelten. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Art. 20 Abs. 3 VG hat eindeutig bloss auf dic Haftung des Bundes gegenüber Geschädigten Bezug, nicht aber auf die Haftung des Beamten gegenüber dem Bund. Für den letzteren Fall enthält das Gesetz eine besondere Regelung in Art. 23. Diese Bestimmung sieht vor, dass Schadenersatzansprüche des Bundes gegen Beamte aus Amtspflichtverletzung innert eines Jahres, beginnend mit der Kenntnisnahme vom Schaden durch die zuständige Dienststelle oder Behörde, verjähren. Der Bund hat somit solche Ansprüche innert der genannten Frist geltend zu machen. Dass der Beamte, der sich mit einer negativen Feststellungsklage gegen seine Inanspruchnahme durch den Bund wenden will, dies seinerseits innert einer bestimmten Frist tun müsse, sagt dagegen das Gesetz nicht, und es besteht auch kein sachlicher Grund, darin eine Lücke zu sehen, die vom Richter im Sinne einer analogen Anwendung von Art. 20 Abs. 3 VG auszufüllen wäre. So trifft es insbesondere nicht zu, dass ein "unbefristetes" Klagerecht des Beamten zu einer jahrelangen Rechtsunsicherheit führen würde. Da es sich um ihren eigenen Schadenersatzanspruch handelt, haben es die Beklagten jederzeit in der Hand, dieser Rechtsunsicherheit ein Ende zu bcreiten, indem sie entweder selber den Klageweg beschreiten oder ihre Schadenersatzforderung mit dem Lohnguthaben des Beamten verrechnen und diesen solcherweise zur Einreichung einer Leistungsklage zwingen, wenn er nicht seinen Besoldungsanspruch verlieren will. Im übrigen wäre es höchst fraglich, ob eine allfällige Lücke sich durch analoge Anwendung BGE 89 I 414 S. 420 von Art. 20 Abs. 3 VG schliessen liesse. Da das Gesetz die Haftung des Bundes für den einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schaden bewusst anders behandelt ( Art. 3 VG ; Haftung für jedes Verschulden des Beamten) als die Haftung des Beamten gegen den Bund ( Art. 8 VG ; Haftung bloss bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung von Dienstpflichten), erschiene es jedenfalls nicht ohne weiteres als zulässig, die Bestimmungen über das Verhältnis des Bundes zu geschädigten Dritten auf dasjenige des Beamten zum Bunde zu übertragen. Dazu kommt, dass der Kläger allgemein dort, wo es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung fehlt, nicht mit so kurzen Fristen rechnen muss, wie es die Verwirkungsfrist des Art. 20 Abs. 3 VG ist (vgl. BGE 78 I 90 oben). Die Einrede der Verwirkung ist daher unbegründet. 3. In der Sache selbst ist davon auszugehen, dass der den Beklagten erwiesenermassen erwachsene Schaden durch das Verhalten des Klägers mitverursacht wurde, wenn der Kassenschrank vom Dieb mit den Schlüsseln Kellers geöffnet worden ist. Dass dies der Fall ist, kann nach den Ergebnissen der polizeilichen Untersuchung nicht zweifelhaft sein. Denn danach steht fest, dass der Täter die Schublade des Klägers geöffnet und ihr die dort verwahrten Schlüssel entnommen hat, während er alle übrigen Behältnisse ausser dem Kassenschrank unberührt liess. Diese Tatsache spricht nicht nur dafür, dass er offenbar mit den örtlichen Verhältnissen und den Gepflogenheiten des Klägers vertraut war, sondern auch, dass er dessen Schlüssel gebraucht hat, um den Tresor zu öffnen. Dafür, dass er andere Schlüssel verwendet hätte, liegt nicht das Geringste vor; insbesondere ist es völlig unwahrscheinlich, dass er die Schlüssel des Klägers bloss zur Mystifikation verwendet habe. Wozu er ein derartiges Manöver hätte ausführen sollen, wenn er schon im Besitze von Schlüsseln war, ist schlechterdings nicht zu sehen, zumal ein solches Vorgehen das Risiko für ihn nur erhöht hätte (Zeitverlust, Fingerabdrücke usw.). BGE 89 I 414 S. 421 Die Aufbewahrung der Schlüssel des Klägers in seiner Pultschublade stellt demnach eine Mitursache des Schadens dar. 4. Die SBB haben über die Aufbewahrungspflicht für Kassenschlüssel folgende interne Weisungen erlassen: a) Zirkular Z 19/53 der Betriebsabteilung des Kreises III vom 12. Mai 1953 Ziff. 4: "Über Nacht dürfen keine Schlüssel an den Kassentüren, Billets-Kasten etc. belassen werden. Sie sind nach dem Abschluss mit allfälligen Reserveschlüsseln an einem sichern, abschliessbaren Ort zu versorgen." b) Reglement 174.4, 2. Teil vom Oktober 1955 Ziff. 231/4 Abs. 2: "Über Nacht sind die Billetschränke, Kasten und Schubladen mit Billetwerten abzuschliessen und ihre Schlüssel zusammen mit den Reserveschlüsseln an einem sicheren Ort zu versorgen." c) Nach dem fraglichen Diebstahl wurde das Zirkular 19/53 am 14. Juli 1961 durch das Zirkular 34/61 ersetzt, dessen Ziffer 7 folgendermassen lautet: "Persönlich zugeteilte Kassenschlüssel dürfen nicht im Abläutekasten versteckt oder in Pultschubladen aufbewahrt werden. An Ablöser sind die Schlüssel wenn immer möglich persönlich zu übergeben." d) Zirkular der Generaldirektion AZ 20/62 vom 23. Juli 1962 Ziff. 2: "Mit dem neuen Reglement wird im übrigen namentlich angestrebt, Massnahmen für den Schutz des Personals bei Raubüberfällen zu fördern und ein einheitliches Vorgehen in Fragen der Sicherung der Geldwerte gegen Raub und Diebstahl zu ermöglichen ...". Dieses Zirkular bezieht sich auf das Reglement vom 1. August 1962, in welchem es unter Ziff. 12 heisst: "Der verantwortliche Beamte hat sie (die Kassenschrankschlüssel) im Dienst stets auf sich zu tragen und bei Büroschluss mitzunehmen. Über Nacht und in Dienstpausen dürfen unter keinen Umständen, weder Kassenschrank- und Schalterkassenschlüssel noch Bargeld und andere Zahlungsmittel, Wertzeichen und dergl. in Schubladen oder sonstwo in Diensträumen gelassen werden, es sei denn, es handle sich um einbruchsichere Kassenschubladen, in denen kleinere Werte (Münz) versorgt werden dürfen." BGE 89 I 414 S. 422 Aus dieser Aufstellung erhellt, dass vor dem Diebstahl im Stationsgebäude in Rheinfelden keine bestimmte Vorschrift bestand, die es den Beamten verboten hätte, Kassenschlüssel nachts in der Pultschublade zu verwahren. Die Beklagten haben denn auch dem Kläger mit Recht nie vorgeworfen, gegen eine solche Vorschrift verstossen zu haben. Dagegen machten sie zunächst geltend, Keller habe die Instruktionen über die Aufbewahrung von Kassenschlüsseln verletzt. Sollten die Beklagten damit behaupten wollen, jener habe in Ergänzung der schriftlichen Reglemente mündliche Weisungen erhalten und diese nicht befolgt, so hätte das näher dargetan und bewiesen werden müssen, was nicht geschehen ist. Da zudem der Vorwurf der Verletzung von Instruktionen in der Klageantwort nicht mehr ausdrücklich erhoben wird, ist davon auszugehen, dass solche zusätzlichen Weisungen nicht erteilt worden sind. Zu prüfen bleibt demzufolge bloss noch, ob das Vorgehen des Klägers eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 8 VG darstelle. 5. Dass der Kläger mit der Verwahrung des Tresorschlüssels in der Schublade seines Pultes, das im gleichen Raum stand wie der Kassenschrank, nicht die Vorsicht beobachtet hat, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet war, liegt auf der Hand. Bei einiger Überlegung hätte er sich sagen müssen, dass die Pultschublade nicht sicher genug sei, ansonst die Einrichtung eines Kassenschrankes nicht notwendig gewesen wäre. Wo Geld und andere Werte weisungsgemäss in einem gegen Einbruch und Feuer besonders gesicherten Behältnis untergebracht werden, darf nicht der solcherweise bewirkte Schutz dadurch illusorisch gemacht werden, dass ein Dieb ohne besondere Mühe eine Pultschublade öffnen und die dort verwahrten Schlüssel behändigen kann. Das jedoch hat der Kläger der Täterschaft im vorliegenden Fall ermöglicht, weswegen ihm Fahrlässigkeit zur Last fällt. 6. Damit ist allerdings über seine Haftung noch BGE 89 I 414 S. 423 nichts entschieden. Denn haftbar für den Schaden wird der Beamte nur bei grober Fahlässigkeit ( Art. 8 VG ), und das setzt eine gewisse Schwere seines Verschuldens voraus, wie sie in der Regel bei Verletzung eines elementaren Vorsichtsgebotes gegeben ist ( BGE 86 I 181 oben und dortige Zitate). Ein so grober Verstoss gegen seine Sorgfaltspflicht könnte im vorliegenden Falle dem Kläger nur vorgeworfen werden, wenn sich die Verwahrung der Tresorschlüssel an einem andern, sicherern Ort für jeden vernünftigen Menschen unter denselben Umständen ohne weiteres aufgedrängt hätte. Davon kann hier nicht die Rede sein. Schon der Umstand, dass die Beklagten selber nicht genau anzugeben vermögen, wo denn sonst der Kläger die Schlüssel hätte verwahren sollen, erweist die Schwierigkeit einer andern Lösung. Ein Mittragen der Schlüssel in der Tasche wäre mit einem erhöhten Verlustrisiko verbunden gewesen und hätte übrigens nach Wortlaut und Sinn der Weisung Ziff. 4 des Zirkulars 19/53 widersprochen. Zuhause aber verfügte Keller nach seiner unwiderlegt gebliebenen Behauptung über keinen sicheren Ort zur Aufbewahrung der Schlüssel, während die Schublade seines Pultes in der Bahnstation wenigstens mit einem Sicherheitsschloss versehen war. Wenn er am Abend des 7. Juli 1961 die Schlüssel in dieser Schublade verwahrte, so war das nach den Umständen wohl eine pflichtwidrige Unvorsichtigkeit, aber nicht grobfahrlässig. Wie die Erfahrung lehrt, kommt es in öffentlichen und privaten Betrieben immer wieder vor, dass sonst durchaus pflichtbewusste Beamte und Angestellte Kassenschrankschlüssel in wenig sicheren Schubladen und Behältnissen unterbringen, in der irrtümlichen Annahme, ein Dieb werde sie dort nicht finden oder jedenfalls nicht erkennen können, zu welchem Schloss sie gehören. Dass es sich bei den SBB, und zwar auch bei andern Beamten als dem Kläger, ebenso verhielt, indem das Gebot, Schlüssel über Nacht an einem sicheren Ort zu versorgen, nicht allgemein und ohne weiteres als Verbot der Aufbewahrung in Schubladen oder BGE 89 I 414 S. 424 Fächern auf der Station selber verstanden wurde, geht aus der Klageantwort deutlich hervor. Dort führen die Beklagten selber aus, es habe sich als notwendig erwiesen, die Aufbewahrungsorte der Schlüssel mindestens in negativem Sinne zu umschreiben, wie dies dann in Ziff. 7 des Reglementes vom 14. Juli 1961 geschehen ist. Tatsächlich hatten denn auch im vorliegenden Falle nach der eigenen Annahme der Beklagten der Bahnhofvorstand und sein Stellvertreter um die vom Kläger während ca. zehn Jahren geübte Aufbewahrung der Schlüssel in der Pultschublade gewusst und sie geduldet. In Würdigung all dieser Umstände kann nicht gesagt werden, der Kläger habe grobfahrlässig gehandelt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Klage des Hans Keller wird gutgeheissen, und es wird festgestellt, dass der Kläger für den den Schweiz. Bundesbahnen entstandenen Schaden nicht haftbar ist.
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Urteilskopf 123 V 252 45. Arrêt du 3 novembre 1997 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre T. et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 3 Abs. 4 lit. e und Abs. 4bis ELG , Art. 19 ELV , Art. 5 lit. c (alt) und Art. 11 Abs. 1bis (neu) ELKV: Abzug von Psychotherapiekosten im Bereiche der Ergänzungsleistungen. Das Inkrafttreten des neuen Krankenversicherungsgesetzes bildet keinen Grund für die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung ( BGE 108 V 235 ; ZAK 1992 S. 439) bezüglich der EL-rechtlich möglichen Erstattung von Psychotherapiekosten, welche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach KVG nicht gedeckt sind. Art. 3d ELG (neu). Auswirkungen des neuen Gesetzes über die Ergänzungsleistungen auf die Vergütung solcher Kosten durch Ergänzungsleistungen.
Sachverhalt ab Seite 253 BGE 123 V 252 S. 253 A.- T., née en 1962, est au bénéfice d'une prestation complémentaire à une rente d'invalidité. Elle suit des séances de psychothérapie auprès de J., psycho-pédagogue indépendant, à Y. Jusqu'à la fin de l'année 1995, les frais de ce traitement ont été pris en charge par le régime des prestations complémentaires. Au mois de juillet 1996, l'assurée a transmis à la Caisse cantonale vaudoise de compensation des notes d'honoraires, d'un montant total de 7730 francs, pour des prestations fournies par le même psychothérapeute de janvier à juin 1996. Le 23 juillet 1996, la caisse de compensation a notifié à l'assurée qu'elle ne lui rembourserait pas ces frais de traitement, au motif qu'ils n'étaient désormais plus déductibles du revenu déterminant pour le calcul des prestations complémentaires. B.- T. a recouru contre cette décision. Par jugement du 25 octobre 1996, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a admis le recours. Il a annulé la décision attaquée et il a renvoyé la cause à l'administration pour qu'elle complète l'instruction sur la nécessité pour l'assurée de suivre un traitement de psychothérapie et sur l'existence d'une prescription médicale, et pour qu'elle rende ensuite une nouvelle décision. C.- L'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) interjette un recours de droit administratif en concluant à l'annulation de ce jugement et au rétablissement de la décision administrative du 23 juillet 1996. T. n'a pas fait usage de la faculté qui lui a été donnée de répondre au recours. La caisse de compensation déclare pour sa part ne pas avoir d'observations à formuler. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l' art. 3 al. 4 let . e LPC, sont déduits du revenu déterminant pour le calcul des prestations complémentaires, les frais, intervenus BGE 123 V 252 S. 254 durant l'année en cours et dûment établis, de séjour dans un home, de médecin, de dentiste, de pharmacie, d'hospitalisation et de soins à domicile, ainsi que de moyens auxiliaires. Il appartient au Conseil fédéral de préciser quels sont ces frais qui peuvent être déduits ( art. 3 al. 4bis LPC ). A l' art. 19 OPC-AVS/AI , le Conseil fédéral a délégué son pouvoir réglementaire au Département fédéral de l'intérieur (DFI), lequel a édicté l'ordonnance relative à la déduction des frais de maladie et de frais résultant de l'invalidité en matière de prestations complémentaires, du 20 janvier 1971 (OMPC; RS 831.301.1). Dans sa version en vigueur jusqu'au 31 décembre 1995, l' art. 5 let . c OMPC permettait une déduction des "frais pour soins donnés à des malades dans la mesure où ils ne sont pas déjà couverts par une allocation pour impotent de l'assurance-vieillesse et survivants, de l'assurance-invalidité, de l'assurance-accidents, ou par une contribution aux soins spéciaux, conformément à l'art. 20, 1er alinéa, de la loi fédérale sur l'assurance-invalidité". Sous l'empire de la LAMA, le Tribunal fédéral des assurances a jugé, à propos de cette disposition réglementaire, en corrélation avec l' art. 3 al. 4 let . e LPC déjà cité, que la notion de soins médicaux, dont les frais pouvaient être déduits du revenu déterminant selon la LPC, ne se recouvrait pas avec celle de soins médicaux d'après l' art. 12 LAMA . Celui-ci, en effet, avait pour but de définir les prestations minimales obligatoirement à la charge des caisses-maladie, tandis que l' art. 3 al. 4 let . e LPC vise, dans le cadre du régime des prestations complémentaires, à assurer la garantie d'un revenu minimum régulier aux bénéficiaires de rentes de l'AVS ou de l'AI (cf. ATF 113 V 285 consid. 5b). Aussi bien fallait-il considérer comme frais de maladie déductibles du revenu déterminant selon le droit des prestations complémentaires, toutes les mesures qui, en l'état des connaissances médicales, étaient nécessaires pour guérir, apaiser ou stabiliser un mal et qui n'étaient pas des mesures déductibles au titre de frais de médecin, de dentiste, de pharmacie, d'hospitalisation ou encore de moyens auxiliaires. S'agissant des frais de psychothérapie, ils devaient également être pris en considération si le traitement était nécessité par une atteinte à la santé psychique (ou même physique) et qu'il était prodigué par un psychologue ou un psychothérapeute (non médecin) indépendant, auquel le patient était adressé par un médecin ayant lui-même prescrit le traitement ( ATF 108 V 235 ; SVR 1997, EL no 35 p. 105; RCC 1992 p. 465 consid. 3b; voir aussi: Stefan Werlen, Der Anspruch auf BGE 123 V 252 S. 255 Ergänzungsleistungen und deren Berechnung, thèse Fribourg 1995, p. 207; Rumo-Jungo, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, p. 57 sv.). 2. a) L'office recourant soutient que cette jurisprudence n'est plus applicable depuis l'entrée en vigueur de la LAMal, le 1er janvier 1996. Rappelant que l'assurance-maladie est devenue, sauf exceptions, obligatoire pour toute personne domiciliée en Suisse, il relève que l'introduction de cette obligation nécessitait une claire séparation entre l'assurance obligatoire et les assurances complémentaires. Le nouveau droit a étendu le catalogue des prestations obligatoires et a ainsi permis de combler des lacunes qui existaient du temps de la LAMA en ce qui concerne les soins médicaux "de base". L'office en déduit, en substance, que le régime des prestations complémentaires n'assume plus, comme par le passé, le rôle d'une assurance complémentaire des frais de maladie. Par conséquent, ce régime n'a plus à rembourser, en principe tout au moins, des frais de traitement non couverts par l'assurance obligatoire des soins régie par la LAMal, notamment les frais de psychothérapie non dispensée par un médecin (voir également dans ce sens: François Huber, Conséquences de la LAMal sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI, Sécurité sociale 1/1996, p. 29 ss.; Pratique VSI 1996, p. 66). b) Contrairement à l'opinion du recourant, l'introduction de l'assurance-maladie obligatoire ne constitue pas en soi une justification pertinente d'un changement de pratique en matière de déduction des frais de maladie dans le domaine des prestations complémentaires. Aucune norme sur laquelle se fonde la jurisprudence susmentionnée n'a été modifiée quant à son contenu avec l'entrée en vigueur de la LAMal. L'ancien art. 5 let . c OMPC correspond à l'actuel art. 11 al. 1bis OMPC . Quant aux art. 3 al. 4bis LPC et 19 OPC-AVS/AI, ils ont subi, dès le 1er janvier 1996, des modifications sans rapport avec le problème ici en discussion. Il n'y a dès lors pas de motif d'admettre que la notion de soins médicaux dans le cadre de la LPC soit devenue plus restrictive que par le passé. Il est vrai que l'entrée en vigueur de la LAMal a eu des incidences, en réalité indirectes, sur le remboursement des frais de soins, dans le sens d'un transfert de certains coûts vers l'assurance-maladie. C'est le cas tout d'abord en ce qui concerne les bénéficiaires de prestations complémentaires qui n'étaient jusqu'alors pas affiliés à une caisse-maladie: ceux-ci pouvaient prétendre au remboursement de leurs frais BGE 123 V 252 S. 256 de maladie dans les limites de la quotité disponible, c'est-à-dire jusqu'à concurrence de la différence entre la limite de revenu augmentée ( art. 2 al. 1bis LPC ) et le montant de la prestation complémentaire effectivement versée (cf. Carigiet, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, p. 155 ad chiffre 3); pour ces personnes, un remboursement n'intervient plus par ce biais, en raison de l'obligation d'assurance introduite par la LAMal ( art. 3 LAMal ). Ensuite, l'instauration d'un catalogue étendu des prestations assurées (cf. art. 24 ss LAMal ) a réduit d'autant les cas de prise en charge, par le régime des prestations complémentaires, de traitements qui n'étaient pas couverts par l'assurance-maladie du temps de la LAMA. Mais on ne saurait en conclure que le législateur, par l'adoption de la LAMal, ait voulu en même temps supprimer le remboursement par ce régime des frais de traitements qui, aujourd'hui comme autrefois, n'incombent pas obligatoirement aux assureurs-maladie, bien qu'ils puissent apparaître médicalement indiqués. La psychothérapie, non dispensée par un médecin, est une mesure qui, précisément, n'est actuellement pas prise en charge par l'assurance-maladie (cf. art. 25 al. 2 let. a chiffre 1 LAMal et art. 2 de l'ordonnance sur les prestations dans l'assurance obligatoire des soins en cas de maladie [OPAS; RS 832.112.31]; à propos de l'ancien droit, voir ATF 110 V 187 , ATF 107 V 46 ; RAMA 1995 no K 971 p. 182 consid. 4a). L'argument tiré d'une extension du catalogue des prestations obligatoires n'est pas convaincant. Cette extension est inhérente à la nouvelle structure de l'assurance-maladie (assurance obligatoire financée en principe par des primes égales pour un même assureur; cf. art. 61 al. 1 LAMal ). Elle a pour but de garantir l'accès à des prestations uniformes pour tous les assurés. Les assureurs ne peuvent désormais offrir d'autres prestations que dans le cadre d'assurances complémentaires dont l'éventail des prestations varie d'un assureur à l'autre (message du Conseil fédéral concernant la révision de l'assurance-maladie du 6 novembre 1991, FF 1992 I 132). Ce but n'est pas incompatible avec l'objectif, déjà cité, de la garantie d'un revenu minimum régulier, poursuivi par l' art. 3 al. 4 let . e LPC. c) Dans ces conditions, il n'y a pas lieu de revenir sur la jurisprudence susmentionnée. Ce n'est pas au Tribunal fédéral des assurances, mais au législateur, qu'il appartient d'apporter les restrictions qu'il jugerait nécessaires en ce domaine. Du reste, la modification de la LPC du 20 juin 1997 (troisième révision de la LPC; FF 1997 III 840), qui entrera en vigueur le 1er janvier 1998, paraît aller dans le sens voulu par le recourant. Elle contient, à son art. 3d, l'énumération suivante des frais BGE 123 V 252 S. 257 de maladie et d'invalidité qui seront remboursés: les frais de dentiste (let. a), les frais d'aide, de soins et d'assistance à domicile ou dans d'autres structures ambulatoires (let. b), les frais liés à un régime alimentaire particulier (let. c), certains frais de transport (let. d), les frais de moyens auxiliaires (let. e) et, enfin, les frais payés au titre de la participation aux coûts selon l' art. 64 LAMal (let. f). Si les frais de médecin et de pharmacie ne sont plus mentionnés, c'est parce, selon les explications du Conseil fédéral, ils sont pris en charge par l'assurance-maladie (message concernant la troisième révision de la loi fédérale sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI du 20 novembre 1996, FF 1997 I 1149 ad ch. 213.1). On peut donc, de prime abord, en inférer que des déductions ne seront plus possibles pour des traitements de psychothérapie non couverts par l'assurance obligatoire des soins. On ne saurait toutefois en tirer de conclusion pour l'interprétation des dispositions actuellement en vigueur. Le nouvel art. 3d LPC montre au contraire qu'une modification de la LPC était nécessaire pour que le remboursement de frais de traitement en matière de prestations complémentaires soit à l'avenir mieux calqué sur celui de l'assurance-maladie. C'était précisément l'un des buts de la troisième révision de la LPC (voir à ce sujet l'intervention de la conseillère fédérale Dreifuss devant le Conseil des Etats, BO 1997 CE p. 616). 3. C'est donc à bon droit que les premiers juges ont prescrit à la caisse de prendre en charge les frais du traitement de psychothérapie suivi par l'intimée, sous la réserve que ce traitement, conformément à la jurisprudence, apparaisse indiqué et qu'il ait été prescrit par un médecin. Le recours de droit administratif se révèle ainsi mal fondé.
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4326289f-b38c-4ac1-876a-d56714d99e34
Urteilskopf 86 II 189 30. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 28 juin 1960 dans la cause Alpina Compagnie d'assurances SA contre Héritier.
Regeste Art. 38 Abs. 1 MFG. Wird ein Dritter ohne eigenes Verschulden durch zwei Motorfahrzeuge geschädigt, so haften deren Halter ihm gegenüber selbst dann solidarisch, wenn dem einen nichts vorgeworfen werden kann, während der andere einen Fehler begangen hat, der die einzige Ursache des Unfalles ist.
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 86 II 189 S. 189 A.- Le 19 juin 1955, vers 19 h. 35, Othmar Solliard circulait à motocyclette sur la route de Granois à Chandolin. Pris de boisson et roulant à une allure excessive, il perdit la maîtrise de sa machine et vint se jeter contre un scooter qui, piloté par André Héritier, arrivait en sens inverse, et sur lequel Rémy Héritier avait également pris place. Les deux conducteurs furent tués. Rémy Héritier fut gravement blessé. La compagnie d'assurances "L'Assicuratrice italiana", qui couvrait Solliard contre les conséquences de la responsabilité civile, versa à Rémy Héritier 30 000 fr. représentant la totalité de sa garantie. L'"Alpina", assurance d'André Héritier, versa à Rémy Héritier 8000 fr. Celui-ci, estimant cette dernière somme insuffisante, assigna l'"Alpina" en paiement de 22 000 fr. avec intérêts à 5% dès le 19 juin 1957. Dans sa réponse, la défenderesse conclut au rejet de l'action. BGE 86 II 189 S. 190 Le 24 mars 1960, le Tribunal cantonal valaisan admit l'action en considérant notamment que, vu l'art. 38 al. 1 LA, l'absence de faute à la charge d'André Héritier ne dispensait pas l'assurance de ce dernier, l'"Alpina", de participer à la réparation du dommage. B.- Critiquant l'opinion ainsi émise par les premiers juges, l'"Alpina" a recouru en réforme au Tribunal fédéral. Elle a repris ses conclusions libératoires. Erwägungen Considérant en droit: ... 2. - Le dommage qu'a subi l'intimé provient d'un accident causé par l'emploi de la motocyclette de Solliard et du scooter d'André Héritier. On se trouve dès lors dans l'hypothèse envisagée par l'art. 38 al. 1 LA, aux termes duquel "lorsqu'un dommage dont le détenteur répond est causé par plusieurs véhicules automobiles, les différents détenteurs en répondent solidairement à l'égard du tiers". La recourante soutient, il est vrai, que cette disposition est inapplicable en raison de la faute exclusive de Solliard et de l'absence de toute faute à la charge d'André Héritier. Elle méconnaît cependant le sens de la règle en question. La responsabilité instituée par l'art. 38 al. 1 LA est en effet purement causale. Elle ne suppose donc pas de faute à la charge des détenteurs. Aucun de ces derniers ne pourrait y échapper sous prétexte que l'accident serait dû à la faute exclusive des autres. En dépit de ce que pense la recourante, qui se réfère sur ce point à l'opinion d'OFTINGER (Schweizerisches Haftpflichtrecht, II, p. 958-9), une faute de cette nature à la charge de l'un des détenteurs n'interrompt pas le lien de causalité découlant du risque inhérent à l'emploi du véhicule de l'autre détenteur. Une solution différente porterait en effet atteinte au principe de la responsabilité exclusivement causale qui, d'après la volonté du législateur (RO 63 II 344), régit l'obligation des détenteurs de supporter le dommage qui ne doit pas être laissé à la charge du lésé en raison d'une faute de BGE 86 II 189 S. 191 ce dernier. L'art. 37 al. 2 LA ne conduit pas à une autre solution. Certes, il prévoit que la faute d'un tiers peut entraîner la libération totale ou partielle du détenteur du véhicule automobile dont l'emploi a provoqué l'accident. Cependant le détenteur d'un autre véhicule qui a contribué à provoquer le dommage n'est pas un tiers au sens de cette disposition (RO 63 II 344, 62 II 309-310; arrêt Hirschberg contre Blanc et consorts, du 20 février 1960, consid. 3). Contrairement à ce qu'affirme la recourante, l'application de l'art. 38 LA n'a pas des conséquences inéquitables. Cette disposition doit permettre au lésé, victime d'un accident causé par deux véhicules, d'obtenir réparation de son dommage aussi simplement que si un seul véhicule était impliqué dans l'accident (arrêt Hirschberg précité). Elle constitue de plus en sa faveur une garantie essentielle (RO 83 II 418). Ainsi, dans l'hypothèse réalisée en l'espèce, où l'assurance du détenteur fautif ne répond qu'à concurrence d'un montant insuffisant et où soit ce dernier, soit ses héritiers sont dans l'incapacité de réparer le surplus du dommage eux-mêmes, le lésé peut s'en prendre à l'autre détenteur (ou à son assurance) même si celui-ci n'a commis aucune faute. Cette solution est conforme à l'équité, car elle dispense le lésé de devoir supporter un préjudice qu'aucune faute de sa part n'a contribué à créer et met ce dommage (ou une partie de ce dommage) à la charge de l'autre détenteur qui, s'il n'a pas commis de faute, n'en doit pas moins assumer les risques inhérents à son propre véhicule. C'est dès lors à bon droit que la cour cantonale a admis que la recourante était en principe responsable à l'égard de l'intimé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme le jugement attaqué.
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Urteilskopf 87 I 121 19. Arrêt du 1er mars 1961 dans la cause X. contre Neuchâtel et Bâle-Ville.
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV . Besteuerung durch zwei Kantone mit allgemeiner Reineinkommenssteuer. Verteilung der Schuldzinsen bei einer Person, die im einen Kanton für den Ertrag ihrer Liegenschaften und im andern für ihr übriges Einkommen steuerpflichtig ist.
Sachverhalt ab Seite 122 BGE 87 I 121 S. 122 A.- X. est domicilié à Riehen, dans le canton de Bâle-Ville, où il exerce une activité dépendante. Il y est soumis à l'impôt sur le revenu et sur la fortune, sauf pour les biens-fonds qu'il possède dans le canton de Neuchâtel. Ces biens consistent tout d'abord dans deux parts de propriété, acquises par héritage: 3/16 sur un immeuble sis à Colombier et 1/8 sur un immeuble sis à Neuchâtel. La valeur cadastrale de ces parts est respectivement de 33 165 fr. et de 56 250 fr. De plus, en 1955, X. a acheté un second huitième de l'immeuble sis à Neuchâtel. Alors que la valeur cadastrale en était aussi de 56 250 fr., il l'a payé 225 000 fr., prix fixé par une expertise et qu'il a couvert par un emprunt du même montant. Pour l'année fiscale 1959, le canton de Neuchâtel a estimé les biens-fonds à leur valeur cadastrale, soit 145 665 fr. et à 177 342 fr. les autres biens, imposables par le canton de Bâle-Ville. Ce dernier a fait de même, sauf pour le huitième d'immeuble acheté, à Neuchâtel, dont il a compté la valeur d'achat, 225 000 fr., et non la valeur cadastrale. De ce fait, la fortune brute se montait à 323 007 fr. d'après l'évaluation du premier et à 491 757 fr. d'après l'évaluation du second, tandis que leurs parts imposables représentaient respectivement 45,1 et 36,06% de ces sommes. Dans le calcul du revenu net, tenant compte des intérêts passifs, qui se montaient à 10 465 fr., chacun déduisit une somme correspondant auxdites parts, soit 4719 fr. pour Neuchâtel (45,1%) et 3774 fr. pour Bâle-Ville (36,06%). Le total des déductions ainsi admises (8493 fr.) demeurait donc inférieur au montant réel des intérêts passifs. B.- Estimant qu'il était soumis à une double imposition du fait que, dans le calcul de son revenu imposable à Neuchâtel et à Bâle-Ville, il n'avait pu déduire la totalité des intérêts passifs payés par lui, X. a formé un recours devant le chef du Département des finances du canton de Neuchâtel, puis, débouté, devant la Commission neuchâteloise de recours en matière fiscale; celle-ci a également BGE 87 I 121 S. 123 rejeté le recours, le 25 novembre 1960, en bref par les motifs suivants: La taxation, sur les points contestés, est conforme aux art. 43 et 40 de la loi neuchâteloise du 19 avril 1949, ainsi qu'à la jurisprudence du Tribunal fédéral selon laquelle, dans le calcul du revenu imposable, le contribuable peut défalquer une part des intérêts passifs correspondant à la proportion entre l'actif brut total et l'actif brut sis dans le canton. Même s'il avait appartenu à l'autorité bâloise d'estimer les immeubles sis dans le canton de Neuchâtel, sa décision, sur ce point, ne serait pas opposable aux autorités de ce canton. La double imposition dont se plaint le recourant n'est donc pas imputable auxdites autorités. C.- X. a formé un recours de droit public pour violation de l'art. 46 al. 2 Cst. Il demande au Tribunal fédéral de supprimer la double imposition dont il a fait l'objet. D.- Le canton de Neuchâtel conclut au rejet du recours en ce qui le concerne. Le canton de Bâle-Ville conclut au déboutement dans la mesure où c'est sa taxation qui est visée. Erwägungen Considérant en droit: 1. Bâle-Ville et Neuchâtel connaissent le système de l'imposition du revenu global et de la fortune. Dans un tel cas, le contribuable dont le domicile et le lieu de travail se trouvent dans un canton, mais qui possède des immeubles dans un autre, est soumis aux deux souverainetés fiscales: pour la fortune et le revenu immobiliers à celle du canton où se trouvent les immeubles, pour le surplus à celle de l'autre canton. Dans le calcul de sa fortune et de son revenu imposables, il a droit à la déduction du total de ses dettes et des intérêts passifs. A cet effet, chacun des cantons devra défalquer une part proportionnelle desdits intérêts, qui sera au total de la somme déductible comme sa part de fortune brute est au total de cette fortune (RO 74 I 460, 462). BGE 87 I 121 S. 124 Il est clair que, selon la règle ainsi formulée, la déduction des intérêts passifs dans le calcul du revenu imposable ne correspondra au total de ces intérêts que si chacun des cantons fait, de la fortune brute, une estimation identique. Aussi le Tribunal fédéral a-t-il jugé que l'art. 46 al. 2 obligeait les cantons à appliquer les mêmes principes d'estimation (RO 74 I 128). Dans la présente espèce, le désaccord, sur l'estimation des immeubles, entre Bâle-Ville et Neuchâtel entraîne une défalcation incomplète, d'où résulte - le recourant l'affirme à bon droit - une double imposition contraire à l'article constitutionnel précité. Selon la loi de Bâle-Ville, il faut, pour estimer les immeubles, tenir compte équitablement de la valeur de rendement et de la valeur vénale; pour les bâtiments destinés à l'habitation et aux affaires, c'est en général la moyenne entre ces deux valeurs qui fait règle (§ 63 de la loi du 22 décembre 1949 sur les impôts directs et § 12 lit. b de l'ordonnance du 28 juillet 1950). En l'occurrence, l'autorité bâloise ne s'en est pas tenue à ces règles, puisqu'elle a admis, comme l'a fait le fisc neuchâtelois, la valeur cadastrale, sauf pour la part de propriété nouvellement acquise par X., qu'elle a portée en compte pour la valeur d'acquisition, telle que l'avait fixée une expertise. Dans sa réponse au recours, le Conseil d'Etat bâlois explique qu'une application stricte des principes de la loi cantonale aurait abouti, pour l'ensemble des immeubles, à une estimation supérieure à celle qu'a admise l'administration (391 000 fr. au lieu de 314 415 fr.), ce qui entraînerait une réduction de la part des intérêts passifs qu'il devrait déduire. Quoi qu'il en soit, du reste, il n'y a pas lieu de procéder à une revision de sa taxation dans ce sens, mais seulement d'examiner si elle doit avoir le pas sur celle qu'a adoptée l'autre canton. Au titre de la fortune, la loi neuchâteloise compte pour leur valeur cadastrale les immeubles qui se trouvent sur son territoire (art. 43 al. 1 de la loi sur les contributions BGE 87 I 121 S. 125 directes, du 19 avril 1949); cette estimation est essentiellement fondée sur le rendement normal des immeubles et tient aussi compte de leur situation, de leur valeur commerciale et, pour les bâtiments, du chiffre de l'assurance de base (art. 90 al. 1). Cependant, si l'on compare les valeurs auxquelles les deux cantons intéressés se sont arrêtés pour l'ensemble des immeubles, soit 145 665 fr. pour Neuchâtel et 314 415 fr. pour Bâle-Ville, on voit que cette dernière, touchant la répartition des intérêts passifs, aboutit à un résultat plus équitable du point de vue pratique. Selon la jurisprudence constante, en matière de double imposition, même dans le système de l'impôt sur le revenu global, on ne saurait appliquer d'une façon absolue le principe de l'unité du revenu, ni ignorer absolument les rapports qui existent entre telle dette et tel élément de la fortune ou telle source de revenu. Ainsi, par exemple, le canton sur le territoire duquel un contribuable possède un établissement commercial constitutif d'un domicile fiscal doit admettre la défalcation du total des frais généraux; de même, les intérêts passifs doivent être en premier lieu déduits du rendement de la fortune; ils ne sont imputables sur le reste du revenu que dans la mesure où ils excèdent ce rendement (RO 63 I 70). Pour des raisons analogues, on ne saurait ignorer, en l'espèce, que les intérêts passifs payés par le recourant concernent un emprunt de 225 000 fr. contracté pour l'achat de la seconde part sur l'immeuble sis à Neuchâtel. En fixant à 56 250 fr. la valeur fiscale de cette part, payée 225 000 fr., le fisc neuchâtelois, dans le calcul du revenu imposable par lui, a réduit le montant des intérêts passifs qu'il était tenu de déduire et augmenté d'autant la part que devrait imputer le canton de Bâle-Ville. Or non seulement la dette grève spécialement un élément de l'actif soumis à sa souveraineté fiscale, mais encore son estimation de cet élément apparaît dépassée et peu conforme à la réalité économique, vu le prix d'achat payé en 1955. BGE 87 I 121 S. 126 Par ces motifs, l'estimation bâloise, égale à la valeur d'achat déterminée par une expertise et qui correspond apparemment à la valeur vénale, est préférable; pour l'ensemble des immeubles en tout cas, elle aboutit à la fixation d'une valeur fiscale qui permet une répartition des intérêts passifs plus équitable que celle qu'a adoptée l'autorité neuchâteloise. Elle doit donc prévaloir du point de vue de l'art. 46 al. 2 Cst. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours en tant qu'il est dirigé contre le canton de Neuchâtel, le rejette en tant qu'il est dirigé contre le canton de Bâle-Ville.
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Urteilskopf 140 III 155 25. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_480/2013 vom 10. Februar 2014
Regeste Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 ZPO ; ausschliessliche Zuständigkeit des Handelsgerichts; Regelungsbefugnisse der Kantone. Mit Art. 6 ZPO hat der Bundesgesetzgeber für den Fall, dass ein Kanton von der Möglichkeit, ein Handelsgericht zu schaffen, Gebrauch gemacht hat, die sachliche Zuständigkeit für handelsrechtliche Streitigkeiten ( Art. 6 Abs. 2 lit. a-c ZPO ) abschliessend geregelt. Für eine weitere Zuständigkeitsregelung durch den Kanton bleibt kein Raum (E. 4.3).
Erwägungen ab Seite 155 BGE 140 III 155 S. 155 Aus den Erwägungen: 4. Zu prüfen ist, ob Art. 6 Abs. 1 und 2 ZPO eine zwingende und ausschliessliche Zuständigkeit des Handelsgerichts vorsehen oder ob ein Kanton ein anderes Gericht als ebenfalls bzw. zusätzlich BGE 140 III 155 S. 156 zuständig erklären kann, für Streitigkeiten, welche die Voraussetzungen gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a-c ZPO erfüllen. 4.1 Die herrschende Lehre vertritt die Auffassung, dass unter den gegebenen Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 ZPO das Handelsgericht zwingend bzw. ausschliesslich zuständig ist (BERNHARD BERGER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 7 und 36 zu Art. 6 ZPO ; derselbe , Verfahren vor dem Handelsgericht: ausgewählte Fragen, praktische Hinweise, ZBJV 148/2012 S. 466; VOCK/NATER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 6 ZPO ; DAVID RÜETSCHI, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung[ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013,N. 9 und 19 zu Art. 6 ZPO ; THOMAS SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2012, Rz. 98; ALEXANDER BRUNNER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Bunnerund andere [Hrsg.], 2011, N. 18 zu Art. 6 ZPO ; wohl auchSTAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 9 N. 7). Die Vorinstanz hielt entgegen, dass diese (Kommentar-)Literatur ihre Auffassung allerdings nicht näher begründe. Das trifft zu; trotzdem ist dieser Lehre zu folgen, wie zu zeigen ist: 4.2 Die Beschwerdegegnerin stützt sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht namentlich auf BGE 138 III 471 E. 5 und das Urteil 4A_239/2013 vom 9. September 2013. Diese beiden Urteile betrafen die sachliche Zuständigkeit bei einer einfachen passiven Streitgenossenschaft, bei der die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des Handelsgerichts nur für einen Teil der Streitgenossen erfüllt war. Zentrale Erkenntnis aus dieser Rechtsprechung seien: (i) Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts gemäss Art. 6 Abs. 1 und 2 ZPO sei keine zwingende, (ii) die Kantone hätten zwar keine Möglichkeit, die handelsgerichtliche Zuständigkeit auf alle Fälle auszuweiten, welche die Voraussetzungen der handelsgerichtlichen Zuständigkeit gemäss Art. 6 Abs. 1 und 2 ZPO nicht erfüllten, hingegen hätten sie grundsätzlich die Möglichkeit, (je nach Kanton unterschiedliche) Zuständigkeiten vorzusehen, welche die handelsgerichtliche Zuständigkeit gemäss Art. 6 Abs. 1 und 2 ZPO (sogar) ausschlössen, und (iii) solche Zuständigkeiten könnten auch zu Gunsten ordentlicher Gerichte vorgesehen werden, d.h. nicht nur zu Gunsten anderer Fachgerichte. Vorliegend gehe es jedoch nicht einmal um einen solchen (zulässigen) Ausschluss des Handelsgerichts, BGE 140 III 155 S. 157 sondern lediglich um eine weniger weitgehende konkurrierende Zuständigkeit. Zuzustimmen ist der Beschwerdegegnerin, dass die zitierte Rechtsprechung eine Ausnahme von der an sich aufgrund der Voraussetzungen gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a-c ZPO gegebenen Zuständigkeit des Handelsgerichts begründet. Die Durchbrechung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts wird aber mit dem Institut der Streitgenossenschaft begründet. Das Bundesgericht hat hier der Durchsetzung einer ebenfalls durch die Zivilprozessordnung vorgegebenen bundesrechtlichen Verfahrensvorschrift im Interesse der mit dieser Bestimmung bezweckten Ziele (Prozessökonomie und Vermeidung widersprüchlicher Urteile) den Vorrang gegeben (vgl. auch die in BGE 138 III 371 E. 5.1 S. 481 zitierte TANJA DOMEJ, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 71 ZPO ). Auch in einem neueren Entscheid zur Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts hat das Bundesgericht die Bedeutung bundesrechtlicher Verfahrensvorschriften betont ( BGE 139 III 457 E. 4.4.3.3 S. 463 f. mit Hinweisen). Eine solche bereits durch das bundesrechtliche Prozessrecht vorgegebene Rechtfertigung fehlt vorliegend. Aus der Rechtsprechung zur Streitgenossenschaft kann die Beschwerdegegnerin nichts für sich ableiten. 4.3 Vorliegend geht es nicht darum, dass sich aus der Zivilprozessordnung selber eine Einschränkung ergibt, sondern vielmehr um die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes von jener der Kantone. Art. 122 der Bundesverfassung bestimmt: " 1 Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts ist Sache des Bundes. 2 Für die Organisation der Gerichte und die Rechtsprechung in Zivilsachen sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht." Damit steht dem Bund im Bereich des Zivilprozessrechts eine umfassende Gesetzgebungskompetenz zu. Die Kantone können nur selber legiferieren, soweit der Bund von seiner Kompetenz keinen Gebrauch macht (sog. nachträglich derogierende Rechtsetzungskompetenz; vgl. Urteil 4C_1/2013 vom 25. Juni 2013 E. 4.1.3 mit zahlreichen Hinweisen auf Materialien und Literatur). Es handelt sich mithin nicht um eine parallele Kompetenz von Bund und Kanton BGE 140 III 155 S. 158 (zur Abgrenzung vgl. HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl. 2012, Rz. 1091 f.). Die Kantone bleiben aber zuständig für die Organisation der Gerichte; diese kantonale Organisationshoheit wird allerdings durch Art. 122 Abs. 2 BV eingeschränkt. Sie besteht nur, soweit das (Bundes-)Gesetz nichts anderes vorsieht (PETER KARLEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 8 und 12 zu Art. 122 BV ; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, 2003, N. 13 zu Art. 122 BV ). Von einer eigentlichen "Autonomie der Kantone bei der Organisation" kann daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht die Rede sein (vgl. auch BGE 137 III 217 E. 2.4.1.4 S. 224). Gegenstand des Zivilprozessrechts ist das Verfahren vor den Zivilgerichten (vgl. auch Art. 1 ZPO ). Es umfasst die Rechtsnormen, die in diesem Verfahren zu befolgen sind. Dazu gehören auch die Bestimmungen, die festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Zivilgerichte ihre Tätigkeit überhaupt auszuüben haben, also auch jene über die sachliche Zuständigkeit (CHRISTOPH LEUENBERGER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Bernhard Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 14 und 16 zu Art. 122 BV ;MARKUS SCHOTT, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 3ZPO; MAX GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 50; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, a.a.O., N. 12 zu Art. 122 BV ; PETER KARLEN, a.a.O., N. 13 zu Art. 122 BV ). Von dieser Abgrenzung geht auch die Zivilprozessordnung selber aus. Gemäss ihrer Systematik werden die im zweiten Titel ( Art. 4 ff. ZPO ) geregelten Zuständigkeiten klar von der Gerichtsorganisation, die in Art. 3 ZPO geregelt bzw. vorbehalten ist, abgegrenzt. Der Bundesgesetzgeber hat nun die ihm an sich grundsätzlich zustehende Kompetenz zur Regelung der Zuständigkeiten zwar den Kantonen überlassen, jedoch nur, soweit er sie nicht selber ausübt ( Art. 4 Abs. 1 ZPO ). Mit Art. 6 ZPO hat er für den Fall, dass ein Kanton ein Handelsgericht schafft, die sachliche Zuständigkeit für jene Streitsachen, welche die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 lit. a-c ZPO erfüllen, geregelt. Da der Bund von seiner Rechtsetzungskompetenz Gebrauch gemacht hat, ist eine parallele Zuständigkeitsregelung nach dem oben Dargelegten durch den Kanton ausgeschlossen. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die Ziffern 1 bis 3 des angefochtenen Urteils sind aufzuheben, ohne dass auf die übrigen BGE 140 III 155 S. 159 Rügen der Beschwerdeführerin (Verletzung des rechtlichen Gehörs und willkürliche Auslegung des kantonalen Rechts) noch einzugehen ist.
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Urteilskopf 80 III 33 9. Entscheid vom 29. April 1954 i.S. Jost.
Regeste 1. Auslegung eines Rekursantrages. 2. Die Anhebung und Fortsetzung der Betreibung am Arrestort ist auch während der Hängigkeit einer Arrestaufhebungsklage ( Art. 279 SchKG ) zulässig.
Sachverhalt ab Seite 33 BGE 80 III 33 S. 33 A.- Gegen Ernst Jost, "z. Zt. Flurstrasse 4, Bern (ohne festen Wohnsitz)", nahm der Kanton Basel-Stadt für Steuerforderungen am 9. Februar 1954 in Basel Arrest auf zwei Guthaben gegen eine dort wohnende Person. Der Schuldner bestritt den von der Arrestbehörde angenommenen BGE 80 III 33 S. 34 Arrestgrund des fehlenden festen Wohnsitzes ( Art. 271, Ziff. 1 SchKG ) mit rechtzeitig eingereichter Arrestaufhebungsklage. Ferner führte er gegen die vom Gläubiger in Basel angehobene Prosequierungsbetreibung Nr. 996 Beschwerde wegen örtlicher Unzuständigkeit des Betreibungsamtes. B.- Von der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 19. März 1954 in Anwendung von Art. 52 SchKG abgewiesen, hält der Schuldner mit vorliegendem Rekurs an der Beschwerde fest. Er stellt den Antrag, "dass der Betreibung Nr. 996 bis zur Erledigung der Arrestaufhebungsklage die aufschiebende Wirkung erteilt wird", und führt aus, das Betreibungsamt Basel-Stadt sei unzuständig "bis zur Abklärung des Arrestes" durch das Urteil über die Arrestaufhebungsklage. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Entgegen dem unklar gefassten Rekursantrag will der Schuldner nicht nur einer künftigen Fortsetzung der Arrestbetreibung vorbeugen (was nicht Gegenstand einer Beschwerde bilden könnte, vgl. Art. 17 in Verbindung mit Art. 21 SchKG ). Vielmehr will er, wie aus der Rekursbegründung hervorgeht, entsprechend seiner Stellungnahme in kantonaler Instanz die Arrestbetreibung als solche, also den Zahlungsbefehl, anfechten. Die Fristen der Art. 17 ff. SchKG sind eingehalten. 2. Dem angefochtenen Entscheid ist darin beizustimmen, dass der in Basel gelegte Arrest nach Art. 52 SchKG dort auch einen Betreibungsort begründet. Zu prüfen bleibt die Einwendung des Rekurrenten, während der Hängigkeit der Arrestaufhebungsklage sei eine Arrestbetreibung nicht zulässig. Dieser Standpunkt vermag sich auf keine gesetzliche Bestimmung zu stützen. Art 279 SchKG sieht am Schlusse lediglich vor, dass während des Arrestaufhebungsprozesses die Fristen des Art. 278 nicht laufen. Das bedeutet nur, während eines solchen Prozesses BGE 80 III 33 S. 35 bleibe der Arrest bestehen, ohne vom Gläubiger binnen der kurzen Fristen des Art. 278 durch Betreibung und, wenn Recht vorgeschlagen wird, durch ein Rechtsöffnungsbegehren oder eine Forderungsklage prosequiert werden zu müssen. Es ist danach in das Belieben des Gläubigers gestellt, ob er vor irgendwelchen Prosequierungshandlungen den Ausgang des Arrestaufhebungsprozesses abwarten oder aber ohne Rücksicht auf diesen Prozess zur Prosequierung des Arrestes schreiten will (so denn auch die einmütige Lehre; vgl. JAEGER, N. 7 zu Art. 279 SchKG ; BONNARD, Le séquestre, p. 209/10; JUD, Arrestrecht, S. 69; BLUMENSTEIN, Schuldbetreibungsrecht, S. 844). Unterbleibt ein Rechtsvorschlag, oder wird er beseitigt, bevor der Arrestaufhebungsprozess zu Ende kommt, so ist der Gläubiger auch nicht gehindert, die Betreibung gemäss Art. 280 SchKG fortzusetzen. Ja, es kann unter Umständen, bevor über die Arrestaufhebungklage entschieden ist, auf Begehren des Arrestgläubigers zur Verwertung der arrestierten Gegenstände kommen, da das Gesetz eben der Arrestaufhebungsklage keine hemmende Wirkung in bezug auf Anhebung und Fortsetzung der Arrestbetreibung beilegt. Die hängige Arrestaufhebungsklage bot somit dem Schuldner keinen zureichenden Grund, sich über die am Arrestort Basel angehobene Betreibung zu beschweren. Sollte sich der Arrest als ungerechtfertigt erweisen, so würde der Gläubiger für einen dem Schuldner daraus erwachsenen Schaden haften ( Art. 273 SchKG ). Inzwischen ist der Schuldner nicht etwa schutzlos. Er kann den Gläubiger nach verbreiteter kantonaler Gerichtspraxis auch noch im Arrestaufhebungsprozess zur Sicherheitsleistung verhalten lassen (vgl. JAEGER-DAENIKER, N. 5 zu Art. 273 SchKG ). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 II 301 58. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 29 juin 1982 dans la cause Ifestos Engineering S.A. contre Coates (recours en réforme)
Regeste Art. 337 OR . Eigenmächtiger Bezug von Ferien trotz Verweigerung durch den Arbeitgeber stellt im Prinzip einen Grund zur fristlosen Auflösung des Arbeitsvertrages dar (E. 3b). Der Arbeitgeber kann auf die Entlassung zugunsten einer weniger schweren Massnahme verzichten. Kündigt er dem Arbeitnehmer für den Fall, dass dieser ohne Erlaubnis Ferien beziehen sollte, eine solche mildere Massnahme an, so ist er daran gebunden und darf sie nicht verschärfen, wenn der Arbeitnehmer sein Vorhaben verwirklicht (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 302 BGE 108 II 301 S. 302 A.- Georges Coates a travaillé depuis septembre 1979 au service d'Ifestos Engineering S.A., pour un salaire de 3'000 fr. par mois. Le 27 mars 1980, Coates a informé sieur Doucakis, directeur d'Ifestos Engineering S.A., qu'il prendrait dès le lendemain 10 jours de vacances. Doucakis lui a répondu que la période était mal choisie, Coates ayant des travaux urgents à accomplir, et qu'en conséquence il n'était pas d'accord de le laisser partir; il lui a adressé le même jour une lettre pour lui "réitérer les termes de mon refus de vous accorder une prise de congé en cette période" et lui rappeler les travaux à liquider d'urgence. Cette lettre se termine comme suit: "En vue de ce qui précède, je me vois dans l'obligation de vous informer d'ores et déjà que dans le cas où vous prendriez tout de même vos vacances à Pâques, je serai en droit de vous prier de me remettre votre démission avant la fin de ce mois." Sans tenir compte de cette mise en garde, Coates est parti le 28 mars pour l'Angleterre et ne s'est représenté au travail que le 14 avril 1980. Ce jour-là, invoquant la non-observation des directives reçues, Doucakis a notifié à Coates son renvoi avec effet "de la date de votre départ, soit le 28 mars 1980 à 17 h.", renvoi qui lui a été confirmé par lettre du 15 avril 1980. Coates est divorcé et a à sa charge un fils mineur dont il devait s'occuper durant les vacances de Pâques. B.- Coates a ouvert action contre Ifestos Engineering S.A. en paiement, notamment, des salaires d'avril et mai 1980. La Chambre d'appel des prud'hommes de Genève ayant admis cette prétention, par arrêt du 9 décembre 1981, la défenderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à ce qu'il soit dit que le congé donné au demandeur le 28 mars 1980, pour justes motifs, l'a été valablement. Le Tribunal fédéral admet partiellement le recours et réforme l'arrêt attaqué en ce sens que la défenderesse ne doit payer le salaire du demandeur que jusqu'à fin avril 1980. Erwägungen Extrait des considérants: 3. ... b) Selon l'art. 337 al. 1 et 2 CO, dont le contenu correspond à celui de l'art. 352a CO, le contrat de travail peut être résilié immédiatement pour de justes motifs, soit lorsqu'il existe des circonstances propres à détruire la confiance qu'impliquent dans leur essence les rapports de travail ou à l'ébranler de telle façon que BGE 108 II 301 S. 303 la poursuite du contrat ne peut plus être exigée. On ne peut déterminer d'une manière générale les exigences auxquelles est subordonnée la résiliation immédiate; la solution dépend des circonstances du cas particulier. Il existe cependant certaines situations typiques où la pratique a eu l'occasion de se prononcer avec une certaine constance: ainsi en cas de refus de travail et d'absence injustifiée. La doctrine et la jurisprudence cantonale considèrent en général que, pour constituer un juste motif de renvoi immédiat, le refus de travailler ou les absences injustifiées doivent être persistants (beharrlich), et précédés d'avertissements contenant la menace claire d'un renvoi immédiat (cf. RAPP, Die fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages, in BJM 1978, p. 176; SCHWEINGRUBER, Commentaire du contrat de travail, trad. Laissue 1975, ch. 10 ad art. 337). Il ressort cependant des considérations de la doctrine et de la jurisprudence que ces conditions - persistance et avertissement préalable - ne s'appliquent qu'aux refus ou absences de courte durée, mais non pas à ceux qui s'étendent sur plusieurs jours ou qui ont été précédés d'une exigence de présence clairement formulée par l'employeur (cf. les cas bernois et bâlois cités par DECURTINS, Die fristlose Entlassung, 1981, p. 88 et 90, cas 58 et 60). En particulier, la prise de vacances de son propre chef par le travailleur, en dépit d'un refus de l'employeur, est considérée très généralement comme un juste motif de renvoi immédiat (RAPP, loc.cit.; SCHWEINGRUBER, op.cit., ch. 4 ad art. 329c, et FJS 861 p. 7; BRÜHWILER, Handkommentar zum Einzelarbeitsvertrag, p. 138; STREIFF, Leitfaden zum neuen Arbeitsvertragsrecht, 3e éd. n. 6 ad art. 329c; DECURTINS, op.cit., p. 78 et 87, cas 57 = BJM 1964 p. 232; cf. aussi ZR 28/1929, no 21; BJM 1974 p. 255). Cette manière de voir est fondée. Sauf circonstances particulières, la prise de vacances par décision unilatérale du travailleur, en dépit d'un refus de l'employeur, constitue un acte de nature à ébranler la confiance qui doit exister dans les rapports de travail de façon telle que la poursuite du contrat ne peut plus être exigée et qu'une rupture immédiate de celui-ci par l'employeur se justifie. Sans doute certaines circonstances particulières peuvent-elles atténuer ou effacer la gravité de l'atteinte aux relations de confiance que constitue une prise unilatérale de vacances; ainsi dans l'hypothèse où l'employeur, averti suffisamment tôt, ne tiendrait pas compte des désirs légitimes du travailleur alors que BGE 108 II 301 S. 304 les intérêts de l'entreprise ne sont guère atteints, et ne se conformerait dès lors pas à l'esprit de l'art. 329c al. 2 CO. Mais de telles circonstances n'existent pas en l'espèce: ce n'est en effet qu'à l'avant-veille de son départ en vacances que le demandeur a fait part de sa décision, et rien n'indique que le besoin de prendre ses vacances avec son fils ne lui était pas connu beaucoup plus tôt, et qu'il ne pouvait pas prendre d'autres dispositions, comme lors des autres périodes de l'année où les travailleurs ne peuvent pas prendre de vacances en même temps que leurs enfants. Le comportement du demandeur constituait donc en principe un juste motif de renvoi immédiat. c) L'employeur qui est fondé à user de la sanction du renvoi immédiat peut toutefois y renoncer ou prendre une sanction moins grave. Il peut aussi, une fois informé des intentions du travailleur, lui indiquer au préalable quelles mesures ou sanctions il entend prendre au cas où le travailleur ne se conformerait pas à ses instructions. Si ces mesures ne vont pas au-delà de ce que permet la loi, l'employeur est lié par sa prise de position et ne peut pas aggraver la sanction au cas où le travailleur commet la violation qui a fondé la mise en garde. Tel est le cas en l'espèce. Au lieu de menacer le demandeur de renvoi immédiat au cas où il prendrait tout de même ses vacances contre la volonté de l'employeur, la défenderesse lui a seulement fait savoir qu'elle serait alors "en droit de le prier de remettre sa démission avant la fin du mois". Elle est liée par cette déclaration, dans le sens que le destinataire pouvait raisonnablement lui attribuer. Le seul sens qui puisse raisonnablement être donné à cette déclaration n'est ni celui que lui prête la cour cantonale (la démission ne sera pas exigée à coup sûr; il s'agit d'une simple menace de résiliation, mais sans effet immédiat), ni celui que lui prête la défenderesse dans son recours (menace de licenciement immédiat): c'est celui d'une invitation au demandeur à donner sa démission avant la fin du mois, ou d'un congé à terme, si cette démission n'intervenait pas. Or cette démission ou ce congé ne pouvait prendre effet qu'à la fin du délai de congé d'un mois de l'art. 336a al. 1 CO, soit pour la fin d'avril 1980; par ailleurs, seul le demandeur était en mesure de notifier efficacement sa démission avant la fin de mars, puisque lui seul pouvait savoir à temps quelle serait sa décision et agir en conséquence. La menace de sanction formulée par la défenderesse ne pouvait dès lors être comprise, de BGE 108 II 301 S. 305 bonne foi, que comme une exigence de cessation de fonction à l'échéance du plus proche délai légal, soit à fin avril 1980. Elle ne peut être interprétée ni comme la menace d'un congé ordinaire - qui ne serait donné que lorsque l'employeur serait en mesure de le faire, soit au retour éventuel des vacances pour la fin du mois de mai 1980 seulement -, ni comme une menace de renvoi immédiat, car le mot démission ne peut être compris que comme un congé donné dans le respect du délai légal. Le demandeur n'a donc droit à son salaire que jusqu'à fin avril 1980 et non pas jusqu'à fin mai, et l'arrêt attaqué doit être réformé en ce sens qu'un montant de 2'842 fr. 50 lui est alloué de ce chef.
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Urteilskopf 136 I 158 14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Verein gegen Tierfabriken Schweiz VgT gegen SRG SSR idée suisse Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft und publisuisse SA (Revision) 2F_6/2009 vom 4. November 2009
Regeste Art. 10 EMRK ; Art. 35 BV ; Art. 122 und 124 Abs. 2 BGG ; Revision des Urteils 2A.330/1996 ( BGE 123 II 402 ) betreffend Anspruch auf Zugang zum Werbefernsehen (VgT-Spot). Nach dem 1. Januar 2007 eingereichte Revisionsgesuche sind im Verfahren gemäss den Art. 121 ff. BGG zu behandeln, auch wenn das betroffene Urteil vor dem Inkrafttreten des BGG ergangen ist (E. 1). Da nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 30. Juni 2009 (VgT II) das Nichteintreten auf das Revisionsgesuch bzw. dessen Ablehnen im Nachgang zum Entscheid des EGMR vom 28. Juni 2001 (VgT I) eine neue Verletzung von Art. 10 EMRK dargestellt hat, ist BGE 123 II 402 zu revidieren und der damalige Sachverhalt unter Hinweis auf Art. 35 BV so zu beurteilen, wie dies ohne die festgestellte Verletzung von Art. 10 EMRK geschehen wäre (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 159 BGE 136 I 158 S. 159 A. Der Verein gegen Tierfabriken (VgT) beabsichtigte im Januar 1994 durch die AG für das Werbefernsehen (AGW; heute: publisuisse SA) einen Fernsehspot ausstrahlen zu lassen, der auf die "tierquälerische Nutztierhaltung" aufmerksam machen und für eine Reduktion des Fleischkonsums werben sollte. Die "publisuisse SA", eine Tochtergesellschaft der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG, lehnte dies am 24. Januar 1994 ab, da der Spot gegen das öffentlichrechtliche Verbot politischer Werbung am Fernsehen verstosse. Mit Urteil vom 20. August 1997 bestätigte das Bundesgericht BGE 136 I 158 S. 160 diese Auffassung ( BGE 123 II 402 [2A.330/1996]). Am 28. Juni 2001 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fest, dass die Schweiz hiermit Art. 10 EMRK verletzt habe; zwar sei der Spot von politischem Charakter, doch sei seine Nichtausstrahlung aus diesem Grund in einem demokratischen Staat nicht erforderlich, da das Verbot politischer Werbung nur für Radio und Fernsehen, nicht aber für die Printmedien gelte und es sich beim Verein gegen Tierfabriken auch nicht um eine finanzstarke politische Gruppierung handle (vgl. VPB 65/2001 Nr. 119 Ziff. 63 ff.; Recueil CourEDH 2001-VI S. 271 ff.). B. Mit Urteil 2A.526/2001 vom 29. April 2002 lehnte das Bundesgericht, soweit es darauf eintrat, ein Gesuch des Vereins gegen Tierfabriken ab, seinen Entscheid vom 20. August 1997 zu revidieren und die ursprüngliche Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen. Das Bundesgericht hielt im Wesentlichen fest, dass die Eingabe des VgT den formellen Anforderungen von Art. 140 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3 531 ff.) nicht genüge, da der Gesuchsteller nicht darlege, inwiefern die Revision über die durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zugesprochene Wiedergutmachung hinaus nötig und allein hierdurch "möglich" erscheine bzw. inwiefern er noch ein aktuelles Interesse an der Revision habe, nachdem er inzwischen mit einem überarbeiteten Spot an die publisuisse SA gelangt sei (E. 3). Gegenstand des bundesgerichtlichen Urteils vom 20. August 1997 habe die - vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anders beurteilte - Frage gebildet, ob die Werbung des Gesuchstellers als "politisch" im Sinne des Radio- und Fernsehgesetzes gelten und deswegen untersagt werden dürfe, hingegen nicht das Problem der von der publisuisse SA behaupteten anderweitigen Rechtswidrigkeiten; diese hätten allenfalls Gegenstand eines entsprechenden zivilrechtlichen und nicht des programmrechtlichen Verfahrens zu bilden. Nachdem durch den Entscheid des EGMR nur klargestellt sei, dass das Verbot politischer Werbung am Fernsehen einer Ausstrahlung des umstrittenen Spots nicht entgegenstehen dürfe, sei dessen Verbreitung - soweit die SRG bzw. die publisuisse SA eine solche nach wie vor ablehnten - auf dem zivilrechtlichen Weg und mangels eines schutzwürdigen Interesses nicht revisionsweise durchzusetzen (E. 4). C. Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigte am 30. Juni 2009 den Entscheid der BGE 136 I 158 S. 161 5. Kammer vom 4. Oktober 2007 ( Verein gegen Tierfabriken gegen Schweiz ), wonach die Schweiz damit erneut Art. 10 EMRK verletzt habe. Das Revisionsurteil des Bundesgerichts habe sich auf neue Gründe gestützt, die geeignet gewesen seien, eine weitere Verletzung von Art. 10 EMRK zu begründen, weshalb die Zuständigkeit des Gerichtshofs und nicht des Ministerkomitees "ratione materiae" gegeben sei (§ 61-68). Die Wiederaufnahme eines Verfahrens könne vom Gerichtshof zwar nicht direkt angeordnet werden, doch habe eine solche im Geist des umzusetzenden Urteils zu erfolgen, soweit dies möglich sei. Das Bundesgericht habe in seinem Revisionsurteil "übertrieben formalistisch" entschieden. Es habe insbesondere keine Erklärung dafür gegeben, inwiefern sich die öffentliche Debatte über die Käfighaltung seit 1994 geändert habe, und zu Unrecht seine Beurteilung des Interesses an einer Ausstrahlung des Spots an die Stelle derjenigen des beschwerdeführenden Vereins gestellt. Die Vertragsstaaten seien verpflichtet, ihr Rechtssystem so zu organisieren, dass ihre Gerichte den Anforderungen der Konvention entsprechen könnten, weshalb das Vorbringen irrelevant sei, dass das Bundesgericht die Ausstrahlung des Werbespots infolge des EGMR-Entscheids nicht direkt hätte anordnen können (§ 83-97). D. D.a Der Verein gegen Tierfabriken hat im Nachgang zu diesem Urteil am 8. Juli 2009 darum ersucht, den Bundesgerichtsentscheid 2A.526/2001 vom 29. April 2002 aufzuheben und das diesem zugrunde liegende Revisionsgesuch in dem Sinne gutzuheissen, dass der Bundesgerichtsentscheid 2A.330/1996 vom 20. August 1997 unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufgehoben und die Rechtswidrigkeit der Verweigerung der Ausstrahlung des TV-Spots festgestellt wird. D.b Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK; früher: Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement [EVED]) beantragt, auf das Revisionsgesuch einzutreten; in der Sache selber sei eine "pragmatische Lösung" zu finden. Die SRG vertritt die Ansicht, dass auf das Revisionsgesuch nicht einzutreten bzw. dieses abzuweisen sei: Dem Verein gegen Tierfabriken fehle ein schutzwürdiges Interesse an der verlangten Revision. BGE 123 II 402 stehe einer Ausstrahlung des Werbespots heute nicht mehr entgegen, zudem hätten sich seit 1994 die tierschutzrechtlichen Grundlagen geändert. Die Revision sei offensichtlich entbehrlich, da dies höchstens die Bestätigung einer BGE 136 I 158 S. 162 Rechtslage bringe, "wie sie sich heute schon aus dem gesetzlichen Rahmen und der jüngeren bundesgerichtlichen Praxis" ergebe. D.c Der Verein gegen Tierfabriken hat am 29. September 2009 an seinen Ausführungen und Anträgen festgehalten; er macht geltend, die SRG widersetze sich nach wie vor einer Ausstrahlung des Spots; sie wolle ihm trotz des klaren Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zumuten, zum dritten Mal den Weg durch alle Instanzen gehen zu müssen, weshalb der Weg für die Ausstrahlung des Spots mit einer Revision des fraglichen Bundesgerichtsentscheids freizumachen sei (...). E. Das Bundesgericht heisst das Revisionsgesuch gut, hebt die Urteile 2A.526/2001 vom 29. April 2002 und 2A.330/1996 vom 20. August 1997 ( BGE 123 II 402 ff.) auf und entscheidet in diesem Verfahren teilweise neu wie folgt: "1. 1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Beschwerdeentscheid des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements vom 22. Mai 1996 wird aufgehoben. 1.2 Es wird festgestellt, dass die vom Verein gegen Tierfabriken VgT am 7. Januar 1994 beantragte Ausstrahlung des Werbespots, in welchem dieser auf die tierquälerische Nutztierhaltung aufmerksam machen und zu weniger Fleischessen aufrufen will (SUISA-Nummer: 79216), keine rundfunkrechtlich verbotene politische Werbung darstellt." (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Gesuchsteller beantragt, einen noch unter dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) ergangenen Entscheid zu revidieren, der seinerseits ein Urteil aus dem Jahr 1997 betrifft. Das nach dem 1. Januar 2007 eingereichte Gesuch ist praxisgemäss aufgrund der Art. 121 ff. BGG zu beurteilen, auch wenn es sich auf einen Entscheid bezieht, der vor diesem Datum ergangen ist ( Art. 132 Abs. 1 BGG ; BGE 134 III 45 E. 1 S. 47; Urteil 2F_11/2008 vom 6. Juli 2009 E. 1). 2. 2.1 Die Revision eines bundesgerichtlichen Entscheids infolge einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK) kann verlangt werden, (a) wenn der Europäische Gerichtshof in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, BGE 136 I 158 S. 163 dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind; (b) eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und (c) die Revision notwendig erscheint, um die Verletzung zu beseitigen ( Art. 122 BGG ; PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2009, N. 5 ff. zu Art. 122 BGG ; YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, N. 4680 ff.; ELISABETH ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, Niggli und andere [Hrsg.], 2008, N. 2 ff. zu Art. 122 BGG ; NICOLAS VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz, Seiler und andere [Hrsg.], 2007, N. 3 ff. zu Art. 122 BGG ). Das Gesuch ist beim Bundesgericht innert 90 Tagen einzureichen, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte endgültig (vgl. Art. 44 EMRK ) geworden ist ( Art. 124 Abs. 1 lit. c BGG ). Findet das Bundesgericht, dass der Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den früheren Entscheid auf und entscheidet neu ( Art. 128 Abs. 1 BGG ). Sind seit dem bundesgerichtlichen Urteil zehn Jahre vergangen, kann es dieses grundsätzlich nicht mehr revidieren ( Art. 124 Abs. 2 BGG ). 2.2 Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat am 30. Juni 2009 mit 11 gegen 6 Stimmen den von der Schweiz an sie weitergezogenen Entscheid der 5. Abteilung vom 4. Oktober 2007 in den wesentlichen Punkten bestätigt, womit die Frage, ob das Bundesgericht mit seinem negativen Revisionsentscheid Art. 10 EMRK erneut verletzt hat, endgültig entschieden ist (VON WERDT, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 122 BGG ). Der Verein gegen Tierfabriken hat mit seiner Eingabe vom 8. Juli 2009 fristgerecht darum ersucht, das Urteil vom 29. April 2002 zu revidieren. Zwar bezog sich dieses auf einen Entscheid, der heute über 10 Jahre zurückliegt (vgl. FERRARI, a.a.O., N. 9 zu Art. 124 BGG ; VON WERDT, a.a.O., N. 10 f. zu Art. 124 BGG ), doch hätte der entsprechende Entscheid 2002 noch revidiert werden können, falls das Bundesgericht die EMRK im Sinne des EGMR-Entscheids vom 30. Juni 2009 ausgelegt hätte, weshalb dem Gesuchsteller - entgegen den Ausführungen der SRG - die Verwirkungsfrist von Art. 124 Abs. 2 BGG nicht entgegengehalten werden kann. 2.3 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil (implizit) festgestellt, dass die durch den Verein gegen Tierfabriken erlittene Konventionsverletzung ( Art. 10 EMRK ) infolge der Nichtausstrahlung von dessen Spot nicht allein durch eine Entschädigung wiedergutgemacht werden kann und es zur Umsetzung BGE 136 I 158 S. 164 seines Entscheids notwendig erscheint, das bundesgerichtliche Urteil vom 20. April 1997 ( BGE 123 II 402 ) zu revidieren. Indem das Bundesgericht dem entsprechenden Gesuch nicht nachgekommen sei, habe es überspitzt formalistisch entschieden und die positive Verpflichtung der Schweiz als Vertragsstaat verletzt, die Ausstrahlung des Werbespots zu ermöglichen. Die Unterzeichnerstaaten seien nicht nur verpflichtet, die als gerechte Entschädigung zugesprochene Summe an die Betroffenen zu bezahlen, sondern auch individuelle bzw. generelle Massnahmen zu ergreifen, um die vom Gerichtshof festgestellte Verletzung zu beenden und Wiedergutmachung für ihre Auswirkungen zu leisten. Es sei eine Situation anzustreben, wie sie bestanden hätte, wären die Anforderungen der Konvention nicht missachtet worden, soweit dies möglich sei und nicht eine Belastung darstelle, die in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum Vorteil stehe, der sich aus der Wiederherstellung anstelle des Schadenersatzes ergebe ("restitutio in integrum"; vgl. § 36 des Urteils vom 30. Juni 2009; Urteil 2F_11/2008 vom 6. Juli 2009 E. 3.2). Im vorliegenden Fall bilde die Wiederaufnahme einen wichtigen Aspekt der Durchsetzung des ursprünglichen Urteils vom 28. Juni 2001. Diese Ausführungen sind für das vorliegende Verfahren - trotz der daran geübten Kritik (vgl. HERTIG RANDALL/RUEDIN, L'exécution des arrêts de la Cour européenne des droits de l'homme à la lumière de l'arrêt Verein gegen Tierfabriken Schweiz [VGT] c. Suisse du 4 octobre 2007, AJP 2008 S. 651 ff. mit weiteren Hinweisen) - massgebend; die Voraussetzungen von Art. 122 BGG sind erfüllt und die Urteile 2A.526/2001 vom 29. April 2002 und 2A.330/1996 vom 20. August 1997 ( BGE 123 II 402 ff.) deshalb zu revidieren. 3. Das Verfahren, das zu BGE 123 II 402 geführt hat, ist wiederaufzunehmen und die entsprechende Beschwerde vom 18. Juni 1996 aufgrund der damaligen Situation und Rechtslage so zu beurteilen, wie dies ohne die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellte Verletzung von Art. 10 EMRK geschehen wäre (so die Urteile 2F_11/2008 vom 6. Juli 2009 E. 4 und 1F_1/2007 vom 30. Juli 2007 E. 3.3, in: AJP 2008 S. 228 ff.): 3.1 Das Bundesgericht hielt in BGE 123 II 402 fest, dass die SRG bei der Akquisition und Ausstrahlung von Werbung nicht im Rahmen ihres Programmauftrags öffentlichrechtlich, sondern grundsätzlich privatrechtlich handle (E. 3); die entsprechenden Ausführungen bedürfen keiner Korrektur. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass das Bundesamt für Kommunikation gestützt auf Art. 13 EMRK in BGE 136 I 158 S. 165 einem Feststellungsverfahren vorfrageweise darüber hätte entscheiden müssen, ob die Nichtausstrahlung des Spots als politische Werbung tatsächlich, wie die SRG und die publisuisse SA meinten, gegen das entsprechende rundfunkrechtliche Werbeverbot verstossen hätte und ob diese Auslegung des einschlägigen Radio- und Fernsehrechts mit den Konventionsgarantien von Art. 10 EMRK vereinbar gewesen wäre (E. 4). Zu korrigieren sind indessen die Ausführungen in Erwägung 5, wo das Bundesgericht die entsprechenden Fragen in der Folge selber geprüft und die Auffassung der SRG und der publisuisse SA bestätigt hat, dass die Ausstrahlung des Spots gegen das Verbot der politischen Werbung am Fernsehen verstossen würde und die Konsequenz der Nichtausstrahlung mit Art. 10 EMRK vereinbar sei. Dies war nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 28. Juni 2001 unzutreffend; für die Begründung kann auf die Ausführungen in den § 63 ff. des entsprechenden Urteils verwiesen werden. Gestützt auf diese hätte das Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutheissen und in konventionskonformer Auslegung von Art. 18 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (RTVG; AS 1992 601 ff.) bzw. Art. 14 der Radio- und Fernsehverordnung vom 16. März 1992 (RTVV; AS 1992 680 ff.) feststellen müssen, dass der umstrittene Werbespot nicht als politische Werbung am Fernsehen verboten gelten durfte. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in diesem Punkt deshalb gutzuheissen und die entsprechende Feststellung nunmehr zu treffen. 3.2 Die SRG, die sich offenbar nach wie vor gegen die beantragte Ausstrahlung wendet, ist daran zu erinnern, dass nach Art. 35 Abs. 1 BV die Grundrechte in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen müssen; wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu deren Verwirklichung beizutragen (Abs. 2). Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden (Abs. 3; vgl. RAINER J. SCHWEIZER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 9 ff., 18, 20, 31 f. und 40 zu Art. 35 BV ; GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 7, 18 ff. zu Art. 35 BV ; AUBERT/MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, 2003, N. 9 ff. zu Art. 35 BV ). Zwar handelt die SRG im Werbebereich wie dargelegt privatrechtlich, doch ist die Werbung eng mit ihrer Programmkonzession bzw. ihrem Programmauftrag verbunden BGE 136 I 158 S. 166 und von diesen abhängig. Sie ist deshalb gehalten, dem Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juli 2001 nunmehr (direkt) Rechnung zu tragen und der von ihm im Urteil vom 30. Juni 2009 geforderten "restitutio in integrum" zum Durchbruch zu verhelfen. Zwar vertrat das Bundesgericht im Urteil vom 29. April 2002 die Ansicht, dass dies im konkreten Fall über eine indirekte Drittwirkung der Grundrechte auf dem Zivilweg zu geschehen habe (vgl. BGE 129 III 35 ; Kontrahierungspflicht aus Treu und Glauben); hieran kann nach dem Entscheid der Grossen Kammer vom 30. Juni 2009 im konkreten Fall indessen nicht festgehalten werden. Die Tatsache, dass der konventionskonforme Zustand auf einem anderen Weg als über die Revision erreicht werden kann, womit die Schweiz an sich der positiven Pflicht nachgekommen ist, ihr Rechtssystem den Geboten der EMRK anzupassen (vgl. § 78 ff. des Urteils vom 30. Juni 2009), darf nach den Feststellungen der Grossen Kammer - im vorliegenden Fall - einer unmittelbaren Umsetzung eines konventionskonformen Zustands im rundfunkrechtlichen Verfahren nicht entgegenstehen (§ 97 des Urteils vom 30. Juni 2009), zumal das BAKOM im vom Gesuchsteller am 1. Dezember 2001 bei diesem eingeleiteten Verfahren - was der Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Entscheid nicht berücksichtigt hat - seinerseits am 3. März 2003 festgestellt hatte, "dass eine Ausstrahlung des vorgelegten Spots des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) nicht gegen das Verbot der politischen Werbung ( Art. 18 Abs. 5 RTVG ) und der dem unlauteren Wettbewerb gleichkommenden Werbung ( Art. 14 Abs. 1 lit. d RTVV ) verstossen würde". Das Bundesgesetz vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (SR 784.40) trägt der Problematik heute teilweise über die Zugangsbeschwerde Rechnung; nach Art. 94 RTVG kann gegen die Verweigerung des Zugangs zu einem Programm Beschwerde geführt werden, falls ein entsprechendes Gesuch durch den Veranstalter abgewiesen worden ist (vgl. Art. 91 Abs. 3 lit. b RTVG ; ROLF H. WEBER, Rundfunkrecht, 2008, N. 3 zu Art. 94 RTVG ; ANDREAS KLEY, Beschwerde wegen verweigertem Programmzugang: Trojanisches Pferd oder Ei des Columbus?, Medialex 2008 S. 15 ff.). Sollte die SRG - nach dem Entscheid der Grossen Kammer vom 30. Juni 2009 - im konkreten Fall nicht innerhalb vernünftiger Frist zu einer Lösung Hand bieten, wären allenfalls konzessionsrechtliche Massnahmen zu prüfen. 3.3 Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 20. August 1997 die Kosten von Fr. 2'000.- dem unterliegenden Beschwerdeführer BGE 136 I 158 S. 167 auferlegt und davon abgesehen, ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen. Im Revisionsentscheid vom 29. April 2002 erhob es keine Kosten, sprach dem Gesuchsteller indessen auch keine Parteientschädigung zu. Es erübrigt sich, diese Kostenentscheide zu revidieren: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dem Beschwerdeführer im Verfahren, das zum Urteil vom 28. Juni 2001 geführt hat, die ihm diesbezüglich in der Schweiz entstandenen Kosten bereits ersetzen lassen (vgl. dort §. 91 ff.). Im Revisionsverfahren 2A.526/2001 wurden keine Kosten erhoben. Da der beschwerdeführende Verein dort nicht anwaltlich vertreten war und ihm auch kein namhafter Aufwand entstanden ist, rechtfertigt es sich nicht, ihm für dieses eine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 156 und 159 OG ).
public_law
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
433f9d48-8f67-4003-8f37-7d7580227913
Urteilskopf 110 V 252 41. Urteil vom 25. September 1984 i.S. Jecklin gegen Ausgleichskasse "Musik und Radio" und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 41ter AHVV : Ausrichtung von Vergütungszinsen. - Die Vergütungszinsregelung ist auf allen Rückerstattungen anwendbar, die ab 1. Januar 1979 fällig werden (Erw. 3). - Art. 41ter Abs. 3 AHVV ist gesetzes- und verfassungswidrig, insoweit er die Beiträge Selbständigerwerbender betrifft (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 252 BGE 110 V 252 S. 252 A.- Peter Jecklin ist als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse "Musik und Radio" angeschlossen. Weil sich die Meldung der kantonalen Steuerverwaltung für die 19. Wehrsteuerperiode BGE 110 V 252 S. 253 wegen Steuerrekursverfahren verzögerte, schätzte die Ausgleichskasse das beitragspflichtige Erwerbseinkommen für die Beitragsjahre 1978 und 1979 im ausserordentlichen Verfahren ( Art. 24 AHVV ) selber ein und setzte die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge fest. Am 16. März 1979 leistete Peter Jecklin Zahlungen von Fr. ... für 1978 und am 28. August 1979 von Fr. ... für 1979. Nach Eingang der Steuermeldung und gestützt darauf setzte die Ausgleichskasse die Beiträge im November 1980 definitiv fest und erstattete am 1. Dezember 1980 die zuviel entrichteten Beiträge von Fr. ... zurück. Das Begehren Peter Jecklins um Zusprechung von Vergütungszinsen wurde hingegen mit Verfügung vom 24. Juli 1981 abgelehnt, da auf zuviel bezahlten persönlichen Beiträgen keine Vergütungszinspflicht vorgesehen sei. B.- Gegen diese Verfügung reichte Peter Jecklin Beschwerde ein mit dem Begehren, es seien ihm auf den zuviel bezahlten Beiträgen ab 16. März bzw. ab 28. August 1979 Vergütungszinsen auszurichten. Mit Entscheid vom 13. April 1982 wies die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich die Beschwerde unter Hinweis auf Art. 41ter Abs. 3 AHVV ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Peter Jecklin das im kantonalen Verfahren gestellte Begehren, wobei er in der Begründung im wesentlichen die Rechtmässigkeit der einschlägigen Vorschriften in der bundesrätlichen Verordnung und den bundesamtlichen Weisungen anzweifelt sowie eine Ungleichbehandlung der Selbständigerwerbenden und einen Verstoss gegen Treu und Glauben geltend macht. Die Ausgleichskasse enthält sich eines konkreten Antrags zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf deren Abweisung schliesst. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition, vgl. BGE 104 V 6 Erw. 1.) 2. Mit dem am 1. Januar 1979 in Kraft getretenen Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG (9. AHV-Revision; Gesetzesnovelle vom 24. Juni 1977) erhielt der Bundesrat die Kompetenz, Vorschriften über die Erhebung von Verzugszinsen und die Ausrichtung von Vergütungszinsen beim Bezug von Beiträgen zu erlassen. Der Bundesrat hat gestützt hierauf in Art. 41ter AHVV näher umschrieben, unter welchen Voraussetzungen die Verwaltung zur BGE 110 V 252 S. 254 Leistung von Vergütungszinsen verpflichtet ist. Diese Bestimmung lautet wie folgt: Abs. 1: Vergütungszinsen von 0,5 Prozent im Monat werden ausgerichtet von bezahlten, aber nicht geschuldeten Beiträgen von mindestens 3'000 Franken, welche die Ausgleichskasse zurückerstattet. Abs. 2: Vergütungszinsen werden ausgerichtet vom Ablauf des Kalenderjahres an, in dem die nicht geschuldeten Beiträge bezahlt wurden. Abs. 3: Keine Vergütungszinsen werden ausgerichtet, wenn der Selbständigerwerbende, dessen Beiträge im ausserordentlichen Verfahren festgesetzt wurden, oder wenn der Arbeitgeber, der die Beiträge gemäss Artikel 34 Absatz 3 entrichtet, zuviel Beiträge bezahlt hat. 3. Im kantonalen Verfahren verlangte der Beschwerdeführer für die Zeit vom 16. März 1979 bis 30. November 1980 einen Vergütungszins von Fr. ... auf den für das Beitragsjahr 1978 zuviel entrichteten persönlichen Beiträgen. Dies lehnte die Ausgleichskasse gemäss ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz allein schon mit dem Hinweis ab, Art. 41ter AHVV sei erst am 1. Januar 1979 in Kraft getreten. Somit fragt sich, ob die Vergütungszinsregelung nur für zuviel bezahlte und zurückerstattete Beiträge der Beitragsjahre ab 1979 gilt oder ob und inwieweit sie auch auf frühere Beitragsjahre Anwendung findet. a) Die Verordnungsnovelle vom 5. April 1978 enthält eine ausdrückliche Übergangsbestimmung nur hinsichtlich der Verzugszinsen (lit. a). Die aufgeworfene Frage ist deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Dabei hat der Richter zu prüfen, welche übergangsrechtliche Ordnung geboten ist, wobei er die nach Treu und Glauben berechtigte Erwartung der Normadressaten zu berücksichtigen hat. Von Bedeutung sind namentlich die Regeln über die Rückwirkung von Erlassen ( BGE 107 Ib 203 , BGE 99 V 203 ). In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts Geltung haben (ZAK 1983 S. 239 Erw. 2b). Neues Recht wirkt somit auf früher abgeschlossen eingetretene Sachverhalte nicht zurück, schliesst dies aber auch nicht aus (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. I, S. 95). Nach der Rechtsprechung ist eine gesetzliche Ordnung dann rückwirkend, wenn sie auf Sachverhalte angewendet wird, die sich abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts BGE 110 V 252 S. 255 verwirklicht haben. Eine solche Rückwirkung ist ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nur möglich, wenn sich die Rückwirkung aus dem Gesetzesinhalt als klar gewollt ergibt und wenn sie durch triftige Gründe veranlasst und zeitlich beschränkt ist. Von dieser Rückwirkung im eigentlichen Sinne zu unterscheiden ist die sogenannte unechte Rückwirkung. Hier findet das neue Recht - gestützt auf Sachverhalte, die früher eingetreten sind und noch andauern - lediglich für die Zeit seit Inkrafttreten (ex nunc et pro futuro) Anwendung. Diese Rückwirkung ist grundsätzlich als zulässig zu erachten, sofern ihr nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen ( BGE 99 V 202 f. mit Hinweisen, bestätigt in BGE 103 V 41 Erw. 3a; vgl. auch BGE 107 Ib 196 Erw. 3b und 203, BGE 106 Ia 258 Erw. 3a, BGE 104 Ib 219 Erw. 6; IMBODEN/RHINOW, a.a.O., S. 104 ff.). b) Der Beschwerdeführer übte die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Beitragspflicht für das Jahr 1978 von Gesetzes wegen ( Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 AHVG ; ZAK 1984 S. 388 Erw. 3a) zur Folge hatte, vor Inkrafttreten des Art. 41ter AHVV aus. Ebenfalls vorher erzielte er das Erwerbseinkommen, das für die Ermittlung der Beitragshöhe letztlich massgebend war (Durchschnitt der Jahre 1975/76; vgl. Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV ). Dass diese Tatsachen vor dem 1. Januar 1979 eintraten, spielt aber entgegen der Auffassung der Ausgleichskasse keine Rolle, geht es hier doch nicht um die Beitragspflicht als solche, sondern allein um die Frage des Vergütungszinses. Der Sachverhalt, der die Rechtsfolge in Gestalt von Vergütungszinsen bei einem monatlichen Zinssatz von 0,5 Prozent nach sich zieht, besteht in Art. 41ter Abs. 1 und 2 AHVV darin, dass der Versicherte Beiträge bezahlt hat (1), dass diese Beiträge sich später in einem bestimmten Mindestumfang (Fr. 3'000.--) als nicht geschuldet erweisen (2), dass die zuviel bezahlten Beiträge zurückerstattet werden (3) und dass die Rückerstattung erst nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgt, in dem die Beiträge bezahlt wurden (4). Alle diese Merkmale verwirklichten sich beim Beschwerdeführer erst nach dem 1. Januar 1979, weshalb sich die Rückwirkungsfrage gar nicht stellt: Die Zahlung für das Beitragsjahr 1978 erfolgte am 16. März 1979; im November 1980 ergab sich, dass nur der Mindestbeitrag geschuldet ist, worauf die Ausgleichskasse die zuviel bezahlten Beiträge am 1. Dezember 1980 zurückerstattete. Einer Anwendung der Vergütungszinsregelung auf die für 1978 entrichteten Beiträge steht somit nichts entgegen. BGE 110 V 252 S. 256 Im Ergebnis nicht anders zu entscheiden ist, wenn das erste Sachverhaltsmerkmal (Beitragszahlung) vor dem 1. Januar 1979 eintritt, die übrigen (Feststellung, zuviel bezahlt zu haben; Rückerstattung) erst nachher. In diesem Falle ist die Vergütungszinsregelung ab Inkrafttreten anwendbar, und zwar nach den Grundsätzen der unechten Rückwirkung; denn der den Vergütungszins auslösende Sachverhalt verwirklicht sich nicht abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts, sondern dauert bis zu der unter neuem Recht erfolgten Rückerstattung an. Es wäre in der Tat mit den Erwartungen der Normadressaten nicht vereinbar, wenn auf allen nach dem 1. Januar 1979 vorgenommenen Rückerstattungen für zum Beispiel (Urteil Müller vom heutigen Tage) viele Jahre zuvor entrichtete Beiträge keine Vergütungszinspflicht der Verwaltung bestünde. Deshalb ist hier festzuhalten, dass Art. 41ter AHVV auf alle ab 1. Januar 1979 fällig werdenden Rückerstattungen anwendbar ist. Mit diesen Überlegungen lässt sich Rz. 68 des Kreisschreibens des BSV über Verzugs- und Vergütungszinsen, gültig ab 1. Januar 1979, nicht vereinbaren. 4. Sodann erhebt sich vorliegend die Grundsatzfrage, ob und inwieweit Art. 41ter AHVV gesetz- und verfassungsmässig ist. Dabei steht, weil hier der Vergütungszinsanspruch eines Selbständigerwerbenden streitig ist, dessen Abs. 3 im Vordergrund, soweit dieser die Selbständigerwerbenden anbelangt. a) Nach der Rechtsprechung kann das Bundesgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft hiebei, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz ihn nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen. Die Ausführungsverordnung muss sich somit innerhalb der vom Gesetz gewollten Ordnung halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, ist dieser Spielraum für das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3 / Art. 114 Abs. 3 BV verbindlich. Deshalb muss sich das Bundesgericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem BGE 110 V 252 S. 257 Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Hingegen ist zu prüfen, ob mit der bundesrätlichen Verordnung der im Gesetz genannte Zweck erfüllt werden kann und ob der Bundesrat sein Ermessen nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausgeübt hat. Dies kann bejaht werden, wenn die in der Verordnung vorgesehenen Mittel in einem vernünftigen Verhältnis zu dem im Gesetz vorgesehenen Zweck stehen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen ( BGE 109 V 218 Erw. 5a, BGE 107 Ib 246 Erw. 4, je mit weiteren Hinweisen). b) Mit Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG hat der Gesetzgeber dem Bundesrat die Befugnis zum Erlass von Vorschriften über "die Erhebung von Verzugszinsen und die Ausrichtung von Vergütungszinsen" übertragen. Die Delegationsnorm enthält keine besonderen Einschränkungen hinsichtlich der Rechtssetzungsbefugnis, weshalb dem Bundesrat ein weitgehendes gesetzgeberisches Ermessen eingeräumt ist ( BGE 107 V 204 Erw. 3a). Aus der bundesrätlichen Botschaft zur 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976 (BBl 1976 III 1 ff.) ergibt sich, dass ursprünglich bloss eine Kann-Vorschrift vorgesehen war (Art. 14 Abs. 5 des Entwurfs; BBl 1976 III 95). Die nationalrätliche Kommission schlug indessen eine eigentliche Verpflichtung zu Verzugs- und Vergütungszinsen vor, worauf schliesslich Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG in der geltenden Fassung ins Gesetz eingefügt wurde (Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 14. Februar 1977 S. 29 f.; Amtl. Bull. 1977 N 307). Damit kommt die zweifache Absicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, einerseits eine grundsätzlich allgemeine Verzugs- und Vergütungszinspflicht einzuführen, anderseits den Bundesrat zum Erlass einer entsprechenden Regelung zu verpflichten. aa) Nach Auffassung des Beschwerdeführers steht Art. 41ter Abs. 3 AHVV damit in Widerspruch, weil er Vergütungszinsen auf Beiträgen Selbständigerwerbender praktisch ausschliesse. In diesem Zusammenhang drängen sich einige verfahrensmässige BGE 110 V 252 S. 258 Hinweise auf. Bei der Festsetzung der persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden stützen sich die Ausgleichskassen auf die Angaben der kantonalen Steuerbehörden, die ihrerseits das für die Beitragsberechnung massgebende Erwerbseinkommen und das im Betrieb investierte Eigenkapital aufgrund der rechtskräftigen Steuerveranlagung ermitteln und den Ausgleichskassen melden ( Art. 63 Abs. 1 lit. a AHVG , Art. 23 Abs. 1 und 27 Abs. 1 und 2 AHVV). Tritt bei Steuerveranlagung und Meldung keine Verzögerung ein, können die Beiträge im ordentlichen Verfahren ohne weiteres sofort berechnet und verfügt werden, und zwar in definitiver Höhe ( Art. 22 AHVV ). Die Frage einer allfälligen Nachzahlung bzw. Rückerstattung kann sich demnach gar nicht stellen. Vergütungszinsen entfallen somit zum vornherein; hingegen sind Verzugszinsen denkbar, wenn der Versicherte mit der Entrichtung der verfügten Beiträge in Rückstand gerät ( Art. 41bis Abs. 1 und 3 lit. a AHVV ). Nun ist es allerdings möglich, dass die Steuerveranlagung und demzufolge auch die Steuermeldung sich verzögern, was in der Regel bei Beschreiten des Steuerjustizverfahrens zutrifft, in welchem Verfahren der Versicherte seine Interessen bezüglich gewisser Belange der AHV-rechtlichen Beitragspflicht in erster Linie zu vertreten hat ( BGE 102 V 30 Erw. 3a). In diesem Falle haben die Ausgleichskassen das Erwerbseinkommen im ausserordentlichen Verfahren vorläufig selber einzuschätzen und gestützt darauf die Beiträge zu berechnen, wie dies denn auch beim Beschwerdeführer geschehen ist ( Art. 24 AHVV ). Nach späterem Eingang der Steuermeldung sind die Beiträge alsdann definitiv festzusetzen und je nach Höhe der bisherigen Zahlungen gegebenenfalls nachzufordern oder zurückzuerstatten. Dabei schliesst Art. 41ter Abs. 3 AHVV jeglichen Vergütungszinsanspruch aus, während Verzugszinsen bei nicht rechtzeitiger Nachzahlung möglich sind ( Art. 41bis Abs. 1 und 3 lit. c AHVV ). Grundsätzlich gleich wie eben beschrieben verhält es sich, wenn das ausserordentliche Verfahren zufolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder Änderung der Einkommensgrundlagen Anwendung findet ( Art. 25 AHVV ). Auch hier kommt es zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen ( BGE 107 V 131 Erw. 4a). Die Beiträge sind darum zunächst ebenfalls provisorisch zu ermitteln und nach Eingang der Steuermeldung endgültig festzusetzen ( Art. 25 Abs. 1 und 5 AHVV ); dabei führt Art. 41ter Abs. 3 AHVV im Falle einer Beitragsrückerstattung wiederum zur Verneinung eines Vergütungszinsanspruchs. BGE 110 V 252 S. 259 bb) Aus dem Vorstehenden folgt, dass Vergütungszinsen auf zurückerstatteten Beiträgen Selbständigerwerbender mit Art. 41ter Abs. 3 AHVV praktisch ausgeschlossen werden. Sie sind allenfalls dann denkbar, wenn im ordentlichen Verfahren festgesetzte Beiträge später aufgrund einer zweiten, berichtigenden Meldung der Steuerbehörde (Rz. 31 des Anhangs 3 zur Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen) nach unten korrigiert und zurückerstattet werden oder wenn ein Wiedererwägungsverfahren der Ausgleichskasse aus andern Gründen zum gleichen Ergebnis führt. Somit beschränken sich die Vergütungszinsen bei Selbständigerwerbenden auf relativ seltene Ausnahmefälle, wogegen die wichtigsten und häufigsten Rückerstattungsfälle davon ausgenommen sind. Es kann jedoch nicht der Sinn der vom Gesetzgeber grundsätzlich allgemein eingeführten Vergütungszinspflicht sein, dass sie auf Verordnungsstufe derart umfassend eingeschränkt wird und dass die wichtigsten und häufigsten Fälle zum vornherein ausgenommen werden. Art. 41ter Abs. 3 AHVV engt den - als Gegenstück zur sehr umfassenden Verzugszinspflicht der Versicherten aufgestellten - Grundsatz der vom Gesetz nicht eingeschränkten Vergütungszinspflicht der Verwaltung in unzulässiger und vom Zweck des Gesetzes nicht gedeckter Weise ein. Der weitgehende gesetzgeberische Ermessensbereich des Verordnungsgebers ist damit eindeutig überschritten. c) In seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nimmt das BSV einlässlich dazu Stellung, ob Art. 41ter Abs. 3 AHVV vor Art. 4 BV standhält. Im wesentlichen bringt es vor, es lasse sich beim ausserordentlichen Verfahren nach Art. 24 AHVV kaum vermeiden, dass zuviel oder zuwenig Beiträge gefordert werden. Weil darum nach Eingang der Steuermeldung ein Ausgleich zugunsten oder zuungunsten des Versicherten stattzufinden habe, müssten bei einer umfassenden Zinsenregelung regelmässig Vergütungszinsen ausgerichtet oder Verzugszinsen verlangt werden. Davon habe der Bundesrat jedoch absehen wollen, zum einen aus administrativen Erwägungen, zum andern im Hinblick auf den bloss vorläufigen Charakter der nach Art. 24 AHVV festgesetzten Beiträge. Dieser Verzicht betreffe im übrigen nicht nur die Vergütungs-, sondern auch die Verzugszinsen. Sodann habe es der Versicherte in der Hand, gegen seiner Meinung nach zu hohe vorläufige Zahlungen den Beschwerdeweg zu beschreiten. Mit dieser Argumentation übersieht das BSV, dass zum ausserordentlichen Verfahren, auf das Art. 41ter Abs. 3 AHVV Bezug BGE 110 V 252 S. 260 nimmt, nicht allein die Fälle des Art. 24 AHVV gehören, sondern auch jene des Art. 25 AHVV . Ausserhalb dieses Verfahrens kommen aber nach den vorherigen Ausführungen praktisch nur wenig Fälle in Betracht, in denen Art. 41ter Abs. 3 AHVV Vergütungszinsen nicht zum vornherein ausschliesst. Indem die vom Gesetz anvisierten Normalfälle von Vergütungszinsen ausgenommen werden, während die (normale) Vergütungszinsfolge bloss in eher selteneren Rückerstattungsfällen eintritt, weicht Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht allein vom grundsätzlich allgemeinen und uneingeschränkten Vergütungszinsgebot des Art. 14 Abs. 4 lit. e AHVG ab, sondern er beinhaltet auch eine rechtsungleiche Behandlung der Selbständigerwerbenden, deren Beiträge die Ausgleichskasse im ausserordentlichen Verfahren festsetzen muss. Denn ein vernünftiger Grund lässt sich für die in der Verordnung getroffene Unterscheidung nicht finden. Dass im ausserordentlichen Verfahren der Ausgleich von zu hohen vorläufigen Beitragszahlungen praktisch immer Vergütungszinsen nach sich zöge, wenn Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht bestünde, ist im Gegensatz zum BSV kein Anlass, gerade für diesen Normalfall eine generelle Ausnahme zu Lasten der Versicherten vorzusehen. Im übrigen entfallen Vergütungszinsen unter Umständen schon deshalb, weil die Verordnung einen Mindestbetrag der Rückerstattung verlangt und zudem den Zinsenlauf erst mit Ablauf des Kalenderjahres nach den vorläufigen Zahlungen beginnen lässt ( Art. 41ter Abs. 1 und 2 AHVV ). Zwar ist der Hinweis des BSV richtig, dass bei einem Ausgleich zugunsten der Ausgleichskasse nach vorausgegangenem ausserordentlichen Verfahren Verzugszinsen erst für die Zeit nach dem Erlass der betreffenden Nachzahlungsverfügung möglich sind ( Art. 41bis Abs. 3 lit. c AHVV ; dazu BGE 107 V 129 ). Indessen ist der Umstand, dass hier der - wirtschaftlich stärkere - Sozialversicherungsträger gegenüber dem - wirtschaftlich schwächeren - Versicherten aus welchem Anlass auch immer auf Verzugszinsen verzichtet, keine überzeugende Begründung dafür, es bei den Vergütungszinsen "analog" zu halten. Für den im konkreten Einzelfall rückerstattungsberechtigten Versicherten ist es nämlich keine Kompensation, wenn in andern Fällen nachzahlungsverpflichtete Versicherte von Verzugszinsen befreit sind. Administrative Überlegungen können dem nicht entgegengehalten werden. Der Gesetzgeber war sich der Tatsache sehr wohl bewusst, dass die Verzugs- und Vergütungszinsregelung administrative Umtriebe BGE 110 V 252 S. 261 ergeben werde, nahm dies aber in Kauf (BBl 1976 III 28; Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 14. Februar 1977 S. 29). Auch der vom BSV angeführte bloss vorläufige Charakter der im ausserordentlichen Verfahren ermittelten Beiträge ist keine Rechtfertigung für eine sowohl dem Sinne des Gesetzes als auch dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot widersprechende Ausnahmeregelung. Wohl werden solche Beiträge der Höhe nach lediglich "vorläufig" ermittelt. Die Beitragsverfügung, welche gegebenenfalls zu erlassen ist ( BGE 107 V 131 Erw. 4a; ZAK 1978 S. 308) und im Falle des Beschwerdeführers offenbar auch erlassen wurde, ist aber eine ganz normale Verfügung, die - unter dem alleinigen Vorbehalt eines Ausgleichs aufgrund der späteren Steuermeldung - die gleichen Rechtswirkungen (insbesondere hinsichtlich Rechtskraft und Vollstreckbarkeit) entfaltet wie eine im ordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren getroffene Verfügung ( BGE 109 V 73 Erw. 2b; ZAK 1982 S. 187). Der Hinweis des BSV ist sodann auch deshalb nicht stichhaltig, weil die nach dem Gesagten rechtsverbindlich getätigten Zahlungen unter Umständen zu recht hohen Rückerstattungen führen können, wie gerade der vorliegende Fall aufzeigt. Dass ein Versicherter an sich die Möglichkeit hat, gegen allzu hohe vorläufige Zahlungen sich auf dem Beschwerdeweg zur Wehr zu setzen, ist ebenfalls kein Anlass, auf Beitragsrückerstattungen der hier streitigen Art Vergütungszinsen generell vorzuenthalten. Das diesbezügliche Vorbringen des BSV liefe letztlich darauf hinaus, den Versicherten, der verfügungsgemäss Beiträge in - wie sich dann im nachhinein ergibt - zu hohem Umfange entrichtet, für die seinerzeit unterlassene Beschwerde gewissermassen zu bestrafen. d) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Art. 41ter Abs. 3 AHVV , insoweit er die Beiträge Selbständigerwerbender betrifft, vor Gesetz und Verfassung nicht standhält und darum nicht anwendbar ist. Wie es sich mit der in der gleichen Vorschrift getroffenen Ausnahmeregelung hinsichtlich der paritätischen Beiträge der Arbeitgeber verhält, kann - weil hier nicht streitig - offenbleiben. Steht aber Art. 41ter Abs. 3 AHVV nicht entgegen, so hat der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Vergütungszinsen auf den für die Beitragsjahre 1978/79 zurückerstatteten Beiträgen. Der Mindestbetrag gemäss Art. 41ter Abs. 1 AHVV ist klarerweise erfüllt; ganz abgesehen davon liesse sich dieser Grenzbetrag aber ohnehin deshalb nicht in Zweifel ziehen, weil er und der daraus BGE 110 V 252 S. 262 folgende Ausschluss von Rückerstattungsfällen mit vergleichsweise kleinem Vergütungszinsbetrag aus Gründen der administrativen Vereinfachung gerechtfertigt ist. Dasselbe gilt für Art. 41ter Abs. 2 AHVV , wonach beim Beginn des Zinsenlaufs nicht an die einzelnen Beitragszahlungen angeknüpft wird, sondern an den Ablauf des Kalenderjahres, in dem die nicht geschuldeten Beiträge entrichtet wurden. Ebensowenig lässt sich die auf der Stufe der Verwaltungsweisungen getroffene Regelung beanstanden, dass der Vergütungszins bis zum Ende des der Rückerstattung vorangegangenen Kalendermonats läuft (Rz. 56 des Kreisschreibens über Verzugs- und Vergütungszinsen). Weil die Beiträge 1979 bezahlt wurden (16. März bzw. 28. August 1979) und die Rückerstattung am 1. Dezember 1980 erfolgte, hat der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 1980 Anspruch auf Vergütungszinsen. Es ist Aufgabe der Ausgleichskasse, darüber noch zu verfügen, weshalb die Sache an sie zurückgewiesen wird. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 13. April 1982 und die Kassenverfügung vom 24. Juli 1981 aufgehoben, und es wird die Sache zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse "Musik und Radio" zurückgewiesen mit der Feststellung, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. Januar 1980 bis 30. November 1980 Anspruch auf Vergütungszinsen hat.
null
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
4341b2d6-78d0-472c-bdba-eb44a2e371dd
Urteilskopf 106 II 265 53. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Februar 1980 i.S. Personalfürsorgestiftung der Z. AG gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Stiftungsaufsicht; Personalfürsorgestiftung ( Art. 84 Abs. 2 und Art. 89bis Abs. 4 ZGB ). 1. Eine Personalfürsorgestiftung darf die aus dem Vermögen des Stifters ausgeschiedenen, nicht vom Dienstpflichtigen aufgebrachten Stiftungsmittel nur unter Beachtung der Grundsätze der getreuen und sorgfältigen Vermögensverwaltung wieder beim Stifter anlegen (E. 3b). 2. Eine Aufsichtsbehörde, die im Rahmen der Prüfung der finanziellen Lage des Stifters trotz Vorliegens des Geschäftsberichtes einen durch einen diplomierten Bücherexperten oder einen gleichwertig ausgebildeten Fachmann ausgestellten Bonitätsausweis verlangt, verletzt grundsätzlich kein Bundesrecht (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 106 II 265 S. 265 Die Z. AG errichtete am 30. Dezember 1974 eine Personalfürsorgestiftung mit Sitz in Zürich. Die Stiftung bezweckt, die Betriebsangehörigen der Stifterin gegen die wirtschaftlichen BGE 106 II 265 S. 266 Folgen von Alter, Invalidität und Tod (Hinterlassenenvorsorge) zu schützen. Am 6. März 1975 übernahm der Bezirksrat Zürich die Aufsicht über die Stiftung, wobei er den Stiftungsrat unter anderem einlud, jeweils innert drei Monaten nach Abschluss die Jahresrechnung (mit gesonderter Aufführung des von den Destinatären geäufneten Kapitals) vorzulegen, unter Beilage eines Kontrollberichts, eines Vermögensausweises mit Nennung des Aufbewahrungsortes der Wertschriften, des Versicherungsausweises, des Jahresberichts, einer Aufstellung über die gemäss Stiftungszweck verausgabten Beträge sowie einer Bilanz der Stifterin, solange das Stiftungsvermögen ganz oder teilweise in einer Forderung an sie besteht. Nach zwei Mahnungen, die Jahresrechnung 1976/77 einzureichen, und entsprechenden Fristerstreckungen sandte die Stiftung dem Bezirksrat mit Eingabe vom 5. September 1978 eine Übersicht über die Entwicklung ihres Kontos, eine Bilanz der Stifterin per 30. Juni 1977 und einen nicht unterzeichneten Bericht der Kontrollstelle. Dieser wurde ihr zur Nachbringung der Unterschrift zurückgeschickt. Den eingereichten Unterlagen war zu entnehmen, dass die Stiftung für mehrere Destinatäre eine Gruppenversicherung finanzierte, an welche die Destinatäre Beiträge leisteten, und dass das Stiftungsvermögen am 30. Juni 1977 Fr. 123'960.-- betrug, wovon Fr. 107'818.30 in einer Forderung gegenüber der Stifterin bestanden. Der Bezirksrat Zürich forderte die Stiftung mit Beschluss vom 31. Mai 1979 auf, ihm bis 2. Juli 1979 einen von einem qualifizierten Fachmann ausgestellten Nachweis über die Bonität der Stifterin per 30. Juni 1978 einzureichen. Die Stiftung erhob hiegegen einen Rekurs, der vom Regierungsrat des Kantons Zürich am 5. September 1979 abgewiesen wurde. Gegen diesen Entscheid erhebt die Stiftung Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Direktion des Innern des Kantons Zürich und das Bundesamt für Justiz beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 84 Abs. 2 ZGB , der auch für Personalfürsorgestiftungen gilt BGE 106 II 265 S. 267 (RIEMER, N. 4 zu Art. 84 und N. 2 zu Art. 89bis ZGB ; in ZBl 62/1961, S. 213 ff., abgedrucktes Urteil der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichts vom 6. April 1960), hat die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwaltet wird und nach Massgabe der Stiftungsurkunde erhalten bleibt. Verschiedene Kantone haben zu dieser Vorschrift Ausführungsbestimmungen erlassen, welche den Stiftungsorganen beispielsweise vorschreiben, dass in Fällen, da das Stiftungsvermögen in einer Forderung gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Stifter bestehe, der Stiftungsaufsicht Unterlagen über diesen einzureichen seien, damit der Bestand und die Güte der Forderung geprüft werden könnten (vgl. RIEMER, N. 38 ff. und 65 zu Art. 84 ZGB ). Auch die Direktion des Innern des Kantons Zürich erliess am 25. Januar 1978 ein Kreisschreiben an die Bezirksräte und Stiftungsorgane betreffend die Beaufsichtigung von Personalfürsorgestiftungen. Darin wird unter anderem ausgeführt, grundsätzlich könne der Stifter frei bestimmen, in welchem Umfange Arbeitgeberleistungen in Forderungen der Stiftung gegen das Unternehmen bestehen dürften (Ziff. 28). Eine solche Vermögensanlage habe jedoch immer der vorgesehenen Zweckerfüllung zu dienen. Die Anlage von Stiftungsmitteln in ungesicherten Guthaben bei der Arbeitgeberfirma sei daher nur insofern zulässig, als deren Bonität angenommen werden dürfe. Dies zu beurteilen, sei grundsätzlich Sache der verantwortlichen Stiftungsorgane. Wenn der Arbeitgeber aber in ausserordentlichem Umfange Schuldner der Stiftung sei, müsse die Einhaltung der Bonitätsvoraussetzung zusätzlich durch die Aufsichtsbehörden geprüft werden (Ziff. 29). Diese könnten sich dabei auf das Urteil eines diplomierten Bücherexperten oder eine gleichwertige Beurteilung stützen. Eine qualifizierte Aussage über die Bonität des Arbeitgebers sei den Aufsichtsbehörden von den Stiftungsorganen unter anderem dann unaufgefordert bei der jährlichen Berichterstattung einzureichen, wenn bei Wohlfahrtsfonds und anderen Einrichtungen, die ausschliesslich ungebundene Mittel selbst verwalteten, die ungesicherte Forderung gegen den Arbeitgeber mehr als 40% des Bruttovermögens der Stiftung ausmache (Ziff. 30 und 32 des Kreisschreibens). Die Beschwerdeführerin wendet vorab ein, diese schematische und abstrakte Pflicht zur unaufgeforderten Einreichung einer Bonitätsbescheinigung, sobald mehr als 40% des BGE 106 II 265 S. 268 Stiftungsvermögens bei der Stifterin angelegt seien, gehe zu weit. Zur Diskussion steht indessen hier nicht die Gesetzmässigkeit des erwähnten Kreisschreibens, sondern einzig die Frage, ob die Aufsichtsbehörden im vorliegenden Fall berechtigt gewesen seien, eine Bonitätsbescheinigung zu verlangen. Zu prüfen ist somit, ob ihre Forderung nach einer solchen Bescheinigung bei den gegebenen Verhältnissen vor dem Bundesrecht standhalte und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar sei. 3. a) Die Beschwerdeführerin bringt vor, die vom Arbeitgeber an eine Personalfürsorgeeinrichtung zu leistenden Beiträge dürften grundsätzlich immer als Forderung der Stiftung gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Stifter angelegt werden; dass eine solche Anlage nur zulässig sei, wenn dieser solvent sei, finde im Gesetz und in den Materialien keine Stütze. Sie verweist dabei auf die Botschaft des Bundesrats vom 10. Dezember 1956 (BBl 1956 II S. 825 ff.), in welcher unter anderem ausgeführt wurde, die Vermögenswidmung des Arbeitgebers könne auch in einer Forderung der Stiftung an den Dienstherrn bestehen; die Möglichkeit, Vermögen verselbständigter Wohlfahrtseinrichtungen in Forderungen an den Arbeitgeber anzulegen, werde nur durch den vorgeschlagenen Art. 87bis Abs. 4 ZGB (den heutigen Art. 89bis Abs. 4 ZGB ) eingeschränkt (S. 835). Daraus folgert die Beschwerdeführerin, wenn die Arbeitgeberbeiträge in jedem Fall als Forderung der Stiftung gegenüber dem Unternehmen angelegt werden dürften, seien die Aufsichtsbehörden zur Überprüfung dessen Geschäftslage nicht befugt. b) Nach Art. 89bis Abs. 4 ZGB darf das Stiftungsvermögen in der Regel in dem den Beiträgen der Arbeitnehmer entsprechenden Verhältnis nicht in einer Forderung gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, es sei denn, sie werde sichergestellt. Die Beschwerdeführerin will daraus durch Umkehrschluss ableiten, das nicht von den Dienstpflichtigen, sondern vom Arbeitgeber geäufnete Stiftungsvermögen könne, auch nach der Ausscheidung aus dem Vermögen des Stifters, jederzeit und uneingeschränkt wieder in dessen Unternehmen angelegt werden. Dieser Schluss ist jedoch so allgemein weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der erwähnten Bestimmung zulässig und findet entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin auch in deren Entstehungsgeschichte keine Stütze. Die oben erwähnten Äusserungen in der bundesrätlichen Botschaft, auf die sich die BGE 106 II 265 S. 269 Beschwerdeführerin beruft, sind durch die Änderungen überholt, welche das Parlament am damaligen bundesrätlichen Gesetzesentwurf vornahm, indem es die Wohlfahrtseinrichtungen grundsätzlich dem allgemeinen Stiftungsrecht unterstellte (dazu das erwähnte Urteil des Bundesgerichts vom 6. April 1960, in ZBl 62/1961, S. 219). Es kann deshalb nicht gesagt werden, Art. 89bis Abs. 4 ZGB schliesse mit Bezug auf die Frage der Anlage des Stiftungsvermögens die Anwendung von Art. 84 Abs. 2 ZGB auf Personalfürsorgestiftungen aus. Eine Privilegierung der Anlage von Stiftungsmitteln beim Arbeitgeber wäre denn auch, wie der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid zutreffend bemerkt, sinnwidrig. Wie die Stiftungsorgane stets zu prüfen haben, ob die Stiftungsinteressen gegenüber anderen Gläubigern gewahrt seien, so haben sie in gleicher Weise stets darüber zu wachen, dass diese Interessen auch gegenüber dem Arbeitgeber gewahrt bleiben. Dass die Stiftungsaufsicht gerade dort aussetzen sollte, wo die Gefahr von Interessenkollisionen am grössten ist, kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Wie die kantonalen Aufsichtsbehörden zutreffend annahmen, räumt Art. 89bis Abs. 4 ZGB der Wohlfahrtseinrichtung nicht vorbehaltlos das Recht ein, die aus dem Vermögen des Stifters ausgeschiedenen, nicht vom Dienstpflichtigen aufgebrachten Stiftungsmittel jederzeit und uneingeschränkt wieder beim Dienstherrn anzulegen. Eine solche Anlage darf vielmehr nach den allgemeinen Regeln des Stiftungsrechts nur unter Beachtung der Grundsätze der getreuen und sorgfältigen Vermögensverwaltung erfolgen. Das Stiftungsvermögen darf nur dann und nur solange beim Arbeitgeber bzw. Stifter angelegt werden, als es dadurch nicht gefährdet ist. Tritt dagegen durch diese Anlage eine Gefährdung ein, ist die Aufsichtsbehörde berechtigt und verpflichtet, die Ausscheidung oder Sicherstellung des Stiftungsvermögens zu verlangen, und zwar selbst dann, wenn dadurch die finanzielle Lage des Arbeitgebers und Stifters sich verschärft (RIEMER, N. 27 zu Art. 89bis ZGB ). c) Nach der Rechtsprechung zu Art. 84 Abs. 2 ZGB sind die Aufsichtsbehörden zum Eingreifen befugt und verpflichtet, wenn die Organe der Stiftung eine Verfügung treffen, die der Stiftungsurkunde oder dem Reglement bzw. dem Gesetz widerspricht, oder wenn sie das ihnen zustehende Ermessen überschreiten. Sie brauchen dabei nicht zuzuwarten, bis die Gefahr BGE 106 II 265 S. 270 besteht, dass der Stiftungszweck infolge Schwindens des Stiftungsvermögens nicht mehr erreicht werden kann. Ihrer Pflicht können die Aufsichtsbehörden nur hinreichend nachkommen, wenn sie ermächtigt sind, periodisch Unterlagen über den Arbeitgeber bzw. Stifter zu verlangen, die ihnen ermöglichen, zu prüfen, ob diesem als Schuldner der Stiftung weiterhin jenes Vertrauen entgegengebracht werden dürfe, das die Übertragung von Stiftungsmitteln an ihn rechtfertigt. Eine mögliche und taugliche Massnahme zur Ermittlung einer allfälligen Gefährdung des Stiftungsvermögens ist die Einholung eines Bonitätsausweises. Diese Massnahme hält entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin vor dem Bundesrecht grundsätzlich stand, gleichgültig ob sie in einem Kreisschreiben vorgesehen sei oder nicht. d) Soweit die Beschwerdeführerin eine Änderung der geltenden Rechtsordnung verlangt, ist auf ihre Ausführungen nicht einzutreten. Rechtspolitische und praktische Gründe, die unter Umständen Anlass geben könnten, eine Gesetzesänderung in Betracht zu ziehen, sind für den auf der Grundlage des geltenden Rechts zu fällenden Entscheid im vorliegenden Verfahren unerheblich. 4. a) Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, dem Bezirksrat und dem Regierungsrat hätten alle wünschbaren Unterlagen zur Beurteilung der Bonität der Stifterin zur Verfügung gestanden. Dem Geschäftsbericht habe auch ein Laie ohne weiteres entnehmen können, dass deren Aktienkapital voll gedeckt sei. Einer Aufsichtsbehörde sei es zuzumuten, derart anspruchslose Bilanzüberlegungen selbst zu machen. Wenn sie selbst zum Schlusse kommen könne, dass die Stifterin wirtschaftlich gesund und das Guthaben der Stiftung bei ihr nicht gefährdet sei, dürfe sie nicht zusätzlich eine Bonitätsbescheinigung verlangen. b) Die Beschwerdeführerin sandte dem Bezirksrat mit Eingabe vom 5. September 1978 eine Übersicht über die Entwicklung ihres Kontos für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis zum 30. Juni 1977, einen Geschäftsabschluss per 30. Juni 1977 und einen nicht unterzeichneten Kontrollstellenbericht für 1976/77. Es mag dahingestellt bleiben, ob daraus ohne weiteres hätte abgeleitet werden können, die Stifterin sei finanziell gesund und das Guthaben der Stiftung bei ihr nicht gefährdet. Ob in Fällen der vorliegenden Art zusätzliche Unterlagen und namentlich auch BGE 106 II 265 S. 271 ein Bonitätsausweis verlangt werden dürfen und sollen, ist weitgehend eine Ermessensfrage, die hauptsächlich von den buchhalterischen Kenntnissen der (meist im Nebenamt tätigen) Bezirksräte abhängt. Nicht jeder Bezirksrat hat derart umfassende buchhalterische Kenntnisse, dass er sich zutraut, auch in schwierigen Fällen einen Geschäftsabschluss und alle darin angeführten Transaktionen zu erfassen. Wenn er in Fällen, die ihm aus irgendeinem Grunde zweifelhaft erscheinen, im Bestreben, im Interesse der Destinatäre seiner Aufsichtspflicht voll zu genügen und möglichst sicher zu gehen, zusätzliche Unterlagen, namentlich die Beibringung eines Bonitätsausweises verlangt, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im vorliegenden Fall fällt insbesondere in Betracht, dass die Beschwerdeführerin wiederholt säumig war. Ihr Verhalten war geeignet, Misstrauen zu erwecken und die Aufsichtsbehörden zu besonderer Vorsicht zu veranlassen, zumal diese den ihnen vorgelegten Schriftstücken entnehmen konnten, dass am 30. Juni 1977 das Stiftungsvermögen Fr. 123'960.-- betrug und im Umfange von Fr. 107'818.30 in einer blossen Forderung gegenüber der Stifterin bestand. Wenn sie unter diesen Umständen sich nicht mit der Bilanz begnügten, sondern zusätzlich zu den eingereichten Unterlagen noch eine Bonitätsbescheinigung über die Stifterin verlangten, stellt dies jedenfalls keine Verletzung von Bundesrecht dar. 5. Die Beschwerdeführerin erachtet die Beibringung eines Bonitätsausweises im vorliegenden Fall als unverhältnismässig, weil eine solche Bescheinigung von einem diplomierten Bücherexperten oder einem gleichwertig ausgebildeten Fachmann erstellt werden müsse, was zusätzliche Kosten verursache. Es kann ihr geglaubt werden, dass die Ausstellung eines solchen Ausweises einige Kosten mit sich bringt, doch vermag sie nicht darzutun, dass diese unverhältnismässig hoch wären. Der Regierungsrat führt glaubhaft aus, die Belastung von Stiftung und Stifterin für die Erstellung eines Bonitätsausweises sei in der Regel gering, erfülle doch ordentlicherweise schon die gesetzliche Kontrollstelle die fachlichen Voraussetzungen für die Ausstellung der fraglichen Bescheinigung. Er verstösst damit nicht gegen Bundesrecht.
public_law
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
434bd2cf-5d81-4afe-9a50-8c5b3f19330a
Urteilskopf 124 III 313 57. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Mai 1998 i.S. U.AG. gegen Bank Z. (Berufung)
Regeste Allgemein gekreuzter Check; Haftung aus Missachtung von Kreuzungsvorschriften; Begriff des Kunden ( Art. 1123 Abs. 3 und 1124 OR ). Kunde im Sinne von Art. 1124 OR ist, wer aufgrund einer bestehenden Geschäftsbeziehung der Einreicherbank bekannt ist (E. 3a). Die Geschäftsbeziehung muss hinreichend gefestigt sein, um Rückschlüsse auf die Identität des Einlösers zu gestatten (E. 3b). Kundenbeziehung in casu verneint, da der Einlösung des Checks lediglich eine vor gut vier Wochen erfolgte Kontoeröffnung und eine einzige Einzahlung vorangingen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 314 BGE 124 III 313 S. 314 Die U. AG (nachfolgend Klägerin) bestellte am 19. Mai 1993 bei einem Verlagshaus in Paris ein Buch. Zur Bezahlung sandte sie mit gewöhnlicher Post einen auf die Bank X. in St. Gallen gezogenen, gekreuzten Check über FF 530.60. Gemäss Wochenauszug der Bank X. vom 11. Juni 1993 wurde das Konto der Klägerin mit Fr. 87'030.-- (Valuta 7. Juni 1993) belastet. Diese Kontobelastung betraf den an das Verlagshaus in Paris gesandten Check. Es stellte sich heraus, dass eine Checkfälschung stattgefunden hatte. Ein Mann, der sich als S., französischer Staatsangehöriger, wohnhaft in Paris, ausgab, hatte am 8. Juni 1993 der Bank Z. (nachfolgend Beklagte), Filiale Genf, den verfälschten Check präsentiert, der nunmehr auf seinen Namen und auf einen Betrag von Fr. 87'030.-- lautete. Er liess sich diese Summe von der Beklagten auf seinem Konto gutschreiben, das er am 29. April 1993 eröffnet und auf das er am 28. Mai 1993 Fr. 150.-- einbezahlt hatte. Das Geld wurde sodann innert 24 Stunden bis auf einen Rest von Fr. 1'569.-- bei verschiedenen Filialen der Beklagten in Genf abgehoben. Mit Klage vom 21. Oktober 1993 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons St. Gallen, es sei festzustellen, dass die Bank X. ihr Konto bei der Zweigniederlassung St. Gallen zu Unrecht mit Fr. 87'030.-- belastet habe. Ferner verlangte sie von der Bank X. die Rückerstattung dieses Betrags nebst Zins. Die heutige Beklagte, der beide Parteien den Streit verkündet hatten, verzichtete auf eine Teilnahme am Verfahren. Mit Urteil vom 25. August 1994 hiess das Handelsgericht die Klage teilweise gut und verpflichtete die Bank X., Fr. 79'030.-- mit Valuta vom 7. Juni 1993 dem Konto der Klägerin gutzuschreiben. Mit Urteil vom 18. Dezember 1995 hob das Bundesgericht den Entscheid des Handelsgerichts indessen auf und wies die Klage ab ( BGE 122 III 26 ). BGE 124 III 313 S. 315 Am 2. Mai 1996 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons Zürich, die Beklagte sei zur Bezahlung von mindestens Fr. 100'000.--, eventuell zur Bezahlung eines nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden Betrages nebst Zins und Betreibungskosten zu verpflichten. Nach teilweisem Klagerückzug belief sich der eingeklagte Betrag noch auf Fr. 87'030.-- nebst Zins und Betreibungskosten. Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 1997 ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Streitig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob die Beklagte die Vorschriften über die Kreuzung (Art. 1123 f. OR) missachtet und der Klägerin den durch die Fehlvergütung entstandenen Schaden zu ersetzen hat. Die Vorinstanz ist nach eingehender Würdigung der Umstände zum Schluss gekommen, dass die Beklagte in der Person, die den gekreuzten Check präsentiert hatte, einen Kunden im Sinne von Art. 1124 OR erblicken und den Checkbetrag dessen Konto gutschreiben durfte. Dagegen macht die Klägerin geltend, der Begriff des Kunden dürfe nicht zum Nachteil des Ausstellers allzu weit gefasst werden. Die Sorgfaltspflicht der Bank sei umso grösser, je loser die Beziehung zur Person sei, die den Check vorweise. Wohl sei S. zur Zeit der Einlösung des Checks Inhaber eines Kontos bei der Beklagten gewesen, doch habe er es erst kurz zuvor eröffnet und eine einmalige Einlage von Fr. 150.-- geleistet, die zu der Checksumme in keinem Verhältnis stehe. Diese Umstände hätten die Beklagte zumindest zu einer einfachen telefonischen Rückfrage bei der Ausstellerin des Checks veranlassen müssen. b) Gemäss Art. 1123 OR kann der Aussteller sowie jeder Inhaber den Check durch zwei parallele Striche auf dessen Vorderseite kreuzen. Ein allgemein gekreuzter Check darf gemäss Art. 1124 OR vom Bezogenen nur an einen Bankier oder an einen Kunden des Bezogenen bezahlt werden (Abs. 1), ein besonders gekreuzter Check nur an den bezeichneten Bankier, oder, wenn dieser selbst der Bezogene ist, an dessen Kunden (Abs. 2). Ein Bankier darf einen gekreuzten Check nur von einem seiner Kunden oder von einem anderen Bankier erwerben und ihn auch nicht für Rechnung anderer als der vorgenannten Personen einziehen (Abs. 3). Handelt der Bezogene oder ein Bankier diesen Vorschriften zuwider, haftet er für den entstandenen Schaden bis zur Höhe der Checksumme (Abs. 5). BGE 124 III 313 S. 316 aa) Der Wortlaut von Art. 1124 OR liefert keine eindeutige Antwort zur Frage nach Inhalt und Tragweite des checkrechtlichen Kundenbegriffes. «Kunde» bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch den (potentiellen) Käufer von Waren oder Dienstleistungen (Der Grosse Brockhaus, Wiesbaden 1979, S. 564) oder jemanden, der (regelmässig) eine Ware kauft oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt und daher in dem Geschäft, in der Firma bekannt ist (DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, Mannheim 1983, S. 750). Ähnlich wird im Französischen «client» umschrieben als «personne ou collectivité qui reçoit de quelqu'un, contre paiement, des four-nitures commerciales ou des services» (Grand Dictionnaire Encyclopédique LAROUSSE, Paris 1982, S. 2309), und der italienische Begriff «cliente» bezeichnet denjenigen, «chi abitualmente si vale delle prestazioni di qualcuno o acquista quanto gli occorre dallo stesso fornitore» (GIACOMO DEVOTO E GIAN CARLO OLI, Nuovo vocabolario illustrato della lingua italiana, Milano 1992, S. 639). Mithin wird der Begriff «Kunde» in der Alltagssprache sowohl für jemanden verwendet, der erstmals mit einem Anbieter von Waren oder Dienstleistungen in Kontakt tritt, als auch für eine Person, die als regelmässige Abnehmerin mit demselben Anbieter in längeren Geschäftsbeziehungen steht. bb) Der Revisionsentwurf des XXXIII. Titels des Schweizerischen Obligationenrechts vom 21. Februar 1928 in Art. 1086 liess die Einlösung eines gekreuzten Checks nur durch eine im Handelsregister eingetragene Bankfirma zu (BBl 1928 I 485). Im Zuge der Anpassung des Checkrechts an das Genfer Abkommen vom 19. März 1931 wurde alsdann auch die Möglichkeit einer Auszahlung an einen Kunden des Bezogenen vorgesehen (Art. 37 des Einheitlichen Checkgesetzes; BBl 1931 II 416 ; 1932 I 258 ), ohne dass sich die Botschaften zu den Entwürfen zu dieser Änderung geäussert hätten. Die Lehre verzichtet überwiegend auf eine nähere Bestimmung des Kundenbegriffes. Meist wird lediglich darauf hingewiesen, eine bestehende Geschäftsbeziehung solle Gewähr dafür bieten, dass eine Auszahlung des Checks nur an Personen erfolge, die der Bank bekannt sind (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, Bern 1985, S. 261; ALBISETTI/BOEMLE et al., Handbuch des Geld-, Bank- und Börsenwesens der Schweiz, 4. Aufl., Thun 1987, S. 309 ff.; EMCH/RENZ/BÖSCH, Das Schweizerische Bankgeschäft, 4. Aufl., Thun 1993, S. 561 f.; MARC TAPERNOUX, Le chèque barré, Diss. Lausanne 1930, S. 69 f.; RUTH ERIKA HABICHT, Der Checkvertrag und das Checkrecht, Diss. Zürich 1954, S. 65). Die Frage, welcher BGE 124 III 313 S. 317 Art oder Intensität die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde sein muss, wird kaum erörtert. HIPPELE (in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basel 1994, N. 2 zu Art. 1124 OR ) hält lediglich fest, dass ein Konto oder Depot beim Bankier nicht unbedingt erforderlich sei. JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ (Wertpapierrecht, Basel 1985, S. 334) weisen darauf hin, dass die Bezeichnung «Kunde» mit Bedacht weit gefasst sei. Verlangt werde weder eine besondere Dauer noch Art der Beziehung. Die Eröffnung des Kontakts seitens des Kunden dürfe aber nicht den Geruch des Missbrauchs der Kreuzung an sich tragen. Auch ZIMMERMANN (Kommentar des Schweizer. Scheckrechts, Zürich 1964, N. 5 zu Art. 1124 OR ) vertritt einen weitgefassten Kundenbegriff. Darunter falle aber nicht schon, wer der Bank bloss bekannt sei. Entscheidend sei die geschäftliche Verbindung, die auf irgendeinem Gebiete des Bankgeschäfts, namentlich aber in der Führung eines Kontos oder Wertpapierdepots bestehen könne. Dennoch sei ein Konto nicht Bedingung. Auch der blosse Schalterkunde, der bei der Bank über kein Konto verfüge, sei Kunde. Die Kundeneigenschaft sei nicht von einer bestimmten Dauer der Verbindung, der Anzahl, dem Umfang oder der Zeit der Geschäfte abhängig. Für PETITPIERRE-SAUVAIN (SJK 722, Check II, S. 17) schliesslich darf die Geschäftsbeziehung zwar erst vor kurzem entstanden sein, muss aber zum Zeitpunkt der Zahlung gefestigt genug sein, um jegliche Zweifel an einem möglichen Verstoss gegen Art. 1124 OR auszuschliessen. cc) Der gekreuzte Check stammt ursprünglich aus der angelsächsischen Handelspraxis, hat aber über das Genfer Abkommen vom 19. März 1931 über das einheitliche Checkgesetz auch in die schweizerische und andere Rechtsordnungen Eingang gefunden (vgl. PETITPIERRE-SAUVAIN, a.a.O., S. 17). Harmonisiertes Recht ist nicht nur nach den üblichen Methoden, sondern ebenso unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit auszulegen. Rechtsvergleichend kann deshalb auch die Rechtsprechung der Gerichte anderer Vertragsstaaten beigezogen werden. Deutschland und Österreich haben darauf verzichtet, das Institut in das Landesrecht zu übernehmen, und kennen nur den Verrechnungscheck (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 19. Aufl., München 1995, N. 1 vor Art. 37 ff. SchG; HOLZHAMMER, Allgemeines Handelsrecht und Wertpapierrecht, 6. Aufl., Wien 1995, S. 318). Die französische Rechtsprechung hatte sich hingegen bereits verschiedentlich zu der Frage zu äussern, was unter dem Begriff des Kunden zu verstehen sei. In früheren Entscheiden verlangten BGE 124 III 313 S. 318 die Gerichte noch, dass die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde zum Zeitpunkt der Präsentation des Checks bereits bestanden haben und von einer gewissen Dauerhaftigkeit sein muss («antériorité et permanence dans les relations établies entre le porteur de chèques barrés et le banquier»). Später wurde auf diese Voraussetzungen verzichtet und für hinreichend erachtet, dass die Bank Identität und Wohnsitz der betroffenen Person kennt (VASSEUR/MARIN, Le chèque, Paris 1969, S. 251 f., mit Hinweisen). Wer bei der bezogenen Bank ein Konto hält, ist damit nach französischer Praxis regelmässig als Kunde zu betrachten (YVES CHAPUT, Effets de commerce, chèques et instruments de paiement, Paris 1992, S. 144 f.; MICHEL JEANTIN, Droit commercial, Instruments de paiement et de crédit, 4e éd., Paris 1995, S. 53 f.). 3. a) Mit dem gekreuzten Check wird - ebenso wie mit dem Verrechnungscheck ( Art. 1125 OR ) - bezweckt, das Risiko einer Zahlung an einen Nichtberechtigten durch Anordnungen für den Vorgang der Einlösung zu vermindern ( BGE 122 III 26 E. 3a S. 27 f.; GUHL/KUMMER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl., Zürich 1991, Nachdruck 1995, S. 858; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 261; ERNST JACOBI, Wechsel- und Scheckrecht, Berlin 1955, S. 200 ff.; HABICHT, a.a.O., S. 65). Während der gekreuzte Check nur an einen Bankier oder einen Kunden des Bezogenen ausbezahlt werden darf, ist beim Verrechnungscheck die Einlösung nur auf dem Wege der Gutschrift zulässig ( Art. 1125 Abs. 1 und 2 OR ). In beiden Fällen wird gewährleistet, dass die Person, welcher die Checksumme schliesslich gutgeschrieben oder ausbezahlt wird, mit einer Bank bereits in Geschäftsbeziehungen steht und dadurch identifizierbar bleibt (JACOBI, a.a.O., S. 189 f. und S. 200; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 261 RZ. 8 und S. 262 Rz. 12). Dadurch wird zweierlei angestrebt: Die Tatsache, dass der Empfänger die Checksumme nicht anonym erlangen kann, sondern gegenüber einer Bank seine Identität offenlegen muss, wird Personen mit unlauteren Absichten in vielen Fällen bereits von einem Missbrauch abhalten (ALBISETTI/BOEMLE et al., a.a.O., S. 310 f.). Kommt es dennoch zu einer Auszahlung an einen Nichtberechtigten, kann der Empfänger ermittelt und allenfalls zivil- und strafrechtlich belangt werden (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 261 Rz. 8 und S. 262 Rz. 12). b) Soll der gekreuzte Check dem Aussteller ein erhöhtes Mass an Sicherheit vor einer missbräuchlichen Einlösung verschaffen, kann es für eine sichere Identifikation des Präsentanten indessen nicht ausreichen, wenn sich die Einreicherbank damit begnügt, sich lediglich BGE 124 III 313 S. 319 dessen Personalien angeben zu lassen. Andernfalls würde die Frage nach der Kundeneigenschaft des Checkinhabers auf eine blosse Legitimationsprüfung reduziert und letztlich die Unterschiede zwischen dem gekreuzten und dem gewöhnlichen, an Ordre gestellten Check verwischt. Erforderlich ist vielmehr eine bestehende Geschäftsbeziehung, welche tatsächlich gepflegt wird und dadurch gesicherte Rückschlüsse auf die Identität des Einlösers erlaubt. Ein Konto bei der Einreicherbank ist mithin weder nötig noch in jedem Falle hinreichend. Wohl muss, wer einen Antrag auf Eröffnung eines Kontos stellt, der Bank seine Personalien angeben und ein Ausweispapier präsentieren (EMCH/RENZ/BÖSCH, a.a.O., S. 95 f. mit Hinweis auf die Sorgfaltspflichtvereinbarung der Banken und Art. 305ter StGB ). Gewissheit darüber, ob die bei der Kontoeröffnung gemachten Angaben des Antragstellers auch zweifelsfrei zutreffen, erhält die Bank dadurch aber noch nicht. Von einer sicheren Identifikation kann erst dann gesprochen werden, wenn sich Personalien und Wohnsitz des Kunden im Laufe einer gefestigten und gelebten Geschäftsbeziehung als richtig erweisen, wenn mit andern Worten die Kontakte zwischen Bank und Kunde dessen Angaben zu seiner Identität bestätigen. Daraus erhellt, dass es weder auf die Dauer oder Art der Geschäftsbeziehung noch auf die Anzahl abgewickelter Bankgeschäfte ankommen kann. Ob eine gefestigte Kundenbeziehung vorliegt, kann nicht anhand formaler Kriterien entschieden werden, sondern ist aufgrund der konkreten Kenntnisse des Bankiers und der Umstände im Einzelfall zu beurteilen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die jüngere französische Rechtsprechung zum gekreuzten Check. Zwar wird dort regelmässig bereits als Kunde betrachtet, wer ein Konto bei der Einreicherbank hält (E. 2b/cc hiervor), doch ist zu beachten, dass nach französischem Recht die Bank bereits bei der Kontoeröffnung zu einer recht weitgehenden Überprüfung der Angaben des Antragstellers verpflichtet ist. So muss sie sich nicht nur ein Ausweispapier vorlegen lassen, sondern insbesondere auch die Richtigkeit des Domizils durch die Zustellung eines «lettre d'accueil» an die angegebene Adresse nachprüfen (RIVES-LANGE/CONTAMINE-RAYNAUD, Droit bancaire, 6e éd., Paris 1995, S. 177 ff.). Dadurch erhält die Bank schon anlässlich der Kontoeröffnung die erforderliche Gewissheit über die Identität des Antragstellers. 4. Im vorliegenden Fall eröffnete S. nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz am 29. April 1993, also wenig mehr als einen Monat vor Präsentation des verfälschten Checks ein Konto BGE 124 III 313 S. 320 bei der Beklagten, wobei er sich als Edelsteinhändler ausgab. Am 28. Mai 1993 zahlte er einen Betrag von Fr. 150.-- auf das Konto ein. Vor der Präsentation des Checks kam es somit lediglich zu zwei geschäftlichen Kontakten zwischen S. und der Beklagten. Wohl liess sie sich bei der Kontoeröffnung die Personalien und die Wohnadresse angeben und verlangte die Vorlage eines Ausweispapiers. Zu einer Bestätigung dieser Angaben durch die anschliessende Abwicklung von Bankgeschäften kam es indessen nicht. Die einmalige Einzahlung von Fr. 150.- durch den Kontoinhaber bot keinen Anlass zu einer erneuten Prüfung der Identität. Auch ein Wechsel von Korrespondenz, welcher der Beklagten zumindest Rückschlüsse über die Richtigkeit der Wohnadresse erlaubt hätte, erfolgte nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht. Unter diesen Umständen durfte sich die Beklagte nicht darauf verlassen, dass die Angaben von S. zutreffend seien. Die Präsentation eines gekreuzten Checks erfordert von der Einreicherbank in dieser Hinsicht eine besonders sorgfältige Prüfung, da sonst der gegenüber dem gewöhnlichen Check angestrebte erhöhte Schutz vor Missbrauch nicht erreicht würde. Eine Geschäftsbeziehung, die - wie im vorliegenden Fall - erst vor einem Monat aufgenommen wurde und in deren Rahmen lediglich zwei Transaktionen vor der Präsentation des gekreuzten Checks abgewickelt wurden, erscheint aber nach dem Gesagten nicht hinreichend gefestigt, um jeden Zweifel an der Identität des Checkinhabers auszuräumen. 5. Hat die Beklagte den Vorschriften über den gekreuzten Check zuwidergehandelt, haftet sie gemäss Art. 1124 Abs. 5 OR für den entstandenen Schaden. Zur Höhe des Schadenersatzes hat sich die Vorinstanz nicht geäussert. Die Beklagte ihrerseits anerkennt die eingeklagte Forderung der Höhe nach nicht, sondern bestreitet sie unter Hinweis auf ein Selbstverschulden der Klägerin. Die Berufung ist deshalb gutzuheissen und die Sache zur Beurteilung dieser Frage an die Vorinstanz zurückzuweisen.
null
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CH
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4351ecb1-2afa-4a94-8aa2-07abb80424de
Urteilskopf 121 IV 272 44. Urteil des Kassationshofes vom 19. September 1995 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Gemeinde Neuenhof (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 29 und 217 StGB ; Beginn der Strafantragsfrist bei Vernachlässigung von Unterhaltspflichten, Bestimmung der Leistungsfähigkeit. Wenn der Pflichtige während einer gewissen Zeit ohne Unterbrechung schuldhaft die Zahlung der Unterhaltsbeiträge unterlässt, beginnt die Antragsfrist erst mit der letzten schuldhaften Unterlassung zu laufen, also beispielsweise dann, wenn der Pflichtige wieder mit Zahlungen beginnt, oder dann, wenn er mangels Leistungsfähigkeit seiner Zahlungspflicht nicht nachkommen kann (E. 2a, Bestätigung der Rechtsprechung). Dies gilt jedoch nur, wenn der Antragsberechtigte dies weiss oder wissen kann (E. 2a, Klarstellung der Rechtsprechung). Verfügt der Unterhaltspflichtige über ein unregelmässiges Einkommen, das zeitweise nicht zur Deckung seines Notbedarfs ausreicht, muss zur Bestimmung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in analoger Anwendung von Art. 93 SchKG eine Gesamtbetrachtung mehrerer Monate vorgenommen werden; Behandlung der Ferienentschädigung. Ein Eingriff in den Notbedarf richtet sich nach der Praxis in SchKG-Sachen (E. 3c und d).
Sachverhalt ab Seite 273 BGE 121 IV 272 S. 273 A.- Die Gemeinde Neuenhof, die die von M. geschuldeten und nicht bezahlten Unterhaltsbeiträge bevorschusste, stellte am 27. Juli 1993 gegen diesen Strafantrag wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten in der Zeit von Dezember 1992 bis und mit Juli 1993. Sie bezifferte den Zahlungsrückstand per 27. Juli 1993 auf Fr. 42'845.65. BGE 121 IV 272 S. 274 B.- Das Bezirksgericht Baden erkannte mit Urteil vom 16. Dezember 1993 M. der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten für die Zeit von Dezember 1992 bis Juli 1993 schuldig und bestrafte ihn mit 6 Wochen Gefängnis (unbedingt). Das Obergericht des Kantons Aargau sprach den Beschwerdeführer mit Urteil vom 24. August 1994 der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten in den Monaten Dezember 1992 und Januar 1993 schuldig und bestrafte ihn mit zwei Wochen Gefängnis (unbedingt). Für den übrigen, Gegenstand des Strafantrages und der Anklage bildenden Zeitraum wurde er von Schuld und Strafe freigesprochen. C.- Dagegen erhebt M. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben - ausgenommen soweit es ihn verpflichte, der Zivilklägerin Fr. 12'000.-- zu bezahlen - und die Sache sei zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Ausserdem sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren und seiner Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu verleihen. Das Obergericht beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Der Beschwerdeführer macht in seiner Nichtigkeitsbeschwerde vorab geltend, der Strafantrag vom 27. Juli 1993 habe ausschliesslich die Vernachlässigung von Unterhaltspflichten in den drei vorangegangenen Monaten Mai, Juni und Juli betreffen können. Er sei aber einzig für die Monate Dezember 1992 und Januar 1993 schuldig gesprochen worden. Diese lägen jedoch ausserhalb der Dreimonatsfrist, nachdem die Gemeinde Neuenhof als Abtretungsgläubigerin und Zahlungsempfängerin mit Ausbleiben dieser vorschüssig fälligen Unterhaltsbeiträge bereits am 1. Dezember 1992 bzw. am 1. Januar 1993 Kenntnis von den behaupteten strafbaren Handlungen erlangt habe. Der Fristenlauf sei auch nicht etwa durch die andauernde Nichtleistung von Unterhaltsbeiträgen durch den Beschwerdeführer aufgeschoben, da diese Nichtleistung nicht schuldhaft und damit nicht deliktisch gewesen sei, sei er doch für den Zeitraum von Februar bis Juli 1993 freigesprochen worden. b) Die Vorinstanz führt in ihrer Vernehmlassung aus, sie sei stillschweigend von der Rechtzeitigkeit des Strafantrags und dessen Gültigkeit für die ganze Dauer der Nichtleistung der geschuldeten Beiträge BGE 121 IV 272 S. 275 ausgegangen. Ein Strafantrag sei auch dann gültig, wenn ein Unterhaltspflichtiger während einer gewissen Zeitspanne nicht schuldhaft die Zahlung von Unterhaltsbeiträgen unterlassen habe. Entscheidend sei einzig die Tatsache, dass die Leistung andauernd unterlassen worden sei. 2. a) Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von 3 Monaten ( Art. 29 StGB ). Die Antragsfrist beginnt, sobald dem Antragsberechtigten Täter und Tat, d.h. deren Tatbestandselemente, bekannt sind; erforderlich ist dabei eine sichere, zuverlässige Kenntnis, die ein Vorgehen gegen den Täter als aussichtsreich erscheinen lässt ( BGE 101 IV 113 E. 1b mit Hinweisen). Wenn der Pflichtige während einer gewissen Zeit ohne Unterbrechung schuldhaft die Zahlung der Unterhaltsbeiträge unterlässt, beginnt die Antragsfrist erst mit der letzten schuldhaften Unterlassung zu laufen ( BGE 118 IV 325 E. 2b). Der Antrag ist gültig für den Zeitraum, in dem der Täter ohne Unterbrechung den Tatbestand erfüllt hat (E. 2c). Der Strafantragsberechtigte darf also mit der Stellung des Strafantrages - auch wenn er ihn schon vor Beginn des Fristenlaufs stellen kann ( BGE 92 IV 75 ) - solange unbeschadet zuwarten, als der Unterhaltspflichtige schuldhaft die geschuldeten Unterhaltsbeiträge nicht bezahlt. Bei mehreren monatlich geschuldeten Unterhaltsbeiträgen, die während einer bestimmten Zeitspanne nicht geleistet wurden, beginnt somit die Strafantragsfrist beispielsweise erst dann, wenn der Pflichtige wieder mit Zahlungen beginnt, oder dann, wenn er mangels Leistungsfähigkeit seiner Zahlungspflicht nicht nachkommen kann (vgl. BGE 118 IV 325 E. 2c: völlige Arbeitsunfähigkeit während eines Klinikaufenthaltes). Klarzustellen ist jedoch, dass dies entsprechend dem Sinn und Zweck von Art. 29 StGB (vgl. dazu REHBERG, Der Strafantrag, ZStR 85/1969, S. 267 f.) nur gilt, wenn der Antragsberechtigte vom Unterbruch in der schuldhaften Vernachlässigung der Unterhaltspflicht Kenntnis hatte oder zumindest haben konnte, wenn er also wusste oder zumindest wissen konnte, dass der Unterhaltspflichtige die geschuldeten Unterhaltsbeiträge schuldlos, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, nicht erbringen konnte. Dafür genügen - im Unterschied zur sicheren, zuverlässigen Kenntnis von Tat und Täter bei der gewöhnlichen Fristauslösung (siehe eingangs) - bereits konkrete Anhaltspunkte. b) Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls in der Zeit von Februar 1993 bis Juli 1993 unverschuldet nicht über die nötigen Mittel verfügte, um seine Unterhaltsbeiträge zu leisten, weshalb er BGE 121 IV 272 S. 276 während dieser 6 Monate seine Unterhaltspflicht nicht verletzt hat. Objektiv ist also eine Zäsur im Sinne der Rechtsprechung gegeben. Dem angefochtenen Urteil kann jedoch nicht entnommen werden, ob die Antragstellerin davon wusste bzw. zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür hatte. Die Sache ist daher nach Art. 277 BStP an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie prüfe, ob und gegebenenfalls wann für die strafantragstellende Gemeinde Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Beschwerdeführer mangels Leistungsfähigkeit seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen ist. 3. a) Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer habe im Monat Dezember 1992 über einen Betrag von Fr. 633.50 verfügen können und auch in den vorangegangenen Monaten mit je Fr. 4'000.-- brutto genügend verdient, um seinen Lebensunterhalt zu decken. Er wäre deshalb in diesem Monat in der Lage gewesen, die Unterhaltszahlung voll zu leisten. Im Januar 1993 hätte er zumindest den Überschuss von Fr. 633.50 bezahlen können und wäre darüber hinaus gehalten gewesen, einen angemessenen Teil seines Notbedarfs für die Unterhaltskosten aufzubringen. In den Monaten Januar bis Juni 1993 habe sich das Einkommen des Beschwerdeführers stets unter seinem Notbedarf bewegt, und er sei für diese Zeit von Schuld und Strafe freizusprechen. Erstmals im Juli 1993 habe er einen Einkommensüberschuss von Fr. 571.85 aufgewiesen. Da die zur Diskussion stehenden Monate im Sinne einer Gesamtbetrachtung zu werten seien, könne dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, dass er aus diesem ersten Überschuss seinen rückständigen Notbedarf gedeckt habe. Auch für Juli 1993 sei er deshalb von Schuld und Strafe freizusprechen. b) Nach Ansicht des Beschwerdeführers verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, da sie den Begriff der verfügbaren Mittel im Sinne von Art. 217 StGB falsch auslege. So gehe die Vorinstanz bei der Ermittlung der zumutbaren Zahlungen für den Monat Dezember 1992 davon aus, dass der Beschwerdeführer auch in den vorangegangenen Monaten genügend verdient habe, um seinen Lebensaufwand zu decken, und deshalb in der Lage gewesen wäre, die Unterhaltszahlungen voll zu leisten. Sie lasse dabei ausser acht, dass er von dem ihm für diese Periode zur Verfügung stehenden Nettoeinkommen von ca. Fr. 3'400.-- auch den vollen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'500.-- bezahlt habe, wobei ihm nach Abzug des Notbedarfs im November Fr. 905.-- zuwenig zur Verfügung gestanden wäre. BGE 121 IV 272 S. 277 Zuvor sei er während zwei Monaten zu 100% und während weiteren zwei zu 50% arbeitsunfähig gewesen und habe nur über ein auf 80% reduziertes Einkommen verfügen können. Der ihm von der Vorinstanz für den Monat Dezember angerechnete Überschuss von Fr. 633.50 werde durch die Unterdeckung des Novembers in Höhe von Fr. 905.-- mehr als kompensiert. c) Der objektive Tatbestand von Art. 217 StGB setzt voraus, dass der Täter über die Mittel verfügte, um seine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Bei der Bestimmung der verfügbaren Mittel des Pflichtigen ist dabei analog zu Art. 93 SchKG vorzugehen. Dies hat zur Folge, dass dem Schuldner bei veränderlichem, zeitweilig unter dem Existenzminimum bleibenden Lohn Ausgleich aus den Überschüssen der anderen Perioden gewährt werden muss ( BGE 69 III 53 , 68 III 156; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5. Aufl., § 23 N. 52; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, Zürich 1984, § 24 N. 80). Dies jedenfalls dann, wenn sich der Schuldner zur Entrichtung des Unterhaltsbeitrags keinen Eingriff in den Notbedarf gefallen lassen muss (vgl. dazu E. 3d und BGE 116 III 10 ). Übertragen auf den zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass nur dann von einer genügenden Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen werden darf, wenn dieser den festgestellten Überschuss nicht zur Deckung des Notbedarfs der vorangegangenen Monate benötigte. Gestützt auf diese Betrachtungen hat die Vorinstanz die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers für den Monat Juli 1993 zutreffend verneint. In bezug auf den Monat Dezember 1992 geht die Vorinstanz davon aus, dass der Beschwerdeführer in den Monaten davor "genügend verdiente, um seinen Lebensunterhalt zu decken (er verdiente gemäss act. 32 Fr. 4'000.-- brutto pro Monat)", und deshalb im Dezember 1992 in der Lage gewesen wäre, die Unterhaltszahlung voll zu leisten. Sie hat aber nicht abgeklärt, welcher Geldbetrag dem Beschwerdeführer nach Abzug des Notbedarfs Ende November 1992 tatsächlich verblieb, um die Unterhaltszahlungen für den Monat Dezember 1992 zu leisten. In ihrer Aufstellung im angefochtenen Urteil zeigt die Vorinstanz im Monat Dezember 1992 einen Überschuss von Fr. 633.50 auf, geht jedoch offenbar davon aus, dieser sei für die Unterhaltszahlung von Januar 1993 zu verwenden gewesen. Aus dem angefochtenen Urteil geht somit nicht hervor, welches die finanzielle Situation des Beschwerdeführers zu Beginn des Monats Dezember 1992 war. Dass der Beschwerdeführer in den BGE 121 IV 272 S. 278 vorangegangenen Monaten "gemäss act. 32 Fr. 4'000.-- brutto" verdient habe, reicht als Feststellung dazu nicht aus. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer bestreitet, über ein Einkommen dieser Höhe verfügt zu haben, da er, wie er geltend machte, von Juli bis Oktober 1992 nicht voll arbeitsfähig war. Hinzu kommt, dass die Vorinstanz die vom Beschwerdeführer vor Dezember 1992 geleisteten Unterhaltsbeiträge - insbesondere die im November 1992 bezahlten Fr. 1'500.-- vom verfügbaren Einkommen nicht abgezogen hat. Aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz kann demnach nicht geprüft werden, ob der Beschwerdeführer in den Monaten Dezember 1992 und Januar 1993 finanziell genügend leistungsfähig war und die Verurteilung wegen schuldhafter Unterlassung der Unterhaltspflichten gemäss Art. 217 StGB zu Recht oder zu Unrecht erfolgte. d) Die Sache ist deshalb ebenfalls in diesem Punkt gemäss Art. 277 BStP zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie wird aufgrund einer Gesamtbetrachtung der in Frage stehenden Vormonate darzulegen haben, über welchen Betrag der Beschwerdeführer in den Monaten Dezember 1992 und Januar 1993 verfügen konnte und in welchem Umfang er demnach seiner Unterhaltspflicht in dieser Zeit allenfalls schuldhaft nicht nachkam. Dabei wird die Vorinstanz zu beachten haben, dass gemäss Art. 217 StGB dem Unterhaltspflichtigen entgegen ihrer Auffassung ein Eingriff in seinen Notbedarf nur insoweit zuzumuten ist, als bei einer Lohnpfändung in diesen eingegriffen würde ( BGE 101 IV 52 , BGE 79 IV 106 S. 113, BGE 74 IV 154 E. 2). Dies ist der Fall bei Betreibungen, die Familienmitglieder für ihnen zustehende Unterhaltsforderungen einleiten, sofern ihr Einkommen mit Einschluss der Alimentenforderung zur Deckung des eigenen Notbedarfs nicht ausreicht. Dabei ist der Eingriff so zu bemessen, dass sich der Schuldner und der Gläubiger in gleichem Verhältnis einschränken müssen ( BGE 116 III 10 E. 2, BGE 101 IV 52 E. 3a). Tritt ein Gemeinwesen in die Rechte des Alimentengläubigers ein, ist der Eingriff in den Notbedarf des Schuldners hingegen nicht zulässig, da sich jenes nie in einer dem Unterhaltsberechtigten vergleichbaren Notlage befindet ( BGE 116 III 10 E. 3). Aus denselben Überlegungen hat diese Einschränkung auch bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit nach Art. 217 StGB zu gelten, denn dem Unterhaltspflichtigen soll auch strafrechtlich nur dann der Vorwurf gemacht werden, nicht in seinen Notbedarf eingegriffen zu haben, wenn dies zur Deckung des Notbedarfs des Unterhaltsgläubigers im gleichen Masse, wie er dem Schuldner verbleibt, unabdingbar gewesen wäre. Im zu beurteilenden Fall BGE 121 IV 272 S. 279 sind die Voraussetzungen eines Eingriffs in den Notbedarf des Beschwerdeführers nicht gegeben, da die Gemeinde Neuenhof die Unterhaltszahlungen bevorschusst hat. Bei der Ferienentschädigung ist zu beachten, dass diese eine Abgeltung des gesetzlichen Ferienanspruchs gemäss Art. 329a OR darstellt (vgl. BGE 118 II 136 E. 3b, BGE 116 II 515 E. 4). Um eine Benachteiligung von Unterhaltspflichtigen zu vermeiden, denen eine solche Entschädigung monatlich ausbezahlt wird, muss in Rechnung gestellt werden, dass diese während den effektiv bezogenen Ferien keinen Lohn erhalten. Würde deshalb, bei einer Einzelbetrachtung jedes Monats, die Ferienentschädigung zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit hinzugezogen, und der Unterhaltsschuldner verpflichtet, auch diesen Betrag zur Zahlung der Alimente zu verwenden, verlöre er seinen Anspruch auf bezahlte Ferien gemäss Art. 329d Abs. 1 OR . Die Ferienentschädigung muss deshalb vom erzielten Lohn in Abzug gebracht werden. Nur wenn, in einer Gesamtbetrachtung, auf das effektiv in einem Jahr bezogene Einkommen abgestellt wird, ist die Ferienentschädigung mitzuberücksichtigen. 4. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist danach gutzuheissen, das angefochtene Urteil gemäss Art. 277 BStP aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (Kostenfolgen).
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Urteilskopf 125 II 554 56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Dezember 1999 i.S. A.H. und B.H. gegen Kantonales Sozialamt Graubünden und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 12 Abs. 2 OHG ; Bemessung der Genugtuung; Berücksichtigung der tieferen Lebenshaltungskosten bei ausländischem Wohnsitz des Opfers. Zur Bemessung der Genugtuung nach Art. 12 Abs. 2 OHG sind die zivilrechtlichen Grundsätze sinngemäss heranzuziehen (E. 2a). Von der Regel, wonach die Genugtuung unabhängig von den Lebenshaltungskosten am Wohnsitz des Berechtigten festzusetzen ist, darf nur in besonderen Fällen abgewichen werden (E. 2b). Die Genugtuung für ein in der Vojvodina lebendes Opfer darf angesichts der dortigen markant tieferen Lebenshaltungskosten gekürzt werden (E. 3). Die Reduktion darf aber nicht schematisch im gleichen Verhältnis erfolgen, in dem Lebenshaltungskosten am Wohnsitz des Ansprechers tiefer sind als in der Schweiz (E. 4a). Reduktion der Genugtuung um die Hälfte unter den gegebenen Umständen (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 555 BGE 125 II 554 S. 555 C.H. wurde am 16. Oktober 1994 von der Polizei in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Die Untersuchungsbehörden gehen davon aus, dass ein Bekannter sie erdrosselt hat. Das Tötungsdelikt ist jedoch bis heute unaufgeklärt, da der Tatverdächtige nicht gefunden werden konnte. Die Verstorbene hinterliess die beiden Töchter A.H., geboren 1985, und B.H., geboren 1987. E.H., der Ehemann von C.H. und Vater der beiden Töchter, verlor 1992 seine Arbeitsstelle in der Schweiz und lebt seither bei seinen Eltern in Jermenovci in der Vojvodina. Nach dem Tod ihrer Mutter zogen A.H. und B.H. zu ihrem Vater und dessen Eltern. A.H. und B.H. machten wegen des Todesfalls gestützt auf das Bundesgesetz über die Opferhilfe vom 4. Oktober 1991 (OHG; SR 312.5) beim Kantonalen Sozialamt Graubünden Genugtuungsansprüche geltend. Die beiden Töchter verlangten je Fr. 50'000.--. Das Sozialamt sprach ihnen am 29. Juli 1998 eine Genugtuung von je Fr. 2'500.-- zu. Einen gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs der Gesuchstellerinnen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 3. Dezember 1998 ab. A.H. und B.H. haben das Urteil des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht angefochten. Es heisst ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Das Opferhilfegesetz enthält keine Bestimmungen über die Bemessung der Genugtuung gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG . Diese Leistungen unterscheiden sich zwar in ihrer Rechtsnatur von den BGE 125 II 554 S. 556 zivilrechtlichen Ansprüchen gemäss Art. 47 OR (vgl. BGE 125 II 169 E. 2b S. 173). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind jedoch im Bereich der Opferhilfe die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze zur Bemessung der Genugtuung sinngemäss heranzuziehen ( BGE 123 II 210 E. b/dd S. 216). Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich bei der opferrechtlichen Genugtuung um eine staatliche Leistung handelt ( BGE 125 II 169 E. 2b S. 173; BGE 121 II 369 E. 3c/aa S. 373). Das Entschädigungs- und Genugtuungssystem des Opferhilfegesetzes entspringt dem Gedanken der Hilfeleistung, nicht der Staatshaftung ( BGE 123 II 425 E. 4c S. 431). b) Nach der Rechtsprechung sind bei der zivilrechtlichen Bemessung der Genugtuung die Lebenshaltungskosten des Berechtigten an seinem ausländischen Wohnsitz grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Das Bundesgericht hielt in einem neueren Entscheid fest, die Genugtuung stelle im Unterschied zur Schadenersatzleistung nicht einen Ausgleich für eine Vermögensminderung dar. Sie solle vielmehr den Schmerz durch eine Geldsumme aufwiegen. Diese Geldsumme sei nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht zu bemessen ohne Rücksicht darauf, wo der Kläger lebe und was er mit dem Geld machen werde ( BGE 121 III 252 E. 2b S. 255 f.). Von der Regel, wonach die Genugtuung nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht festzusetzen ist, kann allerdings in besonderen Fällen abgewichen werden. So hat das Bundesgericht erklärt, die Unterschiede in den Lebenshaltungskosten zwischen der Schweiz und dem ausländischen Wohnort des Berechtigten könnten so gross sein, dass ihnen bei der Bemessung der Genugtuung Rechnung getragen werden müsse. Wo die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten von den hiesigen Verhältnissen markant abwichen, könne die Zusprechung einer Genugtuungssumme in der Höhe, wie sie grundsätzlich nach schweizerischem Recht zu bemessen wäre, zu einer krassen Besserstellung des Ansprechers und somit zu einem Ergebnis führen, das nach Abwägung aller Interessen mit sachlichen Gründen nicht zu rechtfertigen und daher unbillig wäre ( BGE 123 III 10 E. 4c/bb S. 14 f.). 3. Das Verwaltungsgericht gelangte zum Schluss, dass im Lichte der angeführten Rechtsprechung die sehr viel tieferen Lebenshaltungskosten in der Vojvodina im vorliegenden Fall bei der Bemessung der Genugtuung berücksichtigt werden müssten. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten dies. Sie werfen dem Verwaltungsgericht vor, die Lebenshaltungskosten in der Vojvodina BGE 125 II 554 S. 557 offensichtlich unrichtig und unvollständig ermittelt zu haben. Ausserdem halten sie eine Kürzung der Genugtuung auch im Blick auf ihre besondere Beziehung zur Schweiz für unzulässig. a) Nach dem angefochtenen Entscheid ist die Kaufkraft in Jermenovci rund 18-mal grösser als in der Schweiz. Diese Feststellung gründet einerseits auf einer Auskunft der Schweizer Botschaft in Belgrad, wonach der Lohn einer unqualifizierten Arbeitskraft umgerechnet Fr. 120.-- bis Fr. 150.--, maximal Fr. 200.- betrage. Andererseits stützt sie sich auf ein Schreiben von F.X. und G.I.X. an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen. Darin wird ausgeführt, der Durchschnittslohn in Jugoslawien liege bei DM 200.- bis DM 300.-. Das Verwaltungsgericht stellte auf diese beiden voneinander unabhängigen Auskünfte ab, zumal sie im Wesentlichen übereinstimmten, und gelangte unter Annahme eines durchschnittlichen Monatslohns in der Schweiz von Fr. 3'500.-- zur genannten rund 18-mal grösseren Kaufkraft in der Vojvodina. Bei dieser Berechnung handelt es sich offensichtlich nicht um eine exakte Ermittlung der Kaufkraftunterschiede zwischen der Schweiz und der Vojvodina. Das Verwaltungsgericht nahm sie vor, um aufzuzeigen, dass die Lebenshaltungskosten in der Vojvodina jedenfalls so erheblich von jenen in der Schweiz abweichen, dass nach der angeführten Rechtsprechung eine Reduktion der zuzusprechenden Genugtuungen geboten erscheint. Unter diesen Umständen, und weil eine schematische Berücksichtigung des Kaufkraftunterschiedes ohnehin nicht zulässig ist (E. 4 unten), kommt den Einwänden, welche die Beschwerdeführerinnen gegen die Bestimmung des Monatslohnes in der Vojvodina erheben, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Auch wenn mit Blick auf die landwirtschaftliche Selbstversorgung und die Schwarzarbeit die Einkommensverhältnisse in Jermenovci etwas anders aussehen sollten, als es im angefochtenen Entscheid dargelegt wird, vermöchte dies den markanten Kaufkraftunterschied nicht in Frage zu stellen. Der Verweis auf den Entscheid des Zürcher Sozialversicherungsgerichts vom 28. Mai 1996 (ZR 95/1996 Nr. 65) geht schon deshalb fehl, weil in ihm erhebliche Kaufkraftdifferenzen, die eine Reduktion der Genugtuungssummen rechtfertigen, gerade bejaht werden. Im Übrigen bezieht sich der Entscheid auf die Verhältnisse im Kosovo, die nicht ohne weiteres mit jenen in der Vojvodina zu vergleichen sind. Ausserdem enthält der Entscheid keinerlei Hinweise, dass auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse ein Schwarzmarktzuschlag von 40% vorgenommen werden müsste. Das BGE 125 II 554 S. 558 Gericht begnügte sich im genannten Fall lediglich mit einer hypothetischen Berechnung, bei der es dem entsprechenden Antrag des damaligen Beschwerdeführers folgte. Schliesslich bestätigt auch die Liste der Zulagenansätze für Kinder im Ausland des Kantons St. Gallen, welche die Beschwerdeführerinnen eingereicht haben, die erheblichen Kaufkraftunterschiede zwischen der Schweiz und Jugoslawien. Danach erhalten Kinder aus Jugoslawien lediglich einen Viertel der Zulage, die in der Schweiz geschuldet ist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Lebenshaltungskosten in Jugoslawien lediglich um das 4-fache geringer seien als in der Schweiz, da die Ausrichtung noch tieferer Zulagen gar nicht vorgesehen ist. Bei dieser Sachlage erscheint die Feststellung des Verwaltungsgerichts, zwischen Jermenovci und der Schweiz bestünden markante Kaufkraftunterschiede, ohne weiters vertretbar und jedenfalls nicht offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG . Nach der angeführten Rechtsprechung lagen damit besondere Umstände vor, welche grundsätzlich eine Reduktion der Genugtuung rechtfertigten. b) Die Beschwerdeführerinnen machen jedoch geltend, einer Kürzung ihrer Genugtuung stehe vorliegend die Tatsache entgegen, dass sie eine besondere Beziehung zur Schweiz hätten. Nach der Rechtsprechung scheidet eine Reduktion der Genugtuung aus, wenn der Ansprecher mit der Schweiz in besonderer Weise verbunden ist, etwa wenn er hier arbeitet oder als Angehöriger des Opfers hier Wohnsitz nehmen kann ( BGE 123 III 10 E. 4c/bb S. 14). Die Beschwerdeführerinnen sind zwar bis zu ihrem siebten bzw. neunten Lebensjahr in der Schweiz aufgewachsen, leben aber seither beim Vater in Jugoslawien. Sie machen nicht geltend und es ist nicht ersichtlich, dass sie seit ihrem Wegzug immer noch enge Kontakte zur Schweiz pflegen, auch wenn ihre Grossmutter in Chur lebt. Die blosse Möglichkeit, dass sie sich später einmal um eine Ausbildung in der Schweiz bemühen könnten, stellt noch keinen Grund dar, der einer Kürzung der Genugtuung entgegensteht. Dem ist aber bei der Bemessung dieser Kürzung Rechnung zu tragen (E. 4 unten). c) Der angefochtene Entscheid verletzt demnach kein Bundesrecht, soweit darin die Voraussetzungen für eine Reduktion der den Beschwerdeführerinnen zuzusprechenden Genugtuungssummen bejaht wurden. 4. Die Beschwerdeführerinnen kritisieren auch den Umfang, in dem die kantonalen Behörden die Genugtuung im Blick auf die BGE 125 II 554 S. 559 geringeren Lebenshaltungskosten in Jermenovci kürzten. Mit ihrem Eventualantrag verlangen sie die Zusprechung einer um höchstens zwei Drittel reduzierten Genugtuungssumme. In der Beschwerdebegründung dagegen machen sie geltend, ihre Genugtuungen dürften höchstens um die Hälfte gekürzt werden. a) Nach der erwähnten Rechtsprechung sind bei der Festsetzung der Genugtuung die Lebenshaltungskosten am Ort des Berechtigten nur ausnahmsweise - bei besonders grossen Unterschieden zu den hiesigen Verhältnissen - zu berücksichtigen. Die Genugtuung ist in einem solchen Fall so zu bemessen, dass sie nicht zu einer krassen Besserstellung des im Ausland lebenden Ansprechers führt. Die Höhe der Genugtuung soll nach Abwägung aller Interessen den besonderen Umständen entsprechen und nicht unbillig erscheinen ( BGE 123 III 10 E. 4b/cc S. 15). Dies bedeutet, dass dort, wo tieferen Lebenshaltungskosten bei der Bemessung der Genugtuung ausnahmsweise Rechnung zu tragen ist, dies nicht schematisch im gleichen oder annähernd gleichen Verhältnis, wie die Lebenshaltungskosten am Wohnsitze des Ansprechers tiefer als in der Schweiz sind, erfolgen darf. Andernfalls würde die Ausnahme zur Regel, was nicht der Sinn der in BGE 123 III 10 weiter entwickelten Rechtsprechung ist. Dort wurde ausdrücklich am Grundsatz der Zusprechung der Genugtuung ohne Rücksicht darauf, wo der Ansprecher lebt und was er mit dem Geld machen wird, festgehalten. Es wurde bei der Beurteilung des konkreten Falles insbesondere auch berücksichtigt, dass die Eltern des Opfers seit jeher in China lebten und dort auch in Zukunft leben würden. Auch der Ansprecher, der in einem Land mit sehr viel niedrigeren Lebenshaltungskosten als in der Schweiz lebt, soll nicht daran gehindert werden, wieder in der Schweiz oder einem Land mit ähnlich hohen Lebenshaltungskosten zu leben (vgl. BGE 121 III 252 E. 2 S. 256). Im vorliegenden Fall haben sich die kantonalen Behörden bei der Reduktion der Genugtuungssumme fast ausschliesslich vom festgestellten Kaufkraftunterschied leiten lassen. Die den Beschwerdeführerinnen zugesprochenen Genugtuungssummen sind 14-mal tiefer als jene, die einem Berechtigten in der Schweiz zustünden, während der vom Verwaltungsgericht festgestellte Kaufkraftunterschied rund das 18-fache beträgt. Diese schematische Kürzung der Genugtuungssummen ist nach dem Gesagten unzulässig. Die Vorinstanz wich damit von den in der Rechtsprechung entwickelten Bemessungsgrundsätzen ab und verletzte daher Bundesrecht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist aus diesem Grunde gutzuheissen BGE 125 II 554 S. 560 und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Da die Angelegenheit spruchreif ist, kann das Bundesgericht selbst in der Sache entscheiden und ist diese nicht an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen ( Art. 114 Abs. 2 OG ). b) Die unbestrittenermassen viel tieferen Löhne in Jugoslawien lassen eine Genugtuungssumme von je Fr. 35'000.--, wie sie ordentlicherweise als angemessen betrachtet wurde, als eine krasse Besserstellung der Beschwerdeführerinnen erscheinen, die unbillig wäre. Sie könnten sich damit etwas leisten, wofür ihr Vater die Löhne von mehr als 10 Jahren aufwenden müsste. Deshalb ist eine Herabsetzung gerechtfertigt. Bei der Bemessung der Kürzung ist indessen zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerinnen noch in einem jugendlichen Alter stehen und sie sich eher erst in einem späteren Zeitpunkt etwas leisten werden, das die mit dem Verlust der Mutter erlittenen Beeinträchtigungen wettmachen kann, wie dies dem Sinn der Genugtuung entspricht. Ferner fällt in Betracht, dass ihr Heimat- und gegenwärtiges Wohnsitzland in Europa liegt und es daher nicht unwahrscheinlich ist, dass sie später einmal in der Schweiz oder in einem anderen europäischen Land mit ähnlich hohen Lebenshaltungskosten leben oder sich, wie sie geltend machen, zu Ausbildungszwecken oder um zu arbeiten, aufhalten könnten. Dafür spricht der Umstand, dass sie einen Grossteil ihrer Kindheit in der Schweiz verbrachten und ihre Grossmutter in Chur lebt. Deshalb rechtfertigt sich nur eine Reduktion der Genugtuungssumme um die Hälfte. Die den beiden Beschwerdeführerinnen im Rahmen der Opferhilfe geschuldete Genugtuung ist danach auf je Fr. 17'500.-- festzusetzen.
