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Urteilskopf 80 IV 267 54. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Dezember 1954 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen Gasser.
Regeste Art. 20, 56 MFV . Die auf dem Motorrad mitgeführte Person hat rittlings und mit Blick in der Fahrrichtung zu sitzen.
Erwägungen ab Seite 267 BGE 80 IV 267 S. 267 Aus den Erwägungen: 1. Art. 20 MFV schreibt vor: "Motorräder, auf denen eine zweite Person mitgeführt wird, müssen genügend stark gebaut und mit einem zweiten Sitz sowie mit einem Handgriff und zwei Fussrastern für die zweite Person versehen sein." Schon der Wortlaut dieser Bestimmung spricht dafür, dass auf einem Motorrad keine zweite Person mitgeführt werden darf, wenn es nicht in der erwähnten Weise gebaut und ausgerüstet ist. In Art. 56 Abs. 1 MFV wird denn auch "das Mitführen einer zweiten Person auf einem nicht dazu eingerichteten und geprüften Motorrad" ausdrücklich verboten. Diese Bestimmung dient wie das Bundesgesetz über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr, zu dessen Ausführung sie erlassen worden ist, der Verkehrssicherheit, nicht der blossen Förderung der Bequemlichkeit der mitgeführten Person. Es liegt daher nicht schlechthin im Gutfinden dieser Person, von den vorgeschriebenen Einrichtungen Gebrauch zu machen oder nicht. Sie darf nur mitgeführt werden, wenn sie den Sitz, den Handgriff und die beiden Fussraster bestimmungsgemäss benützt oder auf dem Motorrad zum mindesten eine Haltung einnimmt, die ihr bei drohender Gefahr erlaubt, sich ihrer sofort und ohne Gefährdung der Verkehrs bestimmungsgemäss zu BGE 80 IV 267 S. 268 bedienen. Das ist der sich aufdrängende vernünftige Sinn der Art. 20 und 56 MFV . Um ihn diesen Bestimmungen zu entnehmen, bedarf es keiner ausdehnenden Auslegung, die übrigens entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners durchaus zulässig wäre (vgl. BGE 71 IV 148 , BGE 72 IV 103 , BGE 77 IV 167 ). 2. Der Sitz der Begleitperson ist dazu bestimmt, dass der Benützer sich rittlings in der Fahrrichtung auf das Motorrad setze. Das ergibt sich aus seiner üblichen Form und aus der Weise, in der er angebracht zu werden pflegt. Wer sich quer zur Fahrrichtung setzt, beide Beine auf die gleiche Seite des Motorrades haltend, benützt den Sitz und die auf beiden Seiten angebrachten Fussraster nicht bestimmungsgemäss. Er nimmt auch nicht eine Haltung ein, die ihm im Augenblick der Gefahr erlauben würde, Sitz, Handgriff und Fussraster unverzüglich und ohne Gefährdung des Verkehrs so zu gebrauchen, wie es ihrer Bestimmung entspricht. Ob er im einzelnen Falle in Querstellung (Damensitz) ebenso sicher sei und den Führer in der Beherrschung des Fahrzeuges ebensowenig behindere wie im Grätschsitz, z.B. weil der Führer besonders geschickt, aufmerksam oder vorsichtig fahre, ist unerheblich. Alle Führer haben die Verkehrsvorschriften zu befolgen, gleichgültig ob sie sicher seien, auch ohne ihre Einhaltung den Verkehr nicht zu gefährden. Solange Motorräder, wie Art. 56 MFV durch das Erfordernis von zwei Fussrastern es haben will, nur mit einer Ausrüstung, die auf Grätschsitz hinweist, zum Verkehr zugelassen werden, gibt es von der Regel, dass die mitgeführte Person rittlings und mit Blick in der Fahrrichtung zu sitzen hat, keine Ausnahmen. Indem der Beschwerdegegner eine quer sitzende Person mitführte, übertrat er objektiv die Verordnung. Insoweit ist daher die Voraussetzung zur Bestrafung nach Art. 58 MFG, der die Übertretung der Verkehrsvorschriften dieses Gesetzes und der Vollziehungsverordnung mit Strafe bedroht, erfüllt; Art. 56 MFV ist Verkehrsvorschrift (vgl. Überschrift zu Art. 37 ff. MFV ).
null
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de
1,954
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Urteilskopf 140 III 616 91. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) gegen A. B.V. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_295/2014 vom 28. November 2014
Regeste Art. 19 URG ; Vervielfältigungen durch Dritte im Rahmen des Eigengebrauchs; Umfang der zulässigen Vervielfältigung von Werkexemplaren. Beurteilung der Zulässigkeit eines Dokumentenlieferdienstes einer Bibliothek (E. 3.1-3.6). Art. 19 Abs. 2 URG schliesst die Weitergabe einer zulässigerweise erstellten Kopie an den Berechtigten durch Versendung per Post oder per E-Mail nicht aus (E. 3.4). Umfang der zulässigen Vervielfältigung durch Dritte (E. 3.5). Begriff der im Handel erhältlichen "Werkexemplare" nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG (E. 3.6).
Sachverhalt ab Seite 617 BGE 140 III 616 S. 617 A. A.a Die A. B.V., die B. KG und die C. GmbH (Klägerinnen, Beschwerdegegnerinnen) sind im Bereich der Publikation wissenschaftlicher, technischer und medizinischer Fachschriften tätig. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ, Beklagte, Beschwerdeführerin) ist eine autonome öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit eigener Rechtspersönlichkeit. A.b Die Beklagte betreibt einen Dokumentenlieferdienst. Im Rahmen dieses Dienstes scannt sie auf Anfrage eines (beliebigen) Bestellers hin Auszüge aus in der Bibliothek vorhandenen Zeitschriften oder Sammelbänden ein oder kopiert diese auf analoge Weise und sendet daraufhin die angefertigte Kopie dem Besteller per E-Mail (als PDF-Datei) oder per Post zu. Von gewissen Benützern wird dafür eine Gebühr erhoben. Die Klägerinnen stellen sich auf den Standpunkt, der Dokumentenlieferdienst verletze ihre Urheberrechte und sei daher unzulässig. Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Dienstleistung bewege sich im Rahmen des urheberrechtlich zulässigen Eigengebrauchs. B. Am 19. Dezember 2011 erhoben die Klägerinnen beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage, im Wesentlichen jeweils mit den Anträgen, es sei der Beklagten unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe nach Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall zu verbieten, Artikel aus fünf namentlich aufgeführten wissenschaftlichen Zeitschriften zum Zwecke der Dokumentenlieferung zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen und elektronisch zu versenden oder versenden zu lassen (Antrags-Ziffer 1). Eventualiter sei der Beklagten zu verbieten, Artikel aus dem Printbestand der in Antrags-Ziffer 1 genannten Zeitschriften in ihrer Bibliothek zu scannen oder scannen zu lassen und anschliessend per E-Mail zu versenden oder versenden zu lassen (Antrags-Ziffer 2). Subeventualiter sei der Beklagten zu verbieten, bestimmte Zeitschriftenartikel zum Zwecke der Dokumentenlieferung zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen und elektronisch zu versenden oder versenden zu lassen (Antrags-Ziffer 3). Mit Urteil vom 7. April 2014 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich jeweils Ziffern 1 und 2 der Rechtsbegehren der Klägerinnen ab (Dispositiv-Ziffern 1-3). Das Handelsgericht erwog, die Klägerinnen hätten nicht rechtsgenüglich behauptet, die Urheberrechte an den fraglichen wissenschaftlichen Zeitschriften derivativ erworben zu haben. BGE 140 III 616 S. 618 Demgegenüber sah das Handelsgericht die Urheberrechte an den jeweils in Antrags-Ziffer 3 bezeichneten Zeitschriftenartikeln, die unbestrittenermassen die Klägerinnen innehaben, als verletzt an. Entsprechend verbot es der Beklagten in Gutheissung der jeweiligen Antrags-Ziffer 3 unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe nach Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall, sechs namentlich aufgeführte Artikel aus den fraglichen Zeitschriften zum Zwecke der Dokumentenlieferung zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen und elektronisch zu versenden oder versenden zu lassen (Dispositiv-Ziffer 4). Das Handelsgericht erwog, die Auslegung von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG ergebe, dass der durch die Beklagte betriebene Dokumentenlieferdienst unter diese Bestimmung falle, weshalb diese Dienstleistung nicht erlaubt sei. Entsprechend sei die Unterlassungsklage im Sinne von Art. 62 Abs. 1 lit. a URG in Bezug auf die jeweils in Antrags-Ziffer 3 aufgeführten wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel zu schützen. Im Weiteren regelte es die Kosten- und Entschädigungsfolgen (Dispositiv-Ziffern 5-7). C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, es seien Dispositiv-Ziffern 4-7 des Urteils des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 7. April 2014 aufzuheben und es sei die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, es hebt Dispositiv-Ziffern 4-7 des angefochtenen Urteils auf und weist die Klage ab. ( Zusammenfassung ) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, die Eigengebrauchsregelung nach Art. 19 URG (SR 231.1) in verschiedener Hinsicht unzutreffend ausgelegt zu haben. 3.1 Die Vorinstanz hielt dafür, es seien die zur Diskussion stehenden wissenschaftlichen Aufsätze selber, und nicht die Zeitschrift als Ganzes, als Werkexemplare im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG einzustufen. Indem die Beschwerdeführerin auf Bestellung einzelne Zeitschriftenaufsätze kopiere, die auch über die Online-Archive der Beschwerdegegnerinnen erhältlich sind, erstelle sie vollständige Vervielfältigungen im Handel erhältlicher Werkexemplare BGE 140 III 616 S. 619 im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG . Alle Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmung seien bei einer zeitgemässen Auslegung als erfüllt zu erachten, weshalb der von der Beschwerdeführerin betriebene Dokumentenlieferdienst darunter falle. Den Einwand, eine solche Auslegung der Eigengebrauchsregelung gefährde das öffentliche Informationsinteresse, da sie allgemein zur Unzulässigkeit der Vervielfältigung einzelner Aufsätze führe, liess die Vorinstanz nicht gelten. Es müsse der Öffentlichkeit im Rahmen der Eigengebrauchsregelung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 lit. a URG nämlich auch beim gleichzeitigen elektronischen Angebot von Einzelartikeln durch die Verlage nach wie vor erlaubt sein, in Bibliotheken Kopien von Werkexemplaren anzufertigen oder anfertigen zu lassen. Dies sei möglich, da der private Kreis gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a URG , der nach Art. 19 Abs. 2 URG die Hilfe einer Bibliothek zur Vervielfältigung in Anspruch nehme, nach zutreffender Auffassung gar nicht unter Art. 19 Abs. 3 lit. a URG falle; die bis anhin übliche Unterscheidung des Privatgebrauchs im engeren vom Privatgebrauch im weiteren Sinne könne nicht aufrechterhalten werden. Das (vollständige) Kopieren eines im Handel erhältlichen Werkexemplars mit Hilfe eines von einer Bibliothek zur Verfügung gestellten Kopiergeräts sei demnach einer natürlichen Person gestattet, welche die Vervielfältigung zu ihrem eigenen persönlichen Gebrauch verwende. Dabei sei auch die durch den Konsumenten auf einem Scanner der Bibliothek vorgenommene digitale Kopie und die hernach eigenhändig vorgenommene elektronische Versendung an seine eigene E-Mail-Adresse auf einem durch die Bibliothek zur Verfügung gestellten Computer als rechtmässig zu erachten. Hingegen gehöre die Versendung von Kopien durch die Bibliothek nicht zu den nach Art. 19 Abs. 2 URG zulässigen Handlungen eines Dritten, zumal die Bestimmung lediglich den Terminus "Herstellen" verwende, der die Anfertigung einer digitalen oder analogen Kopie abdecke, jedoch nicht deren anschliessende Versendung. Der von der Beschwerdeführerin betriebene Dokumentenlieferdienst falle unter Art. 19 Abs. 3 lit. a URG und sei daher unzulässig. Der Konsument, der unter die Schrankenbestimmung von Art. 19 Abs. 1 lit. a-c URG zu subsumieren sei, könne jedoch nach wie vor - der in den Bibliotheken gängigen Kopierpraxis entsprechend - eine Kopie eines wissenschaftlichen Aufsatzes auf einem durch die Bibliothek zur Verfügung gestellten Kopiergerät herstellen oder herstellen BGE 140 III 616 S. 620 lassen, auch wenn dieser Artikel gleichzeitig durch einen Verlag auf einer Online-Plattform angeboten werde. Auch eine Prüfung nach dem sog. Dreistufentest gemäss Art. 9 Abs. 2 der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, revidiert in Paris am 24. Juli 1971 (SR 0.231.15; nachfolgend: RBÜ) ergebe, dass die von der Beschwerdeführerin angebotene Dienstleistung nicht zulässig sei. 3.2 Nach Art. 10 Abs. 1 URG hat der Urheber das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird. Dieses Recht umfasst nach Art. 10 Abs. 2 URG insbesondere das Vervielfältigungsrecht (lit. a), das Verbreitungsrecht (lit. b) und das Recht des Zugänglichmachens (lit. c). Gleichzeitig sieht das Gesetz zugunsten allgemeiner Interessen Beschränkungen des Urheberrechts vor, so insbesondere in Art. 19 URG hinsichtlich der zulässigen Verwendung zum Eigengebrauch. Im vorgesehenen Rahmen bedarf die Werkverwendung nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, sie unterliegt aber nach Massgabe von Art. 20 Abs. 2 URG der Vergütungspflicht, wobei die entsprechenden Vergütungsansprüche nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden können ( Art. 20 Abs. 4 URG ). Nach Art. 19 Abs. 1 URG gilt als zulässiger Eigengebrauch "jede Werkverwendung im persönlichen Bereich und im Kreis von Personen, die unter sich eng verbunden sind, wie Verwandte oder Freunde" (lit. a), "jede Werkverwendung der Lehrperson für den Unterricht in der Klasse" (lit. b) sowie "das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation" (lit. c). Art. 19 Abs. 2 URG erweitert den Geltungsbereich des Eigengebrauchs, indem der zum Eigengebrauch Berechtigte "unter Vorbehalt von Absatz 3 die dazu erforderlichen Vervielfältigungen auch durch Dritte herstellen lassen [darf]", so insbesondere durch Bibliotheken und andere öffentliche Institutionen, aber auch durch Geschäftsbetriebe. Nach dem vorbehaltenen Absatz 3 ist "[a]usserhalb des privaten Kreises nach Absatz 1 Buchstabe a" unter anderem "die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare" unzulässig (lit. a). 3.3 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde BGE 140 III 616 S. 621 liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis . Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen ( BGE 140 III 206 E. 3.5.4; BGE 140 IV 1 E. 3.1, BGE 140 IV 28 E. 4.3.1; BGE 140 V 8 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, unter anderem, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben ( BGE 140 II 129 E. 3.2; BGE 140 IV 108 E. 6.4; BGE 140 V 213 E. 4.1; je mit Hinweisen). Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend; anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche Richtschnur des Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nicht vorausgesehenen Umständen anpasst oder es ergänzt ( BGE 138 III 359 E. 6.2 S. 361; BGE 137 V 13 E. 5.1 S. 17; vgl. auch BGE 140 III 206 E. 3.5.3). 3.4 3.4.1 Nach Art. 19 Abs. 2 URG ist es dem zum Eigengebrauch Berechtigten gestattet, die dazu erforderlichen Vervielfältigungen auch durch Dritte herstellen zu lassen ("en charger un tiers" bzw. "anche da un terzo"). Die Befugnis zum Eigengebrauch ist, wie grundsätzlich das ganze Urheberrechtsgesetz, technologieneutral ausgestaltet (BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, 3. Aufl. 2008, N. 7a zu Art. 10 und N. 7c zu Art. 19 URG ; CHRISTOPH GASSER, in: Urheberrechtsgesetz [URG], Müller/Oertli [Hrsg.], 2. Aufl. 2012, N. 9a zu Art. 19 URG ). Es spielt demnach keine Rolle, ob die entsprechende Vervielfältigung auf analoger oder digitaler Basis erfolgt (vgl. BGE 133 III 473 E. 4.3). BGE 140 III 616 S. 622 Die Vorinstanz stellt zu Recht nicht in Frage, dass der zum Eigengebrauch Berechtigte eine Bibliothek - wie sie von der Beschwerdeführerin betrieben wird - mit der Erstellung einer entsprechenden analogen oder digitalen Kopie beauftragen darf. Sie erachtet unter Hinweis auf den Sinn und Zweck der Bestimmung und insbesondere mit Blick auf den Terminus "herstellen" in Art. 19 Abs. 2 URG allerdings ausschliesslich die Anfertigung einer solchen Kopie für zulässig, nicht jedoch deren anschliessende Versendung, die "nicht zur rein technischen Durchführung der Herstellung einer Kopie" gehöre; ausserdem sei der Betrieb eines Dokumentenlieferdienstes und die damit einhergehende Versendung (per Post oder per E-Mail) von Vervielfältigungen gegen eine entsprechende kostendeckende Gebühr nicht Teil der Kernaufgabe von Bibliotheken. 3.4.2 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Art. 19 Abs. 2 URG soll verhindern, dass ein Dritter (wie etwa eine Bibliothek), der die Kopie für den zum Eigengebrauch Berechtigten herstellt, Art. 10 Abs. 2 lit. a URG verletzt ( BGE 133 III 473 E. 4.3). Die Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 2 URG setzt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht voraus, dass sich die Dienstleistung des Dritten auf den technischen Kopiervorgang beschränkt, sofern mit den weiteren Handlungen nicht in fremde Urheberrechte eingegriffen wird ( BGE 133 III 473 E. 5). Der Dritte darf etwa auch aus eigenen Beständen kopieren, vorausgesetzt der tatsächliche Zugang zum Originalexemplar erfolgt rechtmässig; es ist für die Anwendbarkeit demnach nicht erforderlich, dass die berechtigte Person das Werkexemplar selbst zur Verfügung stellt ( BGE 133 III 473 E. 5.2 mit Hinweisen). Allerdings muss der zum Eigengebrauch Berechtigte selbst bestimmen, was kopiert werden soll; ein Kopieren auf Vorrat durch den Dritten ist damit ausgeschlossen ( BGE 133 III 473 E. 5.3; BGE 128 IV 201 E. 3.4). Ausserdem sind die Einschränkungen nach Art. 19 Abs. 3 URG zu beachten. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann die Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 2 URG nicht mit der Begründung verneint werden, der Betrieb eines Dokumentenlieferdienstes gehöre nicht zum Kernbereich einer Bibliothek bzw. der entsprechende Dienst an sich sei nicht mit der ratio legis dieser Bestimmung in Einklang zu bringen. Ebenso wenig vermag die vorinstanzliche Auslegung zu überzeugen, wonach der in der erwähnten Bestimmung verwendete Terminus "herstellen" zwar die Anfertigung einer digitalen oder analogen Kopie abdecke, jedoch nicht deren anschliessende Versendung, BGE 140 III 616 S. 623 ansonsten dem Gesetzeswortlaut nach Ansicht der Vorinstanz auch ein Hinweis auf das Versenden entnommen werden könnte ("[...]auch durch Dritte herstellen und versenden lassen [...]"). Zwar trifftzu, dass nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 URG nur die Herstellung von Vervielfältigungen erwähnt wird. Dies ist jedoch folgerichtig, zumal mit der Bestimmung verhindert werden soll, dass derbeigezogene Dritte, der sich selber nicht auf die Urheberrechtsschranke des Eigengebrauchs berufen kann, mit dem KopiervorgangArt. 10 Abs. 2 lit. a URG verletzt. Eine weitergehende Ausnahmevom Urheberrechtsschutz sieht die Bestimmung für den Drittennicht vor, weshalb seine über den Kopiervorgang hinausgehendenHandlungen danach zu beurteilen sind, ob sie anderweitig in fremde Nutzungsrechte nach Art. 10 URG eingreifen. Entscheidend ist demnach für die Zulässigkeit der fraglichen Dienstleistung aus urheberrechtlicher Sicht, ob die - über den technischen Kopiervorgang hinausgehenden - Handlungen der Bibliothek urheberrechtlich relevant sind, indem sie fremde Urheberrechte verletzen. Werden mit dem Versenden der hergestellten Kopie an den zum Eigengebrauch Berechtigten keine Urheberrechte verletzt, ist diese Weitergabe zulässig und es erübrigt sich eine diesbezügliche Ausnahmebestimmung. 3.4.3 Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, ist grundsätzlich nur die Vervielfältigung, nicht aber das Versenden einer Kopie an den Berechtigten ein urheberrechtlich relevanter Vorgang. Dass es sich bei der Versendung einer einzelnen Kopie an den zum Eigengebrauch Berechtigten auf dessen Bestellung hin um ein Verbreiten nach Art. 10 Abs. 2 lit. b URG oder um ein Zugänglichmachen nach Art. 10 Abs. 2 lit. c URG handeln würde, bringen auch die Beschwerdegegnerinnen zu Recht nicht vor (dazu etwa HERBERT PFORTMÜLLER, in: Urheberrechtsgesetz [URG], Müller/Oertli [Hrsg.], 2. Aufl. 2012, N. 7 ff. zu Art. 10 URG ). Stellt das Versenden einer (erlaubterweise erstellten) Kopie an den zum Eigengebrauch berechtigten Auftraggeber keine urheberrechtliche Nutzungshandlung dar, besteht kein Anlass, diesen Vorgang eigens zu erlauben. Ist ein Dritter (wie etwa eine Bibliothek) nach Art. 19 Abs. 2 URG befugt, Kopien in analoger oder digitaler Form herzustellen, darf er diese auch an den zum Eigengebrauch Berechtigten versenden (so zutreffend auch GASSER, a.a.O., N. 25 zu Art. 19 URG ; IVAN CHERPILLOD, in: Urheberrecht, SIWR Bd. II/1, von Büren/ BGE 140 III 616 S. 624 David [Hrsg.], 3. Aufl. 2014, Rz. 817; vgl. auch PIERRE-EMMANUEL RUEDIN, in: Commentaire romand, Propriété intellectuelle, 2013, N. 61 zu Art. 19 URG ). Die Herstellung von Kopien durch den Dritten im Rahmen von Art. 19 Abs. 2 URG wird dem Auftraggeber als Vervielfältigungshandlung zugerechnet, was ein Verbreiten im Sinne des Urheberrechts durch eine entsprechende Weitergabe an diesen, die notgedrungen zu erfolgen hat, folgerichtig ausschliesst. Der fragliche Dokumentenlieferdienst nimmt in dieser Beziehung keine anderen Handlungen vor, als der zum Eigengebrauch Berechtigte selber vornehmen dürfte (vgl. BGE 133 III 473 E. 5.4 S. 485). Die Vorinstanz führt in diesem Zusammenhang zutreffend aus, dass der Berechtigte eine auf dem Scanner der Bibliothek erstellte digitale Kopie auch elektronisch an seine eigene E-Mail-Adresse versenden dürfe. 3.4.4 Zwar trifft zu, dass bei Erlass von aArt. 19 URG (AS 1993 1803 f.) im Jahre 1992 von analogen Werkexemplaren ausgegangen wurde und eine Versendung über E-Mail wohl noch nicht zur Diskussion stand. Im Zeitpunkt der Gesetzesanpassung im Jahre 2007, die gerade vor dem Hintergrund eines nunmehr digitalen Umfelds erfolgte (vgl. BGE 133 III 473 E. 4.5), war die elektronische Versendung digitaler Dokumente allerdings bereits weit verbreitet. Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber infolge der Verfügbarkeit neuer Technologien den Eigengebrauch bezüglich digitaler Kopien einschränken wollte, sind jedoch nicht ersichtlich. Die Befugnis zum Eigengebrauch bleibt demnach auch hinsichtlich der Übergabe der Kopie an den Auftraggeber technologieneutral ausgestaltet (vgl. BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 7c zu Art. 19 URG ); auf teilweise geforderte Sonderschranken für digitale Vervielfältigungen durch Dritte wurde auch im Rahmen der Revision des Urheberrechtsgesetzes vom 5. Oktober 2007, mit der unter anderem die Eigengebrauchsregelung an das digitale Umfeld angepasst werden sollte, bewusst verzichtet (vgl. bereits BGE 133 III 473 E. 4.5). Entgegen dem angefochtenen Entscheid schliesst Art. 19 Abs. 2 URG die Weitergabe einer zulässigerweise erstellten Kopie an den Berechtigten durch Versendung per Post oder per E-Mail nicht aus; vielmehr ist eine solche Weitergabe zulässig. 3.5 3.5.1 Die Gesetzesauslegung im angefochtenen Entscheid ist auch insoweit unzutreffend, als die Vorinstanz davon ausgeht, dass der private Kreis gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a URG , der nach Art. 19 Abs. 2 URG BGE 140 III 616 S. 625 die Hilfe einer Bibliothek zur Vervielfältigung eines Werkexemplars in Anspruch nimmt, nicht unter das Verbot von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG falle. Eine natürliche Person, die zum privaten Kreis gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a URG zu zählen sei, könne somit auf einem durch die Bibliothek zur Verfügung gestellten Kopiergerät Werkexemplare vollständig vervielfältigen oder durch das Personal vervielfältigen lassen. Eine solche (vollständige) Kopie auf privaten oder von der Bibliothek zur Verfügung gestellten Kopiergeräten bzw. durch das Bibliothekspersonal sei zudem auch den Personenkreisen nach Art. 19 Abs. 1 lit. b und c URG gestattet. Diese Auslegung ist mit dem Gesetzeswortlaut, mit Sinn und Zweck sowie der Gesetzessystematik nicht vereinbar. Das Bundesgericht entschied bereits unter der damaligen Gesetzesfassung, dass nach Art. 19 aAbs. 3 lit. a URG die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare ausserhalb des privaten Kreises nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG unzulässig ist. Es erwog, die Bestimmung von Art. 19 aAbs. 2 URG betreffend das Herstellenlassen von Werkexemplaren zum Eigengebrauch durch Dritte stehe unter dem Vorbehalt von Art. 19 aAbs. 3 lit. a URG. Entsprechend sei es erlaubt, zum Eigengebrauch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG Auszüge aus im Handel erhältlichen Werkexemplaren (etwa Büchern, Videofilmen etc.) durch einen Dritten im Sinne von Art. 19 aAbs. 2 URG kopieren zu lassen; hingegen sei es untersagt, im Handel erhältliche Werkexemplare vollständig oder weitgehend vollständig zum Eigengebrauch durch Dritte vervielfältigen zu lassen ( BGE 128 IV 201 E. 3.5). Der Einwand der Vorinstanz, wonach die Erwägungen dieses Entscheids für den zu beurteilenden Fall nicht massgebend seien, da es sich im erwähnten Bundesgerichtsentscheid nicht um eine Bibliothek, sondern um eine Videothek gehandelt habe, verfängt nicht. Bei beiden handelt es sich unzweifelhaft um Dritte im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG ; Bibliotheken werden sowohl in der damaligen als auch in der geltenden Fassung ausdrücklich angeführt und unterliegen hinsichtlich des Umfangs der zulässigen Vervielfältigungen denselben Einschränkungen. 3.5.2 An dieser Rechtslage hat sich mit der Neufassung von Art. 19 URG im Jahre 2007 (in Kraft seit 1. Juli 2008) nichts geändert; sie wird durch den angepassten Wortlaut vielmehr klargestellt: Bereits im soeben erwähnten Entscheid wie auch im nachfolgenden Urteil zur Zulässigkeit der Erstellung von Pressespiegeln wies das BGE 140 III 616 S. 626 Bundesgericht auf die damals vorgeschlagene Anpassung von Art. 19 aAbs. 2 URG hin, nach der die Herstellung von Kopien durch Dritte ausdrücklich unter dem Vorbehalt von Abs. 3 stehen soll ( BGE 133 III 473 E. 5.2; BGE 128 IV 201 E. 3.5 S. 215). Die geltende Fassung von Art. 19 Abs. 2 URG - die im Übrigen vor dem Hintergrund eines nunmehr digitalen Umfelds verabschiedet wurde (vgl. BGE 133 III 473 E. 4.5), weshalb der Einwand nicht verfängt, Online-Dienste von Verlagen hätten im Erlasszeitpunkt noch nicht existiert - erwähnt diesen Vorbehalt nunmehr ausdrücklich. Wie bereits in der Botschaft zur Gesetzesrevision ausgeführt, steht damit auch aufgrund des Wortlauts fest, dass für Kopien, die von Dritten auf Bestellung einer nach Art. 19 Abs. 1 URG zum Eigengebrauch berechtigten Person hin hergestellt werden, in jedem Fall die in Art. 19 Abs. 3 URG enthaltenen Einschränkungen gelten (Botschaft vom 10. März 2006 zum Bundesbeschluss über die Genehmigung von zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum und zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, BBl 2006 3429 Ziff. 2.4 zu Art. 19 VE-URG; vgl. bereits die Botschaft vom 19. Juni 1989 zum Urheberrechtsgesetz, BBl 1989 III 541; vgl. auch GASSER, a.a.O., N. 28 zu Art. 19 URG ). Ausserdem verdeutlicht die Anpassung des Wortlauts von Art. 19 Abs. 3 URG , dass mit dem privaten Kreis, der von der Einschränkung dieser Bestimmung ausgenommen ist, nur der in Abs. 1 lit. a URG umschriebene Kreis gemeint ist. Das vollständige Kopieren eines im Handel erhältlichen Werkexemplars ist demnach weiterhin nur einer natürlichen Person gestattet, die diese Kopie zu ihrem eigenen persönlichen Gebrauch verwendet und darf nur von ihr selbst oder einer Person vorgenommen werden, die zum Verwandten- oder Freundeskreis gehört (BBl 2006 3429 Ziff. 2.4 zu Art. 19 VE-URG; vgl. auch GASSER, a.a.O., N. 30 zu Art. 19 URG ; BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 22 zu Art. 19 URG ; CHERPILLOD, a.a.O., Rz. 781; RUEDIN, a.a.O., N. 67 zu Art. 19 URG ; RETO M. HILTY, Urheberrecht, 2011, § 17 Rz. 227 S. 199; vgl. auch FRANÇOIS DESSEMONTET, Le droit d'auteur, 1999, Rz. 438). Dieses Ergebnis entspricht auch der Gesetzessystematik, indem Abs. 1 lit. a von Art. 19 URG zunächst den privaten Kreis definiert, in dem die Werkverwendung natürlichen Personen - ohne Einschaltung eines Dritten nach Art. 19 Abs. 2 URG (vgl. GASSER, a.a.O., N. 6 zu Art. 19 URG ) - offensteht, sodann in Abs. 2 der Beizug Dritter zur Vervielfältigung in beschränktem Rahmen (d.h. unter Vorbehalt von Abs. 3) als zulässig erklärt wird, und in Abs. 3 BGE 140 III 616 S. 627 Ausnahmen vom zulässigen Eigengebrauch vorgesehen sind, die wiederum innerhalb des beschränkten Kreises nach Abs. 1 lit. a nicht gelten. Die Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass auch Art. 20 URG auf der Unterscheidung zwischen Privatgebrauch im engeren Sinne ( Art. 19 Abs. 1 lit. a URG , d.h. ohne Einsatz eines Dritten) und Privatgebrauch im weiteren Sinne (d.h. mit Beizug eines Dritten nach Art. 19 Abs. 2 URG ) beruht, indem der erstgenannte Eigengebrauch nach Abs. 1 - abgesehen von einer hier nicht interessierenden Ausnahme - für vergütungsfrei erklärt wird, während beim Beizug eines Dritten für die Vervielfältigung nach Abs. 2 eine Vergütung geschuldet ist. Die vorinstanzliche Auffassung, wonach die Unterscheidung zwischen Privatgebrauch im engeren und Privatgebrauch im weiteren Sinne aufzugeben sei, ist auch unter diesem Gesichtspunkt nicht haltbar. Entgegen dem angefochtenen Entscheid widerspricht die erwähnte Unterscheidung auch nicht dem Grundgedanken von Art. 19 Abs. 2 URG , wonach sich jemand, der kein eigenes Kopiergerät zur Verfügung hat, auf die Hilfe von Dritten, insbesondere einer Bibliothek, stützen kann (vgl. BGE 133 III 473 E. 4.3 mit Hinweis auf BBl 1989 III 540). Es trifft gerade nicht zu, dass das Kopieren von (vollständigen) Werkexemplaren mit Hilfe von Dritten aus Gründen der Praktikabilität bzw. der Umsetzbarkeit (es steht nicht allen Personen ein privat genutztes Kopiergerät zur Verfügung) unbeschränkt zugelassen werden soll. Der von der Vorinstanz als unbefriedigend erachtete Umstand, dass eine vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare nur im eng beschränkten Rahmen des Privatgebrauchs nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG zulässig ist und nicht mit Beizug eines Dritten im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG erfolgen darf, entspricht vielmehr dem klaren Willen des Gesetzgebers. Entgegen dem angefochtenen Entscheid vermag an dieser Rechtslage auch die Haltung der Beschwerdegegnerinnen nichts zu ändern, die sich nach eigenem Bekunden einer Vervielfältigung mit den von der Bibliothek zur Verfügung gestellten Kopiergeräten oder durch das Bibliothekspersonal nicht entgegenstellen wollen, solange auf eine elektronische Versendung verzichtet werde. 3.5.3 Die vorinstanzliche Auslegung würde etwa dazu führen, dass eine natürliche Person im Rahmen des Eigengebrauchs beispielsweise eine Bibliothek oder eine Videothek damit beauftragen könnte, für sie eine vollständige Kopie eines Buchs bzw. einer DVD oder CD anzufertigen. Dies sollte nach dem Willen des Gesetzgebers BGE 140 III 616 S. 628 ausserhalb des privaten Kreises nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG gerade nicht zulässig sein. Der angefochtene Entscheid verkennt ausserdem, dass eine vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare zum Schulgebrauch ( Art. 19 Abs. 1 lit. b URG ) oder zum betriebsinternen Gebrauch ( Art. 19 Abs. 1 lit. c URG ) in jedem Fall verboten ist, mithin von der zum Eigengebrauch berechtigten Person auch nicht selbst vorgenommen werden darf (CHERPILLOD, a.a.O., Rz. 800 f., 822 f.; BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 22 zu Art. 19 URG ; GASSER, a.a.O., N. 30 zu Art. 19 URG ; RUEDIN, a.a.O., N. 62 zu Art. 19 URG ; vgl. auch BGE 133 III 473 E. 3.1 S. 478). Die von der Vorinstanz zu Unrecht als zulässig erachteten Möglichkeiten, vollständige Kopien anzufertigen oder anfertigen zu lassen, wären auch mit Art. 9 Abs. 2 RBÜ unvereinbar, der den Verbandsländern eine Beschränkung des Vervielfältigungsrecht des Urhebers nur so weit gestattet, als die normale Auswertung des Werks nicht beeinträchtigt wird. Könnten Bibliotheken, andere öffentliche Institutionen und Geschäftsbetriebe (wie Videotheken oder Kopieranstalten) im Rahmen des Eigengebrauchs mit der vollständigen Vervielfältigung von Werkexemplaren (etwa in Form von Büchern, Zeitschriften, DVDs, CDs etc.) beauftragt werden, wäre die normale Werkauswertung nicht mehr gewährleistet (vgl. bereits BBl 1989 III 541). 3.6 Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz zudem eine unzutreffende Auslegung des Begriffs der im Handel erhältlichen "Werkexemplare" nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG vor. 3.6.1 Die Vorinstanz erwog, zur Beurteilung, ob eine (unzulässige) vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare vorliege, sei nicht nur auf die Zeitschrift abzustellen, aus der etwa ein Artikel kopiert wird, sondern es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, ob der kopierte Artikel auch einzeln auf elektronischem Weg bezogen werden könne. Biete ein Verlag über ein Online-Archiv einzelne Zeitschriftenartikel zum Herunterladen an, stelle dieser Einzelartikel das Werkexemplar im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG dar, und werde die zumindest weitgehend vollständige Vervielfältigung eines einzelnen Artikels widerrechtlich, selbst wenn als Kopiervorlage die Zeitschrift diene. Das vollständige Vervielfältigen eines Artikels sei immer dann unzulässig, wenn dadurch der durch die Verlage betriebene digitale BGE 140 III 616 S. 629 Vertrieb direkt konkurrenziert werde. Die in der Botschaft 1989 verankerte Ansicht, wonach ein einzelner Aufsatz einer Zeitschrift nicht als "Werkexemplar" einzustufen sei (BBl 1989 III 541), erscheine angesichts des technologischen Wandels vom analogen zum digitalen Zeitalter nicht mehr haltbar. Die seit Jahren fortschreitende Entwicklung, wonach Verlage den Nutzern mittels eines von ihnen zusammengestellten Internetarchivs einzelne Artikel, die Teil eines Handelsguts sind, gegen Entgelt zum Download anbieten, könne nicht unbeachtet bleiben. Damit treffe aber auch die in der Botschaft 1989 getroffene Annahme nicht mehr zu, dass einzig bzw. erst die vollständige Kopie eines Handelsguts der Werkverbreitung Konkurrenz machen könne. Das Handelsgut habe sich in den letzten Jahren gewandelt: Der Durchschnittskonsument interessiere sich heute vielfach lediglich für einen spezifischen Artikel, nicht jedoch für das ganze Produkt, da oft der einzelne Artikel (und nicht die Zeitschrift oder das Buch als Ganzes) die den Endnutzer interessierende Thematik abhandle. Der Download eines einzelnen wissenschaftlichen Artikels sei für den Konsumenten überdies finanziell vorteilhafter als der Kauf des gesamten Produkts, d.h. der wissenschaftlichen Zeitschrift oder des (Lehr-)Buchs; die Verlage bedienten dieses Bedürfnis der Konsumenten im Gegenzug, indem sie einzelne Artikel auch online anböten. Vor diesem Hintergrund dränge sich eine zeitgemässe Auslegung des Begriffs "Werkexemplar" auf, weshalb für die Beurteilung der Zulässigkeit von Vervielfältigungen die in Frage stehenden wissenschaftlichen Aufsätze selber (und nicht erst die Zeitschrift als Ganze) als Werkexemplare im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG einzustufen und zu berücksichtigen seien. 3.6.2 Gemäss dem in Art. 9 Abs. 2 RBÜ für die Vervielfältigung und in Art. 13 des Abkommens vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (SR 0.632. 20, Anhang 1C; TRIPS) sowie in Art. 10 des WIPO-Urheberrechtsvertrags vom 20. Dezember 1996 (WCT; SR 0.231.151) allgemein festgeschriebenen sog. Dreistufentest sind Ausnahmen vom Vervielfältigungsrecht wie auch von anderen Verwendungsrechten nur zulässig, wenn dadurch nicht die normale Werkauswertung beeinträchtigt oder die berechtigten Interessen der Urheber unzumutbar verletzt werden (vgl. auch Art. 16 des WIPO-Vertrags vom 20. Dezember 1996 über Darbietungen und Tonträger [WPPT; SR 0.231.171.1]). Der Gesetzgeber war demnach gezwungen, die durch Art. 19 URG gewährte BGE 140 III 616 S. 630 gesetzliche Lizenz dort zu beschränken, wo der dadurch bewirkte wirtschaftliche Schaden allzu gross würde (BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 21 zu Art. 19 URG ); die unmittelbare Konkurrenzierung des Absatzes von Werkstücken durch Kopieren zum Eigengebrauch sollte eingedämmt werden (GASSER, a.a.O., N. 31 zu Art. 19 URG ; BBl 1989 III 541). Entsprechend schliesst Art. 19 Abs. 3 lit. a URG - ausserhalb des privaten Kreises nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG - die vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung im Handel erhältlicher Werkexemplare im Rahmen des Eigengebrauchs aus und erlaubt nur ein selektives Kopieren. Die Bestimmung dient damit der Verfeinerung der im Eigengebrauchsrecht vorgenommenen Interessenabwägung im Lichte der auf Art. 9 Abs. 2 RBÜ basierenden staatsvertraglichen Grundlagen und entspringt - wie die Eigengebrauchsregelung von Art. 19 URG insgesamt - dem gesetzgeberischen Bestreben, einen Ausgleich zwischen verschiedenen grundrechtlich geschützten Interessen herzustellen, so insbesondere zwischen der Eigentumsgarantie ( Art. 26 Abs. 1 BV ) einerseits und den Kommunikationsgrundrechten (Kultusfreiheit [ Art. 15 BV ], Meinungs- und Informationsfreiheit [ Art. 16 BV ], Medienfreiheit [ Art. 17 BV ], Anspruch auf Grundschulunterricht [ Art. 19 BV ], Wissenschaftsfreiheit [ Art. 20 BV ], Kunstfreiheit [ Art. 21 BV ] und Wirtschaftsfreiheit [ Art. 27 BV ]) andererseits (GASSER, a.a.O., N. 4 Vorbem. zu Art. 19 ff. URG , N. 31 zu Art. 19 URG ). 3.6.3 Bereits die Botschaft zum Urheberrechtsgesetz stellte klar, dass der Begriff der "Werkexemplare" in Art. 19 Abs. 3 lit. a URG nicht mit dem Werkbegriff nach Art. 2 URG gleichzustellen ist: Nicht der einzelne Zeitschriftenartikel aus einer wissenschaftlichen Zeitschrift, eine einzelne Kurzgeschichte aus einem Sammelband oder ein Musikstück einer Langspielplatte stellt das Werkexemplar dar, sondern das im Handel angebotene Exemplar in Form der Zeitschrift, des Sammelbands oder der Langspielplatte (BBl 1989 III 541: "Völlig klar ist die Rechtslage, wenn aus dem im Handel erhältlichen Exemplar nur Auszüge kopiert oder überspielt werden: ein Artikel aus einer wissenschaftlichen Zeitschrift, eine Kurzgeschichte aus einem Sammelband, ein Musikstück einer Langspielplatte"). Entsprechend geht auch die Lehre grundsätzlich zutreffend davon aus, nicht das Werk im Sinne von Art. 2 URG , sondern die in sich abgeschlossene Verkaufseinheit gelte als Werkexemplar (GASSER, a.a.O., N. 37 zu Art. 19 URG ), also diejenigen Objekte, die auf dem Markt BGE 140 III 616 S. 631 angeboten werden: Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Filme, CDs, Videos, DVDs etc. (BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 23 zu Art. 19 URG ; vgl. auch CHERPILLOD, a.a.O., Rz. 800; DESSEMONTET, a.a.O., Rz. 426; RUEDIN, a.a.O., N. 71 zu Art. 19 URG ). In Abweichung vom erwähnten Grundsatz wird in der Lehre allerdings die Meinung vertreten, die von der Vorinstanz geteilt wurde, im Falle der gleichzeitigen Abrufbarkeit einzelner Zeitschriften- oder Zeitungsartikel über ein Internetarchiv entspreche der Begriff des Werkexemplars nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG dem Werkbegriff von Art. 2 URG (GASSER, a.a.O., N. 37a zu Art. 19 URG ; BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 23a zu Art. 19 URG ; RUEDIN, a.a.O., N. 72 zu Art. 19 URG ; REHBINDER/VIGANÒ, URG, 3. Aufl. 2008, N. 34 zu Art. 19 URG ; DOMINIK P. RUBLI, Das Verbot der Umgehung technischer Massnahmen zum Schutz digitaler Datenangebote, 2009, Rz. 414 S. 283 f.; a.M. CHERPILLOD, a.a.O., Rz. 800 S. 274; YUANSHI BU, Die Schranken des Urheberrechts im Internet, 2004, S. 78). 3.6.4 Sowohl der Wortlaut als auch die Entstehungsgeschichte und der Zweck von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG legen nahe, dass unter den Werkexemplaren im Sinne dieser Bestimmung die konkret als Kopiervorlage verwendeten Verkörperungen des Werks zu verstehen sind. Indem von der Vervielfältigung von "Werkexemplaren" und nicht von der Verwendung von "Werken" die Rede ist, wird ( e contrario ) zum Ausdruck gebracht, dass im Rahmen des Eigengebrauchs eine auszugsweise Vervielfältigung der konkret vorliegenden Verkaufseinheit zulässig ist. Dieses Verständnis steht im Einklang mit der Unterscheidung zwischen "Werk" und "Werkexemplar" in Art. 10 URG , wonach der Urheber das ausschliessliche Recht hat, über die Verwendung des Werks zu bestimmen (Abs. 1), wobei er insbesondere berechtigt ist, "Werkexemplare wie Druckerzeugnisse, Ton-, Tonbild- oder Datenträger herzustellen" (Abs. 2 lit. a). Ausgehend vom Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG stellt eine auszugsweise Vervielfältigung eines bestimmten Werkexemplars, etwa einer Zeitschrift, nicht gleichzeitig eine Vervielfältigung eines anderen im Handel erhältlichen Werkexemplars (z.B. in Form eines Online-Dokuments) dar, in dem sich der kopierte Artikel ebenfalls wiederfindet, das jedoch nicht für den konkreten Vervielfältigungsvorgang herangezogen wurde (so zutreffend auch RUBLI, a.a.O., Rz. 414 S. 283). Entsprechend hielt das Bundesgericht in einem Zeitpunkt, in dem das Internet nicht mehr wegzudenken und Online-Archive von Verlagen zweifellos bereits weit verbreitet waren, daran fest, dass für die BGE 140 III 616 S. 632 Beurteilung der Zulässigkeit der Vervielfältigung eines Artikels die konkret herangezogene Kopiervorlage in Form der Zeitung oder Zeitschrift als Werkexemplar zu betrachten sei, nicht hingegen der einzelne darin enthaltene Presseartikel, ohne die Frage jedoch zu vertiefen ( BGE 133 III 473 E. 3.1 S. 478 und E. 6.2). Nach der Absicht des Gesetzgebers soll Art. 19 URG im Bereich der unkontrollierbaren Massennutzung verhindern, dass sich die Nutzer im Zustand des ständigen Rechtsbruchs befinden ( BGE 133 III 473 E. 3.2 S. 478 mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund wird mit Abs. 3 lit. a URG im beschränkten Rahmen des Eigengebrauchs eine auszugsweise Vervielfältigung von Werkexemplaren gestattet. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, wäre es mit dieser Zielrichtung des Gesetzes nicht vereinbar, wenn der zum Eigengebrauch Berechtigte im Einzelfall zunächst abzuklären hätte, ob das im kopierten Auszug enthaltene (Teil-)Werk gegebenenfalls in anderweitiger Form als einzelne Verkaufseinheit im Handel verfügbar ist; vielmehr soll er zur Wahrnehmung der in Abs. 1 gesetzlich geschützten Interessen der Allgemeinheit auf der Grundlage eines ihm konkret vorliegenden Werkexemplars selektiv kopieren dürfen, wobei diese Vervielfältigung vergütungspflichtig ist ( Art. 20 Abs. 2 URG ). 3.6.5 Zwar trifft zu, dass die Beschränkung des Vervielfältigungsrechts darauf ausgelegt ist, im Hinblick auf die völkerrechtlichen Vorgaben ( Art. 9 Abs. 2 RBÜ , Art. 13 TRIPS und Art. 10 WCT ) eine direkte Konkurrenzierung des Verkaufs von Werkexemplaren zu verhindern (vgl. BBl 1989 III 541; BBl 2006 3429 Ziff. 2.4 zu Art. 19 VE-URG), und Art. 19 Abs. 3 lit. a URG damit auch den Schutz kommerzieller Verlagstätigkeit im Auge hat. Eine einseitige Berücksichtigung der Verlagsinteressen würde jedoch zu kurz greifen, strebt die Eigengebrauchsregelung von Art. 19 URG doch gerade einen Ausgleich mit Interessen Dritter an. Wäre bei der Beurteilung der Zulässigkeit der auszugsweisen Vervielfältigung eines Buchs, einer Zeitung oder Zeitschrift zu berücksichtigen, dass der fragliche Abschnitt oder der betreffende Artikel gleichzeitig auf einem Online-Archiv eines Verlags gegen Bezahlung angeboten wird, würde das gesetzliche Vervielfältigungsrecht ins Leere laufen. Die Verlage hätten es diesfalls in der Hand, das auszugsweise Kopieren zu verunmöglichen, indem sie ihre Zeitungen, Zeitschriften und Bücher jeweils artikel- bzw. kapitelweise auch online zum entgeltlichen Abruf bereitstellen. Dies entspricht eindeutig nicht der Absicht des Gesetzgebers (so zutreffend auch DAVID RÜETSCHI, Die Bedeutung BGE 140 III 616 S. 633 des Urheberrechts im Bibliothekswesen, in: Digitale Bibliotheken und Recht, Anne Cherbuin und andere [Hrsg.], 2011, S. 21). Wäre unter diesen Umständen die (grundsätzlich zulässige) Kopie eines einzelnen Artikels einer Zeitschrift gleichzeitig als vollständige - und damit nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG verbotene - Kopie eines Werkexemplars zu betrachten, würde damit das Informationsinteresse der Allgemeinheit missachtet. Auch die Vorinstanz führt in diesem Zusammenhang zutreffend aus, es könne nicht ernsthaft bestritten werden, dass es der Öffentlichkeit im Rahmen der Eigengebrauchsregelung beim gleichzeitigen elektronischen Angebot von Werkexemplaren durch die Verlage nach wie vor erlaubt sein müsse, in Bibliotheken Kopien von Werkexemplaren anzufertigen, ansonsten die Kommunikationsgrundrechte ausgehöhlt würden und auch der vom Gesetzgeber statuierte Interessenausgleich zwischen den Verwertern und der Allgemeinheit gänzlich ausgehebelt würde. Dies spricht für eine Auslegung, nach der für die Beurteilung, ob eine vollständige oder weitgehend vollständige Vervielfältigung eines im Handel erhältlichen Werkexemplars im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG vorliegt, auf die konkret verwendete Vorlage abzustellen ist, während ein weiteres Werkexemplar, mit dem der kopierte Auszug (auch) einzeln auf dem Markt angeboten wird, unberücksichtigt zu bleiben hat. Dies umso mehr, als die Verlage selber darüber bestimmen, in welchen Verkaufseinheiten die Werke auf dem Markt angeboten werden. Sollte sich der Durchschnittskonsument heute tatsächlich vielfach nur mehr für einen spezifischen Artikel interessieren, wie die Vorinstanz ausführt, da oft der einzelne Artikel (und nicht die Zeitschrift oder das Buch als Ganzes) die ihn interessierende Thematik abhandle, bleibt es den Verlagen unbenommen, diese ausschliesslich als einzelne Verkaufseinheiten anzubieten. Ein derart erworbener Artikel, der selbst ein Werkexemplar im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG darstellt, dürfte nach der erwähnten Bestimmung nicht als Ganzes kopiert werden. Wird demgegenüber ein Werkexemplar in Form einer Zeitung oder Zeitschrift veröffentlicht, kann es dem zum Eigengebrauch Berechtigten nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG nicht verwehrt werden, in einer Bibliothek einen einzelnen Artikel daraus zu kopieren bzw. kopieren zu lassen. 3.6.6 Unter diesen Umständen ist nicht von einer unverhältnismässigen Einschränkung der Verwertungsmöglichkeiten der Verlage BGE 140 III 616 S. 634 auszugehen; die normale Verwertung des Werks im Sinne von Art. 9 Abs. 2 RBÜ , die nach der Behauptung der Beschwerdegegnerinnen im entgeltlichen Angebot der Einzelartikellieferung liegt, ist nicht beeinträchtigt. Die Beschwerdegegnerinnen machen vor Bundesgericht auch nicht etwa geltend, sie hätten im vorinstanzlichen Verfahren substantiiert behauptet, die Tätigkeit der fraglichen Dokumentationsdienste führe zu einem Rückgang des Absatzes (vgl. BGE 133 III 473 E. 6.2). Abgesehen davon gilt es zu beachten, dass Bibliotheken auszugsweise Kopien nicht auf Vorrat, sondern nur auf konkrete Bestellung hin herstellen dürfen, während bei Online-Archiven die darin enthaltenen Artikel üblicherweise durchsucht und unmittelbar heruntergeladen werden können, weshalb die vorinstanzliche Annahme, es würden "mittels derselben Dienstleistungen die identischen Bedürfnisse der Nutzer befriedigt", in dieser Form nicht zutrifft; der Betrieb eines entsprechenden Archivs wäre einer Bibliothek nicht erlaubt. Mit der vorliegenden Auslegung von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG wird demnach die zweite Stufe des sog. Dreistufentests ebenso überwunden wie die erste Stufe (Eingrenzung auf Spezialfälle, dazu BGE 133 III 473 E. 6.1 S. 485 und E. 6.2), die vor Bundesgericht unstrittig ist. Die Auslegung hält ausserdem einer Verhältnismässigkeitsprüfung im engeren Sinne im Rahmen der dritten Teststufe stand ( BGE 133 III 473 E. 6.1): Die Interessen Dritter - vorliegend der an wissenschaftlichen Erkenntnissen interessierten Allgemeinheit - überwiegen diejenigen der Rechtsinhaber (vgl. BGE 133 III 473 E. 6.1 und 6.3). Dabei ist neben den gewichtigen Interessen der Öffentlichkeit an der Informationsbesorgung über Bibliotheken zur Wahrung der Kommunikationsgrundrechte - so insbesondere der Wissenschaftsfreiheit ( Art. 20 BV ) - zu berücksichtigen, dass die auszugsweise Vervielfältigung von Zeitschriften durch den Dokumentenlieferdienst einer Bibliothek nicht etwa unentgeltlich erfolgt, sondern nach Art. 20 Abs. 2 URG vergütungspflichtig ist (vgl. BGE 133 III 473 E. 6.1 S. 486 und E. 6.3 S. 487). Die Beschwerdegegnerinnen bezeichnen die geschuldete Vergütung lediglich pauschal als zu gering, ohne dies jedoch hinreichend zu begründen und ohne aufzuzeigen, inwiefern damit die Interessen der Rechtsinhaber diejenigen der Allgemeinheit überwiegen würden und der Eingriff in die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber als unzumutbar anzusehen wäre. BGE 140 III 616 S. 635 Ausserdem hält auch der angefochtene Entscheid fest, dass die Interessen der Verlage (denen mit einem Verbotsrecht zweifelsohne am Besten gedient ist) und der Autoren nicht notwendigerweise deckungsgleich sind; eine Beeinträchtigung legitimer Interessen der Autoren, die bei der Verhältnismässigkeitsprüfung im engeren Sinne ebenfalls zu berücksichtigen sind ( BGE 133 III 473 E. 6.1 S. 486), vermochte die Vorinstanz nicht auszumachen. Die Beschwerdegegnerinnen behaupten diesbezüglich lediglich in appellatorischer Weise und mit neuen unzulässigen Vorbringen ( Art. 99 Abs. 1 BGG ) einen Gleichlauf der Interessen von Autoren und Verlagen. Insgesamt ist ein unzumutbarer Eingriff in die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber nicht erkennbar. Die erfolgte Auslegung ist mit den staatsvertraglichen Vorgaben des Dreistufentests vereinbar. 3.6.7 Unter den Begriff des Werkexemplars im Sinne von Art. 19 Abs. 3 lit. a URG fallen demnach die Zeitung oder die Zeitschrift, die als Kopiervorlage herangezogen wird, selbst wenn die darin enthaltenen Artikel darüber hinaus einzeln über ein Online-Archiv angeboten werden. Entsprechend kann der Beklagten nicht verboten werden, im Rahmen des Eigengebrauchs gestützt auf Art. 19 Abs. 2 URG auf Anfrage hin einzelne Artikel aus in ihrer Bibliothek vorhandenen Zeitschriften oder Sammelbänden zu vervielfältigen und die angefertigten Kopien dem nach Art. 19 Abs. 1 URG zum Eigengebrauch berechtigten Besteller per Post oder elektronisch zuzustellen.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
254f62a4-13ae-4194-8292-b4b43e3d3cb0
Urteilskopf 105 III 60 14. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13. September 1979 i.S. F. (Rekurs)
Regeste Verlustschein ( Art. 115 Abs. 1 SchKG ). Die von einem örtlich unzuständigen Betreibungsamt ausgestellte, als Verlustschein dienende leere Pfändungsurkunde ist nicht nichtig.