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Urteilskopf 113 Ia 187 30. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 11 mars 1987 dans la cause X. contre Chambre d'accusation du canton de Neuchâtel (recours de droit public)
Regeste Kantonales Strafverfahren; Zeugnisverweigerung aufgrund der parlamentarischen Immunität und des Amtsgeheimnisses. Die Immunität nach Art. 28 der neuenburgischen Kantonsverfassung will den Abgeordneten garantieren, ihre Überlegungen zu Entscheiden des Grossen Rates, insbesondere im Rahmen der Aufsicht über die kantonale Verwaltung, zum Ausdruck zu bringen. Sie erlaubt nicht, das Zeugnis zu verweigern im Zusammenhang mit Vorfällen, die es einem Abgeordneten ermöglichten, ohne Zustimmung der zuständigen Stelle von amtlichen Akten Kenntnis zu erhalten (E. 3 und 4). Solche Vorfälle sind durch das Amtsgeheimnis im Sinne von Art. 147 Ziff. 2 StPO /NE nicht gedeckt (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 188 BGE 113 Ia 187 S. 188 Au cours d'une session du Grand Conseil du canton de Neuchâtel, le député X. a écrit ce qui suit au Conseil d'Etat neuchâtelois: "Suite à l'affaire du ..., le Conseil d'Etat, tant par sa mansuétude que par ses déclarations, n'a pas retiré sa confiance à ... Pour ma part, je n'ai jamais approuvé cette attitude. Les renseignements que j'ai accumulés me permettent de croire que des irrégularités de procédure ont cours lorsqu'il s'agit de personnes qu'il connaît de près. Par la présente, je vous prie de bien vouloir vous renseigner sur la manière dont le dossier classé sous chiffre ... a été traité. Vous aurez ainsi la confirmation que le code de procédure est délibérément violé." Par la suite, X. a fourni au Conseil d'Etat des précisions telles qu'on pouvait penser que quelqu'un (un fonctionnaire) lui avait donné connaissance du dossier en question. Le Conseil d'Etat dénonça donc les faits au Ministère public neuchâtelois, en sollicitant l'ouverture d'une instruction pénale contre inconnu pour violation du secret de fonction prévu à l'art. 30 de la loi concernant le Statut général du personnel relevant du budget de l'Etat (ci-après: le Statut). Au cours de l'enquête pénale, X. a été cité comme témoin par le Juge d'instruction de Neuchâtel. Invité à donner l'identité de la personne qui lui avait communiqué le contenu du dossier, il a refusé de témoigner en invoquant son immunité parlementaire. Le Juge d'instruction lui infligea alors une amende de 100 fr. en se fondant sur les art. 72 (pouvoir disciplinaire) et 153 (sanctions contre les témoins récalcitrants) du code de procédure pénale neuchâtelois (ci-après: CPP). X. recourut à la Chambre d'accusation du canton de Neuchâtel en invoquant notamment son immunité parlementaire et le secret de fonction. Débouté par la juridiction cantonale, il a ensuite formé un recours de droit public fondé, entre autres, sur la violation de l' art. 28 Cst. cant. (immunité parlementaire) et l'application arbitraire de l' art. 147 CPP BGE 113 Ia 187 S. 189 (secret de fonction). Le Tribunal fédéral a rejeté ce recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) Aux termes de l' art. 28 Cst. neuch., "aucun membre du Grand Conseil ne peut être recherché pour une opinion émise dans l'assemblée; il n'en est responsable que vis-à-vis de ce corps". Par nature, la haute surveillance exercée sur l'administration par le parlement et par ses membres à l'occasion de la présentation de rapports gouvernementaux, postulats, interpellations et questions donne lieu à un examen critique de la gestion des organes exécutifs (voir notamment AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, vol. 2, Nos 1275, 1365 ss; GRISEL, Traité de droit administratif, vol. 1, p. 172 ss). La doctrine suisse dominante reconnaît qu'une immunité telle que celle prévue par l' art. 28 Cst. neuch. vise à mieux garantir l'expression par les députés des considérations à la base des décisions prises par le parlement comme organe supérieur de l'Etat. Sont réputées "opinions émises dans l'assemblée" non seulement les interventions verbales au parlement ou dans ses commissions, mais encore celles qui sont établies sous forme écrite, comme c'est le cas généralement d'interpellations ou de questions, en tant que ces interventions correspondent toutes à l'exécution du mandat parlementaire. Le droit neuchâtelois consacre le pouvoir de haute surveillance du Grand Conseil à l'art. 39 i.f. Cst. Aux termes des art. 46 et 47 du règlement du Grand Conseil, chaque député, agissant seul, peut en tout temps poser par écrit une question ayant le même objet qu'une interpellation. Celle-ci est une demande d'explication adressée au Conseil d'Etat sur n'importe quel objet ressortissant à la politique ou à l'administration cantonale (art. 37 du règlement). Le Conseil d'Etat a l'obligation de répondre aux questions de vive voix en séance du Grand Conseil, ou de déposer une réponse écrite; dans l'un et l'autre cas, la réponse est publiée dans le bulletin officiel des délibérations du Grand Conseil, même lorsqu'elle est donnée par écrit hors session. b) Dans sa lettre au Conseil d'Etat, X. a invité formellement le Gouvernement à se déterminer sur la manière dont avait été traité le dossier No ... et sur la violation du code de procédure qui y aurait été faite. Le Conseil d'Etat s'est déterminé par écrit, sous forme de rapport remis d'abord au député X. et plus tard au Grand Conseil. BGE 113 Ia 187 S. 190 Cela étant, il est pour le moins douteux qu'on puisse dénier à la lettre en cause la qualité de question au sens des art. 46 et 47 du règlement du Grand Conseil et d'acte accompli par le recourant en qualité de député. Certes, X. n'a pas intitulé son écrit "question" et ne l'a pas fait parvenir au Conseil d'Etat par l'intermédiaire de la présidence, du secrétariat ou du bureau du Grand Conseil. Mais ces éléments ne devraient pas avoir d'importance décisive, car les textes légaux applicables ne prescrivent rien quant à la forme et au contenu d'une question, ni quant à la nécessité de la faire transmettre par le truchement du Grand Conseil. De surcroît, le Conseil d'Etat a réservé à la lettre du député X. le traitement prévu pour une question selon les art. 46 et 47 du règlement du Grand Conseil. On peut toutefois se dispenser d'examiner plus avant ce problème. c) En effet, la sanction disciplinaire dont le recourant requiert l'annulation ne lui a nullement été infligée à cause des termes et du contenu de sa lettre, mais uniquement en relation avec son refus de témoigner en justice sur les circonstances dans lesquelles il avait eu connaissance du dossier No ... de la police cantonale. Ce témoignage était requis dans le cadre de l'instruction pénale ouverte en raison du fort soupçon que la communication de renseignements issus de ce dossier, sans l'autorisation de l'instance administrative compétente, pouvait être intervenue en violation de dispositions du Statut, partant tomber sous le coup de l' art. 320 al. 1 CP . 4. Le droit d'un parlementaire de refuser de témoigner sur des faits afférents à une opinion émise devant le parlement ne saurait résulter que d'une disposition expresse de la constitution (cf. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, p. 318; FLEINER-GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, p. 512, n. 22; SCHWARZ, Die parlamentarische Immunität der Schweizerischen Bundesversammlung, p. 74 ss). Quant au pouvoir des parlementaires de procéder à des investigations dans les affaires de l'administration, soit en se faisant livrer tout ou partie de l'un de ses dossiers, soit en interrogeant un fonctionnaire après l'avoir libéré ou fait libérer du secret de fonction, il n'est généralement jamais conféré à un député agissant isolément et selon sa propre initiative (cf. art. 47bis et quater, 50 al. 6 et 7, 53 al. 1 et 2, 59 al. 1 et 2, 61 al. 4 de la loi fédérale sur les rapports entre les conseils; RS 171.11). Il s'agit toujours de pouvoirs exercés exclusivement par des commissions ou sous-commissions. Le règlement du Grand Conseil neuchâtelois ne prévoit en tout cas rien de plus large au profit de ses membres. Par ailleurs, BGE 113 Ia 187 S. 191 les dispositions neuchâteloises sur le secret de fonction (art. 30 à 32 du Statut) ne contiennent rien qui permette d'admettre qu'aux motifs dispensant de l'obligation de témoigner prévus à l' art. 147 CPP , on devrait en ajouter un autre tenant à l'irresponsabilité absolue pour les opinions émises devant le Grand Conseil. Il résulte de ce qui précède que la règle d'immunité posée à l' art. 28 Cst. cant. ne s'étendait pas au refus de témoigner sanctionné par l'amende disciplinaire querellée. 5. a) L' art. 147 ch. 2 CPP neuch. a la teneur suivante: "Peuvent refuser de témoigner: ... 2. Sur les faits qui sont l'objet du secret professionnel ou du secret de fonction, les personnes auxquelles la loi impose un devoir de discrétion en raison de leur état, dans la mesure où elles ne sont pas déliées de leur obligation." Le recourant soutient que, du moment qu'il a eu connaissance des faits secrets contenus dans le dossier No ... en tant que député participant à la tâche de contrôle parlementaire exécuté notamment par voie de question, il ne pouvait être contraint de témoigner sans que le juge d'instruction ait requis et obtenu du Grand Conseil la levée du secret qui le liait. L' art. 147 ch. 2 CPP aurait donc été appliqué de façon arbitraire. b) La décision disciplinaire approuvée par l'arrêt attaqué ne pourrait être taxée d'arbitraire que si les faits en question étaient effectivement couverts par le secret de fonction. Or, en l'espèce, les faits sur lesquels X. a refusé de témoigner n'étaient précisément pas ceux dont traitait le dossier No ..., mais ceux se rapportant à la façon dont il avait eu connaissance du dossier en question, soit à l'identité de son ou de ses informateurs. Ces faits, formant l'objet réel de l'audition du recourant comme témoin, ne sauraient être qualifiés de secrets. En effet, ainsi qu'on l'a déjà relevé, X. ne jouissait individuellement, en tant que député, d'aucun pouvoir d'investigation auprès de l'administration; aucun fonctionnaire n'était donc habilité à lui livrer le contenu d'un dossier de police sans autorisation spéciale (art. 32 du Statut). En outre, le recourant n'a apparemment pu obtenir les renseignements dont il a tiré l'objet de sa question qu'à la suite du comportement d'un ou plusieurs fonctionnaires pouvant tomber sous la sanction de l' art. 320 CP . Que l'intérêt public à la poursuite efficace d'une telle infraction doive l'emporter en pareil cas ( ATF 101 Ia 11 ) est d'autant plus évident BGE 113 Ia 187 S. 192 que le législateur neuchâtelois ne reconnaît aucun droit d'investigation au député agissant individuellement, hors du parlement et hors de toute commission. La Chambre d'accusation pouvait donc, de manière soutenable, retenir que les faits sur lesquels X. avait refusé son témoignage n'étaient pas couverts par le secret de fonction; elle n'a dès lors pas appliqué l' art. 147 ch. 2 CPP de façon arbitraire.
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Urteilskopf 115 Ia 277 44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Mai 1989 i.S. B. gegen Kanton Basel-Landschaft (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4, 22 bis BV und Art. 2 ÜbBest. BV, persönliche Freiheit; Dienstpflicht für Medizinalpersonal im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes. Dem Bunde steht auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung, insbesondere im Bereich des Koordinierten Sanitätsdienstes, keine ausschliessliche Gesetzgebungsbefugnis zu (E. 4). Die Einführung einer Dienstpflicht für männliche und weibliche Medizinalpersonen für den Katastrophen- und Kriegsfall durch den Kanton als Verantwortlichen für das öffentliche Gesundheitswesen und Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes verstösst weder gegen Art. 22bis Abs. 1 und 5 BV (E. 5) noch gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 6). Im vorliegenden Fall hätte jedoch der wesentliche Inhalt der Dienstpflicht, soweit es um die Ausbildung geht, in einem formellen Gesetz umschrieben werden müssen (E. 7). Die Schaffung eines Dienstobligatoriums ist nicht unverhältnismässig und verletzt das verfassungsmässige Recht auf persönliche Freiheit nicht, wenn vorauszusehen ist, dass der Kanton im Katastrophen- oder Kriegsfall den Bedarf an medizinisch ausgebildetem Personal nicht durch freiwillig Dienstleistende decken kann (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 278 BGE 115 Ia 277 S. 278 Am 6. Dezember 1987 stimmte das Volk des Kantons Basel-Landschaft dem Gesetz über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter vom 17. Juni 1987 (ZKG) zu. In den §§ 1-3 wird der Zweck des Gesetzes wie folgt umschrieben: "§ 1 Zweck 1 Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Bundesgesetzgebung über den Zivilschutz, die wirtschaftliche Landesversorgung und den Kulturgüterschutz sowie die Durchführung von Bundesaufgaben für den Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall und bei kriegerischen Ereignissen. 2 Es bildet die Rechtsgrundlage für die Vorbereitung und Durchführung von Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung in den in Absatz i genannten Fällen. Es regelt insbesondere: a. die Sicherstellung der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit, b. die Information und Alarmierung von Bevölkerung und Behörden, c. die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, d. die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens und Koordination mit anderen Sanitätsdiensten, e. die Verlegung von Bevölkerungsteilen, f. die Sicherstellung und Unterstützung der sozialen Institutionen, g. die Aufnahme und Betreuung von Obdachlosen und Flüchtlingen, h. die Instandhaltung der Verkehrswege und öffentlichen Einrichtungen, i. die Zusammenarbeit mit der Armee, k. die Sicherstellung der personellen und materiellen Mittel. § 2 Katastrophenfall Als Katastrophenfall im Sinne dieses Gesetzes gilt ein Sonderereignis, dessen Auswirkungen oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen Rettungsorganisationen übersteigen. § 3 Kriegerische Ereignisse Der Begriff kriegerischer Ereignisse umfasst den von der Bundesbehörde erklärten Neutralitätsschutz oder den Verteidigungsfall sowie den Besetzungsfall." Im Abschnitt B des Gesetzes werden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Kantone und Gemeinden festgelegt, im BGE 115 Ia 277 S. 279 Abschnitt C Ausführungsvorschriften über den Zivilschutz erlassen und im Abschnitt D unter dem Titel "Koordinierter Sanitätsdienst" unter anderem folgendes bestimmt: "§ 26 Grundsatz 1 Der Koordinierte Sanitätsdienst hat zum Ziel, die Behandlung und Pflege aller Patienten im Falle kriegerischer Ereignisse sicherzustellen. 2 Der Koordinierte Sanitätsdienst kann auch zur Hilfeleistung im Katastrophenfall beigezogen werden. 3 Partner im Koordinierten Sanitätsdienst sind: a. das öffentliche Gesundheitswesen des Kantons; b. der Sanitätsdienst des Zivilschutzes, wenn dieser aufgeboten ist; c. der Sanitätsdienst der Armee, wenn dieser aufgeboten ist; d. die privaten sanitätsdienstlichen Organisationen. § 30 Aufgaben der Krankenanstalten 1 Öffentliche und private Krankenanstalten sind verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Patienten aufzunehmen und zu pflegen. 2 In allen Krankenanstalten sind für den Katastrophenfall und für kriegerische Ereignisse Notfallorganisationen mit entsprechendem Personal vorzubereiten. 3 Die Krankenanstalten sind verpflichtet, nach Vorschrift des Regierungsrates Vorräte an Sanitätsmaterial und Medikamenten anzulegen und zu unterhalten. § 31 Medizinal- und weitere Personen 1 Der Regierungsrat kann im Katastrophenfall und bei kriegerischen Ereignissen die in Krankenanstalten, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie in Apotheken und andern Instituten tätigen Medizinal- sowie weitere Personen aufbieten, soweit sie nicht für die Bedürfnisse der Gemeinden benötigt werden. Ebenso kann nicht mehr berufstätiges, medizinisches Fachpersonal zur Hilfeleistung verpflichtet werden. 2 Das für den Koordinierten Sanitätsdienst benötigte Medizinal-, Pflege- und Hilfspersonal sowie das administrative und technische Personal ist verpflichtet, sich für den Einsatz im Koordinierten Sanitätsdienst ausbilden zu lassen." § 44 der Schlussbestimmungen lautet: "1 Der Landrat erlässt Vollzugsbestimmungen insbesondere betreffend Vergütung, Lohnausfall, Spesenersatz und Versicherung. 2 Der Regierungsrat erlässt die dazu erforderlichen Ausführungsbestimmungen." In § 2 Abs. 1 des landrätlichen Dekretes über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter vom 18. Juni 1987 wird ausgeführt, die Ordnung betreffend Vergütung, Erwerbsausfall, Spesenersatz, Materialentschädigung und allfällige Versicherungen habe grundsätzlich jener zu entsprechen, die im Zivilschutz gilt. BGE 115 Ia 277 S. 280 N. B. und weitere Frauen haben § 31 des Gesetzes über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten und dessen Aufhebung verlangt. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, die angefochtene Bestimmung verstosse gegen Art. 2 ÜbBest. BV, gegen das Gleichbehandlungsgebot und gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerinnen machen zunächst geltend, der kantonale Gesetzgeber verletze mit dem Dienst- und Ausbildungsobligatorium, das in § 31 des Gesetzes über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter (ZKG) vorgesehen ist, den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts. Der Koordinierte Sanitätsdienst sei ein Begriff der Gesamtverteidigung und damit des Bundesrechts; alles, was Gesamtverteidigung sei, sei Bundesangelegenheit, so auch der Einsatz der sanitätsdienstlichen Mittel des Landes in den sog. strategischen Fällen. Materiell sei die durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungspflicht dem Zivilschutz zuzuordnen. Der "Schutz der Personen gegen die Auswirkungen von kriegerischen Ereignissen", dessen Regelung nach Art. 22bis BV Bundessache sei, umfasse auch die medizinische Betreuung und somit das Sanitätswesen schlechthin. Art. 2 ÜbBest. BV werde deshalb durch den angefochtenen kantonalen Erlass in doppelter Hinsicht verletzt: Einerseits fiele, da der Koordinierte Sanitätsdienst als Bestandteil der Gesamtverteidigung Bundessache sei, die Einführung einer Dienstpflicht in die ausschliessliche Kompetenz des Bundesgesetzgebers. Andererseits verstosse das in § 31 ZKG vorgesehene Obligatorium gegen Art. 22bis Abs. 5 BV , welcher für Frauen ausdrücklich die Freiwilligkeit der Schutzdienstleistung statuiere. 4. Es trifft zu, dass der sog. Koordinierte Sanitätsdienst im Rahmen der Bemühungen um die Gesamtverteidigung entstanden ist. Zu prüfen ist daher zunächst, ob tatsächlich - wie die Beschwerdeführerinnen behaupten - dem Bund auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung ausschliessliche Gesetzgebungsbefugnis zustehe (vgl. BGE 113 Ia 311 E. 3a). a) Die Idee der Gesamtverteidigung wurde im wesentlichen im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg entwickelt und beruht auf der Erkenntnis, dass sich zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen BGE 115 Ia 277 S. 281 in vielfältigster Form abspielen können und nicht nur gegen die bewaffneten Streitkräfte, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung richten werden. Die Landesverteidigung könne daher, wie es der Bundesrat ausdrückte, nicht mehr ausschliesslich Sache der Armee sein; sie müsse zu einer Gesamtverteidigung erweitert werden, welche auch die zivilen Bereiche des staatlichen Lebens einschliesse (Botschaft vom 30. Oktober 1968 zum Bundesgesetz über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung, BBl 1968 II S. 641). Da die zivilen Massnahmen, insbesondere auf den Gebieten Aussenpolitik, Staatsschutz, Information, Landesversorgung und Zivilschutz, in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Departemente und zahlreicher Dienststellen sowie der Kantone und der Gemeinden fielen, sei eine wirksame Koordination auf Bundesebene unerlässlich (a.a.O. S. 656, 660 f.). Diese Koordinationsaufgabe sowie die Leitung der Gesamtverteidigung überhaupt sind durch das Bundesgesetz über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung vom 27. Juni 1969 (SR 501.1) dem Bundesrat übertragen worden (Art. 1). Ihm zur Seite steht einerseits der Rat für Gesamtverteidigung, der als konsultatives Organ aus Vertretern der Kantone und der verschiedenen Bereiche des nationalen Lebens besteht (Art. 7 und 8). Andererseits wird der Bundesrat bei der Planung, Koordination, Vorbereitung und beim Vollzug der Massnahmen durch den Stab und die Zentralstelle für Gesamtverteidigung unterstützt (Art. 3-6). Der Zentralstelle obliegt zudem die Beratung der Kantone auf dem Gebiet der Gesamtverteidigung (Art. 4 Abs. 2). Diese weitgehend bloss organisatorischen Bestimmungen des Gesetzes über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung sind - abgesehen von den Ausführungsbestimmungen des Bundesrates - bis heute die einzigen bundesrechtlichen Vorschriften geblieben, die sich mit der Gesamtverteidigung als solche befassen. Weitere grundsätzliche Normen sind nicht geschaffen worden. Das heisst allerdings nicht, dass auf diesem Gebiet keine Schritte mehr unternommen worden wären. Insbesondere liess der Bundesrat eine Konzeption der Gesamtverteidigung erarbeiten, welche er am 27. Juni 1973 im Rahmen des Berichtes über die Sicherheitspolitik den Räten vorgelegt hat und die in zustimmendem Sinne zur Kenntnis genommen worden ist (BBl 1973 II S. 112 ff.; Amtl. Bull. 1973 S 725, 1974 N 802). Im BGE 115 Ia 277 S. 282 Jahre 1979 ist ein Zwischenbericht über die Entwicklungen seit 1973 erstattet worden (BBl 1980 I S. 355 f.), während ein weiterer Zwischenbericht über die Sicherheitspolitik demnächst dem Parlament unterbreitet werden soll. b) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass dem Bund auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung zwar eine Leitungs- und Koordinationsfunktion, jedoch keine generelle Rechtsetzungsbefugnis zukommt. Wohl knüpft der Selbstbehauptungsauftrag der Gesamtverteidigung am Zweck des Bundesstaates schlechthin an, die Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen aussen zu behaupten. Die Zweckbestimmung von Art. 2 BV begründet jedoch keine Kompetenz des Bundes (AUBERT, Kommentar zu Art. 2 BV , N 21; HAEFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. A. S. 88 f. Nr. 287). Die Bundesverfassung kennt auch kein Sachgebiet der Gesamtverteidigung. Dem Bund steht daher auf dem Bereich der Gesamtverteidigung nur insoweit Gesetzgebungskompetenz zu, als sie ihm auf den einzelnen Teilgebieten durch die Verfassung übertragen worden ist. Das trifft etwa für das Militärwesen, die Aussenpolitik, den Zivilschutz usw. zu, gilt aber, wie bereits angetönt, nicht für alle Gebiete, die für die Gesamtverteidigung eine Rolle spielen. Zu den Obliegenheiten der Kantone, die im Bericht über die Sicherheitspolitik von 1973 einzeln aufgezählt werden (BBl 1973 II S. 146), gehören nicht nur Massnahmen, die in Vollzug des Bundesrechts zu treffen sind, sondern auch Aufgaben, die die Kantone in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich wahrzunehmen haben, so unter anderem die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens. Durch die Einführung und den Ausbau der Gesamtverteidigung ist somit an der bestehenden Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Kantonen nichts geändert worden. Der Vorwurf der Beschwerdeführerinnen, der Kanton Basel-Landschaft habe Art. 2 ÜbBest. BV allein schon verletzt, weil er auf einem zur Gesamtverteidigung gehörenden Gebiet Recht gesetzt habe, geht daher fehl. 5. Zu untersuchen ist im weiteren die Rüge, der durch § 31 ZKG vorgeschriebene Dienst sei - wie der Koordinierte Sanitätsdienst überhaupt - "materiell Zivilschutzdienst"; die angefochtene Bestimmung verstosse deshalb gegen Art. 22bis Abs. 1 BV , der die Gesetzgebung über den Zivilschutz dem Bunde vorbehalte, und insbesondere gegen Art. 22bis Abs. 5 BV , welcher die Freiwilligkeit der Schutzdienstpflicht der Frauen gewährleiste. BGE 115 Ia 277 S. 283 a) Gemäss Art. 22bis Abs. 1 BV ist die Gesetzgebung über den zivilen Schutz der Personen und Güter gegen Auswirkungen von kriegerischen Ereignissen Bundessache. Der Zivilschutz bezweckt nach Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Zivilschutz vom 23. März 1963 (ZGS/SR 520.1) den Schutz, die Rettung und die Betreuung von Personen und den Schutz der Güter durch Massnahmen, die bestimmt sind, die Auswirkungen bewaffneter Konflikte zu verhindern und zu mildern. Als Massnahmen fallen insbesondere in Betracht (Art. 2 ZGS): Aufklärung der Bevölkerung über Gefahren und Schutzmöglichkeiten, Schutz- und Rettungsmassnahmen (Alarmierung, Verdunkelung, Brandschutz und Brandbekämpfung, Rettung von Personen und Sachen, Massnahmen gegen atomare und chemische Einwirkungen usw.) sowie Betreuungsmassnahmen (Hilfe für Verletzte, Gebrechliche und Kranke, Sorge für Obdach- und Hilflose). Zur Vorbereitung und Durchführung dieser Massnahmen werden örtliche Schutzorganisationen, Betriebsschutzorganisationen und Schutzraumorganisationen gebildet ( Art. 14 ZSG ). Das Hauptgewicht der Aufgaben des Zivilschutzes liegt seit der Zustimmung des Parlamentes zur Konzeption 1971 und der darauffolgenden Anpassung des Zivilschutzgesetzes bei den vorbeugenden Massnahmen, während zuvor die Rettungs- und Hilfsmassnahmen im Vordergrund standen (vgl. Konzeption des schweizerischen Zivilschutzes 1971, BBl 1971 II S. 523 f., 537, 549; Botschaft über die Änderung des Zivilschutzgesetzes vom 25. August 1976, BBl 1976 III S. 351 ff.; GIORGIO MALINVERNI, Kommentar zu Art. 22bis BV , Fussnote 12). Nach Art. 22bis Abs. 7 BV kann der Zivilschutz auch "zur Nothilfe", das heisst sowohl in Zeiten aktiven Dienstes wie auch in Friedenszeiten für Hilfeleistungen bei Katastrophen eingesetzt werden ( Art. 1 Abs. 3 ZSG ). Beim Einsatz im Falle von Natur- oder sog. Zivilisationskatastrophen handelt es sich jedoch nur um eine Nebenaufgabe des vorwiegend auf die Landesverteidigung ausgerichteten Zivilschutzes zur Unterstützung der Kantone und Gemeinden (vgl. BBl 1961 III S. 362; GIORGIO MALINVERNI, a.a.O. N 9 und 10; BERNHARD STADLIN, Die rechtlichen Probleme des Einsatzes der Schweizer Armee und des Zivilschutzes zur Katastrophenhilfe, Diss. Basel 1982 S. 18, 85 f.). Dementsprechend können die Zivilschutzorganisationen für die Katastrophenhilfe direkt von den Kantonen und Gemeinden aufgeboten werden ( Art. 4 Abs. 3 und 4 ZSG ). BGE 115 Ia 277 S. 284 Nach der in der Lehre herrschenden Meinung ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Zivilschutzes eine ausschliessliche und umfassende (GIORGIO MALINVERNI, a.a.O. N 15; JEAN-FRANCOIS AUBERT, Traité de droit constitutionnel, Bd. I S. 266 N 697; YVO HANGARTNER, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, S. 183; HANS ENGLER, Die Zivilschutzorganisation in der Schweiz, Diss. Bern 1970, S. 70). Vereinzelt wird allerdings auch die Auffassung vertreten, es sei nicht einzusehen, weshalb die Kantone auf diesem Gebiet nicht Zusätzliches anordnen könnten (PETER SALADIN, Kommentar zu Art. 3 BV N 205). Wie dem sei, kann hier offenbleiben. Ausschlaggebend ist im vorliegenden Fall allein, dass der Zivilschutz so, wie er in der Verfassung und im Bundesgesetz vorgesehen ist, von seiner Organisation und seiner Aufgabe her nicht dazu bestimmt ist, im Kriegs- und Katastrophenfall das gesamte Sanitätswesen im zivilen Bereich zu übernehmen. Insbesondere kann mangels einer entsprechenden Verfassungsnorm keine Rede davon sein, dass das in Normalzeiten in den Zuständigkeitsbereich der Kantone und Gemeinden fallende öffentliche Gesundheits- und Spitalwesen nach dem Aufgebot der Zivilschutzorganisationen von diesen zu besorgen oder diesen zu unterstellen sei. Eine solche Änderung der Kompetenzordnung kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Zivilschutzorganisation ebenfalls einen Sanitätsdienst umfasst (Art. 22 Abs. 1 lit. f der Verordnung über den Zivilschutz vom 27. November 1978). Wie schon in der Botschaft zum Bundesgesetz festgehalten worden ist, kann dieser nur erste Behandlungen übernehmen und ist auf die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Spitalwesen und privaten Institutionen angewiesen (BBl 1961 II S. 49). Die Annahme der Beschwerdeführerinnen, der Bund habe sich mit Art. 22bis BV die Gesetzgebung auf dem gesamten Gebiet des Sanitätswesens im Kriege vorbehalten wollen, kann daher nicht richtig sein. Gegen sie sprechen denn auch die Anstrengungen, die die Bundesbehörden gemeinsam mit den Kantonen zur Regelung der sanitätsdienstlichen Zusammenarbeit im Kriegsfall unternommen haben: b) Ausgehend vom Gedanken, dass sich bei kriegerischen Ereignissen verschiedene militärische und zivile Organisationen in die ärztliche Versorgung von Kranken, Verwundeten und Pflegebedürftigen zu teilen hätten und diese sanitätsdienstlichen Mittel aufeinander abgestimmt werden müssten (BBl 1973 II S. 141), ist im Rahmen der Gesamtverteidigung der sog. Koordinierte BGE 115 Ia 277 S. 285 Sanitätsdienst geschaffen worden. Dessen Vorbereitung übertrug der Bundesrat mit Verordnung vom 1. September 1976 dem Oberfeldarzt und beauftragte ihn namentlich mit der Ausarbeitung eines Konzeptes (SR 503.31; Art. 3 Abs. 1 lit. a). Der dem Beauftragten zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellte Ausschuss des Stabes für Gesamtverteidigung veröffentlichte am 1. Dezember 1980 ein Konzept des Koordinierten Sanitätsdienstes, das, abgesehen vom Normalfall, für alle ausserordentlichen strategischen Situationen bzw. alle sog. strategischen Fälle (Krisenfall, Neutralitätsschutzfall, Verteidigungsfall, Katastrophenfall) gelten soll. Als mögliche Partner, die im Koordinierten Sanitätsdienst zusammenarbeiten, werden das öffentliche Gesundheitswesen des Bundes, der Kantone und Gemeinden, der Zivilschutzsanitätsdienst, der Armeesanitätsdienst und private Organisationen genannt. Zu den Aufgaben dieser Partner wird ausgeführt, dass die Kantone in allen strategischen Fällen das öffentliche Gesundheitswesen aufrechtzuerhalten hätten, während die Zivilschutzorganisationen in Zeiten aktiven Dienstes die Erstversorgung der Patienten aus dem zivilen Bereich übernehmen sollten und der Armeesanitätsdienst ein Dispositiv zu beziehen habe, das in erster Linie den Bedürfnissen der Armee Rechnung trägt. Die privaten Organisationen, wie das Schweizerische Rote Kreuz oder der Samariterbund, sollen die Partner vor allem in personeller Hinsicht unterstützen. Als Mittel stehen den Kantonen die öffentlichen und privaten Krankenhäuser sowie das nicht militär- oder schutzdienstpflichtige Spitalpersonal und die frei praktizierenden Ärzte, Zahnärzte und Apotheker zur Verfügung. Den Zivilschutzorganisationen sind die sanitätsdienstlichen Zivilschutzeinrichtungen zugewiesen - mit Ausnahme der Anlagen, die von den Organen des öffentlichen Gesundheitswesens betrieben werden - sowie das in den Zivilschutzorganisationen eingeteilte Sanitätspersonal. Der Armeesanitätsdienst verfügt über die Militärspitäler, -apotheken und -labors sowie über das in den Sanitätsformationen der Basis eingeteilte Personal. Schliesslich wird im Konzept ausdrücklich festgehalten, dass die zivilen Behörden, der Zivilschutz und die Armee die ihnen im sanitätsdienstlichen Bereich übertragenen Aufgaben im Rahmen ihrer eigenen Organisationen zu lösen haben und ihre Sanitätsdienste für gemeinsame Aktionen koordiniert werden. c) Aus diesem Konzept, auf das sich der basellandschaftliche Gesetzgeber bei der Schaffung der §§ 26-32 ZKG offensichtlich gestützt hat, geht klar hervor, dass keineswegs jede medizinische Betreuung, BGE 115 Ia 277 S. 286 die im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes erfolgt, dem Zivilschutz zuzuordnen ist und von Art. 22bis BV erfasst wird. Koordinierter Sanitätsdienst ist ein Zusammenwirken verschiedener selbständiger Partner auf sanitätsdienstlichem Gebiete im Falle kriegerischer Ereignisse. Trotz der Zusammenarbeit bleiben die Organisationen, Verantwortlichkeiten und Mittel der einzelnen Partner getrennt und werden zumindest die Hauptaufgaben unter ihnen aufgeteilt. Was den zivilen Bereich anbelangt, obliegt dem Zivilschutzsanitätsdienst vor allem die erste Hilfeleistung an Verletzte und Kranke, während das öffentliche Gesundheitswesen bzw. das Spitalwesen der Kantone auch in Kriegszeiten die Hauptlast der chirurgischen Versorgung und der Pflege der spitalbedürftigen zivilen Patienten zu tragen hat. Dies würde übrigens auch gelten, wenn ein Kanton - was ihm freistünde - sich nicht zur Mitarbeit im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes entschliessen könnte. Damit erweist sich die Rüge, § 31 ZKG lasse sich nicht mit den Verfassungsbestimmungen über den Zivilschutz vereinbaren, als unbegründet. d) Dass die ursprüngliche Kompetenz der Kantone auf dem Gebiete des Gesundheitswesens und der Katastrophenbewältigung (vgl. §§ 93 und 110 f. der basellandschaftlichen Kantonsverfassung) diesen gestattet, für Katastrophenfälle, die nicht auf kriegerische Ereignisse zurückzuführen sind, auf dem Wege der Gesetzgebung vorzusorgen, bestreiten selbst die Beschwerdeführerinnen nicht. Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch, dass das Bundesrecht die Kantone auch nicht hindert, in ihrer Eigenschaft als Verantwortliche für das öffentliche Gesundheitswesen und selbständige Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes für den Kriegsfall gesetzgeberisch tätig zu werden und insbesondere eine obligatorische Dienstpflicht auch für Frauen einzuführen. Es zeigt sich aber auch, dass die Ausbildung und der Einsatz der aufgrund von § 31 ZKG dienstverpflichteten Personen nur im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens erfolgen kann. Eine Abtretung dieses Personals an andere Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes oder auch nur eine vorübergehende Unterstellung unter deren Führung - sei es während der Ausbildung oder im Katastrophen- oder Kriegseinsatz - wäre unzulässig, da sonst tatsächlich auf dem Umweg über den Koordinierten Sanitätsdienst ein Zivilschutz- oder Militärdienstobligatorium für Frauen geschaffen würde (so auch das Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 3. Juni 1986, VP 51/1987 Nr. 27 S. 165 ff.). BGE 115 Ia 277 S. 287 6. Nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen verletzt das durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungsobligatorium das Rechtsgleichheitsgebot, da ausschliesslich Frauen einer bestimmten Berufskategorie verpflichtet würden, nämlich jene, die im Gesundheitswesen tätig gewesen seien oder noch seien. Dadurch ergebe sich eine durch nichts zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Frauen. Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1 BV , wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen ( BGE 114 Ia 2 , 12 E. 3a, 323 E. 3a). Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass kein vernünftiger Grund für eine Dienstverpflichtung von Männern oder Frauen mit Medizinalberufen gegeben sei. Nach dem Konzept des Koordinierten Sanitätsdienstes muss damit gerechnet werden, dass sich in Kriegszeiten die Zahl der Spitalpflege benötigenden Patienten gegenüber den Normalzeiten innerhalb von 24 Stunden um das Dreifache erhöht, die Zahl der chirurgisch zu behandelnden Patienten um das Fünffache und die Zahl der Notfälle um das Zehnfache (Konzept S. 6). Auch bei Katastrophen können Massen von Verletzten anfallen. Dass die rasche und richtige Behandlung dieser Patienten nur gewährleistet werden kann, wenn zusätzliches Fachpersonal eingesetzt werden kann, ist offensichtlich (vgl. auch hinten E. 8). Allerdings ist einzuräumen, dass in Notzeiten auch auf anderen für die Gesamtverteidigung wichtigen Gebieten - so etwa im Transport-, Übermittlungs- oder Versorgungswesen - Bedarf nach zusätzlichen Fachleuten entstehen kann, welcher durch die Verpflichtung noch nicht eingesetzter, allenfalls nicht mehr berufstätiger Spezialisten und Spezialistinnen gedeckt werden könnte. Indessen kommt im Kriegs- und Katastrophenfall den Massnahmen zur Lebensrettung und Heilung eine derart vorrangige Bedeutung zu, dass es sich rechtfertigt, eine obligatorische Dienstpflicht vorweg nur für medizinisches Fachpersonal vorzusehen. Übrigens machen die Beschwerdeführerinnen selbst nicht geltend, dass die Dienstverpflichtung auf weitere Berufskategorien ausgedehnt werden müsse. 7. Die Beschwerdeführerinnen bringen im weiteren vor, falls die Einführung einer obligatorischen Dienstpflicht auf dem Gebiete des öffentlichen kantonalen Gesundheitswesens verfassungsrechtlich BGE 115 Ia 277 S. 288 möglich sein sollte, so müsste auf Gesetzesebene geregelt werden, in welchem Rechtsverhältnis die verpflichteten Personen zum Staat stünden. Staatliche Eingriffe in das Grundrecht der persönlichen Freiheit bedürften einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, in welcher der Status der Verpflichteten hinreichend konkret umschrieben werde. Als solche Grundlage könnten weder § 31 noch § 44 ZKG oder das landrätliche Dekret vom 18. Juni 1987 über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter gelten, da es an der minimalsten Umschreibung des Inhalts und der Grenzen der Dienstpflicht fehle. a) Durch die in § 31 vorgesehene obligatorische Ausbildungs- und Dienstpflicht werden die Betroffenen gezwungen, in ein besonderes Rechtsverhältnis zum Staat zu treten. Die zwangsweise Begründung eines Sonderstatutsverhältnisses bedarf als schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit einer klaren Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinne. Zudem muss - wie das Bundesgericht erstmals in BGE 99 Ia 269 am Beispiel der Haft ausgeführt hat - der wesentlichste Inhalt des Rechtsverhältnisses durch ein formelles Gesetz umschrieben sein und darf nur die Regelung der Einzelheiten vom Gesetzgeber an die Exekutive delegiert werden (vgl. BGE 112 Ia 112 f. E. 3b, BGE 111 Ia 237 E. 5aa, BGE 106 Ia 282 E. 3d). Darüber hinaus haben grundrechtsbeschränkende Normen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung einen gewissen Grad an Bestimmtheit aufzuweisen. Soll - so ist in BGE 109 Ia 283 in Anlehnung an DUBS (Die Forderung der optimalen Bestimmtheit belastender Rechtsnormen, ZSR 93/1974 II S. 225) dargelegt worden - der Gesetzesvorbehalt eine möglichst wirksame rechtsstaatliche Schranke bilden, so muss verlangt werden, dass die belastende, in ein Individualrecht eingreifende Norm einen optimalen Grad der Bestimmtheit aufweist und nicht unnötig wesentliche Wertungen der Gesetzesanwendung überlässt. Dabei hängt der erforderliche Bestimmtheitsgrad unter anderem von der Vorhersehbarkeit der Verhältnisse, der Einfachheit oder Vielfalt der Materie und der sofort oder erst bei der Gesetzesanwendung möglichen Konkretisierung ab ( BGE 109 Ia 284 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Übrigens stellt auch die basellandschaftliche Kantonsverfassung vom 17. Mai 1984 (KV) Bedingungen für Eingriffe in Freiheitsrechte auf. Gemäss § 15 Abs. 2 KV bedürfen Einschränkungen der Grundrechte einer gesetzlichen Grundlage und müssen schwerwiegende Einschränkungen im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein. BGE 115 Ia 277 S. 289 Vorbehalten bleiben allerdings Fälle ernster, unmittelbarer und offensichtlicher Gefahr (§ 15 Abs. 2 Satz 2). Allgemein gilt, dass alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in Form des Gesetzes zu erlassen sind (§ 63 Abs. 1 KV). b) Den genannten, in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der kantonalen Verfassung aufgestellten Anforderungen genügt § 31 ZKG nur zum Teil. Soweit in § 31 Abs. 1 ZSR eine Pflicht zur Dienstleistung im Katastrophen- oder Kriegsfall vorgesehen wird, erscheint das Gesetz als ausreichend bestimmt. Welche Personen von der Dienstpflicht betroffen werden, ist klar umschrieben. Soweit möglich werden in § 31 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2 und 3 ZKG auch die Voraussetzungen für ein Aufgebot genannt, nämlich, dass ein Sonderereignis eintrete, dessen Auswirkungen oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen Rettungsorganisationen übersteigen, oder dass sich der Neutralitätsschutz-, Verteidigungs- oder Besetzungsfall ergebe. Weitere Angaben über Inhalt und Umfang des Ernstfall-Einsatzes können nicht verlangt werden; dieser richtet sich grundsätzlich nach den Bedürfnissen, die nicht vorhersehbar sind. In Krisen- und Notzeiten, wie sie in §§ 2 und 3 ZKG umschrieben sind, muss der Staat sämtliche zum Über- und Weiterleben erforderlichen materiellen und personellen Mittel grundsätzlich unbeschränkt einsetzen können und ist den Behörden, die den wechselnden Bedrohungen rasch und wirksam entgegenzutreten haben, die nötige Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu belassen. Insoweit kann sich der kantonale Gesetzgeber sinngemäss auf den in § 15 Abs. 2 Satz 2 KV enthaltenen Vorbehalt berufen. Anders liegen die Dinge bei der Ausbildungspflicht (§ 31 Abs. 2 ZKG). Welche Belastung sie für die Betroffenen mit sich bringt, kann ohne weiteres vorausgesehen werden und ist, wie dargelegt, in den Grundzügen im Gesetz selber zu umschreiben. Dabei fallen Angaben über Altersgrenzen, Tauglichkeitsanforderungen, Ausbildungsdauer, Befreiungs- und Dispensationsmöglichkeiten usw. in Betracht, ähnlich wie sie etwa im Bundesgesetz über den Zivilschutz enthalten sind (vgl. insbesondere Art. 34 und 43). Jedenfalls sollen sich die Verpflichteten aufgrund des Gesetzes selbst ein grobes Bild darüber machen können, inwieweit ihre persönliche Freiheit eingeschränkt wird. Da § 31 Abs. 2 ZKG, wie die Beschwerdeführerinnen zu Recht beanstanden, nichts über den wesentlichen Inhalt des durch die Ausbildungspflicht begründeten BGE 115 Ia 277 S. 290 besonderen Rechtsverhältnisses aussagt, vermag diese Norm als Grundlage für einen Eingriff in verfassungsmässige Rechte nicht zu genügen. c) Nun hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft in der Vernehmlassung darauf hingewiesen, dass sich die Auswirkungen der neuen Dienstpflicht auf die Betroffenen erst aus Gesetz, Dekret und Verordnung zusammen ergäben, und damit offenbar geltend machen wollen, eine allenfalls zu knappe Regelung in § 31 werde durch die Delegationsbestimmung von § 44 ZKG wettgemacht. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist jedoch die Delegation der gesetzgebenden Gewalt an die Exekutive nur zulässig, wenn die dem Referendum unterstellte Delegationsnorm zumindest die Grundzüge der Regelung enthält, durch die in Freiheitsrechte eingegriffen wird ( BGE 103 Ia 374 ff. E. 3, 382 E. 6a-c; BGE 112 Ia 112 f. E. 3b). Dieser Mindestanforderung des ungeschriebenen Verfassungsrechts entspricht § 44 ZKG offensichtlich nicht. Darüber hinaus steht diese Norm, soweit sie alle wichtigen Belange der Ausbildungspflicht, ausgenommen die Vergütungs-, Lohnausfall-, Spesenersatz- und Versicherungsfragen, dem Regierungsrat zur Ordnung überlässt, mit den Bestimmungen der basellandschaftlichen Kantonsverfassung in Widerspruch: Wie bereits dargelegt, hat gemäss § 63 Abs. 1 KV der Landrat alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu erlassen und darf nach § 36 Abs. 1 KV die Befugnis zu deren Erlass nicht auf andere Organe übertragen werden. In der Form des Dekretes - das der Volksabstimmung nicht unterliegt - darf der Landrat nur ausführende Bestimmungen erlassen, soweit ein Gesetz ausdrücklich dazu ermächtigt (§ 63 Abs. 3 KV). Dem vom demokratischen Gedanken geprägten Gebot, alles Grundlegende und Wesentliche auf Gesetzesstufe und nicht auf einer anderen Ebene zu regeln, hätte auch bei der Einführung der umstrittenen obligatorischen Ausbildungspflicht nachgelebt werden sollen. Die Existenz einer Delegationsnorm vermag daher nichts daran zu ändern, dass die rudimentäre Bestimmung von § 31 Abs. 2 ZKG für die vorgesehene Beschränkung der persönlichen Freiheit keine genügende gesetzliche Grundlage bildet. Die Beschwerde muss deshalb teilweise gutgeheissen und § 31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes aufgehoben werden. 8. Schliesslich bringen die Beschwerdeführerinnen vor, das durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungsobligatorium sei unverhältnismässig, weil nicht erwiesen sei, dass das BGE 115 Ia 277 S. 291 öffentliche Gesundheitswesen im Katastrophen- und Kriegsfall nur durch eine obligatorische Verpflichtung von Medizinalpersonen und nicht auch durch freiwillige Dienstleistungen sichergestellt werden könne. Auch damit beklagen sich die Beschwerdeführerinnen sinngemäss über eine Verletzung der persönlichen Freiheit. Zu diesem Vorwurf hat der Regierungsrat in der Vernehmlassung ausgeführt, der Kanton Basel-Landschaft verfüge in den Kantonsspitälern Liestal und Bruderholz über 949 Betten, die beispielsweise im Jahre 1986 durch rund 18 500 Patienten belegt worden seien. Aufgrund vertraglicher Abmachungen nehme zudem der Kanton Basel-Stadt jährlich etwa 4000 Patienten aus dem Kanton Basel-Landschaft auf. Diese Hospitalisationsmöglichkeit im Nachbarkanton könne bei grossen Katastrophen wegfallen. Bei Aufgebot der Armee und des Zivilschutzes reduziere sich die Zahl des noch zur Verfügung stehenden Spitalpersonals auf 60%. Auch sei im Kriegsfall der Einsatz der Ausländer nicht mehr gesichert. Bei kriegerischen Ereignissen habe aber der Kanton zusätzliche geschützte Operationsstellen und Notspitäler für weitere 1500 Patienten zu betreiben und stünde nur Spitalpersonal für 1000 Betten zur Verfügung. Aus diesen Zahlen ergibt sich klar, dass im Kanton Basel-Landschaft im Katastrophen- oder Kriegsfall ein zusätzlicher Bedarf an Spitalpersonal entsteht, der nur durch Beizug von nicht bereits dienstpflichtigem Fachpersonal gedeckt werden kann. Diese Notwendigkeit wird von den Beschwerdeführerinnen auch nicht bestritten, doch machen sie geltend, es gebe genügend Freiwillige, die bei Katastrophen zum Einsatz gelangen könnten. Es mag sein und ist sogar anzunehmen, dass sich im Katastrophenfall oder bei Hereinbrechen kriegerischer Ereignisse viele Freiwillige, vor allem Frauen, zur Mithilfe im Spitaldienst oder auf anderen Gebieten bereit erklären. Diese Hilfe wird jedoch in vielen Fällen mangels rechtzeitiger Organisation und genügender Ausbildung zu spät kommen oder nur von beschränkter Wirkung sein. Selbst Personen, die bereits in Spitälern arbeiten oder gearbeitet haben, müssen auf ihren Einsatz in Notzeiten vorbereitet werden, da im Kriegsfall andere Arbeitsbedingungen herrschen. So wird in engen, teils unterirdischen Einrichtungen im 24-Stunden-Betrieb mit anderem Material und nur einem beschränkten Angebot an Mitteln gearbeitet werden müssen. Zudem ist, um einer möglichst grossen Zahl von Patienten das Überleben zu gestatten, eine BGE 115 Ia 277 S. 292 andere Medizin zu praktizieren als in Normalzeiten. Ein Einsatz zusätzlicher Dienstwilliger kann unter solchen Umständen nur Sinnvoll sein, wenn diese bereits in ihre Aufgaben eingeführt, also ausgebildet wurden. Mit Ausbildungsdiensten auf freiwilliger Basis sind aber sowohl im Kanton Basel-Landschaft wie auch gesamtschweizerisch fast durchwegs schlechte Erfahrungen gemacht worden. Im Anschluss an die Katastrophe von Schweizerhalle haben nach Angaben des basellandschaftlichen Regierungsrates an den von den Fachkreisen geforderten Weiterausbildungskursen nur knapp zwanzig von den rund 800 in der Region frei praktizierenden Ärzten teilgenommen. Gemäss dem Bericht über die Mitwirkung der Frau in der Gesamtverteidigung vom April 1987, der von den Beschwerdeführerinnen selbst zitiert wird, leisten heute in der ganzen Schweiz etwa 15 000 Frauen freiwillig Zivilschutzdienst, während sich der Sollbestand der weiblichen Zivilschutzangehörigen auf über 100 000 beläuft. Der Rotkreuzdienst, der ausschliesslich sanitätsdienstliche Aufgaben im Rahmen der Armee zu erfüllen hat, kämpft seit Jahren mit schwerwiegenden Bestandesproblemen. Für den militärischen Frauendienst, der unter anderem ebenfalls Einsatzmöglichkeiten in Spitälern anbietet, gilt Ähnliches. Bei dieser Sachlage kann dem basellandschaftlichen Gesetzgeber kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sich das zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens benötigte Spitalpersonal durch ein Dienst- und Ausbildungsobligatorium sichern will. Nur auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Kanton im Katastrophen- und Kriegsfall den ihm obliegenden sanitätsdienstlichen Aufgaben nachkommen kann. Das Obligatorium steht - mit Blick auf die auf dem Spiele stehenden Werte - in einem vernünftigen Verhältnis zum Gesetzeszweck und schiesst entgegen der Meinung der Beschwerdeführerinnen nicht über das angestrebte Ziel hinaus. 9. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Schaffung einer Ausbildungs- und Dienstpflicht im genannten Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes im Kanton Basel-Landschaft an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Indessen hält § 31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes mangels jeglicher Umschreibung der Ausbildungspflicht vor dem Legalitätsprinzip nicht stand und muss daher aufgehoben werden.
public_law
nan
de
1,989
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Federation
436338b8-4335-43d0-b221-5358280a0cb7
Urteilskopf 104 V 14 4. Urteil vom 17. März 1978 i.S. Krankenkasse INTRAS gegen Schmuckli und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG und Art. 1 der Verfügung 8 des Eidgenössischen Departementes des Innern über die Krankenversicherung. - Die psychotherapeutische Behandlung durch nichtärztliche Psychotherapeuten und Psychologen stellt keine Pflichtleistung im Sinne des KUVG dar (Erw. 2). - Zur Auslegung von Kassenbestimmungen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 104 V 14 S. 14 A.- Schmuckli schloss am 10. April 1975 mit der "Genfer Lebensversicherungs-Gesellschaft" eine Spitalversicherung ab; zusätzlich versicherte er sich bei der Krankenkasse INTRAS für Arzt- und Arzneikosten. Mit Zeugnis vom 29. Juni 1976 bestätigte Dr. med. M., Schmuckli benötige wegen hochgradiger vegetativer Dystonie eine Kur mit autogenem Training. Er wies den Versicherten an Dr. phil. F., welcher in der Zeit von Mai bis Juli 1976 während insgesamt 22 Stunden Psychotherapie durchführte und hiefür Rechnung im Betrag von Fr. 2'200.- stellte. Die Krankenkasse lehnte eine Kostenübernahme der Behandlung ab mit der Begründung, Dr. F. sei kein Arzt im Sinne von Art. 21 KUVG . Auf Einsprache des Versicherten erliess sie am 31. August 1976 eine gleichlautende Verfügung ( Art. 30 Abs. 1 KUVG ). B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft hiess eine hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 24. November 1976 gut und verpflichtete die Kasse, die Kosten der psychotherapeutischen Behandlung zu übernehmen. BGE 104 V 14 S. 15 Als massgebend hiefür erachtete das Gericht eine Bestimmung des Kassenreglementes, gemäss welcher die Kosten psychotherapeutischer Behandlungen von der 30. Sitzung an lediglich noch im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der geltenden kantonalen Arzttarife vergütet werden. Mangels einer Bestimmung, wonach nur ein Arzt für solche Behandlungen in Betracht falle, müsse hieraus geschlossen werden, dass die Kosten der vorangehenden Behandlung ohne Einschränkungen übernommen würden. Selbst wenn das Reglement nicht als eindeutig zu erachten wäre, dürfe es nicht zum Nachteil des Kassenmitgliedes ausgelegt werden. Dem Vertrauensprinzip komme um so grössere Bedeutung zu, als die Versicherung bei der Krankenkasse INTRAS zusätzlich zu einer Spitalversicherung bei einer Privatversicherungsgesellschaft abgeschlossen worden sei. C.- Die Krankenkasse INTRAS erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Sie macht geltend, nach Gesetz und Rechtsprechung seien die Kassen nicht verpflichtet, die Kosten der Behandlung durch Psychologen zu übernehmen. Unerheblich sei die Rechtsform der Kasse und deren allfällige Zusammenarbeit mit einer Privatversicherungsgesellschaft. Im übrigen begründe auch eine kantonale Bewilligung zur Berufsausübung noch keine Leistungspflicht der Kasse. Schmuckli lässt sich dahingehend vernehmen, die Pflicht der Kasse zur Übernahme der streitigen Behandlungskosten ergebe sich aus den gesetzlichen Bestimmungen, jedenfalls aber aus dem massgebenden Kassenreglement. Das Bundesamt für Sozialversicherung äussert sich zur Auslegung des Kassenreglementes und beantragt Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG haben die Leistungen der Krankenversicherung bei ambulanter Behandlung mindestens zu umfassen die ärztliche Behandlung (lit. a), die von einem Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen (lit. b), die von einem Arzt verordneten Arzneimittel (lit. c) und angeordneten Analysen (lit. d) sowie die Behandlung durch einen Chiropraktor (lit. e). BGE 104 V 14 S. 16 Als ärztliche Behandlung im Sinne von lit. a der Bestimmung gilt gemäss Verfügung 8 des Eidgenössischen Departementes des Innern über die Krankenversicherung vom 16. Dezember 1965 auch die Psychotherapie, mit Ausnahme der analytisch-tiefenpsychologisch orientierten Methoden. b) Ärzte im Sinne des KUVG sind diejenigen Personen, welche das eidgenössische Diplom besitzen ( Art. 21 Abs. 1 KUVG ). Personen, denen ein Kanton auf Grund eines wissenschaftlichen Befähigungsausweises die Bewilligung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erteilt hat, sind ihnen innerhalb der Schranken dieser Bewilligung gleichgestellt ( Art. 21 Abs. 2 KUVG ). Gestützt auf Art. 21 Abs. 6 KUVG hat der Bundesrat mit der Vo VI über die Krankenversicherung vom 11. März 1966 nähere Bestimmungen über die Zulassung von medizinischen Hilfspersonen in der Krankenversicherung erlassen. Gemäss Art. 1 der Verordnung sind als medizinische Hilfspersonen, die auf Anordnung eines Arztes wissenschaftlich anerkannte Heilanwendungen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. b KUVG vornehmen, Personen zugelassen, die den Beruf eines Masseurs, Heilgymnasten, Physiotherapeuten, einer Krankenschwester oder eines Krankenpflegers selbständig und auf eigene Rechnung ausüben und die in der Verordnung genannten Zulassungsbedingungen erfüllen. 2. Nach der gesetzlichen Ordnung gehört die Psychotherapie, mit Ausnahme der analytisch-tiefenpsychologischen Methoden, zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen. Voraussetzung ist indessen, dass sie durch einen Arzt im Sinne von Art. 21 Abs. 1 und 2 KUVG vorgenommen wird. Keine gesetzliche Leistungspflicht besteht, wenn die Behandlung von einem Psychotherapeuten oder Psychologen, der nicht Arzt ist, durchgeführt wird. Die Tätigkeit dieser Personen kann nicht als ärztliche Behandlung im Sinne des KUVG gelten. Psychotherapeuten und Psychologen sind auch keine medizinischen Hilfspersonen nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. b des Gesetzes und der Vo VI über die Zulassung der medizinischen Hilfspersonen. Schliesslich hat ihnen der Gesetzgeber auch nicht eine dem Chiropraktor vergleichbare Stellung als Medizinalperson verliehen. Auf Grund dieser als abschliessend zu erachtenden Regelung kann die Tätigkeit der nichtärztlichen Psychotherapeuten und Psychologen zu keinen Pflichtleistungen BGE 104 V 14 S. 17 im Sinne des KUVG Anlass geben. Unerheblich ist, ob die Behandlung auf Anordnung eines Arztes erfolgt und ob der Psychotherapeut oder Psychologe über eine kantonale Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung verfügt oder nicht. Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers besteht daher auch im vorliegenden Fall keine Leistungspflicht der Kasse auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen. 3. Ausser den gesetzlichen Pflichtleistungen haben die Kassen auch diejenigen Leistungen zu erbringen, zu welchen sie sich durch Vertrag und Statuten verpflichtet haben. a) Während die Statuten der Krankenkasse INTRAS keine Bestimmungen zur hier streitigen Frage enthalten, heisst es in Art. 10 des am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Reglementes betreffend die "Kombinierte Versicherung der Arzt- und Arzneikosten" (Ziff. 10.1): "INTRAS vergütet: a) die Kosten für ärztliche Behandlung (Arzt- und Untersuchungskosten). Indessen werden die Kosten psychotherapeutischer Behandlungen von der 30. Sitzung an lediglich noch im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der geltenden kantonalen Arzttarife vergütet..." Der Beschwerdegegner macht geltend, daraus gehe e contrario hervor, dass die Kasse für die Kosten psychotherapeutischer Behandlungen bis zur 29. Sitzung vorbehaltlos aufzukommen habe. Die Vorinstanz hat dieser Auffassung unter Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben im Ergebnis beigepflichtet. Als massgebend hiefür erachtete sie, dass es im Reglement an einer Bestimmung fehlt, dergemäss lediglich ein Arzt für eine solche Behandlung in Betracht fällt. b) Es ist unbestritten, dass die Kasse auf Grund von Art. 10 des Reglementes bei psychotherapeutischen Massnahmen Leistungen gewährt, die über die gesetzlichen Pflichtleistungen hinausgehen. Streitig ist der Umfang dieser freiwilligen Leistungen. Weil die anerkannten Krankenkassen auch mit Bezug auf die freiwilligen statutarischen Leistungen den Grundsätzen des KUVG unterliegen, sind die Kassenbestimmungen - jedenfalls soweit sich aus ihnen nicht eindeutig etwas anderes ergibt - im Sinne der gesetzlichen Begriffe zu verstehen (vgl. EVGE 1967, S. 131). Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als Ziff. 1 der Reglementsbestimmung in der Systematik wie auch BGE 104 V 14 S. 18 im Wortlaut weitgehend mit Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG übereinstimmt. Die Kostenübernahme von Psychotherapie wird in lit. a von Art. 10 Ziff. 1 geregelt, wo von den Kosten für ärztliche Behandlung die Rede ist. Es spricht nichts dafür, die Kasse habe diesem Begriff eine andere Bedeutung als der Gesetzgeber beigemessen und die psychotherapeutische Behandlung auch bei Vornahme durch nichtärztliche Psychotherapeuten und Psychologen übernehmen wollen. Anderseits lässt sich aus lit. b der Bestimmung nicht schliessen, die Kasse habe diese Personen entgegen Art. 1 Abs. 1 der Vo VI über die Krankenversicherung als medizinische Hilfspersonen anerkennen wollen. Das Kassenreglement kann daher nur dahingehend ausgelegt werden, dass die psychotherapeutische Behandlung durch einen Arzt bis zur 29. Sitzung ohne Einschränkungen hinsichtlich der Behandlungsmethode, d.h. mit Einschluss der nicht als gesetzliche Pflichtleistung geltenden analytisch-tiefenpsychologischen Methoden übernommen wird. Die gemäss Kassenreglement erweiterte Kostenübernahme für Psychotherapie bezieht sich somit auf die Art der Therapie und nicht auf die Person des Therapeuten. 4. An diesem Ergebnis vermag der auch im Sozialversicherungsrecht zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben nichts zu ändern. Zwar sind nach der Rechtsprechung kasseninterne Bestimmungen so auszulegen, wie sie der Versicherte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit verstehen kann (RSKV 1969, S. 85), und es darf sich eine mangelnde Bestimmtheit der Kassenstatuten nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken (RSKV 1971, S. 67). Nach dem Gesagten kann das massgebliche Reglement mit Bezug auf die vorliegende Streitfrage jedoch nicht als unklar gelten. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Versicherung bei der Krankenkasse INTRAS zusätzlich zu einem Privatversicherungsvertrag erfolgte, geht die Schlussfolgerung der Vorinstanz über das hinaus, was der Beschwerdegegner gestützt auf die Reglementsbestimmung annehmen durfte. Es muss daher mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass die Kasse für die streitigen Massnahmen nicht aufzukommen hat. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der vorinstanzliche Entscheid aufgehoben.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
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4367690c-2375-487f-8b69-4cf3e391f0ef
Urteilskopf 103 Ib 232 37. Urteil vom 1. Juli 1977 i.S. Gourmesa Gourmet Menu S.A. gegen Eidg. Departement des Innern
Regeste Verkehr mit Lebensmitteln. Verbot, ein zu 99,8% aus Saccharose und zu 0,2% aus Saccharin bestehendes Erzeugnis in Verkehr zu setzen. Zuständigkeit des Eidg. Gesundheitsamtes (E. 2). Ist ihre nachträgliche Bestreitung missbräuchlich? Frage offengelassen (E. 1). Das Produkt darf weder als diätetisches Lebensmittel noch als Zucker in Verkehr gebracht werden (E. 3 und 4). Gefahr einer Irreführung der Konsumenten (E. 5). Grundsatz der Verhältnismässigkeit (E. 7). Rechtsungleiche Behandlung? (E. 8). Verweigerung des rechtlichen Gehörs? (E. 9).
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 103 Ib 232 S. 232 Mit Eingabe vom 5. Juni 1975 ersuchte die Gourmesa Gourmet Menu S.A. das Eidg. Gesundheitsamt (EGA) um die BGE 103 Ib 232 S. 233 Bestätigung, dass sie das in Deutschland hergestellte Produkt "Süssli" in der Schweiz vertreiben dürfe. Sie führte aus, das Erzeugnis bestehe zu 99,8% aus Saccharose (Zucker) und zu 0,2% aus Saccharin. Bei seiner Herstellung werde durch ein Instantverfahren das Volumen des Zuckers auf das Doppelte vergrössert. Anschliessend werde Süssstoff (Saccharin) zugesetzt, bis die Süsswirkung des Produktes wieder der Süsswirkung des entsprechenden Volumens reinen Zuckers entspreche. Es handle sich um ein diätetisches Lebensmittel im Sinne von Art. 180 Abs. 3 lit. b LMV . Auf der in Deutschland verwendeten Packung ist der Marke "Süssli" die Sachbezeichnung "Spezialzucker mit 0,2% Süssstoff" beigefügt. Ein weiterer Schriftbalken besagt: "50% weniger Kalorien bei gleicher Süsskraft wie Normalzucker (1 Löffel Süssli süsst wie 1 Löffel Normal-Zucker)". Auf einer Seitenwand der Packung steht: "Süssli süsst mit halb soviel Kalorien wie Normal-Zucker. Deshalb: Süssli für gesundes Schlanksein. Süssli vermindert die Zufuhr von Kohlenhydraten durch den Gehalt von kalorienfreiem Süssstoff." Das EGA lehnte das Gesuch am 11. Juni 1975 ab mit der Begründung: In der Lebensmittelgesetzgebung gelte das Reinhalteprinzip. Saccharose sei in Art. 232 LMV beschrieben. Dort sei der Zusatz eines künstlichen Süssstoffes nicht erwähnt; er sei daher unzulässig ( Art. 9 LMV ). Anders wäre auch dann nicht zu entscheiden, wenn das Produkt in die diätetischen Lebensmittel einzureihen wäre. Auf Beschwerde der Gourmesa hin nahm das EGA die Verfügung vom 11. Juni 1975 zurück. Im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin unterbreitete es der wissenschaftlichen Subkommission der Eidg. Ernährungskommission (EEK) die Frage, ob "Süssli" als diätetisches Lebensmittel betrachtet werden könne. Die Subkommission verneinte dies. Daraufhin lehnte das EGA am 30. Juni 1976 das Gesuch der Gourmesa erneut ab. Die Beschwerde der Gesuchstellerin gegen diese Verfügung wurde vom Eidg. Departement des Innern abgewiesen. Die Gourmesa ficht den Entscheid des Departements mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin hat sich selber, mit ihrem Gesuch vom 5. Juni 1975, an das EGA gewandt und von ihm BGE 103 Ib 232 S. 234 für den Fall der Ablehnung des Begehrens eine beschwerdefähige Verfügung verlangt. Sie hat sich auf das Verfahren vor dem EGA eingelassen und der von diesem angeordneten Beweismassnahme nicht nur zugestimmt, sondern auch beigewohnt. Sie hat erst im Beschwerdeverfahren, in dem sie den späteren Entscheid des EGA angefochten hat, dessen Zuständigkeit zum Erlass einer ablehnenden Verfügung bestritten. Man kann sich fragen, ob ihr nachträglicher Einwand nicht als rechtsmissbräuchlich zu verwerfen sei (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., S. 478 f.). Allerdings ist nach Art. 7 Abs. 2 VwVG die Begründung einer Zuständigkeit durch Einverständnis zwischen Behörde und Partei zwingend ausgeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat indessen nicht nur selber das EGA angerufen und damit ihr Einverständnis mit dessen Zuständigkeit zu erkennen gegeben, sondern auch sich vorbehaltlos auf das Verfahren vor ihm eingelassen und darin mitgewirkt. Ob ein Missbrauch vorliege, kann jedoch offenbleiben, wenn die sachliche Zuständigkeit des EGA zu bejahen ist. 2. Gemäss Art. 56 Abs. 1 LMG liegt die Ausführung dieses Gesetzes und der bundesrätlichen Erlasse, mit Ausnahme der Grenzkontrolle, den Kantonen ob. Die Anwendung der Lebensmittelgesetzgebung ist demnach in der Regel primär Sache der kantonalen Instanzen. Die Lebensmittelverordnung weist dem EGA nur in einigen Fällen Verfügungskompetenzen zu ( BGE 97 I 855 ). Gerade für diätetische Lebensmittel bestimmt sie aber, dass Anpreisungen, welche deren besondere Zweckbestimmung und Wirkung hervorheben, der Bewilligung durch das EGA bedürfen (Art. 19 Abs. 3, Art. 182 Abs. 3). Solche Anpreisungen stehen auf der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Packung, die in Deutschland verwendet wird. Die Beschwerdeführerin möchte die Frage, welche Hinweise oder Anpreisungen sie anbringen dürfe, von derjenigen trennen, ob es sich um ein zulässiges Diäterzeugnis handle, diese Frage also als Grundsatzfrage vorwegnehmen. Eine solche Aufspaltung ist aber praktisch kaum durchführbar. Da es zahlreiche Arten von Diätprodukten für die verschiedensten Ernährungsbedürfnisse gibt, erscheint eine Spezifikation in jedem Einzelfall unerlässlich und können die beiden Fragen regelmässig nicht unabhängig voneinander beurteilt werden. Aber selbst dann, wenn man davon ausginge, dass die Vorfrage, ob das BGE 103 Ib 232 S. 235 Produkt als diätetisches Lebensmittel anzuerkennen und zuzulassen sei, abgetrennt werden könnte, wäre das EGA als zuständig zu erachten, sie zu beurteilen, weil zwischen ihr und der Frage, welche Hinweise oder Anpreisungen zulässig seien, ein enger Zusammenhang besteht (vgl. BGE 91 I 56 ). Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Entscheid des EDI sei schon deswegen zu beanstanden, weil das EGA seine Zuständigkeit überschritten habe, ist mithin unbegründet. 3. Es fragt sich vorab, ob Zucker, Spezialzucker oder künstliche Süssstoffe überhaupt unter die diätetischen Lebensmittel fallen. Unter solchen Lebensmitteln versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch Nahrungsmittel und Getränke, nicht einzelne ihrer Bestandteile. Diese Auffassung liegt auch der Regelung in der Lebensmittelverordnung zugrunde. Darauf deutet zunächst einmal die allgemeine Umschreibung des Geltungsbereiches der Verordnung hin: Art. 2 Ziff. 2 lit. a LMV zählt unter dem Titel "Spezialnahrungsmittel" als Beispiele "diätetischer Nährmittel" vorab zubereitete oder auf einfache Weise zubereitbare Erzeugnisse auf (Kindernährmehle, Kraftnahrungsmittel, Malzextrakt, Spezialbrote), nur in letzter Linie Trockenhefe und Hefeextrakte, die als Zusätze oder zur Ergänzung der Nahrung bestimmt sind. Die eigentliche Umschreibung des Begriffs der diätetischen Lebensmittel ist indessen im Abschnitt 17 der Lebensmittelverordnung enthalten. Art. 180 Abs. 1 LMV bestimmt im ersten Satz: "Unter 'diätetischen Lebensmitteln' versteht man Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, aufgrund ihrer Zusammensetzung den besonderen Ernährungsbedürfnissen eines Menschen zu entsprechen, der eine von der herkömmlichen Art etwas abweichende Kost benötigt oder bei dem durch eine gerichtete Ernährung eine besondere Wirkung erzielt werden soll." Die Ausdrücke "abweichende Kost" und "gerichtete Ernährung" lassen darauf schliessen, dass man unter diätetischen Lebensmitteln in erster Linie, wenn nicht ausschliesslich, gebrauchsfertige Nahrungsmittel oder Getränke zu verstehen hat. Als gebrauchsfertig hätten sie auch dann noch zu gelten, wenn sie beispielsweise unter Beifügung von Wasser oder Milch (Kindernährmittel) zuvor zu kochen oder aufzuwärmen wären. Eine weitere Bestätigung findet sich in Art. 180 Abs. 3 LMV , wonach unter die diätetischen Lebensmittel insbesondere Säuglings- und Kindernährmittel, Lebensmittel BGE 103 Ib 232 S. 236 für besondere Kostformen (z.B. Kost für Diabetiker, für alte Leute, für natriumarme oder kalorienarme Ernährung), Kraftnährmittel und diätetische Frühstücksgetränke fallen. Den gleichen Schluss legt ferner die Bestimmung im Abschnitt über die diätetischen Lebensmittel nahe, die verlangt, dass "die Art der verwendeten Bestandteile" auf Packungen und in Prospekten übersichtlich, in einer bei der Bewilligung des Textes zu bestimmenden Reihenfolge anzugeben ist ( Art. 181 Abs. 1 LMV ). Eine Ernährung aus blossem Zucker, Spezialzucker oder in Form von Süssstoffen wird man vernünftigerweise von vornherein nicht in Betracht ziehen und jedenfalls nicht als Diätkost verstehen. Eine Auslegung, die völlig an den Lebensgewohnheiten vorbeiginge, kann nicht zutreffen. Ein Spezialzucker mit geringfügigem Saccharinzusatz kann demnach für sich allein nicht als diätetisches Nahrungsmittel gelten, ob nun der Kaloriengehalt auf das Gewicht oder auf das Volumen bezogen wird. Diese Auslegung wird durch Art. 180 Abs. 1 Satz 2 LMV gestützt, wonach die diätetischen Lebensmittel sich von anderen Lebensmitteln vergleichbarer Art durch ihre Zusammensetzung oder ihre Eigenschaften wesentlich unterscheiden müssen. Dieser Bestimmung wird jedenfalls der Spezialzucker, den die Beschwerdeführerin vertreiben möchte, nicht gerecht. Er besteht nach ihren eigenen Angaben zu 99,8% aus Saccharose, also aus Zucker. Der gewöhnliche Zucker muss nach Art. 232 LMV ebenfalls mindestens 98% Saccharose enthalten. Der Spezialzucker "Süssli" unterscheidet sich also von ihm in der Zusammensetzung hinsichtlich des wichtigsten Bestandteils nicht wesentlich. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Gemisch "Süssli" nicht als diätetisches Lebensmittel in Verkehr gebracht werden darf. 4. Der Inverkehrsetzung dieses Produktes stehen aber noch andere Gründe entgegen. Jedes Lebensmittel muss eine Sachbezeichnung tragen ( Art. 13 LMV ), die selbstverständlich nicht täuschend sein darf. Für ein Erzeugnis mit 99,8% Saccharose müsste die Sachbezeichnung den Ausdruck Zucker enthalten. "Süssli" wird denn auch auf der in Deutschland verwendeten Packung als "Spezialzucker" bezeichnet. Die Inverkehrsetzung des Produktes als Zucker ist indessen nach BGE 103 Ib 232 S. 237 der Lebensmittelverordnung gerade ausgeschlossen. Es enthält noch 0,2% Saccharin. Dieser Zusatz bedeutet eine fremde Beimischung im Sinne des Art. 9 LMV , da Saccharin nicht schon natürlicherweise im Zucker oder in den Zuckerrohstoffen enthalten ist. Nach Art. 9 Abs. 1 LMV dürfen fremde Beimischungen zur Herstellung oder Behandlung von Lebensmitteln nicht verwendet werden, sofern diese Verordnung es nicht ausdrücklich erlaubt. In den besonderen Bestimmungen über den Zucker ( Art. 232 ff. LMV ) findet sich jedoch keine Vorschrift, welche ausdrücklich gestatten würde, dass dem Zucker ein künstlicher Süssstoff wie Saccharin beigemischt wird. In dieser Beziehung gilt also das in Art. 9 LMV ausgesprochene Reinhalteprinzip. Es bedeutet, dass die Lebensmittel in der Regel ohne Veränderung ihrer natürlichen Beschaffenheit in Verkehr gebracht werden sollen, damit der Konsument gegen Täuschung über die Echtheit und Reinheit der gekauften Ware geschützt wird (vgl. BURCKHARDT, Komm. der BV, 3. Aufl. S. 620 f.; BGE 94 IV 109 ff.). 5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, keiner der Zwecke der Lebensmittelgesetzgebung - Schutz der Gesundheit, Verhütung von Täuschung - stehe der Zulassung des Produktes "Süssli" entgegen. Wesentlich ist, ob ein Lebensmittel mit den Vorschriften der Lebensmittelverordnung nach richtiger Auslegung im Einklang steht oder nicht und dass diese Vorschriften selbst geeignet sind, dem Gesetzeszweck zu dienen ( BGE 99 Ib 380 , 389 E. 3, BGE 98 IV 135 ). Eine Gefährdung des geschützten Gutes muss nicht in jedem Einzelfall dargetan sein ( BGE 100 Ib 98 f.; ANDREAS JOST, Die neueste Entwicklung des Polizeibegriffs im schweizerischen Recht, Diss. Bern 1975, S. 81). Übrigens lässt sich im vorliegenden Fall eine Gefährdung nicht mit Grund bestreiten. Im Verkehr mit diätetischen Lebensmitteln bedürfen die Konsumenten des Schutzes gegen Täuschung in besonderem Mass ( BGE 98 IV 136 ). Wohl enthält ein bestimmtes Volumen des Produktes "Süssli" 50% weniger Kalorien als das gleiche Volumen reinen Zuckers; bezogen auf die Gewichtsbemessung, die bei der Zubereitung von Speisen üblich ist, macht aber die Kalorienverminderung bloss 0,2% aus. Die Gefahr einer Irreführung des Konsumenten BGE 103 Ib 232 S. 238 liegt deshalb auf der Hand. Dort, wo der Zucker als Zusatz zu Speisen und Getränken dient, wäre die Verwendung des Gemisches "Süssli" geeignet, den Konsumenten zu der irrigen Vorstellung zu verleiten, dass er sich allein schon deswegen kalorienarm ernähre. Diese Einschätzung wäre nicht einmal begründet, wenn die Süssung nach Volumen erfolgt, und schon gar nicht, wenn für die Zubereitung der Speisen - wie üblich in den Rezepten - das Gewicht massgebend ist. Die Gefahr einer Irreführung der Konsumenten bestände erst recht dann, wenn das Produkt nicht als Zusatz zu Speisen oder Getränken, sondern als Nahrungsmittel für sich verwendet würde. 6. Der Vorhalt der Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit hat hier keine selbständige Bedeutung. Es wird behauptet, die Ablehnungsverfügung ermangle der gesetzlichen Grundlage; es fehle an einer klaren und unzweideutigen Grundlage in der LMV. Damit wird geltend gemacht, dass die Nichtzulassung des Spezialzuckers nicht durch die Vorschriften der Verordnung gedeckt sei, also auf unrichtiger Anwendung dieser Vorschriften beruhe. Das trifft nach den vorstehenden Ausführungen nicht zu. Die Anforderung der klaren und unzweideutigen Grundlage, auf die sich die Beschwerdeführerin bezieht, betrifft die Frage, in welchem Umfang das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin kantonale Eingriffe in die Freiheitsrechte zu überprüfen hat (vgl. z.B. BGE 101 Ia 219 ). Sie spielt bei der Beurteilung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine bundesrechtliche Gewerbebeschränkung keine Rolle. Es war nur zu prüfen, ob die Beschränkung bei richtiger Auslegung durch die in Betracht fallenden Bestimmungen der Lebensmittelverordnung gedeckt ist. Wenn mit der in diesem Punkt unklaren Beschwerde überdies gerügt sein sollte, dass die massgebenden Bestimmungen der Lebensmittelverordnung selbst nicht gesetzmässig seien oder der Handels- und Gewerbefreiheit widersprächen, so fehlt es an Ausführungen, die eine Prüfung nach dieser Richtung angezeigt erscheinen lassen könnten. Es besteht kein Anlass, von Amtes wegen eine solche Prüfung vorzunehmen. 7. Die Beschwerdeführerin macht auch geltend, der Grundsatz der Verhältnismässigkeit sei verletzt, weil mit erläuternden Hinweisen jede Gefahr einer Täuschung oder Verwirrung BGE 103 Ib 232 S. 239 vermieden werden könnte. Sie setzt sich damit vorab mit ihrem eigenen Standpunkt in Widerspruch, wonach im vorliegenden Verfahren nur zu prüfen sei, ob man es mit einem diätetischen Lebensmittel zu tun habe, nicht auch, ob der Begleittext zu bewilligen sei. Im übrigen verhält es sich hier ähnlich wie mit der Gefahrenverwirklichung (E. 5 hiervor): Massgebend ist, ob die Vorschriften selbst verhältnismässig sind. Die mit dem verbindlichen Sinn übereinstimmende Auslegung und Rechtsanwendung darf nicht im Einzelfall unter Berufung auf das Prinzip der Verhältnismässigkeit unterbleiben (JOST a.a.O. S. 91). Die Lebensmittelgesetzgebung hat vielfach zu entscheiden, ob man es mit einer Deklaration statt einem Verbot bewenden lassen könnte (gerade z.B. hinsichtlich der Beimischung). Die strengere Auffassung muss sich oftmals deswegen durchsetzen, weil erfahrungsgemäss der Durchschnittskonsument bei der üblichen Sorgfalt Hinweise übersehen oder fehldeuten kann. Das kann sich besonders bei der Präsentation eines Produktes ereignen, das in bezug auf die Kalorienbelastung je nachdem, ob man von der üblichen Gewichtsbemessung oder von der aussergewöhnlichen Volumenbemessung ausgeht, ganz verschieden eingeschätzt werden kann. 8. Der Vorwurf der Verletzung der Rechtsgleichheit hält nicht Stich. Er wäre nur begründet, wenn in Ansehung einer bestimmten Vorschrift Sachverhalte, die sich im wesentlichen gleichen, unterschiedlich behandelt würden oder die in der Verordnung getroffene Regelung selbst mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit in Widerspruch stände. Anscheinend wird nur das erste geltend gemacht, jedoch ohne triftigen Grund. Das Erzeugnis "Sionon", auf dessen Zulassung die Beschwerdeführerin hinweist, ist zu 99,89% aus dem Zuckerersatz Sorbit (vgl. Art. 183 Abs. 3 LMV in der Fassung vom 11. Februar 1970) und zu 0,11% aus Saccharin zusammengesetzt. Dies wird im angefochtenen Entscheid festgestellt und ist nicht bestritten. Das Erzeugnis ist mithin nicht aus Zucker und künstlichem Süssstoff zusammengesetzt und wird ebensowenig als kalorienarmer Zucker, sondern als für Diabetiker bestimmter Zuckeraustauschstoff im Verkehr gebracht. Der Sorbit ist in der Lebensmittelverordnung nicht definiert. Er ist den künstlichen Süssstoffen gleichgestellt BGE 103 Ib 232 S. 240 ( Art. 183 Abs. 3 LMV ), deren Mischung gestattet ist ( Art. 238 Abs. 3 LMV ). Das Reinhalteprinzip steht somit der Zulassung des Produktes "Sionon" nicht entgegen. Aus diesen Gründen kann von einer unterschiedlichen Behandlung zweier im wesentlichen gleicher Sachverhalte keine Rede sein, so dass die Gleichbehandlung nicht begehrt werden kann. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob die Voraussetzungen eines Anspruches auf "unrechtsgleiche" Behandlung im Sinne der Rechtsprechung ( BGE 99 Ib 384 ) gegeben wären. Übrigens trifft die Darstellung der Beschwerdeführerin, dass auf der Packung für "Sionon" eine Kalorienreduktion in bezug auf das Volumen angegeben sei, nicht zu; vielmehr wird dort gesagt: 100 g = 400 Kalorien. 9. Unbegründet ist auch der Vorhalt der Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Der Beizug der wissenschaftlichen Subkommission der EEK ist üblich und für Sachfragen angezeigt (vgl. BGE 100 Ib 300 ), ganz abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin ihm förmlich zugestimmt und den Verhandlungen der Subkommission mit zwei Vertretern beigewohnt hat. Es kann deshalb nicht grundsätzlich beanstandet werden, dass die Vorinstanz auf den Befund dieser Kommission abgestellt hat, wenn sie eine solche Begutachtung als notwendig erachtete. Das ist im Regelfalle der Sinn der Befragung von Sachverständigen. Darin kann jedenfalls keine Verweigerung des rechtlichen Gehörs erblickt werden. Es ist eine materiell-rechtliche Frage und keine Frage des rechtlichen Gehörs, ob der Sachverständigenbefund von der urteilenden Instanz ganz oder teilweise übernommen und der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann. Die Beschwerdeführerin hat sich im übrigen gegenüber der Vorinstanz zu der Auffassung der wissenschaftlichen Subkommission der EEK äussern können. Sie hat damals keine neue Expertise beantragt. Der Einwand ist vor allem aber auch deswegen zu verwerfen, weil aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, dass die Beschwerdesache ohne Rückgriff auf die Meinung der Sachverständigen aufgrund der anerkannten Zusammensetzung des Produktes "Süssli" und der Auslegung der massgebenden Vorschriften beurteilt werden kann. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 139 IV 310 48. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Stiftung Sicherheitsfonds BVG gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) 1B_157/2013 vom 29. August 2013
Regeste Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5 BGG, Art. 52, 56 und 56a BVG , Art. 115 und 121 StPO ; Teilnahmerecht der Stiftung Sicherheitsfonds BVG als Zivilklägerin am Strafverfahren, Befugnis zur Beschwerde ans Bundesgericht. Befugnis der Stiftung Sicherheitsfonds BVG, als Zivilklägerin am Strafverfahren gegen denjenigen teilzunehmen, der einer Vorsorgestiftung in strafbarer Weise Mittel entzog mit der Folge, dass die Stiftung Sicherheitsfonds BVG die offengebliebenen Versicherungsleistungen übernehmen musste. Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen (E. 1 und 2).
Sachverhalt ab Seite 311 BGE 139 IV 310 S. 311 A. X. veranlasste als Einzelzeichnungsberechtigter der Y. Vorsorgestiftung und als Verwaltungsratspräsident der Z. AG, dass Erstere der sich in geschäftlichen Schwierigkeiten befindlichen Letzteren ein de facto ungesichertes Darlehen von 1 Mio. Franken zukommen liess. Die Z. AG fiel am 2. September 2003 in Konkurs. Die Y. Vorsorgestiftung konnte die Darlehensforderung nicht mehr eintreiben, wurde zahlungsunfähig und am 23. September 2004 vom Amt für Sozialversicherung und der Stiftungsaufsicht des Kantons Bern in Liquidation gesetzt. Am 23. Februar 2005 gewährte die Stiftung Sicherheitsfonds BVG der Y. Vorsorgestiftung in Liquidation einen Vorschuss von Fr. 700'000.- für die Sicherstellung von Versichertenleistungen gemäss Art. 26 Abs. 1 der Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV; SR 831.432.1). Ein Teil des Vorschusses wurde zurückbezahlt. Insgesamt hat die Stiftung Sicherheitsfonds BVG Insolvenzleistungen von Fr. 615'590.45 ausgerichtet. Am 15. Dezember 2011 konstituierte sich die Stiftung Sicherheitsfonds BVG im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Berner Jura-Seeland, gegen X. wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung zum Nachteil der Y. Vorsorgestiftung in Liquidation als Privatklägerin im Zivilpunkt. Sie beantragte, X. gestützt auf Art. 52 i.V.m. Art. 56a Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) zu verpflichten, ihr Fr. 615'590.45 nebst Zinsen zu bezahlen. Anlässlich der Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen X. vom 8. Januar 2013 wies das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern die Stiftung Sicherheitsfonds BVG als Privatklägerin vorfrageweise aus dem Verfahren. Tags darauf verurteilte es X. wegen qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung zu einer Geldstrafe. Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG beschwerte sich gegen ihren Ausschluss aus dem Verfahren beim Obergericht des Kantons Bern und BGE 139 IV 310 S. 312 beantragte in der Sache, diesen Beschluss des Wirtschaftsstrafgerichts aufzuheben, sie als Privatklägerin zum Verfahren zuzulassen und die Sache zur Beurteilung der Zivilklage ans Wirtschaftsstrafgericht zurückzuweisen. Am 19. März 2013 wies das Obergericht die Beschwerde ab. B. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die Stiftung Sicherheitsfonds BVG, diesen Beschluss des Obergerichts aufzuheben, sie als Privatklägerin zum Strafverfahren zuzulassen und die Sache zur Beurteilung der Zivilklage ans Wirtschaftsstrafgericht zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist das Wirtschaftsgericht an, die Zivilklage der Beschwerdeführerin adhäsionsweise zu beurteilen. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid bestätigt den Ausschluss der Beschwerdeführerin als Privatklägerin vom Strafverfahren. Er schliesst damit das Verfahren für sie ab. Es handelt sich um den Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Strafsache, gegen den die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist ( Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG ). Die Beschwerdeführerin ist somit zur Beschwerde befugt, wenn sie sich als Privatklägerin am kantonalen Verfahren beteiligt oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung allfälliger Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 5 BGG). 1.1 Der Beschwerdegegner hat der Y. Vorsorgestiftung nach der Überzeugung des Wirtschaftsstrafgerichts in strafbarer bzw. vertragswidriger Weise 1 Mio. Franken entzogen, womit eine Letzterer zustehende, zivilrechtliche Schadenersatzforderung entstanden ist ( Art. 52 Abs. 1 BVG ; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, BVG/FZG, Kommentar, 3. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 52 BVG ). Die Beschwerdeführerin hat gestützt auf Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG die offengebliebenen Leistungen der Y. Vorsorgestiftung in Liquidation übernommen und ist nach Art. 56a Abs. 1 BVG in diesem Umfang in deren Ansprüche eingetreten. Sowohl die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin als auch die gesetzliche Subrogation haben somit ihre Grundlage im öffentlichen Recht; das ändert aber nichts daran, dass es sich bei der Forderung der Y. Vorsorgestiftung in Liquidation BGE 139 IV 310 S. 313 gegen den Beschwerdegegner, in die sie im Umfang ihrer Insolvenzleistungen eingetreten ist, um eine zivilrechtliche Forderung handelt. Der Ausgang des Strafverfahrens gegen den Beschwerdegegner kann sich somit im Sinn von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG auf die Beurteilung der Zivilansprüche der Beschwerdeführerin auswirken. 1.2 Als Rechtsnachfolgerin der unmittelbar geschädigten Y. Vorsorgestiftung ist die Beschwerdeführerin zwar nur mittelbar geschädigt, was zur Begründung der Befugnis zur Geltendmachung von Zivilforderungen im Strafverfahren grundsätzlich nicht ausreicht ( Art. 115 Abs. 1 StPO ; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 26 zu Art. 115 StPO ; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 121 StPO ). Als gesetzliche Rechtsnachfolgerin ist die Beschwerdeführerin dagegen kraft der besonderen Bestimmung von Art. 121 Abs. 2 StPO zur Teilnahme am Strafverfahren befugt, wobei ihr nur jene Verfahrensrechte zustehen, die sich unmittelbar auf die Durchsetzung der Zivilklage beziehen. Die Beschwerdeführerin hätte somit im Strafverfahren als Zivilklägerin zugelassen werden müssen. Sie ist damit befugt, sich gegen ihren Ausschluss vom Strafverfahren vor Bundesgericht zur Wehr zu setzen ( Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG ). 1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, womit auf die Beschwerde einzutreten ist. 2. Mit der Beantwortung dieser Eintretensfrage ist zugleich auch der dem Bundesgericht unterbreitete Rechtsstreit materiell entschieden: Das Obergericht hat Bundesrecht verletzt, indem es den vom Wirtschaftsstrafgericht vorgenommenen Ausschluss der Beschwerdeführerin als Zivilklägerin vom Strafverfahren schützte. Insbesondere kann der vorinstanzlichen Argumentation nicht gefolgt werden, wonach adhäsionsfähig lediglich Zivilansprüche seien, die auf dem Zivilweg vor einem Zivilgericht eingeklagt werden können. Nach Art. 73 Abs. 1 lit. c BVG entscheidet das Gericht, das für die Beurteilung von Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten zuständig ist, auch über Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 52 BVG . Im Kanton Bern kommt diese Befugnis dem Verwaltungsgericht zu (Art. 87 lit. c VRPG [BSG 155.21]). Mit dieser Regelung soll die prozessuale Durchsetzung von Verantwortlichkeitsansprüchen vereinfacht BGE 139 IV 310 S. 314 werden (vgl. den Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats vom 24. August 1995 zur Parlamentarischen Initiative "Verbesserung der Insolvenzdeckung in der beruflichen Vorsorge", BBl 1996 576 zu Art. 73 Abs. 1). Diese Zielsetzung steht der Zulassung von Adhäsionsklagen gemäss Art. 122 ff. StPO für Verantwortlichkeitsansprüche nach Art. 52 BVG nicht entgegen. Letztere ermöglichen es, Zivilansprüche gewissermassen "im Schlepptau des Strafverfahrens" geltend zu machen, ohne dafür einen gesonderten und damit in der Regel wesentlich aufwendigeren Zivilprozess führen zu müssen (vgl. LIEBER, a.a.O., N. 1 zu Art. 122 StPO ). Adhäsionsklagen dienen damit ebenfalls der vereinfachten Geltendmachung der Ansprüche nach Art. 52 BVG . Wo allerdings eine vollständige Beurteilung durch den Strafrichter unverhältnismässig aufwendig ist, kann dieser über die Ansprüche nur im Grundsatz entscheiden und im Übrigen die Sache an die normalerweise zuständige Instanz, hier also an das Verwaltungsgericht, verweisen ( Art. 126 Abs. 3 StPO ).
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
436c696d-af0d-4dfa-aafb-7ed2ec94ef71
Urteilskopf 91 II 4 2. Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Januar 1965 i.S. Wirth & Co. AG gegen Feldmühle AG
Regeste Verwechselbarkeit von Marken ( Art. 6 MSchG ). - Nichtigkeit einer Marke, die mit einer früher eingetragenen verwechselbar ist; Befugnis jedes rechtlich Interessierten, ihre Nichtigkeit geltend zu machen (Bestätigung der Rechtsprechung). Einrede des Beklagten, der Kläger sei wegen Nichtigkeit seiner Marke nicht klageberechtigt. Verteidigung des Klägers. Wirkungen des Urteils. (Erw. 1). - Hinfall des Schutzes der dem Kläger entgegengehaltenen ältern Marke wegen Nichtgebrauchs für gleichartige Erzeugnisse während dreier aufeinander folgender Jahre? ( Art. 9 MSchG ). (Erw. 2). - Gänzliche Verschiedenheit der Erzeugnisse? ( Art. 6 Abs. 3 MSchG ). (Erw. 3). - Verwechselbarkeit der Wortmarken COLUX und POLLUX. (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 5 BGE 91 II 4 S. 5 A.- Die Feldmühle AG in Rorschach hinterlegte am 29. März 1954 beim Eidg. Amt für geistiges Eigentum für "Folien und Verpackungen aller Art" die Marke Nr. 150563. Sie besteht aus dem in weisser Schrift auf einem schwarzen länglichen Schildchen stehenden Worte POLLUX. Das Schildchen ist von einem weissen Strich umrahmt, an den sich aussen ein schmälerer schwarzer Strich anschmiegt. Am 16. November 1962 hinterlegte die Firma Wirth & Co. AG Zürich beim gleichen Amte die aus demWorte POLY-LUX bestehende Marke Nr. 195190, und zwar für "Plastikfolien, Kunststoff, mit Kunststoff beschichtete Materialien und daraus hergestellte Packungen, insbesondere Beutel, Hüllen, Schalen, Taschen, Becher". B.- Die Feldmühle A. G. stellte beim Handelsgericht des Kantons Zürich die Begehren, die Marke Nr. 195190 ungültig zu erklären und der Firma Wirth & Co. AG Zürich jeden Gebrauch des Wortes Poly-Lux zu untersagen, unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter wegen Ungehorsams gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung. Das Handelsgericht hiess die Klage am 2. Juni 1964 gut. C. - Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagte spricht der Klägerin das Klagerecht ab, weil die Marke POLLUX wegen der seit 3. Juli 1944 bzw. 5. Oktober 1953 unter Nr. 107707 und 148595 beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum für "Papier und Papierwaren" hinterlegten Marke COLUX der Firma Burkhardt & Hauser AG nichtig sei. Das Handelsgericht weist diese Einrede in erster Linie deshalb ab, weil es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach eine gegen Art. 6 MSchG verstossende Marke keinen Schutz geniesst und jeder Interessierte sich auf ihre Nichtigkeit berufen kann ( BGE 30 II 584 , BGE 35 II 338 , BGE 47 II 355 , BGE 53 II 515 , BGE 73 II 190 , BGE 76 II 173 , BGE 82 II 543 , BGE 90 II 47 ), nicht beipflichtet. BGE 91 II 4 S. 6 Diese Rechtsprechung wird ausser von MATTER, MSchG Art. 6 Anm. I 5, S. 98, in neuerer Zeit auch von einem Berichterstatter des bernischen Handelsgerichtes beanstandet (ZBJV 100 327 f.). a) Das Handelsgericht des Kantons Zürich legt besonderes Gewicht darauf, dass der Begriff der Nichtigkeit "dem rein privatrechtlichen Kern des Markenrechtes wesensfremd" sei und das Markenschutzgesetz zu einem Polizeigesetz mache. Es betont wiederholt, der Zivilrichter dürfe nicht von Amtes wegen eine Marke wegen Verwechselbarkeit nichtig erklären; er müsse die Auseinandersetzung über gleiche oder ähnliche Marken den Beteiligten überlassen; die verwechselbare Marke sei nur anfechtbar. Das Bundesgericht hat nie erklärt, der Richter habe von Amtes wegen zu erforschen, ob eine Marke sich genügend von den früher eingetragenen unterscheide. Eine solche Pflicht ergibt sich auch nicht aus dem bundesrechtlichen Begriff der Nichtigkeit. Die Ermittlung der sie begründenden Tatsachen untersteht dem kantonalen Prozessrecht. Darnach hat der Richter in der Regel nur tätig zu werden, wenn eine Partei die nötigen Behauptungen aufstellt und die erforderlichen Beweise anbietet. Nur die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes hat - wie immer ( BGE 89 II 340 ) - von Amtes wegen zu erfolgen. Es kann deshalb nicht gesagt werden, der Begriff der Nichtigkeit der Marke mache das Gesetz zu einem Polizeigesetz. Er hat nur zur Folge, dass ausser dem Inhaber der nachgemachten Marke weitere Personen sich auf die Nichtigkeit des später eingetragenen Zeichens berufen können. Aber nicht jedermann kann das tun ( BGE 76 II 174 ). Die Klage auf Löschung der Marke oder die Einrede der Nichtigkeit wurde stets nur Personen zugestanden, die an der Nichtigkeit der Marke rechtlich interessiert waren. Frage ist, ob diese Erweiterung der Legitimation über den Inhaber der nachgemachten oder nachgeahmten Marke hinaus dem Geiste des Gesetzes widerspreche. b) Das Handelsgericht glaubt, das annehmen zu müssen, weil das Amt für geistiges Eigentum nur zu entscheiden habe, ob Art. 3 MSchG die Eintragung einer Marke verbiete, nicht auch, ob sie unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 MSchG zulässig sei ( Art. 14 MSchG ). Zu dieser Beschränkung des Prüfungsrechts hat das Bundesgericht schon in BGE 30 II 584 f. Stellung genommen. Sie beruht BGE 91 II 4 S. 7 auf dem Gedanken, dass es sich weniger aufdränge, die Zulässigkeit der Marke unter den Gesichtspunkten des Art. 6 schon vor der Eintragung zu prüfen, da in der Regel die Frage, ob sie mit älteren Zeichen vereinbar sei, dem Richter unterbreitet werde. Diese Zuständigkeitsordnung bedeutet nicht, die Eintragung verschaffe dem Hinterleger ein Recht an der Marke, das nur durch Klage des Inhabers einer älteren Marke zu Fall gebracht werden könne. Der Umstand, dass das Amt für geistiges Eigentum nicht zu prüfen hat, ob die Marke mit bereits eingetragenen vereinbar sei, spricht vielmehr gegen diese Wirkung. Es wäre sonderbar, wenn durch die Eintragung ohne allseitige Vorprüfung ein Recht geschaffen würde, dessen sich nicht alle rechtlich Interessierten erwehren könnten. c) Gemäss Art. 27 Ziff. 1 MSchG stehen die Zivil- und die Strafklage nicht nur dem Inhaber der Marke, sondern auch dem getäuschten Käufer zu. Daraus folgt, dass die Nachmachung und die Nachahmung nicht nur gegen ein subjektives Recht des Inhabers der Marke verstossen, sondern objektiv rechtswidrig sind. Dieser Schluss drängt sich selbst dann auf, wenn der getäuschte Käufer nur Anspruch auf Schadenersatz hat, die Löschung der Marke dagegen nicht verlangen kann ( BGE 76 II 174 f.). Objektive Rechtswidrigkeit der Hinterlegung der verwechselbaren Marke aber spricht für Ungültigkeit des Eintrages. Mit Recht hat daher das Bundesgericht aus Art. 27 Ziff. 1 MSchG auf Nichtigkeit geschlossen. Es kommt nichts darauf an, dass der getäuschte Käufer, wie das Handelsgericht einwendet, im Prozess die Voraussetzungen der Schadenersatzpflicht behaupten und beweisen muss. Es ist, wie schon gesagt, nicht ein Merkmal der Nichtigkeit der Marke, dass der Richter von Amtes wegen nach Nichtigkeitsgründen forsche. Eher liesse sich einwenden, indem das Gesetz in Art. 27 Ziff. 1 nur das Klagerecht des Inhabers der Marke und des getäuschten Käufers erwähne, schliesse es alle weiteren Personen davon aus, sich durch Klage oder Einrede auf Art. 6 MSchG zu berufen. Schon in BGE 53 II 516 wurde indessen ausgeführt, dass die erwähnte Bestimmung die Klageberechtigten nicht abschliessend aufzählt. Es muss z.B. auf Löschung einer seinen Firmennamen enthaltenden oder nachahmenden Marke auch klagen können, wer diesen Namen nicht als Marke verwendet. Auch kommt im Wortlaut von Art. 27 Ziff. 1 nicht zum Ausdruck, das jede interessierte Partei, also nicht nur der Inhaber einer Marke, auf BGE 91 II 4 S. 8 Löschung eines Zeichens klagen kann, das während drei aufeinanderfolgenden Jahrennichtgebrauchtwurde ( Art. 9 MSchG ). d) Für die objektive Rechtswidrigkeit und daher Nichtigkeit einer mit älteren Zeichen verwechselbaren Marke spricht auch die Fassung des Art. 6 Abs. 1 MSchG . Diese Norm bestimmt gebieterisch, die zur Hinterlegung gelangende Marke müsse sich von den schon eingetragenen durch wesentliche Merkmale unterscheiden. Art. 6 Abs. 1 lässt in keiner Weise durchblicken, dass er dann nicht gelte, wenn der Inhaber der früher eingetragenen Marke die Hinterlegung einer verwechselbaren anderen Marke gestattet oder sie stillschweigend duldet. Könnte das Einverständnis des ersten Hinterlegers vom Gebot genügender Unterscheidbarkeit später hinterlegter Marken entbinden, so wäre auch nicht nötig gewesen, im Jahre 1939 den die sogenannten Konzernmarken betreffenden Art. 6 bis in das Gesetz aufzunehmen. Die wirtschaftlich eng miteinander verbundenen Personen hätten die nämliche Marke im gegenseitigen Einvernehmen schon vor dem Erlass dieser Bestimmung gültig hinterlegen können. In der Botschaft vom 20. September 1937 über die Abänderung des Markenschutzgesetzes wurde denn auch ausgeführt (BBl 1937 III 109 f.): "Soweit es sich nur um die Zulassung der Eintragung für die mehreren "Miteigentümer" der gleichen Marke handelt, ist eine Änderung des Markenschutzgesetzes nicht erforderlich; denn nach Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes kann ein Hinterleger auf der Eintragung seiner angemeldeten Marke auch dann beharren, wenn diese mit einer bereits eingetragenen Marke übereinstimmt. Indessen ist mit der Möglichkeit zu rechnen, dass sich die Angehörigen des gleichen wirtschaftlichen Verbands, welche je die gleiche Marke haben eintragen lassen, gegen einen aussenstehenden Dritten zur Wehr setzen müssen, welcher ebenfalls die nämliche Marke benützt, und dass dieser Dritte ihnen im Prozess entgegenhält, ihre eingetragenen Marken seien ungültig, weil sie sich nicht voneinander unterscheiden (Art. 6 Abs. 1) und infolgedessen nicht geeignet seien, die mit ihnen versehenen Waren als aus einem bestimmten Betrieb stammend zu kennzeichnen. Dieser Einwand muss mit Rücksicht auf den neuen Text der Verbandsübereinkunft abgeschnitten werden dadurch, dass Abs. 1 von Art. 6 als nicht anwendbar erklärt wird im Falle der Eintragung der gleichen Marke für Inhaber, welche zum gleichen wirtschaftlichen Verband gehören." Die gesetzgebenden Behörden gingen also noch in den Jahren 1937-1939 davon aus, dass Aussenseiter den die gleiche Marke benützenden Verbandsangehörigen unter Berufung auf Art. 6 BGE 91 II 4 S. 9 Abs. 1 MSchG deren Ungültigkeit entgegenhalten könnten, wenn nicht eine Ausnahmebestimmung (Art. 6 bis) in das Gesetz eingeführt würde. Zudem gestattet Art. 6 bis die Hinterlegung von Konzernmarken nur unter dem Vorbehalt, dass "weder das Publikum getäuscht noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt werden kann". Auch daraus ergibt sich, dass die Zulässigkeit und Gültigkeit übereinstimmender Marken nicht allein von der Stellungnahme der beteiligten Inhaber abhängt. Damit ist der Meinung des Handelsgerichts, es sei nun 80 Jahre nach dem Erscheinen des Werkes von Josef Kohler über das Recht des Markenschutzes endlich Zeit, sich von der Nichtigkeitstheorie dieses Autors frei zu machen, der Boden entzogen. Die Nichtigkeit, obwohl seinerzeit vom Bundesgericht auch durch Hinweis auf die erwähnte Lehrmeinung begründet, lässt sich aus dem schweizerischen Gesetz ableiten, wie die Behörden es noch in neuerer Zeit verstanden haben und es noch heute gilt. Auf den Sinn des deutschen Warenzeichengesetzes und auf die heutige deutsche Lehre kommt nichts an. e) Das Handelsgericht glaubt, wenn eine Marke wegen Verwechselbarkeit nichtig wäre, müsste sie es immer bleiben; die Nichtigkeit könnte nicht dadurch heilen, dass der Inhaber der älteren Marke das verwechselbare Zeichen während längerer Zeit dulde oder sein Klagerecht sonstwie nach Treu und Glauben verwirke, wie BGE 73 II 191 ff. dies als möglich erkläre. Dass Art. 2 ZGB auch im Gebiete des Markenrechts anwendbar ist, bedeutet nicht, eine absolut nichtige Marke könne nachträglich auf Grund dieser Bestimmung ein für allemal und gegenüber jedermann gültig werden. Art. 2 ZGB setzt die Normen des Zivilrechts nicht allgemein für bestimmte Arten von Fällen ausser Kraft, sondern weist den Richter nur an, besonderen Umständen des einzelnen Falles Rechnung zu tragen ( BGE 85 II 114 , BGE 87 II 154 ). Wenn der Richter die vom Inhaber der nachgeahmten Marke gegen den Nachahmer gerichtete Löschungsklage wegen Rechtsmissbrauchs abweist (vgl. BGE 73 II 191 ff., BGE 76 II 394 ), heisst das daher nicht, die Marke des Nachahmers werde nun gegenüber jedermann gültig. Das Urteil wird nur zwischen dem Löschungskläger und dem Nachahmer rechtskräftig. Im Prozesse des Nachahmers mit Dritten, z.B. mit dem getäuschten Käufer oder mit einem Markeninhaber, dem der Nachahmer seinerseits Nachahmung vorwirft, hat der Richter BGE 91 II 4 S. 10 anhand der konkreten Umstände die Frage des Rechtsmissbrauchs erneut zu prüfen und, falls er diesen verneint, die Marke des ersten Nachahmers als ungültig zu behandeln. Zudem kann durchaus eine Marke anfänglich wegen Verwechselbarkeit nichtig sein, im Laufe der Zeit aber im Lichte der Umstände des einzelnen Falles nach Treu und Glauben schutzwürdig werden. Das ist die Folge davon, dass Art. 2 ZGB den Richter verpflichtet, jeweilen den sich ändernden Verhältnissen, dem Zeitablauf, dem besonderen Verhalten des einzelnen Beteiligten und überhaupt allen dem einzelnen Falle eigenen Umständen Rechnung zu tragen. f) Wenn der Inhaber die Marke während drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht gebraucht und seine Unterlassung nicht hinreichend zu rechtfertigen vermag, kann der Richter die Marke auf Klage eines Interessierten löschen lassen ( Art. 9 MSchG ). Das Handelsgericht ist der Meinung, wenn der Nachahmer die Voraussetzungen dieser Bestimmung nachweist, stehe die Gültigkeit seiner eigenen Marke fest; daraus folge, dass sie vorher nicht absolut nichtig, sondern nur anfechtbar gewesen sein könne; denn es sei begrifflich unmöglich, dass eine absolut nichtige Marke auf einmal gültig werde; aus dem Nichts könne nichts entstehen. Auch diese formalistische Überlegung hält nicht stand. Wenn der Richter die ältere Marke wegen dreijährigen Nichtgebrauchs löschen lässt oder diesen Nichtgebrauch im Rechtsstreit zwischen dem Nachahmer und einem Dritten vorfrageweise feststellt, ist es nicht begrifflich unmöglich, die Marke des Nachahmers fortan - allenfalls sogar rückwirkend - als gültig zu behandeln. Der besondere Sachverhalt (richterliche Feststellung des Nichtgebrauchs der älteren Marke oder schon der Nichtgebrauch als solcher) macht die Marke des Nachahmers gültig. Nach welchen Regeln sie ohne den Eintritt dieses Sachverhaltes beurteilt werden müsste, ist damit nicht gesagt. g) Das Handelsgericht glaubt die Nichtigkeit einer verwechselbaren Marke auch verneinen zu müssen, weil ihre Voraussetzungen nicht immer klar zutage lägen, sondern heikle Untersuchungen und eine gerichtliche Entscheidung nötig machen könnten, so über die Frage der Verwechselbarkeit oder der Warengleichheit oder darüber, ob die ältere Marke wegen Nichtgebrauchs während dreier Jahre der Löschungsklage ausgesetzt sei (Art. 9), ob sie einer noch älteren Marke widerspreche oder ob sie gegenüber BGE 91 II 4 S. 11 der neueren nach Treu und Glauben, z.B. wegen langen Duldens, zurückzutreten habe. Es gehe deshalb nicht an, auf blosses Ansehen hin zu erklären, eine Marke sei nichtig, weil sie einer am Prozess nicht beteiligten älteren Marke ähnlich sei. Auch mit diesen Überlegungen lässt sich die Auffassung des Handelsgerichts nicht begründen. Es versteht sich, dass die Prozessparteien gemäss den Vorschriften des kantonalen Prozessrechtes alle Tatsachen zu behaupten und zu beweisen haben, von denen die Nichtigkeit abhängt oder die ihr im Wege stehen. Kommen sie ihrer Behauptungspflicht nach und bieten sie die nötigen Beweise an, so darf der Richter nicht auf blosses Ansehen der Marke hin entscheiden, sondern muss er auch alle anderen für das Urteil erheblichen Tatsachen abklären und berücksichtigen. Die Schwierigkeiten, die er bei der Ermittlung des behaupteten Sachverhaltes oder dessen rechtlicher Würdigung allenfalls zu überwinden hat, stehen der Auffassung nicht im Wege, dass eine Marke unter den gesetzlichen Voraussetzungen nichtig sei. Nichtigkeit setzt nicht voraus, dass sie von jedermann ohne weiteres erkannt werden könne. Gerade weil sie oft nicht klar zutage liegt, hat nach dem Willen des Gesetzes nicht schon das Amt für geistiges Eigentum die Voraussetzungen des Art. 6 MSchG zu prüfen, sondern erst der Zivil- oder der Strafrichter. h) Das Handelsgericht glaubt ferner, die Praxis des Bundesgerichts widerspreche den Bedürfnissen des Handelsverkehrs nach klaren, übersichtlichen Rechtsverhältnissen. Zuzugeben ist, dass es für den Nachahmer einfacher wäre, wenn er nur dem Inhaber der nachgeahmten Marke Rede und Antwort zu stehen brauchte. Der Klarheit und Übersichtlichkeit ist jedoch am besten gedient, wenn er damit rechnen muss, dass seine Marke auch Dritten gegenüber nicht durchdringe. Das wird ihn von Nachahmungen abhalten. Die Auffassung des Handelsgerichts ist geeignet, den Gebrauch gleicher oder ähnlicher Marken für gleichartige Waren verschiedener Herkunft zu fördern und damit im Handelsverkehr Verwirrung zu schaffen oder zu dulden. i) Das Handelsgericht lehnt die Praxis des Bundesgerichts ferner ab, weil sie freie Bahn zu Markenrechtsverletzungen schaffe, stossend sei und zu dem Ärgernis führe, dass fast jeder Markenrechtsverletzer zum eigenen Vorteil dem Kläger ältere Marken entgegenhalte, ohne sich um deren wirklichen Bestand BGE 91 II 4 S. 12 und um ihr Verhältnis zur Marke des Klägers zu kümmern. Damit unterstellt das Handelsgericht, nach der Praxis des Bundesgerichts genüge immer schon die blosse Eintragung einer älteren Marke, um die ihr gleichende neuere nichtig zu machen. Davon kann nicht die Rede sein. Dem Inhaber der neueren Marke bleibt vorbehalten, dem Richter die Gründe darzulegen, aus denen seine Marke allenfalls trotz der älteren gültig ist. So kann er z.B. vorbringen, die ältere sei gemäss Art. 9 MSchG wegen Nichtgebrauchs unwirksam. Ferner unterstellt das Handelsgericht, die Duldung der neueren Marke durch den Inhaber der älteren mache jene ohne weiteres gültig. Da auch das nicht zutrifft, ist es nicht stossend, wenn der vom Inhaber der neueren Marke Belangte dem Vorwurf der Markenrechtsverletzung mit der Einrede der Nichtigkeit begegnet. Wie häufig der Richter diese Einrede hören muss, ist unerheblich. Für die Zahl dieser Fälle sind jene verantwortlich, die klagen, obschon sie wissen oder wissen könnten, dass ihre Marke sich von einer älteren nicht genügend unterscheidet. k) Das Handelsgericht wirft der Praxis des Bundesgerichts auch vor, sie schaffe Verwirrung; sie schütze das kaufende Publikum nicht vor Täuschungen, sondern erreiche gerade das Gegenteil, denn das Bundesgericht erkläre die Marken nichtig, ohne sie im Register löschen zu lassen und ihren weiteren Gebrauch zu untersagen. Das Bundesgericht darfnicht über die Rechtsbegehren hinausgehen, welche die Parteien im kantonalen Verfahren stellen. Ein bundesgerichtlicher Befehl zur Löschung der nichtigen Marke und ein Verbot ihres weiteren Gebrauches sind daher ausgeschlossen, wenn die Nichtigkeit der Marke nur einredeweise, nicht durch Klage oder Widerklage. mit entsprechenden Rechtsbegehren geltend gemacht wurde. Dass eine Marke eingetragen bleiben kann, obschon das Bundesgericht sie als nichtig erachtet hat, ist also nicht auf Fehler der Rechtsprechung zurückzuführen. Im übrigen gibt das Markenregister deshalb nicht immer die wahre Rechtslage wider, weil das Amt für geistiges Eigentum nach dem Willen des Gesetzes die Eintragung verwechselbarer Marken nicht verweigern darf. Auch hiefür ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht verantwortlich. Nur eine fehlerhafte Auslegung des Gesetzes könnte das Bundesgericht veranlassen, sie zu ändern, nicht auch praktische Unzukömmlichkeiten, die andere Ursachen haben. BGE 91 II 4 S. 13 l) Schliesslich argumentiert das Handelsgericht, die Heranziehung einer älteren am Prozess nicht beteiligten Marke sei auch prozessual unzulässig und unmöglich. Das Bundesgericht dürfe als Berufungsinstanz die Marken nicht miteinander vergleichen, ohne dass die kantonale Instanz die tatsächlichen Feststellungen getroffen habe. Die nötigen Feststellungen seien aber nicht möglich, wenn die ältere Marke am Prozess nicht beteiligt sei. Ihr Inhaber sei nicht verpflichtet, Unterlagen vorzulegen oder Erklärungen über seine Marke abzugeben. Es dürfe vermutet werden, der Inhaber der älteren Marke habe nichts unternommen, weil die neuere Marke für ihn unschädlich sei. Unter solchen Umständen sei es nicht Aufgabe des Gerichtes, dem Inhaber der älteren Marke mehr Rechte zuzuschreiben, als er selber beanspruche. Damit verkennt das Handelsgericht, dass der Richter nicht über die Rechte des am Prozess nicht beteiligten Inhabers der älteren Marke, sondern über die Rechtslage des klagenden Hinterlegers der neueren Marke gegenüber dem beklagten Dritten entscheidet, wenn er dessen Nichtigkeitseinrede beurteilt. In Erfüllung dieser Aufgabe hat er alle erheblichen Beweise abzunehmen, die das kantonale Prozessrecht anerkennt und der Beklagte in der von diesem Gesetze bestimmten Form rechtzeitig angerufen hat. Gegebenenfalls hat er also auch den Hinterleger der älteren Marke zur Herausgabe von Urkunden oder zur Zeugenaussage zu verhalten. Sollten bisweilen prozessuale Normen ihn daran hindern, so könnte darin kein Grund gesehen werden, das eidgenössische materielle Recht anders auszulegen, als das Bundesgericht es in seiner ständigen Rechtsprechung getan hat. Aus allen diesen Gründen ist an der beanstandeten Praxis festzuhalten. 2. Die Klägerin hält die Marke POLLUX für gültig, weil die beiden COLUX-Marken nicht für die eingetragenen Warengattungen "Papier und Papierwaren" (Marke Nr. 107707) bzw. "Papier und Papierwaren aller Art" (Marke Nr. 148595), sondern nur für Schrankpapier rechtsbeständig seien. Nur für dieses Erzeugnis würden sie nämlich tatsächlich gebraucht; im übrigen hätten sie die Natur unzulässiger Defensivzeichen. Es trifft nicht zu, dass, wie die Klägerin vorbringt, vor dem Handelsgericht beide Parteien ausgeführt hätten, die COLUX-Marken würden nur für Schrankpapier verwendet. Lediglich BGE 91 II 4 S. 14 die Klägerin nahm diesen Standpunkt ein, indem sie einen weitergehenden Gebrauch "vorsorglich" bestritt. Die Beklagte dagegen behauptete unter Berufung auf zwei Zeugen, das Zeichen COLUX werde tatsächlich gebraucht, "und zwar für speziell veredeltes Papier (mit Lack beschichtet, es ist ein spezielles Herstellungsverfahren) und für Papierfolien zur Schrankauskleidung sowie zum Teil für Verpackungen". Das Handelsgericht hat den angebotenen Beweis nicht abgenommen und die Behauptung der Beklagten im Urteil nur wiedergegeben, ohne dazu Stellung zu nehmen. Es erübrigt sich jedoch, die Sache zur Abklärung dieses Punktes zurückzuweisen. Gewiss erstreckt sich der Schutz einer Marke nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht notwendigerweise auf alle eingetragenen Waren. Er entfällt für jene Gattungen, für die das Zeichen binnen der dreijährigen Frist des Art. 9 MSchG nicht tatsächlich gebraucht wird ( BGE 62 II 61 und nicht veröffentlichtes Urteil vom 2. November 1954 i.S. Solco AG/Mühlethaler SA). Doch liegt dieser Sachverhalt hier jedenfalls in bezug auf das Erzeugnis "Papier" nicht vor. Man darf in Schrankpapier nicht eine besondere Kategorie sehen, da es nicht im Sinne des Art. 6 Abs. 3 MSchG gänzlich von "Papier" abweicht. Es fällt gegenteils vollständig unter diese Warengattung. Selbst wenn die Firma Burkhardt & Hauser AG die COLUX-Marken nur auf den zur Auskleidung von Schränken bestimmten Papieren verwenden sollte, könnte daher nicht gesagt werden, sie brauche sie für die Gattung "Papier" nicht. Um für diese Marken Schutz beanspruchen zu können, war sie nicht verpflichtet, sie auf Papieren aller möglichen Beschaffenheit oder Bestimmungszwecke anzubringen. Ob die Eintragung der COLUX-Marken für die Gattung "Papierwaren" bzw. "Papierwaren aller Art" nur zu Defensivzwecken erfolgte, kann dahingestellt bleiben. 3. Die Klägerin macht geltend, das Zeichen POLLUX sei für Erzeugnisse bestimmt, die von dem mit den COLUX-Marken versehenen Schrankpapier gänzlich verschieden seien; deshalb sei es gültig. Der Schutzbereich der COLUX-Marken erstreckt sich indessen nicht nur auf Schrankpapier, sondern auf Papier überhaupt, wenn nicht allenfalls sogar auch auf Papierwaren. Deshalb sind die Gattungen "Folien und Verpackungen aller Art", für die das Zeichen POLLUX bestimmt ist, nicht dem Schrankpapier, sondern dem Papier schlechthin gegenüberzustellen. BGE 91 II 4 S. 15 Weder "Folien", noch "Verpackungen aller Art" weichen ihrer Natur nach von "Papier" gänzlich ab, wie es nötig wäre, damit die Klägerin sich auf Art. 6 Abs. 3 MSchG berufen könnte. Diese Bestimmung trifft nicht schon bei technisch verschiedener Beschaffenheit der Ware zu. Sie setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Abnehmer dank der Verschiedenheit der Ware trotz der Übereinstimmung oder Verwechselbarkeit der Marken nicht auf den Gedanken kommen können, die Erzeugnisse würden von ein und derselben Firma hergestellt oder auf den Markt gebracht ( BGE 87 II 108 und dort erwähnte Entscheide). Daher ist nicht entscheidend, ob die Käufer, wie die Klägerin vorbringt, unter Folien "etwas Künstliches, Chemisches" verstehen und deshalb Papier nicht dazu zählen. Folien, wie sie der Klägerin vorschweben, z.B. Polyaethylenfolien, dienen weitgehend gleichen Zwecken wie Papiere, nämlich zum Verpacken oder Bedecken von Waren, zum Belegen von Tischen und Gestellen, zum Auskleiden von Schränken, Schubladen usw. Sie stehen in vielen Anwendungsbereichen mit dem Papier im Wettbewerb und verdrängen es mehr und mehr. Das ist so wahr, dass die Klägerin den Schutz der Marke POLLUX nicht nur für Folien und Verpackungen aus Folien, sondern für Verpackungen aller Art beansprucht, also auch für solche aus Papier. Falls die Marke POLLUX mit den COLUX-Marken verwechselt werden kann, ist sie daher geeignet, die Abnehmer über die Herkunft der Ware irrezuführen. Der Einwand, die Abnehmerkreise deckten sich nicht, hilft nicht. Papier wird nicht nur von Personen gekauft, die es im Haushalt verwenden wollen, sondern auch von Unternehmern und Kaufleuten zur Verwendung im Geschäft, besonders zum Einpacken von Waren, also gerade von jenen Kreisen, die auch für die Folien und Verpackungen der Klägerin Interesse haben. Übrigens gehen auch die dem breiten Publikum angebotenen Papiere durch die Hand der Kleinhändler, also von Angehörigen der Kreise, die nach der Darstellung der Klägerin deren Folien und Verpackungen zu erwerben pflegen. In diesen Kreisen kann die Marke POLLUX Verwirrung stiften. 4. Die Klägerin hält ihre Marke auch für gültig, weil sie nicht mit den COLUX-Marken verwechselt werden könne. Dem Klange nach unterscheiden sich diese Zeichen indessen nicht genügend. Dass das eine mit einem P, das andere mit einem C beginnt und dass im einen der Buchstabe L verdoppelt ist, kann leicht überhört werden, besonders am Telephon. Die beiden BGE 91 II 4 S. 16 Wörter sind beim Sprechen gleich lang, und beide weisen zwei Silben auf, wobei die zweite in beiden Marken identisch ist. Die zweite Silbe fällt wegen des selten vorkommenden Buchstabens X besonders auf und bleibt im Gedächtnis leichter haften als die erste. Aber auch das O der ersten Silbe kann Verwechslungen fördern. Als Ganzes klingen beide Wörter so ähnlich, dass eine geringe Undeutlichkeit beim Sprechen oder ein Hörfehler die Unterscheidung verunmöglichen können. Das Wort COLUX hat keinen Sinn, und der aus der griechischen Göttersage stammende und einen Fixstern bezeichnende Name POLLUX ist im Volke so wenig bekannt, dass viele Leute ihn für ein Phantasiewort halten können. Es kann daher nicht gesagt werden, die durch den Klang geschaffene Verwechslungsgefahr werde vermindert oder behoben, weil die beiden Wörter häufig vorkämen und kraft eines bestimmten Sinnes leicht voneinander unterschieden werden könnten. Auch kann, wer die beiden Wörter nicht schon beim Hören verwechselt, ihre Unterschiede mangels eines allgemein bekannten Sinnes nachträglich leicht vergessen. Welchen Eindruck der Beschauer von den Zeichen erhält, ist schon deshalb unerheblich, weil Wortmarken sich nicht nur beim Lesen und Betrachten, sondern vor allem auch im mündlichen Verkehr voneinander unterscheiden müssen. Dass die COLUX-Marke Nr. 148595 verschnörkelte Schrift aufweist, wie die Klägerin geltend macht, spielt im übrigen auch deshalb keine Rolle, weil daneben noch die COLUX-Marke Nr. 107707 mit einfacher Schrift besteht. Übrigens pflegt der Leser die Schriftzüge wenig zu beachten; wesentlich ist ihm bei Wortmarken gewöhnlich nur der Klang und gegebenenfalls der Sinn. Davon geht auch die Firma Burkhardt & Hauser AG aus, trägt doch das bei den Akten liegende Schrankpapier das Wort Colux in einer Schrift, die von den beim Amt für geistiges Eigentum hinterlegten Schriften abweicht. Auch der Umstand, dass die Marke POLLUX im Gegensatz zu den COLUX-Marken in weisser Schrift auf schwarzem Grunde steht, der von einem weissen und einem schwarzen Strich umrandet ist, schliesst die Gefahr von Verwechslungen nicht aus. Meistens betrachtet man nur das Wort, nicht auch das Schildchen, auf dem es steht. Das trifft für die Marke POLLUX um so mehr zu, als sie, praktisch angewendet, keineswegs bildhaft wirkt. Sie pflegt nämlich nur sehr klein und an unscheinbarer Stelle der Verpackung angebracht BGE 91 II 4 S. 17 zu werden, damit man sie nicht als eine den Inhalt kennzeichnende Marke auffasse. Aus allen diesen Gründen ist die Marke der Klägerin nichtig. Die Klägerin ist daher nicht berechtigt, auf Nichtigerklärung der Marke der Beklagten und auf Unterlassung des Gebrauchs dieser Marke zu klagen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Juni 1964 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
public_law
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
43729076-fe65-4a0b-909c-6329a3fd9c9f
Urteilskopf 91 I 31 7. Arrêt du 31 mars 1965 dans la cause Gris contre Ministère public du canton de Vaud.
Regeste 1. Verhältnis zwischen der Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen und der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1). 2. Bestrafung eines angetrunkenen Fahrers nach Art. 91 Abs. 3 SVG , weil er sich der Blutprobe widersetzte. Gesetzmässigkeit der angeordneten Blutprobe in casu. a) Art. 55 Abs. 1 SVG bildet eine hinreichende gesetzliche Grundlage, um im Einzelfall eine Blutprobe anzuordnen, sofern dies durch die Behörde geschieht, die vom kantonalen Recht, so wie es ohne Willkür ausgelegt werden kann, als hiefür zuständig bezeichnet wird (Erw. 2 a). b) Nach waadtländischem Recht ist, wie ohne Willkür angenommen werden kann, die Kriminalpolizei auch ohne besondere Ermächtigung des Untersuchungsrichters befugt, einen der Angetrunkenheit verdächtigen Fahrer aufzufordern, sich einer Blutprobe zu unterziehen (Erw. 2 b). 3. Bei Willkürbeschwerden kann das Bundesgericht anstelle der dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegenden Motive andere Gründe substituieren, sofern diese nicht von der kantonalen Behörde ausdrücklich abgelehnt worden sind und nicht an der äussersten Grenze der Willkür liegen (Erw. 2 b).
Sachverhalt ab Seite 32 BGE 91 I 31 S. 32 A.- En vertu de l'art. 55 al. 1 LCR, "les conducteurs de véhicules et les personnes impliquées dans un accident seront soumis à un examen approprié lorsque des indices permettent de conclure qu'ils sont pris de boisson. La prise de sang peut être imposée". L'art. 55 al. 2 LCR laisse au droit cantonal le soin de désigner "les organes compétents pour ordonner ces mesures". L'art. 91 al. 3 LCR punit d'emprisonnement pour six mois au plus ou d'amende "celui qui, intentionnellement, se sera opposé ou dérobé à une prise de sang ou à un examen médical complémentaire ordonnés par l'autorité". Le législateur vaudois n'a pas édicté de disposition nouvelle indiquant l'autorité compétente pour prescrire la prise de sang. Le code de procédure pénale (PP) contient toutefois les dispositions suivants: "Art. 85 al. 1. - La police judiciaire recherche les infractions, rassemble les moyens de preuve et livre au juge les personnes présumées auteurs, instigateurs ou complices. Art. 88. - La police judiciaire prend les mesures conservatoires indispensables à la sauvegarde des preuves, puis adresse au juge un rapport sur les résultats des premières constatations. Art. 91. - La police judiciaire a qualité pour procéder, par délégation spéciale du juge instructeur..., à une visite domiciliaire, à une inspection locale, à un séquestre, à une levée de cadavre ou à une audition. Art. 92 al. 1. - La délégation doit être écrite; elle porte l'indication précise de son objet, la date de l'ordre, la signature et le sceau du magistrat. BGE 91 I 31 S. 33 Art. 131. - Lorsque les faits incriminés nécessitent des constatations immédiates (état des lieux, traces, taches, empreintes, objets abandonnés, etc.), le premier soin du juge est d'y procéder, éventuellement avec le concours d'experts ou de la police judiciaire, ou bien d'y faire procéder par délégation conformément aux art. 91 à 93 ." B.- Dans la nuit du 19 au 20 novembre 1963, à Lausanne, aux environs de 2 heures du matin, Georges Gris, qui était au volant de sa voiture, fut appréhendé par des agents de police. Ceux-ci le soupçonnaient d'ébriété. Ils l'amenèrent à la caserne de police et l'invitèrent à se soumettre à une prise de sang ainsi qu'à l'épreuve de l'éthylomètre. Gris refusa. A 5 heures du matin, le Juge informateur de l'arrondissement de Lausanne en fut informé par un sous-officier de la police judiciaire municipale. Il ordonna que Gris fût maintenu à sa disposition dans les locaux de l'office. Le 17 novembre 1964, le Tribunal de simple police du district de Lausanne, devant lequel Gris avait été renvoyé pour ivresse au volant et refus de la prise de sang, le libéra du chef de la première infraction, mais le condamna, pour la seconde, à 500 fr. d'amende. Saisie d'un recours en réforme de Gris, la Cour de cassation pénale vaudoise confirma ce jugement par un arrêt du 21 décembre 1964 considérant notamment ce qui suit: Gris soutient qu'il n'existe pas dans le canton de Vaud d'autorité compétente pour ordonner une prise de sang. Toutefois, celle-ci est une mesure d'instruction au sens de l'art. 131 PP. Elle est dès lors dans la compétence du juge instructeur, qui peut y faire procéder par délégation spéciale. En l'espèce, la prise de sang a été ordonné par des agents de police judiciaire agissant sur délégation du juge. Il est vrai que cette délégation était orale, contrairement à l'art. 92 PP. Elle n'en est pas moins admissible, l'art. 92 PP n'étant qu'une prescription d'ordre. D'ailleurs, l'informalité commise n'a pu induire Gris en erreur sur son devoir de se soumettre à une prise de sang. C'est dès lors à bon droit qu'il a été condamné en vertu de l'art. 91 al. 3 LCR. C.- Agissant par la voie du recours de droit public, Gris requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du 21 décembre 1964 et de le libérer de toute peine et de tous frais. Il se plaint d'un acte arbitraire, d'une atteinte au principe de la séparation BGE 91 I 31 S. 34 des pouvoirs et d'une violation de sa liberté individuelle. La Cour de cassation se réfère aux considérants de son arrêt. Le Ministère public du canton de Vaud conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'art. 91 al. 3 LCR punit celui qui, intentionellement, s'est opposé à une prise de sang. Le recourant conteste avoir agi intentionellement. Il aborde ainsi un problème de droit pénal fédéral. Il aurait pu le soumettre au Tribunal fédéral par un pourvoi en nullité. Il ne saurait donc le présenter dans un recours de droit public, qui est un moyen subsidiaire (art. 84 al. 2 OJ). Il affirme également qu'au moment d'agir, il n'était pas en mesure d'apprécier la portée de ses actes ni de se déterminer en conséquence. Il soulève à cet égard une question de fait. Or celle-ci a été tranchée par le Tribunal de simple police et ne pouvait en principe être revue par la Cour de cassation cantonale (cf. art. 428 al. 1 PP). C'est dès lors dans un recours de droit public formé contre le jugement du Tribunal de simple police qu'elle aurait dû être posée (cf. par analogie RO 81 I 148, 84 I 235, 87 I 65). Pour le surplus, le recourant se plaint de la violation de certains de ses droits constitutionnels (application arbitraire du droit cantonal, atteinte à la liberté individuelle et au principe de la séparation des pouvoirs). Le contenu de ces droits n'est pas précisé par la législation fédérale. Le recourant ne pouvait dès lors s'en prévaloir dans un pourvoi en nullité (art. 269 al. 2 PPF; RO 81 IV 118). Il a le droit en revanche de former sur ce point un recours de droit public. Par cette voie cependant, il ne peut obtenir que l'annulation de l'arrêt attaqué. En effet, la Chambre de céans n'est en principe qu'une cour de cassation (RO 89 I 368, 391). Elle ne saurait dès lors le libérer de toute peine et de tous frais. 2. Le recourant a été puni pour avoir refusé de se soumettre à une prise de sang. Celle-ci constitue une atteinte à l'intégrité corporelle et, partant, à la liberté individuelle (RO 89 I 98/99). La liberté individuelle peut être limitée dans l'intérêt public. La restriction doit cependant reposer sur une base légale et ne pas revenir à supprimer la liberté individuelle ou à la vider de sa substance (RO 90 I 36/37). A l'égard des conducteurs BGE 91 I 31 S. 35 suspects d'ébriété, la prise de sang est dans l'intérêt public. Elle ne revient ni à supprimer la liberté individuelle ni à la vider de sa substance. Il reste à savoir si l'ordre donné au recourant de se soumettre à une telle mesure pouvait se fonder sur la loi. Le Tribunal fédéral ne tranchera pas cette question librement, mais sous l'angle de l'arbitraire seulement, car la prise de sang n'est pas une atteinte particulièrement grave à la liberté individuelle (RO 90 I 39). De plus, il l'abordera sous deux aspects: d'une part celui de la légalité de la mesure en elle-même, d'autre part celui de l'autorité compétente pour l'ordonner. a) L'art. 55 al. 1 LCR impose aux autorités cantonales l'obligation de soumettre les conducteurs de véhicules et les personnes impliquées dans un accident "à un examen approprié lorsque des indices permettent de conclure qu'ils sont pris de boisson". Il ne précise pas en quoi doit consister l'examen approprié. Il dispose simplement: "La prise de sang peut être imposée". Toutefois, pris dans son ensemble, l'art. 55 al. 1 LCR signifie que l'organe compétent pour ordonner, par exemple à un conducteur, de se soumettre à un examen approprié peut lui imposer une prise de sang, quand les circonstances du cas particulier le justifient. Ainsi, selon le système de l'art. 55 al. 1 LCR, l'autorité chargée d'ordonner l'"examen approprié" décide librement si, au regard des faits en cause, la prise de sang est nécessaire ou non. Supposé qu'elle résolve la question affirmativement, elle peut imposer la mesure au conducteur, sans qu'elle ait besoin d'y être encore autorisée par une règle du droit cantonal. Il n'est pas contesté qu'en l'espèce une prise de sang se justifiait. L'art. 55 al. 1 LCR constituait une base légale suffisante pour l'ordonner. Il est inutile dès lors de rechercher si le droit vaudois l'autorise aussi. Il est vrai que l'un des députés chargés de rapporter au Conseil national sur le projet de LCR a fait des déclarations dont on pourrait inférer que l'art. 55 al. 1 LCR se borne à réserver aux cantons la possibilité de prescrire la prise de sang (Bull. stén. CN 1957, p. 214 et 217). Dès lors, pour que la prise de sang ordonnée dans un cas déterminé respecte la liberté individuelle, il faudrait encore qu'elle soit admise par le droit cantonal. Toutefois, ces déclarations ne correspondent pas aux idées exprimées par d'autres orateurs (cf. les interventions du rapporteur allemand au Conseil des Etats, Bull.stén. CE 1957, BGE 91 I 31 S. 36 p. 115, du conseiller fédéral Feldmann, Bull.stén. CN 1957, p. 217/218) ni à l'opinion exposée dans le message (tirage à part, p. 44). Elles ne sauraient dès lors avoir une importance décisive. D'ailleurs, si le législateur avait voulu laisser aux cantons la liberté d'autoriser ou d'interdire la prise de sang sur leur territoire, il l'aurait dit à l'art. 55 al. 2 LCR, où il abandonnait déjà au droit cantonal le soin de désigner "les organes compétents". A tout le moins, il eût rédigé l'art. 55 al. 1 LCR différemment. b) Comme on vient de le voir, l'art. 55 al. 1 LCR autorise à lui seul la prise de sang. En revanche, à son second alinéa, il s'en remet aux cantons quant au choix de l'organe compétent pour ordonner une telle mesure. A cet égard, il n'est qu'une base légale incomplète. Il convient donc de rechercher si le droit vaudois, tel qu'il peut être interprété sans arbitraire, a désigné cet organe. Point n'est besoin d'ailleurs qu'il l'ait fait par une disposition nouvelle édictée spécialement en vue de l'exécution de la LCR. Une règle déjà existante suffit, pourvu qu'elle ne soit pas en contradiction avec le droit fédéral. Au surplus, vu les termes très généraux utilisés par l'art. 55 al. 2 LCR, tant dans sa version française que dans ses versions allemande et italienne, le texte légal cantonal pourra désigner non seulement un juge, mais un organe de police. L'art. 91 al. 3 LCR ne l'exclut pas. Le terme d'"autorité" au sens de cette disposition possède une acception large, qui comprend tout fonctionnaire de police. Selon l'arrêt attaqué, la prise de sang serait une mesure d'instruction au sens de l'art. 131 PP; elle serait donc de la compétence du juge instructeur; celui-ci serait autorisé à déléguer ses pouvoirs à la police judiciaire, ce qu'il aurait fait ici; la prise de sang litigieuse aurait dès lors été ordonnée régulièrement par l'autorité compétente. Cependant, la délégation de pouvoirs prévue par les art. 131 et 91 à 93 PP doit - cela est évident - précéder l'opération en vue de laquelle elle est donnée. Sinon la police judiciaire risquerait, par exemple, d'être dans l'incapacité de justifier ses pouvoirs, contrairement à l'art. 93 al. 2 PP. Or, en l'espèce, c'est vers 2 heures du matin que la police judiciaire a invité le recourant à se soumettre à une prise de sang et que ce dernier s'y est opposé. En revanche, c'est à 5 heures du matin seulement que la police a alerté le juge, qui lui a donné d'ailleurs l'ordre non pas de BGE 91 I 31 S. 37 procéder à la prise de sang mais simplement de garder le recourant à sa disposition. Par conséquent, lorsque Gris a refusé la prise de sang - et seule la situation existant à ce moment-là est décisive pour juger le mérite de la condamnation prononcée -, la police n'était au bénéfice d'aucune délégation de pouvoirs. Si elle ne pouvait ordonner une prise de sang qu'en vertu d'une telle délégation, l'injonction qu'elle a adressée au recourant de se prêter à une telle mesure serait donc illégale. La condamnation infligée au recourant au mépris des faits pourtant clairement établis serait du même coup et de ce seul fait absolument insoutenable et partant arbitraire, sans qu'il fût besoin de rechercher encore si la prise de sang est une constatation au sens de l'art. 131 PP. Il convient toutefois de se demander si le code de procédure pénale vaudois ne contient pas d'autres dispositions conférant à la police judiciaire un pouvoir propre d'ordonner une prise de sang. Supposé que tel soit le cas, le Tribunal fédéral pourrait maintenir l'arrêt attaqué en se fondant sur ces textes, conformément à la jurisprudence autorisant la substitution de motifs dans le cadre d'un recours pour arbitraire (BIRCHMEIER, Handbuch, p. 352/353). D'après les art. 85 al. 1 et 88 PP, la police judiciaire "rassemble les moyens de preuve" et "prend les mesures conservatoires indispensables à la sauvegarde des preuves". Elle possède à cet égard un pouvoir indépendant qu'elle exerce sans qu'une délégation du juge soit nécessaire. Au regard de ces textes, il n'est pas arbitraire de considérer l'analyse du sang comme une preuve et de voir, dans la prise de sang, aussi bien une opération entreprise en vue de procurer un moyen de preuve aux organes de la justice pénale qu'une mesure conservatoire indispensable à la sauvegarde de cette preuve. Dans d'autres cantons, la police a le droit d'ordonner des prises de sang en vertu de dispositions qui ne sont pas plus précises que les art. 85 et 88 PP. A Zurich, elle se fonde sur le § 23 PP zur., aux termes duquel "Der Kriminalpolizei liegt im besonderen die Aufgabe ob, bei Verbrechen oder Vergehen die ersten Erhebungen zu machen, die Spuren festzustellen und zu sichern und alle Massregeln zu treffen, die ohne Gefahr nicht verschoben werden können. ..". A Berne, elle invoque le § 71 PP bern. qui dispose: "Les fonctionnaires et employés de la police judiciaire ... prennent les mesures légales qui leur paraissent BGE 91 I 31 S. 38 indiquées pour découvrir le coupable. S'il s'agit d'établir des faits, ils peuvent astreindre toutes personnes à leur fournir des renseignements. Ils disposent en particulier des moyens d'investigation nécessaires (tels que prise d'empreintes digitales ou autres moyens semblables). ..". Il s'ensuit - du moins peut-on l'affirmer sans violer l'art. 4 Cst. - qu'en invitant le recourant à se soumettre à une prise de sang, la police judiciaire a agi en l'espèce dans les limites des pouvoirs que les art. 85 al. 1 et 88 PP lui confèrent directement. Son ordre repose donc sur une base légale, qui complète l'art. 55 LCR et suffit à justifier l'atteinte portée à la liberté individuelle. Fondé sur la loi, cet ordre ne comportait aucune violation du principe de la séparation des pouvoirs. Il n'était pas non plus en opposition avec le droit fédéral, puisque celui-ci permet aux cantons de confier à un organe de police le soin d'ordonner une prise de sang. Substituées aux motifs arbitraires du Tribunal cantonal, les considérations qui précèdent permettent de maintenir l'arrêt attaqué. Il est vrai qu'une telle substitution n'est pas admissible lorsque l'autorité cantonale a écarté expressément les motifs à substituer ou que ceux-ci confinent à l'arbitraire (BIRCHMEIER, loc.cit.). Toutefois, la première éventualité n'est pas réalisée: la Cour de cassation vaudoise ne fait aucune allusion aux art. 85 et 88 PP, qui lui ont peut-être échappé. La seconde ne l'est pas davantage: les art. 85 al. 1 et 88 PP sont conçus en termes si généraux que le sens qui leur est donné ci-dessus est parfaitement soutenable. Il suffira d'observer que le Tribunal fédéral les a interprétés sous l'angle de l'arbitraire. Son opinion ne lie donc pas le Tribunal cantonal. Celui-ci aura toute latitude de se montrer à l'avenir plus strict s'il l'estime opportun. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours en tant qu'il est recevable.
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nan
fr
1,965
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CH_BGE_001
CH
Federation
43734755-7ec3-47c2-a02d-5f543f5e01cc
Urteilskopf 140 V 220 30. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. AXA Versicherungen AG gegen Assura Kranken- und Unfallversicherung und Erben des I. sel. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_494/2013 vom 22. April 2014
Regeste Art. 6 Abs. 1 UVG ; Art. 4 ATSG ; Art. 37 Abs. 1 UVG ; Art. 48 UVV ; Leistungsanspruch bei Selbsttötung oder Selbstschädigung. Auch bei im Zustand der gänzlichen Urteilsunfähigkeit begangener Selbsttötung oder Selbstschädigung besteht ein Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung nur, wenn die Kriterien des Unfallbegriffs erfüllt sind (E. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 221 BGE 140 V 220 S. 221 A. A.a Der 1969 geborene I. war seit 1. August 2009 (...) beim Spital X. tätig und dadurch bei der AXA Versicherungen AG (nachfolgend: AXA) obligatorisch unfallversichert. Gemäss Bericht der Allgemeinchirurgie des Spitals Y. vom 11. Februar 2010 über den stationären Aufenthalt ab 1. Dezember 2009 bis 11. Februar 2010 war I. am 1. Dezember 2009 (...) auf die Notfallstation eingewiesen worden. Dort wurde eine massive akute Herzinsuffizienz festgestellt. Diagnostiziert wurde ein Status nach Multiorganversagen bei Mischintoxikation (...). Es folgten zahlreiche Eingriffe. (...) Am 14. Oktober 2011 ist I. gestorben. A.b I. hatte der AXA am 4. Juli 2010 eine Schadenmeldung erstattet. Nach Abklärung der erwerblichen und medizinischen Verhältnisse, namentlich nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (...) vom 22. Dezember 2010, verneinte die AXA mit Verfügung vom 28. Januar 2011 einen Anspruch auf Leistungen aus der obligatorischen Unfallversicherung. Die dagegen von I. und von der Assura Kranken- und Unfallversicherung (nachfolgend: Assura) erhobenen Einsprachen wies die AXA mit Entscheid vom 11. April 2011 ab. B. Mit Entscheid vom 9. April 2013 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die von I. und von der Assura dagegen erhobenen Beschwerden gut, hob den Einspracheentscheid vom 11. April 2011 auf und wies die Sache zur Prüfung und Festsetzung der gesetzlichen Leistungen an die Beschwerdebeklagte zurück. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die AXA die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids vom 9. April 2013 und die Bestätigung ihres Einspracheentscheids vom 11. April 2011. Zudem ersucht sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Die Erben des I. sel. und die Assura schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. BGE 140 V 220 S. 222 D. Mit Verfügung vom 3. Oktober 2013 hat der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Ein Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung setzt, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, das Vorliegen eines Berufsunfalls, eines Nichtberufsunfalls oder einer Berufskrankheit voraus ( Art. 6 Abs. 1 UVG ). Als Unfall gilt die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper ( Art. 4 ATSG [SR 830.1]). 3.2 Hat die versicherte Person den Gesundheitsschaden oder den Tod absichtlich herbeigeführt, so besteht kein Anspruch auf Versicherungsleistungen, mit Ausnahme der Bestattungskosten ( Art. 37 Abs. 1 UVG ). Wollte sich die versicherte Person nachweislich das Leben nehmen oder sich selbst verstümmeln, so findet Art. 37 Abs. 1 UVG keine Anwendung, wenn die versicherte Person zur Zeit der Tat ohne Verschulden gänzlich unfähig war, vernunftgemäss zu handeln, oder wenn die Selbsttötung, der Selbsttötungsversuch oder die Selbstverstümmelung die eindeutige Folge eines versicherten Unfalles war ( Art. 48 UVV [SR 832.202]). 3.3 Es stellt sich die Frage, ob auch bei im Zustand der gänzlichen Urteilsunfähigkeit begangener Selbsttötung oder Selbstschädigung ein Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung nur besteht, wenn die Kriterien des Unfallbegriffs erfüllt sind: 3.3.1 Die Entstehungsgeschichte von Art. 37 Abs. 1 UVG zeigt, dass der Gesetzgeber nicht jeden Suizid oder Suizidversuch einem Unfall gleichsetzen wollte. Er stellte nur den im Zustand der vollständigen Urteilsunfähigkeit begangenen Suizid oder Suizidversuch begrifflich einem Unfallereignis gleich, lehnte es aber ab, aus sozialpolitischen Gründen für im "bewussten Zustand", d.h. in nicht vollständig unzurechnungsfähigem Zustand begangene Selbsttötungen oder Selbsttötungsversuche Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung zu statuieren (Botschaft vom 18. August 1976 zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung, BBl 1976 III 141, 198 zu Art. 37 UVG ; AB 1979 N 252 f.; 1980 S 482, Voten Bundesrat Hürlimann und Abstimmung). Es entsprach somit der gesetzgeberischen Zielsetzung, dass alle nicht im Zustand vollständiger Urteilsunfähigkeit BGE 140 V 220 S. 223 ausgeführten Suizide und Suizidversuche unter den Ausschlusstatbestand der absichtlichen Selbstschädigung im Sinne von Art. 37 Abs. 1 UVG fallen sollten. Dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung hat der Verordnungsgeber Rechnung getragen, indem er in Art. 48 UVV den Leistungsausschluss für absichtliche Selbsttötung oder Gesundheitsschädigung nur für jene Fälle aufhob, in denen "der Versicherte zur Zeit der Tat ohne sein Verschulden gänzlich unfähig war, vernunftgemäss zu handeln" (zum Ganzen vgl. BGE 129 V 95 E. 3.1 S. 98 f. mit Hinweisen auf Materialien; vgl. auch ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Die Leistungskürzung oder -verweigerung gemäss Art. 37-39 UVG , 1993, S. 51 ff. und 118 ff.). 3.3.2 Als "Ausnahme von der Ausnahme" kann sich somit die für den Fall gänzlicher Urteilsunfähigkeit in Art. 48 UVV statuierte Aufhebung des in Art. 37 Abs. 1 UVG vorgesehenen Leistungsausschlusses für Suizid(versuchs)handlungen lediglich auf Ereignisse beziehen, welche die Kriterien des Unfallbegriffs erfüllen. 3.3.3 Ein Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung besteht daher zusammenfassend auch bei im Zustand der gänzlichen Urteilsunfähigkeit begangener Selbsttötung oder Selbstschädigung nur, wenn die Kriterien des Unfallbegriffs erfüllt sind. (...) 5. Zu prüfen ist somit im Folgenden, ob die Ende November/Anfang Dezember 2009 wegen Einnahme von Alkohol, Medikamenten und Drogen erlittene Mischintoxikation mit Multiorganversagen als Unfall im Rechtssinne zu qualifizieren ist. Fraglich ist dabei zunächst das Kriterium der Plötzlichkeit. 5.1 Mit dem Kriterium der Plötzlichkeit wird - wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat - ein zeitlicher Rahmen gesteckt. Die schädigende Einwirkung muss zwar nicht auf einen blossen Augenblick beschränkt sein, jedoch innerhalb eines relativ kurzen, abgrenzbaren Zeitraums erfolgen. Die Rechtsprechung hat bisher keine zeitliche Maximaldauer festgelegt. Die Einwirkung muss plötzlich eingesetzt haben und eine einmalige gewesen sein (vgl. SVR 2009 UV Nr. 47 S. 166, 8C_234/2008 E. 6; SVR 2008 UV Nr. 5, U 32/07 E. 2.2; KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 13 ff. zu Art. 4 ATSG ; RUMO-JUNGO/HOLZER, Bundesgesetz über die Unfallversicherung [UVG], 4. Aufl. 2012, S. 51; FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 857 Rz. 59). BGE 140 V 220 S. 224 5.2 5.2.1 Gemäss Bericht des Spitals Y. vom 11. Februar 2010 über den stationären Aufenthalt ab 1. Dezember 2009 bis 11. Februar 2010 war der Versicherte am 1. Dezember 2009 von der Sanität auf die Notfallstation eingewiesen worden. Er habe eine Mischintoxikation erlitten und sei ca. zwei Tage bewusstlos gewesen. Als er dann erwacht sei, habe er nicht mehr richtig gehen können, die Beine nicht gespürt und die Ambulanz gerufen. Auf der Notfallstation wurde eine massive akute Herzinsuffizienz festgestellt. Diagnostiziert wurde ein Status nach Multiorganversagen bei Mischintoxikation und Liegetrauma mit Rhabdomyolyse am 1. Dezember 2009 (Kokain-, Heroin-, Benzodiazepin- und Alkoholintoxikation; kardiogener Schock u.a.). Es folgten zahlreiche Eingriffe. 5.2.2 Im Bericht vom 25. Mai 2010 hielt die Schadeninspektorin der Beschwerdeführerin zum Hergang fest, der Versicherte könne sich nicht an den Vorfall erinnern. Weshalb, wo und wie es zur Einnahme von Drogen, Schlafmitteln und Alkohol gekommen sei, sei ihm ebenfalls nicht erinnerlich. 5.2.3 In der Schadenmeldung UVG vom 4. Juli 2010 hatte der Versicherte als Unfallbeschreibung festgehalten: "Nach Alkoholrückfall psychisches Abrutschen ohne Möglichkeit, diesem unaufhaltsamen Sog zu entkommen. Keine Erinnerung an Umstände vor Suizidversuch, bin sicher, dass ich mein Verhalten nicht mehr steuern konnte." 5.2.4 Der behandelnde Psychiater Dr. med. B., Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie FMH, hielt im Bericht vom 30. August 2010 fest, der Versicherte leide seit vielen Jahren an wiederkehrenden schweren depressiven Störungen. Er habe in den vergangenen Jahren immer wieder Episoden von Substanzmissbrauch erlitten, vorwiegend mit Benzodiazepinen und Alkohol, selten auch mit Betäubungsmitteln, wobei der Substanzmissbrauch als Selbstbehandlungsversuch zu verstehen sei, indem der Versicherte auf diese Weise immer wieder versucht habe, massiver innerer Verzweiflung zu entfliehen. Ende 2009 habe er sich offensichtlich in einer zunehmenden Depression mit Antriebsverlust, depressiven Verstimmungen und zunehmender Verzweiflung befunden. Ende November 2009 habe er nach zwei Jahren Abstinenz im Kontakt mit einem Kollegen ein Bier getrunken und sei daraufhin in massive Selbstvorwürfe gefallen. Er habe für eine Woche Ferien gebucht und sich gesagt, er gebe noch ein einziges Mal dem Bedürfnis nach Alkohol und Betäubungsmitteln nach. Gleichzeitig sei er in zunehmende Enttäuschung über sich geraten und in massive Verzweiflung mit Selbstanklage gestürzt. In diesem BGE 140 V 220 S. 225 psychischen Ausnahmezustand habe er erneut zu Alkohol, Benzodiazepinen und Heroin/Kokain, welches er sich impulshaft in einem Gassenzimmer besorgt habe, gegriffen. 5.2.5 Dr. med. S. hielt im psychiatrischen Gutachten vom 22. Dezember 2012 fest, von der Pubertät bis Ende Studium sei Cannabis das wichtigste Suchtmittel des Versicherten gewesen; danach habe er seriöser werden wollen. Er habe geraucht und Bier getrunken. 2003 habe er mit Rauchen aufgehört, jedoch immer mehr getrunken, drei bis vier Dosen, am Wochenende deutlich mehr, bis zu fünf Litern am Tag. Zusätzlich habe er auch Benzodiazepine, Valium, Rivotril und Temesta konsumiert, wobei Alkohol und Benzodiazepine ein unguter, stark betäubender Cocktail gewesen seien. Betreffend der Ereignisse im November/Dezember 2009 hielt Dr. med. S. gestützt auf die Angaben des Versicherten fest, er habe Mitte (recte: Ende) November 2009 in A. mit einem Unterassistenten ein Bier getrunken. Danach sei er in eine totale Missstimmung geraten, habe jegliche Freude und Motivation verloren und sich wieder total alkoholabhängig gefühlt. Er sei zur Überzeugung gelangt, alle Bemühungen seien umsonst gewesen und er würde es nie schaffen. Er habe sich traurig, ohnmächtig, leer und öde gefühlt und sich vor sich selber geekelt. Er sei nach C. zurückgekehrt und habe Bier geholt. An den weiteren Verlauf könne er sich nicht erinnern. Wie und wo er sich Heroin und Kokain beschafft habe, wisse er nicht. Die Aussage, er habe es von einem Gassenzimmer, sei lediglich eine Vermutung. Er könne auch nicht sagen, ob er sich habe umbringen oder einfach Ruhe haben wollen. 5.3 Wie aus den oben wiedergegebenen Berichten hervorgeht, besteht hinsichtlich des genauen Hergangs der Ereignisse Ende November/Anfang Dezember 2009 ein ungewisser Sachverhalt und lässt sich dieser auch nicht mehr genauer klären. Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Versicherte Ende November 2009 in A. mit einem Kollegen Bier getrunken, sich anschliessend Alkohol, Drogen und Medikamente beschafft und diese konsumiert hat, nach zwei Tagen Bewusstlosigkeit in C. aufgewacht und ins Spital gebracht worden ist. In welchem Zeitraum der Versicherte die verschiedenen Substanzen konsumiert hat, ist ungewiss. 5.4 (...) (...) 5.4.2 Soweit die Vorinstanz unter Hinweis auf KIESER (a.a.O., N. 13 zu Art. 4 ATSG ) darlegt, in der Rechtsprechung würden engere BGE 140 V 220 S. 226 Bezüge zwischen dem Kriterium der Plötzlichkeit und demjenigen der Ungewöhnlichkeit in dem Sinne gemacht, dass es unerheblich sei, wie oft sich ein bestimmter Vorgang abgespielt habe und einzig entscheidend sei, ob zu einem bestimmten Vorkommnis etwas Besonderes hinzugetreten sei, das den äusseren Faktor des im jeweiligen Lebensbereich Alltäglichen oder Üblichen überschreite, ist dies zumindest missverständlich. Damit ein Unfallereignis bejaht werden kann, muss jedes der vier Kriterien einzeln erfüllt sei. Während die Häufigkeit eines bestimmten Vorgangs unter bestimmten Umständen das Kriterium der Ungewöhnlichkeit nicht von vornherein verunmöglicht, braucht es für das Kriterium der Plötzlichkeit in jedem Fall die unter E. 5.1 hievor umschriebenen Merkmale, namentlich eine einmalige Einwirkung innerhalb eines relativ kurzen abgrenzbaren Zeitraumes. 5.4.3 Erstellt ist, dass die erlittene Mischintoxikation mit Multiorganversagen auf den Konsum von Alkohol, Medikamenten und Drogen zurückzuführen ist. Was zwischen dem Konsum von Bier mit einem Kollegen in A. und der in C. eingetretenen Mischintoxikation passiert ist, was der Versicherte im Einzelnen konsumiert und wie er sich die verschiedenen Substanzen zugeführt hat, ist - wie bereits dargelegt - ungewiss und kann nicht mehr genauer geklärt werden, weshalb die Leistungsansprecher die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen haben. 5.4.4 Zudem ist aufgrund des Umstandes, dass der Versicherte verschiedene Substanzen in Form von Alkohol, Medikamenten und Drogen konsumiert hat, davon auszugehen, dass es sich um mehrmaliges Zuführen gehandelt hat und dass sich die Mischintoxikation über einen gewissen Zeitraum aufgebaut hat, weshalb nicht von einer einmaligen schädigenden und damit plötzlichen Einwirkung im Sinne des Unfallbegriffs gesprochen werden kann. 5.5 Ist zusammenfassend bereits das Kriterium der Plötzlichkeit nicht erfüllt, braucht auf die weiteren Unfallkriterien wie auch auf die Frage eines Suizids bzw. Suizidversuchs nicht näher eingegangen zu werden. Entgegen des vorinstanzlichen Entscheids besteht keine Leistungspflicht der obligatorischen Unfallversicherung für die Ereignisse Ende November/Anfang Dezember 2009.
null
nan
de
2,014
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CH_BGE_007
CH
Federation
4375cb94-c9e2-42f4-a03b-62d4e9ebdcf5
Urteilskopf 84 I 150 22. Urteil vom 23. Mai 1958 i.S. Sagitta AG gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn.
Regeste Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung, BG vom 16. März 1955. 1. Beschwerde an das Bundesgericht; Beschwerdegrunde. 2. Die kantonale Behörde darf gestützt auf das Bundesgesetz die Errichtung einer Grosstankanlage für die Lagerung flüssiger Treib- und Brennstoffe über einem der Versorgung der Bevölkerung dienenden Grundwasserstrom untersagen.
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 84 I 150 S. 150 A.- Die Beschwerdeführerin Sagitta AG will auf einem ihr gehörenden Grundstück, das östlich von Olten am Südufer der Aare im Gebiete der Gemeinde Obergösgen liegt, eine Grosstankanlage für die Lagerung von Benzin und Heizöl errichten. Das Projekt sieht vor, dass in einer in den Boden einzugrabenden Betonwanne, deren 3 m hohe Umfassungswand das Aussengelände etwas überragen soll, 17 eiserne Tanks aufgestellt werden. Das Lager soll durch eine Strasse mit dem Kopf der nahen Strassenbrücke über die Aare und durch Rohrleitungen mit der auch nicht weit entfernten Bahnstation Dulliken verbunden werden. Das Grundstück der Beschwerdeführerin befindet sich im Gebiete eines bedeutenden die Aare begleitenden BGE 84 I 150 S. 151 Grundwasserstroms, der unterhalb dieser Liegenschaft von verschiedenen Gemeinden und Industrieunternehmen der Gegend zur Wasserversorgung herangezogen wird. B.- Das Gesuch der Beschwerdeführerin vom 15. April 1957 um Bewilligung des Baus der Tankanlage wurde vom Bau-Departement des Kantons Solothurn auf Grund der Verordnung des Kantonsrates vom 14. November 1956 über die Lagerung von flüssigen Stoffen abgelehnt, weil durch die Anlage die Versorgung der Bevölkerung mit gesundem Wasser gefährdet würde. Auf Beschwerde der Sagitta AG hin bestätigte der Regierungsrat diesen Entscheid am 5. November 1957. Er stimmte der in einem Bericht an das Bau-Departement geäusserten Ansicht des eidg. Amtes für Gewässerschutz zu, dass das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955 (AS 1956, 1553) in bezug auf Tankanlagen die Behörde nur ermächtige, die erforderlichen baulichen und technischen Schutzvorrichtungen zu verlangen (Art. 4 Abs. 4), dass aber das Bundesrecht die Kantone nicht hindere, die Erstellung von Tankanlagen über wichtigen Grundwasservorkommen nötigenfalls überhaupt zu verbieten. Er nahm an, hier sei nach der kantonalen Verordnung vom 14. November 1956 ein Verbot gerechtfertigt. Zwar sei das Bauvorhaben der Beschwerdeführerin gut durchdacht. Die vorgesehenen technischen Vorkehren schützten das Grundwasser weitgehend. Gleichwohl sei auch unter normalen Verhältnissen ein Auslaufen von Benzin oder Öl in das Grundwasser nicht völlig ausgeschlossen. Eine besondere Gefahr bestehe aber bei Katastrophen und kriegerischen Ereignissen. Auch wenn es wahrscheinlich sei, dass in solchen Fällen ein grosser Teil der gelagerten Flüssigkeit verbrennen würde, so könnten doch erhebliche Mengen in das Grundwasser gelangen. Daher sei die Errichtung neuer und die wesentliche Erweiterung bestehender Grosstankanlagen über wichtigen Grundwasservorkommen BGE 84 I 150 S. 152 grundsätzlich nicht zu bewilligen. Hier habe man es mit einem solchen Vorkommen zu tun. Der Bau von Grosstankanlagen liege zweifellos im öffentlichen Interesse, aber noch weit mehr die Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trink- und Brauchwasser. Es möge zutreffen, dass der von der Beschwerdeführerin gewählte Standort wirtschaftlich besonders günstig sei, doch gebe es noch weite Gebiete, wo Grosstankanlagen ebenfalls mit Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg, aber ohne Gefährdung des Grundwassers erstellt werden können. C.- Gegen den Entscheid des Regierungsrates führt die Sagitta AG beim Bundesgericht in zwei getrennten Eingaben Beschwerde. a) In der einen Eingabe, die als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnet ist, beantragt sie, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und den Regierungsrat anzuweisen, ihr Baugesuch auf Grund des BG über den Gewässerschutz zu beurteilen. Zur Begründung macht sie geltend, der Regierungsrat habe den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes (Art. 2 Üb.Best. z. BV) verletzt, indem er statt jenes Bundesgesetzes eine kantonale Verordnung angewendet habe. Das Bundesgesetz regle die Materie abschliessend; dem kantonalen Gesetzgeber überlasse es nur die Organisation des Vollzuges (Vollziehungsbestimmungen, Art. 17). b) In der anderen, als Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezeichneten Eingabe wird beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und der Beschwerdeführerin die Errichtung einer Grosstankanlage gemäss dem Gesuch vom 15. April 1957 zu bewilligen, eventuell mit den vom Gericht festzusetzenden Änderungen des Projektes. In der Begründung wird ausgeführt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde werde nur erhoben für den Fall, dass angenommen würde, die Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes sei mit diesem BGE 84 I 150 S. 153 Rechtsmittel, nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde, zu rügen. Das BG über den Gewässerschutz lasse ein allgemeines Verbot von Tankanlagen im Gebiete von Grundwasserströmen nicht zu, sondern verlange nur, dass die zum Schutz des Grundwassers nötigen baulichen und technischen Vorrichtungen angebracht werden. Dieser Anforderung entspreche das Projekt der Beschwerdeführerin; es stehe im Einklang mit den Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, der Carbura und des Verbandes schweizerischer Gas- und Wasserfachmänner. Die vorgesehenen Massnahmen schlössen jede Verunreinigung des Grundwassers aus, auch für den Fall der Einwirkung höherer Gewalt. Bei Katastrophen und Bombardierungen werde das Lagergut nicht durch Versickern in den Erdboden, sondern durch Feuer zerstört. Auf der ausgedehnten Fläche der Wanne würden in kurzer Zeit grosse Mengen von Benzin und Öl verbrennen; dem Feuer könnte nur ein geringes Quantum entgehen. Benzin und Öl würden nach den gemachten Erfahrungen nur langsam in den Erdboden eindringen und könnten mit einfachen und zuverlässigen Mitteln an der weiteren Ausbreitung gehindert werden. Es sei ein Gutachten einzuholen. Die Lagerung flüssiger Treib- und Brennstoffe liege im Interesse der Volkswirtschaft und werde denn auch vom Bund auf Grund des Gesetzes über die wirtschaftliche Kriegsvorsorge gefördert. Es sei fraglich, ob Standorte ausserhalb des Bereiches von Grundwasserströmen wirtschaftlich geeignet wären. Die Grosstankanlagen, die in der näheren Umgebung des von der Beschwerdeführerin gewählten Ortes bis zur Landesgrenze bereits bestehen, befänden sich samt und sonders im Gebiete von Grundwasserströmen. D.- Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerden. Er weist darauf hin, dass die kantonale Verordnung über die Lagerung von flüssigen Stoffen vom Bundesrat am 24. Oktober 1957 als vorläufiger Ausführungserlass BGE 84 I 150 S. 154 zum BG über den Gewässerschutz anerkannt und genehmigt wurde, was bestätige, dass sie dem Bundesrecht nicht widerspreche. Für den Fall, dass entschieden würde, er habe sich zu Unrecht auf die Verordnung gestützt, berufe er sich auf Art. 4 Abs. 4 BG. Aus dieser Bestimmung könne abgeleitet werden, dass die Errichtung einer Tankanlage über einem wichtigen Grundwasservorkommen verboten werden dürfe, wenn dessen Schutz durch die üblichen technischen Vorkehren nicht gewährleistet sei. Sollte angenommen werden, auch das Bundesgesetz biete keine Grundlage für das angefochtene Verbot, so liesse sich dieses auf Art. 38 Ziff. 6 der Kantonsverfassung stützen, wonach der Regierungsrat für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Kanton sorgt. E.- Das eidg. Departement des Innern bestätigt in seiner Vernehmlassung die vom eidg. Amt für Gewässerschutz im kantonalen Verfahren abgegebene Meinungsäusserung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 14 des BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung kann gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz, die in Anwendung dieses Gesetzes ergehen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht eingereicht werden. Ein solcher Entscheid ist der hier angefochtene. Er betrifft eine Angelegenheit des Gewässerschutzes, die auf Grund jenes Bundesgesetzes zu beurteilen ist. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann in solchen Fällen geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht oder sei nicht angemessen ( Art. 104 Abs. 1 OG , Art. 14 BG über den Gewässerschutz). In der als staatsrechtliche Beschwerde bezeichneten Eingabe rügt die Sagitta AG eine Verletzung von Bundesrecht, indem sie behauptet, der Regierungsrat habe zu Unrecht, in Verkennung der derogatorischen Kraft des BGE 84 I 150 S. 155 Bundesrechtes, kantonales Recht statt das BG über den Gewässerschutz angewendet. Diese Rüge war auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorzubringen, so dass die staatsrechtliche Beschwerde nicht zulässig ist ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Indessen erfüllt jene Eingabe die formellen Voraussetzungen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde und ist daher als solche entgegenzunehmen. Dasselbe trifft für die andere Eingabe der Beschwerdeführerin zu; sie ist richtigerweise als Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezeichnet. Darin wird jene Rüge wiederholt und werden weitere erhoben, die mit diesem Rechtsmittel geltend gemacht werden können. Beide Eingaben sind als eine einzige Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln und in einem und demselben Entscheid zu beurteilen. 2. Nach Art. 2 Abs. 1 des BG über den Gewässerschutz sind gegen die Verunreinigung oder andere schädliche Beeinträchtigung der ober- und unterirdischen Gewässer diejenigen Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind zum Schutze der Gesundheit von Mensch und Tier, zur Verwendung von Grund- und Quellwasser als Trinkwasser, zur Aufbereitung von Wasser aus oberirdischen Gewässern zu Trink- und Brauchwasser, zur Benützung zu Badezwecken, zur Erhaltung von Fischgewässern, zum Schutze baulicher Anlagen vor Schädigung und zum Schutze des Landschaftsbildes gegen Beeinträchtigung. Dabei ist nach Abs. 3 Rücksicht zu nehmen auf die technischen Möglichkeiten, das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer, die Filtrierfähigkeit des Bodens und, soweit es sich nicht um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers handelt, auf die entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung. Art. 2 Abs. 2, Art. 3 und 4 enthalten besondere Vorschriften für einzelne Gefahrenherde (Abwässer, Lagerung von Stoffen, Kiesgruben). So bestimmt Art. 4 Abs. 4., dass für die Lagerung von Öl, Benzin oder anderer flüssiger Stoffe in Tanks die zum Schutze von Gewässern nötigen baulichen und technischen Vorrichtungen zu erstellen sind. BGE 84 I 150 S. 156 Die Tankanlagen werden nur an dieser Stelle des Gesetzestextes ausdrücklich erwähnt, und nur die Anordnung baulicher und technischer Schutzvorrichtungen ist für sie ebenda vorgesehen. Es fragt sich, ob das Bundesgesetz dessenungeachtet eine Handhabe für allfällig erforderliche weitergehende Massnahmen gegen die von Tankanlagen drohende Gefahr der Gewässerverunreinigung biete. Entgegen der Auffassung der Bundesverwaltung ist die Frage zu bejahen. Art. 2 BG zählt nicht bloss die Zwecke auf, welche den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung rechtfertigen, sondern schreibt ausserdem allgemein vor, dass gegen Verunreinigungen "diejenigen Massnahmen zu ergreifen sind", die zur Erreichung der Zwecke notwendig sind (Abs. 1 und 3) und den Betroffenen zugemutet werden können (Abs. 3). Daraus ergibt sich, dass das Bundesgesetz eine klare Grundlage für alle Schutzmassnahmen enthält, die sich im einzelnen Falle in dem durch Art. 2 Abs. 1 und 3 gezogenen Rahmen nach pflichtgemässem Ermessen der vollziehenden Behörde als gerechtfertigt erweisen, und dass es diese Behörde unmittelbar verpflichtet, das danach Erforderliche anzuordnen. Art. 2 Abs. 2, Art. 3 und 4 führen für einzelne besondere Tatbestände die allgemeine Regelung in Art. 2 Abs. 1 und 3 näher aus und werden durch diese ergänzt. Dass dem so ist, wird durch das Wort "insbesondere" am Anfang von Art. 2 Abs. 2 bestätigt. Auf Grund des Bundesgesetzes dürfen und müssen also in Fällen, wo die in jenen Spezialbestimmungen ausdrücklich vorgesehenen Vorkehren einen wirksamen Schutz der Gewässer nicht gewährleisten, unter Umständen andere, weitergehende Massnahmen ergriffen werden. Das Gesetz selber untersagt in Art. 4 Abs. 1 und 2 die Ablagerung fester Stoffe in Gewässer oder ausserhalb solcher sowie die Anlage von Kiesgruben in der Nähe von Grundwasserfassungen, sofern diese Handlungen und Einrichtungen geeignet sind, das Gewässer zu verunreinigen. Es ermächtigt BGE 84 I 150 S. 157 die Behörde, unter den in Art. 2 umschriebenen Voraussetzungen auch Veranstaltungen vollständig zu verbieten, für welche es diese Massnahme nicht eigens vorsieht. Dies gilt insbesondere für die in Art. 4 Abs. 4 genannten Tankanlagen. Die Errichtung einer solchen Anlage über oder neben einem Gewässer darf und muss unter Umständen auf Grund des Art. 2 BG verboten werden, sofern durch bauliche und technische Schutzvorrichtungen eine Verunreinigung des Gewässers nicht verhindert werden kann. Unter dieser Voraussetzung wird kraft Bundesrechtes ein Verbot jedenfalls dann auszusprechen sein, wenn es sich um eine Grosstankanlage handelt und das Gewässer der Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser dient; bestimmt doch Art. 2 Abs. 3 BG, dass auf die entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung nicht Rücksicht zu nehmen ist, wo es um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers geht. Die Annahme, dass das Bundesgesetz keine Grundlage für ein Verbot einer Tankanlage enthalte, wäre auch sachlich unbefriedigend. Es wäre nicht recht verständlich, dass auf das Gesetz, welches die Anlage von Klesgruben unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich untersagt, nicht auch ein Verbot von Tankanlagen in Fällen, wo technische Schutzvorrichtungen nicht ausreichen, gestützt werden könnte. Wäre aus dem Bundesrecht abzuleiten, dass ein solches Verbot auch nicht auf Grund kantonalen Rechtes ausgesprochen werden dürfe, so wäre der Gewässerschutz, den das Bundesgesetz erstrebt, nicht genügend gewährrleistet. Und wenn das Bundesrecht lediglich ein kantonalrechtliches Verbot nicht ausschlösse, so könnte es vorkommen, dass ein ober- oder unterirdisches interkantonales Gewässer vom unten liegenden Kanton, auch wenn er von allen ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten Gebrauch macht, deshalb nicht vollständig reingehalten werden kann, weil es infolge Untätigkeit des oben liegenden Kantons nicht nur in dessen Gebiet, sondern auch im Unterlauf verunreinigt wird. Gerade auch deshalb, weil BGE 84 I 150 S. 158 die Gewässer vielfach mehrere Kantone durchfliessen oder auf deren Grenze liegen, drängt es sich auf, die Art. 2 - 4 BG im dargelegten Sinne auszulegen. Das Bundesgesetz will den Gewässerschutz im ganzen Gebiete der Schweiz weitgehend vereinheitlichen. Es bestimmt denn auch in Art. 7, dass die Kantone zum Schutz interkantonaler Gewässer diejenigen Massnahmen zu treffen haben, die im Sinne der Art. 2-4 gegenüber anderen Kantonen notwendig sind, und dass der Bund den Abschluss interkantonaler Vereinbarungen über gemeinsame Massnahmen und über die Koordination von Massnahmen fördert. 3. Es ist nicht bestritten, dass das Projekt der Beschwerdeführerin, eine Grosstankanlage über einem Grundwasserstrom zu erstellen, gut durchdacht ist. Wie es scheint, hat die Beschwerdeführerin zum Schutz des Grundwassers gegen Verunreinigung durch auslaufendes Benzin und Öl alle Vorrichtungen vorgesehen, welche nach dem derzeitigen Stande der Technik und den von Fachkreisen gestellten Anforderungen in Betracht kommen. Diese Vorkehren genügen vielleicht unter normalen Verhältnissen, wie sie in Friedenszeiten herrschen. Sie reichen aber nicht aus, um das Grundwasser auch gegen Verunreinigungen zu schützen, welche durch aussergewöhnliche Ereignisse, wie Erdbeben oder Bombardierungen, herbeigeführt werden können. Dies ist so gewiss, dass ein Gutachten darüber nicht eingeholt zu werden braucht. Die Beschwerdeführerin rechnet selber damit, dass in Katastrophen die eisernen Tanks beschädigt oder zerstört werden. Einem heftigen Erdbeben oder einem Beschuss mit Kernwaffen wird aber auch die Betonwanne nicht standhalten, und zudem ist nicht ausgeschlossen, dass infolge eines starken Explosionsdruckes beträchtliche Mengen Benzin und Öl über die Umfassungswand hinweggeschleudert werden. Es besteht die Gefahr, dass beim Eintritt solcher Vorkommnisse ein erheblicher Teil der gelagerten Flüssigkeit in den Erdboden einsickern wird, auch wenn ein mehr oder weniger grosses Quantum verbrennen wird. Die Beschwerdeführerin BGE 84 I 150 S. 159 behauptet, sie könne Benzin und Öl, das wider Erwarten in den Erdboden eindringen würde, mit einfachen und zuverlässigen Mitteln abschöpfen, bevor es sich weiter auszubreiten vermöge; sie denkt dabei offenbar an die beiden Brunnen, von denen im kantonalen Verfahren die Rede war. Für normale Verhältnisse mag diese Darstellung zutreffen. Aber auf jeden Fall ist keine Gewähr dafür geboten, dass bei Katastrophen eine Verunreinigung des Grundwassers verhindert werden kann. Solche Ereignisse können sehr wohl zur Folge haben, dass an vielen Stellen gleichzeitig eine grosse Menge Benzin oder Öl in das Grundwasser einfliesst; sodann ist durchaus nicht sicher, dass in einer Katastrophe die Brunnen und die zu ihrer Bedienung bestimmten Leute verschont bleiben werden. Die Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trink- und Brauchwasser muss unter allen Umständen, auch für ausserordentliche Zeiten, sichergestellt werden. Das BG über den Gewässerschutz ermöglicht und fordert in seinem Anwendungsbereich alle Massnahmen, welche zur Erreichung dieses Zweckes notwendig sind, ohne Rücksicht auf die daraus sich ergebende wirtschaftliche und finanzielle Belastung zu nehmen. Im vorliegenden Fall geht es darum, ein mächtiges Grundwasserbecken, das für die Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser unentbehrlich ist, gegen Verunreinigung zu schützen. Dieses wichtige Grundwasservorkommen würde durch die Errichtung der von der Beschwerdeführerin projektierten Grosstankanlage erheblich gefährdet. Wohl liegt auch die Lagerung von Vorräten an Benzin und Heizöl im öffentlichen Interesse, aber noch wichtiger ist die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers, und ausserdem gibt es in der Schweiz ausserhalb der Grundwasservorkommen genügend Land, das sich für die Errichtung von Grosstankanlagen eignet. Die Würdigung aller Umstände ergibt, dass die Ausführung des Bauvorhabens der Beschwerdeführerin auf Grund des BG über BGE 84 I 150 S. 160 den Gewässerschutz verboten werden durfte und musste. Die angefochtene Massnahme verletzt dieses Gesetz nicht; es kann auch nicht angenommen werden, dass sie den Verhältnissen nicht angemessen sei. 4. Da das umstrittene Verbot sich auf das Bundesgesetz stützen lässt, ist die Rüge der Verkennung der derogatorischen Krafft des Bundesrechtes gegenstandslos. Es ist darauf nicht einzutreten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
public_law
nan
de
1,958
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
4376d03f-da71-4727-a38b-6fdf22d9fc0c
Urteilskopf 124 I 25 4. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Februar 1998 i.S. Wiggis-Park AG gegen Kantonale Sachversicherung Glarus und Verwaltungsgericht des Kantons Glarus (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; kantonales Gebäudeversicherungsmonopol. Das glarnerische Gebäudeversicherungsmonopol verstösst nicht gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (E. 3). Es ist zulässig, das Monopol nur für bestimmte Kategorien von Gebäuden vorzusehen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 124 I 25 S. 26 Gemäss Art. 15 des glarnerischen Sachversicherungsgesetzes vom 2. Mai 1993 (KSVG; in Kraft seit 1. Januar 1995) sind alle Gebäude mit Ausnahme von Industrie- und Hotelbauten gegen Feuer und Elementarschäden bei der Kantonalen Sachversicherung zu versichern und dürfen für die gleichen Gefahren nicht anderweitig versichert werden. Gebäude, welche nicht unter dieses Versicherungsmonopol fallen, werden im freien Wettbewerb zwischen den Privatversicherern und der Kantonalen Sachversicherung versichert. Eine inhaltlich gleichlautende Regelung fand sich auch in Art. 10 des Gesetzes vom 21. Mai 1978 über die kantonale Sachversicherung (aKSVG), welches bis zum Inkrafttreten des neuen Sachversicherungsgesetzes galt. Die Wiggis-Park AG ist Eigentümerin eines Areals in Netstal, auf welchem vormals die Stoffel AG einen industriellen Betrieb unterhalten hatte. Sie plant und realisiert auf dem Areal ein Gewerbecenter. Am 19. Februar 1992 wurde die Unterstellungsverfügung des BIGA nach Art. 5 des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 (ArG; SR 822.11) aufgehoben. Nach Einholen der erforderlichen Baubewilligungen wurde im Frühjahr 1992 mit den Bauarbeiten begonnen. Die auf dem Areal befindlichen Gebäude waren bei einer privaten Versicherung gegen Feuer und Elementarschäden versichert. Am 17. September 1992 kam es zu einem Brandfall mit einer Schadensumme von über 2,5 Mio. Franken, welche durch die private Versicherung gedeckt wurde. Mit Verfügung vom 2. November 1993 hielt die Glarner Gebäudeversicherung fest, dass das Areal nicht mehr industriell genutzt werde und die Gebäulichkeiten demzufolge ab 1. Januar 1994 bei ihr zu versichern seien. Die Wiggis-Park AG erhob dagegen erfolglos Einsprache an die Aufsichtskommission der Kantonalen Sachversicherung und anschliessend Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit dem Begehren, es seien die angefochtenen Entscheide aufzuheben; ferner sei festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, ihre Gebäulichkeiten bei der Kantonalen Sachversicherung zu versichern, und dass das Versicherungsmonopol die Handels- und Gewerbefreiheit verletze. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus wies die Beschwerde mit Urteil vom 16. Januar/3. April 1996 ab. Die Wiggis-Park AG erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 124 I 25 S. 27 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Zusammenfassung: Art. 31 Abs. 2 BV gewährleistet die historischen Grundmonopole, die auch fiskalischen Zwecken dienen dürfen. Darüber hinaus können die Kantone weitere Monopole errichten, soweit dies durch hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls, namentlich polizeiliche oder sozialpolitische Gründe, gerechtfertigt und verhältnismässig ist. Das Gebäudeversicherungsmonopol ist eher mit den polizeilichen oder sozialpolitischen Gewerbemonopolen vereinbar als mit den historischen Grundmonopolen, vgl. BGE 124 I 11 E. 3, S. 14.) 3. a) Um zulässig zu sein, muss das Monopol auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, einem öffentlichen Interesse entsprechen und verhältnismässig sein ( BGE 109 Ia 193 E. 2/3; BGE 101 Ia 124 E. 8b S. 128 f.). b) Die Beschwerdeführerin bestreitet mit Recht nicht, dass sich das Monopol der kantonalen Gebäudeversicherung auf eine genügende formellgesetzliche Grundlage stützt. Wenn sie vorbringt, in Art. 48 der glarnerischen Kantonsverfassung sei die kantonale Gebäudeversicherung ohne Hinweis auf eine Monopolstellung genannt, weshalb darin keine Grundlage für ein Sachversicherungsmonopol enthalten sei, so verkennt sie, dass nicht jede Grundrechtseinschränkung einer ausdrücklichen Verfassungsgrundlage bedarf. Vielmehr genügt dafür - soweit das einschlägige Verfassungsrecht nicht besondere Anforderungen aufstellt - eine Grundlage auf der Stufe des Gesetzes. Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Bestimmungen der glarnerischen Kantonsverfassung stellen jedenfalls keinen derartigen besonderen Verfassungsvorbehalt dar. Das gilt insbesondere auch für Art. 43 KV/GL , wonach der Kanton wirtschaftspolizeiliche Vorschriften erlassen kann; diese Bestimmung schliesst nicht aus, dass - namentlich in Ausführung anderer verfassungsrechtlich vorgesehener Aufgaben - auch andere als rein polizeiliche Vorschriften erlassen werden. Dass in Art. 48 KV/GL das Monopol der kantonalen Gebäudeversicherung nicht ausdrücklich genannt ist, erlaubt nicht umgekehrt den Schluss, der Verfassungsgeber habe dieses für unzulässig erklärt. Im Gegenteil weisen die Materialien zu Art. 48 KV/GL darauf hin, dass die Verfassung das vorbestehende Monopolsystem weiterhin zulassen will (RAINER J. SCHWEIZER, Verfassung des Kantons Glarus, Kommentar zum Entwurf, Bd. I, Glarus 1981, S. 66 und 116). BGE 124 I 25 S. 28 c) Die Beschwerdeführerin verneint das Vorliegen eines genügenden öffentlichen Interesses. Der historische Hintergrund des Gebäudeversicherungsmonopols liege darin, dass im 19. Jahrhundert ein Grossteil der finanzschwachen Gebäudeeigentümer auf eine günstige Versicherung angewiesen gewesen und ein privates Versicherungswesen erst im Laufe der Zeit aufgebaut worden sei. Diese Motivation sei heute nicht mehr ausreichend, da Hausbesitzer in der Regel über genügend Mittel verfügten, um auch die Prämien gewinnorientierter Privatversicherungen bezahlen zu können, und diese ebensogut wie eine staatliche Monopolversicherung in der Lage seien, Gebäudeversicherungen anzubieten. Dem öffentlichen Interesse an einem Schutz der Allgemeinheit vor Feuer und Elementarschäden könne auch durch ein blosses Versicherungsobligatorium ohne staatliches Monopol entsprochen werden. Allenfalls könnte die staatliche Versicherung in eine blosse Ergänzungs- oder Auffangversicherung für nicht versicherte oder gewisse schlechte Risiken transferiert werden. d) In der Mehrzahl der schweizerischen Kantone wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts kantonale Gebäudeversicherungsanstalten mit einem Monopol für die Versicherung von Immobilien gegen Feuer und Elementarschäden errichtet, wobei diesen Anstalten in der Regel nebst der Versicherung auch die Wahrnehmung feuerpolizeilicher Aufgaben übertragen wurde. Nach dem Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1874 wurde bisweilen die Ansicht vertreten, solche Versicherungsmonopole verstiessen gegen die in Art. 31 BV garantierte Handels- und Gewerbefreiheit. Der Bundesrat befand jedoch in Beschwerdeentscheiden aus den Jahren 1875, 1884 und 1895, dass die bestehenden kantonalen und auch die Gründung neuer Versicherungsmonopole weiterhin zulässig seien (Salis, Schweizerisches Bundesrecht, V. Bd., Bern 1904, Nr. 2376, 2380, 2381), immerhin mit der Einschränkung, dass damit nicht ein auf Erwerb gerichteter fiskalischer Zweck verfolgt werden dürfe (SALIS, a.a.O., Nr. 2381, S. 482 f., bezüglich der glarnerischen Mobiliarversicherung). Die Bundesversammlung hat auch in neuerer Zeit mehrfach Kantonsverfassungen gewährleistet, welche ausdrücklich ein Gebäudeversicherungsmonopol statuieren (§ 55 Abs. 1 lit. f der aargauischen Kantonsverfassung vom 25. Juni 1980; § 128 der basel-landschaftlichen Kantonsverfassung vom 17. Mai 1984; Art. 99 Abs. 3 der solothurnischen Kantonsverfassung vom 8. Juni 1986; § 83 der thurgauischen Kantonsverfassung vom 16. März 1987). BGE 124 I 25 S. 29 Angesichts dieser mehr als ein Jahrhundert alten Verfassungspraxis ist das Versicherungsmonopol jedenfalls solange verfassungsrechtlich zulässig, als dafür hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls bestehen. e) Das Bundesgericht rechtfertigte im Jahre 1911 das Gebäudeversicherungsmonopol mit sozialpolitischen Überlegungen: Die privaten Versicherungen würden für schlechte Risiken höhere Prämien verlangen, was zur Folge hätte, dass mehr nur die guten und mittleren Risiken versichert würden. Die staatliche Versicherung würde demgegenüber auch die schlechten Risiken zu tragbaren Prämien versichern und diene damit dem Schutz wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungsklassen ( BGE 37 I 503 E. 5 S. 524 f.). Soweit die Lehre das Gebäudeversicherungsmonopol nicht ohnehin schon kraft seiner Historizität als zulässig erachtet, hält sie es mehrheitlich mit gleichen oder ähnlichen sozialpolitischen Überlegungen für gerechtfertigt (WALTHER BURCKHARDT, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, 3. Aufl. Bern 1931, S. 228 f.; ZACCARIA GIACOMETTI Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1949, S. 309 Anm. 29; ETIENNE GRISEL, Liberté du commerce et de l'industrie, Vol. 2, Bern 1995, S. 222; PIERRE MOOR, Droit administratif, Vol. III, Bern 1992, S. 388 f.; CLAUDE RUEY, Monopoles cantonaux et liberté économique, Thèse Lausanne 1988, S. 251). Demgegenüber wird teilweise die Ansicht vertreten, die ursprüngliche sozialpolitische Rechtfertigung sei heute nicht mehr gegeben (KARIN SUTTER-SOMM, Das Monopol im schweizerischen Verwaltungs- und Verfassungsrecht, Diss. Basel 1989, S. 167 f.). Als verfassungswidrig betrachtet wird das Monopol der Gebäudeversicherung daneben auch von Autoren, die entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich nur Polizeimonopole, nicht aber sozialpolitische Monopole als zulässig erachten (LUCIANO GIUDICI, Problemi giuridici della municipalizzazione dei servizi pubblici, Tesi Berna, Locarno 1970, S. 46 ff., 68 ff.; MELCHIOR SPAHN, Die kantonalen Regalrechte nach Artikel 31 Abs. 2 der Bundesverfassung, Diss. Zürich 1956, S. 84 ff.). f) Aufgrund eines Prämienvergleichs ergibt sich, dass die kantonalen Monopolversicherungen die Gebäudeversicherung zu deutlich günstigeren Prämien anbieten als die Privatversicherungen. In den Jahren 1986-90 bzw. 1984-93 betrug die jährliche Versicherungsprämie in den Kantonen mit Monopolversicherung durchschnittlich Fr. -.64 pro Fr. 1'000.-- Versicherungssumme, in den Kantonen ohne Monopol hingegen Fr. 1.08 bzw. Fr. 1.09 (THOMAS VON UNGERN-STERNBERG, BGE 124 I 25 S. 30 Die kantonalen Gebäudeversicherungen; Eine ökonomische Analyse, Lausanne 1994, Abb. 1; ders., Kritische Überlegungen zu dem Gutachten von Professor Schips über die kantonalen Gebäudeversicherungen, Lausanne 1995, S. 3a). Diese Zahlen werden auch in einem Gegengutachten nicht als solche bestritten, sondern anders interpretiert mit dem Argument, die Unterschiede im Prämienniveau liessen sich auf unterschiedliche Schadensentwicklungen und Versicherungssummen zurückführen (BERND SCHIPS, Ökonomische Argumente für wirksamen Wettbewerb auch im Versicherungszweig "Gebäudefeuer- und Gebäudeelementarschäden", St. Gallen 1995, S. 20). In Prozent des Schadenssatzes ausgedrückt lägen die Prämienansätze der kantonalen Gebäudeversicherer über denjenigen der Privatversicherer (Gutachten Schips, S. 29). Für den Versicherungsnehmer ist indessen in erster Linie die von ihm zu bezahlende Prämie von Interesse. Dass diese in Monopolkantonen signifikant tiefer ist als bei Privatversicherungen, wird auch im Gutachten von Schips nicht in Frage gestellt (Gutachten Schips, S. 31). Welcher Anteil an den Gesamteinnahmen der Versicherung für die Deckung von Schäden verwendet wird, ist insofern nicht ausschlaggebend, als die Gebäudeversicherungen auch vorbeugenden Brandschutz finanzieren und damit dazu beitragen, dass Schäden gar nicht entstehen, was ebenfalls den Versicherten zugute kommt. In diesem Sinne ist ein Zusammenhang zwischen dem Versicherungssystem und dem Schadenverlauf jedenfalls denkbar: Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass der in den Kantonen ohne Monopolversicherung signifikant schlechtere Schadenverlauf rein zufällig sein soll. Eher plausibel erscheint demgegenüber, dass die kantonalen Gebäudeversicherungen dadurch, dass sie einen grösseren Aufwand für die Prävention leisten, zum wesentlich günstigeren Schadenverlauf beitragen und dadurch die tiefe Prämie ermöglichen. Das wird bestätigt dadurch, dass die Schweiz im internationalen Vergleich eine markant tiefe Zahl von Brandttoten aufweist (VON UNGERN-STERNBERG, a.a.O. (1994), S. 19 und Anhang). Denkbar ist zudem, dass durch die Monopolisierung gewisse verwaltungsmässige Synergien mit staatlichen, ohnehin zu erfüllenden Aufgaben möglich sind und gewisse Verwaltungskosten, namentlich Akquisitionskosten, geringer gehalten werden können. Gesamthaft gesehen bestehen plausible Gründe für die Annahme, dass die kantonalen Gebäudeversicherungen einen wesentlich günstigeren Schadenverlauf und damit sowohl geringere Schäden als auch deutlich tiefere Versicherungsprämien ermöglichen. BGE 124 I 25 S. 31 g) Damit kann ein zureichendes öffentliches Interesse an einer Monopolisierung der Gebäudeversicherung als ausgewiesen betrachtet werden. Die marktwirtschaftliche Ordnung, die durch die institutionelle oder wirtschaftspolitische Komponente von Art. 31 BV geschützt wird, findet ihre Legitimation darin, dass dadurch die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Bevölkerung möglichst effizient und preisgünstig befriedigt werden sollen (ETIENNE GRISEL, Liberté du commerce et de l'industrie, Vol. 1, Bern 1993, S. 86 f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 354; KLAUS VALLENDER, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, 3. Aufl. Bern 1995, S. 85). Erweist sich, dass eine Dienstleistung, an deren Obligatorium - wie auch die Beschwerdeführerin anerkennt - ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, mit einem Monopolsystem wesentlich vorteilhafter erbracht wird als durch die Privatwirtschaft, so kann das ein zulässiges öffentliches Interesse darstellen, um eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit zu rechtfertigen ( BGE 101 Ia 124 E. 8b S. 128). h) In der Lehre wird bisweilen die Verhältnismässigkeit des Gebäudeversicherungsmonopols in Frage gestellt, da die blosse Einführung eines Versicherungsobligatoriums, allenfalls verbunden mit einer Aufsicht über die Preisgestaltung, den angestrebten Zweck gleichermassen erfüllen könnte (MOOR, a.a.O., S. 389; SPAHN, a.a.O., S. 85; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 167 f.). Ein Versicherungsobligatorium, teilweise kombiniert mit einer Preisaufsicht, besteht heute bereits in Kantonen, welche kein Versicherungsmonopol kennen. Wie die zitierten Zahlen zeigen, gewährleistet dieses System jedoch nicht eine ebenso günstige Versicherung wie ein Monopolsystem. Im übrigen macht der Umstand, dass auch eine andere gesetzliche Lösung denkbar wäre, die vom glarnerischen Gesetzgeber gewählte Lösung noch nicht unverhältnismässig ( BGE 101 Ia 124 E. 8b S. 129). i) Die Durchschnittsprämie ist im Kanton Glarus zwar eine der höchsten unter den Kantonen mit Monopolversicherung und liegt leicht höher als diejenige im günstigsten Kanton mit Privatversicherung (Genf). Im Verhältnis zu anderen Kantonen ohne Monopolversicherung mit vergleichbaren topographischen und Besiedlungsverhältnissen (Uri, Schwyz) ist jedoch die Prämie in Glarus immer noch um rund ein Viertel tiefer (VON UNGERN-STERNBERG, a.a.O. (1995), S. 7a). Unter diesen Umständen ist das glarnerische Gebäudeversicherungsmonopol durch ein hinreichendes öffentliches Interesse BGE 124 I 25 S. 32 gedeckt und auch verhältnismässig. Zwar können die Prämien bei einer Privatversicherung im Einzelfall insbesondere für Grosskunden wie die Beschwerdeführerin günstiger sein. Daraus folgt aber nicht, dass nur ein System zulässig wäre, welches - wie die Beschwerdeführerin vorschlägt - für die guten Risiken eine Privatversicherung zulässt und der kantonalen Gebäudeversicherung nur die schlechten Risiken überlässt. Eine solche Regelung würde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die bisherigen Vorteile der kantonalen Gebäudeversicherung zunichte machen. Ein gewisser sozialer Ausgleich liegt im Wesen der meisten sozialpolitisch motivierten Regelungen. Dass im Einzelfall dadurch für gewisse Versicherte eine Höherbelastung resultiert, ist jedenfalls solange verfassungsrechtlich zulässig, als diese Mehrbelastung nicht übermässig wird, was indessen in der Beschwerde nicht dargelegt wird. k) Das glarnerische Gebäudeversicherungsmonopol verstösst nach dem Gesagten nicht gegen Art. 31 BV . Dass Art. 15 KV/GL die Handels- und Gewerbefreiheit in einem weiteren Umfang schützen würde als Art. 31 BV , wird in der Beschwerde nicht dargetan und ist auch nicht anzunehmen (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., S. 66). Das Monopol erweist sich daher als mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar. 4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach glarnerischem Recht seien Industriebetriebe seit je von der Monopolversicherung ausgeschlossen und der privaten Versicherung überlassen worden. Nach den dieser Regelung zugrundeliegenden Kriterien würde auch ein gemischt-gewerblich genutzter Grossgebäudekomplex wie ihr Wiggis-Park nicht der Monopolversicherung unterstellt. a) Nach Art. 15 KSVG fallen "alle Gebäude, mit Ausnahme von Industrie- und Hotelbauten", unter das Versicherungsmonopol. Die Auslegung des kantonalen Gesetzes wird, wenn - wie vorliegend - kein besonders schwerer Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit zur Diskussion steht, vom Bundesgericht nur auf Willkür überprüft; frei prüft das Bundesgericht, ob das willkürfrei ausgelegte kantonale Recht mit dem angerufenen Grundrecht vereinbar ist (WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. Bern 1994, S. 175 ff., mit Hinweisen). b) Die Beschwerdeführerin rügt nicht, die Unterstellung ihres Gebäudekomplexes unter das Monopol beruhe auf einer willkürlichen Auslegung des Gesetzes. Sie scheint jedoch der Meinung zu sein, dass diese Auslegung zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führe, da schon vor 1874 private Grossunternehmen in der Versicherung BGE 124 I 25 S. 33 frei gewesen seien. Indessen ist die kantonale Gebäudeversicherung nicht deshalb zulässig, weil sie vor 1874 bereits bestand, sondern weil sie sich durch ein öffentliches Interesse rechtfertigen lässt ( BGE 124 I 14 E. 3). Demgemäss ist es auch zulässig, nach 1874 noch neue kantonale Gebäudeversicherungen zu errichten. Deshalb kann nicht ausschlaggebend sein, ob nach den Gesichtspunkten, die 1874 in Glarus herrschten, die Anlage der Beschwerdeführerin dem Monopol unterstellt gewesen wäre. c) Der Ausschluss der industriellen Risiken aus der glarnerischen Gebäudeversicherung ist historisch nicht in erster Linie dadurch motiviert, dass Industriebetriebe selber finanzkräftig genug seien, um sich selber privat zu versichern, sondern dadurch, dass der kantonalen Versicherung nicht eine Belastung mit Grossrisiken zugemutet werden sollte, weil dadurch die Versicherungsprämien auch für die kleineren Eigentümer in die Höhe getrieben und mithin der sozialpolitische Zweck verfehlt würde (BGE 20 328, S. 332 und S. 336). Diese Regelung wurde hinsichtlich der glarnerischen obligatorischen Mobiliarversicherung, die eine gleiche Unterscheidung traf, vom Bundesgericht als mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar betrachtet (BGE 20 328, E. 2 S. 335 f.). Wenn die Kantone ein Versicherungsmonopol für die Gesamtheit aller Liegenschaften einführen können, dann ist es ihnen nicht grundsätzlich verwehrt, dies auch nur für bestimmte Kategorien von Liegenschaften zu tun. Eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit könnte darin höchstens liegen, wenn damit der Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung der Gewerbegenossen verletzt würde. Eine unterschiedliche Behandlung von industriellen und nicht-industriellen Betrieben kann sich jedoch grundsätzlich auf sachliche und haltbare Überlegungen stützen. Dass es Grenzfälle geben mag, in denen eine nicht-industrielle Anlage von ihrer Grösse her einer industriellen vergleichbar ist, stellt noch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar.
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
437705f7-10a9-4a9e-a806-fa737a8b9f32
Urteilskopf 110 IV 77 24. Sentenza della Corte di cassazione penale del 3 settembre 1984 nella causa B. c. Procura pubblica sottocenerina (ricorso per cassazione)
Regeste Art. 139 Ziff. 1bis StGB . Raub. Wer eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe benützt, kann nicht verlangen, dass er lediglich nach Art. 139 Ziff. 1bis StGB bestraft werde. Diese Bestimmung ist nur auf jenen Täter anwendbar, welcher zum Zweck des Raubes eine solche Waffe "mit sich führt", ohne sie - z.B. als Drohmittel - zu verwenden.
Sachverhalt ab Seite 77 BGE 110 IV 77 S. 77 Il 6 luglio 1983 A. e B. effettuavano con pistole cariche una rapina all'ufficio postale di Novazzano. Mentre A. intimava al gerente di stendersi a terra e prelevava quindi circa Fr. 23'000.--, B. teneva a bada i clienti con la pistola puntata verso terra. Essi si davano poi alla fuga servendosi della motocicletta rubata con cui erano arrivati sul posto. Successivamente B. veniva arrestato e il bottino recuperato. BGE 110 IV 77 S. 78 La Corte delle assise criminali del Cantone Ticino sedente a Mendrisio dichiarava B. colpevole di rapina aggravata ai sensi dell' art. 139 n. 2 CP perché dimostratosi particolarmente pericoloso, e lo condannava a tre anni e sei mesi di reclusione e all'espulsione dalla Svizzera per dieci anni. Adita dall'imputato, la Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino (CCRP) ne respingeva il gravame con sentenza del 10 maggio 1984. B. ha impugnato con ricorso per cassazione dinanzi al Tribunale federale; questo ha respinto il ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Il ricorrente adduce che gli atti da lui commessi adempiono la fattispecie legale dell' art. 139 n. 1bis CP , e non quella dell'art. 139 n. 2 cpv. 3; sostiene d'aver sempre tenuto la pistola puntata verso il pavimento, d'essersi limitato ad invitare nel modo più gentile i clienti della posta a sedere, di non aver opposto resistenza al suo arresto e di non aver, durante la fuga, sparso sulla strada dei chiodi a tre punte, come sarebbe stato in grado di fare. Poiché l'agente deve, secondo l' art. 139 n. 1bis CP , utilizzare l'arma almeno per minacciare o usare violenza (PETER NOLL, Schweizerisches Strafrecht, parte speciale I, pag. 205), sarebbe applicabile soltanto tale disposizione, e ciò tanto più tenuto conto che la giurisprudenza ( DTF 105 IV 182 , DTF 100 IV 165 e 222) non deduce la particolare pericolosità ai sensi dell' art. 139 n. 2 cpv. 3 CP dal modo di per sé particolarmente pericoloso con cui s'è comportato l'agente, bensì dal fatto che detto comportamento lascia presumere che egli non esiterà in altra occasione ad agire nello stesso modo o in modo analogo. 2. Questa argomentazione è infondata a duplice titolo. In primo luogo, l' art. 139 n. 1bis CP , contemplando il caso in cui il colpevole "si è munito di un'arma da fuoco o di un'altra arma pericolosa", non presuppone affatto che il colpevole la utilizzi; il fatto di tenere tale arma a sua disposizione basta per realizzare tale fattispecie qualificata, "poiché l'autore calcola per lo meno di impiegarla durante la commissione del reato, non fosse che per minaccia o per coprirsi la fuga" (messaggio del Consiglio federale a sostegno di una modificazione del Codice penale svizzero e del Codice penale militare - Atti di violenza criminale, FF 1980 I 1047). L'agente che faccia effettivamente uso dell'arma, nel senso BGE 110 IV 77 S. 79 che l'adopera per minacciare o addirittura per sparare, fa qualcosa di più che "munirsi" dell'arma, ossia che portarla seco. La sua utilizzazione esorbita il quadro dell' art. 139 n. 1bis CP . Chi utilizza l'arma da fuoco, o l'arma altrimenti pericolosa, non può pretendere d'essere punito soltanto conformemente all' art. 139 n. 1bis CP . L'opinione divergente di NOLL va disattesa. In secondo luogo, perché sia data l'aggravante della particolare pericolosità ai sensi dell' art. 139 n. 2 cpv. 3 CP , la giurisprudenza concernente il nuovo testo di tale disposizione non richiede più che il comportamento dell'agente lasci presumere che egli commetta in futuro nuovi atti similari. Determinante è soltanto che l'atto concretamente commesso riveli un grado d'illiceità e di colpevolezza particolarmente grave (v. sentenza della Corte di cassazione del Tribunale federale del 30 novembre 1983 nella causa M. e altri, c. Procura pubblica del Cantone di Berna, DTF 109 IV 162 /163). La CCRP, che ha al proposito richiamato espressamente i lavori preparatori, s'è correttamente attenuta a questo criterio, ciò che il ricorrente ha del tutto omesso di considerare. 3. Ove si applichino tali principi al caso concreto, appare chiaramente escluso che la CCRP abbia violato il diritto federale nel condannare il ricorrente ai sensi dell' art. 139 n. 2 cpv. 3 CP . Secondo gli accertamenti di fatto vincolanti dell'autorità cantonale, il ricorrente era munito di un'arma obiettivamente pericolosa; la pistola era carica e non poteva neppure essere assicurata. Pur tenendola puntata verso terra, egli l'ha nondimeno utilizzata per minacciare i clienti della posta; benché debuttante nel reato e inesperto di armi, egli ha accettato il rischio, in caso di una reazione inattesa delle persone minacciate, di non saper padroneggiare l'arma e di farne partire un colpo mortale. Prescindendo da ciò, associandosi ad A., egli si è, come esattamente rileva la CCRP, "assunto pure il rischio che, al di là del bancone, il suo correo, che egli sapeva parimenti armato di arma pericolosa, la puntasse contro il gerente". Aggiungasi che B. aveva pienamente partecipato, nella fase della sua attuazione e in quella della fuga, alla rapina, che era stata studiata e preparata in tutti i dettagli. Ambedue avevano infatti rubato una motocicletta per commettere la rapina e per assicurarsi la fuga, compiuto un sopralluogo il giorno precedente ed osservato il comportamento del gerente dell'ufficio e dei suoi clienti, portato seco nastri adesivi per poter all'occorrenza imbavagliare le vittime, e chiodi a tre punte per ostacolare un eventuale inseguimento da parte della polizia; BGE 110 IV 77 S. 80 avevano, infine, come già s'è detto, utilizzato per compiere la rapina due pistole cariche. Tali circostanze non permettono di dubitare che il grado d'illiceità e di colpevolezza insito negli atti concretamente commessi fosse assai elevato e che la CCRP abbia pertanto a ragione considerato che le modalità con cui la rapina era stata perpetrata rivelavano la particolare pericolosità del ricorrente.
null
nan
it
1,984
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CH_BGE_006
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Urteilskopf 141 V 272 31. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen CAFIB, Walliser Familienzulagenkasse des Baugewerbes (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_742/2014 vom 4. Mai 2015
Regeste Art. 12 Abs. 2 FamZG ; Art. 9 FamZV ; Zweigniederlassungen. Art. 9 FamZV und Rz. 502 der Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen FamZG (FamZWL), wonach als Zweigniederlassung auch Baustellen mit mindestens zwölfmonatiger Dauer gelten, sind gesetzeskonform (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 273 BGE 141 V 272 S. 273 A. Die A. AG ist eine Bauunternehmung mit Sitz in X./BE. Ihre Mitarbeiter sind auf verschiedenen Baustellen in der Schweiz tätig. Namentlich betreibt sie im Kanton Wallis grössere Baustellen, deren Dauer zwischen zwei und sechs Jahren beträgt. Zudem hat sie im Handelsregister u.a. eine Zweigstelle in Y./VS eingetragen, welche jedoch nach eigenen Angaben inaktiv sei und lediglich der telefonischen Erreichbarkeit diene, da alle Anrufe an den Hauptsitz umgeleitet würden. Seit 1987 rechnete sie die Familienzulagen über die Ausgleichskasse des Kantons Bern (nachfolgend: AK BE) ab. Mit Verfügung vom 11. März 2013 legte die Walliser Familienzulagenkasse des Baugewerbes (nachfolgend: CAFIB) fest, die Mitarbeiter auf Baustellen im Kanton Wallis mit einer Dauer von mehr als zwölf Monaten seien ihr zu unterstellen. Die dagegen erhobene Einsprache wies die CAFIB am 16. Mai 2013 ab. B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Wallis mit Entscheid vom 28. August 2014 ab. C. Die A. AG lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass sie der CAFIB nicht angeschlossen sei. Die AK BE verzichtet unter Verweis auf ihre Eingaben im kantonalen Verfahren auf eine Stellungnahme. Die CAFIB verzichtet ebenfalls auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (nachfolgend: BSV) schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Unter dem Randtitel "Anwendbare Familienzulagenordnung" hält Art. 12 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über die Familienzulagen (Familienzulagengesetz, FamZG; SR 836.2) fest, dass Arbeitgeber und Selbstständigerwerbende der Familienzulagenordnung jenes Kantons unterstehen, in dem das Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat, oder, wenn ein solcher fehlt, ihres Wohnsitzkantons; Zweigniederlassungen von Arbeitgebern unterstehen der BGE 141 V 272 S. 274 Familienzulagenordnung jenes Kantons, in dem sie sich befinden. Gemäss Art. 9 der Verordnung vom 31. Oktober 2007 über die Familienzulagen (Familienzulagenverordnung, FamZV; SR 836.21) gelten als Zweigniederlassungen Einrichtungen und Betriebsstätten, in denen auf unbestimmte Dauer eine gewerbliche, industrielle oder kaufmännische Tätigkeit ausgeübt wird. Dazu führt Rz. 502 der Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen FamZG (nachfolgend: FamZWL) aus: "In Analogie zu Art. 6 ter AHVV gelten als Betriebsstätten Werk- und Fabrikationsstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- und Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer." 3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin für ihre Mitarbeitenden auf Baustellen im Kanton Wallis, die länger als zwölf Monate dauern, bei der CAFIB oder bei der AK BE abzurechnen hat. 3.1 Die Vorinstanz hat hiezu ausgeführt, Baustellen ab zwölf Monaten würden als Zweigniederlassungen gelten. Deren Angestellte fielen daher unter die Familienzulagenordnung ihres Arbeitskantons. Der Gesetzgeber habe den Mehraufwand, den dies für eine Unternehmung mit sich bringe, in Kauf genommen. Rz. 502 FamZWL sei weder gesetzwidrig noch willkürlich. Nachdem die Beschwerdeführerin in Y./VS eine Zweigniederlassung, welche im Handelsregister eingetragen sei, führe und im Kanton Wallis mehrere Baustellen betreibe, seien ihre Arbeitnehmer der Familienzulagenordnung am Ort dieser Baustellen zu unterstellen. 3.2 In der Beschwerde wird ausgeführt, viele Bauunternehmungen betrieben Baustellen ausserhalb des Kantonsgebietes, weshalb die vorliegende Problematik für das gesamte Baugewerbe von grosser Bedeutung sei. Art. 12 FamZG und Art. 9 FamZV sprächen von Zweigniederlassungen, indessen nicht von Betriebsstätten oder Baustellen. Bei einer Baustelle handle es sich nicht um eine Zweigniederlassung. Die Zweigstelle Y./VS, welche von der Beschwerdeführerin betrieben werde, sei völlig inaktiv und bestehe faktisch nur aus einem Telefon mit Umleitung an den Hauptsitz. Baustellen stellten schon deswegen keine Zweigniederlassungen dar, weil sie nicht auf unbestimmte Dauer betrieben würden. Nach der Konzeption des FamZG sei der Gedanke, dass Unternehmungen nur mit einer einzigen Kasse abzurechnen hätten, zentral. BGE 141 V 272 S. 275 3.3 Das BSV hält in seiner Vernehmlassung fest, zahlreiche Unternehmungen, etwa Grossverteiler, Detailhändler, Banken oder Versicherungen, welche interkantonal tätig seien, rechneten mit mehreren Familienausgleichskassen ab. Der Begriff der Betriebsstätte werde im Bereich der Familienzulagen gleich verwendet wie (im internationalen Zusammenhang) in der AHV sowie im Steuerrecht. Ob die von der Beschwerdeführerin im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung tatsächlich aktiv sei, könne offenbleiben. Entscheidend sei, dass sie eine grosse Baustelle mit mehreren Angestellten, welche länger als zwölf Monate im Kanton Wallis arbeiteten, betrieben. Es könne bei solchen grossen Baustellen davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber vor allem auf Arbeitnehmende vor Ort zurückgreifen würde. Für diese wäre es nicht verständlich, wenn sie nicht dem Recht ihres Arbeits- und Wohnkantons unterstellt wären. 4. 4.1 Nach Art. 12 Abs. 2 FamZG unterstehen Zweigniederlassungen dem Kanton, in dem sie sich befinden. Demgegenüber sieht Art. 117 Abs. 3 AHVV (SR 831.101) vor, dass Zweigniederlassungen der Ausgleichskasse angeschlossen werden, welcher der Hauptsitz angehört. Die unterschiedliche Konzeption der Systeme der AHV und bei den Familienzulagen ist nicht zufällig (vgl. dazu SVR 2011 FZ Nr. 3 S. 11, 8C_9/2011 E. 5.3). Währenddem die Beiträge und Leistungen bei der AHV bundesrechtlich abschliessend geregelt und daher im ganzen Land gleich sind, können sie bei den Familienzulagen kantonal variieren. So können die Kantone in ihren Familienzulagenordnungen höhere Mindestansätze für Kinder- und Ausbildungszulagen sowie auch Geburts- und Adoptionszulagen vorsehen ( Art. 3 Abs. 2 FamZG ). Als Rahmengesetz lässt das FamZG den Kantonen einen grossen Spielraum (vgl. etwa BGE 135 V 172 E. 6.2.4 S. 177, E. 7.2.1 f. S. 181 sowie SVR 2011 FZ Nr. 3 S. 11, 8C_9/2011 E. 5.3; vgl. auch DOROTHEA RIEDI HUNOLD, Familienleistungen, in: Recht der Sozialen Sicherheit, Steiger-Sackmann/Mosimann [Hrsg.], 2014, Rz. 33.5, und UELI KIESER, Strukturen von Familienausgleichskassen, AJP 2013 S. 1174). Es ist daher nachvollziehbar, dass Zweigniederlassungen einer anderen Kasse angeschlossen sind als der Hauptsitz derselben Unternehmung. Demnach ist es durchaus möglich, dass solche Unternehmen mit mehreren Kassen abzurechnen haben (vgl. dazu auch KIESER/REICHMUTH, Bundesgesetz über die Familienzulagen, Praxiskommentar, 2010, N. 42 zu Art. 13 FamZG , oder STEFAN ABRECHT, Das BG über Familienzulagen aus der Sicht der Verbandsausgleichskassen, Soziale Sicherheit 2008 S. 99). BGE 141 V 272 S. 276 4.2 Für den Begriff der Zweigniederlassung besteht keine Legaldefinition. Nach der Rechtsprechung zu Art. 935 OR ist darunter ein kaufmännischer Betrieb zu verstehen, der zwar rechtlich Teil einer Hauptunternehmung ist, von der er abhängt, der aber in eigenen Räumlichkeiten dauernd eine gleichartige Tätigkeit wie jene ausübt und dabei über eine gewisse wirtschaftliche und geschäftliche Unabhängigkeit verfügt ( BGE 117 II 85 E. 3 S. 87). Im Bereich der Familienzulagen wird der Begriff durch Art. 9 FamZV umschrieben. Es fallen darunter Einrichtungen und Betriebsstätten, in denen auf unbestimmte Zeit eine gewerbliche, industrielle oder kaufmännische Tätigkeit ausgeübt wird. 4.3 Die Vorinstanz hat festgestellt, die Zweigniederlassung Y./VS der Beschwerdeführerin sei im Handelsregister eingetragen. Bereits aus diesem Grund habe diese für ihre Mitarbeitenden bei der CAFIB abzurechnen. Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, sie betreibe in Y./VS keine eigentliche Geschäftsstelle; es existiere einzig ein Telefonanschluss, alle Geschäfte würden indessen über den Hauptsitz in X./BE abgewickelt. Ob dies zutrifft, kann, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, dahingestellt bleiben. Immerhin bleibt anzumerken, dass es nicht nachvollziehbar wäre, eine Zweigniederlassung ausserhalb des Kantons im Handelsregister eintragen zu lassen, wenn dadurch keine geschäftlichen Interessen verfolgt würden. Vielmehr soll doch - etwa durch einen Telefonbucheintrag - zum Ausdruck gebracht werden, dass die Unternehmung in der Region auf Dauer aktiv ist und ihre Leistungen anbieten will. Es wäre auch nicht einzusehen, weshalb die Beschwerdeführerin, welche seit Jahren im Kanton Wallis grössere Baustellen betreibt und mehrere Mitarbeiter beschäftigt, in diesem Kanton keinerlei Geschäftsbeziehungen anstreben würde. Vielmehr dient die Zweigniederlassung ihrem Auftritt in diesem Kanton und ist zumindest Teil des Marketings. 4.4 Das FamZG hat, wie das BSV in seiner Vernehmlassung an die Vorinstanz nachgewiesen hat, die Zweigniederlassungen ganz bewusst nicht der Ausgleichskasse des Hauptsitzes angeschlossen. Aus der Entstehungsgeschichte des FamZG ergibt sich, dass der Ständerat vorerst die Auffassung vertrat, Arbeitgeber sollten der Familienzulagenordnung des Kantons unterstehen, in dem sie für die AHV erfasst sind. Dies diene der Vereinfachung bei der Abrechnung. Er schloss sich indessen letztlich der Fassung des Nationalrates an, BGE 141 V 272 S. 277 wonach Zweigniederlassungen der Zulagenordnung jenes Kantons unterstehen, in welchem sie sich befinden. Die heutige Lösung entspricht der Regelung vor Inkrafttreten des FamZG und vermeidet einerseits, dass Arbeitnehmer von Zweigniederlassungen vor Ort ganz unterschiedlichen Regelungen unterliegen, je nachdem wo der Hauptsitz der Unternehmung liegt, und andererseits wird den Kantonen der Zweigniederlassungen kein Beitragssubstrat für einen allfälligen kantonalen Lastenausgleich entzogen (vgl. zum Ganzen etwa Zusatzbericht vom 8. September 2004 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, BBl 2004 6887, 6907 Ziff. 3.2.3.1 zu Art. 12 FamZG ; AB 2005 S 718 f., 2005 N 1572 ff. und 2006 S 99 sowie Erläuterungen des BSV zur Verordnung vom 31. Oktober 2007 über die Familienzulagen, S. 8 zu Art. 9 FamZV ). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat der Gesetzgeber somit aus sachlichen Gründen darauf verzichtet, dass ein Arbeitgeber im Rahmen der Familienzulagenordnung jedenfalls nur mit einer Kasse abrechnen muss; vielmehr hat er dem von Arbeitgebern und Verbandsausgleichskassen gewünschten System des "one-stop-shop" und der damit verbundenen vollständigen Übernahme des AHV-Systems eine Absage erteilt, indem eine Anlehnung an das AHV-System erwünscht, aber nicht zwingend erachtet wurde (vgl. dazu BGE 135 V 172 E. 7.2 S. 180; SVR 2009 FZ Nr. 3 S. 9, 8C_881/2008 / 8C_909/2008 E. 7.2.4, und Nr. 4 S. 13, 8C_1054/2008 E. 5.2.4, sowie einlässlich SVR 2011 FZ Nr. 3 S. 11, 8C_9/2011 E. 5; vgl. auch KIESER/ REICHMUTH, a.a.O., N. 35 zu Art. 17 FamZG ). 4.5 Art. 9 FamZV subsumiert unter Art. 12 Abs. 2 FamZG auch Betriebsstätten und andere Einrichtungen. Nachdem keine Legaldefinition des Begriffs Zweigniederlassung besteht und ein Regelungsbedarf unbestreitbar gegeben ist, war der Bundesrat ohne Weiteres befugt, den Begriff näher zu umschreiben. Dass er dabei eine gewerbliche, industrielle oder kaufmännische Tätigkeit auf unbestimmte Dauer in einer entsprechenden Einrichtung voraussetzt, ist nachvollziehbar. Die Begriffsumschreibung ist vergleichbar mit derjenigen im Steuerrecht, hält doch Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkten Bundessteuern (DBG; SR 642.11) fest: "... Betriebsstätten sind insbesondere Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Werkstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- oder Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer." BGE 141 V 272 S. 278 4.6 Nach Art. 9 FamZV ist eine Tätigkeit "auf unbestimmte Dauer" vorausgesetzt. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, Baustellen seien nie auf unbestimmte Dauer angelegt, vielmehr sei diese Dauer von vornherein bis zum Abschluss der Arbeiten beschränkt. Die Formulierung "auf unbestimmte Dauer" ist allerdings prospektiv zu verstehen. So ist gerade bei grösseren Baustellen zu Beginn der Arbeiten der genaue Abgabetermin noch nicht bekannt, weil sich unvorhersehbare Verzögerungen ergeben können. Nur bei überblickbaren Bauprojekten sind solche weitgehend auszuschliessen. Mit dem Zusatz "unbestimmte Dauer" ist daher eine längere Dauer gemeint (ebenso KIESER/REICHMUTH, a.a.O., N. 34 zu Art. 12 FamZG ). Es erscheint daher sachgerecht, wenn Rz. 502 FamZWL - analog zu Art. 4 Abs. 2 DBG - eine Dauer von mindestens zwölf Monaten als "unbestimmte Dauer" im Sinne von Art. 9 FamZV bezeichnet. Diese Konkretisierung entspricht durchaus den Bedürfnissen der Praxis, welche sich auf klare Abgrenzungskriterien abstützen will. 4.7 Die Abgrenzung ist auch in der Sache gerechtfertigt. Währenddem man bei vorübergehenden Arbeiten ausserhalb des Sitzkantons davon ausgehen kann, dass die meisten Mitarbeitenden vom Sitzkanton aus anreisen und keine zusätzlichen Mitarbeitenden vor Ort angestellt werden, ist dies bei grösseren Baustellen nicht der Fall. Vielmehr werden in diesem Fall zusätzliche Kräfte vor Ort rekrutiert und es ist auch denkbar, dass Mitarbeitende ihren Wohnsitz verlegen, weil sie auf Dauer nicht mehr im Sitzkanton tätig sein können. Unter diesen Voraussetzungen ist erwünscht, dass sie der Zulagenregelung vor Ort unterstellt werden. Der Wortlaut (E. 2) und die Entstehungsgeschichte (E. 4.4) der Reglung lassen eine solche Lösung als naheliegend erscheinen. Damit wird in Kauf genommen, dass grössere Unternehmungen allenfalls mit mehreren Kassen abzurechnen haben. Priorität geniesst nach dem Willen des Gesetzgebers nicht die Einfachheit der Abrechnung, sondern die rechtsgleiche Behandlung der Arbeitnehmenden vor Ort (vgl. dazu den Zusatzbericht vom 8. September 2004 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, a.a.O.; AB 2006 S 99 oder Erläuterungen des BSV zur Verordnung vom 31. Oktober 2007 über die Familienzulagen, S. 8 zu Art. 9 FamZV ). 4.8 Die Unterstellung gilt denn auch, wie das BSV in seiner Stellungnahme ausführt, nicht für alle Mitarbeitenden. Vielmehr gelten Mitarbeitende, welche nur für kurze Dauer auf den Baustellen im BGE 141 V 272 S. 279 Wallis arbeiten, wie etwa Monteure oder Spezialisten, als am Hauptsitz beschäftigt, wenn sie von dort aus tätig sind oder vom Hauptsitz Waren, Material und Arbeitsaufträge beziehen. Diese Praxis entspricht der ratio legis und der analogen Regelung für Selbstständigerwerbende (vgl. Rz. 502 FamZWL). 4.9 Zusammenfassend ergibt sich, dass Art. 12 FamZG die Zweigniederlassungen nicht derselben Kasse unterstellt wie den Hauptsitz. Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Das System unterscheidet sich von der Beitragsordnung der AHV, weil die Kantone unterschiedliche Leistungen vorsehen können und es angezeigt erscheint, dass die Arbeitnehmer einer Region die gleichen Ansprüche haben. Folgerichtig definiert daher Art. 9 FamZV die Zweigniederlassung als Einrichtung oder Betriebsstätte von längerer, d.h. mindestens zwölfmonatiger Dauer (vgl. Rz. 502 FamZWL). Sowohl die Verordnung als auch die Weisung entsprechen dem Sinn des Gesetzes und sind daher bundesrechtskonform. 5. Wie die Vorinstanz festgestellt hat, betreibt die Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren Baustellen im Kanton Wallis. Dadurch führt sie in diesem Kanton eine Zweigniederlassung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 FamZG . Die CAFIB hat daher zu Recht die Unterstellung unter ihre Kasse verlangt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
null
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2,015
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
438618f5-2919-4cf7-a7d0-1b370392dc1d
Urteilskopf 121 V 119 20. Arrêt du 10 mai 1995 dans la cause H. contre La Caisse Vaudoise, Assurance en cas de maladie et d'accidents et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 3 Abs. 5 und 12 Abs. 2 KUVG, Art. 21 Abs. 1 Vo III KUVG: Einsetzen einer Hodenprothese. - Das Einsetzen einer Hodenprothese nach chirurgischer Hodenentfernung zufolge einer Krebskrankheit stellt eine Pflichtleistung der Krankenkasse dar. - Die Krankenkasse kann ihre Leistungen aus der Spitalzusatzversicherung für den Aufenthalt in der privaten Abteilung nicht mit der Begründung verweigern, dass das Reglement für diese Zusatzversicherung Leistungen für kosmetische Eingriffe verweigert.
Sachverhalt ab Seite 119 BGE 121 V 119 S. 119 A.- H., né en 1964, est assuré contre la maladie auprès de la Caisse Vaudoise, Assurance en cas de maladie et d'accidents (ci-après: la caisse), BGE 121 V 119 S. 120 notamment pour l'assurance de base des soins médicaux et pharmaceutiques et pour une assurance complémentaire combinée d'hospitalisation en division privée. Souffrant d'un séminome (tumeur maligne des glandes génitales), il a subi une hémi-castration élargie le 18 février 1992. Les frais nécessités par cette opération ont été pris en charge par la caisse. Dès le 28 mai 1993, l'assuré a été hospitalisé, et il a été opéré par B., qui a mis en place une prothèse testiculaire droite. Les frais de cette intervention se sont élevés, au total, à 5'419 fr. 85. Par décision du 8 octobre 1993, la caisse a refusé de rembourser à l'assuré ces frais, au motif que le traitement en question relevait de la chirurgie esthétique et, par conséquent, qu'il ne pouvait pas être pris en charge par les caisses-maladie au titre des prestations obligatoires. B.- H. a déposé un recours contre cette décision, que le Tribunal des assurances du canton de Vaud a rejeté par jugement du 15 mars 1994. Le tribunal a considéré que la seconde opération subie par l'assuré avait pour but de pallier un pur préjudice esthétique. Il incombe certes aux caisses-maladie de prendre en charge les corrections d'un préjudice esthétique consécutif à une maladie, mais à la condition que ce préjudice affecte des parties du corps visibles et particulièrement sensibles sur le plan esthétique. A cet égard, il n'y a pas de comparaison possible avec la reconstruction d'un sein - élément essentiel de la silhouette féminine - consécutive à une amputation mammaire et qui, pour sa part, est une mesure obligatoirement à la charge des caisses-maladie. C.- H. interjette un recours de droit administratif contre ce jugement en concluant au paiement par la caisse des frais de traitement litigieux. La caisse conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. En vertu de l' art. 12 al. 2 LAMA , les prestations à la charge des caisses-maladie, au titre de l'assurance des soins médicaux et pharmaceutiques, sont dues en cas de traitement médical. Par traitement médical, il faut entendre, notamment, les soins donnés par un médecin. Ceux-ci comprennent, selon l'art. 21 al. 1 Ord. III, toute mesure diagnostique ou thérapeutique, reconnue scientifiquement, qui est appliquée par un médecin. Ces mesures doivent être appropriées à leur but et économiques. Au sujet des traitements chirurgicaux, le Tribunal fédéral des BGE 121 V 119 S. 121 assurances, dans une jurisprudence qui n'a jamais été démentie ( ATF 102 V 71 consid. 3), a jugé qu'une opération servait non seulement à la guérison proprement dite de la maladie ou des suites immédiates d'un accident, mais aussi à l'élimination d'autres atteintes, secondaires, dues à la maladie ou à un accident, notamment en permettant de corriger des altérations externes de certaines parties du corps - en particulier le visage - visibles et spécialement sensibles sur le plan esthétique; aussi longtemps que subsiste une imperfection de ce genre due à la maladie ou à un accident, ayant une certaine ampleur et à laquelle une opération de chirurgie esthétique peut remédier, l'assurance doit prendre en charge cette intervention, à condition qu'elle eût à répondre également des suites immédiates de l'accident ou de la maladie et pour autant que fussent respectées les limites usuelles ainsi que le caractère économique du traitement. 2. Le Tribunal fédéral des assurances n'a pas encore eu l'occasion de se prononcer sur l'obligation des caisses-maladie de prendre en charge les frais de mise en place d'une prothèse testiculaire, par suite d'une ablation chirurgicale due à la présence d'une tumeur cancéreuse. Dans une affaire déjà ancienne (arrêt non publié H. du 11 mai 1983), il a simplement relevé, en obiter dictum, qu'une telle obligation était discutable. Il n'a pas eu à trancher la question dans cette affaire, qui concernait une opération de reconstruction mammaire (à cette époque il ne s'agissait pas encore d'une prestation obligatoire) et où l'assurée tentait vainement d'établir un parallèle avec l'implantation d'une prothèse testiculaire. En revanche, revenant sur sa jurisprudence antérieure, relative à l'opération de changement de sexe, le Tribunal fédéral des assurances a récemment jugé que les caisses-maladie, une fois établie la nécessité d'un traitement, doivent prendre en charge, à titre de prestations obligatoires, non seulement les frais médicaux relatifs à l'ablation des organes génitaux existants ( ATF 114 V 153 et 162), mais également les actes de chirurgie plastique et reconstructive tendant à pourvoir l'assuré(e) d'organes génitaux du sexe opposé. Il en va de même des interventions complémentaires destinées à modifier les caractères sexuels secondaires (notamment l'adamectomie et la dermabrasion), s'il existe une indication médicale clairement posée et si le principe de l'économie du traitement est respecté ( ATF 120 V 463 ). En matière d'implantation de prothèses mammaires, la jurisprudence a également évolué. Dans le passé, elle considérait que l'implantation d'une BGE 121 V 119 S. 122 prothèse mammaire, à la suite de l'ablation d'un sein, avait pour but de supprimer un préjudice esthétique et que ce but pouvait aussi être atteint avec une prothèse mammaire démontable, laquelle était sensiblement moins coûteuse que l'opération de plastique mammaire reconstructive; l'implantation de seins artificiels ne satisfaisait donc pas à l'exigence du caractère économique du traitement, au sens de l' art. 23 LAMA ( ATF 104 V 96 consid. 1; RJAM 1980 no 429 p. 257 consid. 2). Dans l'arrêt ATF 111 V 229 , le tribunal a modifié cette jurisprudence, en ce sens que la reconstruction de seins par voie chirurgicale, après amputation, représente désormais une mesure thérapeutique propre à rétablir le mieux possible l'intégrité physique de l'assurée et, par conséquent, une mesure obligatoirement à la charge des caisses-maladie. Cette mesure est maintenant mentionnée comme prestation obligatoire sous ch. 1.1 de l'annexe à l'ordonnance 9 du Département fédéral de l'intérieur, du 18 décembre 1990, concernant certaines mesures diagnostiques ou thérapeutiques à la charge des caisses-maladie reconnues (pour la dernière version de l'ordonnance: RO 1994 I 743). Enfin, dans le cas d'un syndrome adréno-génital (ou pseudo-hermaphrodisme), nécessitant également une opération de changement de sexe, le Tribunal fédéral des assurances a jugé que la totalité des frais de l'intervention chirurgicale, comportant une mastectomie, une hystérectomie et la plastie d'organes génitaux masculins, faisait partie des prestations obligatoires (RAMA 1985 no K 630 p. 147). 3. a) L'implantation d'une prothèse testiculaire par suite d'une ablation chirurgicale a pour but, indiscutablement, de remédier aux conséquences immédiates d'une maladie. Certes, la mesure ne vise pas à corriger une altération d'une partie du corps visible et particulièrement sensible sur le plan esthétique. Mais il faut admettre que la jurisprudence susmentionnée (consid. 1) vaut aussi en présence d'une opération visant à rétablir l'apparence d'un organe caractéristique de l'appartenance à un sexe. S'agissant d'une altération qui touche les caractères sexuels primaires d'une personne - et donc le sentiment profond de l'identité personnelle - cette jurisprudence s'impose en tout cas avec la même force qu'en présence d'une imperfection esthétique du corps, même visible. On ne voit pas de motif sérieux qui justifierait une distinction, sous l'angle du droit aux prestations, avec l'opération de plastique mammaire reconstructive ou la reconstruction d'organes génitaux en cas de transsexualisme. BGE 121 V 119 S. 123 b) A l'appui de son refus, la caisse invoque la jurisprudence relative à l'opération de réduction des seins. Selon cette jurisprudence (voir en particulier RAMA 1994 no K 931 p. 55), une telle réduction est une prestation obligatoirement à la charge des caisses-maladie si l'hypertrophie mammaire est à l'origine de troubles ayant eux-mêmes valeur de maladie. La jurisprudence considère toutefois, dans ce cadre, qu'une simple "gêne psychologique" ne constitue pas, comme telle, une véritable atteinte à la santé ayant valeur de maladie (à la différence, par exemple, d'une affection dorsale liée à l'hypertrophie mammaire). Or, dit la caisse, le seul fait que le recourant affirme ressentir une gêne dans certaines circonstances (par exemple en prenant une douche dans le cadre d'activités sportives ou militaires) ne suffit pas non plus à fonder une obligation des caisses-maladie d'assumer le traitement qui permettrait de supprimer ce sentiment de gêne. La comparaison que voudrait établir la caisse n'est toutefois pas pertinente. Dans le cas d'une réduction mammaire, il ne s'agit pas d'éliminer une atteinte secondaire à la santé due à la maladie, car c'est l'hypertrophie mammaire comme telle qui est la cause de l'atteinte à la santé. Il est donc nécessaire, dans ce cas, d'adopter des critères permettant de distinguer les interventions qui relèvent de la chirurgie esthétique - dont les frais ne sont pas remboursés par les caisses-maladie - de celles qui, bien qu'ayant des effets sur le plan esthétique, sont nécessitées par des raisons de santé. Considérer, dans ce contexte, un sentiment de gêne comme une atteinte à la santé mentale ayant valeur de maladie reviendrait en fait à reconnaître un droit à des prestations de l'assurance dans tous les cas où, indépendamment de toute maladie, il existe un défaut esthétique relativement important (cf. RAMA 1994 no K 931 p. 60 consid. 3e). La situation est tout à fait différente s'agissant, comme en l'espèce, d'une intervention chirurgicale servant à éliminer une atteinte à l'intégrité corporelle qui est elle-même la conséquence d'une maladie. 4. a) A titre subsidiaire, la caisse fait valoir que même si l'opération litigieuse devait être mise à sa charge, elle ne devrait verser que les prestations dues au titre de l'assurance de base des soins médicaux et pharmaceutiques et non, en plus, les prestations de l'assurance complémentaire combinée d'hospitalisation. Elle invoque l'art. 7 des conditions générales de cette assurance, selon lequel les prestations pour l'hospitalisation en division privée ne sont pas dues en cas "de chirurgie comportant une part esthétique même partielle" (sont en outre exclus BGE 121 V 119 S. 124 d'autres traitements, notamment ceux en relation avec la grossesse ainsi que le traitement de la stérilité et les cures de désintoxication). Une disposition réglementaire qui exclut les prestations de l'assurance complémentaire d'hospitalisation pour certaines maladies ou traitements n'est, a priori, pas contraire à la loi et aux principes généraux (RAMA 1992 no K 904 p. 233). Il convient donc d'examiner si le traitement litigieux répond à la définition susmentionnée de l'art. 7 des conditions générales. b) Selon une jurisprudence constante, en matière d'assurance-maladie, comme dans les autres domaines des assurances sociales, les rapports entre intéressés sont régis par le principe de la bonne foi. Conformément à celui-ci, les termes utilisés dans les certificats d'assurance et les dispositions internes des caisses-maladie (statuts, règlement d'assurance, etc.) doivent être interprétés comme un assuré peut et doit les comprendre en faisant preuve de l'attention qu'on est en droit d'attendre de lui. Ce dernier ne saurait donc subir de préjudice en raison du manque de clarté ou de l'imprécision d'une clause rédigée par la caisse ( ATF 119 V 152 consid. 4, ATF 118 V 51 consid. 3 et les références). Selon le sens commun, la chirurgie esthétique est définie comme la thérapeutique par laquelle on change les formes du corps, du visage, dans ce qu'elles ont de plus disgracieux (Le Grand Robert de la langue française). La mise en place d'une prothèse testiculaire est une mesure qui vise à restituer l'apparence sexuellement masculine de l'intéressé. Le but de l'intervention est dépourvu de caractère esthétique. Il ne s'agit pas de corriger ou de modifier une partie disgracieuse et bien visible du corps, mais, on l'a vu, de rétablir un élément de l'intégrité physique profondément lié au sentiment de l'identité personnelle. Que la mesure rétablisse en même temps une apparence extérieure et joue, par conséquent, un certain rôle sur le plan esthétique, n'est qu'une conséquence indirecte de l'opération, qui n'enlève pas à celle-ci son caractère thérapeutique exclusif (voir à propos de l'implantation d'une prothèse mammaire, ATF 111 V 234 consid. 3b). La disposition statutaire invoquée n'est donc pas applicable en pareil cas. 5. Par conséquent, le jugement attaqué et la décision litigieuse doivent être annulés et la cause renvoyée à la caisse pour qu'elle fixe, par une nouvelle décision et conformément à ses dispositions internes, le montant des prestations dues à l'assuré.
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1,995
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43871bf1-5855-4504-8600-6ff5c61c0bc9
Urteilskopf 125 II 321 31. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour de droit public du 5 juillet 1999 dans la cause Supra, caisse-maladie, contre C. et Commission fédérale de la protection des données (recours de droit administratif)
Regeste Art. 128 KVV , 8 DSG, 1 und 2 VDSG; Art. 63 VwVG ; Einsicht des Versicherten in sein Krankenkassendossier. Der Versicherte hat grundsätzlich das Recht, gegen eine eventuelle Kostenbeteiligung, eine Kopie seines Dossiers zu erhalten. Er muss sich ohne sein Einverständnis nicht mit der Einsicht in das Dossier am Geschäftssitz des Versicherers oder einer nur mündlichen Auskunftserteilung begnügen (E. 3). Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 321 BGE 125 II 321 S. 321 Le 11 février 1995, C. s'est adressé à sa caisse d'assurance-maladie, la Fama, à Lausanne (actuellement Supra, ci-après: la caisse), pour obtenir copie de son dossier médical en vue d'effectuer certaines démarches. Il se disait prêt à assumer les frais éventuels. Par lettre du 2 septembre 1995, C. se plaignit de l'absence de réponse à sa requête. Il demandait une copie complète «et non modifiée» de son «fichier personnel», frais à charge de la caisse. Cette BGE 125 II 321 S. 322 demande fut renouvelée le 12 septembre 1995, puis le 18 octobre 1995. Le 10 novembre 1995, la caisse refusa de remettre le dossier médical, au motif que les lettres relatives aux différents traitements étaient déjà en possession de l'intéressé. Le dossier pouvait toutefois être consulté au siège central de la caisse. C. refusa cette dernière solution et persista à demander l'envoi d'une copie de son dossier, aux frais de la caisse. Le 11 décembre 1995, la caisse fit parvenir à C. copie de certaines pièces de son dossier, notamment un relevé de prestations. C. a, le 18 janvier 1996, saisi le Tribunal des assurances du canton de Vaud. Par jugement du 11 avril 1996, cette juridiction a rejeté le recours. L'art. 8 de la loi fédérale sur la protection des données (LPD, RS 235.1) n'obligeait pas de transmettre à la personne concernée la copie de tout son dossier, mais seulement de tenir celui-ci à disposition, pour consultation, ce qu'avait fait la caisse conformément à l'art. 129 al. 2 de l'ordonnance sur l'assurance-maladie (OAMal, RS 832.102); on ne pouvait exiger des caisses-maladie qu'elles lèvent copie de dossiers entiers. Par jugement du 4 septembre 1998, la Commission fédérale de la protection des données a admis le recours formé par C. Conformément à l' art. 8 al. 5 LPD , la caisse devait fournir des photocopies du dossier. Elle pouvait exiger une avance des frais; compte tenu du volume restreint du dossier, celle-ci a été fixée à 200 fr. au maximum. Les frais de la procédure de recours, par 1'500 fr., ont été mis à la charge de la caisse. Agissant par la voie du recours de droit administratif, Supra demande au Tribunal fédéral d'annuler ce dernier jugement et de confirmer le jugement du 11 avril 1996. Erwägungen Extrait des considérants: 3. La recourante se plaint ensuite d'une violation du droit fédéral. Selon elle, la loi ne prévoirait pas une obligation absolue de transmettre le dossier à la personne concernée. Le législateur n'aurait pas voulu imposer au maître du fichier un travail excessif sans rapport avec le but de la loi, en l'obligeant de transmettre en copie l'ensemble des dossiers. La transmission des pièces requises et l'offre de consultation du solde du dossier dans les bureaux de la caisse satisferaient aux exigences de la LAMal et de la LPD. BGE 125 II 321 S. 323 a) La recourante ne conteste pas que le dossier qu'elle détient au sujet de C. constitue une donnée personnelle au sens de l' art. 3 let. a LPD . Le droit d'accès à ce dossier est donc réglé par les art. 8 et 9 LPD , comme le prévoit expressément l' art. 128 OAMal , qui porte comme titre «Droit d'accès de l'assuré aux données le concernant». L' art. 8 al. 1, 2 et 5 LPD a la teneur suivante: 1 Toute personne peut demander au maître du fichier si des données la concernant sont traitées. 2 Le maître du fichier doit lui communiquer: a. toutes les données la concernant qui sont contenues dans le fichier; b. [...]. 5 Les renseignements sont, en règle générale, fournis gratuitement et par écrit, sous forme d'imprimé ou de photocopie. Le Conseil fédéral règle les exceptions. Se fondant sur cette délégation législative (reprise à l' art. 36 al. 1 LPD ), le Conseil fédéral a fixé, aux art. 1 et 2 de l'ordonnance, les modalités d'accès aux données et les exceptions à la gratuité des renseignements: l' art. 1er al. 1 OLPD prévoit que la personne qui demande les renseignements doit le faire par écrit en justifiant de son identité. L'al. 2 reprend les principes posés à l'art. 8 al. 5 de la loi. L'al. 3 prévoit que, d'entente avec le maître du fichier ou sur proposition de celui-ci, la consultation peut avoir lieu sur place, et que la fourniture de renseignements peut même avoir lieu oralement si la personne concernée y consent et est identifiée. Selon l' art. 2 OLPD , une participation équitable aux frais peut exceptionnellement être demandée lorsque: a) les renseignements ont déjà été communiqués au requérant dans les douze mois précédant la demande, et que ce dernier ne peut justifier d'un intérêt légitime; b) la communication des renseignements demandés occasionne un volume de travail considérable. Quant à l' art. 129 OAMal , qui prévoit comme règle générale la consultation du dossier au siège de l'assureur, il se rapporte au droit de consultation des tiers. b) Il ressort clairement des dispositions précitées que, pour le législateur, la communication écrite des données constitue la règle; la seule exception explicite figure à l'art. 1 al. 3 de l'ordonnance. La simple lecture de cette disposition fait apparaître qu'une consultation sur place - voire une communication orale - des pièces du dossier ne peut remplacer une communication écrite que dans le cas où la personne intéressée est d'accord avec ce mode de faire ( ATF 123 II 534 consid. 3c p. 540-541, et la doctrine citée). La jurisprudence a jusqu'ici BGE 125 II 321 S. 324 laissée indécise la question de savoir si d'autres exceptions au principe de la communication écrite peuvent être envisagées, en dehors des cas prévus par l'ordonnance; cette question peut également demeurer ouverte en l'espèce, car la recourante ne fait valoir aucune circonstance concrète s'opposant à l'envoi d'une copie du dossier. Elle prétend certes que la communication systématique des dossiers aux personnes qui le demandent lui occasionnerait un surcroît démesuré de travail, mais cet inconvénient est propre à tous les détenteurs de fichiers; il a d'ailleurs été pris en compte par le législateur, qui n'a pas voulu en faire une cause de refus de la communication écrite, mais qui a préféré prévoir des exceptions à la gratuité de celle-ci (art. 8 al. 5 de la loi, et art. 2 de l'ordonnance qui prévoit une participation exceptionnelle aux frais en cas de volume de travail considérable; ATF 123 II 534 consid. 3c p. 541). La commission a d'ailleurs prévu, dans le cas d'espèce - bien que le dossier de la caisse ne soit pas d'une ampleur considérable -, une participation aux frais, d'un montant de 200 fr. au maximum. c) En définitive, le renvoi opéré par l' art. 128 OAMal aux art. 8 et 9 LPD démontre que le droit d'accès étendu de l'assuré aux données le concernant, dont les modalités ont été rappelées ci-dessus, s'applique également, dans toute sa mesure, aux caisses-maladie. La recourante ne saurait par conséquent reprocher à la commission d'avoir appliqué la réglementation fédérale avec une rigueur excessive. Dès lors que la personne concernée s'est opposée à une consultation au siège de la caisse, cette dernière ne pouvait imposer unilatéralement ce mode de procéder. Par ailleurs, la recourante prétend avoir adressé à C. une copie de certaines pièces de son dossier, mais il n'est pas contesté qu'il ne s'agit que d'une partie du dossier. Or, il ressort clairement de l'ensemble des lettres adressées à la caisse par C. que ce dernier désirait une copie intégrale de son dossier. La recourante ne saurait tenter de tirer argument des termes éventuellement ambigus utilisés à certaines occasions; en l'absence de motifs prévus à l' art. 9 LPD , elle ne saurait non plus prétendre restreindre de son propre chef la communication à certaines pièces. 4. La recourante reproche enfin à la commission d'avoir mis à sa charge 1'500 fr. de frais de procédure. Elle relève que le recours initial provenait de C., que ce dernier était défaillant à l'audience devant la commission, que le tribunal vaudois des assurances avait tenu le recours pour téméraire et qu'elle avait manifesté une attitude conciliante, en ne s'opposant pas à la communication de l'ensemble du dossier. BGE 125 II 321 S. 325 Aucun de ces arguments n'est toutefois propre à faire apparaître la décision attaquée pour contraire au droit fédéral. Selon un principe général concrétisé, en matière de procédure administrative, à l' art. 63 PA , les frais de la procédure sont mis à la charge de la partie qui succombe. Or en l'espèce, si la recourante prétend avoir eu une attitude conciliante, elle ne s'en est pas moins opposée pendant dix mois à fournir par écrit le dossier intégral à son assuré, et s'est bornée, après ce délai, à ne lui en délivrer que certains extraits; enfin, elle s'est opposée au recours formé par C., et ne prétend pas avoir, par la suite, formellement acquiescé à ses conclusions. Le jugement attaqué rejette ses conclusions, et la condamnation aux frais de procédure en est la conséquence nécessaire. 5. Sur le vu de ce qui précède, la décision attaquée ne prête pas le flanc à la critique. Le recours de droit administratif doit par conséquent être rejeté, aux frais de la recourante ( art. 156 al. 1 OJ ).
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1,999
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43887cfb-5b2f-4dd4-9d90-2d9a704032e4
Urteilskopf 102 II 70 12. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 25 mars 1976 dans la cause Dick-Mosca contre Dick-Jeanneret et consorts.
Regeste Güterrechtliche Auseinandersetzung im Rahmen einer Erbteilung. Rechtsnatur einer während der Ehe erworbenen und auf den Namen der Ehefrau im Grundbuch eingetragenen Liegenschaft. 1. Eine während der Ehe auf den Namen der Ehefrau eingetragene Liegenschaft, die ihr nicht durch Erbschaft oder auf andere unentgeltliche Weise zugefallen ist, ist nicht eingebrachtes Gut der Ehefrau (Erw. 3, 4 und 5). 2. Im vorliegenden Fall haben die Ehegatten in dieser Liegenschaft gemeinsam ein Hotel geführt. In dem Masse, als der Erwerb der Ehefrau aus der über die Haushalttätigkeit hinausgehenden Arbeit die Bildung von Ersparnissen erlaubt hat und wieder in die Liegenschaft investiert worden ist, sollte angenommen werden können, es handle sich um eine Anlage, die durch dingliche Surrogation Sondergut im Sinne von Ziff. 2 bzw. 3 des Art. 191 ZGB bildet (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 102 II 70 S. 71 Résumé des faits: A.- a) Jean-Paul Dick, hôtelier, est décédé intestat à Couvet le 10 mars 1968, laissant comme héritiers légaux sa femme Elisabeth Dick, née Mosca, et son fils Jean-Pierre Dick. Ce dernier est décédé à son tour à Peseux, le 10 juin 1969. Ses héritiers sont sa femme, Huguette Dick, née Jeanneret, et ses deux enfants Pierre-Alain et Pascal-Jean. Le 14 mars 1972, Huguette Dick, agissant pour elle-même et au nom de ses deux fils mineurs, a déposé au Tribunal du Val-de-Travers une demande de partage de la succession de Jean-Paul Dick. Elisabeth Dick a acquiescé à la demande. Elle a présenté, le 9 janvier 1974, un projet de partage, dans lequel, entre autres, l'art. 1944 du cadastre de Couvet de 1130 m2, comprenant l'Hôtel du Pont avec annexes, ainsi que le matériel et mobilier d'exploitation, figurent comme apports du conjoint survivant. Mais les demandeurs prétendent que ces biens doivent être BGE 102 II 70 S. 72 considérés comme acquêts et entrer dans le bénéfice de l'union conjugale. b) Par action ouverte le 12 juillet 1974 devant le Tribunal cantonal de Neuchâtel, Huguette Dick et ses enfants ont demandé qu'il soit constaté que l'immeuble formant l'art. 1944 du cadastre de Couvet, ainsi que le mobilier, le matériel et les marchandises de l'Hôtel du Pont, entrent comme acquêts pour leur valeur de 350'365 fr. 80 dans la détermination du bénéfice de l'union conjugale des époux Dick-Mosca et que soit ordonnée l'inscription des deux tiers de cette valeur à l'actif du projet de partage de la succession de feu Jean-Paul Dick. La défenderesse s'est opposée à l'action. B.- Par jugement du 8 décembre 1975, le Tribunal cantonal de Neuchâtel a dit que l'immeuble formant l'art. 1944 du cadastre de Couvet, ainsi que le mobilier, le matériel et les marchandises de l'Hôtel du Pont, entrent par 258'000 fr. dans la détermination du bénéfice de l'union conjugale des époux Dick-Mosca et a ordonné l'inscription à l'actif du projet de partage de la succession de Jean-Paul Dick des deux tiers de cette valeur, soit 172'000 fr. C.- La défenderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle demande que l'action des demandeurs soit rejetée et que soit ordonnée l'inscription de l'immeuble formant l'art. 1944 du cadastre de Couvet, pour sa valeur de 258'000 fr., comme apport à l'actif des biens matrimoniaux des époux Dick-Mosca. Les intimés concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 3. Il n'est pas contesté, sous l'angle des droits réels, que la recourante est propriétaire de l'immeuble litigieux. Le jugement attaqué porte en compte la valeur du bien-fonds dans la liquidation du régime matrimonial, mais il admet que la recourante conserve aussi bien la propriété de l'immeuble que la plus-value intervenue après le décès du conjoint. D'autre part, les art. 9 et 937 CC (le second n'est qu'un cas d'application du premier, cf. HOMBERGER, n. 4 et STARK, n. 11 à l' art. 937 CC ) n'instituent pas une présomption irréfragable; la preuve du contraire demeure réservée. Or, la cour cantonale BGE 102 II 70 S. 73 a constaté, en vertu d'une appréciation souveraine des preuves administrées, notamment des déclarations faites par la recourante lors de son interrogatoire, qu'en dépit de la formule contenue dans l'acte de vente, la recourante n'a pas acquis l'immeuble de son père "en remploi de deniers propres" et que, à part un carnet d'épargne, qui figure dans le projet de partage pour 3'000 fr. comme apport de la recourante, les époux Dick-Mosca ne possédaient rien au moment du mariage. Suivant également les déclarations de la recourante, le solde de 30'000 fr. du prix d'achat aurait été payé par le travail commun des époux. Enfin, il n'y a eu ni avancement d'hoirie ni libéralité sous forme de donation mixte, le prix convenu et payé correspondant, selon les conclusions de l'expertise, à la valeur que l'immeuble avait au moment de la vente. De surcroît, Elisabeth Dick-Mosca avait constitué en faveur de ses parents un droit d'habitation gratuit, valable jusqu'au décès du survivant, sur une chambre et une cuisine au deuxième étage de l'hôtel. Il apparaît ainsi que l'immeuble litigieux n'est pas un apport de la recourante au sens de l' art. 195 al. 1 CC , cette qualité ne revenant qu'aux biens matrimoniaux qui appartenaient à la femme lors de la conclusion du mariage ou qui lui sont échus pendant le mariage par succession ou à quelque autre titre gratuit ( ATF 50 II 433 ; 91 II 90 consid. 2). 4. Le régime légal ordinaire de l'union des biens ne distingue, dans le patrimoine de la femme, que les apports et les biens réservés. Il ne connaît pas un acquêt de la femme. Sont des "acquêts" les biens acquis à titre onéreux pendant le mariage autrement qu'en remploi d'apports ou qu'à titre de biens réservés; en vertu de l' art. 195 al. 2 CC , ces biens sont la propriété du mari. Il se peut, cependant, qu'ils appartiennent à la femme et que, s'agissant d'immeubles, ils soient inscrits au registre foncier à son nom. Leur statut juridique est alors incertain, vu le silence de la loi (DESCHENAUX, Revision du régime matrimonial, RDS 1957 II p. 509a). L'arrêt Kaiser, ATF 74 II 145 ss considère qu'il est conforme au système de l'union des biens de soustraire un bien acquis par la femme à titre onéreux aux règles sur les apports, au moment de la liquidation, et de tenir compte de sa valeur dans la détermination du bénéfice au sens de l' art. 214 CC (le prélèvement des apports devant justement, BGE 102 II 70 S. 74 dans la règle, précéder le calcul du bénéfice). C'est également, en principe, l'opinion de DESCHENAUX, op.cit., p. 511a. Dans l'arrêt Waltisperger et Gloor c. Lüscher, du 29 novembre 1951 (publié dans RNRF 1954 p. 319 ss), le Tribunal fédéral a relevé, en se référant à la loi et à la doctrine, que, dans le régime de l'union des biens, la femme ne peut avoir que des apports ou des biens réservés. Il a confirmé qu'un immeuble inscrit au registre foncier au nom de la femme et qui n'est pas un apport peut entrer dans le calcul du bénéfice, dans la mesure où il ne constitue pas un bien réservé. Selon l'arrêt Fritz, ATF 97 II 294 consid. 4, un immeuble acquis en propriété par la femme sous le régime de l'union des biens fait partie, en principe, de ses apports, lorsque les conditions de la constitution de biens réservés ne sont pas réunies, même si l'acquisition a eu lieu à titre onéreux et qu'il n'y ait pas eu de remploi au sens de l' art. 196 al. 2 CC . A tout le moins, la qualification comme apport doit être maintenue pendant la durée du mariage. L'arrêt Fritz laisse, en revanche, ouverte la question de savoir, si, au moment de la liquidation du régime, une plus-value éventuelle doit entrer, contrairement aux règles applicables aux apports ( ATF 96 II 305 ss), dans le calcul du bénéfice. On peut se demander si le principe de ce dernier arrêt est juste, alors que, selon la définition légale de l' art. 195 al. 1 CC , rappelée explicitement dans les motifs, les apports de la femme ne sont que les biens qui lui appartenaient lors de la conclusion du mariage ou qui lui sont échus pendant le mariage par succession ou à quelque autre titre gratuit. Parmi les auteurs cités dans l'arrêt, EGGER, n. 3, et LEMP, n. 3 et 44 à l' art. 195 CC , ne fournissent aucun argument. DESCHENAUX, op.cit. p. 510a, se fonde, comme KNAPP, Le régime matrimonial de l'union des biens, n. 77, sur le principe que, dans le régime de l'union des biens, la femme ne peut avoir que des biens réservés ou des apports ("tertium non datur"); mais dans la suite de son exposé il se montre beaucoup plus nuancé et il remet en doute la qualification d'apport, notamment lorsque l'acquisition est payée au moyen d'acquêts matrimoniaux. GUHL, RJB 1950 p. 59, considère comme faisant partie des biens du mari toute acquisition (qui n'est pas remploi d'apports ou bien réservé) faite par la femme pendant le mariage à titre onéreux. Mais l'arrêt Fritz rejette BGE 102 II 70 S. 75 cette opinion, en invoquant le caractère absolu du droit de propriété et l'inscription au registre foncier; pourtant, la thèse de Guhl a au moins le mérite d'être en harmonie avec l' art. 195 al. 2 CC , selon lequel le mari est propriétaire de ses apports et de tous les autres biens matrimoniaux qui ne sont pas des apports de la femme. Au demeurant, c'est chercher à concilier deux points de vue opposés que de vouloir que le même bien soit tenu pour un apport (ce qu'il n'est sûrement pas au regard de l' art. 195 al. 1 CC ), mais entre dans le calcul du bénéfice au moment de la dissolution du régime (cf. DESCHENAUX, op.cit., p. 511a). On pourrait peut-être envisager une solution selon laquelle la femme conserverait, même en cas de dissolution du régime, la propriété d'un immeuble - inscrit à son nom au registre foncier - qu'elle a acquis pendant le mariage (et qui n'est pas remploi ou bien réservé), la valeur devant lui en être imputée, suivant les cas, sur sa part au bénéfice au moment de la liquidation; mais, par ailleurs, cet immeuble entrerait dans la catégorie des "autres biens matrimoniaux" dont il est question à l' art. 195 al. 2 CC et serait traité, sous l'angle du régime matrimonial, comme s'il était propriété du mari. Pour ce qui concerne la gestion et la jouissance, la qualification comme apport ou comme acquêt, rentrant dans la catégorie des "autres biens matrimoniaux" de l' art. 195 al. 2 CC , n'exerce aucune influence. Il en est de même du pouvoir de disposition, celui du mari étant de toute manière limité par l'inscription au registre foncier au nom de la femme. 5. Point n'est besoin cependant d'examiner en l'espèce si la jurisprudence de l'arrêt Fritz devrait être précisée ou modifiée. Le présent litige n'a trait qu'à la liquidation du régime matrimonial. Il n'est pas non plus contesté entre les parties que la plus-value de l'immeuble intervenue après le décès de Jean-Paul Dick doit profiter exclusivement à la recourante qui est propriétaire de l'immeuble. Quoique, contrairement à l'arrêt Kaiser, l'arrêt Fritz laisse ouverte la question, qu'il n'avait pas à trancher, de savoir si un acquêt de la femme doit être inclus dans le calcul du bénéfice, il ne préconise pas pour autant qu'un tel bien en soit exclu préalablement, au même titre qu'un apport. Dans la mesure où elle s'est penchée sur ce problème, la doctrine semble être dans la ligne de l'arrêt Kaiser (KNAPP, n. 799 in BGE 102 II 70 S. 76 fine et DESCHENAUX, op.cit., p. 511a). En effet, si des divergences sont possibles quant à la qualification juridique, pendant le régime, des biens acquis par la femme à titre onéreux et autrement qu'en remploi ou emploi de ses apports ou biens réservés, on ne saurait admettre que le seul fait de l'inscription au registre foncier au nom de la femme soit, dans le régime de l'union des biens, un motif suffisant pour faire de tels biens des apports et pour les exclure du calcul du bénéfice à la dissolution. Le prélèvement comptable qui intervient avant le calcul du bénéfice n'intéresse que les apports au sens de l' art. 195 CC , aussi bien ceux du mari que ceux de la femme ( art. 214 al. 1 CC ), et cette opération a justement pour but de séparer les apports d'avec les acquêts. La présomption de propriété, qui découle de l'inscription au registre foncier, ne fonde pas comme telle la présomption de biens propres de la femme. Celle-ci n'existe que si les conditions pour la constitution d'apports ou de biens réservés sont réunies ( art. 191 et 195 al. 1 CC ; cf. FRIEDRICH, Grundbuch und eheliches Güterrecht, RNRF 1954 p. 249). Dans sa critique de l'arrêt Fritz, MERZ, RJB 1973, p. 66, suggère d'assimiler le cas où la femme a payé le prix d'un immeuble qu'elle a acquis en son nom, moyennant la reprise ou la constitution d'une dette, à celui du remploi de biens propres. De ce fait, il n'y aurait pas lieu à récompense en faveur de la masse des acquêts. Cette opinion, justifiée notamment par des considérations d'ordre économique, ne tient cependant pas compte, pour ce qui concerne les apports, de la définition donnée par la loi et du caractère gratuit de toute formation d'apports pendant le mariage. Il paraît juridiquement exclu d'établir un parallèle entre les biens que les époux possèdent au début du régime, qu'ils apportent dans le mariage et qu'ils peuvent, par la suite, échanger et remployer, et la possibilité de se constituer débiteur du prix d'un bien acquis à titre onéreux pendant la durée du régime; cela reviendrait à définir comme "apport" la faculté reconnue à tout sujet de droit de s'obliger et comme "remploi d'apport" le fait de réaliser cette faculté dans un cas particulier. Dans la mesure où il affirme et revendique la qualité d'apport de l'immeuble litigieux, au moment de la dissolution et de la liquidation du régime, le recours doit dès lors être considéré comme mal fondé. BGE 102 II 70 S. 77 6. L'autorité cantonale a écarté, sans plus ample examen, l'existence de biens réservés de la recourante afférents à l'immeuble litigieux. La recourante n'y revient que très brièvement. La question méritait pourtant d'être étudiée plus avant. Elle peut être prise en considération d'office dans le cadre du recours en réforme, en dépit des qualifications données à l'immeuble par les parties. Il s'agit là d'une question de droit; dans les limites de l' art. 43 OJ , le Tribunal fédéral apprécie librement la portée juridique des faits ( art. 63 al. 3 OJ ; cf. ATF 97 II 71 consid. 4b, ATF 99 II 49 consid. 2). Il convient donc de rechercher si, au vu des faits retenus par les premiers juges, on peut considérer que la défenderesse a établi, comme l'exige l' art. 193 CC , la qualité de bien réservé de l'immeuble. Les époux Dick-Mosca se sont mariés en 1931. La recourante a été locataire avec son mari, depuis 1936, de l'hôtel qu'elle a acquis en 1940. A partir de 1949, c'est le mari qui a été inscrit au registre du commerce comme exploitant de l'hôtel. Selon les déclarations de la recourante et des témoins et les faits admis dans le mémoire de réponse, les époux Dick-Mosca ont toujours exploité en commun l'établissement et le solde du prix a été payé par leurs prestations communes. Il en a dû être de même d'une partie importante de la dette hypothécaire de 50'000 fr. contractée le 19 février 1940 auprès de la Banque cantonale neuchâteloise; en effet, deux autres cédules hypothécaires, d'un montant total de 60'000 fr., ont été constituées, respectivement le 25 octobre 1956 et le 28 juin 1965, mais le prêt était réduit, à la date du 7 juin 1972, à 78'753 fr. 35 au total. Si l'art. 1944 de Couvet n'a pas été constitué en bien réservé de la recourante par contrat de mariage ou par une libéralité provenant de tiers, il l'est, en revanche, très vraisemblablement devenu, au moins en partie, par l'effet de la loi ( art. 190 al. 1 CC ). Sont biens réservés de par la loi notamment les biens de la femme qui servent à l'exercice de sa profession ou de son industrie et le produit du travail de la femme en dehors de son activité domestique ( art. 191 ch. 2 et 3 CC ). La gestion d'un hôtel, que ce soit à titre dépendant ou indépendant, faite avec le consentement du mari, dans un immeuble propriété de la femme, représente, sans conteste, l'exercice d'un profession ou d'une industrie au sens de BGE 102 II 70 S. 78 l' art. 191 ch. 2 CC . Les constatations de fait du jugement attaqué ne permettent pas de dire si, au début du mariage, l'exploitation de l'hôtel a eu lieu au nom de la femme, c'est-à-dire si celle-ci a exercé une industrie dan l'immeuble lui appartenant. De toute manière, à partir de 1949 et jusqu'à sa mort, qui marque la dissolution du régime, c'est le mari qui a été inscrit comme exploitant de l'hôtel. Mais, même dans ce cas, le produit du travail de l'épouse qui dépasse le cadre du ménage et l'activité domestique peut donner lieu à des biens réservés ( ATF 48 II 422 ; LEMP, n. 34 à l' art. 191 CC ). Or, il est constant que les époux Dick-Mosca ont toujours agi en commun et que la femme a collaboré dans l'activité du mari. L'état de fait du jugement attaqué devra, dès lors être complété en ce qui concerne l'importance et l'étendue de l'activité de la recourante dans l'exploitation de l'hôtel. Dans la mesure où le produit du travail de la femme dépassant l'activité domestique, compte tenu de l'obligation de contribuer aux charges du mariage ( art. 192 al. 2 CC ), a permis des économies et a été utilisé, en fait, pour le paiement du solde du prix d'acquisition de l'immeuble ou pour l'amortissement de l'hypothèque et, par conséquent, réinvesti dans l'immeuble même, on devrait pouvoir admettre l'existence d'un remploi donnant lieu, par effet de subrogation réelle, à la constitution d'un bien réservé selon le ch. 2, respectivement 3, de l' art. 191 CC (cf. ATF 66 II 232 consid. 2; EGGER, n. 18 in fine et LEMP, n. 26 à l' art. 191 CC ). Il pourrait dès lors se justifier d'attribuer à la recourante, dans la liquidation du régime, à titre de bien réservé et préalablement à tout calcul de bénéfice, un montant correspondant à une partie (à tout le moins) de la valeur de l'immeuble litigieux. Encore faudra-t-il constater dans quelle mesure l'immeuble a été affecté à l'exploitation de l'hôtel et n'a pas servi comme demeure commune, faisant partie des biens matrimoniaux dont le mari a l'administration et la jouissance (cf. EGGER, n. 12 et LEMP, n. 19 à l' art. 191 CC ). L'excédent sera, au surplus, considéré comme acquêt. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours et annule le jugement attaqué, la cause étant renvoyée à la juridiction cantonale pour nouveau jugement dans le sens des considérants.
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Urteilskopf 104 Ia 148 25. Estratto della sentenza 1o marzo 1978 nella causa dott. Castelli c. ing. Ferrini e Consiglio di Stato del Cantone Ticino
Regeste Art. 84 und Art. 88 OG ; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde. 1. Anfechtbar i.S. von Art. 84 Abs. 1 OG sind Hoheitsakte, die eine kant. Behörde als Trägerin öffentlicher Gewalt erlässt und die eine oder mehrere Personen zu einem bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden verpflichten. Diese Voraussetzungen erfüllt die Anordnung nicht, wonach die kant. Regierung die Durchführung der Feststellung der Angetrunkenheit gemäss SVG mittels öffentlicher Ausschreibung vergibt, und die insofern vom vorausgehenden Zirkular (Dienstanweisung) des kant. Polizeikommandos, das diese Untersuchungen einer bestimmten Person übertrug, abweicht (E. 1). 2. Gemäss Art. 88 OG ist nur derjenige legitimiert, der durch den angefochtenen Hoheitsakt in seinen rechtlich geschützten Interessen berührt wird (E. 2a). Legitimation im vorliegenden Fall verneint (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 149 BGE 104 Ia 148 S. 149 Il dott. Castelli e l'ing. Ferrini, titolari di laboratori di analisi, sono entrambi autorizzati dal Dipartimento federale di giustizia e polizia (DFGP) ad eseguire, per conto delle competenti istanze, gli esami del sangue tendenti all'accertamento dell'ebrietà, in applicazione della legge federale sulla circolazione stradale (LCS). Il conferimento di tale autorizzazione al convenuto in ricorso è stato notificato dal DFGP con circolare 29 gennaio 1974; in precedenza, invece, soltanto il ricorrente era abilitato ad effettuare alcolemie nel Cantone Ticino, cosicché questo compito veniva svolto esclusivamente dal suo laboratorio dopo che, con circolare 23 luglio 1962, il Dipartimento cantonale di polizia aveva disposto che a partire dal 1o agosto successivo si dovesse far capo a detto laboratorio, anziché all'Istituto di medicina legale dell'Università di Zurigo. Con circolare di servizio N. 11/179 del 14 giugno 1974, il Comando di polizia cantonale ha indicato agli uffici interessati i laboratori incaricati delle analisi alcolemiche e tossicologiche, assegnando le alcolemie al ricorrente ed attribuendo all'ing. Ferrini l'esecuzione degli esami tossicologici volti a stabilire la presenza nell'organismo di sostanze stupefacenti. In data 28 agosto 1975, l'ing. Ferrini s'è rivolto al Dipartimento cantonale di polizia, chiedendo una più equa suddivisione degli incarichi concernenti le alcolemie. Con scritto 3 settembre 1976, detto Dipartimento (previa consultazione del Comando della polizia cantonale e dei Procuratori pubblici) ha però comunicato al convenuto in ricorso di non ritenere opportuna una modificazione della soluzione prevista dalla citata circolare, dato che essa aveva il pregio della semplicità, e quindi della celerità, nella determinazione dei tassi alcolici. Su invito del resistente, il contenuto di questo scritto è poi stato confermato con decisione formale il 26 ottobre successivo. BGE 104 Ia 148 S. 150 Il 10 novembre 1976, l'ing. Ferrini ha impugnato detta risoluzione dinnanzi al Consiglio di Stato; postulandone l'annullamento, egli ha chiesto, in via principale, un'equa ripartizione dell'assegnazione degli esami alcolimetrici fra il laboratorio del dott. Castelli ed il proprio e, in via subordinata, che venisse fatto ordine al Dipartimento di polizia di mettere detta assegnazione a pubblico concorso. Con decisione 26 aprile 1977, resa in parziale accoglimento del gravame, il Consiglio di Stato ha risolto di aggiudicare in futuro l'esecuzione di codesti esami facendo capo al pubblico concorso prescritto dalla legge cantonale sugli appalti del 9 marzo 1942 (LApp.). Con tempestivo ricorso di diritto pubblico per violazione dell' art. 4 Cost. , il dott. Castelli ha impugnato la risoluzione governativa chiedendo al Tribunale Federale di annullarla. Tanto il Consiglio di Stato, quanto l'ing. Ferrini hanno proposto la reiezione del gravame. Erwägungen Considerando in diritto: 1. A norma dell' art. 84 cpv. 1 OG , il ricorso di diritto pubblico è ammissibile contro le decisioni e i decreti cantonali, ovvero contro gli atti d'imperio che un'autorità cantonale emana come detentrice del pubblico potere e che impongono ad una o più persone di compiere, omettere o tollerare una determinata attività (v. DTF 72 I 280 ; DTF 89 I 259 ; DTF 98 Ia 510 ; DTF 102 Ia 536 consid. 1; sentenza 7 dicembre 1972 in re M., parzialmente pubblicata in M. BORGHI, Giurisprudenza amministrativa ticinese, n. 959; J.F. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, vol. II, pag. 596; H. MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, III ediz., pag. 85). Sfuggono invece al cennato ricorso le semplici dichiarazioni di volontà che l'autorità emana quale soggetto di diritto privato (v. DTF 89 I 258 e riferimenti) nonché le ordinanze amministrative, a meno che le regole in esse contenute non si esauriscono in semplici istruzioni di servizio all'attenzione dei funzionari o degli uffici subordinati, ma delineano direttamente o indirettamente la situazione giuridica dei privati, intervenendo così nella sfera di interessi giuridicamente protetti (v. DTF 98 Ia 511 ; DTF 102 Ia 538 ). Alla luce di questi principi, occorre pertanto esaminare se la risoluzione n. 4259 del Consiglio di Stato del Cantone Ticino costituisca un atto impugnabile ai sensi dell' art. 84 OG , ovvero un atto d'imperio che obbliga il ricorrente a fare, tralasciare o tollerare qualcosa. BGE 104 Ia 148 S. 151 La risposta non può che esser negativa. Con il dispositivo n. 1 di tale risoluzione, il Governo cantonale ha infatti adottato una regola di portata astratta con la quale ha derogato, almeno in parte, alla circolare di servizio del 14 giugno 1974. Detta regola si indirizza in fondo allo stesso Consiglio di Stato imponendogli l'obbligo di assegnare l'effettuazione degli esami alcolimetrici mediante pubblico concorso. Il ricorrente non è invece colpito dalla decisione impugnata poiché nulla gli impedirà comunque di partecipare alle gare d'appalto in condizioni d'uguaglianza con il resistente ed eventualmente con altri concorrenti che il DFGP potrebbe autorizzare in futuro ad eseguire esami del sangue in applicazione della LCS. D'altro canto, non si può nemmeno pretendere che l'atto impugnato interviene in una sfera di interessi giuridicamente protetti poiché modifica la situazione venutasi a creare con la circolare di servizio del 1974. Detta circolare ha infatti determinato per il ricorrente un privilegio di puro fatto e non gli ha comunque conferito alcun diritto di pretendere che gli incarichi concernenti le alcolemie gli venissero attribuiti perpetuamente. La decisione di mettere tali incarichi a pubblico concorso non interviene pertanto nei rapporti giuridici dei concorrenti e non delinea in alcun modo la loro situazione giuridica. Per gli esami alcolimetrici, tanto il ricorrente ed il resistente, quanto eventuali nuovi concorrenti, sono posti ormai su un piano di perfetta uguaglianza e nessuno di loro potrà comunque vantare il diritto di vedersi assegnato l'incarico; secondo costante giurisprudenza, il partecipante ad una gara d'appalto disposta dall'ente pubblico non ha infatti alcun diritto d'essere preso in considerazione ai fini dell'aggiudicazione, ed anche la LApp. non prevede in alcuna guisa un siffatto diritto (v. sentenza 26 febbraio 1973 in re Camera di commercio dell'industria e dell'artigianato del Cantone Ticino, parzialmente pubblicata in M. BORGHI, op.cit., n. 960; sentenza inedita 30 settembre 1977 in re Sati S.A.). Nelle descritte circostanze, si deve pertanto dedurre che l'atto impugnato non obbliga il ricorrente (né d'altronde il resistente) a fare, omettere o patire alcunché, per cui il gravame dev'esser dichiarato irricevibile già per questo motivo. 2. A titolo abbondanziale, giova tuttavia rilevare che il ricorso del dott. Castelli sarebbe comunque inammissibile anche se si volesse prescindere dall'inimpugnabilità dell'atto cantonale. BGE 104 Ia 148 S. 152 a) Giusta l' art. 88 OG , il diritto di ricorrere spetta ai privati o agli enti collettivi che si trovano lesi nei loro diritti da decreti o decisioni che li riguardano personalmente o che rivestono carattere obbligatorio generale. Le questioni relative alla legittimazione ricorsuale sono sempre esaminate dal Tribunale federale d'ufficio e con libero potere cognitivo (v. DTF 96 I 547 ); tuttavia, se la legittimazione dipende dall'applicazione di norme cantonali, detto Tribunale s'impone un certo riserbo e, dinnanzi a due possibili interpretazioni altrettanto difendibili, non si scosta da quella data loro dalla più alta autorità cantonale (v. DTF 97 I 32 /33; DTF 98 Ia 642 ; 103 Ia 155 /156). Secondo costante giurisprudenza, detta legittimazione è però riconosciuta solo a chi sia stato colpito dall'atto dell'autorità nella sua posizione giuridica ed abbia subito in tale posizione un pregiudizio materiale e, di regola, anche attuale (v. DTF 91 I 413 /414; DTF 99 Ia 354 ; sentenza 13 marzo 1970 in re P., parzialmente pubblicata in M. BORGHI, op.cit., n. 953). Tuttavia, se l'atto impugnato è un decreto, ovvero un atto normativo di portata generale, il ricorso di diritto pubblico è aperto a qualsiasi persona che potrebbe un giorno esser toccata dalla regolamentazione impugnata e subire di conseguenza un certo pregiudizio; basta pertanto che il cittadino sia colpito virtualmente nei suoi diritti costituzionali (v. DTF 99 Ia 266 ; DTF 100 Ia 43 consid. 1b; DTF 101 Ia 475 ; su questi problemi, v. anche H. MARTI, op.cit., pagg. 61/67; A. MACHERET, La qualité pour recourir: clef de la juridiction constitutionnelle et administrative du Tribunal fédéral, in RDS 94/1975 II pag. 131 segg., in part. 138/139 e 153/157). Giusta l' art. 88 OG , il diritto di ricorrere è quindi subordinato alla lesione di un interesse giuridicamente rilevante che competa al ricorrente nel campo retto dalla norma costituzionale invocata; il ricorso di diritto pubblico non è infatti ammissibile se proposto a tutela dell'interesse generale o per salvaguardare interessi meramente fattuali (v. DTF 93 I 174 ; DTF 98 Ia 654 ; DTF 103 Ia 68 ). Con specifico riguardo all' art. 4 Cost. , si evince dalla giurisprudenza del Tribunale federale che la rilevanza giuridica di tali interessi non s'identifica con la violazione del principio della parità di trattamento o con l'arbitrio come tali, poiché altrimenti queste censure - le quali concernono tutti i campi del diritto - potrebbero esser sollevate mediante ricorso di diritto pubblico indipendentemente dal fatto che il ricorrente ne sia materialmente colpito: dev'esser cioè distinto BGE 104 Ia 148 S. 153 fra la lesione del diritto costituzionale, la cui esistenza è problema di merito, e la circostanza che essa colpisca il ricorrente, che è invece problema di potestà ricorsuale (v. DTF 91 I 419 , già citata; J. HINDEN, Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ( art. 88 OG ), tesi, Zurigo 1961, pag. 86 e segg.; Z. GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, pagg. 892/893). b) Nel caso concreto, è pacifico che sin dal 1962 l'esecuzione degli esami alcolimetrici nel Cantone Ticino è sempre stata affidata al solo ricorrente; per anni, infatti, questa soluzione e stata condizionata dal fatto che il dott. Castelli era l'unico titolare di un laboratorio di analisi a beneficio della necessaria autorizzazione federale. Tuttavia, anche dopo che il convenuto in ricorso è stato abilitato ad effettuare detti esami (29 gennaio 1974) gli incarichi di questa natura sono stati ancora conferiti al ricorrente, in conformità della circolare di servizio 14 giugno 1974 del Comando della polizia cantonale. Per il dott. Castelli, questa situazione ha tuttavia determinato un privilegio di puro fatto, e non di diritto, poiché egli non ha comunque alcun titolo giuridico per pretendere che tali incarichi gli vengano riservati perpetuamente. La posizione di fatto e di diritto del ricorrente non è diversa da quella di un legale o di un ingegnere, cui un determinato ente pubblico suole far capo con una certa regolarità per i propri mandati nel loro settore di attività; questi professionisti non potrebbero evidentemente dolersi se detto ente risolvesse, per motivi che i mandatari non hanno facoltà di sindacare, di rivolgersi in futuro ai loro concorrenti. Il ricorrente fa invero valere che egli ha dovuto compiere investimenti non indifferenti per dotare il suo laboratorio degli indispensabili apparecchi, così da poter adempiere efficacemente i compiti che gli sono stati assegnati. Da questo profilo, il suo caso non è completamente equiparabile a quello di un legale, benché anche quest'ultimo potrebbe aver preso disposizioni di una certa importanza in funzione dei mandati regolarmente ricevuti dal Cantone o da un Comune (assunzione di collaboratori, ecc.), e forse neppure a quello di un ingegnere. Sennonché, per tacere del fatto che le menzionate attrezzature sono il presupposto per l'ottenimento dell'autorizzazione federale (art. 141 cpv. 1 dell'ordinanza sull'ammissione alla circolazione di persone e veicoli del 27 ottobre 1976-OAC), nonché della circostanza che, verosimilmente, il ricorrente ha avuto la possibilità BGE 104 Ia 148 S. 154 di ammortizzarle dal 1962 ad oggi, gli investimenti in questione costituiscono un fattore di rischio che ogni libero professionista ed ogni imprenditore deve inevitabilmente assumere (in misura più o meno elevata secondo il suo campo d'attività), cosicché essi non potrebbero giustificare il monopolio di fatto di cui il ricorrente fruisce. D'altro canto, giova rilevare che il ricorrente non pretende neppure d'aver ricevuto dal Cantone un qualsiasi affidamento circa la continuità o anche soltanto circa una durata minima dell'assegnazione delle alcolemie. In base alla vigente giurisprudenza, si deve pertanto dedurre che al dott. Castelli manca la legittimazione ricorsuale per impugnare nel merito la querelata decisione, poiché gli interessi da lui vantati sono meramente fattuali. Giusta l' art. 88 OG , egli non è infatti "leso nei suoi diritti", poiché non è colpito dall'atto cantonale nei suoi interessi giuridicamente protetti (v. DTF 103 Ia 70 /71). Fra le diverse pronunzie del Tribunale federale possono esser soprattutto richiamate e confrontate in questo contesto la sentenza 18 settembre 1963 in re Doninelli ( DTF 89 I 278 , 279/280), con cui s'è negata la veste per interporre ricorso di diritto pubblico all'impresario la cui offerta non è stata presa in considerazione in sede di delibera, poiché non gli compete appunto alcun diritto all'aggiudicazione, la sentenza 22 giugno 1972 in re X. ( DTF 98 Ia 653 , 654) ove, per le stesse ragioni, non è stata ammessa la legittimazione del candidato che non è stato scelto in occasione di un concorso per un posto della pubblica amministrazione, nonché la sentenza inedita 10 ottobre 1973 in re Ackermann e LLCC e Nonella (consid. 3), ove il Tribunale federale ha sì riconosciuto la legittimazione ricorsuale dei farmacisti che s'opponevano alla convenzione con cui gli ospedali ticinesi d'interesse pubblico s'erano impegnati ad acquistare i medicinali dal Cantone, ma per il fatto che la legge sanitaria del 18 novembre 1954 garantisce agli stessi farmacisti una posizione giuridicamente privilegiata nell'ambito del commercio di codesti prodotti (v. anche la sentenza 17 gennaio 1973 in re G., parzialmente pubblicata in M. BORGHI, op.cit., n. 961). Vero è che, in una sentenza del 10 luglio 1963 in re Zürrer ( DTF 89 I 233 , 238/239 consid. 2), il Tribunale federale ha ammesso che il privato, al quale è stata affidata una funzione di pubblica amministrazione da svolgere verso remunerazione, ha qualità per opporsi, mediante ricorso di diritto pubblico per BGE 104 Ia 148 S. 155 violazione dell' art. 4 Cost. , contro la revoca di questa funzione. Trattavasi nella fattispecie di una controversia riguardante la ripartizione dei capi di bestiame assegnati per il controllo ai veterinari nell'ambito della lotta contro la tubercolosi e la febbre di Bang, in applicazione della legge federale concernente la lotta contro la tubercolosi dei bovini del 29 marzo 1950 e del decreto del Consiglio federale concernente la lotta contro l'aborto epizootico dei bovini del 9 novembre 1956. Dei relativi provvedimenti, le norme esecutive del Canton S. Gallo avevano incaricato i veterinari esercitanti liberamente la professione nel Cantone stesso, ai quali era stata conferita la funzione di "Kontrolltierärzte". Ancorché a nessun veterinario sangallese competesse il diritto di essere designato come "Kontrolltierarzt", il Tribunale federale ha ritenuto che una simile designazione ("Ernennung"), una volta avvenuta, desse origine ad un rapporto giuridico fra il Cantone ed il veterinario designato, involgente diritti ed obblighi reciproci. La posizione di fatto e di diritto del ricorrente è tuttavia sostanzialmente diversa e in alcun caso può esser equiparata o assimilata a quella dei veterinari sangallesi; basta infatti rilevare che il dott. Castelli non è mai stato designato (il Tribunale federale parla addirittura di nomina) in forza di una disposizione legale per una determinata funzione pubblica. L' art. 141 cpv. 1 OAC presuppone implicitamente che le analisi del sangue possano esser affidate a laboratori privati, a condizione che siano abilitati dal DFGP. La sola circostanza che a partire dal 1o agosto 1962 il Dipartimento cantonale di polizia abbia incaricato di dette analisi il ricorrente non vale però a configurare un rapporto giuridico di diritto pubblico, dal quale legittimamente egli possa derivare la pretesa di vedersi confermata l'attribuzione di questo compito, con la riserva di una revoca per giustificati motivi. Quand'anche si volesse ritenere che l'atto cantonale del 26 aprile 1977 è impugnabile ai sensi dell' art. 84 OG , si dovrebbe pertanto concludere che, quantomeno per le censure di merito, il gravame è comunque inammissibile per carenza di legittimazione ricorsuale. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è irricevibile.
public_law
nan
it
1,978
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
4391aab7-fba8-457e-8360-bbbb2d19fa86
Urteilskopf 142 II 35 4. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Migrationsamt und Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_716/2014 vom 26. November 2015
Regeste Art. 24 Anhang I FZA ; Art. 16 Abs. 2 FZA ; Art. 26 und 27 VRK ; Art. 121a BV ; Art. 8 EMRK ; Verhältnis von Art. 121a BV zum Freizügigkeitsabkommen und seiner bisherigen Auslegung. Auslegungsgrundsätze völkerrechtlicher Verträge; völkergewohnheitsrechtlicher Grundsatz pacta sunt servanda (E. 3.2). Fehlende direkte Anwendbarkeit von Art. 121a BV und Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die sog. Schubert-Praxis im Freizügigkeitsrecht zwischen der Schweiz und der EU keine Anwendung findet (E. 3.2 und 3.3). Verhältnis von Art. 121a BV zur ständigen Auslegungspraxis des FZA (E. 3.3). Keine Anwendung von Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA unter den Umständen des Falles (E. 4); Bestätigung der Rechtsprechung i.S. Zhu und Chen zu Art. 24 Anhang I FZA (E. 5). Voraussetzungen unter dem Gesichtswinkel von Art. 8 EMRK bei Ersuchen des sorge- oder obhutsberechtigten Elternteils um Bewilligung (einzig) zwecks Erleichterung der Ausübung des Besuchsrechts zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 142 II 35 S. 36 A.A. (geb. 1979) stammt aus der Dominikanischen Republik. Sie reiste im August 2002 von Italien her kommend in die Schweiz ein. Am 5. November 2002 gebar sie hier den Sohn B.A. Der in der Schweiz aufenthaltsberechtigte deutsche Staatsangehörige C. (geb. 1975) anerkannte diesen am 5. Mai 2003, worauf das Migrationsamt des Kantons Zürich am 23. Juli 2003 A.A. eine Aufenthaltsbewilligung (B) zum Verbleib bei ihrem Lebenspartner bzw. dem Sohn eine (abgeleitete) Aufenthaltsbewilligung B-EU/EFTA erteilte. Heute verfügt dieser über eine Niederlassungsbewilligung EU/EFTA. Die Lebensgemeinschaft A.-C. wurde Ende 2004 aufgelöst. In der Folge befand sich A.A. mit ihrem Sohn in einem Frauenhaus bzw. in einer geschützten Mutter-Kind-Institution; am 27. Oktober 2005 bezog sie mit dem Sohn eine eigene Wohnung. Die Aufenthaltsbewilligung von A.A. wurde regelmässig - letztmals bis zum 9. August 2012 - verlängert, obwohl Mutter und Kind auf Sozialhilfeleistungen angewiesen waren. Das Migrationsamt des Kantons Zürich verwarnte A.A. im Oktober 2008. Es teilte ihr am 4. Januar 2010 mit, dass dem Verlängerungsgesuch noch einmal entsprochen werde, ein weiterer Aufenthalt indessen voraussetze, dass sie eine existenzsichernde Tätigkeit ausübe und nicht mehr von der Sozialhilfe unterstützt werden müsse. Bis zum August 2012 würden die Sozialhilfeleistungen einen Umfang von knapp Fr. 400'000.- erreichen. Am 10. Juni 2013 lehnte das Migrationsamt des Kantons Zürich es ab, die Bewilligung von A.A. zu erneuern. Diese habe über Jahre BGE 142 II 35 S. 37 hinweg in beträchtlichem Umfang von der Sozialhilfe unterstützt werden müssen, womit ein Widerrufsgrund gemäss Art. 62 lit. e des Ausländergesetzes (AuG [SR 142.20]) vorliege; eine Rückkehr in die Heimat erscheine ihr trotz einer gewissen Härte zumutbar; der Sohn B.A. befinde sich mit seinen zehn Jahren noch in einem anpassungsfähigen Alter; mit Blick auf die guten Beziehungen zu seinem Vater stehe es ihm gegebenenfalls frei, bei diesem in der Schweiz zu verbleiben; das Freizügigkeitsabkommen räume ihr als Mutter eines deutschen Kindes mangels eigener Mittel keinen Anwesenheitsanspruch ein. Die hiergegen gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Mit Urteil vom 11. Juli 2014 bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich den Entscheid des Migrationsamts. Es hielt fest, dass Mutter und Sohn weder aus dem Freizu?gigkeitsabkommen noch aus Art. 8 EMRK etwas zu ihren Gunsten ableiten könnten. A.A. hat beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben und für sich und ihren Sohn im Wesentlichen beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern und von einer Wegweisung abzusehen. A.A. hält in einer weiteren Eingabe fest, sie habe sich konstant darum bemüht, sich von der Sozialhilfe zu lösen, inzwischen beziehe sie gestützt auf ihre Anstellung als Büroassistentin (ab 1. September 2014) keine Sozialhilfeleistungen mehr. Das Bundesgericht weist die Beschwerde nach öffentlicher Beratung ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Beschwerdeführer wie Vorinstanz beziehen sich auf das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) und dessen Auslegung durch das Bundesgericht. Am 9. Februar 2014 ist durch Annahme in der Volksabstimmung Art. 121a BV in Kraft getreten. Es stellt sich vorweg die Frage, in welchem Verhältnis der neue Verfassungsartikel zum Freizügigkeitsabkommen und seiner bisherigen Auslegung steht. BGE 142 II 35 S. 38 Gemäss Art. 16 Abs. 2 FZA ist für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens - soweit für die Anwendung des Abkommens Begriffe des Unionsrechts herangezogen werden - die einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Da es Ziel des Abkommens ist, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel), und die Vertragsstaaten übereingekommen sind, in den vom Abkommen erfassten Bereichen alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in ihren Beziehungen eine möglichst parallele Rechtslage besteht ( Art. 16 Abs. 1 FZA ), hat das Bundesgericht in inzwischen ständiger Rechtsprechung entschieden, von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nach dem Unterzeichnungsdatum nur bei Vorliegen "triftiger" Gründe abzuweichen ( BGE 140 II 112 E. 3.2 S. 117, BGE 136 II 364 E. 5.3 S. 372; BGE 139 II 393 E. 4.1.1 S. 397 f.; BGE 136 II 5 E. 3.4 S. 12 f., BGE 136 II 65 E. 3.1 S. 70 f.). Nach Art. 121a BV steuert die Schweiz die Zuwanderung eigenständig (Abs. 1) und wird die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente begrenzt (Abs. 2). Abs. 4 des Verfassungsartikels sieht vor, dass keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden, welche gegen diesen Artikel verstossen. Die Übergangsbestimmung zu Art. 121a BV sieht sodann vor, dass widersprechende völkerrechtliche Verträge innerhalb von drei Jahren neu zu verhandeln und anzupassen sind ( Art. 197 Ziff. 11 Abs. 1 BV ) sowie dass, sofern die Ausführungsgesetzgebung innert drei Jahren noch nicht in Kraft treten kann, der Bundesrat vorübergehend Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg erlässt (Abs. 2). Die neue Verfassungsbestimmung bedarf damit der Umsetzung durch Verhandlung mit den Vertragsparteien und durch Gesetzgebung. Sie ist im konkreten Streitfall durch den Richter nicht direkt anwendbar. 3.2 Immerhin liesse sich erwägen, das Abkommen im Lichte der Zielsetzung der Verfassungsbestimmung restriktiv auszulegen oder aber triftige Gründe anzunehmen, welche nahelegen, die Rechtsprechung des EuGH, soweit sie nach dem Unterzeichnungsdatum erfolgt ist, nicht mehr zu befolgen. Völkerrechtliche Verträge sind indes nicht nach Massgabe des innerstaatlichen Rechts auszulegen, sondern nach Treu und Glauben (vgl. Art. 26 und 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]), denn keine Vertragspartei kann sich auf BGE 142 II 35 S. 39 ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen ( Art. 27 VRK ). Die völkerrechtliche Verpflichtung, eingegangene Verträge nach Treu und Glauben zu halten, ohne sich dieser Verpflichtung gestützt auf landesrechtliche Vorgaben wieder zu entziehen, ist auch gewohnheitsrechtlich anerkannt (MARK E. VILLIGER, Commentary on the 1969 Vienna Convention on the Law of Treaties, Leiden/Boston 2009, S. 366, 374 f.; JEAN SALMON sowie ANNEMIE SCHAUS, in: Les Conventions de Vienne sur le droit des traités, Corten/Klein [Hrsg.], 2006, S. 1081 bzw. S. 1124). Mit dem Freizügigkeitsabkommen und den weiteren sektoriellen Abkommen ist die Schweiz zwar nicht Teil des gesamten Binnenmarkts geworden, doch beteiligt sie sich, soweit die Abkommen reichen, immerhin sektoriell am gemeinsamen Markt. Eine solche sektorielle Teilhabe am Binnenmarkt ist aber nur möglich und funktionsfähig, wenn die massgebenden Normen, soweit sie Gegenstand des FZA bilden, einheitlich verstanden werden und der EuGH auf der einen (vgl. Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2011 C-506/10 Graf und Engel , Slg. 2011 I-09345 Randnr. 33) und das Bundesgericht auf der anderen Seite nicht ohne sachliche Gründe von einem gemeinsamen Verständnis der verwendeten Begriffe im Rahmen des freizügigkeitsrechtlich übernommenen "Acquis communautaire" abweichen. In Übereinstimmung mit Art. 27 VRK gehen in der Rechtsanwendung völkerrechtliche Normen widersprechendem Landesrecht vor ( BGE 139 I 16 E. 5.1 S. 28; BGE 138 II 524 E. 5.1 S. 532 f., mit weiteren Hinweisen). Dieser Grundsatz hat lediglich insofern eine Ausnahme erfahren, als der Gesetzgeber bewusst die völkerrechtliche Verpflichtung missachten und insofern auch die politische Verantwortung dafür bewusst tragen wollte ( BGE 99 Ib 39 E. 3 und 4 S. 44 f. ["Schubert"]; BGE 138 II 524 E. 5.3.2 S. 534 f.). Diese Ausnahme gilt nicht, wenn menschenrechtliche Verpflichtungen der Schweiz in Frage stehen ( BGE 125 II 417 E. 4d S. 425 ["PKK"]; BGE 139 I 16 E. 5.1 S. 28 f.); diesfalls geht die völkerrechtliche Norm der nationalen Regelung auch dann vor, wenn der schweizerische Gesetzgeber sie missachten will. Auch im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen hat das Bundesgericht entschieden, dass diesem gegenüber bewusst abweichendem Gesetzesrecht der Vorrang zukommt. Das Gericht begründete dies damit, dass das Freizügigkeitsabkommen demokratisch (durch Annahme in der Volksabstimmung) legitimiert sei, dieses den unter das Abkommen fallenden Personen gerichtlichen Rechtsschutz garantiere, was toter Buchstabe bliebe, wenn BGE 142 II 35 S. 40 die Gerichte abweichendes nationales Recht anwenden müssten, und schliesslich, dass die Vertragsstaaten der EU ihrerseits verpflichtet seien, dem Abkommen den Vorrang gegenüber ihrem jeweiligen innerstaatlichen Recht zu geben ( BGE 133 V 367 E. 11.4-11.6 S. 389 ff.). Die vorne erwähnte Ausnahme nach der sogenannten "Schubert-Praxis" gilt im Verhältnis zur Europäischen Union und den von der Schweiz im Freizügigkeitsrecht staatsvertraglich eingegangenen Pflichten nicht, weil es dabei über die Realisierung der teilweise übernommenen Grundfreiheit um eine Angleichung der Rechtsordnung (sektorielle Beteiligung am Binnenmarkt) geht, welche für die EU-Mitgliedstaaten ihrerseits direkt anwendbar ist (Urteil des EuGH vom 5. Februar 1963 C-26/62 van Gend en Loos , Slg. 1963 S. 3) und für welche kraft Unionsrechts der Vorrang dieser Rechtsordnung ebenfalls Geltung hat (Urteil des EuGH vom 15. Juli 1964 C-6/64 Costa gegen E.N.E.L , Slg. 1964 S. 1141). Dieses Verständnis des Zusammenhangs zwischen völkerrechtlicher Verpflichtung einerseits und abweichendem Landesrecht liegt überdies Art. 121a BV selbst zugrunde, indem diese Verfassungsbestimmung dazu verpflichtet, erstens keine Verträge mehr abzuschliessen, die im Widerspruch zur von der Verfassungsnorm angestrebten eigenständigen Zuwanderungssteuerung stehen (Staatsangehörige Kroatiens können sich entsprechend nicht auf das FZA berufen: Urteile 2C_1195/2013 vom 4. Juli 2014 E. 4.4; 2C_103/2014 vom 13. Januar 2015 E. 5.5; 2C_128/2015 vom 25. August 2015 E. 3.9), und zweitens bestehende Verträge neu auszuhandeln. 3.3 Art. 121a BV ist nach dem Gesagten in der Rechtsprechung nicht direkt anwendbar. Ein Konflikt zu völkerrechtlichen Verträgen könnte entstehen, wenn eine Verhandlungslösung mit der EU nicht möglich wäre, innerstaatliche Rechtsänderungen vom Freizügigkeitsabkommen abweichen sollten und diese nicht durch völkerrechtskonforme Auslegung in Übereinstimmung mit dem FZA angewendet werden könnten. Im Falle eines tatsächlichen Normkonflikts aber ginge in der Rechtsanwendung gemäss den dargelegten Grundsätzen das FZA vor (E. 3.2 hiervor). Daraus erhellt zugleich, dass sich aus der Verfassungsbestimmung kein triftiger Grund ergeben kann, im Rahmen der Rechtsprechung vom Vertragsziel der parallelen Rechtslage im übernommenen Bereich abzuweichen (E. 3.1 hiervor). 4. 4.1 Die Beschwerdeführer berufen sich auf Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA . Danach dürfen die Kinder eines Staatsangehörigen einer BGE 142 II 35 S. 41 Vertragspartei unabhängig davon, ob dieser im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Erwerbstätigkeit ausübt, eine solche ausgeübt hat oder erwerbslos ist, unter den gleichen Bedingungen am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmestaates. Die Regelung ist Art. 12 der von der Schweiz als "Acquis communautaire" übernommenen Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257 vom 19. Oktober 1968 S. 2 ff.) nachgebildet und stimmt mit dieser fast wörtlich überein. Sie verschafft ihnen einen Anspruch auf einen weiteren Aufenthalt, um die Ausbildung abschliessen zu können, wenn ihnen die Rückkehr in die Heimat nicht zugemutet werden kann (Urteil des EuGH vom 15. März 1989 C-389/87 und C-390/87 Echternach und Moritz , Slg. 1989-723 Randnr. 23). 4.2 Im Urteil vom 17. September 2002 C-413/99 Baumbast gegen das Vereinigte Königreich (Slg. 2002 I-7091) hat der EuGH in Auslegung von Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 entschieden, dass die Kinder eines EU-Bürgers, die in einem Mitgliedstaat seit einem Zeitpunkt wohnen, zu dem jener ein Aufenthaltsrecht als Wanderarbeitnehmer hatte, sich dort weiter aufhalten dürfen, um am allgemeinen Unterricht teilnehmen zu können; dabei sei nicht von Belang, ob die Eltern der Kinder inzwischen geschieden wurden, nur einer von ihnen Bürger der Europäischen Union sei oder der Wanderarbeitnehmer seinerseits das Land verlassen habe bzw. die Kinder selber nicht über die EU-Bürgerschaft verfügten (Randnr. 63). Könnten die Kinder ein entsprechendes Aufenthaltsrecht geltend machen, erlaube Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 auch dem die Sorge ausübenden Elternteil - losgelöst von dessen Staatsangehörigkeit - sich bei jenen aufzuhalten, um ihnen zu ermöglichen, ihr Recht auf Bildung nach Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 wahrzunehmen (Urteil Baumbast , a.a.O., Randnr. 75, "effet utile"). In zwei Urteilen vom 23. Februar 2010 hat der EuGH seine Praxis in dem Sinn präzisiert, dass dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Anspruch auf Aufenthalt in Anwendung von Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 zukommt, ohne dass dieser von ausreichenden Existenzmitteln abhängig gemacht werden dürfte und der Bezug von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen wäre (Urteile vom 23. Februar 2010 C-310/08 und C-480/08 Ibrahim und Teixeira , Slg. 2010 I-1065 und Slg. 2010 BGE 142 II 35 S. 42 I-1107 Randnrn. 25 ff. bzw. 34 ff.; FERDINAND WOLLENSCHLÄGER, Aktuelle Fragen der EU-Personenfreizügigkeit, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2009/2010, Achermann und andere [Hrsg.], S. 3 ff., dort 23 ff.). Das abgeleitete Anwesenheitsrecht des die Sorge tatsächlich wahrnehmenden Elternteils ende mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes, sofern dieses nicht weiterhin dessen Anwesenheit und Fürsorge bedürfe, um seine Ausbildung fortsetzen bzw. abschliessen zu können (Urteil Teixeira , a.a.O., Randnr. 76 ff.). 4.3 Im Urteil 2A.475/2004 vom 25. Mai 2005 hatte das Bundegericht in systemkonformer Auslegung und unter Berücksichtigung der EuGH-Urteile vom 15. März 1989 Echternach und Moritz sowie vom 17. September 2002 Baumbast weitgehend gleich entschieden, wie der EuGH es später in den Urteilen Ibrahim und Teixeira tun sollte (dort E. 4 und 5). Dabei ging es um einen deutschen Jugendlichen, der in der Schweiz seine Lehre begonnen hatte und bei der vom deutschen Vater und freizügigkeitsberechtigten Arbeitnehmer getrennt lebenden mauretanischen Mutter wohnte (Obhut), die das Sorgerecht wahrnahm und Sozialhilfe bezog. In BGE 139 II 393 ff. war über die Problematik der Sozialhilfeabhängigkeit nicht zu entscheiden, vielmehr stellte sich die Frage, ob das Recht des Kindes eines Wanderarbeitnehmers aus den Vertragsstaaten, die begonnene Ausbildung abzuschliessen, auch dann gilt, wenn die eheliche Beziehung zur drittstaatsangehörigen Mutter im Zeitpunkt der Aufnahme der Ausbildung bereits inhaltslos geworden ist und nur noch formell Bestand hatte. Das Bundesgericht verneinte dies, weil im massgebenden Zeitpunkt kein aus einem Freizügigkeitsanspruch abgeleitetes Aufenthaltsrecht mehr bestand. 4.4 Im hier zu beurteilenden Fall reiste die dominikanische Mutter (bereits) schwanger von Italien her in die Schweiz ein, wo ihr Kind zur Welt gekommen ist und von einem deutschen Arbeitnehmer anerkannt wurde. In der Folge haben die unverheirateten Eltern mit dem Kind zusammengelebt. Das Kind verfügt inzwischen über eine Niederlassungsbewilligung EU/EFTA. Der Vater lebt nach wie vor in der Schweiz und war hier ursprünglich als unselbständig Tätiger aktiv; er hat inzwischen eine neue Familie gegründet. Seinen Unterhaltspflichten dem anerkannten Kind gegenüber ist er - offenbar aus gesundheitlichen Gründen - indessen nur unvollständig nachgekommen. Das deutsche Kind hat im Rahmen von Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA freizügigkeitsrechtlich grundsätzlich einen Anspruch darauf, seine Ausbildung in der Schweiz abschliessen zu können. BGE 142 II 35 S. 43 Dies wäre indessen bereits sichergestellt, wenn es bei seinem Vater verbliebe, zu dem (und dessen Familie) es nach Angaben in der Beschwerdeschrift eine enge Beziehung unterhält. Nach Art. 3 Abs. 1 Anhang I FZA haben die Familienangehörigen einer Partei, die Staatsangehörige einer Vertragspartei ist und eine Aufenthaltsbefugnis hat, das Recht, bei ihr Wohnung zu nehmen. Der Beschwerdeführer als anerkannter Sohn eines deutschen Arbeitnehmers hat bereits gestützt auf diese Bestimmung einen freizügigkeitsrechtlichen Anspruch auf Familiennachzug und -gemeinschaft zu seinem Vater. Jedoch ist die Mutter sorgeberechtigt. Sie war mit dem deutschen Vater nicht verheiratet und kann deshalb nicht als "Ehegattin" im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. a bzw. lit. b Anhang I FZA gelten (vgl. Urteil 2C_470/2014 vom 29. Januar 2015 E. 1.1). Aus dem Freizügigkeitsrecht ergibt sich für sie selber deshalb direkt keine geschützte Rechtsstellung, zumal der Anspruch ihres Sohnes nach Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA bei einem Verbleib beim Vater bereits sichergestellt wäre. Es kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt in die obligatorische Schulpflicht eingetreten ist, als seine Eltern bereits nicht mehr zusammenlebten. Selbst wenn die Beschwerdeführerin mit dem Kindsvater verheiratet gewesen wäre, ergäbe sich folglich nicht, dass sie zwecks Sicherstellung des Abschlusses der Ausbildung des Kindes in der Schweiz verbleiben könnte (vgl. BGE 139 II 393 E. 4.2.2 S. 399). 5. 5.1 Gemäss Art. 24 Abs. 1 Anhang I FZA hat eine Person, welche die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt und keine Erwerbstätigkeit im Aufenthaltsstaat ausübt, ein Anwesenheitsrecht unter der Voraussetzung, dass sie über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, so dass sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen und sie überdies krankenversichert ist. Diese Regelung ist der Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180 vom 13. Juli 1990 S. 26 f.) nachgebildet. Anforderungen in Bezug auf die Herkunft der ausreichenden finanziellen Mittel ergeben sich weder aus Art. 24 Abs. 1 Anhang I FZA noch aus Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 90/364/EWG. Der EuGH hat daher entschieden, dass die Bedingung ausreichender finanzieller Mittel nicht dahin ausgelegt werden könne, dass der Betroffene selber über solche Mittel verfügen müsse (Urteile vom 19. Oktober 2004 C-200/02 Zhu und Chen , Slg. 2004 I-9925 Randnrn. 30 und 33; vom 23. März 2006 C-408/03 Kommission gegen Belgien , Slg. 2006 I-2647 Randnrn. 40 und 41); die finanziellen Mittel könnten auch von Familienangehörigen BGE 142 II 35 S. 44 (Urteil Kommission gegen Belgien , a.a.O., Randnr. 42) oder sonstigen Dritten stammen (Urteil Kommission gegen Belgien , a.a.O., Randnrn. 45 ff.). Das Bundesgericht ist dieser Auslegung für die Anwendung von Art. 24 Anhang I FZA beigetreten. Es wäre in der Tat unverhältnismässig, weil nicht erforderlich, dem Kriterium der ausreichenden finanziellen Mittel, ein weiteres nach der Herkunft dieser Mittel hinzuzufügen. Die Regelung über die ökonomischen Aufenthaltsvoraussetzungen hat zum Zweck zu vermeiden, dass die öffentlichen Finanzen des Aufnahmestaates über Gebühr belastet werden, was gewährleistet ist, ohne dass es darauf ankäme, aus welcher Quelle, einer eigenen oder einer fremden, die Existenzmittel des Betroffenen stammen ( BGE 135 II 265 E. 3.3 S. 269 f.). 5.2 Dem Urteil Zhu und Chen lag der Aufenthaltsanspruch eines freizügigkeitsberechtigten Kleinkindes zugrunde, das vermittelt über Familienangehörige über ausreichende finanzielle Mittel verfügte. Da ein Kleinkind seinen Aufenthaltsanspruch auf sich allein gestellt nicht wahrnehmen kann, entschied der Gerichtshof, dass unter der Voraussetzung ausreichender finanzieller Mittel auch die sorgeberechtigte drittstaatsangehörige Mutter aufenthaltsberechtigt sei (Urteil Zhu und Chen , a.a.O., Randnrn. 46 f.). Das Bundesgericht schloss sich dieser Rechtsprechung unter dem Gesichtswinkel von Art. 24 Abs. 1 Anhang I FZA nach einigem Zögern (vgl. das Urteil 2C_33/2007 vom 14. März 2008) in nunmehr konstanter Rechtsprechung (bisher rund zehn Fälle) an, auch wenn sie nach der Unterzeichnung des FZA am 21. Juni 1999 entstanden ist, da andernfalls das Aufenthaltsrecht des freizügigkeitsberechtigten Kindes nicht "effektiv" wahrgenommen werden könnte, mit anderen Worten der von den Vertragsparteien gewollte "effet utile" nicht bestünde (Urteil 2C_574/2010 vom 15. November 2010 E. 2.2.2 sowie zuletzt Urteil 2C_375/2014 vom 4. Februar 2015 E. 3.1-3.3 mit weiteren Hinweisen). Der Entscheid Zhu und Chen stützt sich in seinem Wortlaut sowohl auf die Unionsbürgerschaft als auch auf die von der Schweiz mit dem FZA übernommene Richtlinie 90/364/EWG. Dabei ist zu beachten, dass die Unionsbürgerschaft erst mit dem Vertrag von Maastricht Eingang in das Primärrecht fand. Der Anspruch auf Freizügigkeit ging zu jenem Zeitpunkt sekundärrechtlich bereits über die als Marktfreiheit konzipierte Arbeitnehmerfreizügigkeit hinaus und erfasste aufgrund der schon 1990 erlassenen und von der Schweiz mit dem Abschluss des Freizügigkeitsabkommens inhaltlich übernommenen Richtlinie 90/364/EWG auch den erwerbslosen BGE 142 II 35 S. 45 Aufenthalt. Mit der primärrechtlichen Verankerung der Unionsbürgerschaft ging eine Erweiterung auf Ansprüche einher, welche über den vorbestandenen freizügigkeitsrechtlichen Anspruch hinauswiesen und der Richtlinie 90/364/EWG noch nicht zugrundelagen. So folgerte der EuGH im Urteil Zambrano (C-34/09 vom 8. März 2011, Slg. 2011 I-1177) aus der Unionsbürgerschaft, dass auch unabhängig von einem grenzüberschreitenden Sachverhalt einem Kind, das über die belgische Staatsbürgerschaft verfügt und damit Unionsbürger ist, aufgrund des Unionsrechts die Befugnis zukommt, sich in Belgien aufzuhalten, was die Anwesenheit seiner drittstaatsangehörigen Eltern notwendig macht. Für die Schweiz ist dieser Entscheid nicht massgebend (Urteile 2C_375/2014 vom 4. Februar 2015 E. 3.5 und 2C_470/2014 vom 29. Januar 2015 E. 4), genauso wenig wie die freizügigkeitsrechtlichen Erweiterungen, wie sie gestützt auf die Unionsbürgerschaft in der Richtlinie 2004/38/EG (ABl. L 158 vom 30. April 2004 S. 77 ff.) verankert wurden, wie etwa der bedingungslose Anspruch auf Daueranwesenheit nach ununterbrochenem fünfjährigem (rechtmässigem) Aufenthalt (Art. 16 Richtlinie 2004/38/EG), das voraussetzungslose Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten (Art. 6 Richtlinie 2004/38/EG) oder der im Vergleich zu Art. 5 Anhang I FZA verstärkte Ausweisungsschutz (vgl. Art. 28 Abs. 3 Richtlinie 2004/38/EG). 5.3 Der Beschwerdeführerin war es in der Vergangenheit über längere Zeit nicht möglich, für ihren Unterhalt und denjenigen des Beschwerdeführers aufzukommen. Teilweise beruht dies auch darauf, dass der Kindsvater seinen Unterhaltspflichten nicht oder unzureichend nachgekommen ist, so dass die Beschwerdeführerin für sich und ihren Sohn insgesamt Leistungen der Sozialhilfe im Umfang von Fr. 394'683.20 beziehen musste. Es liegt bei dieser Sachlage auf der Hand, dass die Voraussetzungen für einen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 24 Abs. 1 Anhang I FZA und im Sinne des Urteils Zhu und Chen nicht erfüllt sind. Die Beschwerdeführerin macht allerdings geltend, dass sie heute über eine Anstellung als Büroassistentin (ab 1. September 2014) verfüge, wofür ihr ein gutes Arbeitszeugnis ausgestellt worden sei und sie sich entsprechend aus der Sozialhilfeabhängigkeit habe lösen können. Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden Verfahren nicht geprüft werden, da es sich bei den genannten Vorbringen um unzulässige echte Noven handelt (nicht publ. E. 2.2). Da Aufenthaltsbewilligungen gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen keine rechtsbegründende, sondern bloss BGE 142 II 35 S. 46 deklaratorische Bedeutung haben ( BGE 136 II 329 E 2.2 S. 332 f.; BGE 134 IV 57 E. 4 S. 58 f.), kann es sein, dass die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich über einen freizügigkeitsrechtlichen Anspruch verfügt, weil ihr Kind, für das sie sorgt, die Voraussetzungen für einen erwerbslosen Aufenthalt erfüllt. Entsprechend könnte sie, sollte die Behauptung über eine Festanstellung und die Loslösung von der Sozialhilfeabhängigkeit zutreffen und nachhaltig sein, einen freizügigkeitsrechtlichen Anspruch auf Aufenthalt haben. Dies zu prüfen wäre aber, auf Gesuch hin, Sache des Migrationsamtes des Kantons Zürich. 6. 6.1 Die Beschwerdeführer berufen sich weiter auf Art. 8 EMRK . Die Europäische Menschenrechtskonvention verschafft praxisgemäss keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt oder auf einen besonderen Aufenthaltstitel (vgl. BGE 139 I 330 E. 2 S. 335 ff.; BGE 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250; BGE 137 I 247 E. 4.1.1 S. 249; BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.). Sie hindert die Konventionsstaaten nicht daran, die Anwesenheit auf ihrem Staatsgebiet zu regeln und den Aufenthalt ausländischer Personen unter Beachtung überwiegender Interessen des Familien- und Privatlebens gegebenenfalls auch wieder zu beenden ( BGE 138 I 246 E. 3.2.1 S. 250 mit Hinweisen). Dennoch kann es das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzen, wenn einer ausländischen Person, deren Familienangehörige sich hier aufhalten, die Anwesenheit untersagt und damit ihr Zusammenleben vereitelt wird ( BGE 139 I 330 E. 2 S. 335 ff.; BGE 135 I 143 E. 1.3.1 S. 145, BGE 135 I 153 E. 2.1 S. 154 f.). Das entsprechende, in Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser möglich bzw. zumutbar wäre, das entsprechende Familienleben andernorts zu pflegen (vgl. BGE 116 Ib 353 E. 3c S. 357; BGE 137 I 247 E. 4.1.2 S. 249 f.). Der Anspruch gilt im Übrigen nicht absolut: Liegt eine aufenthaltsbeendende oder -verweigernde Massnahme im Schutz- und Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK , erweist sich diese als zulässig, falls sie gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht und zu dessen Realisierung in einer demokratischen Gesellschaft "notwendig" erscheint. Sowohl bei positiven wie bei negativen staatlichen Massnahmen muss im BGE 142 II 35 S. 47 Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK jeweils ein angemessener Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Einzelnen und jenen der Gemeinschaft beachtet werden. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er einen Akt bildet, der sich in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, für das wirtschaftliche Wohl des Landes und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer als nötig erweist. Die Konvention verlangt, dass die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am Erhalt des Anwesenheitsrechts und der öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung gegeneinander abgewogen werden (vgl. BGE 139 I 330 E. 2.2 S. 336; BGE 135 I 143 E. 2.1 S. 147, BGE 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156; BGE 122 II 1 E. 2 S. 6; BGE 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). 6.2 Nach der Rechtsprechung hat der nicht sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil eines aufenthaltsberechtigten oder niedergelassenen ausländischen Kindes gestützt auf Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn er sich tadellos verhalten hat und zwischen ihm und seinem Kind in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung besteht, die wegen der Distanz zwischen der Schweiz und dem Land, in welches der Ausländer vermutlich auszureisen hätte, praktisch nicht aufrechterhalten werden könnte ( BGE 137 I 247 E. 4.2.3 S. 251). Geht es umgekehrt darum, dass der sorge- oder obhutsberechtigte Elternteil seine Bewilligung einzig zur Erleichterung der Ausübung des Besuchsrechts zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil erhältlich machen will, so ist mit noch grösserer Zurückhaltung auf eine Pflicht zu schliessen, ihm eine Bewilligung zu erteilen, als im Falle des besuchsberechtigten Ausländers, der selber, im Hinblick auf die Ausübung seines Besuchsrechts, um die Bewilligung nachsucht ( BGE 137 I 247 E. 4.2.3 S. 251; vgl. auch Urteil 2C_648/2014 vom 6. Juli 2015 E. 2.2). 6.3 Der deutsche Beschwerdeführer verfügt in der Schweiz über eine Niederlassungsbewilligung und damit ein gefestigtes Anwesenheitsrecht im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Die Beziehung zwischen der sorgeberechtigten Beschwerdeführerin und ihm wird gelebt. Dasselbe trifft in affektiver Hinsicht auch für die Beziehung zum besuchsberechtigten Vater zu. Hingegen leistet der Vater keine Unterhaltsbeiträge, so dass eine enge wirtschaftliche Beziehung zu ihm verneint werden muss. Demgemäss lässt sich gestützt BGE 142 II 35 S. 48 auf Art. 8 EMRK nicht folgern, dass der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen wäre, damit die Beziehung des Kinds zu seinem Vater, der seinen elterlichen Pflichten nur beschränkt nachkommt, weiterhin gewahrt werden kann. 7. 7.1 Die Beschwerde erweist sich damit aufgrund der Sachlage, wie sie zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils bestand, als unbegründet. Sie ist mit Blick auf die Ausführungen in Erwägung 5 im Sinne der Erwägungen abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. (...)
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
43a3f347-b7ac-4f20-b4a3-0743b87de5f5
Urteilskopf 102 V 91 22. Extrait de l'arrêt du 23 juin 1976 dans la cause Schmidlin contre Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents et Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents contre Schmidlin et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 26 Abs. 1 und 74 Abs. 3 KUVG. Über den Begriff der Überversicherung in der Krankenversicherung und in der obligatorischen Unfallversicherung (Erw. II). Art. 99 Abs. 1 KUVG und 62 ff. OR. Rückforderung einer bezahlten Nichtschuld durch die SUVA. Pflicht der SUVA zu einer solchen Rückforderung (Erw. III). Anwendung des Art. 47 AHVG in der Unfallversicherung.
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 102 V 91 S. 91 Résumé des faits: A.- René Schmidlin, assuré auprès de la Caisse nationale, a été victime le 4 janvier 1970 d'un accident de ski et a subi à cette occasion une fracture ouverte de la jambe gauche. Des complications médicales ont nécessité plusieurs interventions chirurgicales. C'est ainsi que jusqu'à fin 1972 l'intéressé a été hospitalisé pendant 543 jours au total. La Caisse nationale lui a versé pour cette période, à titre d'acomptes sur les indemnités de chômage, un montant de 45'126 fr. 85. L'intéressé a touché en outre pour la période allant de la date de son accident à fin 1972 les prestations suivantes: a) de l'Assicuratrice Italiana, en vertu d'une assurance complémentaire à la Caisse nationale, une somme de 10'935 fr. 90 correspondant à la perte de salaire (allocations et gratifications BGE 102 V 91 S. 92 non comprises) non couverte par l'assurance-accidents obligatoire; b) de l'assurance-invalidité fédérale, des rentes d'invalidité s'élevant, compléments compris, à 8'770 fr. au total pour la période du 1er août 1971 au 30 novembre 1972; c) de la Société suisse d'assurances générales sur la vie humaine (Rentenanstalt), une somme de 5'430 fr., en vertu d'un avenant à une police d'assurance-vie garantissant une indemnité journalière de 10 fr. en cas d'hospitalisation par suite de maladie ou d'accident, correspondant aux 543 jours d'hôpital; d) de cette même société, une somme de 5'000 fr. 10, en vertu d'un avenant prévoyant une rente d'invalidité de 2'000 fr. par an en cas d'incapacité de gain par suite de maladie, d'accident ou d'invalidité. La Caisse nationale, informée au printemps 1973 des versements de l'assurance-invalidité et de la Rentenanstalt, a examiné la question de la surassurance. Elle a abouti à une surassurance de 16'560 fr. 60, d'où résultait un trop-perçu de 16'914 fr. 80. Par décision du 23 octobre 1973, elle a demandé à l'assuré des propositions pour le remboursement de cette somme. B.- L'assuré a recouru. Le Tribunal des assurances du canton de Vaud a tenu le recours pour fondé sur deux points: a) considérant que l'indemnité journalière en cas d'hospitalisation versée par la Rentenanstalt n'avait pas pour but économique de compenser une perte de gain, il a prononcé que la somme de 5'430 fr. ne devait pas être prise en compte dans le calcul de la surassurance; b) constatant que du fait des arrêts de travail les gratifications avaient été réduites de 840 fr., il a ajouté ce montant à la perte de gain retenue par la Caisse nationale. Il a rejeté en revanche les autres moyens de l'assuré et, par jugement du 26 février 1975, a admis le recours en ce sens que la somme à restituer était ramenée à 10'644 fr. 80. C.- Tant René Schmidlin que la Caisse nationale interjettent recours de droit administratif. BGE 102 V 91 S. 93 Erwägungen Extrait des considérants: II II.1. L'art. 74 al. 3 LAMA dispose que "si pour le même accident des prestations sont versées par d'autres assureurs, l'indemnité de chômage ne peut excéder la différence entre le montant de ces prestations et le total du gain dont l'assuré se trouve privé". Le Tribunal fédéral des assurances a récemment eu l'occasion de se déterminer sur le second terme de la comparaison susmentionnée, soit sur la définition du gain dont l'assuré se trouve privé. Il a prononcé qu'il n'y a pas perte de gain dans la mesure où l'employeur est tenu à prestations, que ce soit en vertu de la loi ou du contrat; que des prestations purement volontaires de l'employeur, en revanche, n'ont pas pour effet d'annihiler ou de réduire la perte de gain (RO 97 V 94 et 99 V 140). Mais sur le premier terme de la comparaison, soit sur la définition des "prestations versées par d'autres assureurs", il n'y a guère de jurisprudence. La Cour de céans a précisé toutefois il y a longtemps déjà qu'il doit s'agir de prestations effectivement fournies, non pas de prétentions non réalisées (ATFA 1944, p. 69). Cet arrêt critiqué par MAURER (Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2e éd., p. 209) ne dit rien, en revanche, de la nature de ces prestations. La Caisse nationale soutient qu'il faut entendre par là l'ensemble des prestations en argent - quelles que soient leur dénomination ou leur affectation - versées pour la même période et pour les suites du même accident. Il apparaît d'emblée que cette thèse ne saurait être retenue en ses termes absolus. Il est en effet exclu de tenir compte de prestations destinées à couvrir un dommage matériel, p.ex. la détérioration d'habits, la destruction d'un véhicule à moteur, l'incendie de mobilier, etc. L'application de l'art. 74 al. 3 LAMA doit à l'évidence être restreinte aux seules prestations en relation avec les séquelles corporelles de l'accident. La Caisse nationale ne semble d'ailleurs pas songer à soutenir le contraire. Mais toute indemnisation en rapport avec l'atteinte portée au corps humain doit-elle nécessairement être prise en compte dans le cadre de cette disposition? BGE 102 V 91 S. 94 La question soulève des problèmes dont le Tribunal fédéral des assurances a été saisi en matière d'assurance-maladie, à savoir ceux de la concordance des prestations et de leur comparaison globale ou séparée (cf. RJAM 1973 No 176, p. 147; 1974 No 189, p. 11 et No 200, p. 141; arrêt non publié Amrein du 12 novembre 1975). En cette matière, la Cour de céans a adopté le principe de la concordance et reconnu que l'art. 26 al. 3 LAMA vise les prestations de tiers assureurs dont la fonction est assimilable à celle des prestations allouées par l'assurance-maladie dans le cas d'espèce. Quant au calcul de la surassurance, elle a prononcé qu'il fallait établir un compte global, et non un compte séparé pour chaque catégorie de risques; mais il a déclaré dans le dernier arrêt cité ci-dessus que le problème n'était pas nécessairement ainsi résolu de façon définitive. Sans doute la situation n'est-elle pas identique dans l'assurance-maladie et dans l'assurance-accidents. Les textes légaux eux-mêmes divergent: tandis que l'art. 26 al. 1 LAMA dispose d'une manière toute générale que l'assurance-maladie ne doit pas être une source de gain pour l'assuré et que l'art. 16 Ord. III exclut le versement de prestations dépassant le montant intégral de la perte de gain, des frais médico-pharmaceutiques et des autres frais entraînés par la maladie qui ne sont pas couverts par ailleurs, l'art. 74 al. 3 LAMA se borne à exclure une surindemnisation de la perte de salaire encourue. Mais la situation n'est pas fondamentalement différente pour autant, et l'on ne saurait admettre en droit qu'il puisse y avoir gain illicite résultant de prestations d'assurance destinées à couvrir un dommage dont la Caisse nationale n'assume pas la couverture. Le principe de la concordance des prestations est donc un élément constitutif de la notion même de surassurance, dans l'assurance-accidents aussi bien que dans l'assurance-maladie. Reste à examiner la question du compte global ou séparé pour chaque catégorie de risques. Mais ce problème, actuellement indécis dans l'assurance-maladie, est automatiquement résolu dans l'assurance-accidents, du seul fait que la Caisse nationale n'accorde pas de prestations en espèces pour le traitement médical, mais fournit ce traitement en nature. La valeur en est certes chiffrable; tenir compte de cette valeur dans le cadre d'un compte global aurait cependant pour BGE 102 V 91 S. 95 conséquence absurde que le patient se faisant hospitaliser en division privée pourrait voir le surplus des frais de traitement couvert par le biais des indemnités de chômage, ce qui ne saurait être admis. En conclusion, seules doivent être prises en compte les prestations d'autres assurances destinées à compenser la perte de gain. II.2. Que faut-il entendre par là? Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral relative à l'art. 96 LCA, toute assurance-vie ou accidents privée est une assurance de somme; et même si ses prestations sont fixées en fonction du dommage, elles ne peuvent être considérées comme destinées à compenser ce dommage (voir p. ex. RO 100 II 453 et 94 II 173, plus spécialement p. 186 consid. 8b). Si l'on adoptait cette thèse civiliste - d'ailleurs critiquée par la doctrine (voir MAURER, Cumul et subrogation dans l'assurance sociale et privée, Berne, 1976, pp. 84 ss) -, pareilles prestations ne pourraient jamais être prises en compte dans le calcul d'une éventuelle surindemnisation. Mais, quelque opinion que l'on puisse exprimer sur la jurisprudence relative à l'art. 96 LCA, il n'y a pas contradiction à considérer que l'art. 74 al. 3 LAMA - comme la Cour de céans l'a fait, sans même aborder la question, à propos de l'art. 26 al. 3 LAMA - part d'une tout autre optique et d'une notion essentiellement économique de la surassurance. Pour ce même motif, la dénomination choisie par les parties pour désigner les prestations d'assurance convenues ne saurait être déterminante. Le fait p.ex. d'appeler rente une prestation versée durant une incapacité temporaire de travail ne suffit pas à lui enlever le caractère de compensation de la perte de salaire, si telle apparaît être sa fonction économique. Déterminer la fonction économique d'une prestation ne sera certes pas toujours facile, ainsi que l'objecte la Caisse nationale. Il arrivera ainsi qu'une assurance privée verse une rente d'invalidité qui - découlant d'un barème ("Gliedertabelle") - ne correspondra en rien à une perte de gain; et le plus fréquemment l'atteinte donnera lieu au versement d'un capital, qui échappera vraisemblablement à toute prise en compte. Mais les difficultés pratiques ne sauraient l'emporter sur la situation de droit. II.3. En l'espèce, outre les indemnités de chômage de la BGE 102 V 91 S. 96 Caisse nationale, l'intéressé a touché des prestations de quatre sources. La prise en compte de deux de ces prestations dans le cadre de l'art. 74 al. 3 LAMA n'est pas ou plus litigieuse. Il s'agit des prestations versées par l'Assicuratrice Italiana en vertu d'une assurance complémentaire à la Caisse nationale, d'une part, et de la rente d'invalidité versée par la Rentenanstalt, d'autre part. Si les premières compensent de toute évidence une perte de gain effective (non couverte par la Caisse nationale), le caractère de la rente d'invalidité mérite quelques commentaires: l'assurance en vertu de laquelle cette rente est versée est une assurance de somme au sens de la jurisprudence relative à l'art. 96 LCA, et le montant convenu de la prestation n'a aucun lien avec celui du gain. Mais le droit à la rente découle de l'incapacité de gain - définitive ou temporaire - et le montant en est proportionnel au degré de cette incapacité (art. 14 des conditions générales). Si l'on part du critère de la fonction économique, le but de la rente est donc bien de compenser une perte de salaire. On constate ainsi que ce qui est déterminant n'est pas le calcul de la prestation - somme forfaitaire ou fixée en fonction du gain - mais la cause de son octroi. La troisième de ces prestations est une rente simple de l'assurance-invalidité, avec rente complémentaire pour l'épouse. En procédure cantonale, l'assuré avait soutenu que, puisque l'art. 45 al. 1 LAI autorisait jusqu'à fin 1973 le cumul d'une rente de l'assurance-invalidité avec une rente de la Caisse nationale en cas d'accident non professionnel, il devait en aller de même du cumul entre la rente de l'assurance-invalidité et les indemnités de chômage de la Caisse nationale. Il a abandonné cette thèse en procédure fédérale, mais fait valoir que la rente complémentaire ne devrait pas être prise en considération dans le décompte de surassurance. Le Tribunal fédéral des assurances a rejeté déjà pareille solution dans un cas de cumul d'une rente de couple avec une rente de l'assurance militaire (RO 100 V 83), et il doit en être de même quant aux rentes complémentaires de l'assurance-invalidité dans le cadre de l'art. 74 al. 3 LAMA. Toute rente de l'assurance-invalidité a en effet pour cause une incapacité de gain, et ce n'est pas son mode de calcul - avec adjonction de prestations selon les charges familiales - qui peut lui enlever son but de compensation BGE 102 V 91 S. 97 (forfaitaire) de la perte de gain; seule l'ampleur de la compensation varie selon ces charges (voir à ce sujet MAURER, Cumul et subrogation, art. C chiffre 2, p. 77). La quatrième et dernière prestation consiste en la somme versée par la Rentenanstalt en vertu d'un avenant à une police d'assurance-vie garantissant une indemnité journalière de 10 fr. en cas d'hospitalisation par suite de maladie ou d'accident. Le fait qu'il s'agit d'une assurance de somme au sens de la jurisprudence relative à l'art. 96 LCA ne s'oppose pas à la prise en compte d'une telle prestation. Mais il faut constater, à l'instar du juge cantonal, que la cause de son octroi n'est pas l'incapacité de gain; elle est une hospitalisation. Et le but de la prestation n'est pas de compenser une perte de salaire; il est de couvrir les frais annexes liés pratiquement à toute hospitalisation. Le Tribunal des assurances du canton de Vaud a réservé le cas où le rôle attribué à la prestation d'assurance privée ne coïnciderait pas avec l'effet économique qu'elle exercerait en réalité, p.ex. des indemnités journalières d'hospitalisation d'un montant si élevé qu'elles dépasseraient de beaucoup les frais entraînés par l'hospitalisation. Semblable réserve a déjà été faite par le Tribunal fédéral des assurances en matière d'assurance-maladie (RJAM 1974 No 189, p. 11). La Caisse nationale en tire argument pour déclarer impossible de déceler si telle prestation d'un assureur privé est destinée à compenser une perte de gain. Mais, outre que les cas d'indemnités d'hospitalisation démesurées seront sans doute extrêmement rares, les difficultés pratiques ne sauraient former obstacle à l'application du droit. Il est vrai par ailleurs que la Caisse nationale tient compte de certains frais nécessaires engendrés par l'accident, en les déduisant du revenu lors du calcul de la perte de gain. Bien qu'elle n'ait pas de base légale, cette pratique répond à des motifs d'équité et n'a jamais été contestée par la jurisprudence (RO 99 V 140, en particulier 145 consid. 4 in fine). Il pourrait donc se produire que les mêmes frais soient couverts à double, d'une part du fait de la déduction opérée par la caisse et d'autre part par les indemnités d'hospitalisation de l'assurance privée; mais pareille situation n'est pas donnée en l'espèce, comme l'a constaté à bon droit le juge cantonal, vu la modicité tant de la déduction opérée que de l'indemnité assurée. BGE 102 V 91 S. 98 Au demeurant, il sied de relever que l'existence de frais accessoires déductibles ne doit pas être admise trop facilement par la Caisse nationale, si l'on ne veut pas défavoriser celui qui a fait l'effort de s'assurer par rapport à l'imprévoyant. Sans doute le principe même de l'interdiction de la surindemnisation implique-t-il une certaine pénalisation de l'homme prudent (on le voit en l'occurrence avec la rente d'invalidité de la Rentenanstalt), qui devrait cependant ne pas devenir excessive. En bref, la Cour de céans se rallie aux thèses retenues dans le jugement attaqué à propos de chacune des prestations ici en cause, thèses qui aboutissent - les calculs n'étant en soi pas litigieux - à fixer à 10'644 fr. 80 la somme que l'assuré a indûment touchée de la Caisse nationale. III III.1. Le montant de la surassurance au sens de l'art. 74 al. 3 LAMA et la somme que l'assuré a indûment touchée de ce fait étant établis, il faut examiner par quelle voie la Caisse nationale doit en exiger le remboursement. En effet, il ne saurait être laissé au libre arbitre de l'administration de décider de cas en cas si elle entend demander ou non restitution de prestations touchées sans droit: s'il y a eu versement indu, la Caisse nationale a le devoir d'en exiger le remboursement, en principe du moins, à l'instar de ce qui est prescrit dans les autres branches des assurances sociales (voir art. 47 al. 1 LAVS, auquel renvoient les art. 49 LAI, 11 LFA et 27 al. 1 OPC; art. 35 al. 1 LAC, 20 al. 1 LAPG; pour l'assurance-maladie, voir ATFA 1967, p. 5, plus spécialement consid. 3 lit. c in fine, pp. 13-14, ainsi que RO 99 V 193 et 98 V 158). En première instance, la Caisse nationale avait soutenu que son droit d'exiger restitution découlait directement de l'art. 74 al. 3 LAMA et n'avait besoin d'aucun autre fondement. Le juge cantonal a fait justice de cette thèse, dont René Schmidlin conteste à raison l'exactitude dans son recours de droit administratif. Si l'art. 74 al. 3 LAMA pose le principe de la surassurance et permet de dire ce que l'assurance doit ou ne doit pas, il ne contient rien sur la répétition des montants que la caisse a payés alors qu'elle ne les devait pas en vertu de cette disposition. Il faut donc rechercher quelle est la règle applicable, BGE 102 V 91 S. 99 ce que la Caisse nationale ne conteste apparemment plus en procédure fédérale. Dans le domaine de l'assurance-maladie, régie par le titre premier de la LAMA, il n'existe aucune norme légale. Le Tribunal fédéral des assurances a déclaré l'art. 47 LAVS applicable par analogie lorsque des dispositions statutaires - lesquelles peuvent tout aussi bien renvoyer aux art. 62 ss CO - font défaut (voir en particulier ATFA 1967, p. 5, plus spécialement consid. 3, pp. 10-14, et RJAM 1971 No 98, p. 123; cf. également RO 88 I 213, plus spécialement pp. 216-217, et 78 I 86). Dans le domaine de l'assurance-accidents, en revanche, il y a dans le titre deuxième de la LAMA l'art. 99 al. 1, aux termes duquel la Caisse nationale peut - elle le doit en principe, comme il a été dit plus haut - exiger, conformément aux art. 62 à 67 CO, la restitution du montant des prestations en argent qu'elle a indûment fournies. L'administration avait soutenu en première instance que l'art. 99 al. 1 LAMA ne valait que dans les cas où les prestations avaient été versées indûment en raison de manoeuvres frauduleuses de l'assuré, ou lorsqu'il se révélait par la suite que le lésé n'avait pas qualité d'assuré ou encore que les prestations pouvaient être refusées en raison de la nature ou des circonstances de l'accident; elle niait l'application de cette disposition dans les cas de surassurance. La Caisse nationale paraît avoir abandonné cette thèse, réfutée par le juge cantonal. Ni la doctrine ni la jurisprudence (MAURER, Recht und Praxis, p. 278 N. 20; ATFA 1946, p. 21) n'ont jamais fait d'allusion quelconque à pareille restriction du champ d'application de l'art. 99 al. 1 LAMA, lequel doit valoir pour tous les cas où l'assurance a versé à tort des prestations en argent. Ce sont ainsi bien les art. 62 à 67 CO qui sont déterminants pour la répétition de l'indu. III.2. Reste donc à examiner le dernier moyen de fond invoqué par l'assuré, à savoir le défaut d'enrichissement. Le principe fondamental posé par l'art. 64 CO est que l'enrichi de bonne foi n'est tenu à restituer que dans la mesure de l'enrichissement existant lors de la répétition de l'indu; en d'autres termes, qu'il ne peut être placé dans une situation inférieure à celle qui serait la sienne si le versement indu ne s'était pas produit. Cette disposition considère uniquement le sort de la prestation en cause dans le patrimoine de l'intéressé et fait totale abstraction des autres éléments de la situation BGE 102 V 91 S. 100 financière. C'est ainsi qu'un homme même très aisé par ailleurs n'aura rien à rembourser, s'il établit avoir entièrement consommé la prestation indue sans que son patrimoine s'en trouve augmenté. A l'inverse, est enrichi et doit par conséquent rembourser celui dont le patrimoine se trouve augmenté, même si sa situation pécuniaire est des plus modeste, voire misérable: dans le domaine du droit civil est enrichi non seulement celui qui est encore en possession du montant reçu à tort (et éventuellement de ses intérêts), mais aussi celui qui l'a utilisé pour payer des dettes; ou celui qui a utilisé le montant indûment touché pour son entretien (p.ex. logement, nourriture, habillement) ou un traitement médical (voir p.ex. RO 71 II 147, plus spécialement p. 153 consid. 6). En revanche, n'est plus enrichi celui qui, par libéralité, a fait don à un tiers du montant reçu sans droit; ni en principe, celui qui a consacré le montant indûment touché à des dépenses non nécessaires ou à des avantages non durables (voyages d'agrément, concerts ou spectacles, soit d'une manière générale à des valeurs extra-patrimoniales). Appliquées strictement au cas d'espèce, les règles de l'art. 64 CO aboutissent à admettre l'enrichissement de l'assuré, par conséquent son obligation de rembourser à la Caisse nationale les prestations indûment perçues en raison de la surassurance. Certes, l'intéressé avait touché de bonne foi les prestations indues pour la période en cause, la surassurance provenant pour l'essentiel du paiement rétroactif de rentes de l'assurance-invalidité, en avril 1973. Et il les avait apparemment entièrement dépensées lorsqu'il a été averti pour la première fois, en juin 1973, d'une répétition probable; à son dire, que rien ne permet de suspecter, il ne possédait plus alors que le montant rétroactif des rentes de l'assurance-invalidité. Mais on doit tenir pour certain qu'il a utilisé les prestations touchées sans droit pour son entretien; car, durant ses longues périodes d'incapacité de travail (où les rentes de l'assurance-invalidité ne lui étaient pas versées encore), il n'avait pas d'autres ressources que les indemnités de chômage de la Caisse nationale et les prestations complémentaires de l'Assicuratrice Italiana et de la Rentenanstalt. Or un tel emploi de la prestation indue ne fait pas disparaître l'enrichissement découlant de cette prestation, ainsi qu'il a été dit plus haut. III.3. Il faut toutefois se demander si le résultat auquel BGE 102 V 91 S. 101 aboutit l'application de l'art. 64 CO est compatible avec les principes de l'assurance sociale et le caractère de ses prestations, ou de manière plus générale, si les normes des art. 62 ss CO auxquelles renvoie l'art. 99 al. 1 LAMA sont encore adéquates. A cet égard, le Tribunal fédéral des assurances a constaté que le système de l'art. 47 LAVS convenait à l'assurance sociale en général, à la plupart des branches de laquelle on a vu qu'il avait été étendu déjà, que ce soit par la loi ou par la jurisprudence (ATFA 1969, p. 36, plus spécialement consid. 3, p. 40). La commission d'experts chargés d'examiner la revision de l'assurance-accidents propose de son côté de l'adopter en cette matière aussi (rapport du 14 septembre 1973, pp. 153 et 212). Mais le juge, lié par la loi, ne saurait s'écarter du texte légal formel, même si la solution voulue par le législateur est aujourd'hui sujette à de sérieuses critiques et mérite d'être modifiée dans le cadre de la revision en cours. Le résultat auquel conduit l'application des règles des art. 62 ss CO va cependant à l'encontre des tendances de la législation et de la jurisprudence dans tous les autres domaines de l'assurance sociale. Il est donc nécessaire d'y apporter correctif ou remède. Il serait en soi concevable d'aménager l'application de l'art. 64 CO. Ainsi, constatant que les prestations en argent de la Caisse nationale ont, en tant que prestations d'assurance sociale, pour but originel de permettre à leur bénéficiaire de pourvoir à son entretien, il suffirait de déclarer contraire à ce but que de tenir pour enrichi celui qui a utilisé les prestations à cette fin précisément, tout au moins dans la mesure où il ne disposait pas d'autres ressources qui lui auraient permis aussi de subvenir à son entretien. Une telle solution présenterait toutefois deux graves inconvénients. D'abord, elle introduirait dans l'interprétation de l'art. 64 CO une dérogation à la jurisprudence constante des tribunaux civils, et cela au nom d'une particularité du droit des assurances sociales. Ensuite, elle créerait pour l'assurance-accidents une solution dont les effets pratiques pourraient certes être fort proches de ceux des solutions que connaissent les autres branches de l'assurance sociale, mais dont le fondement juridique serait entièrement différent; or la tendance doit être à l'harmonisation dans toute la mesure du possible, et une telle possibilité est ici donnée par la voie d'un complément à l'ordre légal. BGE 102 V 91 S. 102 La solution que retient la Cour de céans découle de la constatation que, de par la loi et la jurisprudence, toutes les autres branches de l'assurance sociale connaissent deux principes: celui de l'obligation de restituer l'indu et celui de la remise de cette obligation au débiteur de bonne foi et qui serait mis dans une situation difficile. Or, si l'art. 99 al. 1 LAMA dispose que la Caisse nationale peut répéter l'indu conformément aux art. 62 à 67 CO, il ne dit rien des conditions auxquelles elle doit y renoncer. Il n'y a pas là silence qualifié de la loi, qui entendrait exclure toute possibilité de remise de dette; il faut bien plutôt admettre qu'il s'agit d'un silence auquel la pratique et la jurisprudence sont appelées à remédier (voir p.ex. RO 99 V 19). Et il est tout naturel que le juge comble cette lacune en recourant aux normes connues des branches voisines, soit notamment à l'art. 47 LAVS. Il ne s'agit pas, comme le suggère le mandataire de l'assuré, de substituer l'art. 47 LAVS aux art. 62 à 67 CO - la norme expresse de l'art. 99 al. 1 LAMA liant le juge -, mais de compléter l'ordre légal existant par l'institution ailleurs connue de la remise de dette. Rien ne permet de prévoir des difficultés pratiques, si l'on distingue bien les champs d'application respectifs de l'art. 99 al. 1 LAMA et des art. 62 à 67 CO auxquels il renvoie, qui règlent de façon exhaustive la seule répétition de l'indu, d'une part, et, d'autre part, des normes de l'art. 47 LAVS, applicables par analogie à la seule question de la remise de l'obligation de restituer cet indu. En l'espèce, le montant de l'enrichissement est connu; il est de 10'644 fr. 80, ainsi que l'a arrêté le premier juge. Mais remise peut-elle en être accordée, pour le tout ou pour partie? La bonne foi de l'assuré n'est ni contestée ni contestable. La seule question est donc si le remboursement de ce montant mettrait l'assuré dans une situation difficile, au sens de la pratique et de la jurisprudence relative à l'art. 47 LAVS.
null
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
43a4c0cb-ff04-44dc-b6fc-fa0475f0c1a6
Urteilskopf 101 Ib 14 3. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. März 1975 i.S. Goldwell Gesellschaft mbH gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum
Regeste Schutz einer internationalen Marke deutschen Ursprungs. 1. Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Amtes; Begründung (Erw. 1). 2. Ablehnungsgründe gemäss Art. 6quinquies lit. B Ziff. 3 PVC und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MschG (Erw. 2). 3. Kein Schutz für die Marke BIOCLINIQUE in der Schweiz, weil sie als Sachbezeichnung anzusehen ist und zudem täuschen kann (Erw. 3-5).
Erwägungen ab Seite 15 BGE 101 Ib 14 S. 15 Erwägungen: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gemäss ihrem Antrag gegen die Verfügung von 13. August 1974, mit der das Amt der streitigen Marke BIOCLINIQUE vorläufig den Schutz verweigert hat. Gegen solche Zwischenverfügungen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn die Verfügungen einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können ( BGE 97 I 478 ) oder der Beschwerdeführer an ihrer Aufhebung oder Abänderung ein schutzwürdiges Interesse hat (GRISEL, Droit administratif suisse S. 502), was hier nicht zutrifft. In Wirklichkeit will die Beschwerdeführerin, wie aus ihrer Begründung erhellt, jedoch den Entscheid des Amtes von 16. Oktober 1974 über die definitive Schutzverweigerung anfechten. Auf ihre Beschwerde ist daher einzutreten. Es schadet ihr auch nicht, dass sie zu deren Begründung hauptsächlich auf ihre Eingabe an das Amt. vom 26. September 1974 verweist ( BGE 99 Ib 55 ). 2. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz ist seit 1970 das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken in der am 14. Juli 1967 in Stockholm beschlossenen Fassung anwendbar (AS 1970 S. 1689, 1973 II S. 1717). Dessen Art. 5 Abs. 1 erlaubt den Verbandsländern nur dann, einer international registrierten Marke den Schutz zu verweigern, wenn nach den in der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVÜ) genannten Bedingungen ihre Eintragung in das nationale Register abgelehnt werden dürfte, also besonders wenn die Marke als Gemeingut anzusehen ist oder gegen die guten Sitten verstösst ( Art. 6quinquies lit. B Ziff. 3 PVÜ ). Die in Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG vorgesehenen Ablehnungsgründe, die im vorliegenden Falle in Frage kommen, widersprechen dieser zwischenstaatlichen Regelung nicht. Als BGE 101 Ib 14 S. 16 Gemeingut im Sinne von Ziff. 2 gelten unter anderem Hinweise auf Eigenschaften oder die Beschaffenheit der Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist. Ein solcher Hinweis liegt vor, wenn die Bezeichnung in einem so engen Zusammenhang mit der Ware steht, dass sie ohne besondere Gedankenarbeit auf eine bestimmte Eigenschaft oder Beschaffenheit schliessen lässt. Trifft dies zu, so taugt die Marke nicht zur Unterscheidung, ist folglich nicht schutzfähig ( BGE 91 I 357 Erw. 3 mit Zitaten, BGE 94 I 76 , BGE 95 I 478 , BGE 96 II 249 Erw. 3). Sittenwidrig sind Marken insbesondere, wenn sie den Käufer über die Beschaffenheit der Ware oder sonst in einer Hinsicht täuschen können ( BGE 98 Ib 9 mit Zitaten). 3. Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die Markenbestandteile BIO und CLINIQUE für sich genommen Sachbezeichnungen sind. Der dem Griechischen entnommene Bestandteil BIO bedeutet in erster Linie Leben. Diesen Sinn hat er auch in Zusammensetzungen wie z.B. Biochemie, Biographie, Biologie, Biophysik (vgl. BGE 99 II 403 ). Im Eigenschaftswort biologisch, das sich wegen des steigenden Interesses am Umweltschutz und an gesunder Lebensweise und Ernährung auch im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat, weist BIO auf die naturreine Zusammensetzung oder Erzeugung von Nahrungsmitteln hin. Das ist z.B. der Fall bei den Wendungen "biologisches Gemüse" und "biologische Landwirtschaft" (vgl. Schweizer Lexikon I [1945] S. 1298; DUDEN Fremdwörterbuch [1971] S. 99). Noch deutlicher ist der Sachcharakter beim Wort CLINIQUE, gleichviel ob es als Hauptwort (z.B. für Krankenhaus) oder als Eigenschaftswort (z.B. zusammen mit Behandlung oder Unterricht am Krankenbett) verwendet wird (LITTRE, Dictionnaire de la langue française I [1970] S. 968; LAROUSSE de la médecine I [1971] S. 345; Schweizer Lexikon IV [1947] S. 975; DUDEN Fremdwörterbuch [1971] S. 358). Es bedarf demnach entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerin keiner besonderen Phantasie, um den Sinn der Wortverbindung BIOCLINIQUE zu verstehen. Wer mit ihren Bestandteilen vertraut ist, wird die Verbindung als biologische Klinik oder ein auf biologische Heilmethoden spezialisiertes Institut auffassen, in ihr folglich auch einen Hinweis auf naturreine Produkte erblicken, die in einer solchen Klinik verwendet werden oder aus ihr stammen. Ähnlich verhält es sich BGE 101 Ib 14 S. 17 mit der Verbindung Biomedizin, die als wissenschaftliche Bezeichnung für Naturheilkunde oder biologische Medizin gebräuchlich ist (MEYERS Enzyklopädisches Lexikon 4 [1972] S. 241/2). Das Wort biologisch und die Abkürzung BIO werden als Hinweis auf Produkte von natürlicher Beschaffenheit auch in der Werbung für Haarpflege- und Schönheitsmittel verwendet, wie sie die Beschwerdeführerin mit der Marke BIOCLINIQUE schützen will. Es lässt sich daher nicht sagen, die streitige Marke ergebe wegen der gegensätzlichen Anspielungen auf Leben (BIO) und Krankheit (CLINIQUE) keinen klaren Sinn, sondern bestehe aus einer originellen Wortschöpfung. Ihr Bestandteil BIO verdeutlicht den Begriff CLINIQUE und macht das Ganze zu einem Hinweis auf eine Naturheilklinik oder auf die klinische Verwendung naturreiner Produkte. Dadurch unterscheidet sich die Wortverbindung denn auch klar von der Bezeichnung BIOVITAL, die als Marke zugelassen worden ist ( BGE 99 II 402 ). Dass ein Wort neu ist, schliesst seine Würdigung als Gemeingut nicht aus, wenn sein Sinn für die Kreise, an die es sich richtet, auf der Hand liegt. Das trifft namentlich dann zu, wenn es, wie im vorliegenden Falle, aus bereits bekannten Teilen zusammengesetzt ist. Es verhält sich ähnlich wie z.B. bei den Marken ENTEROCURA, DISCOTABLE, SYNCHROBELT und TOP SET, die das Bundesgericht ebenfalls als Sachbezeichnungen bzw. als beschreibender Natur gewürdigt hat ( BGE 96 I 755 , BGE 99 Ib 22 , BGE 95 I 480 , BGE 97 I 82 ). 4. Die Beschwerdeführerin will die Marke BIOCLINIQUE für Parfümeriewaren, Körperpflege- und Schönheitsmittel, insbesondere Haarfärbe- und Haarpflegeprodukte eintragen lassen. Soweit die Marke als Sachbezeichnung auf solche Waren zutrifft, darf sie schon als Gemeingut nicht geschützt werden. Soweit das dagegen nicht der Fall ist, kann sie Käufer täuschen und verstösst damit in Sinne von Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG gegen die guten Sitten ( BGE 80 II 178 , BGE 96 I 757 ; TROLLER, Immaterialgüterrecht I 2. Aufl. S. 373). Das Amt hat die Täuschungsgefahr bejaht, weil der Bestandteil CLINIQUE den Eindruck erwecke, es handle sich um Erzeugnisse mit therapeutischer Wirkung, und weil die Verbindung BIOCLINIQUE auf Produkte natürlicher Beschaffenheit hinweise, die zur Verwendung in einer Klinik bestimmt seien oder aus einer solchen stammten. BGE 101 Ib 14 S. 18 Diese Begründung ist nach bereits Gesagtem nicht zu beanstanden; der Einwand der Beschwerdeführerin, die beanspruchte Marke könne als reine Phantasiebezeichnung gar nicht täuschend wirken, ist daher unbehelflich. Wieweit Haarpflege als therapeutische Behandlung gelten kann und Schönheitspflege der körperlichen Gesundheit dient, mag offen bleiben. Entscheidend ist, dass die Marke BIOCLINIQUE wegen ihrer Hinweise auf ein Krankenhaus und die Verwendung naturreiner Erzeugnisse einen weitergehenden Eindruck vermittelt. Dass der eine oder andere Hinweis für alle oder einzelne Waren zutreffe, für welche die Marke bestimmt ist, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Die Marke ist daher für das gesamte Warenverzeichnis geeignet, die Käufer irrezuführen, folglich auch wegen Sittenwidrigkeit nicht schutzfähig. 5. Da das Wort BIOCLINIQUE schon aus den angeführten Gründen nicht als Marke geschützt werden kann, braucht nicht geprüft zu werden, ob es der Verordnung über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen widerspricht, so dass die Marke der Beschwerdeführerin auch wegen Verstosses gegen bundesgesetzliche Vorschriften nicht zugelassen werden könnte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
43a51ba6-2616-40e9-93c0-a8ae5b7c4fb6
Urteilskopf 101 IV 137 36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juli 1975 i.S. Vogelsanger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 80 Ziff. 2 Abs. 6 StGB . Vorzeitige Löschung des Eintrags im Strafregister. Ein "besonders verdienstliches Verhalten" verlangt mehr als blosse Pflichterfüllung und Wohlverhalten.