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 105 III 60 S. 60 A.- Gestützt auf einen Pfändungsverlustschein, den das Betreibungsamt Beromünster am 6. Mai 1933 in den Betreibungen Nr. 191/1932 und Nr. 289/1933 ausgestellt hatte, betrieb Ida F. mit Zahlungsbefehl vom 3. Juli 1978 ihren früheren Ehemann Josef W. für Fr. 4'525.-. Diese Betreibung endigte am 17. November 1978 mit der Ausstellung eines neuen Verlustscheines. Mit Beschwerde vom 30. Dezember 1978 machte Josef W. geltend, er habe von 1931 bis 1935 nicht in Beromünster, sondern in Menziken AG gewohnt; das Betreibungsamt Beromünster sei daher nicht berechtigt gewesen, den Verlustschein gegen ihn auszustellen. B.- Der Amtsgerichtspräsident von Sursee als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs stellte fest, der Beschwerdeführer sei während der fraglichen Zeit tatsächlich auf der Einwohnerkontrolle Beromünster nicht gemeldet gewesen; gemäss Bescheinigung der Einwohnerkontrolle Menziken vom 13. Juni 1979 habe er vom 15. Oktober 1932 bis zum 18. Dezember 1934 vielmehr in dieser Gemeinde Wohnsitz gehabt. Mit Entscheid vom 20. Juni 1979 hiess der Amtsgerichtspräsident deshalb die Beschwerde gut und hob den Verlustschein vom 6. Mai 1933 als nichtig auf. Diesen Entscheid zog Ida F. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern als obere kantonale Aufsichtsbehörde weiter; ihr Weiterzug wurde jedoch am 24. Juli 1979 abgewiesen. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt BGE 105 III 60 S. 61 Ida F., der obergerichtliche Entscheid sei aufzuheben und die Gültigkeit des Verlustscheins sei wieder herzustellen. Josef W. beantragt in seiner Vernehmlassung sinngemäss die Abweisung des Rekurses, während sich das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Betreibungsamt Beromünster eines Antrages enthält. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz hält den Verlustschein deswegen für nichtig, weil die Pfändung in der vorangegangenen Betreibung von einem örtlich unzuständigen Betreibungsamt vollzogen worden sei. In der Tat ist eine nicht am Wohnsitz des Schuldners vorgenommene Pfändung nach der Rechtsprechung als nichtig anzusehen ( BGE 96 III 33 , BGE 91 III 49 , BGE 88 III 10 , BGE 80 III 101 , BGE 68 III 35 ). Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, dass eine solche Pfändung nicht nur die Interessen von Gläubiger und Schuldner, sondern auch diejenigen Dritter betrifft, nämlich allfälliger weiterer Gläubiger, die sich der Pfändung gemäss Art. 110 oder 111 SchKG anschliessen können ( BGE 96 III 33 , BGE 91 III 49 , BGE 68 III 35 ). Sind jedoch keine derartigen Drittinteressen im Spiel, so besteht kein Grund, eine von einem unzuständigen Amt vollzogene Pfändung als nichtig zu betrachten. Die Rechtsprechung verwehrt deshalb dem Schuldner, sich auf Nichtigkeit der Pfändung zu berufen, wenn er geltend machen will, er wohne im Ausland und müsse dort betrieben werden, weil eben die Anschlussrechte anderer Gläubiger bei einer Pfändung im Ausland ausser Betracht fallen ( BGE 68 III 35 , BGE 63 III 115 , BGE 59 III 6 ). Weil ein Anschluss Dritter zum vornherein nicht möglich ist, ist auch eine am unrichtigen Ort eingeleitete Betreibung auf Pfandverwertung nicht nichtig ( BGE 50 III 170 ; vgl. auch BGE 91 III 51 E. 4). 2. Auch im vorliegenden Fall trifft der Grund, aus welchem nicht am Wohnsitz des Schuldners vorgenommene Pfändungen nichtig sind, nicht zu. Aus dem Zahlungsbefehl vom 21. November 1932 ergibt sich, dass dessen Zustellung an den Schuldner am 22. November 1932 erfolgt war und dass dieser Rechtsvorschlag erhoben hatte. Bevor die Pfändung durchgeführt werden konnte, musste der Rechtsvorschlag beseitigt worden sein. Auf der Pfändungsurkunde wird ausgeführt, es hätten sich keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden und BGE 105 III 60 S. 62 eine Lohnpfändung komme nicht in Frage, weil die Guthaben (offenbar des Arbeitgebers des Schuldners) für Kost und Logis das Lohnguthaben überträfen. Daraus folgt, dass die Verhältnisse beim Schuldner überprüft wurden, dieser also mit grosser Wahrscheinlichkeit der Pfändung beiwohnte, jedenfalls von ihr Kenntnis hatte. Da keinerlei pfändbares Vermögen vorgefunden wurde, konnten die Anschlussrechte allfälliger anderer Gläubiger nicht beeinträchtigt sein. Im Spiel standen nur die Interessen der am Verfahren Beteiligten, also der Gläubigerin und des Schuldners. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, die Pfändung und damit auch den gestützt auf deren Ergebnis ausgestellten Verlustschein als nichtig zu betrachten. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, wo die Pfändung hätte vollzogen werden müssen. Immerhin sei festgehalten, dass bei der Ermittlung des Wohnsitzes einer Person der Eintrag in der Einwohnerkontrolle für sich allein nicht massgebend ist ( BGE 102 IV 164 E. 2b, BGE 97 II 6 , BGE 92 I 221 E. 2a, BGE 90 I 28 /29, BGE 88 III 139 E. 1) und dass angesichts der tatsächlichen Behauptungen der Gläubigerin hätte abgeklärt werden müssen, ob der Schuldner gemäss Art. 48 SchKG mangels eines festen Wohnsitzes nicht am Aufenthaltsort betrieben werden durfte. 3. Freilich hat das Bundesgericht in den von der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde zitierten Urteilen ( BGE 72 III 42 und BGE 73 III 26 /27 E. 3) Verlustscheine als nichtig erklärt. In diesen beiden Fällen war aber das Betreibungsverfahren deswegen mangelhaft, weil der Schuldner davon keine Kenntnis erhalten und somit keine Möglichkeit gehabt hatte, sich mit Beschwerde gegen einzelne Betreibungshandlungen zur Wehr zu setzen. Hier hatte der Schuldner diese Möglichkeit. Der Verlustschein könnte nur mit der Begründung aufgehoben werden, die ihm zugrundeliegende Pfändung sei mangels örtlicher Zuständigkeit des Betreibungsamts nichtig. Das ist aber nach dem Gesagten nicht der Fall. Im übrigen war das Verfahren in den Betreibungen Nr. 191/1932 und Nr. 289/1933, soweit heute noch ersichtlich, nicht mangelhaft. Dass die Ausstellung eines Verlustscheines öffentlichrechtliche Folgen nach sich zieht, ändert nichts. Diese Folgen betreffen ebenfalls nur die persönlichen Interessen des Schuldners (z.B. an der Bekleidung eines öffentlichen Amtes oder an der Ausübung eines patentierten Berufes), auch wenn sie auf öffentlichem Recht beruhen. Abgesehen davon knüpfen diese BGE 105 III 60 S. 63 Folgen an den Tatbestand der fruchtlosen Pfändung an. Dieser Tatbestand ist aber auch dann erfüllt, wenn die Pfändung zwar am unrichtigen Ort, im übrigen jedoch ordnungsgemäss durchgeführt und dabei kein pfändbares Vermögen vorgefunden wurde. Der Rekurs ist daher gutzuheissen.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
256f3efa-468b-4c44-a807-6140eaa8b950
Urteilskopf 104 Ib 199 34. Urteil vom 10. November 1978 i.S. Inderbitzin gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz
Regeste Gewässerschutz; Art. 9 Abs. 1 GSchG . Enteignung des Durchleitungsrechts für den Bau einer Abwasserleitung verbunden mit einem Überbauverbot und einer Wegbedingung der sich aus Art. 693 ZGB ergebenden Ansprüche. Eine solche rechtliche Sicherung des Trasses einer öffentlichen Kanalisationsleitung ist in der Regel durch das Enteignungsrecht gemäss Art. 9 GSchG gedeckt.
Sachverhalt ab Seite 199 BGE 104 Ib 199 S. 199 Mit Beschluss vom 29. Oktober 1976 erwarb die Gemeinde Schwyz, gestützt auf eine entsprechende Ermächtigung des Regierungsrates des Kantons Schwyz, auf dem Enteignungsweg das Durchleitungsrecht für den Bau einer Abwasserleitung durch die dem Thomas Inderbitzin gehörende Parzelle Kat. Nr. 546 in Ibach. Die nach kantonalem Recht vom zuständigen Gemeinderat erlassene Enteignungsverfügung enthält folgende Umschreibung des beanspruchten Durchleitungsrechts: "Das Recht bezieht sich auf den Bau, Betrieb und Unterhalt einer Leitung mit 20 bis 50 cm Durchmesser samt den notwendigen Nebenanlagen (Schacht). Das Recht gilt vorbehaltlos, namentlich darf Thomas Inderbitzin weder die Verlegung der Leitung verlangen noch diese überbauen." BGE 104 Ib 199 S. 200 Der Regierungsrat des Kantons Schwyz wies am 3. Januar 1978 die von Inderbitzin hiegegen eingereichte Beschwerde ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Inderbitzin, es sei in Aufhebung der Beschlüsse des Gemeinderates und des Regierungsrates festzustellen, dass die Wegbedingung "der Bestimmung aus Art. 693 ZGB in dieser Form nicht zulässig sei". Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die in Frage stehende Enteignung wird auf Art. 9 Abs. 1 GSchG gestützt, der folgenden Wortlaut hat: "Wenn Gründe des öffentlichen Wohles bestehen, kann die Kantonsregierung das Enteignungsrecht selbst ausüben oder Gemeinden, andern Korporationen des öffentlichen Rechtes, Zweckverbänden und privaten Unternehmungen gewähren, damit sie die zur Errichtung von Anlagen und Schutzzonen, die im Interesse des Gewässerschutzes geboten sind, erforderlichen dinglichen Rechte erwerben können." Obschon der Kanton Schwyz auf die für Zwecke des Gewässerschutzes notwendigen Expropriationen nicht das eidgenössische, sondern das kantonale Enteignungsverfahren anwendbar erklärt (§ 9 kant. VV/GSchG vom 24. Oktober 1973), ist die hier strittige Gewährung des Enteignungsrechtes doch eine gemäss Art. 9 GSchG zu lösende Frage des Bundesrechts. Die Enteignung des Durchleitungsrechtes erfolgte in Anwendung von Art. 9 GSchG ; gegen die letztinstanzliche kantonale Entscheidung in dieser Sache ist daher gemäss Art. 97 ff. OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, weil es sich um eine auf öffentliches Recht des Bundes gestützte Verfügung ( Art. 5 VwVG ) handelt. 2. Über die Leitungsführung und die Anordnung des Schachtes bestehen zwischen den Parteien keine Differenzen mehr. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezieht sich ausschliesslich auf die Wegbedingung der aus Art. 693 ZGB sich ergebenden Rechte. Die in den zwei Vernehmlassungen des Eidg. Departements des Innern mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebrachte Meinung, das Risiko einer spätern Verlegung hätte sich - ohne allzu grosse Kosten - vermutlich durch eine andere Leitungsführung (längs der Parzellengrenze) verringern lassen, ist hier nicht näher zu prüfen. Der Beschwerdeführer hat eine solche BGE 104 Ib 199 S. 201 Änderung des Planes offenbar nie verlangt. Er macht auch im vorliegenden Verfahren nicht etwa geltend, wenn die Leitung längs der Parzellengrenze verlegt worden wäre, könnte er auf die Ansprüche aus Art. 693 ZGB verzichten. Ob in einem zur Zeit nicht eingezonten Gebiet im Hinblick auf eine in ferner Zukunft mögliche Überbauung die Durchschneidung einer Parzelle durch eine Kanalisationsleitung mit Mehrkosten von Fr. 17'000.- vermieden werden soll, obschon auch die technisch einfachere und billigere Lösung eine allfällige spätere Parzellierung und Überbauung keineswegs verhindert, kann hier dahingestellt bleiben. Die Leitungsführung wurde nicht angefochten und bildet daher nicht Gegenstand dieses Verfahrens. 3. Zu prüfen bleibt, ob der mit einem Durchleitungsrecht belastete Grundeigentümer in jedem Fall das Recht behält, gemäss Art. 693 ZGB unter veränderten Verhältnissen eine seinen Interessen entsprechende Verlegung der Leitung zu verlangen oder ob das Gemeinwesen eine Dienstbarkeit enteignen kann, welche über das in Art. 691 ff. ZGB umschriebene Durchleitungsrecht hinausgeht und insbesondere einen allfälligen Anspruch des Belasteten auf künftige Leitungsverlegung ausschliesst. a) Art. 693 ZGB , der für nachbarrechtliche Durchleitungen einen Verlegungsanspruch vorsieht und damit die Tragweite der Belastung erheblich vermindert, schafft nicht ein unabdingbares, durch Enteignung nicht aufhebbares Recht des mit irgendeiner Durchleitung belasteten Grundeigentümers. Es gibt Leitungen, die aus technischen Gründen nicht verlegt werden können (z.B. Hochspannungsleitungen in der Nähe eines Kraftwerkes oder Unterwerks) oder deren Verlegung so grosse Kosten verursachen würde, dass sie aus finanziellen Gründen nicht in Betracht kommt. Geht der Ersteller einer Leitung mit triftigen Gründen davon aus, er werde das einmal gewählte Leitungstrasse stets beanspruchen und könne das Risiko einer spätern Verlegung nicht auf sich nehmen, so wird er, soweit ihm das Enteignungsrecht zusteht, nicht nur die Durchleitung im Sinne von Art. 691 ff. beanspruchen, sondern die Einräumung einer seinen dauernden Bedürfnissen entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Die Enteignung für die Erstellung einer Durchleitung kann an sich ein Überbauungsverbot umfassen und den Verlegungsanspruch im Sinne von Art. 693 ZGB ausschliessen, sofern diese weitergehende Dienstbarkeit im öffentlichen Interesse BGE 104 Ib 199 S. 202 liegt, also sachlich gerechtfertigt ist. Die stärkere Belastung der betroffenen Parzelle ist selbstverständlich entsprechend zu entschädigen. b) Es besteht im allgemeinen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass die Sammelleitungen der öffentlichen Kanalisation nicht überbaut werden, damit sie notfalls ohne Schwierigkeiten zugänglich sind. Aus technischen Gründen zur Wahrung optimaler Abflussverhältnisse und auch zur Vermeidung späterer zusätzlicher Kosten sollten die Abwasserleitungen der öffentlichen Kanalisation in der Regel nicht mit einem unbestimmten Verlegungsvorbehalt ( Art. 693 ZGB ) belastet, sondern auf unbestimmte Zeit gesichert sein. Finanzielle und technische Überlegungen sprechen für eine dauernde rechtliche Sicherung der einmal gewählten Leitungsführung. Das öffentliche Interesse an der Sicherung des einmal gewählten Trasses ist von erheblichem Gewicht und dürfte in der Regel das private Interesse an der uneingeschränkten künftigen Nutzung der betreffenden Parzelle weit überwiegen. Die Gründe des öffentlichen Wohles, die gemäss Art. 9 GSchG die Enteignung rechtfertigen, umfassen auch das Interesse an der Errichtung eines rechtlich gesicherten, leicht zugänglichen und nicht von Verlegungsbegehren bedrohten Netzes von öffentlichen Abwasserleitungen. Zwar ist denkbar, dass in besonderen Fällen der Verlegungsanspruch vorbehalten bleiben muss, weil die künftige Nutzung sich nicht abschätzen lässt und dem Gemeinwesen eine spätere Verlegung nach den für den Grundeigentümer auf dem Spiel stehenden Interessen zuzumuten ist. Grundsätzlich darf aber davon ausgegangen werden, dass die Konstanz und Unveränderlichkeit der Leitungsführung den Vorrang hat. Im übrigen ist es zunächst Sache des Erstellers der Anlage, im konkreten Fall abzuschätzen, ob er das vielleicht eher unwahrscheinliche Risiko einer spätern Leitungsverlegung in Kauf nehmen oder - gegen eine entsprechend höhere Entschädigung - ein unabänderliches Recht zur Durchleitung verbunden mit einem Überbauverbot beanspruchen will. Wird die Enteignung einer weitergehenden Dienstbarkeit zur Sicherung des Leitungstrasses verlangt, so muss von den zuständigen Behörden entschieden werden, ob das öffentliche Interesse für die Expropriation des beanspruchten dauernden Durchleitungsrechtes ausreicht oder ob die besondere Sachlage zur Wahrung des Verlegungsanspruchs des Grundeigentümers führt. BGE 104 Ib 199 S. 203 Im vorliegenden Fall hat das Gemeinwesen sich entschlossen, die Parzelle des Beschwerdeführers in direkter Linie zu durchqueren. Das ist technisch die einfachste Lösung und hat im räumlichen Ausmass den geringsten Eingriff zur Folge. Sollte es je zur Überbauung des in Frage stehenden Grundstückes kommen, so würde die Sammelleitung verbunden mit dem Überbauungsverbot die Möglichkeit der Plazierung von Gebäuden etwas beeinträchtigen. Die Oberfläche über der Leitung kann aber stets für Strassen, Gartengebiet, Parkierungs- oder Lagerfläche benützt werden. Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargetan, dass die beanspruchte Dienstbarkeit eine so erhebliche Behinderung der künftigen Überbauung zur Folge hätte, dass der verlangte Verzicht auf eine spätere Leitungsverlegung eine Beschränkung der Eigentümerbefugnisse wäre, welche im konkreten Fall eindeutig als schwerwiegender bezeichnet werden müsste, als die spätere Verlegung der Sammelleitung. Nur wenn die Interessenabwägung ergäbe, dass einerseits das private Eigentum in starkem Masse entwertet würde und anderseits diese Entwertung sich ohne Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses mit einer verhältnismässig einfachen und nicht sehr kostspieligen Leitungsverlegung vermeiden liesse, müsste die verlangte Sicherung des Leitungstrasses gemäss Art. 9 GSchG abgelehnt werden und der Anspruch auf spätere Leitungsverlegung gewahrt bleiben. Eine solche Interessenlage besteht hier nicht und wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. c) Soweit eine Beeinträchtigung der Überbauungsmöglichkeit sich voraussehen lässt, handelt es sich nach den Akten um einen Eingriff, dessen Folgen sich durch eine Entschädigung angemessen abgelten lassen sollten und in ihrer Tragweite die Kosten einer nachträglichen Leitungsverlegung sicher nicht übersteigen. Der Beschwerdeführer befürchtet, der Gemeinderat Schwyz wolle durch das gewählte Vorgehen eine besondere Entschädigung für das dauernde Bauverbot über der Leitung vermeiden. Es ist jedoch unbestritten, dass für das Bauverbot und die Wegbedingung des Verlegungsrechts eine Entschädigung bezahlt werden muss. Über die Höhe dieser Entschädigung ist in einem gesonderten Verfahren zu befinden. Das Bundesgericht hat sich zum Angebot der Gemeinde im vorgeschlagenen Dienstbarkeitsvertrag hier nicht zu äussern. Der Grundsatz der BGE 104 Ib 199 S. 204 Entschädigungspflicht an sich wird vom Gemeinderat und vom Regierungsrat anerkannt. 4. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die von einem Gemeinwesen verlangte rechtliche Sicherung des Trasses einer öffentlichen Kanalisationsleitung in der Regel durch das Enteignungsrecht gemäss Art. 9 GSchG gedeckt ist, da das öffentliche Interesse am Schutz vor einer Überbauung und vor Leitungsverlegungsbegehren im allgemeinen erheblich grösser ist, als das private Interesse des Grundeigentümers an der nachträglichen Beseitigung der durch die Durchleitung geschaffenen Behinderung der künftigen baulichen Nutzung. Diese grundsätzliche Interessenabwägung trifft auch im konkreten Fall zu. Es lassen sich den Rechtsschriften und den übrigen Akten keine Gesichtspunkte entnehmen, welche eine andere Wertung, d.h. einen klaren Vorrang des privaten Interesses an künftiger ungehinderter Überbauung, zu begründen vermöchten.
public_law
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25744769-e0aa-4abe-956f-3a8dbc040469
Urteilskopf 121 V 289 45. Urteil vom 13. Dezember 1995 i.S. Helvetia Krankenkasse gegen S. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a KUVG, Art. 14 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Vo III, Anhang Ziff. 3 Vo 9. - Die (homologe) künstliche Insemination stellt eine therapeutische Massnahme im Sinne des KUVG dar. - Die künstliche Insemination kann als wissenschaftlich anerkannt gelten und erfüllt im konkreten Fall auch die Voraussetzungen der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der therapeutischen Massnahme, weshalb sie von der Krankenkasse als Pflichtleistung zu übernehmen ist.
Sachverhalt ab Seite 289 BGE 121 V 289 S. 289 A.- S., geboren 1952, ist seit 1969 Mitglied der Krankenkasse Helvetia und u.a. für Krankenpflege (Abteilung A) versichert. Wegen Sterilität, die auf BGE 121 V 289 S. 290 eine chronische Gelbkörperinsuffizienz zurückzuführen ist, unterzog sie sich einer Hormonbehandlung, die im September 1986 zur Schwangerschaft und am 28. Mai 1987 zur Geburt eines Sohnes führte. Die Krankenkasse übernahm die mit der Hormonbehandlung zusammenhängenden Arzt- und Arzneimittelkosten. Im Hinblick auf eine zweite Schwangerschaft unterzog sich S. ab Februar 1990 erneut einer Hormonbehandlung. Als diese erfolglos blieb, wurden ergänzende medizinische Abklärungen getroffen, die ergaben, dass nebst der Gelbkörperinsuffizienz eine immunologische Ursache (Antisperma-Antikörper) für die Sterilität verantwortlich war. Auf Anraten des Arztes entschloss sich S. für eine Weiterführung der Hormonbehandlung unter gleichzeitiger Vornahme einer homologen Insemination. Diese zweite Behandlungsphase begann im Dezember 1990 und wurde im November 1991 mangels Erfolgs eingestellt. Die Krankenkasse Helvetia übernahm die Kosten von Untersuchungen und Behandlungen im Kantonsspital X und der teilweise gleichzeitig durchgeführten Behandlung durch PD Dr. med. B. an der Universitäts-Frauenklinik Y in der Zeit vom 12. Februar bis 17. August 1990. Die Vergütung weiterer Rechnungen des behandelnden Arztes für die Zeit vom 4. September bis 14. November 1990 und 5. Dezember 1990 bis 31. Januar 1991 lehnte sie gestützt auf eine Stellungnahme ihres Vertrauensarztes ab mit der Begründung, dass "die mit der Insemination gekoppelten Ultraschalle inklusive Behandlung" nicht übernommen werden könnten (Schreiben vom 19. Juni und 2. Juli 1991). Mit Verfügung vom 10. Dezember 1991 teilte die Krankenkasse der Versicherten mit, dass die künstliche Insemination zwar aufgrund eines krankhaften Zustandes vorgenommen worden sei, jedoch keine therapeutische Massnahme im Sinne des KUVG darstelle, weil die Krankheit als solche nicht geheilt werde. Sowohl die Insemination als auch die damit verbundene Stimulations-Behandlung bildeten daher keine Pflichtleistungen der Krankenkasse. Die in Zusammenhang mit der Insemination bereits erbrachten Leistungen seien irrtümlich erfolgt; von einer Rückforderung werde indessen abgesehen. B.- S. liess gegen diese Verfügung Beschwerde erheben mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass es sich bei den von der Krankenkasse bisher nicht übernommenen Kosten für Ultraschall-Untersuchungen, Arztkonsultationen und Medikamente um Pflichtleistungen handle, und es sei die Kasse - unter BGE 121 V 289 S. 291 Vorbehalt noch ausstehender Rechnungen - zu verurteilen, Kosten in Höhe von Fr. 4693.35, abzüglich Selbstbehalte und allfälliger Franchise, zu vergüten. In der Begründung wurde zum Ausdruck gebracht, die Beschwerdeführerin akzeptiere den Rechtsstandpunkt der Kasse bezüglich der Insemination, halte hingegen daran fest, dass die Kasse für die in Zusammenhang mit der Hormontherapie stehenden ärztlichen Massnahmen leistungspflichtig sei. Die Hormonbehandlung sei teilweise vor und teilweise gleichzeitig mit der Insemination durchgeführt worden und aufgrund der Gelbkörperinsuffizienz, welche unbestreitbar einen krankhaften Zustand darstelle, indiziert gewesen. Dementsprechend habe die Kasse die Behandlungskosten als Pflichtleistung zu übernehmen. Dazu gehörten auch die von den Herstellern der Hormonpräparate vorgeschriebenen Kontrolluntersuchungen mit Ultraschall. Im übrigen verstosse das Verhalten der Krankenkasse gegen Treu und Glauben, habe sie doch die Übernahme von Leistungen erst anderthalb Jahre nach Wiederaufnahme der Behandlung abgelehnt. Die Krankenkasse beantragte Abweisung der Beschwerde; eventuell sei ein medizinisches Gutachten über die streitige Frage anzuordnen. Sie hielt daran fest, dass die künstliche Befruchtung keine therapeutische Massnahme im Sinne des Gesetzes darstelle, weshalb die damit in Zusammenhang stehenden Kosten nicht als Pflichtleistung gelten könnten. Was die streitige Hormonbehandlung betreffe, sei diese nicht geeignet gewesen, die immunologische Ursache der Sterilität (Antisperma-Antikörper) zu beseitigen. Nach den Angaben des Vertrauensarztes sei eine künstliche Befruchtung ohne gleichzeitige hormonelle Stimulation praktisch ausgeschlossen. Sinn und Zweck der Stimulation und der Ultraschall-Untersuchungen sei es gerade, den für die Ovulation günstigsten Zeitpunkt zu ermitteln. Aus dem Umstand, dass die Kasse gewisse Leistungen erbracht habe, könne die Versicherte nichts für sich ableiten. Die anfänglich eingereichten Rechnungen hätten keinen Rückschluss auf die Behandlungsart erlaubt, und es seien zu Unrecht Leistungen erbracht worden. Zudem habe auch der behandelnde Arzt wissen müssen, dass künstliche Befruchtungen und damit zusammenhängende Behandlungen gemäss langjähriger Verwaltungspraxis von den Kassen nicht als Pflichtleistungen übernommen würden. Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft gelangte mit Entscheid vom 13. Mai 1992 zum Schluss, dass die künstliche Insemination therapeutischen Charakter im Sinne des Gesetzes aufweise und den BGE 121 V 289 S. 292 Anforderungen von Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung genüge, indem die Massnahme wissenschaftlich anerkannt, zweckmässig und wirtschaftlich sei. Demgemäss hiess es die Beschwerde in dem Sinne gut, dass die Krankenkasse verpflichtet wurde, sämtliche mit der Hormonbehandlung und der künstlichen Insemination zusammenhängenden Kosten (abzüglich Franchise und Selbstbehalt) zu übernehmen. C.- Die Krankenkasse Helvetia erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei die Kassenverfügung vom 10. Dezember 1991 zu bestätigen. S. lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Gutheissung der Beschwerde. Auf die Begründung der Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Streitgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren bildete die Leistungspflicht der Krankenkasse für die in der Zeit ab 4. September 1990 durchgeführte Hormontherapie (Arztkonsultationen, Ultraschall-Untersuchungen und Injektionen). Das kantonale Versicherungsgericht hat darüber hinaus die von der Kasse abgelehnte und von der Versicherten beschwerdeweise nicht beantragte Kostenübernahme für die künstliche Insemination in die Beurteilung einbezogen und die Leistungspflicht auch in diesem Punkt bejaht, wozu es nach Art. 30bis Abs. 3 lit. d KUVG befugt war. Streitig und zu prüfen ist somit, ob die Krankenkasse für sämtliche mit der Hormonbehandlung und der künstlichen Insemination verbundenen Kosten (abzüglich Franchise und Selbstbehalt) aufzukommen hat. b) (Kognition) 2. a) In tatsächlicher Hinsicht ist aufgrund der Arztberichte davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin an sekundärer Sterilität leidet, die vorab auf eine chronische Lutealinsuffizienz (Gelbkörperinsuffizienz), somit auf eine endokrine Störung zurückzuführen ist. Die Behandlung dieser Störung erfolgte mit HMG (Human menopausal gonadotropin)-Präparaten (Pergonal, Humeron), welche die Follikelreifung anregen (Bericht PD Dr. B. vom 4. Juni 1991). Im Laufe der Behandlung zeigte sich, dass die Versicherte zusätzlich an einem (vermutlich immunologisch bedingten) BGE 121 V 289 S. 293 pathologischen Zervixfaktor leidet, indem der Zervikalschleim Antisperma-Antikörper enthält, welche die Beweglichkeit der Samenzellen einschränken. Weil hiefür keine spezifische Behandlung besteht, wurde eine homologe intrauterine Insemination (Einspritzen von Samenzellen des Ehemannes in die Gebärmutter der Frau) vorgenommen. Eine androloge Indikation zur künstlichen Insemination bestand nicht (Bericht PD Dr. B. vom 31. Januar 1992). b) Die gesetzlichen Pflichtleistungen nach Art. 12 KUVG sind nur geschuldet, wenn der Versicherte an einer Krankheit leidet (Art. 14 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung vom 15. Januar 1965; SR 832.140). Ob eine Krankheit im Sinne des KUVG besteht, ist nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu beantworten. Dabei wird man kaum je von Krankheit sprechen können, wenn nicht Störungen vorliegen, die durch pathologische Vorgänge verursacht worden sind ( BGE 116 V 240 Erw. 3a). Solche Störungen liegen in der Regel auch der Sterilität zugrunde. Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Sterilität daher als Krankheit, die zu Pflichtleistungen der Krankenkassen Anlass gibt ( BGE 119 V 28 Erw. 2 mit Hinweisen; vgl. auch RSKV 1971 S. 39 f.). Die Krankenkasse bestreitet ihre Leistungspflicht denn auch nicht grundsätzlich, sondern lediglich hinsichtlich der bei der Versicherten vorgenommenen künstlichen Insemination und der damit in Zusammenhang stehenden Massnahmen. 3. a) Nach Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG haben die Leistungen der Krankenkassen bei ambulanter Behandlung u.a. mindestens die ärztliche Behandlung (lit. a) und die von einem Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen, wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen (lit. b) zu umfassen. Die zur gesetzlichen Pflichtleistung gehörende ärztliche Behandlung umfasst gemäss Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung die vom Arzt vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen; diese sollen zweckmässig und wirtschaftlich sein. Ist eine therapeutische oder diagnostische Massnahme wissenschaftlich oder in der Zweckmässigkeit oder Wirtschaftlichkeit umstritten, so entscheidet das Eidg. Departement des Innern (EDI) nach Anhören der vom Bundesrat bestellten Fachkommission (Art. 26 Vo III), ob sie als Pflichtleistung zu übernehmen ist (Art. 21 Abs. 2 Vo III). b) Die Beschlüsse des Departements über die Leistungspflicht der Krankenkassen bei umstrittener Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit oder Wirtschaftlichkeit diagnostischer oder therapeutischer Massnahmen werden im BGE 121 V 289 S. 294 Anhang zur Vo 9 des EDI über die Leistungspflicht der anerkannten Krankenkassen für bestimmte diagnostische und therapeutische Massnahmen vom 18. Dezember 1990 (SR 832.141.13) veröffentlicht. In die ab 1. Januar 1993 gültige Fassung des Anhangs gemäss Verordnungsänderung vom 23. Dezember 1992 (AS 1993 I 351 ff.) wurde unter Ziff. 3 "Gynäkologie, Geburtshilfe" eine Bestimmung aufgenommen, wonach für die "Künstliche Insemination" keine Leistungspflicht besteht (unverändert übernommen in den Wortlaut des Anhangs gemäss Verordnungsänderungen vom 8. März 1994 und 31. Januar 1995). Laut Randvermerk in Verbindung mit Ziff. 5 der einleitenden Bemerkungen zum Anhang stützt sich die Bestimmung auf eine Stellungnahme der Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung vom 22. März 1973 und gilt seither als Verwaltungspraxis. Nach der in RSKV 1973 S. 129 veröffentlichten Meinungsäusserung der Fachkommission stellt die künstliche Insemination grundsätzlich keine therapeutische Massnahme im Sinne der Krankenversicherung dar, weil dadurch die vorhandene Störung als solche nicht geheilt wird, weshalb die Krankenkassen an die mit der Durchführung einer künstlichen Insemination zusammenhängenden Kosten keine Leistungen zu erbringen haben. 4. a) Die Meinungsäusserungen der Fachkommission sind für den Richter nicht verbindlich. Wenn es allerdings darum geht, einen Sachverhalt zu würdigen, der ausschliesslich medizinische Überlegungen beschlägt, so ist der Richter im allgemeinen nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Schlussfolgerungen der Fachleute stichhaltig sind. Er muss sich deshalb deren Meinung anschliessen, sofern sie nicht unhaltbar scheint ( BGE 118 V 110 mit Hinweisen). Bei der vom EDI gestützt auf Art. 21 Abs. 2 und 3 der Vo III über die Krankenversicherung erlassenen Vo 9 über die Leistungspflicht der anerkannten Krankenkassen für bestimmte diagnostische und therapeutische Massnahmen vom 18. Dezember 1990 handelt es sich um eine auf Subdelegation beruhende Rechtsverordnung, die als solche für den Richter verbindlich ist, soweit sie sich als gesetzeskonform erweist. Dabei muss dem Departement ein gewisser Beurteilungsspielraum zuerkannt werden. Der Sozialversicherungsrichter wird deshalb eine solche Verfügung nur dann als gesetzwidrig bezeichnen und ihr die Anwendung versagen, wenn sie auf einer klaren Fehlbeurteilung beruht, d.h. insbesondere im Falle einer willkürlichen Beurteilung der Frage nach der Wissenschaftlichkeit einer Massnahme ( BGE 105 V 184 f. Erw. 2c). BGE 121 V 289 S. 295 b) In der Stellungnahme der Fachkommission vom 22. März 1973, wie sie der entsprechenden Bestimmung in der ab 1. Januar 1993 gültigen Fassung des Anhangs zur Vo 9 des EDI zugrundeliegt (vgl. auch Anhang 1 zur KLV vom 29. September 1995), wird der Ausschluss der Leistungspflicht für die künstliche Insemination allein damit begründet, dass es sich dabei nicht um eine therapeutische Massnahme im Sinne des KUVG handle, weil dadurch die vorhandene Störung (d.h. die Sterilität) nicht geheilt werde. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zu Recht feststellt, kann dieser Begründung nicht gefolgt werden. Wohl liegt der Zweck der ärztlichen Behandlung als gesetzliche Pflichtleistung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 KUVG in der möglichst vollständigen Beseitigung der körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung ( BGE 113 V 45 Erw. 4c). Die ärztliche Behandlung umfasst jedoch nicht nur Massnahmen, die der Heilung von Krankheiten dienen, sondern u.a. auch blosse Symptombehandlungen sowie Vorkehren, die auf die Beseitigung sekundärer krankheitsbedingter Beeinträchtigungen gerichtet sind ( BGE 111 V 232 Erw. 1c, BGE 104 V 96 Erw. 1, BGE 102 V 71 f. Erw. 3; RKUV 1985 Nr. K 638 S. 199 Erw. 1b). Demzufolge kann auch der Begriff der "therapeutischen Massnahmen" gemäss Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung nicht eng in dem Sinne ausgelegt werden, dass darunter nur ärztliche Vorkehren zu rechnen sind, die auf die Heilung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung gerichtet sind. Der Ausschluss der künstlichen Insemination von der Leistungspflicht der Krankenkassen gemäss Stellungnahme der Fachkommission vom 22. März 1973 und Ziff. 3 des Anhangs zur Vo 9 des EDI beruht somit nicht auf medizinischen, sondern auf rechtlichen Überlegungen, die zudem nicht als gesetzes- und verordnungskonform erachtet werden können. Es ist vom Richter daher selbständig zu prüfen, wie es sich hinsichtlich der Leistungspflicht der Krankenkasse für die streitige Massnahme verhält. 5. a) Die Vorinstanz hat den therapeutischen Charakter der künstlichen Insemination mit der Begründung bejaht, Ziel der ärztlichen Behandlung sei es zwar, die physischen und psychischen Schädigungen der Gesundheit möglichst vollständig zu beseitigen. Eine ärztliche Massnahme verfolge aber auch dann einen therapeutischen Zweck im Sinne des Gesetzes, wenn sie nicht die Ursachen der Krankheit, sondern deren Symptome oder Folgeerscheinungen bekämpfe. Es gebe zahlreiche Krankheiten, die nach dem heutigen Stand der BGE 121 V 289 S. 296 Wissenschaft nicht geheilt werden könnten (z.B. Diabetes, Epilepsie). Dennoch stellten medizinische Massnahmen, die gegen die Symptome dieser Krankheiten gerichtet seien, unbestrittenermassen therapeutische Massnahmen im Sinne des Gesetzes dar. b) Die beschwerdeführende Krankenkasse hält dem entgegen, die Leistungspflicht für die Symptombehandlung bei Diabetes und Epilepsie ergebe sich daraus, dass die Therapie lebenserhaltend oder zumindest geeignet sei, eine schwere Beeinträchtigung der Gesundheit zu verhindern. Demgegenüber ändere die künstliche Insemination nichts am Krankheitsbild der Sterilität. Eine Symptombehandlung sei nicht notwendig und schon gar nicht lebenserhaltend. Die Unfruchtbarkeit bleibe bestehen, mit oder ohne ärztliche Behandlung. Des weitern sei davon auszugehen, dass die Sterilität in der Regel auf einem anatomischen oder physiologischen Hindernis beruhe, welches das Eintreten einer Schwangerschaft verunmögliche. Solche Hindernisse könnten heute vielfach durch die ärztliche Kunst beseitigt werden. So sei die Hormonstimulation bei der Ovarialinsuffizienz von der Methode her durchaus vergleichbar mit der Insulinsubstitution bei Diabetes. Gelinge es jedoch nicht, das Hindernis zu beseitigen, vermöge nur noch die künstliche Befruchtung weiterzuhelfen. Wenn es das Ziel jeder ärztlichen Behandlung sei, die physischen und psychischen Schädigungen der Gesundheit zu beseitigen, könne die Insemination nur dann eine Pflichtleistung der Krankenkassen sein, wenn die Kinderlosigkeit als Krankheit begriffen werde. Es sei indessen nicht Aufgabe der Krankenkassen, das Risiko der Kinderlosigkeit zu decken. Wer sich mit den Folgen von Fertilitätsstörungen nicht abzufinden vermöge, könne zwar Zuflucht bei den Methoden der Fortpflanzungshilfe nehmen. Es gehe aber nicht an, die Kosten für die Inanspruchnahme der modernen Fortpflanzungsmedizin der Versichertengemeinschaft zu überbinden. 6. a) Den Ausführungen der Beschwerdeführerin ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Behebung der Sterilität für sich allein kaum je den Behandlungszweck darstellen dürfte. Ziel der ärztlichen Vorkehren bei Sterilität ist in der Regel die Herbeiführung einer Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes. Insofern sind ärztliche Vorkehren bei Sterilität stets auf die Behebung einer (absoluten oder relativen) Kinderlosigkeit gerichtet. Die Leistungspflicht der Krankenkassen lässt sich daher nicht schon damit verneinen, dass die künstliche Insemination nicht auf die Behandlung der Sterilität, sondern auf die Behebung der Kinderlosigkeit gerichtet sei. BGE 121 V 289 S. 297 Hinsichtlich ihres Ziels unterscheidet sich die streitige künstliche Insemination nicht von den zu Pflichtleistungen der Krankenkassen Anlass gebenden andern Methoden zur Überwindung der Sterilität, insbesondere der operativen oder medikamentösen Therapie. Sie ist wie diese darauf gerichtet, die aus medizinischen Gründen nicht zustandegekommene natürliche Befruchtung im Körper der Frau herbeizuführen. Entgegen den Ausführungen der Krankenkasse steht nicht eine künstliche Befruchtung zur Diskussion; künstlich ist lediglich die Einführung des männlichen Samens in die Geschlechtsorgane der Frau, wogegen die Befruchtung auf natürlichem Wege erfolgt (FRANK, Die künstliche Fortpflanzung beim Menschen im geltenden und im künftigen Recht, Zürich 1989, S. 26; BUCHLI-SCHNEIDER, Künstliche Fortpflanzung aus zivilrechtlicher Sicht, Diss. Bern 1987, S. 30 ff.). Insofern unterscheidet sich die künstliche Insemination auch gegenüber andern Methoden der Fortpflanzungshilfe wie der In-vitro-Fertilisation und dem Embryo-Transfer. Wie es sich hinsichtlich des therapeutischen Charakters dieser Massnahmen verhält, hat das Eidg. Versicherungsgericht bisher offengelassen ( BGE 119 V 35 Erw. 6, BGE 113 V 47 Erw. 4 d/dd) und bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Antwort. b) Nach dem in Erw. 4b Gesagten ist sodann festzuhalten, dass sich die therapeutischen Massnahmen im Sinne des KUVG nicht auf ärztliche Vorkehren beschränken, die auf eine Heilung gesundheitlicher Störungen gerichtet sind. Würde bezüglich der Sterilität anders entschieden, so hätte dies stossende Rechtsungleichheiten zur Folge, weil eine Heilung nur in besondern Fällen, so bei der operativen Beseitigung organisch-anatomischer Ursachen möglich ist. Dagegen führen insbesondere Hormonbehandlungen in der Regel zu keiner Heilung, da sie am Zustand der Sterilität lediglich vorübergehend etwas ändern. Dass auch den Hormonbehandlungen der therapeutische Charakter abzusprechen ist, wird von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht geltend gemacht. Richtig ist, dass sich die künstliche Insemination von andern Behandlungsformen der Sterilität, insbesondere der Hormonbehandlung, dadurch unterscheidet, dass nicht unmittelbar die Ursachen der Sterilität angegangen werden. Das angestrebte Ziel, nämlich die Herbeiführung einer Befruchtung und damit einer Schwangerschaft, wird vielmehr indirekt zu erreichen versucht, indem das bestehende organische oder immunologische Hindernis durch das instrumentelle Einbringen von Samenzellen in die Geschlechtsorgane der Frau überwunden wird. Ob eine ärztliche Vorkehr BGE 121 V 289 S. 298 therapeutischen Charakter im Sinne der Verordnungbestimmung aufweist, bestimmt sich indessen nicht nach der Behandlungsmethode, sondern nach dem Zweck der Massnahme (RSKV 1973 Nr. 161 S. 32). Therapeutisch im Sinne von Art. 21 Vo III über die Krankenversicherung können auch Massnahmen sein, die eine kausale Therapie ersetzen oder diese ergänzen, wie es etwa bei der Implantation von Herzschrittmachern zur Behebung von Herzrythmusstörungen der Fall sein kann. Wohl unterscheidet sich die künstliche Insemination auch gegenüber diesen Vorkehren, indem das Grundleiden als solches nicht beeinflusst wird. Dies bildet indessen nicht Begriffsmerkmal der therapeutischen Massnahme, indem auch blosse Substitutionstherapien (wie beispielsweise die Insulinverabreichung bei Diabetes mellitus Typ 1) in die Leistungspflicht der Krankenkassen fallen. Dass solche Therapien lebenserhaltend oder zumindest geeignet sind, eine schwere Gesundheitsschädigung zu verhindern, ist nicht vorausgesetzt, wie gerade das Beispiel der Hormonbehandlung bei Sterilität zeigt. Was die Beschwerdeführerin schliesslich unter Hinweis auf die Aufgaben der Krankenversicherung in grundsätzlicher Hinsicht vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Die Auffassung der Krankenkasse verkennt die besondere Natur der Sterilität als Funktionsstörung mit Krankheitswert und trägt dem Behandlungsziel der streitigen Massnahme (Behebung der Kinderlosigkeit) nicht hinreichend Rechnung. Sie hätte zudem Rechtsungleichheiten zur Folge, indem je nach Ursache der Sterilität Leistungen zu erbringen wären oder nicht. Mit der Vorinstanz ist der therapeutische Charakter der streitigen Massnahme daher zu bejahen. c) An diesem Ergebnis vermag nichts zu ändern, dass für die Sterilitätsbehandlung keine medizinische Notwendigkeit besteht. Abgesehen davon, dass andernfalls eine Leistungspflicht der Krankenkassen bei Sterilität praktisch entfiele, bildet die medizinische Notwendigkeit für eine ärztliche Vorkehr kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da es nicht Sache der Krankenkassen oder des Richters sein kann, darüber zu befinden, was im Einzelfall unter medizinischen Gesichtspunkten notwendig ist und was nicht. Praxisgemäss genügt es daher für die Leistungspflicht der Krankenkassen, wenn eine ärztliche Vorkehr als medizinisch indiziert gelten kann (vgl. hiezu RKUV 1986 Nr. K 679 S. 226), sofern die übrigen Voraussetzungen gemäss Art. 21 Abs. 1 der Vo III über die Krankenversicherung erfüllt sind. BGE 121 V 289 S. 299 Eine medizinische Indikation besteht im vorliegenden Fall insofern, als Hormonbehandlungen erfolglos geblieben sind und die Sterilität zufolge der neu aufgetretenen immunologischen Ursache nicht auf andere Weise als mit künstlicher Insemination überwunden werden kann (Bericht PD Dr. B. vom 31. Januar 1992). Die Massnahme erfüllt damit auch die nach dem Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung und eine nationale Ethikkommission (Humanmedizingesetz) vom Juni 1995 für die Zulässigkeit der medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverfahren vorgesehenen Bedingungen. Danach ist eine medizinische Indikation gegeben, wenn die Unfruchtbarkeit eines Paares überwunden werden soll und die andern Behandlungsmethoden versagt haben oder als aussichtslos erscheinen (Art. 5 Abs. 1 lit. a VE). 7. Zu prüfen bleibt, ob die durchgeführte homologe künstliche Insemination die Voraussetzungen der Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der therapeutischen Massnahme erfüllt (Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung). a) Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsmethode dann als wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist. Entscheidend sind dabei das Ergebnis der Erfahrungen und der Erfolg einer bestimmten Therapie ( BGE 120 V 122 Erw. 1a, 211 Erw. 7a). Die künstliche Insemination wird in der Schweiz seit Jahrzehnten praktiziert und ist klinisch längst erprobt. Im Gegensatz zu andern Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (vgl. diesbezüglich BGE 119 V 29 Erw. 3b) hat sie weder experimentellen Charakter noch sind damit besondere Risiken verbunden. Nach den Angaben im Begleitbericht zum Vorentwurf eines Humanmedizingesetzes vom Juni 1995 kommt die homologe künstliche Insemination sehr häufig (mehrere tausend Mal pro Jahr) zur Anwendung, wogegen die Zahl der heterologen Inseminationen zurückgegangen ist (S. 27 Ziff. 151.2). Die Wissenschaftlichkeit der künstlichen Insemination lässt sich auch unter dem nach der Rechtsprechung massgebenden Gesichtspunkt des zu erwartenden Erfolgs bejahen. Im Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin vom 19. August 1988 wurde die Schwangerschaftsrate bei der homologen Insemination je nach Ursache der Unfruchtbarkeit mit 3 bis 10% und bei der heterologen Insemination mit 10 bis 15% pro Inseminationsversuch angegeben. Die Erfolgsrate der Behandlung insgesamt BGE 121 V 289 S. 300 liegt höher und wird für die heterologe Insemination mit 50 bis 90% veranschlagt (BBl 1989 III 1040f.). Im Begleitbericht zum Vorentwurf eines Humanmedizingesetzes, welcher offenbar auf neueren Erhebungen beruht, wird von einer Erfolgsrate von 3 bis 15% pro Behandlung bei der homologen Insemination gesprochen, während die durchschnittliche Schwangerschaftsrate bei der heterologen Insemination weiterhin mit 10 bis 15% pro Behandlungsversuch angegeben wird. Die Erfolgsrate der künstlichen Insemination konnte in der letzten Zeit somit eher noch gesteigert werden und ist heute ohne Zweifel als erheblich zu betrachten. Im Gegensatz zum Embryo-Transfer, wo das Eidg. Versicherungsgericht eine Erfolgsrate von 25% nicht als genügend bezeichnet hat ( BGE 119 V 30 Erw. 3d), ist zu berücksichtigen, dass bei der künstlichen Insemination die Befruchtung auf natürlichem Weg erfolgt und die Schwangerschaftsrate entsprechend geringer ist. Die Wissenschaftlichkeit der künstlichen Insemination ist nach dem Gesagten zu bejahen, ohne dass es ergänzender Abklärungen bedarf. Es besteht auch kein Anlass zur Einholung einer Stellungnahme der Fachkommission zu dieser Frage, da die vorhandenen Unterlagen, insbesondere der Begleitbericht zum Vorentwurf eines Humanmedizingesetzes, eine hinreichende Entscheidungsgrundlage darstellen. b) Nachdem im vorliegenden Fall andere Methoden zur Überwindung der Sterilität versagt haben und eine medizinische Indikation zur künstlichen Insemination gegeben ist, kann ohne weiteres auch die Zweckmässigkeit der Massnahme bejaht werden. Wie im bereits wiederholt erwähnten Begleitbericht zum Vorentwurf eines Humanmedizingesetzes ausgeführt wird, betragen die Kosten der künstlichen Insemination bei homologer Anwendung rund Fr. 200.- und bei heterologer künstlicher Insemination etwa Fr. 200.- bis 300.- pro Behandlung (S. 27 Ziff. 151.2). Damit lässt sich generell auch die Wirtschaftlichkeit der Massnahme bejahen, zumal die Hormonbehandlung in der Regel erheblich höhere Kosten verursacht. Über die Zahl der Versuche, die im Einzelfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch entsprechen, braucht im vorliegenden Verfahren nicht abschliessend entschieden zu werden. Nach den Angaben des behandelnden Arztes waren bei der Beschwerdegegnerin in der Zeit von Dezember 1990 bis November 1991 insgesamt sechs Zyklen mit homologer Insemination durchgeführt worden (Bericht PD Dr. B. vom 31. Januar 1992). Dies kann weder im Hinblick auf die Zahl der Versuche noch in bezug auf die BGE 121 V 289 S. 301 Gesamtkosten als unwirtschaftlich bezeichnet werden, woran auch der Umstand nichts ändert, dass die Behandlung erfolglos geblieben ist. Zu bejahen ist demzufolge auch die Wirtschaftlichkeit der Massnahme. c) Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass jedenfalls der homologen künstlichen Insemination nach herrschender Auffassung keine ethischen Gründe entgegenstehen, soweit es um die Behandlung von Ehepaaren oder von unverheirateten Paaren in stabilen Verhältnissen geht. Sie bildete nicht Gegenstand der medizinisch-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) zur Fortpflanzungsmedizin von 1981 und 1985 (Schweizerische Ärztezeitung 1982 S. 623, 1985 S. 1127; veröffentlicht auch von FRANK, a.a.O., Anhang Nr. 1 und 2), so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie in dieser Hinsicht als problemlos betrachtet wurde (vgl. auch Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin, BBl 1989 III 1094, 1101 sowie BUCHLI-SCHNEIDER, a.a.O., S. 63). Nach der neuesten Fassung der Richtlinien der SAMW vom 31. Dezember 1990 dürfen die Methoden ärztlich assistierter Fortpflanzung nur bei verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden unverheirateten Paaren angewendet werden, welche die Elternpflichten gegenüber dem Kind selber übernehmen wollen. Im übrigen werden für die homologe künstliche Insemination keine über die medizinische Indikation hinausgehenden Einschränkungen gemacht (Schweizerische Ärztezeitung 1991 S. 374 ff.). Nach dem gestützt auf Art. 24novies BV ergangenen Vorentwurf zu einem Humanmedizingesetz dürfen gependete Samenzellen nur bei Ehepaaren verwendet werden (Art. 4 Abs. 3 VE), wogegen die homologe Insemination auch unverheirateten Paaren offensteht. Eine Einschränkung besteht lediglich insofern, als nach dem Tode des Partners eine Insemination mit Keimzellen nicht zulässig ist (Art. 4 Abs. 5 VE). 8. Aus dem Gesagten folgt, dass es sich bei der streitigen künstlichen Insemination um eine Pflichtleistung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a KUVG und Art. 21 Abs. 1 Vo III über die Krankenversicherung handelt, weshalb die Beschwerdeführerin hiefür aufzukommen hat. Nach den zutreffenden und in diesem Punkt unbestritten gebliebenen Feststellungen der Vorinstanz umfasst die Leistungspflicht der Krankenkasse demnach sämtliche in Zusammenhang mit der Sterilitätsbehandlung (Hormonbehandlung, Kontrolluntersuchungen und künstliche Insemination) entstandenen Kosten, abzüglich Franchise und Selbstbehalt. BGE 121 V 289 S. 302 9. Da es im vorliegenden Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenlos ( Art. 134 OG ). Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu bezahlen ( Art. 159 Abs. 2 OG ).
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
25750880-a5ba-4457-b3d8-dfd2af92b838
Urteilskopf 138 III 620 92. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012
Regeste Art. 257 ZPO , Art. 8 ZGB ; Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen; Einreden und Einwendungen des Beklagten. Anforderungen an die Bestreitung des eingeklagten Anspruchs in tatsächlicher Hinsicht (E. 5.1.1). Konsequenz für das Gelingen des Beweises der anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Kläger (E. 6.2).
Erwägungen ab Seite 621 BGE 138 III 620 S. 621 Aus den Erwägungen: 5. Art. 257 Abs. 1 ZPO (SR 272) sieht unter dem Titel "Rechtsschutz in klaren Fällen" vor, dass das Gericht Rechtsschutz im summarischen (raschen) Verfahren gewährt, wenn zum einen der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar (lit. a) und zum anderen die Rechtslage klar ist (lit. b). Die Anwendung dieser bundesrechtlichen Bestimmung wird frei geprüft ( Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG ). Die Beweiswürdigung selbst hingegen ist eine Frage der Feststellung des Sachverhalts, die der Überprüfung grundsätzlich entzogen ist ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ; vgl. nicht publ. E. 2.2). 5.1.1 Ein Sachverhalt ist dann sofort beweisbar im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO , wenn er ohne zeitliche Verzögerung und ohne besonderen Aufwand nachgewiesen werden kann. Der Beweis ist in der Regel durch Urkunden zu erbringen ( BGE 138 III 123 E. 2.1.1 S. 125 mit Hinweisen). Der Rechtsschutz in klaren Fällen unterliegt keiner Beweisstrengebeschränkung. Blosses Glaubhaftmachen genügt für die Geltendmachung des Anspruchs nicht, sondern der Kläger hat den vollen Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen zu erbringen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7221, 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 257 ZPO ; DIETER HOFMANN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; INGRID JENT-SØRENSEN, in: ZPO, Kurzkommentar, Paul Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 10 zu Art. 257 ZPO ; ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 375). Bestreitet die Gegenpartei die Tatsachen glaubhaft, kann der schnelle Rechtsschutz in klaren Fällen nicht gewährt werden, da kein liquider Sachverhalt vorliegt (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO; SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 7 zu Art. 257 ZPO ; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2008, § 21 Rz. 54; JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 BGE 138 III 620 S. 622 zu Art. 257 ZPO mit Hinweisen; FRANO KOSLAR, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Anders als eine glaubhafte Bestreitung genügen nach Rechtsprechung und einhelliger Lehre offensichtlich unbegründete oder haltlose Bestreitungen, über die sofort entschieden werden kann, nicht, um einen klaren Fall auszuschliessen (Urteil 5A_645/2011 vom 17. November 2011 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein - wohl überwiegender - Teil der Lehre vertritt die Auffassung, der Rechtsschutz in klaren Fällen sei dagegen mangels Liquidität des Sachverhalts auszuschliessen, wenn die Gegenpartei konsistent und vollständig erhebliche Einwendungen oder Einreden geltend macht, die nicht haltlos erscheinen und umfangreicher beweismässiger Abklärungen bedürfen (FRANÇOIS BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, François Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 12 zu Art. 257 ZPO ; HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ; TARKAN GÖKSU, in: Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 257 ZPO ; KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ; vgl. auch die Hinweise bei JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, Rz. 11.180; vgl. in diesem Sinne für die Gewährung raschen Rechtsschutzes gemäss Art. 197 lit. a ZPO /SG: Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Andere Autoren fordern gestützt auf die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, in der von "glaubhaftem Vorbringen der Einwände" die Rede ist (BBl 2006 7352 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO), dass der Beklagte seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht (STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, a.a.O., § 21 Rz. 54; GASSER/RICKLI, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO ). Die Vorinstanz liess es vorliegend für ihre Verneinung eines klaren Falles genügen, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen vorbrachte, die ihr "nicht haltlos" erschienen. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz hätte verlangen müssen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Einreden bzw. deren tatsächliche Grundlagen glaubhaft macht. Der Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO erlaubt es der klagenden Partei, bei eindeutiger Sach- und Rechtslage rasch, d.h. ohne einlässlichen Prozess im ordentlichen Verfahren, zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen (BBl 2006 7351 Ziff. 5.18 zu Art. 253 E-ZPO). Bei Gewährung des BGE 138 III 620 S. 623 Rechtsschutzes ergeht mithin ein definitives, der materiellen Rechtskraft fähiges Urteil, das einer neuen Beurteilung der Sache wegen der res iudicata-Wirkung entgegensteht. Mit Blick auf diese Wirkung ist vom Kläger mit der einhelligen Lehre zu verlangen, dass er sofort ( Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO ) den vollen Beweis (vgl. BGE 133 III 153 E. 3.3 S. 162; BGE 128 III 271 E. 2b/aa S. 275) für die anspruchsbegründenden Tatsachen erbringt, so dass klare Verhältnisse herrschen (vgl. die vorstehend zitierten Autoren; vgl. dazu auch BGE 119 II 141 E. 4a S. 143 f. und E. 4c). Dies allein ist der relevante gesetzliche Massstab und nicht, ob der Beklagte seine Einwendungen glaubhaft gemacht hat oder nicht (HOFMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 257 ZPO ). Demnach muss es für die Verneinung eines klaren Falles genügen, dass der Beklagte substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die in tatsächlicher Hinsicht nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern (vgl. Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Die Ausführungen in der Botschaft, in denen "glaubhaftes Vorbringen der Einwände" verlangt wird, können zwangslos in diesem Sinne verstanden werden (in diesem Sinn wohl auch SUTTER-SOMM/LÖTSCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 257 ZPO , wo von "glaubhaften Einreden" gesprochen wird; s. ferner KOSLAR, a.a.O., N. 13 zu Art. 257 ZPO ). Demgegenüber ist ein klarer Fall zu bejahen, wenn das Gericht aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung gelangt, der Anspruch des Klägers sei ausgewiesen und eine eingehende Abklärung der beklagtischen Einwände könne daran nichts ändern. Somit kann den Lehrmeinungen nicht gefolgt werden, nach denen vom Beklagten gefordert wird, dass er seine Einwendungen wie bei der provisorischen Rechtsöffnung nach Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft macht. Damit wird die Eigenart des Rechtsschutzes in klaren Fällen nach Art. 257 ZPO verkannt, der es dem Kläger gestattet, rasch zu einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid zu kommen. Nach der Regel von Art. 8 ZGB trüge der Beklagte, der Einreden oder Einwendungen vorbringt, dafür an sich die Beweislast. Im Verfahren nach Art. 257 ZPO ist es ihm aber unter Umständen nicht möglich, seine Einwände unter den darin geltenden Beweismittelbeschränkungen (vgl. dazu BGE 138 III 123 E. 2.1.1 und 2.6) bzw. mit sofort verfügbaren Beweismitteln glaubhaft zu machen, während ihm der Beweis in einem einlässlichen ordentlichen Verfahren gelingen könnte. Würde ungeachtet substanziiert und schlüssig vorgetragener, erheblicher Einwände ein klarer Fall BGE 138 III 620 S. 624 bejaht und im Verfahren nach Art. 257 ZPO ein rechtskräftiger Entscheid zu Ungunsten des Beklagten gefällt, blieben dessen Einreden für immer unberücksichtigt, ohne dass er jemals zum ordentlichen Beweis derselben zugelassen würde. Diese Situation ist mit derjenigen im Rechtsöffnungsverfahren nicht vergleichbar, in dessen Rahmen auch bei Gutheissung des Rechtsöffnungsbegehrens kein rechtskräftiger Entscheid über den erhobenen Anspruch ergeht, sondern einzig entschieden wird, dass die Betreibung - unter Vorbehalt einer Aberkennungsklage - weitergeführt werden kann. In der Aberkennungsklage, auf die hin erst ein rechtskräftiges Urteil ergeht, kann sich der Schuldner nachträglich mit allen Mitteln gegen die Forderung zur Wehr setzen (vgl. dazu BGE 133 III 645 E. 5.3; BGE 120 Ia 82 E. 6c S. 84 f.; BGE 100 III 48 E. 3 S. 50), mithin seine Einwendungen, die er im Rechtsöffnungsverfahren nicht glaubhaft machen konnte, noch beweisen (vgl. zum Ganzen: GÖKSU, a.a.O., N. 8 Fn. 14 zu Art. 257 ZPO ). Dies ist dem im Verfahren nach Art. 257 ZPO unterlegenen Beklagten verwehrt. Die Vorinstanz verletzte mithin kein Bundesrecht, indem sie es für die Verweigerung des Rechtsschutzes nach Art. 257 ZPO genügen liess, dass die Beschwerdegegnerin Einwendungen erhob, die ihr "nicht als haltlos" erschienen. (...) 6. (...) 6.2 Fehl geht die Beschwerdeführerin sodann auch, wenn sie vorbringt, der Beweis, dass das Benutzungsrecht der Beschwerdegegnerin am streitbetroffenen Grundstück trotz ordentlicher Kündigung der Gebrauchsleihe nach wie vor bestehe, sei durch die Beschwerdegegnerin zu erbringen. Wie vorstehend (E. 5.1.1) ausgeführt, genügt es im Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO , dass die beklagte Partei substanziiert und schlüssig Einwendungen vorträgt, die der Durchsetzung des eingeklagten Anspruchs (in casu: Besitzeinräumungsanspruch) entgegenstünden, wenn sie tatsächlich und rechtlich begründet wären. Der Frage der Beweislastverteilung kommt in einem solchen Verfahren keine entscheiderhebliche Bedeutung zu (Urteil 4P.6/2005 vom 30. März 2005 E. 3.4). Immerhin lässt sich sagen, dass die Rechtslage, nach welcher der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen voll zu beweisen hat und sich der Beklagte mit substanziierten und schlüssigen Einwendungen begnügen kann, dazu führt, dass der Kläger auch BGE 138 III 620 S. 625 den Beweis für den Nichtbestand des diesen zugrunde gelegten Tatsachenfundaments erbringen muss, wenn er liquide Verhältnisse schaffen will (vgl. JENT-SØRENSEN, a.a.O., N. 11 zu Art. 257 ZPO ).
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
257776a8-e46d-4fa5-92e5-283169ab254f
Urteilskopf 140 I 240 18. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Steuerverwaltung des Kantons Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_89/2013 / 2C_90/2013 vom 13. Juni 2014
Regeste Art. 30 Abs. 1 BV ; Garantie des verfassungsmässigen Richters. Ein Richter bzw. eine Richterin kann nicht über Entscheide einer Behörde urteilen, die seine Ehefrau bzw. ihr Ehemann durch deren bzw. dessen Weisung als Chef oder Stellvertreter veranlasst hat (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 140 I 240 S. 240 A. Mit Verfügung vom 30. März 2010 wurden A.A. und B.A. für das Steuerjahr 2005 von der Steuerverwaltung des Kantons Schwyz hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteuern mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 3'405'800.-, einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'128'000.- und hinsichtlich der direkten Bundessteuer mit BGE 140 I 240 S. 241 einem steuerbaren Einkommen von Fr. 3'414'700.- veranlagt. Gegenüber der Selbstdeklaration rechnete die Steuerbehörde insbesondere ein Einkommen aus der Privatentnahme von Patenten auf, die per 31. Dezember 2005 vom Geschäfts- ins Privatvermögen überführt worden waren. Dagegen erhoben die Eheleute A. Einsprache. Nach einer ergebnislosen Besprechung auf der kantonalen Steuerverwaltung überwies der zuständige Steuerkommissär mit Zustimmung der stellvertretenden Abteilungsleiterin die Einsprache zur Behandlung an die Steuerkommission. Die Einsprache wurde abgewiesen. Das Verwaltungsgericht wies mit Entscheid vom 22. November 2012, an welchem Verwaltungsrichter Andreas Risi mitwirkte, die Beschwerde ab. B. Vor Bundesgericht beantragen die Eheleute A.A. und B.A., den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zwecks Neufestsetzung der kantonalen Einkommenssteuern sowie der direkten Bundessteuer zurückzuweisen. Sie rügen u.a. eine Verletzung des Anspruchs auf ein unparteiisches und unvoreingenommenes Gericht nach Art. 30 Abs. 1 BV , da Herr Andreas Risi (mitwirkender Verwaltungsrichter) mit der stellvertretenden Abteilungschefin der kantonalen Steuerverwaltung verheiratet sei. (...) Nachdem das Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung ans Bundesgericht u.a. ausgeführt hat, dass die Beschwerdeführer den Ausstand bereits vor Verwaltungsgericht hätten monieren sollen, machen diese in ihrer Replik vom 28. Mai 2013 geltend, dem Vertreter sei erst im Nachhinein per Zufall die Tatsache bekannt geworden, dass der Richter Andreas Risi mit der stellvertretenden Abteilungsleiterin der kantonalen Steuerverwaltung verheiratet sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) Aus den Erwägungen: Erwägungen 2. 2.1 Strittig ist im vorliegenden Fall der Ausstand von Verwaltungsrichter Andreas Risi. Das DBG (SR 642.11) und das StHG (SR 642.14) enthalten in ihren Verfahrensvorschriften ( Art. 140 ff. DBG bzw. Art. 50 StHG ) keine Vorschriften über den Ausstand. Anwendbar ist damit die Justizverordnung des Kantons Schwyz vom 18. November 2009 (SRSZ 231.110; § 2 Abs. 2). § 132 nennt die Ausstands-, § 133 die Ablehnungsgründe. Beide Vorschriften werden indes nicht als verletzt gerügt, sondern nur die BGE 140 I 240 S. 242 Minimalvorschrift der Bundesverfassung ( Art. 30 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG ). Es ist deshalb der Sachverhalt nur in Bezug auf diese zu prüfen. 2.2 Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BV hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, wenn also Umstände bestehen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein. Bei der Beurteilung solcher Umstände ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Ob diese Garantien verletzt sind, prüft das Bundesgericht frei (zum Ganzen BGE 139 I 121 E. 5.1 S. 125 f.; BGE 137 I 227 E. 2.1 S. 229; je mit weiteren Hinweisen). Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich mit der Beziehung der Richter und den Verfahrensbeteiligten, insbesondere zwischen Richtern und Parteien oder Richtern und Parteivertretern, auseinandergesetzt (vgl. etwa BGE 139 I 121 E. 5 S. 125 ff.; BGE 139 III 120 E. 3.2.1 S. 124; BGE 133 I 1 E. 5.2 S. 3 f.; BGE 92 I 271 E. 5 S. 276 f.; Urteile 1P.754/ 2006 vom 13. Februar 2007 E. 2.4; 1C_428/2007 vom 19. Juni 2008 E. 2.1; 1P.265/1997 vom 14. August 1997 E. 2b). Die vorliegende Konstellation tangiert ebenfalls dieses Verhältnis. Ein Ausstandsgrund besteht dabei dann, wenn sich aus dem Familienrechtsverhältnis der Anschein der Befangenheit bei der Entscheidfindung des Richters ergibt. 2.3 2.3.1 Die Ehefrau des Verwaltungsrichters Andreas Risi ist stellvertretende Abteilungsleiterin der Abteilung "Veranlagung Natürliche Personen" (vgl. Staatskalender des Kantons Schwyz 2012-2014, S. 90). Die Abteilung gliedert sich in drei Bereiche und umfasst etwa 50 Steuerkommissärinnen und -kommissäre. Der Steuerkommissär, der die Beschwerdeführer veranlagte, ist einer von mehreren Teamleitern. BGE 140 I 240 S. 243 2.3.2 Kantonale Verwaltungen sind hierarchisch aufgebaut (vgl. RAIMUND E. GERMANN, Öffentliche Verwaltung in der Schweiz, 1998, S. 61 ff.; PIERRE MOOR, Droit administratif, L'organisation des activités administratives, Bd. III, 1992, S. 42 ff. i.V.m. 9 ff. "une sorte de tradition helvétique"). Mit der Hierarchisierung der Verwaltung sind notwendigerweise rechtliche Funktionen verbunden (vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 46; MOOR, a.a.O., S. 42 ff. i.V.m. 10): Dazu gehört u.a. die Dienstaufsicht und der Dienstbefehl . Dem Leiter einer kantonalen Abteilung und seiner Stellvertreterin, die jenen definitionsgemäss vertritt und deshalb grundsätzlich über den gleichen Wissensstand und die gleichen Kompetenzen verfügt, kommt die Aufgabe zu, innerhalb der Abteilung für eine einheitliche gesetzmässige Praxis zu sorgen. Beide haben Weisungsbefugnis über die Mitarbeiter der Abteilung, und zwar nicht nur in personeller, sondern auch in fachlicher Hinsicht. Ihnen steht auch die Weisungsbefugnis in konkreten Einzelfällen zu (siehe dazu TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 39 Rz. 32 2. Lemma; MOOR, a.a.O., S. 10). Damit kommt dem Abteilungsleiter bzw. seiner Stellvertreterin quasi flächendeckend die Möglichkeit zu, auf jeden Einzelfall (direkt) Einfluss zu nehmen, welcher später vom Verwaltungsgericht allenfalls überprüft werden muss. Ist nun ein Verwaltungsrichter bzw. eine Verwaltungsrichterin mit einer solchen weisungsberechtigten Person verheiratet oder in einer dauernden Lebensgemeinschaft, so liegen Umstände vor, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit dieses Richters bzw. dieser Richterin zu erwecken, weil die Urteilsfindung des Richters bzw. der Richterin von der Rechtsauffassung seiner Ehefrau bzw. ihres Ehemanns (positiv oder negativ) beeinflusst werden könnte (vgl. dazu auch REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, 134). Daher kann bei solchen Konstellationen der Richter bzw. die Richterin nicht über Entscheide einer Behörde urteilen, welche seine Ehefrau bzw. ihr Ehemann durch deren bzw. dessen - oben dargestellte - Weisung veranlasst hat (siehe auch das Bundesgericht betreffend Art. 34 Abs. 1 lit. c BGG ). 2.3.3 Auch die Verwaltung des Kantons Schwyz ist hierarchisch aufgebaut (vgl. § 20 ff. der Verordnung vom 27. November 1986 über die Organisation des Regierungsrates und der kantonalen Verwaltung [SRSZ 143.110] und die Vollzugsverordnung vom 11. September 2007 über die Aufgaben und die Gliederung der Departemente und der Staatskanzlei [SRSZ 143.111]); das trifft auch auf die BGE 140 I 240 S. 244 kantonale Steuerverwaltung zu. Es erübrigt sich jedoch, darauf näher einzugehen und das konkrete Stellvertretungsverhältnis zu analysieren, denn die stellvertretende Abteilungsleiterin hat - wie aus den Akten hervorgeht ( Art. 105 Abs. 2 BGG ) - an der Veranlagung tatsächlich mitgewirkt. Insofern bestehen offensichtlich Umstände, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des mitentscheidenden Richters zu erwecken. 2.4 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss der Ablehnungs- bzw. Ausstandsgrund sofort geltend gemacht werden, wenn der Betroffene davon Kenntnis hat; wer sich trotzdem stillschweigend auf das Verfahren einlässt, verzichtet auf die Geltendmachung seiner Rechte; ein späteres Vorbringen ist treuwidrig und der Ablehnungsgrund deshalb verwirkt (vgl. BGE 136 I 207 E. 3.3 S. 211; BGE 134 I 20 E. 4.3.1 S. 21). Im vorliegenden Fall kann offengelassen werden, ob unter der in E. 2.3.2 geschilderten Konstellation anders zu verfahren und eine nachträgliche Rüge vor der nächsthöheren Instanz zuzulassen wäre. Hier ist die tatsächliche Mitwirkung der stellvertretenden Abteilungsleiterin zu beurteilen: Zwar können die Beschwerdeführer ohne Weiteres die Namen der urteilenden Verwaltungsrichter eruieren; daraus lässt sich für die vorliegende Konstellation indes nur dann ein Ausstandsgrund für diese folgern, wenn bei der Vorinstanz in der gleichen Sache "besonders nahe" Personen (Ehefrau/Ehemann, Lebenspartner bzw. -partnerin) mitgearbeitet haben. Insofern bedürfen die Beschwerdeführer der Kenntnis der in der Steuerverwaltung arbeitenden Personen; eine Pflicht, bei der Steuerverwaltung nach möglichen Gründen für einen Ausstand des Verwaltungsrichters Risi zu forschen, besteht aber nicht (vgl. BGE 115 V 257 E. 4c S. 263; KIENER, a.a.O., S. 360 f.). Aus den diversen Schreiben der Steuerverwaltung an die Beschwerdeführer ergibt sich zudem nicht, dass diese wissen konnten, dass die stellvertretende Abteilungsleiterin direkt in die strittige Angelegenheit involviert war. Auch anderweitig spricht nichts dafür, dass die Aussage der Beschwerdeführer tatsachenwidrig ist, wonach sie erst im Nachhinein vom Ausstandsgrund Kenntnis erlangt haben. Insofern kann nicht als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden, dass die Befangenheit erst im bundesgerichtlichen Verfahren gerügt wurde.
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nan
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2,014
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
257df559-3111-4394-9a1d-97fb830e16af
Urteilskopf 118 Ib 26 4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. März 1992 i.S. X. gegen M. AG, Gemeinde Herisau und Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde).