Sachverhalt ab Seite 137 BGE 101 IV 137 S. 137 A.- Der 1945 geborene Ingo Vogelsanger, der am 18. März 1960 wegen Sachentziehung von der Jugendanwaltschaft Zürich einen Verweis erhalten und am 31. Oktober 1963 durch das Bezirksgericht Zürich wegen wiederholten Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs in eine Anstalt für Jugendliche eingewiesen worden war, aus der er am 30. Januar 1965 mit einer Probezeit von einem Jahr entlassen wurde, liess sich in der Zeit von Dezember 1966 bis Juni 1967 zahlreiche, zum Teil schwere Straftaten zuschulden kommen, die er teils allein, zur Hauptsache aber im Zusammenwirken mit Anderen beging. Er wurde deshalb am 4. Juli 1968 vom Obergericht des Kantons Zürich wegen Raubes, vollendeten und versuchten gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, fortgesetzten Hausfriedensbruchs, wiederholter und fortgesetzter Sachbeschädigung, vollendeten und versuchten Betrugs, Irreführung der Rechtspflege, Entwendung eines Motorfahrzeugs bzw. eines Fahrrads zum Gebrauch, wiederholten und fortgesetzten Fahrens ohne Führerausweis und wiederholter und fortgesetzter Widerhandlung gegen die kantonale Waffenverordnung zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus und vier Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit verurteilt. Am 18. Januar 1970 wurde Vogelsanger aus der Strafhaft bedingt entlassen. Es wurde ihm eine Probezeit von drei Jahren und die Weisung auferlegt, Arbeitsplatz und Unterkunft nur im Einverständnis mit der Schutzaufsicht zu wechseln und jederzeit über seine Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft BGE 101 IV 137 S. 138 zu geben. Er arbeitete zunächst als Automechaniker und trat dann im Einverständnis mit der Schutzaufsicht in die Firma Vetropack AG in Bülach über, wo er vom Werkstattarbeiter zum Instruktor aufstieg. Im September 1970 hatte er die Tochter eines leitenden Angestellten der Firma geheiratet. Nach dem obergerichtlichen Urteil bestanden gegen Vogelsanger und seine Komplizen Schadenersatzforderungen von Fr. 50'000.--, wobei der Anteil des Beschwerdeführers sich auf Fr. 16'000.-- belief. Auf Verwendung des Sozialdienstes der Justizdirektion des Kantons Zürich fanden sich die Gläubiger zu einem erheblichen Nachlass bereit, sodass Vogelsanger schliesslich noch Fr. 3'500.-- bezahlen musste. Er beglich diese Forderung mit geborgtem Geld, das er bis zum Ablauf der Probezeit ratenweise pünktlich zurückzahlte. Auch sein sonstiges Verhalten während der Probezeit war einwandfrei. B.- Am 3. März 1975 stellte Vogelsanger beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um vorzeitige Löschung des Strafregistereintrags, weil er zur Weiterbildung ein Jahr in Amerika oder Kanada arbeiten wolle, welchem Vorhaben jedoch der Eintrag im Strafregister entgegenstehe. Der Sozialdienst der Justizdirektion des Kantons Zürich unterstützte das Gesuch. Das Obergericht wies das Gesuch am 14. April 1975 ab, weil die Voraussetzung des Art. 80 Abs. 6 StGB nicht erfüllt sei. C.- Vogelsanger führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, seinem Begehren um vorzeitige Löschung der Eintragung im Strafregister sei zu entsprechen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 80 Ziff. 1 Abs. 1 StGB löscht der Strafregisterführer den Eintrag von Amtes wegen, wenn seit dem Urteil über die richterlich zugemessene Dauer der Freiheitsstrafe hinaus bei Zuchthaus zwanzig Jahre verstrichen sind. Gemäss Ziff. 2 Abs. 1 und 3 von Art. 80 kann der Richter auf Gesuch des Verurteilten bei Zuchthaus die Löschung nach zehn Jahren verfügen, wenn sein Verhalten es rechtfertigt und er den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit BGE 101 IV 137 S. 139 zumutbar, ersetzt hat und das Urteil bezüglich der Nebenstrafen vollzogen ist. Schliesslich kann nach Abs. 6 die Löschung früher verfügt werden, wenn ein besonders verdienstliches Verhalten des Verurteilten es rechtfertigt. 3. Im vorliegenden Fall sind seit der bedingten Entlassung ( Art. 81 Abs. 2 StGB ) nicht zehn, sondern nur fünfeinhalb Jahre verstrichen. Eine vorzeitige Löschung ist daher nur möglich, wenn die Voraussetzung des Art. 80 Ziff. 2 Abs. 6 StGB gegeben ist. a) Im Unterschied zur früheren Ordnung des Art. 80 Abs. 3 StGB , der hiefür eine besonders verdienstliche "Tat" forderte, die nach der Rechtsprechung ein ausserordentliches, an Selbstaufopferung grenzendes Tun voraussetzte ( BGE 79 IV 8 ), genügt heute ein besonders verdienstliches "Verhalten". Der französische Text der systematischen Sammlung spricht zwar weiterhin von "acte particulièrement méritoire", obschon der Ständerat einen Text mit dem Wort "conduite" angenommen (Sten.Bull. StR 1967 S. 44) und die Kommission des Nationalrates in ihrem Antrag an die Kammer in der zweiten Lesung eine analoge Fassung vorgesehen hatte. Sonderbarerweise lag dann der Beratung im Nationalrat wieder ein Text mit dem Ausdruck "acte particulièrement méritoire" zugrunde, ohne dass ein sachlicher Grund hiefür ersichtlich wäre, zumal die deutsche, von diesem Rat angenommene Fassung vom "Verhalten" sprach. In Übereinstimmung mit dem deutschen Gesetzeswortlaut steht dann wiederum der italienische Text mit der Wendung "condotta particolarmente meritoria". b) Mit dieser Änderung des Wortlauts wollte über die Voraussetzung der besonders verdienstlichen Tat hinausgegangen werden, weil ihr meist etwas Zufälliges und Einmaliges anhaftet, und ein besonders verdienstliches Verhalten, dem oft lange Bemühungen zugrunde liegen können, einbezogen werden, um damit dem Interesse an einer erleichterten Wiedereingliederung des Gestrauchelten vermehrt Rechnung zu tragen (Botschaft, BBl 1965 I 585 unten; Sten.Bull. StR 1967 S. 44 Ziff. 4). Indessen begnügt sich auch der revidierte Text nicht mit dem Erfordernis eines verdienstlichen Verhaltens, sondern verlangt ein "besonders" verdienstliches Verhalten. Wohlverhalten und redliches Bemühen bei der Wiedergutmachung des Schadens reichen dazu nicht aus. Das zeigt schon die Systematik BGE 101 IV 137 S. 140 der gesetzlichen Ordnung. Kann nämlich der Richter nach Art. 80 Ziff. 2 Abs. 1 und 3 StGB bei Zuchthaus die Löschung auch nach zehn Jahren nur verfügen, wenn das Verhalten des Verurteilten es rechtfertigt und er den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit zumutbar, ersetzt hat, dann kann erst recht eine vorzeitige Löschung gemäss Abs. 6 nur möglich sein, wenn der Verurteilte mehr getan hat, als das Gesetz von ihm nach Art. 80 Ziff. 2 Abs. 1 verlangt. Die Anforderungen an das besonders verdienstliche Verhalten können immerhin etwas gelockert werden, wenn die Dauer des Wohlverhaltens sich dem Ende der zehnjährigen Frist des Art. 80 Ziff. 2 Abs. 3 StGB nähert (analog zu Art. 64 vorletzter Absatz StGB und BGE 73 IV 159 ), was hier aber nicht zutrifft. Das Obergericht hat die Rechtslage richtig erkannt, wenn es feststellt, der Begriff des besonders verdienstlichen Verhaltens gebe zwar gegenüber der früheren Regelung einen etwas weiteren Spielraum, doch müsse von einem solchen Verhalten mehr als blosse Pflichterfüllung und Wohlverhalten (Schadensdeckung, gute berufliche Beurteilung, geordnete persönliche Verhältnisse usw.) erwartet werden, ansonst Art. 80 Ziff. 2 Abs. 6 StGB seinen Sinn verlöre. Wenn die Vorinstanz hievon ausgehend zum Schluss gelangte, die Akten des Falles erlaubten die Annahme eines besonders verdienstlichen Verhaltens nicht und der Beschwerdeführer räume selber ein, dass er ein solches nicht geltend zu machen vermöge, so muss es dabei für den Kassationshof sein Bewenden haben. Der Begriff des besonders verdienstlichen Verhaltens ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, dessen Auslegung wohl Rechtsfrage ist, dessen Anwendung auf den konkreten Fall aber vom Sachrichter eine ermessensmässige Wertung verlangt, in die das Bundesgericht nur eingreift, wenn sie die Grenze einer pflichtgemässen Würdigung überschreitet. Davon kann hier nicht die Rede sein. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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43a68f86-b7c4-4ec8-905d-19215197ca37
Urteilskopf 96 V 42 10. Urteil vom 20. März 1970 i.S. Matthey gegen Ausgleichskasse des Schweizerischen Engros-Möbelfabrikantenverbandes und Rekurskommission des Kantons Thurgau
Regeste Art. 29 Abs. 1 und 41 IVG : Beginn des Anspruchs auf Rentenrevision. - Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit gemäss der neuen Variante 2 von Art. 29 Abs. 1 IVG kann im Revisionsfall normalerweise der Erwerbsunfähigkeit gleichgesetzt werden. - Wann die Wartezeit von 360 Tagen nach der erwähnten Variante 2 erfüllt ist, lässt sich im Prinzip nur retrospektiv feststellen. - Die Perioden, in welchen eine Rente läuft, dürfen aus dieser rückblickenden Betrachtung nicht ausgeschaltet werden.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 96 V 42 S. 42 A.- Matthey, Schreiner in einer Möbelfabrik, bezieht seit dem 1. April 1966 eine halbe einfache Rente der Invalidenversicherung nebst der entsprechenden Zusatzrente für seine Ehefrau. Die seine Erwerbsfähigkeit vermindernden Gesundheitsschäden wurden in einem Arztbericht vom Dezember 1965 im wesentlichen wie folgt diagnostiziert: Depression mit cerebralen Abbauerscheinungen, Hypertonie mit leichter Myokard schädigung, Rhinitis vasomotorica. Am 6. Dezember 1968 meldete Matthey, der nach der Rentenzusprechung seine frühere Tätigkeit halbtagsweise fortgesetzt hatte, er sei seit dem 12. November vollständig arbeitsunfähig. Auf Anfrage der Invalidenversicherungs-Kommission teilte der behandelnde Arzt hierauf am 12. Januar 1969 mit, seit dem Herbst 1968 habe sich der vorher überwiegend stationäre Zustand des Rentners subjektiv verschlechtert. Die Diagnose sei im Prinzip die gleiche wie 1965, hinzugekommen sei nun BGE 96 V 42 S. 43 aber eine aetiologisch nicht leicht erklärbare Tachykardie. Er glaube, man könne mit einer verwertbaren Arbeitsfähigkeit des Matthey nicht mehr rechnen. Mit Verfügung vom 4. März 1969 wies die Ausgleichskasse das Gesuch um Rentenerhöhung unter Hinweis auf folgende Feststellungen der Invalidenversicherungs-Kommission zur Zeit ab: "Wie die Abklärung ergab, handelt es sich bei Ihrem Leiden um ein labiles Krankheitsgeschehen. Für die Erhöhung der halben Rente auf eine ganze muss daher die Frist von 360 Tagen seit 12. Nov. 1968 abgewartet werden. Sollte nach Ablauf dieses Termines weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 2/3 bestehen, können Sie erneut an die IV-Kommission gelangen, es sei denn, Sie erbrächten den Nachweis, dass Sie schon vor dem 12. Nov. 1968 zu mindestens 2/3 arbeitsunfähig waren. In diesem Falle würde die IV-Kommission die Anspruchsberechtigung erneut überprüfen." B.- Beschwerdeweise machte Matthey geltend, seine Arbeitsleistung habe schon lange vor dem 12. November 1968 nicht mehr derjenigen eines gesunden Arbeiters bei halbtagsweiser Beschäftigung entsprochen, insofern habe ihm seine Arbeitgeberin teilweise Soziallohn ausgerichtet; rechne man ferner hinzu, dass er wegen einer im Jahre 1955 erlittenen Handverletzung eine Rente der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) wegen einer Invalidität von 15% beziehe, so werde klar, dass er den in der angefochtenen Verfügung verlangten Invaliditätsgrad längst erreicht habe. Nach Einholung eines Berichtes des Arbeitgebers des Beschwerdeführers kam die kantonale Rekurskommission zum Schluss, dass dieser zwar vor Eintritt der vollen Arbeitsunfähigkeit möglicherweise etwas mehr als zur Hälfte erwerbsunfähig war, jedoch keineswegs zu zwei Dritteln. Mit Entscheid vom 4. Juli 1969 wies sie deshalb die Beschwerde ab. C.- Mit rechtzeitiger Beschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht macht Matthey bzw. in seinem Namen die Rechtsschutzabteilung des Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverbandes geltend, er könne mit einer Besserung seines Gesundheitszustandes nicht rechnen, weshalb ihm die volle Rente sofort auszurichten sei. Verwiesen wird auf einen Bericht des behandelnden Arztes, worin die bereits am 12. Januar 1969 gemeldeten Feststellungen etwas ausführlicher dargestellt werden. BGE 96 V 42 S. 44 Zusätzlich wird geltend gemacht, dass Matthey wegen der seit 1955 bestehenden Teilinvalidität seinen früheren Vertrauensposten als Zuschneider nicht mehr habe ausfüllen können und deshalb beruflich in sehr empfindlicher Weise zurückgefallen sei, indem er von da an nur noch als Bankschreiner tätig war. Zu Unrecht habe demnach die kantonale Rekurskommission diese von der SUVA auf 15% geschätzte Einbusse bei ihrer Invaliditätsschätzung nicht berücksichtigt. Die Ausgleichskasse enthält sich eines Antrages. In seinem Mitbericht beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung Zusprechung der ganzen Rente ab 1. März 1969. Im Laufe des Monats März sei nämlich der Tag erreicht worden, an welchem für die zurückliegenden 360 Tage die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit zwei Drittel betrug. Unter Hinweis auf diesen Mitbericht teilt die Rechtsschutzabteilung des Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverbandes mit, der Beschwerdeführer wäre bereit, auf eine volle Rente vor dem 1. März 1969 zu verzichten. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Ändert sich der Grad der Invalidität des Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen Weise, so ist gemäss Art. 41 IVG die Rente für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben. Im vorliegenden Fall ist insbesondere die Frage nach dem Zeitpunkt zu klären, ab welchem der Beschwerdeführer gestützt auf diese Bestimmung einen Anspruch auf Umwandlung seiner halben in eine ganze Rente haben könnte. Nach der vor dem 1. Januar 1968 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der revidierten Bestimmungen des IVG) ergangenen Rechtsprechung war für die Beurteilung dieser Frage alt Art. 29 Abs. 1 IVG sinngemäss anwendbar (vgl. EVGE 1965 S. 270 und 278; 1966 S. 49 und 128). Art. 29 Abs. 1 IVG regelt sowohl nach seiner ursprünglichen wie auch in der Fassung der Novelle von 1968 den Beginn des Rentenanspruches verschieden, je nach dem ob ein stabiler, im wesentlichen irreversibler (Variante 1) oder aber ein labiler, d.h. zu Verbesserung oder Verschlechterung neigender (Variante 2) Gesundheitsschaden vorliegt. Bei labilen Gesundheitsverhältnissen entsteht der Rentenanspruch erst nach Ablauf einer gewissen Wartezeit, nämlich - nach der neuen Fassung - "sobald der Versicherte ... während 360 Tagen ohne wesentlichen BGE 96 V 42 S. 45 Unterbruch durchschnittlich zur Hälfte arbeitsunfähig war und weiterhin mindestens zur Hälfte erwerbsunfähig ist...". Nach den von der Rechtsprechung durch die Varianten 3a und b vorgenommenen Ergänzungen der - im Bereiche der Variante 2 lückenhaften - alten Regelung, welche nach der oben erwähnten Judikatur für die Belange der Rentenrevision bei labilen Gesundheitsverhältnissen vornehmlich sinngemäss zur Anwendung gelangten, wurden die Wartezeiten (von 540 bzw. 450 Tagen) von Anfang an absichtlich auf einen bestimmten minimalen Grad durchschnittlicher Erwerbsfähigkeit bezogen (vgl. EVGE 1965 S. 185 und 192). Damit war das ökonomische Element der soeben erwähnten Varianten begrifflich identisch mit dem des Art. 41 IVG (Änderung des Grades der Erwerbsfähigkeit; vgl. auch Art. 4 Abs. 1 IVG ). Die Novelle von 1968 hat zwar die Grundgedanken dieser Rechtsprechung übernommen, die Wartezeiten aber auf die Arbeitsunfähigkeit bezogen (welcher Begriff grundsätzlich die Frage nach dem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf bezeichnet, während die Erwerbsunfähigkeit der Differenz zwischen dem entspricht, was der Versicherte in seinem angestammten Beruf ohne den erlittenen Gesundheitsschaden erarbeiten könnte, und dem, was er, mit diesem Gesundheitsschaden behaftet, auf dem Arbeitsmarkt noch verdienen kann: Art. 28 Abs. 2 IVG ). Es stellt sich demnach die Frage, ob die Art. 29 Abs. 1 für die Belange der Rentenrevision sinngemäss anwendbar erklärende Rechtsprechung in den Fällen labiler Gesundheitsschädigung auch unter der neuen Ordnung aufrechterhalten werden kann. Diese Frage ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn bei der Rentenrevision Verhältnisse zu beurteilen sind, in denen der wenigstens teilweise Arbeitsfähige bereits ins Erwerbsleben eingegliedert ist, so dass die ihm verbleibende Erwerbskapazität im aktuellen Beschäftigungskreis praktisch als kaum von seiner restlichen Erwerbsfähigkeit überhaupt unterscheidbar erscheint. Demnach kann in derartigen Revisionsfällen - unter Vorbehalt begründeter Ausnahmen - die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit gemäss der neuen Variante 2 der Erwerbsunfähigkeit gleichgesetzt werden, zumal auch hier (wie bei der erstmaligen Rentenfestsetzung) die prognostische Wertung des weiterhin zu erwartenden Invaliditätsgrades wesentlich mitbestimmend sein muss, hat doch die Revision "für die Zukunft" zu erfolgen. BGE 96 V 42 S. 46 2. In den Rechtsschriften dieses Falles, in den administrativen Weisungen des Bundesamtes für Sozialversicherung betreffend die Anwendung von Art. 29 Abs. 1 IVG (vgl. Nachtrag zur Wegleitung über die Renten vom 1. Januar 1968, Rz. 167) und in der Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1967 zum revidierten IVG (S. 30) werden die 360 Tage mindestens hälftiger Invalidität im Sinne der Variante 2 dieser Norm als eine Frist bezeichnet, die von einem bestimmten Tag an zu laufen beginne. Unter Frist versteht die Rechtssprache jedoch einen Zeitraum, der im Regelfall von einem bestimmten Anfangstag an kalendermässig genau abgegrenzt werden kann: der Tag des Fristablaufes ist grundsätzlich zum voraus bestimmbar. Das trifft auf den Zeitraum, den die Variante 2 des Art. 29 Abs. 1 IVG normiert, nicht zu: Hier handelt es sich vielmehr um einen Zeitraum, innert welchem sich ein wesentlicher Teil des rentenbegründenden Sachverhalts realisiert haben muss, nämlich eine durchschnittlich mindestens hälftige Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 360 Tagen ohne wesentlichen Unterbruch. Wann diese qualifizierte Wartezeit erfüllt ist, lässt sich grundsätzlich nur retrospektiv feststellen. Es dürfte kaum je sinnvoll sein, die verlangte Durchschnittsberechnung prognostisch durchführen zu wollen, ganz abgesehen davon, dass für den Rentenanspruch gemäss der zweiten Variante auch bedeutsam ist, ob nach Ablauf der Wartezeit, sofern alsdann nicht Eingliederungsmassnahmen bevorstehen, weiterhin mindestens eine hälftige Erwerbsunfähigkeit besteht. 3. Lässt sich somit die Frage, ob, wann und inwiefern der Versicherte die zweite Variante des Art. 29 Abs. 1 IVG erfüllt, grundsätzlich nur a posteriori beantworten, so fragt es sich, ob das Gesetz es gestattet, aus der zu diesem Zweck notwendigen, rückblickenden Betrachtung der erlittenen Arbeitsunfähigkeit diejenigen Perioden auszuschalten, während welchen der nicht "bleibend" Invalide eine Rente bezog. Das ist in dem (hier gegebenen) Regelfall zu verneinen, wo die Natur des invalidierenden Komplexes keine wesentliche Änderung erfahren hat: Eine derartige Einschränkung ist mit der in Art. 29 Abs. 1 IVG vorgesehenen Durchschnittsberechnung unvereinbar. Und dass eine Rente läuft, ist für die sinngemässe Anwendung des Art. 29 Abs. 1 im Revisionsverfahren nach Art. 41 IVG ohne Belang. Ein Vorbehalt ist - von den hier nicht zu erörternden möglichen Implikationen interkurrenter Eingliederungsperioden mit BGE 96 V 42 S. 47 Taggeldanspruch abgesehen (EVGE 1968 S. 213) - lediglich anzubringen für den Fall, dass sich während des Rentenlaufs der Invaliditätsgrad aus einem neuen, mit dem früheren nicht zusammenhängenden Gesundheitsschaden erhöht (vgl. die letztinstanzliche Stellungnahme in EVGE 1969 S. 172). Ob "die Frist ... erst bei der Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu laufen (beginnt), wenn der Versicherte nicht bereits eine halbe Rente auf Grund langjähriger Krankheit bezogen hat", wie im Mitbericht ausgeführt wird, erscheint dort, wo die soeben erwähnte besondere Situation nicht gegeben ist, als fraglich, kann aber - weil den hier gegebenen Sachverhalt nicht betreffend - offen bleiben. 4. Es ergibt sich somit, dass das Gesetz es nicht erlaubt, dem Versicherten die Rentenerhöhung für volle 360 Tage vom Eintritt der gänzlichen Erwerbsunfähigkeit an zu verweigern, wie Verwaltung und Vorinstanz es verfügten. Umgekehrt ist es auch nicht möglich, die Frage, ob dem Versicherten schon ab 1. März 1969 eine ganze Rente zustehen könnte, heute definitiv zu entscheiden, wie das Bundesamt für Sozialversicherung namentlich "unter der Annahme des Fortbestandes der vollen Arbeitsunfähigkeit bis zu jenem Zeitpunkt" beantragt. Ob nämlich diese Annahme richtig sei, lässt sich auf Grund der vorliegenden Akten nicht sagen: Es liegen medizinische Berichte eines einzigen Arztes vor, der sich zuletzt am 12. Januar 1969 dahin geäussert hat, er "glaube", es sei mit einer verwertbaren Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht mehr zu rechnen. Das rechtfertigt angesichts der zum Teil recht unbestimmten Befunde nicht ohne weiteres die Annahme, der 61jährige Versicherte sei wirklich zu keiner erheblichen Erwerbstätigkeit mehr fähig. Jedenfalls scheint eine medizinische Überprüfung der Verhältnisse unter Einbezug der seit Januar 1969 verflossenen Zeit angezeigt, ehe eine definitive Invalidität von mehr als zwei Dritteln angenommen wird. Was sodann die ökonomische Seite der Invaliditätsschätzung anbetrifft, so muss die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe vor dem im Jahre 1955 erlittenen Unfall als Zuschneider in einer Vertrauensstellung gearbeitet, überprüft und gegebenenfalls der mit einer solchen Tätigkeit erzielbare Lohn berücksichtigt werden. 5. Wegen des grundsätzlichen Gehaltes der hier behandelten Rechtsfragen ist der Fall im Sinne von Art. 6 lit. a des BGE 96 V 42 S. 48 Reglementes für das Eidg. Versicherungsgericht vom 1. Oktober 1969 dem Gesamtgericht unterbreitet worden. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Beschwerde wird insoweit gutgeheissen, als die Verfügung vom 4. März 1969 und der kantonale Entscheid vom 4. Juli 1969 aufgehoben werden, unter Rückweisung der Sache an die Invalidenversicherungs-Kommission, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.
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Urteilskopf 125 V 368 59. Auszug aus dem Urteil vom 6. September 1999 i.S. A. gegen IV-Stelle des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 41 IVG ; Art. 4 Abs. 1 BV : substituierte Begründung der Wiedererwägung; rechtliches Gehör. - Bestätigung der Rechtsprechung, wonach der Richter eine zu Unrecht ergangene Revisionsverfügung mit der substituierten Begründung der zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Verfügung schützen kann, sofern deren Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. - Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn die streitige Revisionsverfügung vorinstanzlich mittels substituierter Begründung geschützt wird.
Erwägungen ab Seite 368 BGE 125 V 368 S. 368 Aus den Erwägungen: 1. Das kantonale Gericht schützte im angefochtenen Entscheid die rentenaufhebende Verfügung vom 17. September 1996 mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Revision nach Art. 41 IVG seien entgegen der BGE 125 V 368 S. 369 Auffassung der Verwaltung zwar nicht erfüllt, doch seien die rentenzusprechenden Verfügungen vom 7. Oktober und 16. November 1994 zweifellos unrichtig und deren Berichtigung von erheblicher Bedeutung. (...). 2. Nach Art. 41 IVG sind laufende Renten für die Zukunft zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Invaliditätsgrad in einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert. Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Ob eine solche Änderung eingetreten ist, beurteilt sich durch Vergleich des Sachverhaltes, wie er im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung ( BGE 105 V 29 ). Fehlen die in Art. 41 IVG genannten Voraussetzungen, so kann die Rentenverfügung allenfalls nach den für die Wiedererwägung rechtskräftiger Verwaltungsverfügungen geltenden Regeln abgeändert werden. Danach ist die Verwaltung befugt, auf eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, zurückzukommen, wenn sich diese als zweifellos unrichtig erweist und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Der Richter kann eine zu Unrecht ergangene Revisionsverfügung gegebenenfalls mit der substituierten Begründung schützen, dass die ursprüngliche Rentenverfügung zweifellos unrichtig und die Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist ( BGE 110 V 296 Erw. 3c, BGE 106 V 87 Erw. 1, BGE 105 V 201 Erw. 1 mit Hinweisen). 3. a) Der Beschwerdeführer hält die in Erw. 2 in fine zitierte Rechtsprechung für nicht haltbar und beantragt deren Änderung. Er begründet seinen Standpunkt im Wesentlichen damit, der Richter ziehe durch das "Auswechseln der Begründung" die Befugnis zur Wiedererwägung an sich, welche allein in die Zuständigkeit der Verwaltung falle. b) Der in der kritisierten Rechtsprechung verwendete Ausdruck "substituierte Begründung" mag den Eindruck erwecken, es handle sich um ein besonderes Rechtsinstitut in dem Sinne, dass der Richter von sich aus die ursprüngliche Verfügung in Wiedererwägung ziehe, wie dies der Beschwerdeführer darlegt. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Umstand, dass der Richter eine Verfügung auf Beschwerde hin mit einer gegenüber der Verwaltung abweichenden Begründung schützt, ist Ausfluss des Grundsatzes, wonach er das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat ( BGE 122 V 36 f. Erw. 2b BGE 125 V 368 S. 370 mit Hinweisen). Der Richter erwägt im Rahmen der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege, eine im Ergebnis richtige, aber falsch begründete Verfügung sei aus anderen rechtlichen Überlegungen haltbar. Er schützt die angefochtene Verfügung mit der zutreffenden Begründung. Von einer unzulässigen Vermischung der Aufgaben der Verwaltung und des Gerichts, wie sie der Beschwerdeführer rügt, kann nicht gesprochen werden, weil der Richter keine Verfügung in Wiedererwägung zieht. Diese Befugnis steht einzig der Verwaltung zu, denn eine Verfügung kann nur von der erlassenden Behörde in Wiedererwägung gezogen werden. Der Richter, der in der Sache noch nichts "erwogen" hat, kann bereits vom Begriff her nicht "wieder"erwägen. Sein Tätigwerden setzt voraus, dass einerseits ein Verwaltungsakt ergangen ist und andererseits Beschwerde hiegegen geführt wurde. Aufgabe des Richters ist es, zu prüfen, ob die Verfügung rechtmässig sei. Die Tatsache, dass er keine Verwaltungsaufgabe übernimmt, sondern einzig das (verfügungsmässige) Handeln der Verwaltung überprüft, lässt sodann das Vorbringen des Beschwerdeführers, vorliegend sei Art. 88bis IVG anwendbar, als unbehelflich erscheinen, hat doch die Verwaltung in der streitigen Verfügung vom 17. September 1996 diese Bestimmung bereits angewendet. Nach dem Gesagten besteht somit keinerlei Anlass, die kritisierte Rechtsprechung zu ändern. 4. a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör besteht und ist zu gewähren, wenn eine Behörde ihren Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund zu begründen beabsichtigt, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurden, auf die sich die beteiligten Parteien nicht berufen haben und mit deren Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten ( BGE 124 I 52 Erw. 3c, BGE 123 I 69 , BGE 116 V 185 Erw. 1a, je mit Hinweisen). b) Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass er nicht ohne Weiteres damit rechnen musste, dass die Vorinstanz ihren Entscheid auf die substituierte Begründung der zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Verfügungen stützen würde. Hinzu kommt, dass die Rente bereits einmal revidiert worden war und sie seit längerer Zeit ausgerichtet wurde. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten ist und bei einem qualifizierten Rechtsvertreter die Rechtsprechung zur Revision im Allgemeinen und zur substituierten Begründung im Besonderen als bekannt vorausgesetzt werden kann, führt zu keinem anderen Schluss. Anders zu entscheiden hätte zur Folge, dass der gewissenhafte Vertreter bei jeder Beschwerde gegen eine BGE 125 V 368 S. 371 Revisionsverfügung vorsorglich auch Gründe gegen eine allfällige Substitution der Begründung vortragen müsste. Das kann nicht verlangt werden. c) Zu prüfen ist, ob der Verfahrensmangel im letztinstanzlichen Verfahren geheilt werden kann. aa) Nach der Rechtsprechung kann eine - nicht besonders schwerwiegende - Verletzung des rechtlichen Gehörs als geheilt gelten, wenn der Betroffene die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann. Die Heilung eines - allfälligen - Mangels soll aber die Ausnahme bleiben ( BGE 124 V 183 Erw. 4a mit Hinweisen). bb) Der Umstand, dass die Vorinstanz ihren Entscheid auf eine rechtliche Beurteilung abstützte, mit deren Heranziehung der Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres rechnen musste, stellt keine derart schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, welche einer Heilung des Mangels von vornherein entgegenstünde. Da der Beschwerdeführer im letztinstanzlichen Verfahren sämtliche Tatsachen und Einwendungen vor einer über umfassende Kognition verfügenden richterlichen Behörde vorbringen kann ( Art. 132 OG ), sind die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Heilung der Gehörsverletzung vorliegend gegeben, zumal sich der Beschwerdeführer einlässlich in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Substitution der Begründung geäussert hat.
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Urteilskopf 114 V 239 47. Urteil vom 19. Dezember 1988 i.S. Coop Personalversicherung (CPV) gegen J. und Eidgenössisches Departement des Innern gegen CPV und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 103 lit. b OG . Legitimation des Eidgenössischen Departements des Innern zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der beruflichen Vorsorge (Erw. 3). Art. 15 Abs. 1, Art. 16, 27 Abs. 1 und 2, Art. 28 BVG , Art. 331a, 331b und 331c OR . Bemessung der Freizügigkeitsleistung (Erw. 6-11).
Sachverhalt ab Seite 239 BGE 114 V 239 S. 239 A.- Der 1934 geborene Kurt J. gehörte bis 30. April 1985 der Pensionskasse der Bank S. an. Am 1. Mai 1985 nahm er seine Tätigkeit als Vizedirektor der Bank G. auf. Gleichzeitig wurde er Mitglied der Coop Personalversicherung (CPV). Die Pensionskasse der Bank S. erbrachte zu seinen Gunsten eine Freizügigkeitsleistung von Fr. 201'974.--. Auf den 1. September 1985 erhöhte sich die versicherte Besoldung bei der Bank G., weshalb vereinbart wurde, dass Kurt J. an die CPV eine von ihm zu amortisierende Einmaleinlage von Fr. 35'265.-- zu leisten habe. Auf den 30. April 1986 wurde das Arbeitsverhältnis des Kurt J. mit der Bank G. aufgelöst. In ihrer Austrittsabrechnung bezifferte die CPV den Freizügigkeitsanspruch auf Fr. 213'749.--, der dem Versicherten wegen Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit in bar ausbezahlt wurde. Diesen Betrag hatte die CPV wie folgt errechnet: BGE 114 V 239 S. 240 Eingebrachte Freizügigkeit Fr. 201'974.-- Amortisierter Teil der Einmaleinlage Fr. 8'465.-- Arbeitnehmerbeiträge vom 1.5.-31.12.1985 im obligatorischen und im weitergehenden Bereich Fr. 2'190.-- Arbeitnehmerbeiträge vom 1.1.-30.4.1986 im obligatorischen und im weitergehenden Bereich Fr. 1'120.-- -------------- Total Fr. 213'749.-- B.- Kurt J. erhob beim Versicherungsgericht des Kantons Zürich gegen die CPV Klage mit dem Antrag, die CPV sei zu verpflichten, ihm zusätzlich die folgenden Leistungen zu erbringen: a. Fr. 9'088.85 entsprechend 4 1/2% Zins p.a. auf Fr. 201'974.-- für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1986. b. Fr. 1'057.95 entsprechend 4 1/2% Zins p.a. auf Fr. 35'265.-- für die Zeit vom 1. September 1985 bis 30. April 1986. Er begründete die Klage im wesentlichen damit, dass es dem Sinne einer Vorsorgeeinrichtung widerspreche, wenn die CPV den auf der eingebrachten Freizügigkeitsleistung und der Einmaleinlage erzielten Ertrag zurückbehalte. - In der Klagereplik hielt Kurt J. an diesem Rechtsbegehren in dem Sinne fest, als er das kantonale Gericht ersuchte, die CPV zu verpflichten, ihm "die eingeklagten oder eventuell die vom Gericht als angemessen erachteten Beträge, unter welchem Titel auch immer, zu bezahlen...". Das kantonale Versicherungsgericht hielt das Begehren um Gewährung eines Zinses auf der eingebrachten Freizügigkeitsleistung und der Einmaleinlage für unbegründet. Da Kurt J. jedoch das Gericht darum ersucht habe, die ihm von der CPV zu bezahlenden Beträge - unter welchem Titel auch immer - von Amtes wegen festzustellen, sei zu prüfen, ob die von der CPV errechnete Freizügigkeitsleistung als rechtmässig betrachtet werden könne. In dieser Hinsicht erkannte das kantonale Versicherungsgericht mit dem Hinweis auf seinen in SZS 1987 S. 211 publizierten Entscheid vom 8. Dezember 1986, dass bei umhüllenden Kassen die Freizügigkeitsleistung im obligatorischen Bereich nach Art. 28 Abs. 1 oder allenfalls Abs. 2 BVG berechnet und im weitergehenden (vor oder/und überobligatorischen) Bereich eine zusätzliche Leistung gemäss Art. 331a oder 331b OR gewährt werden müsse. Die Freizügigkeitsleistung im obligatorischen Bereich entspreche im vorliegenden Fall dem im Zeitpunkt der Überweisung erworbenen BGE 114 V 239 S. 241 Altersguthaben, das sich per 30. April 1986 auf Fr. 3'728.60 belaufe und sich aus der Altersgutschrift von Fr. 2'429.-- für 1985 und von Fr. 1'267.20 für 1986 sowie dem Zins gemäss Art. 11 Abs. 3 BVV 2 von Fr. 32.40 zusammensetze. Im Rahmen der weitergehenden Vorsorge bestimme sich die Freizügigkeitsleistung aufgrund der persönlichen Beiträge des Kurt J., die er im vor- und überobligatorischen Bereich geleistet habe. Diese würden sich aus der eingebrachten Freizügigkeitsleistung von Fr. 201'974.--, dem amortisierten Teil der Einmaleinlage von Fr. 8'465.--, den persönlichen Beiträgen für das Überobligatorium von Fr. 1'196.-- für das Jahr 1985 und von Fr. 601.-- für das Jahr 1986 zusammensetzen, so dass sich die Freizügigkeitsleistung aus dem weitergehenden Bereich auf Fr. 212'236.-- belaufe. Gesamthaft errechnete der kantonale Richter somit die dem Kurt J. per 30. April 1986 zustehende gesamte Freizügigkeitsleistung auf Fr. 215'964.60. Demgemäss verpflichtete er in teilweiser Gutheissung der Klage die CPV, über die bereits bezahlte Summe von Fr. 213'749.-- hinaus noch einen Betrag von Fr. 2'215.60 als Freizügigkeitsleistung auszurichten. Im übrigen wies das kantonale Gericht die Klage ab (Entscheid vom 20. Februar 1987). C.- Die CPV und das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) erheben Verwaltungsgerichtsbeschwerde. a) Die CPV beantragt, der Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts sei insoweit aufzuheben, als er die Klage gutheisse. Kurt J. stellt in seiner Beschwerdeantwort den Antrag, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der CPV sei abzuweisen. Ferner erneuert er das vorinstanzlich gestellte Begehren um Verzinsung der ausserobligatorischen Vorsorgekapitalien für die Dauer der Anstellung bei der Bank G. In formeller Hinsicht verlangt er, dass "Beweisunterlagen, die auf nicht öffentlichem Material beruhen", nicht zugelassen würden. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der CPV sei gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde des EDI wird der Antrag gestellt, der Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts sei aufzuheben und es sei in der Sache neu zu entscheiden. In ihrer Beschwerdeantwort stellt die CPV keinen Antrag. Sie hält aber die Beschwerdelegitimation des EDI für fraglich. BGE 114 V 239 S. 242 Im Rahmen seiner Antwort auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der CPV beantragt Kurt J., auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des EDI sei nicht einzutreten. Das BSV erneuert den in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde der CPV gestellten Antrag. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Vereinigung der Verfahren; vgl. BGE 110 V 148 Erw. 1.) 2. (Zuständigkeit des Eidg. Versicherungsgerichts; vgl. BGE 114 V 34 Erw. 1a.) 3. a) Die Legitimation der CPV zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne von Art. 103 lit. a OG ist offensichtlich gegeben. Hingegen bezweifeln Kurt J. und die CPV die Befugnis des EDI zur Einreichung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es fragt sich somit, ob das EDI aufgrund von Art. 103 lit. b OG zur Anfechtung letztinstanzlicher kantonaler Entscheide auf dem Gebiet der beruflichen Vorsorge legitimiert ist. Das muss vom Eidg. Versicherungsgericht - wie alle Eintretensvoraussetzungen - von Amtes wegen geprüft werden, ohne an die Anträge und Vorbringen der Parteien gebunden zu sein ( BGE 112 V 365 Erw. 1a, BGE 111 V 151 Erw. 1a und 346 Erw. 1a). b) Nach Art. 103 lit. b OG , der gemäss Art. 132 OG auch auf das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor dem Eidg. Versicherungsgericht Anwendung findet, ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt "das in der Sache zuständige Departement oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die in der Sache zuständige Dienstabteilung der Bundesverwaltung gegen die Verfügung einer eidgenössischen Rekurskommission, einer eidgenössischen Schiedskommission, einer letzten kantonalen Instanz oder einer Vorinstanz im Sinne von Art. 98 Buchstabe h". Die Beschwerdelegitimation nach Art. 103 lit. b OG , die nur den Behörden des Bundes zukommt ( BGE 108 Ib 208 ), bezweckt, das allgemeine öffentliche Interesse an der richtigen Durchsetzung und rechtsgleichen Anwendung des Bundesrechts zu wahren ( BGE 110 V 129 Erw. 1 und BGE 108 Ib 207 f.; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 164). Die sog. Behördenbeschwerde des Bundes ist laut GYGI nur zuzulassen, wenn behördlicherseits ein spezifisches öffentliches Interesse an der Anfechtung der Verfügung angenommen werden kann, die Behörde also eine vernünftige Veranlassung BGE 114 V 239 S. 243 dazu hat. Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts ist im Rahmen des Art. 103 lit. b OG die Beschwerdelegitimation bloss denjenigen Behörden zuzuerkennen, deren Interesse an der Lösung des Streitfalles vermutet wird ( BGE 110 V 130 Erw. 2a). Im Lichte dieser Grundsätze fragt es sich, ob und inwieweit im sachlichen Anwendungsbereich des Art. 73 BVG dem EDI die Beschwerdelegitimation aufgrund von Art. 103 lit. b OG zuzuerkennen ist. c) Die Beschwerdelegitimation des EDI ist offensichtlich zunächst dort nicht gegeben, wo Art. 73 BVG sachlich gar nicht anwendbar ist, d.h. in Streitigkeiten mit nichtregistrierten Vorsorgeeinrichtungen in Gestalt der Genossenschaft oder des öffentlichen Rechts und bei den nichtregistrierten Vorsorgestiftungen mit Tätigkeit im Bereich der beruflichen Vorsorge im weiteren Sinne (MEYER, Die Rechtswege nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), in: ZSK 106/1987 I, S. 626 f.). Innerhalb des sachlichen Anwendungsbereiches des Art. 73 BVG kann die Beschwerdelegitimation des EDI insoweit nicht in Frage gestellt werden, als es um die einheitliche und rechtlich zutreffende Durchführung der obligatorischen Versicherung gemäss Art. 7 ff. BVG geht, besteht hier doch ein eminentes öffentliches Interesse des EDI als eines in der Sache zuständigen Departements (vgl. Art. 4 lit. b der Verordnung über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter vom 9. Mai 1979), durch Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde dafür zu sorgen, dass beispielsweise eine grundsätzliche Rechtsfrage dem Eidg. Versicherungsgericht zur Beurteilung unterbreitet wird, selbst wenn die am kantonalen Klageverfahren unmittelbar Beteiligten dies nicht wollten. Dasselbe Bedürfnis besteht auch bei registrierten Vorsorgeeinrichtungen, insoweit sie ausserobligatorische Leistungen erbringen. Ob auch bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern, Anspruchsberechtigten und nichtregistrierten Personalfürsorgestiftungen im Sinne von Art. 89bis Abs. 1 ZGB , die ebenfalls von Art. 73 BVG erfasst werden, die Legitimation des EDI zu bejahen ist, kann offengelassen werden. Festzuhalten ist, dass die Legitimation zur Behördenbeschwerde im erwähnten Rahmen nur dem EDI als solchem zusteht, weil - anders als etwa in der Krankenversicherung (Art. 5 Abs. 3 Vo V über die Krankenversicherung) - keine bundesrechtliche Vorschrift BGE 114 V 239 S. 244 besteht, welche das BSV als Dienstabteilung bzw. Verwaltungseinheit des Departements zur Behördenbeschwerde ermächtigen würde, was an sich zulässig wäre (vgl. GYGI, a.a.O., S. 163 mit dem Hinweis auf BGE 98 V 116 ). d) Die Auffassung des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich, seine Entscheide im Rahmen des Art. 73 BVG stellten keine mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen im Sinne von Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 VwVG dar, ist unbegründet. Zwar handelt es sich beim kantonalen Verfahren nach Art. 73 BVG um ein Klageverfahren, dem keine Verfügung, sondern eine Streitigkeit zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten zugrunde liegt ( BGE 112 Ia 184 Erw. 2a). Das Rechtspflegeverfahren im Falle eines Weiterzugs an das Eidg. Versicherungsgericht ändert indessen seine Natur: Das ein- oder zweistufige Klageverfahren nach Art. 73 Abs. 1 BVG vor der oder den kantonalen Instanz(en) schlägt in ein Anfechtungsstreitverfahren um, in welchem der letztinstanzliche kantonale Entscheid eine mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht anfechtbare Verfügung darstellt ( Art. 73 Abs. 4 BVG ). Dass der letztinstanzliche kantonale Entscheid in einer BVG-Streitigkeit kraft der in Art. 73 Abs. 4 BVG vorgesehenen Weiterzugsmöglichkeit notwendigerweise zum Anfechtungsgegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne von Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG wird, ist in BGE 112 Ia 185 Erw. 2c ausdrücklich festgestellt worden, wenn dort ausgeführt wird: "Damit ... ein im Verfahren nach Art. 73 BVG ergangenes Urteil eines letztinstanzlichen kantonalen Gerichtes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht angefochten werden kann, muss es zwangsläufig eine (Anordnung der Behörden im Einzelfall) ( Art. 5 Abs. 1 VwVG ), d.h. ein individuell-konkretes Streitverhältnis ... zum Gegenstand haben." e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das EDI im vorliegenden Fall zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Februar 1987 legitimiert ist. Und da unbestrittenermassen auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des EDI ebenfalls einzutreten. 4. Auf den Antrag des Kurt J. auf Verzinsung der in die CPV eingebrachten Vorsorgekapitalien, den er in seiner Vernehmlassung zu den Verwaltungsgerichtsbeschwerden der CPV und des BGE 114 V 239 S. 245 EDI wiederholt, ist nicht einzutreten. Da Kurt J. selber den Entscheid des kantonalen Versicherungsgerichts nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten hat, kann er in der Vernehmlassung zu den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden kein selbständiges Begehren im Sinne seines Antrages mehr stellen, das über den durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerden der CPV und des EDI bestimmten Streitgegenstand (vgl. BGE 110 V 51 Erw. 3b und c) hinausgeht. Denn das verwaltungsgerichtliche Verfahren kennt das Institut der Anschlussbeschwerde nicht, unter Vorbehalt von in Spezialgesetzen vorgesehenen Ausnahmen ( BGE 106 V 248 ; ZAK 1984 S. 276; vgl. BGE 110 Ib 31 Erw. 2). Der weitere Antrag des Kurt J., Beweisunterlagen, die auf nicht öffentlichem Material beruhten, seien nicht zuzulassen, ist gegenstandslos, weil das Eidg. Versicherungsgericht sein Urteil auch in tatbeständlicher Hinsicht ohnehin nur auf öffentlich zugängliche Quellen abstützt. 5. (Kognition; vgl. BGE 114 V 36 Erw. 1c.) 6. a) Im Obligatoriumsbereich gewährleistet die Freizügigkeitsleistung dem Versicherten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Erhaltung des Vorsorgeschutzes ( Art. 27 Abs. 1 BVG ). Der Versicherte hat Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines Versicherungsfalles aufgelöst wird und er die Vorsorgeeinrichtung verlässt ( Art. 27 Abs. 2 BVG ). Gemäss Art. 28 Abs. 1 BVG entspricht die Höhe der dem Versicherten seit dem 1. Januar 1985 unter dem Obligatorium garantierten Freizügigkeitsleistung dem vom Versicherten bis zu deren Überweisung erworbenen Altersguthaben. Dieses setzt sich zusammen aus den Altersgutschriften samt Zinsen für die Zeit, während welcher der Versicherte der Vorsorgeeinrichtung angehört hat, und den Freizügigkeitsleistungen samt Zinsen, die dem Versicherten nach Art. 29 Abs. 1 BVG gutgeschrieben worden sind ( Art. 15 Abs. 1 lit. a und b BVG ). Die Altersgutschriften sind altersmässig gestaffelte, in Prozenten des koordinierten Lohnes berechnete Gutschriften ( Art. 16 und 95 BVG ). Die BVG-Freizügigkeitsleistung, die der Versicherte beanspruchen kann, ist somit in der Regel - die Fälle gemäss Art. 29 Abs. 2 und 3 BVG vorbehalten - die Summe der von allen Vorsorgeeinrichtungen, denen er bis zu diesem Zeitpunkt angehört hat, bis zum letzten - streitigen - Freizügigkeitsfall verbuchten Altersgutschriften samt Zinsen (vgl. PFITZMANN bei HELBLING, Personalvorsorge und BGE 114 V 239 S. 246 BVG, 3. Aufl., S. 364). Da das Freizügigkeitsobligatorium erst am 1. Januar 1985 in Kraft getreten ist, sind für die Bestimmung der BVG-Freizügigkeitsleistung des Art. 28 Abs. 1 BVG die seit diesem Zeitpunkt erfolgten Altersgutschriften (samt Zinsen) massgebend. Die Gutschriften bestimmen insbesondere die Höhe der obligatorischen Freizügigkeitsleistung im Falle eines Stellenwechsels (PFITZMANN bei HELBLING, a.a.O., S. 364). Sie sind der Mindestanspruch, der dem Versicherten unter dem Titel der obligatorischen Freizügigkeit durch das BVG gewährleistet wird. Danach haben sich im Sinne eines Gutschriftenprimats (PFITZMANN bei HELBLING, a.a.O., S. 364) Leistungen und Beiträge zu richten. Art. 28 Abs. 2 BVG bestimmt, dass die Art. 331a oder 331b OR anwendbar sind, wenn die nach diesen Vorschriften bemessene Freizügigkeitsleistung höher ist als die BVG-Freizügigkeitsleistung nach Art. 28 Abs. 1 BVG . Für den unter-, über- und vorobligatorischen Bereich hält insbesondere Art. 331b Abs. 1 OR unter dem Titel Forderung des Arbeitnehmers bei Versicherungseinrichtungen fest: Hat der Arbeitnehmer für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Beiträge an eine Versicherungseinrichtung geleistet und erhält er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihr keine Leistungen, so hat er gegen sie eine Forderung, die mindestens seinen Beiträgen entspricht, unter Abzug der Aufwendungen zur Deckung eines Risikos für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Höhe der OR-Freizügigkeitsleistung muss somit anhand der Statuten oder des Reglements der betreffenden Vorsorgeeinrichtung ermittelt werden ( Art. 331a Abs. 3bis und Art. 331b Abs. 3bis OR ). Dabei müssen die gesetzlichen Mindestanforderungen, die sich aus Art. 331a Abs. 1 und 2 OR für Spareinrichtungen sowie aus Art. 331b Abs. 1 und 2 OR für Versicherungseinrichtungen ergeben, wegen des zwingenden Charakters dieser Bestimmungen ( Art. 362 OR ) beachtet werden. Nach Art. 331b Abs. 5 OR sind die Versicherungseinrichtungen befugt, reglementarisch eine abweichende Ordnung zu treffen, sofern diese für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist. Die Vorsorgeeinrichtungen sind frei, ob sie als umhüllende oder gesplittete Kassen, durch Erhebung altersmässig abgestufter oder durchschnittlicher paritätischer Beträge oder von zusätzlichen Arbeitgeberbeiträgen das Obligatorium verwirklichen wollen ( Art. 49 Abs. 1 BVG ). Deswegen und weil die OR-Freizügigkeitsleistung - im Gegensatz zur BVG-Freizügigkeitsleistung - auf den Beiträgen beruht, führt die Vergleichsrechnung laut Art. 28 BVG BGE 114 V 239 S. 247 regelmässig zu unterschiedlichen Ergebnissen. Diese sind aus der Sicht des Mindestversicherungsschutzes gemäss BVG-Obligatorium hinzunehmen, selbst wenn es als unbefriedigend erscheinen mag, dass Versicherte im Freizügigkeitsfall bei gesplitteten Kassen in der Regel eine höhere Leistung erhalten dürften als Mitglieder von umhüllenden Kassen (HELBLING, a.a.O., S. 152, und WALSER bei HELBLING, a.a.O., S. 408). In jedem Fall muss aber mindestens die nach dem BVG zu ermittelnde Freizügigkeitsleistung sichergestellt sein. Dazu dient bei umhüllenden Kassen die Führung des Alterskontos (HELBLING, a.a.O., S. 276). Daraus folgt, dass jede registrierte Vorsorgeeinrichtung verpflichtet ist, die von ihr geschuldeten, auf dem Alterskonto zu verbuchenden Altersgutschriften finanziell sicherzustellen, und zwar insbesondere im Hinblick auf einen möglichen Freizügigkeitsfall beim Austritt des Versicherten aus der Vorsorgeeinrichtung. b) Die CPV ist eine registrierte Vorsorgeeinrichtung, die mehr als die obligatorischen Mindestleistungen nach BVG erbringt, indem sie auch im Bereich der weitergehenden Vorsorge gemäss Art. 49 Abs. 1 und 2 BVG tätig ist. Demnach handelt es sich bei der CPV um eine sogenannte umhüllende Vorsorgeeinrichtung (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 38 f., N. 41). Gemäss Ziff. 5.32 des Versicherungsreglements der CPV gilt als Austrittsgeld "die höhere Summe der für jede austretende Person separat errechneten Werte, d.h. entweder 90% der an die CPV entrichteten Beiträge, zuzüglich der vollen mitgebrachten Freizügigkeit oder 98% des Deckungskapitals oder die Altersgutschrift gemäss BVG". Und laut Ziff. 5.33 hat die austretende Person bis und mit 5. CPV-Beitragsjahren Anspruch auf die persönlichen Beiträge ohne Zins oder, sofern deren Betrag höher ist, die Altersgutschrift gemäss BVG und ab 6. CPV-Beitragsjahr Anspruch auf die persönlichen Beiträge ohne Zins und auf einen pro Beitragsjahr um 4% steigenden Anteil am Differenzbetrag zwischen Austrittsgeld und persönlichen Beiträgen oder, sofern deren Betrag höher ist, die Altersgutschrift gemäss BVG. Diese reglementarischen Bestimmungen beinhalten demnach eine Vergleichsrechnung zwischen der für den obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge ermittelten Freizügigkeit in der Höhe des Altersguthabens einerseits und anderseits der rein reglementarisch berechneten Freizügigkeitsleistung, welcher der ganze Bereich der beruflichen Vorsorge, somit unter Miteinbezug des weitergehenden Vorsorgebereichs BGE 114 V 239 S. 248 zugrunde liegt. Der durch diesen Vergleich ermittelte höhere Betrag kommt zur Auszahlung. Gestützt auf diese reglementarische Ordnung errechnete die CPV einerseits ein BVG-Altersguthaben von Fr. 3'729.-- aufgrund der Altersgutschriften, die sie für die Zeit der Mitgliedschaft des Kurt J. bei der CPV vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1986 vorgenommen hatte. Anderseits errechnete sie die Freizügigkeitsleistung gemäss OR (bzw. Reglement) auf Fr. 213'749.--, die der gesamten Versicherungsdauer entspricht, welche die Zugehörigkeit zur Pensionskasse der Bank S. in vorobligatorischer Zeit und nach dem Inkrafttreten des Obligatoriums bis zum 30. April 1985 sowie die Mitgliedschaft bei der CPV vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1986 mit umfasst. Indem sie die so errechneten Grössen von Fr. 3'729.-- und 213'749.-- (einschliesslich der amortisierte Teil der Einmaleinlage von Fr. 8'465.--) miteinander verglich, stellte sie fest, dass die OR-Freizügigkeitsleistung nach ihrer Berechnung höher war als die BVG-Freizügigkeitsleistung, was sie gestützt auf Art. 28 Abs. 2 BVG zur Ausrichtung der OR-Freizügigkeitsleistung veranlasste. 7. Bezüglich der Berechnung der von den registrierten umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen zu gewährenden Freizügigkeitsleistung stehen sich grundsätzlich zwei Lehrmeinungen gegenüber: Vorherrschend ist die Auffassung, die im konkreten Fall zutreffende Freizügigkeitsleistung sei durch eine Schattenrechnung zu ermitteln. Danach ist die für den Obligatoriumsbereich nach Art. 28 Abs. 1 BVG berechnete BVG-Freizügigkeitsleistung zu vergleichen mit der für den ganzen (obligatorischen und weitergehenden) Bereich nach Art. 331a oder 331b OR bzw. nach dem Reglement errechneten OR-Freizügigkeitsleistung, wobei das höhere Resultat massgebend ist (sog. Vergleichs- oder Anrechnungsmethode; vgl. LEUTWILER bei HELBLING, a.a.O., S. 444). Demgegenüber steht die sog. Split-Methode. Diese besteht darin, dass die Freizügigkeitsleistung einerseits für das Obligatorium allein nach Art. 28 Abs. 1 oder 2 BVG berechnet wird und anderseits für den weitergehenden Bereich gemäss Art. 331a oder 331b OR vorzugehen ist, wobei die auf diese Weise ermittelten beiden Freizügigkeitsleistungen kumulativ auszurichten sind. Diese divergierenden Auffassungen führen zur Frage, ob Art. 28 BVG nur das Zusammenspiel der Freizügigkeit im Bereich ausschliesslich des Obligatoriums oder aber generell die Freizügigkeit sowohl im obligatorischen als auch im weitergehenden Bereich koordiniert. In der Praxis wird überwiegend die Auffassung vertreten, BGE 114 V 239 S. 249 Art. 28 BVG regle das Zusammenspiel der Freizügigkeit im obligatorischen und im ausserobligatorischen Bereich und stelle insofern eine Koordinationsnorm dar, was zur Anwendung der Vergleichsmethode führe. Demgegenüber hält RIEMER (a.a.O., S. 111, N. 9) diese Methode u.a. mit dem Hinweis auf Art. 49 Abs. 2 BVG für gesetzwidrig; bei einer umhüllenden Vorsorgeeinrichtung müsse vorgegangen werden wie bei einem Split: "Im obligatorischen Bereich Leistung des Altersguthabens gemäss Art. 28 Abs. 1 BVG oder gegebenenfalls Leistung gemäss Art. 28 Abs. 2 BVG , im vor- und überobligatorischen Bereich eine zusätzliche Leistung gemäss Art. 331a oder 331b OR ". Im wesentlichen gestützt auf RIEMER gelangte das kantonale Versicherungsgericht zum Ergebnis, bei einer umhüllenden Vorsorgeeinrichtung sei die Vergleichsmethode nicht anwendbar. Die Freizügigkeitsleistung müsse neben dem erworbenen Altersguthaben ( Art. 28 Abs. 1 BVG ) für den obligatorischen Bereich kumulativ die nach dem Obligationenrecht ermittelten Guthaben, einschliesslich die eingebrachte Freizügigkeitsleistung und die Einkaufsbeträge, umfassen, und es dürfe nicht alternativ der höhere der beiden Beträge ausgerichtet werden. Mitglieder von gesplitteten Vorsorgeeinrichtungen einerseits und von umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen anderseits sollten bei der Berechnung der Freizügigkeitsleistung gleich behandelt werden. Abs. 2 von Art. 28 BVG sei lediglich eine korrigierende Berechnungsregel für die Ermittlung der Freizügigkeitsleistung im obligatorischen Bereich und berühre die weitergehende Vorsorge nicht. Dementsprechend errechnete die Vorinstanz die von der CPV geschuldete Freizügigkeitsleistung wie folgt: Eingebrachte Freizügigkeitsleistung Fr. 201'974.-- Amortisierter Teil der Einmaleinlage Fr. 8'465.-- Altersguthaben gemäss BVG (obligatorischer Bereich) Fr. 3'728.60 Arbeitnehmerbeiträge 1985 im überobligatorischen Bereich Fr. 1'196.-- Arbeitnehmerbeiträge 1986 im überobligatorischen Bereich Fr. 601.-- -------------- Total Fr. 215'964.60 Die vorinstanzliche Betrachtungsweise geht zur Hauptsache davon aus, dass Art. 28 BVG ausschliesslich die obligatorische Vorsorge zum Gegenstand hat. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der BGE 114 V 239 S. 250 Versicherte, der den Arbeitgeber wechselt, im Rahmen der Freizügigkeit gestützt auf Art. 28 Abs. 1 und 2 BVG zusätzlich zu dem bis zum Stellenwechsel - im obligatorischen Bereich - erworbenen Altersguthaben für den Bereich der weitergehenden Vorsorge noch eine nach Art. 331a oder 331b OR zu ermittelnde Leistung beanspruchen kann. Es fragt sich, ob eine solche Kumulation gesetzmässig ist. 8. a) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar bzw. sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt ( BGE 113 V 77 Erw. 3b, BGE 113 II 410 Erw. 3a, BGE 112 Ib 470 Erw. 3b, BGE 112 V 171 Erw. 3a und BGE 111 V 127 Erw. 3b). Die Vorarbeiten sind für die Gesetzesinterpretation weder verbindlich noch für die Auslegung unmittelbar entscheidend; denn ein Gesetz entfaltet ein eigenständiges, vom Willen des Gesetzgebers unabhängiges Dasein, sobald es in Kraft getreten ist. Insbesondere sind Äusserungen von Stellen oder Personen, die bei der Vorbereitung mitgewirkt haben, nicht massgebend, wenn sie im Gesetzestext nicht selber zum Ausdruck kommen. Das gilt selbst für Äusserungen, die unwidersprochen geblieben sind. Als verbindlich für den Richter können nur die Normen selber gelten, die von der gesetzgebenden Behörde in der hierfür vorgesehenen Form erlassen worden sind. Das bedeutet nun nicht, dass die Gesetzesmaterialien methodisch unbeachtlich wären; sie können namentlich dann, wenn eine Bestimmung unklar ist oder verschiedene, einander widersprechende Auslegungen zulässt, ein wertvolles Hilfsmittel sein, um den Sinn der Norm zu erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden ( BGE 112 II 4 und 170 Erw. 2b, BGE 103 Ia 290 Erw. 2c). Wo die Materialien keine klare Antwort geben, sind sie als Auslegungshilfe nicht dienlich ( BGE 111 V 282 ). Insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden ( BGE 112 Ia 104 Erw. 6c, BGE 112 Ib 470 Erw. 3b). Hat dieser Wille jedoch im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden, so ist er für die Auslegung nicht entscheidend ( BGE 109 Ia 303 ). b) Der Wortlaut von Art. 28 BVG ist auslegungsbedürftig. Rein sprachlich kommt in dieser Bestimmung die vom kantonalen Versicherungsgericht vertretene Auffassung, dass die Freizügigkeitsleistung BGE 114 V 239 S. 251 je für den obligatorischen und für den weitergehenden Bereich gesondert errechnet und kumulativ ausgerichtet werden müsste, nicht zum Ausdruck. Auch dem vom deutschen abweichenden französischen Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 BVG ("La prestation de libre passage sera calculée conformément à l'art. 331a ou 331b du code des obligations si l'application de ces articles donne un montant plus élevé") lässt sich nichts zugunsten der Kumulationsmethode entnehmen. Eher scheint er in Richtung Vergleichsmethode zu gehen. Die Gründe für die unterschiedliche Fassung von Art. 28 Abs. 2 BVG sind aus den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich. c) Unter dem Gesichtspunkt des systematischen Auslegungselements ist folgendes zu beachten: Art. 28 BVG befindet sich im Zweiten Teil des Gesetzes im Rahmen des Ersten Titels über die "Obligatorische Versicherung der Arbeitnehmer". Art. 6 BVG hält ausdrücklich fest, dass der Zweite Teil des BVG Mindestvorschriften enthält. Das könnte darauf schliessen lassen, dass sich Art. 28 Abs. 2 BVG ausschliesslich auf die nach Abs. 1 zu ermittelnde obligatorische Mindestleistung bezieht. Indessen lässt sich auch aus der systematischen Einordnung von Art. 28 BVG für die zu beurteilende Frage nichts Entscheidendes ableiten. d) Die vom kantonalen Richter vertretene Kumulationstheorie kann sich nicht auf die Gesetzesmaterialien stützen, weil die im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten geäusserten Auffassungen nicht konkret im Wortlaut des Gesetzes ihren Niederschlag gefunden haben, was aber nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Massgeblichkeit der historischen Auslegungsmethode von Bedeutung wäre. e) Es bleibt die Frage zu prüfen, ob sich die von der Vorinstanz angewandte Kumulationsmethode durch Sinn und Zweck von Art. 28 BVG rechtfertigen lässt. Das ist aus folgenden Gründen zu verneinen: Die Durchführung der beruflichen Vorsorge obliegt den bestehenden oder allenfalls neu zu schaffenden BVG-Minimalvorsorgeeinrichtungen. Das Gesetz verlangt von diesen lediglich, dass sie die Mindestvorschriften des Zweiten Teils des Gesetzes (Art. 7 bis 47 BVG) beachten. Die Vorsorgeeinrichtung hat insbesondere Gewähr dafür zu bieten, dass sie hinsichtlich der Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsleistungen diese Mindestvorschriften einhält. Das gilt auch für die Freizügigkeitsleistungen. Warum es bezüglich dieser Leistungsart anders sein sollte, ist nicht einzusehen. BGE 114 V 239 S. 252 Die vom kantonalen Versicherungsgericht angewandte Kumulationstheorie geht in ihren Auswirkungen über die gesetzlichen Mindestvorschriften hinaus, indem sie die Vorsorgeeinrichtungen zusätzlich zur - minimalen - BVG-Freizügigkeitsleistung zu einer OR-Freizügigkeitsleistung für den weitergehenden Vorsorgebereich verpflichtet. Eine Vorsorgeeinrichtung wird der gesetzlichen Verpflichtung zur Gewährung der minimalen Freizügigkeitsleistung aber schon dadurch gerecht, dass sie anhand einer Schattenrechnung belegt, dass ihre nach Obligationenrecht bzw. Reglement berechnete Leistung das gesetzliche BVG-Minimum abgilt. Eine über diese Minimalleistung hinausgehende Pflicht zur kumulativen Gewährung einer OR-Freizügigkeitsleistung hätte vom Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet werden müssen, wenn dies sein Wille gewesen wäre. Das trifft nun aber eindeutig nicht zu. Art. 28 BVG erhält erst als Koordinationsnorm seine richtige und sinnvolle Bedeutung in dem Sinne, dass die Art. 331a und 331b OR sich auf die gesamte reglementarische Vorsorge beziehen. Diese Bestimmung regelt ihrem Sinn und Zweck nach das Zusammenspiel zwischen obligatorischer und weitergehender Vorsorge (HELBLING, a.a.O., S. 152; WALSER bei HELBLING, a.a.O., S. 404; LEUTWILER bei HELBLING, a.a.O., S. 444; LÜTHY, Freizügigkeitsleistungen - kumulativ oder alternativ?, in: Bessere Rahmenbedingungen für Pensionskassen, IST Schriftenreihe Nr. 15, S. 41; andere Meinung SCHWANDER, Zur Auslegung von Art. 28 BVG , in: SZS 1987, S. 192, Fn. 9; MATZINGER, Interpretation zur Berechnung der Freizügigkeit, in: SZS 1987, S. 208). 9. a) Nach dem Gesagten kommt einerseits eine Kumulation der Freizügigkeitsleistung aus dem obligatorischen Bereich - nach Art. 28 Abs. 1 oder Abs. 2 BVG - mit einer zusätzlichen Freizügigkeitsleistung aus dem weitergehenden Bereich - gemäss den Art. 331a oder 331b OR - entgegen der Auffassung des kantonalen Versicherungsgerichts nicht in Betracht. Es fragt sich anderseits, wie die in Art. 28 BVG vorgeschriebene Vergleichsrechnung in gesetzeskonformer Weise durchzuführen ist. Die Vergleichsrechnung, die von der CPV durchgeführt wurde, entspricht der Praxis der Pensionskassen, welche die Vergleichsmethode anwenden. Diese setzen das Altersguthaben gemäss Art. 28 Abs. 1 BVG in Beziehung zu der nach Obligationenrecht bzw. dem Reglement oder den Statuten errechneten Freizügigkeitsleistung, die nach ihrer Praxis auf sämtlichen Versicherungsjahren basieren und somit allenfalls auch vorobligatorisch und/oder seit dem BGE 114 V 239 S. 253 1. Januar 1985 in einer andern als der letzten Vorsorgeeinrichtung geäufnete Freizügigkeitsleistungen (einschliesslich Einkaufssummen oder andere Einmaleinlagen) umfassen soll. Eine auf diese Weise durchgeführte Vergleichsrechnung vermag jedoch weder den Anforderungen der obligatorischen Freizügigkeit nach Art. 28 Abs. 1 BVG zu genügen (Erw. 9b), noch entspricht sie den rechtlichen Erfordernissen gemäss Art. 28 Abs. 2 BVG für die Festsetzung der Freizügigkeit im Sinne der Art. 331a oder 331b OR (Erw. 9c). b) Die minimale BVG-Freizügigkeitsleistung, die eine Vorsorgeeinrichtung nach Art. 28 Abs. 1 BVG erbringen muss, entspricht höchstens dem Altersguthaben, das der Versicherte seit dem Inkrafttreten des BVG, somit frühestens seit dem 1. Januar 1985 erworben hat und das seinerseits den seit diesem Zeitpunkt verbuchten Altersgutschriften (samt Zinsen) entspricht. Ist der Versicherte schon vor dem 1. Januar 1985 Mitglied einer oder mehrerer Vorsorgeeinrichtungen gewesen und werden die bis dahin erworbenen Vorsorgeansprüche in die Berechnung der Freizügigkeitsleistung nach Obligationenrecht einbezogen, dann wird diese von vornherein in aller Regel noch während Jahren nach dem Inkrafttreten des Obligatoriums höher sein als das Altersguthaben nach Art. 28 Abs. 1 BVG , ohne dass Gewähr dafür besteht, dass die für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Obligatoriums vom 1. Januar 1985 hinweg geschuldete OR-Freizügigkeitsleistung den Erfordernissen der Mindestfreizügigkeit nach BVG genügt (vgl. Erw. 6a i.f.). Die durch die Art. 27 ff. BVG garantierte volle Freizügigkeit im Obligatoriumsbereich würde sich demnach erst nach einer sehr langen Übergangsperiode sicherstellen lassen (SCHWANDER, a.a.O., S. 191; PFITZMANN bei HELBLING, a.a.O., S. 364). Das ist offensichtlich nicht der Sinn der vom BVG mit Wirkung ab 1. Januar 1985 getroffenen Freizügigkeitsregelung und verbürgten vollen Freizügigkeit im Obligatoriumsbereich. Im weitern bietet die pauschale Vergleichsrechnung keine Gewähr dafür, dass die letzte Vorsorgeeinrichtung, die der Versicherte verlässt und von der er die Freizügigkeitsleistung beansprucht, durch die Anwendung ihrer reglementarischen Bestimmungen der ihr selber obliegenden Pflicht zur Erbringung der minimalen BVG Freizügigkeitsleistung im Rahmen der von ihr verbuchten Altersgutschriften genügt. Die nach der erwähnten Praxis berechnete OR-Freizügigkeitsleistung ist unter Umständen nur deswegen höher als die BVG-Freizügigkeitsleistung, weil sie auch bei den vorangehenden BGE 114 V 239 S. 254 registrierten Vorsorgeeinrichtungen geäufnete Freizügigkeitsguthaben umfasst. Von der Pflicht zur Finanzierung der von ihr zu verbuchenden Altersgutschriften kann sich die Vorsorgeeinrichtung, gegen die sich der Anspruch auf Freizügigkeitsleistung richtet, nicht durch den Beizug von bei andern Vorsorgeeinrichtungen angesammelten Freizügigkeitsleistungen befreien. Aus dem Gesagten folgt, dass die gesetzliche Freizügigkeitsordnung nach Art. 28 Abs. 1 BVG nur dadurch gewahrt ist, dass die durch Art. 28 Abs. 2 BVG vorgeschriebene Vergleichsrechnung auf zeitlich identischer Grundlage durchgeführt wird. Der Vergleich der BVG-Freizügigkeitsleistung mit der OR-Freizügigkeitsleistung gibt nur dann Aufschluss über die Frage, ob die letzte Vorsorgeeinrichtung der Mindestfreizügigkeit nach BVG-Obligatorium genügt, wenn dem Vergleich Versicherungsperioden zugrunde liegen, die den gleichen Zeitraum beschlagen. Massgebend ist somit die Dauer der Zugehörigkeit des Versicherten zur letzten Vorsorgeeinrichtung. Daher muss bei der Bestimmung der für den Vergleich relevanten OR-Freizügigkeitsleistung das vom Versicherten in die letzte Vorsorgeeinrichtung eingebrachte Freizügigkeitsguthaben (einschliesslich allfällige Einkaufssummen oder andere Einmaleinlagen), das ihm aufgrund von Art. 331c Abs. 1 OR bzw. aufgrund des Vorsorgeverhältnisses ohnehin bereits zusteht, ausser acht bleiben. Die so ermittelte relevante OR-Freizügigkeitsleistung ist mit der Freizügigkeitsleistung gemäss Art. 28 Abs. 1 BVG zu vergleichen. Dabei genügt es dem Obligatorium, wenn die OR-Freizügigkeit mindestens dem auf den gleichen Zeitraum entfallenden Teil des Altersguthabens, d.h. den von der Vorsorgeeinrichtung während der Zugehörigkeit des Versicherten verbuchten Altersgutschriften und Zinsen entspricht. Bei diesem Vorgehen wird nicht zwischen obligatorischer und weitergehender Vorsorge unterschieden. Das hat zur Folge, dass die umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen nicht zu einem Splitting gezwungen sind. c) Aus Art. 28 Abs. 2 BVG ergibt sich nichts anderes. Diese Bestimmung verweist nämlich nicht auf die Gesamtheit aller obligationenrechtlichen, statutarischen und vorsorgevertragsrechtlichen Normen, welche die Freizügigkeit betreffen. Vielmehr erklärt Art. 28 Abs. 2 BVG nach seinem insoweit klaren Wortlaut die "Artikel 331a oder 331b des Obligationenrechts" für "anwendbar, wenn die nach ihnen bemessene Freizügigkeitsleistung höher ist". BGE 114 V 239 S. 255 Nach dem bereits zitierten Art. 331b Abs. 1 OR hat der Arbeitnehmer unter den dort erwähnten Voraussetzungen im Freizügigkeitsfall eine Forderung gegen die Versicherungseinrichtung, die mindestens seinen Beiträgen entspricht, unter Abzug der Aufwendungen zur Deckung eines Risikos für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Für den Fall, dass vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber oder von diesem allein für fünf oder mehr Jahre Beiträge geleistet worden sind, bestimmt Abs. 2 von Art. 331 b OR , dass die Forderung des Arbeitnehmers einem der Anzahl der Beitragsjahre angemessenen Teil des auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechneten Deckungskapitals entspricht. Eine analoge Regelung findet sich für die Spareinrichtungen in Art. 331a OR . Diese Regelung zeigt, dass mit dem Eintritt des Versicherten in die letzte Vorsorgeeinrichtung ein neues Vorsorgeverhältnis begründet wird. Dass der Zuzüger allenfalls schon vorher während Jahren vorsorgerechtlich versichert war, ist für die Frage, welche Rechte ihm aufgrund von Art. 331a oder 331b OR im Freizügigkeitsfall von der neuen Vorsorgeeinrichtung zustehen, unerheblich. Der Freizügigkeitsanspruch hängt vielmehr bloss von der Dauer der Beitragszahlungen an diese Vorsorgeeinrichtung ab. Von Bedeutung ist ferner Art. 331c OR . Nach dieser Bestimmung erfüllt die Personalfürsorgeeinrichtung ihre Schuldpflicht gegenüber dem Arbeitnehmer in der Weise, dass sie zu dessen Gunsten eine Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen gegen die Personalfürsorgeeinrichtung eines andern Arbeitgebers, gegen eine der Versicherungsaufsicht unterstellte Unternehmung oder gegen eine Bank oder Sparkasse begründet ( Art. 331c Abs. 1 OR ). Nach obligationenrechtlicher Ordnung findet also die von der frühern Vorsorgeeinrichtung mitgegebene OR-Freizügigkeitsleistung nicht notwendigerweise in die letzte Vorsorgeeinrichtung Eingang, sondern sie kann auf einem Sparheft oder durch eine Freizügigkeits- Police dem Vorsorgeschutz erhalten bleiben. Bisweilen ist die Einbringung bereits erworbener Freizügigkeitsguthaben in die neue Vorsorgeeinrichtung überhaupt unerwünscht (zu den Gründen vgl. HELBLING, a.a.O., S. 133). Wird das erworbene Freizügigkeitsguthaben aber in die neue Vorsorgeeinrichtung eingebracht, dann ist es ausgeschlossen, sie unter den Begriff der vom Arbeitnehmer geleisteten Beiträge nach Art. 331b Abs. 1 OR zu subsumieren, weil dem Arbeitnehmer diese Guthaben bereits auf der Grundlage eines echten Vertrages zugunsten eines Dritten zwischen alter und neuer Vorsorgeeinrichtung zustehen (VISCHER, Der Arbeitsvertrag, BGE 114 V 239 S. 256 1979, S. 394, N. 2). Die gegenteilige Betrachtungsweise hätte ferner zur Folge, dass Versicherte, welche ihr Freizügigkeitsguthaben in die Vorsorgeeinrichtung einbringen, in bezug auf den minimalen Freizügigkeitsanspruch nach BVG-Obligatorium schlechtergestellt sein könnten als Versicherte, deren erworbene Freizügigkeitsgelder auf einem Sparheft oder in einer Versicherungspolice dem Vorsorgezweck erhalten bleiben. Aber auch bei Einkaufsgeldern handelt es sich nicht um Beiträge gemäss Art. 331b Abs. 1 OR , bezwecken diese doch bei den auf dem Leistungsprimat beruhenden Kassen und bei den klassischen Pensionskassen lediglich, rückwirkend fehlendes Deckungskapital herzustellen (HELBLING, a.a.O., S. 121, 130 und 244), wodurch erst die Grundlage für die nach Art. 331b OR bezahlten Beiträge geschaffen wird. Dass Einmaleinlagen und aus früheren Vorsorgeverhältnissen mitgebrachte Freizügigkeitsleistungen nicht als Beiträge im Sinne von Art. 331b Abs. 1 OR betrachtet werden können, ergibt sich schliesslich aus Art. 331 Abs. 3 OR , der bestimmt: "Hat der Arbeitnehmer Beiträge an eine Personalfürsorgeeinrichtung zu leisten, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, zur gleichen Zeit mindestens gleich hohe Beiträge wie die gesamten Beiträge aller Arbeitnehmer zu entrichten..." Darunter sind Beiträge zu verstehen, welche der Arbeitgeber während des Vorsorgeverhältnisses, somit zur gleichen Zeit wie der Arbeitnehmer zu erbringen hat (BRÜHWILER, Handkommentar zum Einzelarbeitsvertrag, S. 153, N. 6; vgl. auch BGE 107 II 435 Erw. 4). Wollte man die mitgebrachten Freizügigkeitsleistungen und die Einmaleinlage als Beiträge im Sinne von Art. 331b Abs. 1 OR qualifizieren, so würde dies bedeuten, dass der Arbeitgeber verpflichtet wäre, im Sinne von Beiträgen gleich hohe Betreffnisse an die berufliche Vorsorge zu entrichten. Eine solche Pflicht besteht aber offensichtlich nicht. d) Nicht zu beurteilen ist hier, wie die Vergleichsrechnung durchzuführen ist, wenn das Vorsorgeverhältnis in vorobligatorischer Zeit entstanden ist und ununterbrochen über das Datum des Inkrafttretens des BVG am 1. Januar 1985 hinaus bis zum streitigen Versicherungsfall angedauert hat. Insbesondere braucht nicht entschieden zu werden, ob aus den in Erw. 9b dargelegten Gründen oder unter dem Gesichtspunkt von Art. 91 BVG der bis Ende 1984 entstandene vorobligatorische Freizügigkeitsanspruch im Rahmen von Art. 28 Abs. 2 BVG unberücksichtigt zu bleiben hat, wie dies verschiedene kantonale Gerichte erwogen haben. BGE 114 V 239 S. 257 10. Aufgrund dieser Darlegungen ist die Vergleichsrechnung im vorliegenden Fall wie folgt durchzuführen: Im Rahmen der Bestimmung der BVG-Freizügigkeitsleistung gemäss Art. 28 Abs. 1 BVG ist zu prüfen, welche obligatorische Freizügigkeitsleistung die CPV dem Kurt J. mit Rücksicht auf die Dauer seiner Mitgliedschaft bei ihr schuldet. Das individuelle Alterskonto weist für die Zeit der Mitgliedschaft vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1986 Altersgutschriften (einschliesslich Zins) von gerundet Fr. 3'729.-- aus, was von keiner Seite bestritten wird. Anderseits steht ebenfalls fest, dass die von der CPV nach Art. 28 Abs. 2 BVG in Verbindung mit Art. 331b Abs. 1 OR geschuldete Freizügigkeitsleistung bei bloss einjähriger Mitgliedschaft nur die von Kurt J. geleisteten Arbeitnehmerbeiträge umfasst, die Fr. 3'310.-- betragen. Demnach ergibt sich nachstehende Berechnung: a. von der CPV verbuchte Altersgutschriften und Zinsen in der Zeit vom 1.5.1985-30.4.1986 Fr. 3'729.-- b. gesamte Freizügigkeit für die ganze Versicherungsdauer Fr. 213'749.-- ./. in CPV eingebrachte Freizügigkeitsleistung Fr. 201'974.-- ./. amortisierter Teil der Einmaleinlage Fr. 8'465.-- -------------- Freizügigkeitsleistung nach Art. 331b Abs. 1 OR für die Zeit vom 1.5.1985-30.4.1986 Fr. 3'310.-- ------------ Differenz Fr. 419.-- Die zeitentsprechende BVG-Freizügigkeitsleistung ist somit höher als die Freizügigkeitsleistung nach Art. 331b Abs. 1 OR . Daraus ist zu schliessen, dass die CPV die gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung der Mindestfreizügigkeitsleistung gemäss BVG nicht ganz gewahrt hat. Da Kurt J. mit der Auszahlung von Fr. 213'749.-- die in dieser Summe eingeschlossene Freizügigkeitsleistung von Fr. 3'310.-- nach Art. 331b Abs. 1 OR bereits erhalten hat, steht ihm gemäss Art. 28 Abs. 2 BVG ein Anspruch auf die Differenz gegenüber dem höhern Altersguthaben für die Zeit von Mai 1985 bis April 1986 zu. Diese Differenz beträgt Fr. 419.--. In dieser Höhe hat die CPV dem Kurt J. eine Nachzahlung auszurichten. BGE 114 V 239 S. 258 11. (Kostenpunkt.) Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden des EDI und der CPV werden im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, und es wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. Februar 1987 aufgehoben, soweit er die CPV verpflichtet, Kurt J. unter dem Titel Freizügigkeit einen Betrag von mehr als Fr. 419.-- nachzuzahlen. Auf den Antrag des Kurt J. auf Verzinsung der in die CPV eingebrachten Vorsorgekapitalien wird nicht eingetreten.
null
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
43abeb05-0d51-4671-8c16-27240c058e21
Urteilskopf 142 III 9 2. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.A. et consorts contre G. et consorts (recours en matière civile) 5A_522/2014 et autres du 16 décembre 2015
Regeste Haftung des Willensvollstreckers. Voraussetzungen der Haftung des Willensvollstreckers (E. 4.1 und 4.2). Natur und Umfang der Aufgaben des Willensvollstreckers (E. 4.3), insbesondere wenn die Erbschaft Wertschriften umfasst (E. 5.2).
Sachverhalt ab Seite 9 BGE 142 III 9 S. 9 A. A.a Par dispositions testamentaires, J.B., née le 19 novembre 1911, a institué neuf héritiers. Elle a nommé, en qualité d'exécuteurs testamentaires, H. (son expert-comptable), G. (son notaire), et I. (son gestionnaire de fortune au sein de O. SA, qui gérait son portefeuille d'actions), leur donnant tous pouvoirs pour procéder à la liquidation de sa succession. J.B. est décédée le 25 septembre 2000, sans laisser d'héritiers réservataires. Sa succession s'est ouverte à Genève, où elle était alors domiciliée. Le 6 octobre 2000, G. a notifié les dispositions testamentaires aux héritiers. Les exécuteurs testamentaires ont accepté leur mission. A.b A plusieurs reprises, les héritiers ont demandé aux exécuteurs testamentaires des explications sur la liquidation de la succession, BGE 142 III 9 S. 10 en particulier sur la réalisation des titres. Les exécuteurs testamentaires leur ont indiqué que le portefeuille de titres qui faisait partie de la succession valait 11'151'528 fr. 65 au 30 septembre 2000; il avait été intégralement vendu pour un montant global de 10'270'982 fr. 50 entre 2001 et 2003. B. Dans le cadre d'une action en paiement introduite le 29 juin 2007, les héritiers ont conclu à ce que les exécuteurs testamentaires soient condamnés à leur payer, solidairement entre eux, des dommages-intérêts de 2'029'439 fr. avec intérêts moratoires à 5 % l'an dès le 1 er avril 2001. Par jugement du 26 novembre 2012, le Tribunal de première instance du canton de Genève a constaté que les exécuteurs testamentaires avaient violé certains de leurs devoirs, causant ainsi un dommage patrimonial global aux héritiers de 1'515'445 fr., dont 870'000 fr. en raison de la mauvaise gestion du portefeuille de titres. Il les a condamnés à rembourser ce montant. Par arrêt du 23 mai 2014, la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a partiellement réformé le premier jugement, mais l'a confirmé en ce qui concerne le dommage relatif à la gestion du portefeuille de titres. C. Le Tribunal fédéral a partiellement admis les recours formés par chacune des parties contre cette décision. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: I. Responsabilité des exécuteurs testamentaires 4. Les exécuteurs testamentaires soutiennent qu'ils ne sont responsables d'aucun dommage envers les héritiers. 4.1 Le disposant peut, par une disposition pour cause de mort, charger un exécuteur testamentaire d'exécuter ses dernières volontés ( art. 517 al. 1 CC ). La responsabilité de l'exécuteur testamentaire à l'égard des héritiers s'apprécie comme celle d'un mandataire, auquel on l'assimile ( ATF 101 II 47 consid. 2 p. 53; arrêt 5C.119/2004 du 23 décembre 2004 consid. 2.2 in fine). Il appartient aux héritiers qui s'estiment lésés de prouver la violation de ses devoirs par l'exécuteur testamentaire, le dommage et la relation de causalité entre ces deux éléments. La faute de l'exécuteur testamentaire est présumée ( art. 97 CO ); il appartient à celui-ci d'établir qu'il n'a pas commis de faute pour échapper à sa responsabilité ( ATF 101 II 47 consid. 2 p. 53 s.; arrêt 5C.311/2001 du 6 mars 2002 consid. 2b). BGE 142 III 9 S. 11 S'il y a plusieurs exécuteurs testamentaires, ils sont solidairement responsables ( art. 403 al. 2 CO par renvoi de l' art. 518 al. 3 CC ), sauf si le défunt avait clairement réparti entre eux les tâches à accomplir (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 5 e éd. 2015, n° 94 ad art. 518 CC ; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2 e éd. 2015, n. 1186 p. 609; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, Die Willensvollstrecker [ci-après: Berner Kommentar], 2011,n° 429 p. 306 ad art. 517-518 CC ). 4.2 L'exécuteur testamentaire doit en principe exercer ses fonctions personnellement; il répond des actes de celui qu'il s'est indûment substitué comme s'ils étaient les siens ( art. 399 al. 1 CO par analogie). Il peut cependant recourir à des auxiliaires, sous sa propre responsabilité, pour l'exécution de tâches spéciales (arrêt 5A_414/2012 du 19 octobre 2012 consid. 8.2.2). Lorsque la substitution est licite, il répond à tout le moins du soin avec lequel il a choisi le tiers et donné des instructions ( art. 399 al. 2 CO par analogie; JEAN LOB, Les pouvoirs de l'exécuteur testamentaire en droit suisse, 1952, p. 120; MARC'ANTONIO ITEN, Délégation de tâches à des tiers: Quelle est la responsabilité de l'exécuteur testamentaire?, TREX 2014 p. 104). Selon certains auteurs, l'exécuteur testamentaire a en outre le devoir de surveiller l'auxiliaire (CHRIST/EICHNER, in Erbrecht, 3 e éd. 2015, n° 15 ad art. 518 CC ; FIORENZO COTTI, in Commentaire du droit des successions, 2012, n° 72 ad art. 518 CC ; KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 175 p. 183 ad art. 517-518 CC ; DANIEL WÜRMLIN, Questions pratiques en relation avec la représentation d'héritiers et l'exécution testamentaire, TREX 2009 p. 227 in fine). 4.3 L'exécuteur testamentaire est responsable de la bonne et fidèle exécution des tâches qui lui sont confiées ( art. 398 al. 2 CO par analogie; arrêt 5A_414/2012 du 19 octobre 2012 consid. 8.2.2). La première condition de la responsabilité de l'exécuteur testamentaire est ainsi la violation de ses devoirs. 4.3.1 En principe, l'exécuteur testamentaire a les droits et les devoirs de l'administrateur officiel d'une succession ( art. 518 al. 1 CC ). Cette règle étant de nature dispositive, le de cujus peut étendre les pouvoirs de l'exécuteur testamentaire ou, au contraire, les limiter à certains aspects de la liquidation de la succession, à certains biens ou à une certaine durée (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 195-196 p. 191 ad art. 517-518 CC ; STEINAUER, op. cit., n. 1179-1179b p. 602). Lorsque le testateur n'en dispose pas autrement, l'exécuteur BGE 142 III 9 S. 12 testamentaire est chargé de faire respecter la volonté du défunt, notamment de gérer la succession, de payer les dettes, d'acquitter les legs et de préparer le partage conformément aux ordres du disposant ou suivant la loi ( art. 518 al. 2 CC ). L'exécuteur testamentaire doit commencer son activité sans tarder, la mener rapidement et sans interruption (COTTI, op. cit., n° 18 ad art. 518 CC ; CHRIST/EICHNER, op. cit., n° 28 ad art. 518 CC ; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n° 16 ad art. 518 CC ). Il doit identifier les affaires les plus urgentes et prendre les mesures conservatoires nécessaires pour sauvegarder au mieux les droits des héritiers (CHRIST/EICHNER, op. cit., n os 41 s. ad art. 518 CC ; KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 102 p. 149 ad art. 517-518 CC ). Il est tenu de dresser un inventaire des actifs et passifs de la succession (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 102 p. 149 et n° 107 p. 155 ad art. 517-518 CC ). Il a de surcroît pour devoir d'administrer le patrimoine successoral, c'est-à-dire de prendre toutes les mesures utiles à la conservation de celui-ci et à sa liquidation (STEINAUER, op. cit., n. 1173 p. 598). Dans ce cadre, il peut procéder aux aliénations nécessaires pour conserver le patrimoine du défunt, pour payer les dettes et pour acquitter les legs; en revanche, il ne peut pas, sans l'accord des héritiers, réaliser des biens en vue du partage (STEINAUER, op. cit., n. 1180a p. 604). Assumant une position indépendante, l'exécuteur testamentaire peut ainsi décider, même contre l'accord des héritiers, de vendre les biens appartenant à la succession, dès l'instant que la vente entre dans le cadre de sa mission, par exemple si elle est nécessaire au paiement des dettes de la succession ( ATF 101 II 47 consid. 2 et 3 p. 53 ss). Il n'est en principe pas lié par la volonté des héritiers, sauf au moment du partage des biens de la succession où il doit tenir compte de leurs désirs, pour autant que ceux-ci soient compatibles avec la loi et avec les dispositions testamentaires du de cujus (arrêt 5C.277/2000 du 22 juin 2001 consid. 4b). En définitive, l'exécuteur testamentaire doit agir au mieux des intérêts de la succession (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 98 p. 146 ad art. 517-518 CC ; LOB, op. cit., p. 51); il jouit à cet égard d'un grand pouvoir d'appréciation (arrêt 5P.440/2002 du 23 décembre 2002 consid. 2.2), limité d'une part par le droit de recours des héritiers à l'autorité de surveillance, d'autre part par son devoir de diligence sanctionné par sa responsabilité à leur égard ( ATF 101 II 47 consid. 2b in fine et 2c in fine p. 56 s.). BGE 142 III 9 S. 13 4.3.2 L'exécuteur testamentaire est tenu de renseigner les héritiers sur les faits importants pour le partage de la succession et sur les activités déployées dans le cadre de sa mission ( ATF 90 II 365 consid. 3a et 3b p. 372 s.; KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 65 p. 130 et n os 215 ss p. 199 ss ad art. 517-518 CC ; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n° 17 ad art. 518 CC ). L'absence de renseignements ou des renseignements erronés peuvent engager sa responsabilité (arrêt 5C.311/2001 du 6 mars 2002 consid. 2b). (...) I.1. Gestion du portefeuille de titres 5. (...) 5.2.1 Lorsque la valeur de la succession est importante, et en particulier lorsque la succession comprend des titres, l'exécuteur testamentaire doit définir une stratégie de placement pour la durée de son activité (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 133 p. 169 ad art. 517-518 CC ), à tout le moins dans l'hypothèse où les héritiers ne se seraient pas mis d'accord sur une nouvelle stratégie, et où, par ailleurs, le défunt n'aurait donné aucune instruction à ce sujet (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 165 p. 179 ad art. 517-518 CC ; cf. aussi THOMAS GEISER, Sorgfalt in der Vermögensverwaltung durch den Willensvollstrecker, successio 2007 p. 182; WÜRMLIN, op. cit., p. 228). L'exécuteur testamentaire dispose à cet égard d'une certaine liberté d'appréciation, mais doit fonder sa stratégie sur des critères objectifs (arrêt 5P.440/2002 du 23 décembre 2002 consid. 2.3; à propos de la liberté d'appréciation, parmi plusieurs PETER BREITSCHMID, Die Stellung des Willensvollstreckers in der Erbteilung, in Gesammelte Schriften aus Anlass seines 60. Geburtstages, 2014, p. 349). Il doit garder à l'esprit qu'il lui incombe de conserver au mieux la substance de la succession (cf. pour le surplus supra consid. 4.3.1) mais aussi, en principe, de remettre aux héritiers la succession en nature (GEISER, op. cit., p. 183; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n° 27a ad art. 518 CC ). Lorsqu'il définit la stratégie de placement, il doit aussi tenir compte, dans son appréciation, de la capacité de la succession, respectivement des héritiers, de prendre des risques, de l'importance de la succession et des besoins de liquidités (HANS RAINER KÜNZLE, Die Anlagestrategie des Willensvollstreckers [ci-après: Die Anlagestrategie], successio 2009 p. 54-55). La nécessité de conserver la substance de la succession et l'horizon de temps limité à disposition pour liquider la succession ont pour conséquence une capacité BGE 142 III 9 S. 14 réduite en matière de prise de risque (GEISER, op. cit., p. 181; WÜRMLIN, op. cit., p. 228). Dans le cadre de la définition de la stratégie de placement, l'exécuteur testamentaire doit aussi prendre en compte la durée prévisible de la liquidation (jusqu'au partage), qu'il lui appartient d'évaluer (KÜNZLE, Die Anlagestrategie, op. cit., p. 55). En l'absence d'indices particuliers à cet égard, il peut s'attendre à ce que, suivant l'importance de la succession, la liquidation soit terminée en l'espace d'un à trois ans (KÜNZLE, Die Anlagestrategie, op. cit., p. 55). Enfin, dans la mesure du possible, la stratégie de placement devrait également prendre en considération la manière dont les héritiers prévoient d'utiliser leur part de la succession au terme du partage (WÜRMLIN, op. cit., p. 228). Au regard des différents critères précités, selon les circonstances, l'exécuteur testamentaire devra adapter la stratégie de placement, en d'autres termes, adopter une stratégie différente de celle du défunt (KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n° 29a ad art. 518 CC ; GEISER, op. cit., p. 181 s.); parfois, en revanche, il pourra maintenir la stratégie de placement du disposant (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 166 p. 179 ad art. 517-518 CC ; GEISER, op. cit., p. 181 s.), sans que l'on ne puisse lui reprocher d'avoir excédé son pouvoir d'appréciation. En effet, la restructuration du patrimoine engendre en principe des coûts importants (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 166 p. 179 s. ad art. 517-518 CC ), de sorte qu'elle n'est pas forcément apte à maintenir la substance de la succession; il n'est donc pas toujours judicieux pour l'exécuteur testamentaire, en présence d'un patrimoine composé d'actions solides, de le restructurer de manière conservatoire (dans le même sens CHRIST/EICHNER, op. cit., n° 50 ad art. 518 CC ). Il en résulte que, selon les circonstances, dans une optique de conservation générale de la valeur de la succession, les héritiers doivent pouvoir supporter, jusqu'au partage, des fluctuations de la valeur des titres (PETER BREITSCHMID, op. cit., n. 12.3 p. 355; KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 166 p. 180 ad art. 517-518 CC ). Cependant, s'il devient nécessaire de réinvestir ou de liquider certains éléments du portefeuille pour obtenir des liquidités, l'exécuteur devra tendre vers une stratégie de conservation du revenu et du capital ("Einkommen und reale Kapitalerhaltung"; KÜNZLE, Die Anlagestrategie, op. cit., p. 59: selon cet auteur, il faudrait ainsi tendre vers une composition du portefeuille à raison de 15-35 % d'actions, 65-85 % d'obligations, et moins de 50 % de devises étrangères). BGE 142 III 9 S. 15 5.2.2 En vertu de son devoir général d'information (cf. supra consid. 4.3.2) dans le cadre de la gestion de titres, l'exécuteur testamentaire doit informer les héritiers de la composition du portefeuille, de la stratégie de placement adoptée par le de cujus et des mesures qu'il envisage de prendre (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 217 p. 200 et n° 219 p. 202 ad art. 517-518 CC ). Dans l'hypothèse où tous les héritiers exprimeraient une position commune, l'exécuteur testamentaire devrait, dans la mesure du possible, en tenir compte, bien que les héritiers n'aient pas le pouvoir de lui donner des instructions (KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n° 27a ad art. 518 CC ; KÜNZLE, Die Anlagestrategie, op. cit., p. 53). Lorsqu'il vend des biens de la succession pour générer des liquidités afin de payer les dettes, l'exécuteur testamentaire doit en principe tenir compte des souhaits des héritiers et des besoins de la succession (GEISER, op. cit., p. 181). Le devoir d'information est violé si l'exécuteur testamentaire refuse de donner des renseignements aux héritiers (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 217 p. 200 ad art. 517-518 CC ). 5.2.3 S'il outrepasse le pouvoir d'appréciation dont il dispose concernant la stratégie de placement, l'exécuteur testamentaire engage sa responsabilité civile (KÜNZLE, Berner Kommentar, op. cit., n° 175 p. 183 ad art. 517-518 CC ). Pour déterminer si la stratégie adoptée était conforme aux devoirs de l'exécuteur testamentaire, il faut se placer au moment où elle a été adoptée ou devait être modifiée. Les héritiers ne sauraient reprocher une quelconque violation de ses devoirs à l'exécuteur testamentaire sur la base d'informations qui n'étaient pas disponibles à ce moment-là, par exemple, la variation future et imprévisible des cours de la bourse (BREITSCHMID, op. cit., n. 12.3 p. 355). (...)
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Urteilskopf 126 III 5 2. Arrêt de la IIe Cour civile du 14 janvier 2000 dans la cause Association genevoise des malentendants contre Société romande pour la lutte contre la surdité (recours en réforme)
Regeste Art. 67 Abs. 3 ZGB ; Aufhebung der Wahlen in den Vereinsvorstand; zwingend geforderter Inhalt der Traktandenliste. Auf der Traktandenliste ist anzugeben, dass Wahlen abgehalten werden; nicht erwähnt zu werden brauchen hingegen die Namen der Kandidaten der anstehenden Wahlen. Statuten, Übung oder ein Entscheid im konkreten Fall können indessen bestimmen, dass die Namen darin aufzuführen oder innert bestimmter Frist bekanntzugeben sind (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 126 III 5 S. 6 L'Association genevoise des malentendants (ci-après: AGM) a pour but la défense des malentendants et des personnes devenues sourdes. A ce titre, elle est membre de la Société romande pour la lutte contre les effets de la surdité (ci-après: SRLS), laquelle revêt également la forme d'une association. Selon les statuts de la SRLS, les amicales et les membres individuels qui la composent exercent leur droit de membre dans les assemblées générales des délégués, lesquelles nomment le président et les membres du comité central pour une période de trois ans. L'assemblée générale vote sur les propositions du comité central et des amicales portées à l'ordre du jour; aucune proposition ne peut être mise aux voix si elle n'y figure pas. Lors de l'assemblée générale du 24 mai 1997, l'AGM a proposé deux candidats pour l'élection au comité central et à la présidence de celui-ci. Ces candidatures ont été refusées, pour le motif qu'elles n'avaient pas été annoncées. La présidente et les membres du comité sortants ont été réélus malgré l'opposition de l'ensemble des délégués de l'AGM. Par jugement du 6 novembre 1998, le Tribunal de première instance de Genève a admis la demande de l'AGM tendant à l'annulation des décisions de l'assemblée générale du 24 mai 1997, dans la mesure où elles avaient pour objet la réélection de la présidente et des membres du comité central, à l'exception de deux d'entre eux. Saisie d'un appel de la défenderesse, la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a, par arrêt du 21 mai 1999, annulé ce jugement et débouté la demanderesse des fins de son action. Le Tribunal fédéral a admis le recours en réforme interjeté par l'AGM et annulé l'arrêt entrepris. Erwägungen Extrait des considérants: 2. La recourante reproche à l'autorité cantonale d'avoir considéré que ses deux candidats ne pouvaient se présenter aux élections du 24 mai 1997, faute d'avoir été annoncés préalablement. Elle fait valoir que les statuts de l'intimée exigent seulement que les propositions des amicales figurent sur l'ordre du jour. En revanche, il ne serait pas nécessaire que l'ensemble des personnes voulant se présenter aux élections du comité central y soit mentionné. a) Selon l' art. 67 al. 3 CC , les décisions de l'assemblée générale ne peuvent être prises en dehors de l'ordre du jour que si les statuts le prévoient expressément: en règle générale, il faut donc que les objets sur lesquels l'assemblée doit statuer soient portés à l'ordre du jour. BGE 126 III 5 S. 7 Les textes allemand et italien de cette disposition légale précisent qu'ils doivent l'être dûment (gehörig angekündigt, debitamente preannunciati). Savoir s'il en est ainsi se tranche de cas en cas en fonction des circonstances concrètes. Il faut qu'un objet figure à l'ordre du jour de façon telle que les sociétaires puissent aisément déterminer, au vu des statuts et de l'ordre du jour, sur quels points il y aura lieu de délibérer et le cas échéant de prendre une décision ( ATF 114 II 193 consid. 5b p. 197/198 et les références). Cette règle implique que la tenue d'éventuelles élections figure dans l'ordre du jour; en revanche, elle ne s'applique pas aux simples noms de candidats. Les statuts, l'usage ou - dans les limites de l' art. 63 al. 1 CC - une décision ad hoc peuvent cependant prévoir que les candidatures doivent être déposées jusqu'à une certaine date avant l'assemblée, afin qu'une liste puisse être présentée suffisamment tôt aux électeurs, conformément au principe de l' art. 67 al. 3 CC (RIEMER, Berner Kommentar, n. 7 ad art. 69 CC ). b) En l'espèce, les statuts ne posent pas d'exigence de forme plus rigoureuse que celle qui découle de l' art. 67 al. 3 CC . En particulier, ils ne prévoient pas expressément que les noms des candidats à élire doivent être portés à l'ordre du jour, ni être annoncés dans un certain délai. L'arrêt entrepris ne constate pas non plus qu'une décision aurait été spécialement prise en ce sens pour les élections en cause. Le trésorier de la SRLS a certes précisé qu'aucun candidat ne s'était jamais présenté en dernière minute, les noms des personnes à élire devant figurer à l'ordre du jour de l'assemblée. Cette seule déclaration ne permet toutefois pas d'affirmer qu'il s'agirait d'un usage. En l'absence de règle contraire, il y a lieu d'admettre que des personnes puissent décider de se porter candidates lors de la réception d'une convocation indiquant la tenue de prochaines élections; d'autant qu'après s'être annoncés, certains peuvent renoncer à se présenter, ce qui implique qu'il faille les remplacer. L'autorité cantonale a donc considéré à tort que les "propositions" des amicales à soumettre à l'assemblée des délégués concernaient également les noms de candidats.
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Urteilskopf 83 IV 35 8. Urteil des Kassationshofes vom 14. Februar 1957 i.S. Niederhauser gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art.25 Abs. 1 Satz 3 MFG. Angemessener Abstand beim Kreuzen eines Fussgängers.
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 83 IV 35 S. 35 A.- Am Abend des 15. Dezember 1955, als es regnete und bereits dunkel war, führte Hans Niederhauser seinen Personenwagen von Fischbach gegen Luzern. Vor Zell, als er mit mindestens 65 km/Std und 1,5 m vom rechten Rand der 5,5 m breiten Strasse entfernt fuhr, kam ihm der Fussgänger BGE 83 IV 35 S. 36 Franz Roos entgegen. Dieser schritt (in der Fahrrichtung des Personenwagens gesehen) gleichfalls am rechten Strassenrand einher und hielt den geöffneten Regenschirm schräg vor sich hin. Als Niederhauser, ohne die Geschwindigkeit herabzusetzen, nach links auszuweichen oder Signal zu geben, sich anschickte, den Fussgänger zu kreuzen, schwenkte dieser nach rechts, gegen die Strassenmitte zu, ab. Dabei wurde er vom rechten Kotflügel des Personenwagens erfasst, weggeschleudert und sofort getötet. B.- Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte am 22. Dezember 1956 Niederhauser wegen fahrlässiger Tötung ( Art. 117 StGB ) und fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs ( Art. 237 Ziff. 2 StGB ) zu zwei Monaten Gefängnis. Es warf ihm vor, er hätte vor dem Kreuzen rechtzeitig warnen, vor allem aber mehr nach links halten und die Geschwindigkeit stark herabsetzen sollen. C.- Niederhauser führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Gemäss Art. 25 Abs. 1 MFG hat der Führer eines Motorfahrzeuges u.a. beim Kreuzen einen angemessenen Abstand einzuhalten. Diese Regel gilt auch für das Kreuzen von Fussgängern ( BGE 72 II 133 Erw. 2); denn auch ihnen gegenüber, nicht nur gegenüber andern Motorfahrzeugführern, ist der Führer zur Vermeidung von Unfällen, ja sogar zur Unterlassung blosser Belästigung, verpflichtet (Art. 25 Abs. 1 MFG), und auch sie sind durch die Bestimmung des Art. 237 StGB geschützt ( BGE 75 IV 124 Erw. 4). Ob ein Abstand angemessen ist, hängt u.a. von der Art des zu kreuzenden Strassenbenützers und seinem erkennbaren oder voraussehbaren Verhalten ab, namentlich aber auch von der Geschwindigkeit, die der Motorfahrzeugführer selber einhält. Je grösser diese ist, desto schwieriger BGE 83 IV 35 S. 37 wird es, den Abstand auf den Dezimeter genau abzuschätzen und einer im Verlaufe des Kreuzens eintretenden Gefahr durch Verzögerung der Fahrt, Anhalten, Ausweichen, Warnen wirksam zu begegnen, und desto näher liegt auch die Möglichkeit, dass solche Gefahren durch Fehlreaktionen des andern Strassenbenützers überhaupt entstehen. Mit solchen Reaktionen aber hat auch der geschickteste Motorfahrzeugführer innerhalb gewisser Grenzen zu rechnen. Sie können gerade durch seine draufgängerische Fahrweise, die geeignet ist, den andern zu erschrecken oder zu verwirren, ausgelöst werden. Der Motorfahrzeugführer darf daher nie, auf seine Geschicklichkeit vertrauend, knapp rechnen (vgl. BGE 78 IV 122 ). Der Beschwerdeführer fuhr mit mindestens 65 km/Std. Da die Strasse an der Unfallstelle, die ausserorts liegt, 5,5 m breit und übersichtlich ist, war diese Geschwindigkeit nicht unbedingt übersetzt. Immerhin lag sie im Hinblick darauf, dass es dunkel war und regnete, bestenfalls knapp innerhalb des Rahmens, der durch Art. 25 Abs. 1 MFG gezogen wird. Infolgedessen hätte der Beschwerdeführer den Fussgänger nur dann mit dieser Geschwindigkeit kreuzen dürfen, wenn er einen verhältnismässig grossen Abstand eingehalten hätte, weil nur dann jede Gefährdung des Fussgängers ausgeschlossen gewesen wäre. Statt dessen beabsichtigte der Beschwerdeführer, Roos in einem Abstand von nur ca. 50-60 cm zu überholen, denn er vergrösserte seinen Abstand von 1, 5 m vom rechten Strassenrand nicht, obwohl Roos, selbst wenn er hart am Strassenrand einhergesc hritten wäre, mit dem geöffneten Regenschirm fast einen Meter dieses Zwischenraums beanspruchte. Dieser Abstand war ungenügend. Er war es umso mehr, als Roos den geöffneten Regenschirm schräg vor sich hielt, das vor ihm liegende Strassenstück also nicht überblickte und durch kein Signal gewarnt worden war, weshalb sich der Beschwerdeführer unter keinen Umständen darauf verlassen durfte, dass der Fussgänger das herannahende Fahrzeug bemerkt hatte. Darüberhinaus BGE 83 IV 35 S. 38 hätte der Beschwerdeführer sich sagen sollen, dass bei einem Fussgänger, dem die Sicht nach vorne durch den geöffneten Regenschirm verdeckt ist, in besonderem Masse Abweichungen von der Gehrichtung zu gewärtigen sind. Schliesslich war es auch darum grob fahrlässig, sich mit einem geringen Abstand begnügen zu wollen, weil es bei Dunkelheit und Regen ohnehin sehr schwer, wenn nicht geradezu unmöglich ist, den Abstand einigermassen genau abzuschätzen. Dem Beschwerdeführer hilft auch der Einwand nicht, die Vorschrift des Art. 26 Abs. 1 MFG habe ihm nicht erlaubt, weiter nach links auszuweichen. Wenn die vor dem Beschwerdeführer liegende Strecke frei war und er sie genügend weit übersehen konnte, durfte er zum Kreuzen des Fussgängers die linke Hälfte der Fahrbahn mitbeanspruchen. Waren dagegen diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so hätte er mit dem Kreuzen zuwarten müssen, bis sie erfüllt waren. Der Beschwerdeführer hat demnach die ihm nach Art. 25 Abs. 1 Satz 3 MFG obliegende Pflicht verletzt, beim Kreuzen einen angemessenen Abstand einzuhalten. Damit hat er eine Ursache des Zusammenstosses, die den Tod des Fussgängers zur Folge hatte, gesetzt und den öffentlichen Verkehr gestört. Wäre er angemessen nach links ausgewichen, so wäre er mit Roos nicht zusammengestossen. Er selber bestreitet den Kausalzusammenhang an sich nicht, sondern nur seine Rechtserheblichkeit, indem er geltend macht, es sei nicht vorauszusehen gewesen, dass der Fussgänger plötzlich nach rechts abschwenken werde. Allein, der rechtserhebliche Kausalzusammenhang wird dadurch, dass auch noch ein anderer schuldhaft zum Erfolg beiträgt, nicht unterbrochen ( BGE 68 IV 19 ; BGE 77 IV 188 ). Anders ist es nur, wenn infolge des Verschuldens des Opfers (oder eines Dritten) die Ereignisse eine Wendung nehmen, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht hat vorausgesehen werden können. Das trifft hier nicht zu; mit dem Abweichen des Roos von der geraden Spur hat der Beschwerdeführer, wie schon gesagt, rechnen müssen. BGE 83 IV 35 S. 39 Da die Störung des öffentlichen Verkehrs durch die Strafe wegen fahrlässiger Tötung nicht abgegolten wird ( BGE 76 IV 125 Erw. 3), ist der Beschwerdeführer mit Recht sowohl nach Art. 117 StGB als auch nach Art. 237 Ziff. 2 StGB bestraft worden.
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Urteilskopf 108 IV 3 2. Urteil des Kassationshofes vom 28. Mai 1982 i.S. Sch. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 117 StGB ; fahrlässige Tötung in Form eines unechten Unterlassungsdelikts. 1. Ein medizinischer Laie, der für eine 10tägige totale Fastenkur (inkl. Flüssigkeitsentzug) aufgrund der konkreten Umstände die Verantwortung trägt, übernimmt dadurch eine Schutzfunktion, die seine Garantenstellung begründet. Von ihm ist objektiv zu erwarten, dass er bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Schutzbefohlenen einen Arzt beizieht (E. 1). 2. Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten, die durch eine Unterlassung begangen werden, ist der Erfolg dem Täter dann zuzurechnen, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfällt (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2).
Sachverhalt ab Seite 3 BGE 108 IV 3 S. 3 A.- Sch. wirkte in der Schweiz als Mittelsmann von Frau H., Berchtesgaden (Westdeutschland), die von sich behauptet, als BGE 108 IV 3 S. 4 sogenannte "Adeptin" der "Höchsten Göttlichen Intelligenz" befähigt zu sein, den Menschen (und Tieren) kosmische Strahlen, d.h. "kosmische Ernährung" (nachfolgend mit "KE" abgekürzt) zu gewähren, so dass diese während bestimmter Zeit auf jegliche Nahrungs- und Flüssigkeitseinnahme verzichten könnten. Die Anwendung der von Frau H. "adeptierten" und von Sch. in der Schweiz vermittelten "Lehre" soll nicht nur keine gesundheitlichen Schäden nach sich ziehen, sondern vielmehr den Hunger in der Welt und gesundheitliche Störungen beim Menschen beseitigen. Frau B. erhoffte sich durch eine derartige Therapie Heilung von ihrer Coxarthrose und weiteren Leiden und bat deshalb Frau H. in ihrem Schreiben vom 28. Juni 1978 um Gewährung der "KE". Bereits am 15. Juli 1978 konnte sie nach Anleitung von Sch., dem sie zuvor einen Fragebogen für die Adeptin ausgefüllt auszuhändigen hatte, mit der "KE" beginnen. Zunächst hatte sie bis 2. August 1978 abwechselnd einen Tag zu fasten und am darauffolgenden sich normal zu ernähren. Diesem alternierenden Fasten folgte eine Kur von 10 Tagen, während welcher Frau B. weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich nahm und Sch. sich täglich telefonisch über ihr Befinden erkundigte. Ab Mitte der totalen Fastenperiode verschlechterte sich indessen der Zustand von Frau B.; sie wurde bettlägerig. Als die Tochter von Frau B. Sch. persönlich in Zürich aufsuchte, wurde sie von diesem beruhigt, indem er sich auf seine reiche Erfahrung stützte und für ein Durchhalten eintrat, was Frau B. denn auch tat. Am Morgen des 12. August 1978 beendigte sie wie vorgeschrieben die 10tägige Fastenkur und ass und trank nach den Weisungen von Sch. normal. Nachdem sie im Verlaufe des Nachmittags das Bett verlassen hatte, brach sie im Badezimmer zusammen und starb. Als Todesursache wurde eine massive Lungenembolie bei ziemlich frischer Thrombose der linken Schenkelvene als Folge der 10tägigen totalen Fastenkur nach vollständiger Flüssigkeitskarenz festgestellt. B.- Das Bezirksgericht Hinwil verurteilte am 23. September 1980 Sch. wegen fahrlässiger Tötung gemäss Art. 117 StGB zu 4 Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren. Auf Berufung des Angeklagten und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin bestätigte die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Urteil vom 15. September 1981 den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung nach Art. 117 StGB , erhöhte indessen die Strafe BGE 108 IV 3 S. 5 auf 6 Monate Gefängnis unter Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. C.- Gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich führt Sch. staatsrechtliche Beschwerde, auf die mit Urteil vom 10. Mai 1982 nicht eingetreten wurde, und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die zuständige kantonale Instanz zurückzuweisen. Eine ebenfalls gegen das obergerichtliche Urteil gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 7. Januar 1982 ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich gegenüber Frau B. nicht in einer Garantenstellung befunden. Für die "KE" und die damit verbundene Gefahrenquelle könne nicht er verantwortlich gemacht werden, da er lediglich als Bote die Weisungen von Frau H. ausgeführt habe. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, während der Kur über das persönliche Wohl von Frau B. zu wachen; diese sei während der "KE" von ihrer Tochter betreut worden. b) Tötungsdelikte können nach Lehre und Rechtsprechung auch durch Unterlassen begangen werden, sofern der Unterlassende Garant ist ( BGE 105 IV 19 ; SCHULTZ, AT, 4. Aufl., S. 127; RENE MEYER, Die Garantenstellung beim unechten Unterlassungsdelikt, Diss. Zürich 1972, S. 28; HANS WALDER, Vorsätzliche Tötung, Mord und Totschlag, in ZStrR 96/1979, S. 125; SCHUBARTH, Kommentar zum schweiz. Strafrecht, Bd. 1, 1982, N. 128 zur systematischen Einleitung, N. 9 zu Art. 117 StGB ). Eine solche Garantenstellung wird angenommen, wenn der Täter auf Grund einer besonderen Rechtsbeziehung verpflichtet ist, ein Rechtsgut vor allen oder bestimmten Gefahren zu schützen, oder wenn er durch sein Tun eine Gefahr geschaffen oder eine solche vergrössert hat und deshalb gehalten ist, dafür zu sorgen, dass die Gefahr zu keiner Verletzung fremder Rechtsgüter führt ( BGE 106 IV 278 ; BGE 101 IV 30 E. 2b; BGE 83 IV 13 ff.; BGE 53 I 351 ff.; SCHULTZ, a.a.O., S. 140; STRATENWERTH, AT, 1982, S. 377 ff., N. 11-18 insb. 17 und 18 zu § 14; SCHUBARTH, a.a.O., N. 130-155 insb. 146, 155/56 zur systematischen Einleitung; HAUSER/REHBERG, Strafrecht I, 2. Aufl., S. 135; MEYER, a.a.O., S. 102-109; SCHÖNKE/SCHRÖDER, Kommentar zum BGE 108 IV 3 S. 6 deutschen Strafgesetzbuch, 21. Aufl., N. 8-12, 26-28 und 32 zu § 13 D-StGB). Die Garantenstellung setzt demnach eine Rechtspflicht voraus; ein moralisches Gebot kann nicht genügen ( BGE 100 IV 212 E. 2; BGE 98 IV 172 ; BGE 79 IV 146 ; SCHULTZ, a.a.O., S. 141; derselbe, Das Unterlassungsdelikt, Referat gehalten am kriminalistischen Institut des Kt. Zürich, Wintersemester 1964/65, S. 25; HAUSER/REHBERG, a.a.O., S. 134; MEYER, a.a.O., S. 96 und 98; SCHÖNKE/SCHRÖDER, a.a.O., N. 32 zu § 13 D-StGB). Strafbar macht sich der Garant, wenn er die gebotene Handlung unterlässt, obwohl diese objektiv möglich gewesen wäre. Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten im besonderen muss durch Verletzung der gebotenen Sorgfalt der drohende tatbestandsmässige Erfolg (infolge des Nichthandelns) eingetreten sein ( BGE 101 IV 30 ff.; BGE 83 IV 15 ff.; STRATENWERTH, AT, 1982, S. 420, N. 3 zu § 17; HAUSER/REHBERG, a.a.O., S. 137 und 139). c) Der Kassationshof ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden und hat sie seinem Entscheid zugrunde zu legen. Soweit die Bestreitungen des Beschwerdeführers von einem anderen Sachverhalt ausgehen, sind sie nicht zulässig ( Art. 277bis Abs. 1 und Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ). Was die Botentätigkeit des Sch. betrifft, stellte die Vorinstanz in verbindlicher Weise fest, dass der Beschwerdeführer, Präsident der Kosmischen Gesellschaft, Frau B. mit der Lehre der "KE" bekannt machte, ihr das Werbematerial, auf dem seine Anschrift vermerkt war, herausgab und als Mittelsperson zwischen der Geschädigten und Frau H. wirkte. So konnte die Verstorbene ihr Bittgesuch für die Gewährung der "KE" nur über die Person des Beschwerdeführers der Adeptin H. zukommen lassen. Der Beschwerdeführer las sowohl dieses Schreiben, als auch etwas später den von Frau B. ausgefüllten Fragebogen über ihren Gesundheitszustand. Es war auch der Beschwerdeführer, der Frau B. mitteilte, dass ihr die Adeptin die "KE" gewähre. Nur er und nicht Frau H. stand während der darauffolgend durchgeführten Kur mit Frau B. in Verbindung. Er hatte während der ganzen Dauer des 10tägigen, absoluten Fastens Kontakt mit Frau B. So wurde täglich telefoniert. Am 5. Tag unternahm der Beschwerdeführer mit Frau B. und deren Tochter einen gemeinsamen Spaziergang. Dem Beschwerdeführer kann zugebilligt werden, dass sich bei der Entschlussfassung der Verstorbenen, die Therapie durchzuführen, und in der ersten Phase der Kur seine Tätigkeit einerseits auf Vermitteln und andererseits auf Beraten beschränkte, was für die BGE 108 IV 3 S. 7 Annahme einer Garantenstellung nicht ausreicht. Als aber Frau B. bettlägerig wurde und bei ihr Beschwerden auftraten, ermunterte er sie unter Berufung auf seine eigenen Erfahrungen zum Durchhalten. Am 7. Tag suchte die Tochter von Frau B., beunruhigt über den Gesundheitszustand ihrer Mutter, den Beschwerdeführer auf, wobei er sie zu beschwichtigen vermochte. Obwohl er von den Leiden der 65jährigen Frau (u.a. Kreislaufstörungen) wusste, trat er für eine Weiterführung der Kur ein und beseitigte die bestehenden Bedenken. Indem er sich auf Erfahrungswerte berief und sich um Frau B. äussert aktiv kümmerte, erweckte er ihr und ihrer Tochter gegenüber den Anschein, er verfüge über das notwendige Fachwissen, um jederzeit entscheiden zu können, ob die "KE"-Therapie weitergeführt werden könne oder allenfalls abgebrochen werden müsse. Die Verstorbene und ihre Tochter vertrauten daher auf sein Wissen, denn ihnen gegenüber hatte er zweifellos einen Wissensvorsprung in derartigen Therapien. Den beiden Frauen war zwar bekannt, dass er kein Arzt war. Sie verzichteten aber auf weitere Massnahmen im Vertrauen darauf, dass er wisse, was zu tun sei. Für Frau B. war der Beschwerdeführer nicht nur ein Berater sondern ein Fachmann, der für die Therapie die Verantwortung übernehmen konnte und auch übernahm. Indem er durch sein Verhalten auf die Kur und insbesondere auf die Fortführung derselben einen entscheidenden Einfluss ausübte und gleichsam die Verpflichtung der medizinischen Betreuung einging, vergrösserte er zumindest (infolge Fehlens ausreichender medizinischer Kenntnisse) eine bestehende Lebensgefahr, wenn er nicht gar eine solche setzte. Auf jeden Fall übernahm er eine Schutzfunktion, die ihn als Garant erscheinen liess, auf Grund dessen in der damaligen Situation (wie die Vorinstanz zutreffend festhielt) objektiv erwartet werden konnte, dass er in Kenntnis des verschlechterten Gesundheitszustandes von Frau B. einen Arzt beiziehe. Die Rüge des Beschwerdeführers, er habe sich in keiner Garantenstellung befunden, erweist sich somit als unbegründet. 2. Der Beschwerdeführer bestreitet den Kausalzusammenhang zwischen seinem Verhalten und dem Tod von Frau B. Bei Unterlassungsdelikten kann nicht im gleichen Sinn von Kausalität gesprochen werden wie bei positiven Handlungen. Bei Erfolgsdelikten sind nach der neueren Praxis des Bundesgerichts hinsichtlich der Kausalität die Unterlassungen hypothetisch zum eingetretenen Erfolg in Beziehung zu setzen ( BGE 105 IV 19 /20 mit Verweisungen). Der Kausalzusammenhang ist nur dann BGE 108 IV 3 S. 8 gegeben, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden könnte, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfiele ( BGE 105 IV 20 ; BGE 102 IV 102 ; BGE 101 IV 149 ff.; STRATENWERTH, AT, 1982, N. 34 zu § 14; SCHULTZ, AT, 4. Aufl., S. 128/29). Die Vorinstanz erachtete den Kausalzusammenhang auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung und des überzeugenden, ausführlichen gerichtsmedizinischen Gutachtens als erstellt, indem durch Abbruch der Diät und Einleitung einer Thrombosetherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gefährliche Situation hätte behoben und der Tod von Frau B. hätte vermieden werden können. Diesen Erwägungen ist beizutreten. Nach dem Gutachten ist der Tod von Frau B. auf die 10tägige Fastenkur mit totalem Flüssigkeitsentzug zurückzuführen, da das totale Fasten (inkl. Flüssigkeitsentzug) zu einer Bluteindickung mit zunehmender Thrombosegefahr führte, die durch das vorbestehende Kreislaufleiden noch erhöht wurde. Ohne ärztliche und klinische Überwachung derartiger Kuren mit der Möglichkeit eines rechtzeitigen Abbruchs und der Einleitung einer entsprechenden Behandlung besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Stoffwechselentgleisungen. Der Vorinstanz kann beigepflichtet werden, wenn sie aus dem Gutachten und aus der allgemeinen Lebenserfahrung den Schluss zog, ein Arzt hätte - wäre er gerufen worden - bei aller Sorgfalt die notwendigen, lebenserhaltenden Massnahmen getroffen, so dass der Tod höchstwahrscheinlich nicht eingetreten wäre. Der Kausalzusammenhang im Sinne der Rechtsprechung ist deshalb zu bejahen. 3. Der Beschwerdeführer bestreitet des weiteren, eine Sorgfaltspflicht verletzt und schuldhaft gehandelt zu haben. Gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB handelt fahrlässig, wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit dann, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet hat, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist ( BGE 103 IV 14 /15, 292; BGE 97 IV 171 f. E. 2). Wie die Vorinstanz verbindlich feststellte, hätten die ab 6. Tag der Kur aufgetretenen Beschwerden, insbesondere die Bettlägerigkeit von Frau B. und auch der Besuch der Tochter der Verstorbenen am 7. Tag, dem Beschwerdeführer aufzeigen müssen, dass die Therapie nicht problemlos verlief. Er wusste, dass die 65jährige Frau an Kreislaufstörungen litt. Ebenfalls musste er wissen, dass BGE 108 IV 3 S. 9 ein 10tägiger totaler Flüssigkeitsentzug schaden kann. Auch konnte er nicht davon ausgehen, er werde Komplikationen richtig diagnostizieren und auf solche richtig reagieren. Trotzdem trat er aber für eine Fortsetzung der Kur ein. In der gleichen Situation hätte ein umsichtiger Mensch, welcher sich selbst als medizinischen Laien bezeichnet, eine sachkundige Person beigezogen. Diese Sorgfaltspflichtverletzung ist dem Beschwerdeführer auch dann subjektiv vorwerfbar, wenn man berücksichtigt, dass er selbst an die Heilung mittels "KE", welche stets eine vorübergehende Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit sich bringe, glaubte. Der Beschwerdeführer hätte auf Grund des geschilderten Wissens, seiner überdurchschnittlichen Intelligenz, seiner Erfahrungen und trotz der ihm attestierten herabgesetzten Fähigkeit, das Unrecht seines Tuns und Lassens einzusehen, erkennen müssen, dass ein Arzt beizuziehen ist. Die nur reduzierte Einsichtsfähigkeit reicht nicht aus, um diese Anforderung an die von ihm zu erwartende pflichtgemässe Handlung hinfällig werden zu lassen. Die Frage, ob der Beschwerdeführer den Tod von Frau B. hätte voraussehen können, ist nach den vorstehenden Erwägungen über den Wissensstand und die Fähigkeiten des Beschwerdeführers ebenfalls zu bejahen. Die Vorinstanz hat mit ihrer rechtlichen Würdigung des für den Kassationshof verbindlich festgestellten Sachverhalts ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) den Begriff der Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 3 StGB daher nicht verkannt und kein Bundesrecht verletzt. Da die Vorinstanz entsprechend dem psychiatrischen Gutachten dem Beschwerdeführer lediglich eine in leichtem Grade verminderte Zurechnungsfähigkeit attestierte und dies in der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich nicht in Frage gestellt wird, erfolgte die Verurteilung von Sch. wegen fahrlässiger Tötung zurecht. 4. Der Beschwerdeführer rügt die Verweigerung des bedingten Strafvollzuges, indem er geltend macht, sie beruhe auf widersprüchlichen, unhaltbaren Überlegungen und stelle deshalb eine Ermessensüberschreitung dar. Er macht sinngemäss geltend, die Vorinstanz könne nicht auf der einen Seite bei der Frage der Schuldhaftigkeit die im psychiatrischen Gutachten festgestellte "fanatische religiöse Überzeugung" nicht berücksichtigen und auf der anderen Seite die Verweigerung des bedingten Strafvollzugs damit begründen, der Beschwerdeführer zeige auf Grund seiner "fanatischen Überzeugung" eine uneinsichtige Haltung und habe keine Lehren aus dem bisherigen Verhalten gezogen. BGE 108 IV 3 S. 10 Abgesehen davon, dass ein Widerspruch im Sachverhalt mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV geltend zu machen ist, geht der Beschwerdeführer bei seiner Schlussfolgerung von einer falschen Prämisse aus: Trotz der "fanatisch religiösen Überzeugung" wurde die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers vom Gutachter nicht ausgeschlossen; die Annahme eines Verschuldens durch die Vorinstanz schliesst daher jene über den religiösen Fanatismus des Beschwerdeführers nicht aus. Der Psychiater folgert denn auch hinsichtlich der fortbestehenden fanatisch religiösen Überzeugung des Beschwerdeführers auf S. 31 seines Gutachtens: "Dementsprechend besteht selbstverständlich die Gefahr, dass er sich auch in Zukunft ähnlich verhalten könnte." Wenn demnach die Vorinstanz über künftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers keine günstige Prognose zu stellen vermochte, überschritt sie das ihr gemäss Art. 41 Ziff. 1 StGB zustehende Ermessen nicht. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit in allen Teilen als unbegründet und ist abzuweisen.
null
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
43bd34dc-8819-428c-8422-13bce3440e02
Urteilskopf 107 Ib 325 58. Arrêt de la IIe Cour de droit public du 11 décembre 1981 dans la cause Société immobilière Bellatrix A S.A. contre Administration fédérale des contributions (recours de droit administratif)
Regeste Verrechnungssteuerrechtliche Behandlung von Immobilienaktiengesellschaften, die ihren Aktionären unter den Marktpreisen liegende Mietzinse gewähren ( Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG , Art. 20 Abs. 1 VStV ): Änderung der Rechtsprechung. 1. Die Verrechnungssteuer ist nur auf den effektiv realisierten und ausgeschütteten "Gewinnanteilen" zu erheben. Hat die Gesellschaft auf die Realisierung eines Gewinnes verzichtet, so ist die Verrechnungssteuer auch dann nicht geschuldet, wenn sie im Interesse der Aktionäre gehandelt hat. Im Bereiche des Verrechnungssteuerrechtes wird damit der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung aufgegeben (E. 2). 2. a) Die Verrechnungssteuer auf den "sonstigen Erträgen" beschlägt nur die geldwerten Leistungen im Sinne von Art. 20 Abs. 1 VStV (E. 3a). b) Begriff der geldwerten Leistung (E. 3b). c) Die Gesellschaft, welche wissentlich mit einem Aktionär/Verträge abschliesst, die für diesen günstiger sind als diejenigen, die üblicherweise am Markt abgeschlossen werden könnten, macht diesem grundsätzlich eine steuerbare Leistung (E. 3c). 3. Der Verrechnungssteuer unterliegt die Differenz zwischen dem Mietzins, den die Gesellschaft gemäss den gewöhnlichen Marktbedingungen von einem Dritten für ein bestimmtes Mietobjekt erhalten würde, und der Gesamtheit der Leistungen, die sie von ihrem Aktionär als Gegenwert für die Benützung des gleichen Objektes bekommt (E. 3c und E. 4). Der Mietwert der Wohnung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b WStB gilt vermutungsweise als dasjenige Entgelt, das die Gesellschaft von einem Dritten erhalten könnte (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 327 BGE 107 Ib 325 S. 327 La Société immobilière Bellatrix A S.A. a été fondée à Lausanne le 5 décembre 1960. Son capital social de 80'000 fr. est divisé en 80 actions au porteur de 1'000 fr., entièrement libérées. La société a pour but statutaire l'achat, la vente, la gestion et la mise en valeur de propriétés immobilières, notamment la location à ses actionnaires des appartements, jardins ou garages lui appartenant. Aux termes de l'art. 10 des statuts, le détenteur d'un certain nombre d'actions a le droit de prendre à bail une partie déterminée des immeubles de la société. Sitôt après sa constitution, la société a acquis un fonds sis à Lausanne, sur lequel elle a fait construire un bâtiment dont elle a loué les appartements et dépendances à ses actionnaires. Le bilan de la société Bellatrix, de 1972 à 1976, ne comprend pour l'essentiel qu'un seul actif, l'immeuble estimé 1'677'000 fr. Le passif se compose du capital social de 80'000 fr., de deux prêts hypothécaires de 720'000 et 200'000 fr., et de créances chirographaires des actionnaires, par 677'000 fr. De 1972 à 1975, les loyers perçus des actionnaires n'ont permis que de couvrir les charges d'exploitation et d'administration, et de balancer le compte de profits et pertes sans inscription d'un solde bénéficiaire ou déficitaire. En 1976, en revanche, la société a enregistré un bénéfice de 4'800 fr., affecté aux réserves légales et statutaires. Par décision du 3 mai 1978, l'Administration fédérale des contributions a fixé à 11'123 fr. 40 le montant dû par la société Bellatrix à titre d'impôt anticipé pour les années 1972 à 1976. Elle a considéré que la société avait exigé de ses actionnaires des loyers insuffisants, qu'elle leur avait donc fourni une prestation appréciable en argent, au sens de l' art. 20 al. 1 OIA . La différence entre le loyer normal et celui qui avait été effectivement perçu était soumise à l'impôt anticipé. Pour 1972 à 1975, l'Administration a tenu pour normal le loyer qui, après déduction des frais d'exploitation et d'administration, aurait permis à la société d'enregistrer chaque année un bénéfice net égal à 6% de son capital social. Or la société n'avait fait que couvrir ses charges durant cette période. La différence entre le loyer annuel normal et celui perçu était donc de 6% du capital de 80'000 fr., soit 4'800 fr. La somme soumise à l'impôt anticipé pour ces quatre années s'élevait à 19'200 fr. (4 fois 4'800 fr.), et le montant dû à 5'760 fr. (30% de BGE 107 Ib 325 S. 328 19'200 fr.). Pour l'exercice 1976, l'Administration a appliqué une nouvelle pratique et a tenu pour normal le loyer qui aurait permis à la société de comptabiliser un bénéfice de 6% de ses fonds propres, lesquels ne pouvaient être inférieurs à 20% de son investissement immobilier. Ce loyer devait donc suffire pour réaliser un profit net de 20'124 fr. (6% des 20% de 1'677'000 fr.). Or la société n'avait enregistré qu'un bénéfice de 4'800 fr. La différence de 15'324 fr. (20'124 fr., moins 4'800 fr.) était soumise à l'impôt anticipé et la somme due se montait donc à 5'363 fr. 40 (35% de 15'324 fr.). La société Bellatrix a formé une réclamation contre cette décision, dont elle a demandé l'annulation. Le 31 août 1979, l'Administration fédérale des contributions a confirmé la décision attaquée. La société Bellatrix a interjeté un recours de droit administratif contre la décision du 31 août 1979. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral.) 2. La constitution fédérale autorise la Confédération à percevoir un impôt anticipé sur les revenus de capitaux mobiliers (art. 41bis). Par l' art. 4 al. 1 lettre b LIA , le législateur a soumis à l'impôt les intérêts, rentes, participations aux bénéfices et tous autres rendements des actions, parts sociales et bons de jouissance émis par des sociétés anonymes, sociétés à responsabilité limitée ou sociétés coopératives suisses. La matière imposable est donc l'ensemble des rendements provenant d'actions de sociétés anonymes, seules valeurs mobilières entrant en considération en l'espèce. Il ressort néanmoins du texte légal que l'impôt est essentiellement assis sur les participations aux bénéfices, c'est-à-dire sur les distributions proportionnelles que la société fait à ses actionnaires par prélèvement sur le surplus de ses produits, notamment à titre de dividendes ou d'excédents de liquidation. L'impôt sur les participations aux bénéfices suppose une distribution aux actionnaires, laquelle n'est admissible, selon les règles impératives du droit commercial, que si la société a effectivement réalisé un excédent de produits. Ne sont donc frappés ni les bénéfices que la société fait mais garde par-devers elle, ni, à plus forte raison, ceux qu'elle a renoncé à réaliser pour une raison quelconque. Car, si la loi n'en dispose autrement, BGE 107 Ib 325 S. 329 l'impôt n'est assis que sur une matière économique réelle, et non sur des objets hypothétiques dont l'existence effective eût supposé de la part du contribuable une attitude différente de celle qu'il a adoptée. Contrairement donc à ce que le Tribunal fédéral avait admis ( ATF 102 Ib 166 ss), la définition de la matière soumise à l'impôt anticipé ne dépend nullement du but lucratif ou non lucratif de la société anonyme en cause. Est seule décisive l'existence d'un bénéfice effectivement réalisé, puis distribué. On ne saurait en la matière parler de "distributions dissimulées de bénéfices" (contra ATF ATF 102 Ib 166 ss). Les avantages concédés aux actionnaires et qui correspondent à cette notion jurisprudentielle sont précisément ceux qui amènent la société à ne pas faire de bénéfice. L'absence donc d'un excédent effectivement réalisé et enregistré exclut en pareil cas la perception de tout impôt anticipé sur les participations aux bénéfices. On ne peut alors plus que déterminer si les avantages en cause représentent d'"autres rendements des actions", au sens de l' art. 4 al. 1 lettre b LIA . 3. a) Le législateur a renoncé à définir ce que sont les rendements que frappe l'impôt, autres que les participations aux bénéfices. Se fondant sur l' art. 73 al. 1 LIA qui l'autorise à édicter les dispositions d'exécution nécessaires, le Conseil fédéral a déclaré soumise à l'impôt, à titre de rendement d'actions, "toute prestation appréciable en argent faite par la société aux possesseurs de droits de participation, ou à des tiers les touchant de près, qui ne se présente pas comme remboursement des parts au capital social versé existant au moment où la prestation est effectuée (bonis, actions gratuites, excédents de liquidation, etc.)" ( art. 20 al. 1 OIA ). Cette norme réglementaire ne repose pas sur une délégation qui, telle celle des art. 5 al. 2, 8 al. 2, 11 al. 2 ou 13 al. 2 LIA, habiliterait l'autorité gouvernementale à compléter ou à modifier les dispositions légales. Il s'ensuit qu'elle ne saurait étendre les obligations fiscales des administrés, en modifiant l'assiette de l'impôt ( ATF 104 Ib 209 ). L' art. 20 al. 1 OIA peut et doit néanmoins être pris en considération dans l'interprétation de l' art. 4 al. 1 lettre b LIA . Il y a d'autant plus de raison de le faire que l'art. 20 précité correspond pour l'essentiel à l'art. 21 al. 1 lettre c in fine AIN, lequel déclare imposables "toutes les prestations appréciables en argent faites par la société au porteur de droits de participation, sous forme de versement, virement, inscription au crédit, imputation ou d'une autre manière, qui ne constituent pas un remboursement des parts au capital social BGE 107 Ib 325 S. 330 existantes". Or, si l'impôt anticipé représente une charge fiscale définitive pour ceux qui se soustraient à l'impôt ordinaire, ou pour les étrangers qui ne peuvent ou ne veulent bénéficier de conventions de double imposition, il reste en principe un simple instrument de technique fiscale, destiné à garantir une déclaration correcte de certaines catégories de revenus ou autres rentrées financières. Il n'y a donc pas de raison d'étendre son assiette, par voie d'interprétation, à des éléments qui ne sont imposables ni selon la législation cantonale, ni selon l'arrêté concernant l'impôt pour la défense nationale. Par corollaire, lorsque l'impôt anticipé et l'impôt de défense nationale frappent les mêmes éléments de revenu, on ne saurait interpréter l' art. 4 LIA de manière plus restrictive que l'art. 21 AIN. Cela serait donner aux étrangers ou aux contribuables malhonnêtes un avantage dont le prélèvement d'un impôt à la source doit précisément les priver. (GENDRE, L'imposition des S.I. d'actionnaires-locataires: dividendes occultes sous la forme de loyers de faveur, Droit de la construction 1981 p. 71.) On peut dès lors qualifier de rendements d'actions, soumis à l'impôt par l' art. 4 al. 1 lettre b LIA , toutes les prestations appréciables en argent, au sens des art. 20 al. 1 OIA et 21 al. 1 lettre c in fine AIN, que la société fait à son actionnaire, qui ont leur cause dans les droits de participation de ce dernier et qui ne constituent pas un remboursement du capital social versé et encore existant. b) L'impôt anticipé sur les revenus de capitaux mobiliers est un impôt cédulaire à la source. Il frappe celui qui a droit à la prestation, même si le redevable légal est celui qui la fournit. Il s'ensuit que l'existence et l'étendue d'un objet soumis à l'impôt doivent s'apprécier du point de vue de l'actionnaire, qui est le contribuable réel. Et, faute de disposition légale contraire, la charge fiscale ne saurait grever qu'une matière économique réelle, à l'exclusion d'objets hypothétiques. Les rendements imposables consistent dès lors dans la valeur objective des produits réels que l'actionnaire tire effectivement de sa participation dans la société. Ils ne se mesurent pas à l'ampleur des sacrifices que la société s'impose ou se voit imposer dans l'intérêt de ses membres, mais à la valeur économique de ce que ces derniers touchent concrètement. Partant, l'actionnaire qui finance une entreprise et qui, pour en tirer avantage, l'oriente vers des activités non rentables échappe à l'impôt anticipé à moins qu'il n'amène la société à lui fournir des prestations appréciables en argent au sens des art. 20 al. 1 OIA et BGE 107 Ib 325 S. 331 21 al. 1 lettre c AIN. Et il ne reçoit une telle prestation que lorsqu'il est effectivement mis en possession d'un bien économique concret, individualisé de manière suffisante et susceptible d'une estimation en monnaie. La valeur économique qui lui est ainsi remise peut consister en un service déterminé, en un transfert de droits ou de choses, en un virement de fonds, dans la libération d'une obligation. La qualité d'actionnaire doit être la cause de l'avantage concédé. c) La société anonyme peut en principe conclure librement tous contrats civils ou commerciaux avec ses membres, notamment des prêts ou des baux. Les prestations qu'elle fait en exécution de ces conventions n'ont pas leur cause dans la qualité d'actionnaire de celui qui les reçoit. Elles ne sont donc, en soi, pas soumises à l'impôt anticipé. Les droits de participation de l'actionnaire peuvent néanmoins avoir une incidence sur les conditions auxquelles la société accepte de traiter. La société qui paie un prix anormalement élevé pour les prestations que lui font ses actionnaires ou qui leur offre les siennes à des conditions de faveur procure à ses membres des avantages économiques concrets et mesurables, susceptibles d'être soumis à l'impôt anticipé selon l' art. 4 al. 1 lettre b LIA . Il faut toutefois que les organes de la société aient ou puissent avoir conscience d'acquérir de l'actionnaire un bien économique au-dessus du prix réel, ou de lui en livrer un au-dessous du prix, opération qu'ils n'auraient pas accepté de conclure aux mêmes conditions avec une personne étrangère ( ATF 102 Ib 167 s. et les arrêts cités). La différence entre le prix convenu avec l'actionnaire et la valeur économique réelle de la prestation fournie à la société ou par elle constitue la condition d'existence et la mesure de l'avantage pécuniaire soumis à l'impôt anticipé selon les art. 4 al. 1 lettre b LIA et 20 al. 1 OIA. Or cette estimation ne peut se faire par simple comparaison du prix stipulé avec la somme des coûts de production du bien, augmentée d'une marge de bénéfice tenue pour usuelle ou équitable. Sous réserve des dispositions légales qui répriment les abus ou établissent des mécanismes spéciaux pour la fixation des prix, la valeur économique réelle d'un bien se mesure au prix que des tiers, sur un marché libre et ouvert, seraient disposés à payer pour en faire l'acquisition. La société anonyme n'a donc pas à acquitter l'impôt anticipé lorsqu'elle remet ses immeubles à bail à ses actionnaires et exige d'eux un loyer égal à celui qu'elle pourrait normalement encaisser de tiers. Peu importe BGE 107 Ib 325 S. 332 que ce loyer ne lui permette pas de réaliser de bénéfice, ni même de couvrir ses frais d'exploitation. La solution contraire interdirait pratiquement à la société de traiter avec ses actionnaires à des conditions qui apparaîtraient usuelles et normales dans des contrats passés avec des tiers. Et le fait d'investir dans des immeubles qui ne correspondent pas aux besoins du marché n'entraîne pas l'obligation de payer l'impôt anticipé, la société agirait-elle même dans l'intérêt de ses actionnaires. 4. L'impôt anticipé frappe la différence entre le loyer qu'une société immobilière encaisserait d'un tiers pour un local déterminé, aux conditions usuelles du marché, et l'ensemble des prestations qu'elle reçoit de son actionnaire pour l'utilisation du même bien. Ces prestations comprennent, outre le loyer convenu, toutes celles que l'actionnaire fournit en raison du droit d'usage qui lui est concédé; tel est notamment le cas des frais de réparations importantes que l'actionnaire accepte d'assumer, alors qu'ils incombent normalement au bailleur et non au preneur ( ATF 85 I 256 consid. 3). La valeur des appartements, villas et locaux commerciaux dépend de facteurs particuliers trop nombreux pour permettre l'établissement de prix courants ou de mercuriales. Lorsqu'une société immobilière décide d'emblée de ne traiter qu'avec ses actionnaires, il est souvent difficile d'estimer le loyer qu'elle aurait pu encaisser en concluant avec des tiers. Le prix usuel pour un type déterminé de locaux en un lieu donné ne se définit d'ailleurs pas comme une valeur moyenne précise, calculée de manière arithmétique sur la base de données statistiques. Il englobe l'ensemble des loyers situés entre les chiffres considérés comme maximum et minimum. Des prix peuvent être usuels et différer néanmoins, selon que le propriétaire élève des prétentions à la limite de l'abus au sens des art. 14 ss AMSL ou entend au contraire s'abstenir de toute âpreté au gain sans agir pour autant dans une intention libérale. Or l'administration fiscale doit prouver que la société aurait obtenu des conditions plus avantageuses en louant ses immeubles à des tiers et non à ses actionnaires. On ne saurait l'obliger à faire des études de marché dans chaque cas. Elle doit donc pouvoir recourir, au moins à titre de présomption, à une valeur relativement facile à déterminer. Cette valeur doit toutefois avoir été déduite des éléments caractéristiques des locaux en cause et tenir compte de l'état du marché immobilier. Cela signifie que le rendement normal espéré sur le capital social ou les fonds BGE 107 Ib 325 S. 333 propres ne peut servir pour mesurer la valeur économique réelle des immeubles que la société met à la disposition de ses actionnaires. Cet élément, qui peut certes influer à long terme sur le volume et la structure de l'offre globale, n'est, sous réserve des art. 14 ss AMSL , pas décisif pour la fixation du prix de location d'un immeuble particulier, dans un marché déterminé. Il est au demeurant totalement étranger à l'objet de l'impôt anticipé. La Cour de céans estime que, faute d'éléments d'appréciation plus précis et concrets, l'Administration fédérale des contributions est en droit de voir dans la valeur locative d'un immeuble, au sens de l'art. 21 al. 1 lettre b AIN, le loyer que la société encaisserait normalement en traitant avec un tiers. L'Administration peut se fonder sur l'estimation que les autorités fiscales cantonales ont faite de cette valeur, autant qu'elles ne l'aient pas simplement déduite des rendements normaux ou usuels du capital ou des fonds propres des sociétés immobilières. Elle calculera l'impôt anticipé sur la différence entre la valeur locative du bien en cause et l'ensemble des prestations que l'actionnaire fait à la société en contrepartie de son droit d'usage. La société garde néanmoins la faculté de prouver que les conditions du marché, exceptionnellement, ne lui permettaient pas ou plus de donner son immeuble à bail à un prix égal à la valeur locative. L'Administration peut d'ailleurs établir de son côté que la valeur locative est inférieure aux prix usuels du marché, lesquels redeviennent alors seuls déterminants pour le calcul de l'impôt anticipé. 5. (Evasion fiscale par sous-capitalisation?) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours, annule la décision attaquée et renvoie la cause à l'Administration fédérale des contributions pour nouvelle décision dans le sens des considérants.
public_law
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
43cb8cb6-4db4-4c42-9bc9-cd05b541d7dd
Urteilskopf 97 II 209 29. Arrêt de la IIe Cour civile du 28 octobre 1971 dans la cause Schuricht contre Weisbach.
Regeste Art. 626 ZGB . Das Geld, das ein Vater der geschiedenen Frau und den Kindern seines Sohnes zahlt, um für ihren Unterhalt zu sorgen, unterliegt nicht der Ausgleichung.
Sachverhalt ab Seite 209 BGE 97 II 209 S. 209 A.- Karl Schuricht, de nationalité allemande, a épousé Frederike Heinemann le 11 juillet 1908. Un enfant, Johannes, est issu de leur union le 6 avril 1916. Karl Schuricht a prétendu à deux personnes au moins qu'il n'était pas le père de cet enfant. Il n'a toutefois pas intenté une action en désaveu. Les époux Schuricht-Heinemann ont divorcé en 1922. Après son divorce, Frederike Heinemann a épousé Hans Weisbach, qui a adopté BGE 97 II 209 S. 210 l'enfant Johannes. Depuis lors, celui-ci a porté le nom de Weisbach et le prénom d'Helmut. Le 7 novembre 1939, Helmut Weisbach a épousé Bertha Linder. Ils ont eu deux fils: Wolfgang né le 1er mai 1941 et Michael né le 20 mars 1943. De 1939 à 1945, Helmut Weisbach a été mobilisé. Il fut détenu comme prisonnier de guerre de 1945 à 1947. Puis il a suivi des cours dans une école de commerce jusqu'en 1949. Dès 1939, Hans Weisbach a subvenu à l'entretien de la femme puis des enfants d'Helmut Weisbach. Ce dernier a divorcé en 1950. Quelques jours avant le divorce, il a obtenu de sa femme et de Hans Weisbach une attestation dans laquelle ceux-ci déclarent "renoncer volontairement à une contribution financière pour l'entretien de la famille, aussi longtemps que cela est rendu possible à M. Hans Weisbach par l'exercice de sa profession et par le déclassement de sa carte fiscale dans le groupe III". En 1944, Karl Schuricht a épousé Martha Banz. Il a également versé après la guerre des subsides à Bertha Weisbach et à ses enfants, ce qui leur a permis de faire des études. Le total de ses prestations s'élève à un montant de l'ordre de 30 000 fr. Dès l'automne 1955 et jusqu'en novembre 1965, Helmut Weisbach a versé à sa femme divorcée 400 marks par mois. Le 26 janvier 1955, Karl Schuricht a rédigé un testament qui prévoit ce qui suit: "Je soussigné, Karl Schuricht, institue comme ma seule héritière ma chère femme Martha Maria Schuricht, née Banz. Je lui laisse le soin de donner quelque chose à mes amis ou parents en souvenir de moi. Elle n'a cependant aucune obligation de le faire et peut disposer selon que bon lui semble. Pour le cas où Helmut Weisbach ou les enfants de celui-ci devraient revendiquer des droits quelconques sur ma succession, je dispose que les montants que, par compassion, j'ai payés à lui-même, respectivement à sa femme Bertha ou à ses enfants Wolfgang et Michael soient imputés sur la réserve d'héritage." (traduction) Karl Schuricht est décédé à Corseaux le 7 janvier 1967. B.- Helmut Weisbach a intenté deux actions à Martha Schuricht, l'une devant le Tribunal civil du district de Vevey, l'autre devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois. Par décision du 1er juillet 1969, le président de cette cour a ordonné d'office la jonction des deux procès. Le demandeur BGE 97 II 209 S. 211 a conclu en substance à ce qu'il soit déclaré héritier réservataire de Karl Schuricht et à ce que l'obligation de rapporter ordonnée dans le testament soit annulée. La défenderesse a conclu au rejet des deux actions. Reconventionnellement, elle a demandé que le testament de Karl Schuricht soit déclaré valable et qu'elle soit reconnue comme héritière unique du défunt. Subsidiairement, pour le cas où le droit du demandeur à la réserve serait admis, elle a conclu à ce que ce dernier rapporte à la succession tout montant attribué par le défunt à Helmut Weisbach, à Bertha Weisbach et aux enfants Wolfgang et Michael. Le 7 mai 1971, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a rendu le jugement suivant: "1. Le demandeur, Helmut Weisbach, a droit à sa réserve légale dans la succession de feu Karl Schuricht, décédé le 7 janvier 1967 à Corseaux. 2. Les dispositions du testament de feu Karl Schuricht, fait à Corseaux le 26 janvier 1955, sont annulées et de nul effet dans la mesure où elles ordonnent l'imputation, sur la part héréditaire du demandeur, des libéralités faites par le défunt en faveur de l'épouse divorcée et des enfants du demandeur." C.- Contre ce jugement, Martha Schuricht recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle maintient uniquement ses conclusions subsidiaires. Erwägungen Considérant en droit: 1. Ressortissant allemand, Karl Schuricht était domicilié à Corseaux-sur-Vevey lorsqu'il est décédé. Sa succession est ainsi soumise au droit suisse (art. 22 et 32 LRDC). 2. L'art. 626 CC dispose: "Les héritiers légaux sont tenus l'un envers l'autre au rapport de toutes les libéralités entre vifs reçues à titre d'avancement d'hoirie. Sont assujettis au rapport, faute par le défunt d'avoir expressément disposé le contraire, les constitutions de dot, frais d'établissement, abandons de biens, remises de dettes et autres avantages semblables faits en faveur de descendants." En l'espèce, Karl Schuricht n'a pas fait de libéralités à son fils Helmut Weisbach. C'est uniquement la femme de celui-ci et ses enfants qui ont été les destinataires des subsides versés par le de cujus. La seule question qui puisse se poser est de BGE 97 II 209 S. 212 savoir si, par les versements de ces prestations, l'intimé a bénéficié d'un "avantage semblable" au sens de l'art. 626 al. 2 CC. Elle doit être tranchée par la négative. Il n'est en effet même pas établi que l'intimé se soit abstenu de fournir des aliments à Bertha Weisbach et à ses enfants parce que ceux-ci recevaient des subsides de Karl Schuricht. Il ressort au contraire du jugement déféré que l'intimé n'était pas en mesure jusqu'en 1955 d'entretenir sa femme divorcée et ses enfants. On ne saurait considérer dans ces conditions que les prestations du de cujus aient eu en quelque sorte pour effet d'éteindre une dette d'entretien de l'intimé. C'est dire que les subsides versés par le de cujus n'ont procuré aucun avantage à Helmut Weisbach. Celui-ci ne saurait dès lors être tenu de rapporter à la succession des libéralités faites à des tiers et qui n'ont constitué pour lui aucun avantage patrimonial. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme le jugement rendu le 7 mai 1971 par la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois.
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Urteilskopf 90 III 76 17. Arrêt du 16 décembre 1964 dans la cause Tolmatchoff
Regeste Pfändung eines Miteigentumsanteils an einem Inhaberschuldbrief. Art. 98 Abs. 1 SchKG . Ist das Betreibungsamt befugt, einen dem Schuldner und einem Dritten zu Miteigentum gehörenden Inhaberschuldbrief in Gewahrsam zu nehmen, wenn es den Miteigentumsanteil des Schuldners gepfändet hat und der Schuldbrief sich im Besitz des andern Miteigentümers befindet?
Sachverhalt ab Seite 76 BGE 90 III 76 S. 76 A.- Dans la poursuite no 285734 exercée à la réquisition de Roland Tolmatchoff, à Genève, contre Jacques Kern, à Lausanne, l'office de Lausanne-Est a saisi la part de copropriété du débiteur sur une cédule hypothécaire au porteur de 30 000 fr., créée le 26 septembre 1963, inscrite au registre foncier sous no 98785 et grevant, en deuxième rang, les immeubles sis à Savigny, copropriété de Jacques Kern et d'Adolf Meier, à Zurich. La cédule, qui est aussi la copropriété des prénommés, se trouvait en main de Meier. Le Juge informateur de l'arrondissement de Lausanne l'a séquestrée dans une enquête instruite contre Kern pour fraude dans la saisie. Le séquestre pénal ayant été levé, l'Office des poursuites de Lausanne-Est a ordonné au juge informateur, le 5 août 1964, de lui remettre le titre saisi. B.- Meier a porté plainte contre cette décision, en demandant à l'autorité inférieure de surveillance de prononcer que l'office n'est pas fondé à prendre la cédule hypothécaire sous sa garde. Le 10 septembre 1964, le Président du Tribunal du district de Lausanne a rejeté la plainte. BGE 90 III 76 S. 77 Saisie d'un recours du plaignant, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois, statuant le 12 novembre 1964 en sa qualité d'autorité cantonale supérieure de surveillance, a réformé le prononcé attaqué et ordonné à l'office de remettre le papier-valeur litigieux à Meier. C.- Le créancier saisissant Tolmatchoff recourt au Tribunal fédéral, qu'il requiert de prononcer que l'Office des poursuites de Lausanne-Est est fondé à prendre sous sa garde la cédule hypothécaire au porteur, qui ne doit pas être remise à Meier. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l'art. 98 al. 1 LP, lorsque la saisie porte sur des espèces, billets de banque, titres au porteur, effets de change ou autres titres transmissibles par endossement, objets de prix, notamment d'or ou d'argent, l'office les prend sous sa garde. Cette règle s'applique en principe aux seuls biens en possession du débiteur, ainsi qu'aux objets dont un tiers se trouve nanti à titre de gage (art. 98 al. 4 LP). JAEGER en a déduit que l'office ne pouvait prendre sous sa garde une chose dont il n'a saisi qu'une part de copropriété et que le tiers possesseur refuse de lui délivrer (n. 14 ad art. 98 LP). Assurément, ce n'est pas la chose elle-même qui est frappée par la mesure d'exécution forcée, mais seulement une quote-part idéale du droit de propriété sur cette chose. On ne saurait admettre, toutefois, que les conséquences attachées par le droit des poursuites à la saisie d'une part de copropriété - qui est prévue expressément par l'art. 646 al. 3 CC - demeurent lettre morte. Or la loi interdit au débiteur, sous la menace de sanctions pénales, de disposer des biens saisis sans la permission du préposé. De plus, les actes de disposition accomplis par le débiteur sont nuls dans la mesure où ils lèsent les droits que la saisie a conférés aux créanciers (art. 96 al. 1 et 2 LP). 2. Aux termes de l'art. 648 al. 2 CC, le concours de BGE 90 III 76 S. 78 tous les copropriétaires est nécessaire pour disposer de la c.hose, à moins qu'ils n'aient arrêté à l'unanimité d'autres règles à cet égard. En l'espèce, le tiers copropriétaire Meier n'a pas établi qu'il ait le droit de disposer seul de la cédule hypothécaire. Il ne serait dès lors autorisé à aliéner le titre ou à le grever d'un droit réel que s'il obtenait le concours du copropriétaire Kern, et si celui-ci recevait la permission de l'office des poursuites. Le résultat pratique est par conséquent le même que si la saisie avait porté non sur une quote-part idéale de la propriété, mais sur la cédule hypothécaire elle-même. Le tiers copropriétaire ne peut invoquer un intérêt digne de protection à conserver par devers lui les biens dont une part idéale de copropriété a été saisie que s'il s'agit d'objets dont la seule possession lui procure un avantage réel. Tel serait le cas pour des meubles, des livres, des tableaux, des instruments de musique, etc. Les règles de l'art. 98 al. 2 et 3 LP seraient alors applicables. En revanche, le copropriétaire et possesseur d'une cédule hypothécaire au porteur, qui n'a pas le droit d'en disposer à cause de la saisie, n'a aucun intérêt digne d'être juridiquement protégé à recouvrer la possession du titre. Inversement, le créancier saisissant a un intérêt évident à ce que l'on empêche un acte de disposition illicite de la cédule, qui rendrait illusoire la saisie d'une part de copropriété. Son intérêt est justement protégé par la mesure prévue à l'art. 98 al. 1 LP. La menace de sanctions pénales contre le tiers copropriétaire ne suffit pas à sauvegarder le droit du créancier d'être désintéressé au moyen de la réalisation forcée de la part de copropriété saisie. La décision de l'office, qui a pris sous sa garde la cédule hypothécaire au porteur litigieuse, est dès lors fondée. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: Admet le recours et réforme la décision attaquée en ce sens que la plainte est rejetée.
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Urteilskopf 111 Ib 138 31. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 17 avril 1985 dans la cause Ch. contre Office fédéral de la police et Département fédéral de justice et police (opposition à une demande d'extradition)
Regeste Auslieferungsgesuch des Staates Tunesien. 1. Zuständigkeit zur Beurteilung eines Auslieferungsbegehrens gemäss Art. 55 IRSG (E. 1). 2. Da zwischen Tunesien und der Schweiz kein Auslieferungsvertrag besteht, sind tunesische Auslieferungsbegehren ausschliesslich in Anwendung des Landesrechts (IRSG) zu beurteilen. 3. Art. 2 lit. a und c IRSG verlangt, dass der ersuchte Staat die persönliche Lage des Verfolgten mit der bestehenden politischen Ordnung im ersuchenden Staat vergleicht (E. 4, 5 gekürzt). 4. Die Auslieferung an einen Staat, zu dem keine auslieferungsvertraglichen Verbindungen bestehen, kann nur unter Beachtung der in Art. 2 lit. a-c, 37 Abs. 2 und 38 IRSG aufgestellten Grundsätze erfolgen; sie ist somit nur dann zulässig, wenn der ersuchende Staat die Einhaltung eines diesen Grundsätzen entsprechenden Verfahrens zusichert. Im konkreten Fall ist die Auslieferung von Auflagen und Bedingungen abhängig zu machen, die geeignet sind, dem Verfolgten eine dem schweizerischen Recht entsprechende Behandlung zu gewährleisten (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 111 Ib 138 S. 139 En novembre 1982, un juge d'instruction tunisien a décerné un mandat d'arrêt contre Ch., citoyen tunisien qui, en sa qualité de directeur d'une agence de la Pharmacie centrale de Tunisie, était BGE 111 Ib 138 S. 140 soupçonné d'avoir détourné, grâce à une double facturation, un montant de plus de 130'000 dinars au détriment de cet établissement public. Les soupçons reposaient sur le résultat d'une expertise comptable établie à la fin de l'année 1982 par la Direction générale du contrôle des finances à la demande du Ministre tunisien de la santé publique. Ch. fut retrouvé en juillet 1983 dans le canton de Neuchâtel, où il venait de déposer une demande d'asile pour lui et sa famille, savoir son épouse et trois enfants en âge de scolarité. Le 24 janvier 1984, l'Ambassade de la République tunisienne à Berne a demandé formellement l'extradition de Ch. Celui-ci s'y est opposé en contestant les faits qui lui étaient imputés. Selon lui, les autorités tunisiennes avaient élaboré toute une construction en vue de le punir en réalité pour ses activités politiques au sein d'un mouvement d'opposition. Se fondant sur l' art. 55 al. 2 EIMP , l'Office fédéral de la police a transmis le dossier au Tribunal fédéral, accompagné de sa proposition. Le Tribunal fédéral a rejeté l'opposition de Ch. et admis son extradition à la République tunisienne moyennant diverses charges et conditions. Erwägungen Extrait des considérants: 1. La compétence pour se prononcer sur une demande d'extradition est déterminée par l'art. 55 de la loi fédérale du 20 mars 1981 sur l'entraide pénale internationale (EIMP). Aux termes des al. 1 et 3 de cette disposition, c'est ordinairement l'Office fédéral qui statue sur la demande, le recours de droit administratif étant ouvert conformément à l'art. 25 de la même loi. Dans le cas particulier où la personne poursuivie prétend l'être pour un délit politique ou si l'instruction permet sérieusement de croire que l'acte revêt un caractère politique, la décision incombe en revanche au Tribunal fédéral en instance unique. L'Office fédéral de la police lui envoie le dossier avec sa proposition, la personne poursuivie ayant la possibilité de se prononcer (al. 2). L'opposant prétend, d'une part, que la demande d'extradition, officiellement motivée par des infractions de droit commun, a été présentée aux fins de le poursuivre pour ses activités politiques; il craint, d'autre part, s'il est extradé, que sa situation ne soit aggravée pour des raisons politiques, les institutions de l'Etat requérant n'offrant aucune garantie à cet égard. Le Tribunal BGE 111 Ib 138 S. 141 fédéral a jugé que l' art. 55 al. 2 EIMP est applicable à tous les cas où la personne poursuivie soulève une objection de nature politique, qu'elle prétende que les faits décrits dans la demande sont des délits politiques purs, des délits politiques relatifs ou des infractions connexes à de tels délits ( art. 3 al. 1 EIMP ), qu'elle allègue que la demande tend en réalité à la poursuivre en raison de ses opinions politiques, de son appartenance à un groupe social déterminé, de sa race, de sa religion ou de sa nationalité ( art. 2 lettre b EIMP ) ou encore que l'une de ces raisons risque d'aggraver sa situation dans l'Etat étranger (art. 2 lettre c) (arrêt Ch. du 3 octobre 1984, consid. 1). C'est donc à juste titre que l'autorité administrative a fait application en l'occurrence de la procédure spéciale prévue à l' art. 55 al. 2 EIMP . 2. La Suisse n'est pas liée à la République tunisienne par un traité d'extradition. Avant l'accession à l'indépendance de cet ancien protectorat français, le 20 mars 1956, l'extradition entre les deux pays était régie par le Traité sur l'extradition réciproque des malfaiteurs conclu à Paris le 9 juillet 1869 entre la Suisse et la France. Depuis lors, la République tunisienne n'a pas manifesté, expressément ou par actes concluants, qu'elle reprenait les engagements résultant de ce traité, lequel ne lui est par conséquent pas applicable (cf. ATF 105 Ib 286 ). Aussi est-ce sous le seul angle du droit interne (EIMP) qu'il faut examiner le bien-fondé de sa demande. C'est le lieu de relever que, le 8 février 1984, l'Office fédéral a invité l'Etat requérant à donner à la Suisse une garantie de réciprocité conforme à l' art. 8 EIMP . Le 8 mars 1984, par l'organe de son Ministre de la justice, la République tunisienne a fourni une déclaration en ce sens, rédigée en langue arabe et accompagnée d'une traduction officielle en langue française certifiée conforme. 3. (Portée des critiques adressées à l'exposé des faits contenu dans une demande d'extradition. En cette matière, l'Etat requis n'a pas à examiner la culpabilité de l'opposant; il ne lui appartient donc pas de se prononcer sur la réalité des faits incriminés, tels que les expose l'Etat requérant. Cette règle ne souffre d'exceptions que s'il s'agit de vérifier l'existence d'un alibi invoqué par la personne poursuivie ( art. 53 EIMP ), si les pièces présentées sont entachées d'erreurs, de lacunes ou contradictions, ou si, de toute évidence, il est exclu de mettre les faits en question à la charge de l'opposant. En l'espèce, aucune des critiques de Ch. relatives à l'énoncé des faits de la demande ne permet de dire que celle-ci constituerait une BGE 111 Ib 138 S. 142 machination ourdie pour obtenir son extradition aux fins de le juger en réalité pour ses activités politiques.) 4. Selon l'art. 2 lettres a et c EIMP, la demande d'extradition est irrecevable s'il y a lieu d'admettre que la procédure à l'étranger n'est pas conforme aux principes de procédure fixés par la Convention européenne des droits de l'homme ou si elle risque d'aggraver la situation de la personne poursuivie en raison de ses opinions politiques, de son appartenance à un groupe social déterminé, de sa race, de sa religion ou de sa nationalité. La première de ces règles met les individus dont l'extradition est requise au bénéfice du standard minimum institué par la Convention européenne des droits de l'homme: les principes fondamentaux contenus dans celle-ci sont en effet applicables à toute personne soumise à la juridiction suisse, quels que soient sa nationalité et son domicile. La seconde introduit dans le droit interne un principe de base du droit extraditionnel contemporain qui a notamment trouvé son expression à l'art. 3 ch. 2 de la Convention européenne d'extradition conclue à Paris le 13 décembre 1957, et constitue, selon les conceptions suisses, l'une des composantes de l'ordre public international, au même titre que l'interdiction de la torture consacrée à l' art. 3 CEDH . L'application de ces règles à une espèce déterminée oblige l'Etat requis à comparer la situation personnelle de l'individu recherché avec le système politique en vigueur dans l'Etat requérant; elle l'oblige à porter un jugement de valeur sur les affaires intérieures actuelles de cet Etat, en particulier sur son régime politique, ses institutions, sa conception des droits individuels fondamentaux, la façon concrète dont ces droits sont respectés et, par-dessus tout, sur l'indépendance et l'objectivité de son appareil judiciaire ( ATF 109 Ib 70 ss consid. 6, ATF 108 Ib 410 ss consid. 8, ATF 106 Ib 304 ss consid. 5). 5. L'espèce commande, sous cet angle, les considérations suivantes: a) (Données historiques concernant la Tunisie et tirées de l'Encyclopédie universelle vol. 16, p. 399 à 403 et Supplément de 1980, p. 1452 à 1454.) En 1981, des élections législatives ont été organisées auxquelles, pour la première fois, des partis autres que le Parti socialiste destourien ont été autorisés à participer; parmi ceux-ci figure le Mouvement d'unité populaire (MUP). A l'issue de ce scrutin, le Parti socialiste destourien a obtenu 94,6% des suffrages, aucun BGE 111 Ib 138 S. 143 autre mouvement n'obtenant le quorum de 5% nécessaire pour être représenté au Parlement national. D'autre part, à la fin de décembre 1983, de graves troubles ont éclaté dans l'ensemble du pays à la suite d'une décision du gouvernement d'augmenter le prix du pain. Selon les renseignements figurant au dossier, de nombreux procès à caractère politique auraient été menés par la Haute Cour, notamment contre un ancien ministre, Driss Guiga, et contre les fauteurs des troubles déclenchés à la fin de l'année 1983. b) L'opposant, citoyen tunisien âgé de 43 ans, a toujours vécu dans son pays d'origine jusqu'à son départ pour la France au mois d'août 1982. Comptable de formation, il y a exercé des fonctions de responsabilité économique dans des entreprises à rayonnement régional et, en dernier lieu, à la tête d'une agence de la pharmacie centrale de Tunis. Il affirme s'être intéressé à la politique nationale dès sa prime jeunesse. Il aurait ainsi appartenu au Parti socialiste destourien jusqu'en 1968/1969, époque à laquelle il se serait trouvé en profond désaccord avec les orientations de ce parti. Il aurait rejoint, en 1973/1974, le Mouvement d'unité populaire de Ben Salah. Il produit à ce propos une "attestation de participation" datée du 7 juillet 1984 et signée par un membre du Comité central de ce mouvement. Cette attestation déclare que l'opposant est un militant actif d'une section régionale du mouvement et qu'il y a joué un rôle important lors des élections de 1981. Ch. soutient que son appartenance à ce mouvement et les irrégularités comptables qu'il admet avoir commises à son profit, au détriment d'un fonds constitué en faveur d'organisations agréées par le pouvoir, font peser une grave menace sur sa personne. La reconnaissance de certains partis politiques en vue des élections de 1981 n'aurait en effet été qu'une fiction, même pour le Parti communiste tunisien, reconnu pourtant officiellement à cette occasion. Il dépose une lettre adressée à son épouse, à Neuchâtel, par le Comité de coordination du Parti socialiste destourien pour le Gouvernorat de Tunis. Cette lettre a été rédigée en arabe, mais a été traduite officiellement en français à l'intention de l'Office fédéral de la police. Ses signataires y disent sans ambages que Ch. sera jugé en Tunisie "pour ses critiques contre le gouvernement et les insultes qu'il a propagées contre le gouvernement en Suisse". La lettre comporte une invitation pressante à l'épouse de l'opposant de rentrer en Tunisie avec ses enfants "à défaut de quoi il n'y aura plus d'excuses possibles". Elle insiste aussi sur la qualité de haut fonctionnaire de Ch. et les conseils qui lui avaient été donnés BGE 111 Ib 138 S. 144 de s'éloigner du Mouvement d'unité populaire et de sa politique. Comme le souligne l'Ambassade de Tunisie à Berne, l'authenticité de cette lettre est sujette à caution. Elle émane officiellement du Comité de coordination pour le Gouvernorat de Tunis, alors qu'elle a été expédiée depuis la France, le timbre postal portant l'indication "Paris gare St-Lazare". La signature en est (selon la traduction) illisible. Son contenu en fait une pièce curieusement propre à fonder les inquiétudes que l'opposant tente d'éveiller à son sujet au sein des autorités suisses. Il est incompréhensible qu'un organisme officiel, tel un comité de coordination du parti unique au pouvoir, adresse, à un moment aussi inopportun, à la famille de l'individu réclamé, des menaces écrites assez graves pour justifier la protection humanitaire que celui-ci tente d'obtenir de l'Etat requis. L'invraisemblance de cette écriture résulte de sa maladresse et de son inutilité évidente pour l'expéditeur. c) L'opposant exprime aussi la crainte de voir son affaire déférée à la Cour de sûreté de l'Etat, juridiction politique instituée par une loi tunisienne du 2 juillet 1968 pour connaître des crimes et délits contre la sûreté intérieure ou extérieure de l'Etat, ainsi que de tous crimes ou délits connexes. Cette éventualité ne saurait être écartée d'emblée. Un rapport de l'US State Department, qui se trouve au dossier, relève certains abus commis par les autorités judiciaires de l'Etat requérant, en relation notamment avec la garde à vue, le maintien en détention de suspects pour une durée illimitée sans comparution devant un tribunal et le recours à la torture et à des mauvais traitements de la part des forces de sécurité. Des constatations semblables ont été faites par Amnesty International, dans son ouvrage paru en avril 1984 aux Editions du Seuil sous le titre "La torture, instrument de pouvoir, fléau à combattre" (p. 313-315). d) Il résulte de ce qui précède que l'opposant - qui est poursuivi dans son pays pour des délits de droit commun - y a exercé des activités d'opposition au pouvoir en place. Il ne paraît pas, cependant, y avoir joué un rôle de premier plan. Il ne prétend pas que les citoyens qui se sont engagés ouvertement aux côtés des mouvements d'opposition ayant participé aux élections de 1981 aient été maltraités particulièrement par le régime pour ce fait. Son activité dissidente, qui a débuté, selon ses propres dires, il y a environ quinze ans, n'a intéressé les autorités et ses supérieurs qu'à partir du moment où il a détourné illicitement, au profit de son BGE 111 Ib 138 S. 145 mouvement politique, des subventions destinées à des organisations agréées par le pouvoir. Encore faut-il souligner qu'après la découverte de ces irrégularités, il a conservé sa fonction dirigeante durant environ six mois. L'autorité requérante affirme clairement que la poursuite pénale en cours contre lui ne concerne pas ces faits secondaires. L'opposant ne prétend pas, enfin, que les troubles sociaux qui ont agité l'Etat requérant à la fin de l'année 1983 et au début de l'année 1984 ont aggravé la situation des membres de son parti restés au pays, ni que ceux-ci aient été impliqués. Il n'a ainsi pas rendu vraisemblable qu'il courrait un risque objectif et sérieux d'être traité de manière discriminatoire au sens de l'art. 2 lettre c EIMP. Cette disposition ne constitue donc pas, in casu, un obstacle de principe à l'extradition de l'opposant. Il en va de même, compte tenu de l'ensemble des éléments fournis par le dossier, de l' art. 2 lettre a EIMP . 6. Les objections de l'opposant doivent par conséquent être écartées et son extradition à la République tunisienne peut être admise. En l'absence d'un traité, l'extradition intervient sur la base du droit suisse autonome, codifié dans la loi sur l'entraide pénale internationale (EIMP). Celle-ci ne contient pas seulement des dispositions régissant les rapports en la matière de la Suisse, en tant qu'Etat souverain, avec les autres membres de la communauté internationale. Elle institue en outre des garanties personnelles en faveur de l'extradé. Ces garanties consistent, en premier lieu, dans une référence aux principes énoncés dans la Convention de sauvegarde des droits de l'homme et des libertés fondamentales conclue à Rome le 4 novembre 1950; elles reprennent, en second lieu, les règles contenues dans la Convention européenne d'extradition conclue à Paris le 13 décembre 1957 (notamment art. 3, 11 et 14 CEExtr ). Elles ont trait soit au déroulement de la procédure, soit à l'exécution de la peine. Certaines d'entre elles participent au demeurant de l'ordre public suisse opposable à l'Etat étranger lorsque la Suisse n'est pas liée à lui par un traité. D'autres sont des éléments de l'ordre public international qui s'impose à tout Etat conventionnel ou non conventionnel ( ATF 108 Ib 410 consid. 8). L'extradition à un Etat non conventionnel ne peut donc être accordée que dans le respect de ces garanties de base. Elles seront par conséquent rappelées à l'Etat requérant chaque fois que celui-ci n'est pas lié à la Suisse par un BGE 111 Ib 138 S. 146 acte bilatéral ou multilatéral contenant des garanties similaires (cf. ATF 107 Ib 69 /70 consid. 2a). L'extradition à un Etat non conventionnel n'est, partant, admissible que si celui-ci assure que la procédure appliquée sera conforme aux principes fixés par la Convention européenne des droits de l'homme, qu'elle ne tendra pas à poursuivre ou à punir l'intéressé en raison de ses opinions politiques, de son appartenance à un groupe social déterminé, de sa race, de sa religion ou de sa nationalité et qu'elle ne risque pas d'aggraver sa situation pour l'une ou l'autre de ces raisons, ce qui découle de l'art. 2 lettres a à c EIMP. De même, l'extradition ne sera pas accordée si l'Etat en question ne donne pas la garantie que la personne poursuivie ne sera pas exécutée ou qu'elle ne sera pas soumise à un traitement portant atteinte à son intégrité corporelle ( art. 37 al. 2 EIMP ). L'Etat requis doit également rappeler le contenu, selon le droit suisse, de la règle de la spécialité qui interdit à l'Etat requérant - sous réserve d'une extension ultérieure - de poursuivre l'extradé pour un délit commis antérieurement à l'extradition, qui n'aurait pas été compris dans la demande ou pour lequel l'extradition aurait été refusée ( art. 38 EIMP ). Des conditions extraordinaires peuvent de surcroît être imposées à l'Etat requérant au regard des particularités d'une espèce. Il y a donc lieu, en l'occurrence, d'assortir l'extradition de ces charges et conditions propres à assurer un traitement de l'extradé conforme au droit interne. Aux termes de l'art. 38 al. 1 lettre c EIMP, aucun tribunal d'exception ne peut être saisi des faits pour lesquels l'extradition est accordée. En l'espèce, l'extradé doit être traduit devant le Tribunal de première instance, qui paraît jouir d'une compétence générale à l'égard des infractions de droit commun. Rien n'exclut toutefois, on l'a vu, qu'il ne soit ultérieurement, selon les résultats de l'instruction, déféré à la Cour de sûreté de l'Etat. Cette autorité n'est pas une juridiction exceptionnelle, puisqu'elle est instituée par la loi et ne constitue pas un tribunal mis sur pied post factum et disposant du pouvoir d'infliger des peines supérieures à celles du droit pénal commun ( ATF 109 Ib 68 consid. 4, ATF 108 Ib 409 consid. 7a et les arrêts cités). Elle paraît cependant, de par sa structure même, ne pas offrir des garanties suffisantes d'un traitement conforme au standard minimum prévu dans la Convention européenne des droits de l'homme. Le Tribunal fédéral peut toutefois s'abstenir d'émettre une réserve expresse la concernant, qui reviendrait à une immixtion dans le partage des BGE 111 Ib 138 S. 147 compétences instituées par la législation de l'Etat requérant. La condition faite à celui-ci de respecter les garanties de procédure fixées par la Convention européenne des droits de l'homme, jointe aux possibilités de contrôle qu'il convient en l'espèce d'accorder à l'Etat requis, peut sembler à ce propos suffisante au regard du dossier.
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Urteilskopf 126 IV 1 1. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 décembre 1999 dans la cause X. contre Procureur général du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 43 und 45 Ziff. 6 StGB ; Verwahrung geistig Abnormer, Verjährung. Art. 45 Ziff. 6 2 . Satz StGB begründet in Bezug auf die Verwahrung eine Art von Verjährung, wonach die Massnahme nicht mehr vollzogen wird, wenn die Strafe verjährt ist. Diese Vorschrift gilt nur für die Verwahrung gemäss Art. 42 StGB ; sie ist auf die Verwahrung gemäss Art. 43 StGB nicht anwendbar (E. 2b und c).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 126 IV 1 S. 1 A.- X., né en 1946, a été condamné à plusieurs reprises en Suisse pour des infractions contre la vie, la liberté, l'intégrité sexuelle et le patrimoine. Sa première condamnation remonte à 1966; depuis lors, il a principalement subi les condamnations suivantes: a) le 16 juin 1970, le Tribunal de district de Porrentruy l'a condamné à 3 ans de réclusion et a suspendu la peine au profit d'une hospitalisation selon l' art. 15 CP alors en vigueur; BGE 126 IV 1 S. 2 b) le 15 août 1973, la première Chambre pénale de la Cour suprême du canton de Berne l'a condamné à 3 mois d'emprisonnement et a suspendu la peine au profit d'un internement selon l' art. 43 ch. 1 al. 2 CP ; c) le 23 août 1974, le Tribunal de district de Moutier l'a condamné à 12 mois de réclusion, peine à nouveau suspendue au profit d'un internement selon l' art. 43 ch. 1 al. 2 CP ; d) le 2 juillet 1976, la Cour d'assises du IVe district du canton de Berne l'a condamné à 12 ans de réclusion, renonçant à une nouvelle mesure d'internement; e) le 9 juin 1988, la Cour d'assises de Genève l'a condamné à 15 ans de réclusion; elle a estimé que "seul le prononcé d'une peine peut entrer en considération dans le cas présent". Les mesures d'internement (cf. let. b et c ci-dessus) ont été suspendues par décision de la Direction de la police du canton de Berne du 26 novembre 1976, en application de l'art. 2 ch. 8 de l'Ordonnance 1 du Code pénal. Par décision du 11 novembre 1997, la Commission de libération conditionnelle du canton de Genève a refusé de libérer X., considérant que le pronostic quant à la conduite future du détenu était défavorable. "B.- En date du 8 juin 1998, le Procureur général du canton de Genève a déposé une "requête en exécution d'une peine et d'une mesure" auprès de la Chambre pénale de la Cour de justice genevoise. Faisant valoir que les peines prononcées à l'encontre de X. seraient toutes entièrement exécutées le 30 décembre 2002 et que l'intéressé présentait un grave danger pour les tiers, il concluait à la levée de la suspension des mesures d'internement ordonnée en 1976 par la Direction de la police du canton de Berne et à ce que X. soit interné dans un établissement approprié aussitôt qu'il aurait subi les peines qui lui avaient été infligées." Par arrêt du 22 février 1999, la Chambre pénale, admettant la recevabilité de la requête, a désigné trois médecins comme experts psychiatres chargés de prendre connaissance de la procédure, d'examiner X. et d'établir un rapport. Saisie d'un recours de X., la Cour de cassation genevoise, par arrêt du 2 juillet 1999, l'a déclaré irrecevable, considérant que l'arrêt qui lui était déféré constituait une décision incidente qui ne causait pas de dommage irréparable à l'intéressé. Dans un souci d'économie de la procédure, elle a néanmoins examiné brièvement la question de la prescription. BGE 126 IV 1 S. 3 C.- X. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Se plaignant d'une violation des art. 43, 45 ch. 6, 73 et 75 CP , il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision; il sollicite par ailleurs l'assistance judiciaire et l'effet suspensif. Erwägungen Considérant en droit: 2. b) Le recourant soutient qu'en vertu des art. 45 ch. 6, 73 et 75 CP , la dernière mesure d'internement, ordonnée en 1974, est absolument prescrite. En principe, les mesures de sûreté ne se prescrivent pas (MARTIN KILLIAS, Précis de droit pénal général, Berne 1998, p. 283; LOGOZ, Partie générale, 2ème éd., Neuchâtel-Paris 1976, art. 73 CP no 4). Selon l' art. 45 ch. 6 CP , lorsque cinq ans se seront écoulés dès la condamnation, l'ordre de réintégration ou l'interruption de la mesure sans qu'exécution s'ensuive ou se poursuive et que la mesure ne s'impose plus, le juge décidera si et dans quelle mesure les peines non subies seront exécutées. Le délai est de dix ans en cas d'internement; celui-ci ne sera plus exécuté si la peine est prescrite. Cette dernière phrase instaure une sorte de prescription de la mesure; si la peine est prescrite, la mesure devient caduque. Certains auteurs estiment que cette quasi-prescription ne s'applique qu'à l'internement au sens de l' art. 42 CP (SCHULTZ, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, vol. II, 4ème éd. Berne 1982, p. 148; TRECHSEL, Kurzkommentar, 2éme éd. Zurich 1997, art. 45 no 11; contra: LOGOZ, op. cit., art. 45 no 6). L' art. 45 ch. 6 CP règle la manière de procéder lorsqu'une mesure n'a pas pu être exécutée pendant un temps assez long. L'ancien droit contenait pour chaque mesure une disposition sur la quasi-prescription; la mesure devenait caduque et seule la peine devait être exécutée si elle n'était pas prescrite. Ce système s'est révélé insatisfaisant lorsque le motif de la mesure subsistait sans changement. C'est pourquoi l' art. 45 ch. 6 CP prévoit que le juge devra examiner, pour chaque mesure, si elle est encore nécessaire; dans la négative, il décidera si la peine doit encore être exécutée en tout ou en partie (FF 1965 I 569 ss, 585). Dans leur ancienne teneur, les art. 43 et 44 CP prévoyaient en effet que tout renvoi dans une maison d'éducation au travail (art. 43 ch. 7 aCP) et tout internement dans un asile pour buveurs (art. 44 ch. 6 aCP) n'ayant pas été mis à exécution pendant 5 ans ne pouvait plus BGE 126 IV 1 S. 4 être exécuté. L'art. 42 ch. 7 aCP relatif à l'internement des délinquants d'habitude précisait que s'il s'était écoulé plus de 10 ans depuis la condamnation sans que l'internement ait pu être mis à exécution, l'autorité compétente décidait s'il y avait lieu d'exécuter la peine ou l'internement; si la peine était déjà prescrite, l'internement ne devait plus être exécuté. Cette règle a été reprise à l' art. 45 ch. 6 CP (FF 1965 I 569 ss, 582). Il résulte de ce qui précède que, s'agissant des mesures au sens des art. 43 et 44 CP , le législateur a voulu supprimer la règle de la quasi-prescription figurant, respectivement, au chiffre 6 et au chiffre 7 de ces dispositions, qu'il estimait insatisfaisante, et permettre au juge, après un délai de 5 ans, d'examiner si la mesure est encore nécessaire. En revanche, pour l'internement au sens de l' art. 42 CP , il a laissé subsister l'ancienne règle, qui prévoyait déjà que, s'il s'était écoulé plus de 10 ans depuis la condamnation sans que l'internement ait pu être mis à exécution, l'autorité compétente pouvait décider s'il y avait lieu d'exécuter cette mesure et que, si la peine était prescrite, l'internement ne devait plus être exécuté. La règle de la quasi-prescription prévue à l' art. 45 ch. 6 CP ne vaut donc que pour l'internement au sens de l' art. 42 CP . En particulier, elle ne s'applique pas à l'internement au sens de l' art. 43 CP ; l'art. 43 aCP, qui ne traitait pas de l'internement, a en effet été modifié, en même temps que l' art. 45 ch. 6 CP , de manière à remplacer les art. 14, 15 et 17 aCP, lesquels ne prévoyaient pas de quasi-prescription; on ne voit dès lors pas que le législateur ait eu l'intention d'appliquer la règle de la quasi-prescription à l'internement au sens de l' art. 43 CP sans le dire clairement; or, comme les art. 14 ss aCP, l' art. 43 CP , contrairement à l' art. 42 ch. 4 CP , ne fixe pas de durée minimale ou maximale de la mesure, qui n'est levée que lorsque sa cause a disparu. Que la règle de l' art. 45 ch. 6 2 ème phrase CP ne vise que l'internement au sens de l' art. 42 CP résulte d'ailleurs implicitement de l' ATF 101 Ib 156 consid. 1b p. 158, qui admet clairement l'application de la première phrase, et non de la deuxième phrase, de l' art. 45 ch. 6 CP à l'internement au sens de l' art. 43 CP , précisant qu'il peut être statué sur la nécessité d'une telle mesure même lorsque plus de cinq ans se sont écoulés depuis qu'elle a été interrompue. c) La peine de 3 mois d'emprisonnement et celle de 12 mois de réclusion qui ont été infligées, respectivement le 15 août 1973 et le 23 août 1974, au recourant ont été toutes deux suspendues au profit d'un internement au sens de l' art. 43 ch. 1 al. 2 CP le 26 novembre BGE 126 IV 1 S. 5 1976. Ce sont ces deux mesures qui pourraient être réactivées selon l' art. 45 ch. 6 CP . S'agissant de mesures au sens de l' art. 43 CP , c'est donc sans violer le droit fédéral que l'autorité cantonale a refusé de faire application de l' art. 45 ch. 6 2 ème phrase in fine CP et qu'elle a considéré que la question du temps écoulé devra être traitée lorsque le juge sera amené à examiner si la mesure est encore nécessaire au sens de l' art. 45 ch. 6 1 ère phrase CP. Le pourvoi doit dès lors être rejeté dans la mesure où il est recevable.
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Urteilskopf 101 IV 266 60. Urteil des Kassationshofes vom 20. November 1975 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau gegen V.
Regeste Art. 42 StGB ; Verwahrung. 1. Der Richter darf nicht von der Verwahrung absehen, weil der Täter im Ausland ebenfalls ein Strafverfahren zu gewärtigen hat und zu diesem Zweck auszuliefern sein wird (Erw. 2b). 2. Bedeutung der Schwere der früheren Straftaten (Erw. 3a). 3. Wann sind im Ausland begangene Straftaten bzw. daselbst verbüsste Strafen oder durchgeführte Massnahmen zu berücksichtigen? (Erw. 3b.)
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 101 IV 266 S. 266 A.- Der 1941 geborene österreichische Staatsangehörige V. wuchs zunächst bei Pflegeeltern auf, wurde dann bei Bauern verdingt, verbrachte zwei Jahre in Erziehungsheimen und arbeitete später unregelmässig an den verschiedensten Orten als Hilfsarbeiter. Ab 1955 wurde er immer wieder straffällig, indem er sich insbesondere des einfachen und qualifizierten Diebstahls, der Sachbeschädigung, des Betrugs, der Entwendung von Motorfahrzeugen zum Gebrauch usw. schuldig machte. Sein strafbares Verhalten führte von 1955 bis 1970 in Österreich zu neun Verurteilungen zu Arreststrafen bzw. schwerem Kerker (1959: 4 Monate; 1967: 8 Monate; 1968: 14 Monate; 1970: 15 Monate; 1973: 1 1/2 Jahre), 1969 in Deutschland zu einer Verurteilung zu vier Monaten Gefängnis BGE 101 IV 266 S. 267 und 1973 in der Schweiz zu zwei Verurteilungen zu vier Monaten bzw. drei Wochen Gefängnis, wobei die letzte Verurteilung in Österreich und die letzte in der Schweiz die gleichen Straftaten betrafen. Am 2. Oktober 1974 wurde V. in Österreich aus dem Vollzug der 18monatigen Kerkerstrafe mit einem Barbetrag von 1'370 Schilling und der Aussicht, in Dornbirn eine Stelle antreten zu können, entlassen. Statt diese anzunehmen, überschritt er am gleichen Tag illegal die Grenze und verübte innert wenigen Tagen in der Schweiz eine Reihe von Einbrüchen. B.- Am 12. September 1975 verurteilte die Kriminalkammer des Kantons Thurgau V. wegen qualifizierten Diebstahls, fortgesetzter Sachbeschädigung, fortgesetzten Hausfriedensbruchs, Verweisungsbruchs und fortgesetzten Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Führerausweises, alles begangen im Rückfall, zu 18 Monaten Zuchthaus. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil der Kriminalkammer sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Verwahrung des V. gemäss Art. 42 StGB anordne. V. beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz anerkennt selber, dass die Voraussetzungen für eine Verwahrung des Beschwerdegegners "ohne Zweifel" erfüllt sind. Trotzdem und entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft hat sie von der Anordnung dieser Massnahme abgesehen, weil V. sich in der Schweiz nur zweimal und nicht allzu schwerwiegend strafbar gemacht habe und weil ihn nach der Verbüssung der Strafe in der Schweiz ein neues Strafverfahren in Österreich erwarte, wofür er auszuliefern sei. 2. Diese Argumentation hält nicht. Sind die Voraussetzungen des Art. 42 StGB gegeben, dann kann die Anordnung der Verwahrung nicht aus Überlegungen umgangen werden, wie sie die Kriminalkammer anführt. Art. 42 Ziff. 1 StGB schreibt zwar nicht vor, der Richter müsse die Verwahrung anordnen, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, sondern stellt sie in sein Ermessen. Indessen bedeutet BGE 101 IV 266 S. 268 Ermessen nicht freies Belieben. Da Art. 42 StGB die Verwahrung vorsieht, um die Gesellschaft vor dem unverbesserlichen Gewohnheitsverbrecher wirksamer zu schützen als eine Freiheitsstrafe es vermöchte, darf der Richter von der Anordnung der Verwahrung nur absehen, wenn er überzeugt ist, dass schon der Vollzug der Strafe den Verurteilten dauernd vor Rückfällen bewahren und damit die Öffentlichkeit wirksam vor ihm schützen werde. Ist von einer Bestrafung eine solche Wirkung nicht zu erwarten und besteht auch sonstwie keine zureichende Sicherung der Gesellschaft gegen den Rechtsbrecher, so muss der Richter gemäss Art. 42 StGB verfahren ( BGE 99 IV 72 /73). a) Die Vorinstanz behauptet selber nicht, dass die von ihr ausgefällte Strafe eine solche Wirkung entfalten würde. Vielmehr bezeichnet sie V. als unverbesserlichen Gewohnheitsdelinquenten. Dann aber durfte sie von einer Verwahrung nur absehen, wenn sonstwie eine ebenso zuverlässige Sicherung der Öffentlichkeit gewährleistet war, wie sie eine Verwahrung nach Art. 42 StGB hätte bewirken können. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. b) Der Umstand, dass der Beschwerdegegner in Österreich ebenfalls ein Strafverfahren zu gewärtigen hat und zu diesem Zweck an die österreichischen Strafbehörden auszuliefern sein wird, bietet keine Gewähr für eine der schweizerischen Verwahrung entsprechende, auf lange Dauer angelegte Sicherung der schweizerischen Öffentlichkeit vor neuen Straftaten V.s; denn was für Sanktionen die österreichischen Strafbehörden ergreifen werden, ist ungewiss. Es besteht daher die Möglichkeit, dass V. nach Verbüssung einer Strafe in Österreich, die ungleich viel kürzer sein kann, als es eine in der Schweiz angeordnete Verwahrung wäre, wiederum in der Schweiz auftaucht und hier straffällig wird. Wie die Staatsanwaltschaft überzeugend dargetan hat, befand sich das Zentrum der Aktivitäten des Beschwerdegegners seit 1959 in Vorarlberg und insbesondere im Raum Dornbirn, also nahe der Schweizer Grenze. Diese hat er seit 1973 trotz lebenslänglicher Landesverweisung schon zum dritten Mal illegal überschritten, um in der Schweiz straffällig zu werden. Ein wirksamer Schutz der schweizerischen Öffentlichkeit, wie sie durch die Verwahrung V.s gegeben wäre, ist demnach von einer Auslieferung an die österreichischen Strafbehörden nicht mit Sicherheit zu erwarten. BGE 101 IV 266 S. 269 Im übrigen geht es nicht nur um den Schutz der öffentlichen Ordnung der Schweiz, sondern um den Schutz der menschlichen Gesellschaft überhaupt vor diesem Gewohnheitsverbrecher. Mit seinem Abschieben ins Ausland allein wäre Art. 42 StGB selbst dann nicht Genüge getan, wenn mit einer weiteren Gefährdung der Schweiz nicht mehr ernsthaft zu rechnen wäre. 3. Sollte die Vorinstanz mit dem Hinweis darauf, dass V. sich in der Schweiz vor den neu beurteilten Straftaten nur zweimal und nicht allzu schwerwiegend straffällig gemacht habe, entgegen ihrer Feststellung, dass die Voraussetzungen des Art. 42 Ziff. 1 StGB erfüllt seien, diese dennoch nicht für gegeben erachten, so könnte ihr der Vorwurf der Verletzung von Bundesrecht auch insoweit nicht erspart werden. a) Wie gesagt, ist Grund der Verwahrung die Unverbesserlichkeit des Täters. Die Massnahme wird deshalb nicht so sehr durch die Schwere der früher begangenen Delikte, als vielmehr durch ihre Zahl und die Dauer der bereits erstandenen Strafen oder Massnahmen und den neuerlich bekundeten Hang zu Verbrechen und Vergehen gerechtfertigt. Die Schwere der früheren Straftaten ist nach Art. 42 StGB nur in dem Sinne von Belang, als diese als Verbrechen oder Vergehen in Erscheinung treten und eine Bestrafung mit Gefängnis oder Zuchthaus von insgesamt mindestens zwei Jahren oder die Anordnung von sichernden Massnahmen zur Folge haben mussten. b) Die Tatsache schliesslich, dass V. vor den letztbeurteilten Straftaten nur zweimal in der Schweiz straffällig geworden ist, hilft ebenfalls nicht. Die Unverbesserlichkeit des Rechtsbrechers und die Notwendigkeit seiner Verwahrung beurteilen sich nicht bloss nach den in der Schweiz verübten Delikten; vielmehr sind auch die im Ausland begangenen Straftaten mit zu berücksichtigen, soweit sie nach schweizerischem Recht als vorsätzliche Verbrechen oder Vergehen strafbar gewesen wären. Ebenso sind die im Ausland verbüssten Strafen und vollzogenen Massnahmen nach Art. 42 StGB von Belang, soweit sie mit den schweizerischen Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen bzw. den schweizerischen Massnahmen vergleichbar sind und in Urteilen ausgefällt wurden, die den Grundsätzen des schweizerischen Rechts nicht widersprechen (s. Art. 67 Ziff. 2 StGB ). So hat der Kassationshof in BGE 99 IV 72 die BGE 101 IV 266 S. 270 Unverbesserlichkeit des Rechtsbrechers aufgrund von Strafen und Massnahmen bejaht, die zur Hauptsache in Deutschland ausgesprochen und dort verbüsst bzw. durchgeführt worden sind. Dass im vorliegenden Fall die namentlich in Österreich verübten Diebereien und Entwendungen von Motorfahrzeugen zum Gebrauch und die dafür ausgesprochenen Kerkerstrafen jenen Bedingungen nicht genügten, hat die Vorinstanz selber nicht angenommen und wird auch vom Beschwerdegegner nicht behauptet. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Kriminalkammer des Kantons Thurgau vom 12. September 1975 aufgehoben und die Sache zur Anordnung der Verwahrung nach Art. 42 StGB an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 92 I 427 72. Urteil vom 28. November 1966 i.S. Tuor gegen Eidg. Oberzolldirektion.
Regeste Fiskalische Belastung des Tabaks, Preisschutz, Ordnungsbusse ( Art. 127 Abs. 1 lit. d, Art. 146 AHVG ; Art. 94 der Verordnung des Bundesrates betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks vom 30. Dezember 1947 /4. Juni 1962). 1. Begriff der Konsumenten-Selbsthilfeorganisation im Sinne von Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung (Erw. 2). 2. Überprüfung der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der auf gesetzlicher Delegation beruhenden Verordnungen des Bundesrates; Klarstellung der Rechtsprechung (Erw. 3, 4). 3. Die in Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung enthaltene Bestimmung, welche nur den Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen und nicht auch den übrigen Kleinhändlern erlaubt, aus eigener Initiative über 8 % hinausgehende Rabatte zu gewähren, verstösst gegen Art. 4 BV . Sie wird in casu nicht angewendet, und die angefochtenen Ordnungsbussen werden aufgehoben (Erw. 5, 6).
Sachverhalt ab Seite 428 BGE 92 I 427 S. 428 A.- Art. 127 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) ermächtigt den Bundesrat, Massnahmen zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren zu treffen. Auf Grund dieser Delegation hat der BGE 92 I 427 S. 429 Bundesrat in seine Verordnung betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks vom 30. Dezember 1947 (TStV) Art. 94 mit dem Randtitel "Preisschutz" aufgenommen. Nach Abs. 1 und 2 dieses Artikels ist der auf den Packungen der Tabakfabrikate anzugebende Kleinhandelspreis für die Abgabe an den Verbraucher im Kleinhandel verbindlich. Abs. 4 desselben Artikels bestimmt in der Fassung gemäss BRB vom 4. Juni 1962 (AS 1962, 464): "Keine Verletzung der in Absatz 1 und 2 hiervor genannten Vorschriften stellt dar: a. die Gewährung von Rabatten (einschliesslich Rückvergütungen und Gewinnanteile) bis auf 8 Prozent ausschliesslich in Form von Kassabons, Rabattmarken oder Eintragungen auf Rabattkarten und dergleichen, die erst eingelöst werden, wenn ihr rabattberechtigter Betrag mindestens 50 Franken ausmacht. Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen, die in erster Linie und vorwiegend andere Waren als Tabakfabrikate verkaufen, dürfen ihren Mitgliedern für jene Waren auf die vorgenannte Weise geleistete höhere Rabatte auch für Tabakfabrikate gewähren. An Orten, wo eine Konsumenten-Selbsthilfeorganisation auch auf Tabakwaren mehr als 8 Prozent Rabatt leistet, dürfen die übrigen Kleinhändler den Rabatt bis zur gleichen Höhe bemessen;..." Widerhandlungen gegen die Verordnung können mit einer Ordnungsbusse von 5 bis 1000 Franken geahndet werden ( Art. 146 AHVG ). B.- Die Firma Denner Vereinigte Filialunternehmen AG, Zürich, gewährte am 8. Mai 1965 in einer Filiale in Basel im Rahmen einer Verkaufsaktion Kunden, die Zigaretten in Stangen zu 10 Päckchen kauften, einen Rabatt von 16%. Dr. Bruno Tuor, Chef des Rechtsdienstes der Firma, der die Verantwortung hiefür übernahm, wurde deshalb von der Oberzolldirektion durch Verfügung vom 9. Februar 1966 wegen Widerhandlung gegen Art. 94 TStV zu einer Ordnungsbusse von Fr. 100.-- verurteilt; ausserdem wurden ihm die Kosten der Untersuchung auferlegt. Ende Juni 1966 wurde auf Veranlassung Tuors bei einer Verkaufsaktion in den Filialen der Firma Denner in Basel, Biel, St. Gallen und Zürich den Käufern von Zigaretten wiederum ein Rabatt von 16% gewährt. Daher wurde Tuor durch Verfügung der Oberzolldirektion vom 15. August 1966 wegen Widerhandlung gegen Art. 94 TStV mit einer weiteren Ordnungsbusse von Fr. 1000.-- und den Kosten der Untersuchung belegt. BGE 92 I 427 S. 430 C.- Gegen die Strafverfügung vom 9. Februar 1966 hat Tuor Beschwerde beim Eidg. Finanz- und Zolldepartement erhoben. Die Beschwerde ist dem Bundesgericht zur Behandlung als Verwaltungsgerichtsbeschwerde übergeben worden. Das Gericht hat ihre Beurteilung nach einem Meinungsaustausch mit dem Bundesrat übernommen. Tuor hat ferner die Strafverfügung vom 15. August 1966 mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten. Er beantragt, die beiden Verfügungen aufzuheben und ihn von Schuld und Ordnungsbussen freizusprechen, unter Kostenfolge. Er macht geltend, die in Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV getroffene Ordnung, wonach einzig die Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen und nicht auch die übrigen Kleinhändler aus eigener Initiative höhere Rabatte als 8% gewähren dürfen, schaffe eine Rechtsungleichheit, die in keiner Weise gerechtfertigt sei und sich auch nicht auf eine ausdrückliche gesetzliche Delegationsnorm stützen lasse. Diese Ordnung sei daher wegen Verletzung des Art. 4 BV ungültig zu erklären. Übrigens könne man sich fragen, ob die Firma Denner nicht auch als Konsumenten-Selbsthilfeorganisation zu qualifizieren sei. D.- Die Oberzolldirektion beantragt Abweisung der Beschwerden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da die beiden Beschwerden Tatbestände gleicher Art betreffen und dieselben Sachfragen stellen, rechtfertigt es sich, sie zu vereinigen und nur ein Urteil zu fällen. 2. Der Beschwerdeführer wirft beiläufig die Frage auf, ob die Firma Denner nicht als Konsumenten-Selbsthilfeorganisation im Sinne von Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV qualifiziert werden müsse und daher durch diese Bestimmung ermächtigt sei, aus eigener Initiative Rabatte, die 8% übersteigen, zu ge währen. Diese Frage ist jedoch offensichtlich zu verneinen. In der ursprünglichen Fassung von Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV (BS 6, 273) waren dem Ausdruck "Selbsthilfeorganisationen" in Klammern die Worte "Konsumvereine und Genossenschaften" beigefügt. Damit war klargestellt, dass "Selbsthilfeorganisationen" nur solche Unternehmungen sind, welche - wie die Konsumgenossenschaften - in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung der wirtschaftlichen Interessen der ihnen als Mitglieder angehörenden Konsumenten in gemeinsamer BGE 92 I 427 S. 431 Selbsthilfe bezwecken (vgl. Art. 828 Abs. 1 OR ). Der neue Text von Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV enthält zwar die in der früheren Fassung in Klammern gesetzten Worte "Konsumvereine und Genossenschaften" nicht mehr, doch kann der in ihm verwendete Ausdruck "Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen" keinen anderen Sinn als die durch ihn ersetzte Wendung "Selbsthilfeorganisationen (Konsumvereine und Genossenschaften)" haben. Die Firma Denner verfolgt aber, als Aktiengesellschaft, nicht den Zweck, die wirtschaftlichen Interessen, welche ihre Mitglieder als Konsumenten haben, in gemeinsamer Selbsthilfe zu wahren; sie gehört also nicht zu den Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen, sondern zu den "übrigen Kleinhändlern" im Sinne von Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV . Der vom Beschwerdeführer in erster Linie erhobene Einwand, dass die in dieser Verordnungsbestimmung vorgesehene unterschiedliche Behandlung der Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen und der übrigen Kleinhändler gegen Art. 4 BV verstosse, ist daher zu prüfen. 3. Art. 113 Abs. 3 BV bestimmt, dass die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse, sowie die von ihr genehmigten Staatsverträge für das Bundesgericht massgebend sind. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die vom Gericht ausgeübte Staatsrechtspflege, auf welche Art. 113 BV sich bezieht, sondern allgemein, insbesondere auch für die dem Gericht übertragene Verwaltungsrechtspflege. Art. 114 bis Abs. 3 BV wiederholt ihn in kürzeren Worten für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (BURCKHARDT, Komm. der BV, 3. Aufl., S. 802). Erlasse des Bundes, die nicht unter Art. 113 Abs. 3 BV fallen, kann das Bundesgericht auf ihre Rechtsbeständigkeit prüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere Verordnungen des Bundesrates. Eine solche Verordnung kann dem Bundesgericht unmittelbar nur im Verfahren des Kompetenzkonflikts nach Art. 113 Abs. 1 Ziff. 1 BV und Art. 83 lit. a OG zur Überprüfung unterbreitet werden. Sonst kann das Gericht die Überprüfung nur akzessorisch vornehmen, insbesondere bei der Beurteilung von Beschwerden gegen Entscheide, in denen die Verordnung angewendet wird. Erachtet es in einem solchen Beschwerdeverfahren die Verordnung als ungültig, so hebt es sie nicht auf, sondern versagt ihr die Anwendung im konkreten Fall. Hier wird Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen BGE 92 I 427 S. 432 geführt, durch welche der Beschwerdeführer wegen Widerhandlung gegen Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV mit Ordnungsbussen belegt worden ist. Der Beschwerdeführer ist legitimiert, einredeweise die Frage der Rechtsbeständigkeit dieser Bestimmung zu stellen. 4. Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV stützt sich auf die dem Bundesrat in Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG erteilte Ermächtigung, Massnahmen zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren zu treffen. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass diese Verordnungsvorschrift, soweit er sie beanstandet, nicht durch eine ausdrückliche Delegationsnorm gedeckt sei, und vor allem, dass sie gegen Art. 4 BV verstosse. Das Bundesgericht hat sich in älteren Entscheiden für befugt erachtet, die Verfassungsmässigkeit einer Verordnung des Bundesrates zu überprüfen, mit der Einschränkung, dass eine Verordnungsvorschrift, welche lediglich einen bereits in einem Bundesgesetz ausgesprochenen Rechtssatz näher ausführt, gleich wie das Gesetz selbst als rechtsbeständig gelten müsse ( BGE 51 I 450 Erw. 2; BGE 53 I 433 ). In mehreren anderen Urteilen hat das Gericht angenommen, dass es die auf gesetzlicher Delegation beruhenden (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates nur daraufhin überprüfen könne, ob sie sich in den Grenzen der Delegationsnorm halten ( BGE 68 II 94 /5, 317 Erw. 2 a; BGE 81 I 371 ; BGE 84 I 144 , IV 75/6; BGE 85 I 177 , 292 Erw. 4; BGE 87 I 321 Erw. 2, 435, IV 33; BGE 88 I 280 , 308; BGE 92 IV 109 ). In einem Urteil hat es ausdrücklich erklärt, dass es nicht zu untersuchen habe, ob eine Verordnungsbestimmung "auch dann, wenn sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung bleibt, gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit verstosse" ( BGE 87 I 321 Erw. 2). Später hat es ausgeführt, der Bundesrat habe beim Gebrauch des ihm in der Delegationsnorm eingeräumten Ermessens das Gebot der Rechtsgleichheit zu beachten; wenn eine Verordnungsvorschrift unter diesem Gesichtspunkte zu beanstanden sei, so sei sie durch die Delegationsnorm nicht gedeckt und daher ungültig ( BGE 88 I 281 , s. auch 308). Sodann hat das Gericht einer mit Rückwirkung ausgestatteten unselbständigen Verordnung des Bundesrates die Anwendung in einem bestimmten Fall versagt in Erwägung, dass die Rückwirkung zwar nicht durch die Bundesgesetzgebung, wohl aber durch die Verfassung beschränkt werde ( BGE 92 I 230 ff.). Wie die vorstehend erwähnten Urteile zeigen, hat das Bundesgericht BGE 92 I 427 S. 433 die Frage, inwieweit es unselbständige Verordnungen des Bundesrates auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen könne, nicht immer gleich beantwortet. Es rechtfertigt sich, diese Frage nochmals zu untersuchen (vgl. O.K. KAUFMANN, Verfassung, Gesetz und Verordnung im schweizerischen Rechtsstaat, ZBl 1949 S. 18; H. BRUNNER, Die Überprüfung der Rechtsverordnungen des Bundes auf ihre Verfassungs- und Gesetzmässigkeit, Diss. Bern 1953, S. 67 ff.; A. GRISEL, Le contrôle des ordonnances fédérales en Suisse, in: Conseil d'Etat, Etudes et documents, Paris 1962, S. 198; M. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 2. Aufl., S. 344 Ziff. III). Gewiss verwehrt Art. 113 Abs. 3 BV dem Bundesgericht, eine in einem Bundesgesetz enthaltene Delegationsnorm wegen Verfassungsverletzung ungültig zu erklären. Richtig ist auch, dass das Gericht vorab die Frage zu prüfen hat, ob eine Verordnung des Bundesrates sich in den Grenzen der gesetzlichen Delegation halte. Dagegen kann aus Art. 113 Abs. 3 BV nicht geschlossen werden, dass dem Gericht die Kontrolle der Verfassungsmässigkeit solcher Verordnungen überhaupt entzogen sei. Es kommt darauf an, ob die gesetzliche Delegationsnorm den Bundesrat zum Erlass einer Verordnung, die von einem Grundsatz der Bundesverfassung abweicht, ermächtige oder nicht (vgl. BGE 62 I 79 ). Ist diese Frage zu bejahen, so kann das Bundesgericht allerdings die Verordnung nicht wegen der Verfassungswidrigkeit, welche vom Gesetz zugelassen wird, ungültig erklären. Dagegen kann das Gericht einschreiten, falls die Verfassungswidrigkeit der Verordnung nicht durch eine gesetzliche Ermächtigung gedeckt ist (GRISEL a.a.O.). Diese Befugnis steht ihm namentlich dann zu, wenn es mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid befasst ist, der eine Verordnung des Bundesrates anwendet; gehört doch auch die Bundesverfassung zum Bundesrecht, dessen Verletzung mit diesem Rechtsmittel geltend gemacht werden kann ( BGE 86 I 192 /3; BGE 88 I 307 ). Dass ein Gesetz den Bundesrat ermächtige, in der Verordnung von der Verfassung abzuweichen, kann nicht ohne weiteres angenommen werden. Vielmehr ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber sich von der Verfassung nicht habe entfernen wollen ( BGE 51 I 451 /2). Indessen wäre es auch nicht richtig, die gegenteilige Auslegung eines Gesetzes von vornherein auszuschliessen. BGE 92 I 427 S. 434 Im vorliegenden Fall kann offen gelassen werden, ob die dem Bundesrat in Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG delegierte Befugnis, den Kleinhandel mit Tabakwaren zu regeln, die Ermächtigung in sich schliesse, Preisschutzmassnahmen zu treffen und insofern vom Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen. Auf jeden Fall bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass jene Gesetzesvorschrift dem Bundesrat die Befugnis erteile, bei der Ordnung des Kleinhandels mit Tabakwaren sich vom Grundsatz der Rechtsgleichheit zu entfernen. Wohl bestimmt Art. 31 bis Abs. 5 BV , dass der Bund bei der Gesetzgebung über die Erhaltung wichtiger, in ihren Existenzgrundlagen gefährdeter Wirtschaftszweige "die Entwicklung der auf gegenseitiger Hilfe beruhenden Organisationen der Wirtschaft gewährleistet", doch kann daraus nicht abgeleitet werden, Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG sei in dem Sinne zu verstehen, dass der Bundesrat solchen Organisationen eine Vorzugsstellung, welche sich sachlich nicht begründen liesse und daher gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit verstiesse, einräumen dürfe. Fehlt somit eine gesetzliche Ermächtigung des Bundesrates zu einer von Art. 4 BV abweichenden Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren, so hat das Bundesgericht die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge des Verstosses gegen diese Verfassungsbestimmung zu prüfen. 5. Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV knüpft die Gewährung von Rabatten bis zu 8% an Bedingungen, die für alle Konkurrenten gleich sind. Dagegen unterscheidet die Bestimmung hinsichtlich der höheren Rabatte zwischen zwei Gruppen von Konkurrenten: Während die Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen aus eigener Initiative über 8% hinausgehen dürfen, ist dies den übrigen Kleinhändlern verwehrt; diese haben lediglich das Recht, an Orten, wo eine Selbsthilfeorganisation mehr als 8% gibt, sich diesem Vorgehen anzuschliessen, d.h. ihrerseits einen Rabatt bis zur gleichen Höhe zu bewilligen. Die Selbsthilfeorganisationen geniessen also ein Privileg, indem sie die Höchstgrenze der Rabatte und infolgedessen die Mindestpreise der Tabakwaren mit Wirkung auch für die übrigen Kleinhändler bestimmen können. Um diese offensichtliche Ungleichheit zu rechtfertigen, macht die Oberzolldirektion geltend, praktisch seien einzig die Selbsthilfeorganisationen in der Lage, über 8% hinausgehende Rabatte zu gewähren. Diese Darstellung wird jedoch durch BGE 92 I 427 S. 435 Tatsachen widerlegt. Wie der vorliegende Fall zeigt, ist eine zu der Gruppe der übrigen Kleinhändler gehörende bedeutende Unternehmung mit zahlreichen Filialen imstande, mindestens gelegentlich einen Rabatt von 16% zu leisten. In Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV ist von Rabatten der Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen gegenüber ihren Mitgliedern die Rede. Indessen gewähren diese Organisationen nach der Darstellung des Beschwerdeführers, die von der Oberzolldirektion nicht bestritten wird, Rabatte nicht nur ihren Mitgliedern, sondern auch anderen Konsumenten. Kämen nur die Mitglieder in den Genuss der Rabatte, so würde dies übrigens die erwähnte Ungleichheit nicht rechtfertigen. In der Tat kann jedermann gegen Entrichtung eines bescheidenen Betrags Mitglied einer Konsumenten-Selbsthilfeorganisation werden. Die Rabatte kommen praktisch auf jeden Fall der Gesamtheit der Konsumenten zugute, gleichgültig ob sie von Selbsthilfeorganisationen oder von anderen Kleinhändlern gewährt werden. Es besteht daher kein sachlicher Grund, hinsichtlich der Festlegung der Rabatte einer Gruppe von Unternehmungen eine Vorzugsstellung einzuräumen. Die Oberzolldirektion weist sodann darauf hin, dass man bei der Ausarbeitung des Verordnungstextes nach einer Kompromisslösung gesucht und dabei auch den Interessen der Firma Denner Rechnung getragen habe. Für die Beurteilung der Frage, ob die umstrittene Verordnungsbestimmung mit Art. 4 BV vereinbar sei, sind jedoch ausschliesslich objektive Erwägungen massgebend. Auf die Beweggründe, welche zu der angefochtenen Ordnung geführt haben, kommt es nicht an ( BGE 83 I 171 ). 6. Die vorliegenden Beschwerden sind freilich nicht schon deshalb zu schützen, weil Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV eine gegen Art. 4 BV verstossende Ungleichheit schafft. Gegenstand der Beschwerden sind Bussenverfügungen, und diese können nur dann aufgehoben werden, wenn jene Ungleichheit sich in ihnen konkret zu Lasten des Beschwerdeführers auswirkt. Die Oberzolldirektion bestreitet, dass diese Voraussetzung erfüllt sei. Sie macht geltend, nach Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV seien über 8% hinausgehende Rabatte nur zulässig, wenn sie ständig oder doch während längerer Zeit gewährt werden; wenn also eine Selbsthilfeorganisation, gleich wie hier die Firma Denner, nur gerade für einen Tag oder für ein paar Tage einen Rabatt von BGE 92 I 427 S. 436 16% bewilligt hätte, so wäre dieses Verhalten ebenfalls als Ordnungsverletzung im Sinne des Art. 146 AHVG zu ahnden gewesen. Indessen spricht Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV mit keinem Wort von der Dauer der Rabattgewährung. Es ist ausgeschlossen, auf Grund eines derart klaren Textes eine Konsumenten-Selbsthilfeorganisation dafür zu büssen, dass sie einen Rabatt, der den in der Bestimmung ausdrücklich umschriebenen Bedingungen entspricht, bloss während einer kurzen Zeitspanne, sei es auch nur für einen Tag, gewährt hat. Die Oberzolldirektion ist der Meinung, Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV habe nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn gefordert werde, dass der von der Selbsthilfeorganisation gewährte Rabatt ständig oder doch lange Zeit gleich bleibe. Dieser Auslegung kann nicht beigepflichtet werden. Würde die Selbsthilfeorganisation auch nur für kurze Zeit einen 8% übersteigenden Rabatt gewähren, so würde die Konkurrenten nichts daran hindern, diesem Beispiel zu folgen. Zudem würde die Auslegung, welche die Oberzolldirektion der Verordnung gibt, zu ernstlichen Schwierigkeiten führen. Wären Rabatte über 8% nur zulässig, wenn sie während längerer Zeit gewährt werden, so müsste die erforderliche Dauer näher bestimmt werden. Hiefür bietet aber Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV keinerlei Handhabe. Es muss daher auf den Wortlaut dieser Bestimmung abgestellt und angenommen werden, dass eine Selbsthilfeorganisation, im Unterschied zur Firma Denner, während kurzer Zeit ungestraft einen über 8% hinausgehenden Rabatt hätte gewähren können. Die Ungleichheit, welche Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV schafft, wirkt sich somit konkret, in den angefochtenen Bussenverfügungen, zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus. Der vom Beschwerdeführer - mit Recht - beanstandeten Verordnungsbestimmung ist deshalb die Anwendung im vorliegenden Fall zu versagen, so dass die angefochtenen Entscheide aufzuheben sind. Der Beschwerdeführer hat die ihm darin auferlegten Ordnungsbussen und Untersuchungskosten nicht zu bezahlen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerden werden gutgeheissen und die angefochtenen Ordnungsbussen aufgehoben.
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Federation
43e4e635-1acd-45c5-89cd-16f84ac056e1
Urteilskopf 98 Ia 293 45. Urteil vom 3. Mai 1972 i.S. Pfister und Mitbeteiligte gegen Gemeinderat Thayngen und Regierungsrat des Kantons Schaffhausen.
Regeste Finanzreferendum. Wenn eine Gemeinde im Zonenplan private Grundstücke der Zone für öffentliche Bauten zugewiesen hat und die Eigentümer dieser Grundstücke von Gesetzes wegen jederzeit die Übernahme der Grundstücke durch die Gemeinde zum vollen Verkehrswert verlangen können, so handelt es sich bei den Aufwendungen der Gemeinde für den Erwerb der Grundstücke um "gebundene" Ausgaben, die dem Finanzreferendum nicht unterstellt sind und für die auch kein Budget-Nachtragskredit bewilligt zu werden braucht.
Sachverhalt ab Seite 293 BGE 98 Ia 293 S. 293 A.- Das Baugesetz für den Kanton Schaffhausen vom 9. November 1964 (BauG) verpflichtet in Art. 1 die Gemeinden zur Aufstellung einer Bauordnung mit Zonenplan und bestimmt in Art. 6: "Die Gemeinden sind befugt, bestimmte Gebiete für künftige öffentliche Bauten und Anlagen, wie Schulhäuser, Verwaltungsgebäude, Kirchen, Friedhöfe oder Park-, Spiel- und Sportplätze sowie Grünflächen, auszuscheiden. Auf diesen Gebieten dürfen keine privaten Bauten erstellt werden. Zulässig sind nur solche bauliche Massnahmen, die zum Unterhalt der bestehenden Gebäude notwendig sind. BGE 98 Ia 293 S. 294 Vom Tage der Genehmigung des Zonenplans an können die betroffenen Grundeigentümer durch schriftliche Bekanntgabe ihres Angebotes die Eigentumsübertragung des Landes verlangen, das im Zonenplan für Bauten und Anlagen im Sinne von Abs. 1 reserviert ist. Der Gemeinde steht das gleiche Recht zu, sobald die Projekte für diese Bauten und Anlagen genehmigt und die erforderlichen Kredite bewilligt sind. Kommt zwischen den Grundeigentümern und der Gemeinde keine Einigung zustande, so ist die Enteignung durchzuführen. Das Enteignungsverfahren beschränkt sich auf die Behandlung der angemeldeten Forderungen." Die Einwohnergemeinde Thayngen erliess am 14. Februar 1967 eine Bauordnung (BO), die vom Regierungsrat am 31. März 1967 genehmigt wurde. Die darin vorgesehenen Zonen, darunter eine "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen", sind in einem Zonenplan dargestellt, der nach Art. 2 Ziff. 2 BO Bestandteil der Bauordnung ist. Die Verfassung der Einwohnergemeinde Thayngen vom 3. Juli 1959 (Ortsverfassung) enthält u.a. folgende Bestimmungen: "Art. 7. Der Einwohnergemeinde stehen zu: ... d) Die Festsetzung der jährlichen Voranschläge; ... h) Die Bewilligung von neuen einmaligen Ausgaben, Unternehmungen oder Beteiligungen an solchen, sofern der Betrag Fr. 50'000.-- übersteigt; i) Die Bewilligung zum Ankauf, zur Veräusserung sowie zur Verpfändung von Liegenschaften im Werte von über Fr. 50'000.--; Art. 13. Der Einwohnerrat hat im besonderen folgende Geschäfte zu behandeln: a) Prüfung und Begutachtung der Voranschläge; ... e) Beschlussfassung über folgende Angelegenheiten auf Antrag des Gemeinderates: 1. Bewilligung neuer, einmaliger Ausgaben im Betrage von über Fr. 10'000.-- bis Fr. 20'000.--, unter Referendumsvorbehalt bis Fr. 50'000.--; 2. Bewilligung zum Ankauf und Verkauf sowie zur Verpfändung von Liegenschaften von über Fr. 10'000.-- bis Fr. 20'000.-- sowie im Betrage von über Fr. 20'000.-- bis Fr. 50'000.-- unter Referendumsvorbehalt; B.- Mit Schreiben vom 29. Januar 1971 orientierte der Gemeinderat den Einwohnerrat Thayngen über seine Absicht, ein in der Zone für öffentliche Bauten gelegenes Grundstück BGE 98 Ia 293 S. 295 in "Büte" im Halt von 2'357 m2 zum Preise von Fr. 94'280.-- (Fr. 40.- pro m2) zur dringend notwendigen Erweiterung des Schwimmbades zu erwerben; dabei vertrat er die Auffassung, dass finanzielle Aufwendungen, die dem Gemeinwesen durch Bauordnung und Zonenplan erwüchsen, als gebundene Ausgaben zu betrachten seien und daher dem Referendum nicht unterstünden; er werde den beabsichtigten Kauf abschliessen, ohne ihn dem Einwohnerrat und der Einwohnergemeinde zur Kreditbewilligung zu unterbreiten; die Orientierung erfolge, weil dieses Verfahren in der Gemeinde Thayngen zum ersten Male zur Anwendung gelange. Der Einwohnerrat diskutierte in seiner Sitzung vom 12. März 1971 über den beabsichtigten Kauf und beschloss, nachdem sich Bedenken gegen das Vorgehen des Gemeinderates erhoben hatten, mit 4 zu 3 Stimmen, die Angelegenheit zu erneuter Überprüfung und zu neuer Verlautbarung an den Gemeinderat zurückzuweisen. Am 12. Juni 1971 veröffentlichte der Gemeinderat Thayngen in den "Schaffhauser Nachrichten", dass die Gemeinde ein Grundstück im "Bode" zur Arrondierung ihres Friedhofareals zum Preise von Fr. 36'288.-- (Fr. 42.- pro m2) und eine Parzelle in "Büte" für die Erweiterung des Schwimmbades für Fr. 94'280.-- (Fr. 40.- pro m2) gekauft habe. C.- Am 19. Juni 1971 reichten Hans Rudolf Pfister und zwei weitere Stimmbürger von Thayngen beim Regierungsrat Beschwerde ein mit dem Begehren, es seien die beiden am 12. Juni 1971 publizierten Grundstückkäufe gemäss Art. 7 und 13 der Ortsverfassung dem Einwohnerrat bzw. dem Einwohnerrat und den Stimmbürgern zur Genehmigung zu unterbreiten. Der Regierungsrat wies die Beschwerde mit Entscheid vom 31. August 1971 ab, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Der Anwendungsbereich des Finanzreferendums beschränke sich nach Art. 7 lit. h und 13 lit. e Ziff. 1 der Ortsverfassung auf "neue" Ausgaben, zu denen der Souverän noch ja oder nein sagen könne, während "gebundene" Ausgaben dem Finanzreferendum entzogen seien. Nach der Auffassung des Gemeinderats seien die angefochtenen Ausgabenbeschlüsse gebunden durch das BauG und die BO mit Zonenplan, dem die Stimmberechtigten zugestimmt haben. Diese Auffassung treffe zu. Gemäss Art. 6 BauG könne der Eigentümer eines der Zone BGE 98 Ia 293 S. 296 für öffentliche Bauten und Anlagen zugeteilten Grundstücks vom Tage der Genehmigung des Zonenplans an die Eigentumsübertragung an die Gemeinde verlangen. Dabei stehe dieser keine Entscheidungsfreiheit inbezug auf den zu entrichtenden Preis zu, da die Entschädigung sich nach den Enteignungsgrundsätzen richte, also im vollen Verkehrswert bestehe. Ebensowenig bestehe Entscheidungsfreiheit inbezug auf den Zeitpunkt der Übernahme, da diese zu erfolgen habe, sobald der Eigentümer der Gemeinde bekannt gebe, sein Grundstück abtreten zu wollen. Schliesslich bestehe auch insofern keine Entscheidungsfreiheit, als die Gemeinde ein Grundstück in der öffentlichen Zone durch Umzonung der privaten Überbauung überlassen könnte. Die Zonenpläne, die der Genehmigung durch den Regierungsrat bedürfen, seien für die Nutzung des Grundeigentums verbindlich, und eine Änderung, die wiederum der Genehmigung des Regierungsrates unterläge, komme nur in Frage, wenn sich die Grundlagen für den seinerzeitigen Planungsentscheid wesentlich geändert hätten. Das Finanzreferendum sei nicht der geeignete Weg zur Änderung der Planung (wird näher ausgeführt). Handle es sich bei den angefochtenen Beschlüssen um gebundene Ausgaben, so seien auch Art. 7 lit. i und 13 lit. e Ziff. 2 der Ortsverfassung nicht anwendbar; denn es wäre sinnlos, eine Sache, der die Stimmbürger bereits grundsätzlich zugestimmt haben, in jedem Einzelfall nochmals zur Abstimmung zu bringen. Schliesslich sei der Gemeinderat auch wegen des obligatorischen Budgetreferendums nicht verpflichtet, dem Einwohnerrat und den Stimmberechtigten einen entsprechenden Nachtragskredit zur Genehmigung zu unterbreiten, denn es gehe, wie schon dargelegt, nicht um neue, im Ermessen der Gemeinde liegende, sondern um gebundene, durch Rechtssatz bereits festgelegte Ausgaben; auch wenn sie im Budget 1971 nicht enthalten seien, sei die Gemeinde verpflichtet, diese Ausgaben zu tätigen; die Verwerfung eines Nachtragskredites würde daran nichts ändern und hätte keine praktischen Konsequenzen. D.- Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates haben Hans Rudolf Pfister und die beiden andern, am kantonalen Beschwerdeverfahren beteiligten Stimmbürger staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG erhoben mit dem Antrag, der Gemeinderat Thayngen sei anzuweisen, die beiden am 12. Juni 1971 publizierten Grundstückkäufe gemäss Art. 7 BGE 98 Ia 293 S. 297 und 13 der Ortsverfassung dem Einwohnerrat bzw. dem Einwohnerrat und den Stimmberechtigten zur Genehmigung zu unterbreiten. Sie machen Verletzung des Stimmrechts geltend. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen. E.- Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen und der Gemeinderat Thayngen beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Legitimation). 2. Während nach Art. 7 lit. h und Art. 13 lit. e Ziff. 1 der Ortsverfassung nur die Bewilligung neuer Ausgaben, welche die dort angegebenen Beträge übersteigen, in die Kompetenz der Einwohnergemeinde bzw. des Einwohnerrates fallen, bestimmen die von den Beschwerdeführern in erster Linie angerufenen Bestimmungen von Art. 7 lit. i und Art. 13 lit. e Ziff. 2 ohne jede Einschränkung, dass An- und Verkauf sowie Verpfändung von Liegenschaften über den entsprechenden Beträgen der Einwohnergemeinde bzw. dem Einwohnerrat zustehen. Die Beschwerdeführer leiten hieraus ab, dass Aufwendungen für Liegenschaftskäufe nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers immer als neue Ausgaben zu gelten hätten, dass es also auf diesem Gebiet keine gebundenen Ausgaben gebe, die der Gemeinderat in eigener Kompetenz beschliessen könne. Der Wortlaut der genannten Bestimmungen spricht in der Tat für diese Auslegung. Sie kann jedoch nicht ihr wahrer Sinn sein. Ein Referendum kommt der Natur der Sache nach nur in Frage bei Ausgaben, inbezug auf welche den Stimmberechtigten eine gewisse Entscheidungsfreiheit zusteht; dagegen ist es ausgeschlossen bei Aufwendungen, zu denen die Gemeinde aufgrund eines Satzes des eidgenössischen, kantonalen oder kommunalen Rechtes verpflichtet ist oder denen die Stimmberechtigten der Gemeinde schon früher zugestimmt haben. Das muss auch für den Ankauf von Liegenschaften gelten. Dass sich der Anwendungsbereich des Finanzreferendums auch dann auf "neue" Ausgaben beschränke, wenn die massgebenden Vorschriften dies nicht ausdrücklich sagen, hat das Bundesgericht denn auch schon wiederholt festgestellt ( BGE 93 I 624 E. 4, BGE 97 I 823 E. 3) und sogar als selbstverständlich bezeichnet ( BGE 95 I 529 E. 3 b). Es besteht kein Anlass, für BGE 98 Ia 293 S. 298 die Gemeinde Thayngen etwas anderes anzunehmen. Das Referendum, das die Ortsverfassung für gewisse Liegenschaftsgeschäfte vorsieht, ist freilich insofern kein Ausgabenreferendum, als es auch für Verkauf und Verpfändung gilt, die keine Ausgabe bedingen (vgl. BGE 93 I 16 ); zu einer solchen führt lediglich der Ankauf von Liegenschaften, und bei diesem ist das Referendum nur sinnvoll, wenn es sich um eine neue Ausgabe im Sinne von Art. 7 lit. h und Art. 13 lit. e Ziff. 1 der Ortsverfassung handelt, d.h. um eine Ausgabe, welcher die Stimmberechtigten nicht schon einmal zugestimmt haben. 3. Was unter einer "neuen" Ausgabe zu verstehen ist, wird in den Erlassen, die diesen Begriff verwenden, in der Regel nicht gesagt und muss daher durch Auslegung ermittelt werden. Das Bundesgericht hatte sich in den letzten Jahren wiederholt mit dem Begriff der "neuen" im Gegensatz zur "gebundenen" Ausgabe zu befassen ( BGE 93 I 624 , BGE 95 I 216 , 528 und 534, BGE 96 I 708 , BGE 97 I 823 ). Bei der Abgrenzung dieser beiden Begriffe, die sich gegenseitig ausschliessen und alle Ausgaben des Gemeinwesens umfassen, ist das Bundesgericht jeweils vom verfassungspolitischen Zweck des Ausgabenreferendums ausgegangen. Dieser besteht darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als Steuerzahler treffen, ein Mitspracherecht zu gewährleisten. Dagegen soll das Volk nicht zweimal befragt werden, beim Beschluss über die Übernahme einer Aufgabe durch das Gemeinwesen und bei jenem über die damit verbundene Ausgabe. Aus diesem Gesichtspunkt ist eine Aufgabe namentlich dann als "neu" zu betrachten, wenn inbezug auf ihren Umfang oder den Zeitpunkt, in dem sie gemacht wird, Wahlmöglichkeiten bestehen, wie es insbesondere zutrifft bei der Ausführung von Bauten, die in Erfüllung gesetzlicher Aufgaben zu erstellen sind. Als "gebunden" und daher vom Finanzreferendum ausgeschlossen erscheinen dagegen Ausgaben, die durch einen Rechtssatz grundsätzlich und dem Umfange nach vorgeschrieben sind, ferner Ausgaben, die aufgrund eines Erlasses gemacht werden, mit welchem die Stimmberechtigten auch die durch ihn bedingten Aufwendungen gebilligt haben, was dann anzunehmen ist, wenn die Ausgabe voraussehbar war ( BGE 97 I 825 und dort angeführte frühere Urteile). 4. Die beiden Grundstücke, um deren Ankauf durch die Gemeinde es im vorliegenden Falle geht, sind im Zonenplan, BGE 98 Ia 293 S. 299 den die Gemeindeversammlung vom 14. Februar 1967 als Bestandteil der Bauordnung angenommen hat, der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesen worden. Für diese Zone bestimmt Art. 6 des kantonalen Baugesetzes, dass die Eigentümer vom Tage der Genehmigung des Zonenplans an durch schriftliche Bekanntgabe ihres Angebotes die Eigentumsübertragung ihres Landes (an die Gemeinde) verlangen können. Im schriftlichen Antrag des Einwohnerrates und des Gemeinderates, der den Stimmberechtigten vor der Gemeindeversammlung vom 14. Februar 1967 zugestellt worden ist, wurden diese ausdrücklich über den Zweck und die rechtlichen Folgen der Zuweisung von Land zur Zone für öffentliche Bauten und Anlagen hingewiesen unter Wiedergabe des Art. 6 BauG im vollen Wortlaut. Als die Stimmberechtigten Bauordnung und Zonenplan genehmigten, waren sie somit über die Bedeutung und die Folgen der Zuweisung von Grundstücken zur Zone für öffentliche Bauten und Anlagen im Bilde. Sie wussten, dass die Gemeinde die betreffenden Grundstücke früher oder später werde übernehmen müssen, und zwar, wie sich aus dem in Art. 6 BauG enthaltenen Hinweis auf die Enteignung ergab, zum vollen Verkehrswert. Es verhält sich damit anders als z.B. mit einem Bauverbot zum Landschaftsschutz (Art. 5 BauG), bei dem es häufig zweifelhaft ist und erst in einem Prozess entschieden wird, ob und in welcher Höhe die Betroffenen Anspruch auf Entschädigung wegen materieller Enteignung haben. Allerdings war dem Antrag des Einwohnerrates und Gemeinderates nicht zu entnehmen, welches der Verkehrswert aller der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesenen privaten Grundstücke und damit die zu erwartende Gesamtbelastung der Gemeinde sein werde. Indessen handelte es sich offenbar ausschliesslich oder doch vorwiegend um unüberbautes Land, dessen ungefährer Wert wohl jedem Stimmberechtigten der Gemeinde bekannt war oder von ihm, sofern er sich dafür interessierte, in Erfahrung gebracht werden konnte. Bei dieser Sachlage darf aber angenommen werden, dass die Stimmberechtigten mit der Zuweisung von Grundstücken zur Zone für öffentliche Bauten und Anlagen auch den damit verbundenen notwendigen Auslagen zugestimmt haben, dass es sich also bei diesen um gebundene Ausgaben handelt. Als der Gemeinderat die beiden Grundstücke zur Erweiterung der Friedhofanlage und des Schwimmbades übernahm, bedurfte er BGE 98 Ia 293 S. 300 daher keiner nochmaligen Kreditbewilligung, auch nicht auf dem Wege der Bewilligung von Budget-Nachtragskrediten; er führte lediglich den ihm mit dem Erlass des Zonenplans erteilten Auftrag aus, wobei die damit verbundenen notwendigen Ausgaben als von den Stimmberechtigten gebilligt zu betrachten sind. 5. Zur Begründung ihres Einwandes, es habe sich gleichwohl nicht um gebundene Ausgaben gehandelt, machen die Beschwerdeführer geltend, es habe inbezug auf den Erwerb der Liegenschaften in mehrfacher Hinsicht ein "wesentlicher Ermessensbereich" bestanden. a) Eine Entscheidungsfreiheit habe zunächst hinsichtlich des Zeitpunkts des Erwerbs bestanden. Nach Art. 6 BauG ist indessen die Gemeinde zur Übernahme verpflichtet, sobald der Grundeigentümer dies durch schriftliche Bekanntgabe seines Angebotes verlangt. Dass die Eigentümer der streitigen Grundstücke solche Angebote gemacht haben, ist unbestritten. Die Beschwerdeführer machen lediglich geltend, die Initiative zu den Übernahmeverhandlungen sei vom Gemeinderat ausgegangen. Das ändert aber nichts daran, dass (auch) die Eigentümer die Übertragung verlangten und der Gemeinderat daher nach Art. 6 BauG verpflichtet war, die Übernahme zu vollziehen. b) Der Übernahmepreis bestimmt sich unbestrittene1.massen nach Enteignungsgrundsätzen. Nach diesen ist, wie im angefochtenen Entscheid ausgeführt und in der Beschwerde nicht bestritten wird, volle Entschädigung zu leisten und insbesondere der volle Verkehrswert zu vergüten. Der von der Gemeinde für die beiden streitigen Grundstücke zu entrichtende Preis war somit im wesentlichen durch die Bestimmungen des kantonalen Enteignungsrechts festgelegt und schloss eine echte Entscheidungsfreiheit, wie sie etwa beim Entscheid über die Ausführung und die Erstellungskosten einer Neubaute besteht, aus. Die Beschwerdeführer behaupten denn auch nicht, der Gemeinderat habe für die beiden Grundstücke einen den vollen Verkehrswert übersteigenden oder sonst ungerechtfertigt hohen Preis bezahlt. c) Eine Entscheidungsfreiheit erblicken die Beschwerdeführer schliesslich darin, dass die Stimmberechtigten die Zuweisung der fraglichen Grundstücke zur Zone für öffentliche Bauten und Anlagen rückgängig machen und diese Grundstücke einer andern Zone zuweisen könnten. Der Regierungsrat hat sich BGE 98 Ia 293 S. 301 mit diesem Einwand eingehend befasst und ihn aus Gründen zurückgewiesen, die als zutreffend erscheinen, in der Beschwerde nicht zu widerlegen versucht werden und daher hier nicht im einzelnen wiederzugeben sind. Solange der Zonenplan in Kraft steht, haben die Eigentümer des der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen zugewiesenen Landes nach Art. 6 BauG Anspruch auf Übernahme ihrer Grundstücke durch die Gemeinde. Die blosse Möglichkeit, dass der Zonenplan später einmal abgeändert werden könnte, steht seiner Ausführung nicht entgegen und ändert nichts daran, dass die mit dem Erwerb des Landes in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen verbundenen Ausgaben als von den Stimmberechtigten genehmigt gelten und sich eine weitere Abstimmung über sie erübrigt. Eine solche ist lediglich erforderlich für die Bauten und Anlagen, welche auf diesem Land erstellt werden sollen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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1,972
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43e6f03b-4d6e-4cf7-8794-a2e1953c72e5
Urteilskopf 80 I 165 27. Urteil vom 12. Mai 1954 i.S. Bernasconi und Konsorten gegen Grosser Rat und Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Kantonale Abstimmungen. Auslegung einer kantonalen Verfassungsbestimmung, die dem Grossen Rat für den Fall, da eine Volksabstimmung über Gesetze, Staatsverträge usw. stattzufinden hat, die Befugnis einräumt, neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte zu verfügen (§ 39 Abs. 4 luzern. KV).
Sachverhalt ab Seite 165 BGE 80 I 165 S. 165 A.- Die luzernische Kantonsverfassung bestimmt in § 39 Abs. 1-4: " Über Gesetze, Staatsverträge und über Finanzdekrete ... findet eine Volksabstimmung statt, wenn binnen vierzig Tagen von der Bekanntmachung an 4000 stimmfähige Bürger beim Regierungsrate mit amtlich beglaubigter Unterschrift das Begehren für eine solche Abstimmung stellen. Überdies kann der Grosse Rat auch ohne verfassungsmässige Verpflichtung einen Beschluss dem fakultativen Referendum (wie in § 39, 1. Abs.) oder aber der Volksabstimmung mit Ja und Nein (nach § 36) unterstellen. Nach Schluss jeder Versammlung des Grossen Rates sind die Erlasse der bezeichneten Art bekannt zu machen und in den Gemeinderatskanzleien aufzulegen. Hat eine Volksabstimmung stattzufinden, so ordnet der Regierungsrat spätestens binnen sechs Monaten von der Bekanntmachung an auf den gleichen Tag die Abstimmung in allen Gemeinden über Annahme oder Verwerfung des betreffenden grossrätlichen Erlasses an. Durch Beschluss des Grossen Rates kann neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte verfügt werden." B.- Am 28. Oktober 1953 nahm der Grosse Rat des Kantons Luzern ein Gesetz betreffend die Abänderung des Ruhetagsgesetzes vom 8. Oktober 1940 an. Gegen dieses Gesetz wurde das Referendum ergriffen und von mehr als 11 000 Bürgern unterzeichnet. Der Widerstand richtete BGE 80 I 165 S. 166 sich hauptsächlich gegen § 1 Abs. 1, den sog. Sportparagraphen, welcher lautet: "Wettkämpfe aller Art, ausserdienstliche militärische, sportliche und ähnliche Übungen sind an den hohen Feiertagen untersagt. An den übrigen Ruhetagen sind sie bis 8.00 Uhr und von 12.00 Uhr an bis 20.00 Uhr mit der in Abs. 1 enthaltenen Einschränkung gestattet." Eine andere Änderung besteht darin, dass Verkaufsstände an öffentlichen Ruhetagen nur noch von 10.30-14.00 Uhr offengehalten werden dürfen, statt wie bisher auch von 17.00-19.00 Uhr. Am 9. März 1954 fasste der Grosse Rat auf einen Bericht und Antrag des Regierungsrates gestützt auf § 39 Abs. 4 KV folgenden Beschluss: "Bei der Volksabstimmung über das Gesetz vom 28. Oktober 1953 betr. die Abänderung des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage vom 8. Oktober 1940 sind dem Volke die zwei folgenden Fragen zu unterbreiten: 1. Wollt Ihr das Gesetz vom 28.Oktober 1953 betreffend die Abänderung des Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage vom 8. Oktober 1940 ohne § 1 Abs. 1 (ohne Sportparagraph) annehmen? 2. Wollt Ihr § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 28. Oktober 1953 (Sportparagraph) annehmen?" Am 11. März 1954 ordnete der Regierungsrat auf den 2. Mai 1954 die Volksabstimmung mit dieser Fragestellung an. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde stellen drei stimmfähige Bürger, welche Verkaufsstände in der Stadt Luzern führen, den Antrag, der Beschluss des Grossen Rates vom 9. März 1954 sei aufzuheben. Sie machen geltend, das zustande gekommene Referendum habe die Volksabstimmung über das Gesetz vom 28. Oktober 1953 verlangt. Die Motive der einzelnen Unterzeichner seien unerheblich. Wenn sich auch die Propaganda vor allem gegen den Sportparagraphen gerichtet habe, so sei doch die Meinung irrig, die Novelle sei in der Hauptsache unbestritten. Hätten die Referendumsbürger nur den Sportparagraphen eliminieren wollen, so hätten sie zweifellos ihr Begehren entsprechend formuliert und BGE 80 I 165 S. 167 nicht Abstimmung über das Ganze verlangt. Nach § 39 Abs. 1 KV habe der Regierungsrat die Volksabstimmung über das zustande gekommene Referendum anzuordnen. Wenn der Grosse Rat einen seiner Beschlüsse dem fakultativen Referendum unterstellen wolle, so müsse er das nach § 39 Abs. 3 KV vor Schluss der Versammlung verfügen, in jedem Falle vor der Veröffentlichung des betreffenden Erlasses. Mit der Veröffentlichung beginne die 40tägige Referendumsfrist zu laufen. Der Regierungsrat habe kein Recht, dem Grossen Rate zu beantragen, angesichts eines zustande gekommenen Referendums auf ein beschlossenes Gesetz zurückzukommen, sei es auch nur in dem Sinne, dass er dem Volke einzelne Punkte oder die Summe einzelner Punkte zur Abstimmung vorlege. Vor allem gebe die Verfassung dem Grossen Rate nicht die Kompetenz, in diesem Sinne auf ein von ihm beschlossenes Gesetz zurückzukommen. Der angefochtene Beschluss sei daher verfassungswidrig. Selbst wenn der Grosse Rat nach § 39 Abs. 4 KV jederzeit neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte verfügen könnte, so müsse auf alle Fälle über das Ganze abgestimmt werden. Das geschehe aber bei der angefochtenen Fragestellung nicht; denn der Grosse Rat wolle der Volksabstimmung nur Teilfragen unterbreiten, deren Summe kein Ganzes im Sinne der Verfassungsbestimmung ergebe. Eine Aufteilung in einzelne Punkte wäre nur zulässig, wenn das Prinzip der Einheit der Materie bei der Ausarbeitung der Vorlage nicht gewahrt worden wäre; diese sei aber vom Grossen Rat als Ganzes beschlossen und das Referendum gegen das Ganze ergriffen worden. Das Volk werde in verfassungswidriger Weise gar nicht gefragt, ob es das Ganze annehmen wolle. Der angefochtene Beschluss verletze in willkürlicher Weise auch Art. 4 BV , indem er die Befürworter des Gesetzes bevorzuge. Bei einer Abstimmung über das Ganze würden die Gesetzesgegner ungeachtet ihrer verschiedenen BGE 80 I 165 S. 168 Gründe eine einheitliche Front bilden. Durch die Fragestellung des Grossen Rates würden sie verfassungswidrig in verschiedene Lager aufgespalten; diejenigen, die das Referendum nur wegen des Sportparagraphen unterzeichneten, würden praktisch zu Befürwortern der ganzen übrigen Vorlage gemacht. Würde dieses Vorgehen Schule machen, so müsste künftig jede Gruppe von Bürgern, die durch eine Gesetzesvorlage in ihren Interessen geschmälert werde, ein besonderes Referendum wegen einzelner Artikel ergreifen. Das zeige das Beispiel der Beschwerdeführer: Sie hätten das Referendum unterzeichnet, weil sie nach der Novelle ihre Verkaufsstände an öffentlichen Ruhetagen von 17.00-19.00 Uhr, also gerade während der verkehrsintensivsten Zeit, geschlossen halten müssten. Durch den angefochtenen Beschluss werde ihnen die Waffenhilfe der Gegner des Sportparagraphen entzogen. Die Beschwerde richte sich auch gegen den Regierungsrat. Dieser sei nach § 39 Abs. 1 und 4 KV verpflichtet, das Gesetz zur Volksabstimmung zu bringen, wie es das Referendum verlange. Der Regierungsrat wolle aber entgegen dem gestellten Begehren das Gesetz überhaupt nicht als Ganzes zur Abstimmung bringen. Sein Verhalten verletze Art. 4 BV und § 39 KV. D.- Der Grosse Rat und der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragen Abweisung der Beschwerde. E.- Durch Präsidialverfügung wurde dem Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung entsprochen und der Regierungsrat von Luzern angewiesen, die Anordnung der Volksabstimmung zu widerrufen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1./2. - (Prozessuales.) 3. Die Beschwerdeführer erblicken eine Verfassungsverletzung zunächst darin, dass der Grosse Rat erst nach dem Zustandekommen des Referendums gegen das Gesetz vom 28. Oktober 1953 die getrennte Fragestellung für die Volksabstimmung beschloss; sie machen geltend, nach § 39 BGE 80 I 165 S. 169 Abs. 3 KV hätte er sie vor Schluss der Versammlung, worin er das Gesetz annahm, auf alle Fälle vor dessen Veröffentlichung verfügen müssen. Damit verkennen sie das System des Referendums, wie es in § 39 KV geordnet ist: Dieser unterstellt einerseits in Abs. 1 Gesetze, Staatsverträge sowie Finanzdekrete von einer bestimmten Tragweite dem fakultativen Referendum; d.h. die Volksabstimmung darüber muss erfolgen, wenn sie innert 40 Tagen seit der Bekanntmachung von 4000 stimmfähigen Bürgern in der vorgeschriebenen Form verlangt wird. Anderseits sieht er in Abs. 2 das sog. "Ratsreferendum" vor; d.h. der Grosse Rat kann auch Beschlüsse, die an sich dem fakultativen Referendum nicht unterliegen, diesem unterstellen oder direkt die Volksabstimmung über seine Erlasse anordnen, gleichgültig ob sie dem fakultativen Referendum unterliegen oder nicht. Abs. 3 ordnet die Bekanntmachung an, von der an sowohl die Referendumsfrist als auch die sechsmonatige Frist für die Durchführung der Abstimmung (bzw. im letztgenannten Falle nur diese) läuft. Abs. 4 befasst sich mit der Volksabstimmung und betrifft nur die Fälle, wo eine solche stattzufinden hat, sei es weil ein Referendum zustande kam, sei es weil sie vom Grossen Rat gemäss Abs. 2 beschlossen wurde. Auf die gleichen Fälle bezieht sich auch der zweite Satz von Abs. 4, wonach durch Beschluss des Grossen Rates neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte verfügt werden kann. Es kann keine Rede davon sein, dass das vor der Veröffentlichung gemäss Abs. 3 geschehen müsse. Das wäre zwar möglich und gegebenenfalls angebracht, wenn der Grosse Rat von sich aus die Volksabstimmung mit Ja und Nein beschliesst. Bei allen Erlassen, die lediglich dem fakultativen Referendum unterstehen - sei es gemäss Abs. 1 oder dem fakultativen Ratsreferendum nach Abs. 2 -, kommt ein solcher Beschluss jedoch überhaupt erst in Frage, nachdem das Referendum zustande gekommen ist und damit feststeht, dass eine Volksabstimmung stattfinden muss. BGE 80 I 165 S. 170 Der Grosse Rat hat das von ihm am 28. Oktober 1953 angenommene Gesetz nicht etwa von sich aus gemäss § 39 Abs. 2 KV der Volksabstimmung mit Ja und Nein unterstellt, sondern es bei dem fakultativen Referendum bewenden lassen, dem es gemäss Abs. 1 unterstand. Erst durch das Zustandekommen des Referendums wurde entschieden, dass die Volksabstimmung über das Gesetz stattzufinden hat. Erst damit stellte sich die Frage, ob der Grosse Rat gemäss dem zweiten Satze von § 39 Abs. 4 neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte verfügen wolle. Es ist somit keineswegs verfassungswidrig, dass der Grosse Rat von seiner Befugnis erst in diesem Zeitpunkt Gebrauch gemacht hat. Der Grosse Rat ist damit nicht auf seinen Beschluss vom 28. Oktober 1953, womit er das Gesetz angenommen hatte, zurückgekommen, sondern hat lediglich die Art geregelt, wie die durch das zustande gekommene Referendum notwendig gewordene Volksabstimmung durchzuführen sei. Seine Befugnis dazu beruht auf § 39 Abs. 4 KV. Ob er von sich aus davon Gebrauch macht oder durch einen Bericht und Antrag des Regierungsrates dazu veranlasst wird, ist unerheblich. Ebensowenig ist einzusehen, wieso der Regierungsrat nicht zur Stellung eines solchen Antrags berechtigt sein soll; § 67 KV bestimmt über die Kompetenzen des Regierungsrates u.a.: "er schlägt aus eigenem Antriebe oder aus Auftrag dem Grossen Rate Gesetze und andere Beschlüsse vor, die dieser mit oder ohne Abänderung annimmt oder verwirft". 4. Sodann machen die Beschwerdeführer geltend, das Volk werde in verfassungswidriger Weise gar nicht gefragt, ob es das Gesetz als Ganzes annehmen oder verwerfen wolle. Nach dem zweiten Satze von § 39 Abs. 4 KV kann der Grosse Rat neben der Abstimmung über das Ganze auch eine solche über einzelne Punkte verfügen. Der Sinn dieser Bestimmung ist klar: Die Stimmberechtigten sollen nicht nur die Möglichkeit haben, die Vorlage als Ganzes anzunehmen oder zu verwerfen, sondern daneben auch die, nur BGE 80 I 165 S. 171 einzelne Punkte daraus anzunehmen oder zu verwerfen. Welche Punkte der Grosse Rat auf diese Art herausgreifen will, steht ihm frei. Im vorliegenden Falle hat er eine gesonderte Abstimmung über den Sportparagraphen angeordnet, weil dieser in der Diskussion anlässlich der Unterschriftensammlung für das Referendum speziell umstritten war. Nach der von den Beschwerdeführern vertretenen buchstäblichen Auslegung der zitierten Verfassungsvorschrift hätte die erste Frage auf Annahme oder Verwerfung des Gesetzes als Ganzen, die zweite auf Annahme oder Verwerfung des Sportparagraphen allein lauten müssen. Vollumfängliche Annahme oder Verwerfung der Vorlage wäre dann durch Bejahung bzw. Verneinung beider Fragen (oder nur der ersten unter Offenlassen der zweiten) auszudrücken gewesen. Wer die Vorlage ohne den Sportparagraphen annehmen will, hätte die erste Frage bejahen und die zweite verneinen müssen, doch wäre die Fragestellung diesbezüglich etwas unklar, weil trotz "Annahme des Gesetzes als Ganzen" ein Teil davon verworfen würde. Endlich hätte die (mehr theoretische) Möglichkeit bestanden, durch Verneinung der ersten und Bejahung der zweiten Frage nur den Sportparagraphen allein anzunehmen. Statt dessen hat der Grosse Rat - entsprechend dem Verfahren in anderen Kantonen mit ähnlichen Verfassungsbestimmungen, insbesondere im Kanton Zürich, dessen Art. 30 Abs. 3 KV bei der Einführung der luzernischen als Vorbild diente - der Abstimmung einerseits das Gesetz ohne den Sportparagraphen und anderseits diesen allein unterstellt. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer bildet die Summe dieser beiden Teile das ganze Gesetz - und zwar nicht nur mathematisch, sondern auch sachlich, insbesondere abstimmungstechnisch. Wer das Gesetz als Ganzes annehmen oder verwerfen will, hat genau wie bei der anderen Lösung beide Fragen zu bejahen bzw. zu verneinen (oder auch nur die erste unter Offenlassen der zweiten). Wer den Sportparagraphen allein verwerfen und das Gesetz im übrigen annehmen will, bejaht die erste und verneint die zweite Frage. Wer endlich den Sportparagraphen BGE 80 I 165 S. 172 annehmen und den Rest der Vorlage verwerfen will, verneint die erste und bejaht die zweite Frage. Der angefochtene Beschluss des Grossen Rates gibt also dem Stimmberechtigten dieselben Möglichkeiten wie die andere Lösung, hat aber vor dieser den Vorzug der absolut klaren und dem Inhalt angepassten Fragestellung. Insbesondere wird damit auch das Gesetz als Ganzes der Volksabstimmung unterstellt. 5. Endlich erblicken die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 4 BV darin, dass der angefochtene Beschluss in willkürlicher Weise die Befürworter des Gesetzes bevorzuge, indem er die Gegner desselben nach ihren verschiedenen Gründen aufspalte und die Gegner des Sportparagraphen praktisch zu Befürwortern der Vorlage mache. Eine willkürliche Anwendung von § 39 Abs. 4 KV liegt jedoch nicht vor. Der offensichtliche Zweck des Schlusssatzes dieser Bestimmung besteht gerade darin, dass eine Vorlage nicht als Ganzes scheitern soll wegen eines Widerstandes, der sich eigentlich nur gegen einen Einzelpunkt (oder mehrere Einzelpunkte) richtet. Darum wird dem Grossen Rat die Befugnis gegeben, über diese Punkte getrennt abstimmen zu lassen. Freilich werden damit die Gegner nach den verschiedenen Objekten ihres Widerstands aufgespalten, wird im vorliegenden Falle den Beschwerdeführern, die ihre Verkaufsstände wie bisher an öffentlichen Ruhetagen auch von 17.00 bis 19.00 Uhr offenhalten wollen, "die Waffenhilfe der Gegner des Sportparagraphen entzogen". Keineswegs aber werden damit Gegner der Vorlage zu deren Befürwortern gemacht; vielmehr wird denjenigen, die nur gegen den Sportparagraphen, im übrigen aber für das Gesetz sind, ermöglicht, ihrem Willen entsprechend zu stimmen. Würde nur über das Gesetz als Ganzes abgestimmt, so stünden die Bürger, die nur gegen einen Einzelpunkt sind, vor der Wahl, entweder diesen mit in Kauf zu nehmen oder seinetwegen das ganze Gesetz zu verwerfen. Indem § 39 Abs. 4 KV die "Aufspaltung der Gegner" ermöglicht, erleichtert er nicht nur BGE 80 I 165 S. 173 das Zustandekommen von Vorlagen, sondern gewährleistet zugleich den besseren Ausdruck des Willens der Stimmbürger. Die Anwendung der Vorschrift im vorliegenden Falle ist nicht nur nicht willkürlich, sondern entspricht durchaus ihrem Sinn und Geist. Die gesonderte Abstimmung über den Sportparagraphen drängte sich geradezu auf, als sich während der Referendumsfrist zeigte, dass er einem speziellen Widerstand begegnete und die Volksabstimmung vor allem seinetwegen verlangt wurde. Von einer "Einheit der Materie", die der Abtrennung im Wege stünde, kann umso weniger gesprochen werden, als es sich um die Abänderung eines bestehenden Gesetzes in verschiedenen Punkten handelt, die sehr wohl einzeln behandelt werden können, in keinem notwendigen Zusammenhang miteinander stehen. Das Vorgehen des Grossen Rates zwingt die Gegner einer Vorlage keineswegs dazu, künftig gegen einzelne Bestimmungen derselben gesondert das Referendum zu ergreifen. Eine solche Möglichkeit besteht nach § 39 KV gar nicht und hätte auch im vorliegenden Falle nicht bestanden. Das Referendum kann nur gegen eine Vorlage als solche ergriffen werden; auch wer sie nur wegen eines Einzelpunktes bekämpfen will, kann nur die Volksabstimmung als solche verlangen. In diesem Stadium summieren sich also die Widerstände und ist eine "Aufspaltung der Gegner" nicht möglich. Dazu besteht aber auch kein Anlass, da mit dem Referendum über das Schicksal der Vorlage noch nicht entschieden ist. Jene Frage stellt sich erst, wenn es zur Volksabstimmung kommt, und die Kompetenz, die getrennte Abstimmung über einzelne Punkte anzuordnen, steht nach § 39 Abs. 4 KV einzig dem Grossen Rate zu. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 IV 154 38. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 3 décembre 1982 dans la cause X. contre Procureur général du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 58, 58bis und 59 StGB (Einziehung, Rechte Dritter, Verfall an den Staat). 1. Zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen Entscheide gemäss Art. 58, 58bis und 59 StGB ist grundsätzlich jeder legitimiert, der durch sie direkt betroffen wird (E. 1a). 2. Entscheide gemäss Art. 58, 58bis und 59 StGB sind von einer richterlichen Instanz zu fällen; der Generalprokurator des Kantons Genf ist keine richterliche Instanz (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 154 BGE 108 IV 154 S. 154 A.- X. accusée de recel et d'usage de faux, a été acquittée par la Cour correctionnelle du canton de Genève le 14 juin 1982. En BGE 108 IV 154 S. 155 cours de procédure, le juge d'instruction avait ordonné (le 21 août 1980) la saisie d'un montant de 15'000 francs figurant sur un compte bancaire ouvert à son nom par X. Celle-ci a reconnu avoir reçu cet argent à titre de commissions pour son activité en faveur d'un certain Z.; il s'agit du produit d'escroqueries commises par ce dernier, lequel a été condamné le 10 mars 1982 au terme d'une autre procédure de jugement. B.- Le mandataire de X. a informé le juge d'instruction de l'acquittement intervenu et a demandé que le compte bancaire concerné soit débloqué. C'est le Procureur général du canton de Genève qui a répondu à cette requête. Par ordonnance du 18 août 1982, il a refusé de débloquer, au profit de X., le compte précité et ordonné la dévolution de la somme de 15'000 francs à l'Etat. Il considère en effet que les art. 58 et 59 CP autorisent la confiscation et la dévolution à l'Etat du produit d'infractions alors même qu'aucune personne déterminée n'est punissable. C.- X. s'est pourvue en nullité auprès de la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Elle conclut avec suite de frais et dépens à l'annulation de l'ordonnance du Procureur général et à la levée du séquestre du compte bancaire; alternativement elle demande le renvoi de la cause au Procureur général pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Le Procureur général conclut au rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) La recourante a été accusée puis acquittée dans une première procédure. La décision du Procureur général s'inscrit dans une procédure distincte du procès de jugement. Dès lors se pose ici la question de la qualité de X. pour se pourvoir en nullité. Aux termes de l' art. 270 PPF , seuls l'accusé, l'accusateur public et, dans certains cas, le plaignant ainsi que l'accusateur privé peuvent se pourvoir en nullité. La recourante ne répond pas à ces exigences. Il serait cependant profondément choquant de lui refuser le droit de se défendre dans une cause qui concerne les conséquences d'une action pénale où elle était partie. Il faut ainsi admettre que l' art. 270 PPF présente une lacune qu'il convient de combler par une application analogique de l' art. 271 al. 1 PPF qui concerne la partie civile. En tant que titulaire du compte bancaire litigieux, la recourante apparaît en effet comme un tiers BGE 108 IV 154 S. 156 directement concerné, "déclaré responsable avec le condamné", à qui la qualité pour se pourvoir en nullité doit être reconnue. Cette qualité doit d'ailleurs être conférée en principe à toute personne qui se trouve directement concernée par une mesure fondée sur les art. 58, 58bis et 59 CP . b) Aux termes de l' art. 277ter PPF , lorsque la Cour de cassation juge le pourvoi fondé elle ne peut qu'annuler la décision attaquée et renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour qu'il soit statué à nouveau dans le sens des considérants. Ne sont dès lors pas recevables ici les conclusions qui tendent à ce que le Tribunal fédéral prononce la levée du séquestre du compte bancaire litigieux. c) Le pourvoi en nullité n'est recevable en principe que contre les décisions qui ne peuvent pas donner lieu à un recours de droit cantonal pour violation du droit fédéral ( art. 268 PPF ). En l'espèce, la recourante soutient et le Procureur général admet que l'ordonnance attaquée est une décision de dernière instance. De plus, l'art. 190 al. 2 du Code de procédure pénale genevois du 29 septembre 1977, qui prévoit dans certains cas un recours à la Chambre d'accusation contre les décisions du Procureur général, est muet quant aux ordonnances de ce magistrat fondées sur les art. 58 et 59 CP . On admettra donc que le pourvoi réunit les conditions prévues par l' art. 268 PPF . La question de savoir si la décision attaquée est assimilable à un jugement ( art. 268 ch. 1 PPF ) plutôt qu'à un prononcé pénal d'une autorité administrative ( art. 268 ch. 3 PPF ) peut demeurer indécise. d) Pour être recevable, le pourvoi en nullité doit en outre se rapporter à une violation du droit fédéral ( art. 269 al. 1 PPF ). A cet égard, le Procureur général fait remarquer que c'est sa compétence pour appliquer l' art. 59 CP qui est mise en doute; il s'agirait ainsi d'une question d'organisation judiciaire cantonale qui ne pourrait faire l'objet que d'un recours de droit public. Il a tort. Ce n'est pas la compétence du Procureur général au regard du droit cantonal qui est en cause ici mais bien la question de savoir si cette autorité peut être considérée comme "le juge" au sens des art. 58 ss CP . Il s'agit donc d'un problème d'interprétation du droit fédéral qui peut donner matière à un pourvoi en nullité ( art. 269 CP ; voir dans ce sens SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch, Fribourg 1952 p. 280 no 478a). Dès lors, dans la mesure où il a trait à l'application des art. 58 et 59 CP , le pourvoi est recevable. BGE 108 IV 154 S. 157 2. Selon la recourante, le droit pénal fédéral exige que la décision fondée sur les art. 58 et 59 CP ressortisse au juge du fond. a) Les art. 58, 58bis et 59 CP se trouvent dans le titre du Code qui traite des peines, mesures de sûreté et autres mesures; ils font partie du chapitre premier consacré aux différentes peines et mesures. Pour les prononcer, le Code y désigne "le juge" qu'il distingue des organes d'exécution généralement appelés "autorité compétente" ( art. 37 ch. 2 al. 3 CP par exemple). Or l' art. 58 CP dispose que c'est bien au juge qu'il appartient de prononcer la confiscation. L'art. 58bis, entré en vigueur le 1er janvier 1975, est venu compléter les règles sur la confiscation et doit être interprété en liaison avec l' art. 58 CP ; le titre marginal - par exemple - l'atteste. On ne saurait douter ainsi que l'autorité d'application de l' art. 58bis CP soit aussi le juge. Il en va de même pour l' art. 59 CP qui renvoie expressément à l' art. 58bis CP . C'est donc bien un juge qui doit prononcer la dévolution à l'Etat. b) Si la dévolution doit faire l'objet d'un jugement, encore faut-il examiner si le droit fédéral exige que cette décision émane toujours du juge du fond. Il paraît logique et conforme au principe de l'économie de procédure de conférer au juge pénal du fond la compétence d'appliquer l' art. 59 CP . Cela se justifie également pour la sauvegarde du droit d'être entendu. Qu'en est-il cependant des cas où le juge du fond n'est pas saisi suite au décès du prévenu, ou si l'auteur n'est pas identifié, ou déclaré irresponsable, ou encore si le propriétaire des objets séquestrés n'est pas découvert dans les 5 ans après la publication officielle ( art. 58bis al. 3 et 59 CP )? Le Tribunal fédéral a déjà admis, par exemple, que le tribunal d'accusation pouvait prononcer l'internement d'un irresponsable dont la poursuite pénale avait été abandonnée, précisément en raison de l'irresponsabilité ( ATF 72 IV 1 ; cf. SCHWANDER, op.cit., p. 259 no 458; LOGOZ-SANDOZ, Commentaire du Code pénal suisse, Neuchâtel 1976, p. 325 ch. 4 et 330 ch. 3b; HAEMMERLI, Der Verfall von Geschenken und anderen Zuwendungen gemäss Art. 59 StGB, thèse Berne 1950 p. 12). En l'espèce toutefois, ces questions n'ont pas à être tranchées. Il suffit en effet de constater que l'autorité signataire de la décision attaquée n'est pas un juge, contrairement à ce que prévoit le Code pénal. En effet, le Procureur général du canton de Genève qui a soutenu l'accusation au cours du procès en jugement, où il était BGE 108 IV 154 S. 158 partie, ne saurait être assimilé à un juge suffisamment indépendant. Il est d'ailleurs douteux que de par les fonctions qu'il exerce il puisse passer pour un tribunal indépendant au sens de la CEDH (voir, s'agissant de l'Auditeur en chef: Eggs c. Suisse, rapport du 4 mars 1978, in Décisions et rapports de la Commission européenne des droits de l'homme, octobre 1979, vol. 15 p. 45 § 66, 68 et 69). Il se justifie en conséquence d'annuler l'ordonnance attaquée et de renvoyer la cause à l'autorité cantonale ( art. 277 PPF ).
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Urteilskopf 121 II 8 3. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24. Februar 1995 i.S. Bern-Neuenburg-Bahn gegen Einwohnergemeinde Mühleberg und Regierungsrat des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Unterschutzstellung von Bahnbauten und Objekten auf Bahngrundstücken. Zulässiges Rechtsmittel (E. 1). Das eidgenössische Eisenbahngesetz schliesst nicht aus, dass Objekte auf Bahngrundstücken oder Bahnbauten selbst durch kantonalrechtliche Massnahmen unter Denkmal-, Altertums- oder Naturschutz gestellt werden. Allerdings bedingen solche Massnahmen eine umfassende Interessenabwägung und darf die Unterschutzstellung die Bahn in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht unverhältnismässig einschränken (E. 2-6).
Sachverhalt ab Seite 9 BGE 121 II 8 S. 9 Die Gemeinde Mühleberg unterzog ihre aus dem Jahre 1982 stammende Ortsplanung Ende der achtziger Jahre einer Revision und legte den überarbeiteten Zonenplan sowie das neue Baureglement vom 15. Februar bis 18. März 1991 öffentlich auf. Nach dem abgeänderten Baureglement (BauR) und dem Zonenplan (Pläne 8 und 9) wird das Trassee der Bern-Neuenburg-Bahn (BN) teilweise dem Landschaftsschutzgebiet "Chrüzfeld/Flüelengraben" zugewiesen (Art. 34 BauR). In diesem sollen insbesondere der Schnurremülibach, die beiden Hecken Schnurremüli und Studweid sowie verschiedene Trockenstandorte einen besonderen, objektbezogenen Schutz geniessen (Art. 36 Ziff. 2 und 3 BauR). Weiter soll längs des Gäbelbaches ein archäologisches Schutzgebiet ausgeschieden werden, das sich auch auf das Bahngebiet erstreckt. Schliesslich wird der über die Saane führende Eisenbahnviadukt Gümmenen als Kulturobjekt bezeichnet, das zusammen mit der dazugehörenden Umgebung ungeschmälert erhalten werden soll (Art. 35bis BauR). Gegen diese Einzonungen bzw. Unterschutzstellungen erhob die Bern-Neuenburg-Bahn Einsprache und stellte folgende Anträge: "- Die auf Bahngebiet befindlichen Schutzobjekte Schnurremülibach, Hecke Nr. 35 Schnurremüli, Nr. 36 Studweid sowie diverse Trockenstandorte sind aus den Zonenplänen zu entfernen. - Das längs des Gäbelbaches verlaufende, archäologische Schutzgebiet ist beim Bahnterrain zu unterbrechen. - Der als Kulturobjekt Nr. 8.1 bezeichnete Saaneviadukt der BN ist im Verzeichnis zu streichen." Als Begründung wurde vorgebracht, dass das Bahnterrain grundsätzlich der eidgenössischen Gesetzgebung unterstellt sei und nicht mit Beschränkungen belegt werden dürfe. Es müsse jederzeit gewährleistet sein, dass bei einer allfälligen Störung oder Beeinträchtigung des Bahnbetriebs unverzüglich die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden könnten, ohne vorgängig gemeinderätliche Bewilligungen einholen zu müssen. Diese Einsprache wurde, nachdem die Gemeindeversammlung der Ortsplanungsrevision am 10. Juni 1991 zugestimmt hatte, der Baudirektion des Kantons Bern zur Behandlung überwiesen. Mit Beschluss vom 25. Juni 1992 genehmigte die bernische Baudirektion die überarbeiteten Zonenpläne und das Baureglement unter Abweisung der Einsprache der Bern-Neuenburg-Bahn. Die Baudirektion erwog, wohl unterstehe Bahnterrain grundsätzlich der eidgenössischen Gesetzgebung, doch heisse BGE 121 II 8 S. 10 dies noch nicht, dass auf solchem Terrain nicht auch geschützte Objekte vorhanden sein und geschützt werden könnten. Die Bahn bestreite denn auch nicht, dass die umstrittenen Objekte schützenswert seien. Hingegen mache die Einsprecherin zu Recht geltend, dass die Sicherheit des Bahnbetriebes nicht beeinträchtigt werden dürfe, und könnten die hiefür notwendigen Massnahmen denn auch trotz der Schutzbestimmungen weiterhin ergriffen werden. Gegen den Beschluss der Baudirektion reichte die Bern-Neuenburg-Bahn beim Regierungsrat des Kantons Bern Beschwerde ein und erneuerte ihre im Einspracheverfahren gestellten Begehren. Der Regierungsrat wies die Beschwerde mit Entscheid vom 14. Oktober 1992 ab und bestätigte den Genehmigungsbeschluss der Baudirektion vom 25. Juni 1992 im Sinne der Erwägungen. Er führte hiezu aus, dass unbestrittenermassen sämtliche von der Ortsplanung der Gemeinde Mühleberg erfassten Eisenbahngrundstücke ausschliesslich dem Bahnbetrieb dienten. Über die Nutzung dieses Bahnterrains sei daher nach Art. 18 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung allein im bundesrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu entscheiden. Die Festlegung der Schutzobjekte durch die Gemeinde Mühleberg müsse daher insoweit als bundesrechtswidrig angesehen werden. Indessen stelle sich die Frage, ob die umstrittenen Bestimmungen der Gemeinde Mühleberg allenfalls subsidiär zur Anwendung gelangen könnten. Dies wäre dann möglich, wenn eine Zweckänderung der Bahnanlagen vorgesehen sei und Vorhaben im Sinne von Art. 18a des Eisenbahngesetzes zur Diskussion stehen sollten. In einem solchen nach kantonalem Recht durchzuführenden Plangenehmigungsverfahren wären die Schutzbestimmungen der Gemeinde Mühleberg zweifellos anwendbar. Es sei daher auch vernünftig, bereits heute Schutzbestimmungen aufzustellen, damit sie im Falle einer Nutzungsänderung nicht erst erlassen werden müssten. Der Genehmigung der angefochtenen Schutzbestimmungen stehe demnach nichts entgegen, doch seien diese nur anwendbar, wenn es um die Erstellung oder Änderung von nicht ausschliesslich oder überwiegend dem Bahnbetrieb dienenden Bauten und Anlagen gehe. Die Bern-Neuenburg-Bahn hat gegen den Entscheid des Berner Regierungsrates vom 14. Oktober 1992 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV , Art. 22ter BV und Art. 2 ÜbBest. BV erhoben. Sie macht im wesentlichen geltend, die von den Schutzbestimmungen betroffenen Eisenbahngrundstücke und -anlagen dienten unbestrittenermassen BGE 121 II 8 S. 11 ausschliesslich dem Bahnbetrieb und eine andere Verwendung sei nicht vorgesehen. Dass der Regierungsrat bei der Bestätigung des Genehmigungsentscheides auf eine solche mögliche Zweckänderung abgestellt habe, entbehre daher jeden Sinnes und sei willkürlich. Ausserdem bestehe weder eine gesetzliche Grundlage für einen solchen Eingriff, noch liege es im öffentlichen Interesse, einschränkende Massnahmen für einen Fall zu treffen, der rein hypothetisch sei. Und schliesslich verstiessen die Gemeindevorschriften, wie der Regierungsrat selbst einräume, gegen Art. 18 des Eisenbahngesetzes und damit gegen den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts. Die Einwohnergemeinde Mühleberg und der Regierungsrat des Kantons Bern stellen Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Verkehr, das sich im Auftrage des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements hat vernehmen lassen, ersucht um Gutheissung der Beschwerde der Bahn. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die von der Beschwerdeführerin erhobene staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid des Regierungsrates des Kantons Bern, der im Verfahren nach Art. 61 des bernischen Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG) ergangen und mit dem die Genehmigung der neuen Nutzungsplanung der Gemeinde Mühleberg bestätigt worden ist. Umstritten ist, ob die in den Zonenplänen und im Baureglement vorgesehene Unterschutzstellung gewisser Objekte sowie die Ausscheidung einer Schutzzone auf dem Areal der Bern-Neuenburg-Bahn recht- und verfassungsmässig seien. Da somit Nutzungspläne im Sinne von Art. 14 ff. des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) angefochten sind, wäre nach der Sonderbestimmung von Art. 34 Abs. 3 RPG allein die staatsrechtliche Beschwerde gegeben, geht es doch hier weder um eine Entschädigung für materielle Enteignung noch um eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG . Allerdings können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes Nutzungspläne ausnahmsweise auch ganz oder teilweise mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, was insoweit zur Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde führt (vgl. Art. 84 Abs. 2 OG ). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn solche Pläne derart detaillierte, verbindliche und auf Bundesverwaltungsrecht beruhende Anordnungen enthalten, dass diese als Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG betrachtet werden können, und wenn BGE 121 II 8 S. 12 die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht aus anderen gesetzlichen Gründen ausgeschlossen ist ( BGE 119 Ia 285 E. 3c, BGE 118 Ib 11 E. 2, 66 E. 1c, je mit Hinweisen; s.a. BGE 120 Ib 287 E. 3). Weiter ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Streit um die Nutzung von Bahngrundstücken gegeben, wenn die Auseinandersetzung nicht dem Inhalt der Pläne, sondern der Frage der Abgrenzung von kantonalen und eidgenössischen Kompetenzen bzw. von kantonalem und Bundesrecht gilt ( BGE 117 Ib 111 E. 1a, BGE 116 Ib 241 E. 5 S. 249 in fine, 400 E. 3 S. 404, BGE 111 Ib 38 nicht publ. E. 1). Dieses Rechtsmittel ist auch dort als zulässig bezeichnet worden, wo nicht eine Plangenehmigung oder Baubewilligung im Sinne von Art. 18 oder 18a des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101), sondern der Einbezug von Eisenbahnareal in ein kantonalrechtliches Quartierplanverfahren im Streite lag ( BGE 115 Ib 166 E. 1, nicht publ. Entscheid vom 13. Februar 1989 i.S. Schweiz. Bundesbahnen gegen Einwohnergemeinde Glattfelden E. 1). Im vorliegenden Fall stützt der Regierungsrat seinen Entscheid weitgehend auf die Art. 18 und 18a EBG in der Fassung vom 8. Oktober 1982. Die Beschwerdeführerin bringt in erster Linie vor, das kantonale und kommunale Recht hätte überhaupt nicht zum Zuge kommen dürfen. Insofern stellt sich die Frage der Abgrenzung von kantonalem und eidgenössischem Recht, die nach bisheriger Rechtsprechung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu beantworten ist. Die eingereichte Beschwerde wäre demnach - müssen doch die der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterstehenden Belange zunächst dem kantonalen Verwaltungsgericht unterbreitet werden ( BGE 118 Ib 11 ) - ans bernische Verwaltungsgericht zu überweisen. Andererseits fragt sich, ob es sich bei der vorliegenden Auseinandersetzung nicht um eine Streitigkeit im Sinne von Art. 40 Abs. 1 lit. a EBG handle, die vor der eisenbahnrechtlichen Aufsichtsbehörde auszutragen wäre. Auch in diesem Fall obläge jedoch der letztinstanzliche Entscheid dem Bundesgericht (vgl. BGE 116 Ib 241 E. 5). Angesichts dessen kann - ähnlich wie in BGE 116 Ib 400 E. 3 (in fine) - aus prozessökonomischen Gründen, vor allem mit Blick auf den Verfahrensausgang, davon abgesehen werden, die Parteien auf ein sog. Anstandsverfahren vor dem Bundesamt für Verkehr oder ein Verfahren vor dem kantonalem Verwaltungsgericht zu verweisen. Die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen und zu behandeln. BGE 121 II 8 S. 13 2. a) Die beschwerdeführende Bahn vertritt die Auffassung, kantonale raumplanerische Vorschriften wie die angefochtenen Schutzbestimmungen könnten auf Bahngrundstücke und -bauten überhaupt keine Anwendung finden, da diese allein dem Eisenbahnrecht unterstünden. Der Regierungsrat räumt im angefochtenen Entscheid ein, dass nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung über die Nutzung eigentlicher Bahnbetriebsgrundstücke ausschliesslich im eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren zu entscheiden sei. Er hält jedoch die angefochtenen Bestimmungen im Hinblick darauf, dass das Bahngebiet eines Tages für betriebsfremde Zwecke verwendet werden könnte, für "subsidiär" anwendbar und in diesem Sinne auch mit dem Bundesrecht vereinbar. b) Wie der Regierungsrat in seinem Entscheid erwähnt, hat das Bundesgericht in BGE 115 Ib 166 festgestellt, dass die Eisenbahnbetriebs-Grundstücke dem kantonalen und kommunalen Bau- und Planungsrecht grundsätzlich nicht unterstehen. Der Einbezug von Bahngebiet in ein Quartierplanverfahren nach kantonalem Recht, das der Baulandumlegung und der Schaffung von Erschliessungsanlagen dient, ist daher als unzulässig bezeichnet worden. Weiter wurde in BGE 116 Ib 400 ausgeführt, selbst beim Bau oder Umbau von Gebäudeteilen, die nicht der Bahn zuzurechnen seien, könne das kantonale Baurecht nur im Rahmen von Art. 18 Abs. 3 EBG Berücksichtigung finden, sofern diese Teile zu einem Gesamtbauwerk gehörten, das überwiegend dem Bahnbetrieb dient. Die kantonalen Baubehörden seien daher zur Erteilung einer Bewilligung für Läden im Untergeschoss eines Bahnhofes unzuständig. Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um Normen, die dazu dienen, die räumliche Entwicklung zu bestimmen oder die bauliche Nutzung im einzelnen zu regeln. Angefochten sind vielmehr Rechtssätze und Allgemeinverfügungen, die den Natur-, Denkmal- und Altertumsschutz betreffen, und zwar in erster Linie Anordnungen, durch welche konkret bezeichnete Objekte, die sich entweder auf den Grundstücken der Bahn befinden oder - im Falle des Gümmenen-Viaduktes - aus den Bahnanlagen selbst bestehen, unter Schutz gestellt werden sollen. Solcher Objektschutz ist in früherer Zeit durch entsprechende spezialgesetzliche Regelungen angestrebt worden. Er wird indessen heute, wie das vorliegende Beispiel zeigt, zunehmend mit den Mitteln des Raumplanungsrechts verfolgt. Selbst wenn aber solche Schutznormen und -verfügungen im Rahmen der Nutzungsplanung erlassen werden, bewahren sie im Hinblick auf ihren speziellen objektbezogenen Zweck BGE 121 II 8 S. 14 gegenüber den allgemeinen Bau- und Zonenvorschriften ihren besonderen Charakter und eigenen Gehalt (vgl. RICCARDO L. JAGMETTI, Denkmalpflege und Raumplanung, in: Rechtsfragen der Denkmalpflege, St. Gallen 1981, S. 115 ff., 119 ff.; LORENZ MEYER, Denkmalpflege und Raumplanung, Baurecht 1989 S. 4 ff.). Aus dem Umstand, dass hier die umstrittenen Vorschriften im Rahmen der Ortsplanung erlassen worden sind, kann daher nicht von vornherein auf ihre Unverträglichkeit mit dem eidgenössischen Eisenbahnrecht geschlossen werden. Eine solche Folgerung erlaubt auch die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zum geltenden Art. 18 EBG nicht, die sich allein auf kantonales Bau- und Quartierplanrecht sowie auf die Zuweisung von Eisenbahnareal zu einer Bauzone bezog (vgl. die zitierten Urteile). Es bleibt daher im vorliegenden Fall zu untersuchen, ob die angefochtenen Bestimmungen von der Materie und von ihrer Rangfolge her im Gesamtgefüge von eidgenössischen und kantonalem Recht einen Platz neben den eisenbahnrechtlichen Normen beanspruchen dürfen. DENKMALSCHUTZ 3. Gemäss Art. 35bis BauR unterstehen die im Zonenplan eingezeichneten Kulturobjekte dem Schutz der Gemeinde und sind inklusiv der dazugehörigen intakten Umgebung ungeschmälert zu erhalten. Zu diesen Kulturobjekten zählt gemäss lit. c der Bestimmung auch der im Zonenplan mit der Nummer 8.1 bezeichnete Eisenbahnviadukt BN Gümmenen. Wie bereits dargelegt, können nach Auffassung der Beschwerdeführerin Eisenbahnbauten überhaupt nicht unter kantonalrechtlichen Denkmalschutz gestellt werden und gilt dies nach Meinung des Regierungsrates jedenfalls solange, als die Bahnbauten und -anlagen noch in Betrieb stehen. Beides trifft jedoch nicht zu. a) Nach Art. 24sexies Abs. 1 BV ist der Natur- und Heimatschutz Sache der Kantone. Der Bund hat seinerseits bei Erfüllung seiner Aufgaben das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler zu schonen und, wo das allgemeine Interesse überwiegt, ungeschmälert zu erhalten ( Art. 24sexies Abs. 2 BV ). Weiter kann der Bund Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzes durch Beiträge unterstützen und unter anderem Kulturdenkmäler von nationaler Bedeutung vertraglich oder auf dem Wege der Enteignung erwerben oder sichern ( Art. 24sexies Abs. 3 BV ). BGE 121 II 8 S. 15 Demnach beschränkt sich, wie die Artikel 15 und 16 des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) wiederholen, die denkmalpflegerische Kompetenz des Bundes neben der finanziellen Unterstützung der Kantone darauf, Objekte von nationaler Bedeutung auf dem Vertrags- oder Enteignungswege oder durch vorübergehende andere Massnahmen unter Schutz zu stellen. Auch in Art. 1 des noch vor Einführung von Art. 24sexies BV erlassenen Bundesbeschlusses betreffend die Förderung der Denkmalpflege vom 14. März 1958 (SR 445.1) und Art. 16 der dazugehörigen Verordnung vom 26. August 1958 (SR 445.11) wird bestimmt, dass der Bund die Denkmalpflege in erster Linie durch Beiträge unterstützt und nur ausnahmsweise Denkmäler selbst erwirbt, wenn der angestrebte Zweck sonst nicht erreicht werden kann. Die Denkmalpflege obliegt mithin nach der eidgenössischen Spezialgesetzgebung in weitem Masse, hinsichtlich der Baudenkmäler regionaler und lokaler Bedeutung sogar ausschliesslich den Kantonen. Diese haben die für die Erhaltung solcher schutzwürdiger Objekte notwendigen Rechtsgrundlagen zu schaffen und über die Unterschutzstellung im Einzelfall zu befinden. Daran haben auch die Einführung von Art. 22quater BV im Jahre 1969 und der Erlass des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 nichts geändert. Wohl setzt sich die Raumplanung auch den Schutz bedeutender Ortsbilder, geschichtlicher Stätten sowie der Natur- und Kulturdenkmäler zum Ziel ( Art. 17 RPG ) und hat sich der Bund auf diesem Gebiet die Grundsatzgesetzgebung vorbehalten. Der Begriff des Kulturdenkmals wird jedoch auch im eidgenössischen Raumplanungsrecht nicht näher umschrieben. Zudem sind die Kantone frei, die Schutzvorkehren im einzelnen festzulegen und den Schutz auf weitere Gegenstände auszudehnen ( Art. 17 Abs. 2 RPG , Erläuterungen zum RPG, hrsg. vom EJPD, Bundesamt für Raumplanung, Bern 1981, N. 11 zu Art. 17). Insofern ist es Sache der Kantone, den Denkmalbegriff zu bestimmen (vgl. LORENZ MEYER, a.a.O. S. 6). b) Während früher ein Objekt, um als Denkmal anerkannt zu werden, sich hinsichtlich Schönheit, kunsthistorischem Wert und geschichtlicher Bedeutung auszeichnen musste, ist nach heutiger Auffassung ausschlaggebend, ob die Baute oder Anlage als wichtiger, besonders charakteristischer Zeuge einer bestimmten, auch jüngeren Epoche und deren kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, baulichen oder technischen Gegebenheiten gelten könne. BGE 121 II 8 S. 16 Gemäss Lehre und Rechtsprechung können daher auch Industriegebäude, Fabrik- und andere technische Anlagen - so auch Bahnhofbauten und Bahnanlagen - Baudenkmäler sein (vgl. BGE 118 Ia 384 E. 5a, Urteil des Bundesgerichtes vom 2. Juli 1986 E. 3c, publ. in ZBl 88/1987 S. 541 f., BGE 120 Ia 270 E. 4; s.a. LORENZ MEYER, a.a.O. S. 8, mit Fussnoten). In Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe der Denkmalpflege müssen deshalb auch Eisenbahnanlagen unter Schutz gestellt werden können, und zwar selbst dann oder sogar gerade dann, wenn sie noch betrieben werden. Da dieser Schutz wie dargelegt weitgehend nur durch kantonalrechtliche Massnahmen gewährleistet werden kann, muss insoweit das kantonale Recht zum Zuge kommen. Wie das Bundesgericht im zitierten Entscheid BGE 120 Ia 270 vorausgesetzt hat, steht denn auch die Eisenbahngesetzgebung, insbesondere Art. 18 EBG , der Unterschutzstellung einer in Betrieb stehenden Eisenbahnbaute an sich nicht entgegen: Wohl sind gemäss Art. 18 Abs. 1 EBG die Pläne für die Erstellung und Änderung von Bauten, Anlagen und Fahrzeugen, die ganz oder überwiegend dem Bahnbetrieb dienen, vor ihrer Ausführung allein von der eisenbahnrechtlichen Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Nach Abs. 2 und 3 dieses Artikels sind jedoch die beteiligten Kantone und Gemeinden vor der Plangenehmigung anzuhören und sollen die auf kantonales Recht gestützten Anträge soweit berücksichtigt werden, als die Bahnunternehmung in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht unverhältnismässig eingeschränkt wird. Solche auf kantonales Recht gestützte Anträge können sich auch auf den Denkmalschutz beziehen. Begehren auf diesem Gebiet sind aber zweifellos gewichtiger, wenn die Schutzwürdigkeit eines Objektes bereits abgeklärt und dieses als Denkmal bezeichnet ist. Ein generelles Zuwarten mit Unterschutzstellungen von Bahnbauten bis zur Einleitung eines Plangenehmigungsverfahrens für einen Umbau oder Abbruch hätte deshalb wenig Sinn: Einerseits bestünde für die Denkmalpflege die - erfahrungsgemäss nicht bloss theoretische - Gefahr, dass schützenswerte, aber noch nicht unter Schutz gestellte Bauten "gleichsam lautlos und über Nacht" verschwinden (vgl. ALBERT KNOEPFLI, Aus den Katechismusblättern der heutigen Denkmalpflege, in: Rechtsfragen der Denkmalpflege, St. Gallen 1981, S. 27), andererseits wäre auch der bauwilligen Bahnunternehmung nicht gedient, wenn die Frage der Schutzwürdigkeit einer abzubrechenden oder abzuändernden Baute stets erst noch im Plangenehmigungsverfahren zu prüfen wäre. BGE 121 II 8 S. 17 Dass die Möglichkeit bestehen muss, auch in Betrieb stehende Bahnanlagen unter Schutz zu stellen, ergibt sich weiter aus Art. 3 NHG . Danach sind die eidgenössischen Behörden und Amtsstellen, zu denen nicht nur die eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsbehörden, sondern auch die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zählen (vgl. Art. 1 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 23. Juni 1944 [SR 742.31] in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG ), von Bundesrechts wegen verpflichtet, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler zu schonen oder ungeschmälert zu erhalten. Dieser Pflicht ist unter anderem dadurch nachzukommen, dass die eigenen Bauten und Anlagen nicht nur entsprechend gestaltet, sondern auch unterhalten werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Objekte nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung handle ( Art. 3 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 NHG ). Trägt somit die eidgenössische Gesetzgebung den SBB ausdrücklich auf, beim Unterhalt ihrer Werke den - im kantonalen Recht festzulegenden - Anliegen des Denkmalschutzes Rechnung zu tragen, so kann auch eine Bindung der konzessionierten Bahnunternehmungen an kantonale denkmalpflegerische Anordnungen nicht "per se" bundesrechtswidrig sein. Allerdings dürfen, wie sich aus Art. 18 EBG ergibt und im bereits erwähnten BGE 120 Ia 270 E. 3, 6a unterstrichen worden ist, die denkmalschützerischen Massnahmen die Bahnunternehmung in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht unverhältnismässig einschränken. Die Unterschutzstellung setzt daher einerseits eine eingehende, auf wissenschaftliche Kriterien gestützte Beurteilung der Schutzwürdigkeit der fraglichen Eisenbahnbaute voraus. Andererseits darf eine Unterschutzstellung nur so weit gehen, als das denkmalpflegerische Interesse das Interesse der Bahn an einer uneingeschränkten Nutzung ihrer Anlagen überwiegt. Ferner steht ausser Frage, dass die Sicherheit des Bahnbetriebes stets den Vorrang hat. Die Unterschutzstellung einer noch in Betrieb stehenden Bahnanlage bedingt deshalb eine sorgfältige Abklärung des Sachverhaltes und die Erfassung aller auf dem Spiele stehenden Interessen. Eine sachgerechte, allen Anliegen Rechnung tragende Lösung wird letztlich am ehesten gefunden werden können, wenn die Unterschutzstellung in Absprache mit der Bahnunternehmung und allenfalls auch der eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsbehörde erfolgt. 4. Nach dem Gesagten verstösst die Bestimmung von Art. 35bis lit. c BauR weder von vornherein gegen Bundesrecht, noch kommt ihr lediglich die ihr vom Regierungsrat beigelegte beschränkte Bedeutung zu. Sie entfaltet BGE 121 II 8 S. 18 vielmehr mit dem Inkrafttreten des Baureglementes volle Wirkung. Das heisst indessen noch nicht, dass die Unterschutzstellung auf einem die übrigen Interessen überwiegenden Interesse beruhe und dass sie den bahnbetrieblichen Erfordernissen gebührend Rechnung trage, mit anderen Worten verhältnismässig sei. Diese Fragen sind, soweit aus den Akten ersichtlich, im kantonalen Verfahren nie einer ernsthaften Prüfung unterzogen worden. Insbesondere liegt keinerlei Beurteilung der Schutzwürdigkeit des Gümmenen-Viaduktes vor und wird nirgends dargelegt, welche Folgen sich aus dem Schutz des Werkes für dessen Unterhalt und Betrieb ergeben könnten. Fraglich ist im übrigen auch, ob das eingeschlagene Verfahren den Rechtsschutzanforderungen genüge (vgl. BGE 119 Ia 88 , mit Hinweisen). Es kann aber nicht Sache des Bundesgerichtes sein, diese Fragen im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren gleichsam erstinstanzlich zu untersuchen. Der angefochtene Entscheid ist daher insoweit, als er das durch Art. 35bis lit. c BauR bezeichnete und im Zonenplan unter Nr. 8.1 ausgeschiedene Kulturobjekt betrifft, aufzuheben. Die Unterschutzstellung des Gümmenen-Viaduktes wird im Sinne dieser Erwägungen durch die kantonalen Behörden neu zu prüfen sein. SCHUTZ VON ARCHÄOLOGISCHEN FUNDEN 5. Gemäss Art. 33bis Ziff. 2 des Baureglementes der Gemeinde Mühleberg ist bei der Prüfung von Bauvorhaben innerhalb eines archäologischen Schutzgebietes der Archäologische Dienst beizuziehen (zu orientieren). Als solches Schutzgebiet gilt unter anderem das im Zonenplan unter der Nummer 9.4 ausgeschiedene Gebiet längs des Gäbelbaches, das im Baureglement als "altbernische Fischteichdämme Rosshäusern" bezeichnet wird. Das Trassee der Bern-Neuenburg-Bahn durchquert dieses Schutzgebiet auf einer Länge von etwa 160 m. Was die grundsätzliche Vereinbarkeit des Einbezugs von Bahnareal in archäologisches Schutzgebiet mit dem Bundesrecht, insbesondere mit dem Eisenbahnrecht, betrifft, kann auf die bereits angestellten Erwägungen verwiesen werden. Ein solcher Einbezug ist weder grundsätzlich ausgeschlossen, noch vermag er allein im Falle einer Zweckänderung des Bahnareals Wirkung zu entfalten. Im weiteren beschränkt sich hier das kommunale Reglement darauf, die kantonalrechtliche Vorschrift über den Schutz von archäologischen Funden zu wiederholen: Von den Grundeigentümern wird lediglich verlangt, dass Bauvorhaben, die Bodenveränderungen bewirken, dem kantonalen BGE 121 II 8 S. 19 Archäologischen Dienst zur Kenntnis gebracht werden (vgl. Art. 14 Abs. 2 der bernischen Bauverordnung vom 6. März 1985). Diese Meldepflicht stellt einen derart geringen Eingriff in die Eigentümerbefugnisse allgemein und auch in die Nutzungsrechte einer Bahnunternehmung dar, dass kaum anzunehmen ist, irgendwelche öffentlichen oder privaten Interessen könnten diesem entgegenstehen. Da die Aspekte des Denkmalschutzes jedoch ohnehin erneut zu prüfen sein werden, kann der Bahn in diesem Rahmen auch Gelegenheit gegeben werden, ihre Einwände gegen die Informationspflicht zu konkretisieren. NATURSCHUTZ 6. Die Gemeinde Mühleberg hat im Gebiet Chrüzfeld/Flüelengraben, durch welches die Bern-Neuenburg-Bahn führt, ein Landschaftsschutzgebiet ausgeschieden, in dem allgemein Bäume, Baumgruppen, Hecken, Feldgehölze, Waldränder, Weiher, Wasserläufe, Feuchtgebiete und Trockenstandorte in ihrem Bestand zu erhalten und Neubauten, Neuanlagen und Veränderungen grundsätzlich untersagt sind (Art. 34 Ziff. 3 und 4 BauR). Zusätzlich werden auch in diesem Gebiet Naturobjekte einzeln bezeichnet und unter Schutz gestellt. Hiezu zählen unter anderem zwei Hecken in Schnurremüli und in der Studweid, die grösstenteils auf Bahnboden stehen. Solche Hecken dürfen nach Art. 36 Ziff. 2 BauR nicht gefährdet werden; müssen sie gerodet oder gefällt werden, ist eine Bewilligung einzuholen und in unmittelbarer Nähe eine Ersatzhecke von mindestens gleicher Ausdehnung anzupflanzen (Art. 36 Ziff. 2 BauR). Ferner sind gemäss Art. 36 Ziff. 3 BauR offene Bachläufe ebenfalls geschützt und dürfen nicht zugeschüttet oder eingedolt werden; Sanierungen sind naturnah auszuführen. Von dieser Bestimmung wird die Beschwerdeführerin insofern betroffen, als der Schnurremülibach als geschütztes Objekt teilweise über Bahnareal führt. Die Beschwerdeführerin scheint sich im kantonalen Verfahren der Ausscheidung des Landschaftsschutzgebietes nicht ernsthaft widersetzt zu haben. Es ist nach dem Gesagten auch klar, dass das Bahngebiet nicht unter das generelle Bau- und Veränderungsverbot fällt und die allgemeinen Schutznormen nur im Rahmen eines eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahrens gemäss Art. 18 Abs. 3 EBG Berücksichtigung finden können. Dagegen beanstandet die Bahn, dass auch auf ihren Grundstücken einzelne bestimmte Naturobjekte als geschützt bezeichnet worden sind. BGE 121 II 8 S. 20 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bund in Erfüllung der ihm durch Art. 24sexies Abs. 4 BV übertragenen Aufgabe selbst Schutzbestimmungen erlassen hat, die zum Ziele haben, durch Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten entgegenzuwirken. Besonders zu schützen sind unter anderem Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ). Lässt sich eine Beeinträchtigung solcher Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu derem bestmöglichen Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen ( Art. 18 Abs. 1ter NHG ). Während der Bundesrat die Biotope von nationaler Bedeutung selbst bezeichnet ( Art. 18a Abs. 1 NHG ), beauftragt Art. 18b NHG die Kantone, für den Schutz und Unterhalt der Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung zu sorgen. Ausserdem haben die Kantone in intensiv genutzten Gebieten inner- und ausserhalb von Siedlungen für ökologischen Ausgleich mit Feldgehölzen, Hecken, Uferbestockung oder mit anderer naturnaher und standortgemässer Vegetation zu sorgen ( Art. 18b Abs. 2 NHG ). Soweit daher die von der Gemeinde Mühleberg erlassenen Naturschutzanordnungen als reine Ausführungs- und Vollzugsbestimmungen zum Bundesrecht, insbesondere zu Art. 18b NHG , zu betrachten sind, ist der Vorwurf des Verstosses gegen Bundesrecht von vornherein unbegründet. Selbst wenn aber diese Anordnungen nicht auf Art. 18b NHG abgestützt werden könnten, wäre damit noch nicht gesagt, dass es ausgeschlossen sei, in Erfüllung des Verfassungsauftrages von Art. 24sexies Abs. 1 BV auch einzelnen Bahngebiet beanspruchenden, besonders wertvollen Naturobjekten kantonalrechtlichen Schutz angedeihen zu lassen. Im einen wie im anderen Fall bedingt aber eine solche Unterschutzstellung und deren Umschreibung ein umsichtiges Abwägen der naturschützerischen, der eisenbahnbetrieblichen und der übrigen öffentlichen Interessen (vgl. BGE 118 Ib 485 E. 3c, mit Hinweisen). Solche Abklärungen und die notwendige Würdigung der verschiedenen Anliegen sind jedoch auch auf diesem Sachgebiet unterblieben. Der angefochtene Entscheid ist daher vollständig aufzuheben. Demzufolge werden die kantonalen Behörden - nötigenfalls in Zusammenarbeit mit den kantonalen und eidgenössischen Fachstellen - die das Bahnareal BGE 121 II 8 S. 21 belastenden kommunalen Schutzbestimmungen noch einer eingehenden materiellen Prüfung zu unterziehen haben.
public_law
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
43f4bdcc-2a36-425d-8a84-1f0f11b63bb3
Urteilskopf 120 Ib 285 40. Estratto della sentenza della Corte di cassazione penale del 18 marzo 1994 nella causa X. c. Ufficio della circolazione del Cantone dei Grigioni (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 16 Abs. 2 und 3 lit. a, Art. 90 Ziff. 2 SVG ; Art. 32 Abs. 2 VZV . In schwerer Weise gefährdet den Verkehr im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG , wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Diese beiden Vorschriften stimmen inhaltlich miteinander überein (Klarstellung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 285 BGE 120 Ib 285 S. 285 Dai considerandi: 1. La licenza di condurre o la licenza per allievo conducente può essere revocata al conducente che, violando le norme della circolazione, ha compromesso la sicurezza del traffico o disturbato terzi; nei casi di lieve entità può essere pronunciato un ammonimento (art. 16 cpv. 2 LCS; RS 741.01). Secondo l'art. 16 cpv. 3 lett. a LCS, la licenza di condurre o la licenza per allievo conducente deve essere revocata se il conducente ha compromesso gravemente la sicurezza della circolazione. Ciò è il caso, conformemente all' art. 32 cpv. 2 OAC (RS 741.51), quando il conducente "violando gravemente le norme della circolazione cagiona un serio pericolo per la sicurezza altrui o ne assume il rischio". È punito con le sanzioni penali stabilite dall'art. 90 n. 2 LCS chi "violando gravemente le norme della circolazione, cagiona un serio pericolo per la sicurezza altrui o assume il rischio di detto pericolo". La giurisprudenza del Tribunale federale ha rilevato soltanto un certo parallelismo tra l'infrazione grave delle norme della circolazione stradale ai sensi dell'art. 90 n. 2 LCS e il fatto di compromettere gravemente la sicurezza della circolazione ai sensi dell'art. 16 cpv. 3 lett. a LCS comportante la revoca obbligatoria della licenza di condurre; ove non sussista una ragione particolare che vi osti nel caso concreto, le due nozioni simili contenute nella stessa legge non possono essere interpretate in modo diverso ( DTF 118 IV 188 consid. 2b; DTF 105 Ib 120 ; DTF 102 Ib 196 consid. 3b). La disposizione esecutiva dell' art. 32 cpv. 2 OAC definisce la messa in serio pericolo della sicurezza della circolazione usando lo stesso testo dell'art. 90 n. 2 LCS. L' art. 32 cpv. 2 OAC è stato adottato solo dopo la giurisprudenza contenuta in DTF 102 Ib 196 , con cui era stato rilevato un parallelismo tra le due nozioni. In seguito alla precisazione contenuta nell' art. 32 cpv. 2 OAC , non si giustifica più di mantenere una riserva quanto all'equiparazione tra le nozioni di cui all'art. 16 cpv. 3 lett. a LCS e all'art. 90 n. 2 LCS. Esse devono essere ritenute uguali a tutti gli effetti.
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1,994
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43f79747-7424-44fe-9977-252366c8429d
Urteilskopf 118 V 107 14. Urteil vom 19. Juni 1992 i.S. Krankenkasse KPT gegen X und Verwaltungsgericht des Kantons Bern.
Regeste Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG , Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 Vo III, Anhang zur Verordnung 9 des EDI. Die methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger ist gestützt auf die Stellungnahme der Eidg. Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen als Pflichtleistung zu übernehmen.
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 118 V 107 S. 107 A.- Die bei der Krankenkasse KPT versicherte X (geb. 1970) unterzog sich vom 22. Juni bis 29. September 1990 einer Methadonbehandlung, deren Kosten sich gemäss Rechnung der B.-Apotheke auf Fr. 532.70 beliefen. Mit Verfügung vom 4. Dezember 1990 lehnte es die Krankenkasse gestützt auf Art. 26 Abs. 4 ihres Leistungsreglementes, wonach für Ersatzdrogen keine Leistungen ausgerichtet werden, ab, die Kosten der Methadonabgabe zu übernehmen. Bei der Behandlung der Drogensucht mit Methadon handle es sich um keine Pflichtleistung, da der medizinische Nutzen nicht BGE 118 V 107 S. 108 erwiesen sei, die Zweckmässigkeit (Umsteigen von einer Droge auf die andere) bezweifelt werde und somit das Erfordernis der Wirtschaftlichkeit der Behandlung nicht erfüllt sei. Die Behandlung biete infolge Verzichts auf intravenöse Injektionen Schutz vor einer HIV-Infektion und anderen Infektionen, was ihr den Charakter einer Präventivmassnahme verleihe, die nicht zu Lasten der Krankenkasse gehe. Wenn damit eine Resozialisierung ermöglicht werde, genüge dies nicht, um eine Pflichtleistung anerkennen zu können. B.- X führte Beschwerde, mit der sie sinngemäss beantragte, die Kasse sei zur Übernahme der Methadonbehandlung zu verpflichten. Aufgrund der Stellungnahmen der Eidg. Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung (Fachkommission) vom 31. August 1989/30. August 1990, welche die methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger unter bestimmten Voraussetzungen als Pflichtleistung der Krankenkassen erachtet hatte, gelangte das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zum Schluss, dass die Krankenkasse grundsätzlich für die Methadonabgabe aufzukommen habe. Dementsprechend hob es die angefochtene Kassenverfügung in Gutheissung der Beschwerde auf und wies die Sache zur Abklärung der Frage, ob ein strukturiertes Methadonprogramm vorliege, und zum allfälligen Erlass einer neuen Verfügung an die Krankenkasse zurück (Entscheid vom 23. April 1991). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Krankenkasse, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. X und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auf die Begründung der Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen Bezug genommen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Eine Krankenkasse schuldet grundsätzlich Leistungen unter dem Titel der Krankenpflegeversicherung im Sinne des KUVG nur, wenn der Versicherte an einer Krankheit leidet ( BGE 110 V 315 Erw. 3a). Das KUVG setzt den Begriff der Krankheit voraus, ohne ihn zu umschreiben. Auch Art. 14 Abs. 1 Vo III hält lediglich fest, dass die Pflichtleistungen "im Falle der Krankheit" gewährt werden müssen. Angesichts der vielfältigen Erscheinungen krankhafter Zustände und Prozesse entzieht sich denn auch der Krankheitsbegriff einer strengen juristischen Definition. Daher wird die Frage, ob ein Versicherter an einer Krankheit im Sinne des KUVG leidet oder BGE 118 V 107 S. 109 nicht, nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu beantworten sein. Immerhin wird man kaum je von Krankheit sprechen können, wenn nicht Störungen vorliegen, die durch pathologische Vorgänge verursacht worden sind. Im Bestreben, einen lückenlosen Versicherungsschutz in der sozialen Unfall- und Krankenversicherung zu gewährleisten, verwendet das Eidg. Versicherungsgericht eine vom Unfallbegriff her gewonnene, negative Umschreibung des Krankheitsbegriffs: Als Krankheit gilt danach eine Schädigung der physischen oder psychischen Gesundheit, die nicht auf einen Unfall oder dessen direkte Folgen zurückzuführen ist ( BGE 114 V 155 Erw. 2a, 163 Erw. 1a, BGE 113 V 43 Erw. 3a mit Hinweisen). b) Die Heroinsucht bezeichnet einen Zustand der Abhängigkeit von der Droge Heroin. Die Sucht besteht im unbezwingbaren Verlangen zur fortgesetzten Einnahme mit Entziehungserscheinungen nach Absetzen, Tendenz zur Steigerung der Dosis, Schäden für Individuum und Gesellschaft (PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, 256. Aufl., S. 2 f., 1618; vgl. auch STEINBRECHER/SOLMS, Sucht und Missbrauch, 2. Aufl., 1975). Die Heroinsucht ist eine Krankheit (RKUV 1991 Nr. K 856 S. 21). 2. Im vorliegenden Fall bestreitet die Kasse nicht, dass die Beschwerdegegnerin an Heroinsucht und damit an einer behandlungsbedürftigen Krankheit leidet. Streitig ist, ob die Krankenkasse für die Kosten der vom 22. Juni bis 29. September 1990 durchgeführten Methadonbehandlung aufkommen muss. Die Leistungen der Krankenpflegeversicherung haben nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG u.a. die ärztliche Behandlung (lit. a) und die von einem Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen (lit. b) zu umfassen. Die zur gesetzlichen Pflichtleistung gehörende ärztliche Behandlung umfasst gemäss Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung die vom Arzt vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen. Ferner schreibt die zitierte Verordnungsbestimmung in der seit dem 1. Januar 1986 geltenden Fassung vor, dass diese Massnahmen zweckmässig und wirtschaftlich sein sollen. Diese Grundsätze gelten sowohl bei ambulanter Behandlung als auch bei Behandlung in einer Heilanstalt ( BGE 114 V 156 Erw. 3a, 164 Erw. 2, 260 Erw. 2, BGE 113 V 44 Erw. 4b und BGE 112 V 305 Erw. 2b). Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsmethode dann als wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist. BGE 118 V 107 S. 110 Entscheidend sind dabei das Ergebnis der Erfahrungen und der Erfolg einer bestimmten Therapie ( BGE 114 V 156 Erw. 3a, 164 Erw. 2, 260 Erw. 2, BGE 113 V 45 Erw. 4d/aa und BGE 105 V 185 Erw. 3). Ist umstritten, ob eine diagnostische oder therapeutische Massnahme wissenschaftlich, zweckmässig und wirtschaftlich ist, so entscheidet das Eidg. Departement des Innern (EDI) nach Anhören der Fachkommission, ob die Massnahme als Pflichtleistung von den Krankenkassen übernommen werden muss ( Art. 12 Abs. 5 KUVG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 2 Vo III). Die Meinungsäusserungen dieser Kommission sind für den Richter grundsätzlich nicht verbindlich. Wenn es allerdings darum geht, einen Sachverhalt zu würdigen, der ausschliesslich medizinische Überlegungen beschlägt, so ist der Richter im allgemeinen nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Schlussfolgerungen der Fachleute stichhaltig sind. Er muss sich deshalb deren Meinung anschliessen, sofern sie nicht unhaltbar scheint ( BGE 114 V 156 Erw. 3a, 164 Erw. 2, BGE 113 V 46 Erw. 4d/cc und BGE 112 V 306 Erw. 2c). Am 18. Dezember 1990 hat das Eidg. Departement des Innern (EDI) die Verordnung 9 (Vo 9) über die Leistungspflicht der anerkannten Krankenkassen für bestimmte diagnostische und therapeutische Massnahmen erlassen. Nach Art. 1 dieser Verordnung sind im dazugehörigen Anhang folgende Beschlüsse des Departements aufgeführt: a. Die Beschlüsse über die Leistungspflicht der Kassen bei umstrittener Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit oder Wirtschaftlichkeit diagnostischer oder therapeutischer Massnahmen (Art. 21 Abs. 2 Vo III); b. Die Beschlüsse über die Voraussetzungen der Leistungspflicht, die der Sicherstellung einer zweckmässigen und wirtschaftlichen Behandlung dienen (Art. 21 Abs. 3 Vo III). Die Verordnung ist am 1. Januar 1991 in Kraft getreten (Art. 3). Im Anhang ist laut "Beschluss, gültig ab 31.8.1989", u.a. die "Leistungspflicht für die methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger (strukturierte Methadonprogramme)" festgelegt. Die entsprechende gutachtliche Meinungsäusserung gab die Fachkommission an der Sitzung vom 31. August 1989 ab (RKUV 1990 S. 33). 3. Die Beschwerdegegnerin hat sich der streitigen Methadonbehandlung vom 22. Juni bis 29. September 1990 unterzogen. Die Vo 9 des EDI ist erst am 1. Januar 1991 in Kraft getreten. Da in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich BGE 118 V 107 S. 111 sind, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben ( BGE 112 V 173 Erw. 3c mit Hinweisen), findet die neue Vo 9 im vorliegenden Fall keine Anwendung. Entgegen der Auffassung der Krankenkasse kann diese Verordnung daher in diesem Leistungsstreit nicht auf ihre Gesetzmässigkeit überprüft werden. Das Gericht hat sich jedoch in den nachstehenden Erwägungen zur Gesetzmässigkeit der Stellungnahme der Fachkommission vom 31. August 1989, mit welcher das Methadonprogramm unter bestimmten Voraussetzungen als wissenschaftlich, zweckmässig und wirtschaftlich anerkannt wurde, zu äussern. Beim Anhang zur neuen Fassung der Vo 9 des EDI handelt es sich um eine neue Form der Veröffentlichung der Beschlüsse der Fachkommission (RKUV 1991 S. 30). Dieser Anhang enthält u.a. eine wörtliche Wiedergabe der gutachtlichen Meinungsäusserung der Fachkommission vom 31. August 1989 zur Leistungspflicht der Krankenkassen für Methadonprogramme. Daher ist mit dem Entscheid über die Gesetzmässigkeit der Stellungnahme der Fachkommission auch die Frage beantwortet, ob die Vo 9, soweit sie strukturierte Methadonprogramme unter bestimmten Voraussetzungen zur Pflichtleistung der Krankenkassen erklärt, der Willkürprüfung standhält, weder übergeordnetem Gesetzes- noch Verfassungsrecht widerspricht und sich damit als rechtskonform erweist. 4. Nach Erscheinen des ersten Methadonberichts (Suchtmittelersatz in der Behandlung Heroinabhängiger in der Schweiz) der Eidg. Betäubungsmittelkommission, Arbeitsgruppe "Methadon" der Subkommission Drogenfragen, vom April/Mai 1984, stellte die Fachkommission an ihrer Sitzung vom 23. August 1984 fest, die Methadonbehandlung befinde sich noch im Stadium der Erprobung und bedürfe weiterer Abklärungen. Für die Fachleute der Kommission waren noch nicht alle Zweifel an der Wissenschaftlichkeit dieser Therapiemethode beseitigt. Das BSV sah sich deshalb ausserstande, dem EDI zu beantragen, die Methadontherapie im Sinne der Verabreichung von Methadon ("Methadonkur") als wissenschaftlich anerkannte Heilanwendung und damit als Pflichtleistung der Krankenkassen zu bezeichnen (RKUV 1984 S. 211). Aufgrund der Meinungsäusserung der Fachkommission erkannte das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil B. vom 10. Juli 1986, dass die Methadon-Langzeitbehandlung Drogenabhängiger, weil wissenschaftlich umstritten, keine Pflichtleistung darstelle, obschon sie nach Auffassung der Eidg. Betäubungsmittelkommission zu befriedigenden Resultaten führen könne (RKUV 1987 Nr. K 711 S. 29). BGE 118 V 107 S. 112 Im August 1989 erschien die zweite Auflage des Methadonberichts, dessen Schlussfolgerungen - mit Ausnahme des neuen Gesichtspunktes "HIV-Infektionen" - im wesentlichen mit jenen des ersten Berichts übereinstimmen. Die Kurzzusammenfassung (S. 62) lautet: "Die Verwendung des synthetischen Opioids Methadon in der Behandlung Heroinabhängiger ist während dreier Jahrzehnte wissenschaftlich und praktisch erprobt worden und hat zu Erkenntnissen und Regeln geführt, die in diesem Bericht im einzelnen dargestellt werden. Unter den gegenwärtigen schweizerischen Verhältnissen ist die Langzeitbehandlung unter Verwendung von Methadon (Suchtersatzbehandlung) ausdrücklich als eine Therapie zweiter Wahl zu verstehen; an erster Stelle kommt nach wie vor die Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung mit dem Ziel der Opiatabstinenz. Im Interesse einer Risikoverminderung für HIV-Infektionen kann, insbesondere bei seropositiven und bei an AIDS erkrankten Patienten, von dieser Regel abgewichen werden; die Beurteilung des Einzelfalles ist aber nach wie vor ausschlaggebend. Wenn Langzeitbehandlungen unter Verwendung von Methadon unter Beachtung der hier angegebenen Regeln durchgeführt werden, dann lassen sich damit befriedigende Resultate erzielen bezüglich Normalisierung der Lebensführung, Verbesserung des Gesundheitszustandes, Distanzierung von der Drogenszene, Wiedererlangen der Ausbildungs- und Erwerbsfähigkeit, Verzicht auf Delinquenz. Erfolgreicher Abschluss einer solchen Langzeitbehandlung ist ebenfalls möglich mit anschliessender Opiatabstinenz. Angemessene Wohn- und Arbeitsverhältnisse sind neben der Betreuungsqualität wichtige Voraussetzungen für die Erreichung der Therapieziele. Unkritischer Einsatz von Methadon unter Missachtung der in diesem Bericht geschilderten Erfahrungen und Regeln sowie die Kombination mit der Verschreibung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln beeinträchtigen die Erfolgschancen und schaffen unnötige Risiken für den Patienten und seine Umgebung. Kurzzeitbehandlungen mit Methadon sind nicht zu empfehlen. Methadonbehandlungen sind medizinische Therapien und gehören in die Verantwortung eines von der kantonalen Bewilligungsinstanz ermächtigten Arztes. Die Überprüfung der Behandlungsstandards obliegt den Fachgesellschaften in Verbindung mit den Gesundheitsbehörden. Gesicherte wissenschaftliche Grundlagen und Behandlungserfolge führen zur Empfehlung einer Kostenübernahme durch die Krankenversicherungen." 5. An ihrer Sitzung vom 31. August 1989 erachtete die Fachkommission die Leistungspflicht der Krankenkassen für die methadonunterstützte Langzeitbehandlung mindestens zwanzigjähriger Heroinabhängiger (strukturierte Methadonprogramme) als dann gegeben, wenn die Entwöhnungsbehandlung erwiesenermassen keinen Erfolg verspricht, d.h. mindestens zwei Versuche einer BGE 118 V 107 S. 113 mehrmonatigen Entwöhnungsbehandlung erfolglos verlaufen sind; bei HIV-infizierten oder AIDS-kranken Patienten, die zu einer Entwöhnungskur nicht bereit sind, kann auf dieses Erfordernis verzichtet werden, um das Risiko einer Weitergabe der Infektion zu vermindern. Zudem muss die Opiatabhängigkeit seit mindestens zwei Jahren bestanden haben. An der Sitzung vom 30. August 1990 umschrieb die Fachkommission sodann die Vorkehren, welche der behandelnde Arzt im Zusammenhang mit der Methadonabgabe zu treffen hat, und legte dabei insbesondere fest, welche Angaben er gegenüber dem jeweiligen Vertrauensarzt der Krankenkassen zu machen hat. Die Stellungnahmen der Fachkommission fanden vollumfänglich Eingang in die seit 1. Januar 1991 geltende Vo 9 des EDI. 6. Das kantonale Gericht, das eingehend zu den Einwendungen der Krankenkasse, welche die fehlende Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methadonabgabe rügte, Stellung nahm, gelangte zum Schluss, dass sich mangels stichhaltiger Gründe ein Abweichen von der Meinungsäusserung der Fachkommission verbiete, da sie weder willkürlich noch unhaltbar erscheine. Die Voraussetzungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen seien in Anbetracht der nunmehr als gesichert geltenden Erkenntnisse gegeben. Im einzelnen hielt die Vorinstanz fest, Methadon könne nicht als eigentliche Ersatzdroge bezeichnet werden; es handle sich wohl um ein Produkt mit morphinähnlicher Wirkung und schaffe auch eine Abhängigkeit vom Opiattypus, verhindere jedoch das Entstehen eines Heroinentzugssyndroms und wirke bei kontrollierter Langzeitanwendung mit ausreichender Toleranzbildung verhältnismässig wenig euphorisierend oder sonstwie bewusstseinsverändernd. Unter Berufung auf den Methadonbericht 1989 wies die Vorinstanz im weiteren auf die in der Regel geringen Nebenwirkungen und die positiven Auswirkungen einer Umstellung von Heroin auf Methadon während der Schwangerschaft hin und führte aus, dass sich die Einnahme von Methadon mit sozialer Funktions- und Erwerbsfähigkeit vereinbaren lasse. Die Applikation von Methadon könne aus diesen Gründen nicht mit dem Konsum suchtmachender Drogen verglichen werden, sondern gleiche in ihrer Wirkung vielmehr derjenigen eines Medikamentes zur Behandlung einer bestehenden Krankheit und sei somit eigentliche Heilbehandlung. Ziel der Methadonbehandlung sei die schrittweise Lösung von der Sucht innert angemessener Frist. Aufgrund jahrzehntelanger, weltweit gemachter Erfahrungen könne die strukturierte Methadonbehandlung als erfolgversprechend gelten. Der medizinische Nutzen und damit die Wirtschaftlichkeit der BGE 118 V 107 S. 114 Behandlung seien gegeben. Die Substitutionsbehandlungen mit Methadon stellten laut den Ausführungen im Methadonbericht eine international verbreitete, anerkannte, auf zwanzigjähriger Erfahrung basierende Modalität der Behandlung von Heroinabhängigen dar. Das strukturierte Programm sei u.a. auch auf die in der Schweiz geltenden Verhältnisse (Drogenszene) und die hier verfügbaren medizinischen und therapeutischen Ressourcen abgestimmt worden. Soweit dieses strukturierte Methadonprogramm in Frage stehe, könne somit auch die Zweckmässigkeit der Behandlung nicht in Abrede gestellt werden. 7. Den überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz ist beizupflichten. Was die Krankenkasse hiegegen einwendet, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. a) Die Kasse bringt gegen die Wissenschaftlichkeit der Therapiemethode zunächst vor, bei Methadon handle es sich um eine eigentliche Ersatzdroge, was die Vorinstanz übersehen habe. Zwar wird Methadon Heroinsüchtigen anstelle von Heroin abgegeben; um eine Ersatzdroge handelt es sich jedoch nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht, weil die Applikation von Methadon gemessen an der Wirkung keinesfalls mit dem Konsum einer suchtmachenden Droge vergleichbar ist, sondern der Wirkung eines Medikamentes gleichkommt. Laut Ausführungen im zweiten Methadonbericht steht bei der Behandlung der Heroinsucht - wie bei anderen Abhängigkeitsformen - die Entziehung bis zur Abstinenz im Vordergrund, welche auch mit der methadonunterstützten Behandlung angestrebt und gemäss den Darlegungen von Prof. U. an der Sitzung der Fachkommission in vielen Fällen nachgewiesenermassen auch erreicht wird (Protokoll der Fachkommission vom 31. August 1989). Die Krankenkasse macht ferner geltend, gemäss dem im Kanton Bern geltenden "Methadonvertrag" müsse der Versicherte in unsittlicher und nichtiger Weise in die Methadonabhängigkeit einwilligen, was den Drogencharakter des Wirkstoffes unterstreiche. Indiz dafür sei auch die Vertragsklausel, wonach ein Methadonentzug angeordnet werde, wenn der Süchtige davon mehr als 150 mg im Tag benötige; sodann werde das Methadonprogramm bei längerem Gefängnis- oder Spitalaufenthalt eingestellt, was bei einem Medikament als Behandlungsbestandteil nicht möglich wäre. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Meinungsäusserung der Fachkommission erfolgte in Kenntnis der Tatsache, dass Methadon eine Abhängigkeit vom Opiattypus bewirkt; die Experten haben sich mit BGE 118 V 107 S. 115 Wirkungen und Nebenwirkungen eingehend auseinandergesetzt, die Rahmenbedingungen der Durchführung, einschliesslich der Dosierungen, festgelegt, die Zweckmässigkeit der Methadonbehandlung während längerer Spital- oder Gefängnisaufenthalte erörtert und sich auch mit dem nicht gesicherten Risiko einer insgesamt verlängerten Abhängigkeitsdauer befasst. Entgegen der Auffassung der Kasse erschöpft sich sodann das Ziel des Methadonprogramms nicht im "Weg von der Nadel"; dieser Zustand kann lediglich als Teilziel vor Erreichen völliger Opiatfreiheit in einer späteren Behandlungsphase verstanden werden. Die von der Kasse aufgegriffene Aussage von Dr. S., Mitglied der Fachkommission, die Methadonbehandlung weise, da von der einen in eine etwas modifizierte andere Krankheit führend, nicht Heilbehandlungscharakter auf, lässt laut Entgegnung von Prof. U. die erwiesene Verbesserung im Gesundheitszustand des Suchtkranken, die mittels Methadonprogrammen erreicht wird, ausser acht; im übrigen entspricht die Meinung des Dr. S. nicht der Auffassung der Fachkommission; diese stützt sich auf den zweiten Methadonbericht, der bei lege artis durchgeführter Behandlung ausgewiesene Chancen für eine volle Erwerbstätigkeit und Normalisierung der Lebensführung sieht. b) Die Einwendungen, mit welchen die Kasse die Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Methadonbehandlung bestreitet, sind ebenfalls nicht stichhaltig. Insoweit sie die im Vergleich zu Abstinenzbehandlungen höheren Kosten der Methadonprogramme beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass dem Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen einer Massnahme im Rahmen von Art. 23 KUVG nur Bedeutung mit Bezug auf verschiedene in Betracht fallende Behandlungsmethoden zukommt, nicht dagegen im Hinblick darauf, ob sich der Aufwand einer an sich geeigneten und wissenschaftlich anerkannten Methode, gemessen an dem zu erwartenden Behandlungserfolg, noch rechtfertigen lässt. Letzteres kann lediglich unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips von Bedeutung sein. Dabei vermag nur ein grobes Missverhältnis zwischen der Höhe der Heilungskosten und dem zu erwartenden Heilerfolg eine Leistungsverweigerung zu begründen ( BGE 109 V 44 Erw. 2b mit Hinweis). Dies hat auch im vorliegend interessierenden Zusammenhang zu gelten. Eine methadonunterstützte Langzeitbehandlung Heroinabhängiger ist u.a. nur indiziert, wenn eine Entwöhnungsbehandlung keinen Erfolg verspricht, was in der Regel bedeutet, dass mindestens zwei solche Versuche von mehrmonatiger Dauer erfolglos verlaufen sind. Diese Indikationsstellung schliesst nach BGE 118 V 107 S. 116 medizinischer Erkenntnis eine weitere Abstinenzbehandlung in der Regel aus (zweiter Methadonbericht, S. 47). Fällt jedoch eine Abstinenzbehandlung ausser Betracht, ist dem Argument mangelnder Wirtschaftlichkeit der Methadonbehandlung der Boden entzogen, besteht doch jedenfalls zwischen dem Kostenaufwand für das wissenschaftlich anerkannte, strukturierte Methadonprogramm und dem zu erwartenden Behandlungserfolg kein grobes Missverhältnis. Die Kasse bringt sodann vor, die von der Fachkommission aufgestellte Voraussetzung, wonach die Methadonabgabe zwei erfolglos verlaufene Heroinentzugsversuche voraussetze, sei unvereinbar mit der dem Versicherten obliegenden Schadenminderungspflicht. Nach zwei erfolglosen Entwöhnungsversuchen treffe die Versicherten eine verstärkte Pflicht zur Eingrenzung der Kosten. Der Grundsatz der Schadenminderungspflicht, der das Verhältnis des Versicherten zu seiner Krankenkasse betrifft, hat in der Krankenversicherung allgemeine Geltung ( BGE 114 V 285 Erw. 3a, BGE 111 V 239 Erw. 2a, BGE 105 V 178 Erw. 2). Ist streitig, ob eine therapeutische Massnahme generell eine Pflichtleistung darstellt, haben die entscheidenden Behörden zu prüfen, ob die Erfordernisse der Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllt sind. Bei der Prüfung der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sind Überlegungen zur Schadenminderungspflicht des Versicherten nicht ausgeschlossen. Der Anspruch eines Heroinsüchtigen auf ärztliche Langzeitbehandlung mit Methadonunterstützung kann jedoch nicht unter Berufung auf die Schadenminderungspflicht verweigert werden, weil das Scheitern einer mehrmonatigen Entwöhnungstherapie regelmässig nicht auf das Fehlen des guten Willens, sondern auf die Suchtkrankheit selber zurückzuführen ist (vgl. BGE 111 V 239 Erw. 2a mit Hinweisen). Wird eine Massnahme von den zuständigen Instanzen mit guten Gründen und willkürfrei als zweckmässig und wirtschaftlich befunden, kann die Krankenkasse das Erbringen der Pflichtleistung nicht im Einzelfall unter Hinweis auf die Schadenminderungspflicht des Versicherten wieder in Frage stellen. Soweit die Krankenkasse erneut geltend macht, Heroinsüchtige würden im Vergleich zu Alkoholikern privilegiert und damit rechtsungleich behandelt, ist ihr mit der Vorinstanz entgegenzuhalten, dass für die Behandlung des Alkoholismus keine der Methadonbehandlung entsprechende Therapie zur Verfügung steht. Schliesslich kann aus dem Umstand, dass der dem Tabakmissbrauch entgegenwirkende Nikotinersatz Nicotinell TTS nicht als kassenpflichtiges Präparat anerkannt ist, nicht abgeleitet werden, die BGE 118 V 107 S. 117 Anerkennung des Methadonprogramms als Pflichtleistung sei sachlich unhaltbar. c) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird überdies behauptet, bei der Anerkennung des Methadonprogramms als Pflichtleistung hätten pragmatische Überlegungen, insbesondere Fragen der Resozialisierung und der Prävention (AIDS-Bekämpfung), im Vordergrund gestanden. Dass die Methadonbehandlung auch präventive Aspekte aufweist und Resozialisierungsfunktion hat, was für den Beschluss der Fachkommission eine gewisse Rolle spielte, ist unbestritten. Indessen umfassen die Pflichtleistungen gemäss Art. 12 ff. KUVG nicht nur Massnahmen, die der Beseitigung körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes dienen. Vielmehr gehören dazu auch Vorkehren, mit welchen der Eintritt eines drohenden Gesundheitsschadens oder die Verschlimmerung eines bestehenden Leidens verhindert werden soll. Voraussetzung ist, dass bereits ein krankhafter Zustand vorliegt. Keine Leistungspflicht besteht bei rein vorsorglichen Massnahmen, die im Hinblick auf eine bloss mögliche künftige Schädigung durchgeführt werden ( BGE 112 V 304 Erw. 1a, BGE 110 V 315 Erw. 3a, BGE 107 V 100 Erw. 1b). Davon kann jedoch bei der Behandlung der Heroinsucht nicht die Rede sein. d) Schliesslich trifft es zwar zu, dass gemäss Art. 15a Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes die Kantone für die Betreuung von Personen sorgen, die wegen Betäubungsmittelmissbrauchs ärztliche Behandlung oder fürsorgerische Massnahmen benötigen, womit den Kantonen unter Vorbehalt von Art. 15c des Gesetzes grundsätzlich auch die finanziellen Lasten der Durchführung überbunden sind (BBl 1973 I 1364 ff.). Dies schliesst indessen entgegen der Auffassung der Krankenkasse die Inanspruchnahme der Krankenversicherung als Kostenträgerin nicht aus, wenn die spezifischen Voraussetzungen nach KUVG erfüllt sind. 8. Im Lichte dieser Erwägungen ist die Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet, für die Langzeitbehandlung der Beschwerdegegnerin mit dem Methadonprogramm aufzukommen. Art. 26 Abs. 4 ihres Leistungsreglements, wonach für Ersatzdrogen keine Leistungen erbracht werden, findet insoweit keine Anwendung. Zur Abklärung der Frage, ob die Beschwerdegegnerin im Rahmen eines strukturierten Methadonprogramms behandelt wurde, hat die Vorinstanz die Sache an die Kasse zurückgewiesen. Die Beschwerdegegnerin hat diese Rückweisung nicht angefochten. Dementsprechend beantragt sie, der vorinstanzliche Entscheid sei zu bestätigen. Sie macht BGE 118 V 107 S. 118 jedoch geltend, dass klarerweise ein strukturiertes Methadonprogramm vorliege, weil sie gemäss kantonalem Gesetz ohne Gewährleistung der nötigen Betreuung gar nicht in dieses Programm aufgenommen worden wäre. Wie es sich damit verhält, wird die Kasse in Nachachtung der Anordnungen im vorinstanzlichen Entscheid noch zu prüfen haben.
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Urteilskopf 113 II 528 91. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. September 1987 i.S. Schweizerische Aluminium AG gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Aktienrecht. Rechtsstellung der Partizipanten bei Herabsetzung des Grundkapitals nach Art. 735 OR . - Rechtsnatur des Partizipationsscheins. Der Partizipationsschein gilt als Sonderart des Genussscheins und untersteht dessen Bestimmungen (E. 3). - Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Genussscheinberechtigten ( Art. 657 Abs. 5 OR ). Die Zustimmung der Gemeinschaft ist nicht nötig, wenn ein Generalversammlungsbeschluss die Genussrechte der Partizipanten nicht berührt und sich auch indirekt auf diese Rechte nicht auswirkt (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 528 BGE 113 II 528 S. 528 A.- Die Schweizerische Aluminium AG beschloss an der ordentlichen Generalversammlung vom 22. April 1985 die nominelle Herabsetzung ihrer Aktien und Partizipationsscheine auf die Hälfte des bisherigen Nennwerts, nämlich auf Fr. 250.-- statt bisher Fr. 500.-- bei den Inhaberaktien, auf Fr. 125.-- statt bisher Fr. 250.-- bei den Namenaktien und auf Fr. 25.-- statt bisher Fr. 50.-- bei den Partizipationsscheinen. Die Kapitalherabsetzung diente ausschliesslich der Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz ( Art. 735 OR ). Am gleichen Tag wurde die BGE 113 II 528 S. 529 Statutenänderung und Kapitalherabsetzung zur Eintragung ins Handelsregister von Sitten angemeldet. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister verweigerte am 23. April 1987 der Eintragung die Genehmigung, weil die Herabsetzung des Partizipationskapitals einen Beschluss der Gemeinschaft der Partizipanten voraussetze ( Art. 657 Abs. 5 OR ). B.- Die Schweizerische Aluminium AG hat gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag, die Verfügung aufzuheben und die Registerbehörden anzuweisen, die Eintragung vorzunehmen. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister schliesst auf Abweisung der Beschwerde. C.- Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hebt die Verfügung des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister vom 23. April 1987 auf und weist das Amt an, das Eintragungsbegehren der Beschwerdeführerin zu genehmigen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach den Statuten der Beschwerdeführerin gewähren die Partizipationsscheine den gleichen Anspruch auf einen Anteil am Reingewinn und am Liquidationsergebnis sowie das gleiche Bezugsrecht wie die Aktien gleichen Nennwerts (§ 6bis Abs. 4 und 5). Streitig ist, ob im Rahmen einer nominellen Kapitalherabsetzung die Nennwerte der Partizipationsscheine herabgesetzt werden können, ohne dass es der Zustimmung der Gemeinschaft der Partizipanten ( Art. 657 Abs. 5 OR ) bedarf. 3. Art. 657 Abs. 5 OR bezieht sich auf Genussscheine. Deren Ausgabe ist gesetzlich beschränkt zugunsten von Personen, die mit dem Unternehmen durch frühere Kapitalbeteiligung, Aktienbesitz, Gläubigeranspruch oder durch ähnliche Gründe verbunden sind ( Art. 657 Abs. 1 OR ). Der Partizipationsschein wird als Kapitalbeschaffungsmittel verwendet und gegen Kapitaleinlage ausgegeben. Das geht zwar über den Wortlaut der Bestimmung hinaus, entspricht aber ihrem Sinn und Zweck, wonach Genussrechte nur Personen gewährt werden dürfen, die der Gesellschaft einen Vorteil verschafft haben ( BGE 93 II 399 ). Von der Aktie unterscheidet sich der Partizipationsschein wie der Genussschein durch das fehlende Stimmrecht. Der Partizipationsschein gilt daher als Sonderart des Genussscheins und untersteht nach herrschender Auffassung dessen Bestimmungen ( BGE 105 Ib 177 E. 2b; BGE 113 II 528 S. 530 vgl. auch Botschaft über die Revision des Aktienrechts, BBl 1983 II, S. 800 u. 804). 4. Nach Art. 657 Abs. 5 OR bilden die Genussscheinberechtigten von Gesetzes wegen eine Gemeinschaft, auf welche die Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen entsprechende Anwendung finden. Der Verzicht auf Rechte aus den Genussscheinen kann jedoch mit Zustimmung der Vertretung der absoluten Mehrheit des im Umlauf befindlichen Kapitals der Genussscheine oder, falls diese keinen Nennwert haben, mit der absoluten Mehrheit aller im Umlauf befindlichen Genussscheintitel für alle verbindlich beschlossen werden. Diese Verweisung auf die Vorschriften der Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen führt bei der Rechtsanwendung zu Schwierigkeiten. a) Anleihensobligationen und Genussscheine unterscheiden sich wesentlich. Die Anleihe ist ein in Teilbeträge aufgeteiltes Grossdarlehen, wobei der Anleihensnehmer mit einer Vielzahl von Darleihern selbständige Einzelverträge abschliesst und für die Rückforderung jedes Teilbetrags dem Darleiher ein Wertpapier begibt; dieses verbrieft eine fest verzinsliche Nominalschuld ( BGE 113 II 288 E. 5a). Der Genussberechtigte hat demgegenüber nur Anspruch auf einen Anteil am Gewinn und am Liquidationsergebnis; insbesondere erwirbt er eine Forderung auf Auszahlung eines Gewinnanteils nur dann, wenn überhaupt Reingewinn vorhanden ist und die Generalversammlung die Ausschüttung von Gewinn beschliesst. Er ist somit wie der Aktionär am Ertrag und an der Substanz der Gesellschaft beteiligt, ohne indes über das Stimmrecht des Aktionärs zu verfügen. Letzteres wurde bei der dogmatischen Einordnung, der auch das Bundesgericht folgte, lange Zeit als entscheidend angesehen. Genussrechte galten deshalb als vertragliche Ansprüche und wurden als bedingte Gläubigerrechte bezeichnet ( BGE 31 II 452 f.; BGE 83 I 133 E. 2; Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juli 1953, in SAG 26/1953-54, S. 179 f.; zur Auseinandersetzung in der Lehre vgl. insbesondere BÄR, Der Kapitalbeschaffungsgenussschein, ZBJV 101/1965, S. 211 ff.; BÄR, Aktuelle Fragen des Aktienrechts, ZSR 85/1966 II, S. 411; BAUER, Partizipationsscheine im Schweizer Aktienrecht - im Vergleich zum deutschen Aktienrecht, Diss. Zürich 1976, S. 167 ff.). Allerdings wurde nicht verkannt, dass die Ansprüche sich nicht nur durch die Bedingtheit von gewöhnlichen Gläubigerrechten unterscheiden, sondern auch durch ihren den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Aktionäre entsprechenden Inhalt (zit. Urteil des BGE 113 II 528 S. 531 Bundesgerichts in SAG 26/1953-54, S. 179 f.). In der neueren Literatur wird deshalb die Bezeichnung Beteiligungsrechte vorgezogen (BÄR, a.a.O., ZBJV 101/1965, S. 211 ff., ZSR 85/1966 II, S. 411 ff.; BAUER, a.a.O., S. 172; VON GREYERZ, Die Aktiengesellschaft, in Schweiz. Privatrecht Bd. VIII/2, S. 264). In diesem Sinn hält auch der Bundesrat in der Botschaft über die Revision des Aktienrechts fest, Genuss- und Partizipationsscheine seien Beteiligungsrechte ohne Mitverwaltungsrechte (BBl 1983 II, S. 800). Eine eindeutige Zuordnung zu vertraglichen oder zu gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen ist indes schwierig; Genussrechte vereinigen Elemente beider, und je nach ihrer Ausgestaltung kann das Verhältnis zwischen diesen Elementen sehr unterschiedlich sein (dazu SIEGWART, N. 26 ff. zu Art. 657 f. OR). Bei Partizipationsscheinen, die wie jene der Beschwerdeführerin keine anderen Vermögensrechte verbriefen als den Anspruch auf einen Teil des Gewinns oder des Liquidationsergebnisses und die bei Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht gleich einer Aktie gewähren, überwiegt das beteiligungsrechtliche Element. b) Die Zusammenfassung der Genussscheinberechtigten von Gesetzes wegen zu einer Gemeinschaft, deren Beschlüsse auch die Minderheit binden, erfolgte anlässlich der Revision des Gesellschaftsrechts von 1936, wobei das Quorum für Rechtsverzichte mit dem Bundesgesetz über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen vom 1. April 1949 verschärft wurde (BS 2, 341; Botschaft zum Bundesgesetz über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen BBl 1947 III, S. 869, 872 f.; Sten.Bull. Nationalrat 1948, S. 97; Sten.Bull. Ständerat 1948, S. 301; ZIEGLER, N. 1 zu Schlussbestimmungen 1 der Art. 1157-1186 OR ). Die gesetzliche Regelung ist von der Vorstellung der Genussscheine als vertraglicher Gläubigerrechte beeinflusst, und der Gesetzgeber wollte der Aktiengesellschaft wie dem Anleihensschuldner bei Sanierung seiner Unternehmung ermöglichen, bei veränderten Verhältnissen Genussrechte abzuändern oder aufzuheben, ohne das Einverständnis jedes Berechtigten einholen zu müssen (SIEGWART, N. 42 f. zu Art. 657 f. OR; ERNST, Der Genussschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht, Diss. Zürich 1963, S. 223). c) Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Genussberechtigten ist unklar. Hinsichtlich der Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen unterscheidet das Gesetz zwischen Eingriffen in Gläubigerrechte ( Art. 1170, 1173 OR ), für welche eine BGE 113 II 528 S. 532 Mehrheit von zwei Dritteln des im Umlauf befindlichen Kapitals verlangt wird, und den übrigen Fällen ( Art. 1181 OR ), für welche die absolute Mehrheit der vertretenen Stimmen genügt. Art. 657 Abs. 5 OR erwähnt nur den Rechtsverzicht und die dafür nötige, von Art. 1170 OR abweichende Mehrheit. Wieweit überhaupt ein Beschluss der Gemeinschaft (mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit) nötig ist, bedarf weiterer Auslegung (vgl. ZIEGLER, a.a.O., N. 1 zu Schlussbestimmungen 1; WIELAND, die Gemeinschaftsbeschlüsse der Genussscheinberechtigten nach Art. 657 OR in seiner neuen Fassung vom 1. April 1949, SAG 24/1951-52, S. 193 f. u. 195; ERNST, a.a.O., S. 225; STRÄSSLE, Die Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen ( Art. 1157-1186 OR ) in ihrer Anwendbarkeit auf die Gläubigergemeinschaft bei Genussscheinen nach Art. 657 OR , Diss. Freiburg 1961, S. 108). Insbesondere ist es bei Rechten, die den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Aktionäre entsprechen, kaum möglich, zwischen Massnahmen der Aktiengesellschaft, welche die Genussrechte berühren und solchen, die das nicht tun, zu unterscheiden. Das gilt namentlich bei indirekten Eingriffen, welche die Genussrechte der Form nach unberührt lassen, ihren Inhalt aber durch die Wirkung der Generalversammlungsbeschlüsse beeinflussen, wie etwa die Veränderung der Ausschüttungsquote durch Vermehrung ausschüttungsberechtiger Titel (BAUER, a.a.O., S. 203 ff.; SIEGWART, N. 36 f. zu Art. 657 f. OR). d) Eine uneingeschränkte Übertragung der Bestimmungen über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen auf die Genussscheine würde bedeuten, dass die Genussrechte durch die Aktiengesellschaft ohne Zustimmung der Genussberechtigten nicht angetastet werden dürfen. Da die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen auf eine vertragliche Forderung zugeschnitten ist, fragt sich, wieweit der beteiligungsrechtliche Charakter insbesondere der Partizipationsscheine eine Einschränkung der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft rechtfertigt. Das wirft umgekehrt die Frage auf, ob den Partizipanten zum Ausgleich anderweitige Schutzrechte eingeräumt werden müssen (dazu BÄR, a.a.O., ZBJV 101/1965, S. 214 f., ZSR 85/1966 II, S. 419 f.; vgl. auch die Botschaft über die Revision des Aktienrechts, wo entsprechend der vom Bundesrat angestrebten vermögensrechtlichen Gleichstellung von Partizipanten und Aktionären eine Anpassung an den Rechtsschutz der Aktionäre vorgesehen wird, a.a.O., S. 801 ff. und S. 876 ff. zu Art. 656a-656g). BGE 113 II 528 S. 533 5. Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass Art. 657 Abs. 5 OR jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn sich ein statutenändernder oder sonstiger Generalversammlungsbeschluss auf die Partizipanten nicht auswirkt, das heisst die Genussrechte nicht nur der Form nach durch die Beschlüsse der Generalversammlung unberührt bleiben, sondern auch ihr Inhalt durch die Wirkung der Beschlüsse nicht beeinflusst wird. a) Bei der Herabsetzung des Grundkapitals im Fall einer Unterbilanz ( Art. 735 OR ) werden keine Mittel zur Kapitalrückzahlung an die Aktionäre freigegeben ( BGE 76 I 166 f. E. 3). Eine Verminderung des Gesellschaftsvermögens, an dem die Partizipanten beteiligt sind, findet somit nicht statt; vor und nach der Kapitalherabsetzung sind die Partizipanten an der gleichen Vermögensmasse beteiligt. Es kann sich daher nur fragen, ob sich die anteilsmässige Beteiligung verändert, da der Wert der Partizipationsscheine nicht nur vom Nettovermögen, sondern auch von der relativen Aufteilung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen abhängt. b) Während dem Obligationär eine bestimmte, zahlenmässige festgelegte Forderung zukommt, die durch die Herabsetzung des Betrags bzw. Nennwerts der Forderung betroffen wird, sind Partizipanten wie Aktionäre am Gesellschaftsvermögen nur quotenmässig beteiligt. Der Nennwert ist bloss Berechnungsfaktor für die Ermittlung des Gewinn- und Liquidationsrechts bzw. des Bezugsrechts im Verhältnis zu den entsprechenden Nennwerten der Aktien. Sofern die Partizipationsscheine daher keine über dieses Beteiligungsverhältnis hinausgehenden, am Nennwert orientierten Rechte verbriefen und im gleichen Verhältnis herabgesetzt werden wie die übrigen Beteiligungspapiere (Inhaberaktien und Namenaktien), ihre prozentuale Beteiligung demnach gleich bleibt, wird somit die Rechtsstellung der Partizipanten durch die Kapitalherabsetzung nach Art. 735 OR nicht beeinträchtigt und ist deshalb die Zustimmung der Gemeinschaft gemäss Art. 657 Abs. 5 OR nicht erforderlich. c) Die Beschwerdeführerin hat die nominelle Herabsetzung ihrer Aktien und Partizipationsscheine auf die Hälfte des bisherigen Nennwerts beschlossen. Die Kapitalherabsetzung erfolgt für Aktien- und Partizipationsscheinkapital im gleichen Mass. Die prozentualen Beteiligungsverhältnisse bleiben unverändert, das Gleichbehandlungsgebot wird gewahrt. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss beeinträchtigt somit die Rechtsstellung der Partizipanten BGE 113 II 528 S. 534 nicht, und eine Zustimmung der Gemeinschaft der Partizipanten zum Beschluss der Generalversammlung erübrigt sich bereits aus diesem Grund. Ob die Zustimmung der Gemeinschaft überdies auch deshalb nicht nötig wäre, weil nach den Statuten sämtliche Beschlüsse der Generalversammlung für die Inhaber von Partizipationsscheinen verbindlich sind, sofern der Anspruch auf vermögensrechtliche Gleichstellung gewahrt bleibt (§ 6bis Abs. 6 der Statuten), kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Ebensowenig braucht geprüft zu werden, ob das Eidgenössische Amt für das Handelsregister mit der Verweigerung der Eintragung seine Kognitionsbefugnis überschritten habe, wie die Beschwerdeführerin eventuell noch geltend macht.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
43ff32c7-1596-4eb1-9834-2eecd5fb4cdd
Urteilskopf 95 I 525 76. Extrait de l'arrêt du 9 juillet 1969 dans la cause Couchepin contre Grand Conseil du canton du Valais.
Regeste Obligatorisches Finanzreferendum. Art. 30 Ziff. 4 der Walliser KV. Grundlinien der Rechtsprechung auf dem Gebiete des Finanzreferendums (Erw. 3). Begriff der "ausserordentlichen" Ausgabe (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 525 BGE 95 I 525 S. 525 Résumé des faits: A.- Le 17 mai 1968, le Grand Conseil du canton du Valais a examiné les comptes de l'Etat pour 1967 et les a approuvés dans un vote final. Il résulte notamment de ces comptes que le BGE 95 I 525 S. 526 Département des travaux publics et des forêts a dépensé 103 795 951 fr., alors que le budget et les crédits supplémentaires prévoyaient ensemble 99 421 700 fr. B.- François Couchepin, avocat, exerçant ses droits de citoyen à Martigny, dépose un recours de droit public et requiert l'annulation de la décision du Grand Conseil approuvant les comptes de l'Etat pour 1967, subsidiairement l'annulation de la décision approuvant les comptes du Département des travaux publics et des forêts, en tant qu'elles n'ont pas été soumises à la votation populaire. Il relève que la procédure suivie par le Conseil d'Etat et la Commission des finances, ratifiée par le Grand Conseil, a fait passer dans les comptes, sans décision préalable du Grand Conseil lors du vote du budget ou de crédits supplémentaires, un montant de dépenses supplémentaires nettes de plus de deux millions de francs. Cette manière de procéder viole, selon lui, l'art. 30 ch. 4 Cst. val., qui dispose que doit être soumise à la votation du peuple "toute décision du Grand Conseil entraînant une dépense extraordinaire de 200 000 fr., si cette dépense ne peut être couverte par les recettes ordinaires du budget". C.- Le Grand Conseil du canton du Valais propose que le recours soit rejeté en tant qu'il est recevable. Il expose notamment ce qui suit. Le système de financement des travaux des routes cantonales a été modifié par la loi de 1965 sur les routes, en ce sens que c'est désormais l'Etat qui fait l'avance des frais, laquelle incombait précédemment aux communes. On avait tout d'abord envisagé de répartir la charge supplémentaire résultant du changement de régime sur plusieurs exercices; les comptes de 1966 n'en ont ainsi supporté qu'une partie. Cette méthode s'étant révélée irrationnelle, on y a renoncé et on a décidé de procéder, à la charge de l'exercice 1967, au paiement de toutes les subventions cantonales arriérées, de percevoir auprès des communes les créances échues et de porter au bilan les autres créances contre les communes. La charge supplémentaire nette de 2 391 115 fr. 30 qui en est résultée n'est pas une dépense extraordinaire, mais découle de l'application de la législation cantonale sur les routes. En approuvant les comptes, le Grand Conseil a exercé l'attribution que lui reconnaît l'art. 44 ch. 6 Cst. val. D.- Dans sa réplique, le recourant précise qu'il tient la BGE 95 I 525 S. 527 décision du Grand Conseil pour anticonstitutionnelle dans la mesure où, en approuvant des comptes présentant un excédent de dépenses brut de 4 374 251 fr. par rapport au budget, elle sanctionne une dépense extraordinaire du même montant qui aurait dû être soumise au vote populaire. E.- Dupliquant, le Grand Conseil du Valais expose notamment ce qui suit. Le recourant confond la notion de dépassement du budget avec celle de dépense extraordinaire. Il paraît considérer qu'une dépense est extraordinaire dès qu'elle dépasse 200 000 fr. et n'est pas couverte par les recettes ordinaires du budget. En réalité, n'est extraordinaire que la dépense qui n'est pas fondée sur un acte législatif adopté par le peuple. Les dépenses fondées sur de tels actes sont des dépenses ordinaires, soustraites au referendum financier quel qu'en soit le montant. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. ... 2. Si le droit financier du canton du Valais est encore fragmentaire et le plus souvent non écrit, le droit financier fédéral est maintenant fixé dans la loi sur les finances de la Confédération, du 18 décembre 1968, qui codifie la pratique suivie depuis plusieurs années par l'autorité fédérale en matière de gestion des finances. Le budget et les comptes de l'Etat du Valais sont articulés de la même façon que le budget et le compte d'Etat de la Confédération. Dans les deux cas, le budget comprend d'une part le budget général, divisé en budget financier et budget des variations de la fortune, et d'autre part les budgets des entreprises et établissements sans personnalité juridique (établissements et domaines). De même, le compte d'Etat fédéral d'une part, les comptes annuels du canton d'autre part, comprennent chacun le compte financier et le compte des variations de la fortune, le compte capital et le bilan, ainsi que les comptes des entreprises et établissements. Budget et comptes remplissent les mêmes fonctions aux niveaux fédéral et cantonal. Aussi les règles fixées dans la loi fédérale permettront-elles de préciser les notions non écrites du droit financier valaisan. Le budget financier comprend (art. 5 de la loi fédérale) les dépenses autorisées (crédits de paiements) et les recettes estimées pour l'exercice budgétaire. Les dépenses (art. 6 al. 1) sont des BGE 95 I 525 S. 528 paiements à des tiers, grevant la fortune ou servant à créer des actifs affectés directement à des buts administratifs (immobilisations). Les recettes (art. 6 al. 2) sont des paiements de tiers qui augmentent la fortune ou proviennent de la réalisation d'immobilisations; elles apparaissent au compte financier. En revanche, ne constituent pas des recettes les augmentations de fortune (ou produits), qui sont portés au compte des variations de la fortune. Si les recettes indiquées au budget ne sont qu'une estimation, les dépenses portées au même budget sont une autorisation donnée à l'organe exécutif d'effectuer lesdites dépenses, sous réserve du principe de l'emploi efficace et ménager des deniers publics (cf. Message du Conseil fédéral à l'appui du projet de loi sur les finances de la Confédération, FF 1968 I 491 ss., notamment 496/497 et 510). L'autorisation d'effectuer une dépense (l'octroi d'un crédit de paiement) peut prendre l'une des formes suivantes: a) l'inscription de la dépense au budget (art. 7), b) le vote d'un crédit supplémentaire (art. 8), c) en cas d'urgence, la décision du Conseil fédéral, approuvée a posteriori par l'Assemblée fédérale, avec le prochain supplément de crédit ou avec le compte d'Etat (art. 9). Ces définitions et principes peuvent s'appliquer à la gestion financière du canton du Valais. Ils correspondent du reste aux indications fournies par le Grand Conseil sur les règles suivies dans le canton en matière de budget et de comptes. 3. a) Le Tribunal fédéral a été saisi déjà de deux recours concernant le referendum financier du canton du Valais. Dans l'arrêt publié au RO 87 I 37, il a annulé un décret du Grand Conseil affectant pendant trois ans un montant annuel de 600 000 fr. à l'aide complémentaire à la vieillesse, décret qui n'avait pas été soumis au vote du peuple. Il a alors jugé que l'art. 30 ch. 4 Cst. val. s'appliquait à "toute dépense qui ne résultait pas d'une loi ou d'un décret voté par le peuple", en tant qu'elle atteignait 200 000 fr. et n'était pas couverte par les recettes ordinaires du budget. L'arrêt publié au RO 90 I 69 ss., rendu sur recours de Couchepin, a annulé un décret soumettant au peuple, en une seule question, quatre crédits concernant la construction d'établissements d'instruction secondaire et d'un hôpital pour enfants déficients. Tant le Grand Conseil que le recourant admettaient qu'il s'agissait de dépenses extraordinaires au sens de l'art. 30 ch. 4 Cst. val. Dans plusieurs arrêts récents concernant le referendum BGE 95 I 525 S. 529 financier d'autres cantons, le Tribunal fédéral a défini la dépense "liée" opposée à la dépense "nouvelle" ("gebundene Ausgabe" - "neue Ausgabe"; RO 93 I 13 ss., 313 ss., 620 ss., 95 I 213 ss.). Une dépense est liée, et partant soustraite au referendum financier, lorsqu'on peut admettre qu'elle a été d'ores et déjà approuvée par le peuple - expressément ou tacitement - au moment de l'adoption de l'acte législatif sur lequel elle se fonde. Tel est le cas lorsque le moyen d'atteindre le but d'intérêt public fixé par cet acte était d'emblée prévisible ou lorsqu'il est manifestement indifférent que ce but soit atteint par un moyen ou par un autre. Il en est autrement - et la dépense est nouvelle - lorsque les divers moyens permettant d'atteindre le but visé diffèrent sensiblement les uns des autres, par les frais qu'ils entraînent ou par les autres conséquences qu'ils peuvent avoir. b) La limitation du referendum financier aux dépenses nouvelles va de soi. Il est inutile de soumettre une question au peuple alors qu'il n'y a aucune possibilité de choix. Mais pour le surplus, le constituant cantonal peut fort bien restreindre la portée du referendum financier et soustraire au vote populaire certaines dépenses nouvelles, comme il pourrait supprimer complètement l'institution. Il n'y a pas de réglementation fédérale du referendum financier. La Cour constitutionnelle doit interpréter chaque constitution cantonale pour elle-même. Si les autorités cantonales - et notamment l'autorité législative à laquelle incombe en première ligne le soin d'interpréter la constitution - donnent en une pratique constante et sans équivoque à l'expression de "dépense extraordinaire" un sens plus restraint que celui qui s'attache, selon la jurisprudence et la grande majorité de la doctrine, à l'expression de dépense nouvelle, le Tribunal fédéral devra en tenir compte (cf. RO 95 I 219 consid. 3). 4. Selon le Grand Conseil, une dépense n'est jamais extraordinaire, au sens de l'art. 30 de la constitution, lorsqu'il résulte certainement de la loi que l'oeuvre prévue doit être accomplie et par suite que la dépense qui s'y rapporte doit être effectuée. La dépense est ordinaire et échappe au referendum lorsque le peuple, en approuvant la tâche définie par la loi, a implicitement approuvé la dépense que son exécution doit entraîner. L'autorité cantonale en déduit que toutes les dépenses en matière de constructions et d'entretien des routes, faites en exécution de la loi BGE 95 I 525 S. 530 sur les routes, échappent au referendum. Elle penche donc pour une interprétation très extensive de la notion de dépense liée (cf. RO 93 I 625/626), qui a pour conséquence de soustraire au vote du peuple des projets qui pourraient encore être discutés dans leur principe et en tout cas dans leurs modalités (cf. RO 95 I 218). Cette conception ne trouve pas clairement son expression dans la législation valaisanne. Certes, ni la loi du 1er février 1933 sur la classification, la construction, l'entretien et la police des routes, ni le décret urgent du 12 juillet 1963 qui l'a modifiée, ni la nouvelle loi du 3 septembre 1965 sur les routes ne réservent le referendum financier lorsqu'ils fixent les compétences du Grand Conseil et du Conseil d'Etat en matière de dépenses routières. Mais on peut concéder au recourant que les dispositions en cause ont pour but de délimiter les compétences respectives des deux organes de l'Etat. En revanche, la pratique des autorités valaisannes est ferme. A une exception près - en 1954, pour un crédit de vingt millions de francs destinés à l'amélioration et au développement du réseau routier - les dépenses concernant les routes cantonales n'ont jamais été soumises au referendum. Tant sous le régime de l'ancienne loi que sous celui de la nouvelle, ces dépenses ont donc été considérées comme des dépenses ordinaires. Cette conception est en tout cas compatible avec le texte constitutionnel. L'expression de "dépense extraordinaire" n'est pas absolument claire en soi. Du point de vue grammatical, on ne saurait affirmer qu'elle s'applique aux frais des travaux routiers, alors que la construction, l'entretien et la réfection des routes sont évidemment des tâches courantes de l'Etat. L'interprétation historique n'apporte rien de décisif à l'encontre de la thèse du Grand Conseil. A cet égard, l'argumentation développée dans l'arrêt publié au RO 87 I 41 n'est pas déterminante, car il n'était pas contesté alors que la dépense visée fût "extraordinaire". Enfin, il n'apparaît pas rationnel de soumettre au vote populaire des dépenses engagées pour des travaux déterminés le plus souvent par les conditions du trafic et les nécessités techniques, qui ne laissent qu'une marge extrêmement réduite à l'appréciation de l'autorité elle-même. Au surplus, dans les cantons qui connaissent le referendum financier en matière de travaux routiers, on soumet généralement au vote du peuple, en une seule question, un "train de décrets" concernant des BGE 95 I 525 S. 531 routes situées dans toutes les régions du canton, pour éviter que l'égoïsme local ne l'emporte sur l'intérêt commun. Admissible (cf. RO 90 I 74/75), le procédé n'en limite pas moins fortement les droits du citoyen. En soustrayant au referendum toutes les dépenses routières, la pratique des autorités valaisannes ne prive donc pas les citoyens d'un droit essentiel. Bien plus, elle opère un partage rationnel des compétences entre le parlement cantonal et le corps électoral, en attribuant au peuple la charge de prononcer sur les entreprises nouvelles et au Grand Conseil celle de statuer sur les dépenses courantes de l'Etat. Elle ne trahit donc pas l'esprit du referendum financier. Le Tribunal fédéral, qui s'impose une certaine retenue pour juger de l'interprétation que donne de la constitution cantonale la plus haute autorité du canton (RO 94 I 33 et les citations; 531), peut ici l'approuver.
public_law
nan
fr
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
43ffb0a2-76d0-4293-9793-bbb560ca2b14
Urteilskopf 109 II 130 32. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Mai 1983 i.S. Habib Bank Ltd. Karachi gegen Habib Bank AG Zürich, Wicki und Hodler (Berufung)
Regeste Art. 686 Abs. 4, 685 Abs. 4, 652 OR. Eintragung ins Aktienbuch und Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien. Erwirbt eine Gesellschaft infolge Fusion (aufgrund eines ausländischen Gesetzes) vinkulierte Namenaktien, so kann sie sich unter den Voraussetzungen von Art. 686 Abs. 4 OR als Aktionärin ins Aktienbuch eintragen lassen (E. 2a-e) und gestützt darauf ihr Bezugsrecht ausüben, sofern sie es nicht verwirkt hat ( Art. 652, 685 Abs. 4 OR ) (E. 2f). Kein Bezugsrecht steht ihr als blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien zu; Begriff des Bezugsrechts; Ablehnung der Spaltungstheorie (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 130 BGE 109 II 130 S. 130 A.- Die Zweigniederlassungen der Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, in Beirut, Bahrein und Sharjah sind als Eigentümerinnen von insgesamt 22'496 Namenaktien zu nominal Fr. 100.-- je Aktie im Aktienbuch der Habib Bank AG Zürich eingetragen. Vier weitere Namenaktien stehen laut Aktienbuch im Eigentum von Rashid und Hyder Habib, die sie jedoch der Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, übertragen haben. Die Habib Bank AG Zürich anerkennt gemäss ihren Statuten nur jene Personen als Aktionäre, die im Aktienbuch eingetragen sind; der BGE 109 II 130 S. 131 Verwaltungsrat kann die Eintragung unter Vorbehalt von Art. 686 Abs. 4 OR ohne Begründung verweigern. Mit Wirkung auf den 1. Januar 1974 verstaatlichte ein pakistanisches Bankennationalisierungsgesetz die Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, mitsamt ihren Niederlassungen; deren Rechte und Pflichten gingen infolge Fusion am 1. Juli 1974 auf die ebenfalls verstaatlichte Habib Bank Limited, Karachi, über. Die Habib Bank AG Zürich erhöhte am 22. März 1976 ihr Aktienkapital von Fr. 10'000'000.-- auf Fr. 12'500'000.--, indem sie 25'000 neue Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- ausgab. Davon zeichneten im Auftrag des Verwaltungsrates André Wicki 13'750 und Mario Hodler 11'250 Stück. Das Bezugsrecht der bis zum 22. März 1976 im Aktienbuch eingetragenen Aktionäre sollte dabei gewahrt bleiben. Die Habib Bank AG Zürich bestritt jegliches Bezugsrecht der Habib Bank Limited, Karachi; diese reichte daher beim Bezirksgericht Zürich ein Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein. Am 1. April 1976 verpflichtete sich die Habib Bank AG Zürich jedoch, ein Zertifikat über 5625 Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich zu hinterlegen, die es der im Prozess um das Bezugsrecht obsiegenden Partei herauszugeben habe. Das Massnahmenbegehren wurde dadurch gegenstandslos. Am 20. April 1976 weigerte sich die Habib Bank AG Zürich, die Habib Bank Limited, Karachi, als Rechtsnachfolgerin der Habib Bank (Overseas) Limited und Eigentümerin von 22'500 Namenaktien ins Aktienbuch einzutragen. B.- Daraufhin klagte die Habib Bank Limited, Karachi, gegen die Habib Bank AG Zürich (Beklagte 1) auf Feststellung, dass sie berechtigt sei, 22,5% der neu ausgegebenen Aktien der Beklagten 1 zu beziehen (Rechtsbegehren 1). Die Beklagte 1 sei ausserdem zu verpflichten, ihr das Aktienzertifikat Nr. 36 über 5625 Aktien zu je nominal Fr. 100.-- auszuhändigen oder durch die Schweizerische Kreditanstalt, André Wicki oder Mario Hodler aushändigen zu lassen, allenfalls 22,5% (5625 Stück) der von Wicki und Hodler liberierten Aktien herausgeben zu lassen (Rechtsbegehren 2). Ferner sei die Beklagte 1 zu verpflichten, die Klägerin als Aktionärin von 28'125 Namenaktien im Aktienbuch einzutragen (Rechtsbegehren 3). Schliesslich habe ihr die Beklagte 1 für das Verfahren bezüglich der vorsorglichen Massnahmen vor dem Audienzrichter des Bezirksgerichts Zürich die Kosten von Fr. 258.-- zu ersetzen BGE 109 II 130 S. 132 und eine angemessene Prozessentschädigung zu bezahlen (Rechtsbegehren 4). Die Habib Bank Limited, Karachi, reichte auch gegen André Wicki (Beklagter 2) und Mario Hodler (Beklagter 3) je eine Klage ein mit dem Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, ihr das Zertifikat Nr. 36 über 5625 Aktien zu je nominal Fr. 100.-- oder 22,5% der von ihnen liberierten Aktien herauszugeben. Das Bezirksgericht Zürich, das die drei Klagen vereinigte, und auf Appellation hin am 26. März 1982 auch das Obergericht des Kantons Zürich wiesen sämtliche Klagebegehren ab und forderten die Schweizerische Kreditanstalt auf, das hinterlegte Aktienzertifikat nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils der Habib Bank AG Zürich unbeschwert herauszugeben. Eine Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 3. Dezember 1982 ab, soweit darauf einzutreten war. C.- Die Klägerin hat Berufung eingelegt mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und ihre Klagebegehren gutzuheissen oder die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Mit dem Rechtsbegehren 3 gegen die Beklagte 1 verlangt die Klägerin, als Aktionärin für 28'125 Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- im Aktienbuch der Beklagten 1 eingetragen zu werden. Die Vorinstanz hat dieses Begehren mit der Begründung abgelehnt, Art. 686 Abs. 4 OR zähle die Fälle eines derartigen Anspruchs abschliessend auf; die Fusion erwähne er nicht. Nach Ansicht der Klägerin widerspricht diese Auffassung Art. 686 Abs. 4 OR , Art. 1 ZGB und Art. 4 BV . a) Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 4 BV verletzt, ist in einer Berufung unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist ( Art. 43 Abs. 1 OG ). b) Die Aktiengesellschaft darf einer Person, die infolge Erbganges, ehelichen Güterrechts oder Zwangsvollstreckung vinkulierte Aktien erworben hat, den Eintrag ins Aktienbuch nach Art. 686 Abs. 4 OR nur dann verweigern, wenn Mitglieder der Verwaltung oder einzelne Aktionäre sich bereit erklären, die Aktien zum Börsenkurs und, wenn ein solcher nicht besteht, zum wirklichen Wert BGE 109 II 130 S. 133 im Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung zu übernehmen. Zu prüfen ist daher, ob diese Bestimmung die Erwerbsgründe, welche die Weigerungsbefugnis der Gesellschaft einschränken, abschliessend aufzählt, die Fusion also im Sinne eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers nicht umfasst (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 255 zu Art. 1 ZGB ). Art. 705 des Entwurfs Hoffmann zur Revision des Obligationenrechts vom Dezember 1923 enthielt keine dem Art. 686 Abs. 4 OR entsprechende Ausnahmebestimmung. Erst die Expertenkommission anerkannte den Aktienerwerb infolge Erbganges oder kraft ehelichen Güterrechts als Anspruchsgrundlage für die Eintragung ins Aktienbuch (Prot. ExpKom. 1928 S. 292 bis 294). Diesen beiden Gründen fügte der Bundesrat den Aktienerwerb infolge Zwangsvollstreckung hinzu (Botschaft zur Novelle, in BBl 1928 I S. 245). Die drei Gründe blieben in den parlamentarischen Beratungen unwidersprochen (Sten.Bull StR 1931 S. 405/06, NR 1934 S. 122). Ausgangspunkt der Fassung von Art. 686 Abs. 4 OR war für die Expertenkommission der Erbgang. Isler ergänzte jedoch, dass es noch andere Fälle der Rechtsnachfolge, insbesondere im ehelichen Güterrecht, gebe, die man nicht verhindern könne. In der Expertenkommission herrschte somit keineswegs die Meinung, die von ihr erwähnten Gründe hätten als abschliessende Aufzählung zu gelten. Sie und später der Bundesrat formulierten die Bestimmung, indem sie allgemein die Interessen der Gesellschaft und des Aktienerwerbers gegeneinander abwogen. Dass die Kommission sich erklärtermassen nur von Gründen des Familien- oder Gläubigerschutzes hätte leiten lassen, wie die Vorinstanz mit Hinweis auf Stechel (Der erbrechtliche Übergang vinkulierter Namenaktien, Diss. Fribourg 1951, S. 22) meint, geht aus dem Protokoll nicht hervor. Eine abschliessende Aufzählung nimmt auch THILO (in SAG 30/1957/58, S. 186) an, ohne seinen Standpunkt allerdings zu begründen. Aus dem Umstand, dass die Revision des Obligationenrechts im Jahre 1936 die Frage des Erwerbs vinkulierter Namenaktien durch Fusion nicht geregelt hat, ist daher entgegen der Vorinstanz nicht zu schliessen, es liege ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor; der Schluss wäre nur dann vertretbar, wenn der Gesetzgeber mit Sicherheit um das hier gestellte Problem gewusst hätte ( BGE 88 II 483 mit Verweisung). Die historische Auslegung von Art. 686 Abs. 4 OR spricht daher nicht für eine abschliessende Aufzählung der Fälle, wo der Aktienerwerber trotz Vinkulierung BGE 109 II 130 S. 134 einen Anspruch haben kann, als Aktionär ins Aktienbuch eingetragen zu werden. Die systematische Auslegung ergibt entgegen der Meinung der Vorinstanz ebenfalls nichts für eine solche Aufzählung. Wohl ist es nicht abwegig, Art. 686 Abs. 4 OR als Ausnahmebestimmung zu Abs. 1 und 2 zu betrachten, denn er beschränkt die Befugnis der Aktiengesellschaft, ihre Aktien zu vinkulieren. Im Verhältnis zum übergeordneten Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktie sind indessen bereits Art. 686 Abs. 1 und 2 OR Ausnahmebestimmungen, und Art. 686 Abs. 4 OR schränkt insofern lediglich eine Ausnahme, nämlich die Vinkulierbarkeit von Aktien, ein. Bei dieser Rechtslage ist mit der von der Vorinstanz angerufenen formalistischen Regel, Ausnahmebestimmungen seien nicht extensiv auszulegen oder analog anzuwenden, nichts zu gewinnen. Der Schluss bedarf diesfalls, soll er zulässig sein, vielmehr einer zusätzlichen sachlichen Begründung anhand der besonderen Umstände ( BGE 88 II 153 ; MEIER-HAYOZ, N. 191 zu Art. 1 ZGB ). c) Es ist daher nicht zum vornherein unzulässig, Art. 686 Abs. 4 OR auch auf den Tatbestand der Fusion analog anzuwenden, wenn dieser zwar nicht vom Wortlaut, aber vom Sinn und Zweck der Bestimmung erfasst wird ( BGE 98 Ia 40 ). Der Entscheid darüber ist soweit möglich den Wertungen und Zwecksetzungen des Gesetzes selbst zu entnehmen ( BGE 105 Ib 53 E. 3a mit Hinweisen; ferner BGE 88 II 483 ). Veräussert ein Aktionär seine Aktien zu Lebzeiten, verbleiben die Aktienrechte bei ihm, bis die Gesellschaft ihrem Übergang zugestimmt hat. Stirbt er dagegen, ist vorderhand niemand da, der die Aktienrechte auszuüben berechtigt wäre. Infolge Ablebens des Aktionärs ist der Träger der Aktienrechte weggefallen ( Art. 31 Abs. 1 ZGB ), die Mitgliedschaftsstelle mithin unbesetzt, solange die Gesellschaft die Rechtsnachfolge in die Aktienrechte des Verstorbenen nicht genehmigt, wozu sie regelmässig nicht verpflichtet ist. Die Expertenkommission hat die "Unhaltbarkeit dieser Situation" nicht übersehen (vgl. Oser, Prot. ExpKom. S. 293). Mit dem Art. 686 Abs. 4 OR wollte sie offensichtlich verhindern, dass die Gesellschaft einen verstorbenen Aktionär möglicherweise während Jahren als Träger der Aktienrechte weiterhin im Aktienbuch eingetragen lässt; das wäre unvereinbar mit dem aktienrechtlichen Grundsatz, wonach sämtliche Mitgliedschaftsstellen besetzt sein müssen (vgl. FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, Aktienrecht, 2. Aufl., S. 264 N. 2; FORRER, Die Mitgliedschaft und ihre Beurkundung, BGE 109 II 130 S. 135 Diss. Zürich 1959, S. 30/31). Entgegen dem wohlverstandenen Interesse der Aktiengesellschaft könnten die übrigen Aktionäre diese Rechtslage ausnützen und Beschlüsse fassen, die ein möglicher Träger der brachliegenden Aktien mit seinem Stimmrecht unter Umständen verhindert hätte. Nach dem Tod des Aktionärs ist die Trägerschaft der Aktienrechte daher möglichst rasch neu zu regeln. Das war bereits ein wesentlicher Gesichtspunkt in BGE 75 II 352 E. 4; dieser Entscheid zeigt gleichzeitig, dass der Tod eines Aktionärs auch in anderer Hinsicht Rechtsfragen stellt, die Art. 686 Abs. 4 OR nicht beantwortet und die der Richter nach Art. 1 Abs. 2 ZGB zu entscheiden hat ( BGE 103 Ia 502 /3 mit Zitaten). Der Gesetzgeber unterliess es, den Aktienerwerb infolge Fusion zu regeln, weil er an diese Möglichkeit offenbar nicht gedacht hat, obwohl der Untergang einer juristischen Person infolge Fusion in mancher Beziehung mit dem Tod einer natürlichen Person vergleichbar ist. Insbesondere treffen die Gründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, beim Aktienerwerb infolge Erbganges die Rechtswirkungen der Vinkulierung einzuschränken, gleichermassen auch auf die Fusion zu; auch sie kann im Ergebnis zu dauernd unbesetzten Mitgliedschaftsstellen führen, wenn die übernehmende Gesellschaft nicht nach Art. 686 Abs. 4 OR vorgehen darf. PESTALOZZI-HENGGELER (Die Namenaktie und ihre Vinkulierung, Diss. Zürich 1948, S. 164) lehnt die analoge Anwendung unter Hinweis auf den Wortlaut der Bestimmung ab; der Wortlaut ist indes wie dargelegt nicht entscheidend. KÜRY (Die Universalsukzession bei der Fusion von Aktiengesellschaften, S. 76 Anm. 17) und Suter (Die Fusion von Aktiengesellschaften im Privatrecht und im Steuerrecht, Diss. Zürich 1965, S. 34/35) befürworten die Analogie mit der angesichts von BGE 90 II 239 E. 2 allerdings fragwürdigen Begründung, die Aktien würden wertlos, wenn sie nicht auf den Rechtsnachfolger übergingen. Trotzdem ist diesen beiden Autoren aus den dargelegten Gründen im Ergebnis zuzustimmen. Ob Art. 686 Abs. 4 OR auch dann analog anzuwenden ist, wenn die Fusion nicht kraft Gesetzes eintritt, sondern auf Vertrag beruht, kann dahingestellt bleiben. d) Entgegen der Meinung der Vorinstanz ist somit Art. 686 Abs. 4 OR durchaus auf die Aktien anwendbar, die der Klägerin infolge Fusion mit der Habib Bank Limited, Karachi, zugekommen sind; das sind 22'496 Stück zu je nominal Fr. 100.--. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit es das BGE 109 II 130 S. 136 Rechtsbegehren 3 der Klägerin, sie als Aktionärin dieser Aktien zu behandeln, abgewiesen hat. Gutheissen kann das Bundesgericht dieses Begehren freilich nicht. Die Sache ist in diesem Punkt vielmehr an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie prüfe, ob die weiteren tatbeständlichen und die prozessualen Voraussetzungen vorliegen, um Art. 686 Abs. 4 OR anzuwenden. Die Beklagte 1 hat binnen einer angemessenen Frist zu erklären, ob sie die Klägerin als Aktionärin von 22'496 Namenaktien ins Aktienbuch eintragen will oder ob Mitglieder der Verwaltung oder einzelne Aktionäre sich bereit erklären, die Aktien zu den gesetzlichen Bedingungen zu übernehmen. Nur wenn sie innert nützlicher Frist kein Übernahmeangebot macht, käme eine Gutheissung des Rechtsbegehrens 3 in bezug auf die 22'496 Aktien in Betracht. e) Unbegründet ist hingegen das Rechtsbegehren 3 für die vier Aktien von Rashid und Hyder Habib, die beide im Aktienbuch eingetragen sind. Ihre Aktienrechte, die sie ungeachtet der Fusion weiterhin ausüben können, wären nur dann auf die Klägerin übergegangen, wenn die Beklagte 1 gemäss Art. 686 Abs. 1 und 2 OR der Übertragung zugestimmt hätte. Dass eine solche Zustimmung vorliege oder ein Anspruch darauf bestehe, behauptet die Klägerin zu Recht nicht. f) Die Klägerin verlangt mit ihrem Rechtsbegehren 3 zudem, als Eigentümerin von weiteren 5625 Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- ins Aktienbuch eingetragen zu werden. Das sind 22,5% der neu ausgegebenen Aktien, auf welche die Klägerin entsprechend ihrem bisherigen Aktienbesitz von 22'500 Stück ein Bezugsrecht zu haben glaubt. Ein derartiges Recht steht jedoch ausschliesslich den bisherigen Aktionären zu, soweit die Statuten oder der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals nicht etwas anderes bestimmen ( Art. 652 OR ). Im Verhältnis zur Gesellschaft wird als Aktionär betrachtet, wer im Aktienbuch eingetragen ist ( Art. 685 Abs. 4 OR ). Als die Beklagte 1 am 22. März 1976 beschloss, neue Aktien auszugeben, um ihr Aktienkapital zu erhöhen, erfüllte die Klägerin diese Voraussetzung nicht. Es wäre ihr indes ohne weiteres möglich gewesen, die Beklagte 1 vor der Kapitalerhöhung um Eintrag ins Aktienbuch zu ersuchen, nachdem die Fusion bereits 1974 stattgefunden hatte. Ihr nachträgliches Gesuch vom 29. März 1976 war eindeutig verspätet, zumal auch die Emissionsbedingungen in der Einladung vom 6. März 1976 zur ausserordentlichen Generalversammlung klar festhielten, dass nur berechtigt sei, neue Aktien zu beziehen, wer bis zum 22. März 1976 BGE 109 II 130 S. 137 im Aktienbuch eingetragen sei. Als mögliche Aktionärin von 22'496 Aktien hat die Klägerin ihr Bezugsrecht daher verwirkt. Die Frage, ob sie ausnahmsweise als nicht im Aktienbuch eingetragene Person die Bezugsrechte geltend machen könnte, weil die Fusion kurz vor dem Beschluss der Beklagten 1 über die Kapitalerhöhung stattgefunden hat, stellt sich nicht. Der Klägerin standen mehr als zwei Jahre zur Verfügung, um ihr Gesuch zu stellen. Die Abweisung des Rechtsbegehrens 3 durch die Vorinstanz ist daher auch insoweit nicht zu beanstanden. 3. Die Klägerin leitet ihr Bezugsrecht sinngemäss auch aus ihrem Eigentum an den 22'500 Namenaktien ab. Die Vorinstanz hält dafür, dass mit dem Eigentum die aus den Aktien entspringenden Vermögensrechte, nicht aber das von ihnen zu unterscheidende Bezugsrecht auf die Klägerin übergegangen seien. Diese Auffassung hält die Klägerin für bundesrechtswidrig. a) Das Bundesgericht lässt der Praxis folgend zu, dass der Aktionär die mit der Aktie verbundenen Vermögensrechte von den Mitgliedschaftsrechten "abspalten" und durch Übertragung der Aktie zu Eigentum einem Dritten abtreten kann ( BGE 83 II 302 E. 4). Auf Kritik hin hat es seine Auffassung in dem Sinn verdeutlicht, dass unter den Vermögensrechten Forderungen im gewöhnlichen obligationenrechtlichen Sinne zu verstehen seien, etwa der Anspruch auf Auszahlung der von der Generalversammlung beschlossenen Dividenden oder des Liquidationsanteils, der sich aufgrund der genehmigten Schlussabrechnung und des gestützt darauf erstellten Verteilplans ergibt. Nur derartige Forderungen könnten einen vom Aktionär verschiedenen Träger und ein selbständiges rechtliches Schicksal haben, nicht dagegen die ihnen zugrunde liegenden mitgliedschaftlichen Vermögensrechte, wie etwa der Anspruch auf jährliche Verteilung des erzielten Reingewinns. Die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte blieben mit den übrigen Aktienrechten beim Veräusserer der Aktie, weil das Aktienrecht unteilbar sei ( BGE 90 II 239 E. 2a und b mit Hinweis auf die Lehre). Zwischen den mitgliedschaftlichen Vermögensrechten und den aus ihnen fliessenden Forderungen im obligationenrechtlichen Sinn ist daher klar zu unterscheiden (vgl. FORRER, a.a.O., S. 55/56; VON TUHR/PETER, S. 9 Anm. 2). Diesen Sachverhalt verkennt die Klägerin, indem sie behauptet, die in der Aktie verkörperten Rechte liessen sich aufspalten. Eine solche Betrachtungsweise ist fehl am Platz. Das Bundesgericht verwendete sie, um die Befugnis des Aktionärs zu umschreiben, die aus BGE 109 II 130 S. 138 dem Aktienrecht fliessenden Forderungen einem Dritten zu übertragen ( BGE 90 II 241 ). Sind indes die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte nur Voraussetzung, nicht Bestandteil der obligationenrechtlichen Forderungen, bleibt für eine Spaltungstheorie kein Raum mehr. b) Das Bezugsrecht ist ein typisches, im Aktientitel verkörpertes Mitgliedschaftsrecht ( BGE 82 II 493 ; SCHUCANY, in SJZ 41/1945, S. 182 lit. d) und daher nicht gleichzusetzen mit den erwähnten Forderungen im obligationenrechtlichen Sinn. Die Befugnis, bei einer Kapitalerhöhung Aktien zu zeichnen, sichert zwar ohne Zweifel Vermögensinteressen des Zeichnungsberechtigten. Gewisse Autoren zählen das Bezugsrecht daher zu den eigentlichen Vermögensrechten (vgl. namentlich SCHUCANY, N. 1 zu Art. 652 OR ). SIEGWART (N. 2 zu Art. 652 OR ) sieht in ihm dagegen lediglich einen Vermögenswert, soweit der Ausgabebetrag der neuen Aktie tiefer angesetzt ist als der Wert, den sie nach der Kapitalerhöhung hat; gleicher Meinung ist VON GREYERZ (Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/2, S. 159). Rechtsprechung und mehrheitlich auch die Lehre haben indes immer betont, dass das Bezugsrecht nebst den finanziellen Interessen auch Mitwirkungsrechte des Aktionärs sicherstellen will ( BGE 83 II 302 E. 4a, BGE 82 II 493 ; BRUNNER, Streifzug durch die Statuten schweizerischer Publikums-Aktiengesellschaften, S. 124; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, a.a.O., S. 244/45; VON GREYERZ, a.a.O., S. 159; GUHL/MERZ/KUMMER, 7. Aufl., S. 643; JÄGGI, in ZSR 77/1958 I, S. 527; MORELL, in ZSR 53/1934, S. 189/90; OTT, Das Bezugsrecht der Aktionäre, Diss. Zürich 1961, S. 56/57; RUEDIN, Le droit préférentiel de souscription en droit suisse, in Recueil des travaux suisses présentés au IXe Congrès international de droit comparé, Basel 1976, S. 136; WEBER, in SAG 35/1962/63, S. 322/23; WÜRZER, Die Zuordnung der Rechte aus gespaltenen Aktien, Diss. St. Gallen 1981, S. 104/05). Dem stimmt auch die Klägerin weitgehend zu, hält sie doch das Bezugsrecht wie die Aktie selbst für einen Inbegriff von Rechten. Als vollwertiges Mitgliedschaftsrecht steht das Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien daher allein der im Aktienbuch eingetragenen Person zu, die es ohne Zustimmung der Aktiengesellschaft nicht an einen Dritten rechtsgültig übertragen kann. Zum gleichen Ergebnis gelangt mehrheitlich auch die Lehre; es wird fast ausnahmslos von den Autoren gebilligt, die sich nach BGE 90 II 239 E. 2a dazu geäussert haben (BRUNNER, a.a.O., S. 125; BGE 109 II 130 S. 139 VON GREYERZ, a.a.O., S. 162; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 643; JÄGGI, a.a.O., S. 527; KRAFFT, La dissociation des droits de l'action nominative, Diss. Lausanne 1962, S. 240; PFENNINGER, in SAG 38/1966, S. 98; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4. Aufl., S. 160, ebenso 2. Aufl., S. 169, sowie derselbe, in SAG 35/1962/63, S. 243). Auch SCHUCANY vertrat ursprünglich keine andere Meinung (SJZ 41/1945, S. 182/83), entschied sich allerdings später und ohne eingehende Begründung für den gegenteiligen Standpunkt (N. 3 zu Art. 652 OR ); noch später räumte er freilich ein, die Rechtsprechung könnte dereinst auch im Gegensatz zu seiner Annahme entscheiden (ZSR 81/1962 I, S. 532). c) Die Klägerin hält das Bezugsrecht für aufspaltbar in einen mitgliedschaftlichen Teil, der ohne Zustimmung der Aktiengesellschaft unübertragbar sei, und in einen frei übertragbaren vermögensrechtlichen Teil, der mit dem Eigentum an den Aktien auf sie übergegangen sei und ihr ein "gespaltenes" Recht auf Bezug "gespaltener" Aktien einräume. Wenn das Aktienrecht anerkanntermassen in Mitgliedschafts- und Vermögensrechte aufspaltbar sei, müsse das folgerichtig auch für das Bezugsrecht gelten, das latent alle in einer Aktie verkörperten Rechte mitumfasse, ein Konglomerat dieser Rechte, eine latente potentielle Aktie sei. Eine ähnliche Meinung vertritt WIDMER (Die Abspaltung der Aktionärrechte, Diss. St. Gallen 1968, S. 61). Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte nicht gleichzusetzen sind mit den Forderungsrechten im obligationenrechtlichen Sinn. Das Bezugsrecht als Vermögens- und Mitwirkungsrecht ist wie jedes andere Mitgliedschaftsrecht weder in sich noch von anderen Mitgliedschaftsrechten spaltbar und vom Aktionär daher als Einheit geltend zu machen (vgl. BRUNNER, a.a.O., S. 124; PFENNINGER, a.a.O., S. 98; WÜRZER, a.a.O., S. 110/11). Allein von ihm kann ein Dritter die aus den neu bezogenen Aktien fliessenden Forderungsrechte im obligationenrechtlichen Sinn erwerben. Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, indem sie der Klägerin, soweit sie blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien ist, einen Anspruch auf Bezug "gespaltener" Aktien abgesprochen, folglich die Rechtsbegehren 1 und 2 gegen die Beklagte 1 sowie sämtliche Rechtsbegehren gegen die Beklagten 2 und 3 abgewiesen hat.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
4400be56-4372-44f3-acef-809146715442
Urteilskopf 123 III 317 49. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 7 juillet 1997 dans la cause C. contre X. S.A. (recours en réforme)
Regeste Mietzinserhöhung; Begriff des orts- oder quartierüblichen Mietzinses ( Art. 269a lit. a OR ; Art. 11 VMWG ). Anwendung der verschiedenen in Art. 11 Abs. 1 VMWG vorgesehenen Kriterien für die Bestimmung der orts- oder quartierüblichen Mietzinse (E. 4a und b); Voraussetzungen für den Beizug von Statistiken (E. 4c/cc). Erfordernis des vom Vermieter zu erbringenden Nachweises, dass die Vergleichsmietzinse der Senkung des Hypothekarzinses angepasst worden sind (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 4d).