Regeste Ausführungsrecht im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG . Fabrikerweiterung in einem Gebiet mit übermässiger Luftbelastung; Emissionsbegrenzung nach Art. 12 USG ; Massnahmenplan nach Art. 31 ff. LRV . 1. Überprüfung eines kantonalen Entscheids, in dem auf ein Rechtsmittel nicht eingetreten (Hauptstandpunkt), dieses aber zugleich materiell geprüft wird (Eventualstandpunkt; E. 2b). 2. Als Ausführungsbestimmungen im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG gelten Normen, welche raumplanerische Funktionen erfüllen; dazu zählen nicht nur die eigentlichen Planungsvorschriften, sondern auch alle Bauvorschriften, die der planungsrechtlichen Zonenordnung erst ihren konkreten Inhalt geben (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 4b). 3. Beurteilung einer neuen stationären Anlage (Fabrikerweiterung), die für sich allein keine übermässige Luftverunreinigung bewirkt, jedoch in einem Gebiet mit einer übermässigen Gesamtbelastung der Luft liegt. Festlegung von Emissionsbegrenzungen nach Grundsätzen der Koordination und der Lastengleichheit. Massnahmenplan als Koordinationsinstrument. Anordnung von verschärften Emissionsbegrenzungen im Baubewilligungsverfahren im zu beurteilenden Fall abgelehnt (E. 5b-h).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 118 Ib 26 S. 27 Die M. AG in Herisau stellt chemische Messgeräte her. Sie beabsichtigt, ihre bereits bestehenden Gebäude am Rande des Ortskerns um einen Anbau mit Garagen-, Lager- und Montageräumen zu erweitern. Insgesamt sollen mit dem Bauprojekt 15 neue Parkplätze geschaffen werden. Die M. AG reichte am 21. März 1989 ein Baugesuch zur Realisierung des Vorhabens ein. Dagegen erhob Frau X., Eigentümerin einer Liegenschaft gegenüber dem Mitteltrakt der heute insgesamt 145 Meter langen Gebäude der M. AG, in etwa 60 Meter Entfernung vom geplanten neuen Anbau, Einsprache. Neben ihrer Liegenschaft befindet sich auf der gleichen Strassenseite und in der Richtung des projektierten Anbaus ein Migros-Einkaufszentrum mit zahlreichen Parkplätzen für die Kunden. Die Hochbaukommission Herisau wies am 15. August 1989 die Einsprache von X. ab. Diese erhob gegen den Entscheid der Hochbaukommission Rekurs an den Gemeinderat von Herisau, welcher ihr Rechtsmittel am 6. Februar 1990 abwies bzw. teilweise mangels Legitimation nicht darauf eintrat. Den Entscheid des Gemeinderats focht sie darauf beim Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. an. Dieser trat auf ihren Rekurs nicht ein, nahm aber gleichzeitig zu den geltend gemachten Rügen auch materiell Stellung und gelangte zur Abweisung des Rekurses für den Fall, dass darauf eingetreten werden müsste. X. reichte eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde und eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein. Sie beantragt, es sei BGE 118 Ib 26 S. 28 der Entscheid des Regierungsrats aufzuheben. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt sie zudem, es sei die Sache zur Ermittlung des Jahresmittelwerts von Stickstoffdioxid in der Umgebung der M. AG an die Vorinstanz zurückzuweisen und es seien die erforderlichen Auflagen anzuordnen, damit dieser Jahresmittelwert infolge des Bauvorhabens nicht weiter ansteige. Sie macht zunächst geltend, der Regierungsrat habe ihre Legitimation im kantonalen Verfahren in willkürlicher Weise verneint. Bezüglich der vom Regierungsrat eventualiter angeführten materiellen Beurteilung rügt sie mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine Verletzung der Vorschriften der Luftreinhalteverordnung, mit der staatsrechtlichen Beschwerde eine willkürliche Anwendung der kantonalen und kommunalen Vorschriften über die Zonenkonformität, die Bauhöhe und den Strassenabstand. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Die staatsrechtliche Beschwerde weist es ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. b) Der Regierungsrat trat auf den Rekurs der Beschwerdeführerin nicht ein, fügte aber zugleich an, das Rechtsmittel hätte abgewiesen werden müssen, wenn darauf eingetreten worden wäre. Die Anfügung einer Eventualbegründung neben dem Hauptstandpunkt dient der Prozessökonomie. Nach der Rechtsprechung wird in einem solchen Fall nämlich von der Aufhebung des kantonalen Entscheids abgesehen, wenn dieser zwar zu Unrecht nicht auf ein Rechtsmittel eingetreten ist, dieses jedoch gleichzeitig im Eventualstandpunkt materiell geprüft und mit haltbaren Erwägungen als unbegründet bezeichnet hat. Die Aufhebung des kantonalen Entscheids wegen formeller Rechtsverweigerung würde diesfalls nur zu einer unnützen Verlängerung des Verfahrens führen ( BGE 105 Ia 118 E. 2; BGE 103 Ia 17 ; BGE 101 Ia 37 ). Vorliegend ist somit zunächst zu prüfen, ob es der Regierungsrat ablehnen durfte, auf den Rekurs der Beschwerdeführerin einzutreten. Diese Prüfung hat bezüglich der Rügen der Nichtanwendung von Bundesumweltschutzrecht im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, bezüglich der anderen Rügen dagegen im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde zu erfolgen. Soweit sich eine Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet erweist, ist sie abzuweisen, und es hat dabei sein Bewenden. Erscheint eine Beschwerde dagegen in diesem Punkt als begründet, so ist sie deshalb noch nicht BGE 118 Ib 26 S. 29 gutzuheissen. Vielmehr schliesst sich dann die Untersuchung an, ob der Eventualstandpunkt des Regierungsrats haltbar ist. Diesem kommt dabei eine selbständige Bedeutung zu, und es ist deshalb auch zu prüfen, ob diesbezüglich die Eintretensvoraussetzungen vor Bundesgericht gegeben sind. Aus diesem Grund ist es möglich, dass auf eine Beschwerde, die im Hauptstandpunkt allein gutgeheissen werden müsste, bei der anschliessenden Beurteilung des Eventualstandpunkts nicht eingetreten wird. Der Rechtssuchende wird dadurch nicht schlechter gestellt, als wenn sein Rechtsmittel zunächst gutgeheissen und die Sache an die letzte kantonale Instanz zurückgewiesen würde und er sich hierauf gegen deren materiellen Entscheid, der im vorliegenden Verfahren dem Eventualstandpunkt entspricht, wieder an das Bundesgericht wendete. Eine Gutheissung im Hauptstandpunkt ist bei der Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen zu berücksichtigen. 4. Im Hauptstandpunkt des angefochtenen Entscheids wird auf die Rügen betreffend eine Verletzung der kantonalen und kommunalen Vorschriften über die Zonenkonformität, die Bauhöhe und den Strassenabstand nicht eingetreten. Die Beschwerdeführerin macht mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend, dieser Nichteintretensentscheid verstosse gegen Art. 4 BV . b) Im angefochtenen Entscheid wird die Legitimation der Beschwerdeführerin, eine Verletzung der kantonalen und kommunalen Vorschriften über die Zonenkonformität, die Bauhöhe und den Strassenabstand zu rügen, allein nach Art. 91 Abs. 1 des Gesetzes über die Einführung des Bundesgesetzes zur Raumplanung des Kantons Appenzell A.Rh. vom 28. April 1985 (EG zum RPG) beurteilt. Soweit gegen einen kantonalen Entscheid wie hier lediglich die staatsrechtliche Beschwerde ergriffen werden kann, sind die Kantone in der Umschreibung der Legitimation im Prinzip frei. Der Grundsatz der Einheit des Verfahrens, nach dem auch im kantonalen Verfahren die Legitimation nicht enger als in Art. 103 OG umschrieben werden darf, findet keine Anwendung, da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nicht offen steht. In Abweichung von dieser Ordnung schreibt allerdings Art. 33 Abs. 2 und 3 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700) den Kantonen vor, gegen alle Verfügungen und Nutzungspläne, die sich auf das RPG und seine kantonalen und eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen, die Rechtsmittellegitimation mindestens im Umfang von Art. 103 OG vorzusehen, auch wenn in diesen Fällen allein die staatsrechtliche Beschwerde an das BGE 118 Ib 26 S. 30 Bundesgericht zulässig ist (vgl. dazu auch FRITZ GYGI, Der Rechtsschutz, in: Das Bundesgesetz über die Raumplanung, Berner Tage für die juristische Praxis 1980, S. 69 f.). Der Bundesgesetzgeber ergänzte mit dieser Regelung die materiellen Mindestanforderungen an die kantonale Raumplanung um eine solche im Rechtsschutzbereich, was zur Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung des RPG durchaus zweckmässig erscheint. Es fragt sich demnach, ob die vorliegend in Frage stehenden Vorschriften über die Zonenkonformität, die Bauhöhe und den Strassenabstand (Art. 28 ff. des EG zum RPG sowie Art. 23 und 45 des Baureglements der Gemeinde Herisau vom 13. Dezember 1970) als Ausführungsbestimmungen des RPG anzusehen sind und ob der Regierungsrat die Legitimation der Beschwerdeführerin nicht von strengeren Voraussetzungen abhängig machen durfte, als sie nach Art. 103 OG für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gelten. Den Bereich der kantonalen Ausführungsbestimmungen des RPG zu umschreiben, fällt nicht leicht. Die Entstehungsgeschichte von Art. 33 RPG gibt zu dieser Frage keinerlei Aufschluss (vgl. BGE 108 Ib 127 E. 2b). In der Rechtsprechung wurde erkannt, dass es nicht auf die Bezeichnung eines Erlasses als Ausführungsrecht zum RPG ankommen kann, sondern vielmehr auf die Funktion der betreffenden Normen abzustellen ist. Als kantonale Ausführungsbestimmungen im Sinne von Art. 33 RPG wurden solche betrachtet, die zur Hauptsache raumplanerische Züge tragen, indem sie der zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes dienen ( BGE 115 Ia 7 E. 2c; BGE 114 Ia 18 E. 2c; BGE 112 Ia 121 E. 3; BGE 108 Ib 128 E. 2b in fine). Typischerweise zählten dazu die Umschreibung der Baubewilligungspflicht und die nähere Ausführung der Mindestvoraussetzungen gemäss Art. 22 Abs. 2 RPG . Kantonalen und kommunalen Bauvorschriften ohne direkten Bezug zu diesen Fragen wurde dagegen verschiedentlich die Eigenschaft als Ausführungsrecht zum RPG abgesprochen, so einer Bestimmung über die Zulässigkeit von Wohn- und Arbeitsräumen im Erdeinschnitt bzw. in freistehenden Untergeschossen ( BGE 115 Ia 7 f. E. 2c), ferner Vorschriften über Grenz- und Gebäudeabstände sowie über die Bauhöhe (BGE BGE 113 Ia 19 f. E. 3a) und schliesslich Normen über die Festlegung der Ausmasse von Erschliessungsanlagen und die Umschreibung der genügenden Zugänglichkeit ( BGE 112 Ia 121 f. E. 3). Dagegen bezeichnete das Bundesgericht Bestimmungen über ein Vorkaufsrecht des Gemeinwesens zur Förderung des BGE 118 Ib 26 S. 31 Wohnungsbaus als Ausführungsrecht im Sinne von Art. 33 RPG ( BGE 114 Ia 18 f. E. 2c). Die dargelegte Rechtsprechung bedarf nicht bezüglich ihres Ausgangspunkts, jedoch hinsichtlich ihrer Ergebnisse einer Präzisierung. Als Ausführungsbestimmungen im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG sind die Normen zu betrachten, welche den Auftrag, die Massnahmen und Verfahren der Raumplanung, wie sie das Bundesrecht in Art. 22quater BV und in den Bestimmungen des RPG vorsieht, näher konkretisieren und damit der praktischen Verwirklichung zuführen. Eine raumplanerische Funktion erfüllen dabei nicht nur die eigentlichen Planungsmassnahmen, sondern auch alle Bauvorschriften, die der planungsrechtlichen Zonenordnung erst ihren konkreten Inhalt geben. Die baulichen Möglichkeiten in einer bestimmten Zone werden regelmässig nicht nur durch die Bestimmung der zulässigen Nutzweise, sondern auch durch Vorschriften über die einzuhaltende Ausnützung (Ausnützungs-, Überbauungs-, Freiflächen-, Baumassenziffern etc.), die Abstände (Grenz-, Gebäude-, Strassen-, Gewässer-, Waldabstand etc.), die Grösse der Bauten (Geschosszahl, Bauhöhe, -länge, -tiefe etc.) und die Überbauungsarten (offene und geschlossene Überbauung, Zulässigkeit von Hochhäusern etc.) bestimmt. Diese Vorschriften tragen regelmässig auch raumplanerische Züge und sind deshalb auch als Ausführungsrecht im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG zu betrachten, solange nicht eine andere Zielsetzung (z.B. verkehrspolizeiliche Gründe bei Strassenabstandsvorschriften) klar im Vordergrund steht. Keine raumplanerische Funktion kommt dagegen in der Regel den vorwiegend technischen Normen über die baustatische Sicherheit, die Verkehrssicherheit, den Brandschutz etc., aber auch den Bestimmungen über die Hygiene und innere Erschliessung der Räume sowie den Ästhetikvorschriften zu. Im vorliegenden Fall sind die von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Bestimmungen des Baureglements der Gemeinde Herisau über die Zonenkonformität (Art. 23 Abs. 1) und die Bauhöhe (Art. 23 Abs. 3) Ausführungsrecht im Sinne von Art. 33 Abs. 2 RPG , dienen sie doch dazu, die baulichen Möglichkeiten in der Wohn- und Gewerbezone zu konkretisieren. Ob dies auch für den Strassenabstand gemäss Art. 45 gilt, hängt davon ab, ob diese Vorschrift einem planerischen Zweck dient. Der Gemeinderat von Herisau und der Regierungsrat nehmen dazu nicht ausdrücklich Stellung, sondern führen lediglich aus, wieso aus Gründen der Verkehrssicherheit und des ortsplanerischen Erscheinungsbilds vorliegend von BGE 118 Ib 26 S. 32 der Einhaltung des Strassenabstands gemäss Art. 45 abgewichen werden dürfe. Aufgrund seiner Stellung im Baureglement dürfte Art. 45 zumindest auch eine planerische Funktion zukommen. Die Frage kann jedoch offenbleiben, da der Ausgang des Verfahrens davon nicht abhängt. Der Regierungsrat durfte somit nach Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG in Verbindung mit Art. 103 lit. a OG der Beschwerdeführerin zumindest bezüglich der Anwendung der Bestimmungen über die Zonenkonformität und die Bauhöhe die Legitimation im kantonalen Verfahren nicht absprechen. (...) 5. Gegenüber dem Eventualstandpunkt des Regierungsrats bringt die Beschwerdeführerin mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor, durch die Erteilung der Baubewilligung würde eine neue Immissionsquelle zugelassen, obwohl die Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid im fraglichen Gebiet von Herisau höchstwahrscheinlich überschritten seien. Es dürfe nicht eine neue stationäre Anlage bewilligt werden, ohne die Immissionssituation abzuklären und die allenfalls nötigen Massnahmen zur Reduktion der Luftbelastung anzuordnen. Andernfalls würden nur noch mit Mühe zu beseitigende Tatsachen geschaffen, und der neuerstellte Anbau müsste sogleich nach Vorschriften des USG saniert werden. b) Die Umweltschutzgesetzgebung bezweckt, Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume gegen schädliche oder lästige Einwirkungen zu schützen (Art. 1 Abs. 1 Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983, USG; SR 814.01). Das geltende Recht sieht die Begrenzung dieser unerwünschten Einwirkungen an der Quelle nach einem zweistufigen Konzept vor ( Art. 11 Abs. 1 USG ): Zunächst sind unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist ( Art. 11 Abs. 2 USG ). In einem zweiten Schritt sind die Emissionsbeschränkungen zu verschärfen, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden ( Art. 11 Abs. 3 USG ; vgl. auch BGE 117 Ib 34 E. 6a; BGE 116 Ib 168 E. 7, 438 E. 5b; BGE 115 Ib 426 f. E. 3a und b). Für die Beurteilung dessen, was als schädlich und lästig gilt und somit zu verschärften Emissionsbegrenzungen führt, ist in erster Linie auf Immissionsgrenzwerte abzustellen, die der Bundesrat durch Verordnung festlegt ( Art. 13 Abs. 1 USG ). Soweit solche Grenzwerte (noch) fehlen, haben die Vollzugsbehörden anhand der in BGE 118 Ib 26 S. 33 Art. 13 Abs. 2, 14 und 15 USG massgeblichen Gesichtspunkte im Einzelfall festzustellen, was als schädlich oder lästig zu bezeichnen ist ( BGE 117 Ib 32 E. 4a; BGE 115 Ib 463 f. E. 4d; BGE 112 Ib 46 E. 4a). Der Rahmen des umweltschutzrechtlich Zulässigen bestimmt sich nach den genannten Grundsätzen für jede Einwirkung (Luftverunreinigung, Lärm, Strahlen, Erschütterungen) getrennt. Die zu stellenden Anforderungen variieren zudem je nach der Art der in Frage stehenden Emissionsquelle (Fahrzeuge, Verkehrsanlagen, neue, geänderte oder bestehende stationäre bzw. ortsfeste Anlagen etc.). c) Vorliegend fragt sich einzig, ob der geplante neue Anbau der M. AG den Anforderungen an die Luftreinhaltung genüge. Das Bauvorhaben stellt nach Art. 2 der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV; SR 814.318.142.1) eine neue stationäre Anlage dar. Es genügt der für solche Anlagen in Art. 3 und 4 LRV konkretisierten Pflicht zur vorsorglichen Emissionsbegrenzung und bewirkt zudem für sich allein auch keine übermässigen Luftverunreinigungen, welche zu einer verschärften Emissionsbegrenzung nach Art. 5 Abs. 1 LRV Anlass gäben. Die Beschwerdeführerin befürchtet jedoch, dass mit der Erstellung des neuen Anbaus der M. AG im fraglichen Gebiet insgesamt der Immissionsgrenzwert gemäss Anhang 7 der LRV überschritten bzw. eine eventuell schon bestehende Überschreitung des Grenzwerts noch erhöht werde. Nach Art. 8 USG sind Einwirkungen sowohl einzeln als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken zu beurteilen. Beim Entscheid, ob nach Art. 11 Abs. 3 USG und Art. 5 Abs. 2 LRV verschärfte Emissionsbegrenzungen angeordnet werden müssen, sind deshalb die von einer bestimmten Quelle verursachten Luftverunreinigungen nicht isoliert, sondern unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Luftbelastung zu beurteilen. Für die Verschärfung der Emissionsbregrenzungen genügt also, dass eine Anlage zusammen mit anderen, schon bestehenden Quellen eine übermässige Gesamtbelastung bewirkt (ANDRÉ SCHRADE, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 1987, Art. 11, N 40 ). Aus den Abklärungen des Amtes für Umweltschutz des Kantons Appenzell A.Rh. geht hervor, dass der geplante Anbau der M. AG in einem Gebiet liegt, das zu den stärker belasteten in Herisau gehört und in dem der Immissionsgrenzwert der LRV vermutlich erreicht wird. Der Regierungsrat geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass der durch das Bauvorhaben verursachte Mehrverkehr vernachlässigbar sei, weshalb einer Baubewilligung keine BGE 118 Ib 26 S. 34 umweltschutzrechtliche Gründe entgegenstünden. Das Eidgenössische Departement des Innern vertritt demgegenüber zu Recht die Auffassung, dass die Geringfügigkeit der zusätzlichen Belastung nicht von der Anordnung verschärfter Emissionsbegrenzungen entbinden könne. Die Emissionen aus den geschätzten 60 Fahrzeugbewegungen, die 15 neue Parkplätze mit sich bringen, sind jedenfalls nicht so gering, dass sie umweltschutzrechtlich völlig ausser Betracht fielen. Demzufolge muss davon ausgegangen werden, dass das Bauvorhaben bei Berücksichtigung der schon bestehenden Luftbelastung zu einer übermässigen Gesamtbelastung beiträgt. d) Art. 12 USG enthält einen abschliessenden Katalog der Massnahmen, die zur Emissionsbegrenzung angeordnet werden können. Andere Instrumente stehen nicht zur Verfügung (vgl. Schrade, a.a.O., Art. 12, N 10 ). Für den Bereich der Luftverunreinigungen enthält das USG im Gegensatz zu den Lärmimmissionen (vgl. Art. 22, 25 USG ) keine besonderen Bestimmungen über Baubeschränkungen bei Überschreitung der festgesetzten Grenzwerte bzw. über allfällige Ausnahmen. Es ist vielmehr von der allgemeinen Ordnung von Art. 16-18 USG auszugehen, wonach alle Anlagen, die den Umweltvorschriften nicht genügen, saniert werden müssen. Wo wie im vorliegenden Fall mehrere Anlagen insgesamt eine übermässige Luftbelastung verursachen, drängt sich ein koordiniertes Vorgehen auf. Es sind weniger einzelne Massnahmen als ganze, aufeinander abgestimmte Massnahmenbündel erforderlich. Aus diesem Grund schreibt Art. 31 Abs. 1 LRV für Gebiete, in denen übermässige Immissionen auftreten, die Erstellung eines sogenannten Massnahmenplans vor. Dieser gibt die Quellen der Emissionen an, die für die Entstehung der übermässigen Gesamtbelastung verantwortlich sind, und bezeichnet die Massnahmen zur Verhinderung und Beseitigung der übermässigen Immissionen ( Art. 31 Abs. 2 LRV ). Der Massnahmenplan stellt damit ein Koordinationsinstrument dar, um in komplexen Situationen aus einer Gesamtbetrachtung heraus die geeigneten und verhältnismässigen Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität auszuwählen und anzuordnen. Bei der Sanierung mehrerer stationärer Anlagen ermöglicht er es insbesondere, alle Emittenten rechtsgleich zu behandeln und zu einem anteilsmässigen Beitrag zur Verbesserung der Situation anzuhalten (vgl. BGE 117 Ib 430 E. c und Urteil vom 8.1.1992 betreffend das N1-Ausführungsprojekt Greng-Löwenberg; TOBIAS JAAG, Der Massnahmenplan gemäss Art. 31 der Luftreinhalte-Verordnung, URP 1990 138; SCHRADE, a.a.O., Art. 16, N 39 ). BGE 118 Ib 26 S. 35 Aus den dargestellten Grundsätzen der Koordination und Lastengleichheit ergibt sich, dass die Emissionsbegrenzung für eine neue Anlage stets im Blick darauf festgelegt werden muss, dass auch die übrigen Emittenten ihren anteilsmässigen Beitrag zur Verbesserung der bestehenden oder übermässigen Gesamtbelastung leisten. Es geht deshalb nicht an, Verschärfungen der Emissionsbegrenzung allein bei neuen Anlagen anzuordnen und bestehende davon auszunehmen; andernfalls könnten in gewissen Gebieten überhaupt keine neue Anlagen mehr zugelassen werden (vgl. SCHRADE, a.a.O., Art. 11, N 39 ). Die Auffassung, wonach bei einer übermässigen Gesamtbelastung alle zusätzlichen Emissionen einer neuen Anlage durch entsprechende Reduktionen kompensiert werden müssten, verstösst gegen den Grundsatz der Lastengleichheit. Die M. AG kann daher lediglich zu einer anteilsmässigen Tragung der gesamthaft erforderlichen Emissionsbegrenzungen verpflichtet werden. Im nahen Umkreis des Bauvorhabens befinden sich weitere Anlagen, die auch zur bestehenden Luftbelastung beitragen (so z.B. die offenen Parkplätze des Migros-Einkaufszentrums); durch Sanierung dieser Anlagen haben deren Inhaber ebenfalls einen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität zu leisten. e) Die Bestimmung des Anteils der Emissionsbeschränkung, den eine neue Anlage zur Verbesserung der Luftqualität zu leisten hat, stösst auf die Schwierigkeit, dass zwischen jeder neuen Emissionsquelle und der schon bestehenden Umweltbelastung eine Wechselwirkung besteht: Je höhere Emissionen bei einer neuen Anlage zugelassen werden, desto stärkere Einschränkungen müssen den übrigen Emittenten im fraglichen Gebiet auferlegt werden und umgekehrt. So ist beispielsweise der Bau einer Strasse nicht allein wegen der aus ihrer Benützung resultierenden übermässigen Immissionen unzulässig; vielmehr ist in solchen Fällen einzig erforderlich, dass an anderer Stelle die entsprechenden Vorkehrungen zur Reduktion der Luftbelastung vorgenommen werden können ( Art. 19 LRV ; BGE 117 Ib 431 ). Aus diesem Grund kann die bei einem neuen Projekt anzuordnende Emissionsbegrenzung nicht allein durch eine arithmetische Operation aus der vorbestehenden Luftbelastung ermittelt werden. Dazu ist vielmehr die Abstimmung mit anderen umweltrechtlich relevanten Entscheidungen erforderlich. Das Instrument zu diesem Zweck bildet wie schon erwähnt der Massnahmenplan. Er gibt an, wie die umweltschutzrechtlichen Ziele erreicht werden sollen. Die dafür nötigen Massnahmen sind auf dem Weg der bestehenden Vorschriften von den zuständigen Instanzen BGE 118 Ib 26 S. 36 anzuordnen (vgl. Art. 33 und 34 LRV ). Das bedeutet, dass die erforderlichen Emissionsbegrenzungen über die Anpassung der entsprechenden Rechtsgrundlagen, z.B. der Bau- und Zonenordnung, erfolgen müssen. Weder das USG noch die LRV enthalten eine Rechtsgrundlage, um auf Bauland in einem übermässig belasteten Gebiet das Bauen durch entsprechende Emissionsbegrenzungen (z.B. durch ein Verbot neuer Parkplätze) praktisch vollständig zu unterbinden. Wo die Reduktion der Luftbelastung über eine Einschränkung der Bautätigkeit erfolgen soll, muss grundsätzlich die Zonenordnung abgeändert werden (ROBERT WOLF, Führt übermässige Luftverschmutzung zu Baubeschränkungen und Auszonungen?, URP 1991 79 f.). Solange dagegen eine solche Änderung nicht stattgefunden hat, können jedenfalls zonenkonforme Bauprojekte der vorliegenden Art, von denen durchschnittliche Einwirkungen ausgehen, nicht unter Hinweis auf eine übermässige Gesamtbelastung der Luft abgelehnt werden. Anders ist dies klarerweise, wenn sie für sich allein übermässige Immissionen verursachen. Für die Anordnung verschärfter Emissionsbegrenzungen im Baubewilligungsverfahren bleibt in Fällen wie dem vorliegenden entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, des Eidgenössischen Departements des Innern und einzelner Autoren (SCHRADE, a.a.O., Art. 11, N 40 i. f.; URSULA BRUNNER, Zulassungsbeschränkungen für neue Anlagen bei Überschreitung von Luftimmissionsgrenzwerten, URP 1990 220 ff.) kein Raum. Wie gezeigt, soll die Sanierung übermässig belasteter Gebiete koordiniert und unter Wahrung der Lastengleichheit erfolgen. Ohne Massnahmenplan lässt sich aber die erforderliche Koordination und die rechtsgleiche Behandlung der Emittenten nicht sicherstellen. Ganz im Gegenteil würde eine einzelfallweise Anordnung von Emissionsbeschränkungen im Blick auf die bevorstehende Massnahmenplanung unerwünschte Präjudizien schaffen. Für zusätzliche Emissionsbeschränkungen besteht auch deshalb kein Anlass, weil die Massnahmenpläne nach Art. 42 Abs. 3 LRV bereits seit dem 1. März 1989 vorliegen sollten und daher dort, wo sie noch nicht bestehen, unverzüglich erstellt werden müssen. Der Regierungsrat konnte somit im angefochtenen Entscheid ohne Verletzung von Bundesrecht auf die Anordnung von Emissionsbegrenzungen verzichten. Die zuständigen kantonalen Behörden haben für das übermässig belastete Gebiet von Herisau ohne weiteren Verzug den Massnahmenplan zu erstellen und in diesem Rahmen die erforderlichen Vorkehrungen zur Reduktion der Luftbelastung an die BGE 118 Ib 26 S. 37 Hand zu nehmen. Die M. AG muss damit rechnen, dass sie in diesem Zusammenhang allenfalls zu einer Reduktion von Parkplätzen oder zu einer Beschränkung des Lastwagenverkehrs verpflichtet werden könnte. Die im vorliegenden Verfahren erteilte Baubewilligung wird einer solchen aus der Durchführung des Massnahmenplans resultierenden Verpflichtung nicht entgegenstehen. Es empfiehlt sich, dass die Baubewilligungsbehörden die Baugesuchsteller auf diesen Umstand ausdrücklich hinweisen. f) Angesichts der Tatsache, dass für das Gebiet, in dem das Bauvorhaben der M. AG gelegen ist, in nächster Zukunft ein Massnahmenplan erstellt werden muss, stellt sich die Frage, ob mit der Bewilligungserteilung nicht bis zu dessen Vorliegen zugewartet werden muss. Die Beschwerdeführerin bemerkt, es sei wenig sinnvoll, einen Neubau zu bewilligen, um kurz darauf dessen Sanierungsbedürftigkeit festzustellen und Massnahmen zur Behebung anzuordnen. Es würden auf diese Weise nur noch schwer zu beseitigende Tatsachen geschaffen. Auch das Eidgenössische Departement des Innern weist auf die Gefahr hin, dass durch die Zulassung neuer Emittenten die Massnahmenplanung vereitelt werden könnte, verneint sie aber für den vorliegenden Fall in Anbetracht der geringfügigen zu erwartenden Emissionen. Der LRV lässt sich nicht entnehmen, dass bis zum Vorliegen der Massnahmenpläne in den fraglichen Gebieten keine Baubewilligungen mehr erteilt werden könnten. Ein solcher Aufschub ist in der Regel auch nicht nötig, genügt es doch, die Baugesuchsteller in einem voraussichtlichen Massnahmenplangebiet auf die Möglichkeit künftiger verschärfter Emissionsbegrenzungen hinzuweisen. Die erforderliche Reduktion der Luftbelastung lässt sich nachträglich durch die Anordnung entsprechender Beschränkungen bei den einzelnen Emittenten vornehmen. Anders ist die Situation hingegen, wenn von einer neuen Anlage so grosse Emissionen zu erwarten sind, dass dadurch die spätere Massnahmenplanung präjudiziert wird. In solchen Fällen ist die Koordination und die Lastengleichheit bei der Reduktion einer übermässigen Gesamtbelastung in der Regel nur sicherzustellen, wenn bei der Erteilung der Baubewilligung für die neue Anlage die bestehenden Belastungen und die vorgesehenen Massnahmen zur Emissionsbegrenzung bekannt sind. Das gilt erst recht dann, wenn von einer geplanten Verkehrsanlage allein schon übermässige Immissionen ausgehen werden. Das Bundesgericht hat deshalb entschieden, dass beim Bau von Nationalstrassen der Massnahmenplan grundsätzlich im Zeitpunkt des Plangenehmigungsentscheids BGE 118 Ib 26 S. 38 vorliegen müsse (Urteil vom 8.1.1992 betreffend das N1-Teilstück Löwenberg-Greng). Vom geplanten westlichen Anbau der M. AG sind nur relativ geringfügige neue Emissionen zu erwarten. Nach den dargelegten Grundsätzen durfte der Regierungsrat deshalb davon absehen, die Baubewilligungserteilung bis zum Vorliegen des Massnahmenplans aufzuschieben. g) Unter den gegebenen Umständen war es schliesslich zulässig, die Baubewilligung ohne eine exakte Ermittlung der zu erwartenden Immissionen, wie die Beschwerdeführerin sie verlangt, zu erteilen. Aus Art. 28 LRV ergibt sich nichts anderes, sieht diese Bestimmung doch eine Immissionsprognose nur für neue stationäre Anlagen vor, von denen erhebliche Emissionen zu erwarten sind. Solche sind vom Bauvorhaben der M. AG aber nicht zu befürchten. h) Insgesamt ergibt sich somit, dass die Erteilung der Baubewilligung für den westlichen Anbau der M. AG keine Vorschriften des Bundesumweltschutzrechts verletzt. Übermässige Immissionen im fraglichen Gebiet sind aufgrund des Massnahmenplans durch geeignete Emissionsbegrenzungen, welche anteilsmässig auch den Neubau der M. AG betreffen werden, zu reduzieren. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist daher im Sinne der Erwägungen abzuweisen.
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Urteilskopf 117 II 586 107. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1991 i.S. Genossenschaft für Wohnbau und Stockwerkeigentum (GWS) gegen Grundbuchamt Frauenfeld und Regierungsrat des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1989 über eine Pfandbelastungsgrenze für nichtlandwirtschaftliche Grundstücke (SR 211.437.3). Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. d (in Verbindung mit lit. c) des Bundesbeschlusses ist für Grundstücke einer Wohnbaugenossenschaft, welche den Wohnraum ihren Genossenschaftern zum Zwecke des dauernden Aufenthalts zur Verfügung stellt, die Belastungsgrenze nicht zu beachten. Bloss mögliche künftige Nutzung eines unbebauten Grundstückes für den Wohnungsbau rechtfertigt die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung indessen auch dann nicht, wenn das Grundstück im Eigentum einer Wohnbaugenossenschaft steht.
Sachverhalt ab Seite 587 BGE 117 II 586 S. 587 A.- Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 28. November 1989 und Nachtrag vom 20. März 1990 erwarb die Genossenschaft für Wohnbau und Stockwerkeigentum (GWS), mit Sitz in Zürich, zum Preis von Fr. 811'785.-- die Baulandparzelle Nr. 793, E. Bl. 974 im provisorischen Grundbuch Oberwil. Der Eigentumsübergang wurde am 22. Mai 1990 im Grundbuch eingetragen. Die Begleichung des Kaufpreises erfolgte durch Übernahme eines Schuldbriefes über Fr. 500'000.-- im 1. Rang und durch Barzahlung des Restbetrages. B.- Am 15. Juni 1990 meldete die GWS beim Grundbuchamt Frauenfeld die Eintragung eines Inhaberschuldbriefes über Fr. 1'000'000.-- im 2. Rang, somit im Nachgang zum erwähnten Schuldbrief im 1. Rang, zur Eintragung auf der Parzelle Nr. 793 an. Indessen wies das Grundbuchamt, gestützt auf Art. 5 des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1989 über eine Pfandbelastungsgrenze für nichtlandwirtschaftliche Grundstücke (SR 211.437.3), die Anmeldung zur Eintragung für den Teilbetrag von Fr. 850'572.-- ab. Die gegen die Verfügung des Grundbuchamtes gerichtete Beschwerde der GWS wies der Regierungsrat des Kantons Thurgau am 27. November 1990 ab. C.- Die GWS beantragte dem Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung des Entscheides des Regierungsrats des Kantons Thurgau und begehrte die Anweisung an das Grundbuchamt Frauenfeld, den Inhaberschuldbrief über Fr. 1'000'000.-- im 2. Rang auf der Parzelle Nr. 793 einzutragen, hatte damit aber keinen Erfolg. Erwägungen Erwägungen: 1. Der Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1989 über eine Pfandbelastungsgrenze für nichtlandwirtschaftliche Grundstücke, der am Tag nach seiner Verabschiedung in Kraft getreten ist, schreibt vor, dass Baulandgrundstücke während fünf Jahren nach dem letzten Eigentumserwerb nicht mit mehr als vier Fünfteln des Verkehrswertes belastet werden dürfen (Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und Art. 4). Gemäss Art. 5 Abs. 2 des Bundesbeschlusses hat der Grundbuchverwalter die Anmeldung auf Errichtung eines Grundpfandes abzuweisen, soweit es die Belastungsgrenze übersteigt; für den zulässigen Betrag trägt er das Pfandrecht ein. BGE 117 II 586 S. 588 Art. 3 des Bundesbeschlusses sieht Ausnahmen von der Belastungsgrenze vor. Insbesondere ist dies der Fall für Grundstücke einer Wohnbaugenossenschaft, welche den Wohnraum ihren Genossenschaftern zum Zwecke des dauernden Aufenthalts zur Verfügung stellt (Art. 3 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit lit. c). Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, darf der Grundbuchverwalter auf eine schriftliche Erklärung der Genossenschaftsverwaltung abstellen (Art. 3 Abs. 3 lit. a). 2. Die 1972 gegründete GWS ist gemeinnützig und bezweckt, ihren Mitgliedern moderne, freundliche und gesunde Wohngelegenheiten zu verschaffen. Als Mittel zur Erreichung dieses Zweckes nennen die Statuten den Ankauf von Land, die Erstellung von Wohnbauten, den Kauf von bereits bestehenden Gebäuden und deren allfälligen Umbau, die Weitergabe von Wohnungen in Stockwerkeigentum oder in anderen Benützungsformen, die Gestaltung und Erschliessung von Baugeländen an verkehrsgünstigen Lagen sowie die Unterstützung aller Bemühungen, die zur Rationalisierung von Bauvorhaben beitragen. Die GWS hat demnach als Wohnbaugenossenschaft im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. d des Bundesbeschlusses zu gelten. Jedoch hat der Grundbuchverwalter eine Ausnahme, welche die Nichtbeachtung der Belastungsgrenze erlauben würde, verneint, weil das von der GWS erworbene Grundstück unbebaut sei und nicht einmal eine Baubewilligung vorliege. Ausgehend von einem Verkehrswert von Fr. 811'785.-- (das ist der von der GWS entrichtete Kaufpreis), hat der Grundbuchverwalter eine Pfandbelastungsgrenze von Fr. 649'428.-- (80% des Verkehrswertes entsprechend) errechnet. Nach Abzug des bestehenden Schuldbriefes über Fr. 500'000.-- im 1. Rang verblieb somit ein Betrag von Fr. 149'428.--, wofür nach der Auffassung des Grundbuchverwalters ein Schuldbrief im 2. Rang eingetragen werden konnte. Die Anmeldung zur Eintragung des restlichen Betrages von Fr. 850'572.-- wies er demzufolge ab. ... 3. Die Verwaltung der GWS hat am 20. Juli 1990 gegenüber dem Grundbuchamt Frauenfeld die schriftliche Erklärung abgegeben, dass der auf der Parzelle Nr. 793, Grundbuch Oberwil, zu errichtende Wohnraum den Genossenschaftern zu den in Art. 3 Abs. 1 lit. c des Bundesbeschlusses erwähnten Zwecken zur Verfügung gestellt werde. Auf eine solche Erklärung hätte der Grundbuchverwalter abstellen dürfen, musste es aber nicht. Insofern die Beschwerdeführerin BGE 117 II 586 S. 589 etwas anderes behauptet, stellt sie sich in Widerspruch zum klaren Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 des Bundesbeschlusses. Davon abgesehen, lautet die hier zu entscheidende Frage, ob die mögliche künftige Nutzung eines unbebauten Grundstückes genüge, um eine Ausnahme im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. d des Bundesbeschlusses zu begründen, und nicht, ob auf eine diesbezügliche Erklärung der Genossenschaftsverwaltung abzustellen sei. 4. a) Der Bundesbeschluss über eine Pfandbelastungsgrenze unterscheidet in der Tat nicht zwischen unbebauten und bebauten Baulandgrundstücken. Doch deutet der Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 lit. d des Bundesbeschlusses darauf hin, dass es wesentlich darauf ankommt, dass Wohnraum effektiv zur Verfügung gestellt wird, und dass der Gesetzgeber nicht bloss für Baulandgrundstücke eine Ausnahme treffen wollte, die zwar dem Wohnbau an sich zugänglich sind, für die aber kein konkretes Bauvorhaben vorhanden ist. Die kantonalen Instanzen haben daher im vorliegenden Fall den Bundesbeschluss sachgerecht ausgelegt, wenn sie sich nicht mit einer Absichtserklärung über eine mögliche künftige Nutzung begnügt haben. Ihr Standpunkt rechtfertigt sich um so mehr, als der Schuldbrief im 2. Rang zur Finanzierung des Grundstückkaufes nicht benötigt wurde, kein Baugesuch vorliegt und mit einer Baubewilligung - unter anderem wegen der Nähe zu einem Schiessplatz und der sich damit stellenden Lärmprobleme - nicht ohne weiteres zu rechnen ist. Mit Recht hat sich der Regierungsrat des Kantons Thurgau die Frage gestellt, was mit der unbeschränkten Hypothekarbelastung geschehen würde, wenn am Ende doch nicht gebaut werden könnte oder nicht gebaut würde, und wie einer zweckfremden Verwendung des Darlehens entgegengetreten werden könnte. Daran ändern die guten Absichten der Beschwerdeführerin nichts, die erklärt, dass sie die Parzelle "so bald als möglich überbauen" wolle; und ebenso unbehelflich sind die Statuten der Beschwerdeführerin und die Gemeinnützigkeit der von ihr verfolgten Zwecke. Der Beschwerdeführerin ist eine Beschränkung der Belehnung auf 80% des Kaufpreises zuzumuten, solange sie sich nicht über ein konkretes Bauvorhaben und über konkrete Schritte, die zu seiner Verwirklichung führen, ausweist. Dadurch werden die Wohnbaugenossenschaften in ihrer wirtschaftlich und politisch erwünschten Tätigkeit nicht behindert. Vielmehr würde es zu weit BGE 117 II 586 S. 590 gehen, wenn der blosse Umstand, dass ein Grundstück im Eigentum einer Wohnbaugenossenschaft steht, die Belastungsgrenze aufzuheben vermöchte. b) Das Bundesamt für Justiz (Eidgenössisches Grundbuchamt) teilt diese Auffassung. Dass Grundbuchämter anderer Kantone eine andere Praxis befolgen, ist nicht entscheidend. Wenn die Beschwerdeführerin dem Grundbuchverwalter das Recht abspricht, weitere Unterlagen als die in Art. 3 Abs. 3 lit. a des Bundesbeschlusses erwähnte schriftliche Erklärung zu verlangen, so ist ihr entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall gar keine zusätzlichen Unterlagen gefordert wurden. Zur Einholung weiterer Unterlagen war anderseits der Grundbuchführer nicht verpflichtet. c) Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, sie benötige das Darlehen, um die Erschliessung des Grundstücks und die Überbauung an die Hand zu nehmen, erklärt aber nicht, welche konkreten Schritte sie bereits unternommen hat, und sagt insbesondere nicht, dass sie ein Gesuch um eine Baubewilligung eingereicht habe. (An anderer Stelle spricht die Beschwerdeführerin von der Notwendigkeit, Reserven anzulegen, um Bauland rechtzeitig erwerben zu können.) d) Schliesslich weist die Beschwerdeführerin noch darauf hin, ein Antrag auf Beschränkung der Fremdfinanzierung auf 90% sei vom Parlament abgelehnt worden (vgl. Sten.Bull. NR 1989, S. 1365 f.). Daraus lässt sich indessen nicht folgern, dass Art. 3 Abs. 1 lit. d des Bundesbeschlusses, der Grundstücke einer Wohnbaugenossenschaft von der Belastungsgrenze ausnimmt, nicht auslegungsbedürftig sei. e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der angefochtene Entscheid - solange in bezug auf die Verwendung des Schuldbriefes insoweit keine Klarheit herrscht, als nicht einmal feststeht, dass es auf der betroffenen Parzelle früher oder später zur Bereitstellung von Wohnraum kommt - im Einklang mit den Grundsätzen der dringlichen Bodenpolitik steht und kein Bundesrecht verletzt. Das Ergebnis ist für die Beschwerdeführerin unter den gegebenen Umständen zumutbar.
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Urteilskopf 126 IV 121 19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofs vom 5. Juni 2000 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen A. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 189 Abs. 2 und 190 Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 28 StGB ; Art. 181 StGB ; sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in der Ehe; Strafantrag. Kann eine Vergewaltigung oder eine sexuelle Nötigung, begangen gegenüber dem Ehegatten, mangels Strafantrags nicht verfolgt werden, darf insoweit nicht wegen Nötigung bestraft werden.
Sachverhalt ab Seite 121 BGE 126 IV 121 S. 121 A.- A. hatte 1993 in St. Gallen B. kennen gelernt. Er musste Ende 1995 die Schweiz verlassen. Sie heirateten im April 1996 in Ghana. Im August 1996 konnte er wieder in die Schweiz einreisen. Nach der Rückkehr wurde die anfänglich schöne Beziehung allmählich bedrückend und bedrohlich und steigerte sich in einem steten Wechsel von Verweigerung und Druckausübung in ein Erdulden des Beischlafs. Sie gab nach, wenn sie die Situation nicht mehr aushielt. Sie trennte sich am 28. März 1998 von ihm und erhob am 20. Juli 1998 Strafklage wegen Drohung, Tätlichkeit und sexueller Nötigung. B.- Das Kantonsgericht St. Gallen sprach am 2. Dezember 1999 (im Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Bezirksgerichts St. Gallen vom 8. Dezember 1998) A. frei von den Anklagen der mehrfachen Nötigung und der mehrfachen Drohung (vor dem 20. Juli 1998). Es erklärte ihn schuldig der mehrfachen Vergewaltigung, der Drohung und der Tätlichkeit. Es verurteilte ihn zu 18 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Landesverweisung, jeweils mit Aufschub des Vollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es verpflichtete ihn, B. Fr. 3'000.- Schadenersatz und Fr. 10'000.- Genugtuung zu zahlen. BGE 126 IV 121 S. 122 C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache (betreffend die Anklage wegen mehrfacher Nötigung vor dem 20. Juli 1998) zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Ist der Täter der Ehegatte des Opfers und lebt er mit diesem in einer Lebensgemeinschaft, werden sexuelle Nötigung und Vergewaltigung auf Antrag verfolgt. Das Antragsrecht erlischt nach sechs Monaten. Art. 28 Abs. 4 ist nicht anwendbar (Art. 189 Abs. 2 und 190 Abs. 2 StGB). a) Die Ehegattin hatte am 28. März 1998 die gemeinsame Wohnung verlassen und am 20. Juli 1998 Strafklage unter anderem wegen sexueller Nötigung erhoben. Dieser Strafantrag erfasste somit die sechs Monate vor dem 20. Juli 1998. Für den Zeitraum zwischen dem 20. Januar und dem 28. März 1998 wurde der Beschwerdegegner daher der mehrfachen Vergewaltigung schuldig gesprochen. Für die angeklagten sexuellen Nötigungen zwischen September 1996 und Januar 1998 nahm das Bezirksgericht an, mit dem Strafantrag wegen Vergewaltigung in der Ehe habe das Opfer seinen Willen zur Strafverfolgung geäussert. Anders als im Falle eines fehlenden Strafantrags bestehe hier kein Grund, die Strafverfolgung wegen Nötigung gemäss Art. 181 StGB auszuschliessen. Entsprechend verurteilte es den Beschwerdegegner wegen eines Vorfalls vor dem Frühsommer 1997 wegen Nötigung gemäss Art. 181 StGB . b) Die Vorinstanz hebt diesen Schuldspruch auf mit der Begründung, Vergewaltigung in der Ehe bilde gemäss Art. 190 Abs. 2 StGB ein Antragsdelikt. Das Strafrecht solle nicht gegen den Willen der verletzten Gattin eingreifen und das Zusammenleben der Ehegatten gefährden. Stelle die Gattin keinen Strafantrag oder nehme sie ihn zurück, so dürfe der Täter daher auch nicht wegen Nötigung nach Art. 181 StGB bestraft werden, obwohl es sich dabei um ein Offizialdelikt handle (unter Verweisung auf REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 7. Auflage, Zürich 1997, S. 397 f.; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Auflage, 1995, § 8 N. 19; JENNY, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Bern 1997, Art. 190 N. 14 mit Verweisung auf Art. 189 N. 47; PHILIPP MAIER, Die Nötigungsdelikte im neuen Sexualstrafrecht, Diss. Zürich 1994, BGE 126 IV 121 S. 123 S. 361 f.; PETER HANGARTNER, Selbstbestimmung im Sexualbereich - Art. 188-193 StGB , Diss. St. Gallen 1997, S. 161). Nach dieser Lehre erfassten die Art. 189 und 190 StGB die sexuelle Nötigung abschliessend. Dagegen trete TRECHSEL (Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Auflage, Zürich 1997, Art. 189 N. 14 mit Hinweis auf ZBJV 129/1993 S. 596) bei diesen Strafantragsdelikten für einen Rückgriff auf den allgemeinen Nötigungstatbestand von Art. 181 StGB ein. Sie schliesse sich jedoch der mehrheitlich vertretenen Auffassung an. Vorliegend sei zwar - anders als im Falle des nicht gestellten oder zurückgezogenen Antrags - ein Strafantrag gestellt worden. Dieser umfasse allerdings nicht den gesamten zurückliegenden Zeitraum des strafbaren Verhaltens. Denn nach der ratio legis solle das Antragsrecht verhindern, dass der Strafrichter gegen den Willen der Verletzten eingreife (REHBERG/SCHMID, a.a.O., S. 397). Entscheidend sei der Wille der Verletzten zur Zeit des Zusammenlebens und allenfalls noch darüber hinaus. Solange diese keinen Antrag gestellt habe, sei davon auszugehen, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - in diesem Zeitraum eine Strafverfolgung zunächst (noch) nicht gewollt habe. Über diesen seinerzeit bekundeten Willen könne sich das Gericht nun nicht nachträglich hinwegsetzen. Die in diesen Zeitraum fallenden Taten könnten daher auch nicht unter einem anderen Tatbestand bestraft werden. Der Beschwerdegegner sei folglich von der Anklage der mehrfachen Nötigung freizusprechen. c) Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, bei fehlendem Strafantrag sei ein Rückgriff auf Art. 181 StGB möglich. Die Vorinstanz verkenne den Schutzzweck von Art. 190 Abs. 2 StGB , wonach der Strafrichter nicht gegen den Willen des Opfers eingreifen solle. Vorliegend habe das Opfer mit seinem Strafantrag das Verfahren selber eingeleitet. Es sei deshalb nicht einzusehen, weshalb unter diesen Voraussetzungen eine Bestrafung wegen Nötigung für den gesamten zurückliegenden Zeitraum nicht möglich sein sollte, soweit er nicht gemäss Art. 190 Abs. 2 StGB erfasst werde. d) Die Auffassung der Vorinstanz überzeugt. Inzwischen vertritt auch die 4. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern die Auffassung, ein Angeschuldigter dürfe nicht subsidiär gemäss Art. 181 StGB schuldig erklärt werden; aufgrund der Materialien und des Wortlauts von Art. 189 Abs. 2 und Art. 190 Abs. 2 StGB sei vielmehr mit der herrschenden Lehre davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sexuelle Handlungen unter Ehegatten abschliessend und mit Ausnahme der qualifizierten Begehungsweise als Antragsdelikte BGE 126 IV 121 S. 124 ausgestaltet habe (Entscheid vom 20. April 1999, ZBJV 136/2000 S. 144 f.). Es ist also der vorliegende Fall, in dem ein Strafantrag gestellt wurde, für den Zeitraum vor dem 20. Januar 1998 jenem gleich zu stellen, wo kein Strafantrag gestellt oder dieser zurückgezogen wurde. Dabei stellt die Vorinstanz zu Recht auf den Willen des Opfers ab. Dies bestätigt sich im zu beurteilenden Sachverhalt. Die verletzte Gattin antwortete in der Einvernahme auf die Frage, warum sie nicht früher die Polizei aufgesucht habe: "Ich weiss es nicht. Ich will nicht, dass er bestraft wird. Ich will meine Ruhe. Ich habe meine Ruhe aber nicht bekommen. Er ist eigentlich kein schlechter Mensch. Ich will ihm auch nichts Böses. Ich dachte auch nicht, dass so etwas bestraft wird, ich habe nicht mehr als eine Busse oder eine Verwarnung erwartet". Aus dieser Äusserung ergibt sich unter anderem, dass die Verletzte zunächst zuwartete und noch zu einem weiteren Zusammenleben bereit war. Das heisst aber auch, dass sie für diese Zeitspanne keine Strafverfolgung wünschte. Dieser Wille der Verletzten ist zu respektieren. Das ist die gesetzliche Konzeption von Art. 189 Abs. 2 und 190 Abs. 2 StGB. Die für die sexuelle Nötigung unter Ehegatten getroffene Sonderregelung verlöre ihren Sinn, wenn sie im Wege der Bestrafung der Tat aus Art. 181 StGB umgangen werden könnte (JENNY, a.a.O.).
null
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Urteilskopf 112 Ib 259 43. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 17 septembre 1986 dans la cause Etat de Vaud contre Vaud, Commission cantonale de recours en matière de police des constructions et R. (recours de droit administratif)
Regeste Art. 22 und 24 RPG ; Errichtung einer Baute in der Landwirtschaftszone. Prüfung der Voraussetzungen einer Baubewilligung für ein Wohnhaus in der Landwirtschaftszone gemäss Art. 22 RPG (E. 2) und gemäss Art. 24 RPG (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 260 BGE 112 Ib 259 S. 260 R., domicilié à Lausanne, y dirige un bureau d'ingénieur civil; il exerce également une activité d'homme d'affaires et de promoteur immobilier. Agé de 62 ans, il envisage de prendre sa retraite prochainement. Il possède un domaine de 65 ha de terres, en partie cultivées et en partie en nature de pré, qui s'étend sur le territoire des communes X et Y. Le centre d'exploitation de ce domaine comprend notamment deux fermes, un hangar, plusieurs écuries et un bâtiment d'habitation de deux niveaux; celui-ci abrite quatre logements de quatre pièces, complétés chacun par une chambre indépendante. Actuellement, deux des logements sont occupés par le chef d'exploitation, son épouse et ses huit enfants, dont quatre sont majeurs; les deux autres habitations sont réservées pour les fils aînés du chef d'exploitation, lesquels sont en âge de se marier. Ce centre d'exploitation se trouve à environ 800 m au nord-est de la parcelle No 751 du cadastre de la commune de X, d'une surface de 5004 m2, également propriété de R. Sur cette parcelle, classée en zone agricole, est érigé un bâtiment, actuellement en mauvais état - autrefois en nature d'habitation et rural -, dont la partie logement, sommairement équipée, est toujours partiellement occupée, tandis que le rural est désaffecté. Le 15 août 1984, l'architecte de R. a présenté à la Municipalité X un projet de rénovation du bâtiment implanté sur la parcelle No 751, dans le but d'en faire la résidence principale de R. Selon ce projet, qui ne laisserait subsister que quelques murs, la quasi-totalité du volume existant serait réaménagée et affectée intégralement à l'habitation sur trois niveaux, une extension du volume actuel étant également prévue. Le 13 septembre 1984, le Chef du Département des travaux publics a refusé l'autorisation préalable exigée hors des zones à bâtir, au motif que les travaux envisagés ne seraient pas conformes à la destination de la zone et ne pouvaient pas davantage être autorisés à titre dérogatoire. Le 14 mars 1986, saisie d'un recours de R., la Commission cantonale de recours en matière de police des constructions, considérant le projet litigieux comme conforme à la destination de la zone et ne mettant en péril aucun intérêt public prépondérant, a annulé la décision précitée. BGE 112 Ib 259 S. 261 Agissant par la voie du recours de droit administratif, l'Etat de Vaud demande au Tribunal fédéral d'annuler le prononcé de la Commission cantonale de recours du 14 mars 1986 et l'autorisation préalable de construire hors des zones à bâtir. Erwägungen Considérant en droit: 2. Selon l'art. 22 LAT, la délivrance d'une autorisation de construire est subordonnée à la condition notamment que la construction soit conforme à l'affectation de la zone. Le recourant conteste en l'occurrence que le projet litigieux soit conforme à la zone agricole dans laquelle est classée la parcelle de l'intimé, ce contrairement à l'opinion contenue dans la décision attaquée. C'est la question qu'il convient d'examiner en premier lieu. a) Selon l'art. 56sexies de la loi vaudoise du 5 février 1941 sur les constructions et l'aménagement du territoire (LCAT), dans le territoire agricole, seules sont autorisées 1) les constructions en rapport avec la culture, l'exploitation du sol et l'élevage, 2) les constructions d'habitation de l'exploitant, de sa famille et de son personnel, et 3) les constructions et installations d'intérêt public ou indispensables à un service public. Sur le plan communal, dans la zone agricole, seuls sont autorisés les bâtiments nécessaires à l'exploitation d'un domaine agricole et dont l'emplacement est imposé par leur destination, ainsi que l'habitation pour l'exploitant et son personnel (art. 48 du règlement du plan d'extension communal de la commune X). Ces dispositions de droit cantonal et communal doivent cependant être interprétées dans le cadre du droit fédéral. Les zones agricoles doivent servir à l'exploitation traditionnelle du sol. A l'intérieur de ces zones, l'implantation de constructions et d'installations ne peut être autorisée que dans la mesure où ces ouvrages sont en rapport étroit avec l'exploitation agricole. Ces ouvrages doivent donc servir l'économie agricole ou, du moins, faciliter l'exploitation de la terre. S'agissant des bâtiments destinés à l'habitation, les personnes qui ne travaillent qu'accessoirement dans l'entreprise doivent habiter en zone à bâtir; il est admis en revanche que les besoins de logement de ceux dont dépend la marche de l'entreprise soient satisfaits (DFJP/OFAT, Etude relative à la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, ad art. 16, p. 211/212). Encore faut-il, toutefois, examiner selon des critères stricts si le besoin du requérant d'habiter sur son domaine sis en BGE 112 Ib 259 S. 262 zone agricole est objectivement fondé. Il y a lieu à cet égard de se demander si l'exploitation agricole exige la présence constante de l'intéressé et, partant, le fait que ce dernier réside en zone agricole (ZBl 80/1979, p. 483, 357). Si cette nécessité absolue fait défaut, une autorisation de construire hors de la zone à bâtir n'est pas conforme au caractère de cette zone. L'édification en zone agricole de constructions servant uniquement au logement n'est en effet justifiée que si de telles constructions apparaissent indispensables, compte tenu des besoins de l'exploitation. Le privilège de pouvoir habiter en zone agricole appartient à un cercle de personnes relativement étroit, à savoir la population paysanne qui se consacre directement à la production agricole, aux auxiliaires et à leur famille et aux personnes âgées qui ont passé leurs années de vie active dans l'entreprise. Les constructions destinées au logement doivent en outre, compte tenu de leur lieu de situation et de leur configuration, se trouver dans une relation fonctionnelle directe avec l'entreprise agricole. La nécessité pour celle-ci d'une maison d'habitation dépend non seulement des besoins objectifs de l'entreprise, mais également de la distance séparant celle-ci de la zone à bâtir la plus proche. b) L'autorité cantonale a examiné, dans sa décision, si l'intimé pouvait être considéré comme l'exploitant du domaine, ou s'il jouait au contraire dans la marche de celui-ci un rôle qui, sans être dénué d'importance, tenait davantage de la supervision générale que de l'exploitation proprement dite. Elle a constaté que l'intimé dirigeait personnellement l'exploitation et que la présence du dirigeant sur ce vaste domaine s'imposait en raison des décisions qui doivent être prises régulièrement et souvent très rapidement, notamment en matière financière. Le recourant ne met pas en cause le caractère primordial du rôle joué par l'intimé dans l'administration générale de son exploitation; il conteste en revanche avec raison l'existence d'une quelconque nécessité, pour l'exécution de telles tâches dirigeantes, que ce dernier réside sur place. En effet, les motifs avancés par l'autorité intimée pour justifier en l'occurrence la résidence permanente de l'exploitant sur son domaine ne sont guère convaincants. L'intimé a lui-même démontré qu'il lui était possible, depuis 1973, de diriger personnellement, et avec succès, son domaine, tout en étant domicilié à Lausanne. Il ne prétend pas que ce mode de faire se serait révélé à long terme, du point de vue de la gestion financière, peu satisfaisant. Il n'allègue pas non plus une quelconque BGE 112 Ib 259 S. 263 modification dans l'organisation de son domaine, justifiant désormais, pour des raisons objectives, sa présence constante et, partant, l'obligation pour lui d'établir sa demeure sur place. Le choix de l'intimé d'installer sa résidence sur la parcelle No 751 serait d'ailleurs, vu sous cet angle, peu judicieux, dans la mesure où la parcelle en cause est relativement éloignée du centre d'exploitation du domaine (environ 800 m) - lequel serait accessible en hiver après un détour d'au moins 2 km -, alors que la zone à bâtir la plus proche est distante d'environ 500 m. Dans ces circonstances, il faut admettre que la volonté du propriétaire de résider sur son domaine n'est pas fondée sur des motifs objectifs, relatifs à l'exploitation de celui-ci. L'autorisation de construire requise par l'intimé n'est donc pas conforme à l'affectation de la zone agricole - peu importe, à cet égard, qu'un bâtiment soit déjà édifié sur la parcelle en cause - et peut donc seulement être octroyée aux conditions posées à l'art. 24 LAT. 3. Il est par ailleurs manifeste que le projet litigieux ne constitue pas seulement une rénovation du bâtiment déjà construit, ni non plus une transformation partielle de ce dernier, pouvant être autorisées par le droit cantonal, en vertu de l'art. 24 al. 2 LAT. L'autorisation requise peut donc être délivrée, conformément à l'art. 24 al. 1 LAT, seulement si l'implantation hors de la zone à bâtir est imposée par la destination de la construction (lettre a) et si aucun intérêt prépondérant ne s'y oppose (lettre b). Or il est manifeste que, vu les circonstances mentionnées ci-dessus (cf. consid. 2b), la première de ces conditions n'est pas remplie. Le projet litigieux ne pouvant par conséquent faire l'objet d'une dérogation fondée sur l'art. 24 LAT, les conclusions du recourant sont fondées; le recours est ainsi admis et la décision attaquée est annulée.