Sachverhalt ab Seite 317 BGE 123 III 317 S. 317 A.- C. loue, depuis 1968, un appartement de sept pièces et demie, d'une surface de 171 m2, avec deux balcons de 3,60 m2 chacun, au deuxième étage d'un immeuble de la rue Liotard, à Genève. Le loyer BGE 123 III 317 S. 318 annuel a été fixé à 6'156 fr., par contrat de bail du 18 juillet 1972, puis a été régulièrement augmenté. Par avis de majoration du 9 juin 1986, il a été porté à 10'380 fr. A la suite d'une contestation élevée par le locataire, les parties sont tombées d'accord pour l'arrêter à ce montant-là avec effet au 1er mai 1987. En 1988, l'appartement en question a été vendu à X. S.A. B.- Par avis de majoration du 17 juin 1994, la bailleresse a déclaré vouloir porter le loyer annuel de l'appartement à 22'500 fr. dès le 1er octobre 1994. Elle justifiait la hausse de loyer par référence à l'art. 269a let. a, b et e CO. Le locataire n'a pas accepté cette majoration et la tentative de conciliation a échoué. Le 15 novembre 1994, X. S.A. a ouvert action contre C. devant le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève en concluant à ce que le loyer mensuel fût fixé à 1'850 fr., sans les charges. A l'appui de cette conclusion, elle invoquait principalement le critère des loyers comparatifs. Statuant le 15 avril 1996, la juridiction saisie a fixé le loyer annuel de l'appartement loué par le défendeur à 22'500 fr. dès le 1er octobre 1994. Elle a considéré, en substance, que la bailleresse avait établi, en produisant sept exemples d'appartements comparables à l'appartement litigieux, que le loyer en cause n'excédait pas les limites des loyers usuels dans le quartier. Par arrêt du 18 novembre 1996, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève a rejeté l'appel interjeté par le défendeur et confirmé le jugement de première instance. C.- Le défendeur interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Il conclut à la mise à néant de l'arrêt attaqué, à la constatation du caractère disproportionné de l'augmentation de loyer litigieuse et, partant, à l'annulation de celle-ci. A titre subsidiaire, il sollicite le renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Plus subsidiairement, il requiert que la possibilité lui soit offerte de prouver ses assertions. La demanderesse propose le rejet du recours et la confirmation de l'arrêt entrepris. Le Tribunal fédéral admet partiellement le recours, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Ne sont, en règle générale, pas abusifs les loyers qui se situent dans les limites des loyers usuels dans la localité ou dans le quartier BGE 123 III 317 S. 319 ( art. 269a let. a CO ). Selon l'art. 11 Ordonnances sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF, RS 221.213.11), les loyers déterminants pour le calcul des loyers usuels dans la localité ou le quartier sont les loyers des logements et des locaux commerciaux comparables à la chose louée quant à l'emplacement, la dimension, l'équipement, l'état et l'année de construction (al. 1). N'entrent pas en ligne de compte les loyers découlant du fait qu'un bailleur ou un groupe de bailleurs domine le marché (al. 3). Les statistiques officielles doivent être prises en considération (al. 4). Ces prescriptions correspondent à celles qui figuraient à l' art. 15 al. 1 let. a AMSL (seul le critère de la dimension y a été expressément ajouté; cf. TOBLER, Der Schutz des Mieters vor missbräuchlichen Mietzinsen, in: HANGARTNER (édit.), Das neue Mietrecht, St-Gall 1991, p. 98), de sorte que la jurisprudence relative à cette norme demeure valable pour l'interprétation des dispositions actuellement en vigueur. a) La notion de loyer usuel dans la localité ou le quartier relève du droit. Il s'agit d'une question que le Tribunal fédéral peut revoir librement lorsqu'il est saisi d'un recours en réforme, raison pour laquelle l'autorité cantonale doit indiquer exactement les critères de comparaison utilisés par elle. Pour le reste, le juge du fait devra procéder à des comparaisons concrètes, à la lumière des critères susmentionnés, en ayant égard à l'évolution récente des loyers exigés pour les locaux retenus comme éléments de comparaison. L'utilisation de statistiques suppose des données chiffrées, suffisamment différenciées et dûment établies sur la situation, l'agencement et l'état de la chose louée, comme aussi sur la période de construction. Le fardeau de la preuve incombe au bailleur ( ATF 114 II 361 consid. 3; voir aussi: ATF 122 III 257 consid. 4b p. 262; ATF 108 II 130 consid. 3b p. 134; TERCIER, Les contrats spéciaux, 2e éd., n. 2005). Pour pouvoir tirer des conclusions qui offrent quelque sécurité, il faut disposer, en règle générale, de cinq éléments de comparaison au moins, qui présentent, pour l'essentiel, les mêmes caractéristiques que le logement litigieux quant à l'emplacement, la dimension, l'équipement, l'état et l'année de construction ( ATF 114 II 361 consid. 4b p. 364; WEBER/ZIHLMANN, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 2e éd., n. 2 ad art. 269a CO ; LACHAT/STOLL, Das neue Mietrecht für die Praxis, 2e éd., p. 212; LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, 2e éd., p. 220; ZIHLMANN, Das Mietrecht, 2e éd., p. 145; GRATZ, Mietzinsgestaltung, Zurich 1995, p. 82; GMÜR/THANEI, Mietzinserhöhung, Fachheft Mietrecht n. 3, Zurich 1993, p. 19; TRACHSEL, Leitfaden zum Mietrecht, p. 63; d'un autre avis: Commentaire de l'USPI, n. 19 ad art. 269a CO ). BGE 123 III 317 S. 320 b) Le défendeur loue un appartement de sept pièces et demie, d'une surface de 171 m2, avec deux balcons de 3,60 m2 chacun, au deuxième étage d'un bâtiment de la rue Liotard, qui a été construit en 1907. La Chambre d'appel a comparé cet appartement avec sept autres logements qu'elle a décrits dans son arrêt en reprenant les constatations faites à ce propos par le Tribunal des baux et loyers. Trois de ces logements, comprenant chacun sept pièces et ayant une surface de 160 m2, se trouvent dans un immeuble sis au no 27 de la rue des Délices, qui a été édifié en 1902; ils occupent le premier, le deuxième et le quatrième étages de cet immeuble et leurs loyers annuels sont, respectivement, de 20'052 fr. pour les deux premiers et de 29'016 fr. pour le troisième. Trois autres appartements, comprenant chacun six pièces et demie pour une surface de 142 m2, ainsi qu'un balcon de 6 m2, se situent aux deuxième, troisième et quatrième étages d'un immeuble qui a été construit en 1905 au no 6 de la rue du Château; leur usage a été concédé moyennant un loyer qui se monte, respectivement, à 17'424 fr., 24'180 fr. et 18'600 fr. par an. Quant au dernier appartement, qui se trouve au no 92 de la rue Saint-Jean, au troisième étage d'un immeuble construit entre 1910 et 1920, ses six pièces et demie couvrent une surface de 130 m2 et il en coûte 24'000 fr. par an à son locataire pour y habiter. aa) Les trois immeubles dans lesquelles se trouvent les appartements retenus par la cour cantonale comme éléments de comparaison sont assurément comparables à l'immeuble où se situe l'appartement du défendeur, pour ce qui est de la période de construction. Ils ont, en effet, été construits en 1902, en 1905 et durant la période comprise entre 1910 et 1920, alors que l'immeuble de la demanderesse a été édifié en 1907. Les quatre immeubles, qui datent tous des deux premières décennies de ce siècle, sont donc comparables sous cet angle (LACHAT/STOLL, op.cit., p. 212/213; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 220, note de pied 13; Commentaire de l'USPI, n. 17 ad art. 269a CO ). bb) Pour ce qui est de leur état d'entretien, les immeubles à comparer avec celui de la demanderesse ne présentent pas de différences importantes par rapport à ce dernier. Selon la description qu'en a faite la Chambre d'appel, l'immeuble sis à la rue des Délices 27 a une toiture en bon état. L'ascenseur a été remplacé en 1954 - il est donc plus vieux que l'ascenseur qui se trouve dans l'immeuble en cause, lequel a été remplacé en 1986 - et la chaudière en 1984. Les vitrages sont simples et les cuisines d'époque. Les salles de bains sont équipées d'une baignoire encastrée BGE 123 III 317 S. 321 avec des faïences à mi-hauteur. L'état des appartements est considéré comme vétuste en ce qui concerne les salles de bains et les installations électriques. L'immeuble se trouvant à la rue du Château no 6 a été rénové dans les années quatre-vingt mais ne possède ni ascenseur ni buanderie. Les vitrages sont simples. Les salles de bains ont été rénovées mais les cuisines sont anciennes. Enfin, l'immeuble sis au no 92 de la rue Saint-Jean se trouve dans un état moyen; sa façade a été repeinte, mais la toiture et la ferblanterie sont en très mauvais état. Ni l'ascenseur, ni la chaudière, ni les alimentations en eau chaude et froide n'ont été remplacés. L'immeuble n'a pas de buanderie. Il est équipé de vitrages simples. Les baignoires sont presque toutes encastrées mais la hauteur du carrelage reste trop basse. L'équipement sanitaire a été rénové sans inclure le remplacement des colonnes. Il ressort de cette description qu'aucun des trois immeubles entrant en ligne de compte n'a été modernisé de fond en comble et ne se trouve dans un très bon état d'entretien, ce qui est également le cas, grosso modo, de l'immeuble de la demanderesse. cc) S'agissant de la question de la dimension, les trois appartements de sept pièces et les trois autres appartements de six pièces et demie peuvent être comparés avec l'appartement loué par le défendeur. Certes, le nombre de pièces revêt, en principe, une importance primordiale (ZIHLMANN, op.cit., p. 146), ce qui exclut généralement toute possibilité de comparaison entre des logements ne comprenant pas le même nombre de pièces. Cependant, la dimension du logement et la répartition des volumes constituent aussi des critères de comparaison déterminants (Commentaire de l'USPI, n. 13 ad art. 269a CO ; LACHAT/STOLL, op.cit., p. 213). De ce point de vue, le fait que l'appartement litigieux a une demi-pièce, respectivement une pièce, de plus que les appartements précités apparaît moins décisif en l'occurrence que le critère de la surface, étant donné les grandes dimensions des logements à comparer. Ce dernier critère, s'il permet d'inclure dans la comparaison avec l'appartement de 171 m2 occupé par le défendeur les trois appartements de sept pièces dont la surface est de 160 m2, voire, à la rigueur, les trois appartements de six pièces et demie ayant une surface de 142 m2, exclut en revanche d'étendre la comparaison au dernier appartement dont la surface n'est que de 130 m2. dd) Quant à l'équipement des appartements proposés comme éléments de comparaison, le jugement de première instance, auquel se réfère la Chambre d'appel, précise que les appartements de sept BGE 123 III 317 S. 322 pièces ne sont pas équipés d'une cuisine et d'une salle de bains modernes, que la peinture et les papiers peints y sont défraîchis et que leurs installations électriques sont vétustes. Il indique, par ailleurs, que l'état d'entretien des trois appartements de six pièces et demie est qualifié de normal par le régisseur, que leur salle de bains a été rénovée, mais que leur cuisine est d'époque. L'appartement sis dans l'immeuble de la rue de Saint-Jean est décrit, enfin, comme présentant un état d'entretien normal. Le vitrage simple qui y a été installé entraîne certains inconvénients au niveau du bruit. L'équipement sanitaire a été rénové, mais il n'a pas été procédé au changement des colonnes. La salle de bains est équipée d'une baignoire encastrée, mais le carrelage reste trop bas. Ainsi, on ne constate pas de différences notables entre les appartements pris comme éléments de comparaison et l'appartement litigieux pour ce qui est de leur équipement respectif. Le contraire n'est d'ailleurs pas allégué. ee) Il faut également se reporter au jugement de première instance pour examiner si, du point de vue de leur emplacement, les appartements mentionnés par la demanderesse et l'appartement loué par le défendeur sont comparables. Sans doute n'y trouve-t-on pas de constatation expresse quant à la proximité entre les premiers et ce dernier. Toutefois, la seule référence aux codes postaux, différents, des appartements entrant en ligne de compte ne suffit pas pour exclure que ceux-ci se situent dans le même quartier. Au demeurant, le défendeur ne démontre pas avoir déjà contesté, devant les juridictions cantonales et dans le respect des prescriptions de procédure applicables, que les appartements pris comme base de comparaison se trouvent dans le même quartier que l'appartement loué par lui. Cela étant, la proximité dans l'espace n'implique pas nécessairement l'existence d'une situation comparable (cf. déjà RENÉ MÜLLER, Der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbraüche im Mietwesen vom 30. Juli 1972, thèse Zurich 1976, p. 179). D'autres facteurs doivent également être pris en considération: infrastructure du quartier, présence de commerces, facilités de transport, installations sportives, écoles, etc. L'arrêt attaqué n'en dit mot, mais le défendeur ne soutient pas qu'il existerait, à cet égard, des différences importantes entre les sept appartements retenus par la cour cantonale et le sien. Au sujet de la situation des appartements du point de vue des nuisances (bruit intérieur et extérieur, odeurs, p. ex.), le jugement de première instance ne fournit que des indications sommaires; on y apprend, en particulier, que l'appartement de la rue de Saint-Jean BGE 123 III 317 S. 323 est bien placé en terme de vue, cette qualité étant toutefois contrebalancée par le bruit dû à la proximité des voies ferrées. En tout état de cause, le défendeur ne soutient pas que la situation respective des différents appartements interdirait toute comparaison dans le cas présent. c) L'arrêt attaqué mentionne sept objets de comparaison, ce qui serait en soi suffisant au regard de la jurisprudence précitée, qui en exige un minimum de cinq. aa) Dans son calcul, la cour cantonale a cependant ignoré totalement le fait que six de ces sept objets de comparaison consistent en réalité dans deux groupes comprenant chacun trois appartements sis dans le même immeuble, ce dernier étant de surcroît géré par la même société. Comme il n'est ni allégué ni constaté que les deux immeubles où se trouvent ces appartements seraient soumis au régime de la propriété par étages, il faut en déduire que seuls trois immeubles appartenant à des tiers ont été proposés comme éléments de comparaison par la demanderesse. Or, la comparaison avec trois immeubles, qui plus est appartenant chacun au même propriétaire, ne permet pas de tirer des conclusions valables en ce qui concerne le niveau général des loyers du quartier, même si chacun des différents appartements se trouvant dans le même immeuble présente des caractéristiques comparables. Il n'est donc pas possible d'en inférer que les loyers exigés pour ces appartements correspondent aux loyers usuels dans le quartier, au sens de l' art. 269a let. a CO . Par conséquent, comme le nombre minimum d'objets de comparaison n'était pas atteint en l'espèce, la Chambre d'appel a considéré à tort que la demanderesse avait réussi à établir que le loyer litigieux se situait dans les limites des loyers usuels dans le quartier. bb) Au demeurant, même s'il fallait admettre exceptionnellement la possibilité que les différents logements sis dans un immeuble appartenant au même propriétaire ne soient pas traités comme un seul objet de comparaison, les loyers exigés pour de tels logements ne pourraient pas être traités de la même manière que ceux des logements appartenant à des propriétaires distincts et ne se trouvant pas dans le même immeuble, s'agissant de déterminer le niveau usuel des loyers. Ainsi, dans la présente espèce, les sept objets de comparaison ne pourraient pas être tenus pour suffisants sans plus ample examen, quand bien même on voudrait tenir compte, d'une part, du fait qu'il n'existe plus beaucoup d'appartements comparables à l'appartement litigieux sur le marché de la location, la plupart d'entre eux ayant été vendus, et, d'autre part, de ce que les deux groupes de BGE 123 III 317 S. 324 trois appartements proposés par la demanderesse comme objets de comparaison ne présentent aucune homogénéité interne quant au niveau des loyers exigés pour ces logements. En effet, cette dernière circonstance commande précisément une certaine prudence dans la prise en compte de ces loyers. A cet égard, on relèvera, par exemple, que les loyers annuels des appartements sis aux premier et deuxième étages de l'immeuble de la rue des Délices 27 sont identiques (20'052 fr.), tandis que le loyer de l'appartement sis au quatrième étage est nettement plus élevé (29'016 fr.), sans que l'on s'explique pour quelle raison un supplément pour la différence d'étage n'a pas été imposé dans le premier cas. Par ailleurs, si un tel supplément suffit sans doute à expliquer la différence entre les loyers exigés pour les appartements se trouvant, respectivement, au deuxième étage (17'424 fr.) et au quatrième étage (18'600 fr.) de l'immeuble sis à la rue du Château 6, le loyer réclamé pour l'appartement du troisième étage (24'180 fr.), dont les caractéristiques sont à peu près les mêmes que celles des deux autres appartements ne s'explique guère d'un point de vue objectif. Aussi, à supposer que, pour la détermination des loyers usuels dans le quartier, il soit possible, à titre exceptionnel, de prendre en considération séparément chacun des trois appartements sis dans les deux immeubles précités, encore faudrait-il vérifier, eu égard à ces différences de loyer inexpliquées, que les loyers de comparaison ne soient eux-mêmes pas abusifs (cf. lettre d ci-dessous), examen auquel la cour cantonale n'a pas procédé. cc) La cour cantonale souligne, dans son arrêt, que la statistique officielle fait état d'un loyer mensuel moyen de 2'169 fr.90 pour un appartement de sept pièces et demie situé dans un immeuble à loyers libres construit avant 1951. L'utilisation de statistiques suppose des données chiffrées, suffisamment différenciées et dûment établies sur la situation, l'agencement et l'état de la chose louée, comme sur la période de construction ( ATF 114 II 361 consid. 3 p. 363). De telles données font manifestement défaut en l'espèce, dès lors que la Chambre d'appel mentionne une statistique officielle qui n'indique que le loyer moyen de tous les appartements de sept pièces et demie se trouvant dans des immeubles construits avant 1951 (selon LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 220, note de pied 13, à Genève, les statistiques retiennent notamment les tranches d'âge suivantes: avant 1900, 1900-1920, 1921-1946, 1947-1960, etc.), sans égard à leur situation, à l'agencement et à la dimension des pièces, à l'état d'entretien et à l'équipement, BGE 123 III 317 S. 325 ainsi qu'à l'année de construction des différents appartements retenus pour l'établissement de la statistique. En l'occurrence, celle-ci ne constitue pas une statistique au sens de l' art. 11 al. 4 OBLF , dans la mesure où elle ne fournit pas de données suffisamment différenciées sur les éléments essentiels pour déterminer les loyers usuels dans le quartier ou la localité. d) Pour le reste, la cour cantonale ne pouvait pas se contenter de mentionner les objets de comparaison et de les décrire. Elle aurait dû procéder à des comparaisons concrètes avec l'appartement litigieux, en fonction des critères fixés à l' art. 11 al. 1 OBLF , et tenir compte, ce faisant, de l'évolution récente des loyers des appartements retenus comme éléments de comparaison ( ATF 114 II 361 consid. 3 p. 363; 108 II 135 consid. 1 p. 137; 106 II 356 consid. 5d p. 363). A cet égard, la demanderesse invite le Tribunal fédéral à renoncer à sa jurisprudence exigeant des bailleurs la preuve que les loyers de comparaison ont réagi à la baisse du taux d'intérêt hypothécaire. Elle cite, à l'appui de sa requête, un arrêt genevois qui préconise l'abandon de la jurisprudence fédérale, entre autres motifs, parce qu'elle revient à corriger une donnée de fait - l'état du marché - au moyen de données relevant d'un calcul des coûts et qu'elle imposerait, de surcroît, au bailleur une preuve quasiment impossible à rapporter. Ces motifs ne sont certes pas dénués de toute pertinence, notamment sous l'angle économique en ce qui concerne le premier d'entre eux. Il n'en demeure pas moins que la jurisprudence actuelle, fermement établie, correspond à l'esprit de la législation relative à la protection contre les loyers abusifs, laquelle a précisément pour but d'éviter que le bailleur obtienne un rendement excessif de la chose louée. Or, il serait contraire à ce but de prendre comme éléments de comparaison, pour juger du caractère abusif d'un loyer donné, des loyers qui sont eux-mêmes abusifs parce que les bailleurs concernés ne les ont pas adaptés à l'évolution des facteurs de baisse. L' art. 11 al. 3 OBLF va d'ailleurs dans ce sens, en tant qu'il exclut la prise en considération des loyers découlant du fait qu'un bailleur ou un groupe de bailleurs domine le marché. Il en ressort clairement que la détermination des loyers usuels ne saurait obéir aux seules lois du marché. Au demeurant, même si l'on fait abstraction de la distorsion pouvant exister entre l'offre et la demande de logements, le fait de s'en tenir purement et simplement à l'état du marché à un moment donné peut également aboutir à un résultat choquant: ainsi, à supposer qu'une baisse du taux hypothécaire de référence doive prendre effet entre le moment de la notification de l'augmentation BGE 123 III 317 S. 326 de loyer litigieuse et l'entrée en vigueur de celle-ci, il ne serait pas admissible de faire abstraction de cette baisse dans l'examen des loyers comparatifs et de s'en tenir au niveau auquel se situaient ces derniers au moment de la notification de la hausse de loyer contestée. Quant aux difficultés de preuve évoquées dans l'arrêt cité par la demanderesse, qu'il ne faut d'ailleurs pas exagérer, elles ne sauraient justifier une entorse au système légal, tel qu'il a été voulu par le législateur fédéral. Partant, une modification de la jurisprudence actuelle en la matière ne s'impose pas. On cherche en vain, dans l'arrêt attaqué, des indications au sujet de l'évolution des loyers des appartements pris comme objets de comparaison. Il est pourtant notoire que le taux hypothécaire a sensiblement baissé ces dernières années, après une période de hausse, ce qui aurait dû conduire à une réduction des loyers des appartements en question. Or, la cour cantonale n'indique pas depuis quand ces appartements sont loués, ni de quelle manière leurs loyers respectifs ont évolué dans un passé récent. En outre, les juges précédents n'ont pas procédé à des comparaisons de prix concrètes, mais se sont bornés à entériner la méthode de calcul appliquée par l'autorité de première instance, c'est-à-dire à diviser le loyer global de chacun des sept appartements entrant en ligne de compte par le nombre de pièces s'y trouvant, pour obtenir un prix unitaire. Or, la référence à un tel prix (en fonction du nombre de pièces, du prix au m2 ou d'autres facteurs) n'est admissible que s'il existe des statistiques fiables pour tous les objets de comparaison, ce qui n'est pas le cas en l'occurrence. A ce défaut, l'autorité cantonale ne saurait faire l'économie d'une comparaison concrète, à l'aide des critères mentionnés à l' art. 11 al. 1 OBLF , entre les logements retenus par elle à cette fin et l'appartement litigieux. En particulier, lorsque le nombre d'objets de comparaison est limité, la détermination du loyer usuel nécessite une pesée soigneuse des avantages et des inconvénients inhérents à chacun de ces objets, tant il est vrai que, même si ceux-ci présentent des caractéristiques communes, ils n'ont jamais une valeur identique sur le marché de la location. Une telle recherche n'a pas été effectuée en l'espèce, et la simple description des appartements retenus comme éléments de comparaison ne saurait en tenir lieu. e) Au terme de cet examen, il apparaît, pour les raisons sus-indiquées, que la demanderesse n'a pas produit un nombre suffisant d'objets de comparaison, même si l'on prend en considération séparément chacun des exemples qu'elle a fournis. Dans ces conditions, BGE 123 III 317 S. 327 il s'impose de renvoyer la cause à la cour cantonale afin qu'elle examine les autres facteurs (relatifs) de hausse invoqués par la bailleresse pour justifier, en partie, la majoration de loyer litigieuse.
null
nan
fr
1,997
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
44076c95-a916-40ae-a512-358d269d75eb
Urteilskopf 100 Ib 404 70. Urteil vom 27. November 1974 i.S. Hämmig und Mitbeteiligte gegen Nordostschweizerische Kraftwerke AG (NOK) und Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED).
Regeste Enteignung. 50 kV-Leitung: Freileitung oder Verkabelung? 1. Die Rechtswirkungen, welche Art. 4 Abs. 1-3 des Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972 für die provisorischen Schutzgebiete vorsieht, gelten nicht für den Bau elektrischer Leitungen. Ob diese als Freileitung zu führen oder aus Gründen des Landschaftsschutzes zu verkabeln sind, beurteilt sich nach der einschlägigen Spezialgesetzgebung ( Art. 3 NHG , Art. 9 EntG in Verbindung mit Art. 49/50 ElG); danach ist in jedem Falle eine Interessenabwägung vorzunehmen (Erw. 3). 2. Betriebssicherheit und Mehrkosten bei vollständiger oder teilweiser Verkabelung von 50 kV- und höher gespannten Leitungen. Bei Landschaften mittlerer Schutzwürdigkeit überwiegen die mit der Verkabelung verbundenen technischen und finanziellen Nachteile das Interesse des Landschaftsschutzes. Eine Verkabelungspflicht kann sich aus dem Bundesrecht - nach dem heutigen Stand der Technik - allenfalls nur für Landschaften besonderer Schutzwürdigkeit ergeben (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 405 BGE 100 Ib 404 S. 405 Aus dem Sachverhalt: A.- Die beschwerdebeklagte NOK hatte zusammen mit dem Elektrizitätswerk des Kantons Zürich auf der Höhe Langholz am Pfannenstiel im Gebiete der Gemeinde Stäfa ein Unterwerk errichtet. Das Unterwerk wird gespeist durch eine 50 kV-Leitung, die in Mittlisberg von der 50 kV-Betonmastenleitung Aathal-Herrliberg abzweigt. Die NOK will die westliche Teilstrecke von 3,2 km zwischen Mittlisberg und Beichlen, die im wesentliehen Waldrändern entlang führt, als Freileitung BGE 100 Ib 404 S. 406 mit 21 Betonmasten von 17 m Höhe bauen. Hinsichtlich des östlichen, unmittelbar an das Unterwerk anschliessenden Teils von 1,l km hat sich die NOK gegenüber der Gemeinde Stäfa zur Verkabelung verpflichtet. Nach Ansicht der NOK rechtfertigt sich die Verkabelung in diesem Teilstück, weil es in nächster Nähe der Langholzhöhe durchgeführt werden muss und weil eine Freileitung dort stärker in Erscheinung träte als auf der übrigen Strecke. Die NOK konnte von 23 Grundeigentümern die benötigten Durchleitungsrechte freihändig erwerben, 12 Grundeigentümer, die heutigen Beschwerdeführer, widersetzten sich der Abtretung. Die beschwerdebeklagte NOK leitete daraufhin das Enteignungsverfahren ein. Die 12 Grundeigentümer erhoben Einsprache und verlangten die Verkabelung der gesamten neuen Leitung, eventuell die Verschiebung der Freileitung um ungefähr 400 m in nordöstlicher Richtung. B.- Das EVED wies mit Entscheid vom 22. Juni 1973 die Einsprachen ab und erteilte der Beschwerdegegnerin ein auf 50 Jahre befristetes Durchleitungsrecht für den Bau einer Freileitung von Mittlisberg bis Beichlen und für eine Kabelleitung von Beichlen bis zum Unterwerk Stäfa. Das EVED ging davon aus, dass im vorliegenden Fall die legitimen Interessen der Energieversorgung einerseits und des Landschaftsschutzes anderseits gegeneinander abzuwägen seien. Die Notwendigkeit der geplanten Leitung sei unbestritten. Das Pfannenstielgebiet und das Zürcher Oberland seien schöne Landschaften. Das gleiche gelte aber für die meisten Landschaften in der Schweiz. Durch eme Freileitung werde das Landschaftsbild zwar beeinträchtigt, aber nicht zerstört. Die projektierte Leitungsführung trage den Geboten des Landschaftsschutzes soweit als möglich Rechnung. Eine Verkabelung der ganzen Strecke sei technisch zwar durchführbar, doch ergäben sich Schwierigkeiten und Unsicherheiten im Betrieb und Unterhalt. Sodann betrügen die Erstellungskosten der Kabelleitung ein Mehrfaches der Kosten einer Freileitung gleicher Übertragungsfähigkeit. Zu beachten sei auch die präjudizielle Wirkung bei Annahme einer Verkabelungspflicht im konkreten Fall. Von Bundesrechts wegen ( Art. 3 Abs. 3 NHG ) könne vorliegend weder eine Verkabelung noch eine andere Leitungsführung verlangt werden. BGE 100 Ib 404 S. 407 Die approximativen Kosten der Erstellung der Leitung betragen nach dem Projekt der NOK: für den Freileitungsabschnitt (3,2 km): Fr. 630000.-- für den Kabelleitungsabschnitt (1,1 km): Fr. 1100000.-- Fr. 1730000.-- Müsste die gesamte Leitung verkabelt werden, so ergäben sich Kosten von 5 Mio Franken, davon 3,9 Mio Franken für die als Freileitung geplante Leitungsstrecke. Die Verkabelung der geplanten Freileitungsstrecke erhöht also die Kosten auf das Sechsfache. C.- Die Enteigneten erheben gegen den Einspracheentscheid des EVED rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie machen zunächst geltend, das Departement habe den Sachverhalt ungenügend abgeklärt, indem es weder einen Augenschein noch eine Expertise durchgeführt habe. Sie berufen sich sodann u.a. auf Art. 4 des Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972; danach sei in den provisorischen Schutzgebieten die Erstellung elektrischer Freileitungen unzulässig. Die vom EVED vorgenommene Interessenabwägung verletze aber noch weitere Bestimmungen des Bundesrechtes, so namentlich Art. 3 NHG sowie Art. 9 EntG und Art. 50 ElG . D.- Das EVED und die NOK beantragen Abweisung der Beschwerde. Die NOK weist darauf hin, dass die geplante Leitung so angelegt werde, dass später ohne grosse technische Änderungen der Übergang von einer 50 kV-Leitung auf eine 110 kV-Leitung möglich sei. Der Übergang zur 110 kV-Leitung lasse sich bei Freileitungen mit Kosten von Fr. 15 000.-- je km durchführen; bei einer Verkabelung betrage der Aufwand Fr. 115 000.-- je km (Preisstand Herbst 1973). Die Verkabelung der Freileitung würde auch eine Verlängerung der Leitungsstrecke um 400 m nötig machen. E.- Das Bundesgericht liess sich durch dipl. Ing. ETH R. Amstein, Zürich, ein Gutachten erstatten und führte einen Augenschein durch. Es stellte dabei fest, dass durch das überspannte Gebiet mehrere Spazierwege gegen den Pfannenstiel hinaufführen und dass sich von dort bei schönen Wetter eine BGE 100 Ib 404 S. 408 schöne Aussicht auf das Zürcher Oberland und die Voralpen der Ostschweiz darbietet. Im Anschluss an den Augenschein wurde der Gutachtenentwurf mit den Beteiligten besprochen. Gestützt auf die Besprechung ergänzte der Experte sein Gutachten gemäss den ihm gestellten Ergänzungsfragen. Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Inbetriebnahme des Unterwerkes hat die NOK die Leitung bereits erstellt. Dies wurde ihr gestattet gegen die Zusicherung, im Falle der Gutheissung der Beschwerde die Freileitung durch eine Kabelleitung zu ersetzen. Das Bundesgericht konnte sich somit ein genaues Bild über die Auswirkungen der Freileitung auf das Landschaftsbild machen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführer sollen als Grundeigentümer verpflichtet werden, ein Durchleitungsrecht der Beschwerdegegnerin für eine 50 kV-Freileitung zu dulden. Sie sind durch die angefochtenen Massnahmen berührt und insofern zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Die Frage, ob eine Freileitung oder eine Kabelleitung gebaut werden soll, berührt jedoch die privaten Interessen der Grundeigentümer nur in sehr bescheidenem Masse. Ihre Grundstücke liegen ausserhalb jeder Bauzone, und die Bewirtschaftung wird durch die Betonmasten nicht wesentlich erschwert. Die Beschwerdeführer treten vor allem als Hüter öffentlicher Interessen auf und machen geltend, die Freileitung verletze bundesrechtliche Vorschriften, die im allgemeinen Interesse aufgestellt wurden. Das Bundesgericht gestattet jedoch in konstanter Rechtsprechung den betroffenen Grundeigentümern, auch die öffentlichen Interessen geltend zu machen, die gegen die Erteilung des Enteignungsrechtes für eine Freileitung oder für eine Strasse ins Feld geführt werden können ( BGE 97 I 583 Erw. 4, BGE 98 Ib 216 , BGE 99 Ib 79 ). Im Ergebnis steht dann jeweils eine Abwägung entgegenstehender öffentlicher Interessen im Vordergrund, und die Enteigneten dringen mit ihrer Beschwerde durch, wenn die von ihnen verfochtenen öffentlichen Interessen gegebenenfalls zusammen mit den von ihnen vertretenen privaten Interessen schwerer wiegen als die vom Enteigner vertretenen öffentlichen Interessen. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten, und die von BGE 100 Ib 404 S. 409 den Beschwerdeführern gerügten Verletzungen von Bundesrecht sind vollumfänglich zu prüfen. 2. Die richtige Anwendung der in Betracht fallenden bundesrechtlichen Vorschriften verlangt, wie erwähnt, vor allem eine Interessenabwägung zwischen mehreren unter sich im Widerstreit liegenden schutzwürdigen öffentlichen Interessen. Die Leitung tangiert zwar kein Schutzobjekt von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 6 NHG , führt aber durchaus durch eine reizvolle Landschaft, die als Ausflugs- und Erholungsgebiet dient und deshalb auf jeden Fall möglichste Schonung im Sinne von Art. 3 NHG beanspruchen kann. Auch wenn die Kantonsregierung für das Gebiet keine besondere Heimatschutzverordnung wie in den Fällen des Eigentals ( BGE 94 I 52 ) und des Bachsertals ( BGE 96 I 234 ) erlassen hat, handelt es sich doch um ein "Gebiet mittlerer Schutzwürdigkeit", ähnlich wie dies in BGE 99 Ib 84 für das Reusstal-Heitersberggebiet (ausserhalb des KLN-Objektes 2.35) und in BGE 97 I 648 für die Jurahöhen im Einzugsgebiet der Agglomeration Basel angenommen wurde. Das Interesse am Schutz dieser Landschaft steht dem Interesse an einer möglichst sicheren und preisgünstigen Energieversorgung gegenüber. Die Abwägung dieser Interessen ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüft. Bei der Würdigung der technischen Aspekte gesteht es den Verwaltungsbehörden freilich einen gewissen Spielraum zu; es greift nur ein, wenn der Sachverhalt durch die Vorinstanz unvollständig oder unrichtig abgeklärt wurde oder wenn Ermessensmissbrauch oder Ermessensüberschreitung vorliegt ( BGE 98 Ib 216 , BGE 99 Ib 79 ). An die Tatbestandsabklärung sind freilich hohe Anforderungen zu stellen; denn gerade dort, wo öffentliche Interessen aufeinanderstossen, ist nur auf Grund einer möglichst umfassenden Abklärung der Auswirkungen eines Entscheides - auch unter dem Gesichtspunkt des Präjudizes - ein sorgfältiges Gewichten überhaupt möglich (vgl. dazu GEORG MÜLLER, Interessenabwägung im Verwaltungsrecht, ZBl 73/1972, S. 337 ff., insbes. S. 338 Fussnote 3 und S. 351 f.). 3. Gemäss Art. 1 ff. des Bundesbeschlusses vom 17. März 1972 über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung (BMR) hatten die Kantone ohne Verzug "provisorische Schutzgebiete" zu bezeichnen, deren Besiedlung und Überbauung aus Gründen des Landschaftsschutzes, BGE 100 Ib 404 S. 410 zur Erhaltung ausreichender Erholungsräume und zum Schutze vor Naturgewalten vorläufig einzuschränken oder zu verhindern ist. Gemäss Art. 4 BMR dürfen in den provisorischen Schutzgebieten weder Bauten noch Anlagen bewilligt werden, die dem Planungszweck entgegenstehen. In den Gebieten, die aus Gründen des Landschaftsschutzes oder für die Erhaltung von Erholungsraum ausgeschieden werden, dürfen nur land- und fortstwirtschaftliche sowie andere standortbedingte Bauten bewilligt werden. Diese dürfen das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Weitere Bauten können ausnahmsweise unter Vorbehalt der Aufsichtsrechte des Bundes bewilligt werden, wenn der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist und kein öffentliches Interesse entgegensteht. Doch bleibt nach Art. 4 Abs. 4 BMR auf jeden Fall die Spezialgesetzgebung des Bundes vorbehalten. Der Kanton Zürich hat durch Vollziehungsverordnung vom 29. November 1972 den grössten Teil des Kantonsgebietes, der nicht anders eingezont ist, als provisorisches Schutzgebiet erklärt, darunter auch das Gebiet, durch welches die strittige Freileitung führt. Die Beschwerdeführer glauben nun, die strittige Freileitung sei eine standortbedingte Baute oder "eine weitere Baute" im Sinne von Art. 4 Abs. 3 BMR, die nicht bewilligt werden dürfe, weil sie das Landschaftsbild beeinträchtige. Die von der Vorinstanz vorgenommene Interessenabwägung, auf die auch in der vorangehenden Erw. 2 Bezug genommen wird, sei deshalb gar nicht zulässig. Vielmehr müsse die Bewilligung stets verweigert werden, wenn das Landschaftsbild beeinträchtigt werde; dies sei hier eindeutig der Fall. Die Beschwerdeführer weisen freilich selber darauf hin, dass Art. 4 Abs. 4 BMR die Spezialgesetzgebung vorbehält. Sie sind jedoch der Ansicht, dass dieser Vorbehalt im vorliegenden Falle nicht zur Anwendung kommt. Als spezielle Bestimmungen für die Errichtung elektrischer Freileitungsmasten fallen in Betracht - einerseits Art. 3 NHG : Darnach haben die Bundesbehörden bei der Erteilung von Enteignungsrechten dafür zu sorgen, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild geschont und, wo das öffentliche Interesse überwiegt, ungeschmälert erhalten bleibt; - anderseits Art. 9 EntG in Verbindung mit Art. 49/50 ElG: Darnach sind Naturschönheiten, soweit möglich, zu erhalten BGE 100 Ib 404 S. 411 und die Werke so auszuführen, dass sie das Landschaftsbild möglichst wenig stören. Dieser Grundsatz wird für Freileitungen in Art. 72 der Verordnung betreffend Starkstromanlagen nochmals ausdrücklich wiederholt. Nach diesen gesetzlichen Bestimmungen ist die Erstellung von Freileitungen auch in Landschaften mit einer gewissen Schutzwürdigkeit nicht ausgeschlossen. Die Beschwerdeführer glauben nun aber, dass das neue Recht des BMR den Landschaftsschutz verstärkt und nun in allen Fällen, wo Freileitungen das Landschaftsbild in provisorischen Schutzgebieten beeinträchtigen, deren Erstellung ausgeschlossen habe. Diese Auffassung ist jedoch nicht haltbar, und auch die diesbezüglichen Hinweise in der Beschwerdeschrift auf die Gesetzesmaterialien gehen fehl. Über Sinn und Tragweite von Art. 4 Abs. 4 BMR lässt sich den Beratungen der Eidg. Räte nichts Zuverlässiges entnehmen; die Diskussion im Nationalrat bezog sich im wesentlichen auf die Fassung von Art. 4 Abs. 3 BMR (im Entwurf Abs. 2). Dabei erwähnte Nationalrat Binder beiläufig die Starkstromleitung im Gebiete des Reusstals, an der ein öffentliches Interesse bestehe (StenBull NR 1972, S. 242). Eine solche Äusserung eines Ratsmitgliedes genügt jedoch keineswegs, um anzunehmen, dass die elektrischen Leitungen unter Art. 4 Abs. 3 BMR und nicht unter die Spezialgesetzgebung fallen. Die Botschaft zum BMR erwähnt als ein Beispiel von Bauten, die unter die Spezialgesetzgebung fallen, "gewisse militärische Bauten", die von den Einschränkungen des Art. 4 BMR ausgenommen sein müssten (BBl 1972 I 512). In der Tat wird man annehmen müssen, dass der Bund weiterhin ohne kantonale Bewilligung militärische Bauten und Anlagen in provisorischen Schutzgebieten errichten kann. Doch ist dies nur ein Beispiel für eine unter Art. 4 Abs. 4 BMR fallende Ausnahme. Welche weitern Bauten und Anlagen nach der Spezialgesetzgebung des Bundes keiner kantonalen Bewilligung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BMR bedürfen und auch nicht unter die Einschränkungen von Abs. 3 fallen, muss durch Auslegung bzw. nach dem Sinn und Zweck des BMR bestimmt werden. Der BMR will auch Gegenden, die nicht zu den Landschaften von ausgesprochener Naturschönheit zählen, jedoch als Erholungsgebiet benötigt werden, vor einer unkontrollierten Bautätigkeit schützen und diesbezüglich einen zusätzlichen Schutz über das Gewässerschutzgesetz hinaus BGE 100 Ib 404 S. 412 schaffen (Botschaft zum BMR, BBl 1972 I 503). Nichts deutet jedoch darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber mit dem BMR auch eine Verkabelungspflicht der Elektrizitätswerke in den provisorischen Schutzgebieten habe anordnen wollen. Ein dahingehender Wille hätte im Gesetz und in den Materialien klar zum Ausdruck gebracht werden müssen, was nicht der Fall ist. Die Frage, ob und wann eine Verkabelungspflicht für elektrische Leitungen besteht, beurteilt sich also nach wie vor ausschliesslich nach den einschlägigen Vorschriften des NHG, des EntG und des ElG. Es ist im vorliegenden Falle somit grundsätzlich eine ähnliche Interessenabwägung vorzunehmen wie in BGE 99 Ib 78 Erw. 3-7 betreffend die Überspannung des Reusstals durch eine 220 kV-Leitung. Ein gewisser Unterschied besteht insofern, als im vorliegenden Falle nur eine 50 kV-Leitung zu beurteilen ist. Doch ist die Absicht der NOK mit in Betracht zu ziehen, die Leitung später auf 110 kV umzubauen. 4. Da die Frage der Verkabelung von Hochspannungsleitungen die Öffentlichkeit ständig beschäftigt, hielt es das Bundesgericht für angezeigt, über die technischen und finanziellen Auswirkungen einer Verkabelung der hier streitigen 50 kV-Leitung ein Gutachten einzuholen und sowohl den Parteien als auch weiteren Interessierten, nämlich der Eidg. Justizabteilung, der Abteilung Natur- und Heimatschutz des Oberforstinspektorates, der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission und der Baudirektion des Kantons Zürich Gelegenheit zu geben, sich am Augenschein zu den strittigen Fragen zu äussern. a) Hinsichtlich der Betriebssicherheit führte der Experte aus, dass zwar mit Bezug auf 50 kV-Leitungen mehr Erfahrungen bestünden als mit Bezug auf 220 kV-Leitungen, aber auch bei 50 kV-Leitungen habe die Fabrikation nach dem neuesten Stand der Technik bisher noch nicht einen so hohen Grad an Sicherheit erreicht, dass diese Kabel bedenkenlos eingesetzt werden könnten. Bei den neuerdings mehr und mehr verlegten Polyäthylen-Kabeln bestehe zwar keine Gefahr mehr für Risse oder Löcher im Bleimantel, doch könnten geringste Einschlüsse in der Kunststoffmasse (Gasblasen und Unreinigkeiten) Durchschläge zur Folge haben. Bisher seien diese Kunststoffkabel nur vereinzelt für Spannungen über 30 kV BGE 100 Ib 404 S. 413 eingesetzt worden. Auch würden immer wieder Kabel durch Bauarbeiten beschädigt. Sehr häufig seien Endverschlüsse und Muffen Ursachen von Störungen. Da die Kabel in Abschnitten von 500 bis höchstens 1000 m Länge verlegt werden müssten, nehme die Störungsanfälligkeit solcher Kabel mit zunehmender Länge zu, und die Verkabelung der gesamten Strecke, wie sie von den Beschwerdeführern gefordert werde, führe deshalb notwendigerweise zu einer Verminderung der Betriebssicherheit. Hinsichtlich der Schadenshäufigkeit ergebe sich aus deutschen Statistiken, dass bei 60 kV-Leitungen 3,04 Schäden auf 100 km Kabelleitung und 1,79 Schäden auf 100 km Freileitung festgestellt worden seien (1970). Bei niedrigeren Spannungen lägen die Zahlen umgekehrt - höhere Zahl der Schadensfälle bei Freileitungen. Wichtiger als die etwas grössere Schadenshäufigkeit bei Kabelleitungen ist jedoch der Umstand, dass bei Kabelleitungen mit einer wesentlich längeren Dauer des Stromausfalles und einer wesentlich längeren Reparaturdauer gerechnet werden muss. Die Zuleitung zum Unterwerk Stäfa ist zweisträngig. Bei zweisträngigen Leitungen kann, so führt der Experte aus, oft durch blosse Umschaltung die Störung der Stromversorgung sofort behoben werden, sofern nur ein Strang von der Störung betroffen ist. Bei der Zuleitung zum Unterwerk Stäfa setzt dies aber voraus, dass auf dem zweiten Strang vom Unterwerk Thalwil her eine genügende Leistung zur Verfügung steht; andernfalls braucht es eine Intervention der Störequipe, um die halbe Leistung von der andern Zuleitung her zu übertragen, und dann ist mit einem Zeitaufwand von einer Stunde bis mehreren Stunden zu rechnen, bis der Stromunterbruch behoben werden kann. Zudem ist in einem solchen Fall die Leistung des einen Stranges um 50% seiner Normalleistung reduziert. Kommt es zu einem Schaden in beiden Strängen - z.B. infolge von Bauarbeiten oder bei einem massiven Kurzschluss in einem Muffenschacht -, so deckt sich die Dauer des Stromausfalles mit der Dauer der Reparaturarbeiten. Diese dauern nach den Ausführungen des Experten bei Freileitungen nur kurze Zeit (1 bis maximal wenige Stunden). Bei Kabeln betrage dagegen die Reparaturdauer in der Regel mehrere Tage, da gegebenenfalls ein neues Kabel eingeschoben BGE 100 Ib 404 S. 414 werden müsse. In Extremfällen könne die Schadensbehebung mehrere Wochen beanspruchen. Dazu komme, dass oft die Ermittlung des Schadensortes eine recht zeitraubende Arbeit sei. Der Experte hat umfassende Erhebungen über die Ausfallzeiten und damit indirekt auch über die Reparaturzeiten im 50 kV-Kabelnetz verschiedener schweizerischer Kraftwerke durchgeführt. Selbst wenn ein Reservekabel bereitliege und der Störungsdienst bestens organisiert sei, könne die gesamte Reparaturzeit nicht unter zwei bis drei Tage herabgesetzt werden. Wenn man mit einem 50 kV-Kabelnetz eine ähnlich hohe Versorgungssicherheit erreichen wolle wie mit einem 50 kV-Freileitungsnetz, müsste das Netz "vermascht" werden, d.h. die Unterstation müsste mindestens von zwei verschiedenen Seiten her eingespeist werden. So werde auch bei städtischen Netzen, wo die Verkabelung unvermeidlich sei, vorgegangen. In städtischen Verhältnissen lasse sich dies angesichts der "Energiedichte" auch finanziell verantworten, zumal die Distanzen mindestens relativ kurz seien. Bei Überlandnetzen wären jedoch die Kosten mit Rücksicht auf die grösseren Distanzen sehr viel erheblicher. Die Betriebssicherheit eines Kabels Mittlisberg-Unterwerk Stäfa könnte freilich erhöht werden, wenn die beiden Kabel auf der ganzen Strecke in zwei getrennten Trasses geführt würden. Dies bringe jedoch eine Verteuerung von 30-40% mit sich. Aus diesen Ausführungen des Experten, denen sich das Bundesgericht anschliesst, folgt also, dass eine betriebssichere Einspeisung des Unterwerks Stäfa durch 50 kV-Kabel möglich wäre, doch würde sich aus der Notwendigkeit der Verlegung der zwei Kabelstränge in zwei getrennten Gräben eine Kostenerhöhung ergeben, die noch über die Annahme des EVED hinausginge. b) Müsste die NOK die strittige Strecke lediglich im Sinne eines absoluten Ausnahmefalles verkabeln, so wären die auf die Stromkonsumenten zu überwälzenden Mehrkosten durchaus tragbar. Die NOK hat jedoch mit Recht eingewendet, dass die präjudizielle Wirkung einer solchen Entscheidung nicht übersehen werden dürfe. Wenn sich im vorliegenden Falle aus einer richtigen Anwendung des Bundesrechts eine Verkabelungspflicht ergäbe, müsste auch in zahlreichen BGE 100 Ib 404 S. 415 andern Fällen verkabelt werden, und dadurch entstände eine Mehrbelastung der Elektrizitätswerke, die den Energieverbrauchern nicht zugemutet werden könne. Das Bundesgericht hat deshalb dem Experten die Frage gestellt, wie sich eine Verkabelungspflicht in allen Fällen, die ähnlich dem vorliegenden liegen, auf die Verbraucherpreise für elektrische Energie auswirken würde. Mit diesen finanziellen Auswirkungen einer Verkabelungspflicht hat sich das Bundesgericht bereits in BGE 99 Ib 81 Erw. 4 befasst, doch wurde die Frage nun noch wesentlich gründlicher untersucht. Der Experte führt aus, dass im Sommer 1974 für eine zweisträngige Freileitung auf Betonmasten mit einer Übertragungsleistung von 130-140 MVA mit Kosten von ca. Fr. 220 000.-- je km gerechnet werden müsse. Eine Kabelleitung von gleicher Länge (ebenfalls mit zwei Strängen) komme auf Fr. 1 200 000.-- zu stehen, also ca. 1 Mio Franken teurer pro km Doppelstrang. Die Mehrkosten betragen somit - vereinfacht - rund Fr. 500 000.-- pro Strang und pro km. Der Experte hält dafür, dass für die Umrechnung auf die Jahreskosten 9% der investierten Mittel für Zins und Amortisation und 2% für Betriebs- und Unterhaltskosten einzusetzen seien. Insgesamt sind also 11% von Fr. 500 000.-- als zusätzliche Jahreskosten pro km Einstrangleitung zu rechnen. Der Experte ist dann weiter so vorgegangen, dass er durch eine Umfrage bei einer Mehrzahl von Elektrizitätswerken abzuklären versuchte, in welchem Umfange die befragten Werke in den kommenden zehn Jahren neue 50 kV-Leitungen zu bauen beabsichtigen und mit welcher Energieabgabe zu rechnen sei, wenn der Verbrauch jährlich um 6% zunimmt. Der Experte hat so einen Faktor Q ermittelt, bei dem er die gesamte im neu zu erstellenden Netz zu übertragende Energie in Bezug zur neuen Leitungslänge (Stranglänge) setzte. Es ergab sich für die befragten Elektrizitätswerke ein mittlerer Q-Wert von 5,66 x 106 kWh/km. Der Experte fand dann die mutmassliche Energiepreiserhöhung, indem er die Jahreskosten je km (11% von Fr. 500 000.--) durch diesen Faktor Q teilte. Dies ergab eine Energiepreiserhöhung von 0,97 Rp./k Wh. Da der Durchschnittspreis der elektrischen Energie für den Endverbraucher mit 9,1 Rp./kWh anzunehmen ist (Ansatz 1971/72 gemäss Bericht des Eidg. Amtes für Energiewirtschaft), bedeutet ein Aufschlag um 0,97 Rp. eine prozentuale BGE 100 Ib 404 S. 416 Erhöhung des Energiepreises beim Verbraucher um 10,66%, wenn in Zukunft das gesamte 50 kV-Netz verkabelt werden müsste. Der Experte hat dann weiter berücksichtigt, dass das Gebiet am Pfannenstiel, durch welches die Leitung führt, nach den Beobachtungen des Bundesgerichtes am Augenschein zu den Gebieten mittlerer Schutzwürdigkeit zu rechnen ist. Eine Verkabelungspflicht der Beschwerdegegnerin für die Freileitung am Pfannenstiel und in ähnlichen Fällen würde in Zukunft zwar keine vollumfängliche, aber doch eine sehr weitgehende Verkabelungspflicht der Elektrizitätswerke nach sich ziehen. Da ein häufiger Wechsel zwischen Kabelleitung und Freileitung aus technischen Gründen möglichst zu vermeiden ist, hält der Experte dafür, dass im Falle einer Gutheissung der vorliegenden Beschwerde in Zukunft ca. 70-80 % aller neu zu erstellenden 50 kV-Leitungen verkabelt werden müssten. Dies würde beim Verbraucher zu einer Erhöhung des Strompreises von 7,5-8.5 % führen. Der Experte macht aber darauf aufmerksam, dass eine weitgehende Verkabelungspflicht noch zu wesentlich höheren Kosten Anlass gäbe, die mit einer Erhöhung des Strompreises um 7,5-8,5% noch nicht abgedeckt wären. Zu berücksichtigen sei, dass zahlreiche bestehende 50 kV-Leitungen in den nächsten Jahren auf 110 bzw. 132 kV umgebaut werden sollen. Sodann könnte selbstverständlich in Zukunft auch eine Verkabelung der 16 kV-Leitungen in den Erholungsgebieten gefordert werden. Ferner entständen Mehrkosten infolge von Trasseverlängerungen (möglichst ebene Verlegung der Kabel) und anderer zusätzlicher Massnahmen. Schliesslich würde die oben erwähnte technisch gebotene "Vermaschung" beträchtliche zusätzliche Kabelleitungen nötig machen. Der Experte hält dafür, dass diese zusätzlichen Kosten möglicherweise noch stärker ins Gewicht fallen als die zunächst betrachteten reinen Verkabelungsmehrkosten. Für einen Verkabelungsgrad von 70-80% schätzt deshalb der Experte die Mehrkosten insgesamt auf 20-30% des Strompreises. Bei einer Verkabelung aller 50 kV-Leitungen würden die Mehrkosten auf 29-37% steigen, und bei einer Beschränkung der Verkabelung auf 20-30% des Leitungsnetzes würden sie sich in der Grössenordnung von 6-11% des Strompreises halten. Eine allgemeine Verkabelung der neuen Leitungen in der Schweiz würde nach BGE 100 Ib 404 S. 417 Auffassung des Experten in den nächsten zehn Jahren Mehrinvestitionen in der Grössenordnung von 2,5-3,5 Md. Franken erfordern, einen Betrag, der ganz auf den Strompreis umgelegt werden müsste. Es ist klar, dass insbesondere die Zahlen des Experten über die "zusätzlichen Kosten" nur grobe Schätzungen sein können. Doch genügen solche grobe Schätzungen durchaus, um die finanzielle Tragweite einer weitgehenden Verkabelungspflicht für die schweizerische Energiewirtschaft zu erkennen. Diese finanziellen Auswirkungen dürfen und müssen bei einer bundesrechtskonformen Abwägung zwischen den beiden öffentlichen Interessen des Landschaftsschutzes einerseits, einer möglichst sicheren und preisgünstigen Energieversorgung anderseits in die Waagschale geworfen werden. Das Ergebnis der Expertise zeigt eindeutig, dass mindestens beim heutigen Stande der Technik und unter Berücksichtigung der für die nächsten Jahre zu erwartenden technischen Weiterentwicklung in einem hochindustrialisierten Staatswesen gewisse Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes auch durch neue Freileitungen in Kauf genommen werden müssen. Derartige Freileitungen verstossen deshalb nicht gegen das Natur- und Heimatschutzgesetz und gegen das Enteignungsgesetz. Das EVED erfüllt somit durchaus die ihm durch das EntG und das NHG überbundene Pflicht, für eine Schonung des Landschaftsbildes zu sorgen, wenn es sorgfältig überprüft, ob die von den Elektrizitätswerken geplanten Freileitungen sich bestmöglich in das Landschaftsbild einpassen. Im hier zu beurteilenden Falle hat der Augenschein gezeigt, dass die Ingenieure der Beschwerdegegnerin bestrebt waren, diesem Postulat tunlichst nachzukommen. Die Beschwerdeführer haben denn auch im Verfahren vor Bundesgericht nicht mehr geltend gemacht, dass eine bessere Linienführung möglich sei. Es muss somit mindestens für 50 kV-Leitungen und noch höher gespannte Leitungen bei der Rechtsprechung von BGE 99 Ib 70 bleiben, wonach sich aus dem NHG nur bei besonders schützenswerten Objekten aus dem Bundesrecht eine Verkabelungspflicht ergeben kann, und auch dann sind alle Umstände des Einzelfalles mit in Betracht zu ziehen ( BGE 99 Ib 85 Erw. 7). 5. Das Bundesgericht hat nicht Stellung zu nehmen zur Frage, ob die Beschwerdegegnerin von Bundesrechts wegen BGE 100 Ib 404 S. 418 hätte verpflichtet werden können, das östliche Teilstück zu verkabeln, wie sie dies getan hat. Zwar haben es einige der Beschwerdeführer offenbar als rechtsungleiche Behandlung empfunden, dass die Beschwerdegegnerin nicht die ganze Strecke einheitlich - sei es als Kabelleitung, sei es als Freileitung - gebaut hat. Die Beschwerdegegnerin hat die Verkabelung des östlichen Teils damit begründet, dass eine Freileitung auf der Langholzhöhe stärker in Erscheinung träte als im westlichen Teil entlang den Waldrändern. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls können die Beschwerdeführer nicht mehr fordern, als dass das Enteignungsverfahren, soweit es ihr Grundeigentum betrifft, bundesrechtskonform durchgeführt wird. Wenn die Beschwerdegegnerin in einem Nachbarabschnitt ein Mehreres im Interesse des Landschaftsschutzes getan hat, war dies ihre Sache. 6. Im Enteignungsverfahren trägt im allgemeinen der Enteigner die Gerichtskosten, einschliesslich der Parteientschädigung an die Enteigneten. Auch wenn die Enteigneten im vorliegenden Falle unterliegen, besteht kein Anlass, von dieser Grundregel des Art. 116 EntG abzuweichen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
440a53b8-7ad3-4de9-99bf-2cee5f386e66
Urteilskopf 88 IV 37 11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1962 i.S. Riedener gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 1 Abs. 1 und 2 BRB über die Höchstgeschwindigkeit der Motorfahrzeuge vom 8. Mai 1959 (Fassung gemäss BRB vom 24. Mai 1960). Die Kantone sind nach Bundesrecht nicht verpflichtet, Beginn und Ende einer Höchstgeschwindigkeitsstrecke, die sich über das Gebiet zweier aneinander grenzender Ortschaften hinzieht, zwischen den beiden Ortschaften neu zu signalisieren.
Erwägungen ab Seite 37 BGE 88 IV 37 S. 37 Aus den Erwägungen: Art. 1 des Bundesratsbeschlusses über die Höchstgeschwindigkeit der Motorfahrzeuge vom 8. Mai 1959 (BRB 1959; AS 1959, 445), teilweise abgeändert durch Bundesratsbeschluss vom 24. Mai 1960 (BRB 1960; AS 1960, 482), bestimmt, dass die Höchstgeschwindigkeit für Motorfahrzeuge in den Ortschaften 60 km/Std. beträgt, wenn nicht auf bestimmten Strecken eine andere Geschwindigkeitsgrenze signalisiert ist (Abs. 1), und dass Beginn und Ende der Innerorts-Höchstgeschwindigkeit auf den Hauptstrassen mit Vortrittsrecht und auf wichtigern Nebenstrassen durch die Signale "Höchstgeschwindigkeit" (Nr. 17 der Verordnung über die Strassensignalisation) und "Ende der Höchstgeschwindigkeit" angezeigt werden (Abs. 2). Beginn und Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung in Ortschaften werden demnach nicht durch die Ortschaftstafeln, BGE 88 IV 37 S. 38 sondern durch besondere Beschränkungssignale angegeben. Die Ortschaftstafeln wurden hiezu nur vorübergehend verwendet (Art. 1 Abs. 2 BRB 1959). Anders als Art. 16 des Bundesratsbeschlusses vom 3. März 1953 über die Einführung neuer Strassensignale (vgl. BGE 84 IV 53 ) schreibt die neue Bestimmung auch ausdrücklich vor, dass sowohl der Beginn wie das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung zu signalisieren sind. Das will indes nicht heissen, dass Beginn und Ende einer Höchstgeschwindigkeitsstrecke, die sich über das Gebiet zweier aneinander grenzender Ortschaften hinzieht, zwischen den beiden Ortschaften neu signalisiert werden müssten. Wohl ist in Art. 1 BRB 1959 nur von der Höchstgeschwindigkeit in den Ortschaften die Rede; dies besagt jedoch bloss, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung nur in den Ortschaften gilt, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers aber nicht auch, dass die Beschränkung ausgangs einer Ortschaft in jedem Falle ende und in der nächsten selbst dann neu bestimmt und signalisiert werden müsse, wenn die der Geschwindigkeitsbeschränkung unterliegenden Strecken beider Ortschaften einander ablösen. Wo zwei Ortschaften durch Siedlungen derart miteinander verbunden sind, dass einer dichtbebauten Zone der einen unmittelbar eine solche der andern folgt, ist übrigens auch vom Gesichtspunkt einer vernünftigen Verkehrsregelung nicht einzusehen, warum die Geschwindigkeitsgrenze nicht gleichzeitig für beide Ortschaften sollte signalisiert werden können. Ein Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit" zwischen solchen Ortschaften aufzustellen, dürfte von vorneherein ausser Betracht fallen, weil dieses nach Art. 8 Abs. 3 BRB 1959 nur vor Strecken angebracht wird, für die weder die Höchstgeschwindigkeit gemäss Art. 1 des Beschlusses noch eine von den zuständigen Behörden verfügte Geschwindigkeitsgrenze gilt. In einem solchen Falle kann es höchstens darum gehen, das Signal Nr. 17 eingangs der zweiten Ortschaft zu wiederholen. Wo sich eine Geschwindigkeitsbeschränkung über BGE 88 IV 37 S. 39 mehrere Ortschaften erstreckt, also eine längere Höchstgeschwindigkeitsstrecke in Frage steht, kann dies unter Umständen angezeigt sein, um den Motorfahrzeugführer, namentlich den ortsunkundigen, vor Unsicherheit und voreiligen Schlüssen zu bewahren; an der grundsätzlichen Regelung, wonach eine einmal signalisierte Geschwindigkeitsgrenze solange nicht überschritten werden darf, als sie nicht durch das Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit" aufgehoben ist, würde jedoch auch dadurch nichts geändert. Dagegen vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf Art. 8 Abs. 1 BRB 1960 nicht aufzukommen. Wohl sind nach dieser Vorschrift die Signale "Höchstgeschwindigkeit" und "Ende der Höchstgeschwindigkeit" unmittelbar beim Beginn und Ende des dichtbebauten Ortschaftsgebietes anzubringen, um die Höchstgeschwindigkeitsstrecken möglichst kurz zu halten. Der Sinn der Bestimmung kann indes nicht der sein, Höchstgeschwindigkeitsstrecken zweier Ortschaften selbst dann getrennt mit den fraglichen Beschränkungssignalen zu versehen, wenn sie einander ablösen. Ebensowenig ist es geboten, eine Strecke, die zunächst durch dichtbesiedeltes, dann aber vorübergehend durch dünnbebautes Ortschaftsgebiet führt, für letzteres von der Geschwindigkeitsbeschränkung auszunehmen, ganz abgesehen davon, dass dies angesichts der in Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BRB 1959 enthaltenen Vorschrift schwerlich zu bewerkstelligen wäre und zu einer unerwünschten Häufung von Signalen führen müsste. Hier wie dort kann es sich vielmehr bloss fragen, ob eine Wiederholung des Signals Nr. 17 angezeigt erscheint. Darüber zu entscheiden, muss den für die Strassensignalisation zuständigen Behörden anheimgestellt bleiben.
null
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
440c281d-c969-44f9-830d-4d4144e22f1e
Urteilskopf 138 III 219 34. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. AG e B. GmbH contro C. Establishment (ricorso in materia civile) 5A_120/2011 del 30 gennaio 2012
Regeste Art. 17 und 260 SchKG ; Beschwerde gegen die Entscheidung, eine Forderung, auf welche die Masse verzichtet hat, erneut zur Abtretung anzubieten. Legitimation der Gläubiger zur Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG (E. 2). Grundsätzlich kann die Konkursverwaltung, ausgehend von der Verzichtserklärung an der ersten Gläubigerversammlung, eine Forderung anlässlich der zweiten Gläubigerversammlung erneut zur Abtretung anbieten (E. 3.3 und 3.4).
Sachverhalt ab Seite 219 BGE 138 III 219 S. 219 A. La società germanica A. AG ha convenuto D. SA avanti ad un tribunale arbitrale in Germania. Appreso che era stato decretato il fallimento di D. SA, il presidente del tribunale arbitrale tedesco ha assegnato all'amministrazione del fallimento un termine scadente il 1° aprile 2010 per presentare l'allegato di risposta. Vista l'urgenza, la questione è stata sottoposta alla prima adunanza dei creditori tenutasi il 26 febbraio 2010 che ha deciso di rinunciare a stare in lite come massa nel procedimento BGE 138 III 219 S. 220 arbitrale. Nessun creditore ha chiesto entro il termine impartito (22 marzo 2010) la cessione del diritto cui aveva rinunciato la massa. In occasione della seconda assemblea dei creditori del 22 novembre 2010, sei creditori hanno chiesto di ridiscutere la rinuncia della massa a stare in lite nel procedimento arbitrale e di nuovamente porre in cessione il diritto di subentrare nella lite. L'amministrazione del fallimento ha ritenuto vincolante la decisione di rinuncia della prima assemblea dei creditori, ma ha riproposto una nuova cessione. C. Establishment ha chiesto seduta stante la cessione del diritto di subentrare nella lite. B. Con sentenza 2 febbraio 2011 la Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, quale autorità di vigilanza, ha dichiarato irricevibile - e in ogni modo infondato nel merito - il ricorso di A. AG e B. GmbH contro la decisione dell'amministrazione del fallimento di rimettere in cessione il diritto di subentrare in lite nel procedimento arbitrale. C. A. AG e B. GmbH hanno adito il Tribunale federale con ricorso in materia civile del 14 febbraio 2011 ribadendo la richiesta di annullare la decisione dell'amministrazione del fallimento. C. Establishment ha postulato la reiezione del ricorso. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso. (riassunto) Erwägungen Dai considerandi: 2. 2.1 L'autorità inferiore ha negato alle ricorrenti una legittimazione ai sensi dell' art. 17 LEF . Ha ritenuto che seppur i creditori abbiano il diritto di esigere una gestione del fallimento conforme alla legge, ed in questa misura siano legittimati a ricorrere, essi debbano comunque giustificare un interesse proprio, attuale, pratico e degno di protezione nel caso concreto. Ciò non sarebbe il caso, visto che l'assunzione del ruolo di parte convenuta nel procedimento arbitrale in corso può essere soltanto di vantaggio agli altri creditori. Né tale interesse del creditore può essere scorto nello svolgimento accelerato della procedura giudiziaria nel merito, garantito dalle norme procedurali che la disciplinano, quand'anche tale creditore sia contemporaneamente la controparte del procedimento di merito. 2.2 Le ricorrenti adducono, a sostegno della loro tesi di ammissibilità del loro gravame ai sensi dell' art. 17 LEF , di avere, in quanto creditrici ammesse in graduatoria, un interesse degno di protezione BGE 138 III 219 S. 221 che la procedura di fallimento (e non la procedura arbitrale) si svolga in conformità della legge, in particolare che essa non subisca inutili ritardi a causa di irregolari iniziative da parte di altri creditori. L'opponente, dal canto suo, si associa all'opinione espressa dalla Corte cantonale: ritiene in particolare che le ricorrenti agiscano allo scopo di intralciare la legittima tutela dei suoi interessi nell'ambito del procedimento arbitrale, ciò che non costituirebbe un interesse degno di protezione. Peraltro, la decisione di cedere il diritto di subentrare in lite nel procedimento arbitrale pendente in Germania non avrebbe avuto alcuna incidenza sulle tempistiche di conduzione della procedura fallimentare svizzera, ritardata per contro dalla presente procedura ricorsuale. 2.3 La legittimazione a presentare ricorso deve essere riconosciuta ad ogni persona toccata nei propri interessi giuridicamente protetti o perlomeno fattuali da una misura di un organo esecutivo ( DTF 129 III 595 consid. 3). Così, ogni creditore ha diritto che gli atti d'amministrazione del fallimento avvengano in conformità della legge e delle ordinanze vigenti in materia; in caso di inosservanza di queste prescrizioni, egli è senz'altro legittimato a presentare ricorso ex art. 17 LEF ( DTF 119 III 81 consid. 2; v. ad es. sentenza 5A_405/2008 del 30 settembre 2008 consid. 2.3, in Pra 2009 n. 23 pag. 129, a proposito della legittimazione del creditore a contestare la conta dei creditori presenti alla prima assemblea). Certo il ricorso deve perseguire un interesse concreto: la sentenza impugnata deve avere effetti negativi per il ricorrente, ragione per la quale egli è interessato alla sua modifica ( DTF 120 II 5 consid. 2a con rinvii; sentenza 5A_720/2007 del 24 aprile 2008 consid. 2.2). Con questo argomento, il Tribunale federale ha negato la legittimazione a ricorrere contro una misura divenuta nel frattempo irrevocabile (sentenza 7B.25/2004 del 19 aprile 2004 consid. 2.3) oppure contro la mancata determinazione di un importo per il mantenimento personale del ricorrente a fronte di un sequestro penale che ne impedisce comunque il versamento ( art. 44 LEF ; sentenza 7B.112/2006 del 13 novembre 2006 consid. 4.3), o ancora contro la determinazione del minimo vitale del ricorrente, quando il calcolo dell'Ufficio di esecuzione è errato a suo favore (sentenza 7B.240/2001 del 18 dicembre 2001 consid. 2). Per contro, il Tribunale federale ha stabilito che il creditore a beneficio di procure conferitegli da altri creditori ha senz'altro un interesse degno di protezione a ricorrere contro il rifiuto di riconoscere la validità di tali procure, dato che tale elemento influisce sul calcolo dei creditori presenti o rappresentati ad un'assemblea, e BGE 138 III 219 S. 222 dunque sulla votazione ( DTF 86 III 94 consid. 4; sentenza 5A_405/2008 del 30 settembre 2008 consid. 2.3, in Pra 2009 n. 23 pag. 129). 2.4 Qui ricorrenti sono le creditrici di due crediti ammessi nel procedimento fallimentare di D. SA; da un punto di vista astratto, esse soddisfano pertanto le esigenze richieste al creditore che intende prevalersi di presunte irregolarità nella gestione del fallimento ( art. 252 cpv. 1 LEF ; DTF 90 III 86 consid. 1; 53 III 107 ; PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 2001, n. 27 ad art. 253 LEF ). Ciò vale anche con riguardo ad A. AG, poiché il diritto di stare in lite di cui è discorso qui riguarda una pretesa ancora estranea al fallimento e la DTF 90 III 86 consid. 1 non appare pertinente, contrariamente a quanto ritenuto dalla Corte cantonale. Controversa è invece l'esistenza di un interesse attuale e concreto. Partendo dal duplice presupposto che l'amministrazione del fallimento rispettivamente la massa del fallimento D. SA ha definitivamente rinunciato a qualsiasi beneficio che sarebbe potuto derivare da una partecipazione alla procedura arbitrale germanica, e che le ricorrenti non contestano la validità della rinuncia della massa adottata nella prima adunanza dei creditori, la Corte cantonale considera che la sopravvenienza di un nuovo creditore cessionario può solo essere di beneficio per la massa, poiché qualora la cessionaria dovesse opporsi con successo all'azione di A. AG in Germania, la sua situazione finanziaria non potrebbe comunque aggravarsi. Ora, a prescindere dal fatto che pare difficile affermare - come fa la Corte cantonale - che le ricorrenti non abbiano contestato la validità della rinuncia della massa adottata nella prima adunanza dei creditori, posto che le medesime - sempre nelle parole della Corte cantonale - hanno sostenuto avanti al Tribunale di appello che una nuova cessione sarebbe stata vincolata a una nuova decisione di rinuncia dell'assemblea dei creditori, ammettere un interesse delle ricorrenti solo qualora il ricorso possa portar loro un beneficio finanziario diretto appare problematico: portata alle sue conseguenze estreme, la tesi sostenuta dal Tribunale di appello equivale infatti a negare sempre e comunque la possibilità di esaminare la legittimità di tutti gli atti riguardanti la cessione medesima e disposti dall'amministrazione del fallimento successivamente alla rinuncia della massa alla pretesa in questione, poiché i rimanenti creditori non si troveranno mai in una situazione peggiore di quella data nel caso in cui nessuno abbia chiesto la cessione. BGE 138 III 219 S. 223 2.5 In ragione di quanto precede, appare opportuno far prevalere il principio sulle eccezioni e riconoscere al creditore ammesso in graduatoria l'interesse legittimo ad interporre ricorso ai sensi dell' art. 17 LEF nell'ambito della rinuncia della massa a pretese nei confronti di terzi e relativa cessione. 3. (...) 3.3 3.3.1 Di principio, la cessione delle pretese alle quali rinuncia la massa dei creditori secondo l' art. 260 cpv. 1 LEF - tassativamente preceduta da una decisione di rinuncia della massa ( DTF 136 III 534 consid. 4.1; DTF 134 III 75 consid. 2.3) - avviene in occasione della seconda assemblea dei creditori ( art. 252 LEF ), come già si evince sistematicamente dal fatto che l' art. 260 LEF chiude il capitolo V del titolo settimo della LEF. Alla prima assemblea partecipano infatti persone delle quali non si sa ancora se disporranno del diritto di voto alla seconda assemblea ( DTF 56 III 158 consid. 1). Concettualmente, tale cessione rientra fra "quanto richiede la gestione del fallimento" (art. 253 cpv. 2 seconda frase LEF; GILLIÉRON, op. cit., n. 25 ad art. 260 LEF ; URS BÜRGI, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 a ed. 2010, n. 8 ad art. 253 LEF ; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4 a ed. 1997/99, n. 4 ad art. 253 LEF ). Se lo richiedono le circostanze del caso, segnatamente qualora il fallimento venga svolto in procedura sommaria e dunque senza assemblea dei creditori, questi ultimi vanno consultati in altro modo, per via di circolazione o di pubblicazione oppure in occasione di un'assemblea straordinaria dei creditori (v. DTF 134 III 75 consid. 2.3; STEPHEN V. BERTI, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 a ed. 2010, n. 24 e 25 ad art. 260 LEF ); decisivo è che venga loro concessa la possibilità di esprimersi ( DTF 136 III 534 consid. 4.3, con riferimento in particolare alla rinuncia della massa). La dottrina ammette inoltre che la prima assemblea dei creditori possa pure decidere in merito alla conduzione di processi, qualora un'attesa sino alla seconda assemblea dovesse condurre alla perenzione di un diritto o alla preclusione da determinati atti processuali. Si tratta, in tal caso, di una decisione da prendersi con urgenza ( art. 238 cpv. 1 LEF ), ove per urgenza si devono intendere circostanze in ragione delle quali un rinvio alla seconda assemblea dei creditori sarebbe di nocumento per la massa (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op. cit., n. 4 ad art. 238 LEF ; v. anche MARC RUSSENBERGER, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über BGE 138 III 219 S. 224 Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2 a ed. 2010, n. 10 e 11 ad art. 238 LEF ; poco chiaro GILLIÉRON, op. cit., n. 11 ad art. 238 LEF ). 3.3.2 Data la propria competenza di principio, la seconda assemblea dei creditori è pure senz'altro autorizzata a ritornare su decisioni prese dalla prima assemblea in tema di rinuncia e cessione di pretese ai sensi dell' art. 260 LEF , a condizione che non vengano lesi diritti di terzi ( DTF 56 III 158 consid. 1; v. già DTF 35 I 624 consid. 2 relativa alla partecipazione della massa a un procedimento giudiziario alla quale la prima assemblea aveva rinunciato, cedendo il corrispondente diritto; GILLIÉRON, op. cit., n. 17 ad art. 238 e n. 23 ad art. 253 LEF ). 3.3.3 In virtù dei principi appena riassunti, il modo di procedere dell'amministrazione del fallimento consistito nel riproporre in cessione, in occasione della seconda assemblea dei creditori del 22 novembre 2010, il diritto della massa di stare in causa nel procedimento arbitrale germanico avviato da A. AG non lede le disposizioni topiche della LEF, tanto più che tale facoltà della massa non era stata ripresa da alcun creditore, e dunque non sussistono diritti acquisiti suscettibili di essere lesi dalla nuova decisione della seconda assemblea dei creditori. Resta ora da verificare se le due censure puntuali sollevate dalle ricorrenti possono condurre ad altro esito. 3.4 3.4.1 Va dato atto alle ricorrenti che dottrina e giurisprudenza amettono la perentorietà del termine per chiedere la cessione ex art. 260 LEF , fondandosi sull' art. 48 del regolamento del Tribunale federale del 13 luglio 1911 concernente l'amministrazione degli uffici dei fallimenti (RUF; RS 281.32; in tal senso sentenza 7B.94/2003 del 24 giugno 2003 consid. 4.2; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op. cit., n. 5 ad art. 260 LEF ; non esplicitamente BERTI, op. cit., n. 24 ad art. 260 LEF , contrariamente a quanto ritenuto nella sentenza impugnata; GILLIÉRON, op. cit., n. 49 ad art. 260 LEF ). Ciò non conduce tuttavia alla conclusione delle ricorrenti. L'eventuale perentorietà del termine per chiedere la cessione riguarda il singolo, determinato termine. Se una nuova, successiva assemblea decide di rimettere in cessione la pretesa - ciò che, come visto, può senz'altro fare (supra consid. 3.3.2) - allora essa può impartire un secondo termine. La perentorietà è infatti ipotizzata per il caso normale previsto dalla legge, nel quale è la seconda assemblea a trattare - quale prima ed unica istanza - la questione. Qui la situazione è diversa, poiché in via eccezionale la questione è già stata BGE 138 III 219 S. 225 sottoposta alla prima assemblea. Ora, posto che tale modo di procedere - ovvero anticipando alla prima assemblea la trattazione della questione - è lecito (supra consid. 3.3.1), allora ci si trova in una costellazione che permette di offrire delle pretese in cessione a due riprese. Dunque, è ipotizzabile che due termini vengano impartiti, ognuno dei quali può essere perentorio. Ne discende che il termine scadente il 22 marzo 2010 è senz'altro perento, ma essendo legittimamente stata riproposta la cessione in occasione della seconda assemblea, a quel momento (22 novembre 2010) iniziava a decorrere un nuovo, secondo termine. Avendo l'opponente esercitato tale suo diritto seduta stante, il nuovo termine è stato rispettato. 3.4.2 Anche in punto alla decisione di rinuncia della massa a determinate pretese ai sensi dell' art. 260 cpv. 1 LEF la giurisprudenza è calcata sul caso normale, in cui soltanto la seconda assemblea dei creditori è chiamata ad esprimersi. Ed è chiaro che la singola cessione deve essere preceduta da una rinuncia, in tal caso decisa dalla seconda assemblea stessa. Anomalo è invece il caso in cui due assemblee - come qui - si chinano sulla questione e la rinuncia è già stata decisa in occasione della prima assemblea. Ma non vi è ragione di pensare che la rinuncia adottata in occasione della prima assemblea non possa perdurare valida fino alla seconda assemblea compresa, e dunque costituire base valida per una seconda offerta in cessione, visto che nessuno ha contestato la validità della prima rinuncia. Può essere letta in tal senso già la menzionata DTF 56 III 158 , ove la seconda assemblea dei creditori ha ritenuto di dover revocare la decisione di rinuncia presa in occasione della prima assemblea al fine di poter riesumare il diritto della massa di procedere in giudizio.
null
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CH
Federation
44107b39-281e-4a1d-a1f5-cc753547e204
Urteilskopf 125 V 146 22. Urteil vom 26. April 1999 i.S. IV-Stelle des Kantons Thurgau gegen E. und AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau
Regeste Art. 28 Abs. 2 und 3 IVG ; Art. 27 und 27bis IVV : Gemischte Methode der Invaliditätsbemessung. Die in Art. 27bis IVV für Teilerwerbstätige mit einem Aufgabenbereich im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG vorgesehene Invaliditätsbemessung ist gesetzmässig.
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 125 V 146 S. 146 A.- Die 1958 geborene E., verheiratet und Mutter zweier Kinder (Jahrgang 1985 und 1988), erlitt am 30. Januar 1992 einen Verkehrsunfall. Dabei zog sie sich unter anderem ein Hyperflexionstrauma der Halswirbelsäule (mit Abbruch der vorderen unteren Kante von C5 und mit Distorsion im Abschnitt C4-C6) zu, in dessen Folge sich Konzentrationsstörungen bei Mehrfachbelastung bemerkbar machten. Im Rahmen der (unfall-)medizinischen Untersuchungen wurde überdies eine möglicherweise auf den Unfall zurückzuführende diskrete sensorineurale Hörstörung im Hochtonbereich links festgestellt. Ab 9. August 1993 arbeitete E. teilzeitlich, ab 1. Januar 1995 durchschnittlich 4 1/3 Stunden pro Tag bei einem vollen Arbeitspensum im Betrieb von 41 Stunden in der Woche, als BGE 125 V 146 S. 147 Schaltersekretärin/Sachbearbeiterin in der Schule X, nachdem sie - nach ihren eigenen Angaben - seit ihrer Heirat 1984 nicht mehr erwerbstätig gewesen war. Daneben führte sie wie bis anhin den 4-Personen-Haushalt, wobei sie anfänglich wegen Beschwerden im Nackenbereich mit eingeschränkter Beweglichkeit, insbesondere für Putzarbeiten, auf eine Haushalthilfe angewiesen war. Am 29. März 1995 meldete sich E. bei der Invalidenversicherung unter anderem zum Bezug einer Rente an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse sowie die Behinderung im Haushaltbereich ab, wozu sie auch die für die (privat-)unfallversicherungsrechtliche Schadensabwicklung erstellten medizinischen Akten beizog. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom 14. Mai 1996 das Leistungsbegehren ab. Zur Begründung führte sie an, auf Grund der Akten sei davon auszugehen, dass die Versicherte im Gesundheitsfall als Personalberaterin im Umfang von 80% einer Vollzeitstelle bei ihrer früheren Arbeitgeberin (Y AG) erwerbstätig wäre. Dabei würde sie ein Einkommen (ohne Behinderung) von Fr. 55'200.-- erzielen. Im Weitern übe die Versicherte trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Haushaltarbeit eine Erwerbstätigkeit im Rahmen eines 60%-Arbeitspensums aus, wobei sie einen Lohn von Fr. 28'925.-- im Jahr verdiene. Da ihr auf Grund der medizinischen Angaben eine 80%-Stelle als Sekretariatsangestellte zumutbar sei, könnte sie (mit Behinderung) ein Erwerbseinkommen von Fr. 38'566.-- erreichen. Daraus resultiere eine Erwerbseinbusse von Fr. 16'634.-- oder ein Invaliditätsgrad von 30%. Werde die 40%ige Einschränkung in der Haushalttätigkeit mitberücksichtigt, ergebe sich eine (rentenausschliessende) Gesamtinvalidität von 38% (30% + 0,2 x 40%). B.- E. liess hiegegen Beschwerde erheben und beantragen, die Verfügung vom 14. Mai 1996 sei aufzuheben und es sei ihr eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Die IV-Stelle nahm in der Vernehmlassung eine Neuberechnung des Invaliditätsgrades vor, indem sie das Erwerbseinkommen mit Behinderung auf Fr. 28'925.-- reduzierte und die entsprechend höhere erwerbsbezogene Invalidität von 47,5% mit 0,8 gewichtete. Dies ergab, bei im Übrigen unveränderten Bemessungsfaktoren, eine Gesamtinvalidität von 46% (0,8 x 47,5% + 0,2 x 40%). Dementsprechend stellte sie sinngemäss Antrag auf teilweise Gutheissung der Beschwerde mit der Feststellung, dass die Versicherte Anspruch auf eine Viertelsrente habe. Gegen die neue Invaliditätsschätzung der Verwaltung wurde in der Replik vorgebracht, als Erwerbseinkommen ohne BGE 125 V 146 S. 148 Behinderung habe nicht das hypothetische Einkommen bei einer Teilerwerbstätigkeit von 80%, sondern dasjenige bei Vollzeitarbeit zu gelten. Dieses belaufe sich (bei einer Agenturleiterin der Firma Y AG) auf Fr. 80'000.-- im Jahr und nicht bloss Fr. 69'000.--, wie von der Verwaltung angenommen. Die Gesamtinvalidität betrage somit 59,1% (0,8 x 63,8% + 0,2 x 40%). In der Duplik hielt die IV-Stelle an ihrem Antrag gemäss Vernehmlassung fest. Mit Entscheid vom 17. Dezember 1996 hiess die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau die Beschwerde gut und hob die angefochtene Verfügung auf, sinngemäss mit der Feststellung, dass E. bei einem Invaliditätsgrad von 58,8% (50,8% + 0,2 x 40%) Anspruch auf eine halbe Rente der Invalidenversicherung habe. C.- Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, es sei der Entscheid der kantonalen Rekurskommission aufzuheben und festzustellen, dass der Versicherten eine Viertelsrente auf Grund einer Invalidität von 48,6% (0,8 x 50,8% + 0,2 x 40%) zustehe. Während E. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Im Streite liegt der Anspruch auf eine (halbe) Rente der Invalidenversicherung ab 1. März 1994. 2. a) Nach Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er zu mindestens 66 2/3 Prozent, auf eine halbe Rente, wenn er zu mindestens 50 und in Härtefällen zu mindestens 40 Prozent und auf eine Viertelsrente, wenn er zu mindestens 40 Prozent invalid ist. Invalidität im Sinne dieser Bestimmung ist die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit ( Art. 4 Abs. 1 IVG ). War ein Versicherter mit vollendetem 20. Altersjahr vor Eintritt der Invalidität nicht erwerbstätig und kann ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden, so wird die Unmöglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, der Erwerbsunfähigkeit gleichgestellt ( Art. 5 Abs. 1 IVG ). BGE 125 V 146 S. 149 Für die Bemessung der Invalidität bei einem erwerbstätigen Versicherten wird das Erwerbseinkommen, das er nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen; Art. 28 Abs. 2 IVG ). Für Versicherte, die vor Eintritt der Invalidität nicht erwerbstätig waren, erlässt der Bundesrat ergänzende Vorschriften über die Bemessung der Invalidität ( Art. 28 Abs. 3 IVG ). Gestützt auf diese Delegationsnorm hat der Verordnungsgeber Art. 27 und 27bis IVV geschaffen. Gemäss Art. 27 IVV wird bei nichterwerbstätigen Versicherten im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 IVG für die Bemessung der Invalidität darauf abgestellt, in welchem Masse sie behindert sind, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen (spezifische Methode; Abs. 1). Als Aufgabenbereich der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt und allenfalls im Betrieb des Ehepartners sowie die Erziehung der Kinder (Abs. 2). Bei einem Versicherten, der nur zum Teil erwerbstätig ist, wird laut Art. 27bis IVV für diesen Teil die Invalidität nach Artikel 28 Absatz 2 IVG festgelegt. War er daneben in einem Aufgabenbereich nach Artikel 5 Absatz 1 IVG tätig, so wird die Invalidität für diese Tätigkeit nach Artikel 27 IVV festgelegt. In diesem Falle ist der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Tätigkeit im andern Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad entsprechend der Behinderung in beiden Bereichen zu bemessen (Abs. 1; gemischte Methode). Ist anzunehmen, dass der Versicherte im Zeitpunkt der Prüfung des Rentenanspruchs ohne Gesundheitsschaden ganztägig erwerbstätig wäre, so ist die Invalidität ausschliesslich nach den Grundsätzen für Erwerbstätige zu bemessen (Abs. 2). b) Nach der Gerichts- und Verwaltungspraxis zu Art. 27bis IVV entspricht der Anteil der Erwerbstätigkeit dem zeitlichen Umfang der vom Versicherten ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeübten Beschäftigung im Verhältnis zu der im betreffenden Beruf üblichen (Normal-)Arbeitszeit. Wird der so erhaltene Wert mit 'a' bezeichnet, ergibt sich der Anteil des Aufgabenbereichs nach Art. 5 Abs. 1 IVG aus der Differenz 1-a (vgl. ZAK 1992 S. 127, 1980 S. 598). Bei einem hypothetischen Arbeitspensum von 20 Stunden in der Woche beispielsweise resultiert bei einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 42 Stunden ein Anteil der Erwerbstätigkeit von rund BGE 125 V 146 S. 150 0,48 (20 Stunden/42 Stunden) und ein solcher von 0,52 für den nichterwerblichen Bereich (vgl. Rz. 2139 f. der Wegleitung des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [WIH] in der ab 1. Januar 1990 gültigen Fassung). Die Gesamtinvalidität entspricht der Summe der mit den jeweiligen Anteilen gewichteten (erwerbs- und nicht erwerbsbezogenen) Invaliditätsgrade. Im Weitern sind bei der Bemessung der Invalidität im erwerblichen Bereich die Vergleichsgrössen Validen- und Invalideneinkommen im zeitlichen Rahmen der ohne Gesundheitsschaden (voraussichtlich dauernd) ausgeübten Teilerwerbstätigkeit zu bestimmen (ZAK 1992 S. 132 Erw. 3, in SVR 1996 IV Nr. 76 S. 221 f. nicht publizierte Erw. 3 des Urteils C. vom 19. Juli 1995, unveröffentlichte Urteile C. vom 22. Juli 1993 und D. vom 11. Mai 1983; vgl. auch ZAK 1978 S. 401 oben). c) Ob ein Versicherter als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätiger oder als Nichterwerbstätiger einzustufen ist - was je zur Anwendung einer andern Methode der Invaliditätsbemessung (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich, gemischte Methode) führt -, ergibt sich aus der Prüfung, was der Versicherte bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Bei im Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen sind die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Die Statusfrage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist ( BGE 117 V 194 f. Erw. 3b mit Hinweisen; AHI 1997 S. 288 ff. Erw. 2b, 1996 S. 197 Erw. 1c, je mit Hinweisen). 3. Die kantonale Rekurskommission hat einen Invaliditätsgrad von 58,8% ermittelt. Zu diesem Ergebnis ist sie im Wesentlichen auf Grund der Überlegung gelangt, nach Lage der Akten ginge die Versicherte ohne Gesundheitsschaden neben der Besorgung des Haushalts zu 80% einer Erwerbstätigkeit nach. Dies werde auch seitens der IV-Stelle anerkannt. Es komme daher die gemischte Methode (bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von BGE 125 V 146 S. 151 0,8) zur Anwendung. Hinsichtlich des Valideneinkommens könne als erstellt gelten, dass die Versicherte "mit grosser Wahrscheinlichkeit" seit ca. Frühjahr/Sommer 1993 wieder bei ihrer früheren Arbeitgeberin (Y AG) arbeiten würde. Gemäss dem Bestätigungsschreiben der Firma vom 8. September 1995 hätten entsprechende Verhandlungen über eine Wiederanstellung in der früheren Funktion als Personalberaterin (Salärannahme bei 100%, ca. Fr. 66'000.-- bis Fr. 72'000.--) oder als Agenturleiterin (Salärannahme bei 100%, ca. Fr. 75'000.-- bis Fr. 85'000.--) im Herbst 1991 stattgefunden. Bei einer möglichen Anstellung als Personalberaterin könne auf Grund der Erfahrung der Versicherten vom oberen Lohnniveau für diese Tätigkeit ausgegangen werden. Demgegenüber hätte sie für die Position als Agenturleiterin nach ihrer Familienphase offensichtlich weniger Erfahrung einbringen können und daher mit einem Gehalt im unteren Bereich des Lohnrahmens beginnen müssen. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände rechtfertige es sich, von einem durchschnittlichen Einkommen von Fr. 73'500.-- auszugehen. In Bezug auf das Invalideneinkommen sei unbestritten, dass die Versicherte an ihrem jetzigen Arbeitsplatz mit einem Pensum von rund 60% optimal eingegliedert sei und dass eine Erhöhung des Arbeitspensums auf Grund der gesundheitlichen Situation ausser Betracht falle. Als Invalideneinkommen habe daher der (im ersten Halbjahr 1995 erzielte und auf ein Jahr aufgerechnete) Lohn von Fr. 28'925.-- zu gelten. Daraus ergebe sich für den erwerblichen Bereich eine Erwerbseinbusse von Fr. 29'875.-- ([Fr. 73'500.--/100% x 80%] - Fr. 28'925.--) und somit ein Invaliditätsgrad von 50,8% (Fr. 29'875.--/Fr. 58'800.-- x 100%). Da dieser Wert bereits den vollen Bereich der 80%igen ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit umfasse, habe nicht nochmals eine Umrechnung auf den Anteil der Erwerbstätigkeit von 0,8 zu erfolgen, sodass für den erwerblichen Bereich von einer Invalidität von 50,8% auszugehen sei. Bei einer unbestrittenen Behinderung im Haushaltbereich von 40% resultiere somit eine Gesamtinvalidität von 58,8% (50,8% + 0,2 x 40%), was Anspruch auf eine halbe Rente gebe. Die beschwerdeführende IV-Stelle bestreitet die Richtigkeit der vorinstanzlichen Invaliditätsschätzung insofern, als die im zeitlichen Rahmen des ohne gesundheitliche Beeinträchtigung geleisteten Arbeitspensums von 80% ermittelte Einschränkung im erwerblichen Bereich nicht "ebenso wie im Bereich der Haushalttätigkeit" mit dem Anteil der Erwerbstätigkeit von 0,8 gewichtet BGE 125 V 146 S. 152 werde. Die Berechnungsweise der kantonalen Rekurskommission hätte zur Folge, dass immer dann, wenn im erwerblichen Bereich eine 100%ige Erwerbsunfähigkeit ausgewiesen sei, nach Hinzuzählen des Invaliditätsgrades im Bereich der Haushalttätigkeit die Gesamtinvalidität über 100% liegen würde. Im vorliegenden Fall sei somit der Invaliditätsgrad nach der Formel 0,8 x 50,8% + 0,2 x 40% zu berechnen, betrage also 48,6%, sodass lediglich Anspruch auf eine Viertelsrente bestehe. 4. Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung widerspricht der geltenden Praxis (und Art. 27bis IVV , vgl. nachstehende Erw. 5b) zur Anwendung der gemischten Methode. Danach ist die vorliegend insoweit richtig auf der Grundlage der ohne Behinderung ausgeübten Teilerwerbstätigkeit ermittelte Einschränkung im erwerblichen Bereich bei der Festsetzung der Gesamtinvalidität nicht voll in Anschlag zu bringen, sondern gewichtet mit dem dem hypothetischen Teilarbeitspensum entsprechenden Anteil (hier: 0,8) mitzuberücksichtigen (vgl. Erw. 2b hievor). Die kantonale Rekurskommission hat "ihre" modifizierte Anwendung der gemischten Methode nicht näher begründet. Gleichwohl rechtfertigt sich hier eine Überprüfung der geltenden Praxis im Lichte der im jüngeren Schrifttum daran geäusserten Kritik (SUSANNE LEUZINGER-NAEF, Sozialversicherungsrechtliche Probleme flexibilisierter Arbeitsverhältnisse, und ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Ausgewählte Gerichtsentscheide aus dem Sozialversicherungsrecht im Zusammenhang mit Teilzeitarbeitsverhältnissen, je in: Freiburger Sozialrechtstag 1996, Neue Erwerbsformen - veraltetes Arbeits- und Sozialversicherungsrecht? [Hrsg. Erwin Murer], S. 91 ff. und S. 187 ff.). Die genannten beiden Autorinnen begründen ihren Standpunkt zusammengefasst wie folgt: Gemäss Art. 4 IVG sei die Einbusse der Erwerbsfähigkeit und nicht die Einbusse des Erwerbs versichertes Risiko. Damit stimme der Wortlaut von Art. 28 Abs. 2 IVG überein, wonach die Erwerbseinkommen, die die versicherte Person vor bzw. nach Eintritt der Invalidität zumutbarerweise erzielen könnte, zueinander in Beziehung zu setzen sind. Dabei beurteile sich der Begriff der Zumutbarkeit im Sinne dieser Bestimmung einzig nach der höchstpersönlichen Leistungsfähigkeit. Für die Schätzung der Erwerbsfähigkeit vor Eintritt des Gesundheitsschadens sei deshalb nicht von Belang, ob die versicherte Person ihre Erwerbsfähigkeit im damaligen Zeitpunkt im Rahmen eines Vollzeitpensums ausgenützt hatte (a.a.O., S. 129 f.). Die geltende BGE 125 V 146 S. 153 Praxis, wonach bei Teilerwerbstätigen (mit oder ohne Aufgabenbereich im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG ) die Invalidität auf der Grundlage der betreffenden Teilzeitbeschäftigung zu bestimmen ist, widerspreche sodann der Rechtsprechung zu dem mit Art. 28 Abs. 2 IVG praktisch wortgleichen Art. 18 Abs. 2 zweiter Satz UVG. In BGE 119 V 481 f. Erw. 2b habe das Eidg. Versicherungsgericht im Wesentlichen gestützt auf den Wortlaut dieser Bestimmung entschieden, dass die Invalidität bei teilzeitlich erwerbstätigen Versicherten bezogen auf eine Vollzeittätigkeit zu ermitteln sei. Diese Regel habe auch in der Invalidenversicherung zu gelten, da der Invaliditätsbegriff in diesem Bereich mit demjenigen in der obligatorischen Unfallversicherung grundsätzlich übereinstimme (a.a.O., S. 130 und S. 196 f., je mit Hinweis auf BGE 119 V 470 Erw. 2b). Im Weitern kann nach Auffassung beider Autorinnen Art. 27bis Abs. 1 IVV , richtig ausgelegt, nur in dem Sinne verstanden werden, dass die Invalidität im erwerblichen Bereich entsprechend der Erwerbsfähigkeit bei voller Erwerbstätigkeit zu bestimmen ist. Danach seien in einem ersten Schritt die Invalidität im erwerblichen Bereich gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG festzulegen, danach die Behinderung im andern Aufgabenbereich gemäss Art. 27 IVV zu bestimmen und schliesslich die beiden Tätigkeitsbereiche zu gewichten (a.a.O., S. 131 und S. 210 f.). Schliesslich weist LEUZINGER-NAEF darauf hin, dass die Anwendung der gemischten Methode nach der geltenden Praxis dem Umstand nicht oder zumindest zu wenig Rechnung trage, dass die Belastung durch die Tätigkeit im andern Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG die Erwerbsarbeit beeinflussen könne und umgekehrt. Dabei würden erfahrungsgemäss teilerwerbstätige Hausfrauen bei einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ihre Erwerbstätigkeit vollständig einstellen, um wenigstens den Haushalt noch besorgen zu können (a.a.O., S. 126 mit Hinweis auf PETER STEIN, Die Invalidität, Weg oder Irrweg von Gesetzgebung und Praxis, in: Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 431 ff., S. 441 f. sowie S. 208 f.). 5. a) Die Frage der von LEUZINGER-NAEF und RUMO-JUNGO vorgeschlagenen modifizierten Anwendung der gemischten Methode in dem Sinne, dass die Einschränkung im erwerblichen Bereich bezogen auf eine Vollerwerbstätigkeit zu ermitteln sei, stand schon einmal, im unveröffentlichten Urteil B. vom 19. Mai 1993, zur Diskussion. In jenem Fall ging die Verwaltung davon aus, bei einer medizinisch-theoretischen Arbeitsunfähigkeit von 50% wäre der Versicherten die ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeübte BGE 125 V 146 S. 154 Teilerwerbstätigkeit im Rahmen eines 40%-Arbeitspensums ohne nennenswerte Einschränkung zumutbar. Dementsprechend setzte sie den Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich auf 0% fest. Dagegen stellte sich die kantonale Rekurskommission auf den Standpunkt, diese (praxiskonforme) Bemessung der Invalidität lasse die Tatsache ausser Acht, dass sich die im streitigen Fall festgestellte Arbeitsunfähigkeit von 50% auch bei einer zu 40% ausgeübten Berufstätigkeit auswirke. Bestehe im beruflichen Bereich eine zumutbare Restarbeitsfähigkeit von 50%, so habe die Versicherte mit der Ausschöpfung derselben zu 40% ihre Kräfte grösstenteils verausgabt. Die restliche Zeit stehe nicht mehr vollumfänglich für den zu verrichtenden Anteil an Haushaltarbeit zur Verfügung, sondern müsse für die Regenerierung verwendet werden. Die Invaliditätsbemessung der Verwaltung, welche im beruflichen Bereich von einem Invaliditätsgrad von 0% ausgehe, trage diesem Umstand keine Rechnung. Mit dieser Begründung setzte die damalige Vorinstanz die Invalidität im erwerblichen Bereich auf "20% (50% von 40%)" fest. Das Eidg. Versicherungsgericht hat diese Betrachtungsweise und damit eine Änderung der Praxis abgelehnt. Es hat im Wesentlichen erwogen, nach der gesetzlichen Regelung (Art. 4 f. IVG) bemesse sich die Invalidität bei Versicherten, welchen die Aufnahme einer (vollen) Erwerbstätigkeit zugemutet werden könne, allein auf Grund der Erwerbsunfähigkeit. Die Betätigung im bisherigen Aufgabenbereich sei unbeachtlich; weder werde eine (invaliditätsbedingte) Behinderung kumulativ mitberücksichtigt noch falle eine dadurch bewirkte Leistungseinbusse ins Gewicht. Umgekehrt sei bei einem Versicherten, welchem die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sei, allein die (durch einen Betätigungsvergleich ermittelte) Unmöglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, massgebend, ohne Berücksichtigung einer (hypothetischen) Erwerbsunfähigkeit. Diese für das Gericht verbindliche Normierung (Art. 113 Abs. 3/114bis Abs. 3 BV) habe der Verordnungsgeber im Rahmen der ihm in Art. 28 Abs. 3 IVG eingeräumten Regelungsbefugnis in analoger Weise auf den Fall der Teilerwerbstätigkeit ( Art. 27bis IVV sowie ZAK 1977 S. 16 f. und 1978 S. 401 oben) übertragen. Mit anderen Worten sei bei der Invaliditätsbemessung im erwerblichen Bereich die Tätigkeit im andern Aufgabenbereich, namentlich eine dadurch bewirkte Leistungseinbusse, unerheblich. Entsprechend werde die Behinderung im andern Aufgabenbereich unabhängig von einer erwerblich bedingten Leistungseinbusse ermittelt. Im BGE 125 V 146 S. 155 Weitern ergebe sich aus der Bestimmung des Anteils der Erwerbstätigkeit und damit der Tätigkeit im andern Aufgabenbereich mittels eines erwerbsbezogenen Zeitvergleichs, dass die beiden Bereiche Teil eines Ganzen bilden und in dem Sinne nicht getrennt voneinander behandelt werden können, dass die Unmöglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, der Erwerbsunfähigkeit (eben) nur insoweit gleichgestellt sei, als dem Versicherten die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne (vgl. Art. 5 Abs. 1 IVG ). Damit nicht verträglich sei die Sichtweise des kantonalen Gerichts, welches sinngemäss teilerwerbstätige Versicherte gleichzeitig als Vollerwerbstätige und Nichterwerbstätige behandle (vgl. EVGE 1964 S. 261 Erw. 2 sowie BGE 99 V 43 ). Soweit im Übrigen mit der vorinstanzlich verfochtenen modifizierten Anwendung der gemischten Methode ein - im konkreten Fall um 20% - höherer Invaliditätsgrad resultiere, erscheine fraglich, ob damit der erwerblich (durch Ausschöpfung der Restarbeitsfähigkeit) bedingten Leistungseinbusse im andern Aufgabenbereich angemessen Rechnung getragen werde. Denn es sei nicht ersichtlich, inwiefern die erwerbliche Invalidität bezogen auf eine Ganztagestätigkeit, soweit grösser als die auf Grund der (hypothetischen) Teilerwerbstätigkeit ermittelte Einschränkung, hiefür die "richtige" Messgrösse sein sollte. Es sei daher nicht auszuschliessen, dass mit dieser Berechnungsweise unter den Teilerwerbstätigen Ungleichheiten geschaffen würden. An diesen Ausführungen ist im Sinne der nachstehenden Erwägungen festzuhalten. b) Die geltende Praxis zur Bemessung der Invalidität bei teilerwerbstätigen Versicherten mit einem anderen Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG entspricht dem klaren Willen des Verordnungsgebers (vgl. ZAK 1977 S. 16 f. und 1978 S. 401 oben), wie er auch im Wortlaut des Art. 27bis Abs. 1 IVV zum Ausdruck kommt. Der erste Satz dieser Vorschrift hält in allen drei Amtssprachen ausdrücklich fest, dass bei einem Versicherten, der nur zum Teil, ("qu'à temps partiel" bzw. "solo parzialmente") erwerbstätig ist, für diesen Teil ("pour cette part" resp. "per questa parte") die Invalidität nach Art. 28 Abs. 2 IVG festgelegt wird. Eine solche repetitive Formulierung kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass die Invalidität bei Teilerwerbstätigen ungeachtet, ob sie daneben in einem andern Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG tätig sind, bezogen auf die tatsächlich oder hypothetisch ausgeübte Teilerwerbstätigkeit zu ermitteln ist. Diese einzig BGE 125 V 146 S. 156 mögliche Auslegung wird auch insofern bestätigt, als im dritten Satz von Art. 27bis Abs. 1 IVV in der französischen und italienischen Fassung von der Behinderung in den in Frage stehenden Aktivitäten ("dans les deux activités en question" bzw. "nelle due attività in questione") die Rede ist. Der Wortlaut von Art. 27bis IVV ist lediglich insoweit unklar, als er offen lässt, wie der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Tätigkeit im andern Aufgabenbereich festzulegen ist. Auf die vorab aus dem Gesetz geschöpften Argumente gegen die geltende Praxis der Invaliditätsbemessung bei Teilerwerbstätigen mit einem andern Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG ist somit zunächst unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmässigkeit dieser Verordnungsbestimmung einzugehen. Dagegen stellt sich die Frage einer Praxisänderung (vgl. dazu BGE 123 V 157 Erw. 3b, BGE 107 V 82 Erw. 5, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 122 I 59 Erw. 3c/aa) erst, wenn, und wäre eine solche überhaupt nur und soweit zulässig, als Art. 27bis IVV offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat in Art. 28 Abs. 3 IVG eingeräumten Regelungsbefugnisse herausfiele oder sich aus andern Gründen als verfassungs- oder gesetzwidrig erwiese (vgl. BGE 124 II 245 Erw. 3, BGE 123 V 84 f. Erw. 4a, je mit Hinweisen). Die gegenteilige Auffassung liesse sich mit dem Gewaltenteilungsprinzip nicht vereinbaren (vgl. BGE 124 V 10 f. Erw. 5b/cc sowie BGE 112 Ib 310 f. Erw. 2 und BGE 112 V 58 f. Erw. 2a). c) aa) Zunächst ist festzustellen, dass der Bundesrat auf Grund von Art. 28 Abs. 3 IVG grundsätzlich zu allen durch das Gesetz nicht geregelten Fragen im Zusammenhang mit der Bemessung der Invalidität bei Versicherten, die vor Eintritt des Gesundheitsschadens nicht erwerbstätig waren, Vorschriften erlassen kann (Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [...] vom 24. Oktober 1958, BBl 1958 II 1137ff., 1197 und 1263). Diese weite Kompetenz umfasst insbesondere auch die Befugnis zur Regelung der vom Gesetz nicht beantworteten Frage der Invaliditätsbemessung bei teilerwerbstätigen Versicherten mit daneben einem Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG , was der Verordnungsgeber mit Art. 27 IVV und dem auf den 1. Januar 1977 in Kraft getretenen und seit 1. Januar 1983 geschlechterneutral formulierten Art. 27bis IVV denn auch tat (vgl. ZAK 1977 S. 16 und 1982 S. 335). Bis zu jenem Zeitpunkt galt eine versicherte Person, namentlich eine Hausfrau, entweder als nicht erwerbstätig oder als (voll) erwerbstätig, wobei sich die Statusfrage im Einzelfall nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien beurteilte (vgl. BGE 99 V 43 , BGE 98 V 259 BGE 125 V 146 S. 157 und 265 sowie EVGE 1964 S. 258). Dass sich Art. 27bis IVV im Rahmen der weiten Delegationsnorm des Art. 28 Abs. 3 IVG hält, hat das Eidg. Versicherungsgericht im Übrigen bereits in ZAK 1979 S. 271 Erw. 1b entschieden und wird auch in der Lehre anerkannt (MEYER-BLASER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung, Zürich 1997, S. 220 f.; RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 211). bb) Im Weitern verstösst die Regelung des Art. 27bis IVV nicht gegen den gesetzlichen Begriff der Invalidität ( Art. 4 Abs. 1 IVG ) und deren Bemessung bei Erwerbstätigen ohne anderen Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG unter dem Gesichtspunkt des Rentenanspruchs ( Art. 28 Abs. 2 IVG ). Versichertes Risiko ist die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit, indessen lediglich wenn und soweit die Einschränkung in der Erwerbstätigkeit auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung (Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall) zurückzuführen ist (BBl 1958 II 1160 f.; MEYER-BLASER, a.a.O., S. 8 f.). Wäre eine versicherte Person gesundheitlich in der Lage, voll erwerbstätig zu sein, reduziert sie aber ihr Arbeitspensum aus freien Stücken, sei es um mehr Freizeit zu haben, sei es um einer (Weiter-)Ausbildung nachzugehen, oder ist die Ausübung einer Ganztagestätigkeit aus Gründen des Arbeitsmarktes nicht möglich, hat dafür nicht die Invalidenversicherung einzustehen (BBl 1958 II 1162; LEUZINGER-NAEF, a.a.O., S. 124 f. sowie RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 195 unten f.; zur Kausalität und Finalität des Invaliditätsbegriffes im Allgemeinen und zur Bedeutung der sogenannten invaliditätsfremden Faktoren im Besonderen vgl. MEYER-BLASER, a.a.O., S. 14 f. und dortige Hinweise). Folgerichtig hat die Rechtsprechung entschieden, dass unter dem Erwerbseinkommen, das der Versicherte erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre, nach Art. 28 Abs. 2 IVG jenes Einkommen zu verstehen ist, welches er als Gesunder tatsächlich erzielen würde. Ist auf Grund der Umstände des Einzelfalles anzunehmen, dass der Versicherte sich ohne gesundheitliche Beeinträchtigung voraussichtlich dauernd mit einer bescheidenen Erwerbstätigkeit begnügte, so ist darauf abzustellen, auch wenn er an sich besser entlöhnte Erwerbsmöglichkeiten hätte (ZAK 1992 S. 92 Erw. 4a mit Hinweisen; erwähntes Urteil B. vom 19. Mai 1993; vgl. auch RKUV 1993 Nr. U 168 S. 97). An dieser Konzeption ändert der Sonderfall des Art. 5 Abs. 1 IVG nichts, zumal sich diese Gesetzesnorm direkt und in für den Richter verbindlicher Weise BGE 125 V 146 S. 158 (Art. 113 Abs. 3/114bis Abs. 3 BV) auf den (finalen) Invaliditätsbegriff als solchen bezieht. cc) Sodann lässt auch BGE 119 V 481 Erw. 2b, wonach sich im Bereich der Unfallversicherung die Invalidität bei teilerwerbstätigen Versicherten, insbesondere auch das Valideneinkommen, dem Wortlaut von Art. 18 Abs. 2 zweiter Satz UVG entsprechend auf der Grundlage der erwerblichen Möglichkeiten bemisst, Art. 27bis IVV nicht als gesetzwidrig erscheinen. Dabei ist an dieser Stelle weder auf die Kritik von DUC (Les assurances sociales en Suisse, Lausanne 1995, S. 434 ff. Fn. 683) an diesem Entscheid näher einzugehen noch zu dieser Rechtsprechung, insbesondere im Lichte von RKUV 1993 Nr. U 168 S. 97, Stellung zu nehmen. Zwar gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Invaliditätsbegriffs in der Invaliden- und in der Unfallversicherung. Danach hat die Schätzung der Invalidität mit Bezug auf den gleichen Gesundheitsschaden in beiden Bereichen praxisgemäss den gleichen Invaliditätsgrad zu ergeben ( BGE 119 V 470 Erw. 2b mit Hinweisen; LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, Bern 1997, 2. Aufl., S. 80 Rz. 5 und S. 263 Rz. 12). Diese Koordinationsregel findet indessen ihre Schranke dort, wo die unterschiedliche gesetzliche Regelung oder Rechtspraxis in den einzelnen Versicherungszweigen ungeachtet des übereinstimmenden Invaliditätsbegriffes zu einer abweichenden Invaliditätsbemessung führen kann (vgl. dazu die in BGE 119 V 470 f. Erw. 2b angeführten Beispiele; ferner RUMO-JUNGO, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 2. Aufl., S. 97). Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Invalidenversicherung und der obligatorischen Unfallversicherung besteht nun darin, dass in jenem Bereich auch gesundheitlich bedingte Behinderungen in nicht unter den Begriff der Erwerbstätigkeit im engeren Sinne (vgl. dazu Art. 1 ff. IVG und BGE 106 V 131 Erw. 3a mit Hinweisen) fallenden Beschäftigungen, wie insbesondere die Hausarbeit, versichert sind. Dies beruht auf der Überlegung, dass die Invalidität der haushaltführenden Ehefrau (oder des Hausmannes) schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für die Familie haben kann (Anhang zum Protokoll der ersten Sitzung der Eidg. Expertenkommission für die Einführung der Invalidenversicherung vom 3.-7. Oktober 1955 [Referat Dr. Binswanger] S. 100). Hinzu kommt, dass der Rentenanspruch in der Unfallversicherung eine feinere Abstufung kennt als in der Invalidenversicherung ( Art. 20 Abs. 1 UVG ; vgl. auch BGE 122 V 336 Erw. 4b) und dass das UVG im Bemessungsfaktor des BGE 125 V 146 S. 159 versicherten Verdienstes ein (starkes) Korrektiv in Bezug auf die Rentenhöhe besitzt ( Art. 15 UVG und Art. 22 ff. UVV ). Wenn der Verordnungsgeber im Rahmen der ihm in Art. 28 Abs. 3 IVG eingeräumten weiten Regelungsbefugnis in Art. 27bis Abs. 1 erster Satz IVV festgelegt hat, dass sich bei teilerwerbstätigen Versicherten die Invalidität auf Grund des tatsächlichen oder allenfalls hypothetisch geleisteten Arbeitspensums bemisst, kann in dieser Vorschrift zumindest dort, wo der oder die betreffende Versicherte daneben auch in einem Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG tätig ist oder war, (allein) keine Gesetzwidrigkeit im Sinne einer Verletzung des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Invaliditätsbegriffes erblickt werden. dd) Zum letzten Kritikpunkt der Nichtberücksichtigung einer allfälligen verminderten Leistungsfähigkeit im erwerblichen Bereich oder im Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG infolge der Beanspruchung im jeweils anderen Tätigkeitsfeld hat das Eidg. Versicherungsgericht im erwähnten Urteil B. vom 19. Mai 1993 ausführlich Stellung genommen (vgl. Erw. 5a hievor). Ob die Berücksichtigung solcher Wechselwirkungen bei Teilerwerbstätigen mit einem andern Aufgabenbereich grundsätzlich zulässig ist, wovon das Eidg. Versicherungsgericht im nicht veröffentlichten Urteil N. vom 15. November 1996 ausgegangen ist, allerdings ohne sich dabei mit seinen Erwägungen im Urteil B. vom 19. Mai 1993 auseinanderzusetzen, erscheint fraglich. Dagegen spricht der hier zentrale Begriff der (Un)Zumutbarkeit der Erwerbsaufnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 IVG , so wie ihn der Gesetzgeber verstand (vgl. BBl 1958 II 1162 sowie Bericht der Subkommission II der Eidg. Expertenkommission für die Einführung der Invalidenversicherung vom 30. April 1956, S. 52 f.) und die Rechtsprechung (geltungszeitlich offen) konkretisierte (vgl. Erw. 2c hievor und MEYER-BLASER, a.a.O., S. 26 ff.; ferner LEUZINGER-NAEF, a.a.O., S. 124 ff., S. 126). Danach sind für die Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in welchem Umfang einer oder einem haushaltführenden nicht oder teilerwerbstätigen Versicherten die Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit zumutbar ist oder nicht, haushaltsbezogene, sich in diesem Bereich nicht auswirkende Leistungseinbussen grundsätzlich unbeachtlich. Sonst müsste konsequenterweise auch bei voll erwerbstätigen Versicherten eine die Leistungsfähigkeit im erwerblichen Bereich vermindernde Hausarbeit berücksichtigt werden, was die Rechtsprechung bisher abgelehnt hat (vgl. BGE 99 V 43 und ZAK 1988 S. 476, 1980 S. 600 oben). Hierin besteht denn auch, BGE 125 V 146 S. 160 nebenbei bemerkt, ein wesentlicher Unterschied zu Versicherten, welche mehrere Teilerwerbstätigkeiten ausüben. Selbst wenn (wechselseitige) auf die Tätigkeit im jeweils anderen Bereich zurückzuführende Leistungseinbussen bei der Invaliditätsbemessung zu berücksichtigen wären, dürfte, insbesondere auf Grund der unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen im erwerblichen Bereich und im Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG (Einkommensvergleich, Betätigungsvergleich), eine zuverlässige (medizinische und berufskundliche) Quantifizierung solcher Interaktionen praktisch schwierig sein. Beim Hauptanwendungsfall der gemischten Methode (Teilerwerbstätigkeit und Führung eines Mehrpersonenhaushalts) kommt insoweit erschwerend dazu, dass der Ehemann oder die Ehefrau von Gesetzes wegen verpflichtet ist, "ein jeder nach seinen Kräften" den haushaltführenden Ehepartner in dieser Arbeit zu entlasten ( Art. 163 Abs. 1 und 2 ZGB und ZAK 1992 S. 132 vor Erw. 3; vgl. auch ZAK 1984 S. 135). Davon abgesehen hat nun aber der Bundesrat, gerade auch aus Gründen der Praktikabilität (vgl. ZAK 1977 S. 16 f.), mit Art. 27bis IVV eine andere Regelung getroffen, welche vor dem Gesetz ebenfalls standhält. Es ist daher dem Richter verwehrt, eine davon abweichende Ordnung zu schaffen, zumal dem Verordnungsgeber in Art. 28 Abs. 3 IVG ein sehr weiter Bereich des Ermessens eingeräumt worden ist (vgl. BGE 124 II 245 Erw. 3, 123 V 84 f. Erw. 4a). Er kann lediglich allenfalls de lege ferenda auf andere Lösungsmöglichkeiten hinweisen. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das Eidg. Versicherungsgericht alle bisher beurteilten Varianten einer modifizierten Anwendung der gemischten Methode bei teilerwerbstätigen Hausfrauen mit zum Teil einlässlicher Begründung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgleichheitsgebots und des in Art. 163 ZGB konkretisierten Grundsatzes der Gleichheit der Geschlechter nach Art. 4 Abs. 2 BV , verworfen hat (vgl. ZAK 1980 S. 598, 1992 S. 127 sowie Urteil B. vom 19. Mai 1993; ferner ZAK 1989 S. 118 Erw. 4c). Es erscheint denn auch nicht einfach, eine allen denkbaren Fallgruppen oder gar Fällen (hypothetisch) teilerwerbstätiger Versicherter, welche daneben in einem Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG tätig sind, gerecht werdende generell-abstrakte Regelung zu finden. Immerhin ist nicht zu verkennen, dass vielfach der Hauptgrund für die Kritik an der gemischten Methode gemäss Art. 27bis IVV und der Praxis im Umstand zu suchen ist, dass bei der Ermittlung der Behinderung im Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG BGE 125 V 146 S. 161 auf Grund eines Betätigungsvergleichs ( Art. 27 Abs. 1 IVV ; vgl. AHI 1997 S. 291 Erw. 4a) in der Regel ein tieferer Invaliditätsgrad resultiert, verglichen mit der Invaliditätsbemessung im Rahmen eines Einkommensvergleichs im erwerblichen Bereich (vgl. LEUZINGER-NAEF, a.a.O., S. 127 oben mit Hinweis auf das Forschungsprojekt im Rahmen von NFP Nr. 29 "Wandel der Lebensformen und soziale Sicherheit", Muri 1994). Dies kann dazu führen, dass in Bezug auf die Erwerbstätigkeit zwar eine rentenbegründende Einschränkung besteht, die Gesamtinvalidität wegen der tieferen Invalidität im Aufgabenbereich gemäss Art. 5 Abs. 1 IVG unter die rentenerhebliche Grenze von 40% zu liegen kommt (vgl. ZAK 1992 S. 131 unten Erw. 2c). Dass die Grundlagen der Invaliditätsschätzung für Erwerbstätige und Nichterwerbstätige "gänzlich verschieden" sind (EVGE 1964 S. 261 Erw. 2), entspricht indessen dem gesetzgeberischen Willen, welcher in Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 2 IVG seinen Niederschlag gefunden hat (BBl 1958 II 1161 f. sowie Bericht der Subkommission II der Eidg. Expertenkommission für die Einführung der Invalidenversicherung vom 30. April 1956, S. 53). Daran etwas zu ändern, kann nicht Aufgabe des Richters sein (zur Überprüfung von Bundesgesetzen auf ihre Verfassungsmässigkeit vgl. BGE 123 V 322 Erw. 6b/bb mit Hinweisen). d) Ist nach dem Gesagten Art. 27bis IVV gesetzmässig, stellt sich die Frage einer Praxisänderung nicht (vgl. Erw. 5b hievor). 6. Vorliegend ist von den Bemessungsfaktoren (Anteile Erwerbstätigkeit und Haushaltführung, Validen- und Invalideneinkommen, Behinderung im Haushaltbereich) einzig das Valideneinkommen von Fr. 58'800.-- streitig, dies allerdings zu Recht. Zwar ist entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz bei der Bestimmung dieser hypothetischen Einkommensgrösse auf Grund der Angaben der ehemaligen und vor dem Unfall vom 30. Januar 1992 potentiellen neuen Arbeitgeberin vom Mittelwert des bei einem Vollzeitpensum als Personalleiterin maximal und als Agenturleiterin im Minimum in Aussicht gestellten Gehalts von Fr. 73'500.-- ausgegangen ist (vgl. Erw. 3 hievor). Der auf ein 80%-Teilzeitpensum umgerechnete Betrag von Fr. 58'800.-- entspricht indessen dem Lohn bei Antritt der Stelle im Frühjahr/Sommer 1993, kann somit nicht direkt dem auf den tatsächlichen Verdienstverhältnissen 1995 beruhenden Invalideneinkommen von Fr. 28'925.-- gegenübergestellt werden. Vielmehr ist diese Summe entsprechend der Lohnentwicklung (1,3% [1993/94], 1,4% [1994/95]; vgl. Die BGE 125 V 146 S. 162 Volkswirtschaft, 6/97, Aktuelle Wirtschaftsdaten, S. 27 Tabelle B10.2 [Dienstleistungen]) aufzurechnen, was zu einem Valideneinkommen von Fr. 60'399.-- führt. Daraus resultiert ein Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich von 52,1% und eine Gesamtinvalidität von aufgerundet 50% (0,8 x 52,1% + 0,2 x 40%). Damit besteht Anspruch auf eine halbe Rente, über deren Beginn die Verwaltung, in Beachtung von Art. 48 Abs. 2 IVG , noch zu befinden haben wird. Der angefochtene Entscheid erweist sich somit im Ergebnis als rechtens. 7. (Kosten und Parteientschädigung)
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
4410c628-1dec-45fd-8b10-eea886db8cc3
Urteilskopf 85 II 64 13. Sentenza 5 maggio 1959 della II Corte civile nella causa B. contro B.
Regeste Scheidung nach Trennung der Ehe. Ausschliessliche Schuld des klagenden Ehegatten ( Art. 148 Abs. 1 ZGB ). Verweigerung der Wiedervereinigung seitens des beklagten Ehegatten? ( Art. 148 Abs. 2 ZGB ).
Sachverhalt ab Seite 64 BGE 85 II 64 S. 64 A.- I coniugi B. si sono uniti in matrimonio il 25 ottobre 1952. Il 12 dicembre 1953, è nato il loro unico figlio. Il marito, che lavora presso l'Officina delle FFS a Bellinzona, conservò anche dopo il matrimonio il domicilio ad Arzo, suo comune di origine, e stabilì l'abitazione coniugale in un appartamento situato nella casa dei suoi genitori. In un primo tempo, la moglie accettò quella soluzione anche se la convivenza con il marito era così ridotta a un incontro settimanale che durava dal sabato BGE 85 II 64 S. 65 pomeriggio alla domenica pomeriggio. Dopo pochi mesi, essa si trasferì però dal lunedì al sabato presso i suoi propri genitori a Rancate, a motivo sopra tutto di seri attriti sorti tra lei e i suoceri, in particolare la suocera. È poichè gli attriti e i litigi s'erano fatti più violenti senza che il marito intervenisse in favore della moglie, questa, dalla fine di agosto del 1953, rimase a Rancate anche il sabato e la domenica. In quel periodo, era incinta e fu il medico a consigliarle di abbandonare totalmente la casa dei suoceri. Pregato dalla moglie di porre premesse ragionevoli per la ripresa dell'unione coniugale, il marito nulla intraprese, cosicchè la moglie si rivolse, il 18 settembre 1953, al giudice, chiedendo il suo intervento a stregua dell'art. 169 CC. Invece di trasferire l'abitazione coniugale a Bellinzona o per lo meno altrove che in casa dei suoi genitori come gli aveva suggerito il pretore, il marito fece diffidare la moglie, un mese dopo, a reintegrare il domicilio coniugale ad Arzo. In risposta alla diffida, che rimase senza effetti legali perchè prematura, la moglie comunicò al marito che era sempre disposta a riprendere la vita coniugale, non però in casa dei suoceri. Anche dopo la nascita del figlio, i due coniugi continuarono a vivere separati. B.- Il 25 febbraio 1954, la moglie chiese la separazione legale dal marito, l'attribuzione del figlio e la condanna del marito a pagare alimenti adeguati per il mantenimento suo e del figlio. Pronunciata dal pretore per tempo indeterminato, la separazione legale fu dal Tribunale di appello limitata a un anno, in sostanza perchè alla base del dissidio tra i due coniugi non stavano, per loro ammissione, sentimenti di avversione personale, ma solo cause esteriori, la questione cioè del luogo dell'abitazione coniugale, e tali cause sarebbero dovute cessare non appena il marito si fosse deciso "a riunire la famiglia in un ambiente favorevole alla regolare convivenza". C.- Il marito non diede seguito alcuno all'invito del pretore e del Tribunale di appello di sistemare la sua BGE 85 II 64 S. 66 famiglia in luogo sottratto all'influsso pernicioso dei suoi genitori. Non appena trascorso il termine di un anno, presentò al contrario al pretore di Mendrisio, la moglie non essendo tornata ad Arzo, una petizione di divorzio fondata sugli art. 147 e 148 CC. Citato con la moglie per l'esperimento di conciliazione dichiarò di rifiutare "ogni e qualsiasi riconciliazione"; la moglie disse invece al gìudice che era sempre pronta alla riconciliazione ed era disposta a riprendere la vita con il marito, alla sola ed unica condizione che il domicilio coniugale fosse scelto fuori di Arzo. Sia il pretore sia il Tribunale di appello respinsero la domanda di divorzio, per colpa esclusiva dell'attore. D.- L'attore ha interposto in tempo utile un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo che, annullata la sentenza impugnata, il divorzio sia concesso. Nelle sue osservazioni, la convenuta non ha presentato conclusioni formali, ma dai suoi motivi appare che chiede la conferma pura e semplice della sentenza impugnata. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Giusta l'art. 148 cp. 1 CC, l'azione di divorzio riproposta anche da uno solo dei coniugi dopo la decorrenza del periodo di separazione senza che vi sia stata una riconciliazione dev'essere accolta, salvo che la turrbazione dell'unione coniugale sia imputabile ad esclusiva colpa del coniuge che ripropone l'azione. Anche in questo caso, precisa l'art. 148 cp. 2 CC, il divorzio deve tuttavia essere pronunciato se l'altro coniuge rifiuta la conciliazione. Secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, al coniuge convenuto con un'azione di divorzio dopo separazione non può essere rimproverato di rifiutare la riconciliazione nel senso dell'art. 148 cp. 2 CC, qualora il coniuge attore non abbia per parte sua richiesto la riconciliazione o non l'abbia richiesta seriamente (RU 84 II 412; 52 II 184 sgg.). Questa ipotesi si verifica in concreto. Lungi dall'averla richiesta, l'attore rifiuta infatti lui medesimo BGE 85 II 64 S. 67 "ogni e qualsiasi riconciliazione". Così stando le cose, l'attore non può però in nessun caso prevalersi dell'art. 148 cp. 2 CC. Per giustificare una conclusione diversa, non giova all'attore il fatto che la convenuta sarebbe disposta a tornare a vivere con il marito soltanto alla condizione che il domicilio coniugale sia fissato in una località diversa che Arzo, e in ogni modo non in casa dei suoceri. Se una condizione siffatta non appare senz'altro conciliabile con quanto il Tribunale federale ha esposto nella sentenza RU 52 II 184 sgg., determinante rimane pur sempre la circostanza che la convenuta non può aver rifiutato ciò che il marito non le ha offerto, escludendo lui medesimo "ogni e qualsiasi riconciliazione". 2. Tenuto conto di ciò che precede, il divorzio potrebbe essere pronunciato soltanto se, contrariamente a quanto hanno ritenuto ambedue i giudici cantonali, la profonda turbazione dei rapporti coniugali non fosse dovuta a colpa esclusiva dell'attore, ma pure a circostanze oggettive, non imputabili cioè a colpa delle parti o a errori della convenuta, che non fossero così poco importanti da doverli praticamente ignorare se raffrontati alla colpa principale dell'attore (RU 84 II 412 consid. 2; 74 II 3 sgg.). L'attore lo pretende e dice che l'attribuzione a lui di tutta la colpa per i fatti che condussero alla disunione violerebbe il diritto federale, la moglie avendo abbandonato il tetto coniugale e non essendovi tornata neppure quando fu diffidata a farlo. A questo proposito, occorre considerare quanto segue. Il Tribunale di appello rileva che la causa della disunione materiale delle parti sta esclusivamente nella "non risolta questione dell'abitazione coniugale". Nel suo gravame, l'attore non asserisce che questa costatazione sarebbe errata e che in realtà altre cause avrebbero condotto al perturbamento della unione coniugale. Si tratta dunque di esaminare in primo luogo se le difficoltà relative alla scelta dell'abitazione coniugale possano essere ascritte, nel senso della giurisprudenza citata, a circostanze oggettive e, ove tale BGE 85 II 64 S. 68 non fosse il caso, se anche errori della convenuta abbiano contribuito a fare di dette difficoltà una causa di turbazione grave dell'unione dei due coniugi. a) Soltanto se ragioni plausibili, per esempio esigenze di lavoro, avessero indotto l'attore a mantenere l'abitazione coniugale ad Arzo e a vivere lontano dalla moglie sei giorni su sette, si potrebbe riconoscere alle difficoltà nate dalla scelta dell'abitazione un carattere oggettivo, così da giustificare la conclusione che l'attore non ne è responsabile. In concreto, queste ragioni plausibili fanno difetto. Tra l'altro, il ricorrente non critica minimamente l'accertamento del Tribunale di appello che ha dimostrato inconsistente l'unico argomento da lui addotto e secondo cui, mantenendo il domicilio coniugale ad Arzo, avrebbe risparmiato sul canone di locazione. Per la verità, solo un erroneo ed egoistico concetto del diritto del marito di scegliere l'abitazione coniugale ha indotto l'attore a credere che la convenuta avesse due sole alternative: o vivere in casa dei suoceri o accettare le conseguenze del suo rifiuto. Ora, un atteggiamento di questa natura non è conciliabile con il dovere che ciascun coniuge ha di contribuire con tutte le sue forze a superare le difficoltà esterne ed interne le quali possono nuocere al buon andamento di un'unione coniugale (RU 79 II 341, 77 II 207 e sentenze ivi citate). Non lo è sicuramente in un caso come quello in esame, dove il marito poteva rendersi conto che l'esclusiva preoccupazione della moglie era di non dover continuare a vivere in casa dei suoceri, esposta com'era alle loro interferenze originate dalla continua assenza del marito e, manifestamente, dalla subordinazione di questi ai voleri di sua madre. Più che di difficoltà dovute a circostanze oggettive, devesi insomma parlare, con il Tribunale di appello, "d'ingiustificata ostinazione del marito nell'opporsi alla naturale e ragionevole sistemazione dell'abitazione al luogo del lavoro, ponendo fine a una convivenza limitata nei primi mesi a un giorno per settimana e poi cessata". BGE 85 II 64 S. 69 b) Per ciò che riguarda il comportamento della convenuta, a torto il ricorrente cerca di ascriverle a colpa il fatto che abbandonò a suo tempo il tetto coniugale e non vi fece più ritorno. Essa si recò infatti dai suoi propri genitori su consiglio del medico, per evitare il ripetersi dei litigi con i suoceri durante gli ultimi mesi della gravidanza. Nè si contentò di partire, giacchè fece sapere al marito che sarebbe tornata non appena avesse posto premesse ragionevoli per una vita coniugale normale. Non fu del resto l'unica volta in cui la moglie cercò di far comprendere al marito che il solo ostacolo alla loro unione era dato dal contatto forzato con i suoceri. Malgrado quegli inviti della convenuta a dar prova di un minimo di buona volontà e malgrado i suggerimenti degli stessi giudici cantonali, l'attore mai volle proporre una soluzione concreta diversa da quella consistente nell'esigere dalla moglie che tornasse in casa dei suoceri. Neppure quando la separazione legale pronunciata dal pretore a domanda della moglie e confermata dal Tribunale di appello venne a sancire la pretesa della moglie di avere un'abitazione coniugale sottratta alle interferenze dei suoceri, l'attore diede prova di minore intransigenza. Egli si limitò ad attendere la fine della separazione legale per chiedere, poco dopo, il divorzio in virtù dell'art. 148 CC. In queste circostanze, bisogna convenire che soltanto l'attore porta la responsabilità della disunione che caratterizza oggi il suo matrimonio. Un rimprovero non può essere mosso alla convenuta, tanto più che ancora oggi è disposta a riprendere la vita coniugale non appena l'attore avrà fatto cessare le cause, a lui esclusivamente imputabili, che indussero a suo tempo i giudici a pronunciare la separazione legale dei coniugi. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso per riforma è respinto e la sentenza impugnata è confermata.
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Urteilskopf 122 IV 299 46. Urteil des Kassationshofes vom 26. September 1996 i.S. W. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 63 StGB ; Strafzumessung, Bedeutung des Reinheitsgrades von Drogen. Der Reinheitsgrad von Betäubungsmitteln kann für das Verschulden von Bedeutung sein. Handelt der Täter wissentlich mit ausgesprochen reinen Drogen, ist das Verschulden schwerer, handelt er wissentlich mit besonders stark gestreckten Drogen, ist es leichter (E. 2c; Klarstellung der Rechtsprechung). Art. 59 Ziff. 2 Abs. 2 StGB , Art. 58 Abs. 4 aStGB; ganzes oder teilweises Absehen von einer Ersatzforderung. Nach dem neuen Einziehungsrecht ist entsprechend der Praxis zum alten Recht zu prüfen, ob sich eine Herabsetzung oder ein Verzicht auf die Ersatzforderung rechtfertigt, weil sie die soziale Integration des Täters gefährden würde (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 299 BGE 122 IV 299 S. 299 Am 7. Februar 1996 verurteilte das Obergericht des Kantons Solothurn W. zweitinstanzlich wegen qualifizierter Widerhandlung BGE 122 IV 299 S. 300 gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer zu 5 1/2 Jahren Zuchthaus und zu 12 Jahren Landesverweisung. Es verpflichtete W., dem Staat Solothurn einen beim Drogenhandel unrechtmässig erworbenen Vermögensvorteil von Fr. 200'000.-- zu bezahlen, abzüglich zwei sichergestellte Beträge von Fr. 1'770.-- und Fr. 1'700.--. W. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, ihn milder zu bestrafen und auf eine Ersatzforderung zu verzichten. Das Obergericht beantragt unter Verzicht auf Gegenbemerkungen Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde, soweit es darauf eintritt, in Anwendung von Art. 277 BStP teilweise gut. Erwägungen Erwägungen: 1. (Eintreten). 2. a) Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen ( Art. 63 StGB ). Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden Komponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in diesen auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden kann ( Art. 269 BStP ), nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (vgl. BGE 121 IV 193 E. 2a mit Hinweisen). b) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) hat der Beschwerdeführer mit 731 Gramm reinem Kokain und 592 Gramm reinem Heroin Handel getrieben bzw. einen Teil davon unberechtigt besessen. Die Vorinstanz führt aus, zwar werde die grosse Menge schon durch die Qualifizierung als schwerer Fall nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG (SR 812.121) erfasst und mit der entsprechenden Strafdrohung BGE 122 IV 299 S. 301 versehen. Anderseits habe der Beschwerdeführer den von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für den schweren Fall gesetzten Grenzwert von 12 Gramm reinem Heroin und 18 Gramm reinem Kokain um ein Vielfaches überschritten. Obwohl der Drogenmenge bei der Strafzumessung keine vorrangige Bedeutung zukomme, dürfe und müsse der Richter im Rahmen von Art. 63 StGB eine erhebliche Überschreitung des Grenzwertes innerhalb des qualifizierten Strafrahmens straferhöhend berücksichtigen. Da Drogen praktisch nie rein gehandelt würden, sei dabei davon auszugehen, dass sich der Vorsatz des Beschwerdeführers auf die Gesamtmenge der von ihm in Umlauf gebrachten bzw. besessenen Drogen, also auf eine Menge von 1'828 Gramm Kokain und 1'793 Gramm Heroin, erstreckt habe. Der Reinheitsgrad spiele bei der Strafzumessung keine Rolle, da hiefür die Grösse des Verschuldens massgebend sei. Der Beschwerdeführer habe mit den genannten Mengen die Gesundheit vieler Menschen in hohem Mass aufs Spiel gesetzt. Er habe die Drogen in einem Zeitraum von lediglich sieben Wochen umgesetzt und sei dabei äusserst kaltblütig und skrupellos vorgegangen. Er sei selber nicht drogenabhängig. Trotz 10jähriger Einreisesperre sei er in die Schweiz eingereist, um hier mit Drogenhandel das grosse Geld zu machen. Straferhöhend sei die einschlägige Vorstrafe aus dem Jahr 1992 (21 Tage Gefängnis bedingt) zu berücksichtigen. Die brutale Verhaltensweise des Beschwerdeführers zeige sich auch im vorzeitigen Strafvollzug. Zu seinen Gunsten seien demgegenüber seine guten Arbeitsleistungen in der Strafanstalt zu gewichten. Der Beschwerdeführer habe im vorinstanzlichen Verfahren erstmals zugegeben, mit Drogen gehandelt zu haben. Das lasse auf Einsicht schliessen, was strafmindernd zu berücksichtigen sei. Ebenso spreche die gezeigte Reue zugunsten des Beschwerdeführers. Die Vorinstanz erachtet das Verschulden als ausserordentlich schwer. In Berücksichtigung aller Umstände sei eine Zuchthausstrafe von 5 1/2 Jahren angemessen. c) Diese Erwägungen sind jedenfalls im Ergebnis bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz hat ihr Ermessen nicht überschritten und keine unhaltbar harte Strafe ausgesprochen. Zwar ist die Aussage, der Reinheitsgrad spiele bei der Strafzumessung keine Rolle, in dieser allgemeinen Form nicht zutreffend. Wie in BGE 121 IV 193 ausgeführt wurde, spielt der genaue Reinheitsgrad für die Gewichtung des Verschuldens und bei der Strafzumessung dann keine Rolle, wenn nicht feststeht, dass der Beschuldigte ein ausgesprochen reines oder ein besonders stark gestrecktes BGE 122 IV 299 S. 302 Betäubungsmittel liefern wollte (S. 196 unten). Sonst aber kann der Reinheitsgrad für das Verschulden von Bedeutung sein. Handelt der Täter wissentlich mit ausgesprochen reinen Drogen, ist das Verschulden schwerer, handelt er wissentlich mit besonders stark gestreckten Drogen, ist es leichter. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, dass der Beschwerdeführer mit besonders reinem oder stark gestrecktem Stoff gehandelt hätte. Der Reinheitsgrad ist im hier zu beurteilenden Fall für die Strafzumessung deshalb belanglos; die Vorinstanz hat im Ergebnis kein Bundesrecht verletzt. 3. Nach den Darlegungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer mit dem Drogenhandel einen Gewinn von insgesamt Fr. 210'000.-- erwirtschaftet. Da der Beschwerdeführer keine finanziellen Verpflichtungen habe, sei eine Ersatzforderung von Fr. 200'000.-- angemessen. a) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der errechnete Gewinn von Fr. 210'000.-- beruhe lediglich auf einer hypothetischen Hochrechnung, ist er nicht zu hören. Damit stellt er die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid in Frage. Das ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ). b) Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei von Beruf Kellner und habe kein Vermögen. Wegen der Landesverweisung dürfe er in der Schweiz nicht mehr arbeiten. Zudem habe er eine längere Freiheitsstrafe zu verbüssen. Deshalb sei Art. 59 Ziff. 2 Abs. 2 StGB verletzt. Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt der Richter auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe ( Art. 59 Ziff. 2 Abs. 1 StGB ). Der Richter kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde ( Art. 59 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ). Diese Möglichkeit des ganzen oder teilweisen Absehens von einer Ersatzforderung entspricht der bundesgerichtlichen Praxis zum früheren Recht (Art. 58 Abs. 4 aStGB; vgl. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 30. Juni 1993, BBl 1993 III S. 312). Danach ist zu prüfen, ob sich eine Herabsetzung oder sogar ein Verzicht auf die Ersatzforderung rechtfertigt, weil sie die soziale Integration des Täters gefährden würde; diese Prüfung setzt eine umfassende Beurteilung der finanziellen Lage des Betroffenen voraus ( BGE 119 IV 17 E. 3). BGE 122 IV 299 S. 303 Auf diesen Gesichtspunkt geht die Vorinstanz nicht ein. Das angefochtene Urteil ist insoweit deshalb in Anwendung von Art. 277 BStP aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. (Kostenfolgen).
null
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Urteilskopf 104 Ia 465 68. Auszug aus dem Urteil vom 22. November 1978 i.S. X. gegen Staat Luzern und Justizkommission des Kantons Zug
Regeste Art. 4 BV ; Verweigerung des rechtlichen Gehörs im Rechtsöffnungsverfahren. Holt der Betriebene die Vorladung zur Rechtsöffnungsverhandlung zwar innert der ihm von der Post angesetzten Abholungsfrist von sieben Tagen, jedoch erst nach dem Verhandlungstermin ab, so ist - abgesehen von Fällen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs - der Rechtsöffnungsentscheid auf Beschwerde des Betriebenen wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 465 BGE 104 Ia 465 S. 465 Der Kanton Luzern verlangte in zwei Betreibungen gegen X. beim Präsidenten des Kantonsgerichts Zug die definitive Rechtsöffnung für die Beträge von Fr. 92.- bzw. 785.-. Die Vorladungen zu den auf den 24. Januar bzw. 2. Februar 1978 angesetzten Rechtsöffnungsverhandlungen wurden X. mit eingeschriebenen Briefen zugestellt. Zu den Rechtsöffnungsverhandlungen erschien keine der Parteien. Der Präsident des Kantonsgerichts Zug erteilte dem Kanton Luzern mit Verfügungen vom 27. Januar bzw. 8. Februar 1978 die definitive BGE 104 Ia 465 S. 466 Rechtsöffnung für Fr. 77.- bzw. 770.-. X. reichte gegen diese Verfügungen Beschwerden bei der Justizkommission des Kantons Zug ein. Er machte im wesentlichen geltend, er habe die Vorladungen am 27. Januar bzw. 3. Februar 1978, dem letzten bzw. zweitletzten Tag der von der Post angesetzten Abholungsfristen, in Empfang genommen. Er habe daher keine Kenntnis von den Verhandlungsterminen gehabt, was bedeute, dass ihm in den Rechtsöffnungsverfahren das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Die Justizkommission wies die Beschwerden mit zwei Urteilen vom 8. Mai 1978 ab. X. führt gegen diese Entscheide staatsrechtliche Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 100 III 3 ff.) hat eine eingeschriebene Postsendung grundsätzlich in dem Zeitpunkt als zugestellt zu gelten, in welchem der Adressat sie tatsächlich in Empfang nimmt. Wird er beim Zustellungsversuch durch den Postboten angetroffen und kann ihm dabei die Sendung ausgehändigt werden, so ist dieser Zeitpunkt für die Zustellung massgebend. Trifft der Postbote dagegen weder den Adressaten noch eine andere zur Entgegennahme der Sendung berechtigte Person an, so legt er eine Abholungseinladung mit Fristangabe in den Briefkasten. Eine solche wird auch dem Postfachinhaber ins Postfach gelegt. Die von der Post angesetzte Abholungsfrist beträgt gemäss Art. 169 Abs. 1 lit. d und e der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz vom 1. September 1967 sieben Tage. Nach der erwähnten Rechtsprechung (vgl. auch die in BGE 100 III 5 zitierten früheren Entscheide) ist in solchen Fällen die Sendung als in jenem Zeitpunkt zugestellt zu betrachten, in welchem sie am Postschalter abgeholt wird; geschieht dies nicht innert der Abholungsfrist, so gilt die Zustellung als am letzten Tag dieser Frist erfolgt. Diese Grundsätze gelten, sofern die Prozessgesetze der Kantone keine abweichenden Vorschriften enthalten, sowohl für die Zustellungen nach eidgenössischem wie für jene nach kantonalem Recht. Der Kanton Zug kennt keine besonderen Vorschriften, und den angefochtenen Entscheiden ist zu entnehmen, dass die Justizkommission denn auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung als massgebend erachtet. BGE 104 Ia 465 S. 467 Wendet man die dargelegten Grundsätze auf die hier zu beurteilenden Fälle an und geht man davon aus, die Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers sei zutreffend, so ergibt sich, dass dieser keine Möglichkeit hatte, an den Rechtsöffnungsverhandlungen teilzunehmen, da er die Vorladungen zu diesen Verhandlungen zwar innert der ihm von der Post angesetzten Abholungsfristen, jedoch erst nach dem jeweiligen Termin der Rechtsöffnungsverhandlungen in Empfang genommen hatte. Stand dem Beschwerdeführer das Recht zu, die Abholungsfristen von jeweils sieben Tagen voll auszunützen, was offensichtlich der Sinn der erwähnten Rechtsprechung ist, so liegt darin, dass dem Beschwerdeführer die Teilnahme an den Rechtsöffnungsverhandlungen verunmöglicht wurde, eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Man kann sich lediglich fragen, ob im Rechtsöffnungsverfahren, in welchem Art. 84 SchKG dem Richter vorschreibt, innert fünf Tagen seit Anbringung des Rechtsöffnungsbegehrens zu entscheiden, eine andere Regelung gelte. Die Justizkommission hat diese Frage in den angefochtenen Entscheiden bejaht. Als Begründung führte sie aus, wer in einer Betreibung Rechtsvorschlag erhebe, müsse jederzeit damit rechnen, eine kurzfristige Vorladung zu einer Rechtsöffnungsverhandlung zu erhalten. Hole der Betriebene eine für ihn bestimmte eingeschriebene Sendung erst am letzten Tag der 7tägigen Abholungsfrist ab, so habe er die ihm dadurch entstandenen Nachteile selbst zu vertreten. Wenn die 5tägige Frist des Art. 84 SchKG nicht illusorisch werden solle, so müsse es im Rechtsöffnungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Gehörsanspruches genügen, wenn den vorgeladenen Parteien die Einladung zum Abholen der Vorladung so rechtzeitig in den Briefkasten bzw. ins Postfach gelegt werde, dass sie die Vorladung abholen und ihr Folge leisten könnten. Mache eine Partei von dieser Möglichkeit nicht rechtzeitig Gebrauch, so gelte zwar die Vorladung vor Ablauf der 7tägigen Abholungsfrist noch nicht als zugestellt, doch bedeute in diesem Fall die Durchführung der Rechtsöffnungsverhandlung ohne die Parteien keine Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der rechtsunkundige Bürger, der von der Post die Mitteilung über einen eingeschriebenen Brief mit einer Abholungsfrist von sieben Tagen BGE 104 Ia 465 S. 468 erhält, muss sich darauf verlassen dürfen, dass ihm diese Frist tatsächlich zur Verfügung steht, und es kann ihm nicht zugemutet werden, vorerst abzuklären, ob die abzuholende Sendung allenfalls ein besonderes gerichtliches Verfahren mit extrem kurzen Fristen betreffe. Auch die Rechtssicherheit verlangt eine klare, allgemein verständliche und einheitliche Regelung der Frage, wann eine eingeschriebene Postsendung als zugestellt zu gelten hat (vgl. JEANPRETRE, L'expédition et la réception des actes de procédure et des actes juridiques, SJZ 69/1973 S. 349 ff., insbesondere S. 352). Die dargelegten bundesgerichtlichen Grundsätze sind daher auch im Rechtsöffnungsverfahren anzuwenden. Vorbehalten bleiben Fälle offensichtlichen Rechtsmissbrauchs (in diesem Sinne andeutungsweise BGE 74 I 89 ), was beispielsweise dann anzunehmen wäre, wenn ein Betriebener trotz sicherer Kenntnis davon, dass es sich bei der abzuholenden Sendung um die kurzfristige Vorladung zu einer Rechtsöffnungsverhandlung handelt, die Sendung erst am letzten Tag der Abholungsfrist in Empfang nimmt. Die Anwendung der erwähnten Grundsätze im Rechtsöffnungsverfahren wird zwar zur Folge haben, dass die in Art. 84 SchKG vorgesehene Frist von 5 Tagen nicht mehr eingehalten werden kann; will nämlich der Richter vermeiden, dass in jenen Fällen, in denen der Empfänger die Vorladung wohl innert der ihm von der Post angesetzten Abholungsfrist von 7 Tagen, jedoch erst nach dem Verhandlungstermin abholt, der Rechtsöffnungsentscheid auf Beschwerde wegen Gehörsverweigerung wieder aufgehoben wird, so kann er die Parteien nicht mehr auf eine Frist von 5 Tagen zur Rechtsöffnungsverhandlung vorladen. Dies muss jedoch in Kauf genommen werden, denn Art. 84 SchKG hat als blosse Ordnungsvorschrift zurückzutreten, wenn durch ihre Einhaltung den Parteien unter Umständen das rechtliche Gehör verweigert würde. Sind nach dem Gesagten die bundesgerichtlichen Grundsätze - abgesehen von den erwähnten Ausnahmefällen - auch im Rechtsöffnungsverfahren anzuwenden, so ist die Annahme der Justizkommission unhaltbar, der Betriebene habe es selbst zu vertreten, wenn er eine eingeschriebene Sendung erst am letzten Tag der 7tägigen Abholungsfrist in Empfang nehme, und er könne sich somit nicht über eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs beschweren, wenn die Rechtsöffnungsverhandlung in seiner Abwesenheit stattgefunden habe. Die Beschwerden sind daher gutzuheissen, soweit darauf eingetreten BGE 104 Ia 465 S. 469 werden kann, und die Entscheide der Justizkommission vom 8. Mai 1978 aufzuheben. 4. (Hinweis, dass die kantonale Behörde die Beschwerden ohne Verletzung des Art. 4 BV abweisen könnte, wenn sich im Rahmen der Neubeurteilung ergeben sollte, dass der Beschwerdeführer die Vorladungen bereits in einem Zeitpunkt abgeholt hat, in welchem die Teilnahme an den Rechtsöffnungsverhandlungen noch möglich gewesen wäre.)
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Urteilskopf 88 II 54 8. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Januar 1962 i.S. Interessengemeinschaft schweizerischer Modell-Mass-Detaillisten und Ernst Dick A. G. gegen Schweizerischen Arbeitgeberverband für das Schneidergewerbe und Streitgenossen.
Regeste Art. 1 Abs.2lit. b UWG. Es ist irreführend, bei der Anpreisung industriemässig hergestellter Herrenkleider von "Modell-Mass" zu schreiben.
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 88 II 54 S. 54 Die der Interessengemeinschaft schweizerischer Modell-Mass-Detaillisten angehörenden Kleiderhändler nehmen Bestellungen auf Herrenkleider auf. Der Besteller muss sich kurz das Mass nehmen lassen und hierauf einen seiner Grösse entsprechenden Modellanzug probieren, wobei an diesem abgesteckt wird, inwiefern die Gestalt des Bestellers vom Modell abweicht. Die Abweichungen, der Schnitt, die Sonderwünsche des Bestellers und der gewählte Stoff werden notiert. Das Kleid wird nach diesen Angaben unter Verwendung von Schablonen im Taktbandsystem in der Fabrik der Modema AG hergestellt. Der Besteller probiert es erst anlässlich der Übergabe. Die Kunden werden durch Inserate und Druckschriften unter Verwendung des Schlagwortes "Modell-Mass" geworben. Anfänglich erfolgte die Werbung durch die Ernst Dick AG Später ging sie auf die erwähnte Interessengemeinschaft über. Der Schweizerische Arbeitgeberverband für das Schneidergewerbe und acht diesem Zweige angehörende Firmen klagten gegen die Interessengemeinschaft schweizerischer BGE 88 II 54 S. 55 Modell-Mass-Detaillisten und die Ernst Dick AG Sie beantragten, den Beklagten zu untersagen, die Bezeichnung "Modell-Mass" im geschäftlichen Verkehr zur Anpreisung und Kennzeichnung von Herrenkleidern zu verwenden, die konfektionsmässig in einer Kleiderfabrik angefertigt werden. Das Handelsgericht des Kantons Bern hiess die Klage gut. Die Beklagten erklärten die Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Kläger und das Handelsgericht werfen den Beklagten vor, durch ihre von "Modell-Mass" sprechenden Inserate und Druckschriften im wirtschaftlichen Wettbewerb gegen Treu und Glauben verstossen zu haben, und zwar im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. b UWG . Nach dieser Bestimmung widerspricht es Treu und Glauben, über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben zu machen oder in entsprechender Weise Dritte im Wettbewerb zu begünstigen. Unlauter verhält sich demnach nicht nur, wer unrichtige, sondern auch schon, wer irreführende Angaben macht, d.h. sich so äussert, dass im umworbenen Publikum über den Geschäftsinhaber. dessen Waren usw. falsche Vorstellungen aufkommen können (vgl. BGE 69 II 204 ). Nicht alle als Kunden in Betracht kommenden Leute brauchen dieser Gefahr ausgesetzt zu sein. Es genügt, wenn bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit, wie sie im betreffenden Kreise üblich ist, ein nicht ganz unerheblicher Teil des Publikums irregeführt werden kann. Ob das zutrifft, hängt nicht davon ab, wie der aufmerksame, misstrauische und überlegende Leser die Angaben versteht. Geschäftliche Ankündigungen werden oft nur oberflächlich, leichtgläubig und ohne lange Überlegung zur Kenntnis genommen. Das Publikum kennt die Hintergründe der Reklame zu wenig und nimmt Worte leicht als bare Münze. Der Richter muss sich in die Denkart des umworbenen Kunden einfühlen. BGE 88 II 54 S. 56 2. Die Beklagten stehen auf dem Standpunkt, das Wort "Mass" als Bestandteil einer Bezeichnung für ein Herrenkleid oder für die Art seiner Anfertigung deute nur darauf hin, dass das Kleid nach den individuellen Massen des Bestellers zugeschnitten werde. Die im Betriebe der Modema AG hergestellten und von den Mitgliedern der Interessengemeinschaft schweizerischer Modell-Mass-Detaillisten vertriebenen Kleider erfüllten diese Voraussetzung. Daher sei es nicht irreführend, dass die Beklagten in Verbindung mit der Anpreisung dieser Kleider die Bezeichnung "Modell-Mass" verwendeten. Dem ist nicht beizupflichten. Wie das Handelsgericht verbindlich feststellt, haben sich Bezeichnungen wie "Mass-Kleid", "Massarbeit", "nach Mass", "Massanfertigung" für das individuell angemessene und handwerklich verfertigte Herrenkleid eingebürgert. Sie weisen also nicht nur auf das Zuschneiden nach den Körpermassen des Bestellers hin, sondern auch auf die handwerkliche Anfertigung des Kleides. Wer bei der Anpreisung von Herrenkleidern von "Modell-Mass" schreibt, betont daher nicht nur den individuellen Zuschnitt, sondern erweckt beim Durchschnittsleser auch den Eindruck, das Kleid werde handwerklich angefertigt, wie es die Masschneider zu tun pflegen. Die Kleider, auf die sich die zu beurteilende Reklame der Beklagten bezog, werden nun aber nach verbindlicher Feststellung des Handelsgerichtes nicht handwerklich, sondern unter Verwendung von Schablonen und im Taktbandsystem industriemässig hergestellt. Insofern unterscheiden sie sich also nicht von jener Ware, die man als Konfektionsanzüge zu bezeichnen pflegt. Das Handelsgericht sieht denn auch im Betrieb der Modema AG eine Konfektionsfabrik. Auf den Versuch der Beklagten, die konfektionsmässige Herstellung der Kleider zu widerlegen, kann angesichts der erwähnten verbindlichen Feststellung nicht eingetreten werden. Den Beklagten ist nur insofern beizupflichten, als die Fabrikation nicht "nach genormten Grössen", sondern auf Grund der individuellen Angaben BGE 88 II 54 S. 57 über das Körpermass und die Wünsche des Bestellers erfolgt. Das könnte z.B. durch die Bezeichnung "Mass-Konfektion" ausgedrückt werden, wie sie denn auch für Kleider, die nach individuellem Schnitt und Wunsch, aber industriemässig hergestellt werden, üblich ist. Die Beklagten können auch "Modell-Mass-Konfektion" sagen, wenn sie mit dem vom Standpunkt des Kunden aus nebensächlichen Umstand, dass die Grösse und Form seines Körpers mit Hilfe eines Modellanzuges ermittelt werden, Reklame machen wollen. Zulässig ist auch "Modell-Konfektion", ein Wort, das die Ernst Dick AG in einem Inserat vom 26. März 1954 verwendet hat (Klagebeilage 30). Die blosse Bezeichnung "Modell-Mass" dagegen ist irreführend, einmal positiv, weil das Wort "Mass" ohne einen auf die Fabrikationsart hinweisenden Zusatz den Eindruck handwerklicher Anfertigung erweckt, und sodann negativ, weil die Weglassung des Wortes "Konfektion" oder eines ähnlichen Zusatzes die industriemässige Ausführung der Bestellung verschweigt. Diese Art der Ausführung zu kennen, ist für den Besteller meistens wesentlich. Es widerspricht Treu und Glauben, bei ihm den Eindruck zu erwecken, er erhalte ein handwerklich hergestelltes Kleid. Dass dem einen oder anderen die Herstellungsart gleichgültig sein mag, ändert nichts.
public_law
nan
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1,962
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Federation
441bb254-b144-4a2e-b155-e1cc62ef1596
Urteilskopf 86 II 108 19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Mai 1960 i. S. Verband Schweizerischer Radio- und Televisions-Fachgeschäfte und Mitbeteiligte gegen Eschenmoser.