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Urteilskopf 101 Ib 265 49. Urteil vom 14. November 1975 i.S. J. van der Luyt & Zonen B.V. und Migros-Genossenschafts-Bund gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
Regeste Strassenverkehr, Sonntagsfahrverbot für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung ( Art. 2 Abs. 2 SVG , Art. 91 ff. VRV ). Verweigerung einer Ausnahmebewilligung, weil dem Gesuchsteller zugemutet werden kann, anstelle eines schweren Lastwagens mehrere leichte Fahrzeuge einzusetzen.
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 101 Ib 265 S. 265 Art. 2 Abs. 2 SVG sieht vor, dass der Bundesrat ein Nacht- und Sonntagsfahrverbot für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung verfügt und die Ausnahmen bestimmt. Diesem Auftrag ist der Bundesrat durch Erlass der Art. 91-93 VRV nachgekommen. Art. 92 VRV bestimmt in Abs. 1-5: "1 Ausnahmen vom Sonntags- und Nachtfahrverbot sind nur zulässig, wenn die Fahrt am Sonntag oder zur Nachtzeit dringend ist und weder durch organisatorische Massnahmen noch durch die Wahl eines andern Verkehrsmittels vermieden werden kann. 2 Der Standortkanton oder der Kanton, wo die bewilligungspflichtige Fahrt beginnt, erteilt die Ausnahmebewilligung mit Gültigkeit für die ganze Schweiz. Die Zuständigkeit des Standortkantons entfällt, wenn sein Gebiet nicht berührt wird. Für Fahrzeuge des Bundes ist die Eidgenössische Polizeiabteilung zuständig; sie kann auch über Gesuche aus dem Ausland entscheiden. BGE 101 Ib 265 S. 266 3 Nachtfahrbewilligungen dürfen unter den Bedingungen von Absatz 1 erteilt werden: a) zur Beförderung von leicht verderblichen landwirtschaftlichen Produkten wie Beeren, gewissen Früchten und Gemüsen, Blumen und frisch gepressten Fruchtsäften in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober; b) zum Transport von Schlachtschweinen ausser in der Nacht vom Freitag auf den Samstag und vom Samstag auf den Sonntag und, soweit nötig, für Schlachtgeflügel; c) für die Beförderung von Milch und Milchprodukten; d) für verkehrsstörende Ausnahmefahrzeuge und Ausnahmetransporte; e) zu Fahrten beim Bau und Unterhalt von Strassen und Geleiseanlagen, wenn Nachtarbeit unerlässlich ist; f) zur Beförderung von Zirkusmaterial, Orchesterinstrumenten, Theaterkulissen u. dgl. 4 Bewilligungen für Sonntagsfahrten dürfen bei Vorliegen triftiger Gründe in den Fällen gemäss Absatz 3 erteilt werden und ferner für dringliche Fahrten bei Veranstaltungen, namentlich zum Transport von Lebensmitteln und Getränken. 5 Zu weiteren Fahrten dürfen Ausnahmebewilligungen nur mit Zustimmung der Eidgenössischen Polizeiabteilung erteilt werden. In einem dringenden Fall kann der Kanton eine unerlässliche Fahrt von sich aus gestatten unter Mitteilung an die Eidgenössische Polizeiabteilung". Der Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) führt frische Schnittblumen aus Holland ein. Sie gelangen zunächst in sein zentrales Verteillager in Neuendorf/SO. Die holländische Transportfirma J. van der Luyt & Zonen B.V. verbringt die Ware auf einem schweren Motorwagen nach Basel und an Werktagen von dort nach Neuendorf. An Sonntagen wurden bisher die Blumen in Basel auf 8-10 leichte Lastwagen (Lieferwagen) umgeladen, da die von der holländischen Transportfirma verwendeten Fahrzeuge unter das Sonntagsfahrverbot fallen. Am 7. November 1974 stellte diese Firma bei der Eidg. Polizeiabteilung das Gesuch, die Blumen in Zukunft auch an Sonntagen mit ihrem schweren Lastwagen bis ins Zentrallager des MGB führen zu dürfen. Die Polizeiabteilung verweigerte die Bewilligung. Die Beschwerde der Transportfirma und des MGB hiegegen wurde vom Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am 24. April 1975 abgewiesen. Die Betroffenen erheben Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die erbetene Bewilligung sei zu erteilen. BGE 101 Ib 265 S. 267 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Sonntags- und Nachtfahrverbot für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung soll offenbar die Bevölkerung vor übermässiger Belästigung durch Lärm, Erschütterungen und Abgase schützen wie auch eine gewisse Gewähr dafür bieten, dass die Vorschriften über die Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer beachtet werden. Das Verbot muss nach seinem Sinn und Zweck strikte gehandhabt werden. Ausnahmen sind nach Art. 92 Abs. 1 VRV nur zulässig, wenn die Fahrt am Sonntag oder zur Nachtzeit dringend ist und weder durch organisatorische Massnahmen noch durch die Wahl eines andern Verkehrsmittels vermieden werden kann. Mit diesen Anforderungen ist es grundsätzlich streng zu nehmen. Immerhin dürfen sie nicht überspannt werden. Eine Ausnahmebewilligung ist als zulässig zu erachten, wenn der Transport am Sonntag oder zur Nachtzeit an sich als dringlich angesehen werden kann und die Verwendung schwerer Motorwagen weder durch zumutbare organisatorische Massnahmen noch durch die zumutbare Wahl eines andern Verkehrsmittels vermieden werden kann. Von dieser Auffassung geht auch das EJPD aus. 2. Im vorliegenden Fall werden nach den Angaben der Beschwerdeführer die für den Verkauf am Montag und Dienstag bestimmten frischen Schnittblumen aus Holland dort am Samstag eingekauft. Der Transport dieser leicht verderblichen Produkte am Sonntag von Basel nach dem zentralen Verteillager des MGB in Neuendorf kann wohl als dringend betrachtet werden. Andernfalls würde der MGB kaum 8-10 Lieferwagen dafür einsetzen. Entscheidend ist jedoch, ob die beabsichtigte Verwendung der schweren Lastwagen der holländischen Transportfirma für den sonntäglichen Transport von Basel nach Neuendorf durch zumutbare organisatorische Massnahmen oder durch die zumutbare Wahl eines andern Verkehrsmittels vermieden werden kann, wie das EJPD annimmt. Die Tatsache, dass dieser Transport heute bereits mit leichten Lieferwagen ausgeführt wird, lässt darauf schliessen, dass diese Annahme der Vorinstanz begründet ist. BGE 101 Ib 265 S. 268 Die Beschwerdeführer wenden ein, die gegenwärtige Transportart sei eine "Notlösung", die ihnen nicht länger zugemutet werden dürfe, da sie im Vergleich mit der Verwendung eines schweren Lastwagens einen wesentlich grösseren Aufwand erfordere. Es ist jedoch in keiner Weise dargetan, dass die Weiterführung der sonntäglichen Transporte mit Lieferwagen für den MGB untragbar wäre. Gewiss sind die Gestehungskosten der Blumen im ganzen etwas höher, wenn die Fahrt von Basel nach Neuendorf am Sonntag nicht mit einem schweren Lastwagen, sondern mit mehreren Lieferwagen ausgeführt wird; doch macht die Verteuerung einer Sendung in der Woche einen derart kleinen Bruchteil der gesamten Einstandskosten aus, dass von Unzumutbarkeit nicht die Rede sein kann. Dem Interesse des MGB an der Einsparung von Kosten steht das öffentliche Interesse an der strikten Einhaltung des Sonntagsfahrverbotes gegenüber. Die Auffassung des EJPD, dass dieses öffentliche Interesse mehr Gewicht habe, ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführer machen auch geltend, dass für den Transport von Obst, Gemüse, Blumen usw. überhaupt nie eine Ausnahmebewilligung erteilt werden dürfte, wenn die blosse Möglichkeit, statt mit schweren Lastwagen mit Lieferwagen zu fahren, für die Verweigerung der Bewilligung genügte. Diese Argumentation geht fehl. In vielen Fällen von dringlichen Transporten im Sinne von Art. 92 Abs. 3 und 4 VRV besteht für den Absender, den Transporteur oder den Empfänger gar keine andere zumutbare Möglichkeit, als die Fahrt mit einem schweren Lastwagen durchzuführen. Wie gesagt, ist aber nicht nachgewiesen, dass es sich hier so verhält. Das EJPD deutet an, dass der MGB auch noch andere Möglichkeiten als den Einsatz von Lieferwagen habe, um die Fahrten mit schweren Lastwagen, deren Bewilligung nachgesucht wird, zu vermeiden. Dazu braucht nicht Stellung genommen zu werden. Es genügt festzustellen, dass dem MGB zugemutet werden kann, an Sonntagen die Blumen wie bisher mit Lieferwagen von Basel nach Neuendorf zu schaffen. Daraus ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid durch Art. 92 Abs. 1 VRV gedeckt ist. 3. Die Beschwerdeführer legen besonderes Gewicht auf den Einwand, dass es dem Zweck des Sonntagsfahrverbots offensichtlich zuwiderlaufe, sie auf die Möglichkeit der Fortsetzung BGE 101 Ib 265 S. 269 der sonntäglichen Transporte mit Lieferwagen zu verweisen, weil 8-10 solche Fahrzeuge bedeutend mehr Lärm und Abgase erzeugten als ein einziger schwerer Motorwagen. Indes ist zu beachten, dass nach Art. 91 Abs. 3 VRV nur schwere und nicht auch leichte Motorlastwagen unter das Verbot fallen. Diese dem Gesetz ( Art. 2 Abs. 2 SVG ) entsprechende Beschränkung ist für den Richter verbindlich. Sie beruht offenbar auf der Überlegung, dass die Bevölkerung im allgemeinen durch schwere Lastwagen, die einen besonders starken Lärm verursachen, ja mitunter ganze Häuser erschüttern, in höherem Masse als durch leichte Lieferwagen belästigt wird. Es widerspricht daher keineswegs dem Sinn der Verordnung, den Beschwerdeführern wegen der Möglichkeit des weiteren Einsatzes mehrerer Lieferwagen die Ausnahmebewilligung zu verweigern, selbst wenn es zutreffen sollte, dass diese Fahrzeuge zusammen nicht nur mehr Abgase, sondern unter Umständen auch einen intensiveren Lärm als ein einziger schwerer Lastwagen erzeugen. Würde anders entschieden, so müssten auch in zahlreichen andern Fällen mit gleichem oder ähnlichem Sachverhalt Ausnahmebewilligungen für den Transport leicht verderblicher Waren (Lebensmittel usw.) erteilt werden, gleichviel ob es sich um importierte oder um inländische Güter handeln würde und ob der Transport über Autostrassen oder über sonstige Strassen ginge. Eine solche Lockerung der Bewilligungspraxis wäre aber mit dem Wortlaut und dem Sinn der VRV nicht vereinbar. Denn es muss damit gerechnet werden, dass sie zu einer Belästigung der Bevölkerung durch den nächtlichen und sonntäglichen Verkehr schwerer Motorlastwagen in einem Ausmass führen würde, das durch das Nacht- und Sonntagsfahrverbot eben verhindert werden soll. Zu Unrecht werfen die Beschwerdeführer dem EJPD vor, dass es die präjudizielle Bedeutung einer Gutheissung ihres Gesuches überschätze. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 102 Ia 1 1. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 16 janvier 1976, dans la cause D. contre Procureur général du canton de Genève.
Regeste Art. 4 BV : Gesetzeslücke, Willkür. Ein kantonales Kassationsgericht handelt nicht willkürlich, wenn es - mangels einer ausdrücklichen Bestimmung im kantonalen Prozessrecht - selber Entscheidungen begründet, die Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgerichts sein können (Erw. 2 lit. d und e); Voraussetzung ist jedoch, dass das rechtliche Gehör gewährt wird (Erw. 2 lit. f).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 102 Ia 1 S. 1 A.- Le 10 octobre 1974, la Cour correctionnelle de Genève (sans jury) a reconnu D. coupable du crime de souteneur commis par cupidité. Elle l'a condamné à la peine de 24 mois d'emprisonnement, sous déduction de la préventive, et à une amende de 10'000 fr. Le 18 février 1975, la Cour de cassation de Genève a rejeté un recours du condamné. Par arrêt du 23 mai 1975, le Tribunal fédéral a admis partiellement un pourvoi en nullité de D., annulé l'arrêt de la Cour de cassation cantonale et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. BGE 102 Ia 1 S. 2 Les motifs de l'arrêt étaient en bref les suivants: l'arrêt cantonal n'étant pas motivé quant à la peine infligée au recourant, le Tribunal fédéral n'est pas en mesure de vérifier si l'art. 63 CP a été correctement appliqué; l'arrêt cantonal doit dès lors être annulé en vertu de l'art. 277 PPF (arrêt publié au RO 101 IV 132). B.- Statuant derechef le 7 octobre 1975, à la suite de cette annulation, la Cour de cassation genevoise a confirmé son arrêt du 18 février 1975, rejeté le recours de D. et prononcé que la peine infligée par les premiers juges le 10 octobre 1974 était justifiée eu égard notamment aux mobiles et à la situation personnelle du condamné, tels qu'elle les a elle-même résumés dans ses considérants. Dans ses considérants, la cour cantonale complète en effet son arrêt du 18 février 1975. Elle constate qu'il résulte du dossier pénal que le recourant a reçu de sa femme, pendant près de six mois, plusieurs milliers de francs provenant du métier de proxénète qu'elle exerçait; qu'il a menti en prétendant avoir gagné sa vie normalement en Espagne; que sa conduite est d'autant plus répréhensible qu'il aurait parfaitement pu exercer un métier honnête eu égard à sa formation; que son comportement ne peut s'expliquer que par le fait que l'on se trouve en présence d'un individu dont les traits essentiels sont la paresse, l'absence de scrupules et la bassesse de caractère. L'arrêt se réfère en outre à une condamnation à cinq jours de prison avec sursis datant de 1945 et au comportement du recourant durant l'enquête. En conclusion, l'autorité cantonale estime que la Cour correctionnelle, en fixant la peine, est non seulement restée dans les limites prévues par la loi, mais qu'elle a équitablement apprécié la gravité des actes en fonction aussi bien du caractère répréhensible du délit que du mobile et de la situation personnelle du condamné. De plus, la Cour de cassation cantonale a rejeté une requête du recourant tendant au renvoi de la cause à la Cour correctionnelle, considérant qu'elle disposait des compétences nécessaires pour motiver la condamnation. C.- En même temps qu'il formait un pourvoi en nullité, D. a interjeté un recours de droit public au Tribunal fédéral contre l'arrêt cantonal du 7 octobre 1975. Il invoque une violation de l'art. 4 Cst. résultant selon lui de l'application arbitraire des dispositions cantonales de procédure. BGE 102 Ia 1 S. 3 La Cour de cassation genevoise et le Procureur général de Genève concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant soutient qu'en décidant de motiver elle-même la condamnation, la cour cantonale s'est arrogé une compétence que la loi de procédure ne lui donne pas. Une telle décision serait arbitraire, parce que manifestement contraire au sens et au but de la loi de procédure et parce qu'elle aboutit à un résultat que le législateur ne peut avoir voulu. Il fait valoir que l'art. 437 PP délimite d'une manière exhaustive les pouvoirs de la Cour de cassation genevoise en matière de recours en cassation; que cette Cour ne fait que contrôler la juste application de la loi fédérale ou de la procédure, et cela du point de vue juridique seulement, n'étant pas une Cour d'appel suprême; que ses pouvoirs sont comparables à ceux de la Cour de cassation du Tribunal fédéral statuant sur un pourvoi en nullité; qu'elle ne saurait dès lors se prononcer sur les faits, ni les revoir ni, a fortiori, rechercher dans le dossier la justification de telle appréciation des preuves à laquelle s'est livrée la juridiction inférieure. Selon le recourant, il résulterait des art. 343 et 383 PP que, dans la présente cause, seule la Cour correctionnelle aurait eu le pouvoir de fixer la peine; certes, en l'absence d'une disposition expresse de la procédure pénale genevoise quant à la motivation de la peine, un usage s'est établi à Genève, selon lequel le juge du fond fixe la peine sans la motiver, mais comme le Tribunal fédéral a jugé qu'une condamnation sans motivation de la peine empêchait le contrôle de l'application de l'art. 63 CP, la peine devait désormais être motivée. Or cette motivation impliquant une appréciation en fait et en droit, seule la juridiction qui a le pouvoir de se prononcer aussi bien sur les faits que sur le droit, c'est-à-dire ici la Cour correctionnelle, à l'exclusion de la Cour de cassation, serait compétente pour motiver. Enfin, le recourant s'en prend à deux arguments que la Cour de cassation cantonale a cru bon de développer pour asseoir sa compétence. 2. a) Selon une jurisprudence constante, une décision est arbitraire lorsqu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique clair et indiscuté ou lorsqu'elle contredit d'une BGE 102 Ia 1 S. 4 manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité (RO 100 Ia 6 ; 97 I 24 , 352 et arrêts cités). Arbitraire et violation de la loi ne sauraient cependant être confondus. Pour être taxée d'arbitraire, la violation incriminée doit être manifeste et reconnue d'emblée (RO 96 I 627 consid. 4 et citations). Il n'y a pas arbitraire du seul fait qu'une autre solution serait concevable ou même préférable (RO 99 Ia 346 consid. 1). Le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution adoptée par l'autorité cantonale de dernière instance que si pareille solution apparaît comme insoutenable, en contradiction manifeste avec la situation effective, adoptée sans motifs objectifs et en violation d'un droit certain (RO 96 I 627 consid. 4). b) La procédure pénale genevoise est dominée, en première instance, par l'institution du jury. Le système instauré par le législateur prévoit des débats oraux suivis d'une double délibération: dans la première délibération, le jury statue seul sur la culpabilité de l'accusé et répond par oui ou par non aux questions touchant aux faits de la cause (art. 318 ss PP); en cas de verdict de culpabilité et après nouvelles plaidoiries, le jury, cette fois-ci avec la cour, délibère sur l'application de la peine (art. 339 ss PP applicable en vertu d'un renvoi figurant à l'art. 383 PP). En dehors des réponses aux questions sur les faits, la loi de procédure genevoise ne prévoit aucune motivation des arrêts. Ce système est applicable également à la Cour correctionnelle sans jury, quand bien même elle n'est composée que de magistrats professionnels. En effet, la procédure devant cette cour est réglée par simple renvoi à la procédure avec jury ( art. 384 à 388 PP). La comparution devant cette cour dépendant de la volonté de l'accusé, qui renonce à son droit de comparaître devant un jury (art. 384 PP), le législateur s'est contenté de sanctionner l'absence de jury sans rien changer par ailleurs à la procédure. Faute de dispositions sur la motivation, la jurisprudence genevoise a considéré qu'une certaine liberté pouvait exister à cet égard pour la Cour correctionnelle sans jury, puisque ni la motivation ni l'absence de motivation ne sont contraires à la loi (SJ 1953 p. 9/10). L'usage général est toutefois de considérer que le code de procédure genevois exclut la motivation des arrêts de la Cour d'assises et de la Cour correctionnelle avec ou sans jury (cf. SJ 1957 p. 393/394). Contre les arrêts de la Cour d'assises et de la Cour correctionnelle, BGE 102 Ia 1 S. 5 le législateur genevois a instauré un recours en cassation devant la Cour de cassation genevoise. A côté des violations de règles de procédure, ce recours est ouvert lorsque la décision attaquée a violé la loi pénale (art. 437 litt. a PP). En présence de jugements non motivés et d'états de faits constitués par les réponses du jury au questionnaire, le pouvoir d'examen de la Cour de cassation cantonale est forcément limité. Sur le fond, la Cour de cassation est chargée de décider si la juridiction de première instance a fait une erreur en appliquant la loi aux faits retenus. Elle doit accepter les faits qui ont été admis par l'autorité compétente et uniquement dire, sur la base de ceux-ci, si la juridiction inférieure a violé la loi ou jugé arbitrairement, de manière manifestement contraire à l'intention du législateur, en les interprétant, en les qualifiant ou en punissant comme elle l'a fait (cf. J. GRAVEN, in "Le centenaire de la Cour de cassation de Genève", p. 35/36, 40/41). c) Ce système a été ébranlé par l'institution du pourvoi en nullité au Tribunal fédéral et par l'obligation faite aux autorités cantonales de motiver en fait et en droit les décisions pouvant faire l'objet de ce recours (cf. art. 277 PPF). Indépendamment de la question de sursis, qui fait l'objet d'une règle fédérale particulière quant à la motivation (art. 41 ch. 2 al. 2 CP), l'obligation de motiver n'a pu poser véritablement de problème aux autorités judiciaires genevoises ou au législateur cantonal qu'en matière de fixation de la peine ou des mesures à prendre à l'égard du condamné. En effet, alors qu'elle dispose en principe, quant aux faits constitutifs de l'infraction ou aux éventuelles circonstances atténuantes, des éléments de faits devant ressortir du questionnaire auquel il est répondu en première instance, elle ne peut trouver dans celui-ci d'éléments semblables à propos des mobiles, des antécédents et de la situation personnelle de l'accusé, aucune question n'étant posée sur ces points aux premiers juges. Les exigences de la loi et de la jurisprudence fédérales en matière de motivation de la peine, telles qu'elles ressortent des art. 277 PPF et 63 CP ainsi que de leur interprétation, se limitent à demander aux autorités cantonales de dernière instance un résumé des éléments essentiels de la culpabilité du condamné (RO 95 IV 62/63; 93 IV 58 , No 14, consid. c). L'arrêt rendu le 23 mai 1975 à l'égard du recourant (RO 101 IV 132) BGE 102 Ia 1 S. 6 ne constitue pas autre chose qu'un cas d'application de ces règles. Or ces exigences, aussi modestes soient-elles, ont contraint les juges genevois à trouver une solution de procédure leur permettant de les satisfaire. La loi de procédure étant muette, il leur incombait, et plus particulièrement à la Cour de cassation, de combler cette lacune par voie jurisprudentielle. C'est ce que cette dernière a fait en décidant de motiver elle-même la peine. d) Cette décision ne peut pas être qualifiée d'arbitraire. En présence d'une situation non prévue par le législateur cantonal, face à une lacune de la loi et à des principes contradictoires, la cour cantonale a choisi une solution qui ne donne certes pas entièrement satisfaction - il ne pouvait du reste en être autrement -, mais qui ne viole gravement aucune norme ni aucun principe juridique clair et indiscuté. Aucune norme juridique cantonale précise n'empêche en effet la Cour de cassation de motiver la peine en fait et en droit. Aucune règle de procédure cantonale précise - qui correspondrait sur le plan cantonal à l'art. 277 PPF sur le plan fédéral - n'impose à l'autorité de première instance de fournir une motivation de la peine. La cour cantonale avait donc à choisir entre deux solutions, motiver elle-même la peine ou charger de cette tâche la juridiction de première instance. Il n'appartient pas au Tribunal fédéral, statuant sur un recours de droit public, de se prononcer sur le système qui, à ses yeux, eût été préférable; il lui suffit de constater que celui qui a été choisi n'apparaît ni comme insoutenable, ni en contradiction manifeste avec la situation effective, ni adopté sans motifs objectifs, ni en violation d'un droit certain. e) Si la solution adoptée ne heurte donc gravement aucune norme de droit cantonal claire et indiscutée, elle n'est par ailleurs contraire à aucun principe du droit fédéral. En effet, les règles déduites de l'art. 4 Cst. quant à la motivation des décisions obligent seulement les tribunaux à mentionner, au moins brièvement, les motifs qui les ont guidés et sur lesquels ils ont fondé leur sentence (RO 101 Ia 48); à cet égard, les réponses fournies au questionnaire dressé sur les faits de la cause peuvent être considérées comme suffisantes. En outre, d'une façon générale, l'obligation de motiver, qui relève de la procédure, dépend au premier chef du droit cantonal (art. 64bis Cst.; RO 98 Ib 195 consid. 2 ; 96 I 723 ; 93 I 120 et 702). BGE 102 Ia 1 S. 7 Quant à la jurisprudence dégagée de l'art. 277 PPF par la Cour de cassation du Tribunal fédéral à propos des jugements rendus par les jurys (arrêt Schürch, ATF 78 IV 134), bien que ce domaine échappe à l'examen de la Cour de droit public, il y a lieu de relever qu'elle ne vise et ne peut viser que les jurys statuant en unique ou dernière instance cantonale. f) Certes par la solution qu'elle a adoptée la Cour de cassation genevoise s'arroge, dans le domaine de la motivation de la peine, une certaine cognition en matière de fait. Il lui incombe alors évidemment de veiller à adapter sa procédure de façon à respecter le droit d'être entendu découlant notamment de l'art. 4 Cst. Il n'y a toutefois pas lieu d'examiner ce point plus avant, dès lors qu'il n'a pas été soulevé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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259573d0-4973-4640-b219-33cd3e515068
Urteilskopf 102 Ib 314 52. Urteil vom 15. Oktober 1976 i.S. Schmidt gegen Schweizerische Bundesbahnen
Regeste Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage. Die Beziehungen zwischen dem Mieter eines in einem Bahnhof installierten Schliessfaches und den SBB sind privatrechtlicher Natur; Haftungsansprüche sind vor den Zivilgerichten und nicht mit verwaltungsrechtlicher Klage beim Bundesgericht geltend zu machen.
Sachverhalt ab Seite 314 BGE 102 Ib 314 S. 314 Im März 1975 liquidierte Karl Schmidt seinen Trödlerladen an der Pfeffingerstrasse in Basel. Dabei beschäftigte er als Hilfskraft René Schmidli, den er kurz zuvor kennengelernt hatte. Während der Woche hatte Schmidt die Geschäftseinnahmen jeweils in seiner Wohnung aufbewahrt; am Samstag, 8. März 1975 jedoch versorgte er den Liquidationserlös von Fr. 16'000.-- bis 16'500.-- nach Ladenschluss in einer Diplomatentasche und deponierte diese auf Anraten Schmidlis und mit dessen Hilfe in einem Schliessfach im SBB-Bahnhof Basel. Als Schmidt am folgenden Tag um 14.15 Uhr das Schliessfach öffnete, stellte er fest, dass der Aktenkoffer verschwunden war. Schmidli hatte ihn am gleichen Morgen um 7 Uhr vom diensttuenden Bahnbeamten Küng herausverlangt. Unter Vorweisung seines Reisepasses hatte er erklärt, er habe den Schlüssel zum Schliessfach verloren, doch habe er die Nummer des Faches notiert. Vom Beamten dazu aufgefordert, gab Schmidli eine Beschreibung des Aktenkoffers und seines BGE 102 Ib 314 S. 315 Inhaltes, ferner teilte er Küng seine Adresse mit. Der Beamte stellte daraufhin eine "Empfangsbescheinigung und Schadloserklärung" aus, d.h. eine Verpflichtung zur Schadloshaltung der SBB, wenn Dritte aufgrund der Herausgabe des Schliessfachinhaltes die Bahnverwaltung haftbar machen wollten, liess sie von Schmidli unterzeichnen und stellte fest, dass die Unterschriften auf der Schadloserklärung und auf dem Reisepass identisch waren. Schmidli gab an, der Aktenkoffer enthalte einen Geldbetrag von Fr. 2'000.--. Als der Beamte diese Angabe überprüfen wollte, erklärte Schmidli, den Schlüssel zuhause vergessen zu haben. Da der Beamte zögerte, den Koffer ungeöffnet herauszugeben, offerierte Schmidli, seinen Pass zu deponieren; überdies seien ja alle Angaben auf dem "Revers" festgehalten. Da Schmidli Küng vertrauenswürdig schien, gab er ihm den Koffer schliesslich heraus, ohne den Pass zurückzubehalten, dessen Nummer er sich notiert hatte. Der vorbestrafte Schmidli wurde in der Folge wegen dieses Betruges und anderer Delikte zu einer unbedingten Zuchthausstrafe von zwölf Monaten verurteilt; der Geldbetrag konnte nicht mehr beigebracht werden. Karl Schmidt hat beim Bundesgericht verwaltungsrechtliche Klage eingereicht mit dem Begehren, die Schweizerischen Bundesbahnen seien zu verurteilen, ihm Fr. 16'500.-- nebst Zins zu 5% seit dem 12. März 1975 als Schadenersatz zu bezahlen. Die SBB beantragen, die Klage sei abzuweisen resp. es sei auf die Klage mangels Zuständigkeit nicht einzutreten. Eventuell sei die Klage nur in der Höhe von Fr. 1'000.-- zuzusprechen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die SBB sind keine juristische Person, sondern eine unselbständige Anstalt des Bundes. Sie sind jedoch innerhalb der Schranken der Bundesgesetzgebung verwaltungsmässig unabhängig; insbesondere besitzen sie die Prozessfähigkeit und sind demnach in dieser Sache passivlegitimiert (Art. 1 und 5 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 23. Juni 1944; BGE 91 I 228 ). b) Der Kläger ist der Auffassung, die SBB hafteten nach Art. 3 VG für den ihm entstandenen Schaden, da ihm der BGE 102 Ib 314 S. 316 Bahnbeamte Küng in Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit widerrechtlich einen Schaden zugefügt habe. Die SBB widersetzen sich dieser Auffassung. Ihres Erachtens sind die Beziehungen zwischen dem Schliessfachbenützer und den SBB privatrechtlicher Natur, und der Bahnbeamte habe als Hilfsperson im Sinne des Zivilrechts gehandelt. Trifft die Auffassung der SBB zu, so ist bezüglich ihrer Haftung das Verantwortlichkeitsgesetz nicht anwendbar, und die Ansprüche des Klägers sind durch die Zivilgerichte zu beurteilen. Die Zuständigkeitsvorschrift von Art. 41 lit. c zweiter Satz OG ist nicht anwendbar, einerseits da der Streitwert die geforderten Fr. 20'000.-- nicht erreicht, und anderseits da die Beklagte die Zuständigkeit des Bundesgerichtes nicht anerkennt. Demnach ist vorfrageweise zu prüfen, ob die Beziehungen zwischen dem Schliessfachbenützer und den SBB privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sind. 2. Gleich wie andere öffentliche Anstalten des Bundes unterstehen auch die SBB teils dem öffentlichen, teils dem privaten Recht. Massnahmen auf dem Gebiete der Bahnpolizei beispielsweise sind öffentlich-rechtlicher Natur, während die Abgabe eines Bahnbillets einen Akt des Privatrechts darstellt, wie überhaupt die Personen-, Gepäck- und Güterbeförderung per Bahn in der Schweiz als privatrechtliche Tätigkeit angesehen wird; sie erfolgt aufgrund bahnrechtlicher Frachtverträge. Dementsprechend stützen sich das Bundesgesetz über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vom 11. März 1948 (TG) und das Transportreglement (TR) auf Art. 64 BV ( BGE 87 II 117 ; Kommentar GAUTSCHI, N 3c zu Art. 455 OR ). Art. 31 TG verweist hinsichtlich der Haftungsbeschränkung für befördertes Reisegepäck auf das Transportreglement. Die blosse Aufbewahrung von Handgepäck hinter dem Handgepäckschalter stellt allerdings keine Beförderung dar, ebenso nicht das Zurverfügungstellen eines Schliessfaches; aber auch bei diesen Diensten handelt es sich um privatrechtliche, kommerzielle Tätigkeiten (Kommentar GAUTSCHI, N. 9a zu Art. 472 OR ). Die SBB treten den Personen, die die Handgepäckaufbewahrung oder ein Schliessfach benutzen, nicht hoheitlich gegenüber, sondern als Vertragspartner im Rahmen eines Rechtsverhältnisses mit Leistung und Gegenleistung. Gleichgültig, ob Handgepäck am Schalter gegen einen BGE 102 Ib 314 S. 317 Gepäckschein abgegeben wird, oder ob es in einem Schliessfach deponiert wird, in beiden Fällen kommt ein privatrechtlicher Vertrag oder allenfalls eine vertragsähnliche privatrechtliche Beziehung zustande (Kommentar JÄGGI, N 131 und 560 f. zu Art. 1 OR ). Trifft dies aber zu, so handeln die dabei mitwirkenden Bahnbeamten als privatrechtliche Hilfspersonen der SBB und damit nicht in hoheitlicher Funktion, und entsprechend haften die SBB nach Privatrecht. Das Verantwortlichkeitsgesetz ist nur insofern bedeutsam, als der Geschädigte sich ausschliesslich an die SBB halten muss und nicht den Beamten persönlich belangen darf, auch wenn diesem an sich ein widerrechtliches Verhalten vorgeworfen werden kann ( Art. 11 Abs. 2 VG ; ferner FAVRE/WICK, Das schweizerische Transportrecht für Eisenbahnen und Schiffe, N 7 zu Art. 64 TR). 3. Die Einwände, die der Kläger gegenüber dieser Betrachtungsweise erhebt, sind nicht stichhaltig. a) Der Kläger weist in erster Linie darauf hin, dass die "Benutzungsgebühr" hoheitlich durch einen Tarif festgelegt sei. Werde aber die Gebühr nach Grundsätzen des öffentlichen Rechts festgesetzt, so müsse die Verantwortung des Bundes und seiner Beamten für Fehlhandlungen bei solchen Rechtsgeschäften ebenfalls nach öffentlichem Recht beurteilt werden. Indessen können Tarife sowohl für den hoheitlichen als auch für den privatrechtlichen Tätigkeitsbereich der Verwaltung aufgestellt werden. Der "Tarif" der ETHZ, der bestimmt, zu welchem Preis in der Mensa Mahlzeiten abgegeben werden, betrifft ganz eindeutig eine privatrechtliche Tätigkeit der Verwaltung ( BGE 100 Ib 329 ). In ähnlicher Weise schliesst der Umstand, dass Eisenbahntarife hoheitlich festgelegt werden, nicht aus, dass die Beziehungen zwischen Bahn und Benützer, mit Einschluss der Haftung nach EHG, nach unbestrittener Auffassung dem Privatrecht unterstehen. Dies muss, wie erwähnt, auch für die kommerziellen Nebengeschäfte der SBB gelten. b) Der Kläger glaubt, Art. 11 VG komme nur dort zur Anwendung, wo die Beamten rein zivilrechtlich tätig seien, und dies treffe hinsichtlich der hier zu beurteilenden Amtshandlung des Bahnbeamten Küng nicht zu. Wenn die SBB einerseits ihre zivilrechtliche Haftung wegbedingten, und BGE 102 Ib 314 S. 318 anderseits ihren Beamten mit der Funktion betrauten, bei Schlüsselverlust mit einem Nachschlüssel das Schliessfach zu öffnen, übertrügen sie dem Beamten eine polizeiliche Funktion, und die fehlerhafte Ausübung dieser Funktion beurteile sich deshalb nach dem Verantwortlichkeitsgesetz. Deshalb müsse die SBB für die Handlung des Bahnbeamten Küng gleich wie für andere fehlerhafte bahnpolizeiliche Akte ihres Personals einstehen. Die SBB selbst qualifizieren die Beziehungen zum Schliessfachinhaber als Mietvertrag, nicht etwa als Hinterlegungsvertrag, da sie den Gegenstand, der im Schliessfach aufbewahrt wird, nicht kennen. Dem ist zuzustimmen ( BGE 95 II 544 ; Kommentar OSER/SCHÖNENBERGER, N 13 zu Art. 253; Kommentar GAUTSCHI, Vorbemerkungen zum Hinterlegungsvertrag, N 3c (2), N 9a zu Art. 472 OR ). Normalerweise haftet der Vermieter nicht für Sachen, die dem Mieter aus der gemieteten Sache weggenommen werden; eine Freizeichnung wäre diesbezüglich nicht erforderlich. Die Besonderheit liegt jedoch im Umstand, dass die SBB zu jedem Schliessfach einen zweiten Schlüssel besitzen und insofern Mitgewahrsam an den eingeschlossenen Gepäckstücken erhalten. Durch die Herausgabe des Schliessfachinhaltes an einen unbefugten Dritten wird an sich durchaus eine adäquate Ursache für den Schaden gesetzt, und die Frage ist berechtigt, wieweit sich die SBB von einer Mitverursachung des Schadens freizeichnen können. Der Schliessfachinhaber wird im allgemeinen vermuten, die SBB besässen einen Reserveschlüssel, damit das Fach bei Verlust seines Schlüssels geöffnet werden könne. Diese Möglichkeit wird allerdings dem Schliessfachmieter nicht bekanntgegeben. Die Vermutung des Klägers, höchstens die Polizei könne das Schliessfach öffnen, ist deshalb nicht ohne weiteres haltlos, ebenso nicht seine Auffassung, das Öffnen des Faches mit dem zweiten Schlüssel komme einem öffentlich-rechtlichen Eindringen in den von ihm gemieteten Raum gleich. Das Argument dringt trotzdem nicht durch. Richtig ist, dass einem Teil der Bahnbeamten polizeiliche Befugnisse zugewiesen sind, und nach Art. 12 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend Handhabung der Bahnpolizei vom 18. Februar 1878 stehen die betreffenden Beamten innerhalb des polizeilichen Geschäftskreises den Angehörigen der kantonalen Polizeikorps gleich. Die von den Bahngesellschaften mit derartigen BGE 102 Ib 314 S. 319 Aufgaben betrauten Beamten und Angestellten haben insbesondere einzugreifen, wenn sich Personen auf Bahnhöfen oder in Zügen ein polizeiwidriges Verhalten zuschulden kommen lassen. Ermöglicht jedoch ein Bahnbeamter mit dem zweiten Schlüssel einem Schliessfachmieter, sein Gepäck trotz Verlust des Schlüssels zu behändigen, dann übt er keine polizeiliche Tätigkeit aus. Vielmehr leistet er dem Schliessfachinhaber einen Dienst, mit dem dieser im Rahmen des privatrechtlichen Vertragsverhältnisses rechnet. Der Schliessfachbenützer kann deshalb lediglich nach privatrechtlichen Grundsätzen fordern, dass die Beamten und Angestellten der Bahngesellschaften den Nachschlüssel vertragskonform verwenden. Dazu gehört insbesondere eine gewisse Prüfungspflicht gegenüber demjenigen, der sich als rechtmässiger Eigentümer des Schliessfachinhaltes ausgibt. Ob der Bahnbeamte Küng seiner Prüfungspflicht genügt hat, ist nach dem Gesagten vom Zivilrichter zu beurteilen. c) Schliesslich hält der Kläger die öffentlich-rechtliche Haftung für gegeben, weil die SBB die zivilrechtliche Haftung wegbedungen hätten; es könne nicht der Sinn von Art. 11 Abs. 2 VG sein, dem Geschädigten den Zugriff auf den schuldigen Beamten zu verwehren, wenn nicht gleichzeitig der Bund die eventuelle Haftung übernehme. Diese Auffassung trifft nicht zu. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 11 VG steht dem Geschädigten auch dann kein Anspruch gegen den fehlbaren Beamten zu, wenn der Bund als Subjekt des Zivilrechts auftritt. In diesen Fällen haftet der Bund nach dessen Bestimmungen, d.h. er haftet nach Zivilrecht, soweit ihn nach dessen Normen eine Haftung trifft. Muss der Bund nach Art. 101 OR für seine Hilfspersonen nicht einstehen, so rechtfertigt sich auch die Haftungsbefreiung der Beamten und Angestellten. Die öffentlich-rechtliche und die privatrechtliche Haftungsordnung stehen unabhängig nebeneinander. Deshalb ist ausschliesslich der Zivilrichter zuständig, zu prüfen, ob und wie Sich die Haftung der SBB unter Berücksichtigung eines allfälligen Verschuldens des Beamten und eines Mitverschuldens des Klägers beurteilt, wie weit die Haftung durch eine Freizeichnungsklausel rechtsgültig wegbedungen werden konnte, und ob gegebenenfalls die Haftung der SBB - gleich wie bei der Handgepäckaufbewahrung - auf Fr. 1'000.-- beschränkt ist. BGE 102 Ib 314 S. 320 Wie immer dieser Entscheid ausfällt, eine öffentlich-rechtliche Haftung aus dem Verantwortlichkeitsgesetz fällt daneben ausser Betracht. d) Aus diesen Gründen ist auf die Klage nicht einzutreten. Es bleibt dem Kläger unbenommen, seine Ansprüche bei den Basler Zivilgerichten geltend zu machen. Sollte er aus irgendeinem Grunde glauben, die Verjährungsfrist betrage weniger als zehn Jahre, so wäre die Vorschrift von Art. 139 OR zu beachten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Klage wird nicht eingetreten.
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1,976
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CH_BGE_003
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2597b098-ae0f-4bb0-9a22-c8e4adc0278c
Urteilskopf 112 Ib 371 60. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. November 1986 i.S. Georges Jahn gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die baulichen Massnahmen im Zivilschutz (BMG) und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung zum BMG (BMV): Ersatzbeitrag bei Neubauten (Anbau) und Umbauten. Die auf dem angebauten Hallenbad eines Hotels errichteten Kongressräume sind weder als Anbau an das Hotelgebäude noch als Umbau (Aufbau) des Hallenbades anzusehen, sondern als Umbau des Hotelgebäudes als Ganzes. Voraussetzungen eines im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BMG wesentlichen Umbaus.
Sachverhalt ab Seite 372 BGE 112 Ib 371 S. 372 Das Kantonale Amt für Zivilschutz Luzern unterstellte den Aufbau von Kongressräumen auf den Hallenbadtrakt des Hotels Hertenstein und den Einbau einer Suite der Schutzraumbaupflicht bzw. der Ersatzbeitragspflicht gemäss dem Bundesgesetz über die baulichen Massnahmen im Zivilschutz (Schutzbautengesetz (BMG); SR 520.2). Georges Jahn erhob dagegen als Eigentümer des Hotels Hertenstein Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Luzern. In seinem Beschwerdeentscheid ging der Regierungsrat davon aus, dass der Einbau einer Suite nicht der Schutzraumbaupflicht unterstehe; hingegen sei für die Kongressräume - entsprechend ihrer Qualifikation als Anbau an das Hotelgebäude - eine Baupflicht bzw. eine Ersatzbeitragspflicht gegeben. Eine gegen den Regierungsratsentscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde heisst das Bundesgericht gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Der Bundesrat hat gestützt auf seine Ausführungskompetenz in der Schutzbautenverordnung eine Konkretisierung der in Art. 2 Abs. 1 BMG umschriebenen Schutzraumbaupflicht der Hauseigentümer vorgenommen. Gemäss Art. 2 Abs. 1 BMV ("Anbauten gelten als Neubauten, Aufbauten als Umbauten") soll bei Anbauten - wie bei den Neubauten - eine Schutzraumbaupflicht entstehen, wenn sie üblicherweise unterkellert sind. Bei Aufbauten BGE 112 Ib 371 S. 373 hingegen richtet sich die Schutzraumbaupflicht - wie bei den Umbauten - danach, ob das Umbauvorhaben im Verhältnis zum bestehenden, mit einem Kellergeschoss versehenen Gebäude wesentlich ist. Das Bundesgericht hat im Urteil über eine mit heutigem Datum entschiedene Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Sachen Baugenossenschaft H. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich festgestellt, dass sich aus dieser Unterscheidung - insbesondere aus den vom Bundesamt für Zivilschutz in der Praxis daran geknüpften Konsequenzen - dem Ziel des Schutzbautengesetzes geradezu zuwiderlaufende Ergebnisse und Art. 4 BV widersprechende Ungleichbehandlungen der Hauseigentümer ergeben können. So erscheint es nicht verständlich, wenn die Hauseigentümer bei jeder Erweiterung durch einen Anbau, wo der Einbau eines Schutzraumes durch eine geeignete Unterkellerung verhältnismässig leicht verwirklicht werden kann, Schutzräume nur für die Bewohner des Anbaus alleine zu errichten oder abzugelten haben, hingegen bei einer umfangmässig gleichen Erweiterung durch einen Umbau - beispielsweise durch einen Aufbau ( Art. 2 Abs. 1 BMV ) - entweder gar nicht oder gleich für die Bewohner des ganzen Gebäudes. Für die Beurteilung der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergeben sich aus diesen Feststellungen keine Konsequenzen; wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, können die zur Diskussion stehenden Bauten weder als Neubau (Anbau) noch als wesentlicher Umbau (Aufbau) im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BMG angesehen werden. b) Die Qualifikation einer Baute als Anbau setzt begriffsnotwendig voraus, dass auf einer bisher nicht beanspruchten Fläche eine Erweiterung eines bestehenden Gebäudes errichtet wird; wie bei einem Neubau wird bisher vom Gebäude nicht beanspruchtes Land überbaut. Aufgrund dieser Überlegung ging der Bundesrat als Verordnungsgeber bei der Schaffung von Art. 2 Abs. 1 BMV wohl davon aus, dass bei einem Anbau - wie bei einem Neubau -, wo ein geeignetes Kellergeschoss in der Regel ohne grosse Schwierigkeiten erstellt werden kann, die Schutzraumbaupflicht generell bei allen üblicherweise mit Kellergeschossen versehenen Bauten vorzusehen sei. Die zur Diskussion stehenden Kongressräume wurden auf dem seit 1966 bestehenden Hallenbad erstellt. Das Bauvorhaben hat nach der vom Regierungsrat nicht bestrittenen Darstellung des BGE 112 Ib 371 S. 374 Beschwerdeführers keine Vergrösserung des Grundrisses der bestehenden Liegenschaft bzw. Nutzung bisher nicht überbauten oder durch Abbruch freigemachten Bodens mit sich gebracht. Die bei den Akten liegenden Pläne bestätigen dies im wesentlichen. Eine Qualifikation als Anbau an das bestehende Hotelgebäude fällt folglich ausser Betracht. Daran vermag auch die funktionale Beziehung der Gebäudeteile zueinander nichts zu ändern. Dass die Kongressräume und das Hallenbad in funktionaler Hinsicht nichts miteinander zu tun haben, dass vielmehr beide dem Hotelbetrieb dienen, kann nicht dazu führen, die Kongressräume als Anbau an das Hotelgebäude zu verstehen und darüber hinwegzusehen, dass sie baulich als Aufbau auf das Hallenbad realisiert worden sind. Ob das Ergebnis anders ausfallen müsste, wenn nicht 1966 das Hallenbad erstellt worden wäre, hat für die Beurteilung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine Bedeutung. Massgebend ist einzig, was und wie effektiv gebaut worden ist und nicht, wie allenfalls ein abweichendes Bauvorhaben zu bewerten wäre. Der Regierungsrat macht in seiner Vernehmlassung geltend, es möge zutreffen, dass in den meisten Fällen bei einem Anbau eine unüberbaute Grundstücksfläche beansprucht werde, doch wäre zum Beispiel die Errichtung einer Wohnung auf einer grösseren Sammelgarage auch nicht ein Aufbau, sondern in klarer Weise ein Neubau, obwohl das Erdreich bereits beansprucht worden sei. Andernfalls könnte mit der Errichtung einer grösseren Garage eine spätere Schutzraumbaupflicht beim Bau einer Wohnung über dem Unterbau umgangen werden, was nicht den Intentionen des Gesetzgebers entspräche. Wie es sich mit der Schutzraumbaupflicht in einem solchen Fall verhielte, braucht hier nicht untersucht zu werden. Er lässt sich mit dem vorliegenden nicht vergleichen und ist als ausgesprochener Spezialfall nicht geeignet, den Grundsatz zu widerlegen, dass ein Anbau oder Neubau nur dann vorliegt, wenn für das Gebäude nicht überbauter Boden in Anspruch genommen wird. Diese Erwägungen führen zum Schluss, dass der Aufbau von Kongressräumen auf das Hallenbad des Hotels Hertenstein nicht als Anbau qualifiziert werden kann. c) Es bleibt im weiteren zu prüfen, ob der Aufbau der Kongressräume als wesentlicher Umbau in Sinne von Art. 2 Abs. 1 BMG angesehen werden muss. aa) An erster Stelle ist die Frage zu beantworten, ob bei der Beurteilung der Wesentlichkeit des Bauvorhabens auf das Hallenbad BGE 112 Ib 371 S. 375 alleine oder - entsprechend der Ansicht des Beschwerdeführers - auf das gesamte Hotel abzustellen ist. Der Regierungsrat macht gegen eine derartige "ganzheitliche Betrachtungsweise" geltend, das Hallenbad sei zwar mit dem Hotelgebäude verbunden, ansonsten bilde es jedoch einen selbständigen Baukörper; es weise eine eigene Gebäudeversicherungsnummer und einen eigenen Gebäudeversicherungswert auf. Derartige formelle Kriterien können jedoch nicht entscheidend sein. Vielmehr ist auf die tatsächlichen baulichen Gegebenheiten abzustellen. Das Hallenbad bildet kein selbständiges Gebäude; es ist mit dem Hauptgebäude fest verbunden, und die darin untergebrachten Einrichtungen dienen einzig und allein dem Hotelbetrieb. Sie sind von den Hotelräumen her zugänglich und bilden zusammen mit dem Hauptgebäude eine Einheit. Die Beurteilung der Wesentlichkeit der neu erstellten Bauten ist folglich im Verhältnis zu diesem Hotelgebäude als Ganzem vorzunehmen. bb) Zur Beurteilung der Wesentlichkeit ist einzig Art. 2 BMV in der Fassung vom 27. November 1978 massgebend. Die am 30. September 1985 revidierte Fassung der Schutzbautenverordnung (AS 1985, S. 1672) ist nicht anwendbar auf eine Abgabe, die vom Beschwerdeführer mit Verfügung vom 19. Dezember 1984 gefordert worden ist. Nach Art. 2 Abs. 2 BMV in der Fassung von 1978 gelten Umbauten als wesentlich, wenn die Baukosten 30% des Brandversicherungswertes des Gebäudes mindestens jedoch das 50fache der durchschnittlichen Mehrkosten für einen Schutzplatz (kantonaler Gesamtdurchschnitt der privaten Schutzräume) übersteigen. Besteht keine Brandversicherung, so ist auf den Verkehrswert des Gebäudes abzustellen. Diese quantitativen Voraussetzungen sind für die neu erstellten Kongressräume nicht erfüllt. Die vom Regierungsrat festgestellten provisorischen Baukosten von Fr. 500'000.-- sind weit geringer als 30% des Brandversicherungswertes des gesamten Hotelgebäudes von Fr. 7'157'000.-- (Brandversicherungswert Hotel: Fr. 6'349'000.-- + Brandversicherungswert Hallenbad: Fr. 808'000.--). Selbst der Einbezug der Baukosten für die gleichzeitig errichtete Suite könnte zu keinem anderen Ergebnis führen. Auch in diesem Fall (vom Regierungsrat festgestellt Gesamtbaukosten in der Höhe von ca. Fr. 750'000.--) würden die Umbaukosten weit unter der für die Wesentlichkeit erforderlichen 30%-Grenze liegen. BGE 112 Ib 371 S. 376 cc) Das Bundesgericht hat es im Urteil über die mit heutigem Datum entschiedene Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Sachen Baugenossenschaft H. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich als fraglich angesehen, ob die in Art. 2 Abs. 2 BMV umschriebenen quantitativen Voraussetzungen alleine genügen, um einen Umbau als wesentlich im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BMG qualifizieren zu können. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des Schutzbautengesetzes im Jahre 1963 eine umfassende Pflicht zum Bau von Schutzplätzen bei allen Umbauten von üblicherweise mit Kellergeschossen versehenen Gebäuden (vgl. Art. 2 Abs. 1 des bundesrätlichen Entwurfs, BBl. 1962 II 712) ausdrücklich abgelehnt; er hat vielmehr die einschränkendere Fassung des Gesetzes gewählt und damit als Voraussetzungen für die Schutzraumbaupflicht sowohl das Vorhandensein eines Kellers, wie auch einen im Verhältnis zum ganzen Gebäude wesentlichen Umbau verlangt (Amtl.Bull. NR 1963, S. 408, vgl. auch S. 27 f.; StR 1963, S. 160 ff.). In diesem Zusammenhang wurde erwähnt, dass ein (An- und) Umbau nicht etwa schon dann wesentlich sei, wenn nur der Dachstock ausgebaut oder einzelne Zimmer eingebaut würden, sondern erst wenn im Verhältnis zum bisher vorhandenen ins Gewicht fallender neuer Wohnraum in grösserem Ausmass geschaffen wird (Amtl.Bull. NR 1963, S. 28 und 408; StR 1963, S. 161 f.). In analoger Anwendung dieses Grundsatzes müsste auch beim zur Diskussion stehenden Hotelgebäude verlangt werden, dass durch den Umbau bzw. Aufbau im Verhältnis zum Gesamtbetrieb eine wesentlich grössere Aufnahmekapazität geschaffen wird. Wie der Beschwerdeführer geltend macht, wurde lediglich durch die neu erstellte Suite, nicht aber durch den Aufbau der Kongressräume, die Aufnahmekapazität des Hotels erhöht. Der Regierungsrat bestreitet dies in seiner Vernehmlassung nicht, auch wenn er eine erhöhte Kapazität des Betriebs insofern erkennen will, als dass sich das Angebot des Hotels nicht nur an den Reise- und Ferientourismus, sondern auch an den Kongresstourismus richtet. Es ist davon auszugehen, dass die Benützer der Kongressräume zugleich auch Hotelgäste sind. Die Kongressräume stellen demnach nicht eine eigentliche Erweiterung des Hotelbetriebs dar, sondern sie ermöglichen lediglich eine Diversifikation; es kann damit eine bessere Auslastung zum Ausgleich saisonaler Schwankungen erreicht werden. d) Sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht sind die Voraussetzungen nicht gegeben, um den Aufbau der Kongressräume BGE 112 Ib 371 S. 377 als schutzraumbaupflichtigen Umbau im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BMG anzusehen. Da keine Schutzraumbaupflicht besteht, wurde der Beschwerdeführer zu Unrecht zur Leistung eines Ersatzbeitrages verpflichtet. Die gegen den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher in vollem Umfang zu schützen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
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Urteilskopf 117 Ia 472 73. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. November 1991 i.S. Sozialdemokratische Partei Basel-Stadt und Mitbeteiligte sowie A. gegen Kanton Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV, Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit, Art. 10 und 11 EMRK , Datenschutz, Unschuldsvermutung; § 40 Abs. 4 des baselstädtischen Übertretungsstrafgesetzes (ÜStG); Vermummungsverbot. Das in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierte Verbot, sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich zu machen, verstösst nicht gegen Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2). Das Vermummungsverbot stellt namentlich im Hinblick darauf, dass Ausnahmen bewilligt werden können, keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit dar (E. 3). Es verletzt auch den Anspruch auf Datenschutz (E. 4b) und den Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht (E. 4d).
Sachverhalt ab Seite 473 BGE 117 Ia 472 S. 473 Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt beschloss am 13. September 1989 auf Antrag des Regierungsrates, § 40 des kantonalen Übertretungsstrafgesetzes vom 15. Juni 1978 durch einen Absatz 4 zu ergänzen, der wie folgt lautet: (Nach diesem Gesetz wird bestraft): "Wer sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich macht. Es können Ausnahmen bewilligt werden". Gegen diese Gesetzesänderung wurde das Referendum ergriffen. In der Volksabstimmung vom 20. Mai 1990 nahmen die Stimmbürger des Kantons Basel-Stadt die Vorlage mit 33 528 Ja gegen 13 368 Nein an. Das Abstimmungsergebnis wurde im Kantonsblatt vom 23. Mai 1990 veröffentlicht. Mit Beschluss vom 19. September 1990 erklärte der Grosse Rat die Volksabstimmung über die Änderung des kantonalen Übertretungsstrafgesetzes als gültig. Dieser Beschluss wurde im Kantonsblatt vom 22. September 1990 publiziert. Die Sozialdemokratische Partei Basel-Stadt und Mitbeteiligte einerseits, Frau A. anderseits reichten gegen das Vermummungsverbot staatsrechtliche Beschwerde ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In beiden Beschwerden wird vorgebracht, die neue Bestimmung des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Basel-Stadt (im folgenden abgekürzt: ÜStG) verstosse gegen Art. 2 ÜbBest. BV. Diese Rüge ist vorab zu behandeln, denn wenn sie begründet wäre, hätte das die Aufhebung der angefochtenen Norm zur Folge und müsste auf die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführer nicht mehr eingegangen werden. a) Der in Art. 2 ÜbBest. BV enthaltene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtsetzung befugt sind ( BGE 115 Ia 272 E. 12a mit Hinweisen). Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde eine BGE 117 Ia 472 S. 474 Verletzung dieses Grundsatzes gerügt, so prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandete kantonale Norm mit dem Bundesrecht vereinbar ist ( BGE 115 Ia 272 E. 12a mit Hinweisen). b) Nach Art. 64bis Abs. 1 BV ist der Bund zur Gesetzgebung im Gebiete des Strafrechts befugt. Diese verfassungsrechtliche Ordnung wird durch das Strafgesetzbuch (StGB) näher ausgeführt. Art. 400 Abs. 1 StGB bestimmt, dass mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die strafrechtlichen Bestimmungen der Kantone aufgehoben sind. Vorbehalten bleiben nach Art. 400 Abs. 2 StGB die strafrechtlichen Bestimmungen der Kantone über Gegenstände, die das Strafgesetzbuch der kantonalen Gesetzgebung ausdrücklich überlassen hat. Diese Gegenstände sind in Art. 335 StGB umschrieben. Es handelt sich um das Übertretungsstrafrecht, soweit es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist (Ziff. 1 Abs. 1), die Übertretung kantonaler Verwaltungs- und Prozessvorschriften (Ziff. 1 Abs. 2 sowie die Strafbestimmungen zum Schutze des kantonalen Steuerrechts (Ziff. 2) Im vorliegenden Fall wird eine kantonale Gesetzesbestimmung angefochten, die zum Übertretungsstrafrecht gehört. Es fragt sich daher zunächst, ob der kantonale Gesetzgeber zum Erlass der Norm aufgrund von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB befugt war. Diese Vorschrift behält den Kantonen die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vor, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dürfen die Kantone eine Handlung nicht schon dann als Übertretung unter Strafe stellen, wenn sie der eidgenössische Gesetzgeber nicht als strafbar erklärt. Wenn ein Tatbestand nicht in das Strafgesetzbuch aufgenommen wurde, kann das bedeuten, dass er überhaupt straflos bleiben soll (sog. qualifiziertes Schweigen des Gesetzes). Das trifft dann zu, wenn das Strafgesetzbuch die Angriffe auf ein Rechtsgut durch ein geschlossenes System von Normen regelt. Behandelt es dagegen ein bestimmtes strafrechtliches Gebiet überhaupt nicht oder stellt es nur einen Teil der Tatbestände daraus unter Strafe, um den von Kanton zu Kanton wechselnden Ansichten über die Strafwürdigkeit einer Handlung Rechnung zu tragen, so bleibt Raum für kantonales Übertretungsstrafrecht ( BGE 104 IV 290 f. E. 3a; BGE 89 IV 95 f. E. 4a; BGE 81 IV 126 und 165; BGE 74 IV 109 , je mit Hinweisen). Nach der angefochtenen Vorschrift des baselstädtischen Übertretungsstrafgesetzes wird bestraft, wer sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen BGE 117 Ia 472 S. 475 Menschenansammlungen unkenntlich macht. Diese Handlung ist vom eidgenössischen Gesetz nicht mit Strafe bedroht. Es stellt sich die Frage, ob ein qualifiziertes Schweigen des Bundesgesetzes vorliegt, d.h. ob das Strafgesetzbuch die Angriffe auf das mit der kantonalen Vorschrift geschützte Rechtsgut durch ein geschlossenes System von Normen regelt. Aus der Entstehungsgeschichte des § 40 Abs. 4 ÜStG ergibt sich, dass diese Vorschrift zunächst den öffentlichen Frieden schützen will. Der Regierungsrat führte im Ratschlag und Entwurf vom 16. Mai 1989 zu der hier in Frage stehenden Änderung bzw. Ergänzung des § 40 ÜStG aus, in den letzten Jahren sei es bei Demonstrationen in Basel immer dann zu Gewaltanwendungen gekommen, wenn Vermummte an den Manifestationen teilgenommen hätten. Das Vermummungsverbot solle dazu beitragen, Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen zu vermeiden. Bestimmungen zum Schutze des öffentlichen Friedens enthält auch das Strafgesetzbuch (zwölfter Titel, Art. 258 ff.). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich dabei nicht um eine abschliessende Regelung, sondern um eine Auslese von nur wenigen Tatbeständen, die der eidgenössische Gesetzgeber wegen ihrer besonderen Bedeutung zu Verbrechen bzw. Vergehen erhoben hat ( BGE 71 IV 102 ff.). Das leuchtet ein, denn die Bedürfnisse, den öffentlichen Frieden mit Strafnormen zu schützen, können in den einzelnen Kantonen ganz unterschiedliche sein, so dass es sich rechtfertigen kann, ihnen eine gewisse Rechtsetzungsbefugnis zu belassen. Die Beschwerdeführerin A. ist der Meinung, die Feststellung des Bundesgerichts, dass für kantonale Übertretungen Raum bleibe, betreffe nur den zwölften Titel des StGB und lasse sich nicht auf dessen einzelne Vorschriften ausdehnen. Die Art. 258 bis 264 StGB machen zusammen den zwölften Titel des Gesetzes aus, und es spricht nichts dafür, dass von diesen Vorschriften der Art. 260 StGB eine abschliessende Ordnung enthielte, wie es die Beschwerdeführerin behauptet. Das erwähnte Urteil des Bundesgerichts bezieht sich klarerweise auch auf Art. 260 StGB . Diese Vorschrift regelt den Vergehenstatbestand des Landfriedensbruchs, der dann gegeben ist, wenn jemand an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden. Die angefochtene kantonale Norm greift nicht in diese Ordnung ein. Sie bildet einen neuen Übertretungstatbestand, der demjenigen Strafe androht, der sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen BGE 117 Ia 472 S. 476 Menschenansammlungen unkenntlich macht. Sie will, wie Art. 260 StGB , in diesem Sinn den öffentlichen Frieden schützen. Wie dargelegt wurde, regelt das Strafgesetzbuch die Angriffe auf dieses Rechtsgut nicht durch ein geschlossenes System von Normen, so dass kein qualifiziertes Schweigen des eidgenössischen Gesetzes vorliegt und der kantonale Gesetzgeber mithin befugt ist, eine Übertretungsstrafbestimmung zu erlassen. Die beanstandete Norm dient nicht nur dem öffentlichen Frieden, sondern verfolgt noch einen andern Zweck, wie es im übrigen auch andere Strafnormen gibt, die mehrere Rechtsgüter schützen. Der Regierungsrat hielt im erwähnten Ratschlag und Entwurf fest, bei einer Demonstration im Januar 1988 in Basel seien Vermummte mit beispielloser Aggressivität auf Passanten, Journalisten und Polizeibeamte losgegangen und hätten dabei sechs Menschen verletzt. Da die Täter vermummt gewesen seien, sei es der Polizei nicht gelungen, jemanden ins Recht zu fassen. Mit dem Verbot, sich bei Demonstrationen unkenntlich zu machen, soll verhindert werden, dass jemand aus der Anonymität heraus Straftaten begehen und sich damit leichter einer Strafverfolgung entziehen kann. Geschütztes Rechtsgut ist hier die ordnungsgemässe Tätigkeit der Polizei bei der Abklärung strafbarer Handlungen. Die Beschwerdeführer machen geltend, das Interesse der Polizei an einer Erleichterung ihrer Ermittlungsarbeit sei kein Rechtsgut im Sinne des Strafrechts. Der kantonale Gesetzgeber habe sich ausschliesslich von Überlegungen polizeilicher Opportunität leiten lassen, was unzulässig sei. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Das Strafgesetzbuch enthält zum Beispiel Bestimmungen, die Handlungen gegen die Rechtspflege mit Strafe bedrohen (siebzehnter Titel, Art. 303 ff.). Mit diesen Vorschriften will der ordnungsgemässe Gang der Rechtspflege geschützt werden. In gleicher Weise ist es zulässig, wenn im Interesse bzw. zum Schutz einer ordnungsgemässen Ermittlungstätigkeit der Polizei Strafbestimmungen aufgestellt werden. Da das eidgenössische Gesetz die Angriffe auf dieses Rechtsgut nicht abschliessend behandelt (vgl. Art. 285 ff. StGB und BGE 81 IV 163 , 165), bleibt auch unter diesem Gesichtspunkt Raum für kantonales Übertretungsstrafrecht. Im weiteren handelt es sich bei der angefochtenen kantonalen Norm nicht nur um eine solche des Polizeiübertretungsstrafrechts, sondern ausserdem um eine Vorschrift des Verwaltungsstrafrechts im Sinne von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Nach dieser Bestimmung sind die Kantone befugt, Strafrechtssätze zu erlassen, welche BGE 117 Ia 472 S. 477 der Durchführung verwaltungsrechtlicher Vorschriften dienen ( BGE 115 Ia 274 E. 12c/cc). Der Kanton Basel-Stadt hat in § 15 der Verordnung über den Strassenverkehr nähere Bestimmungen zum gesteigerten Gemeingebrauch durch Umzüge und andere Veranstaltungen auf öffentlichen Strassen und Plätzen erlassen, deren Durchführung die Strafandrohungen in § 40 ÜStG dienen sollen (Ratschlag und Entwurf des Regierungsrats, S. 5). Das gilt auch für den Abs. 4, der die Unkenntlichmachung bei Versammlungen und Demonstrationen strafbar erklärt. Die beanstandete Norm lässt sich demnach auch auf Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB abstützen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der kantonale Gesetzgeber aufgrund von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB zum Erlass des § 40 Abs. 4 ÜStG befugt war. Die Rüge, er habe gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts verstossen, ist daher unbegründet. 3. Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, § 40 Abs. 4 ÜStG verletze die durch die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Rechte der freien Meinungsäusserung und der freien Versammlung. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention angerufen werden. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur dann auf, wenn sie sich jeder verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist ( BGE 114 Ia 354 f. E. 2, 401 f. E. 5; BGE 113 Ia 131 , 324; BGE 111 Ia 25 f. E. 2; BGE 109 Ia 69 E. 2c, 121 E. 3b, 277 E. 2a mit Hinweisen). Ob ein kantonaler Erlass mit Verfassung und Konvention vereinbar ist, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 114 Ia 354 E. 2; BGE 113 Ia 131 ; BGE 111 Ia 24 mit Hinweisen). b) Die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit sind durch das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes sowie durch die Art. 10 und 11 EMRK gewährleistet. Die beiden Vorschriften der EMRK räumen dem Bürger keinen weitergehenden Schutz ein als die verfassungsmässigen Ansprüche auf freie Meinungsäusserung und freie Versammlung ( BGE 108 Ia 318 E. 2a; unveröffentlichte Erwägung 2 von BGE 103 Ia 310 ff.). Das Bundesgericht BGE 117 Ia 472 S. 478 berücksichtigt indessen bei der Konkretisierung dieser Ansprüche auch die Rechtsprechung der Konventionsorgane (vgl. BGE 108 Ia 67 E. 2c; BGE 105 Ia 29 E. 2b). c) Es stellt sich zunächst die Frage, ob die angefochtene kantonale Norm in den Schutzbereich dieser Freiheitsrechte eingreift. Die Meinungsäusserungsfreiheit berechtigt den Bürger, seine Meinung frei zu bilden, zu äussern und sie andern bekanntzugeben ( BGE 113 Ia 316 E. 4b mit Hinweisen). Der Begriff der Meinung wird weit gefasst. Es sind darunter nicht nur die Ergebnisse von Denkvorgängen sowie rational fassbar und mitteilbar gemachte Überzeugungen in der Art von Stellungnahmen, Wertungen, Anschauungen, Auffassungen und dergleichen zu verstehen, sondern auch das Kunstschaffen und dessen Erzeugnisse ( BGE 101 Ia 150 E. 2; Urteile des Bundesgerichts vom 19. September 1962, publiziert in ZBl 64/1963, S. 365, und vom 20. September 1985, veröffentlicht in ZBl 87/1986, S. 129). Als Mittel der geschützten Meinungsäusserung kommen grundsätzlich alle Äusserungsmöglichkeiten in Frage, namentlich das gesprochene und geschriebene Wort, künstlerische Ausdrucksmittel, Tonträger, Filme, Spruchbänder, Lautsprecheranlagen, Ansteckknöpfe, Fahnen (HÄFELIN/ HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2.A., Zürich 1988, S. 390, N 1270; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 91; BGE 111 Ia 322 ; BGE 107 Ia 59 ff. u. 64 ff.). Die Versammlungsfreiheit garantiert dem Bürger das Recht, mit andern zur gemeinsamen Verfolgung eines bestimmten Zwecks zusammenzukommen ( BGE 107 Ia 229 E. 4b/aa). Unter den Schutz dieses Grundrechts fällt jede Zusammenkunft mehrerer Menschen auf privatem oder öffentlichem Grund mit dem Zweck, untereinander oder gegen aussen Meinungen mitzuteilen, zu diskutieren oder ihnen symbolischen Ausdruck zu geben (JÖRG PAUL MÜLLER, a.a.O., S. 158). Die hier in Frage stehende Vorschrift verbietet, sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich zu machen. Sie untersagt damit dem Bürger, an solchen Veranstaltungen in einer Aufmachung teilzunehmen, die ihn unkenntlich macht. Es gibt Teilnehmer, die deshalb in einer solchen Aufmachung erscheinen, um auf diese Art ihre Meinung zum Thema der Versammlung zum Ausdruck zu bringen. So können zum Beispiel die Teilnehmer einer Kundgebung für saubere Luft Gasmasken tragen, um damit gegen die schlechte Luft zu protestieren, oder bei einer Demonstration gegen den Bau eines BGE 117 Ia 472 S. 479 Atomkraftwerks kommt es vor, dass die Teilnehmer mit gänzlich weiss geschminkten Gesichtern erscheinen, was den Tod symbolisieren und auf die Gefahren einer solchen Anlage hinweisen soll. Die Maskierung oder sonstige Unkenntlichmachung ist hier Mittel der Meinungsäusserung und zugleich auch Mittel zur Verwirklichung des Versammlungszwecks, der darin besteht, eine bestimmte Meinung nach aussen kundzutun. In solchen Fällen wird mit dem Verbot, sich bei Versammlungen und Demonstrationen unkenntlich zu machen, eine bestimmte Form der Ausübung der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit betroffen und damit in den Schutzbereich dieser Freiheitsrechte eingegriffen. In den übrigen Fällen hat das Verbot zur Folge, dass der Bürger nicht in der von ihm gewünschten Aufmachung an Versammlungen teilnehmen und seine Meinung äussern kann. Auch hier berührt die kantonale Norm den Schutzbereich der genannten Grundrechte am Rande. d) Die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit gelten wie andere Freiheitsrechte nicht unbegrenzt. Einschränkungen sind zulässig, sofern sie auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind ( BGE 113 Ia 317 ; BGE 104 Ia 103 ; BGE 102 Ia 53 f. E. 3). Zudem dürfen die berührten Freiheitsrechte weder völlig unterdrückt noch ihres Gehaltes als Institution der Rechtsordnung entleert werden ( BGE 115 Ia 247 E. 5b; BGE 102 Ia 53 ; BGE 100 Ia 402 ). Die Beschwerdeführer sind der Meinung, diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Es ist im folgenden zu prüfen, wie es sich damit verhält. e) Die angefochtene Ordnung ist in § 40 Abs. 4 des baselstädtischen Übertretungsstrafgesetzes festgelegt, mithin in einem formellen Gesetz. Die Beschwerdeführer machen geltend, diese Norm bilde keine genügende gesetzliche Grundlage, weil sie viel zu unbestimmt abgefasst sei. Das Bundesgericht hat zum Gebot der Bestimmtheit rechtlicher Normen erklärt, es dürfe nicht in absoluter Weise verstanden werden. Der Gesetzgeber könne nicht völlig darauf verzichten, allgemeine Begriffe zu verwenden, die formal nicht eindeutig generell umschrieben werden könnten und die an die Auslegung durch die Behörde besondere Anforderungen stellten; denn ohne die Verwendung solcher Begriffe wäre er nicht in der Lage, der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse Herr zu werden ( BGE 109 Ia 284 ). In ähnlicher Weise hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Frage der Bestimmtheit der Gesetze geäussert. Er führte aus, es sei unmöglich, zu absoluter BGE 117 Ia 472 S. 480 Bestimmtheit bei der Gestaltung von Gesetzen zu gelangen, denn es sei kaum möglich, ein Gesetz zu formulieren, das jedes mögliche Ereignis abdecke. Es sei daher unvermeidlich, dass viele Gesetze mehr oder minder vage Begriffe enthielten und ihre Auslegung und Anwendung der Praxis zu überlassen seien (Urteil vom 25. März 1983 i.S. Silver und andere, Serie A, Band 61, S. 33, Ziff. 88 = EuGRZ 1984, S. 150). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Organe der Europäischen Menschenrechtskonvention muss das Gesetz lediglich so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann ( BGE 109 Ia 282 /83 mit Hinweis auf die Rechtsprechung der Strassburger Organe). Nach § 40 Abs. 4 ÜStG wird bestraft, wer sich an bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich macht. Es ist zunächst zu prüfen, ob diese Umschreibung der Veranstaltungen die nötige Bestimmtheit aufweist. Wie die kantonale Behörde ausführt, sind unter den "bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen" jene Veranstaltungen zu verstehen, für die gemäss § 15 der baselstädtischen Verordnung über den Strassenverkehr vom 7. Dezember 1964 (VO) eine Bewilligung des Polizei- und Militärdepartements erforderlich ist. Das Adjektiv "bewilligungspflichtig" bezieht sich somit entgegen den Befürchtungen der Beschwerdeführer auch auf die genannten sonstigen Menschenansammlungen. Einer Bewilligung nach § 15 VO bedürfen öffentliche Umzüge mit mehr als 60 Zugteilnehmern oder mit einer Zuglänge von über 30 m und andere Veranstaltungen (Versammlungen, Kundgebungen usw.) auf öffentlichen Strassen und Plätzen. Der Regierungsrat erklärt in der Duplik, aufgrund einer beim kantonalen Polizeidepartement eingeholten Vernehmlassung sei festzuhalten, dass bei kleineren Gruppen, die eine politische Versammlung oder eine Kundgebung stehend auf einem verkehrsfreien Platz durchführen, auf eine Bewilligung gemäss § 15 VO mangels Gefährdung von Polizeigütern verzichtet werde. Generell würden "ruhende Veranstaltungen" in Analogie zu den Umzügen erst ab einer Teilnehmerzahl von 60 Personen der Bewilligungspflicht nach § 15 VO unterstellt. Es ist demnach davon auszugehen, dass sich § 40 Abs. 4 ÜStG nur auf solche Veranstaltungen bezieht, die auf öffentlichem Grund stattfinden und eine grössere Zahl von Teilnehmern aufweisen. Bei BGE 117 Ia 472 S. 481 dieser Auslegung kann nicht gesagt werden, der Tatbestand sei insoweit zu unbestimmt umschrieben. Werden nur Veranstaltungen auf öffentlichem Grund und mit einer grösseren Teilnehmerzahl von § 40 Abs. 4 ÜStG erfasst, so trifft es entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht zu, dass "praktisch jede Form, in der Menschen zusammenkommen", unter diese Vorschrift fällt. Was die Basler Fasnacht angeht, so wird nach § 42 ÜStG bestraft, "wer den Vorschriften über die Fasnacht zuwiderhandelt". Damit hat der Gesetzgeber die mit der Fasnacht zusammenhängenden Aktivitäten, welche ohne Maskierung nicht denkbar sind, vom Vermummungsverbot ausgenommen. Die angefochtene Norm verbietet dem Bürger, sich bei Veranstaltungen der erwähnten Art unkenntlich zu machen. Der Begriff der "Unkenntlichmachung" ist ein allgemeiner Begriff. Es ist jedoch klar, was damit gemeint ist. Der Bürger darf zu den genannten Veranstaltungen nicht in solcher Aufmachung erscheinen, dass sein Gesicht nicht erkannt und seine Identität nicht festgestellt werden kann. Da die Mittel, mit denen sich ein Teilnehmer unkenntlich machen kann, vielfältig sind, ist es praktisch unmöglich, die verschiedenen zur Unkenntlichmachung führenden Handlungen im Gesetz einzeln aufzuzählen. Es ist bei dieser Sachlage unvermeidlich, zur Umschreibung des verbotenen Verhaltens einen allgemeinen Begriff zu verwenden. Der Bürger kann aufgrund des leicht verständlichen Begriffs der Unkenntlichmachung in hinreichender Weise erkennen, was er nicht tun darf, und sein Verhalten danach richten. Das ist entscheidend. Ob eine bestimmte Aufmachung im Einzelfall dazu führt, dass die Person nicht erkannt werden kann, wird die kantonale Behörde bei der Anwendung der Norm zu beurteilen haben. Dabei kann ohne weiteres erwartet werden, dass sie zwischen einer noch tolerierbaren Aufmachung und einer Unkenntlichmachung zu unterscheiden weiss. Bemerkt sei hier lediglich, dass es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer natürlich nicht gegen das Vermummungsverbot verstösst, wenn bei einer Kundgebung des Spitalpersonals die Teilnehmer in weissen Kitteln erscheinen, da eine solche Aufmachung die betreffende Person nicht unkenntlich macht. § 40 Abs. 4 ÜStG sieht sodann vor, dass Ausnahmen bewilligt werden können. Das bedeutet, dass die Unkenntlichmachung dann nicht strafbar ist, wenn hiefür eine Ausnahmebewilligung erteilt wurde. Die Beschwerdeführer machen zu Unrecht geltend, auch insoweit sei die Norm zu unbestimmt. Es ist auch hier praktisch BGE 117 Ia 472 S. 482 unmöglich, im Gesetz im einzelnen festzulegen, wann eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann, hängt doch die Beurteilung dieser Frage jeweils vom Thema der betreffenden Veranstaltung und vom Kreis der zu erwartenden Teilnehmer ab. Das Gebot der Bestimmtheit ist daher nicht verletzt, wenn der Gesetzgeber nicht näher umschrieben hat, unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann. Dass der Bewilligungsbehörde mit dieser allgemeinen Umschreibung ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird, kann sich im übrigen für den Bürger durchaus vorteilhaft auswirken. Hätte nämlich das Gesetz die Ausnahmen in bestimmter Weise umschrieben, wäre die Behörde bei der Erteilung der Ausnahmebewilligung auf die im Gesetz genannten Fälle beschränkt. Mit der hier gewählten Regelung hat sie hingegen die Möglichkeit, eine Ausnahme vom Vermummungsverbot immer dann zu bewilligen, wenn sie berechtigte Gründe hiefür als gegeben erachtet. Nach dem Gesagten ist der Einwand der Beschwerdeführer unbegründet, es fehle deshalb an einer gesetzlichen Grundlage, weil die angefochtene Norm zu unbestimmt formuliert sei. f) Es stellt sich sodann die Frage, ob die beanstandete Einschränkung der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit im öffentlichen Interesse liegt und ob dieses das entgegenstehende private Interesse der Beschwerdeführer überwiegt. Mit dem in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierten Verbot der Unkenntlichmachung werden, wie sich aus dem Ratschlag und der Beschwerdeantwort des Regierungsrats ergibt, zwei Ziele verfolgt. Zum einen soll das Verbot dazu beitragen, Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen zu verhindern bzw. das einer Menschenansammlung, insbesondere einer Demonstration, inhärente Gefahrenpotential möglichst klein zu halten. Zum andern soll mit der Massnahme verhindert werden, dass jemand aus der Anonymität heraus Straftaten begehen und damit die Ermittlungstätigkeit der Polizei erschweren oder gar vereiteln kann. Kommt es bei Demonstrationen oder sonstigen Menschenansammlungen auf öffentlichem Grund zu gewalttätigen Handlungen (z.B. Werfen von Steinen, Farbbeuteln oder Molotowcocktails), wird die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, denn solche Handlungen stellen eine erhebliche Gefahr für die in der Nähe befindlichen Menschen und Sachen und damit für die Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum dar. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, dass eine Massnahme ergriffen wird, um die BGE 117 Ia 472 S. 483 Gefahr von Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen möglichst klein zu halten. Das gleiche gilt für den andern Zweck, der mit dem Vermummungsverbot angestrebt wird. Es besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse, dass die Tätigkeit der Polizei bei der Ermittlung von Straftätern nicht erschwert oder gar verunmöglicht wird. Die beanstandete Einschränkung der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit ist somit durch ein öffentliches Interesse gedeckt. Dieses hat nach dem Gesagten ein sehr erhebliches Gewicht. Die mit der Massnahme verbundene Grundrechtseinschränkung ist demgegenüber von geringerem Gewicht. Sie hindert den Bürger nicht, seine Meinung frei zu bilden, zu äussern und sie andern bekanntzugeben, und lässt ihm auch die Freiheit, mit andern zur gemeinsamen Verfolgung eines bestimmten Zwecks zusammenzukommen. Der Kerngehalt des Rechts auf freie Meinungsäusserung und freie Versammlung wird durch die Massnahme nicht betroffen, was besonders klar wird, wenn in Rechnung gestellt wird, dass Ausnahmen zugelassen sind, worauf später einzugehen ist. Die Massnahme hat einzig zur Folge, dass der Bürger nicht an einer grösseren Veranstaltung teilnehmen darf, wenn er sich unkenntlich macht. Bei dieser Situation ergibt sich, dass das öffentliche Interesse am Verbot der Unkenntlichmachung das entgegenstehende Interesse des Privaten an einer uneingeschränkten Grundrechtsausübung eindeutig überwiegt. g) Im weiteren ist zu prüfen, ob der Eingriff mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar ist. Allgemein wird unter diesem Gesichtspunkt verlangt, dass die vom Gesetzgeber gewählte Massnahme zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und tauglich ist. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln bzw. den zu seiner Erreichung notwendigen Freiheitsbeschränkungen stehen ( BGE 112 Ia 70 E. 5c; BGE 101 Ia 176 E. 3; BGE 97 I 508 ; BGE 93 I 219 ; BGE 91 I 464 mit Hinweisen). Ein staatlicher Eingriff hat zu unterbleiben, wenn der verfolgte Zweck auch mit einer für die Freiheit der Bürger weniger einschneidenden Massnahme erreicht werden könnte ( BGE 107 Ia 67 E. 2b; BGE 101 Ia 176 E. 3). aa) Wie ausgeführt wurde, zielt die hier in Frage stehende Massnahme darauf ab, Gewalttätigkeiten bei Demonstrationen zu verhindern bzw. das einer Menschenansammlung inhärente Gefahrenpotential möglichst klein zu halten. Die Beschwerdeführer wenden ein, das Vermummungsverbot sei ungeeignet und untauglich, um dieses Ziel zu erreichen, denn es gebe keinen Erfahrungssatz, BGE 117 Ia 472 S. 484 wonach Vermummte die Gewaltbereitschaft der Menge fördern würden. Das Verbot sei deshalb auch unnötig. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt und wissenschaftliche Untersuchungen über Massendelikte bestätigen, dass sich der Einzelne in der Masse eher zu Ausschreitungen hinreissen lässt (FRITZ FALB, Demonstrationen und Strafrecht, ZStrR 91/1975, S. 238 mit Hinweis auf ERNST HAFTER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, S. 454). Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt vertritt die Ansicht, die Gefahr von Ausschreitungen werde beträchtlich erhöht, wenn sich Vermummte unter den Teilnehmern der Veranstaltungen befänden. Er weist darauf hin, seit den Jugendunruhen anfangs der 80er Jahre sei es bei Demonstrationen in Basel immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Es sei dabei festgestellt worden, dass die Gewalttaten vorwiegend von vermummten Demonstrationsteilnehmern ausgegangen seien. Die Beschwerdeführer bestreiten diese Behauptung, doch bringen sie nichts vor, was Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Regierungsrats zu rechtfertigen vermöchte. Diese sind deshalb als zutreffend zu betrachten. Gleiche Erfahrungen waren übrigens auch in der Bundesrepublik Deutschland gemacht worden und führten dazu, dass § 125 des deutschen Strafgesetzbuches, der den Landfriedensbruch untersagt, im Jahre 1985 durch einen Absatz 2 ergänzt wurde, welcher die Vermummung strafbar erklärt. Auch hier wurde als Argument für die Einführung dieser Bestimmung vorgebracht, es sei vom Erfahrungssatz auszugehen, dass die Teilnahme von Vermummten an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel in der Regel zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führe. Die Vermummung sei in hohem Masse geeignet, den Zusammenhalt gewalttätiger Demonstrationen zu fördern und die Neigung zu Gewalttätigkeiten zu vergrössern (JÖRN-HENRIK MEYN, Die sogenannte Vermummung und passive Bewaffnung - verfassungs- und verwaltungsrechtliche Probleme unter besonderer Berücksichtigung der Änderung des Versammlungsgesetzes von 1985 -, in: Europäische Hochschulschriften, Reihe II, Bd. 749, 1988, S. 207/8 mit Hinweisen auf Drucksachen des Deutschen Bundestages; RUPERT SCHOLZ, Rechtsfrieden im Rechtsstaat, in: Neue Juristische Wochenschrift 1983, S. 711). Wohl trifft es zu, dass es Versammlungsteilnehmer gibt, die sich nicht deshalb vermummen, um aus der Anonymität heraus Straftaten begehen zu können, sondern weil sie damit verhindern wollen, von der Polizei erkannt und datentechnisch BGE 117 Ia 472 S. 485 erfasst zu werden, oder weil sie z.B. durch das Tragen einer Maske ein bestimmtes Thema symbolisch darstellen wollen. Das ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund der in den letzten Jahren im Kanton Basel-Stadt bei Demonstrationen gemachten Erfahrungen von der These des Regierungsrats ausgegangen werden muss, wonach die Anwesenheit Vermummter die Gefahr von Ausschreitungen wesentlich erhöht. Verhält es sich so, dann bildet das Verbot, sich bei solchen Veranstaltungen unkenntlich zu machen, eine geeignete und taugliche Massnahme, um die Gefahr von Gewalttaten möglichst klein zu halten und damit die öffentliche Sicherheit besser zu schützen. Was das Gebot der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit eines Grundrechtseingriffs anbelangt, so ist auch eine geeignete Massnahme dann unzulässig, wenn eine gleich geeignete, mildere Anordnung für den angestrebten Erfolg ausreicht (ULRICH ZIMMERLI, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im öffentlichen Recht, ZSR 97/1978 II, S. 14). Die Beschwerdeführer sind der Meinung, der angestrebte Zweck könne auch mit einem weniger einschneidenden Eingriff erreicht werden, nämlich dadurch, dass die Behörde im Einzelfall ein Vermummungsverbot mittels Auflage anordne. Es besteht indessen ein erhebliches Interesse daran, dass aus generalpräventiven Gründen eine generelle Ordnung geschaffen wird und nicht bloss von Fall zu Fall Anordnungen getroffen werden, bei denen im übrigen stets die Gefahr besteht, dass sie nicht zur Kenntnis aller Teilnehmer gelangen. bb) Die Beschwerdeführer vertreten ferner die Auffassung, der mit dem Vermummungsverbot verfolgte Zweck stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zu den mit der Massnahme verbundenen Einschränkungen. Das in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierte Verbot der Unkenntlichmachung soll verhindern, dass es bei grösseren Veranstaltungen auf öffentlichem Grund zu Ausschreitungen kommt und dass die Teilnehmer aus der Anonymität heraus Straftaten begehen und damit die Ermittlungstätigkeit der Polizei erschweren oder vereiteln können. Der Regierungsrat erklärt, es könne in einem Rechtsstaat wohl kaum toleriert werden, dass Teilnehmer einer Demonstration, welche nachgewiesenermassen für diverse Gewalttätigkeiten verantwortlich seien, zufolge der Vermummung nicht identifiziert und der Strafjustiz übergeben werden könnten. Es muss in einem Rechtsstaat auch nicht geduldet werden, dass durch gewalttätige Handlungen vermummter Teilnehmer die öffentliche Sicherheit BGE 117 Ia 472 S. 486 und damit hochrangige Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum) schwer gefährdet werden. Wenn zur Abwehr dieser Gefahren das hier in Frage stehende Verbot der Unkenntlichmachung erlassen wurde, kann nicht gesagt werden, die Massnahme stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Zweck. Wie dargelegt wurde, ist die mit der Massnahme verbundene Grundrechtsbeschränkung von geringerem Gewicht als das erwähnte öffentliche Interesse. Entscheidend ist sodann, dass das in § 40 Abs. 4 ÜStG vorgesehene Verbot der Unkenntlichmachung nicht absolut gilt, sondern Ausnahmen bewilligt werden können. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Behörde aufgrund der allgemein gehaltenen Regelung die Möglichkeit hat, eine Ausnahmebewilligung immer dann zu erteilen, wenn sie legitime Gründe für eine Unkenntlichmachung als gegeben erachtet. Der Regierungsrat hält denn auch in der Beschwerdeantwort fest, Ausnahmen vom Vermummungsverbot seien nicht nur dann möglich, wenn Interessen des Persönlichkeitsschutzes oder religiöse Anschauungen mitspielten (wie z.B. bei Kundgebungen von Homosexuellen oder von islamischen Frauen), sondern auch dann, wenn es sich um Demonstrationen handle, deren Motiv und Zweck nur durch Unkenntlichmachung des Gesichts in optimaler Weise dargestellt werden könnten (z.B. Veranstaltungen gegen die schlechte Luft mittels Gasmasken). Dies zeigt, dass die kantonale Behörde gewillt ist, beim Entscheid über die Ausnahmebewilligung die verschiedenen Interessen nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und dabei dem legitimen Bedürfnis, Veranstaltungen mit Appellwirkung an die Öffentlichkeit durchführen zu können, angemessen Rechnung zu tragen. In Anbetracht all dieser Umstände kann nicht gesagt werden, der mit § 40 Abs. 4 ÜStG verbundene Eingriff schränke das Recht auf freie Meinungsäusserung und freie Versammlung übermässig und unzumutbar ein und sei deshalb nicht mehr verhältnismässig. h) Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführer zu Unrecht behaupten, die Vorschrift lasse sich nicht verfassungs- und konventionskonform auslegen. Gerade die von ihnen kritisierte Ausnahmeklausel gibt der Behörde die Möglichkeit, vom Vermummungsverbot abzusehen, wenn es mit Verfassung oder Konvention in Widerspruch geriete. In der Rechtslehre wird denn auch sinngemäss die Auffassung vertreten, ein Vermummungsverbot, das Ausnahmen zulasse, sei mit der Verfassung vereinbar (JÖRG PAUL MÜLLER, BGE 117 Ia 472 S. 487 a.a.O., S. 163). Mit der in § 40 Abs. 4 ÜStG vorgesehenen, sehr allgemein gehaltenen Ausnahmeregelung besteht Gewähr dafür, dass das Vermummungsverbot in der Praxis eine sinnvolle und den Umständen des Einzelfalls Rechnung tragende Anwendung finden kann. Dass die Behörde die Vorschrift einmal in verfassungswidriger Art auslegen könnte, ist zwar nicht von vornherein auszuschliessen, doch ist das für die Frage der Aufhebung der Norm ohne Belang, denn diese lässt sich, wie dargelegt wurde, ohne besondere Schwierigkeiten verfassungskonform auslegen ( BGE 106 Ia 138 E. 3a). Nach dem Gesagten stellt das in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierte Verbot der Unkenntlichmachung keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit dar. 4. Die Beschwerdeführer erheben eine Reihe weiterer Rügen, die im folgenden zu behandeln sind. a) Sie machen geltend, die angefochtene kantonale Norm verletze das verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit und den Anspruch auf Privatsphäre nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK . Sodann sind sie der Ansicht, das Vermummungsverbot verstosse gegen die Kunstfreiheit sowie gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 49 BV und Art. 9 EMRK . Sie weisen darauf hin, es werde bei Veranstaltungen oft mit Künstlern zusammengearbeitet, welche ihre Darbietungen zum Teil vermummt präsentierten (z.B. Strassentheater). Die Glaubens- und Gewissensfreiheit werde dadurch beeinträchtigt, dass sich das Verbot auch gegen Personen richte, die in Ausübung und Verbreitung ihrer religiösen Überzeugung vermummt an einer Veranstaltung teilnähmen. Die Teilnahme an den hier fraglichen Veranstaltungen steht unter dem Schutz der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit. Neben der Rüge der Verletzung dieser beiden Freiheitsrechte kommt der Berufung auf die persönliche Freiheit, die Kunstfreiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie den Anspruch auf Privatsphäre keine selbständige Bedeutung zu. Selbst wenn man übrigens annähme, das eine oder andere der erwähnten Grundrechte hätte selbständige Bedeutung, so wäre das für den Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens ohne Belang, denn die Einschränkung wäre auch insoweit mit Verfassung und Konvention vereinbar, und zwar aus den gleichen Gründen, wie sie bei der Überprüfung der Norm unter dem Gesichtspunkt der Meinungsäusserungs- und der Versammlungsfreiheit dargelegt wurden (vgl. E. 3). BGE 117 Ia 472 S. 488 b) Die Beschwerdeführer erachten das Vermummungsverbot als unvereinbar mit dem Anspruch auf Datenschutz. Sie bringen vor, die an einer Versammlung oder Demonstration preisgegebenen Daten müssten als "hochsensibel" eingestuft werden, würden doch an einer solchen Veranstaltung Gesinnung, politische sowie religiöse Anschauungen deutlich. Der Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Datenschutz bezeichne in Art. 3 lit. e (BBl 1988 II S. 516/17) Daten über religiöse, weltanschauliche, politische oder gewerkschaftliche Ansichten und Tätigkeiten als besonders schützenswert. Bevor diese Voraussetzung nicht garantiert werden könne, müsse es jeder Person erlaubt sein, sich bei Versammlungen unkenntlich zu machen. Das Vermummungsverbot habe ferner zur Folge, dass alle Teilnehmer einer Kundgebung gezwungen seien, sich der Möglichkeit von polizeilichen Foto- und Filmaufnahmen und damit deren Sammlung und Speicherung auszusetzen. Für solche polizeilichen Observationen bestünden aber keine gesetzlichen Grundlagen, und solange es an solchen fehle, müsse dem Bürger als Korrelat gestattet sein, sich bei Versammlungen unkenntlich zu machen. Diese Befürchtungen der Beschwerdeführer sind im Lichte der jüngsten Diskussion über das Anlegen und Aufbewahren von Fichen ernst zu nehmen. Das ändert aber nichts daran, dass das Bundesgericht, wie erwähnt, eine kantonale Norm nur aufhebt, wenn sie sich jeder verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht. Bei der Auslegung der Norm hat das Bundesgericht davon auszugehen, dass sich die Behörden an die geltende Rechtsordnung halten und die Vorschriften über den Datenschutz beachten. Sollte das in einem konkreten Fall nicht zutreffen, könnte sich der Betroffene dagegen zur Wehr setzen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat die Behörde darauf zu achten, dass sie keine unnötigen und keine unkorrekten Personendaten aufbewahrt. Die Aufbewahrung personenbezogener Daten kann zu einem Eingriff in das Privatleben führen, und das Recht, von Daten über die eigene Person Kenntnis zu nehmen, erscheint als notwendige Voraussetzung für den Anspruch auf allfällige Berichtigung. Nur soweit überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen, darf die Akteneinsicht verweigert werden ( BGE 113 Ia 1 ff., 257 ff.). Das Bundesgericht erachtete es im Urteil BGE 113 Ia 1 ff. als mit dem aus Art. 4 BV folgenden Anspruch auf Akteneinsicht unvereinbar, dass einem Bürger die Einsicht in die seine Person betreffenden Eintragungen in einem BGE 117 Ia 472 S. 489 Polizeiregister verweigert worden war, und im andern zitierten Urteil ( BGE 113 Ia 257 ff.) erklärte es eine kantonale Gesetzesvorschrift als verfassungswidrig, die den Behörden in absoluter Weise untersagte, dem Betroffenen Einsicht in die über seine Person bestehenden polizeilichen Akten zu gewähren. Die im vorliegenden Fall angefochtene Norm ist auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes nicht zu beanstanden. Das Vermummungsverbot zielt nicht darauf ab, Personendaten zu beschaffen und zu bearbeiten. Sein Zweck besteht darin, das einer Versammlung oder Demonstration inhärente Gefahrenpotential möglichst klein zu halten und zu verhindern, dass Teilnehmer unter dem Schutz der Vermummung unerkannt Straftaten begehen können. Ob die Polizei bei Demonstrationen filmen und fotografieren darf, hängt nicht mit dem Vermummungsverbot zusammen. Wie es sich damit verhält, ist hier nicht zu prüfen, da dies keine Frage der Auslegung des § 40 Abs. 4 ÜStG ist. Nach dem Gesagten trifft es entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht zu, dass die angefochtene Bestimmung mit dem Anspruch auf Datenschutz unvereinbar ist. c) Als unbegründet erweist sich ferner die Rüge, die kantonale Norm verletze Art. 7 EMRK . Diese Vorschrift enthält - ebenso wie Art. 1 StGB - den Grundsatz, dass niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden kann, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Die angefochtene Norm entspricht dieser Garantie. Es handelt sich um eine Gesetzesbestimmung, die ein bestimmtes Verhalten ausdrücklich mit Strafe bedroht, hinreichend bestimmt ist und sich verfassungs- und konventionskonform auslegen lässt. Das Gesetz bestimmt in keiner Weise, dass die beanstandete Norm auch auf Handlungen anzuwenden wäre, die vor deren Inkrafttreten begangen wurden. d) Schliesslich beklagen sich die Beschwerdeführer über eine Verletzung der in Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Garantie der Unschuldsvermutung. Sie bringen vor, das Vermummungsverbot führe dazu, dass auch ein friedlicher Demonstrationsteilnehmer allein deshalb bestraft werde, weil er sich unkenntlich mache. Dabei werde von der Tatsache ausgegangen, dass sich bei politischen Demonstrationen nur vermumme, wer beabsichtige, Straftaten zu begehen. Es gebe jedoch legitime Gründe für eine Vermummung. Würden aber alle Vermummten als Gewalttäter eingeschätzt, laufe das Vermummungsverbot auf eine Verdachtsstrafe hinaus. BGE 117 Ia 472 S. 490 Auch diese Überlegungen gehen fehl. Nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Wenn jemandem unter Strafandrohung verboten wird, vermummt an einer Veranstaltung teilzunehmen, wird damit in keiner Weise behauptet, er habe sich einer andern Straftat schuldig gemacht. Das Verbot trägt bloss der Erfahrungstatsache Rechnung, dass bei Demonstrationen die Gefahr von Gewaltanwendung grösser ist, wenn vermummte Personen beteiligt sind. Eine Bestrafung aufgrund des § 40 Abs. 4 ÜStG stellt klarerweise keine Verdachtsstrafe dar. Wenn jemand nach dieser Bestimmung bestraft wird, wird seine Schuld durch ein Gerichtsurteil in einem Verfahren festgestellt, in dem ihm alle Verteidigungsrechte nach Art. 6 EMRK zustehen. Von einer Verletzung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung kann deshalb nicht die Rede sein. 5. Auch was die Beschwerdeführer sonst noch vorbringen, ist nicht geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass § 40 Abs. 4 ÜStG einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung nicht zugänglich wäre. Die Beschwerden sind daher abzuweisen.