Regeste Begeht ein Radiohändler unlauteren Wettbewerb durch den Vertrieb von Apparaten, bei denen die Fabrikationsnummern entfernt worden sind? (Erw. 2). Begriff der Wettbewerbshandlung (Erw. 2 a). Unlauterer Wettbewerb: - durch Ausnützung fremden Vertragsbruches? (Erw. 2 b); - durch Steuerhinterziehung? (Erw. 3 a); - durch Missbrauch der Leistung von Mitbewerbern? (Erw. 3 b); - durch Verletzung beruflicher Arbeitsbedingungen? (Erw. 3 d); - durch Verstoss gegen gesetzliche Vorschriften? (Erw. 3 e); - durch Preisunterbietung? (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 86 II 108 S. 108 A.- Der Kläger 1, der Verband schweizerischer Radiound Televisions-Fachgeschäfte, ist ein im Handelsregister BGE 86 II 108 S. 109 eingetragener Verein mit dem Zwecke, die beruflichen und kaufmännischen Interessen seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern. Die Kläger 2-10 sind Inhaber von Radiofachgeschäften in Zürich, die dem Kläger 1 als Mitglieder angehören. Die Kläger 11 und 12 sind schweizerische Niederlassungen ausländischer Fabrikationsunternehmen von Radio- und Fernsehapparaten. Der Beklagte Eschenmoser betreibt ein Handelsgeschäft für Radio- und Fernsehapparate. Er ist nicht Mitglied des VSRT. Die von ihm vertriebenen ausländischen Erzeugnisse bezieht er nicht von den schweizerischen Generalvertretern der betreffenden Unternehmen, sondern vorwiegend von Händlern im Ausland. Da er infolgedessen nicht an die von den Generalvertretern aufgestellten Preisvorschriften gebunden ist, kann er wesentlich billiger verkaufen als die Händler, welche ihre Ware von den Generalvertretern beziehen. Darauf weist er in der Werbung hin. An den von ihm verkauften Radio- und Fernsehgeräten sind in der Regel die Fabrikationsnummern entfernt, damit seine Bezugsquellen nicht ausfindig gemacht werden können. B.- Da die Kläger die Art, in der sich der Beklagte seine Waren beschafft, seine Preisgestaltung, die Reklame und das sonstige Geschäftsgebaren als unlauteren Wettbewerb erachteten, erhoben sie gegen ihn Klage, mit der sie unter anderm beantragten, es sei festzustellen, dass der Beklagte unlauteren Wettbewerb begehe, indem er a) an den von ihm vertriebenen Radio- und Fernsehapparaten die von den Herstellern angebrachten Fabrikationsnummern entferne bzw. Apparate mit entfernten Fabrikationsnummern verkaufe, b) eine Reihe von näher umschriebenen Handlungen begehe, die gegen Treu und Glauben verstossende Mittel im Wettbewerb darstellen, c) Apparate zu Preisen verkaufe, die er nur dank den oben genannten unlauteren Mitteln so niedrig ansetzen könne. BGE 86 II 108 S. 110 Das Handelsgericht Zürich stellte mit Urteil vom 20. Oktober 1959 fest, der Beklagte habe durch Verletzung des Radioregals ( Art. 42 lit. a TVG ) unlauteren Wettbewerb begangen, indem er konzessionspflichtige Arbeiten ausgeführt habe, ohne im Besitz der dazu erforderlichen Konzession zu sein. Im übrigen wies es die Klage ab. C.- Das Bundesgericht weist die Berufung der Kläger gegen dieses Urteil ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beklagte soll unlauteren Wettbewerb begangen haben, indem er an den von ihm feilgebotenen bzw. verkauften Radio- und Fernsehgeräten die von den Herstellern angebrachten Fabrikationsnummern entfernt, bzw. Apparate mit entfernter Fabrikationsnummer vertrieben habe. In der Berufungsschrift gehen die Kläger im Gegensatz zu ihrer Stellungnahme im kantonalen Verfahren nur noch davon aus, dass die Nummern nicht durch den Beklagten, sondern durch dessen Lieferanten beseitigt worden sind. Somit ist von den beiden oben genannten Varianten nur mehr die zweite (Feilhalten bzw. Verkaufen nummernloser Apparate) in Betracht zu ziehen. a) Unlauterer Wettbewerb ist nach der in Art. 1 Abs. 1 UWG getroffenen Begriffsbestimmung "jeder Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes durch täuschende oder andere Mittel, die gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstossen". Erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit des UWG ist danach das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung. Als solche ist nach allgemein anerkannter Auffassung ein Verhalten zu betrachten, das im Rahmen einer wirtschaftlichen Betätigung vor sich geht und dem Handelnden im Verhältnis zu den auf dem gleichen Wirtschaftsgebiet tätigen Gewerbegenossen einen Vorteil verschaffen soll. Dabei kann dieser Vorteil entweder in der Stärkung des eigenen Betriebes oder in der Schwächung des Betriebes der Mitbewerber bestehen. Endziel jeder Wettbewerbshandlung ist die Förderung des eigenen Absatzes BGE 86 II 108 S. 111 durch Vergrösserung des Kundenkreises unter möglichster Verdrängung der Gewerbegenossen (vgl. VON BÜREN, Kommentar zum UWG, S. 21 N. 49; KUMMER, Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen unlauteren und gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb, S. 13 f.; REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl., S. 759). Angesichts dieser Begriffsumschreibung könnte man sich fragen, ob das Entfernen von Fabrikationsnummern und die hier allein zur Diskussion stehende Inkaufnahme des Fehlens solcher Nummern beim Vertrieb von Apparaten durch den Händler überhaupt Wettbewerbshandlungen im Sinne des Gesetzes darstellen. Denn zweifellos wird niemand einen Radio- oder Fernsehapparat deswegen kaufen oder eher kaufen, weil er keine Fabrikationsnummer trägt; die Nummernlosigkeit des Apparates verschafft dem Verkäufer bei den Abnehmerkreisen keinen Vorsprung gegenüber dem Angebot von mit Nummern versehenen Apparaten anderer Händler und kann daher, für sich allein betrachtet, keine Massnahme sein, die zur Förderung des Absatzes auf Kosten der Gewerbegenossen geeignet ist. Anderseits ist zu bedenken, dass der Begriff der Wettbewerbshandlung nicht eng gefasst werden darf, wenn der in der Unterbindung des unlauteren Wettbewerbes bestehende Gesetzeszweck erreicht werden soll. Fasst man im vorliegenden Fall den gesamten Zusammenhang ins Auge, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Lieferanten des Beklagten an den von ihnen gelieferten Apparaten die Fabrikationsnummern entfernten, damit nicht festgestellt werden könne, von wem die betreffenden Apparate stammten. Aus welchem Grunde die Beseitigung der Nummern erfolgte, ist hier belanglos. Auf jeden Fall war der Beklagte mit dieser Tarnung des von der Ware genommenen Weges einverstanden, weil er sonst hätte befürchten müssen, dass die Hersteller der Apparate bei seinen an Hand der Kontrollnummern ermittelten Lieferanten vorstellig werden und sie veranlassen oder gar zwingen könnten, ihn nicht BGE 86 II 108 S. 112 mehr zu beliefern. Mit einem solchen Vorgehen der Fabrikanten wäre zweifellos schon mit Rücksicht auf die den schweizerischen Generalvertretern zugesicherte Ausschliesslichkeit der Belieferung zu rechnen gewesen. Damit wären die Bezugsquellen des Beklagten versiegt und er wäre nicht mehr in der Lage gewesen, sich solche Apparate unter den von den Generalvertretern vorgeschriebenen Preisen zu beschaffen und sie dementsprechend billiger abzugeben als die andern Radiohändler. Unter diesem Gesichtspunkt liesse sich die Beschaffung der nummernlosen Apparate durch den Beklagten als Wettbewerbshandlung ansehen, da sie unzweifelhaft dazu dient, dem Beklagten die weitere Tätigkeit im Handel mit Radio- und Fernsehgeräten als Aussenseiter zu ermöglichen oder doch zu erleichtern. Die Frage nach dem Vorliegen einer Wettbewerbshandlung braucht indessen nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu bejahen wäre, so könnte auf jeden Fall der Vertrieb der nummernlosen Apparate durch den Beklagten nicht als unlauterer Wettbewerb bezeichnet werden. b) Nach der Ansicht der Kläger soll der Vertrieb der nummernlosen Apparate eine unlautere Wettbewerbshandlung sein, weil der Beklagte sich diese Apparate nur dadurch habe verschaffen können, dass er seine ausländischen Lieferanten zum Bruche einer den Fabrikanten gegenüber eingegangenen Verpflichtung, die Apparate nicht nach der Schweiz auszuführen, veranlasst habe. Um diesen Vertragsbruch zu verheimlichen und seine Feststellung zu verunmöglichen, hätten die Lieferanten des Beklagten die Fabrikationsnummern entfernt. Zum mindesten aber nütze der Beklagte bewusst den von seinen Lieferanten begangenen Vertragsbruch aus. Die Verleitung zum Vertragsbruch wie auch dessen Ausnützung verstosse gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs. Dass der Beklagte seine ausländischen Lieferanten zum Vertragsbruch veranlasst habe, ist nicht erwiesen. Es kann daher höchstens davon ausgegangen werden, dass der Beklagte bewusst Apparate gekauft habe, bei denen die BGE 86 II 108 S. 113 Fabrikationsnummer beseitigt worden war. Selbst wenn er damit gemäss der Behauptung der Kläger einen Vertragsbruch seiner Lieferanten gegenüber den Fabrikanten der Apparate ausgenützt haben sollte, so könnte darin noch nicht ohne weiteres ein Verstoss gegen Treu und Glauben im Wettbewerb erblickt werden, wie die Kläger meinen. Nach der Rechtsprechung ( BGE 52 II 376 f.) wie auch nach dem Schrifttum (VON BÜREN, Kommentar zum UWG, S. 10 N. 19) ist die Ausnützung fremden Vertragsbruches nicht notwendigerweise unlauter. Von dieser Auffassung abzugehen, besteht kein Anlass. Der Handel mit Radio- und Fernsehgeräten ist in der Schweiz frei. Der einzelne Händler ist in seinem Recht auf freie Berufsausübung zu schützen, und es ist darauf zu achten, dass nicht etwa auf dem Umweg über einen Verbandszwang diese Freiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt wird. Es muss dem einzelnen Händler grundsätzlich freigestellt bleiben, ob er sich einem Verband anschliessen und sich an Preisabreden beteiligen will oder nicht. Abmachungen dieser Art, die zwischen Fabrikanten und Händlern oder zwischen Händlern unter sich ohne seine Teilnahme getroffen werden, binden ihn nicht ( BGE 52 II 381 , BGE 57 II 346 , BGE 71 II 234 ). Dieses Recht auf freie Berufsausübung ginge aber seines Gehaltes weitgehend verlustig, wenn die Ausnützung fremden Vertragsbruches schlechthin als unlauteres Mittel im Wettbewerb angesehen würde, das gerichtlich geahndet und untersagt werden könnte. Damit würde die Tätigkeit von Aussenseitern selbst dort ausgeschaltet, wo sie zur Bekämpfung von künstlich hochgehaltenen Preisen im Interesse des freien Wettbewerbes wie auch der Verbraucher gerechtfertigt wäre. Als unlauteres Mittel zur Unterbietung der durch Verbandsabrede festgesetzten Preise wäre die Ausnützung fremden Vertragsbruches allenfalls anzusehen, wenn die vorgeschriebenen Preise zur Erhaltung gesunder Verhältnisse im betreffenden Gewerbezweig und zur Sicherung der Existenz zahlreicher Detailgeschäfte unumgänglich nötig wären. Dass dies hier der BGE 86 II 108 S. 114 Fall sei, wird aber von den Klägern selbst nicht behauptet und ist auf jeden Fall durch die Akten nicht belegt. Die Kläger wenden ein, die in BGE 52 II 376 als zulässig erklärte Ausnützung fremden Vertragsbruches lasse sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen; dort habe es sich um Händler gehandelt, die ihre Existenz verloren hätten, wenn sie nicht von vertragsbrüchigen Kartellmitgliedern beliefert worden wären; der Beklagte dagegen verteidige nicht seine Existenz, weil er von einem Kartell ausgeschlossen worden sei, sondern er habe seine Existenz erst dadurch aufgebaut, dass er Vertragsbrüche ausnütze. Dieser Einwand ist unbegründet. Massgebend ist, dass hier wie dort der des unlauteren Wettbewerbs Bezichtigte zur Ausnützung fremden Vertragsbruches Zuflucht nehmen musste, weil er es ablehnte, einer Zwangsorganisation beizutreten und sich den von dieser aufgestellten Preisvorschriften zu unterziehen. Dass es sich im früheren Fall um bereits bestehende Geschäfte handelte, während heute ein neu eröffnetes Unternehmen in Frage steht, macht keinen Unterschied aus. c) Die Kläger berufen sich darauf, dass das Bundesgericht mit Urteil vom 17. November 1953 i.S. Oméga, Louis Brandt & Frère SA und Kons. c. Rüttimann (auszugsweise veröffentlicht in SJZ 53 S. 367 f.) das Ausfräsen von Zahlen aus Fabriknummern von Omega-Uhren als unlautere Wettbewerbshandlung bezeichnet hat. Allein wie die Vorinstanz mit Recht ausführt, unterscheidet sich der heute zu beurteilende Sachverhalt in massgebenden Punkten von dem des erwähnten Urteils. Auch an den Omega-Uhren wurde zwar die Nummer ausgefräst, um die Bezugsquelle zu verheimlichen. Als unlauter wurde diese Massnahme aber nicht deswegen angesehen, sondern weil der Beklagte die Uhren zum üblichen Ladenpreis verkaufte, obwohl mit dem Ausfräsen der Nummern die Gefahr der Beschädigung des Uhrwerkes verbunden war, das Fehlen der Nummern die BGE 86 II 108 S. 115 Beschaffung von Ersatzteilen erschwerte und der Käufer an Stelle der Fabrikgarantie nur eine persönliche Garantie des Beklagten erhielt, die namentlich wegen des Wegfalls des Omega-Weltdienstes der Fabrikgarantie nicht ebenbürtig war. Bei den heute in Frage stehenden Radio- und Fernsehapparaten verhält es sich dagegen wesentlich anders. In erster Linie ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte die nummernlosen Apparate nicht zum üblichen Ladenpreis, sondern erheblich billiger abgibt. Sodann bedeutet nach den Feststellungen der Vorinstanz die Entfernung der Kontrollnummern bei Radio- und Fernsehapparaten keinen schädigenden Eingriff und beeinträchtigt die Güte der Geräte daher nicht. Das Fehlen von Fabrikationsnummern steht der Behebung von Schäden nicht im Wege, da sie für die Beschaffung von Ersatzteilen von untergeordneter Bedeutung ist; ein Garantieversprechen kann daher auch ohne Kenntnis der Fabriknummer erfüllt werden. Alle diese Feststellungen, welche die Vorinstanz auf Grund des von ihr eingeholten Gutachtens eines Sachverständigen getroffen hat, betreffen tatsächliche Verhältnisse und sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Dass sie zum Teil auf offensichtlichen Versehen der Vorinstanz beruhen, wie in der Berufungsschrift verschiedentlich behauptet wird, trifft nicht zu. Was zur Begründung dieses Einwandes vorgebracht wird, ist in Wirklichkeit unzulässige Kritik an den von der Vorinstanz aus den Darlegungen des Sachverständigen gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen, welche die Berufung durch ihre eigenen, von denjenigen der Vorinstanz abweichenden ersetzen will. Ebenso ist nicht ersichtlich, inwiefern die genannten Feststellungen der Vorinstanz unter Verletzung eidgenössischer Beweisregeln zustande gekommen sein sollen, wie die Berufung weiter behauptet. Die gegenüber einzelnen Feststellungen erhobenen Rügen der Willkür und der Verletzung kantonaler Prozessvorschriften schliesslich sind im Berufungsverfahren nicht zu BGE 86 II 108 S. 116 hören. Im einzelnen auf die von der Berufungsschrift in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen einzugehen, erübrigt sich daher. Unbegründet ist sodann auch die Behauptung der Kläger, das Fehlen der Kontrollnummern sei für den Käufer von Nachteil, weil er der Fabrikgarantie verlustig gehe und die vom Beklagten gewährte Garantie weniger wert sei als jene. Denn nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist nicht behauptet, dass die vom Beklagten gewährte Garantie inhaltlich weniger weit gehe als die Fabrikgarantie, und dass jene nur auf dem Papier stehe oder der Fabrikgarantie gegenüber zwangsläufig minderwertig sein müsse, ist nicht dargetan. Die Kläger machen schliesslich noch geltend, die Käufer des Beklagten seien insofern benachteiligt, als sie in den Glauben versetzt würden, fabrikneue Apparate zu erhalten, was wegen des Fehlens der Fabrikationsnummern nicht der Fall sei. Dieser Standpunkt kann nicht geteilt werden. Im Omega-Urteil wurde zwar ausgeführt, der Fabrikant, der hochqualifizierte Leistung anbiete und garantiere, dürfe verlangen, dass seine Erzeugnisse unversehrt an den Käufer gelangen, solange sie als fabrikneu zum vollen Preis abgegeben werden. Von Überlegungen dieser Art hat sich offenbar auch die Justizkommission Luzern leiten lassen, als sie in einem in ZbJV 94 S. 361 veröffentlichten Entscheid erklärte: "Als fabrikneu kann ein (Radio)-Apparat nur angesprochen werden, wenn er alle Eigenschaften aufweist und Vorteile besitzt, die ihm beim Verlassen der Fabrik anhaften. Dazu gehören auch die Vorteile, die der Erwerber eines solchen Apparates gestützt auf die Fabriknummer geniesst". Mit Recht hat jedoch die Redaktion der Zeitschrift dazu bemerkt, dass dem Entscheid kaum zugestimmt werden könnte, wenn damit gesagt sein sollte, die Fabrikneuheit hänge vom Vorhandensein der Fabrikationsnummer ab. In der Tat bedeutet Fabrikneuheit lediglich, dass ein Gegenstand den Weg vom Fabrikanten über den Handel zum Kunden BGE 86 II 108 S. 117 nicht bereits einmal verlassen hatte, nicht schon durch privaten Besitz gegangen und gebraucht worden ist. Einen Gebrauch in diesem Sinne bedeutet die Beseitigung der Fabrikationsnummer eines Radio- oder Fernsehapparates nicht, da sie keine Abnützung der innern oder äussern Bestandteile des Apparates bewirkt, wie sie für den Gebrauch begriffswesentlich ist. d) Als Endergebnis ist somit festzuhalten, dass die Beseitigung der Fabrikationsnummern an den vom Beklagten feilgehaltenen Radio- und Fernsehapparaten keine nachteiligen Folgen für den Käufer hat. Damit ist auch eine Schädigung des guten Rufes der fraglichen Apparate im allgemeinen, die sich für den Absatz der Kläger nachteilig auswirken könnte, nicht zu befürchten. DieVorinstanz hat es daher mit Recht abgelehnt, im Vertrieb nummernloser Apparate eine unlautere Wettbewerbshandlung des Beklagten zu erblicken. 3. Die Kläger legen dem Beklagten eine Reihe von Handlungen zur Last, die nach ihrer Auffassung gegen Treu und Glauben verstossende Mittel im Wettbewerb darstellen. a) So behaupten die Kläger, der Beklagte haben sein Erwerbseinkommen nicht oder nicht genügend versteuert. Ob dieser Vorwurf begründet sei, ist jedoch unerheblich. Denn auf jeden Fall wäre Steuerhinterziehung keine Wettbewerbshandlung, da sie nicht geeignet ist, dem Täter im Kampf um Kundschaft und Absatz gegenüber den Gewerbegenossen einen Vorsprung zu verschaffen. Der Umstand allein, dass der Steuerhinterzieher einen ungerechtfertigten finanziellen Vorteil erlangt, bedeutet entgegen der Meinung der Kläger nicht einen Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UWG . b) Die Kläger werfen dem Beklagten sodann vor, er nütze den Vertragsbruch seiner Lieferanten aus. Wie jedoch bereits ausgeführt wurde, sind im vorliegenden Fall keine Umstände dargetan, die eine allfällige Ausnützung fremden BGE 86 II 108 S. 118 Vertragsbruches als unlauteres Wettbewerbsmittel erscheinen liessen. c) Der Beklagte soll die. Leistungen seiner Mitbewerber dadurch missbraucht haben, dass er Käufer zur Auswahl der Apparate in die Läden von Mitbewerbern schickte und so auf deren für den Verkauf solcher Apparate notwendigen Kenntnisse abgestellt habe, ohne einen Beitrag daran zu leisten. Die Vorinstanz hat hiezu festgestellt, es könnte sich nach den Vorbringen der Klage nur darum handeln, dass der Beklagte mit Interessenten das Warenhaus Jelmoli aufgesucht habe; damit hätte er jedoch nicht Leistungen der Kläger ausgenützt, da auch Jelmoli Aussenseiter sei. Das stellt die Berufung nicht in Abrede. Dagegen hält sie an der Behauptung fest, der Beklagte habe seine Kunden in andere Fachgeschäfte geschickt, um sich dort Apparate vorführen zu lassen. Das lasse sich allerdings im Einzelfall praktisch nicht feststellen; der Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung liege aber darin, dass der Beklagte mangels einer Konzession keine Apparate habe vorführen können und daher auf die Besichtigung derselben bei Mitbewerbern angewiesen gewesen sei. Die Schlussfolgerung ist jedoch keineswegs überzeugend, wenn man in Betracht zieht, dass der Beklagte ja gerade verurteilt worden ist, weil er in seinem Geschäft Apparate vorführte, ohne eine Konzession dafür zu besitzen. d) Die Kläger machen weiter geltend, der Beklagte habe berufliche Arbeitsbedingungen dadurch verletzt, dass er keine Konzession erworben, nur ungelernte Arbeitskräfte verwendet und diese nicht oder ungenügend entlöhnt habe. Da es zur Führung eines Verkaufsgeschäfts von Radio- und Fernsehapparaten keiner Konzession bedarf, hat jedoch die Vorinstanz mit Recht entschieden, in der Unterlassung des Konzessionserwerbs für Vorführungen könne kein unlauterer Wettbewerb erblickt werden. Ebenso kann kein unlauteres Verhalten im Wettbewerb darin gesehen werden, dass der Beklagte keine gelernten Arbeitskräfte verwendet. Eine Vorschrift, die dies verbieten BGE 86 II 108 S. 119 würde, besteht nicht, und wenn der Beklagte glaubt, dass die Kundschaft sich damit zufrieden gebe, bei der Auswahl nicht von fachkundigen Verkäufern beraten zu werden, ist das seine Sache. Auch der Vorwurf ungenügender Entlöhnung der Personals kann nicht als Grundlage für die Annahme unlauteren Wettbewerbs dienen. Gesetzliche Vorschriften nach dieser Richtung bestehen nicht, und gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz haben die Kläger das Bestehen berufs- oder ortsüblicher Lohnansätze, deren Nichteinhaltung nach Art. 1 Abs. 2 lit. h UWG unlauteren Wettbewerb darstellen würde, nicht behauptet. Alsdann ist aber die Lohnfestsetzung Gegenstand freier vertraglicher Vereinbarung zwischen den Parteien des Dienstverhältnisses, in die sich die Kläger als Dritte nicht einzumischen haben. Wenn der Beklagte durch ungelerntes und darum billiges Personal Arbeiten ausführen liess, die nur durch ausgebildete, im Besitz einer Konzession befindliche Facharbeiter vorgenommen werden durften, so lag darin allenfalls ein unlauterer Wettbewerb wegen Verstosses gegen die Konzessionsvorschriften; aber das machte die an sich zulässige Verwendung ungelernten Verkaufspersonals und die dadurch ermöglichte Tiefhaltung der Lohnauslagen entgegen der Ansicht der Kläger nicht zu einem unlauteren Verhalten. e) Die Kläger beschuldigen den Beklagten, unlauteren Wettbewerb durch Verstoss gegen verschiedene gesetzliche Vorschriften begangen zu haben. So habe er die Vorschriften über den Telegraphen- und Telephonverkehr dadurch verletzt, dass er, ohne Inhaber einer Konzession zu sein, konzessionspflichtige Arbeiten ausgeführt habe. Ferner habe er durch Auskratzen der Fabrikationsnummern an den von ihm verkauften Apparaten, bZw. durch den Verkauf von Apparaten mit ausgekratzter Nummer sich der Unterdrückung einer Urkunde gemäss Art. 254 StGB schuldig gemacht, allenfalls an einer solchen strafbaren Handlung teilgenommen oder sie begünstigt. Die Vorinstanz hat das Vorliegen unlauteren Wettbewerbs BGE 86 II 108 S. 120 durch Verletzung des Radioregals bejaht, einen Verstoss gegen Art. 254 StGB dagegen verneint. Die Kläger halten daran fest, dass auch der letztere Sachverhalt gegeben sei. Da indessen davon auszugehen ist, dass der Beklagte die Nummern an den Apparaten nicht selber entfernt hat, fällt eine durch ihn begangene Urkundenunterdrückung von vorneherein ausser Betracht. Eine Teilnahme an einer solchen kann im blossen Verkauf nummernloser Apparate selbstverständlich nicht liegen, und auch eine Begünstigung scheidet aus, weil der Beklagte die Apparate auf eigene Rechnung verkaufte. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob das Auskratzen der Fabrikationsnummern überhaupt eine Unterdrückung einer Urkunde im Sinne von Art. 254 StGB darstellen würde. 4. Soweit das Vorliegen unlauterer Wettbewerbshandlungen in den oben genannten Punkten verneint wird, ist auch dem weiter erhobenen Vorwurf unlauteren Wettbewerbs durch Preisunterbietung der Boden entzogen, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat. Der in der Verletzung der Vorschriften über das Radioregal liegende unlautere Wettbewerb aber ist nach den Ausführungen der Vorinstanz für die Preisbildung im Geschäft des Beklagten nicht von entscheidender Bedeutung gewesen. Sie folgert das daraus, dass der Beklagte, der inzwischen eine Konzession erworben habe, sein Geschäft im früheren Rahmen weiterführe. Diese Feststellung über das Fehlen eines Kausalzusammenhanges ist tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich.
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Urteilskopf 103 Ia 107 23. Auszug aus dem Urteil vom 29. Juni 1977 i.S. A. K. gegen Kanton Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 4 BV . Steuerrecht; Schätzung des Mietwertes von Eigentumswohnungen. Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV , gestützt auf das zürcherische Steuerrecht bei der Schätzung des Mietwertes von Eigentumswohnungen abweichend von der für Einfamilienhäuser geltenden Praxis nicht die sog. Basiswert-Methode, sondern die Vergleichsmethode anzuwenden. Tragweite des Vertrauensschutzprinzipes (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 103 Ia 107 S. 107 A. K. ist Miteigentümer an einem im Jahre 1971 in S. (ZH) erstellten Wohnhaus mit Sonderrecht an einer Fünfzimmerwohnung BGE 103 Ia 107 S. 108 (Stockwerkeigentum) und an einem Einstellplatz. Die Steuerbehörden und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erhöhten den von K. in seiner Steuererklärung 1973 für Wohnhaus und Garage deklarierten Mietwert von Fr. 3'663.-- auf Fr. 6'146.--. Dagegen hat K. staatsrechtliche Beschwerde eingereicht und verlangt, dass die Steuerbehörden angewiesen würden, den Nettomietwert seiner Eigentumswohnung auf Grund der sog. Basiswert-Methode zu ermitteln. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Rechtsstreit betrifft ausschliesslich die bei der Schätzung des Mietwertes von Eigentumswohnungen anzuwendende Methode. Der Gesetzgebung und den Ausführungsvorschriften des Kantons Zürich ist darüber folgendes zu entnehmen: Gemäss § 20 des Steuergesetzes von 8. Juli 1951 (StG) gehören zu den steuerbaren Einkünften auch Naturaleinkünfte mit Einschluss der Eigennutzung von Liegenschaften. Es erscheint als selbstverständlich und ist denn auch unbestritten, dass als Liegenschaft im Sinne dieser Bestimmung auch Miteigentumsrechte an Grundstücken, das sogenannte Stockwerkeigentum gemäss den Art. 712a ff. ZGB , gelten. Über die Art, wie der Mietwert selbstbenützter Liegenschaften zu bestimmen ist, wird in den Ziffern 81-83 der vom Regierungsrat erlassenen Dienstanleitung zum Steuergesetz vom 3. Juli 1952 (DA) folgendes festgehalten: "81. Der bei eigener Nutzung anzurechnende Mietwert soll dem Mietzins entsprechen, den der Steuerpflichtige bei Vermietung von einem Dritten erhalten würde. (Absatz 2 betrifft subventionierte Häuser). 82. Die Mietwerte selbstbenützter Wohn- und Geschäftsliegenschaften sind durch Vergleich mit Mietzinsen für ähnliche Liegenschaften zu ermitteln. Fehlen solche Vergleichsmöglichkeiten, so ist der Mietwert zu schätzen. Die Finanzdirektion erlässt über die Schätzung der Mietwerte nähere Vorschriften. 83. Bei der Schätzung des Mietwertes sind die Lage und das Alter der Gebäude, die Grösse und Ausstattung der Räume, die Zugehör und die zu den Gebäuden gehörigen Hofräume und Hausgärten angemessen BGE 103 Ia 107 S. 109 zu berücksichtigen." Neben dieser Dienstanleitung fällt die Weisung der Finanzdirektion vom 23. September 1970 über die Neueinschätzung von Liegenschaften in Betracht, die, soweit sie sich auf den Mietwert selbstbenützter Liegenschaften bezieht, als Ausführungsvorschrift im Sinne von Art. 82 DA zu betrachten ist. Nach lit. A 6d Abs. 3 dieser Weisung ist der Mietwert selbstbenützter Liegenschaften durch Vergleich mit Mietzinsen für ähnliche Liegenschaften zu ermitteln. Fehlen solche Vergleichsmöglichkeiten, so ist der Mietwert in der Regel auf Grund des von der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt festgelegten sog. Basiswertes zu schätzen, und zwar beträgt er, je nachdem in welcher Region sich die betreffende Liegenschaft befindet, von 6-14% bis zu 14-22% des Basiswertes (vgl. Tabelle lit. A 6d der Weisung der Finanzdirektion). 3. Der Beschwerdeführer glaubt, Anspruch darauf zu haben, dass der Mietwert seiner Eigentumswohnung auf Grund des Basiswertes und der erwähnten Prozentskala ermittelt werde, während das Verwaltungsgericht die Einschätzung auf Grund vergleichbarer, nicht im Stockwerkeigentum stehender, sondern vermieteter Wohnungen der gleichen Überbauung angeordnet hat. Der Beschwerdeführer betrachtet dies als willkürlich. a) Der Beschwerdeführer geht davon aus, das Steuergesetz selbst lasse die Frage offen, in welcher Weise der Mietwert von Liegenschaften zu bestimmen sei, die der Pflichtige selbst bewohnt. Diese Auffassung erscheint nur bei rein äusserlicher Betrachtungsweise als zutreffend. Prüft man den ganzen Inhalt des zürcherischen Steuergesetzes, so ergibt sich vor allem aus § 19, dass die gesamten Einkünfte der natürlichen Personen der Einkommenssteuer unterworfen sind, wozu gemäss § 20 auch die Naturaleinkünfte mit Einschluss der Eigennutzung von Liegenschaften gehören. Das Gesetz bringt somit dem Sinne nach klar zum Ausdruck, dass sämtliche Einkommensbestandteile, einschliesslich der Eigennutzung von Liegenschaften, zu ihrem wahren Werte zu versteuern sind (vgl. REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Bd. II Vorbemerkungen zu den §§ 19-32, N. 1 und 6, S. 2, 4). Dementsprechend schreibt Ziffer 2 der Dienstanleitung zum Steuergesetz vor, dass die Mietwerte selbstbenützter Liegenschaften durch Vergleich mit Mietzinsen für ähnliche Liegenschaften zu ermitteln seien; nur wenn Vergleichsmöglichkeiten BGE 103 Ia 107 S. 110 fehlen, ist der Mietwert zu schätzen. Die frühere Ziffer 84 DA, wonach der Eigenmietwert von Einfamilienhäusern nicht nach der Vergleichsmethode, sondern nach der Nettomethode zu bestimmen sei, ist übrigens von der Oberrekurskommission sogar als gesetzwidrig erklärt (RB 1958 Nr. 9) und in der Folge aufgehoben worden (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, a.a.O. N. 21 zu § 20 StG , S. 249). Die heute geltenden Bestimmungen der Dienstanleitung stehen nunmehr mit Sinn und Zweck des Steuergesetzes in Einklang, weshalb es sich auch erübrigt, auf den Einwand einzutreten, die Dienstanweisung binde lediglich die Einschätzungsbehörden. Schliesslich stellt auch das Kreisschreiben der kantonalen Finanzdirektion vom 23. September 1970 unzweideutig die Methode des Vergleichs mit Mietzinsen ähnlicher Liegenschaften in den Vordergrund; die Bildung von Regionen für die Einkommensschätzung auf Grund des Basiswertes hat nur subsidiäre Bedeutung. Die bei der Einschätzung des Beschwerdeführers angewandte Methode entspricht somit klarerweise sowohl dem Steuergesetz wie auch sämtlichen in Betracht fallenden Ausführungserlassen. b) Der Hauptstandpunkt des Beschwerdeführers geht dahin, die Praxis der zürcherischen Steuerbehörden widerspreche dieser Regelung. Er ist der Auffassung, aus einem Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 30. Oktober 1975 (RB 1975 Nr. 37 = ZBl 77 S. 315 = ZR 75 Nr. 65) ergebe sich eine Durchbrechung des Grundsatzes, wonach die Vergleichsmethode primär anwendbar sei. Bei dieser Sachlage habe der Beschwerdeführer nach dem Prinzip der sogenannten speziellen Rechtsgleichheit, das demjenigen der Gesetzmässigkeit der Verwaltung vorgehe, Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom geschriebenen Recht auf Grund der Basiswert-Methode eingeschätzt zu werden. Es ist richtig, dass das Verwaltungsgericht bei der Behandlung des vorstehend zitierten Falles einen Amtsbericht der Finanzdirektion eingeholt hat, aus dem sich ergab, dass bei der Steuereinschätzung 1971 der Mietwert selbstbenützter Einfamilienhäuser nur in ganz wenigen Ausnahmefällen, wie bei Reiheneinfamilienhäusern, auf Grund vergleichbarer Mietzinse festgelegt wurde; im übrigen wurde er fast ausschliesslich auf Grund des Basiswertes geschätzt. Das Verwaltungsgericht hat in jenem Falle angenommen, die Einschätzungsbehörden BGE 103 Ia 107 S. 111 hätten die massgebenden Bestimmungen verletzt. Es räumte jedoch ein, dass dann, wenn die Behörden die Aufgabe einer als gesetzwidrig erkannten Praxis ablehnten, der Bürger nach bundesgerichtlicher Praxis verlangen könne, dass die Begünstigung, die Dritten zuteil wurde, auch ihm gewährt werde ( BGE 99 Ib 291 E. 3c; 383 E. 5b; BGE 98 Ia 161 E. 7b). Das Verwaltungsgericht hat daher auf Grund dieser Erwägung die Beschwerde des Eigentümers eines Einfamilienhauses gegen die Einschätzung auf Grund der Vergleichsmethode gutgeheissen. Nun stellt aber das Verwaltungsgericht im hier angefochtenen Urteil vom 16. Dezember 1976 nicht etwa fest, die Einschätzungsbehörden hätten an der offenbar für das Jahr 1971 angewandten, mindestens teilweise gesetzwidrigen Einschätzungsmethode festgehalten; es führt gegenteils aus, bei der Steuereinschätzung 1974 sei der Eigenmietwert von Eigentumswohnungen in der Regel auf Grund vergleichbarer Mietzinse geschätzt worden, was nicht nur § 20 StG und der Dienstanweisung, sondern auch einem Beschluss der Konferenz der Abteilungschefs des kantonalen Steueramtes vom 6. Dezember 1971 entspreche. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was diese tatsächliche Feststellung des Verwaltungsgerichtes als willkürlich erscheinen liesse. Es kann somit jedenfalls nicht gesagt werden, die zürcherischen Steuerbehörden hielten an einer gesetzwidrigen Praxis fest, womit der allfällige Anspruch des Beschwerdeführers, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden, im vornherein entfällt. Im übrigen ist zu betonen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichtes vom 30. Oktober 1975, auf den sich der Beschwerdeführer beruft, nicht die Einschätzung von Wohnungen im Stockwerkeigentum, sondern diejenige von Einfamilienhäusern betrifft. Der Beschwerdeführer macht geltend, eine Differenzierung zwischen der Bewertung von Einfamilienhäusern und von Wohnungen im Stockwerkeigentum lasse sich mit sachlichen Gründen nicht rechtfertigen und erscheine deshalb als willkürlich. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Wohl steht das Stockwerkeigentum rein zivilrechtlich dem Eigentum an einem Einfamilienhaus nahe und ist auch die wirtschaftliche Verwandtschaft zwischen den beiden Eigentumsformen nicht zu verkennen. Anderseits bestehen doch auch wesentliche Unterschiede. Diese zeigen sich vor allem in BGE 103 Ia 107 S. 112 baulicher Hinsicht, tritt doch eine Eigentumswohnung nicht als selbständiges Gebäude in Erscheinung, sondern als Teil eines meist grösseren Wohnblocks. Hinzu kommen auch Unterschiede auf rechtlichem und wirtschaftlichem Gebiet, die darin bestehen, dass Stockwerkeigentum ohne gemeinschaftlich benützte Räume und damit ohne eine gewisse Bindung zwischen den einzelnen Eigentümern praktisch nicht denkbar ist (vgl. Art. 712g-712t ZGB ). Der Eigentümer einer Stockwerkswohnung nimmt somit eine Zwischenstellung zwischen demjenigen eines Einfamilienhauses und einem Wohnungsmieter ein. Es können daher hinsichtlich der Frage, welcher dieser beiden Gruppen er mangels besonderer Bestimmungen steuerrechtlich gleichzustellen sei, in guten Treuen zweierlei Auffassungen vertreten werden. Jedenfalls kann nicht gesagt werden, für eine steuerliche Angleichung an die Mietwohnungen fehle jeder ernsthafte sachliche Grund. Dies gilt umso mehr, als im Steuerrecht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, derjenigen Methode der Vorzug zu geben ist, die zuverlässiger als eine andere zum richtigen, d.h. gesetzmässigen Ergebnis führt. Der wahre Mietwert einer Eigentumswohnung lässt sich aber unzweifelhaft am besten bestimmen, wenn von den Mietzinsen ähnlicher, nicht verkaufter, sondern vermieteter Wohnungen der nämlichen Überbauung ausgegangen wird, wie dies hier geschehen ist. Wohl ist es richtig, dass dadurch eine gewisse Benachteiligung der Eigentümer von Stockwerkswohnungen gegenüber denjenigen von Einfamilienhäusern eintritt. Allein diese ist sachlich begründet durch die Tatsache, dass für Einfamilienhäuser häufig keine vergleichbaren Mietobjekte bestehen. Wird aber nur aus diesem rein objektiven Grunde bei der Schätzung des anrechenbaren Mietwertes von Einfamilienhäusern eine andere Methode angewendet als bei derjenigen von Stockwerkeigentum, dann wird nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt ( BGE 94 I 654 ). Schliesslich fällt in Betracht, dass gerade bei Reiheneinfamilienhäusern, die sich noch am ehesten mit Wohnungen mit Stockwerkeigentum vergleichen lassen, die Einschätzungsmethode nach dem Basiswert nie die absolute Regel gebildet hat, wie sich dem mehrfach zitierten Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 30. Oktober 1975 entnehmen lässt (RB 1975 S. 58). Aus allen diesen Gründen kann nicht davon BGE 103 Ia 107 S. 113 die Rede sein, dass die Einschätzung der Wohnung des Beschwerdeführers nach den für vergleichbare Mietwohnungen in der nämlichen Überbauung erzielten Mietzinsen eine Rechtsungleichheit darstellen würde oder willkürlich wäre. Rechtsungleichheit wäre nur dann anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer als einziger nach der Vergleichsmethode, die übrigen Wohnungseigentümer der Überbauung dagegen nach der Basiswert-Methode eingeschätzt worden wären; dies behauptet der Beschwerdeführer aber selbst nicht. c) Der Beschwerdeführer beruft sich schliesslich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Er macht geltend, von behördlicher Seite dahin informiert worden zu sein, dass der Eigenmietwert seiner im Stockwerkeigentum stehenden Wohnung steuerlich nach der Basiswert-Methode ermittelt werde; diese Auskünfte seien für ihn bei der Entschlussfassung hinsichtlich des Kaufes von Bedeutung gewesen. Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine unrichtige Auskunft oder Zusicherung, welche eine Behörde dem Bürger erteilt hat, unter gewissen Umständen bindend. Zu diesen Voraussetzungen gehört, dass die Amtsstelle, welche die Auskunft gegeben hat, für die Auskunfterteilung zuständig war, dass der Bürger die Unrichtigkeit des Bescheides nicht ohne weiteres erkennen konnte und dass er im Vertrauen auf die Auskunft eine nicht wieder rückgängig zu machende Disposition getroffen hat ( BGE 101 Ia 323 E. 3; BGE 98 Ia 462 E. 2, BGE 96 I 15 E. 2). Der Beschwerdeführer beruft sich in erster Linie darauf, er habe sich im Jahre 1970, also vor dem Kauf der Eigentumswohnung, beim Steuersekretär seiner damaligen Wohngemeinde E. nach dem Steuermodus für Eigentumswohnungen erkundigt, worauf jener ihm die Basiswert-Methode erklärt habe. Er bemerkt weiter, es sei unbestritten, "dass der Steuersekretär in E. im Jahre 1970 grundsätzlich keine verbindliche Auskunft über die Steuereinschätzung 1973 in S. erteilen konnte"; es werde nur geltend gemacht, er, der Beschwerdeführer, habe vor dem Kauf der Wohnung eine Auskunft über die steuerliche Behandlung einer Eigentumswohnung erhalten, die sich auf die im Kanton Zürich übliche Mietwertbemessung für Einfamilienhäuser bezogen habe. Nachdem er sich ausdrücklich wegen der Besteuerung von Eigentumswohnungen erkundigt und keinen Anlass gehabt habe, an der Gleichbehandlung BGE 103 Ia 107 S. 114 "sämtlicher Eigenheime" zu zweifeln, habe er geglaubt, sich auf die "verbindliche Auskunft" des Steuersekretärs verlassen zu können. Nach der vorstehend dargelegten Rechtsprechung kann sich nur derjenige auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, der die unrichtige Auskunft von einer zuständigen Amtsstelle erhalten hat ( BGE 98 Ia 463 ; BGE 96 I 15 ). Es ist unbestritten, dass der Steuersekretär der Gemeinde E. für die Steuereinschätzung des Beschwerdeführers nach der Übersiedlung nach S. nicht zuständig war. Schon aus diesem Grunde findet die Berufung auf den Vertrauensschutz hier keinen Platz. Damit steht in Zusammenhang, dass nach Lehre und Rechtsprechung nur eine Auskunft verbindlich ist, die sich auf eine konkrete, den betreffenden Bürger betreffende eigene Angelegenheit bezieht (IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, N. III/a zu Nr. 75 S. 469). Gerade eine solche konkrete Auskunft in eigener Sache hat jedoch der Beschwerdeführer nach seiner eigenen Darstellung nicht erhalten, sondern lediglich allgemein gehaltene Angaben über die steuerliche Bewertung von Liegenschaften, wobei erst noch unklar ist, ob sich diese Auskunft überhaupt speziell auf Eigentumswohnungen oder nicht vielmehr bloss auf Liegenschaften im allgemeinen bezog. Weitere Ausführungen des Beschwerdeführers betreffen Auskünfte, die er oder andere Personen beim Gemeindesteueramt S. erhalten haben sollen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, es sei klar, dass die Formulare, die der Beschwerdeführer dort erhalten habe, in ihm kein Vertrauen auf die Anwendung der Basiswert-Methode hätten schaffen können. Der Beschwerdeführer unterlässt es darzulegen, weshalb diese Erwägung willkürlich sein sollte. Es trifft denn auch offensichtlich zu, dass die mündlichen oder schriftlichen Auskünfte des Gemeindesteueramtes S. dem Beschwerdeführer nach dem Erwerb der Eigentumswohnung erteilt wurden. Auf den Grundsatz von Treu und Glauben könnte er sich jedoch nur berufen, wenn er die fragliche Disposition gestützt auf diese Auskünfte getroffen hätte ( BGE 98 Ia 432 E. 3, 636 E. 6; IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Bd. I, S. 468, N. II). d) Aus allen diesen Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
44270aba-72f1-48e4-9577-d4381575523c
Urteilskopf 104 Ib 280 45. Estratto della sentenza 3 marzo 1978 nella causa X. contro Amministrazione federale delle contribuzioni (Divisione principale tasse di bollo e imposta preventiva)
Regeste BG vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG). 1. Begriff der Bank und der inländischen juristischen Person im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 VStG (E. 4). 2. Übergang der dem Steuerpflichtigen zustehenden Rückgriffsansprüche auf den Bund ( Art. 46 Abs. 1 VStG ); Sachlage im konkreten Fall und zusätzliche Anwendbarkeit des Art. 12 VStrR (E. 5 und 6). 3. Sicherstellung gemäss Art. 47 VStG : Begriff der "Steuer" im Sinne dieser Bestimmung und Voraussetzungen, die eine solche Sicherstellung erlauben (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 280 BGE 104 Ib 280 S. 280 La FVA era un'Anstalt con sede nel Principato del Liechtenstein, fondata nel 1965 con un capitale di Fr. 25'000.-. Due dei suoi amministratori erano contemporaneamente azionisti, membri del Consiglio di amministrazione e funzionari della Banca B. Da indagini effettuate nella primavera del 1977, è BGE 104 Ib 280 S. 281 risultato tuttavia che, nel Liechtenstein, la FVA aveva soltanto sede statutaria, ma non vi esercitava alcuna attività commerciale, né vi possedeva uffici propri. La direzione effettiva era infatti assicurata in Svizzera, dove l'Anstalt disponeva di un'azienda commerciale sviluppata e ben organizzata di tipo bancario che si serviva del personale della Banca B. per incassare, versare interessi ed eventualmente rimborsare somme di denaro a clienti svizzeri e stranieri; essa, inoltre, possedeva uffici propri nel Cantone Ticino presso la C. S.A. (una filiale della Banca B.), ove teneva tra l'altro i suoi libri contabili. Nel corso degli anni 1965/1977, la FVA ha ricevuto somme di denaro a termine (per 3, 6, 9 o 12 mesi) contro interesse leggermente superiore a quello praticato sull'euromercato da oltre mille clienti, e per un ammontare complessivo di circa 240 milioni di Fr.; tali somme erano poi state investite in altre imprese sparse in tutto il mondo. Dal 1974, tuttavia, sono state registrate anche importanti perdite che, a fine febbraio 1977, ammontavano a circa 120 milioni di Fr. Per la raccolta dei fondi, l'Anstalt procedeva tramite i funzionari della Banca B. (segretariato, cassa, servizio clientela), i quali offrivano ai probabili clienti la possibilità di investire capitali senza dover far fronte all'imposta preventiva; se tali clienti accettavano l'offerta, i loro versamenti erano effettuati presso la Banca B., e poi accreditati alla FVA a favore del singolo cliente, sotto un numero di conto fissato dalla Banca stessa. I corrispondenti giustificativi erano poi trasmessi alla direzione generale della Banca B. nonché alla contabile della FVA, che eseguiva le necessarie registrazioni e, di volta in volta, calcolava i relativi interessi. Secondo gli accertamenti dell'Amministrazione federale delle contribuzioni (AFC), dal 1972 al 1977, la FVA ha cosi corrisposto ai suoi clienti interessi per un valore globale di circa 62 milioni di Fr. Dopo la concessione di una moratoria concordataria da parte del Tribunale del Principato del Liechtenstein (28 febbraio 1977), la FVA è stata dichiarata fallita il 25 maggio successivo. Fondandosi sulla descritta fattispecie, l'AFC ha ritenuto che la FVA era una banca o una cassa di risparmio svizzera ai sensi dell'art. 9 cpv. 1 et 2 LIP e che, di conseguenza, gli interessi maturati sugli averi dei suoi clienti erano soggetti all'imposta preventiva giusta l'art. 4 della stessa legge. Considerato tuttavia BGE 104 Ib 280 S. 282 che la FVA non aveva mai dedotto detta imposta da tali interessi, né aveva quindi provveduto ad addossarla ai singoli clienti, l'autorità federale ha reputato altresì che, con la concessione della moratoria concordataria, i diritti di regresso spettanti alla contribuente nei confronti dei beneficiari erano passati alla Confederazione giusta l'art. 46 cpv. 1 LIP e, con decisioni 2 maggio 1977, ha fatto valere le sue pretese direttamente presso i clienti dell'Anstalt. Nel contempo, l'AFC (richiamandosi all'art. 47 cpv. 1 lett. a o b LIP) ha ordinato a detti clienti la costituzione di garanzie a copertura dell'imposta preventiva da essi dovuta; le relative decisioni sono state eseguite il 5 maggio 1977 mediante sequestro presso la Banca B. e una succursale della Banca D. di titoli e beni mobiliari ivi depositati, nonché di averi, conti e depositi fiduciari appartenenti ai clienti della FVA. In parte, tuttavia, tali sequestri sono poi stati revocati in seguito al pagamento dell'imposta, con o senza riserva di reclamo. Secondo gli accertamenti dell'AFC, X., residente a Busto Arsizio in Italia, faceva parte dei clienti della FVA. Sul suo conto n. 3202 "VA" sono stati bonificati interessi per un importo complessivo di Fr. 96'200.45 negli anni 1972/1975, e di Fr. 25'312.25 negli anni 1976 e 1977. L'imposta dovuta su tali interessi ammonta, in base ai calcoli dell'autorità federale, a Fr. 37'719.40. Con decisione 2 maggio 1977, richiamandosi all'art. 47 cpv. 1 lett. b LIP, l'AFC ha chiesto al ricorrente la prestazione di garanzie per un ammontare di Fr. 41'400.-, corrispondente all'imposta dovuta, più un supplemento del 10% per gli interessi e le spese. Detta decisione è stata notificata alla Banca B., per il titolare del cennato conto, il 5 maggio 1977. Con tempestivo ricorso di diritto amministrativo, X. ha impugnato codesta pronunzia, chiedendo al Tribunale federale di annullarla. Al gravame è allegata copia fotostatica di un contratto di cessione del 30 marzo 1977, da cui risulta - tra l'altro - che il ricorrente aveva ceduto i suoi diritti sul conto in rassegna alla E. AG in Glarona, con effetto al 24 febbraio 1977. Erwägungen Considerando in diritto: 3. Nell'atto ricorsuale, si legge altresì che l'imposta preventiva oggi richiesta è sicuramente già stata pagata a suo tempo dalla Banca B. o dalla stessa FVA. Anche questa pretesa BGE 104 Ib 280 S. 283 è tuttavia manifestamente insostenibile, già per il fatto che il sistema scelto dall'Anstalt mirava direttamente alla sottrazione dell'imposta, cosi come risulta dalle assicurazioni che i funzionari della B. rilasciavano agli interessati prima che questi effettuassero eventuali investimenti. D'altro canto, anche il tasso d'interesse promesso non autorizzava a supporre che la FVA potesse addirittura pagare l'imposta senza dedurla dagli interessi versati, ed anche il ricorrente (peraltro a ragione) non invoca argomenti di questo tipo, né pretende d'aver creduto a un modo di pagamento che non implicasse traslazione alcuna. 4. Giusta l'art. 4 cpv. 1 lett. d LIP, l'imposta preventiva ha per oggetto gli interessi (ed altri redditi) da averi di clienti presso banche e casse di risparmio svizzere. L'obbligazione fiscale spetta dunque alla banca o alla cassa di risparmio (art. 10 cpv. 1 LIP). a) A mente dell'art. 9 cpv. 1, 2a frase della stessa legge, sono considerate domiciliate in Svizzera ai sensi dell'art. 4 anche le persone giuridiche o le società commerciali senza personalità, la cui sede statutaria si trova all'estero, ma che di fatto hanno la direzione e svolgono un'attività in Svizzera. Orbene, come accertato dall'AFC, nel Principato del Liechtenstein, l'Anstalt aveva una semplice sede statutaria, mentre la direzione effettiva era assicurata in Svizzera ove possedeva uffici propri (presso la C. S.A.) ed esercitava una vera e propria attività commerciale. Ai fini della riscossione dell'imposta preventiva, la FVA deve quindi esser considerata svizzera (o domiciliata in Svizzera) giusta l'art. 9 cpv. 1, 2a frase LIP. b) In virtù dell'art. 9 cpv. 2, la frase LIP, si considera banca o cassa risparmio chiunque offre pubblicamente di accettare denari fruttiferi o accetta in modo continuo denari dietro interesse. È pacifico quindi che l'accettazione pianificata e continua di somme di denaro per un ammontare complessivo di 240 milioni di franchi in 12 anni rientra chiaramente nell'ambito di questa norma. Se si guarda poi alla collaborazione messa in atto dalla FVA con la Banca B. onde contattare i futuri clienti, l'indole bancaria della sua attività s'avvera persino manifesta, anche se, per ovvi motivi, detta attività non era riconoscibile come tale da chicchessia (la FVA, infatti, non aveva aperto sportelli al pubblico, né era apparsa quale conduttrice dei locali appigionati). In queste circostanze, ed in mancanza di qualsiasi allegazione che potrebbe eventualmente infirmare gli accertamenti BGE 104 Ib 280 S. 284 dell'autorità federale, è giocoforza concludere che la FVA era soggetta all'imposta preventiva per gli interessi maturati sugli averi dei clienti, giusta l'art. 4 cpv. 1 lett. d LIP. 5. Il soggetto fiscale, ovvero il debitore della prestazione imponibile (art. 10 LIP), è tenuto ad addossare (trasferire) l'imposta (traslazione, Überwälzung) al beneficiario di codesta prestazione in virtù dell'art. 14 LIP; l'imposta preventiva va infatti dedotta all'atto del pagamento, della girata, dell'accreditamento o del computo della prestazione imponibile, senza riguardo alla persona del beneficiario. Se il contribuente non ha però provveduto a soddisfare tale obbligo, ed è dichiarato fallito, o se, in una esecuzione promossa nei suoi confronti, è chiesto il pignoramento, i diritti di regresso che gli competono passano alla Confederazione, sino a concorrenza dell'imposta non ancora pagata (art. 46 cpv. 1 LIP). Nel caso in esame, è pacifico e d'altronde palese che la FVA, quale contribuente, non ha dedotto l'imposta preventiva dagli interessi maturati sugli averi dei suoi clienti e, con ciò, non ha quindi soddisfatto all'obbligo di traslazione impostole dalla legge. Tuttavia, nel momento in cui l'AFC ha fatto valere le sue pretese giusta l'art. 46 cpv. 1 LIP direttamente presso i clienti della banca (2 maggio 1977), mancava ancora la dichiarazione di fallimento; quest'ultimo infatti è stato aperto soltanto il 25 maggio successivo, cosicché solo a questo punto le due condizioni poste dall'art. 46 cpv. 1 LIP erano pacificamente adempiute. Ai fini del giudizio, questa circostanza non è però determinante: in effetti, anche se l'autorità federale ha fatto valere i diritti di regresso nei confronti dei beneficiari con un certo anticipo, non v'è motivo alcuno per annullare le relative decisioni del 2 maggio, dappoiché tali diritti sono effettivamente passati alla Confederazione il 25 maggio successivo. Può cosi rimanere indecisa la questione di sapere se, interpretando estensivamente l'art. 46 cpv. 1 LIP, l'apertura di una procedura di concordato (quale forma speciale ed attenuata dell'esecuzione forzata) già possa consentire alla Confederazione di prevalersi dei diritti di regresso che normalmente competono al soggetto fiscale (cfr. PFUND/SALZGEBER/STOCKAR, Die Praxis der Bundessteuern, II Teil: Stempelabgaben und Verrechnungssteuer, vol. I, ad art. 46 cpv. 1 LIP, n. 5). Parimenti ininfluente per l'applicazione dell'art. 46 cpv. 1 LIP è altresì il fatto che la FVA abbia sede statutaria all'estero, BGE 104 Ib 280 S. 285 per cui il fallimento non è stato aperto in Svizzera, ma nel Principato del Liechtenstein. È palese, infatti, che il trasferimento dei diritti di regresso di cui alla norma testé citata debba potersi perfezionare anche se la fallita è una persona giuridica con sede statutaria all'estero giusta l'art. 9 cpv. 1, 2a frase LIP. Ne discende che i diritti di regresso spettanti alla FVA quale contribuente sono ormai passati alla Confederazione, per cui l'AFC era senz'altro legittimata a far valere codesti diritti nei confronti dei clienti della banca, ovvero dei singoli beneficiari delle prestazioni imponibili. 6. A mente dell'autorità federale, le pretese fatte valere nel concreto caso potrebbero fondarsi non solo sull'art. 46 cpv. 1 LIP, ma anche sull'art. 12 cpv. 1 e 2 DPA. Secondo questa disposizione, infatti, se una tassa non è stata riscossa a torto per effetto di un'infrazione alla legislazione amministrativa della Confederazione, essa deve comunque esser pagata indipendentemente dalla punibilità di una data persona (cpv. 1). Obbligata al pagamento è la persona che ha fruito dell'indebito profitto (cpv. 2). L'opinione dell'AFC s'avvera senz'altro esatta. In effetti, se il contribuente di cui all'art. 10 cpv. 1 LIP non assolve il debito fiscale e non soddisfa quindi all'obbligo di traslazione, ma fornisce la prestazione imponibile senza deduzione alcuna, il beneficiario di codesta prestazione gode ovviamente d'un indebito profitto: detto beneficiario, ovvero il cliente della banca, deve quindi pagare l'imposta alla Confederazione anche in virtù dell'art. 12 cpv. 1 e 2 DPA. 7. Giusta l'art. 47 cpv. 1 LIP, l'AFC può esigere garanzie per le imposte, gli interessi e le spese, anche se non siano ancora determinati con decisione passata in giudicato né scaduti, quando l'esazione appare in pericolo (lett. a), quando il debitore dell'imposta non ha domicilio in Svizzera o si appresta ad abbandonare il domicilio in Svizzera o prende disposizioni per farsi radiare dal registro di commercio (lett. b) e, infine, quando detto debitore è in mora con il pagamento o lo è stato a più riprese (lett. c). a) Anche se la cennata disposizione contempla unicamente la nozione di "imposta", mentre le pretese che la Confederazione può far valere nei confronti dei beneficiari sono designate all'art. 46 quali "diritti di regresso", non v'è ragione alcuna per eventualmente pretendere che la costituzione di garanzie possa esser ordinata soltanto al debitore primario dell'imposta e non BGE 104 Ib 280 S. 286 altresì al beneficiario della prestazione imponibile cui l'imposta stessa, se non pagata né addossata, può esser direttamente richiesta in virtù degli art. 12 DPA e 46 cpv. 1 LIP. Il concetto d'"imposta", infatti, deve qui esser recepito in senso esteso, siccome designante qualsiasi pretesa dello Stato nel campo dell'esazione tributaria, e ciò anche se detta pretesa non è avanzata nei confronti del contribuente, ma è fatta valere - in forma di diritto di regresso - nei confronti del beneficiario della prestazione imponibile cui l'imposta stessa non è stata previamente addossata. Un'interpretazione più restrittiva dell'art. 47 LIP, che vorrebbe limitare la possibilità di chiedere garanzie unicamente per salvaguardare l'adempimento dell'obbligazione fiscale, escludendo invece l'esercizio dei diritti di regresso sarebbe infatti contraria alla ratio legis della norma e s'avvererebbe poi ancor meno accettabile se si pensa che la cennata richiesta tende a garantire una pretesa inerente all'imposta sottratta che compete pacificamente alla Confederazione giusta gli art. 46 cpv. 1 LIP e/o 12 DPA. b) Per quanto concerne le condizioni poste dall'art. 47 cpv. 1 lett. a, b e c, giova poi costatare che le stesse sono incontestabilmente alternative: l'adempimento dell'una autorizza quindi l'AFC ad "esigere garanzie per le imposte, gli interessi e le spese, anche se non siano ancora determinati con decisione passata in giudicato, né scaduti". Nel concreto caso, il ricorrente non ha domicilio in Svizzera, bensì a Busto Arsizio in Italia: a non averne dubbi, la sua situazione è quindi retta dall'art. 47 cpv. 1 lett. b LIP. 8. Con contratto 30 marzo 1977, il ricorrente (come d'altronde altri clienti della Banca B.) ha ceduto i suoi diritti ed i suoi crediti nei confronti della stessa Banca, della FVA e della F. S.A. alla E., società anonima con sede a Glarona ove il dott. Y. è amministratore unico con firma individuale. Tuttavia, detta cessione è stata operata a titolo fiduciario poiché la cessionaria avrebbe dovuto agire in pratica quale "rappresentante" del cedente; dal relativo contratto prodotto col gravame, si desume infatti che la E. AG s'era impegnata a riversare al cedente l'intero ricavo che sarebbe stato "distribuito o ottenuto dalle procedure contro i debitori, dedotte le spese". Ai fini del giudizio, l'avvenuta cessione di diritti e crediti è tuttavia ininfluente; in effetti, l'imposta preventiva dovuta sugli interessi bonificati o corrisposti prima della cennata cessione BGE 104 Ib 280 S. 287 deve comunque esser pagata dai beneficiari di codesti interessi, ovvero dai cedenti già titolari dei conti in rassegna, e non dalla cessionaria cui i diritti su tali conti sono stati ceduti soltanto in seguito. È pacifico, quindi, che la cessione fiduciaria operata dal ricorrente e da altri clienti della Banca B. a favore della E. AG non può neppure influire sull'obbligo di prestare garanzie "per le imposte, gli interessi e le spese" sancito dall'art. 47 cpv. 1 LIP. 9. Per le considerazioni che precedono, l'impugnata richiesta di garanzie appare giustificata e conforme alle prescrizioni determinanti del diritto federale, cosicché il ricorso, chiaramente infondato, dev'essere respinto. Ciò non pregiudica, tuttavia, le questioni relative all'esistenza e all'estensione del credito fiscale che, nell'ambito di questa procedura, a sé stante e di natura cautelare, non devono esser definitivamente risolte (cfr. ASA 45, pag. 40 segg. e riferimenti). Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto.
public_law
nan
it
1,978
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
44287192-86d1-488d-9210-7f87654d3781
Urteilskopf 115 Ia 325 50. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1989 i.S. P. gegen Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; unentgeltliche Rechtspflege, Bedürftigkeit des obhutsberechtigten Elternteils. Stellt ein obhutsberechtigter Elternteil, dessen Beitrag an den Unterhalt der Kinder nur in der Pflege und Erziehung besteht, ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, so ist bei der Abklärung seiner Bedürftigkeit nur sein eigenes Einkommen zu berücksichtigen. In seiner Notbedarfsrechnung sind demzufolge die Kinderzuschläge ausser acht zu lassen.
Erwägungen ab Seite 326 BGE 115 Ia 325 S. 326 Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin bringt nur vor, es sei nicht zulässig, die vom Unterhaltspflichtigen bezahlten Unterhaltsbeiträge für die Kinder zum Einkommen der Obhutsinhaberin hinzuzuzählen, wenn es darum gehe, ihre eigene Bedürftigkeit im Armenrechtsverfahren abzuklären, da der Unterhaltsbeitrag gemäss Art. 289 Abs. 1 ZGB dem Kind zustehe. Logischerweise wären dann die Kinderzuschläge bei den Auslagen auch nicht zu berücksichtigen, sofern die obhutsberechtigte Mutter ihren Beitrag an den Unterhalt der Kinder durch deren Pflege und Erziehung erbringe, was hier zutreffe. Zudem müsste sie sich einen Abzug am Mietzins gefallen lassen, wenn - anders als im vorliegenden Fall - die Wohnung für eine Einzelperson zu gross und zu teuer wäre. a) Wäre das Begehren der Beschwerdeführerin nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, könnte ihrer Auffassung nicht gefolgt werden, obwohl vieles dafür spräche. Indessen steht dem Bundesgericht in dieser Frage die freie Prüfung zu. Das Bundesgericht hat bereits festgehalten, dass bei der Beurteilung der Bedürftigkeit einer Partei, die um die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege nachsucht, grundsätzlich nur deren eigene Mittel sowie allenfalls die Beiträge der ihr gegenüber unterstützungspflichtigen Personen massgeblich sein können ( BGE 108 Ia 9 ff.). Diesem Entscheid lag allerdings ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde. Dennoch kann nicht übersehen werden, dass es sich beim darin ausgesprochenen Gedanken um einen Grundsatz von allgemeiner Tragweite handelt. Ausgehend von diesem Grundsatz ist sodann hervorzuheben, dass die Kinderalimente, die der nicht obhutsberechtigte Elternteil an den Unterhalt der Kinder beisteuert, für deren Bedarf verwendet werden sollen (vgl. Art. 276 ff., insbesondere Art. 276 Abs. 2 und 285 ZGB ). Bei diesen Beiträgen handelt es sich von Gesetzes wegen um gebundene Mittel, die dem obhutsberechtigten Elternteil nicht etwa dazu dienen dürfen, eigene Schulden zu decken oder den BGE 115 Ia 325 S. 327 eigenen Lebensstandard zu verbessern. Dementsprechend sieht das Gesetz in Art. 289 ZGB denn auch vor, dass der Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag dem Kinde selber zusteht. Dieser Beitrag beruht auf besonderen rechtlichen Grundlagen und folgt mit Bezug auf seine Abänderbarkeit eigenen Grundsätzen ( Art. 153 und 286 ZGB ). Es darf deshalb in der Frage der Unterhaltsdeckung nicht ohne weiteres eine generelle wirtschaftliche Schicksalsgemeinschaft zwischen den Kindern und dem obhutsberechtigten Elternteil angenommen werden. Angesichts der Selbständigkeit und der besonderen Ausgestaltung dieser Unterhaltsleistungen ist es vielmehr gerechtfertigt, sie auch bei Erstellung der Bedarfsrechnung im Sinne von Art. 152 OG getrennt zu betrachten. Dieses Vorgehen deckt sich im Ergebnis mit dem Grundsatz, wie er durch die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung umschrieben worden ist ( BGE 108 Ia 9 ff.). Es liegen indessen auch kantonale Urteile vor, in denen ausgehend von Art. 289 ZGB erkannt worden ist, dass die Unterhaltsbeiträge der Kinder nicht zum Einkommen des obhutsberechtigten Elternteils gerechnet werden dürften, wenn dessen Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege abgeklärt werden muss (so etwa das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 24. August 1988). Dabei ist freilich auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich im Haushalt des obhutsberechtigten Ehegatten mit den Kindern weitere Familienmitglieder befinden, die aus ihrem Einkommen, nämlich den Alimenten, an die Auslagen des gemeinsamen Haushalts beitragen. Tatsächlich ist darin unter anderem auch ein Beitrag an die gemeinsamen Wohnkosten, die Versicherungen usw. enthalten, wodurch sich die Kosten, die der obhutsberechtigte Elternteil letztlich selbst zu tragen hat, entsprechend ermässigen. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat daher angeregt, bei der Bemessung des Notbedarfs des Gesuchstellers als Ausgleich die Kinderzuschläge wegzulassen, wenn er seinen Beitrag an den Unterhalt der Kinder ausschliesslich durch Pflege und Erziehung erbringt, und eine angemessene Kürzung des Mietzinses und der Krankenkassenbeiträge vorzunehmen. Wie sich eine solche Ermässigung im Einzelfall auswirkt, kann naturgemäss immer nur annähernd bestimmt werden, weshalb ihre Festsetzung dem richterlichen Ermessen anheimgestellt bleiben muss ( Art. 4 ZGB ). Demgegenüber weist diese Betrachtungsweise den beachtlichen Vorteil auf, dass nur der erweiterte Notbedarf des gesuchstellenden Ehegatten mit dessen eigenem BGE 115 Ia 325 S. 328 Einkommen und allfälligem Vermögen zu vergleichen ist, während die meist schematisch festgesetzten Kinderunterhaltsbeiträge, aber auch der verhältnismässig niedrige Notbedarf für Kinder ausser Betracht bleiben können. Auf diese Weise wird in vielen Fällen - wie mit Recht vorgebracht wird - kein Überschuss mehr zu ermitteln sein, der rein theoretisch zur Bezahlung von Gerichts- und Anwaltskosten verwendbar sein soll. b) Im vorliegenden Fall erhält die Beschwerdeführerin für jedes Kind einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 562.-- (Fr. 444.-- zuzüglich Fr. 118.-- Kinderzulage) pro Monat. Nachdem sie selber nur ein Einkommen von Fr. 2'000.-- brutto bzw. Fr. 1'800.-- netto erzielt, ist davon auszugehen, dass ihr Beitrag an den Unterhalt der Kinder ausschliesslich in Pflege und Erziehung besteht, während der Beitrag des Vaters den finanziellen Bedarf der Kinder zu decken vermag. Ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von Fr. 562.-- pro Kind wird nun aber kaum je einen Überschuss ergeben, der von der Beschwerdeführerin für eigene Bedürfnisse verwendet werden könnte. Auch wenn in den Kinderalimenten ein gewisser Beitrag an die allgemeinen Familienkosten, insbesondere für die Wohnung und die Sozialversicherungen, enthalten sein mag, so heisst das nicht, dass die Kinder darüber hinaus verpflichtet wären, ihren Unterhaltsbeitrag mit der Mutter zu teilen. Falls der obhutsberechtigte Ehegatte selbst überhaupt keinen - wie im vorliegenden Fall - oder nur einen ungenügenden Beitrag erhält, so dass er seinen gebührenden Unterhalt nicht mehr wie bisher bestreiten kann, dürfen die Mittel, die von Gesetzes wegen den Kindern vorbehalten bleiben, nicht für die Bedürfnisse dieses Elternteils verwendet werden. Damit wird zugleich der Gefahr entgegengewirkt - die vom Appellationshof im angefochtenen Entscheid angedeutet worden ist -, dass die Parteien im Scheidungsprozess relativ hohe Kinderalimente vereinbaren, der obhutsberechtigte Elternteil hingegen auf Unterhaltsleistungen verzichtet, um in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege zu gelangen. Werden für die Kinder schliesslich infolge der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen höhere als die üblichen Beiträge geleistet, welche über die erweiterten Bedürfnisse hinausgehen, so müssen die Überschüsse grundsätzlich für den allfälligen Eintritt ausserordentlicher Umstände zugunsten der Kinder zurückgelegt werden (BÜHLER/SPÜHLER, N 289 zu Art. 156 ZGB ). Immerhin lassen sich ausnahmsweise auch Fälle denken, in denen die Kinderalimente das übliche Mass bei weitem übersteigen, so dass neben BGE 115 Ia 325 S. 329 dem gebührenden Unterhalt, dem Beitrag an die Haushaltskosten und einer Rücklage für ausserordentliche Bedürfnisse ein Überschuss verbleibt. Dieser könnte dann dem obhutsberechtigten Elternteil allenfalls in Analogie zu Art. 319 Abs. 1 ZGB zugute kommen. Aber auch derartige Ausnahmefälle - über die hier nicht zu befinden ist - könnten nichts daran ändern, dass die sich in einem vernünftigen Rahmen bewegenden Kinderalimente grundsätzlich nur den Kindern zukommen sollen. c) Aus dem Dargelegten folgt, dass die vom Appellationshof angewendete Berechnungsmethode bei freier Prüfung nicht aufrechterhalten werden kann. Bei Abklärung der Bedürftigkeit eines obhutsberechtigten Elternteils im Zusammenhang mit der Behandlung seines Gesuchs um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege darf demnach - ausser in wenigen Ausnahmefällen - nur sein eigenes Einkommen berücksichtigt werden. Das hat zur Folge, dass die Kinderunterhaltsbeiträge, abgesehen von einem angemessenen Beitrag an die Familienunterhaltskosten, ausser acht zu bleiben haben, dass aber in der Notbedarfsrechnung auch die Kinderzuschläge wegzulassen sind.
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Urteilskopf 104 II 281 47. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Oktober 1978 i.S. Waadt-Versicherungen gegen Martinez Garcia und Lobato Gonzales
Regeste Versicherungsvertrag; Auslegung einer Ausschlussklausel bei einer Unfallversicherung ( Art. 33 VVG ). 1. Die Auslegung einer gefahrenbeschränkenden Abrede richtet sich nach der Bedeutung, die den verwendeten Wörtern im täglichen Sprachgebrauch üblicherweise zukommt (E. 2). 2. Begriff der Schlägerei bzw. des Raufhandels (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 281 BGE 104 II 281 S. 281 In der Nacht vom 14. auf den 15. August 1975 wurde der spanische Staatsangehörige Ramon Martinez Lobato im Personalhaus der Gärtnerei Rathgeb in Nürensdorf von einem Arbeitskollegen, dem Jugoslawen Sukri Serifi, erstochen, nachdem sich die beiden zuvor in einer tätlichen Auseinandersetzung gegenübergestanden hatten, an der auf seiten des Opfers auch dessen Bruder Eleuterio und Gonzalo Pedraz, ebenfalls ein Spanier, beteiligt gewesen waren. Ramon Martinez Lobato war durch eine Kollektiv-Unfallversicherung seines Arbeitgebers bei der "Waadt" versichert. Seine Eltern, Casimiro Martinez Garcia und Petra Lobato Gonzales, erhoben in der Folge Anspruch auf die für den Tod durch Unfall vorgesehene Versicherungssumme, BGE 104 II 281 S. 282 den tausendfachen Taglohn. Die "Waadt" hielt ihnen jedoch entgegen, die tödliche Verletzung ihres Sohnes sei auf einen Raufhandel zurückzuführen und daher gemäss Art. 5 lit. c der Allgemeinen Bedingungen für die Kollektiv-Unfallversicherung (AVB) von der Versicherung ausgeschlossen. Mit Urteil vom 17. Mai 1977 hiess das Bezirksgericht Bülach (II. Abteilung) eine von Casimiro Martinez Garcia und Petra Lobato Gonzales gegen die "Waadt" eingereichte Klage gut und verpflichtete diese, den Klägern Fr. 50'330.- nebst 5% Zins seit 14. August 1975 zu zahlen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, der Messerstich von Sukri Serifi sei nicht als Teil eines Raufhandels zu werten, da die an der vorangegangenen Schlägerei Beteiligten zuvor durch Dritte getrennt worden seien und sich in verschiedene Räume des Personalhauses zurückgezogen hätten. Das Obergericht des Kantons Zürich (I. Zivilkammer) erklärte am 13. März 1978 die von der Beklagten erhobene Berufung für unbegründet, änderte allerdings das erstinstanzliche Urteil insofern ab, als es festlegte, der den Klägern zugesprochene Betrag sei erst vom 21. Januar 1976, dem Tag der Inverzugsetzung, an zu verzinsen. Die Beklagte hat gegen das obergerichtliche Urteil sowohl Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich als auch Berufung an das Bundesgericht erhoben. Mit der Berufung stellt sie folgende Anträge: "1. Ziff. 1 des Urteilsdispositivs der I. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich sei aufzuheben, und es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen; eventuell sei die Klage im Ausmass von Fr. 12'582.50 (1/4 der Versicherungssumme) gutzuheissen. 2. Eventuell sei die Streitsache zur Beweisabnahme und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen." Die Kläger schliessen auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Zu den Geschehnissen, die dem tödlichen Messerstich vorangegangen waren, verweist die Vorinstanz auf die Feststellungen des Bezirksgerichtes. Dieses hatte ausgeführt, man könne davon ausgehen, dass Sukri Serifi von Ramon Martinez Lobato, dessen Bruder Eleuterio und Gonzalo Pedraz im Verlaufe BGE 104 II 281 S. 283 einer tätlichen Auseinandersetzung arg zusammengeschlagen worden sein müsse. Durch das Dazwischentreten weiterer Personen, namentlich des Onkels der Gebrüder Martinez, Florentino Martinez, seien die Streitenden alsdann getrennt worden. Die Spanier hätten sich in die für sie reservierte Küche begeben, während Serifi von seinem Landsmann Arif Limani und einem weiteren Hausbewohner in den Aufenthaltsraum geführt worden sei. In der Folge sei Serifi mit einem Messer in der Hand in die Küche eingedrungen und habe auf die Spanier eingestochen, wobei Ramon Martinez Lobato tödlich verletzt worden sei. Das Bezirksgericht hatte weiter festgehalten, es habe nicht zweifelsfrei abgeklärt werden können, wieviel Zeit zwischen der Trennung der Streitenden und dem Angriff Serifis mit dem Messer verstrichen sei. Nach seiner Ansicht dürfte es sich um wenige Minuten gehandelt haben. Die Vorinstanz stellt unter Hinweis auf die Akten der Bezirksanwaltschaft Bülach, die die Strafuntersuchung gegen Serifi geführt hatte, fest, es seien wenige bzw. einige Minuten gewesen. 2. Gemäss Art. 5 lit. c der AVB der Beklagten sind von der Versicherung unter anderem ausgeschlossen "die bei Schlägereien und Raufhändeln erlittenen Verletzungen". Eine gefahrenbeschränkende Abrede ist nur insofern wirksam, als sie einzelne Ereignisse in bestimmter, unzweideutiger Fassung von der Versicherung ausschliesst ( Art. 33 VVG ). Ob diese Voraussetzung im einzelnen Fall erfüllt sei, beurteilt sich nach der Bedeutung, die den verwendeten Wörtern im täglichen Sprachgebrauch üblicherweise zukommt (so BGE 66 II 191 E. 3; vgl. auch BGE 97 II 74 E. 4). 3. a) Unter einer Schlägerei bzw. einem Raufhandel ist nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch eine tätliche Auseinandersetzung von einer gewissen Geschlossenheit zu verstehen, die sich in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen abspielt. Es herrscht demnach Übereinstimmung mit den hauptsächlichen objektiven Merkmalen des strafrechtlichen Tatbestandes des Raufhandels im Sinne von Art. 133 StGB (vgl. dazu AUFDENBLATTEN, Die Beteiligung am Raufhandel, Diss. Bern 1955, S. 52 ff.). b) Der Ausschluss der bei einer Schlägerei oder einem Raufhandel erlittenen Verletzungen aus dem Versicherungsschutz ist offensichtlich darin begründet, dass die Beklagte nicht für BGE 104 II 281 S. 284 Ereignisse einstehen will, die durch das Verhalten eines Versicherungsnehmers begünstigt wurden. Im vorliegenden Fall ist mithin zunächst zu prüfen, ob der Messerstich von Sukri Serifi als rechtserhebliche Folge der - auch nach Ansicht der Kläger als Schlägerei oder Raufhandel im oben angeführten Sinn zu qualifizierenden - tätlichen Auseinandersetzung erscheine, an der unter anderem auch Ramon Martinez Lobato und Sukri Serifi beteiligt waren. Die Parteien weisen übereinstimmend darauf hin, dass Serifi den Sohn der Kläger gemäss Gutachten der kantonalen Psychiatrischen Klinik Rheinau in einem durch Gewalteinwirkungen bei der vorangegangenen tätlichen Auseinandersetzung verursachten Dämmerzustand erstochen habe und dass es sich bei dieser Tat nicht um eine bewusste Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Kampfes, nicht um eine bewusste Rache gehandelt habe. Zugunsten der Kläger lässt sich daraus indessen nichts ableiten, denn Hiebe, wie sie Serifi bei der Auseinandersetzung mit Ramon Martinez Lobato, dessen Bruder Eleuterio und Gonzalo Pedraz eingesteckt hatte, sind nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus geeignet, einen Menschen die Selbstbeherrschung verlieren zu lassen und dazu zu bringen, dass er seine Gegner im Raum, in den sie sich zurückgezogen haben, mit einem Messer bewaffnet aufsucht, auf sie einsticht und dabei einen von ihnen tödlich verletzt. Ob bis in alle Einzelheiten vorauszusehen gewesen sei, dass sich die Ereignisse, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung der psychischen Verfassung Serifis, genau so abspielen würden, wie es in Wirklichkeit geschehen ist, und ob Serifi den Sohn der Kläger bewusst getötet habe oder nicht, ist für die Rechtserheblichkeit des Kausalzusammenhanges ohne Belang (vgl. BGE 80 II 344 ; im gleichen Sinne auch BGE 103 IV 291 f. E. 2 mit Hinweis). c) Ein rechtserheblicher Zusammenhang zwischen der tätlichen Auseinandersetzung, die zur Verletzung und zum Dämmerzustand Serifis führte, und dem tödlichen Messerstich reicht allerdings nicht aus, das ganze Geschehen als Schlägerei bzw. als Raufhandel zu qualifizieren. Merkmal der Schlägerei oder des Raufhandels ist auch eine zeitliche und örtliche Einheit. Bei objektiver Betrachtung des äusseren Ablaufs und der Entwicklung der psychischen Verfassung Serifis ist jedoch diese Einheit hier trotz der vorübergehenden Trennung der Streitenden BGE 104 II 281 S. 285 zu bejahen, denn zwischen der ursprünglichen tätlichen Auseinandersetzung und dem tödlichen Stich vergingen nach den Feststellungen der Vorinstanz nur einige Minuten und die beiden Vorfälle trugen sich im gleichen Gebäude, nur wenige Meter voneinander entfernt zu. Dass für Arif Limani, Gonzalo Pedraz und Florentino Martinez die Feindseligkeiten mit dem Rückzug der Streitenden in verschiedene Räume beendet waren und dass die Spanier denn auch keine Sicherheitsmassnahmen trafen und insbesondere die Küchentüre unverriegelt liessen, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz unerheblich. 4. Die tätliche Auseinandersetzung zwischen Sukri Serifi und den drei Spaniern und der Messerstich Serifis, durch den der Sohn der Kläger getötet wurde, stellen nach dem Gesagten ein Ganzes dar, das nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch als Raufhandel oder Schlägerei zu bezeichnen ist. Der Tod von Ramon Martinez Lobato ist somit durch die Versicherung der Beklagten nicht gedeckt. Dies führt zur Gutheissung der Berufung und zur Abweisung der Klage. Das Eventualbegehren der Beklagten, die Klage sei in der Höhe eines Viertels der Versicherungssumme gutzuheissen, wird dadurch gegenstandslos, weshalb es sich erübrigt, zur Frage seiner Zulässigkeit Stellung zu nehmen.
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Urteilskopf 83 IV 51 13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1957 i.S. Forster gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 62 MFG, Art. 137 Ziff. 3 StGB . Wer einem Familiengenossen ein Motorfahrzeug zum Gebrauch entwendet, ist von Amtes wegen zu verfolgen; keine analoge Anwendung von Art. 137 Ziff. 3 StGB .
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 83 IV 51 S. 52 A.- Kurt Forster, der seit 17. Januar 1955 bei Metzgermeister Willi Strassmann in Stellung war und von diesem nebst einem Barlohn freie Kost und Logis erhielt, wurde am 29. März 1955 verhaftet, weil er sich gegenüber seinem Arbeitgeber verschiedene Delikte hatte zuschulden kommen lassen. Unter anderem wurde ihm zur Last gelegt, Mitte Februar 1955 heimlich den Personenwagen Strassmanns weggenommen und damit ohne Führerausweis nach St. Gallen gefahren zu sein. Nachdem die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau die Akten dem Bezirksgericht Baden zur Bestrafung Forsters wegen wiederholten Diebstahls, wiederholter, eventuell fortgesetzter Veruntreuung und Widerhandlung gegen Art. 5 Abs. 2 und 62 MFG überwiesen hatte, zog Strassmann den am 29. März 1955 wegen der Vermögensdelikte gestellten Strafantrag zurück. B.- Am 11. Mai 1956 büsste das Bezirksgericht Baden Forster wegen Übertretung des Art. 5 Abs. 2 MFG mit Fr. 50.-. Auf die Anklage nach Art. 62 MFG trat es nicht ein, weil der Rückzug des Strafantrages auch die Entwendung des Motorfahrzeuges erfasse. Der Entwender, der Familiengenosse sei, dürfe nicht schlechter gestellt werden als der Dieb. Auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft sprach das Obergericht des Kantons Aargau Forster am 24. August 1956 ausser der Übertretung des Art. 5 Abs. 2 MFG der Entwendung eines Motorfahrzeuges zum Gebrauch schuldig und bestrafte ihn mit vierzehn Tagen Gefängnis und Fr. 50.- Busse. In der Begründung ging es davon aus, dass das MFG keine Antragsdelikte kenne. Art. 62 MFG bezwecke den Schutz des Strassenverkehrs. Ob der Halter des Fahrzeuges die Bestrafung des Täters wünsche oder nicht, sei unerheblich. C.- Forster führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei insoweit aufzuheben, als es ihn wegen Widerhandlung gegen Art. 62 MFG bestrafe, und es sei die Sache zu neuer Entscheidung BGE 83 IV 51 S. 53 an die Vorinstanz zurückweisen. Art. 62 Abs. 1 MFG verweise hinsichtlich des Diebstahls auf das gemeine Strafrecht. Danach sei der Familiengenosse, der ein Motorfahrzeug stehle, nur auf Antrag zu verfolgen ( Art. 137 Ziff. 3 StGB ), während nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu Art. 62 MFG der Entwender in jedem Fall von Amtes wegen zu bestrafen sei. Das sei unbillig und vom Gesetzgeber nicht gewollt. Es liege eine ethische Unstimmigkeit, eine unechte Gesetzeslücke vor, die gemäss Art. 1 ZGB durch Analogieschluss zugunsten des hausgenössischen Entwenders auszufüllen sei. Das habe zur Folge, dass der Beschwerdeführer nur auf Antrag bestraft werden dürfe. An dieser Prozessvoraussetzung fehle es hier, weswegen das Urteil aufzuheben sei. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Nach Art. 62 Abs. 1 MFG wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu dreitausend Franken bestraft, wer sich ein Motorfahrzeug rechtswidrig zum Gebrauch aneignet, ohne dass der Tatbestand des Diebstahls erfüllt ist. Dass Angehörige oder Familiengenossen nur auf Antrag zu verfolgen seien, sagt das Gesetz nicht und ist ihm auch bei sinngemässer Auslegung nicht zu entnehmen. Daraus folgt, dass der Täter, der einem Hausgenossen ein Motorfahrzeug entwendet und damit ein Vergehen verübt, ohne weiteres der Strafe verfällt, während der Familiengenosse, der einen nach Art. 137 StGB als Verbrechen unter Strafe gestellten Fahrzeugdiebstahl begeht, mangels Antrages des Verletzten straflos bleibt. Darin liegt zwar ein Widerspruch. Indessen steht es dem Richter nicht zu, über die gesetzliche Ordnung hinwegzugehen. Wie das Bundesgericht schon wiederholt entschieden hat, darf eine Gesetzeslücke nicht leichthin angenommen werden (vgl. BGE 74 II 109 , BGE 76 II 62 ). Zurückhaltung ist vorliegend umso mehr am Platz, als der bundesrätliche Entwurf zum MFG, BGE 83 IV 51 S. 54 dessen Art. 59 gleich dem heutigen Art. 62 MFG ausdrücklich den Tatbestand des Diebstahls vorbehielt, im selben Jahr (1931) in parlamentarischer Beratung stand wie derjenige zum StGB, in welchem der Familiengenossendiebstahl bereits als Antragsdelikt ausgestaltet war (Art. 120 Ziff. 2 des Entwurfes). Angesichts dessen anzunehmen, die in der gesetzlichen Ordnung liegende Unstimmigkeit beruhe auf einem Versehen des Gesetzgebers und müsse vom Richter im Weg der Lückenausfüllung behoben werden, wäre jedenfalls nicht unbedenklich. Der Beschwerdeführer lässt zudem ausser acht, dass Art. 62 MFG nicht nur zum Schutz des Fahrzeugeigentümers, sondern auch zur Sicherung des öffentlichen Verkehrs erlassen wurde ( BGE 73 IV 40 , BGE 78 IV 65 ; MKGE 5 Nr. 109). Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, dass die Strasse von Strolchenfahrern frei sei, die - selbst wenn sie nicht betrunken sind - im allgemeinen besonders rücksichtslos und gewissenlos fahren. Solche Erwägungen, wie sie auch in der parlamentarischen Beratung zum Ausdruck kamen (Sten. Bull. NatR 1931, S. 249), sind Art. 137 StGB , der ausschliesslich das Vermögen schützt, fremd. Steht aber die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs in Frage, geht es nicht an, die Verfolgung des Täters von der mehr oder weniger nahen persönlichen Beziehung zwischen diesem und dem Fahrzeugeigentümer und dessen Willenserklärung abhängig zu machen. Ob der Strolchenfahrer mit dem letzteren verwandt ist oder in Hausgemeinschaft lebt, oder ob es sich bei diesem um einen fremden Dritten handelt, ändert an der durch die Entwendung des Motorfahrzeuges geschaffenen Gefahr und der Notwendigkeit ihrer Bekämpfung nicht das Geringste. Ist dem so, liegt das Widersprüchliche der gesetzlichen Ordnung nicht darin, dass der Familiengenosse, der durch Widerhandlung gegen Art. 62 MFG die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs gefährdet, von Amtes wegen verfolgt wird, sondern im Umstand, dass der Dieb, der sich das Motorfahrzeug eines Hausgenossen unrechtmässig aneignet BGE 83 IV 51 S. 55 und damit im allgemeinen für die Öffentlichkeit keine geringere Gefahr schafft als der Strolchenfahrer, bloss auf Antrag zu bestrafen ist. Diese Unstimmigkeit aber kann der Richter nicht in der Weise beheben, dass er Art. 137 Ziff. 3 StGB durch Analogieschluss vorbehaltlos dem Tatbestand der Entwendung eines Motorfahrzeuges zum Gebrauch einfügt. Das hätte eine erhebliche Schwächung der durch Art. 62 MFG geschützten Sicherheit des öffentlichen Verkehrs zur Folge und widerspräche damit der ratio legis. Zwar nimmt der Entwurf des Bundesrates zu einem Bundesgesetz über den Strassenverkehr vom 24. Juni 1955 (BBl. 1955, Bd. II, S. 69) diesen Nachteil insoweit in Kauf, als er in Art. 87 Ziff. 1 Abs. 2 die Bestrafung des Familiengenossen dann vom Antrag des Verletzten abhängig macht, wenn "der Führer den erforderlichen Führerausweis" hatte. Das kann jedoch im vorliegenden Fall zu keinem andern Ergebnis führen. Denn abgesehen davon, dass es sich hiebei um eine Frage der Gesetzgebung und nicht der richterlichen Auslegung oder Rechtsfindung handelt, müsste Forster selbst bei Zugrundelegung einer solchen Ordnung nach Art. 62 MFG bestraft werden.
null
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Urteilskopf 112 IV 132 39. Urteil des Kassationshofes vom 19. August 1986 i.S. Fa. X. c. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und Bundesamt für Energiewirtschaft (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 55 ElG ; Art. 121 ff., 123quater der Starkstromverordnung (StVO); Art. 2 des Sicherheitszeichen-Reglements (SZR). Inverkehrbringen von elektrotechnischen Geräten. Der Händler mit Geschäftssitz in der BRD, der elektrotechnische Geräte, die nicht gemäss Art. 121 ff. StVO geprüft und gekennzeichnet worden sind, direkt an Haushalte in der Schweiz liefert, bringt die Apparate in der Schweiz in Verkehr, auch wenn die Kaufverträge am deutschen Geschäftssitz nach deutschem Recht abgeschlossen werden. Daran ändert nichts, dass ein elektrotechnisches Gerät, das vom Käufer für den Eigengebrauch persönlich in die Schweiz eingeführt wird, nach der Praxis der zuständigen Behörden nicht der Prüfungs- und Kennzeichnungspflicht untersteht (E. 1-3).
Sachverhalts- und Rechtsirrtum verneint (E. 4). Sachverhalt ab Seite 133 BGE 112 IV 132 S. 133 A.- Die Fa. X. mit Geschäftssitz in Z. nahe an der Schweizer Grenze verkaufte Geräte der Unterhaltungselektronik und elektrische Haushaltapparate. Sie warb mittels Prospekten, die sie in der Schweiz verteilte, auch um schweizerische Kunden. Darin garantierte sie "kostenlose Geräte-Aufstellung frei Haus" und "Schweizer Service durch ... X ...". Allein im August 1984 lieferte sie über 90 Apparate an Kunden in der Schweiz. Die Geräte waren nicht gemäss den schweizerischen Vorschriften geprüft und gekennzeichnet. B.- Mit Urteil vom 19. November 1985 büsste das Bezirksgericht Brugg die Fa. X. wegen Inverkehrbringens einer Vielzahl von elektrischen Geräten ohne Bewilligung und Sicherheitszeichen in Anwendung von Art. 55 ElG , Art. 121 ff. und 123quater StVO mit Fr. 3'000.--. Die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Aargau wies am 30. April 1986 die von der Gebüssten erhobene Berufung ab. Die kantonalen Gerichte bestätigten damit die Strafverfügung des Bundesamtes für Energiewirtschaft vom 27. Februar 1985 mit der Änderung, dass sie im Unterschied zu diesem nicht fahrlässige, sondern vorsätzliche Begehung annahmen. BGE 112 IV 132 S. 134 C.- Die Fa. X. ficht das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau mit staatsrechtlicher und mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an. Mit der letzteren beantragt sie die Aufhebung des Entscheides und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Freisprechung. Das Bundesamt für Energiewirtschaft beantragt in seinem Gegenbemerkungen die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 123quater der Starkstromverordnung (SR 734.2; StVO) wird nach Art. 55 ElG bestraft, wer Materialien oder Apparate im Sinne von Art. 121 ff. StVO in Verkehr bringt, ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung zu sein. Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass die von ihr an schweizerische Haushalte gelieferten Fernsehgeräte Apparate im Sinne von Art. 121 ff. StVO und nicht gemäss diesen Vorschriften geprüft, als zulässig anerkannt und gekennzeichnet worden sind. Sie macht aber geltend, sie habe die Geräte nicht in der Schweiz in Verkehr gebracht. Zur Begründung wiederholt sie im wesentlichen die Argumente, die sie bereits im Verfahren vor dem Bundesamt für Energiewirtschaft sowie im kantonalen Strafverfahren vorgetragen hat. Diese Einwände sind unbegründet oder gehen an der Sache vorbei. 2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, auf welche die Vorinstanzen am Rande verwiesen, erfüllt bereits das Anpreisen oder Anbieten von Apparaten (zwecks Verkauf oder Vermietung) das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens im Sinne von Art. 123quater StVO ( BGE 105 IV 150 mit Hinweis auf ein nicht veröffentlichtes Urteil). Daran ist festzuhalten. Indem die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen im Urteil des Bezirksgerichts Brugg im Jahre 1982 in der Schweiz Prospekte verteilen liess, in denen sie ihre Geräte und deren Lieferung an schweizerische Haushalte anbot, erfüllte sie den objektiven Tatbestand von Art. 123quater StVO. 3. Die Beschwerdeführerin erfüllte das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen aber vor allem auch dadurch, dass sie Fernsehapparate etc., die von Personen mit schweizerischem Wohnsitz bei BGE 112 IV 132 S. 135 ihr gekauft worden waren, an die schweizerischen Haushalte lieferte. a) Wohl unterstehen die für den Export bestimmten Materialien sowie die Gebrauchtapparate nach Art. 121bis Abs. 3 und 6 StVO nicht der Prüfungspflicht; daraus kann die Beschwerdeführerin indessen nichts für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt ableiten. Aus dem Ausland eingeführte Apparate unterliegen der Prüfungspflicht wie das Material schweizerischen Ursprungs (Art. 121bis Abs. 4 StVO). b) Dass die Kaufverträge in der BRD bzw. mit einer deutschen Firma nach deutschem Recht abgeschlossen wurden und die Kaufobjekte nach der hier nicht zu überprüfenden Meinung der Beschwerdeführerin bereits dadurch allenfalls in der BRD in Verkehr gebracht wurden, ändert nichts daran, dass die Geräte durch ihre Lieferung an schweizerische Haushalte im Sinne von Art. 123quater StVO auch in der Schweiz in Verkehr gebracht wurden. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Eigentum an den Geräten sei bereits mit dem Vertragsabschluss auf die Käufer übergegangen, ist verfehlt, und im übrigen ist der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs wie auch jener des Übergangs der Gefahr für die Frage des Inverkehrbringens belanglos. Unerheblich ist auch, dass nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen für beide Vertragsparteien der Ort der Niederlassung der Beschwerdeführerin Erfüllungsort war. Entscheidend ist, dass die Beschwerdeführerin die von ihr verkauften Apparate auf Wunsch frei Haus an die Kunden in der Schweiz lieferte, worauf sie in ihrer Werbung übrigens noch besonders hinwies. Die zivilrechtliche Qualifikation dieser Lieferungen ist dabei ohne Bedeutung. Dass die Lieferkosten entgegen einer insoweit etwas missverständlichen Bemerkung im angefochtenen Urteil nicht von der Beschwerdeführerin, sondern vom Käufer getragen wurden, ist unerheblich. c) Die Beschwerdeführerin war allerdings entgegen den insoweit etwas missverständlichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht "Importeurin" der Apparate. Die Vorinstanz sah sich zu diesen in der Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht kritisierten Überlegungen offenbar durch den Wortlaut von Art. 2 des Sicherheitszeichen-Reglements (SZR; SR 734.231) veranlasst, wonach unter "in Verkehr bringen" "jede Art der Besitzübertragung vom schweizerischen Hersteller oder vom Importeur bis zum inländischen Verbraucher" zu verstehen ist. Diese Umschreibung ist BGE 112 IV 132 S. 136 insoweit etwas zu eng und ungenau, als sie nach ihrem Wortlaut den Import von Geräten durch schweizerische Händler als solchen sowie den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt der Lieferung von Apparaten durch einen ausländischen Händler direkt an schweizerische Haushalte nicht erfasst. Art. 2 des vom Schweizerischen Elektrotechnischen Verein erlassenen Sicherheitszeichen-Reglements ist vom Richter unter Berücksichtigung des Schutzzwecks von Art. 123quater StVO zu interpretieren. Demgemäss kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schon das Anpreisen und Anbieten von Apparaten den Tatbestand von Art. 123quater StVO erfüllen, obschon diese Handlungen vom Wortlaut von Art. 2 SZR nicht erfasst werden (s. BGE 105 IV 150 mit Hinweis). Im übrigen fand nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen eine "Besitzübertragung" im Sinne von Art. 2 SZR in der Schweiz dadurch statt, dass die Chauffeure der Beschwerdeführerin in der Schweiz die Apparate den schweizerischen Kunden übergaben. d) Es trifft zu, dass laut einem Schreiben des Eidgenössischen Starkstrominspektorats vom 5. Juni 1985 an das Bezirksgericht Brugg "elektrotechnische Geräte oder Apparate, die im Ausland gekauft und lediglich für den Eigenverbrauch persönlich importiert wurden, [...] nicht unter die gesetzliche Prüf- und Bewilligungspflicht, da kein Inverkehrbringen in der Schweiz gemäss Art. 121bis Abs. 1 der Starkstromverordnung erfolgt". Daraus kann die Beschwerdeführerin indessen nichts zu ihren Gunsten ableiten. Wohl ist ein Gerät gleich "gefährlich", ob es von der Beschwerdeführerin frei Haus geliefert oder vom Käufer selber nach Hause mitgenommen wird. Die Gefährdung bzw. die Gefährlichkeit des Apparats ist jedoch nicht Tatbestandsmerkmal von Art. 123quater StVO. Es genügt, dass das Gerät nicht vorschriftsgemäss geprüft und gekennzeichnet wurde. Aus diesem Grunde ist es auch belanglos, dass die deutschen und internationalen Bestimmungen, denen die fraglichen Apparate nach den Ausführungen in der Beschwerdeschrift entsprachen, nicht weniger streng sein sollen als die schweizerischen Vorschriften. Im übrigen ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, die von den Geräten allenfalls ausgehende Gefahr sei bereits mit dem Abschluss der Kaufverträge, der den Käufern einen Anspruch auf Übergabe der Sache verlieh, geschaffen worden, offensichtlich verfehlt. Diese Gefahr besteht in der Schweiz erst dann, wenn die Geräte in die Schweiz gelangt sind. BGE 112 IV 132 S. 137 e) Von einer Verletzung von Art. 7 StGB kann entgegen den Behauptungen in der Beschwerdeschrift ebenfalls keine Rede sein. Die Beschwerdeführerin wurde nicht von Schweizer Gerichten nach schweizerischen Recht verurteilt, weil in der Schweiz ein Erfolg, etwa eine Gefährdung, eingetreten wäre, welcher gar nicht zum Tatbestand von Art. 123quater StVO gehört, sondern weil sie die Tathandlung des Inverkehrbringens (auch) in der Schweiz ausführte, indem sie die Geräte an die schweizerischen Haushalte lieferte. 4. Die Beschwerdeführerin bestreitet sodann auch den subjektiven Tatbestand. a) Das Bundesamt für Energiewirtschaft hatte in seiner Strafverfügung vom 27. Februar 1985 der Beschwerdeführerin lediglich fahrlässige Widerhandlung gegen die Elektrizitätsgesetzgebung vorgeworfen, wobei es ihr offenbar einen fahrlässigen Sachverhaltsirrtum betreffend die Prüfungs- und Kennzeichnungspflicht zubilligte. Die Vorinstanz nahm demgegenüber in Übereinstimmung mit dem Urteil des Bezirksgerichts Brugg Vorsatz an. Der in der Nichtigkeitsbeschwerde erhobene Einwand, Fahrlässigkeit sei nicht gegeben, geht demnach an der Sache vorbei. Die damit zusammenhängenden Ausführungen zu den Fragen der Gefährdung und des adäquaten Kausalzusammenhangs sind im übrigen aus den bereits gennanten Gründen verfehlt. b) Die Berufung der Beschwerdeführerin auf Sachverhalts- und Rechtsirrtum ist unbegründet. Die Beschwerdeführerin wusste nach den für den Kassationshof verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen, dass Geräte der fraglichen Art in der Schweiz einer besonderen Prüfungs- und Kennzeichnungspflicht nach den schweizerischen Vorschriften unterstehen. Sie wusste auch, dass das Inverkehrbringen von ungeprüften und nicht gekennzeichneten Geräten in der Schweiz verboten ist. Nach der landläufigen Anschauung des juristischen Laien (s. BGE 99 IV 55 ) kann es unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Starkstromverordnung keinen Unterschied machen, ob ein Händler mit Geschäftssitz in der Schweiz oder ein Händler mit Geschäftssitz in der BRD Apparate an Kunden mit schweizerischem Wohnsitz verkauft und liefert. Die Beschwerdeführerin erlag lediglich allenfalls insoweit einem Irrtum, als sie annahm, die Lieferung von Apparaten an schweizerische Haushalte, die aufgrund von in der BRD abgeschlossenen Verträgen erfolgte, sei nicht als "Inverkehrbringen" von Geräten in der Schweiz im Sinne von Art. 123quater BGE 112 IV 132 S. 138 StVO zu werten. Das ist ein strafrechtlich unerheblicher sog. Subsumtionsirrtum (vgl. STRATENWERTH, AT I, S. 150 f., SCHULTZ, AT I, S. 232). Es ist daher ohne Bedeutung, dass ein solcher Irrtum von der Vorinstanz allenfalls zu Unrecht verneint wurde oder dass er aus den in der Nichtigkeitsbeschwerde genannten Gründen allenfalls entschuldbar war. Im übrigen deuten die "Eigenverbrauchsbestätigungen", welche die Beschwerdeführerin die Käufer mit schweizerischem Wohnsitz unterzeichnen liess, nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen darauf hin, dass die Beschwerdeführerin sich der Problematik der Lieferung von Geräten an Kunden mit schweizerischem Wohnsitz bewusst war. Sie hatte damit keine zureichenden Gründe zur Annahme, sie tue überhaupt nichts Unrechtes (s. dazu BGE 104 IV 218 E. 2), wenn sie faktisch gleich einem schweizerischen Händler solche Lieferungen vornahm.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
4435de1f-751d-48d2-a860-d97c962b184c
Urteilskopf 101 Ia 405 67. Urteil vom 9. Juli 1975 i.S. Mifsud gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft
Regeste Auslieferung; Auslieferungsvertrag mit Grossbritannien. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (E. 1b). Keine Anwendung des Prinzips der Gegenseitigkeit, wenn der britische Auslieferungsrichter das Vorliegen des hinreichenden Tatverdachtes überprüft (E. 3). Die richtige Qualifikation der verfolgten Tat ist nicht Gültigkeitserfordernis für das Auslieferungsbegehren (E. 4). Fragen der Verjährung der Auslieferungsdelikte "murder" und Anstiftung zu Meineid (E. 6). Die in Art. V Abs. 6 des Auslieferungsvertrages vorgesehene Frist zur Ergänzung der Akten ist keine Verwirkungsfrist (E. 6aa). Grundsatz von Treu und Glauben im zwischenstaatlichen Verkehr (E. 6bb).
Sachverhalt ab Seite 406 BGE 101 Ia 405 S. 406 Der britische Staatsangehörige Francis Frank Mifsud wurde am 2. Juli 1974 auf Ersuchen der Interpol London in Olten verhaftet. Gestützt auf Art. II Ziff. 1 und 16 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Grossbritannien stellte die britische Botschaft am 30. Juli 1974 das Gesuch um Auslieferung Mifsuds wegen Mordes und Anstiftung zu Meineid. Im einzelnen wird Mifsud folgendes vorgeworfen: a) Mifsud soll zusammen mit Phillip Ellul, Victor Spampinato und Bernard Silver Thomas Smithson ermordet haben. Nach Zeugenaussagen hat Mifsud im Sommer 1956 in einem Café des Londoner Stadtteils Soho Phillip Ellul und Victor Spampinato einen Revolver und Munition übergeben und die beiden beauftragt, den Anführer einer rivalisierenden Verbrecherbande umzubringen; es handelte sich dabei um den Croupier Thomas Smithson. Vier oder fünf Tage später, am 25. Juni 1956, wurde Smithson von Ellul und Spampinato in seiner Wohnung erschossen. Ellul wurde wegen dieser Tat zum Tode verurteilt, die Strafe jedoch nicht vollzogen, sondern in eine Freiheitsstrafe umgewandelt. Spampinato wurde freigesprochen. b) Zwischen dem 1. Januar und dem 6. November 1967 soll Mifsud Harold Dennison Stocker zu Meineid im Strafprozess gegen Anthony Cauci und Tony Galea angestiftet haben, indem er Stocker veranlasste, eine Galea belastende wahrheitswidrige Aussage zu machen. Francis Frank Mifsud hat gegen seine Auslieferung Einsprache erhoben, wobei er sowohl formell- wie auch materiellrechtliche Mängel des Auslieferungsbegehrens geltend machte. Zu den formellen Rügen hat die Eidgenössische Polizeiabteilung am 29. November 1974 in abweisendem Sinne Stellung genommen und die Akten zum Entscheid über die Einsprache dem Bundesgericht überwiesen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die Einwendungen Mifsuds gegen seine Auslieferung sind, da Grossbritannien dem europäischen Auslieferungsabkommen vom 13.12.1957 noch nicht beigetreten ist, anhand des am 26. November 1880 zwischen der Schweiz und BGE 101 Ia 405 S. 407 Grossbritannien abgeschlossenen Auslieferungsvertrages zu überprüfen. Die Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend die Auslieferung gegenüber dem Ausland vom 22. Januar 1892 (AuslG) finden nur dort Anwendung, wo der Staatsvertrag die Bedingungen der Auslieferung nicht abschliessend regelt und soweit sie den Vertragsbestimmungen nicht zuwiderlaufen ( BGE 97 I 375 ; SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, S. 135). b) Stützt sich eine Einsprache auf das Auslieferungsgesetz, einen Staatsvertrag oder auf eine Gegenrechtserklärung, und Werden demzufolge die Akten nach Art. 23 AuslG dem Bundesgericht überwiesen, so kann dieses nach neuester Rechtsprechung nicht nur die Rügen materiellrechtlicher Natur, sondern auch die ausdrücklich gerügten formellen Mängel überprüfen ( BGE 101 Ia 62 , E. 1a, mit Hinweisen auf weitere Urteile; vgl. SCHULTZ, a.a.O. S. 192 f., 227). Es besteht kein Grund, die Kognitionsbefugnis des Bundesgerichtes anders zu bestimmen, wenn ihm der Entscheid über die Auslieferung in Anwendung von Art. V Abs. 7 des britisch-schweizerischen Auslieferungsvertrages übertragen wird, nämlich im Falle, dass "gegen die Anwendbarkeit dieses Vertrages eine Einsprache vorliegt". Eine Beschränkung der Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes scheint im vorliegenden Fall schon deshalb nicht angebracht, weil der Vertrag mit Grossbritannien - als Einzelfall (vgl. SCHULTZ, a.a.O. S. 140) - selbst eingehende Vorschriften über das Verfahren in der Schweiz enthält; soweit sich der Verfolgte auf diese Verfahrensvorschriften beruft, kann das Bundesgericht seine Einwendungen nicht unberücksichtigt lassen. 2. Frank Mifsud ruft zunächst Art. V Abs. 1 und Art. VII Abs. 1 des Staatsvertrages an und macht geltend, dass das Auslieferungsbegehren nicht, wie erforderlich, durch die Unterschrift eines britischen Staatsministers, sondern nur durch diejenige eines Assistant Under Secretary beglaubigt sei. Nach Art. VII des Vertrages haben die Behörden des ersuchten Staates den ihnen zugestellten Unterlagen "volle Beweiskraft beizulegen, vorausgesetzt, ... dass sie durch Beidrückung des Amtssiegels eines britischen Staatsministers oder des schweizerischen Bundeskanzlers beglaubigt sind". Dem Wortlaut dieser Bestimmung gemäss genügt zur Beglaubigung der Auslieferungsurkunde die Beidrückung des Siegels eines BGE 101 Ia 405 S. 408 Staatsministers ohne jede Unterschrift. Wie die Eidgenössische Polizeiabteilung in ihrem Sachbericht vom 29. November 1974 dazu bemerkt, ist es allerdings üblich, dass neben dem Amtssiegel die zu dessen Anbringung bevollmächtigte Person unterzeichnet. Diese Kompetenz werde jedoch regelmässig delegiert, weshalb die Unterschrift eines Assistant Under Secretary auf einem britischen Auslieferungsbegehren den formellen Anforderungen durchaus genüge. Auch die schweizerischen Ersuchen würden im übrigen nicht durch den Bundeskanzler persönlich, sondern durch einen Vertreter beglaubigt. Dem Begehren Mifsuds um Rückweisung des Auslieferungsgesuchs wegen mangelhafter Beglaubigung kann deshalb weder auf Grund des Wortlautes des Vertrages noch auf Grund der geübten Praxis stattgegeben werden. 3. Ein weiterer Einwand Mifsuds gegen seine Auslieferung bezieht sich darauf, dass keine hinreichenden Verdachtsgründe für seine Täterschaft vorlägen. Mifsud anerkennt zwar, dass es die zuständigen schweizerischen Behörden stets abgelehnt haben, zu beurteilen, ob der Verfolgte hinreichend verdächtig sei, die ihm vorgeworfenen strafbaren Handlungen begangen zu haben. Diese Praxis bedürfe jedoch in bezug auf die von Grossbritannien gestellten Auslieferungsbegehren einer Überprüfung, da der britische Auslieferungsrichter auf schweizerische Auslieferungsgesuche hin die Frage des Schuldverdachtes vorfrageweise abkläre; aus Gründen des Gegenrechts sei die gleiche Vorprüfung auch schweizerischerseits vorzunehmen. Auf die Frage, ob ein hinreichender Verdacht für die Täterschaft des Verfolgten spreche, hat das Bundesgericht jedoch nicht einzutreten. Das in der Schweiz bzw. in Grossbritannien auf ein Auslieferungsgesuch hin einzuschlagende Verfahren wird in Art. V und VI des britisch-schweizerischen Auslieferungsvertrages eingehend umschrieben. Im Gegensatz zum englischen Richter, der, dem angelsächsischen Rechtssystem entsprechend, zu überprüfen hat, ob die ihm vorgelegten Beweismittel dazu ausreichen würden, den Verfolgten nach englischem Recht anzuklagen (Art. VI lit. A, Abs. 3), haben die schweizerischen Behörden, ohne sich mit der Frage des Tatverdachtes zu befassen, auf den Sachverhalt abzustellen, der im Auslieferungsbegehren und den dazugehörenden Unterlagen geschildert wird (Art. V). Diese unterschiedlichen Verfahrensnormen BGE 101 Ia 405 S. 409 wurden geschaffen, um der "gegenwärtigen Gesetzgebung und der innern Organisation" der beiden Staaten gerecht zu werden (vgl. Botschaft vom 26. November 1880, BBl 1880 IV 510; SCHULTZ, a.a.O., S. 154, 171), Von gleichlautenden Verfahrensvorschriften für die Vertragsstaaten im Sinne des Prinzips der Gegenseitigkeit wurde somit im Hinblick auf die verschiedenen Rechtssysteme bei der Vertragssetzung bewusst abgesehen. Eine Überprüfung der britischen Auslieferungsbegehren daraufhin, ob gegenüber dem Verfolgten ein hinreichender Tatverdacht bestehe, verstiesse deshalb gegen den klaren Wortlaut des britisch-schweizerischen Auslieferungsvertrages. Es darf hier im übrigen erwähnt werden, dass auch Grossbritannien auf die Einhaltung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit verzichtet hat, indem es in Art. I Abs. 1 des Staatsvertrages die Auslieferung aller Personen, auch seiner eigenen Staatsangehörigen gewährt, während die Schweiz eine Auslieferung ihrer Staatsbürger ausschliesst (vgl. BBl 1880 IV 512). 4. Art. V Abs. 1 des britisch-schweizerischen Auslieferungsvertrages schreibt vor, dass im Falle eines Auslieferungsbegehrens gegen eine angeklagte Person den schweizerischen Behörden ein Verhaftsbefehl vorgelegt werden muss, der das Verbrechen oder Vergehen, dessen sie angeklagt ist, "klar bezeichnet". Frank Mifsud wird im Verhaftsbefehl vorgeworfen, zusammen mit Phillip Ellul, Victor Spampinato und Bernard Silver Thomas Smithson ermordet (murdered) zu haben. Dagegen wendet Mifsud ein, dass er auf Grund der dem Haftbefehl beigelegten Zeugenaussagen nicht als Täter, sondern lediglich als Gehilfe zur Verantwortung gezogen werden könne. Der eingereichte Verhaftsbefehl genüge daher dem Erfordernis der "klaren Bezeichnung" nicht, weshalb auf den ersten Anklagepunkt nicht einzutreten sei. Mit diesem Vorwurf des formellen Ungenügens des Verhaftsbefehls wird die materielle Frage der Qualifizierung der verfolgten Tat angeschnitten. Der britisch-schweizerische Auslieferungsvertrag verlangt, wie erwähnt, lediglich die "klare Bezeichnung" des verfolgten Verbrechens oder Vergehens, während sämtliche übrigen von der Schweiz abgeschlossenen Auslieferungsverträge fordern, dass die auf die verfolgte Tat anwendbare Gesetzesstelle im Wortlaut wiedergegeben wird (Zusammenstellung bei SCHULTZ, a.a.O. S. 167 N. 37). Selbst BGE 101 Ia 405 S. 410 bei der Anwendung dieser Verträge, welche die Subsumption der verfolgten Handlung unter die Strafbestimmungen des ersuchenden Staates ausdrücklich voraussetzen, wird jedoch der Prüfung der rechtlichen Qualifikation des Tatbestandes wenig Bedeutung zugemessen, sofern der ersuchte Staat zur Ansicht gelangt, die verfolgte Tat sei nach dem Recht des ersuchenden Staates überhaupt als Auslieferungsdelikt strafbar (SCHULTZ, a.a.O. S. 166 f., 358). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Auslieferungspflicht für eine bestimmte Tat als Lebensgeschehnis besteht, deren strafrechtliche Qualifikation möglicherweise in dem Zeitpunkt des Untersuchungsverfahrens, in welchem das Auslieferungsbegehren gestellt wird, noch nicht eindeutig vorgenommen werden kann (vgl. BGE 101 Ia 63 f., BGE 57 I 294 ). Auch der Grundsatz der Spezialität der Auslieferung schliesst nicht aus, dass der ersuchende Staat nach erfolgter Auslieferung den dem Auslieferungsbegehren zugrundegelegten Tatbestand rechtlich anders würdigt, vorausgesetzt, dass die verfolgte Tat immer noch als Auslieferungsdelikt bestraft wird und dass die Auslieferung für die anders qualifizierte Tat nicht ausgeschlossen gewesen wäre (SCHULTZ, a.a.O. S. 358; HESS, Der Grundsatz der Spezialität im Auslieferungsrecht, seine Ausgestaltung im Auslieferungsgesetz und in den Auslieferungsverträgen der Schweiz insbesondere, Diss. Zürich 1944, S. 50 ff.; PFENNINGER, Eine Frage des Auslieferungsrechtes, SJZ 10/1913, 14 S. 64). Das Bundesgericht hat sich in seiner Eigenschaft als schweizerischer Auslieferungsrichter mit der Qualifikation der verfolgten Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates stets nur im Zusammenhang mit der Frage befasst, ob es sich bei der im Auslieferungsbegehren umschriebenen Handlung um ein Auslieferungsdelikt handle und ob die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt sei ( BGE 101 Ia 63 f., BGE 92 I 115 ff., E. 2, 387 ff., E. 2, BGE 88 I 41 , 95 E. 1, BGE 87 I 200 f., BGE 77 I 55 E. 3). Die richtige Qualifikation an sich stellt kein formelles Gültigkeitserfordernis dar und ist daher auch nicht zu überprüfen, wenn feststeht, dass der in den Auslieferungsurkunden umschriebene Sachverhalt den Tatbestand eines Auslieferungsdeliktes erfüllt. Ein solches formelles Gültigkeitserfordernis wird denn auch keineswegs, wie der Beschwerdeführer behauptet, durch die Vorschrift von Art. V Abs. 1 des britisch-schweizerischen Auslieferungsvertrages aufgestellt. BGE 101 Ia 405 S. 411 Die Bestimmung, wonach das verfolgte Verbrechen oder Vergehen klar zu bezeichnen ist, verpflichtet den ersuchenden Staat lediglich, den Behörden des ersuchten Staates den fraglichen Tatbestand so genau zu bezeichnen, dass diese in der Lage sind abzuklären, ob die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Tat ein Auslieferungsdelikt darstelle. Diesen Anforderungen wird im vorliegenden Fall durch die britischen Auslieferungsurkunden Genüge getan. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Frank Mifsud vorgeworfene Tötung Smithsons den Tatbestand eines Auslieferungsdeliktes erfüllt. Selbst wenn nämlich Mifsud nicht dem Haftbefehl entsprechend als Mittäter, sondern - wie er es behauptet - nur als Gehilfe zur Verantwortung gezogen werden könnte, stünde der Auslieferung nichts entgegen. Nach Art. II Abs. 2 des Staatsvertrages findet die Auslieferung auch statt wegen Teilnahme an einem Auslieferungsdelikt, vorausgesetzt, dass diese Teilnahme nach der Gesetzgebung beider Kontrahenten strafbar ist. Die Bedingung der beidseitigen Strafbarkeit ist hier erfüllt, da sowohl nach Art. 24 ff. des Schweizerischen Strafgesetzbuches wie auch nach englischem Recht die Teilnahme bestraft wird, und zwar sieht Art. 1 des Accessories and Abettors Act von 1861 vor, dass für die vor der Tat begangene Beihilfe der Gehilfe oder Anstifter "in jeder Hinsicht eingeklagt, verfolgt, verurteilt und bestraft werden kann, als ob er ein Haupttäter wäre". Der Einwand der unklaren Bezeichnung der verfolgten Tat im Haftbefehl ist daher unbegründet. 5. Mifsud bestreitet an sich nicht, dass die ihm vorgeworfene Anstiftung zu Meineid gemäss Art. II Ziff. 16 des Staatsvertrages ein Auslieferungsdelikt darstelle. Er wendet jedoch ein, Art. 13 Perjury Act von 1911 bestimme, dass niemand für Meineid oder Anstiftung zu Meineid zur Verantwortung gezogen werden könne, solange die entsprechende Anklage nur auf die Aussage eines einzelnen Zeugen gestützt werden könne. Damit werde eine zusätzliche Strafbarkeitsbedingung für Meineid-Vergehen umschrieben, deren Vorliegen vom Auslieferungsrichter zu überprüfen sei. Da sich das Begehren um Auslieferung Mifsuds wegen Meineides nur auf die Zeugenaussage Stockers stützen lasse, fehle es an der genannten Strafbarkeitsvoraussetzung. - Überdies sei eine weitere Strafbarkeitsbedingung nicht erfüllt: Nach englischem Recht könne BGE 101 Ia 405 S. 412 nur jener Zeuge einen Meineid begehen, der eine für das fragliche Verfahren wesentliche Aussage mache. Die Aussage Stockers sei jedoch im Verfahren gegen Galea nicht massgeblich gewesen, da Galea ein Geständnis abgelegt habe. Die Auslieferung Mifsuds wegen Anstiftung zu Meineid sei daher mangels Strafbarkeit der Tat nach englischem Recht nicht zu bewilligen. a) Entgegen der Behauptung Mifsuds stellt die Bestimmung, ein des Meineids oder der Anstiftung zu Meineid Verdächtigter könne nicht nur auf Grund einer einzigen Zeugenaussage zur Verantwortung gezogen werden, keine Strafbarkeitsbedingung im Sinne des schweizerischen Strafrechts dar. Sie gehört vielmehr zu den Regeln über die Beweiswürdigung, die dem englischen Strafprozessrecht eigen sind. Die durch Art. 13 Perjury Act vorgeschriebene Notwendigkeit der Bestätigung einer Zeugenaussage durch einen weiteren Beweis (corroboration) bildet denn auch keine Voraussetzung zur Einleitung des Prozessverfahrens. Die Frage, ob sich die Anklage tatsächlich nur auf eine einzige Zeugenaussage stützen könne, wird erst im Verlaufe des Verfahrens geklärt; gegebenfalls muss der Sachrichter den Angeklagten mangels bestätigenden Beweises freisprechen (K. M. NEWMANN, Das englisch-amerikanische Beweisrecht, Heidelberg 1950, S. 83 ff.; CLAUDE ALLEN, Grundsätze und Methoden der Beweiserhebung im englischen Strafprozess, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Bd. 72/1960 S. 171 f.). Der Auslieferungsrichter hat sich jedenfalls hiezu nicht zu äussern. b) Ebenfalls keine Strafbarkeitsbedingung stellt die Vorschrift dar, dass ein falsch aussagender Zeuge nur dann wegen Meineids verfolgt werden könne, wenn seine Aussage für das Verfahren wesentlich war. Die Wesentlichkeit der Zeugenaussage für den Prozessverlauf ist Tatbestandsmerkmal des Meineid-Delikts, über dessen Vorliegen der englische Strafrichter zu entscheiden hat. 6. Dem Ersuchen der britischen Behörden wird schliesslich entgegengehalten, dass eine Auslieferung Mifsuds schon deshalb ausgeschlossen sei, weil beide ihm vorgeworfenen strafbaren Handlungen nach schweizerischem Recht verjährt seien. Nach Art. XII des Vertrages mit Grossbritannien soll die Auslieferung nicht stattfinden, wenn seit der begangenen strafbaren Handlung oder der Einleitung der strafgerichtlichen BGE 101 Ia 405 S. 413 Verfolgung nach den Gesetzen des ersuchten Staates Befreiung von der strafgerichtlichen Verfolgung eingetreten ist. Da das englische Recht keine allgemeine Verfolgungsverjährung kennt, braucht hier der Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit nicht berücksichtigt zu werden, und ist die Möglichkeit der Verjährung der in Frage stehenden Delikte nur nach dem schweizerischen Recht zu überprüfen (SCHULTZ, a.a.O. S. 322 mit Literaturhinweisen). a) In bezug auf die Anstiftung zu Meineid wird geltend gemacht, sie würde nach schweizerischem Recht unter den privilegierten Tatbestand von Art. 307 Abs. 3 StGB fallen, da sich die falsche Aussage auf Tatsachen bezogen habe, die für die richterliche Entscheidung unerheblich gewesen seien. Da für diesen Tatbestand nur Gefängnisstrafe angedroht werde, sei die nach Art. 70 StGB geltende fünfjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Auf eine unerhebliche Tatsache im Sinne von Art. 307 Abs. 3 StGB bezieht sich eine Zeugenaussage nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur dann, wenn sie von vornherein, ihrem Gegenstande nach, nicht geeignet ist, den Ausgang des Prozesses irgendwie zu beeinflussen, wenn sie also weder für eine rechtliche Schlussfolgerung noch für eine sich auf rechtlich erhebliche Tatsachen beziehende tatsächliche Schlussfolgerung in Frage kommt ( BGE 93 IV 26 , 75 IV 68). Derartige, für das Prozessverfahren unwesentliche falsche Zeugenaussagen werden aber vom Perjury Act gerade nicht erfasst (vgl. E. 5b), sondern bleiben nach englischem Recht straffrei. Der Vorwurf des Meineides nach englischem Strafrecht kann daher nie die Tatbestandsmerkmale von Art. 307 Abs. 3 StGB , sondern nur diejenigen von Art. 307 Abs. 1 und 2 StGB erfüllen. Die Verjährungsfrist beträgt deshalb in jedem Falle zehn Jahre ( Art. 70 StGB ) und ist für das Frank Mifsud vorgeworfene Meineids-Delikt nicht abgelaufen. b) Das Tötungs-Delikt wird Mifsud im Verhaftsbefehl als "murder" vorgeworfen, doch umfasst dieses Auslieferungsdelikt nach englischem Recht nicht nur den Tatbestand des Mordes, wie er im Schweizerischen Strafgesetzbuch umschrieben ist, sondern weitere vorsätzliche Tötungshandlungen (vgl. SCHULTZ, a.a.O. S. 329; HONIG, Zur neueren Judikatur des englischen Straf- und Strafprozessrechts, ZStR 66/1951 S. 430). Das schweizerische Strafrecht setzt für vorsätzliche BGE 101 Ia 405 S. 414 Tötungshandlungen unterschiedliche Verjährungsfristen fest; liegt der einfache Tatbestand der vorsätzlichen Tötung ( Art. 111 StGB ) vor, tritt die Verjährung nach zehn Jahren ein, liegt der qualifizierte Tatbestand des Mordes ( Art. 112 StGB ) vor, verjährt die Tat nach zwanzig Jahren ( Art. 70 StGB ). Die Frage, ob die Mifsud als "murder" vorgeworfene Tat bereits verjährt sei, kann daher nur geklärt werden, wenn festgestellt wird, welche der im Schweizerischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Tatbestandsmerkmale sie erfüllt. Da sich bei den Auslieferungsurkunden keine Darstellung des Sachverhaltes befand, die eine eindeutige Qualifizierung des Deliktes gestattet hätte, beschloss das Bundesgericht in seiner Sitzung vom 19. Februar 1975, die britischen Behörden in Anwendung von Art. V Abs. 6 des Staatsvertrages um entsprechende Ergänzung der Akten zu ersuchen. Das Begehren wurde der britischen Botschaft von der Eidgenössischen Polizeiabteilung am 20. Februar zunächst mündlich und mit einer vom 20. Februar datierten Note am 24. Februar 1975 schriftlich übermittelt. Die britischen Behörden reichten am 11. März 1975, d.h. innerhalb der ihnen von der Eidgenössischen Polizeiabteilung angesetzten Frist den verlangten Tatsachenbericht ein. In seiner Stellungnahme zur nachträglich beigebrachten Auslieferungsurkunde machte Mifsud geltend, die Ergänzung der Akten sei nicht innert der in Art. V Abs. 6 des Staatsvertrages vorgeschriebenen Frist von 15 Tagen erfolgt. Da es sich hiebei um eine peremptorische und absolute, nicht nach schweizerischem Recht zu bestimmende Frist handle, sei Mifsud den Vertragsbestimmungen entsprechend sofort auf freien Fuss zu setzen. aa) Die Folge der Nichteinhaltung der Frist zur Ergänzung des Auslieferungsbegehrens ist im Auslieferungsvertrag selbst geregelt: Können die erforderlichen Aktenstücke nicht vor Ablauf von 15 Tagen beigebracht werden, so wird der Verhaftete in Freiheit gesetzt (Art. V Abs. 6). Damit wird jedoch die Auslieferung des Verfolgten wegen der gleichen Tat auf erneutes Ersuchen hin nicht ausgeschlossen. Insofern kann, entgegen der Ansicht Mifsuds, diese Frist nicht als Verwirkungsfrist betrachtet werden. bb) Es ist im weiteren nicht einzusehen, weshalb für die Berechnung der Frist nicht schweizerisches Recht anwendbar BGE 101 Ia 405 S. 415 sein sollte. Da der Vertrag selbst keine Bestimmungen über den Fristenlauf enthält, hat der ersuchte Staat nach eigenem Recht zu entscheiden, ob die vertraglich festgelegte Frist eingehalten worden sei oder nicht. Die Eidgenössische Polizeiabteilung hat sich daher bei der Fristansetzung zu Recht an die Bestimmungen von Art. 32 OG und des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1963 über den Fristenlauf an Samstagen gehalten. Die Frage, ob die fünfzehntägige Frist bereits mit der mündlichen Mitteilung des Ergänzungsbegehrens oder erst mit dessen schriftlicher Eröffnung zu laufen begonnen hat, kann offen bleiben. Selbst wenn nämlich die den britischen Behörden angesetzte und von ihnen eingehaltene Frist von der Eidgenössischen Polizeiabteilung falsch berechnet worden wäre, müsste die Ergänzung als rechtzeitig erfolgt betrachtet werden, da ein gegenteiliger Entscheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen würde, der von den schweizerischen Behörden auch im zwischenstaatlichen Verkehr zu beachten ist. Aus dem Umstand, dass der ergänzende Tatsachenbericht erst, wie verlangt, am 11. März 1975 eingereicht wurde, darf daher nichts zu Ungunsten der britischen Behörden abgeleitet werden. cc) Der zusätzliche Einwand Mifsuds, der nachträglich eingereichte Tatsachenbericht könnte von einem englischen Gericht nicht als beglaubigte Zusammenfassung des Sachverhaltes anerkannt werden und sei deshalb in dieser Form nicht zu berücksichtigen, ist unbehelflich. Der schweizerische Richter hat die Auslieferungsakten nicht in bezug auf ihre Vereinbarkeit mit dem englischen Recht zu überprüfen, sondern nur abzuklären, ob sie den Vorschriften des Auslieferungsvertrages genügen. Dass die ergänzende Sachverhaltsdarstellung in irgendeiner Weise gegen die Vertragsbestimmungen verstossen würde, wird mit Recht nicht behauptet. c) Aus der Darstellung des Sachverhaltes und den dem Verhaftsbefehl beigelegten Zeugenaussagen ergibt sich, dass Thomas Smithson einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Verbrechergruppen zum Opfer fiel. Smithson soll offenbar bei Malteser Vereinigungen und Londoner Kaffeehausbesitzern Schmiergelder eingezogen haben. Dabei geriet er in den Tätigkeitsbereich von Mifsud, der zusammen mit Bernard Silver versuchte, eine Kontrollorganisation über Spielkasinos und Bordelle aufzubauen. Um den Rivalen aus BGE 101 Ia 405 S. 416 aus dem Weg zu schaffen und zugleich die eigene Macht zu demonstrieren, liess Mifsud, wie aus den Auslieferungsakten hervorgeht, Smithson von Spampinato und Ellul erschiessen. Mifsud selbst soll den beiden eine Schusswaffe und Munition übergeben haben, mit der die Tat ausgeführt wurde. Die Qualifikation des Mordes ( Art. 112 StGB ) gegenüber dem einfachen Tatbestand der vorsätzlichen Tötung ( Art. 111 StGB ) liegt in der besonders verwerflichen Gesinnung oder der besonderen Gefährlichkeit des Täters. Das Mifsud zur Last gelegte Verhalten offenbart eine besonders verwerfliche Gesinnung. Sein kaltblütiger Entschluss, einen Rivalen um den Machtanspruch über Londoner Vergnügungsetablissements aus dem Wege räumen zu lassen, und die Absicht, mit dieser Tat gleichzeitig seine Stellung innerhalb der Verbrechergruppen zu stärken, zeugen von einem besonders hohen Grad an Skrupellosigkeit und ungehemmter Machtgier. Die Tat ist daher als Mord zu qualifizieren, welcher, entsprechend der dafür angedrohten lebenslänglichen Zuchthausstrafe, erst nach Ablauf von 20 Jahren verjährt ( Art. 70 StGB ). Francis Frank Mifsud ist deshalb sowohl wegen Anstiftung zu Meineid wie auch wegen Mordes an Grossbritannien auszuliefern. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Einsprache von Francis Frank Mifsud wird abgewiesen und seine Auslieferung an Grossbritannien bewilligt.
public_law
nan
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1,975
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
4436d6d5-ca70-489c-8d83-c54c9d98ce7a
Urteilskopf 141 V 170 19. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause (CAP) Fondation de prévoyance intercommunale de droit public de la Ville de Genève, des Services industriels de Genève et des communes genevoises affiliées contre hoirie de feu A. (recours en matière de droit public) 9C_697/2014 du 5 mars 2015
Regeste Art. 73 BVG ; Art. 560 ZGB ; Klageverfahren vor dem kantonalen Berufsvorsorgegericht; Klage durch Erben, die von einer Hinterlassenenleistungen beziehenden Person eingesetzt worden sind; sachliche Zuständigkeit. Der Erbgang ändert nichts an der Zuständigkeit des kantonalen Berufsvorsorgegerichts, über vorsorgespezifische Streitigkeiten zu entscheiden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 170 BGE 141 V 170 S. 170 A. A.a G. a travaillé au service de la Ville de Genève et, à ce titre, était affilié pour la prévoyance professionnelle auprès de la Caisse BGE 141 V 170 S. 171 d'assurance du personnel de la Ville de Genève, des Services industriels de Genève et du personnel communal transféré dans l'administration cantonale (dont les actifs et passifs ont été repris par succession universelle à compter du 1 er janvier 2014 par la CAP Fondation de prévoyance intercommunale de droit public de la Ville de Genève, des Services industriels de Genève et des communes genevoises affiliées, ainsi que d'autres employés affiliés conventionnellement; ci-après: la CAP). A.b G. a conclu le 5 juillet 2012 un partenariat enregistré avec A.; il est décédé le 12 juillet suivant. Après que A. a déclaré le 27 juillet 2012 le décès de son partenaire à la CAP, celle-ci l'a informé qu'à défaut de réaliser les conditions permettant de bénéficier d'une pension de conjoint survivant, il avait droit à une indemnité unique égale à trois pensions annuelles de conjoint survivant, soit un montant de 57'825 fr. A. est décédé le 29 juillet 2012. Par testament olographe du 27 juillet 2012, il avait préalablement institué comme héritiers B. et C. ainsi que leurs trois enfants, D., E. et F. B. Après avoir sollicité en vain de la CAP le versement de l'indemnité unique de 57'825 fr., B., C. et leurs trois enfants ont saisi la Cour de justice de la République et canton de Genève, Chambre des assurances sociales, d'une demande en paiement, concluant à ce que la CAP soit condamnée à leur verser la somme de 57'825 fr., avec intérêts à 5 % l'an dès le 13 juillet 2012. Par jugement incident du 26 août 2014, la Cour de justice a admis sa compétence à raison du lieu et de la matière (ch. 1 du dispositif), déclaré la demande recevable (ch. 2), admis la légitimation active des demandeurs (ch. 3) et réservé la suite de la procédure (ch. 4). C. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, la CAP demande au Tribunal fédéral d'annuler le jugement cantonal et de constater que la Chambre des assurances sociales de la Cour de justice de la République et canton de Genève n'est pas compétente pour connaître du litige qui l'oppose à B. et C. ainsi qu'à E., D. et F. Le recours a été rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 2. A la lumière des griefs soulevés, le litige porte sur la question de la compétence à raison de la matière de la Chambre des assurances sociales de la Cour de justice de la République et canton de Genève pour connaître du litige opposant les parties. BGE 141 V 170 S. 172 2.1 Quand bien même les intimés n'étaient pas des ayants droit au sens de l' art. 73 LPP , la juridiction cantonale a considéré que le litige porté devant elle relevait clairement de la prévoyance professionnelle et s'est déclarée compétente pour statuer. Celui-ci avait en effet pour objet la question de savoir si A., en sa qualité de partenaire enregistré de G., pouvait prétendre ou non une indemnité unique de conjoint survivant au sens de l'art. 48 des statuts de la CAP, singulièrement sur la question de savoir si cette prestation avait pris naissance au moment où A. était décédé. 2.2 Invoquant une violation de l' art. 73 al. 1 LPP , la recourante fait valoir que les intimés ne sont pas des ayants droit au sens de cette disposition, puisqu'ils sont seulement les héritiers de feu A. Aussi bien la loi que les dispositions réglementaires applicables ne permettent pas de servir des prestations à d'autres personnes que les bénéficiaires énumérés par la loi, soit le conjoint survivant, le conjoint survivant divorcé, le partenaire enregistré et les orphelins ( art. 19, 19a et 20 LPP ). Or avec le décès de A., il n'existait plus d'ayant droit au sens de la LPP et des dispositions réglementaires. Dans l'hypothèse où il était néanmoins admis que le droit à une indemnité unique existait déjà au moment du décès de A. - ce qui était entièrement contesté -, les héritiers n'avaient pas hérité pour autant de la qualité d'ayants droit; tout au plus disposaient-ils d'une créance relevant du droit successoral. Les conclusions de l'hoirie devaient par conséquent tendre à ce qu'il fût constaté que le capital-décès entrât dans la masse successorale du défunt, conclusions qui ne pouvaient toutefois être prises devant la juridiction compétente en matière de prévoyance professionnelle au sens de l' art. 73 LPP , mais devaient être soumises à la juridiction civile ordinaire. 3. Aux termes de l'art. 73 al. 1, première phrase, LPP, chaque canton désigne un tribunal qui connaît, en dernière instance cantonale, des contestations opposant institutions de prévoyance, employeurs et ayants droit. Selon la jurisprudence, la compétence des autorités visées par l' art. 73 LPP est doublement définie. Elle l'est, tout d'abord, quant à la nature du litige: il faut que la contestation entre les parties porte sur des questions spécifiques de la prévoyance professionnelle, au sens étroit ou au sens large. Ce sont donc principalement des litiges qui portent sur des prestations d'assurance, des prestations de libre passage et des cotisations. En revanche, les voies de droit de l' art. 73 LPP ne sont pas ouvertes lorsque la contestation a un fondement juridique autre que le droit de la prévoyance professionnelle, BGE 141 V 170 S. 173 même si elle devait avoir des effets relevant du droit de ladite prévoyance. Cette compétence est également limitée par le fait que la loi désigne de manière non équivoque les parties pouvant être liées à une contestation, à savoir les institutions de prévoyance, les employeurs et les ayants droit. Lorsque la compétence matérielle entre les juridictions civiles et les autorités visées par l' art. 73 LPP prête à discussion, le point de savoir si une question spécifique de la prévoyance professionnelle se pose doit être résolu - conformément à la nature juridique de la demande - en se fondant sur les conclusions de la demande et sur les faits invoqués à l'appui de ces conclusions; le fondement de la demande est alors un critère décisif de distinction ( ATF 128 V 254 consid. 2a p. 259 et les références; MEYER/UTTINGER, in Commentaire LPP et LFLP, 2010, n° 23 ad art. 73 LPP ). 4. 4.1 Dans leur demande déposée devant la juridiction cantonale, les intimés ont conclu à ce que la recourante soit condamnée à leur verser un montant de 57'825 fr. avec intérêts à 5 % l'an dès le 13 juillet 2012. De leur point de vue, A. avait en effet droit à une indemnité unique égale à trois pensions annuelles de conjoint survivant. Ce droit étant né au moment du décès de G., soit le 12 juillet 2012, la prestation en cause leur revenait de plein droit, en leur qualité d'héritiers, à la suite du décès le 29 juillet 2012 de A. 4.2 Au regard de la demande en justice et des faits invoqués à son appui, le litige a manifestement pour objet une question qui concerne spécifiquement le droit de la prévoyance professionnelle. La prestation en cause relève clairement de cette branche d'assurance: les intimés réclament à la recourante, sur la base des art. 19 al. 2 LPP (en corrélation avec l' art. 19a LPP ) et 48 des statuts de la CAP (dans leur teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2008; sur la question du règlement applicable dans un cas particulier, voir p. ex. l'arrêt 9C_954/2011 du 22 mars 2012 consid. 2.2, in SVR 2012 BVG n° 36 p. 138), le versement d'une indemnité à titre de prestation pour survivants en faveur du partenaire enregistré. Qui plus est, la question juridique qu'il convient de résoudre en l'espèce, soit le point de savoir si le droit à l'indemnité avait déjà pris naissance au moment où A. est décédé, relève avant tout de l'application de principes propres à la prévoyance professionnelle. Car c'est en fonction de la réponse donnée à cette question qu'il sera alors possible de savoir si la prestation litigieuse a été acquise du vivant de A., si elle est tombée ou BGE 141 V 170 S. 174 non dans la masse successorale et, partant, si elle revient de plein droit aux intimés en leur qualité d'héritiers institués (voir ATF 113 V 287 consid. 4b p. 290; voir également arrêt du Tribunal fédéral des assurances B 20/98 du 14 août 1998 consid. 4a). Le fait que le tribunal compétent en matière de prévoyance professionnelle doit, le cas échéant, se pencher à titre préjudiciel sur d'autres aspects juridiques de nature successorale, telle la validité des dispositions testamentaires prises par A., ne change rien à la qualification de l'objet du litige comme ressortissant au droit de la prévoyance professionnelle. 4.3 Il n'est pas contesté ni contestable que les intimés n'agissent pas en qualité d'ayants droit au sens de l' art. 73 LPP , mais en qualité d'héritiers institués de A. Aux termes de l' art. 560 CC , les héritiers acquièrent de plein droit l'universalité de la succession dès que celle-ci est ouverte (al. 1). Sous réserve des exceptions prévues par la loi, ils sont saisis des créances et actions, des droits de propriété et autres droits réels, ainsi que des biens qui se trouvaient en la possession du défunt, et ils sont personnellement tenus de ses dettes (al. 2). Autrement dit, la dévolution successorale a pour objet la succession considérée comme l'ensemble des rapports de droit qui ne sont pas inséparables de la personne du défunt ( ATF 112 II 300 consid. 4b p. 305; voir également IVO SCHWANDER, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 2 e éd. 2003, n° 8 ad art. 560 CC ; TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, 2 e éd. 1964, n° 4 ad art. 560 CC ; ESCHER/ESCHER, Zürcher Kommentar, 3 e éd. 1959, vol. III. 1, n° 5b ad introduction). Ce faisant, la succession ne modifie pas la nature juridique des droits transférés: ceux-ci passent du défunt aux héritiers dans leur état effectif, c'est-à-dire avec toutes les qualités (avantages et désavantages) qui leur sont propres, ainsi que tous les droits accessoires et charges y relatives. En d'autres termes, la succession ne change rien à la nature des droits transférés et la communauté héréditaire se substitue au défunt et devient pleinement titulaire des droits et obligations de ce dernier, y compris les droits de nature procédurale. Pour ce motif, la succession n'a pas d'effet sur la compétence de l'autorité judiciaire appelée à se prononcer sur les contestations correspondantes. 4.4 Sur le vu de ce qui précède, la juridiction cantonale n'a pas violé le droit fédéral en admettant sa compétence pour connaître du litige porté devant elle par les intimés.
null
nan
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2,015
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CH_BGE_007
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Federation
4437b8f3-776f-4060-be2e-4fcfd5e1df5f
Urteilskopf 94 I 501 70. Urteil vom 27. September 1968 i.S. Lohner gegen Eidg. Alkoholverwaltung.
Regeste Alkoholgesetz: Konzessionen für die gewerbsmässige Herstellung von Spezialitätenbranntwein dürfen nur erneuert werden, wenn die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes es rechtfertigen.
Sachverhalt ab Seite 501 BGE 94 I 501 S. 501 A.- Der Beschwerdeführer Marcel Lohner, geb. 1909, wohnt in Binningen, wo er ein Architekturbureau betreibt. Er hatte dort Land erworben, von dem ihm nach der Überbauung eines grösseren Teils noch ein Rest mit einigen Obstbäumen geblieben ist. Seit 1958 besitzt er ein Grundstück von 30 a mit 5 Kirschbäumen in Ettingen (BL) und seit 1961 ein Areal von 160 a mit 10 Kirschbäumen in Seewen (SO). Am 18. September 1946 erteilte ihm die Eidg. Alkoholverwaltung eine Brennereikonzession gemäss Art. 4 Abs. 3 lit. a des Bundesgesetzes über die gebrannten Wasser vom 21. Juni 1932 (des Alkoholgesetzes, AlkG), welche ihn berechtigte, mit einem 47 Liter fassenden Brennhafen gewerbsmässig Spezialitätenbranntwein, insbesondere Kirsch, herzustellen. Die Dauer der Konzession wurde in den Jahren 1948, 1953, 1958 und 1963 je um 5 Jahre verlängert, letztmals bis zum 30. Juni 1968. B.- Anfang 1968 ersuchte der Beschwerdeführer die Alkoholverwaltung, die Konzession für weitere 5 Jahre zu erneuern. Die Verwaltung lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 29. Februar 1968 ab. Sie führte aus, die Konzession könnte nur verlängert werden, wenn dies den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Landes entspräche ( Art. 5 AlkG ). Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da der Beschwerdeführer seine Rohstoffe unter zumutbaren Bedingungen von einer konzessionierten BGE 94 I 501 S. 502 Lohnbrennerei in Binningen oder in der Umgebung brennen lassen könne. C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Marcel Lohner, diese Verfügung sei aufzuheben und die Alkoholverwaltung anzuweisen, seinem Gesuch um Erneuerung der Konzession zu entsprechen. Es wird geltend gemacht, seit der erstmaligen Erteilung der Konzession hätten sich die Verhältnisse nicht wesentlich verändert; insbesondere hätte der Beschwerdeführer schon damals und seither stets die Möglichkeit gehabt, seine Rohstoffe einem Lohnbrenner zu übergeben. Es sei willkürlich, nun plötzlich die Erneuerung der Konzession zu verweigern. Von einer systematischen Änderung der Praxis der Alkoholverwaltung sei dem Beschwerdeführer nichts bekannt; er werde einer Ausnahmebehandlung unterworfen, was gegen die Rechtsgleichheit verstosse. Er besorge den Obstbau und das Brennen als "Hobby", und zwar in mustergültiger Weise. Diese Tätigkeit liege durchaus im Interesse des Landes. Sie führe zu keinerlei unerwünschten Nebenerscheinungen. Die bescheidene Produktion des Beschwerdeführers werde privat verwendet; einen Teil verschenke er, und nur ganz selten verkaufe er einem Liebhaber eine Flasche. Er mache mit seinem Eigenbrand keinem beruflichen Brenner Konkurrenz, noch fördere er damit die Trunksucht. Wohl könnte er sich an eine Lohnbrennerei wenden, doch wäre dies mit erheblichen Umtrieben verbunden, und vor allem hätte er keine Gewähr dafür, dort einen Kirsch der besonderen Qualität zu erhalten, die er in seiner eigenen Brennerei erziele; müsste er doch damit rechnen, dass in der Lohnbrennerei seine Rohstoffe zusammen mit den möglicherweise wesentlich schlechteren eines Fremden gebrannt würden. Dürfte er nicht mehr selbst brennen, so würde er seine Liebhaberei ganz aufgeben. Man solle ihm doch die Konzession angesichts seines Alters noch für zwei Perioden lassen. Sein Sohn werde die Liebhaberei kaum fortsetzen wollen. D.- Die Alkoholverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde. Sie führt aus, nach der Vollziehungsverordnung vom 6. April 1962 zum Alkoholgesetz und zum Bundesgesetz über die Konzessionierung der Hausbrennerei (VV) könne als Hausbrenner BGE 94 I 501 S. 503 nur noch anerkannt werden, wer Landwirt ist und einen Landwirtschaftsbetrieb selbst bewirtschaftet ( BGE 93 I 497 ff.). Diese verschärften Anforderungen hätten bewirkt, dass zahlreiche bisherige Hausbrenner zu den sog. kleingewerblichen Branntweinproduzenten umgeteilt worden seien. Nach bisheriger Praxis habe man ihnen in der Regel eine Gewerbekonzession erteilt, so dass die Zahl der gewerblichen Brenner von 1290 im Jahre 1962 auf 1497 im Jahre 1966 gestiegen sei. Bei gleichbleibender Praxis würden rund 4000 weitere bisherige Hausbrenner eine gewerbliche Konzession erhalten. Eine solche Entwicklung stände aber im Widerspruch zu Art. 32 bis BV und Art. 5 AlkG ; denn sie bärge die Gefahr in sich, dass die Branntweinerzeugung erheblich vermehrt würde, weil der gewerbliche Brenner nicht nur Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe brennen dürfe. Deshalb habe die Praxis geändert werden müssen. Heute werde den neu zu den kleingewerblichen Produzenten eingeteilten Brennhafenbesitzern grundsätzlich keine gewerbliche Konzession erteilt; Ausnahmen würden gemacht, wenn eine Lohnbrennerei nicht zur Verfügung stehe; eine gewisse Toleranz werde auch gegenüber Betagten geübt. Bis jetzt sei 356 Brennhafenbesitzern, die früher als Hausbrenner gegolten hatten, die Erteilung einer Gewerbekonzession verweigert worden. Da alle Inhaber von Brennapparaten gleich behandelt werden müssten, werde die neue Praxis auch auf Kleinproduzenten angewandt, denen früher bereits Gewerbekonzessionen erteilt worden waren. Diese Konzessionen würden nicht mehr erneuert, wenn ein Bedürfnis im Sinne des Art. 5 Abs. 1 AlkG fehle. Auf Grund der geänderten Praxis sei bis jetzt in 137 Fällen die Erneuerung abgelehnt worden. Die Brennerei des Beschwerdeführers diene nicht den Bedürfnissen des Landes, sondern ausschliesslich seinem persönlichen Interesse an einem eigenen "Häfelibrand". Es dürfe ihm zugemutet werden, sein Brenngut einem Lohnbrenner zu übergeben. Dabei könne er verlangen, dass der Lohnbrenner die Rohstoffe bei ihm abhole und sie gesondert für ihn brenne. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde sich gegen eine Verfügung richtet, mit welcher die Alkoholverwaltung die Erneuerung der gewerblichen Brennereikonzession BGE 94 I 501 S. 504 des Beschwerdeführers verweigert hat, ist sie nach Art. 6 Abs. 4 AlkG zulässig. Es ist darauf einzutreten. 2. Art. 5 AlkG ordnet die Voraussetzungen der Erteilung gewerblicher Brennereikonzessionen. Nach Abs. 4 muss die ordnungsgemässe Führung des Betriebes gewährleistet sein. Ausserdem bestimmt Abs. 1, dass Konzessionen "erteilt werden sollen, soweit dies den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Landes entspricht". Für die Auslegung dieser Vorschrift ist Art. 32 bis BV massgebend, auf den das Alkoholgesetz sich stützt. Er fordert in Abs. 2, die Gesetzgebung sei so zu gestalten, dass sie den Verbrauch von Trinkbranntwein und dementsprechend dessen Herstellung vermindert; insbesondere wird dort dem Bund aufgegeben, die Zahl der Brennapparate dadurch herabzusetzen, dass er solche auf dem Wege der freiwilligen Übereinkunft erwirbt; ferner wird in Abs. 3 bestimmt, dass die Konzessionen für die gewerbsmässige Herstellung gebrannter Wasser die Verwertung der Abfälle des Obst-, Wein- und Zuckerrübenbaues und der Überschüsse des Obst- und Kartoffelbaues ermöglichen soll, soweit diese Rohstoffe nicht anders zweckmässig verwendet werden können. Hieraus folgt, dass gewerbliche Brennereikonzessionen nur zu erteilen sind, soweit es zu diesem Zwecke erforderlich ist; darüber hinaus liesse sich ihre Erteilung nicht rechtfertigen und würde sie den in der Verfassung umschriebenen Zielen der Alkoholgesetzgebung zuwiderlaufen ( BGE 79 I 299 Erw. 2; nicht veröffentlichtes Urteil vom 22. Dezember 1953 i.S. Zehnder, Erw. 2). Dass Art. 5 Abs. 1 AlkG in diesem Sinne zu verstehen ist, wird durch den nachfolgenden Abs. 2 bestätigt, der die oben erwähnte Bestimmung des Art. 32 bis Abs. 3 BV wiederholt. Die gewerblichen Konzessionen werden nach Art. 5 Abs. 4 AlkG auf höchstens zehn Jahre erteilt und können gemäss Art. 6 erneuert werden. Ihre Dauer wird nach Art. 6 VV von Fall zu Fall festgesetzt und soll in der Regel mindestens drei Jahre betragen. Nach der Praxis der Alkoholverwaltung wird sie in den meisten Fällen auf fünfJahre beschränkt. Die Erneuerung einer Konzession ist an die gleichen Voraussetzungen wie die erstmalige Erteilung geknüpft (Art. 7 Abs. 2 VV). Insbesondere hat die Verwaltung bei der Beurteilung eines Gesuches um Erneuerung einer Konzession nachzuprüfen, ob ein Bedürfnis im Sinne des Art. 5 Abs. 1 AlkG besteht (Art. 2 Abs. 2 VV). BGE 94 I 501 S. 505 Hinsichtlich der Bedürfnisfrage ist der Verwaltung naturgemäss ein weites Feld der Würdigung eingeräumt. In seiner Botschaft vom 1. Juni 1931 zum Alkoholgesetz vertrat der Bundesrat sogar die Auffassung, dass die Beurteilung dieser Frage ausschliesslich in das Ermessen der Verwaltung falle und das Bundesgericht sich nur mit den besonderen Konzessionsvoraussetzungen, die im einzelnen Fall ausserdem erfüllt sein müssen, zu befassen habe (BBl 1931 I S. 711). Dieser Meinung kann indessen nicht zugestimmt werden. Wenn die Verwaltung ein Gesuch um Erteilung oder Erneuerung einer Konzession wegen Fehlens eines Bedürfnisses ablehnt, muss das Bundesgericht bei der Beurteilung der dagegen geführten Beschwerde prüfen können, ob der Verwaltung in rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung ein Fehler unterlaufen ist (Urteil Zehnder, Erw. 3), der Entscheid auf einer Verletzung von Bundesrecht oder auf einer unrichtigen Feststellung des Sachverhaltes beruht ( Art. 104 und 105 OG ). 3. Durch die Konzession, die der Beschwerdeführer für eine weitere Dauer von fünf Jahren erneuern lassen will, ist ihm das Recht verliehen worden, gewerbsmässig Spezialitätenbranntwein, insbesondere Kirsch, herzustellen. Es ist nicht bestritten, dass er die in Art. 5 Abs. 4 AlkG gestellten Anforderungen, welche die ordnungsgemässe Führung des Brennereibetriebes gewährleisten sollen, nach wie vor erfüllt. Der Streit geht einzig darum, ob für die von ihm nachgesuchte Erneuerung der Konzession ein Bedürfnis im Sinne des Art. 5 Abs 1 AlkG bestehe. Nach Art. 12 AlkG ist das Brennrecht der konzessionierten gewerblichen Spezialitätenbrennereien weder nach der Menge der Erzeugnisse, noch nach der Herkunft der Rohstoffe beschränkt. Der Beschwerdeführer hätte demnach auf Grund der Konzession, die ihm im Jahre 1946 erteilt und seither wiederholt verlängert worden ist, nicht nur sein Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe in beliebigen Mengen selbst brennen und verkaufen dürfen. Tatsächlich hat er jedoch stets nur sein Eigengewächs gebrannt und es auch nicht gewerblich verwendet. Daher ist hier nicht zu prüfen, ob die Alkoholverwaltung die Erneuerung einer gewerblichen Konzession unter Berufung auf Art. 5 Abs. 1 AlkG auch dann verweigern dürfte, wenn der Konzessionär im Vertrauen auf das ihm verliehene Recht bereits einen eigentlichen Gewerbebetrieb aufgebaut hat. BGE 94 I 501 S. 506 Würde dem Gesuch des Beschwerdeführers entsprochen, so stände es ihm aber frei, fortan die Spezialitätenbrennerei nicht mehr nur als Gegenstand einer persönlichen Liebhaberei, sondern gewerbsmässig zu betreiben. Wird dagegen seine Konzession nicht erneuert, so ist er darauf angewiesen, sich an einen Lohnbrenner zu wenden, wobei er diesem nur sein Eigengewächs und nicht auch zugekaufte Rohstoffe zum Brennen übergeben kann ( Art. 19 AlkG ). Diese Lösung steht im Einklang mit den Grundsätzen des Art. 32 bis BV und der Alkoholgesetzgebung, wonach die Herstellung von Trinkbranntwein und die Zahl der Brennapparate nach Möglichkeit vermindert werden soll; insbesondere entspricht sie dem Art. 5 Abs. 1 AlkG . Sie ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen zugemutet werden darf, die Dienste eines Lohnbrenners in Anspruch zu nehmen. 4. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass in Binningen, wo er wohnt, und in der Umgebung konzessionierte Lohnbrennereien bestehen. Dagegen macht er geltend, man könne ihm nicht zumuten, sein Eigengewächs von einer dieser Unternehmungen brennen zu lassen, weil ihm dadurch erhebliche Umtriebe entständen und er vor allem keine Gewähr hätte, von der Lohnbrennerei einen Branntwein in der von ihm gewünschten Qualität zu erhalten. Diese Einwendungen sind jedoch nicht stichhaltig. Die Lohnbrenner sind verpflichtet, Brennaufträge aus dem ihnen zugewiesenen Gebiet innert nützlicher Frist auszuführen (Art. 34 Abs. 2 VV). Sie stehen unter der Kontrolle der Alkoholverwaltung ( Art. 7 AlkG ). Diese überwacht insbesondere die Brennlöhne (Art. 33 Abs. 3 VV). Sie ist sodann bei ihrer Erklärung zu behaften, wonach der Beschwerdeführer verlangen kann, dass der Lohnbrenner das Brenngut bei ihm abholt und es nicht mit demjenigen anderer Produzenten vermischt, sondern gesondert brennt. Aus den hochwertigen Rohstoffen, die der Beschwerdeführer nach seiner Darstellung produziert, wird auch der Lohnbrenner einen Trinkbranntwein von guter Qualität herstellen, jedenfalls dann, wenn er sie gesondert verarbeitet. Der Beschwerdeführer kann ferner verlangen, dass sein Brennapparat vom Bund angekauft wird (Art. 25 f. AlkG). Unter diesen Umständen darf ihm zugemutet werden, sein Eigengewächs von einem Lohnbrenner brennen zu lassen. Damit wird ihm keineswegs verunmöglicht, weiterhin den Obstbau in vorbildlicher Weise BGE 94 I 501 S. 507 zu betreiben und aus seinem Brenngut einen guten Branntwein zu gewinnen. Der angefochtene Entscheid verletzt keine schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers. 5. Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei das Opfer einer rechtsungleichen Behandlung, erledigt sich auf Grund der überzeugenden Darstellung der Alkoholverwaltung, wonach sie nun gerade im Bestreben, das Gebot der Rechtsgleichheit zu wahren, allen Inhabern eines Brennapparates, die sich in der gleichen Lage befinden wie der Beschwerdeführer, die Erneuerung der Gewerbekonzession verweigert. Die Verwaltung teilte in den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten der Vollziehungsverordnung vom 6. April 1962 zahlreiche Brennhafenbesitzer, die gemäss den Vorschriften dieser Verordnung nicht mehr als Hausbrenner anerkannt werden konnten ( BGE 93 I 497 ff.), zu den sog. kleingewerblichen Branntweinproduzenten um und erteilte ihnen entsprechende Konzessionen, ohne dass dafür ein wirtschaftliches Bedürfnis des Landes im Sinne des Art. 5 Abs. 1 AlkG bestand. In der Folge gab sie diese Praxis auf, weil sie erkannte, dass daran nach den geltenden Bestimmungen nicht festgehalten werden konnte. Heute erteilt sie den neu zu den Kleinproduzenten umgeteilten Brennhafenbesitzern grundsätzlich keine gewerbliche Konzession mehr, da ein Bedürfnis des Landes regelmässig fehlt. Diese neue Praxis steht im Einklang mit Verfassung und Gesetz. Es wäre aber stossend und mit Art. 4 BV nicht vereinbar, wenn sie nicht entsprechend auch beim Entscheid über die Erneuerung gewerblicher Konzessionen der in Frage stehenden Art angewandt würde. Mit Recht verweigert die Alkoholverwaltung nun grundsätzlich nicht nur die erstmalige Erteilung, sondern auch die Erneuerung solcher Konzessionen, wenn kein Bedürfnis des Landes für eine abweichende Entscheidung besteht. In dieser generellen Abkehr von der bisher geübten nicht verfassungs- und gesetzeskonformen Verwaltungspraxis kann keineswegs eine Verfassungs- oder Gesetzesverletzung liegen, soweit dabei nicht schutzwürdige private Interessen beeinträchtigt werden. Im vorliegenden Fall kommen solche Interessen nicht in Betracht, wie oben dargetan wurde. 6. Zu Unrecht nimmt der Beschwerdeführer an, es fehle an einem öffentlichen Interesse dafür, ihm das Brennen seines Eigengewächses zu verbieten, da es sich um geringe Mengen handle und er mit seinem Eigenbrand weder den beruflichen BGE 94 I 501 S. 508 Brennern Konkurrenz mache noch die Trunksucht fördere. In derselben Lage wie er befinden sich noch viele andere Kleinproduzenten. Alle diese Produzenten müssen gleich behandelt werden. Würde ihnen die Konzession für die gewerbsmässige Herstellung von Spezialitätenbranntwein erteilt oder belassen, so müsste aber damit gerechnet werden, dass manche von ihnen das ihnen verliehene Recht, nicht nur Eigengewächs, sondern auch zugekaufte Rohstoffe in beliebiger Menge zu brennen, ausnützen würden, mit der Folge, dass der Verbrauch von Trinkbranntwein im ganzen Lande erheblich ansteigen würde. Zur Bekämpfung derartiger Auswirkungen muss die Zahl der Brennhäfen reduziert werden, ohne dass im einzelnen Fall geprüft werden kann, ob die weitere Verwendung des Brennapparates zu einer Vermehrung des Trinkbranntweinverbrauchs führen würde. Das Gesetz muss einheitlich angewandt werden. Im vorliegenden Fall besteht kein Grund, welcher dazu zwingen würde, die Konzession nochmals zu erneuern. Die Alkoholverwaltung räumt freilich ein, dass sie seit der Änderung ihrer Praxis einigen "betagten" Konzessionären die Konzession erneuert habe, obwohl die Voraussetzungen dafür eigentlich nicht gegeben wären. Aus einer derartigen Begünstigung gewisser Mitbürger kann jedoch der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Da er im Jahre 1909 geboren ist, lässt sich die Auffassung vertreten, dass er noch nicht "betagt" ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 91 IV 138 37. Urteil des Kassationshofes vom 8. Oktober 1965 i.S. Michel gegen Generalprokurator des Kantons Bern
Regeste Art. 18 Abs. 3, 222 Abs. 1 StGB. Fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst durch unvorsichtiges Ablegen einer brennenden Zigarette auf einem mit dürrem Gras bewachsenen Berghang.
Sachverhalt ab Seite 138 BGE 91 IV 138 S. 138 A.- Michel begab sich am 29. Dezember 1963 zusammen mit Zurbrügg ins Gebiet des auf der Nordseite des Brienzersees gelegenen Augstmatthorns, um auf dessen schneefreiem Südabhang in der Nähe der Heidstud-Hütte auf ca. 1600 m Höhe Filmaufnahmen von Tieren zu machen. Nachdem sie die Filmkamera auf einem Felsblock aufgestellt hatten, hielten sie etwas weiter oben nach Adlern Ausschau. Als Zurbrügg einen solchen meldete, stieg Michel zur Kamera hinunter und legte die Zigarette, die er rauchte, auf einem von Gras umwachsenen Felskopf ab. Nach ungefähr fünf Minuten, während denen er die Kamera bediente, nahm er Brandgeruch wahr und stellte fest, dass bei der Stelle, wo er die brennende Zigarette abgelegt hatte, das Gras auf einer Fläche von ungefähr einem Quadratmeter brannte. Michel und Zurbrügg versuchten, den Brand zu löschen, was ihnen jedoch nicht gelang. Das Feuer verbreitete sich im hohen, dürren Gras rasch den steilen Hang aufwärts, ergriff auch die baufällige Heidstud-Hütte und erstreckte sich nach einigen Stunden auf das ganze zwischen 1200 und 1800 Meter über Meer gelegene Gebiet auf einer Länge von einem Kilometer. BGE 91 IV 138 S. 139 Den Eigentümern des Landes erwuchs dadurch ein Schaden von rund Fr. 54 500.--. B.- Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte Michel am 2. Juli 1965 in Bestätigung eines Urteils des Gerichtspräsidenten I von Interlaken wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst ( Art. 222 Abs. 1 StGB ) zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 200.--. C.- Michel führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Der Beschwerdeführer bestreitet, dass er bei der Verursachung der Feuersbrunst schuldhaft, d.h. fahrlässig gehandelt habe. Er macht geltend, er habe höchstens voraussehen können, dass die auf dem Felskopf abgelegte brennende Zigarette eine kleine, unter Gewalt zu bringende Grasfläche entzünden, nicht aber, dass daraus ein Grossbrand entstehen könnte. Der Einwand hält nicht stand. Der eingetretene Erfolg lag nicht nur objektiv im Bereiche normalen Geschehens, sondern die Möglichkeit seines Eintritts hätte vom Beschwerdeführer auch vorausgesehen werden können. Es ist allgemein bekannt und wird durch Wald- und Steppenbrände in südlichen Gebieten immer wieder bestätigt, dass bei lang anhaltender Trockenheit, insbesondere an Hängen mit intensiver Sonnenbestrahlung, Bäume und Pflanzen, die dürr geworden sind, sich leicht entzünden und dass unter solchen Verhältnissen, wenn Winde auftreten, schon das kleinste Feuer rasch einen ausgedehnten Brand verursachen kann. Dass eine erhöhte Brandgefahr dieser Art Ende Dezember 1963 an den Südhängen des Augstmatthorns bestand, hätte der bergkundige und mit der Gegend vertraute Beschwerdeführer schon daraus erkennen können, dass der Winter bis dahin aussergewöhnlich trocken und sonnig verlaufen und der fragliche schneefreie Steilhang mit hohem, völlig dürrem Gras bewachsen war. Zudem wusste der Beschwerdeführer, dass in dieser dem Föhn unterworfenen Gegend wegen Waldbrandgefahr beim Umgang mit Feuer äusserste Sorgfalt geboten war. Aus diesem Grunde hat er denn auch in seiner eigenen Schreinerei ein Rauchverbot erlassen und eine gut ausgebaute Feuersicherungsanlage erstellt. Nach seinen Kenntnissen und seiner Erfahrung musste er sich Rechenschaft darüber geben, dass unter den damals gegebenen ausserordentlichen Wetterbedingungen BGE 91 IV 138 S. 140 die Brandgefahr kaum geringer war, als sie dort bei Föhn zu herrschen pflegt, hätte er doch als routinierter Berggänger auch die besonderen Windverhältnisse in Berglagen bedenken und die Möglichkeit eines plötzlich aufkommenden Windes in Betracht ziehen müssen, der nicht nur das leicht brennbare Gras aus vorhandener Glut entzünden, sondern das entfachte Feuer auch mit grosser Geschwindigkeit verbreiten konnte. Zu dieser Überlegung wäre der Beschwerdeführer befähigt gewesen, da er nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz wusste, dass an einem Berghang, der starker Sonnenbestrahlung ausgesetzt ist, bei zunehmender Erwärmung mit Sicherheit ein thermischer Aufwind zu erwarten war. Unter diesen Umständen war es im Sinne des Art. 18 Abs. 3 StGB pflichtwidrig unvorsichtig, die Zigarette brennend auf einem von hohem dürrem Gras umwachsenen Felskopf abzulegen, statt sie auszulöschen. Dass für den Beschwerdeführer weder das ganze Ausmass des Brandes noch die Höhe des eingetretenen Schadens in vollem Umfange vorauszusehen war, ist bei der Strafzumessung berücksichtigt worden. Dispositiv Demnach erkennt der Kassaitonshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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1,965
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Urteilskopf 133 IV 121 15. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich gegen X. sowie Verwaltungs-gericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) 6B_56/2007 vom 4. Mai 2007
Regeste Art. 81 Abs. 1 und 3, Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ; bedingte Entlassung eines Verwahrten; Beschwerdelegitimation eines kantonalen Amtes für Justizvollzug; Rückweisungsentscheid als Zwischenentscheid. Das Amt für Justizvollzug hat keine eigenen, rechtlich geschützten Interessen an der Aufhebung eines Verwaltungsgerichtsentscheides, mit dem es gegen seinen Willen angewiesen wird, die Frage der bedingten Entlassung näher zu prüfen. Zur Erhebung einer Behördenbeschwerde zur Wahrung öffentlicher Interessen ist nur legitimiert, wem diese Befugnis von Art. 81 Abs. 3 BGG ausdrücklich zuerkannt wird (E. 1.1 und 1.2). Ein Rückweisungsentscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne des BGG (E. 1.3).
Sachverhalt ab Seite 122 BGE 133 IV 121 S. 122 A. Das Geschworenengericht des Kantons Zürich verurteilte X. am 19. Mai 1998 u.a. wegen mehrfachen versuchten Mordes, mehrfacher schwerer Körperverletzung, mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und mehrfacher Schändung zu 17 Jahren Zuchthaus, schob den Vollzug dieser Strafe indessen auf und ordnete die Verwahrung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (in der Fassung vom 18. März 1971) an. X. befindet sich seit dem 15. November 2000 zum Vollzug der Verwahrung in der Strafanstalt Pöschwies. Seit dem 2. Oktober 2001 lehnt er die Betreuung durch den Psychiatrisch-Psychologischen Dienst (PPD) ebenso wie Besuche von dessen Mitarbeitern und eine deliktsorientierte Therapie ab. Mit Verfügung vom 26. Juli 2006 lehnte das Amt für Justizvollzug die probeweise Entlassung X.s aus der Verwahrung unter Hinweis auf das mangels therapeutischer Behandlung nach wie vor bestehende Rückfallrisiko ab. X. rekurrierte gegen diese Verfügung und beantragte, es sei zur Frage der Gemeingefährlichkeit ein neues Gutachten zu erstellen, er sei probehalber aus der Verwahrungsmassnahme zu entlassen und es sei ihm für die Begutachtung und das Überprüfungsverfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu gewähren. Die Direktion der Justiz und des Innern wies den Rekurs am 26. September 2006 ab und verweigerte X. die Gewährung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. BGE 133 IV 121 S. 123 Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde X.s am 7. Februar 2007 teilweise gut und hob die Verfügung der Direktion der Justiz und des Innern vom 26. September 2006 und die Verfügung des Amts für Justizvollzug vom 16. Juli 2006 insofern auf, als darin die Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine unabhängige sachverständige Person abgelehnt bzw. nicht angeordnet worden war. Es wies die Sache ans Amt für Justizvollzug zurück, "um die Frage der bedingten Entlassung nach den Vorschriften des seit 1. Januar 2007 geltenden Strafrechts, insbesondere Art. 64b Abs. 2 StGB , zu prüfen". Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, ebenso wie das Gesuch um Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. B. Mit Beschwerde in Strafsachen vom 14. März 2007 beantragt das Amt für Justizvollzug, seine Verfügung vom 26. Juli 2006 zu bestätigen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über den Vollzug einer Massnahme, gegen den die Beschwerde in Strafsachen gegeben ist (Art. 78, 80 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [BGG; SR 173.110]). Fraglich ist zunächst, ob das Amt für Justizvollzug berechtigt ist, sie zu erheben. 1.1 Nach Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (lit. b). Die beiden Voraussetzungen von lit. a und b müssen nach klarem Wortlaut und Sinn kumulativ erfüllt sein. Das bedeutet einerseits, dass auch die in Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG beispielhaft aufgeführten Personen, die in der Regel beschwerdebefugt sind, im Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse nachzuweisen haben. Anderseits sind auch dort nicht aufgeführte Personen beschwerdebefugt, sofern sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids haben (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4318). Art. 81 Abs. 2 BGG regelt die Beschwerdebefugnis der Bundesanwaltschaft, während Abs. 3 die Regelung von BGE 133 IV 121 S. 124 Art. 103 lit. b OG (BS 3 S. 531) übernimmt, wonach das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zusteht, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. Da sich die Bestimmung nur auf Beschwerden gegen Entscheide über den Vollzug von Strafen und Massnahmen bezieht, ist nach Abs. 3 einzig das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beschwerdebefugt. 1.2 Das Amt für Justizvollzug leitet seine Beschwerdeberechtigung aus Art. 81 Abs. 1 BGG ab. Das Verwaltungsgericht bezeichnet das Amt für Justizvollzug im Rubrum zwar als Beschwerdegegner und führt dieses damit als Partei auf. Dementsprechend holte es von ihm auch eine "Beschwerdeantwort" ein, nicht eine "Vernehmlassung" wie von der Direktion der Justiz und des Innern. Ob das Amt für Justizvollzug am Verwaltungsgerichtsverfahren im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG teilgenommen hat oder nicht, ist indessen eine Frage des Bundesrechts. Es ist daher unerheblich, ob das Zürcher Verfahrensrecht einen Rollenwechsel des Amts für Justizvollzug von der erstinstanzlich verfügenden Behörde zur Partei im gegen seinen Entscheid angehobenen Rechtsmittelverfahren vorsieht bzw. zulässt. Von der Sache her besteht dafür jedenfalls keine Notwendigkeit, handelt es sich doch grundsätzlich um ein Einparteienverfahren, mit welchem der verwahrte Beschwerdeführer die Gewährung von Vollzugslockerungen beantragte. Es erscheint daher fraglich, ob das Amt für Justizvollzug als Teilnehmer am verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinn von Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG zu betrachten wäre. Es kann jedenfalls nicht Sinn dieser Bestimmung sein, alle Vorinstanzen auf Grund ihrer Verfahrensteilnahme zur Beschwerde zuzulassen. Das Amt für Justizvollzug vertritt sodann ausschliesslich öffentliche Interessen, es fehlen ihm eigene, rechtlich geschützte Interessen, die es nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG zur Beschwerde berechtigen könnten. Es ist zwar durch den angefochtenen Entscheid beschwert, indem es den Beschwerdegegner gegen seine Überzeugung begutachten lassen muss, und hat dementsprechend ein faktisches Interesse an der Aufhebung des Verwaltungsgerichtsentscheids. Dies genügt indessen nicht zur Ergreifung einer Beschwerde in Strafsachen. Der Wahrung rein öffentlicher Interessen dient die Behördenbeschwerde, welche nach Art. 81 Abs. 3 BGG dem Eidgenössischen BGE 133 IV 121 S. 125 Justiz- und Polizeidepartement zusteht. Dieses ist beschwerdebefugt, weil ihm diese Befugnis vom Verfahrensrecht ausdrücklich zuerkannt wird. Das bedeutet umgekehrt, dass allen anderen Behörden, die an der Erhebung einer Beschwerde interessiert sein könnten, aber nicht über eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung verfügen, die Beschwerdelegitimation abgeht. Das Amt für Justizvollzug ist damit von der Beschwerdeführung ausgeschlossen ( Art. 81 Abs. 3 BGG e contrario). 1.3 Auf die Beschwerde ist somit bereits mangels Legitimation des beschwerdeführenden Amtes für Justizvollzug nicht einzutreten. Dazu kommt, dass der angefochtene Rückweisungsentscheid das Verfahren nicht abschliesst. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, der nur anfechtbar wäre, wenn dem beschwerdeführenden Amt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil drohte ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ). Diesem droht indessen einzig, eine möglicherweise überflüssige Begutachtung des Beschwerdegegners durchführen zu müssen. Darin liegt ein allenfalls unnötiger Aufwand, kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Auf die Beschwerde wäre somit auch mangels eines tauglichen Anfechtungsobjekts nicht einzutreten.
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443b9f0d-a3d5-41f9-9dbd-aabd619b4466
Urteilskopf 104 IV 49 16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Mai 1978 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden
Regeste Art. 18 Abs. 3, 125 Abs. 2 StGB. Fahrlässige Verursachung eines Flugunfalles, begangen dadurch, dass der Flugzeugführer vor dem Sichtflug über den Julierpass ins Engadin pflichtwidrig unvorsichtig die Flugwetterprognose nicht prüfte und die Sicht- und Wetterverhältnisse nicht sorgfältig abklärte.
Erwägungen ab Seite 49 BGE 104 IV 49 S. 49 Aus den Erwägungen: 2. Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB , wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder nicht darauf Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet hat, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer weder vor dem Hinflug nach Zürich noch vor dem Rückflug nach Samedan in die Flugwetterprognosen für die Schweiz vom 20. Februar BGE 104 IV 49 S. 50 1972 Einsicht nahm. Aus dieser war ersichtlich, dass der Julier für Sichtflüge gesperrt war. Davon hatte der Beschwerdeführer nach der verbindlichen tatsächlichen Feststellung der Vorinstanz keine Kenntnis. Gemäss Art. 5 der Verfügung des EVED über die Verkehrsregeln für Luftfahrzeuge in der Fassung vom 20. Mai 1967 hat sich der Kommandant eines Luftfahrzeuges vor Beginn eines Fluges mit allen für diesen massgebenden und verfügbaren Unterlagen vertraut zu machen und insbesondere die neuesten verfügbaren Wetterberichte und Wettervorhersagen zu prüfen. Er darf ausserdem nach Art. 43 der Verfügung des EVED über die Betriebsregeln für Luftfahrzeuge im gewerbsmässigen Luftverkehr in der Fassung vom 16. November 1962 einen Flug nach Sichtflugregeln erst beginnen, wenn sich aufgrund der Wettervorhersagen voraussehen lässt, dass die Wetterverhältnisse längs der Strecke und auf dem Zielflugplatz einen solchen erlauben. Zu den für einen Flug massgebenden Unterlagen gehört also in erster Linie die allgemeine Flugwetterprognose, welche vom Kommandanten eines Luftfahrzeuges zu prüfen ist und die Grundlage für die Entscheidung bildet, ob die Wetterverhältnisse einen Flug nach Sichtflugregeln überhaupt zulassen, zumal dann, wenn in dieser angemerkt wird, ob eine bestimmte Route für den Flugverkehr gesperrt ist, und eine solche Kenntnis wie im vorliegenden Fall auf anderem Wege nicht beschafft werden konnte. Wenn der Beschwerdeführer die ihm sowohl in Samedan wie in Zürich zur Verfügung stehenden Flugwetterprognosen für die Schweiz ausser acht liess, so verletzte er eine ihm bekannte, normierte Pflicht, deren Erfüllung für die Gewährleistung der Flugsicherheit, namentlich im Gebirge, von grundlegender Bedeutung war. Er hat somit durch die Wahl einer gesperrten Flugroute, die er bei Anwendung der gebotenen und ihm zumutbaren Sorgfalt hätte meiden müssen, pflichtwidrig unvorsichtig im Sinne des Art. 18 Abs. 3 StGB gehandelt. Die Berufung des Beschwerdeführers auf seine eigenen Wetterbeobachtungen und die erhaltenen Auskünfte vermag ihn nicht zu entlasten. Beim Abflug in Zürich verfügte er weder über besondere eigene noch fremde Kenntnisse über die Wetterverhältnisse auf der Julierroute. Die ihm bekannten Beobachtungen anderer Piloten betrafen ausnahmslos das Gebiet des Unterengadins, wo er auf dem Hinflug selber festgestellt hatte, dass die Verhältnisse einen Sichtflug über den Albulapass BGE 104 IV 49 S. 51 nicht zuliessen. Über das Wetter im Raum St. Moritz-Silvaplana-Julier hatte er nur unvollständige und unzuverlässige Wahrnehmungen machen können. Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, konnte er dieses Gebiet auf dem Hinflug nur teilweise einsehen und war für ihn nicht feststellbar, dass auf dem Julier Schnee fiel und Nebel herrschte. Ausserdem lagen seine Wahrnehmungen rund 1 1/2 Stunden zurück. Auf sie war daher angesichts der Tatsache, dass sich das Wetter bei Südstaulagen kurzfristig verschlechtern konnte, kein Verlass. Aus den gleichen Gründen konnten auch aus den Auskünften des Flugplatzes Samedan und des Wetterberatungsdienstes Zürich, die Wetterlage habe sich im Raum Samedan-St. Moritz nicht verändert bzw. sie werde voraussichtlich gleich bleiben, keine verbindlichen Schlüsse auf die Verhältnisse im Gebiet des Julierpasses gezogen werden. Unter diesen Umständen wäre es unerlässlich gewesen, sich über das Wetter und die Sicht im gesamten Bereich der zu befliegenden Strecke Klarheit zu verschaffen. Der Beschwerdeführer ist dieser Pflicht zur Erkundung aber nicht nachgekommen und hatte deshalb beim Rückflug keine Gewissheit, ob die gegenwärtigen Wetterverhältnisse auf der Julierstrecke einen Flug nach Sichtflugregeln gestatteten. Der Vorwurf der Vorinstanz, er habe den Rückflug ohne genügende Unterlagen und ohne sorgfältige Abklärung der Wetterlage angetreten, ist somit begründet. Die Vorinstanz ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen, er hätte wegen der Möglichkeit einer kurzfristigen Wetterverschlechterung den Rückflug nicht antreten dürfen. Eine Pflicht zur Absage des Fluges nahm sie nur für den Fall an, dass er um die Sperrung des Julier gewusst hätte, was sie jedoch verneinte. Lediglich im Rahmen des Vorwurfes, der Beschwerdeführer habe den Flug nach ungenügender Vorbereitung ausgeführt, hielt sie ihm vor, er hätte als mit den Wetterbedingungen im Gebirge vertrauter Pilot bedenken müssen, dass sich bei Südstaulagen die Wetterverhältnisse rasch verschlechtern können. Dieser Vorhalt ist nicht zu beanstanden, hat der Beschwerdeführer doch einen Sichtflug über den Julier einzig aufgrund seiner unvollständigen und unzuverlässigen Wahrnehmungen auf dem Hinflug für möglich gehalten. Seine Behauptung, selbst rasch eintretende Wetterverschlechterungen liessen bei Südstaulagen regelmässig noch eine Durchflugmöglichkeit in der Talmitte offen, ist demgegenüber BGE 104 IV 49 S. 52 unbehelflich. Der Beschwerdeführer ist nicht wie auf dem Hinflug durch ein offenes Tal geflogen, sondern hat einen Alpenpass überquert, also eine Bergkette, an der sich Staulagen zu entwickeln pflegen. Er sah sich denn auch nach dem Überfliegen des Passes einer geschlossenen schwarzen Wolkenwand gegenüber, die ihn zwang, tief über dem Silvaplanersee eine Umkehrkurve zu fliegen, um festzustellen, ob er die Wolkenwand allenfalls unterfliegen könne oder wieder über den Julier zurückkehren müsse. Zutreffend hat die Vorinstanz auch angenommen, der ortskundige Beschwerdeführer hätte den Flug im Raum Rona-Marmorera, wo er die Maschine noch ohne Gefahr hätte wenden können, abbrechen müssen. Von dort aus musste eine geschlossene Wolkendecke unterflogen werden, deren Untergrenze bei 2700 bis 3000 Meter über Meer lag und aus der einzelne Hangwolken bis auf 2000 m hinunterreichten. Damit war erkennbar, dass der Anflug zum 2284 m hohen Julierpass eine zunehmende Verminderung der Flughöhe über Grund zur Folge hatte und zu einer stets grösseren Einengung des möglichen Flugbereiches führen musste, was beim abgewinkelten Talverlauf zusätzliche Schwierigkeiten und eine erhöhte Gefahrenlage voraussehen liess. Wird ferner berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer über die Wetterlage im Gebiet des Julier und südlich davon keine verlässlichen Kenntnisse besass und unter den gegebenen Wetterverhältnissen mit der Möglichkeit eines Absinkens der Mindestsichtwerte unter das zulässige Mass rechnen musste, so war eine gefahrlose Fortsetzung und Beendigung des Fluges nicht mehr gewährleistet. Der Entschluss, den Flug trotz den zu erwartenden und nicht abschätzbaren Gefahren fortzuführen, widersprach daher der objektiv und subjektiv gebotenen Vorsicht und war pflichtwidrig. Dass die Gefahr eines Absturzes sich nicht schon während des Fluges über die Passhöhe, sondern erst über dem Silvaplanersee verwirklicht hat, ändert am pflichtwidrigen Verhalten nichts.
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Urteilskopf 95 IV 172 44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Dezember 1969 i.S. Hänsli gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 32 SVG bietet keine Rechtsgrundlage für polizeiliche Eingriffe in verfassungsmässige Rechte.
Sachverhalt ab Seite 173 BGE 95 IV 172 S. 173 A.- Robert Hänsli ist Teilhaber und Geschäftsführer der Baugesellschaft Moosacker mbH in Zürich, Eigentümerin der Liegenschaft Zürichstrasse 233-237 in Affoltern a.A. Zu dieser Liegenschaft gehört ein Mehrfamilienhaus mit einem Abstellplatz, der bis an die Strasse reicht und das Trottoir mitumfasst. Am 28. Juli 1968 führten zwei Funktionäre der kantonalen Verkehrspolizei von 17 Uhr an mittels eines Radargerätes auf dem Grundstück der Gesellschaft Geschwindigkeitsmessungen durch. Sie hatten zu diesem Zwecke den VW-Bus, in dem das Radargerät untergebracht war, auf dem Abstellplatz am Rand der Strasse aufgestellt. Um 19 Uhr erschien Hänsli mit seinem Personenwagen Oldsmobile auf dem Platze, um Farbkannen ins Haus zu bringen, und stellte seinen Wagen einige Meter vom Polizeifahrzeug entfernt auf. Das hatte zur Folge, dass das Messgerät nicht mehr funktionierte. Einer der Polizisten forderte deshalb Hänsli auf, seinen Wagen wegzustellen. Hänsli leistete der Aufforderung keine Folge, sondern brachte die Kannen ins Haus und entfernte sich mit seinem Wagen erst, als er dieses Geschäft beendigt hatte. B.- Das Bezirksgericht Affoltern verurteilte Hänsli am 26. März 1969 wegen Hinderung einer Amtshandlung ( Art. 286 StGB ) zu einer Busse von Fr. 500.--. Das Obergericht des Kantons Zürich, an welches der Angeklagte Berufung einlegte mit dem Antrag auf Freisprechung, eventuell Herabsetzung der Busse, bestätigte am 17. Juni 1969 das erstinstanzliche Urteil. C.- Gegen das Urteil des Obergerichtes erhob der Angeklagte Nichtigkeits- und staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Mit der Nichtigkeitsbeschwerde beantragt er Aufhebung des Urteils und Rückweisung der Sache an das Obergericht zur Freisprechung. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist die staatsrechtliche Kammer des Bundesgerichts mit Urteil vom 26. November 1969 nicht eingetreten. BGE 95 IV 172 S. 174 Gegen das Urteil des Obergerichts hatte der Angeklagte auch die Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich angemeldet, ohne dann innert der Frist eine Begründung einzureichen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hat die Amtshandlung, deren Hinderung dem Beschwerdeführer im angefochtenen Urteil zur Last gelegt wird, als rechtmässig bezeichnet und sich dabei auf Art. 32 SVG und auf die polizeiliche Generalklausel bezogen. Wenn Art. 286 StGB die materielle Rechtmässigkeit der gehinderten Amtshandlung voraussetzte, was nicht der Fall ist (s. unten, Ziff. 3), wäre hierzu folgendes zu bemerken. a) Art. 32 Abs. 2-5 SVG schreibt Höchstgeschwindigkeiten vor und ermöglicht weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen. Den Kantonen ist es anheimgestellt, ob und mit welchen Mitteln sie die Einhaltung dieser Geschwindigkeiten kontrollieren. Hingegen enthält Art. 32 weder nach dem Wortlaut noch nach Entstehungsgeschichte, angestrebtem Zweck oder seinem wirklichen Sinn auch die Ermächtigung an kantonale Subalternbeamte, ohne weitere gesetzliche Erlasse direkt in geschützte Persönlichkeitsrechte einzugreifen. Das SVG gibt keine Rechtsgrundlage für eine solche Polizeiherrschaft. Bei dessen Schaffung ist denn auch für einen allgemein als nötig erachteten Eingriff in die persönliche Integrität, für die Blutprobe beim Verdacht der Angetrunkenheit eines Motorfahrzeugführers, bewusst eine besondere Bestimmung aufgestellt worden. Nach der Argumentation der Vorinstanz wäre dies völlig überflüssig, denn wenn die Polizei darüber zu wachen hat, dass keine Betrunkenen ihren Wagen herumführen, so wäre sie implicite auch berechtigt,die hiefür erforderlichen Kontrollmassnahmen ohne Respektierung der verfassungsmässigen Rechte zu treffen. b) Die Frage der polizeilichen Generalklausel ist hier nicht eine bundesrechtliche im Sinne von Art. 269 Abs. 1 BStP . Die mit der Radarkontrolle beauftragten Kantonspolizisten handelten nicht als Hilfsorgane der Bundespolizei oder einer anderen Bundesbehörde, sondern im Rahmen der gemäss Art. 106 Abs. 2 SVG (unter dem hier nicht zutreffenden Vorbehalt von Abs. 1) kantonalrechtlichen Durchführung des Strassenverkehrsgesetzes. Insoweit wäre also gemäss Art. 269 Abs. 2 BStP und Art. 84 Abs. 1 lit. a OG nicht der Kassationshof, BGE 95 IV 172 S. 175 sondern die staatsrechtliche Kammer des Bundesgerichts (nach Ausschöpfung der kantonalen Rechtsmittel) zuständig. 3. Die Frage der materiellen Rechtmässigkeit der Amtshandlung stellt sich aber nach der Rechtsprechung des Kassationshofes bei der Anwendung von Art. 286 StGB überhaupt nicht. Nach Art. 286 wird bestraft, wer eine Behörde oder einen Beamten an einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt. Innerhalb der Amtsbefugnisse liegt die Handlung nach dieser wie nach der insoweit gleichlautenden Bestimmung des Art. 285 dann, wenn die Behörde oder der Beamte zu ihrer Vornahme zuständig ist ( BGE 74 IV 61 Erw. 3, BGE 78 IV 118 und seitherige Rechtsprechung). Ist das der Fall, hat sich der Betroffene ihr zu unterziehen, jedenfalls dann, wenn ihre Rechtswidrigkeit nicht ganz offensichtlich ist, was im vorliegenden Fall nicht zutrifft. Vorbehalten bleiben ihm die gesetzlichen Rechtsmittel, insbesondere die Beschwerde, zur Anfechtung ihrer Rechtmässigkeit, ferner allenfalls die Verantwortlichkeitsklage gegen den Beamten und den Staat. Dagegen steht es ihm nach der angeführten Rechtsprechung nicht zu, sich der von einer zuständigen Amtsstelle vorgenommenen Handlung durch Gewalt oder durch Drohung zu widersetzen oder sie sonstwie zu hindern. Im vorliegenden Fall waren die beiden Polizeibeamten zur durchgeführten Geschwindigkeitskontrolle zuständig und sie haben unbestrittenermassen auch im Rahmen der Verfahrensvorschriften gehandelt, waren sie doch vom Polizeikommando mit der Massnahme beauftragt. Auf die Frage, ob die Polizisten berechtigt waren, für die Geschwindigkeitsmessungen den Boden der Baugesellschaft Moosacker in Anspruch zu nehmen, ist deshalb nicht einzutreten.
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Urteilskopf 122 III 327 60. Kreisschreiben Nr. 37 des Schweizerischen Bundesgerichts an die kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, für sich und zuhanden der untern Aufsichtsbehörden und der Betreibungs- und Konkursämter (Vom 7. November 1996)
Regeste Bereinigung der Kreisschreiben, Anweisungen, Schreiben und Bescheide
Erwägungen ab Seite 327 Text D BGE 122 III 327 S. 327 Bereinigung der Kreisschreiben, Anweisungen, Schreiben und Bescheide 1.- Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 ist am 16. Dezember 1994 geändert worden; die revidierte Fassung wird am 1. Januar 1997 in Kraft treten. 2.- Das Bundesgericht hat die zur Vollziehung des Gesetzes erlassenen Verordnungen am 5. Juni 1996 geändert und Ihnen durch Zusendung eines Exemplars der Neufassung von den vorgenommenen Änderungen Kenntnis gegeben. Die für das Betreibungs- und Konkursverfahren zu verwendenden Formulare sind den revidierten Bestimmungen angepasst und mit Beschluss der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 2. September 1996 genehmigt worden; deren neue Fassung ist Ihnen durch Übermittlung einer Mustersammlung bekanntgegeben worden. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hat ebenso die Anleitung über die bei der Zwangsverwertung von Grundstücken zu errichtenden Aktenstücke am 22. Juli 1996 angepasst und Sie durch Zustellung eines Exemplars der gesamten Anleitung orientiert. 3.- Es drängte sich auch eine Durchsicht der in den Jahren 1892 bis 1895 vom Justiz- und Polizeidepartement, in den Jahren 1897 bis 1911 von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer und seit 1912 vom Bundesgericht erlassenen Kreisschreiben sowie der daneben seit 1941 von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer abgefassten Anweisungen, Schreiben und Bescheide auf. Sie hat BGE 122 III 327 S. 328 ergeben, dass lediglich die folgenden Kreisschreiben, Anweisungen, Schreiben und Bescheide noch Geltung beanspruchen können: Nr. 3 vom 7. Januar 1892 Anweisung, dafür zu sorgen, dass Verzeichnisse der im Kreis wohnenden, der Konkursbetreibung unterliegenden Personen geführt werden, Nr. 4 vom 12. Januar 1892 Aufforderung zur Einsendung aller im Bereich des SchKG von den Kantonen erlassenen und noch zu erlassenden Verordnungen, Dekrete, Kreisschreiben usw., Nr. 17 vom 30. Dezember 1893 Verordnung Nr. 3 zum SchKG betreffend Betreibungs- und Konkursstatistik, Nr. 7 vom 15. November 1899 betreffend Wirkungen des nachträglichen Rechtsvorschlags (ohne Instruktionen), Nr. 14 vom 6. Februar 1905 betreffend jährliche Berichte der kantonalen Aufsichtsbehörden, Nr. 24 vom 12. Juli 1909 betreffend Retentionsverfahren, Nr. 29 vom 31. März 1911 betreffend Pfändung und Verwertung von Vermögensobjekten, die dem betriebenen Schuldner unter Eigentumsvorbehalt verkauft wurden, Nr. 2 vom 7. November 1912 betreffend Frist für die öffentliche Bekanntmachung von Steigerungen beweglicher Sachen, Nr. 10 vom 9. Juli 1915 betreffend Kollokation der gemäss Art. 291 SchKG wieder in Kraft tretenden Forderung des Anfechtungsbeklagten, Nr. 11 vom 20. Oktober 1917 betreffend Spezialanzeige der Fahrnissteigerung im Konkurs an die Inhaber von Pfandrechten, Nr. 14 vom 11. Mai 1922 betreffend Pfändung von dem betriebenen Schuldner unter Eigentumsvorbehalt verkauften Vermögensobjekten, Konkurrenz des Pfändungspfandrechts und des Eigentums des Verkäufers, Nr. 16 vom 3. April 1925 betreffend Gläubigerbezeichnung bei Betreibungen, die von einer Erbengemeinschaft resp. Gemeinderschaft eingeleitet werden, Schuldnerbezeichnung bei Betreibungen gegen eine Erbschaft, Nr. 17 vom 1. Februar 1926 betreffend Behandlung von Miteigentum und Gesamteigentum im Konkurs (Ziff. 2), Nr. 19 vom 23. April 1926 betreffend Meldepflicht an Militärbehörden, Nr. 24 vom 23. Dezember 1935 betreffend Betreibungs-, Konkurs- und Nachlassvertragsstatistik, Nr. 29 vom 7. Februar 1941 betreffend Rechtsstillstand wegen Militärdienstes, BGE 122 III 327 S. 329 Nr. 31 vom 12. Juli 1949 betreffend Führung des Betreibungsbuches in Kartenform, Anweisung SchKK vom 31. Dezember 1952 betreffend unverzügliche Benachrichtigung des Schuldners vom Pfändungsanschluss, auch wenn die Pfändung keiner Ergänzung bedarf, vom 31. März 1953 betreffend Betreibungsbuch in Kartenform, Nachtrag zu Nr. 31, Schreiben SchKK vom 24. Juni 1957 betreffend Löschung des Eintrags eines Eigentumsvorbehalts am bisherigen Wohnsitz des Erwerbers bei Wohnsitzwechsel und Gebührenerhebung, vom 11. Dezember 1959 betreffend Betreibungsbuch in Kartenform, zweiter Nachtrag zu Nr. 31, Schreiben SchKK vom 16. Februar 1961 betreffend Ort der Eintragung der Eigentumsvorbehalte, wenn der Erwerber unter Vormundschaft steht, Nr. 35 vom 16. Oktober 1961 betreffend Luftfahrzeuge als Gegenstand der Zwangsvollstreckung, Bescheid SchKK vom 6. Dezember 1961 betreffend Pflicht des Schuldners, der Pfändung beizuwohnen oder sich vertreten zu lassen, Massnahmen, Bestrafung und Stellung der Polizei (ohne Vorführung des Schuldners), Schreiben SchKK vom 17. März 1967 betreffend eidgenössische Betreibungsstatistik, Schreiben SchKK vom 13. September 1968 betreffend Zustellung von Betreibungsurkunden nach Italien, Schreiben SchKK vom 30. August 1972 betreffend konkursamtliches Rechnungswesen, Schreiben SchKK vom 3. April 1974 betreffend Kosten der Beschwerdeführung, Schreiben SchKK vom 13. Juni 1975 betreffend Arrestvollzug, Anzeige von Arrestbefehlen an Banken per Fernschreiber, Bescheid SchKK vom 5. Juli 1976 betreffend Verwertung von Miteigentumsanteilen im Konkurs, Schreiben SchKK vom 13. Februar 1984 betreffend Domizilwahl durch den Betriebenen, Form. Alle anderen Kreisschreiben, Anweisungen, Schreiben und Bescheide sind nicht mehr in Kraft. BGE 122 III 327 S. 330 Texte F Circulaire No 37 du Tribunal fédéral aux autorités cantonales de surveillance en matière de poursuite et de faillite, pour elles-mêmes et pour les autorités inférieures de surveillance et les offices de poursuite et de faillite (du 7 novembre 1996) Mise à jour des circulaires, instructions, lettres et avis 1.- La loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite du 11 avril 1889 a été modifiée le 16 décembre 1994; ses dispositions révisées entreront en vigueur le 1er janvier 1997. 2.- Les ordonnances d'application de la loi ont été modifiées le 5 juin 1996 par le Tribunal fédéral, qui vous a informés de leur nouvelle teneur en vous adressant un exemplaire des modifications intervenues. Les formulaires de poursuite et de faillite ont eux aussi été adaptés aux dispositions révisées et ils ont été approuvés par décision de la Chambre des poursuites et des faillites du 2 septembre 1996; la collection de modèles qui vous a été remise vous renseignait sur leur nouveau contenu. Le 22 juillet 1996, la Chambre des poursuites et des faillites a de même adapté les "Instructions au sujet des formulaires et autres pièces concernant la réalisation forcée des immeubles"; pour votre orientation, une copie de leur texte complet vous a également été transmise. 3.- Il a été nécessaire aussi de passer en revue les circulaires du Département fédéral de justice et police de 1892 à 1895, de la Chambre des poursuites et des faillites de 1897 jusqu'à 1911 et du Tribunal fédéral dès 1912, ainsi que les autres instructions, lettres et avis de la Chambre des poursuites et des faillites à partir de 1941. Il en est résulté que seuls conserveront leur validité les circulaires, instructions, lettres et avis suivants: no 3 du 7 janvier 1892 concernant l'obligation de tenir à jour un état des personnes sujettes à la poursuite par voie de faillite, no 4 du 12 janvier 1892 concernant l'obligation de transmettre les ordonnances, décrets, circulaires, etc., édictés ou encore à édicter par les cantons en matière de LP, no 17 du 30 décembre 1893, ordonnance no 3 sur la statistique des poursuites et faillites, no 7 du 15 novembre 1899 concernant les effets de l'opposition après le délai légal (sans instructions), no 14 du 6 février 1905 concernant le rapport annuel prévu par l'art. 15 LP BGE 122 III 327 S. 331 no 24 du 12 juillet 1909 concernant la procédure de rétention, no 29 du 31 mars 1911 concernant la saisie et la réalisation des objets vendus avec réserve de propriété au débiteur poursuivi, no 2 du 7 novembre 1912 concernant le délai pour la publication officielle d'enchères d'objets mobiliers, no 10 du 9 juillet 1915 concernant la collocation du défendeur à l'action révocatoire, rentré dans ses droits à teneur de l'art. 291 LP, no 11 du 20 octobre 1917 concernant l'avis spécial à donner aux titulaires de droits de gage en cas de vente mobilière aux enchères dans la faillite, no 14 du 11 mai 1922 concernant la saisie d'objets vendus au débiteur avec réserve de propriété; conflit entre le droit de saisie du créancier et le droit de propriété du vendeur, no 16 du 3 avril 1925 concernant la désignation du créancier, dans les poursuites introduites par une communauté héréditaire ou une indivision, et du débiteur, dans les poursuites dirigées contre une communauté héréditaire, no 17 du 1er février 1926 concernant le mode de réalisation, en faillite, des parts de copropriété et de propriété commune (ch. 2), no 19 du 23 avril 1926 concernant la communication aux autorités militaires, no 24 du 23 décembre 1935 concernant la statistique des poursuites, faillites et concordats, no 29 du 7 février 1941 concernant le sursis aux poursuites pendant la mobilisation de l'armée, no 31 du 12 juillet 1949 concernant la tenue du fichier remplaçant le registre des poursuites, instruction de la ChPF du 31 décembre 1952 concernant l'obligation d'informer promptement le débiteur de la participation d'autres créanciers, même s'il n'est pas nécessaire de compléter la saisie, du 31 mars 1953 concernant la tenue du fichier remplaçant le registre des poursuites, supplément au no 31, lettre de la ChPF du 24 juin 1957 concernant la radiation de l'inscription d'une réserve de propriété à l'ancien domicile de l'acquéreur en cas de changement de domicile de celui-ci et la perception d'émoluments, du 11 décembre 1959 concernant la tenue du fichier remplaçant le registre des poursuites, deuxième supplément au no 31, lettre de la ChPF du 16 février 1961 concernant le lieu d'inscription des réserves de propriété lorsque l'acquéreur est sous tutelle, BGE 122 III 327 S. 332 no 35 du 16 octobre 1961 concernant l'exécution forcée portant sur les aéronefs, avis de la ChPF du 6 décembre 1961 concernant l'obligation du débiteur d'assister à la saisie ou de s'y faire représenter, les mesures de contrainte, les peines et la position de la police chargée d'amener le débiteur, lettre de la ChPF du 17 mars 1967 concernant la statistique fédérale des poursuites, lettre de la ChPF du 13 septembre 1968 concernant la notification des actes de poursuite en Italie, lettre de la ChPF du 30 août 1972 concernant la comptabilité des offices de faillite, lettre de la ChPF du 3 avril 1974 concernant les frais de plainte et de recours, lettre de la ChPF du 13 juin 1975 concernant l'exécution du séquestre, la notification par télex d'ordonnances de séquestre aux banques, avis de la ChPF du 5 juillet 1976 concernant la réalisation de parts de copropriété dans la faillite, lettre de la ChPF du 13 février 1984 concernant l'élection de domicile par le poursuivi et la forme de cette élection. Toutes les autres circulaires, instructions, lettres et tous les autres avis seront caducs. Testo I Circolare N. 37 del Tribunale Federale alle autorità superiori di vigilanza in materia di esecuzione e fallimenti e, per il loro tramite, alle Autorità inferiori di vigilanza, come pure agli uffici d'esecuzione e fallimenti (del 7 novembre 1996) Elenco aggiornato delle circolari, istruzioni, lettere e dei pareri 1.- La legge federale sulla esecuzione e sul fallimento dell'11 aprile 1889 è stata modificata il 16 dicembre 1994; la versione modificata entrerà in vigore il 1o gennaio 1997. 2.- Il 5 giugno 1996 il Tribunale federale ha modificato i regolamenti d'esecuzione della legge e vi ha informato sulle modifiche intervenute trasmettendovi un esemplare delle nuove versioni. I formulari BGE 122 III 327 S. 333 da impiegare in materia di esecuzione e fallimenti sono stati adattati alle nuove disposizioni e sono stati approvati dalla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti con decisione del 2 settembre 1996; il contenuto dei nuovi formulari vi è stato reso noto mediante l'invio di una raccolta di esempi. Il 22 luglio 1996 la Camera delle esecuzioni e dei fallimenti ha pure adattato le istruzioni per l'applicazione del regolamento sulla realizzazione forzata di fondi e vi ha orientato in merito trasmettendovi un esemplare completo delle precitate istruzioni. 3.- Si è anche resa necessaria una verifica delle circolari emanate dal 1892 al 1895 dal Dipartimento federale di giustizia e polizia, dal 1897 al 1911 dalla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti e a partire dal 1912 dal Tribunale federale, come pure delle istruzioni, lettere e pareri resi dalla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti a far tempo dal 1941. Da questa verifica è risultato che solo le circolari, istruzioni, lettere e i pareri elencati di seguito hanno ancora validità: N. 3 del 7 gennaio 1892, circa l'obbligo di tenere un elenco delle persone domiciliate nel circondario soggette all'esecuzione in via di fallimento; N. 4 del 12 gennaio 1892 sull'obbligo di trasmettere i regolamenti, i decreti, le circolari ecc. emanati o ancora da emanare nell'ambito della LEF; N. 17 del 30 dicembre 1993 Regolamento N. 3 per l' attuazione della LEF concernente la statistica delle esecuzioni e dei fallimenti; N. 7 del 15 novembre 1899 in merito agli effetti dell'opposizione dopo il termine legale (senza istruzione), N. 14 del 6 febbraio 1905 concernente il rapporto annuale delle Autorità cantonali di vigilanza; N. 24 del 12 luglio 1909 in merito alla procedura relativa ai diritti di ritenzione; N. 29 del 31 marzo 1911 sul pignoramento e la realizzazione degli oggetti venduti al debitore escusso con riserva della proprietà; N. 2 del 7 novembre 1912 sul termine per la pubblicazione d'incanti di beni mobili; N. 10 del 9 luglio 1915 sulla collocazione in graduatoria dei crediti dichiarati revocabili, ma da riammettersi in forza dell'art. 291 LEF; N. 11 del 20 ottobre 1917 sull'avviso speciale da darsi ai titolari di diritti di pegno in caso di vendita fallimentare di immobili; BGE 122 III 327 S. 334 N. 14 del 11 maggio 1922 sul pignoramento di oggetti venduti al debitore escusso con riserva della proprietà; conflitto fra il diritto spettante al creditore pignorante e il diritto di proprietà del venditore; N. 16 del 3 aprile 1925 sulla designazione del creditore nelle esecuzioni promosse da una comunione ereditaria o da una indivisione, e del debitore nelle esecuzioni dirette contro una successione; N. 17 del 1o febbraio 1926 sul modo di realizzazione nel fallimento delle parti di comproprietà e di proprietà comune di fondi gravati di diritto di pegno (n. 2); N. 19 del 23 aprile 1926 sulle comunicazioni alle Autorità militari; N. 24 del 23 dicembre 1935 sulla statistica in materia di esecuzioni, fallimenti e concordati; N. 29 del 7 febbraio 1941 sulla sospensione delle esecuzioni durante la mobilitazione dell'esercito (art. 57 LEF); N. 31 del 12 luglio 1949 sulla tenuta del registro delle esecuzioni mediante schede; Istruzione della CEF del 31 dicembre 1952 sull'obbligo di informare senza indugio il debitore della partecipazione di altri creditori, anche quando non occorre completare il pignoramento; del 31 marzo 1953 sullo schedario sostituente il registro delle esecuzioni, supplemento alla circolare n. 31; Lettera della CEF del 24 giugno 1957 sulla cancellazione di un'iscrizione di riserva di proprietà al precedente domicilio in caso di cambiamento dello stesso da parte dell'acquirente; dell'11 dicembre 1959 sulla tenuta del registro delle esecuzioni mediante schede, secondo supplemento alla circolare n. 31; Lettera della CEF del 16 febbraio 1961 sul luogo ove iscrivere la riserva di proprietà nel caso l'acquirente sia posto sotto tutela; N. 35 del 16 ottobre 1961 concernente l'esecuzione forzata su aeromobili; Parere della CEF del 6 dicembre 1961 concernente l'obbligo del debitore di assistere al pignoramento o di farvisi rappresentare, misure, pena e posizione della polizia (senza comparizione del debitore); Lettera della CEF del 17 marzo 1967 sulla statistica federale delle esecuzioni; Lettera della CEF del 13 settembre 1968 sulla notificazione degli atti esecutivi in Italia; Lettera della CEF del 30 agosto 1972 sulla contabilità degli uffici dei fallimenti; BGE 122 III 327 S. 335 Lettera della CEF del 3 aprile 1974 sulle spese della procedura di reclamo; Lettera della CEF del 13 giugno 1975 in merito all'esecuzione del sequestro, comunicazioni di sequestri alle banche mediante telex; Parere della CEF del 5 luglio 1976 sulla realizzazione di quote di comproprietà nel fallimento; Lettera della CEF del 13 febbraio 1984 in merito alla scelta di domicilio da parte dell'escusso e alla forma di tale scelta. Tutte le altre circolari, istruzioni, lettere e pareri non sono più in vigore.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
44439818-6190-4a89-b457-58c5ddecc2c2
Urteilskopf 82 II 513 67. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. November 1956 i.S. Tschirky gegen Burla.
Regeste 1. Ein neueres Testament gilt vermutungsweise unter Ausschluss früherer Testamente ( Art. 511 Abs. 1 ZGB ). Tragweite dieser Vermutung (Erw. 2). 2. Gegengründe können sich aus den Testamentsurkunden selbst, nach Wortlaut oder Sinn, ergeben (Erw. 3). 3. Ferner fallen ausserhalb dieser Urkunden liegende Beweiselemente in Betracht (Erw. 4). Die positiven und negativen Feststellungen des kantonalen Urteils über indizierende Tatsachen sind für das Bundesgericht im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG verbindlich (Erw. 5). Rechtliche Würdigung der Tatsachen (Erw. 5 i.f. und 6).
Sachverhalt ab Seite 513 BGE 82 II 513 S. 513 A.- Die am 21. Juli 1953 verstorbene Witwe Maria Meinel-Grünewald, geboren 1865, mit letztem Wohnsitz in Basel, hinterliess als alleinige Erben ihre Tochter Emilie Tschirky-Meinel (Beklagte) und ihr Grosskind Lotti BurlaSchmitz, Tochter der verstorbenen Frau Ida SchmitzMeinel (Klägerin). In ihrem Nachlass befanden sich zwei BGE 82 II 513 S. 514 eigenhändige letztwillige Verfügungen. Die erste, vom 3. Mai 1944, lautet: "Eigenhändiges Testament. Meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiemit auf: Da mir daran liegt, dass die Erbteilung über meinen Nachlass sich ohne Streitigkeiten abwickle und da die Zuwendungen an meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz überwiegen, bestimme ich wie folgt: Alle Zuwendungen an meine Erben sind nicht ausgleichspflichtig. Meine Grosstochter Frau Lotti Burla-Schmitz soll nur ihren Pflichtteil erhalten und die dadurch freie Quote soll meiner Tochter Frau Emilie Tschirky-Meinel neben ihrem Erbteil zufallen." Die zweite, vom 23. November 1950, hat folgenden Wortlaut: "Testament. Meiner Tochter Frau Wwe. Tschirky geb. Meinel vermache ich für ihre lange Witwenschaft mit kritischer Krankheit behaftet Fr. 15'000.-- fünfzehntausend Franken für ihre Gesundheit. Sofern zur Barauszahlung nicht genügend Barschaft vorhanden ist, soll zu ihren Gunsten eine verzinsliche Hypothek auf den den Miterben zufallenden Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen errichtet werden." Das erste Testament war im Besitz der Wwe. Tschirky, während die Erblasserin das zweite bei Notar Dr. S. Burckhardt hinterlegt hatte. Dr. Burckhardt hatte sowohl 1944 wie 1950 die Testatorin beraten und die Verfügungen entworfen. Dabei formulierte er jedesmal die Bestimmung, die früheren Testamente würden aufgehoben. Die Erblasserin liess jedoch bei der Niederschrift der Verfügung vom 23. November 1950 diesen Satz weg. B.- Frau Burla-Schmitz klagte gegen Witwe TschirkyMeinel auf Feststellung, dass das Testament von 1944 durch dasjenige von 1950 aufgehoben und daher der Nachlass gemäss den Anordnungen des letzteren zu teilen sei. C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt hat die Klage gutgeheissen, ebenso das Appellationsgericht mit Urteil vom 6. Juli 1956. D.- Mit vorliegender Berufung stellt die Beklagte das Begehren um Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Abweisung der Klage und Feststellung der Gültigkeit des BGE 82 II 513 S. 515 Testamentes der Frau Witwe Maria Meinel-Grünewald vom 3. Mai 1944. Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die gültige Errichtung sowohl des einen wie des andern der beiden in Frage stehenden Testamente ist an und für sich unbestritten. Der Antrag der Beklagten zielt denn auch nicht etwa auf Gültigerklärung bloss des frühern, ihr die ganze verfügbare Quote des Nachlasses zuweisenden Testamentes. Sie will vielmehr dieses neben dem neuen Testament zur Geltung bringen, nimmt also den Standpunkt ein, das frühere sei durch das neue nicht ersetzt und damit aufgehoben, sondern ergänzt worden, so dass beide Testamente nebeneinander zu Recht bestehen. Demgegenüber lässt die Klägerin nur das neue Testament gelten, das der Beklagten lediglich ein Vorausvermächtnis von Fr. 15'000.-- und nicht mehr wie das frühere die ganze verfügbare Quote zuweist. Sie hält dafür, das neue Testament trete an die Stelle des frühern und habe dieses stillschweigend aufgehoben. 2. Dieser Standpunkt der Klägerin entspricht der sich aus Art. 511 Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsvermutung. Errichtet jemand, der bereits letztwillig verfügt hat, später ein neues Testament, so erhebt sich die Frage, ob die neue Verfügung zur frühern hinzutreten, diese also ergänzen und allenfalls einschränken oder sonstwie ändern solle, oder ob sie die frühere schlechthin ersetze, also nunmehr allein gelte. Während das französische und das deutsche Recht eine Vermutung im erstern Sinne aufstellen (vgl. Art. 1036 Code civil und § 2258 BGB), tritt nach schweizerischem ZGB die neue Verfügung vermutungsweise an die Stelle der frühern, wie nach § 713 des österreichischen ABGB. Immerhin erhebt Art. 511 Abs. 1 ZGB den Grundsatz der ausschliesslichen Geltung der neuen Verfügung nicht geradezu zum dispositiven Rechtssatze, der nur vor einem BGE 82 II 513 S. 516 deutlich abweichenden Inhalte der neuen Verfügung zurückzutreten hätte (wie dies für die österreichische Rechtsordnung angenommen wird, vgl. KLANG, Ziff. IV, a, zu § 713 ABGB). Vielmehr kommt nach schweizerischem Recht eine der Vermutung entgegengesetzte Willensmeinung auch dann zur Geltung, wenn sie sich nicht aus der neuen Verfügung selbst ergibt. Das Gesetz berücksichtigt aber nur einen "zweifellos" auf blosse Ergänzung der frühern Verfügung gerichteten Willen des Testators, verlangt also zur Entkräftung der erwähnten Vermutung einen strikten Beweis. 3. Von diesen Grundsätzen geht das angefochtene Urteil zutreffend aus. Und es ist ihm in erster Linie darin beizustimmen, dass die neue Verfügung von 1950 weder ihrem Wortlaut noch ihrem Inhalte nach einen von der gesetzlichen Vermutung abweichenden Willen der Erblasserin erkennen lässt. Die neue Verfügung setzt zu Gunsten der Beklagten ein Summenvermächtnis aus, das sehr wohl als einzige Begünstigung, im Sinne eines Vorausvermächtnisses, bestehen kann. Dieses Vermächtnis setzt keineswegs voraus, dass die Klägerin vorerst auf den Pflichtteil gesetzt sei, wie dies das frühere Testament von 1944 bestimmt hatte. Ja, es erheben sich gegen eine Koexistenz, d.h. Kumulation der beiden Verfügungen Bedenken. Wäre die neue als blosse Ergänzung der frühern zu verstehen, wie dies die Beklagte behauptet, so hätte die Klägerin sich nicht nur mit ihrem Pflichtteil zu begnügen, sondern daraus überdies das Summenvermächtnis auszurichten, was sie natürlich wegen des ihr zukommenden Pflichtteilschutzes ablehnen könnte. Das erstinstanzliche Gericht spricht daher von einem klaren Widerspruch zwischen den beiden Verfügungen und nimmt schon deshalb an, die neue bestehe allein zu Recht. Das Appellationsgericht will zwar keinen eigentlichen Widerspruch bejahen - denn nach dem "an sich möglichen" Willen der Erblasserin könnten die beiden Zuwendungen an die Beklagte nebeneinander bestehen, sofern sich die derart benachteiligte BGE 82 II 513 S. 517 Klägerin damit abfände -; doch sei es "wenig wahrscheinlich", dass die von einem Notar beratene Erblasserin, die ohnehin Streitigkeiten unter ihren Erben befürchtete, eine offenkundige Pflichtteilsverletzung habe anordnen wollen. In der Tat wäre eine dahingehende Willensmeinung der Erblasserin, wenn auch nicht unmöglich und widerspruchsvoll im eigentlichen Sinn des Wortes, so doch ungewöhnlich und dazu geeignet, Streit zu schaffen. Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die Erblasserin habe eine solche Konfliktsituation herbeiführen wollen. Diese Überlegung verstärkt die nach der gleichen Richtung gehende gesetzliche Vermutung, die übrigens selbst dann gilt, wenn sich die beiden Verfügungen ohne jede Unstimmigkeit miteinander vereinigen liessen (vgl. ESCHER, 2. Aufl., N. 2 zu Art. 511; TUOR, 2. Aufl., N. 22 zu Art. 509-511 ZGB ). 4. Die ausserhalb der Testamentsurkunden liegenden Beweiselemente vermögen nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dieses Ergebnis nicht umzustossen. Das Appellationsgericht würdigt die eigenen Vorbringen der Beklagten dahin, dass sich die für und gegen ihre Auffassung sprechenden Momente ungefähr die Wage halten, so dass die gesetzliche Vermutung unentkräftet bleibe. Ein gewisses Indiz für blosse Ergänzungsabsicht sieht das Urteil darin, dass die Erblasserin, entgegen dem Rate des Notars, weder das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben noch es vernichtet hat. Indessen findet das Urteil dafür verschiedene Erklärungen, z.B. dass die Erblasserin noch weiterhin in ihren Absichten schwankend gewesen wäre, oder dass ihr die Beklagte das bereits in Besitz genommene frühere Testament nicht mehr herausgegeben hätte. Die zugunsten der Beklagten lautende und von ihr als Hauptbeweis angerufene Aussage des Zeugen Albert Schäffer über Äusserungen der Testatorin hält das Appellationsgericht für unmassgeblich, sowohl hinsichtlich der Glaubwürdigkeit wie auch angesichts ihres nicht eindeutigen Inhaltes. Die Einvernahme weiterer Zeugen der Beklagten - ihrer BGE 82 II 513 S. 518 Söhne - hat das Appellationsgericht abgelehnt, weil die selben am Prozessausgang interessiert sind und daher befangen sein würden. Anderseits bejaht das Gericht gewichtige Gründe für eine der gesetzlichen Vermutung entsprechende Willensmeinung. Es stellt vor allem auf die Aussagen des Beraters der Erblasserin, Notar Dr. S. Burckhardt, ab, denen infolge der amtlichen Funktion des Zeugen erhöhte Beweiskraft zukomme. Danach erhielt die Erblasserin vom Notar den Rat, die Beklagte durch ein Legat zu begünstigen, anstatt die Klägerin auf den Pflichtteil zu setzen; und die Erblasserin hatte die Absicht, diesen Rat zu befolgen, und war sich bewusst, dass nicht beide Testamente füglich nebeneinander bestehen konnten; sie zog das frühere, damals beim Notar liegende Testament zurück und liess nur das neue in seiner Verwahrung. Sodann hält das Appellationsgericht die Aussagen der Zeuginnen Höchle und Rapp auch bei vorsichtiger Würdigung nicht für unglaubhaft. Nach diesen Aussagen sei aber klarerweise das zweite Testament an die Stelle des ersten getreten. Das von Frau Höchle bezeugte Verhalten der Beklagten ergäbe auch ein genügendes Motiv für die allfällige Absicht der Erblasserin, mit dem neuen Testamente die Tochter (Beklagte) etwas schlechter zu stellen. Es stehe jedoch gar nicht fest, dass in der Vorstellung der Testatorin die Zuweisung eines Barlegates von Fr. 15'000.-- anstelle der verfügbaren Quote überhaupt eine ins Gewicht fallende Schlechterstellung bedeutet habe. 5. Die Beklagte bezeichnet dieses Beweisergebnis, wonach die von ihr gegen die gesetzliche Vermutung des Art. 511 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Gründe nicht aufkommen, als unrichtig. Sie hält dafür, das Bundesgericht könne frei darüber befinden, und beruft sich auf BGE 79 II 40 . Danach unterliegt freilich die Frage, ob der Wille des Erblassers auf Aufhebung oder blosse Ergänzung des frühern Testamentes gegangen sei, der bundesgerichtlichen Überprüfung. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, die Bindung des Bundesgerichtes an den in kantonaler Instanz BGE 82 II 513 S. 519 festgestellten Tatbestand ( Art. 63 Abs. 2 OG ) gelte bei der Auslegung letztwilliger Verfügungen überhaupt nicht. Die Auslegung von Rechtsgeschäften ist zwar, ganz allgemein betrachtet, nicht blosse Tatfrage. Nach der grundlegenden Entscheidung vom 5. Oktober 1943 ( BGE 69 II 319 ) ist zu unterscheiden zwischen der Auslegung von Erklärungen nach allgemeiner Lebenserfahrung und der Feststellung individueller Willensmeinungen. Bei letztwilligen Verfügungen handelt es sich um so weniger um blosse Tatsachenfeststellung, als sich die Frage nach dem tatsächlichen "innern" Willen nicht von der Rechtsfrage trennen lässt, ob der ermittelte Wille auch einen genügenden formellen Ausdruck im Testament gefunden habe. Davon geht das von der Beklagten angerufene Urteil aus, wie denn ein zwar als vorhanden nachgewiesener, aber im Testamente nicht irgendwie, und wäre es auch in ungeschickter Weise, ausgesprochener Wille infolge der Formbedürftigkeit letztwilliger Verfügungen ausser Betracht bleiben muss ( BGE 69 II 383 Mitte). Sobald aber äussere Tatsachen zur Ermittlung des wahren Sinnes testamentarischer Verfügungen herangezogen werden, richtet sich deren Feststellung nach den gewöhnlichen Regeln und ist Sache der Beweiswürdigung durch die kantonalen Gerichte. In dieser Hinsicht ist das Bundesgericht an die im kantonalen Urteil enthaltenen Beweisergebnisse ebenso wie bei andern tatsächlichen Feststellungen gebunden. Eine selbständige Beweiswürdigung steht dem Bundesgericht inbezug auf solche Tatsachen nicht zu, handle es sich nun um Äusserungen des Erblassers, um Vermögensverhältnisse, um das persönliche Einvernehmen des Erblassers mit dem einen und dem andern Erben, oder um andere Tatsachen. Insbesondere muss es bei der Beurteilung des Beweiswertes von Aussagen durch das kantonale Gericht sein Bewenden haben. Die Kritik der Beklagten an den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - sie beharrt auf der Schlüssigkeit der Aussagen des Zeugen Schäffer, legt ihnen mehr Gewicht bei als den gegenteiligen Depositionen der Zeugen Dr. Burckhardt BGE 82 II 513 S. 520 und Frau Höchle, bezeichnet die Aussage der Zeugin Rapp als "offensichtlich unrichtig" usw. - ist somit nicht zu hören. Das Bundesgericht muss die vom Appellationsgericht festgestellten äussern Tatsachen als solche hinnehmen und kann nur überprüfen, ob dieselben, im Zusammenhang mit dem Wortlaute der Testamentsurkunden, die von der Vorinstanz gezogenen Folgerungen über den wahren Testamentswillen bzw. über die Unmöglichkeit, diesen Willen zweifelsfrei zu ermitteln, zu rechtfertigen vermögen. 6. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das angefochtene Urteil als einwandfrei. Es fällt allerdings auf, dass die Erblasserin die Aufhebung des frühern Testamentes im neuen nicht ausdrücklich verfügte, obwohl der Rechtsberater dies empfahl und sie auch über die materielle Unvereinbarkeit der beiden Testamente orientierte; ebenso, dass sie die frühere Verfügung - wiederum gegen den Rat von Notar Dr. Burckhardt - nicht vernichtete. Aber das kann auch auf Versehen und Vergesslichkeit der Testatorin beruhen. Sie hat ja, nach der Darstellung der Beklagten selbst (act. 2 S. 8/9), Dr. Burckhardt nach dem 4. Oktober 1950 nicht mehr konsultiert und in dem etwa 50 Tage später errichteten neuen Testament nicht nur den ersten Satz des Entwurfes des Notars weggelassen, sondern von sich aus einen weitern Satz beigefügt. Es ist also gewiss möglich, dass die damals 85-jährige Frau bei der Niederschrift nicht mehr an die Aufklärung und Empfehlung ihres Ratgebers dachte, nicht aber den Willen hatte, diesen Ratschlägen entgegen zu handeln. Ebenso kann das frühere Testament, das sie jedenfalls beim Notar zurückzog, um es zu vernichten (Zivilgericht S. 9), sehr wohl aus blossem Versehen erhalten geblieben und in die Hände der Beklagten geraten sein, falls diese nicht, wie die Vorinstanz annimmt (S. 7), schon von früher her ein zweites Exemplar besass. Ist somit ein auf Weitergeltung des frühern Testamentes neben dem neuen gehender Wille der Erblasserin keineswegs erwiesen, sondern nur als möglich zu erachten, BGE 82 II 513 S. 521 so schliessen die von der Vorinstanz - wie dargetan, in massgebender Weise - festgestellten Gegenindizien eine solche Annahme vollends aus: die Aufklärung durch den Notar, die es unwahrscheinlich macht, dass die Erblasserin, die ja Erbstreitigkeiten ausschalten wollte, zwei miteinander rechtlich nicht vereinbare Verfügungen nebeneinander bestehen lassen wollte; der Rückzug der frühern Verfügung in der Meinung, sie sei zu vernichten; die Aussagen Höchle und Rapp, wonach die Erblasserin das erste Testament durch das zweite ersetzen wollte; die Aussage Höchle, wonach sie auch einen Grund hatte, eine neue, die Beklagte weniger begünstigende Verfügung zu treffen. Demgegenüber wendet die Beklagte zu Unrecht ein, man dürfe die Widerlegung der in Art. 511 Abs. 1 ZGB aufgestellten Vermutung nicht allzu sehr erschweren, da schlechthin zweifelsfreie Fälle kaum denkbar seien. Das Gesetz lässt nicht blosse Glaubhaftmachung genügen, sondern will nur einen "zweifellos" sich ergebenden Ergänzungswillen berücksichtigen (wie er in BGE 79 II 36 ff., besonders S. 43, vorlag). Übrigens würde es hier auch an einer Glaubhaftmachung fehlen, da es mit grösserer Wahrscheinlichkeit in der Absicht der Erblasserin lag, das frühere Testament durch das neue zu ersetzen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 6. Juli 1956 bestätigt.
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Urteilskopf 108 Ib 376 66. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. November 1982 i.S. Reiser gegen Stadt Zürich und Eidg. Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 1, 2 und 3 EntG , Art. 102 lit. d OG ; Übertragung des Enteignungsrechtes, Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Entscheid, mit welchem das Enteignungsrecht einem Dritten erteilt wird, kann insoweit nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, als die erhobenen Rügen im Einspracheverfahren vorgebracht werden können.
Erwägungen ab Seite 376 BGE 108 Ib 376 S. 376 Erwägungen: 1. Das Eidgenössische Militärdepartement räumte der Stadt Zürich auf deren Gesuch hin am 22. September 1982 das Recht ein, allfällige nachbarliche Abwehransprüche, die den Betrieb der Schiessanlage "Hasenrain" in Zürich-Albisrieden hindern könnten, in Anwendung des Bundesgesetzes über die Enteignung zu expropriieren. Gegen diese Verfügung hat Dr. Martin Reiser, Eigentümer eines in Nähe des Schiessplatzes liegenden Grundstückes, Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Er bringt vor, das Departement hätte ohne nähere Abklärung des Sachverhaltes, insbesondere der Lärmsituation im fraglichen Gebiet, das Enteignungsrecht nicht gewähren dürfen; der Entscheid verstosse zudem gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, Art. 21quater Abs. 3 BV sowie Art. 3 des Raumplanungsgesetzes und müsse daher aufgehoben werden. 2. Mit der angefochtenen Verfügung, die sich auf Art. 32 der Militärorganisation vom 12. April 1907 und Art. 27 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst vom 29. November 1935 stützt, ist der Stadt Zürich das Enteignungsrecht im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und 3 EntG übertragen und diese damit ermächtigt worden, die Eidgenössische Schätzungskommission um Einleitung BGE 108 Ib 376 S. 377 und Durchführung des Expropriationsverfahrens zu ersuchen. In diesem Verfahren hat der Enteignete Gelegenheit, mit Einsprache unter anderem geltend zu machen, die Voraussetzungen zur Übertragung des Enteignungsrechtes ( Art. 3 EntG ) wie zu dessen Ausübung überhaupt ( Art. 1 EntG ) seien nicht vorhanden (vgl. Entscheid vom 28. November 1978 i.S. Burgergemeinde Saas-Almagell und Mitbeteiligte, nicht publizierte E. 2b; HESS, Enteignungsrecht des Bundes, N. 8 zu Art. 1 EntG , N. 12, 18 zu Art. 3 EntG , N. 4, 5, 7 zu Art. 35 EntG , N. 1, 3 zu Art. 32 MO ). Steht dem Enteigneten aber mit dem vor das Departement ( Art. 55 EntG ) und schliesslich ans Bundesgericht führenden Einspracheverfahren ein besonderer Rechtsweg offen, um - bei Scheitern der Einigungsverhandlung - die gegen die Enteignung gerichteten Einwände vorzubringen, so kann gegen die Verleihung des Enteignungsrechts an sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zugelassen werden ( Art. 102 lit. d OG ; BGE 105 Ib 204 ; vgl. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, S. 115 und 172 in fine). Es fragt sich allerdings hier, ob die Beschwerde Dr. Reisers direkt als Einsprache entgegengenommen werden könne; dies abzuklären, ist Sache des Präsidenten der Schätzungskommission, an den die eingereichte Rechtsschrift zu überweisen ist.
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Urteilskopf 91 I 127 21. Arrêt du 12 mai 1965 dans la cause Gilette contre Ministère public fédéral.
Regeste Auslieferung. Von Deutschland an die Schweiz ausgelieferter Verbrecher; Begehren Frankreichs an die Schweiz um Weiterlieferung. 1. Wenn die Auslieferung zwischen der Schweiz und einem andern Staat durch einen Staatsvertrag geregelt ist, ist das BG vom 22. Januar 1892 über die Auslieferung gegenüber dem Ausland grundsätzlich nicht anwendbar (Erw.2). 2. Ein von Deutschland an die Schweiz ausgelieferter Verbrecher kann nur mit Zustimmung Deutschlands an Frankreich weitergeliefert werden; liegt diese Zustimmung vor, so stellt die Weiterlieferung an Frankreich eine gewöhnliche Auslieferung dar, für welche die Zustimmung des Verbrechers nicht erforderlich ist (Erw. 1 und 2). 3. Auslegung des Begriffs "geflüchtet" in Art. 1 des schweiz./franz. Auslieferungsvertrags. Dieser Begriff ist nicht wörtlich zu verstehen; nach Frankreich ausgeliefert werden kann auch ein Verbrecher, der sich deshalb in der Schweiz befindet, weil er von einem dritten Staat an sie ausgeliefert worden ist (Erw.3 a). 4. Der Weiterlieferung an Frankreich kann sich der Verbrecher nicht mit der Begründung widersetzen - er habe seine Auslieferung an die Schweiz an die Bedingung geknüpft, dass er nach Beendigung der Strafverfolgung in der Schweiz wieder den deutschen Behörden übergeben werde (Erw. 3 b). - die gemeinrechtlichen Vergehen, wegen welcher Frankreich die Weiterlieferung verlange, seien nur ein Vorwand, um ihn wegen politischer Vergehen zu verfolgen (Erw. 3 c).
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 91 I 127 S. 129 A.- Le 12 mars 1962, Jean-Pierre Gilette, ressortissant français, fut condamné par le Tribunal de Grande Instance de la Seine à quinze mois d'emprisonnement pour escroquerie, abus de confiance et abus de blanc-seing. En décembre 1962, il fut arrêté à Innsbruck. S'étant évadé, il passa en Suisse. Il séjourna à Altstätten (canton de St-Gall) du 23 juin au 24 août 1964, et y commit diverses escroqueries. Il se rendit ensuite en Allemagne. Le 14 janvier 1964, il fut extradé par les autorités allemandes aux autorités suisses pour répondre des escroqueries commises à Altstätten. Le 14 avril 1964, il fut condamné de ce chef par le Tribunal du district d'Oberrheintal à quatorze mois d'emprisonnement. Actuellement, il a achevé de purger cette peine. Le 11 mars 1964, l'Ambassade de France à Berne sollicita l'extradition de Gilette en se fondant sur le jugement du 12 mars 1962. Le 30 octobre 1964, les autorités allemandes compétentes accordèrent à la Suisse l'autorisation de réextrader Gilette à la France. B.- Gilette s'oppose à son extradition. Ses moyens seront repris ci-après dans la mesure utile. Le Ministère public fédéral propose de rejeter l'opposition de Gilette et d'autoriser l'extradition. Erwägungen Considérant en droit: 1. La réextradition dépend de conditions qui relèvent de deux catégories de rapports juridiques: les rapports entre le premier Etat extradant et l'Etat requis de réextrader d'une part, les rapports entre ce dernier et l'Etat qui demende la réextradition à son profit d'autre part. Dans la mesure où, comparée à une extradition ordinaire, la réextradition peut être assortie du conditions supplémentaires, celles-ci n'ont BGE 91 I 127 S. 130 leur fondement que dans les relations de la première catégorie. Supposé que ces conditions particulières soient remplies, la réextradition en faveur de l'Etat tiers se présente comme une extradition ordinaire. Il s'ensuit qu'en l'espèce, il faut examiner successivement les rapports entre l'Allemagne et la Suisse, puis les relations entre la Suisse et la France. 2. L'extradition des malfaiteurs entre la République fédérale d'Allemagne et la Confédération suisse est réglée par le traité d'extradition entre la Suisse et l'Empire allemand conclu le 24 janvier 1874 et par les notes que ces Etats ont échangées les 6 et 23 mars 1936. Dès lors, conformément à la jurisprudence, la loi fédérale du 22 janvier 1892 sur l'extradition aux Etats étrangers (LE) n'est en principe pas applicable. Il n'en irait autrement que dans certaines hypothèses, notamment si la LE pouvait être appliquée concurremment avec le traité ou pour en combler une lacune, à la condition toutefois qu'elle ne conduisît pas à une solution contraire à la convention internationale (RO 87 I 136 et les arrêts cités; arrêt rendu le 7 octobre 1964 en la cause Watin, consid. 1 non publié). Hormis le cas du délit politique (cf. art. 4 al. 2), le traité germano-suisse ne règle pas expressément la réextradition d'un malfaiteur par l'une des parties à un Etat tiers. En revanche, dans son chiffre 1, l'échange de notes résout cette difficulté en disposant notamment: "Sans l'autorisation de l'Etat requis, un individu extradé ne peut être... réextradé à un Etat tiers en raison d'un délit commis avant l'extradition et auquel celle-ci ne s'applique pas...". En l'espèce, l'Allemagne a extradé Gilette à la Suisse le 14 janvier 1964 pour qu'il réponde des escroqueries qu'il avait commises à Altstätten. Aujourd'hui, la France demande à la Suisse l'extradition de Gilette pour lui faire subir la peine prononcée le 12 mars 1962. Cette réextradition concerne donc des délits commis avant la première extradition (Allemagne-Suisse) et auxquels celle-ci ne s'appliquait pas. Dès lors l'autorisation de la République fédérale d'Allemagne à la réextradition de Gilette en France est nécessaire. Cette autorisation a été donnée la 30 octobre 1964. Le traité germano-suisse ne soumet pas la réextradition à d'autres conditions particulières. Du point de vue des rapports juridiques entre la République fédérale d'Allemagne et la Confédération suisse, rien ne s'oppose donc à ce que Gilette soit livré à la France. BGE 91 I 127 S. 131 Se fondant sur les art. 7 et 8 LE, Gilette soutient, il est vrai, qu'il ne saurait être réextradé à la France sans son propre consentement. Toutefois, cet argument tombe à faux, car, ainsi qu'on l'a vu, la loi fédérale sur l'extradition n'est pas applicable en l'espèce. Les conditions spéciales auxquelles la réextradition à la France pourrait être soumise doivent être recherchées dans le traité germano-suisse et l'échange de notes de 1936. Or ni l'un ni l'autre ne soumettent la réextradition au consentement de l'extradé. Ils ne présentent d'ailleurs pas à cet égard une lacune qu'il faudrait combler en appliquant la loi. Ils exigent le consentement de l'Etat qui a accordé la première extradition: dès lors, si celui de l'extradé était nécessaire, ils l'auraient précisé expressément. 3. Vu les deux considérants qui précèdent, la demande de réextradition présentée par la France à la Suisse ne diffère pas d'une requête ordinaire d'extradition. Conformément à la jurisprudence rappelée au considérant l'elle doit être examinée à la lumière non de la loi fédérale de 1892 sur l'extradition mais du traité d'extradition franco-suisse du 9 juillet 1869. a) L'art. 1er de ce traité institue pour la Suisse l'obligation d'accorder l'extradition des "individus réfugiés de France... en Suisse". Gilette rappelle qu'il se trouve en Suisse parce qu'il y a été extradé par les autorités allemandes. Il en infère qu'il n'est pas un "réfugié" au sens de l'art. 1er du traité franco-suisse. L'interprétation qu'il donne de cette disposition est cependant trop littérale. Il y a longtemps déjà que le Tribunal fédéral a refusé de la faire sienne. Il considère au contraire "que la cause, le caractère volontaire ou involontaire de la présence du délinquant importe peu et que si, par ailleurs, les conditions auxquelles l'extradition est subordonnée sont réalisées, l'Etat requis ne saurait la refuser par le seul fait que ce n'est pas de son plein gré que l'individu en question a pénétré dans le pays" (RO 43 I 73; voir aussi RO 16, p. 108; SCHULTZ, Das schw. Auslieferungsrecht, p. 108/109). Cette jurisprudence doit être confirmée. Elle correspond au vrai sens du traité. Elle est conforme à la pratique internationale moderne, telle qu'elle résulte des traités d'extradition moins anciens que la traité franco-suisse et qui ont remplacé le terme "réfugié" par ceux d'"accusé", de "poursuivi" ou de "condamné" (cf. traités de la Suisse avec l'Etat d'Israël BGE 91 I 127 S. 132 du 31 décembre 1958, art. 1er; avec le Paraguay, du 30 juin 1906, art. 1er; avec les Pays-Bas, du 31 mars 1898, art. 1er; avec la Pologne, du 19 novembre 1937, art. 1er; avec la Turquie, du 1er juin 1933, art. 1er; avec l'Uruguay, du 27 février 1923, art. 1er). En conséquence, le fait que Gilette se trouve en Suisse parce qu'il y a été extradé par les autorités allemandes ne s'oppose pas à sa réextradition à la France. b) Gilette objecte également qu'il n'a consenti à son extradition d'Allemagne en Suisse qu'à la condition d'être remis sous la protection des autorités allemandes après que seraient liquidées les affaires pénales pour lesquelles il devait être poursuivi en Suisse. Il est inutile de rechercher s'il a effectivement soumis son extradition à une telle condition. Sa réextradition à la France ne dépend in casu que du consentement de la République fédérale d'Allemagne; ce consentement a été donné; les exigences qu'il aurait pu formuler à titre personnel ne sauraient dès lors jouer de rôle. c) Gilette exprime enfin la crainte que, pour les autorités françaises, le jugement du 12 mars 1962 soit un simple prétexte et qu'elles entendent en réalité le poursuivre du chef de son activité d'officier dans l'Organisation de l'armée secrète (OAS), c'est-à-dire pour un délit politique qui ne peut donner lieu à extradition. Comme le Tribunal fédéral l'a jugé en d'autres occasions, pareille crainte "ne peut, bien entendu, être prise en considération, car, en présence du texte formel de l'art. 8 al. 2 du traité, elle est sans aucun fondement" (RO 43 I 74, consid. 1 in fine). d) Il reste dès lors à savoir si les infractions qui ont fait l'objet du jugement du 12 mars 1962 peuvent donner lieu à extradition. Gilette ne conteste pas que tel soit le cas. Il a raison. Punissables en France comme escroqueries, abus de confiance et abus de blanc-seing, les faits qui lui sont reprochés seraient réprimés en Suisse où ils constitueraient les infractions d'escroquerie ( art. 148 CP ), d'abus de confiance ( art. 140 CP ) et de faux dans les titres ( art. 251 CP ). Ces actes remplissent d'ailleurs les conditions des infractions énumérées aux chiffres 20, 21, 23 et 24 de l'art. 1er du traité. Ils peuvent dès lors donner lieu à extradition. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette l'opposition de Gilette et autorise l'extradition de celui-ci à la France.
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Urteilskopf 101 IV 145 38. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. April 1975 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau
Regeste Art. 110 Ziff. 5 und 253 StGB . 1. Die öffentliche Urkunde über die Gründung einer AG stellt eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar (Erw. 2a). 2. Erschleichung einer Falschbeurkundung, wenn eine Bargründung vorgetäuscht wird, aber eine Sachübernahmegründung beabsichtigt ist (Erw. 2b).
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 101 IV 145 S. 145 A.- Anlässlich der Gründung der Firma Tricotex AG gaben X. und Y. am 9. Juli 1964 gegenüber dem beurkundenden Notar die Erklärung ab, dass das Grundkapital der neuen AG bar einbezahlt worden sei und nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister zur freien Verfügung derselben stehe. Es wurde indessen verschwiegen, dass beabsichtigt war, die neue AG unmittelbar nach ihrer Gründung Vermögenswerte übernehmen zu lassen, wobei der geleistete Gegenwert dem ganzen Aktienkapital entsprach. Demnach wurde vorgetäuscht, BGE 101 IV 145 S. 146 es handle sich um eine Bargründung, während in Wirklichkeit eine Sachübernahmegründung vorgenommen wurde. Die erschlichene Urkunde verwendete X. in der Folge für die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister des Kantons Thurgau. B.- Mit Urteil vom 24. Januar 1975 hat die Kriminalkammer des Kantons Thurgau X. des Betruges sowie weiterer Delikte schuldig erklärt und zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 13 Monaten verurteilt. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Mittäterschaft bei Betrug, der fortgesetzten Urkundenfälschung und der fortgesetzten Erschleichung einer falschen Beurkundung aufzuheben. Die Sache sei zur Freisprechung in den genannten Punkten und zur neuen Festsetzung der Strafe sowie zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Der Beschwerdeführer wurde wegen Erschleichung einer falschen Beurkundung ( Art. 253 StGB ) verurteilt, weil er bei der Gründung der Tricotex AG gegenüber dem Notar eine Bargründung mit einem voll liberierten Aktienkapital von Fr. 50'000.-- vorgetäuscht und unter Missachtung von Art. 628 Abs. 2 OR verschwiegen habe, dass es sich in Wirklichkeit um eine Sachübernahmegründung handelte. Dabei wurden die eingebrachten Maschinen unmittelbar nach der Gründung aus dem zu diesem Zweck aufgenommenen und fälschlich als Aktienkapital deklarierten Darlehen beglichen und anschliessend das Darlehen zurückbezahlt. Nach Art. 253 StGB ist strafbar, wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet (Abs. 1), und ferner, wer eine so erschlichene Urkunde gebraucht, um einen andern über die darin beurkundete Tatsache zu täuschen (Abs. 2). a) In der Beschwerde wird zu Recht nicht bestritten, dass die öffentliche Urkunde über die Gründung einer Aktiengesellschaft sowohl geeignet als auch dazu bestimmt ist, die von den Gründern darin bestätigten Angaben ( Art. 638 Abs. 2 BGE 101 IV 145 S. 147 OR ) zu beweisen ( BGE 101 IV 61 ). Infolgedessen stellt sie eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar. Dabei spielt keine Rolle, ob die Urkundsperson die bestätigten Tatsachen überprüft oder überprüfen kann ( BGE 81 IV 243 ). Deshalb ist der Einwand des Beschwerdeführers untauglich, dass der Notar nicht verpflichtet sei, Parteierklärungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, und dass seine Mitwirkung bloss formeller Art sei. Wie diese an sich richtige Feststellung das angefochtene Urteil entkräften könnte, ist nicht ersichtlich. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf ähnliche Manöver von Vertragsparteien eines Ehevertrages geht fehl. Denn auch hier erfüllen bewusst falsche Angaben über rechtserhebliche Tatsachen beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Tatbestand des Art. 253 StGB . b) X. bestreitet, dass im vorliegenden Fall überhaupt eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet worden sei. Das Grundkapital von Fr. 50'000.-- sei nämlich wirklich vorhanden gewesen. Die zum voraus beabsichtigte und gleich nachher vorgenommene Verwendung für den Ankauf von Maschinen führe höchstens zu einer zivilrechtlichen Nichtigkeit, nicht aber zur Erfüllung eines Straftatbestandes. Von vornherein unbehelflich ist der Hinweis auf BGE 83 II 284 ff. Dass die Verletzung des Art. 628 Abs. 2 OR zivilrechtlich die Nichtigkeit des betreffenden Geschäftes bewirkt, schliesst nämlich eine Verurteilung nach Art. 251 ff. StGB nicht aus. Das zitierte Urteil behandelt denn auch gar nicht die strafrechtlichen Gesichtspunkte. Hingegen kann man sich in der Tat fragen, unter welchen Voraussetzungen von einer Falschbeurkundung zu sprechen ist, wenn bei der Gründung einer Aktiengesellschaft an sich richtig erklärt wird, das Aktienkapital sei voll in bar einbezahlt, jedoch im voraus der Wille der Gründer dahin geht, das Aktienkapital sofort in Sachwerte anzulegen. In solchen Fällen kann falsche Beurkundung bzw. Erschleichung einer solchen nur dann angenommen werden, wenn durch die betreffende Verurkundung Dritte getäuscht werden sollen (siehe V. SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Nr. 703a; allgemein zur Täuschungsabsicht als Voraussetzung der vorsätzlichen Urkundenfälschung: BGE 100 IV 182 mit Verweisungen). Diese Voraussetzung darf nicht leichthin als erfüllt erachtet werden. Sie wird eher gegeben sein, wenn die Täuschung BGE 101 IV 145 S. 148 durch eine öffentliche Urkunde bewirkt wird, als wenn sie in einer Privaturkunde enthalten ist (siehe G. STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, BT II, S. 487). Die beabsichtigte Täuschung anlässlich der Gründung einer Gesellschaft kann auch dann vorliegen, wenn eine wörtliche Auslegung des Urkundeninhaltes auf den Zeitpunkt der Errichtung bezogen zwar zutrifft, aber dieser Inhalt nach dem Willen der Parteien dazu bestimmt ist, Dritte zu täuschen und zu schädigen. Hält man sich an diese Abgrenzung, so hat die Vorinstanz durchaus richtig entschieden. Bei der Gründung, der Tricotex AG fehlte das erforderliche Kapital. Y. wollte mit X. zusammen eine Sachübernahmegründung vornehmen, diese jedoch durch eine angebliche Bargründung tarnen. Beiden Angeklagten war klar, dass die als voll liberiertes Aktienkapital von Fr. 50'000.-- ausgewiesene Summe entgegen dem erweckten Anschein der Gesellschaft gar nicht zur freien Verfügung stand, sondern auf dem Umweg eines Maschinen "kaufs" und einer Darlehensrückzahlung der Gesellschaft sofort wieder entzogen wurde (siehe Urteil des Kassationshofes vom 5. März 1975 i.S. X.). Vorgetäuscht wurde hier Eigenkapital, währenddem man in Wirklichkeit kurzfristig aufgenommenes fremdes Geld verwendete. Dadurch liefen die künftigen Lieferanten und Geldgeber Gefahr, zur Kreditgewährung verführt und in der Folge geschädigt zu werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 85 I 60 9. Extrait de l'arrêt du 13 février 1959 en la cause Administration fédérale des contributions contre Bertholet et Valais.
Regeste Militärpflichtersatz, Befreiung nach Art. 2 lit. b MStG . Kausalzusammenhang, Beweislast. Vorübergehende Befreiung, weil der geleistete Militärdienst das Leiden, das die Dienstuntauglichkeit bewirkt, vorübergehend verschlimmert hat; Bestätigung der Rechtsprechung.
Erwägungen ab Seite 60 BGE 85 I 60 S. 60 Selon l'art. 2 lit. b LTM, sont exonérés de la taxe d'exemption les militaires qui sont devenus inaptes au service par suite de ce service. La loi subordonne donc l'exonération à la condition qu'il existe un lien de causalité entre le service accompli et la maladie qui entraîne l'inaptitude. Pour que l'art. 2 lit. b LTM s'applique, il faut que la causalité soit constatée sûrement ou tout au moins avec une vraisemblance suffisante. Le contribuable qui BGE 85 I 60 S. 61 allègue l'art. 2 lit. b n'est pas à proprement parler chargé du fardeau de la preuve; on ne saurait néanmoins admettre que la causalité se présume, sauf à l'autorité fiscale à en prouver l'inexistence, comme le voudrait la Commission valaisanne de recours. La présomption ne peut être fondée sur le caractère obligatoire du service; ce caractère est tout à fait indépendant des effets du service sur la santé. La solution que voudrait adopter l'autorité cantonale ne serait admissible que si elle découlait d'une prescription légale expresse; l'art. 2 lit. b ne l'autorise pas. La loi concernant l'assurance des militaires impose d'autres solutions sur les points dont il s'agit: selon l'art. 4 LAM, il suffit, pour engager la responsabilité de l'Assurance, qu'une affection se manifeste et soit annoncée ou constatée de toute autre façon pendant le service. Il incombe alors à l'Assurance, si elle entend se libérer, de prouver que l'affection n'a pas été causée ni aggravée par les influences subies pendant le service. Selon la jurisprudence constante, la condition posée par l'art. 2 lit. b LTM est remplie lorsque la maladie qui justifie la réforme, bien que préexistante, a été aggravée par le service d'une manière sensible et durable. Lorsque l'aggravation due au service n'est que passagère, soit que l'état antérieur au service ait été rétabli, soit que l'évolution normale de l'affection eût en tout cas entraîné l'inaptitude dans un certain délai, même si le malade n'avait point fait de service, l'exonération ne sera accordée que temporairement pour la durée de l'aggravation due au service. Dans sa réponse au recours, l'autorité cantonale semble vouloir critiquer aussi cette jurisprudence, alléguant que les termes "aggravation sensible et durable" ne figurent pas dans la loi et que le rétablissement soit de l'état antérieur au service, soit de l'état dans lequel le militaire se trouverait s'il n'avait point fait de service, n'exclut pas l'exonération, même permanente. Toutefois, dans les cas visés, le caractère temporaire de l'exonération découle de la condition posée par la loi, à savoir que BGE 85 I 60 S. 62 l'inaptitude doit être une conséquence du service. Lorsque l'aggravation due au service est passagère, l'inaptitude qu'elle cause l'est également et ne dure pas plus longtemps; elle cesse au même moment, à moins que l'inaptitude ne soit antérieure au service, auquel cas elle subsiste, mais ne peut plus être considérée comme une conséquence du service, de sorte qu'elle ne justifie aucune exonération. Demeure réservée la réforme prononcée par précaution, c'est-à-dire justifiée par un danger de rechute, non par la maladie proprement dite. Dans ce cas, l'exonération s'impose si ce danger est une conséquence du service; on la prononcera donc, définitivement ou temporairement, selon les principes applicables lorsque c'est une maladie caractérisée qui a provoqué la réforme.
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Urteilskopf 123 III 374 58. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juni 1997 i.S. X. Financial Services GmbH gegen W. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Lugano-Übereinkommen (Lugü): Überprüfung der Zuständigkeit des urteilenden Gerichts durch das Gericht des Vollstreckungsstaats. Verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ . Wird eine Klage vor Inkrafttreten des Lugano-Übereinkommens zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsstaat angehoben, ergeht der Entscheid aber erst nachher, so sind die Behörden des Vollstreckungsstaats abweichend vom Grundsatz von Art. 28 Abs. 4 LugÜ zu einer umfassenden Kontrolle der Zuständigkeit befugt ( Art. 54 Abs. 2 LugÜ ; E. 2). Einem Urteil, das weder Tatsachenfeststellungen noch eine Urteilsbegründung enthält, ist in einem solchen Fall die Vollstreckbarkeit zu versagen (E. 4). Der Mahnbescheid gemäss §§ 688 ff. der deutschen Zivilprozessordnung stellt, wenn der Antragsgegner dagegen Widerspruch erhoben hat, nicht das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ für das nachfolgende streitige Verfahren dar (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 375 BGE 123 III 374 S. 375 Die in T. (Deutschland) ansässige X. Leasing GmbH macht gegen W. aus einem Leasingvertrag über ein Fahrzeug der Marke "P." Ansprüche in der Höhe von insgesamt DM 116'766.73 geltend. Da ihre Forderung nicht erfüllt wurde, beantragte sie beim Amtsgericht Stuttgart den Erlass eines Mahnbescheids, der W. am 31. März 1994 in G. (Deutschland), wo er zu jenem Zeitpunkt Wohnsitz hatte, persönlich zugestellt wurde. W. erhob dagegen am 7. April 1994 vollumfänglich Widerspruch. Auf Antrag der X. Leasing GmbH und nach Eingang des Prozesskostenvorschusses am 18. April 1994 beim Amtsgericht Stuttgart wurden die Akten zur Durchführung des streitigen Verfahrens ans örtlich zuständige Landgericht München I überwiesen. Am 15. Juni 1994 reichte die X. Leasing GmbH beim Landgericht München I die Anspruchsbegründung ein, worauf die Parteien mit Verfügung vom 22. Juni 1994 zu einem frühen ersten Termin mit mündlicher Verhandlung am 26. September 1994 vorgeladen und dem Beklagten eine zweiwöchige Frist zur schriftlichen Klageerwiderung eingeräumt wurde. Die Vorladung konnte W. in G. allerdings nicht zugestellt werden. Seine Ehefrau nahm gemäss Postzustellungsurkunde vom 30. Juni 1994 die Verfügung entgegen, sandte sie jedoch mit dem Vermerk, W. sei seit Anfang Juni 1994 nicht mehr in Deutschland wohnhaft, wieder zurück. Am 30. August 1994 teilte die X. Leasing GmbH dem Landgericht München I mit, der Beklagte habe seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt. Gestützt auf Art. XIX Ziff. 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen, welche bei Verlegung des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes des Leasingnehmers aus dem Inland den Gerichtsstand am Sitz BGE 123 III 374 S. 376 der Leasinggeberin vorsehen, beantragte sie die Verweisung des Verfahrens an das Landgericht Stuttgart. Nach einer mündlichen Verhandlung gab das Landgericht München I dem Antrag mit Beschluss vom 26. September 1994 statt. Das Landgericht Stuttgart setzte der X. Leasing GmbH mit Verfügung vom 11. November 1994 Frist, um die Wirksamkeit der Zustellung der Vorladung des Landgerichts München I vom 22. Juni 1994 nachzuweisen und die Adresse anzugeben, unter welcher W. geladen werden konnte. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1994 teilte die X. Leasing GmbH dem Gericht mit, dass W. nach Angaben der Gemeinde G. am 1. Juni 1994 nach Zürich verzogen sei. Laut Auskunft der Einwohnergemeinde Zürich vom 11. August 1994 sei W. jedoch schon am 1. Oktober 1977 nach Z. verzogen, wo er indes unbekannt sei. Die X. Leasing GmbH beantragte deshalb die öffentliche Zustellung der Anspruchsbegründung. Mit Verfügung vom 14. Dezember 1994 teilte das Landgericht Stuttgart der X. Leasing GmbH mit, die Kammer erachte den Nachweis, dass der Aufenthalt von W. im Sinne von § 203 der deutschen Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 (DZPO) unbekannt sei, noch nicht als erbracht. Die X. Leasing GmbH wurde deshalb aufgefordert, weitere Abklärungen über den Aufenthaltsort des Beklagten anzustellen. Nachfragen bei der Einwohnergemeinde G. und bei der Ehefrau von W. blieben jedoch ohne Ergebnis. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 versuchte schliesslich auch das Landgericht Stuttgart erfolglos, Frau W. an der letztbekannten Adresse in G. zu erreichen und von ihr den Aufenthaltsort ihres Ehemannes in Erfahrung zu bringen, da sie inzwischen unbekannt verzogen war, so dass schliesslich mit Beschluss vom 23. Februar 1995 die öffentliche Zustellung der Anspruchsbegründung der X. Leasing GmbH und der Verfügungen des Gerichts bewilligt wurde und im März 1995 erfolgte. Am 13. Juni 1995 verpflichtete das Landgericht Stuttgart W. durch Säumnisurteil, der inzwischen in X. Financial Services GmbH umbenannten Klägerin DM 116'766.73 nebst 4% Zinsen über dem Bankdiskontsatz seit dem 4. März 1994 zu zahlen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 7. August 1995 öffentlich zugestellt. Im Frühjahr 1996 erfuhr die X. Financial Services GmbH von der Einwohner- und Fremdenkontrolle der Stadt Zürich, dass sich W. bereits am 1. Oktober 1994 in Zürich unter der Adresse Y. angemeldet hatte. Mit Verfügung vom 23. April 1996 erklärte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Zürich das Säumnisurteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Juni 1995 auf Antrag der X. Financial BGE 123 III 374 S. 377 Services GmbH für vollstreckbar. Der von W. gegen diesen Entscheid erhobene Rekurs wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 17. Oktober 1996 gutgeheissen und das Gesuch um Vollstreckbarerklärung abgewiesen. Die von der X. Financial Services GmbH dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Das Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Lugano-Übereinkommen [LugÜ]; SR 0.275.11) enthält den Grundsatz der Nichtrückwirkung ( Art. 54 Abs. 1 LugÜ ; vgl. BGE 119 II 391 E. 2 S. 393). Allerdings sieht Art. 54 Abs. 2 LugÜ eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor, wenn die Klage zwar noch vor Inkrafttreten des Übereinkommens zwischen dem Ursprungsstaat und dem ersuchten Staat erhoben, die Entscheidung aber erst danach ergangen ist. Als "ergangen" gilt ein Entscheid, wenn er gemäss den Bestimmungen des Urteilsstaats nach aussen wirksam geworden ist (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 5. Aufl., Heidelberg 1996, N. 7 zu Art. 54 EuGVÜ/LugÜ). Im vorliegenden Verfahren ist zwar umstritten, worin das verfahrenseinleitende Schriftstück zu erblicken und welches demnach der massgebliche Zeitpunkt der Klageerhebung ist. Die Parteien sind sich aber darin einig, dass das Verfahren jedenfalls vor Inkrafttreten des Lugano-Übereinkommens in der Schweiz (1. Januar 1992; SR 0.275.11) und der Bundesrepublik Deutschland (1. März 1995; KROPHOLLER, a.a.O., N. 47 der Einleitung) angehoben worden ist. Unstreitig ist ferner, dass das Säumnisurteil des Landgerichts Stuttgart am 7. August 1995 und damit zu einem Zeitpunkt öffentlich zugestellt worden ist, in dem das Übereinkommen sowohl im Erkenntnis- als auch im Vollstreckungsstaat in Kraft war. Das Lugano-Übereinkommen findet somit gemäss Art. 54 Abs. 2 LugÜ auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung. 2. a) Nach Art. 28 Abs. 4 LugÜ ist es dem Vollstreckungsrichter grundsätzlich untersagt, die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats nachzuprüfen, weil die Mitgliedstaaten des Übereinkommens wechselseitig davon ausgehen, dass das Gericht des Urteilsstaates nicht nur eine sachlich richtige Entscheidung gefällt, sondern auch die Zuständigkeitsregeln des Abkommens richtig BGE 123 III 374 S. 378 angewendet hat (KROPHOLLER, a.a.O., N. 2 zu Art. 28 EuGVÜ/LugÜ; YVES DONZALLAZ, La Convention de Lugano, Vol. II, Bern 1997, § 3133). Ausnahmen vom Überprüfungsverbot der internationalen Zuständigkeit ergeben sich insbesondere aus Art. 28 Abs. 1 und 2 LugÜ , ferner für die Schweiz aus dem Vorbehalt in Art. Ia des Protokolls Nr. 1 zum Lugano-Übereinkommen. Liegt - wie im vorliegenden Fall - übergangsrechtlich ein Fall von Art. 54 Abs. 2 LugÜ vor, können Entscheidungen nach den Bestimmungen des Übereinkommens ( Art. 31 ff. LugÜ ) vollstreckt werden, wenn das Gericht des Ursprungsstaats aufgrund von Vorschriften zuständig war, die mit den Zuständigkeitsvorschriften des Titels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das im Zeitpunkt der Klageerhebung zwischen dem Ursprungsstaat und dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, in Kraft war. Art. 54 Abs. 2 LugÜ gestattet den Behörden des Vollstreckungsstaates in diesen Fällen demnach abweichend vom Grundsatz von Art. 28 Abs. 4 LugÜ eine umfassende Zuständigkeitskontrolle (PAUL VOLKEN, Rechtsprechung zum Lugano-Übereinkommen, SZIER 1994, S. 417; GERHARD WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, Bern 1995, S. 380). b) Die Beschwerdeführerin sieht im Umstand, dass das Obergericht Fragen der ordnungsgemässen Zustellung nicht nur nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens, sondern auch nach dem Abkommen vom 2. November 1929 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen (VA; SR 0.276.191.361) geprüft hat, eine Verletzung von Art. 54 Abs. 2 LugÜ . Da das Obergericht die ordnungsgemässe und rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks aber bereits nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens verneint hat, ist die Beschwerdeführerin durch eine zusätzliche Prüfung nach dem schweizerisch-deutschen Vollstreckungsabkommen nicht beschwert ( Art. 88 OG ). Auf die entsprechende Rüge ist deshalb nicht einzutreten. Der Beschwerdegegner seinerseits bestreitet die Vollstreckbarkeit des Urteils des Landgerichts Stuttgart schon deshalb, weil die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei. Er macht geltend, einerseits seien die Formerfordernisse gemäss Art. 17 LugÜ für eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung nicht erfüllt, anderseits handle es sich vorliegend um eine Verbraucherstreitigkeit im Sinne von Art. 13 LugÜ , für die Art. 14 Abs. 2 LugÜ den Gerichtsstand BGE 123 III 374 S. 379 am Wohnsitz des Verbrauchers vorsehe. Das Domizil des Beschwerdegegners habe sich aber im massgeblichen Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage nicht mehr in Deutschland, sondern in der Schweiz befunden. Dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Juni 1995 sind weder Ausführungen zum Sachverhalt noch die Urteilsmotive zu entnehmen, offenbar weil es sich um ein Versäumnisurteil handelt, das gemäss § 313b Abs. I DZPO des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht bedarf. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, aus welchen Gründen und gestützt auf welchen Sachverhalt das Landgericht Stuttgart seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat. Unter den Parteien ist aber unstreitig, dass dem Beschwerdegegner der Mahnbescheid persönlich zugestellt werden konnte und dass er zu diesem Zeitpunkt noch Wohnsitz in Deutschland gehabt hatte. Es ist deshalb zunächst zu prüfen, ob der Mahnbescheid das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ darstellt, da in diesem Fall auch die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist. 3. Gemäss Art. 27 Ziff. 2 LugÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäss und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. a) Während der Einzelrichter dem Mahnbescheid die Eigenschaft eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks zuerkannte, hielt das Obergericht dafür, diese Voraussetzung sei nur dann erfüllt, wenn der Antragsgegner nicht Widerspruch erhoben habe und auf Begehren des Antragstellers ein Vollstreckungsbescheid ergehe, der einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichstehe. Erhebe der Antragsgegner hingegen Widerspruch, sei nach deutschem Zivilprozessrecht die Überleitung des Rechtsstreits in ein streitiges Verfahren von einem weiteren Antrag einer der beiden Parteien abhängig. Mahnverfahren und streitiges Verfahren bildeten somit keine Verfahrenseinheit, weshalb der Mahnbescheid grundsätzlich nicht zugleich verfahrenseinleitendes Schriftstück bezüglich des streitigen Verfahrens sein könne. In Betracht zu ziehen sei die Verfahrenseinheit allenfalls dann, wenn die Streitsache "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs an das Gericht abgegeben werde, da diesfalls gemäss § 696 Abs. III DZPO die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurückbezogen werde. Das Obergericht sah jedoch die Voraussetzung der BGE 123 III 374 S. 380 alsbaldigen Abgabe unter den gegebenen Umständen nicht erfüllt und sprach dem Mahnbescheid die Eigenschaft als verfahrenseinleitendes Schriftstück deshalb ab. Die Beschwerdeführerin sieht darin eine Verletzung von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ . Unrichtig sei vorab die Auffassung des Obergerichts, wonach die Streitsache nach Erhebung des Widerspruchs auf Antrag einer Partei "ans Gericht" abgegeben werde. Es handle sich vielmehr um die Abgabe des Verfahrens von einer gerichtlichen Instanz an eine andere. So spreche der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften in einem Urteil aus dem Jahre 1981 von einem Überleiten des Verfahrens in ein streitiges. Nicht massgeblich sei ferner, ob das Verfahren "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben worden, die Rechtshängigkeit nach deutschem Zivilprozessrecht demnach mit der Zustellung des Mahnbescheids eingetreten sei. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit eintrete, bleibe mangels Regelung im Lugano-Übereinkommen den nationalen Verfahrensrechten überlassen. Ob ein Schriftstück als verfahrenseinleitend zu qualifizieren sei, beurteile sich dagegen nach europäischem Einheitsrecht. Im übrigen trete die Rechtshängigkeit bei einer nicht alsbaldigen Abgabe des Verfahrens mit dem Akteneingang beim Empfangsgericht ein, so dass wiederum nur der Mahnbescheid das verfahrenseinleitende Schriftstück darstellen könne. b) Das Mahnverfahren des deutschen Zivilprozessrechts (§§ 688 ff. DZPO) soll dem Gläubiger einer wahrscheinlich unstreitigen Geldforderung schnell und einfach ohne mündliche Verhandlung einen Vollstreckungstitel verschaffen (vgl. BAUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS/HARTMANN, Zivilprozessordnung, 55. Aufl., München 1997, N. 2 vor § 688 ff. DZPO). Der Gläubiger kann beim Rechtspfleger des Amtsgerichts am allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners den Erlass eines Mahnbescheids beantragen, ohne die Schlüssigkeit seines Anspruchs darlegen zu müssen (§ 690 DZPO). Das Amtsgericht nimmt lediglich eine formale Kontrolle vor und erlässt den Mahnbescheid ohne Prüfung, ob der Anspruch in der Sache begründet ist. Erhebt der Schuldner nach Erhalt des Mahnbescheids nicht rechtzeitig Widerspruch, erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers einen Vollstreckungsbescheid, der einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht (§ 699 f. DZPO). Erhebt der Schuldner hingegen fristgerecht Widerspruch, gibt das Gericht auf Antrag einer Partei den Rechtsstreit zur Durchführung eines streitigen Verfahrens von Amts wegen an das zuständige Gericht ab (§ 696 DZPO). Der Gläubiger hat nun seinen BGE 123 III 374 S. 381 Anspruch binnen zwei Wochen in einer der Klageschrift entsprechenden Form zu begründen (§ 697 DZPO). Das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ (bzw. dem gleichlautenden Art. 27 Ziff. 2 des Europäischen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 [EuGVÜ]) ist die vom Recht des Urteilsstaates vorgesehene Urkunde, durch deren Zustellung der Beklagte erstmals von dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren Kenntnis erlangt. Es ist dasjenige Schriftstück, dessen ordnungsgemässe und rechtzeitige Zustellung den Beklagten in die Lage versetzt, seine Rechte vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat geltend zu machen (Kropholler, N. 24 zu Art. 27 EuGVÜ/LugÜ). Art. 27 Ziff. 2 LugÜ dient mithin dem Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten. In der Literatur zu Lugano-Übereinkommen und EuGVÜ wird der Mahnbescheid des deutschen Zivilprozessrechts verschiedentlich als Beispiel eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks erwähnt (KROPHOLLER, a.a.O., N. 24 zu Art. 27 EuGVÜ/LugÜ; SCHLOSSER, EuGVÜ, München 1996, N. 10 zu Art. 27-29 EuGVÜ; VERONIKA PAETZOLD, Vollstreckung deutscher Entscheidungen nach dem Lugano-Übereinkommen in der Schweiz, S. 26). Auch der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften hat im Urteil Klomps gegen Michel vom 16. Juni 1981 (EuGHE 1981 Bd. II, S. 1593 ff.) zur Auslegung von Art. 27 Ziff. 2 EuGVÜ/LugÜ festgehalten, unter den Begriff "verfahrenseinleitendes Schriftstück" falle ein Schriftstück wie der Zahlungsbefehl des deutschen Rechts (der dem Mahnbescheid des geltenden deutschen Zivilprozessrechts entspricht), dessen Zustellung es dem Gläubiger nach dem Recht des Urteilsstaats ermögliche, wenn der Schuldner untätig bleibt, eine Entscheidung zu erwirken, die nach den Bestimmungen des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden kann (EuGHE a.a.O., S. 1606). Im Urteil Hengst Import BV gegen Campese vom 13. Juli 1995 (SZIER 1996, S. 145 ff.) qualifizierte der Gerichtshof auch das "decreto ingiuntivo" des italienischen Zivilprozessrechts, eine dem deutschen Mahnbescheid vergleichbare Verfügung, als verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, hob allerdings hervor, dass diese Voraussetzung erst durch die Verbindung des Mahnbescheids mit der Antragsschrift - die im Unterschied zum deutschen Recht eine Begründung des Anspruchs und die Nennung von Beweismitteln enthalten muss - gebildet werde. Bei dem "decreto ingiuntivo" handle es sich BGE 123 III 374 S. 382 nämlich um ein einfaches Formular, das zusammen mit der Antragsschrift gelesen werden müsse, um verstanden zu werden. In der Literatur wurde daraus geschlossen, dass der Mahnbescheid des deutschen Zivilprozessrechts die vom Gerichtshof gestellten Anforderungen nicht erfülle und ein gestützt darauf ergangener Vollstrekkungsbescheid in einem andern Vertragsstaat nicht vollstreckt werden dürfte (WOLFGANG GRUNSKY, Das verfahrenseinleitende Schriftstück beim Mahnverfahren, IPRax 1996, S. 245 f.). Dasselbe wurde in Bezug auf den Zahlungsbefehl nach schweizerischem Betreibungsrecht angenommen (PAUL VOLKEN, Rechtsprechung zum Lugano-Übereinkommen [1995], SZIER 1996 S. 149 f.). c) Die vom Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften beurteilten Fälle unterscheiden sich von dem hier vorliegenden Sachverhalt allerdings insofern, als dort die Beklagten nach Erhalt des Zahlungsbefehls jeweils keinen Widerspruch erhoben hatten, so dass es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kam, ohne dass ein streitiges Verfahren durchgeführt worden wäre. Ob in einem solchen Fall, in dem schon das Mahnverfahren zur Ausstellung eines Vollstreckungsbescheids führt, das verfahrenseinleitende Schriftstück im Mahnbescheid zu erblicken ist, kann hier aber offenbleiben. Erhebt nämlich der Schuldner - wie im vorliegenden Fall - Widerspruch gegen den Mahnbescheid und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so endet das Mahnverfahren mit dem Akteneingang beim nunmehr zuständigen Gericht (BAUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS/HARTMANN, a.a.O., N. 8 zu § 696 DZPO). Das Verfahren tritt damit in ein neues Stadium: Es erfolgt regelmässig ein Wechsel des zuständigen Gerichts, der Gläubiger hat seinen Anspruch in einer der Klageschrift entsprechenden Form zu begründen, und bei Eingang der Anspruchsbegründung ist nun wie im kontradiktorischen Verfahren vor den Landgerichten bei Einreichung einer Klage zu verfahren (§ 697 Abs. I und II DZPO). Mahnverfahren und streitiges Verfahren stellen demnach zwei grundlegend verschiedene Verfahrensarten dar. Im Mahnverfahren ist weder der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids noch der Widerspruch zu begründen. Ebenso einfach wie der Antragsteller das Mahnverfahren in Gang setzen kann, vermag es der Antragsgegner durch Erhebung des Widerspruchs wieder zum Stillstand zu bringen. Die Wirkungen des Widerspruchs sind indessen auf das Mahnverfahren beschränkt. Die Zustellung des Mahnbescheids versetzt den Beklagten nur in die Lage, seine Rechte innerhalb dieses Verfahrens wahrzunehmen. Weder weiss er zu jenem Zeitpunkt, ob BGE 123 III 374 S. 383 der Kläger seinen behaupteten Anspruch überhaupt weiterverfolgen wird, noch auf welche Grundlage dieser die Forderung stützt. Da der Kläger nach deutschem Zivilprozessrecht nach Erhebung des Widerspruchs die Überleitung in ein streitiges Verfahren zu beantragen und seinen Anspruch zu begründen hat, damit das Verfahren fortgesetzt wird (§§ 696 f. DZPO), ist der Anspruch des Beklagten auf Wahrung des rechtlichen Gehörs nur dann hinreichend gewährleistet, wenn er auch von dem Fortsetzungsantrag und der Anspruchsbegründung des Klägers Kenntnis erhalten hat, so dass er nun seinerseits in der Lage ist, die Fundiertheit des klägerischen Anspruchs zu beurteilen und sich mit einer begründeten Eingabe zu verteidigen. Das Obergericht hat deshalb Art. 27 Ziff. 2 LugÜ nicht verletzt, wenn es unter den gegebenen Umständen dem Mahnbescheid die Eigenschaft eines das streitige Verfahren einleitenden Schriftstücks aberkannt hat. d) Ob das Verfahren "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs ans Gericht abgegeben wurde, so dass die Rechtshängigkeit gemäss § 696 Abs. III DZPO auf die Zustellung des Mahnbescheids zurückbezogen wird, spielt dabei entgegen der Auffassung des Obergerichts keine Rolle. Das Lugano-Übereinkommen äussert sich zur Frage des Zeitpunkts der Rechtshängigkeit nicht. Massgebend ist damit das jeweilige nationale Recht (KROPHOLLER, a.a.O., N. 12 zu Art. 21 EuGVÜ/LugÜ). Nach den Bestimmungen des Übereinkommens beurteilt sich hingegen, welches das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ darstellt. Bereits daraus folgt, dass der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit dafür nicht entscheidend sein kann. Zudem bezweckt Art. 27 Ziff. 2 LugÜ den Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten. Es soll ihm Gelegenheit gegeben werden, seine Rechte vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat geltend zu machen (vgl. E. 3b hiervor). Ob ein Schriftstück als verfahrenseinleitend zu qualifizieren ist, ist deshalb allein unter diesem Gesichtspunkt zu entscheiden und kann nicht davon abhängen, wie lange nach Erhebung des Widerspruchs das Verfahren ans Gericht abgegeben worden ist. 4. Fällt der Mahnbescheid als verfahrenseinleitendes Schriftstück ausser Betracht, kommt hiefür nur eine der folgenden, im Sachverhalt erwähnten Verfügungen in Frage. Keine von diesen wurde dem Beschwerdegegner persönlich, sondern alle ersatzweise öffentlich zugestellt, da er nach den Feststellungen des Obergerichts vor dem ersten Zustellungsversuch, nämlich bereits am 1. Juni 1994, seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben hatte. Somit wäre im BGE 123 III 374 S. 384 Lichte von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ zu prüfen, ob es sich dabei um ordentliche und rechtmässige Zustellungen handelte. Indessen ist die Vollstreckbarkeit bereits aus einem andern Grunde zu versagen: In übergangsrechtlichen Fällen hat nach Art. 54 Abs. 2 LugÜ das Zweitgericht die Zuständigkeit des Urteilsgerichts umfassend zu prüfen (vgl. E. 2a hiervor). Es ist dabei allerdings gemäss Art. 28 Abs. 3 LugÜ an die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts gebunden. War mit Bezug auf den Mahnbescheid die Zuständigkeit der deutschen Gerichte im internationalen Verhältnis noch klar gegeben, muss diese Frage für den nunmehr massgeblichen Zeitraum der Verfahrenseinleitung, dem der Wegzug des Beschwerdegegners aus Deutschland unstreitig vorangeht, erneut untersucht werden. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Stuttgart enthält jedoch weder Tatsachenfeststellungen noch eine Urteilsbegründung. Den Gerichten im Vollstreckungsstaat ist es daher nicht möglich zu überprüfen, ob der Sachverhalt, wie ihn das Landgericht seinem Urteil zugrundegelegt hat, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründet hätte. Ist die internationale Zuständigkeit aber wie im vorliegenden Fall umstritten und auch nicht ohne weiteres aus den Akten ersichtlich, ist ein Urteil ohne Sachverhaltsfeststellungen von vornherein nicht geeignet, nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens vollstreckt zu werden. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe das Übereinkommen verletzt, indem es dem Urteil des Landgerichts Stuttgart die Vollstreckbarkeit versagt hat, ist deshalb unbegründet.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
4460fa2d-36b5-403d-8ae4-51c2fb12b2c3
Urteilskopf 137 III 193 32. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Gemeinde X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_882/2010 vom 16. März 2011
Regeste a Art. 72 Abs. 2 lit. b, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 95 und 98 BGG ; Rechtsnatur eines Entscheides über eine Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB . Die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB stellt eine privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis dar, die in engem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und vermögensrechtlicher Natur ist (E. 1.1). Das Urteil über eine solche Schuldneranweisung ist grundsätzlich ein materielles Endurteil und keine vorsorgliche Massnahme (E. 1.2). Regeste b Art. 289 Abs. 2 und Art. 291 ZGB ; Subrogation des Gemeinwesens in das Recht, eine Schuldneranweisung zu verlangen. Bevorschusst ein Gemeinwesen die Kinderunterhaltsbeiträge, so geht das Recht, die Schuldneranweisung zu verlangen, von Gesetzes wegen auf das Gemeinwesen über. Das Gemeinwesen hat in der Folge auch das Recht, für künftige, noch nicht fällige Unterhaltsbeiträge die Schuldneranweisung zu verlangen. Die Anordnung der Schuldneranweisung ist ein Ermessensentscheid, der sowohl die Berücksichtigung der Situation des säumigen Unterhaltsschuldners wie auch des Staates als Subrogationsgläubiger der Unterhaltsforderung erlaubt (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 137 III 193 S. 194 Y. wurde mit Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Lenzburg vom 11. Juli 1996 verpflichtet, Z. an den Unterhalt der Kinder A. (geb. 1991) und B. (geb. 1994) ab dem 13. Altersjahr bis zur Mündigkeit bzw. bis zum Abschluss der ordentlichen Ausbildung oder bis zum vorzeitigen Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit monatlich vorschüssig je Fr. 600.- zu bezahlen. Diese Unterhaltsbeiträge wurden an die Teuerung gebunden. BGE 137 III 193 S. 195 Am 24. Mai 2004 beschloss die Vormundschaftsbehörde X., die Unterhaltsbeiträge für die Kinder zu bevorschussen. Bereits am 12. Mai 2004 hatte Z. als gesetzliche Vertreterin der Kinder die Unterhaltsforderungen an die Gemeinde X. abgetreten. Am 25. Juni 2010 beantragte die Gemeinde X. beim Bezirksgericht Lenzburg, den jeweiligen Arbeitgeber von Y., zur Zeit die Firma C. AG, gemäss Art. 291 ZGB anzuweisen, vom Einkommen von Y. monatlich die jeweils indexangepassten Unterhaltsbeträge gemäss Urteil des Bezirksgerichts Lenzburg vom 11. Juli 1996, derzeit Fr. 673.- pro Kind, zuhanden der Gemeinde X. auf ein PC-Konto des Gemeindeverbands Sozialdienst Amt D. zu bezahlen. Der Gerichtspräsident von Lenzburg wies die Klage am 14. Juli 2010 ab. Die dagegen von der Gemeinde X. erhobene Beschwerde wurde vom Obergericht des Kantons Aargau am 15. November 2010 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Gemeinde X. (Beschwerdeführerin) am 13. Dezember 2010 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und ersucht darum, den jeweiligen Arbeitgeber von Y. (Beschwerdegegner), zur Zeit die Firma C. AG, gemäss Art. 291 ZGB anzuweisen, vom Einkommen des Beschwerdegegners monatlich die indexangepassten Unterhaltsbeträge gemäss Urteil des Bezirksgerichts Lenzburg vom 11. Juli 1996, derzeit Fr. 673.- (2011: Fr. 675.-) pro Kind, bzw. den das Existenzminimum übersteigenden Betrag zuhanden der Beschwerdeführerin direkt an den Gemeindeverband Sozialdienst Amt D. zu bezahlen. Der Beschwerdegegner ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht Lenzburg zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Bei der Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB handelt es sich nicht um eine Zivilsache, sondern um eine privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis ( BGE 110 II 9 E. 1 S. 12 ff.; BGE 130 III 489 E. 1 S. 491 f.), die allerdings in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht, so dass die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist ( Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG ; Urteil BGE 137 III 193 S. 196 5D_150/2010 vom 13. Januar 2011 E. 1; ebenso BGE 134 III 667 E. 1.1 S. 668 zu Art. 177 ZGB ). Weil mit der Schuldneranweisung vermögensrechtliche Interessen verfolgt werden, ist die Beschwerde streitwertabhängig (zit. Urteil 5D_150/2010 E. 1). Entgegen Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG enthält das vorinstanzliche Urteil keine Angaben zum Streitwert. Da es um monatliche Kinderunterhaltsbeiträge von insgesamt Fr. 1'346.- bzw. ab 2011 von Fr. 1'350.- geht und die Dauer der anbegehrten Schuldneranweisung nicht absehbar erscheint, ist gemäss Art. 51 Abs. 4 BGG vom Erreichen des Streitwerts ( Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ) auszugehen. Als Zwangsvollstreckungsmassnahme ist die Schuldneranweisung ein Endentscheid ( Art. 90 BGG ; BGE 134 III 667 E. 1.1 S. 668). Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich ( Art. 75 Abs. 1 BGG ) und die Beschwerde ist rechtzeitig erfolgt ( Art. 100 Abs. 1 BGG ). Die Beschwerdeführerin handelt vorliegend nicht als Inhaberin öffentlicher Gewalt, sondern als Gläubigerin einer abgetretenen Forderung privatrechtlicher Natur. Sie ist demnach zur Beschwerde legitimiert ( Art. 76 Abs. 1 BGG ; Urteil 5P.75/2004 vom 26. Mai 2004 E. 1). 1.2 Fraglich ist, ob der Entscheid über die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB als materielles Endurteil aufzufassen ist, bei dessen Prüfung das Bundesgericht über volle rechtliche Kognition ( Art. 95 BGG ) verfügt, oder ob der Entscheid eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG darstellt, womit nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden kann. Für die Qualifizierung ist nicht massgebend, in welchem Verfahren der Entscheid ergangen ist. Ein materieller Endentscheid liegt vor, wenn eine Rechtsfrage endgültig, aufgrund einer vollständigen tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung mit Wirkung materieller Rechtskraft geregelt wird, ohne den Entscheid in einem Hauptverfahren vorzubehalten ( BGE 133 III 589 E. 1 S. 590; BGE 135 III 430 E. 1.1 S. 431). Vorsorgliche Massnahmen hingegen sind einstweilige Verfügungen ( BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400; BGE 135 III 670 E. 1.3 S. 673), die eine Rechtsfrage nur vorläufig regeln, bis darüber in einem späteren Hauptentscheid definitiv entschieden wird (Urteil 4A_640/2009 vom 2. März 2010 E. 3, nicht publ. in: BGE 136 III 178 ; BGE 133 III 393 E. 5.1 S. 396). In Frage steht die Vollstreckung von rechtskräftig festgesetzten Kinderunterhaltsbeiträgen. Darüber entscheidet das zuständige Gericht ohne Vorbehalt eines nachfolgenden Hauptverfahrens. Es besteht somit für das Bundesgericht nicht die Gefahr, allenfalls zweimal über dieselbe Frage befinden zu müssen BGE 137 III 193 S. 197 (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4336 Ziff. 4.1.4.2). Die Schuldneranweisung tritt als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme an die Stelle einer definitiven Rechtsöffnung mit nachfolgender Pfändung; Rechtsöffnung und Pfändung sind keine vorsorglichen Massnahmen ( BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400; Urteile 5A_360/2010 vom 12. Juli 2010 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 136 III 379 , zum Arrestvollzug; 5A_515/2009 vom 5. November 2009 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 135 III 663 , betreffend Pfändungsvollzug). Dass dem Entscheid über eine Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB allenfalls keine volle materielle Rechtskraft zukommt, sondern bloss eine beschränkte, sofern man mit Stimmen in der Lehre den Abänderungsvorbehalt von Art. 286 Abs. 2 ZGB analog auf die Schuldneranweisung anwenden möchte (ROLAND HASELBACH, Zivilrechtliche Vollstreckungshilfen im Kindesrecht [ Art. 290 und 291 ZGB ], 1991, S. 247 ff.; CYRIL HEGNAUER, Berner Kommentar, 1997, N. 14 zu Art. 291 ZGB ), steht dem nicht entgegen. Der Abänderungsvorbehalt von Art. 286 Abs. 2 ZGB hindert nämlich auch sonst nicht, Entscheide über den Kindesunterhalt als materielle Endentscheide zu qualifizieren. Schliesslich geht es vorliegend weder um eine Schuldneranweisung als Eheschutzmassnahme gemäss Art. 177 ZGB noch um eine vorsorgliche Massnahme während des Scheidungsverfahrens gemäss aArt. 137 Abs. 2 ZGB (AS 1999 1132; neu Art. 276 ZPO ) i.V.m. Art. 177 ZGB . In diesen Fällen läge eine vorsorgliche Massnahme gemäss Art. 98 BGG vor ( BGE 134 III 667 E. 1.1 S. 668; BGE 133 III 393 E. 5 S. 396 f.). Nach dem Gesagten stellt die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB somit grundsätzlich keine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG dar. 2. 2.1 Wenn die Eltern die Sorge für das Kind vernachlässigen, kann das Gericht gemäss Art. 291 ZGB ihre Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder zum Teil an den gesetzlichen Vertreter des Kindes zu leisten. Kommt das Gemeinwesen für den Unterhalt des Kindes auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über ( Art. 289 Abs. 2 ZGB ). Dies gilt insbesondere, wenn das Gemeinwesen die Alimente wie vorliegend bevorschusst ( Art. 293 Abs. 2 ZGB ). Beim Rechtsübergang, wie er in Art. 289 Abs. 2 ZGB vorgesehen ist, handelt es sich um eine Subrogation bzw. Legalzession. 2.2 Das Obergericht hat der Beschwerdeführerin die Schuldneranweisung unter Hinweis auf seine Praxis verweigert. Danach sei der BGE 137 III 193 S. 198 Unterhaltsgläubiger für die künftigen Kinderalimente trotz laufender Bevorschussung durch ein Gemeinwesen nach wie vor alleine zur Stellung des Anweisungsbegehrens legitimiert. Für die künftigen, noch nicht fälligen Kinderalimente finde keine Subrogation statt, womit die Aktivlegitimation zur Stellung des Anweisungsbegehrens dem Berechtigten bzw. dessen gesetzlichem Vertreter oder dem Obhutsinhaber verbleibe. Die Beschwerdeführerin könne allerdings die Mutter der beiden Kinder bzw. das inzwischen mündige Kind zur Einleitung eines Anweisungsverfahrens anhalten. Zudem verweist das Obergericht auf das Urteil 5A_698/2009 vom 15. Februar 2010 (teilweise publ. in: FamPra.ch 2010 S. 462), wo offengelassen wurde, ob das Gemeinwesen überhaupt zur Stellung eines Begehrens um Schuldneranweisung legitimiert sein kann. 3. Der vorliegende Fall wirft die Frage nach dem Umfang der in Art. 289 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Legalzession auf. Es ist zu klären, ob nicht nur die Unterhaltsberechtigten die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB verlangen können, sondern auch das bevorschussende und in den Unterhaltsanspruch subrogierende Gemeinwesen. Falls dies grundsätzlich zu bejahen ist, bleibt zu untersuchen, ob das Gemeinwesen die Schuldneranweisung für künftige, noch nicht fällige Unterhaltsbeiträge verlangen kann, was von der Vorinstanz verneint worden ist. 3.1 Der Wortlaut von Art. 289 Abs. 2 ZGB sieht vor, dass der Unterhaltsanspruch "mit allen Rechten" auf das für den Unterhalt aufkommende Gemeinwesen übergeht. Die französische ("avec tous les droits") und italienische Fassung ("con tutti i diritti") weisen diesbezüglich keine Abweichung auf. Es stellt sich demnach die Frage, wie diese Wendung zu deuten ist. 3.2 Gemäss Botschaft des Bundesrates zum Entwurf von Art. 289 Abs. 2 ZGB umfasst die Subrogation alle mit dem Unterhaltsanspruch verbundenen Rechte, namentlich auch den Anspruch auf Anweisungen an die Schuldner gemäss Art. 291 dieses Entwurfs (Botschaft vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 64 Ziff. 322.6 [im Folgenden: Botschaft Kindesrecht]). Diesbezüglich gab die Bestimmung in den Räten zu keinen Diskussionen Anlass (AB 1975 S 129; AB 1975 N 1776 f.). Die Gesetz gewordene Fassung stimmt mit dem Entwurf überein, abgesehen von einer hier nicht interessierenden Abweichung redaktioneller Natur. BGE 137 III 193 S. 199 3.3 Es entspricht denn auch der überwiegenden Lehre, dass das Recht, die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB zu verlangen, auf das bevorschussende Gemeinwesen übergeht (BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1980, N. 282 zu Art. 156 ZGB ; VALY DEGOUMOIS, Pensions alimentaires, Aide au recouvrement et avances, 1982, S. 23; ANDREAS HAFFTER, Der Unterhalt des Kindes als Aufgabe von Privatrecht und öffentlichem Recht, 1984, S. 216; HASELBACH, a.a.O., S. 234; PETER BREITSCHMID, Fragen um die Zwangsvollstreckung bei Alimentenbevorschussung [ Art. 289 ff. ZGB ], SJZ 88/1992 S. 62; RENÉ SUHNER, Anweisungen an die Schuldner [ Art. 177 und 291 ZGB ], 1992, S. 25, 47 f.; HEGNAUER, a.a.O., N. 10 zu Art. 291 ZGB ; ROELLI/MEULI-LEHNI, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 1 zu Art. 291 ZGB ; BASTONS BULLETTI/FARINE, Les avances de contributions d'entretien en cas d'impossibilité de recouvrer les dites contributions auprès de leur débiteur, ZVW 2008 S. 46; FRANÇOISE BASTONS BULLETTI, in: Commentaire romand, Code civil, 2010, N. 10 zu Art. 291 ZGB ; PETER BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, 4. Aufl. 2010, N. 10 zu Art. 289 ZGB ). Das Bundesgericht ist in seiner Rechtsprechung bisher ebenfalls von der Aktivlegitimation des Gemeinwesens ausgegangen, ohne die Frage vertieft erörtern zu müssen. In BGE 106 III 18 E. 2 S. 20 f. hat es festgehalten, wenn Art. 289 Abs. 2 ZGB vorsehe, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes mit allen Rechten auf das Gemeinwesen übergehe, so könnten damit nicht die Rechte höchstpersönlicher Natur gemeint sein, sondern nur Rechte, die als solche abtretungsfähig und nicht an die Person des Berechtigten gebunden seien. Ihrer Natur nach ohne weiteres abtretbar seien namentlich das Recht, Unterhaltsklage zu erheben, sowie die Abänderung des Unterhaltsbeitrags, Anweisungen an den Schuldner und Sicherstellung zu verlangen. Auf dieses Recht des subrogierenden Gemeinwesens zur Schuldneranweisung hat das Bundesgericht auch in späteren Entscheiden hingewiesen (Urteile 5P.193/2003 vom 23. Juli 2003 E. 1.1.2, in: FamPra.ch 2003 S. 971; 8C_501/2009 vom 23. September 2009 E. 4.2). Zuweilen ist das Bundesgericht stillschweigend von der Zulässigkeit der vom Staat verlangten Schuldneranweisung ausgegangen (vgl. BGE 110 II 9 E. 1a S. 12; Urteil 5P.75/2004 vom 26. Mai 2004 E. 1). Im Urteil 5A_698/2009 vom 15. Februar 2010 E. 4.4 (in: FamPra.ch 2010 S. 462) hat das Bundesgericht die Frage ausdrücklich offengelassen. Dieser Entscheid bezieht sich allerdings auf aArt. 137 Abs. 2 ZGB (AS 1999 1132; neu Art. 276 ZPO ) i.V.m. Art. 177 ZGB . Im Zusammenhang mit diesen Normen fehlt eine ausdrückliche BGE 137 III 193 S. 200 Subrogationsbestimmung zugunsten des Gemeinwesens. Dennoch ist nachfolgend auf die in diesem Entscheid erwähnten Bedenken einzugehen und zu untersuchen, ob es diese rechtfertigen, entgegen der historischen Meinung des Gesetzgebers, der überwiegenden Ansicht in der Literatur und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, dem Gemeinwesen die Aktivlegitimation zur Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB zu versagen. 3.4 Die Kritik an der Zulassung der Schuldneranweisung zugunsten des Staates zielt im Wesentlichen darauf ab, dass der Hauptzweck der Anweisung in der regelmässigen Zahlung existentiell notwendiger Beträge liege. Das subrogierende Gemeinwesen sei nicht in derselben Art wie eine Privatperson auf die Begleichung der Unterhaltsbeiträge angewiesen. Bei ihm bestehe weder eine besondere zeitliche Dringlichkeit bzw. existentielle Notwendigkeit noch ein Bedürfnis nach regelmässiger Zahlung. Dem Gemeinwesen stünden andere Mittel zur Geltendmachung der Unterhaltsbeiträge beim Pflichtigen - wie Mahnung und Betreibung - zur Verfügung. Da sich der Zweck der Schuldneranweisung für das Gemeinwesen damit in einer erleichterten Einforderung erschöpfen würde, erscheine dieses Mittel angesichts des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeit des Schuldners kaum als verhältnismässig (SUHNER, a.a.O., S. 47 ff., der seine Kritik aber ausdrücklich als rechtspolitische bezeichnet, da der gegenteilige Wille des Gesetzgebers zu Art. 289 ZGB klar sei; bezüglich Art. 177 ZGB ebenfalls kritisch HAUSHEER UND ANDERE, Berner Kommentar, 1999, N. 13b zu Art. 177 ZGB ). Dass die Situation des Gemeinwesens eine andere ist als diejenige des unterhaltsberechtigten Kindes, ist nicht zu verkennen. Dies rechtfertigt jedoch kein Abweichen vom Willen des Gesetzgebers. Es besteht kein Anlass, das Recht zur Schuldneranweisung als höchstpersönliches Nebenrecht der Unterhaltsforderung zu qualifizieren, welche nicht auf das Gemeinwesen übergeht. Es bestehen nämlich sachliche Gründe, dem Staat das Recht zur Schuldneranweisung zuzugestehen, auch wenn dies mit einer gewissen Zweckverlagerung dieses Instituts verbunden sein mag. Einerseits gehört die Alimentenbevorschussung für den Kindesunterhalt nach heutiger, weitverbreiteter Auffassung zu einem sachgerechten öffentlichen Sozialwesen (vgl. Art. 293 Abs. 2 ZGB ; HEGNAUER, a.a.O., N. 23 zu Art. 293 ZGB ), auch wenn die Kantone frei sind, ob sie die Bevorschussung überhaupt vorsehen wollen und wie sie ein entsprechendes System ausgestalten ( BGE 106 II 283 E. 3 S. 285 f.). Andererseits handelt es BGE 137 III 193 S. 201 sich eben nur um eine Bevorschussung, d.h. die Ausgaben sollen nicht dauerhaft zulasten der öffentlichen Hand bzw. der Steuerzahler gehen, sondern vom Pflichtigen zurückgefordert werden (SUHNER, a.a.O., S. 47). Dieser soll von seiner Nachlässigkeit nicht profitieren. Zum Zwecke dieses Regresses geht der Unterhaltsanspruch des Kindes auf das Gemeinwesen über ( Art. 289 Abs. 2 ZGB ). Es ist dabei der Einrichtung der Alimentenbevorschussung und damit dem Anliegen des Reformgesetzgebers, in der Versorgung des Kindes möglichst keine Lücken entstehen zu lassen (vgl. Botschaft Kindesrecht, a.a.O., S. 66 Ziff. 322.7), förderlich, wenn dem Gemeinwesen dieselben Inkassomöglichkeiten zustehen wie dem Kind (SUHNER, a.a.O., S. 47). Insofern erscheint es angebracht, dem Gemeinwesen die der Schuldneranweisung zugeschriebenen Vorteile (etwa Zeit- und Kostenersparnis gegenüber einem Betreibungsverfahren; SUHNER, a.a.O., S. 8; BASTONS BULLETI/FARINE, a.a.O., S. 46) ebenfalls zukommen zu lassen. Die Anordnung der Schuldneranweisung kann den Betroffenen insbesondere gegenüber seinem Arbeitgeber blossstellen. Vorliegend befürchtet der Beschwerdegegner sogar seine Entlassung. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Ausschluss des Gemeinwesens von der Geltendmachung der Schuldneranweisung. Eine Blossstellung droht auch bei einer dem Arbeitgeber angezeigten Lohnpfändung. Vielmehr ist solchen Einwänden im Rahmen der konkreten Entscheidfindung Rechnung zu tragen. Art. 291 ZGB ist eine "Kann"-Bestimmung; die Anordnung einer Schuldneranweisung liegt folglich im Ermessen des Gerichts. Dabei sind alle erheblichen Umstände, insbesondere auch die Situation des säumigen Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen (HASELBACH, a.a.O., S. 186 ff.; HAUSHEER UND ANDERE, a.a.O., N. 7a zu Art. 177 ZGB ; SUHNER, a.a.O., S. 51 ff.). In die Abwägung wird auch mit einfliessen dürfen, dass das subrogierende Gemeinwesen gerade nicht in existentieller Weise auf diese Inkassomöglichkeit angewiesen ist. Schliesslich kann berücksichtigt werden, dass bei hinreichend nachgewiesener Gefährdung der Arbeitsstelle mit einer sog. stillen Lohnpfändung unter Umständen die langfristig besseren Ergebnisse zu erzielen sind (dazu BGE 83 III 17 E. 2 S. 20; GEORGES VONDER MÜHLL, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 45 zu Art. 93 SchKG ). Um das Institut der Schuldneranweisung nicht seines Sinnes zu entleeren, sind solche Verweigerungsgründe allerdings nur zurückhaltend anzunehmen. BGE 137 III 193 S. 202 3.5 Daraus ergibt sich, dass im Rahmen von Art. 291 ZGB keine Gründe ersichtlich sind, dem subrogierenden Gemeinwesen die Schuldneranweisung in allgemeiner Weise zu versagen. 3.6 Unbestritten ist, dass es vorliegend einzig um künftige Unterhaltsbeiträge geht. Rückständige Unterhaltsbeiträge sind hingegen nicht Gegenstand dieses Verfahrens (vgl. dazu Urteil 5P.75/2004 vom 26. Mai 2004 E. 3, in: SJ 2005 I S. 25; HEGNAUER, a.a.O., N. 16 zu Art. 291 ZGB ; je mit Hinweisen). Es bleibt zu untersuchen, ob die Vorinstanz dem Gemeinwesen die Schuldneranweisung für die künftigen Unterhaltsbeiträge verweigern durfte. 3.7 Gemäss Botschaft Kindesrecht (a.a.O., S. 65 Ziff. 322.62) beschlägt die Anweisung während des Zeitraums, für den sie angeordnet wird, auch zukünftige Leistungen und muss daher nicht - wie die Schuldbetreibung - für jede fällige Leistung wieder neu eingeleitet werden. Darin liege eine nicht zu unterschätzende Erleichterung der Rechtsverfolgung. Diese Ausführungen des Bundesrats leuchten ein. Wäre es anders, würde das Institut der Schuldneranweisung hinsichtlich der Sicherung des laufenden Unterhalts seines Sinnes beraubt. Die in die Zukunft gerichtete Anweisung bezieht sich demnach auf den jeweils fällig werdenden Betrag (HEGNAUER, a.a.O., N. 16 zu Art. 291 ZGB ; unklar BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 4 zu Art. 291 ZGB ). Im Übrigen anerkennt auch die Vorinstanz, dass der Unterhaltsgläubiger selber für die künftigen Kinderalimente Schuldneranweisung verlangen kann. 3.8 Die Vorinstanz hat aber dem Gemeinwesen die Schuldneranweisung für die künftigen Kinderalimente verweigert, da die Gemeinde nicht in diese künftigen, noch nicht fälligen Kinderunterhaltsforderungen subrogiert sei. Die einzelne Beitragsforderung gehe erst im Moment ihrer Entstehung auf das Gemeinwesen über und dieser Übergang trete ein, sobald, soweit und solange das Gemeinwesen für das Kind aufkomme (unter Hinweis auf HEGNAUER, a.a.O., N. 85 und 87 zu Art. 289 ZGB ; DEGOUMOIS, a.a.O., S. 39). Die Auffassung der Vorinstanz basiert auf der Vorstellung, dass das Gemeinwesen einzig in die einzelne, je fällig gewordene und von diesem anstelle des Unterhaltsschuldners beglichene Unterhaltsforderung subrogiert. Dies entspricht jedoch nicht den - mehr oder weniger explizit ausgedrückten - Vorstellungen des Gesetzgebers, der Lehre und der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Der Rechtsübergang umfasst mehr als die einzelne, periodisch fällig BGE 137 III 193 S. 203 werdende Unterhaltsforderung. Vielmehr sollen dem subrogierenden Gemeinwesen grundsätzlich dieselben Rechte zustehen wie dem unterhaltsberechtigten Kind. Ausgeschlossen vom Übergang sind einzig höchstpersönliche Rechte, also Rechte, die an die Person des Berechtigten gebunden sind ( BGE 106 III 18 E. 2 S. 20). Dass das Recht zur Schuldneranweisung nicht höchstpersönlicher Natur ist, wurde bereits gesagt (oben E. 3.4). Der weite Rahmen der Subrogation zeigt sich etwa daran, dass dem Gemeinwesen die Befugnis zur Unterhaltsklage oder zur Klage auf Abänderung des Unterhaltsbetrags zusteht (Botschaft Kindesrecht, a.a.O., S. 64 Ziff. 322.6). Dabei handelt es sich um eine Befugnis, welche sich nicht auf den Übergang einer einzelnen Unterhaltsforderung stützen lässt. Mit der erfolgreichen Unterhaltsklage wird als Ausfluss des Rechts auf Unterhalt ( Art. 276 ZGB ) überhaupt erst ein Dauerschuldverhältnis geschaffen, welches anschliessend periodisch die je einzelnen Unterhaltsforderungen entstehen lässt. Mit HAFFTER (a.a.O., S. 213 f.) mag man als Gegenstand der Subrogation gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB folglich das Stammrecht auf Unterhalt und nicht die einzelne Beitragsforderung bezeichnen, wobei zu präzisieren ist, dass sich der Übergang einzig auf den in Form einer Geldzahlung zu erfüllenden Unterhaltsanspruch bezieht. Geht der Anspruch somit insgesamt über, soweit er vom Gemeinwesen tatsächlich anstelle des Pflichtigen erfüllt wird, so ist nur konsequent, wenn dem Gemeinwesen auch das Recht zusteht, die Schuldneranweisung mit Wirkung für die Zukunft zu verlangen, in derselben Weise wie dieses Recht auch dem unterhaltsberechtigten Kind zustand (HAFFTER, a.a.O., S. 214). Zum selben Ergebnis führt die dogmatische Konstruktion, dass die Legalzession nicht nur den einzelnen fällig gewordenen und bevorschussten Betrag umfasst, sondern den Anspruch auf alle während der Dauer der bewilligten Bevorschussung fällig werdenden Beträge (CYRIL HEGNAUER, Alimentenbevorschussung und Abtretung, ZVW 1991 S. 68). So wie künftige Forderungen rechtsgeschäftlich abgetreten werden können ( BGE 113 II 163 ), können sie auch Gegenstand einer Legalzession sein. Wenn aber die künftigen Unterhaltsbeiträge Gegenstand der Subrogation sind, ist nur folgerichtig, dass dem Gemeinwesen auch die Schuldneranweisung für diese Beiträge offensteht. Anders entscheiden hiesse überdies, die Subrogation gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB im Zusammenhang mit der Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB zumindest eines grossen Teils ihres praktischen Zwecks zu berauben. Falls die Schuldneranweisung für rückständige Beträge BGE 137 III 193 S. 204 zudem nicht zulässig sein sollte (vgl. Urteil 5P.75/2004 vom 26. Mai 2004 E. 3 mit Hinweisen, in: SJ 2005 I S. 25), wäre die Subrogation in das Recht zur Schuldneranweisung sogar ihres ganzen Nutzens beraubt, da es kaum mehr einen Anwendungsfall gäbe, in welchem das Gemeinwesen die Anweisung verlangen könnte. Das Gemeinwesen müsste diesfalls den Unterhaltsschuldner für jede bevorschusste Leistung erneut belangen bzw. so lange zuwarten, bis die Höhe der aufsummierten fälligen Beträge den Aufwand für die Durchsetzung rechtfertigt (vgl. HAFFTER, a.a.O., S. 214). Ein Nachteil der Zulässigkeit der Schuldneranweisung für künftige Unterhaltsbeträge kann darin gesehen werden, dass Änderungen in der Bevorschussung - mitunter rasch - eintreten können, z.B. infolge Wegzugs des Berechtigten aus dem bevorschussenden Gemeinwesen, und der Angewiesene davon keine Kenntnis erhält. Dieser Gefahr kann aber dadurch begegnet werden, dass das Gemeinwesen entsprechende Änderungen dem Angewiesenen mitzuteilen hat. 3.9 Daraus folgt, dass die Vorinstanz die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu Unrecht verneint hat. Die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen. Die Beschwerdeführerin hat einen reformatorischen Antrag auf Anordnung der fraglichen Schuldneranweisung gestellt. Das Bundesgericht kann allerdings nicht in der Sache selber urteilen und die Begründetheit der anbegehrten Vollstreckungsmassnahme prüfen, da die notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen noch nicht erstellt sind. Die Angelegenheit ist deshalb an das Gerichtspräsidium Lenzburg zur Beurteilung zurückzuweisen ( Art. 107 Abs. 2 BGG ). Das Gericht wird dabei unter Berücksichtigung aller massgeblichen Umstände zu prüfen haben, ob die Schuldneranweisung zu gewähren sei oder nicht. Zudem wird zu berücksichtigen sein, dass das subrogierende Gemeinwesen nicht in das Existenzminimum des Schuldners eingreifen darf ( BGE 116 III 10 ). Der Beschwerdegegner macht geltend, dass gegen ihn eine Lohnpfändung verfügt worden sei und er bereits jetzt am Existenzminimum lebe. Gegebenenfalls wird das urteilende Gericht demnach die Schuldneranweisung mit der Pfändung zu koordinieren haben (vgl. BGE 110 II 9 E. 4b S. 16; THOMAS GEISER, Die Anweisung an die Schuldner und die Sicherstellung, ZVW 1991 S. 10 ff.; BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 6 zu Art. 291 ZGB ).
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
446b6442-3da0-4eb7-a347-1d46fa54101d
Urteilskopf 134 I 199 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Scherr und Mitb. gegen Stadt Zürich und Bezirksrat Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_451/2007 vom 17. März 2008
Regeste Art. 5 Abs. 3 und Art. 29a BV , Art. 49, 82 lit. c, 88 und 130 Abs. 3 und 4 BGG; Rechtsweggarantie, Letztinstanzlichkeit eines kantonalen Entscheids in Stimmrechtsangelegenheiten, unrichtige Rechtsmittelbelehrung. Erfordernis einer richterlichen Behörde als letzte kantonale Rechtsmittelinstanz in kantonalen und kommunalen Stimmrechtsangelegenheiten (E. 1.2). Das kantonale Ausführungsrecht sieht die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht vor (E. 1.2.1). Die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung war für die Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres erkennbar. Die Stimmrechtsbeschwerde wird dem Verwaltungsgericht zur Behandlung überwiesen (E. 1.3).
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 134 I 199 S. 200 Der Gemeinderat Zürich genehmigte am 16. Dezember 2006 den Entwurf zum Budget der laufenden Rechnung und der Investitionsrechnung für das Jahr 2007 und lehnte dabei einen in der Budgetdebatte gestellten Antrag, die Ausgaben für die Sanierung der Hardbrücke nicht zu genehmigen, ab. Mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2006 setzte der Stadtrat von Zürich das Instandsetzungsprojekt Hardbrücke fest und bewilligte als neue Ausgabe einen Objektkredit von 1,85 Mio. Franken für den Bau eines kombinierten Rad-/Gehwegs zwischen Hardplatz und Bahnhof Hardbrücke sowie gebundene Ausgaben von insgesamt 88,5 Mio. Franken für die Instandsetzung der Hardbrücke. Diese Finanzbeschlüsse wurden keinem Referendum unterstellt. Niklaus Scherr und Mitbeteiligte gelangten gegen die Beschlüsse des Stadtrats mit Stimmrechtsrekurs an den Bezirksrat Zürich, der das Rechtsmittel am 5. Juli 2007 abwies und den für die Instandsetzung der Hardbrücke bewilligten Betrag als gebundene Ausgaben bezeichnete. Einen gegen den Entscheid des Bezirksrats erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 7. November 2007 ab, soweit er darauf eintreten konnte. Mit als Stimmrechtsbeschwerde bezeichneter Eingabe vom 14. Dezember 2007 beantragen die im kantonalen Verfahren unterlegenen Rekurrenten unter anderem, der Entscheid des Regierungsrats sei aufzuheben. Das Bundesgericht überweist die Eingabe der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Beurteilung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung politischer Rechte geltend gemacht werden. Dazu zählt die Rüge, ein Finanzbeschluss sei zu Unrecht nicht dem Referendum unterstellt worden. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG legitimiert, wer in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Dieses Erfordernis erfüllen BGE 134 I 199 S. 201 die Beschwerdeführer. Die Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 1 BGG ist eingehalten. 1.2 Beschwerden betreffend Volksabstimmungen in kantonalen Angelegenheiten sind gegen Akte letzter kantonaler Instanzen zulässig ( Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG ). Die Kantone sehen gegen behördliche Akte, welche die politischen Rechte verletzen können, ein Rechtsmittel vor ( Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG ). Diese Pflicht erstreckt sich nicht auf Akte des Parlaments oder der Regierung ( Art. 88 Abs. 2 Satz 2 BGG ). Vor dem Hintergrund von Art. 29a BV und der Zielsetzungen des Bundesgerichtsgesetzes hat das Bundesgericht entschieden, dass die Kantone als Rechtsmittelinstanz im Sinne von Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG eine gerichtliche Behörde einsetzen müssen. Diese Pflicht besteht sowohl in kantonalen als auch in kommunalen Stimmrechtsangelegenheiten (Urteile des Bundesgerichts 1P.338/2006 und 1P.582/2006 vom 12. Februar 2007, E. 3.10, publ. in: ZBl 108/2007 S. 313; 1C_185/2007 vom 6. November 2007, E. 1.2 mit Hinweisen). 1.2.1 Die Kantone sind gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG verpflichtet, innert zwei Jahren seit Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes die erforderlichen Ausführungsbestimmungen über die Zuständigkeit, die Organisation und das Verfahren der bundesgerichtlichen Vorinstanzen zu erlassen. § 43 Abs. 1 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG) schliesst die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht auf dem Gebiet von Wahlen und Abstimmungen grundsätzlich aus (vgl. ALFRED KÖLZ/JÜRG BOSSHART/MARTIN RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, § 43 N. 5). § 43 Abs. 2 VRG sieht jedoch vor, dass die Beschwerde an das Verwaltungsgericht auch in den Fällen von Abs. 1 zulässig ist, soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offensteht oder wenn es sich um eine Angelegenheit gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt. Nach § 5 der Verordnung des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 29. November 2006 über die Anpassung des kantonalen Rechts an das Bundesgerichtsgesetz (VO BGG; OS 61,480) ist unter Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht die ordentliche Beschwerde an das Bundesgericht zu verstehen. Diese genannte Verordnung des Regierungsrats trat gleichzeitig wie das Bundesgerichtsgesetz am 1. Januar 2007 in Kraft. Damit hat der Regierungsrat von der ihm in Art. 130 Abs. 4 BGG in BGE 134 I 199 S. 202 Verbindung mit Art. 67 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH) eingeräumten Kompetenz Gebrauch gemacht, die Ausführungsbestimmungen in die Form nicht referendumspflichtiger Erlasse zu kleiden, sofern dies zur Einhaltung der Fristen nach den Absätzen 1-3 von Art. 130 BGG notwendig ist. Der Regierungsrat hat in § 5 VO BGG keine Vorbehalte in Bezug auf die früher nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterlegenen kantonalen Rechtsmittelentscheide und Stimmrechtsangelegenheiten angebracht ( Art. 82 lit. a und c BGG ). Dass er die zweijährige Übergangsfrist gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG nicht ausgeschöpft hat, ist nicht zu beanstanden. 1.2.2 In der vorliegenden Angelegenheit sind kommunale Kreditbeschlüsse umstritten, welche wie erwähnt nach den Vorschriften des Bundesgerichtsgesetzes der ordentlichen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unterliegen, nachdem ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsmittelentscheid vorliegt. Gemäss § 43 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRG in Verbindung mit § 5 VO BGG ist in solchen Fällen deshalb die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht zulässig. Das Verwaltungsgericht ist als einzige richterliche Behörde zur freien Sachverhaltsprüfung und zur Rechtsanwendung von Amtes wegen sowie zur Wahrung der Einheit des Verfahrens verpflichtet (Art. 110 f. BGG). Es ergibt sich, dass mit dem angefochtenen Entscheid des Regierungsrats kein kantonal letztinstanzlicher Entscheid im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG vorliegt. 1.3 Das Bundesgericht verzichtet in konstanter Praxis auf das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, wenn an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ernsthafte Zweifel bestehen ( BGE 132 I 92 E. 1.5 S. 94 mit Hinweisen). Solche Zweifel bestehen nach den vorstehenden Erwägungen nicht. 1.3.1 Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ( Art. 5 Abs. 3 BV ) ist zu beachten, dass der angefochtene Entscheid eine Rechtsmittelbelehrung enthält, nach welcher gegen den Regierungsratsentscheid beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden könne. Aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung dürfen den Parteien keine Nachteile erwachsen ( Art. 49 BGG ; Art. 18 Abs. 2 KV/ZH ; BGE 132 I 92 E. 1.6 S. 96). Wird aufgrund einer unrichtigen Belehrung ein falsches Rechtsmittel ergriffen, kann die Sache daher von Amtes wegen an die zuständige Instanz BGE 134 I 199 S. 203 überwiesen werden ( BGE 123 II 231 E. 8b S. 239 f. mit Hinweisen). Allerdings geniesst nur Vertrauensschutz, wer die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung nicht kennt und sie auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht hätte erkennen können. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz, wenn der Mangel für sie bzw. ihren Rechtsvertreter allein schon durch Konsultierung der massgeblichen Verfahrensbestimmung ersichtlich ist. Dagegen wird nicht verlangt, dass neben den Gesetzestexten auch noch die einschlägige Rechtsprechung oder Literatur nachgeschlagen wird (vgl. BGE 124 I 255 E. 1a/aa S. 258; BGE 117 Ia 119 E. 3a S. 125, BGE 117 Ia 421 E. 2a, je mit weiteren Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1P.653/1997 vom 13. Februar 1998, publ. in: ZBl 100/1999 S. 80 ff.). 1.3.2 Der angefochtene Beschluss enthält eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung. Es war für die nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres erkennbar, dass das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz zur Beurteilung der vorliegenden Stimmrechtsangelegenheit zuständig ist, da dies nicht dem Wortlaut von § 5 VO BGG und § 43 Abs. 2 VRG entnommen werden kann, sondern nur im Zusammenhang mit den Neuerungen, die sich aus der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ergeben, ersichtlich ist. Unter diesen Umständen ist die Beschwerde dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Behandlung zu überweisen (vgl. BGE 132 I 92 E. 1.6 S. 96; BGE 125 I 313 E. 5 S. 320 mit Hinweis).
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Urteilskopf 98 Ia 203 30. Arrêt du 2 février 1972 dans la cause Rosset et Clivaz contre Grand Conseil du canton du Valais.
Regeste Art. 89 OG . Eine vor Beginn der Beschwerdefrist eingereichte Beschwerde ist zulässig (Erw. 1). Kantonales Verfassungsrecht. Gesetzes- und Finanzreferendum. Die Voraussetzungen, unter denen ein gesetzgeberischer Erlass nach Art. 30 Ziff. 3 der Walliser KV der Volksabstimmung entzogen werden kann, sind alternativ und nicht kumulativ. Begriff des Dekrets von allgemeiner Tragweite (Erw. 4). Diese Voraussetzungen gelten nicht auch für das Finanzreferendum nach Art. 30 Ziff. 4 der Walliser KV (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 203 BGE 98 Ia 203 S. 203 A.- Le Grand Conseil du canton du Valais a adopté, le 2 février 1961, un décret concernant l'aide aux chemins de fer privés selon la loi fédérale du 20 décembre 1957. L'aide prévue consistait en une prise en charge des déficits d'exploitation et en subsides pour les améliorations techniques ou l'adoption BGE 98 Ia 203 S. 204 d'un autre mode de transport. La durée du décret était limitée à cinq ans, soit aux années 1961 à 1965. Le décret, déclaré sans portée générale (art. 10), n'a pas été soumis à la votation populaire. La validité de cet acte a été prorogée de cinq ans, soit jusqu'au 31 décembre 1970, par un nouveau décret, du 12 novembre 1965, qui n'a pas été soumis non plus à la votation populaire, en raison de sa durée limitée (art. 2). Le 25 juin 1971, la même assemblée a adopté en second débat un nouveau décret, qui proroge derechef de cinq ans, soit jusqu'au 31 décembre 1975, la validité des deux précédents. Ce dernier décret a aussi été soustrait à la votation populaire, en raison de sa durée limitée (art. 2); il a été publié dans le Bulletin officiel du 20 août 1971. B.- Par mémoire du 1er juillet 1971, Lucien Rosset, à Sembrancher, et Clovis Clivaz, à Veyras, forment un recours de droit public et requièrent le Tribunal fédéral d'annuler la décision du Grand Conseil relative au décret du 25 juin 1971. Ils soutiennent qu'en soustrayant le décret à la votation populaire, l'assemblée législative a violé l'art. 30 ch. 3 litt. a et ch. 4 Cst. cant. C.- Le Grand Conseil du canton du Valais, représenté par son président, propose que le recours soit déclaré irrecevable, subsidiairement qu'il soit rejeté. Invités à déposer un mémoire complétif, en vertu de l'art. 93 al. 2 OJ, les recourants ont confirmé leurs conclusions. D.- L'entrée en vigueur du décret a été suspendue par décision du Président de la Chambre de droit public, du 9 septembre 1971. Erwägungen Considérant en droit: 1. Adopté par le Grand Conseil le 25 juin 1971, le décret attaqué n'a été publié au Bulletin officiel par les soins du Conseil d'Etat (art. 53 ch. 2 Cst. cant.) que le 20 août 1971. Daté du 1er juillet 1971 et mis à la poste le même jour, l'acte de recours a ainsi été déposé avant que commence à courir le délai de l'art. 89 OJ. Le recours n'en est pas moins recevable. Selon la jurisprudence, le dépôt prématuré a pour seule conséquence de faire suspendre l'instruction jusqu'à la promulgation (arrêts non publiés Ladame, du 6 mars 1944, et St. Gallisch-Appenzellischer Jagdschutzverein, du 8 juillet 1946). BGE 98 Ia 203 S. 205 2. Le Grand Conseil, dans sa réponse, met en doute la qualité des recourants pour agir. A tort. Dans la mesure où ils possèdent le droit de vote en matière cantonale, Rosset et Clivaz sont recevables à se plaindre que le décret n'a pas été soumis au vote du peuple (art. 85 lit. a OJ; RO 89 I 260 s., 94 I 32, 97 I 28). Or cette condition est remplie, ainsi que l'attestent les déclarations des communes de Sembrancher et de Veyras, que les recourants ont produites à la demande du Président de la Chambre. Le recours, qui satisfait pour le surplus aux conditions légales, est ainsi recevable. 3. Saisi d'un recours fondé sur l'art. 85 lit. a OJ, le Tribunal fédéral examine librement l'application du droit constitutionnel cantonal, de même que celle des lois cantonales qui précisent le contenu et l'étendue du droit de vote (RO 97 I 663 consid. 3). Il s'impose toutefois une certaine retenue à l'égard de l'interprétation que donne de la constitution cantonale la plus haute autorité du canton: en cas de doute sur deux interprétations possibles, il ne s'écarte pas de celle que cette autorité retient (RO 94 I 33 ; 97 I 32 /33; arrêt non publié Nigg, du 20 octobre 1971). 4. De l'avis des recourants, le décret attaqué aurait dû être soumis au peuple, tant en vertu de l'art. 30 ch. 3 lit. a Cst. cant. que du ch. 4 de cette même disposition constitutionnelle, dont le texte est le suivant: Art. 30: Sont soumis à la votation du peuple: 1. ... 2. ... 3. Les lois et décrets élaborés par le Grand Conseil, excepté: a) les décrets qui ont un caractère d'urgence ou qui ne sont pas d'une portée générale et permanente. Cette exception doit, dans chaque cas, faire l'objet d'une décision spéciale et motivée, b) ... c) ... 4. Toute décision du Grand Conseil entraînant une dépense extraordinaire de 200 000 fr., si cette dépense ne peut être couverte par les recettes ordinaires du budget. a) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, il suffit que l'une des trois hypothèses prévues à l'art. 30 ch. 3 lit. a Cst. cant. - urgence, défaut de portée générale, défaut de permanence BGE 98 Ia 203 S. 206 - soit réalisée pour que le référendum ne s'impose pas. Les trois conditions ne sont donc pas cumulatives, mais alternatives (RO 87 I 38; arrêts non publiés Cathrein, du 15 juillet 1937; Lonza, du 26 septembre 1946; Couchepin, du 2 avril 1947; Perrig, du 20 décembre 1950; Nigg, du 20 octobre 1971). En vertu de l'art. 30 ch. 3 lit. a 2e phrase Cst. cant., l'exclusion du vote populaire doit dans chaque cas particulier, faire l'objet d'une décision spéciale et motivée. Dans ses arrêts Perrig et Nigg, précités, le Tribunal fédéral a précisé la portée de cette disposition, en ce sens que le décret doit indiquer s'il est soustrait au référendum en raison de l'urgence, ou du défaut de portée générale, ou de son caractère non permanent, de plus amples motifs ressortant normalement de l'exposé des motifs et des débats parlementaires. Enl'espèce, on peut admettre que les motifs indiqués par le décret sont le défaut de permanence (directement mentionné) et le défaut de portée générale (indirectement invoqué par la référence au décret de 1961). En revanche, il ne peut être question de l'urgence, qui ne figure dans aucun des décrets et qui est invoquée pour la première fois dans la réponse du Grand Conseil. Ce point est du reste sans importance en l'espèce (cf. lit. b ci-dessous). b) Pour décider si un décret est de portée générale, il ne faut pas se fonder sur son importance politique ou financière. C'est le contenu juridique de l'acte qui est déterminant: est considéré comme de portée générale l'acte qui établit une règle de droit, par opposition à celui qui a pour objet une mesure individuelle prise à propos d'un cas concret. A s'en tenir au texte de l'art. 1er du décret de 1961, qui accorde une aide financière "aux sociétés de chemins de fer privés et aux sociétés de navigation en exploitation dans le canton, si ceux-ci poursuivent un but d'intérêt public et s'ils bénéficient d'une aide de la Confédération", on pourrait conclure que cette disposition a bien le caractère d'une règle abstraite et générale, applicable à un nombre indéterminé de cas. En réalité, il n'en est rien. Ainsi que cela résulte notamment du message du Conseil d'Etat concernant le décret de 1961, les bénéficiaires de l'aide cantonale sont exactement connus et peu nombreux. Il est pratiquement exclu que cette situation se modifie. Le décret ne vise donc qu'un nombre limité de cas concrets et institue une série restreinte de mesures individuelles. Cela suffit pour lui dénier une portée générale. Il pouvait ainsi BGE 98 Ia 203 S. 207 être soustrait à la votation populaire en vertu de l'art. 30 ch. 3 lit. a Cst. cant. Le recours doit être rejeté en tant qu'il se fonde sur cette disposition, sans qu'il y ait lieu de rechercher si le Grand Conseil pouvait aussi exclure le référendum en raison du défaut de permanence ou de l'urgence. 5. Les recourants soutiennent encore que le décret attaqué aurait dû être soumis au peuple en vertu de l'art. 30 ch. 4 Cst. cant. a) Dans sa réponse, le Grand Conseil admet que les dépenses découlant du décret excéderont pour chaque année de sa validité le montant de 200 000 fr. Il n'y a donc pas à rechercher si c'est le montant total des dépenses ou le montant annuel qui est déterminant pour l'application de la disposition invoquée. L'autorité cantonale ne conteste pas que la dépense en question "soit extraordinaire" au sens de l'art. 30 ch. 4 Cst. cant. Avec raison. Certes, la notion de "dépense extraordinaire" du droit valaisan est plus étroite que celle de "dépense nouvelle" telle qu'on l'entend généralement; selon la pratique valaisanne, une dépense est ordinaire et échappe au référendum - qu'elle soit couverte ou non par les recettes ordinaires du budget - lorsque le peuple, en approuvant la tâche définie par la loi, a implicitement approuvé la dépense que son exécution doit entraîner, quand bien même le projet ainsi soustrait au vote populaire pourrait encore être discuté dans son principe ou dans ses modalités (cf. RO 95 I 529 consid. 4). Mais en l'espèce, les dépenses que le décret attaqué entraîne ne peuvent s'appuyer sur aucune disposition légale précédemment votée par le peuple. Enfin, le Grand Conseil ne soutient pas dans sa réponse que les dépenses qu'entraînera l'application de ce décret soient couvertes par les recettes ordinaires du budget. Il reconnaît expessément que dans ces conditions le décret devait être soumis au référendum. b) Pour justifier néanmoins la décision de ne pas soumettre le décret à la votation populaire, le Grand Conseil soutient dans sa réponse que le référendum pouvait être exclu en raison de l'urgence et du défaut de permanence de l'acte. Il prétend ainsi appliquer au référendum financier les restrictions - ou du moins deux des trois restrictions - que prévoit en matière de référendum législatif l'art. 30 ch. 3 lit. a Cst. cant. Cette thèse ne trouve aucun appui dans le texte constitutionnel, qui ne contient pas de renvoi de l'une des dispositions à l'autre. Le Tribunal BGE 98 Ia 203 S. 208 fédéral l'a déjà rejetée dans son arrêt Couchepin, du 15 mars 1961 (RO 87 I 40 consid. 3), en se référant notamment aux débats du Grand Conseil qui ont précédé l'adoption de la Constitution cantonale actuelle. Il résulte de cet arrêt que le référendum financier de l'art. 30 ch. 4 Cst. cant. s'applique à toute dépense qui ne découle pas d'une loi ou d'un décret voté par le peuple, en tant qu'elle dépasse 200 000 fr. et n'est pas couverte par les recettes ordinaires du budget; peu importe que cette dépense soit urgente, ou limitée dans le temps ou encore soit la conséquence d'une mesure sans portée générale. L'autorité cantonale, dans sa réponse, ne remet pas en cause cette jurisprudence. Il convient de la confirmer, sans la soumettre à un nouvel examen. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet le recours et annule le décret attaqué.
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Urteilskopf 109 V 70 15. Urteil vom 19. Mai 1983 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Zürich gegen Hediger und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 24 Abs. 1 AHVV . - Die rechtliche Natur der sog. "provisorischen" Beitragsverfügung, die praxisgemäss mangels Steuermeldung, ohne drohenden Beitragsverlust, in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 1 AHVV erlassen wird, entspricht derjenigen der "normalen" Verfügung im ausserordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren. - Auch bei der sog. bloss "provisorischen" Verfügung ist der Beitragspflichtige auf die Beschwerdeführung angewiesen, wenn er den Eintritt der Rechtskraft verhindern will. Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG . Zusprechung einer Parteientschädigung bei Gegenstandslosigkeit der Beschwerde, wenn es die prozessuale Situation rechtfertigt.
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 109 V 70 S. 71 A.- Josef Hediger ist der Ausgleichskasse des Kantons Zürich als Selbständigerwerbender angeschlossen. Mit Verfügung vom 31. März 1982 setzte die Ausgleichskasse seine persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1982 und 1983, ausgehend von einem beitragspflichtigen jährlichen Einkommen von Fr. ..., auf je Fr. ... fest. Weil eine Wehrsteuermeldung für die 21. Wehrsteuerperiode (Berechnungsjahre 1979/1980) nicht vorlag, berechnete die Ausgleichskasse die Beiträge provisorisch aufgrund der Wehrsteuermeldung für die 20. Periode (Berechnungsjahre 1977/1978). B.- Gegen diese Verfügung liess Josef Hediger Beschwerde erheben mit dem Antrag, das massgebende jährliche Einkommen sei auf bloss Fr. ... festzulegen. Während dieses Beschwerdeverfahrens entsprach die Ausgleichskasse dem Begehren des Versicherten vollumfänglich und ersetzte die angefochtene Verfügung durch Verfügungen vom 25. Juni 1982. Darauf schrieb die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich das Verfahren am 7. Juli 1982 als gegenstandslos ab unter Zusprechung einer Parteientschädigung von Fr. 150.-- an den durch eine Treuhand- und Revisionsgesellschaft vertretenen Josef Hediger. C.- Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei Ziffer 2 des Dispositivs der vorinstanzlichen Abschreibungsverfügung aufzuheben, womit Josef Hediger eine Parteientschädigung von Fr. 150.-- zugesprochen wurde. Während Josef Hediger die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen lässt, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf deren Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG hat der im kantonalen AHV-Prozess obsiegende Beschwerdeführer Anspruch auf Ersatz der Kosten der Prozessführung und Vertretung nach gerichtlicher Festsetzung. Nach der Rechtsprechung ist die Entschädigungspflicht gemäss Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG nicht nur auf die anwaltsmässige Vertretung beschränkt (ZAK 1980 S. 123 f. Erw. 4). Das Eidg. Versicherungsgericht hat weiter Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG in dem Sinne ausgelegt, dass die Beschwerdeinstanz auch bei Gegenstandslosigkeit der Beschwerde eine Parteientschädigung BGE 109 V 70 S. 72 zuzusprechen hat, wenn die prozessuale Situation dies rechtfertigt ( BGE 106 V 124 und 107 V 127). 2. Im vorliegenden Fall ist einzig zu prüfen, ob die der Ausgleichskasse mit der vorinstanzlichen Abschreibungsverfügung zufolge Gegenstandslosigkeit auferlegte Parteientschädigung im Hinblick auf die prozessuale Situation gerechtfertigt war. a) Die Ausgleichskasse macht in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im wesentlichen geltend, der Beschwerdegegner habe nach den Umständen - insbesondere auch im Hinblick auf das analoge Verfahren aus der vorangegangenen Beitragsperiode - gewusst, dass es sich bei der Verfügung vom 31. März 1982 nur um eine "provisorische" gehandelt habe und dass er sich zunächst an die Verwaltung selber hätte wenden sollen; damit hätte sich die Beschwerdeführung erübrigt. Die durch die Beschwerdeführung verursachten Kosten seien daher nicht "notwendig" gewesen und demzufolge von der Ausgleichskasse auch nicht zu ersetzen. Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG dürfe nicht so verstanden werden, dass dann, wenn die Ausgleichskasse im Vernehmlassungsverfahren eine angefochtene Beitragsverfügung durch eine neue "provisorische" Verfügung in Wiedererwägung ziehe, ein absoluter Rechtsanspruch auf Parteientschädigung bestehe. Dies würde dem seit 1980 eingeführten EDV-Verfahren der Ausgleichskasse nicht Rechnung tragen, wonach gemäss Computerprogramm mangels einer rechtzeitigen Steuermeldung der massgebenden Wehrsteuerperiode das beitragspflichtige Erwerbseinkommen der vorangehenden Beitragsperiode übernommen und gestützt darauf der Beitrag für die laufende Periode provisorisch festgesetzt werde. Der Beitragspflichtige, der sich mit der provisorischen Festsetzung nicht einverstanden erklären könne, nehme denn auch in der Regel mit der Taxationsabteilung der Ausgleichskasse Verbindung auf und verlange eine provisorische Anpassung; in den wenigsten Fällen werde das gleiche Ergebnis auf dem Beschwerdeweg angestrebt. Hätte sich der Beschwerdegegner sofort nach Erlass der Beitragsverfügung vom 31. März 1982 mit der Ausgleichskasse in Verbindung gesetzt, so hätte er dadurch "das (Verwaltungs-)Verfahren ebenfalls zu dem für ihn günstigen Ende geführt". Somit habe auch unter diesem Gesichtspunkt keine Notwendigkeit für eine Verbeiständung und die dadurch verursachten Kosten bestanden. Schliesslich sei denn auch im vorangegangenen analogen Verfahren keine Parteientschädigung zugesprochen worden. BGE 109 V 70 S. 73 Das BSV argumentiert in seiner Stellungnahme zur Hauptsache ebenfalls dahingehend, dass in einem solchen Fall einer bloss "provisorischen" Beitragsverfügung deren Rücknahme - d.h. die Aufhebung dieser Verfügung pendente lite - "im Rahmen der Beitragsfestsetzung mangels Steuermeldung nicht die übliche Bedeutung des Obsiegens (im Sinne eines Abstandes mit materieller Rechtskraft)" zukomme, weshalb eine Parteientschädigung im Normalfall nicht angebracht sei. Dass die Verfügung vom 31. März 1982 den Vermerk der bloss provisorischen Beitragsfestsetzung gemäss Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen, gültig ab 1. Januar 1980, Rz. 136a Abs. 2, nicht enthalten habe, sei vorliegendenfalls unerheblich, weil der Beschwerdegegner rechtskundig vertreten gewesen sei und weil der gleiche Vertreter aufgrund früherer Erfahrungen, wie dies aus den Vorakten ersichtlich sei, um die Vorläufigkeit der fraglichen Verfügung gewusst habe. b) Ausgleichskasse und BSV scheinen aufgrund ihrer Ausführungen die rechtliche Natur der in Frage stehenden sogenannten "provisorischen" Verfügung zu verkennen, die gemäss Verwaltungspraxis in analoger Anwendung von Art. 24 Abs. 1 AHVV , jedoch unter Verzicht auf die darin erwähnte Voraussetzung des Beitragsverlustes erlassen wird, wenn die Steuermeldung noch nicht eingetroffen ist und der Beitragspflichtige die von der Ausgleichskasse vorläufig bestimmten Zahlungen auf Rechnung der noch nicht endgültig festgesetzten Beitragsschuld nicht oder nicht rechtzeitig leistet (vgl. ZAK 1978 S. 308). Ihre rechtliche Qualifikation kann nämlich nicht anders sein als diejenige der "normalen" Verfügung im ausserordentlichen Beitragsfestsetzungsverfahren gemäss Art. 24 AHVV . Hiezu hat das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Hug vom 24. August 1981 (ZAK 1982 S. 187) folgendes ausgeführt: "Anderseits hat der Beitragspflichtige nach dem oben Gesagten das Recht, beschwerdeweise während der Rechtsmittelfrist alle ihm gutscheinenden Einwände gegen die Beitragsverfügung zu erheben. Die Rekursbehörde hat dann die gegen die Beitragsverfügung vorgetragenen Rügen zu beurteilen. Nach unbenütztem Ablauf der Beschwerdefrist erwächst die Beitragsverfügung in Rechtskraft, und es könnte - abgesehen vom Vorbehalt des Art. 25 Abs. 5 AHVV - nur noch darauf zurückgekommen werden bei Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel bzw. wegen zweifelloser BGE 109 V 70 S. 74 Unrichtigkeit der Verfügung." Demzufolge ist auch ein von der sogenannten bloss "provisorischen" Beitragsverfügung Betroffener auf die Beschwerdeführung angewiesen, wenn er den Eintritt der Rechtskraft und der daraus resultierenden Folgen verhindern will. Gegebenenfalls ändert an diesem Beschwerderecht bzw. an der allfälligen Notwendigkeit der Beschwerdeführung auch der Umstand nichts, dass die sogenannte "provisorische" Verfügung einstweilen wiederum nur durch eine - verbesserte - neue "provisorische" Verfügung ersetzt werden kann, bis dann eventuell diese Verfügung ebenfalls noch aufgrund der inzwischen eingegangenen Steuermeldung zu korrigieren ist (in analoger Anwendung von Art. 25 Abs. 5 AHVV und gemäss Rz. 136c der erwähnten Wegleitung). Und dass diese endgültige Festlegung der geschuldeten Beiträge doch noch zu Ungunsten des im Beschwerdeverfahren betreffend die "provisorische" Verfügung obsiegenden Beschwerdeführers ausgehen könnte, bildet entgegen der Auffassung des BSV keinen Grund dafür, dem im eben genannten Beschwerdeverfahren obsiegenden Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zuzusprechen. c) Der Ausgleichskasse scheint aufgrund ihrer Ausführungen ein Verfahrensgang vorzuschweben, bei welchem der gesetzlichen Beschwerdeführung noch ein Einspracheverfahren vorausgehen würde, auf das der Beitragspflichtige nur auf eigenes Prozessrisiko hin verzichten könnte. Für ein solches Verfahren, das im Hinblick auf den auf Computer umgestellten Geschäftsablauf der Ausgleichskasse durchaus praktisch sein könnte, fehlt indessen die gesetzliche Grundlage. d) Der Ausgleichskasse kann darin nicht beigepflichtet werden, Sachverhalt und Rechtslage seien so einfach gewesen, dass sich der Beizug eines Sachverständigen nicht gerechtfertigt habe, und ebensowenig gerechtfertigt ist die Rüge, die zugesprochene Parteientschädigung von Fr. 150.-- sei unverhältnismässig hoch. Schliesslich kann die Ausgleichskasse aus dem Umstand, dass im früheren Verfahren aus aktenmässig nicht bekannten Gründen keine Parteientschädigung zugesprochen wurde, ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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446f696a-c2d2-47c0-be5b-6b3191cfd4c1
Urteilskopf 113 V 341 54. Auszug aus dem Urteil vom 27. November 1987 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen J. S.A. und J. S.A. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Bundesamt für Sozialversicherung
Regeste Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG , Art. 79 UVV : Unterstellung eines ungegliederten Betriebes. - Qualifizierung einer Warenhauskette als Handelsbetrieb im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG (Erw. 7); der Begriff "Handelsbetrieb" ist nicht restriktiv auszulegen (Erw. 7c). - Die Betriebszentrale ist kein Betrieb im Sinne von Art. 66 UVG und damit kein selbständiges Unterstellungsobjekt (Erw. 3b); die Führung einer solchen Betriebszentrale gehört zum üblichen Tätigkeitsbereich eines Handelsbetriebes der gegebenen Grössenordnung, weshalb im unterstellungsrechtlichen Sinn ein ungegliederter Betrieb vorliegt (Erw. 6). - Die Unterstellung unter die SUVA ergibt sich in casu auch aufgrund der Tatsache, dass die Unternehmung in ihrer Betriebszentrale über einen Gleisanschluss verfügt (Erw. 7d). - Das Personal des ganzen Betriebes - einschliesslich jenes der Betriebszentrale - ist in casu obligatorisch bei der SUVA gegen Unfall zu versichern (Erw. 7e).
Sachverhalt ab Seite 342 BGE 113 V 341 S. 342 A.- Die Firma J. S.A. ist Teil des J.-Konzerns. Sie führt eine grosse Warenhauskette, und daneben betreibt sie eine Reisebüroorganisation sowie Restaurants. Ferner unterhält sie eine Betriebszentrale, welche den Zentraleinkauf, das Regionallager sowie die Versand-, Werbe- und Computerabteilung umfasst. Im Verlaufe der vergangenen Jahrzehnte wurden sukzessiv immer mehr Betriebsteile der J. S.A. der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellt, so unter anderem die 1969 eröffnete neue Betriebszentrale. Mit Verfügung vom 30. Dezember 1983 unterstellte die SUVA auch den eigentlichen Warenhausbetrieb der J. S.A. einschliesslich der dazugehörigen Verwaltung mit Wirkung ab 1. Januar 1984 ihrem Tätigkeitsbereich. Die unterstellten Betriebsteile wurden wie folgt umschrieben: Betriebsteil D: Handels- und Lagerbetrieb in der Schweiz inkl. Nebenbetriebe wie Parkhäuser, Garage, Bodenlegerei, diverse Werkstätten und Ateliers. Betriebsteil Z: Administrative Verwaltung inkl. Verkaufspersonal. BGE 113 V 341 S. 343 Mit Entscheid vom 23. August 1984 lehnte die SUVA die von der J. S.A. gegen die Verfügung vom 30. Dezember 1983 erhobene Einsprache ab. B.- Die J. S.A. beschwerte sich gegen diesen Einspracheentscheid beim Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) und beantragte, es sei festzustellen, dass sie bezüglich der obligatorischen Unfallversicherung nicht in den Tätigkeitsbereich der SUVA falle. Die SUVA beantragte in ihrer Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde. Mit Entscheid vom 12. März 1986 modifizierte das Bundesamt in teilweiser Gutheissung der Beschwerde die Verfügung der SUVA vom 30. Dezember 1983 insofern, als die Unterstellung des Stammhauses und sämtlicher Filialbetriebe der J. S.A. unter die SUVA aufgehoben wurde. Gleichzeitig wurden - entsprechend dem Vorschlag der SUVA mit Wirkung ab 1. Januar 1987 - alle auf dem Areal der Betriebszentrale untergebrachten Betriebsteile (Zentraleinkauf, Regionallager, Versand-, Werbe- und Computerabteilung, Familienmarkt und allfällige weitere Betriebsteile) der SUVA unterstellt. C.- Gegen den Entscheid des BSV vom 12. März 1986 erheben sowohl die SUVA als auch die J. S.A. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die SUVA beantragt in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, während die J. S.A. in der Vernehmlassung auf deren Abweisung schliesst. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die J. S.A. das vor der Vorinstanz gestellte Begehren erneuern. Die SUVA beantragt in der Vernehmlassung Abweisung des Hauptbegehrens. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) (Begriff des Betriebes; vgl. BGE 113 V 332 Erw. 4a/b.) b) Im angefochtenen Entscheid des BSV wurde die Betriebszentrale, in welcher rund 700 Angestellte beschäftigt sind und die den Zentraleinkauf, das Regionallager sowie die Versand-, Werbe- und Computerabteilung umfasst, im Hinblick auf die ihr im gesamten Konzern zukommende Bedeutung, ihre Organisation und Grösse als Betrieb im Sinne von Art. 66 UVG und damit als selbständiges Unterstellungsobjekt qualifiziert. Nach dem in Erw. 3a Gesagten ist indessen entscheidend, dass die J. S.A. aufgrund des Augenscheinprotokolls des BSV vom 29. Mai 1985 Arbeitgeberin des in der Betriebszentrale tätigen Personals ist. Die Betriebszentrale BGE 113 V 341 S. 344 kann daher nicht als Betrieb im Sinne von Art. 66 UVG und mithin nicht als selbständiges Unterstellungsobjekt betrachtet werden. Dies gilt auch bezüglich des Zentraleinkaufs, welcher zwar durch die Gründung der "Einkaufszentrale Gruppe J. AG" rechtlich verselbständigt wurde. Sollte dieser Betriebsteil auch eigenes Personal beschäftigen, so wäre die Unterstellungsfrage hiefür in einem neuen Verfahren gesondert zu prüfen. 4. / 5.- (Begriff des ungegliederten bzw. gegliederten, des gemischten Betriebs, des Haupt- und Hilfs- bzw. Nebenbetriebs; vgl. BGE 113 V 333 Erw. 5 und 6.) 6. Die J. S.A. betreibt eine Warenhauskette und ist somit als Handelsbetrieb gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG zu qualifizieren (vgl. dazu Erw. 7 hernach). Die Führung einer Betriebszentrale, welche den Zentraleinkauf, das Regionallager, die Versand-, Werbe- und Computerabteilung umfasst, gehört zum üblichen Tätigkeitsbereich eines Handelsbetriebes der gegebenen Grössenordnung. Insofern liegt ein einziger, zusammenhängender Tätigkeitsbereich vor mit der Folge, dass die Unternehmung einen einheitlichen Betriebscharakter als Handelsbetrieb aufweist. Im unterstellungsrechtlichen Sinn besteht daher entgegen der dem angefochtenen Entscheid des BSV zugrundegelegten Auffassung keine Gliederung zwischen den Warenhäusern einerseits und der Betriebszentrale anderseits. Die J. S.A. stellt demnach einen ungegliederten Betrieb dar. An dieser Feststellung vermag die Tatsache nichts zu ändern, dass die J. S.A. neben dem eigentlichen Handel mit Waren noch eine Reisebüroorganisation sowie Restaurants unterhält. Diese Betriebsteile fallen zwar nicht in den notwendigen Tätigkeitsbereich eines Handelsbetriebes, können aber dem üblichen Tätigkeitsbereich eines Handelsbetriebes in der Grössenordnung und mit der Diversifikation der J. S.A. zugerechnet werden. Insbesondere heben sich die erwähnten Betriebsteile nicht mit genügender Deutlichkeit vom hauptsächlichen Tätigkeitsbereich der Unternehmung ab. Im vorliegenden Unterstellungsverfahren wurden sie wohl aus diesem Grund weder von den Parteien noch von der Vorinstanz ausdrücklich erwähnt. 7. a) Gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG fallen "Handelsbetriebe, die mit Hilfe von Maschinen schwere Waren in grosser Menge lagern", in den Zuständigkeitsbereich der SUVA. Gestützt auf Art. 66 Abs. 2 1 . Halbsatz UVG hat der Bundesrat die Handelsbetriebe in Art. 79 UVV wie folgt näher bezeichnet: BGE 113 V 341 S. 345 Als schwere Waren im Sinne von Artikel 66 Absatz 1 Buchstabe h des Gesetzes gelten lose oder verpackte Güter von mindestens 50 kg Gewicht sowie Schüttgüter; Flüssigkeiten gelten als schwere Waren, wenn sie in Behältern gelagert werden, die zusammen mit dem Inhalt mindestens 50 kg wiegen (Abs. 1). Als grosse Menge gilt ein Gesamtgewicht von mindestens 20 Tonnen ständig gelagerter schwerer Ware (Abs. 2). Als Maschinen gelten insbesondere Aufzüge, Hubstapler, Krane, Seilwinden und Fördereinrichtungen (Abs. 3). b) Wie sich aus dem Augenscheinprotokoll des BSV vom 29. Mai 1985 ergibt, werden "von den 40'000 ... magazinierten Artikelpositionen ... 10 bis 15 Prozent in Posten von 100 bis 200 kg Gewicht auf Paletten gelagert. Ihr Gesamtgewicht dürfte mehr als 20 Tonnen betragen ... Der Warenfluss ist weitgehend automatisiert, wobei verschiedenartige maschinelle Einrichtungen wie z.B. Förderstrecken und Elevatoren, Elektrostapler, Packmaterial-Hängeförderer (usw.) ... zum Einsatz gelangen". Somit stellt die J. S.A. einen Handelsbetrieb dar, der im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG in Verbindung mit Art. 79 UVV mit Hilfe von Maschinen schwere Waren in grosser Menge lagert. c) Das BSV legte im angefochtenen Entscheid den Begriff "Handelsbetrieb" unter Hinweis auf die entsprechende Regelung nach altem Recht restriktiv aus. Gemäss Art. 60bis Ziff. 1 lit. c KUVG waren nur Handelsunternehmungen der obligatorischen Versicherung zu unterstellen, die u.a. mit betriebsgefährlichen Maschinen oder Einrichtungen arbeiteten. Dazu gehörten nach Art. 17 Ziff. 2 der Verordnung I über die Unfallversicherung solche Handelsunternehmungen, die "schwere Waren, wie Kohle, Holz, Metalle oder Fabrikate aus solchen, oder Baumaterialien in grossen Mengen lagern und sich zu deren Transport maschineller Einrichtungen, wie Aufzüge, Kranen, Elevatoren und dgl., bedienen". Für eine solche Einschränkung des Begriffs des Handelsbetriebes nach der Art der gelagerten Waren bestehen indessen im neuen Recht aufgrund des - primär massgebenden (vgl. BGE 113 V 77 Erw. 3b, BGE 112 V 171 Erw. 3a, BGE 112 Ia 117 f., 112 II 4 und 170) - Wortlautes des Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG und des diese Bestimmung konkretisierenden Art. 79 UVV keine Anhaltspunkte. Es wäre ferner weder sachgerecht noch zweckmässig, für die Frage der Unterstellung eines Handelsbetriebes unter die SUVA oder einen andern Versicherer gemäss Art. 68 UVG aufgrund der Art der gelagerten Waren differenzieren zu wollen. Die J. S.A. ist daher BGE 113 V 341 S. 346 gestützt auf den klaren Wortlaut von Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG in Verbindung mit Art. 79 UVV der SUVA zu unterstellen. d) Dies ergibt sich ferner auch gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. g UVG , wonach Betriebe mit unmittelbarem Anschluss an das Transportgewerbe obligatorisch der SUVA zu unterstellen sind. Nach Art. 78 lit. b UVV gelten als Betriebe mit unmittelbarem Anschluss an das Transportgewerbe im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. g UVG Betriebe, die an ein Gleis einer konzessionierten Eisenbahn angeschlossen sind und Güter direkt oder über Gleisewagen ein- oder ausladen. Diese Voraussetzung trifft für die J. S.A. zu. Die Versandabteilung der Betriebszentrale verfügt gemäss Augenscheinprotokoll des BSV vom 29. Mai 1985 über einen zweigleisigen Bahnanschluss, über den pro Tag etwa 8'000 Pakete zum Versand gebracht werden. e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die J. S.A. einen Handelsbetrieb im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. h UVG mit einheitlichem Betriebscharakter darstellt. Sie ist daher unterstellungsrechtlich als ungegliederter Betrieb zu qualifizieren. Demzufolge ist das Personal des ganzen Betriebs - einschliesslich jenem der Betriebszentrale - obligatorisch bei der SUVA gegen Unfall zu versichern. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA ist somit gutzuheissen und jene der J. S.A. abzuweisen.
null
nan
de
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Urteilskopf 106 Ia 337 58. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Dezember 1980 i.S. A. gegen X., Y. und Verwaltungsgerichtspräsidium des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Moderationsverfahren im Kanton Graubünden. Ein Entscheid verstösst gegen Art. 4 BV , wenn er an einem inneren, nicht auflösbaren Widerspruch krankt. Natur des Moderationsverfahrens.
Sachverhalt ab Seite 337 BGE 106 Ia 337 S. 337 Gegen eine Revision des Zonenplanes der Gemeinde Klosters-Serneus führten X. und Y. ohne Erfolg Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Graubünden. Die beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden erhobene Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurden X. und Y. durch Rechtsanwalt A. in Zürich vertreten. A. stellte Rechnung und bezifferte seine Honorarnote auf Fr. 30'240.--, zuzüglich Spesen. X. und Y. lehnten deren Begleichung ab. Es ist streitig, in welchem Ausmasse sich der Anwalt aussergerichtlich betätigt hatte und ob zwischen ihm und seinen Klienten eine Vereinbarung über das Honorar, allenfalls in welcher Höhe, zustande gekommen war. Auf Ersuchen von A. begutachtete die Anwaltskammer des Kantons Graubünden die Anwaltsrechnung und erachtete ein Honorar von Fr. 6'960.-- als angemessen. X. und Y. gelangten BGE 106 Ia 337 S. 338 daraufhin mit dem Begehren an das Verwaltungsgerichtspräsidium des Kantons Graubünden, die Honorarnote nach Art. 24 des Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit des Kantons Graubünden zu überprüfen und den Honoraranspruch festzusetzen. Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts (im folgenden Präsident genannt) setzte das Honorar mit Entscheid vom 27. April 1980 auf Fr. 9'000.-- fest. Rechtsanwalt A. erhob dagegen staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV gut, ohne zur Höhe des Honorars Stellung zu nehmen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, Inhalt des Moderationsverfahrens bilde im Prinzip eine blosse Rechnungskontrolle. Der Gerichtsvorsitzende habe anhand der ausgewiesenen Umtriebe des Anwalts zu prüfen, ob die Honorarnote den Anstrengungen, dem Arbeitsaufwand und den besonderen Schwierigkeiten des Falles entspreche und ob sie sich im Rahmen des üblichen halte. Eine weitergehende Überprüfung könne im Moderationsverfahren nicht vorgenommen werden. Einreden wegen schlechter Mandatsführung müssten vor dem ordentlichen Richter geltend gemacht werden (PKG 1958 Nr. 65 S. 149). Die Anwaltsrechnung sei grundsätzlich nur insoweit zu überprüfen, als sie sich auf die eigentlichen gerichtlichen Bemühungen vor der betreffenden Instanz bezieht. Die Verrechnung anderweitiger Aufwendungen sei der Überprüfung des Moderationsrichters entzogen. Im Gegensatz zu diesen, die Überprüfungsbefugnis des Moderationsrichters einschränkenden Ausführungen nahm der Präsident in Wirklichkeit eine wesentlich weitergehende Kontrolle der Anwaltsrechnung vor. Er geht davon aus, das Moderationsverfahren nach Art. 24 des Verwaltungsgerichtsgesetzes diene - ebenso wie jenes nach Art. 43 der bündnerischen Zivilprozessordnung - dazu, die Rechnung des Anwalts in verbindlicher Weise zu überprüfen und rechtsgültig über die Pflicht zur Leistung zu entscheiden. Dieses Verfahren trete somit an die Stelle des ordentlichen Zivilprozesses. Der Entscheid sei nach der Praxis vollstreckbar und stelle einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar (PKG 1958 Nr. 65 S. 149 f.). Entsprechend dieser BGE 106 Ia 337 S. 339 Auffassung überprüfte der Präsident die Honorarnote in umfassender und abschliessender Weise. Über eine reine Rechnungskontrolle hinaus nahm er auch zur Frage Stellung, ob zwischen den Parteien eine Honorarvereinbarung zustande gekommen sei. Er verneinte es mangels Beweisen und setzte das Honorar ohne entsprechenden Vorbehalt fest. Neben den eigentlichen Aufwendungen im gerichtlichen Verfahren unterzog er auch jene Aufwendungen einer Prüfung, von denen der Beschwerdeführer behauptet, sie seien ausserprozessualer Natur. Der Präsident verneinte Vorkehren für eine "Integrierung der Prozesssituation in einen grösseren Zusammenhang", wie sich der Beschwerdeführer ausdrückt, für das Enteignungsverfahren sowie für das Verfahren vor der Gemeinde Klosters-Serneus und vor dem Regierungsrat. Die Ausführungen allgemeiner Art zur Natur des Verfahrens und die tatsächlich vorgenommene Überprüfung durch den Präsidenten lassen sich nicht in Einklang bringen. Entweder hat der Moderationsrichter eine blosse Rechnungskontrolle vorzunehmen und die Honorarrechnung nur soweit zu prüfen, als sie prozessuale Tätigkeit betrifft, oder er hat eine Honorarforderung wie ein Zivilrichter abschliessend zu beurteilen und auch darüber zu befinden, ob beispielsweise eine Honorarvereinbarung zustande kam und ob für ausserprozessuale Tätigkeit Honorar verlangt werden kann, allenfalls in welcher Höhe. In den Erwägungen des angefochtenen Entscheides nimmt der Präsident, wie gezeigt, teils diese, teils jene Haltung ein. Die Begründung des Entscheides weist somit einen inneren Widerspruch auf, der sich nicht auflösen lässt und dem Bundesgericht eine Überprüfung verunmöglicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen Art. 4 der Bundesverfassung, der an einem solchen Widerspruch krankt ( BGE 103 Ia 27 , 189 E. c; BGE 97 I 327 ; BGE 93 I 6 E. 3, mit Hinweisen; vgl. auch IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage 1976, S. 536 III d). Die Beschwerde ist aus diesem Grunde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. 3. Im Hinblick auf die vom Präsidenten neu zu treffende Entscheidung mag zur Natur des Moderationsverfahrens und zu den Anforderungen an dieses Verfahren folgendes beigefügt werden. Nach wohl überwiegender und für die meisten Kantone geltender BGE 106 Ia 337 S. 340 Ansicht werden im Moderationsverfahren Anwaltsrechnungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Gebührentarif untersucht. Der Moderationsrichter entscheidet darüber, ob die umstrittene Honorarrechnung für die gerichtlichen Aufwendungen dem massgebenden Tarif entspricht. Andere sich aus dem Auftragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und seinem Klienten ergebende Streitigkeiten - wie etwa über den Bestand des Honoraranspruchs oder über die Frage, ob der Gebührentarif nach dem Willen der Parteien überhaupt anwendbar ist - müssen dagegen vor dem Richter im ordentlichen Verfahren ausgetragen werden. Der Moderationsrichter spricht sich nicht über den Bestand der Forderung als solcher aus, und der Moderationsentscheid stellt deshalb keinen Rechtsöffnungstitel dar (E. 1 des Urteils i.S. Z. vom 15. März 1972, publiziert in ZR 71/1972 Nr. 102 S. 316 f., mit Hinweisen; H. BACHTLER, Das Moderationsverfahren nach § 34 des zürcherischen Anwaltsgesetzes, SJZ 73/1977 S. 315 f.; M. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage 1979, S. 643). Wird das Moderationsverfahren in dieser Weise charakterisiert, so wird angenommen, vor dem Moderationsrichter werde kein eigentliches Beweisverfahren durchgeführt. Der Moderationsrichter könne sich auf Vorgänge stützen, die sich vor seinen Augen zugetragen haben und deren Umfang und Bedeutung er ohne weiteres dem Prozessmaterial entnehmen kann. Eine eingehendere Prüfung könnte dann allenfalls durch den ordentlichen Richter vorgenommen werden (BACHTLER, a.a.O., S. 316). Entsprechend dieser Auffassung vom Moderationsverfahren wird weiter angenommen, die Zuständigkeit des Moderationsrichters könne durch Vereinbarung eines abweichenden Gerichtsstandes nicht ausgeschlossen und die Anwendbarkeit der Moderationsbestimmungen nicht wegbedungen werden (BACHTLER, a.a.O., S. 314; vgl. auch PKG 1972 Nr. 69 S. 165). Demgegenüber hat der Präsident, wie ausgeführt, in einem Teil seiner Begründung die Meinung zum Ausdruck gebracht, im bündnerischen Moderationsverfahren werde wie in einem Zivilprozess ein abschliessender und umfassender Entscheid über den Streit um die Honorarforderung getroffen. Wäre für das Bündner Recht von dieser Auffassung - die in der bündnerischen Praxis nicht unbestritten ist (vgl. PKG 1970 Nr. 52 S. 126; 1972 Nr. 69 S. 165) - auszugehen, so würde die vom Präsidenten vorgenommene Beweiserhebung den aus dem Bundesrecht BGE 106 Ia 337 S. 341 fliessenden Anforderungen an ein ordentliches Beweisverfahren nicht genügen ( BGE 105 Ia 195 E. bb; BGE 101 Ia 296 E. d; BGE 102 III 13 E. 2a; BGE 95 II 196 E. 3, mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat vor dem Verwaltungsgerichtspräsidium Zeugen genannt, welche die umstrittene Honorarvereinbarung und die behaupteten ausserprozessualen Aufwendungen angeblich hätten bestätigen können. Nachdem die Einvernahme der Zeugen unterblieb und über die strittigen Punkte auch in anderer Weise kein Beweis erhoben wurde, erwiese sich die Beweiserhebung durch den Präsidenten als ungenügend. Auch die Zuständigkeit des Moderationsrichters erscheint in einem andern Licht, wenn davon ausgegangen wird, es werde im Moderationsverfahren abschliessend und umfassend über den materiellen Bestand einer Anwaltsforderung entschieden. Die Parteien können nach Massgabe des kantonalen Rechts und in den Schranken des Bundesrechts einen Gerichtsstand vereinbaren, der vom ordentlichen abweicht. Der von den Parteien vereinbarte Gerichtsstand wäre deshalb wohl auch für den Moderationsrichter bindend, der über den materiellen Bestand der Anwaltsforderung entscheidet (vgl. PKG 1972 Nr. 69 S. 165). Schliesslich liesse sich bei dieser Konzeption des Moderationsverfahrens fragen, ob das Urteil nicht berufungsfähig wäre.
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