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Urteilskopf 92 II 168 26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Juni 1966 i.S. George S. May Management Intercol AG gegen Siegenthaler.
Regeste Übervorteilung bei Auftrag betreffend betriebswirtschaftliche Beratung, Art. 21 OR . Massgebende Gesichtspunkte für die Beurteilung des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung (Erw. 2-4). Begriff der Unerfahrenheit und der Ausbeutung derselben (Erw. 5). Anwendbarkeit der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung bei der Auseinandersetzung der Parteien; Art. 62 ff. OR (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 169 BGE 92 II 168 S. 169 A.- Der Kläger Karl Siegenthaler betreibt unter der Firma Godiva Watch Co. in Recherswil (SO) eine kleine Uhrenfabrik, die im Durchschnitt 10 Personen beschäftigt. Kaufmännischer Leiter des Unternehmens ist der Schwiegersohn des Klägers, Josef Kaiser. Die Beklagte, die George S. May Management Intercol AG., Zug, befasst sich mit Betriebsberatung und Betriebsorganisation. Sie ist die schweizerische Niederlassung der George S. May International Company, deren Hauptsitz sich in Chicago befindet und die in zahlreichen amerikanischen und europäischen Städten Zweigniederlassungen hat. Am 30. Mai 1962 erteilte J. Kaiser namens der klägerischen Firma der Beklagten durch Unterzeichnung eines ihm vorgelegten Formulars einen "Auftrag zur Durchführung einer Voruntersuchung" zum Preise von Fr. 400.--. Diese Voruntersuchung, als deren Zweck der Auftrag eine Betriebsanalyse bezeichnete, wurde am 12. Juni 1962 durch einen Angestellten der Beklagten durchgeführt. Sie endete mit der Empfehlung an den Kläger, der Beklagten einen weiteren Auftrag zu erteilen, damit die in der Voruntersuchung zutage getretenen Probleme gelöst werden könnten. Daraufhin unterzeichnete Kaiser nach anfänglichem Zögern am 14. Juni 1962 ein "Aktionsmemorandum", durch das die Beklagte den Auftrag erhielt, eine "Verkaufsplanung extern" mit einem auf ca. 100 Stunden geschätzten Arbeitsaufwand durchzuführen. Gleichzeitig unterzeichnete Kaiser das Formular "Ermächtigung zur Durchführung von Verbesserungsmassnahmen und Zahlungsvereinbarung", das "ein Honorar von Fr. 100.-- pro Arbeitsstunde und MAY-Rationalisierungsfachmann" vorsah. Die Angestellten der Beklagten nahmen am 18. Juni 1962 die Arbeit im Betriebe des Klägers auf und erstatteten diesem bis zum 23. Juli 1962 mehrere Zwischenberichte und einen Schlussbericht. Der Kläger bezahlte auf Grund der ihm jeweils mit den Berichten vorgelegten Abrechnungen insgesamt Fr. 12'066.-- an die Beklagte. Da er mit dem Resultat der Arbeiten nicht zufrieden war, teilte er der Beklagten am 16. November 1962 mit, er fühle sich übervorteilt. Er schlug der Beklagten vor, ihm vergleichsweise den Betrag von Fr. 6000.-- zurückzuerstatten. Die Beklagte lehnte jedoch dieses Ansinnen ab. B.- Mit Klage vom 19. April/18. Mai 1963 stellte der Kläger das Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm wegen BGE 92 II 168 S. 170 Übervorteilung einen Betrag nach richterlichem Ermessen zu bezahlen. Die Beklagte bestritt die behauptete Übervorteilung und beantragte, die Klage abzuweisen. C.- Das Kantonsgericht des Kantons Zug verpflichtete mit Urteil vom 10. September 1965 in teilweiser Gutheissung der Klage die Beklagte, dem Kläger Fr. 11'466.-- nebst 5% Zins seit 20. Mai 1963 zu bezahlen. Es verneinte das Vorliegen einer Übervorteilung in bezug auf den ersten Vertrag vom 30. Mai 1962 betreffend die Durchführung einer Voruntersuchung. Den Gegenstand des "Aktionsmemorandums" vom 14. Juni 1962 bildenden Hauptvertrag dagegen erklärte es wegen Übervorteilung als unverbindlich. Das Obergericht des Kantons Zug bestätigte auf Berufung der Beklagten hin den erstinstanzlichen Entscheid mit Urteil vom 1. Februar 1966. D.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem erneuten Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da der Kläger sich mit dem vom Obergericht bestätigten Urteil der 1. Instanz abgefunden hat, ist im Berufungsverfahren nur noch streitig, ob die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, der zweite Vertrag vom 14. Juni 1962 sei wegen Übervorteilung für den Kläger unverbindlich. 2. Gemäss Art. 21 OR liegt Übervorteilung vor, wenn ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung begründet wird durch einen Vertrag, dessen Abschluss von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichstsinns des andern herbeigeführt worden ist. Es ist daher in erster Linie zu prüfen, ob bei objektiver Betrachtung ein offenbares Missverhältnis zwischen den gegenseitigen Leistungen der beiden Parteien bestehe. Wie die Beklagte mit Recht geltend macht, sind bei der Beurteilung dieser Frage grundsätzlich nicht die tatsächlich erbrachten, sondern die versprochenen Leistungen einander gegenüberzustellen. Eine Leistung, die den getroffenen Vereinbarungen BGE 92 II 168 S. 171 nicht entspricht, kann nach den Vorschriften über die Nichterfüllung ( Art. 97 ff. OR ) einen Schadenersatzanspruch begründen oder eine Herabsetzung der Gegenleistung rechtfertigen; für die Anwendung der Vorschriften über die Übervorteilung ist dagegen in einem solchen Falle kein Raum. Behauptet jedoch die Partei, der Übervorteilung vorgeworfen wird, ihre vertraglichen Verpflichtungen richtig und vollständig erfüllt zu haben, und hat sie die volle Gegenleistung dafür gefordert und erhalten, so darf davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich erbrachte Leistung sich mit der versprochenen decke. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nie geltend gemacht, die Tätigkeit, für die sie sich die vereinbarte Vergütung hat bezahlen lassen, habe nicht dem vollen Umfang der von ihr übernommenen Leistungspflicht entsprochen. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz deshalb entgegen der Meinung der Beklagten bei der Bewertung ihrer Leistung neben ihrer vertraglichen Umschreibung auch auf die tatsächlich geleistete Arbeit abstellen, wie sie aus den von der Beklagten erstatteten Berichten ersichtlich ist, und dabei auch die berufliche Bildung der Hilfspersonen berücksichtigen, denen die Beklagte die Erfüllung des Vertrags übertrug. Die von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen gingen allerdings nicht dahin, dem Kläger ein bestimmtes Arbeitsresultat zu verschaffen; Gegenstand der Verpflichtung der Beklagten waren die auf die Herbeiführung eines Resultates gerichteten Bemühungen. Dass das angestrebte Ziel tatsächlich auch erreicht werde, versprach die Beklagte dagegen nicht. Daraus folgt, dass bei der Abwägung der gegenseitigen Leistungen, insbesondere der von der Beklagten versprochenen Bemühungen, nicht das vom Kläger erhoffte Ergebnis - die Umstellung seines Unternehmens auf neue Grundlagen und die Erschliessung neuer Absatzgebiete - ins Auge zu fassen ist, sondern die Qualität und der Wert der von der Beklagten versprochenen Bemühungen als solcher. Allein auch dabei ist es geboten, die eingesetzten Mittel, namentlich die Fähigkeiten der beigezogenen Hilfspersonen, mit in Betracht zu ziehen; denn es kommt darauf an, ob die eingesetzten Mittel zur Erbringung der von der Beklagten versprochenen Leistungen überhaupt tauglich waren. 3. Die Vorinstanz ist mit Recht davon ausgegangen, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Stundenhonorar von BGE 92 II 168 S. 172 Fr. 100.-- als aussergewöhnlich hoch zu betrachten ist. Eine Vergütung in dieser Höhe lässt sich nur rechtfertigen für Leistungen von ganz besonderem Wert, die nur von hochqualifizierten Spezialisten erbracht werden können und deren erhofftes Ergebnis dem Auftraggeber Vorteile verschafft, die dem ausgelegten Betrag einigermassen entsprechen. Gewiss bot die Beklagte die Dienste eines Unternehmens an, das über eine sehr gut ausgebaute Organisation verfügt. Sie ist laut ihrem Briefkopf der schweizerische Zweig eines weltumspannenden Unternehmens mit Sitzen in Chicago, New York, San Francisco, Montreal, Brüssel, Düsseldorf, London, Mailand, Paris, Rotterdam und Wien. Sie kann ihren Kunden die Dienste aller dieser Niederlassungen zur Verfügung stellen, was hohe allgemeine Unkosten mit sich bringt, denen ebenfalls Rechnung getragen werden muss. Aber jeder freie Beruf, der ähnliche Dienstleistungen anbietet - Treuhandgesellschaften, Banken, Anwalts- und Notariatsbüros - hat mit derartigen Unkosten zu rechnen. Die Beklagte macht geltend, dass der vereinbarte Betrag eine Globalvergütung darstelle, die alle Auslagen des Beauftragten umfasst, wie insbesondere Reise- und Fernmeldekosten. Im obergerichtlichen Verfahren hat sie diese Auslagen auf 20-30% des Honorars geschätzt. Die Vorinstanz hat dazu bemerkt, selbst wenn diese unbewiesene Behauptung zutreffen sollte, wäre auch ein Stundenhonorar von Fr. 70.- immer noch offensichtlich übersetzt. Wenn die Vorinstanz sich somit über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten nicht ausgesprochen hat, so darf doch davon ausgegangen werden, dass nach allgemeiner Erfahrung die Reisekosten niemals 30% oder auch nur 20% eines Tageshonorars von Fr. 800.-- ausmachen können. Ein Ansatz von 10%, d.h. von Fr. 80.- im Tag, wäre schon reichlich bemessen, zumal nach den Berichten der Beklagten nicht viele Reisen unternommen wurden und diese sich örtlich in bescheidenem Rahmen hielten. Die Ausgaben für Reisen und Fernmeldekosten konnten daher im vorliegenden Fall die Beklagte nicht stark belasten; andernfalls wären nach Ziff. 10 des Vertrages Reise- und Verpflegungskosten besonders berechnet worden. Die Vorinstanz hat somit für die Beurteilung der Angemessenheit des vom Kläger versprochenen und bezahlten Honorars einen zutreffenden Masstab angewendet. BGE 92 II 168 S. 173 4. Die von der Beklagten für das vereinbarte Stundenhonorar von Fr. 100.-- versprochene Gegenleistung umfasste zwei verschiedene Aufgaben. a) Die erste betraf das betriebsinterne Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem Schwiegersohn Kaiser, und zwar handelte es sich, wie der Beklagten aus der "Job-Information" ihres Angestellten bewusst war, ausschliesslich darum, die "Pflichten, Rechte und Verantwortlichkeiten" Kaisers im Unternehmen seines Schwiegervaters zu umreissen. Aus den Akten geht hervor, dass der 70-jährige Kläger in der Leitung des bescheidenen Unternehmens von seinem Schwiegersohn unterstützt wird, der sich vor allem mit den kaufmännischen Angelegenheiten zu befassen hat. Ein Sohn des Klägers ist im Betrieb tätig, doch fehlen ihm die notwendigen Fähigkeiten, einmal die Leitung des Betriebes zu übernehmen. Kaiser machte sich nun Sorgen, weil seine Stellung nicht genügend gesichert war, und er hätte es gerne gesehen, wenn sein Schwiegervater Anordnungen getroffen hätte, durch die ihm die Leitung des Unternehmens für alle Zukunft garantiert worden wäre. Wie sich das bewerkstelligen lasse, war nach den zutreffenden Ausführungen der kantonalen Instanzen zur Hauptsache ein rechtliches Problem; es kam dafür vor allem eine Regelung im Rahmen eines Gesellschafts- oder Erbvertrages in Frage. Für die Ausarbeitung solcher Verträge war die Beklagte nicht zuständig, wie sie in dem bereits erwähnten internen Bericht selber anerkannte. Sie konnte höchstens gewisse vorbereitende Erhebungen über die im Unternehmen bestehenden Verhältnisse durchführen, die dem für die Aufstellung der Verträge beizuziehenden juristischen Fachmann als Unterlagen dienen konnten. Diese Vorbereitungsarbeiten boten angesichts des äusserst bescheidenen Umfangs des Betriebes keine grossen Schwierigkeiten. Ein direkt beigezogener Notar, Anwalt oder Treuhänder hätte diese Vorarbeit auf Grund der Auskünfte des Klienten in kurzer Zeit erledigen können. Das von der Beklagten dafür geforderte Honorar von Fr. 5'000.-- ist derart übersetzt, dass es als geradezu anstössig bezeichnet werden muss. Was Schwierigkeiten bot, war die Lösung des aufgezeigten Problems, die Vorbereitung und Abfassung der erforderlichen Urkunden (Gesellschaftsvertrag, Gründung einer AG oder GmbH, Erbvertrag), durch welche die bestehenden Schwierigkeiten behoben worden wären. Die Beklagte hatte sich aber nur verpflichtet, BGE 92 II 168 S. 174 in einem vorbereitenden Bericht das Problem aufzuzeigen, wozu jeder durchschnittlich begabte Geschäftsmann im Stande gewesen wäre. Zudem war dem Bericht der Beklagten die Voruntersuchung vorausgegangen, in der das in Frage stehende Problem bereits zutage getreten war und für welche die Beklagte ein Honorar von Fr. 400.-- bezogen hatte. Die Ausführung des weiteren Auftrages, zu dessen Erteilung der Kläger nach Abschluss der Voruntersuchung überredet wurde, übertrug die Beklagte sodann nach den Feststellungen der Vorinstanz keineswegs einem hochqualifizierten Fachmann, sondern einem Angestellten, der keinen akademischen Grad besitzt. Die schon von der Vorinstanz erwähnten Ausführungen in seinem Bericht: "Den letzten Punkt, den wir zu berühren haben, ist nicht mehr betriebswirtschaftlicher noch juristischer Natur, sondern rein moralisch und auch vorsichtig", lassen als zweifelhaft erscheinen, ob dieser Angestellte überhaupt eine höhere Schulbildung genossen hat. Die Richtigkeit der vorstehenden Bewertung der Leistung der Beklagten wird schliesslich auch bestätigt durch das tatsächliche Ergebnis ihrer Bemühungen, das nach ihrer Behauptung die getreue Erfüllung des erhaltenen Auftrags darstellen soll. Es sind die drei Seiten umfassenden "Verfahrensrichtlinien", bei denen es sich um eine weitschweifige Schilderung der Verhältnisse handelt, die in einen vier Punkte umfassenden Vorschlag ausmündet. Diese Vorschläge hätte nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz irgendein Durchschnittskaufmann ebenso gut, wenn nicht besser, anregen können. Die Auffassung der Vorinstanz, diese "Verfahrensrichtlinien" seien zum Teil als "abstruser Humbug" zu bezeichnen, ist vollauf berechtigt. b) Der zweite Teil der von der Beklagten versprochenen Leistung bestand in der Durchführung einer Marktanalyse, insbesondere in der Prüfung neuer Absatzmöglichkeiten, vor allem in Deutschland. Beide kantonale Instanzen sind zum Schluss gelangt, dass der Beklagten für die Durchführung dieser Aufgabe jede Eignung fehlte. Sie gehen zutreffend davon aus, dass die Erschliessung neuer Absatzgebiete geschäftliche Beziehungen zu den dortigen Abnehmerkreisen sowie Branchekenntnisse erfordert. Die Beklagte erfüllte keine dieser beiden Voraussetzungen. Ihre Tätigkeit beschränkte sich darauf, durch einen nicht branchekundigen Angestellten ihrer deutschen BGE 92 II 168 S. 175 Schwestergesellschaft mit einigen Uhrenmustern des Klägers irgendwelche Uhrengeschäfte aufsuchen und anfragen zu lassen, ob sie allenfalls bereit wären, die Erzeugnisse des Klägers zu verkaufen. Dabei kam es meist nicht einmal zu einer persönlichen Kontaktnahme, sondern es blieb bei einer blossen telephonischen oder schriftlichen Anfrage. Den Angestellten der Beklagten konnte nicht entgehen, dass sie mit einem solchen Vorgehen die vom Kläger zu bezahlenden Arbeitsstunden verschwendeten, weil es auf der Hand lag, dass praktisch kaum eine Aussicht bestand, auf diesem Wege zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Aus dem von der Vorinstanz ermittelten Sachverhalt ist ersichtlich, dass die Beklagte, die darauf beharrt, ihre tatsächlich erbrachte Leistung habe den übernommenen Verpflichtungen entsprochen, die Funktionen eines Vermittlers oder Handelsreisenden zu erfüllen beabsichtigte. Eine solche Tätigkeit, die zudem weder einem branchekundigen noch im betreffenden Gebiet eingeführten Personal übertragen wurde, kann nicht als hochqualifizierte Leistung angesehen werden. Das dafür vereinbarte Stundenhonorar von Fr. 100.-- ist daher offensichtlich weit übersetzt. Auch in diesem Punkte ist daher der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz beizupflichten. 5. Die zweite Voraussetzung, die für das Vorliegen einer Übervorteilung erfüllt sein muss, besteht nach Art. 21 OR darin, dass der Abschluss des Vertrages von dem einen Teil durch Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit des andern herbeigeführt worden ist. Nach der Auffassung der Vorinstanz ist im vorliegenden Fall das zuletzt genannte Erfordernis (Unerfahrenheit) gegeben, da weder der Kläger noch sein Schwiegersohn Kaiser, der die Vertragsunterhandlungen zur Hauptsache führte und die Verträge mit der Beklagten unterzeichnete, befähigt gewesen seien, die Tragweite eines Vertrages über betriebswissenschaftliche Leistungen richtig zu würdigen. a) Die Beklagte rügt mit der Berufung, die Vorinstanz habe bei ihrem Entscheid den Rechtsbegriff der Unerfahrenheit verkannt. Nach der Rechtsprechung ist Unerfahrenheit im Sinne des Art. 21 OR nicht nur vorhanden, wenn ganz allgemein Nichtvertrautsein mit den Verhältnissen vorliegt, wie es z.B. bei BGE 92 II 168 S. 176 Jugendlichen zutrifft, sondern auch, wenn im konkreten Fall dem einen Vertragskontrahenten die Sachkenntnis fehlt, die zur Beurteilung von Verhältnissen der in Frage stehenden Art im allgemeinen erforderlich ist ( BGE 61 II 36 ). Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es somit nicht einer allgemeinen Unfähigkeit der Vertragspartei, ein bestimmtes Geschäft richtig zu würdigen; es genügt, wenn sie auf dem in Frage stehenden Gebiet zwar nicht völlig geschäftsunerfahren ist, aber doch die Tragweite eines ihr vorgeschlagenen Geschäftes nicht zu erfassen vermag. Diese weitgefasste Umschreibung des Begriffs der Unerfahrenheit drängt sich um so mehr auf, wenn man in Betracht zieht, dass mit der fortschreitenden Entwicklung die technischen Probleme selbst im täglichen Leben immer vielgestaltiger und komplizierter werden, mit der Folge, dass der Einzelne in immer zunehmendem Masse genötigt ist, sich auf Spezialisten zu verlassen, ohne sich vom wahren Wert ihres Angebotes ein richtiges Bild machen zu können. Mit dieser Entwicklung hat der Schutz des Vertragschliessenden Schritt zu halten. Diese Betrachtungsweise bedeutet keineswegs eine Erweiterung des von der bisherigen Rechtsprechung aufgestellten Begriffes der Unerfahrenheit. Sie ist lediglich die logische Folge der Feststellung, dass das Gebiet der allgemeinen Erfahrenheit des Einzelnen mit der fortschreitenden Entwicklung mehr und mehr eingeengt wird. Die Vorinstanz hat deshalb nicht gegen Bundesrecht verstossen, indem sie den Begriff der Unerfahrenheit in diesem relativen Sinne aufgefasst hat. Gegenkontrahent der Beklagten ist ausschliesslich der Kläger Siegenthaler. Dass dieser als unerfahren im Sinne der oben dargelegten Grundsätze zu betrachten ist, bestreitet die Beklagte mit Recht nicht. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Kläger zwar ein guter Uhrmacher; die wichtigen geschäftlichen Entscheidungen hat er dagegen von jeher seiner Frau und später seinem Schwiegersohn überlassen, woraus geschlossen werden darf, dass er eben selber nicht über die dazu erforderliche Geschäftserfahrung verfügte. Die Beklagte macht geltend - und die Vorinstanz hat ihr in diesem Punkte beigepflichtet -, dass für die Frage der Übervorteilung auch die geschäftliche Erfahrenheit des Schwiegersohnes zu berücksichtigen sei, in dessen Händen die Geschäftsleitung tatsächlich liegt und der den streitigen Vertrag BGE 92 II 168 S. 177 abgeschlossen hat. Während jedoch die Vorinstanz angenommen hat, auch ihm habe die erforderliche Erfahrenheit gefehlt, beharrt die Beklagte darauf, dass bei Kaiser von Unerfahrenheit im Sinne des Gesetzes nicht die Rede sein könne, da er als langjähriger Geschäftsleiter des klägerischen Unternehmens mit den allgemeinen Problemen, die das Geschäftsleben üblicherweise stelle, vertraut sei. Nach der Rechtsprechung ( BGE 61 II 35 ) sind bei der Beurteilung der Frage der Übervorteilung die gesamten Umstände des Vertragsschlusses in Betracht zu ziehen. Es fragt sich, ob und inwieweit aus diesem Grunde auch die Kenntnisse und Erfahrungen der Personen, deren sich die Vertragspartei beim Abschluss des Vertrages bedient hat, mit zu berücksichtigen seien. Die Frage kann jedoch offen gelassen werden; denn selbst bei ihrer Bejahung gäbe im vorliegenden Fall den Ausschlag, dass auch dem Schwiegersohn Kaiser die erforderliche Erfahrenheit abgesprochen werden muss. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz fehlte nämlich auch ihm der kritische Sinn, um die wahre Tragweite des Vertrages und den wirklichen Wert der von der Beklagten versprochenen Leistungen von vorneherein zu erfassen. Er war daher auch nicht im Stande, der Beeinflussung des Klägers durch die Angestellten der Beklagten entgegenzuwirken und ihn über den praktischen Wert, den ein Vertrag über betriebswirtschaftliche Beratung für ein derart unbedeutendes Unternehmen haben konnte, in objektiver Weise aufzuklären. b) Zum Tatbestand der Übervorteilung gehört schliesslich noch, dass die eine Partei die Schwäche der andern, im vorliegenden Fall also die Unerfahrenheit des Klägers und allenfalls seines Schwiegersohnes, ausgebeutet, d.h. sie bewusst ausgenützt hat, um den Abschluss des Vertrages herbeizuführen. Auch dieses Erfordernis ist hier unzweifelhaft erfüllt: Schon auf Grund der Voruntersuchung war den Angestellten der Beklagten bekannt, dass die Massnahmen, die zur internen Reorganisation des Unternehmens in Frage kamen (Abschluss eines Gesellschafts- oder Erbvertrages), nicht in ihre Kompetenz falle. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, den Kläger zur Erteilung des weiteren Auftrages zu überreden, weil nur so die in der Voruntersuchung zutage getretenen Probleme gelöst werden könnten. Auch bezüglich der "Verkaufsplanung extern", mit der sich die Beklagte weiter beauftragen liess, liegt BGE 92 II 168 S. 178 eine offenkundige Ausbeutung der Unerfahrenheit der Gegenseite vor. Nach den Feststellungen der Vorinstanz operierte der Angestellte Schnarrwiler mit den ausgezeichneten Beziehungen, über welche die Beklagte dank ihrer weltweiten Organisation verfüge, obwohl solche Beziehungen auf jeden Fall in der Uhrenbranche gar nicht vorhanden waren. Der Angestellte Jung stellte dem Kläger die Zuführung von Kunden in ganz Europa in Aussicht, woraus mit einer jährlichen Umsatzsteigerung von Fr. 20-25'000.-- gerechnet werden dürfe, obwohl derartige Zusicherungen mangels der erforderlichen Beziehungen der Beklagten in der Uhrenbranche völlig in der Luft hingen. Trotzdem wurde im "Fortschrittsbericht" der Beklagten vom 23. Juni 1962 der Gewinn, den der Kläger dank den Bemühungen der Beklagten erwarten dürfe, auf Fr. 20'000.-- geschätzt. Durch diese Vorspiegelung von Gewinnmöglichkeiten, denen angesichts der tatsächlichen Verhältnisse jeder reale Hintergrund fehlte, wurden der Kläger und sein Schwiegersohn dazu bewogen, der Beklagten den im "Aktionsmemorandum" umschriebenen weiteren Auftrag zu erteilen und dem weit übersetzten Honoraransatz von 100.-- pro Stunde zuzustimmen. Den Einwand der Beklagten, der Kläger hätte den Auftrag jederzeit widerrufen können, hat die Vorinstanz mit der zutreffenden Begründung verworfen, dass die Angestellten der Beklagten den Kläger durch weitere Ausbeutung seiner Unerfahrenheit von einem solchen Widerruf abhielten, indem sie ihn glauben machten, die bisherigen Ausgaben würden sich nur lohnen, wenn die Beklagte ihre Aufgabe zu Ende führen könne. 6. a) Da sämtliche Voraussetzungen des Art. 21 OR erfüllt sind, ist der Vertrag vom 14. Juni 1962 für den Kläger unverbindlich. Die Vorinstanz hat gestützt hierauf die Beklagte zur Rückerstattung des vom Kläger auf Grund dieses Vertrages bezahlten Honorars von Fr. 11'466.-- verpflichtet. Dazu hat sie bemerkt, die Beklagte hätte grundsätzlich dem Rückerstattungsanspruch des Klägers eine Gegenforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verrechnungsweise entgegenstellen können. Sie hat die Frage des Bestehens eines solchen Bereicherungsanspruchs jedoch nicht geprüft, weil die Beklagte ihn vor erster Instanz weder eventualiter noch widerklageweise geltend gemacht habe und das vom kantonalen Prozessrecht BGE 92 II 168 S. 179 aufgestellte Novenverbot seine Erhebung vor der oberen Instanz nicht zulasse. b) Die Beklagte hält dem entgegen, Art. 21 OR verweise auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung; daraus folgert sie, der kantonale Richter hätte - nach ihrer Meinung offenbar von Amtes wegen - das Ausmass ihrer Bereicherung ermitteln sowie prüfen müssen, in welchem Umfang der Kläger seinerseits durch die von der Beklagten tatsächlich erbrachten Leistungen bereichert sei; in diesem Umfang mindere sich die Bereicherung der Beklagten, weshalb diese Ansprüche nicht als Gegenforderungen verrechnungs- oder widerklageweise geltend gemacht werden müssten; der Abzug ergebe sich vielmehr aus der Natur des Rückforderungsanspruches des Übervorteilten. c) Art. 21 OR bestimmt, der Übervorteilte könne "... erklären, dass er den Vertrag nicht halte, und das schon Geleistete zurückverlangen". Dieses Rückforderungsrecht beruht also zweifellos auf der Unverbindlichkeit des Vertrages, die bewirkt, dass die erfolgte Zahlung eines gültigen Rechtsgrundes ermangelt. Es handelt sich somit um einen Fall der condictio indebiti. Auf jeden Fall ist es aber Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, die seine Rückerstattungspflicht ausschliessen oder mindern. Diese Auffassung liegt auch BGE 84 II 112 Erw. 4 zugrunde, wo ausgeführt wurde, bei Berufung des Übervorteilten auf die Unverbindlichkeit des Vertrages könne die Gegenpartei nicht etwa dessen teilweise Erfüllung verlangen, sondern bleibe darauf beschränkt, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend zu machen, wenn deren Voraussetzungen gegeben seien. Man kann sich nun allerdings fragen, ob dies gemäss der Auffassung der Vorinstanz bedeute, dass der Verletzte einfach seine Leistung im vollen Umfang zurückverlangen könne und es dem Beklagten überlassen bleibe, einredeweise ungerechtfertigte Bereicherung des Verletzten geltend zu machen, oder ob der Rückforderungsanspruch des Art. 21 OR den Schranken von Art. 62 ff. OR unterliege. Die letztere Lösung liefe praktisch auf eine Anerkennung der Teilnichtigkeit des Vertrages hinaus, die BGE 84 II 112 bei Geltendmachung vollständiger Unverbindlichkeit seitens des Übervorteilten mit Recht abgelehnt hat. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Denn im einen wie im andern Falle obliegt es dem Beklagten, sich auf die Bereicherung BGE 92 II 168 S. 180 des Klägers zu berufen und sie nachzuweisen, während nichts darauf ankommt, ob dies durch die Erhebung eines verrechnungsweise geltend gemachten Bereicherungsanspruchs geschieht oder durch das Vorbringen von Einwendungen, die eine Verminderung seiner Rückerstattungspflicht bewirken. Die Beklagte hätte somit unter allen Umständen in rechtsgenüglicher Form den Beweis für eine Bereicherung des Klägers anbieten müssen. Ein solches Beweisanerbieten hat sie jedoch nach dem angefochtenen Entscheid nicht gemacht, und sie behauptet nicht, die Vorinstanz sei in Verletzung von Art. 8 ZGB über taugliche Beweisanträge hinweggegangen, die sie zum Nachweis einer Bereicherung des Klägers gestellt habe. Unter diesen Umständen kommt daher eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Prüfung einer allfälligen Bereicherung des Klägers nicht in Betracht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 1. Februar 1966 bestätigt.
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1,966
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25afb2d6-f632-4ef2-aad5-6ae883e111fe
Urteilskopf 105 IV 166 44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Oktober 1979 i.S. F. gegen Regierungsrat von Appenzell A. Rh. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 38 Ziff. 1 Abs. 3 StGB , bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug. Anspruch auf Anhörung und Akteneinsicht.
Erwägungen ab Seite 166 BGE 105 IV 166 S. 166 Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei ungenügend angehört worden und habe keine ausreichende Akteneinsicht erhalten. Das Gesuch um bedingte Entlassung wurde im Auftrag des Beschwerdeführers von einem Anwalt verfasst und eingereicht. Ausserdem wurde er vom Sekretär der zuständigen Justizdirektion persönlich angehört. Eine solche Einvernahme durch den Sachbearbeiter des für die bedingte Entlassung zuständigen kantonalen Justizdirektors genügt auch den besonderen Anforderungen des Art. 38 Ziff. 1 Abs. 3 StGB (Urteil des Kassationshofes vom 26. Juni 1979 i.S. G. gegen Regierungsrat von Appenzell A.Rh.). Der Beschwerdeführer erhebt freilich gegen den einvernehmenden Sekretär der Justizdirektion Vorwürfe, die sinngemäss dessen Befangenheit geltend machen. Indessen ist das, was der Beschwerdeführer kritisiert, für den Vorwurf der Befangenheit nicht ausreichend. Bei der persönlichen Befragung des Beschwerdeführers hatte der Sachbearbeiter durchaus Anlass, ihm die früheren Strafurteile vorzuhalten und abzuklären, wie er sich nunmehr zu seinen Delikten und den ausgefällten Strafen stelle. Ebenso durfte er seiner Meinung darüber Ausdruck geben, dass der Beschwerdeführer anscheinend noch zu wenig BGE 105 IV 166 S. 167 reif sei, zumal der Anwalt im Entlassungsgesuch selbst auf das jugendliche Alter und die psychischen Eigenheiten des Beschwerdeführers verwiesen hatte. Das Recht auf Akteneinsicht wurde nicht verletzt. Der Beschwerdeführer konnte alle Unterlagen einsehen. Anspruch auf Aushändigung von Kopien besass er nicht.
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1,979
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25b6e02d-1ee5-45fb-a671-10c5b5378ec6
Urteilskopf 91 I 69 13. Arrêt du 29 janvier 1965 dans la cause Baumgartner frères SA et Montre de sport Genève SA contre Commission fédérale de recours de l'industrie horlogère.
Regeste Art. 103 Abs. 1 OG . Formelle und sachliche Legitimation zur Beschwerde (Erw. 1). Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 der Vollziehungsverordnung Ilzum Uhrenstatut. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts in der Auslegung der Rechtsbegriffe "traditionnelle Politik bezüglich der Ausfuhr von Erzeugnissen der Uhrenindustrie" und "allgemeine Interessen der schweizerischen Uhrenindustrie" (Erw. 2). - Definition dieser Begriffe (Erw. 3). - Verweigerung der Bewilligung, Rohwerke oder Teile von solchen zwecks Änderung in einer von der Gesuchstellerin beherrschten Unternehmung sowie Stanz- und andere Werkzeuge, Pläne und Zeichnungen, die für diese Bearbeitung bestimmt sind, im Freipassverkehr nach Italien auszuführen (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 70 BGE 91 I 69 S. 70 A.- L'art. 7 al. 1 du Statut légal de l'horlogerie du 23 juin 1961 autorise le Conseil fédéral, notamment pour soutenir la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers, à subordonner à un permis l'exportation de divers articles, qu'il énumère. Faisant usage de ce pouvoir, le Conseil fédéral, par son ordonnance d'exécution II du 26 décembre 1961 (art. 1er al. 1), a assujetti à un permis l'exportation d'ébauches complètes (lit. c), de parties d'ébauches sous forme de ponts, platines, pignons et roues (lit. d), d'étampes et outils de tous genres destinés à la fabrication d'ébauches et de fournitures (lit. k), de même que de plans de construction de calibres, et dessins d'étampes et d'outillages (lit. 1). Les demandes de permis sont soumises à la direction de la Chambre suisse de l'horlogerie (en abrégé: la direction de la Chambre). Cet organe autorise l'exportation en particulier d'ébauches complètes ou des parties d'ébauches mentionnées à l'art. 1er al. 1 lit. d à condition que la livraison soit conforme à la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers et qu'il soit notamment convaincu que le destinataire ne fera pas des produits horlogers obtenus en Suisse un usage contraire aux intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse (art. 5 al. 1). Lorsqu'il s'agit d'étampes, d'outils, de plans et dessins, la condition est que les livraisons soient conformes aux intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse (art. 6). Dans le premier cas, le Département fédéral de l'économie publique (en abrégé: le Département) donne des instructions à la direction de la Chambre, après avoir pris l'avis d'une commission composée de représentants des organisations horlogères (art. 5 al. 2). Dans le second, s'il y a doute, la direction de la BGE 91 I 69 S. 71 Chambre requiert des instructions du Département, qui consulte au préalable ladite commission. B.- La société anonyme Baumgartner frères, à Granges, produit exclusivement des ébauches Roskopf. Elle est l'unique actionnaire de la société anonyme Montre de sport Genève, qui est une manufacture de montres ancre et fabrique ses propres ébauches. Elle a acquis en Italie trois fabriques d'ébauches et d'assortiments, qu'elle a groupées sous la raison Gewa S. p. a., à Stresa, et dont elle détient toutes les actions. Le 8 novembre 1963, la maison Baumgartner a sollicité de la Chambre l'autorisation de livrer à la maison Gewa, sous passavant, des ébauches brutes et des parties d'ébauches, d'importer ces articles après leur transformation par la maison Gewa, enfin de mettre à la disposition de la maison Gewa, sous passavant aussi, des étampes, outils, plans et dessins. Le 21 janvier 1964, tout en constatant que l'importation requise échappait au régime du permis, la direction de la Chambre écarta la requête pour le surplus, conformément aux instructions qu'elle avait reçues du Département. Le 1er octobre 1964, saisie d'un recours de la maison Baumgartner et de la maison Montre de sport Genève, contre cette décision, la Commission fédérale de recours de l'industrie horlogère rejeta les conclusions de la première purement et simplement, et celles de la seconde dans la mesure où elles étaient recevables. Si elle se déclare liée par la notion de politique traditionnelle de l'horlogerie, elle la prend pour une donnée de fait, qu'elle ne saurait modifier. De plus, elle s'estime incompétente pour définir les intérêts généraux de l'industrie horlogère. Par conséquent, elle se borne à examiner si les opérations envisagées par les recourantes sont conformes à la politique horlogère traditionnelle telle qu'elle résulte des faits, ou aux intérêts généraux de l'horlogerie tels que cette politique les exprime. Or, après avoir constaté qu'en accord avec les intérêts généraux de l'horlogerie, la politique traditionnelle de cette industrie tend à la conserver en Suisse, à favoriser la vente de montres complètes et à lutter contre l'extension de la production étrangère, la Commission de recours juge incompatible avec ces objectifs l'exportation d'ébauches et de parties d'ébauches à destination de la maison Gewa, ainsi que la mise à sa disposition d'étampes, outils, plans et dessins. Bien que la convention collective de l'industrie BGE 91 I 69 S. 72 horlogère suisse, dans sa version du 1er avril 1959, et l'accord horloger suisse du 1er juillet 1962 ouvrent aux maisons suisses la possibilité de s'intéresser à des entreprises étrangères, ces textes n'ont pas modifié la politique traditionnelle de l'horlogerie, mais simplement autorisé certains organes à y déroger pour des motifs que la Commission de recours n'a pas la compétence de contrôler. D'ailleurs, jusqu'à présent, aucune entreprise italienne n'a pu acquérir en Suisse les articles que la maison Baumgartner voudrait fournir à la maison Gewa. C.- Par le présent recours de droit administratif, les maisons Baumgartner et Montre de sport Genève requièrent l'annulation de la décision de la Commission de recours et l'autorisation de livrer à la maison Gewa, sous passavant, des ébauches brutes et des parties d'ébauches, ainsi que des étampes, outils, plans et dessins. Invoquant la violation du droit fédéral et l'inexactitude ou l'insuffisance de constatations de fait, elles demandent de pouvoir prendre connaissance du dossier de la Commission de recours et déposer un mémoire complémentaire. En résumé, elles argumentent de la manière suivante: Il est erroné de considérer comme une entreprise étrangère la maison Gewa, qui forme une unité économique avec les recourantes. Si elle n'avait pas été acquise par la maison Baumgartner, elle serait en mains étrangères et concurrencerait l'industrie suisse. En revanche, les recourantes n'ont d'autre but que de mettre l'activité de la maison Gewa au service de l'horlogerie suisse. Aussi leurs projets, dont la réalisation est vérifiable, ne sont-ils pas contraires à la politique traditionnelle et aux intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse. Il n'y a aucun risque que la maison Gewa devienne une entreprise étrangère, la maison Baumgartner n'ayant pas l'intention de s'en dessaisir. Quoi qu'il en soit, les permis délivrés aux recourantes pourraient être immédiatement révoqués en cas de vente des actions de la maison Gewa. La direction de la Chambre et la Commission de recours interprètent extensivement le terme de chablonnage, au mépris de la volonté du législateur, qui visait à assouplir le statut de l'horlogerie. Par chablonnage, il faut entendre l'exportation définitive d'ébauches et de pièces détachées en vue de la fabrication, à l'étranger, de montres terminées au moyen de fournitures suisses. Or, après leur transformation, toutes les pièces livrées à la maison Gewa reviendront en Suisse. Il n'est donc pas BGE 91 I 69 S. 73 question de chablonnage. De même, en attribuant un sens large aux expressions de politique traditionnelle et d'intérêts généraux de l'industrie horlogère, la décision attaquée méconnaît les intentions libérales du législateur. Son argumentation est d'autant moins fondée que les ébauches ont été soumises à la réglementation des exportations pour assurer l'efficacité du contrôle technique, qui n'est pas en cause ici. Contrairement à l'opinion de la Commission de recours, les définitions de notions légales par les organes de l'industrie horlogère, le Département ou la commission prévue à l'art. 5 al. 2 de l'ordonnance II ne lient pas les juridictions administratives. Sinon, les voies de recours seraient inutiles. En permettant aux maisons suisses de s'intéresser à des entreprises étrangères, les groupements horlogers eux-mêmes ont modifié profondément leur politique traditionnelle, c'est-à-dire accepté la transplantation de certaines branches de l'horlogerie à l'étranger. Dès lors, les relations des recourantes avec la maison Gewa ne peuvent être considérées comme contraires à la politique traditionnelle et aux intérêts généraux de l'industrie suisse. Il y a lieu de relever que la maison Zénith a été autorisée à exporter les machines et les outils nécessaires à sa nouvelle succursale de Besançon et que les organisations horlogères suisses favorisent la fabrication de l'horlogerie dans divers pays. Si la livraison d'ébauches et d'autres articles à la maison Gewa peut être tenue juridiquement pour une exportation, il s'agit au point de vue économique d'un transfert passager d'un département à l'autre d'une même entreprise. De telles opérations ne tombent pas sous le coup du statut, qui s'applique aux exportations proprement dites, à savoir en cas d'acquisition définitive de l'objet exporté par une maison étrangère. Qu'elles occupent du personnel italien en Suisse ou à Stresa, les recourantes ne lèsent pas les intérêts de l'horlogerie suisse. Au contraire, c'est le refus des permis sollicités qui pourrait obliger les recourantes à entreprendre une fabrication d'horlogerie complète en Italie et à concurrencer ainsi l'industrie suisse. Lorsqu'elle soupçonne la maison Baumgartner de chercher à bénéficier en Italie de coûts de production moins élevés qu'en Suisse, la décision attaquée émet une supposition gratuite et inexacte. En réalité, la main-d'oeuvre est plus onéreuse à Stresa qu'en Suisse. BGE 91 I 69 S. 74 De plus, il est faux de prétendre qu'en vendant comme suisses des ébauches fabriquées en grande partie à l'étranger, les recourantes feraient tort à l'industrie suisse. Personne ne s'aviserait de qualifier d'étrangers les articles fabriqués en Suisse par des ouvriers italiens. Les fournitures horlogères pouvant être librement importées en Suisse, il n'y a aucune raison d'interdire le trafic que les recourantes se proposent d'entreprendre avec la maison Gewa. Enfin, les recourantes ne peuvent se défendre de l'impression que leurs concurrents suisses cherchent à exercer contre elles un boycott illégal. D.- La Chambre suisse de l'horlogerie conclut à l'irrecevabilité du recours et, subsidiairement, à son rejet. Erwägungen Considérant en droit: 1. Les recourantes ont qualité pour agir selon l'art. 103 al. 1 OJ, d'une part, à la forme, du fait qu'elles ont figuré comme parties dans la procédure devant la Commission fédérale de recours, d'autre part, au fond, parce qu'elles reprochent à ladite Commission d'avoir violé le droit fédéral en leur refusant les permis d'exportation sollicités et se prétendent ainsi lésées dans leurs intérêts juridiquement protégés. La direction de la Chambre estime à tort qu'en l'absence de violation du droit fédéral et d'erreur dans l'appréciation juridique des faits, le recours serait irrecevable. Car elle confond ainsi les questions de recevabilité et celles de fond. Pour qu'un recours soit recevable, il suffit, lorsque les autres conditions sont réalisées, que son auteur, à tort ou à raison, invoque la violation du droit fédéral (RO 87 I 476). Tel est le cas en l'espèce. 2. En vertu de l'art. 5 al. 1 de l'ordonnance d'exécution II, les recourantes ont le droit de livrer des ébauches brutes et des parties d'ébauches à la Maison Gewa si ces opérations sont conformes à la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers, notamment si la Chambre est convaincue que le destinataire des produits ne les utilisera pas contrairement aux intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse. En outre, selon l'art. 6 de la même ordonnance, l'exportation d'étampes, outils, plans et dessins est admissible dans la mesure où elle répond aux intérêts généraux de l'horlogerie BGE 91 I 69 S. 75 suisse. Avant de se prononcer sur le sens de ces dispositions et leur portée en l'espèce, il y a lieu d'examiner si la Commission de recours et le Tribunal fédéral, dont les pouvoirs sont identiques sur ce point, ont la compétence d'interpréter librement les termes de politique traditionnelle et d'intérêts généraux. En principe, il faut répondre affirmativement. Ce sont là des notions juridiques, dont il incombe aux juridictions administratives de contrôler l'application. Peu importe que la direction de la Chambre soit tenue ou non de se soumettre aux instructions qu'elle reçoit du Département de l'économie publique suivant les art. 5 al. 2 et 6 de l'ordonnance II. A la différence des organismes privés chargés d'une tâche étatique, les juridictions administratives ne sauraient être liées par les directives de l'administration, du moins sur les questions de droit. Cependant, deux réserves se justifient. D'une part, les expressions "politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers" et "intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse" sont imprécises ("unbestimmte Gesetzesbegriffe": WOLFF, Verwaltungsrecht, 4e éd., I, p. 140) en ce sens que, même circonscrites à l'aide de connaissances historiques et économiques spéciales, leur définition et leur application aux faits donnés laissent une certaine latitude de jugement à l'autorité. Sans doute s'agit-il néanmoins de notions purement juridiques et cette latitude n'est-elle pas assimilable à un pouvoir de libre appréciation qui implique la faculté de choisir entre deux ou plusieurs solutions également justes. En réalité, une seule interprétation sera correcte. Mais, vu son caractère particulier et notamment les connaissances spéciales qu'elle exige, les organes d'exécution sont mieux en mesure que les tribunaux de la déterminer. Dès lors, le juge ne s'écartera de l'interprétation donnée par ces organes qu'en présence d'une erreur manifeste de leur part. Dans des cas analogues, du reste, le Tribunal fédéral s'est constamment imposé une certaine retenue, considérant que son pouvoir d'examen était limité; il l'a fait, en particulier, sous l'empire de l'ancien statut de l'horlogerie, s'agissant des intérêts importants de l'industrie horlogère (AF du 22 juin 1951, art. 4 al. 1; RO 79 I 383). De plus, la Commission de recours le relève à juste titre, il n'appartient pas aux juridictions administratives de diriger la politique BGE 91 I 69 S. 76 horlogère et notamment de l'adapter aux circonstances changeantes. Elles doivent bien plutôt se borner à en constater le contenu, tel qu'il résulte des mesures prises par les autorités législatives et exécutives, ainsi que par les organes directeurs de l'horlogerie, puis à rechercher si les décisions contestées devant elles se conforment aux dispositions arrêtées par les agents compétents. 3. Dans les limites qui viennent d'être tracées, le Tribunal fédéral doit définir, selon le Statut légal de l'horlogerie et l'ordonnance d'exécution II, d'une part la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers, d'autre part les intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse. a) Comme toute politique, celle de l'horlogerie suisse est un ensemble de buts et de moyens. Cependant, si le législateur ne par le pas simplement de politique, mais de politique traditionnelle, c'est qu'il entend se référer à un élément durable. Or la constante de la politique horlogère en matière d'exportations, ce sont ses buts plutôt que ses moyens. En tout temps, cette politique a visé à favoriser autant que possible la vente de montres terminées en Suisse et, partant, à lutter contre la concurrence étrangère. Cela ressort clairement d'un exposé présenté par le directeur de la Chambre, dont la décision attaquée a repris les vues sans susciter de critique de la part des recourantes. Le Tribunal fédéral n'a aucune raison d'en juger autrement. Peu importe que la convention collective de l'industrie horlogère, dans sa version du 1er avril 1959 (sous II, ad art. 20 à 23 ), et l'accord horloger suisse du 1er juillet 1962 (art. 10 et 11) ouvrent aux maisons suisses la possibilité de s'intéresser à des entreprises étrangères. Réservant l'un et l'autre les intérêts généraux de l'industrie horlogère, ces textes ne s'éloignent pas de ses buts permanents. Quant aux moyens d'atteindre ces derniers, il s'agit en particulier de restrictions d'exportation. C'est ainsi que, successivement, les arrêtés du Conseil fédéral des 12 mars 1934, 30 décembre 1935, 29 décembre 1937, 29 décembre 1939 et 23 décembre 1948, puis l'arrêté fédéral du 22 juin 1951 ont subordonné à une autorisation la livraison à l'étranger d'ébauches, de chablons et de fournitures, ainsi que des opérations analogues. Certes, conformément à sa tendance libérale, le statut du 23 juin 1961 a atténué un peu la rigueur de ces mesures (cf. Bull. stén. 1961, CN p. 220 et CE p. 128). Au lieu de maintenir BGE 91 I 69 S. 77 lui-même le régime du permis, il accorde au Conseil fédéral le pouvoir de le conserver "dans la mesure requise pour soutenir la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers et atteindre le but assigné au contrôle technique de ces produits" (art. 7 al. 1). A première vue, on peut s'étonner qu'au moment d'assouplir un système en vigueur depuis près de trente ans, le législateur manifeste l'intention de "soutenir la politique traditionnelle". Toutefois, pour résoudre cette contradiction apparente, il suffit de caractériser la politique horlogère traditionnelle par ses buts, qui n'ont jamais varié, et non par ses modalités d'application, qui sont susceptibles de modifications. En définitive, on entendra par politique traditionnelle de l'horlogerie son objectifconstant, à savoir le souci de développer la vente de montres fabriquées entièrement en Suisse. Dès lors, il est inutile de se prononcer sur la notion de chablonnage ou les motifs de soumettre les ébauches à la réglementation des exportations. Ces questions sont étrangères à la politique horlogère traditionnelle telle qu'elle se définit par ses buts. d) Quant aux intérêts généraux de l'industrie horlogère suisse, ils coïncident avec ses buts, c'est-à-dire sa politique traditionnelle. Exprimée par le directeur de la Chambre, cette opinion n'est manifestement pas inexacte. A l'instar de la Commission de recours, le Tribunal fédéral ne peut que la faire sienne. 4. Appliquant ces principes, le Tribunal fédéral doit admettre avec la direction de la Chambre et la Commission fédérale de recours, d'une part, que la livraison d'ébauches brutes et de parties d'ébauches à la maison Gewa ne s'accorde pas avec la politique traditionnelle en matière d'exportation de produits horlogers, d'autre part, que la fourniture d'étampes, outils, plans et dessins à la même maison peut porter atteinte aux intérêts généraux de l'horlogerie suisse. Il y a lieu de craindre, en effet, qu'une fois en possession de ces articles, la maison Gewa ne les vende à des entreprises étrangères ou ne les utilise à leur service, favorisant ainsi les concurrents des fabricants suisses de montres finies. Dans le mémoire qu'elles ont adressé à la Commission de recours, les recourantes elles-mêmes paraissent en convenir. "Commercialement et du point de vue économique privé, disent-elles, Gewa eût BGE 91 I 69 S. 78 été et serait à même de vendre sans aucune restreinte ou difficulté les ébauches ancre ou Roskopf de sa production. Pour ce faire, elle n'aurait qu'à donner suite aux très nombreuses demandes de livraison émanant des concurrences étrangères japonaise, allemande, italienne ou des Virgin Islands, sans mentionner les quelques établisseurs suisses désirant s'installer en Italie." Sans doute les recourantes affirment-elles leur intention de rapatrier les produits mis à la disposition de la maison Gewa et contestent-elles dès lors aux opérations projetées le caractère d'exportations au sens économique du mot. Ce n'est pas là toutefois, une garantie suffisante. Les recourantes ne sont pas seules maîtresses de leur sort et, même sans le vouloir peut-être, pourraient être contraintes de modifier leurs plans. De plus, le contrôle qu'elles déclarent accepter ne serait qu'imparfait. S'il est possible de vérifier la réimportation des ébauches et des parties d'ébauches, il n'en est pas de même de l'emploi des outils, plans et dessins. Au surplus, en cas de vente des actions de la maison Gewa à une entreprise étrangère, toute précaution deviendrait vaine. En l'occurrence, les marchandises en possession de la maison Gewa pourraient passer dans les mains de tiers sans aucun contrôle. Dans ces conditions, il n'est pas exclu que la délivrance des permis sollicités fasse le jeu d'entreprises étrangères aux dépens de l'industrie suisse de la montre terminée. La Commission de recours n'a donc pas violé les textes applicables en considérant les projets des recourantes comme contraires à la politique traditionnelle et aux intérêts généraux de l'horlogerie suisse. Les recourantes n'ont pas établi que, dans une situation similaire à la leur, d'autres maisons aient bénéficié de permis d'exportation. Si des parties de montres ont été livrées dans des pays où l'industrie horlogère s'est implantée et avec lesquels la Suisse peut être amenée à coopérer dans une certaine mesure, il ne s'ensuit pas qu'il faille autoriser la fourniture des mêmes articles en Italie, où la fabrication de l'horlogerie est pour ainsi dire inexistante. En tout cas, l'exemple de la maison Zénith n'est pas concluant; de notoriété publique, cette entreprise a une succursale française depuis nombre d'années et jouit ainsi d'une situation acquise dont les recourantes ne sauraient se prévaloir. BGE 91 I 69 S. 79 5. Il est superflu de communiquer aux recourantes le dossier complet de la Commission de recours et de leur permettre de répliquer. A vrai dire, il se peut qu'elles n'aient pas eu connaissance d'une pièce du dossier, soit du rapport établi par le directeur de la Chambre. Toutefois, dans la mesure où la décision attaquée fait état de ce document, elle se réfère à des considérations toutes générales dont aucun fabricant d'horlogerie ne saurait discuter la pertinence, ni la justesse. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 117 II 334 61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. September 1991 i.S. J. D. gegen J. (Berufung)
Regeste Art. 20 Abs. 1 lit. b, Art. 64 Abs. 1, Art. 85 Abs. 1 IPRG ; Art. 1 des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (SR 0.211.231.01); internationale Zuständigkeit zur Abänderung eines Scheidungsurteils bezüglich der Kinderzuteilung. 1. Die internationale Zuständigkeit der Schweiz für Klagen auf Abänderung von Scheidungsurteilen hinsichtlich der Kinderzuteilung beurteilt sich aufgrund von Art. 64 Abs. 1 und Art. 85 Abs. 1 IPRG nach Art. 1 des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (E. 3). 2. Nach Art. 1 dieses Übereinkommens kommt es für die Zuständigkeit darauf an, in welchem Staat ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts in einem Fall von unberechtigter Entfernung des Kindes von seinem bisherigen Aufenthaltsort beim Inhaber der elterlichen Gewalt (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 335 BGE 117 II 334 S. 335 A.- Durch das Scheidungsurteil eines Amtsgerichts in der Bundesrepublik Deutschland wurde der Sohn T. der Eheleute J. dem Vater zugeteilt. Ungeachtet dieser Anordnung behielt die BGE 117 II 334 S. 336 geschiedene Ehefrau den Sohn, der sich Anfang 1990 an ihrem Wohnsitz im Kanton Zürich aufhielt, bei sich. Sie stellte bei der Fremdenpolizei des Kantons Zürich das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, das indessen abgewiesen wurde. Nachdem der Sohn erneut einige Wochen bei seinem Vater in Deutschland verbracht hatte, holte ihn die Mutter wieder in die Schweiz zurück. Er befindet sich seit Anfang August 1990 "ferienhalber" irgendwo im Ausland, wohin die Mutter ihn verbracht hatte, weil sie befürchtete, der Vater werde den Knaben gegen seinen Willen zu sich nehmen. B.- Ende April 1990 hatte die geschiedene Ehefrau J. Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils eingereicht, womit sie die Übertragung der elterlichen Gewalt über den Sohn T. an sich selber verlangte. Das Bezirksgericht trat jedoch auf die Klage mangels internationaler Zuständigkeit nicht ein, und das Obergericht des Kantons Zürich wies einen von der Klägerin hiegegen gerichteten Rekurs ab und bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss. Das Bundesgericht, das die Zuständigkeit der zürcherischen Gerichte ebenfalls verneinte, wies die Berufung der Klägerin ab und bestätigte den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Obergericht des Kantons Zürich und die Parteien gehen zutreffend davon aus, dass sich die internationale Zuständigkeit für die Beurteilung der vorliegenden Klage auf Abänderung des in der Bundesrepublik Deutschland gefällten Scheidungsurteils nach dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA; SR 0.211.231.01) richtet. Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat am 8. Dezember 1983 im Fall Christ gegen Mills entschieden, dass die Abänderung der vom ausländischen Scheidungsrichter getroffenen Kinderzuteilung sachlich in den Anwendungsbereich des erwähnten Übereinkommens fällt und die Zuständigkeit des mit einer solchen Klage befassten schweizerischen Richters sich somit nach dem Übereinkommen beurteilt ( BGE 109 II 378 ff. E. 4). Daran hat sich mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) am 1. Januar 1989 nichts geändert. Art. 64 Abs. 1 IPRG , der die Zuständigkeit der BGE 117 II 334 S. 337 schweizerischen Gerichte für die Ergänzung oder Abänderung von Scheidungsurteilen regelt, behält Art. 85 IPRG über den Minderjährigenschutz ausdrücklich vor, und Abs. 1 der letzteren Bestimmung erklärt für den Schutz von Minderjährigen das Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 als anwendbar (vgl. auch ANTON K. SCHNYDER, Das neue IPR-Gesetz, 2. Auflage Zürich 1990, S. 77 f.). 4. Gemäss Art. 1 MSA sind die Gerichte des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zur Anordnung von Schutzmassnahmen zuständig. Unter diese Zuständigkeit fällt, wie sich aus der vorstehenden Erwägung ergibt, auch die Abänderung einer vom Scheidungsrichter vorgenommenen Kinderzuteilung. Die Zuständigkeit des Bezirksgerichts zur Beurteilung der Abänderungsklage hängt somit davon ab, ob der Sohn der Parteien im Zeitpunkt der Klageeinleitung - das heisst, am 26. April 1990 - seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz gehabt hat ( BGE 109 II 380 f. E. 5a). Nach dem zitierten Entscheid darf die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz nicht leichthin als erfüllt betrachtet werden, und zwar umso weniger, als das widerrechtliche Vorenthalten eines Kindes nach Art. 3 Abs. 1 lit. a des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (SR 0.211.230.02), das für die Schweiz am 1. Januar 1984 in Kraft getreten ist, als eine Form von Kindesentführung betrachtet wird (a.a.O., S. 381). a) Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person nach der Legaldefinition von Art. 20 Abs. 1 lit. b IPRG in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit von vornherein befristet ist. Was unter längerer Zeit zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Gesetz nicht und ist daher aufgrund der Verhältnisse des einzelnen Falles zu bestimmen. Dabei kommt es auf den Zusammenhang an, in welchem sich die Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt stellt. Allgemein kann gesagt werden, dass stärker als beim Wohnsitz auf den äusseren Anschein und weniger auf subjektive Momente, insbesondere den Willen, abzustellen ist (SCHNYDER, a.a.O., S. 43, unter Hinweis auf die bundesrätliche Botschaft zum IPRG). Massgebend ist aber grundsätzlich wie beim Wohnsitz, wo sich der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse befindet (VISCHER, Internationales Privatrecht, in: SPR Bd. I, S. 544 f.; STEFAN SCHLOSSHAUER-SELBACH, Entführung des gemeinsamen Kindes nach Deutschland, SJZ 78/1982, S. 75). BGE 117 II 334 S. 338 b) Im vorliegenden Fall hat der Aufenthalt des Sohnes der Parteien am Wohnort der Klägerin bis zur Klageeinleitung rund dreieinhalb Monate (vom 12. Januar bis 26. April 1990) gedauert. Diese Zeitdauer wird von der Vorinstanz mit Recht als zu gering betrachtet, um den gewöhnlichen Aufenthalt des Knaben bei seiner Mutter begründen zu können. Es muss in diesem Zusammenhang nicht grundsätzlich dazu Stellung genommen werden, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt überhaupt begründet werden könne, wenn ein Kind dem Elternteil, dem die elterliche Gewalt zusteht, gegen dessen Willen vom andern Elternteil entzogen wird. In BGE 109 II 381 f. E. 5b ist diese Möglichkeit an sich bejaht worden. Hier genügt es, in Übereinstimmung mit BGE 109 II 380 f. E. 5a hervorzuheben, dass beim widerrechtlichen Vorenthalten eines Kindes gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts gewiss nicht leichthin als gegeben zu betrachten ist. Mit der unberechtigten Entfernung des Kindes von seinem bisherigen Aufenthaltsort wird sein Lebensmittelpunkt schon deshalb nicht ohne weiteres an den neuen Aufenthaltsort verlegt, weil damit zu rechnen ist, dass sich der Inhaber der elterlichen Gewalt mit der Wegnahme des Kindes nicht abfinden, sondern sich dagegen zur Wehr setzen wird. Der Aufenthalt des Kindes am neuen Ort ist somit von einer grossen Unsicherheit geprägt, die der Bejahung eines gewöhnlichen Aufenthalts - auf jeden Fall in einer ersten Phase - entgegensteht. Diese Unsicherheit ist im vorliegenden Fall noch dadurch verstärkt worden, dass der Sohn in der Schweiz nur hätte bleiben können, wenn er als deutscher Staatsangehöriger von der Fremdenpolizei eine Bewilligung für einen längeren Aufenthalt als von drei Monaten hätte erhalten können. Es bestand jedoch von vornherein keinerlei ernsthafte Aussicht darauf, dass das Gesuch der Klägerin um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ohne das Einverständnis des Inhabers der elterlichen Gewalt bewilligt würde. War aber nicht damit zu rechnen, dass der Knabe sich für längere Dauer bei der Klägerin würde aufhalten können, so befand sich sein Lebensmittelpunkt und damit sein gewöhnlicher Aufenthalt nicht in der Schweiz - und zwar selbst dann nicht, wenn bis zur weiteren Klärung der Situation mehrere Monate verstrichen. Darauf, ob die Fremdenpolizei bereits Massnahmen ergriffen habe, um den Knaben ausser Landes zu schaffen, kann es anderseits entgegen den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht entscheidend ankommen. BGE 117 II 334 S. 339 c) Zuzustimmen ist der Vorinstanz auch darin, dass selbst bei Berücksichtigung des Zeitraumes nach der Einleitung der Abänderungsklage ein gewöhnlicher Aufenthalt des Knaben in der Schweiz nicht angenommen werden kann. Nach den Feststellungen im angefochtenen Beschluss holte der Beklagte ihn am 17. Juli, eventuell schon am 16. Juni 1990, also nur zwei bis drei Monate nach Anhebung der Abänderungsklage durch die Klägerin, nach Deutschland zurück. Dass die Klägerin den Sohn zwei Wochen später erneut in die Schweiz kommen liess, vermag den anschliessenden Aufenthalt bei seiner Mutter schon deshalb nicht zu einem gewöhnlichen zu machen, weil er nur von ganz kurzer Dauer war. Die Klägerin verbrachte den Knaben in der Folge irgendwohin ins Ausland, weil sie befürchtete, der Beklagte würde sein Recht auf Obhut andernfalls durchsetzen. Diese Unterbringung im Ausland steht der Konstruktion eines gewöhnlichen Aufenthalts des Knaben in der Schweiz, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, entgegen. Selbst wenn die Klägerin ihn am ausländischen Aufenthaltsort mehrmals besucht haben sollte, wie sie im kantonalen Verfahren geltend gemacht hat, kann darin entgegen den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht die Ausübung einer faktischen Obhut durch die Klägerin erblickt werden, die für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens von irgendwelcher Bedeutung wäre. Der Sohn hatte seinen Lebensmittelpunkt während seines Aufenthalts im Ausland jedenfalls nicht in der Schweiz, und dies ist unter dem Gesichtspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts allein massgebend. Die Vorinstanz hatte unter diesen Umständen keinen Anlass zu einer näheren Abklärung der Verhältnisse, weshalb sich der mit der Berufung erhobene Vorwurf der Verletzung der Offizialmaxime als unbegründet erweist. d) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Aufenthalt des Sohnes in der Schweiz bis zur Einleitung der Abänderungsklage auch unter Berücksichtigung des nachfolgenden Zeitraumes als zuwenig lang und zuwenig stabil erweist, um - jedenfalls unter den hier gegebenen Verhältnissen - als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von Art. 1 MSA anerkannt werden zu können. Die Vorinstanz hat den Nichteintretensentscheid des Bezirksgerichts demzufolge mit Recht bestätigt. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob das Verhalten der Klägerin im Falle, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Schweiz zu bejahen wäre, nicht als offenbarer Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB zu betrachten wäre und aus BGE 117 II 334 S. 340 diesem Grund keinen Rechtsschutz finden könnte. Es lässt sich nicht übersehen, dass verschiedene Tatbestandselemente für einen Rechtsmissbrauch sprechen, hat die Klägerin doch insbesondere einen Besuch des Knaben bei ihr dazu benützt, ihn entgegen der mit dem Vater getroffenen Vereinbarung bei sich zu behalten. Durch den Rückzug ihrer in Deutschland hängigen Klage hat sie eine Klärung der Rechtslage vorerst verhindert, um in der Schweiz eine richterliche Zuständigkeit zu begründen.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
25bdbf34-1120-4cd5-b835-93d228b934f4
Urteilskopf 113 Ia 325 49. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 30 septembre 1987 dans la cause dame T. et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Vaud (recours de droit public)
Regeste Persönliche Freiheit; Vollzug der Untersuchungshaft; Reglement, das die Sendung von Nahrungsmitteln an Untersuchungshäftlinge ausserhalb der Weihnachts- und Osternzeit verbietet. Tragweite der persönlichen Freiheit hinsichtlich der Ausgestaltung der Untersuchungshaft (E. 4). Die angefochtene Massnahme ist durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt (E. 5), doch die Begrenzung der Anzahl Sendungen verstösst gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. Untersuchungshäftlinge müssen grundsätzlich aufs ganze Jahr verteilt wenigstens sechs, in speziellen Fällen vier, Nahrungsmittelpakete empfangen dürfen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 325 BGE 113 Ia 325 S. 325 Par trois règlements adoptés le 6 mars 1987, le Conseil d'Etat du canton de Vaud a modifié le règlement du 9 septembre 1977 des BGE 113 Ia 325 S. 326 maisons d'arrêts et de détention préventive d'Echallens, Morges, Orbe, Vevey et des salles d'arrêts de Lausanne, le règlement du 9 septembre 1977 de la prison du Bois-Mermet à Lausanne et le règlement du 20 janvier 1982 des Etablissements de la Plaine de l'Orbe. Ces révisions avaient pour objet de supprimer le droit des détenus de recevoir des colis contenant des denrées alimentaires en dehors des fêtes de Noël et de Pâques, en compensant cette restriction par une précision de leur droit de s'approvisionner à la "cantine" de l'établissement en denrées alimentaires et autres objets. En ce qui concerne les Etablissements de la Plaine de l'Orbe, la limitation du droit de recevoir des colis contenant des denrées alimentaires, qui était déjà applicable aux condamnés, a été étendue aux prévenus. Les trois règlements du 6 mars 1987 ont été publiés le 13 mars 1987 dans la Feuille des avis officiels du canton de Vaud. Le Tribunal fédéral a été saisi de deux recours de droit public formés l'un par dame T., la Section vaudoise de la Ligue suisse des droits de l'homme et l'Association de défense des prisonniers de Suisse, l'autre par B. Les recourants demandaient au Tribunal fédéral d'annuler les nouvelles dispositions dans la mesure où celles-ci visaient les personnes en détention préventive. Ils invoquaient une violation du droit constitutionnel non écrit à la liberté personnelle, de l' art. 4 Cst. et de l' art. 3 CEDH . Le Tribunal fédéral a admis les recours dans la mesure où ils étaient recevables; il a annulé les dispositions litigieuses. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Selon l' art. 88 OJ , la qualité pour former un recours de droit public appartient aux particuliers et aux collectivités lésés par des arrêtés ou des décisions qui sont de portée générale ou qui les concernent personnellement. a) Lorsqu'il s'agit, comme en l'espèce, d'attaquer un arrêté de portée générale, la qualité pour recourir est reconnue à toute personne à qui les dispositions prétendument inconstitutionnelles pourraient s'appliquer un jour; une atteinte simplement virtuelle aux intérêts juridiquement protégés du recourant suffit, à la condition toutefois qu'elle puisse être envisagée avec une certaine vraisemblance ( ATF 110 Ia 10 consid. 1a, ATF 106 Ia 357 consid. 1a, ATF 104 Ia 307 consid. 1a). On ne saurait exclure d'emblée que B. et BGE 113 Ia 325 S. 327 dame T. soient un jour soumis aux dispositions dont ils invoquent l'inconstitutionnalité. Il faut dès lors leur reconnaître la qualité pour attaquer ces dispositions. b) Une association a qualité pour entreprendre un arrêté de portée générale à condition qu'elle ait la personnalité juridique, que ses membres pris individuellement aient eux-mêmes qualité pour recourir, que la défense de leurs intérêts constitutionnellement protégés figure parmi ses buts statutaires et qu'enfin l'acte attaqué lèse objectivement les membres dans leur majorité ou du moins en grand nombre ( ATF 106 Ia 357 consid. 1a, ATF 103 Ia 68 consid. b, 102 Ia 374 consid. 1). La Section vaudoise de la Ligue suisse des droits de l'homme n'est pas statutairement chargée de la défense des intérêts de ses membres; au surplus, ceux-ci ne sont pas nécessairement, tout au moins dans leur majorité, des personnes en détention. Il faut par conséquent constater que du point de vue de l' art. 88 OJ , cette association n'a pas qualité pour agir en l'espèce. L'Association de défense des prisonniers de Suisse réunit en priorité des détenus et ex-détenus des prisons suisses, quelle que soit leur nationalité. Elle a notamment pour but de défendre les intérêts de ses membres. Elle allègue qu'un grand nombre de ceux-ci sont effectivement lésés par les dispositions attaquées. Elle ne tente cependant pas de le démontrer, par exemple en présentant une liste de ses membres dont il ressortirait qu'un grand nombre d'entre eux sont actuellement détenus dans les prisons concernées. Il lui incombait pourtant de le faire. Le Tribunal fédéral examine certes d'office la qualité pour agir au sens de l' art. 88 OJ , mais il appartient au recourant de lui fournir les éléments de fait propres à permettre cet examen en toute connaissance de cause. La question de la recevabilité du recours de l'Association de défense des prisonniers de Suisse peut cependant rester indécise, du moment que celle-ci agit conjointement avec dame T. 4. La constitutionnalité d'un règlement cantonal sur le régime de détention dans une prison doit d'abord être examinée sous l'angle de la liberté personnelle, garantie par le droit constitutionnel non écrit de la Confédération. Outre le droit d'aller et venir et le droit au respect de l'intégrité corporelle, toutes les libertés élémentaires dont l'exercice est indispensable à l'épanouissement de la personne humaine sont garanties à l'individu, à titre subsidiaire et dans la mesure où elles ne font pas déjà l'objet de garanties particulières. La liberté personnelle peut être restreinte BGE 113 Ia 325 S. 328 à certaines conditions, mais elle ne doit pas être complètement supprimée ou vidée de tout contenu ( ATF 112 Ia 162 consid. a, 249 consid. 3, ATF 111 Ia 232 consid. 3a, ATF 106 Ia 280 consid. a). Les personnes détenues peuvent invoquer la garantie de la liberté personnelle, mais elles ne jouissent pas de ce droit constitutionnel dans tous ses aspects. La mesure d'incarcération qui les frappe doit certes reposer sur une base légale et être ordonnée dans l'intérêt public. Cependant, une fois incarcérés, les intéressés sont soumis aux restrictions qui découlent de la mesure de contrainte qui leur est imposée. En vertu du principe de la proportionnalité, ces contraintes ne doivent toutefois pas aller au-delà de ce qui est nécessaire au but de l'incarcération et au fonctionnement normal de l'établissement de détention ( ATF 106 Ia 280 consid. a, ATF 103 Ia 295 consid. a). A l'égard de personnes détenues préventivement, les exigences inhérentes au but de la détention doivent être examinées dans chaque cas, les restrictions imposées pouvant être d'autant plus sévères que le risque de fuite, de collusion ou de désordre interne apparaît plus élevé. D'une manière générale, il se justifie de garantir la sécurité de chaque détenu et celle du personnel de surveillance. Les restrictions de la liberté personnelle que comporte le régime de détention doivent aussi être compatibles avec les garanties données par la Convention européenne des droits de l'homme. Celle-ci ne confère cependant pas, dans ce domaine, des garanties plus étendues que le principe constitutionnel de la liberté personnelle ( ATF 106 Ia 281 consid. b, ATF 102 Ia 283 consid. 2b). L'un des recourants invoque dès lors en vain l' art. 3 CEDH relatif à la torture et aux peines ou traitements inhumains ou dégradants. En outre, contrairement à l'opinion des recourants, les restrictions contestées ne concernent nullement la présomption d'innocence consacrée à l' art. 6 ch. 2 CEDH , dont bénéficient les prévenus. La privation du droit de recevoir des denrées alimentaires n'est en effet pas imposée à ceux-ci en fonction de leur culpabilité, mais seulement parce qu'il n'est pas possible d'exclure d'emblée que leur comportement puisse troubler l'ordre de l'établissement. L'un des recourants invoque une violation de l' art. 4 Cst. ; il ne prétend cependant pas que cette disposition confère aux détenus des droits plus étendus que ceux que leur offre la garantie de la liberté personnelle. Celle-ci est donc seule en cause. 5. Le Conseil d'Etat fait valoir que la prison du Bois-Mermet fournit à ses prisonniers des menus variés et adaptés aux besoins BGE 113 Ia 325 S. 329 particuliers des intéressés (régimes alimentaires) ainsi que des possibilités étendues de faire acheter des aliments à l'extérieur ("cantine"). Dans ces conditions, à son avis, la privation du droit de se faire envoyer des denrées alimentaires en dehors des fêtes de Noël et de Pâques n'est qu'une atteinte peu grave à la liberté personnelle. Il ne prétend cependant pas que tous les détenus des prisons concernées soient placés dans des conditions aussi favorables. De toute manière, quelle que soit la qualité de l'alimentation fournie par l'établissement, l'envoi de denrées alimentaires à des détenus constitue pour ceux-ci un témoignage de l'affection qui leur est portée par leurs parents et leurs amis; c'est par conséquent un moyen de maintenir des liens concrets avec la société dont ils sont séparés depuis leur arrestation. Des restrictions semblables à celles instituées dans les textes critiqués sont dès lors de nature à aggraver les effets psychologiques de la détention en développant chez les personnes incarcérées le sentiment de leur isolement. Ces restrictions peuvent, selon les circonstances, compromettre la réinsertion sociale de ces personnes après leur libération. On doit donc admettre que les dispositions attaquées apportent une restriction importante à la liberté personnelle des détenus. Le Tribunal fédéral a examiné la régularité, au regard de la liberté personnelle, de deux ordonnances zurichoises limitant les denrées alimentaires admises à certaines marchandises dont le contrôle était facile ou qui pouvaient n'être pas contrôlées. La deuxième ordonnance a été annulée parce que l'autorité intimée n'avait pas démontré que la liste des denrées autorisées, prétendument exhaustive, n'aurait pu être étendue à d'autres denrées pouvant être contrôlées sans difficulté ( ATF 102 Ia 288 consid. 6, ATF 99 Ia 279 consid. 7). Cependant, depuis le prononcé de ces arrêts, la population pénitentiaire a augmenté de façon importante en Suisse et sa structure s'est profondément modifiée. Sur la base d'éléments précis, le Conseil d'Etat explique qu'il est contraint d'adopter les mesures litigieuses parce qu'il ne lui est plus possible d'effectuer les vérifications indispensables au maintien de l'ordre dans les établissements pénitentiaires. Ces vérifications étaient aisées à une époque encore récente où les envois étaient beaucoup moins nombreux. Les objets dont on cherchait à éviter l'introduction clandestine étaient au premier chef des objets métalliques qu'il est techniquement possible de repérer sans endommager la marchandise destinée aux détenus. Aujourd'hui, BGE 113 Ia 325 S. 330 la tâche du personnel affecté au contrôle des envois consiste avant tout dans la recherche de stupéfiants; or ceux-ci ne peuvent être détectés sans détérioration des marchandises. Compte tenu des expériences générales faites en matière de détention et des faits allégués par le Conseil d'Etat, que les recourants ne contestent pas et que le Tribunal fédéral n'a aucune raison de mettre en doute, l'ordre des prisons est exposé à de graves perturbations, causées par l'introduction et la circulation de stupéfiants au moyen de combinaisons alimentaires ingénieuses. Il est également concevable que les denrées adressées aux détenus camouflent d'autres substances toxiques immédiatement dangereuses pour eux-mêmes ou pour le personnel de surveillance. Seul un contrôle sérieux et approfondi, impliquant l'ouverture ou le découpage de ces denrées, est propre à prévenir ces dangers. De telles inspections des aliments réduisent considérablement l'agrément que leur envoi devrait procurer aux destinataires. Elles constituent une source de conflit entre ceux-ci et le personnel de surveillance. Qu'il s'agisse de produits naturels (fruits) ou manufacturés (gâteaux, préparations carnées), il a été constaté que des cachettes sont parfois aménagées dans certains d'entre eux; une vérification sûre impliquerait souvent leur destruction irrémédiable. Il en résulte que les dispositions attaquées sont justifiées par un intérêt public certain; il reste à examiner si elles ne vont pas au-delà de ce qui est nécessaire à sa sauvegarde. 6. Le principe de la proportionnalité n'est pas violé du seul fait que les restrictions critiquées s'appliquent à tous les détenus et qu'elles visent toutes les denrées alimentaires. En effet, l'ordre des prisons pourrait être compromis si les règles de contrôle n'étaient applicables qu'aux seuls condamnés, à l'exclusion des personnes en détention préventive. Il risquerait aussi d'être menacé si ces règles n'étaient imposées qu'aux consommateurs de stupéfiants, présumés ou avérés, car il est fréquent que des stupéfiants soient envoyés à d'autres détenus chargés de les leur transmettre. Enfin, en raison de l'ingéniosité dont les trafiquants de stupéfiants font constamment preuve, un contrôle limité à une liste de denrées alimentaires déterminées serait illusoire. En revanche, la limitation apportée au nombre des envois ne respecte pas le principe de la proportionnalité. Le Conseil d'Etat a décidé une interdiction presque absolue, tempérée par la seule possibilité de recevoir des denrées alimentaires à Noël et à Pâques. Il a simplement étendu à l'ensemble des détenus le régime BGE 113 Ia 325 S. 331 antérieurement applicable aux condamnés, sans examiner la possibilité d'une solution plus souple pour les prévenus. Ce système implique par exemple qu'une personne incarcérée peu après Pâques ne pourrait recevoir aucun envoi de denrées alimentaires avant d'avoir été détenue durant près de huit mois; une telle situation est excessivement rigoureuse. Or, compte tenu de l'importance de l'atteinte apportée à la liberté des détenus en détention préventive, on peut raisonnablement attendre du canton qu'il aménage un système de contrôle leur permettant de recevoir, en règle générale, au moins six envois de denrées alimentaires répartis dans l'année, voire, dans certains cas spéciaux, quatre envois par an. A cet égard, il n'appartient pas à la juridiction fédérale de se substituer au législateur cantonal. Pour autant que l'exigence minimale indiquée ci-dessus soit respectée, le droit constitutionnel ne s'oppose pas à ce que la réglementation cantonale soit uniforme pour tous les détenus ou qu'elle fasse au contraire des distinctions, par exemple en fonction de la cause de la détention (condamnés ou détenus en détention préventive) ou du risque spécifique que pourraient présenter certains types de détenus (consommateurs ou diffuseurs de stupéfiants). Violant ainsi la liberté personnelle des personnes en détention préventive, les dispositions attaquées doivent être annulées.
public_law
nan
fr
1,987
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
25c28acb-1455-49b4-a921-60214f146ea8
Urteilskopf 118 Ib 54 7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. März 1992 i.S. Schweizerische Bundesbahnen, Kreisdirektion III, gegen Gemeinde Gossau und Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (Verwaltungsrechtliche Klage).
Regeste Einbezug der Schweizerischen Bundesbahnen in den Baukostenperimeter für eine Gemeindestrasse? ( Art. 6 SBBG , Art. 10 GarG ). 1. Unter kantonalen Abgaben im Sinne von Art. 116 lit. f OG sind auch von Gemeinden erhobene Abgaben zu verstehen. Wo solche Abgaben streitig sind, ist damit nach Art. 116 lit. f in Verbindung mit Art. 102 lit. a OG verwaltungsrechtliche Klage und nicht Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (E. 1). 2. Kausalabgaben fallen nicht unter das Verbot der Belastung des Bundesvermögens mit kantonalen Steuern gemäss Art. 10 GarG und Art. 6 SBBG ; auch Verwaltungsvermögen des Bundes kann grundsätzlich mit kantonalen Vorzugslasten belegt werden (E. 2a, 2b, 2g). 3. Vorliegend ist jedoch das Stationsareal der SBB nicht in den Baukostenperimeter und die damit verbundene Beitragspflicht einzubeziehen, weil seine bessere Erschliessung allein im öffentlichen Interesse liegt; solche öffentlichen Interessen sind nicht durch Vorzugslasten auszugleichen (E. 2c, 2d).
Sachverhalt ab Seite 55 BGE 118 Ib 54 S. 55 Anlässlich des Ausbaus der Stationsstrasse in Arnegg bezog der Gemeinderat Gossau unter anderem das Stationsareal Arnegg der Schweizerischen Bundesbahnen in den Baukostenperimeter ein und verpflichtete diese zu einer Beitragszahlung von Fr. 9'122.--. Sowohl die Einsprache der Schweizerischen Bundesbahnen an den Gemeinderat als auch ihr Rekurs an die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen wurden abgewiesen, worauf die Schweizerischen Bundesbahnen an das Verwaltungsgericht gelangten. Dieses wies die Beschwerde ebenfalls ab, weil das Bundesvermögen nur von der Bezahlung direkter kantonaler Steuern, nicht jedoch von Kausalabgaben befreit sei. Die Eisenbahnhoheit stehe der Beitragspflicht ebenfalls nicht entgegen. Ausserdem sei es unerheblich, dass sich das fragliche Grundstück im Verwaltungsvermögen des Bundes befinde, weil es durch die bessere Erschliessung einen wirtschaftlichen Sondervorteil erfahre, der durch die Beitragsleistung abzugelten sei. Der Beitragspflicht stehe auch Art. 2 Abs. 2 des sanktgallischen Gesetzes zur Förderung des öffentlichen Verkehrs (sGS 710.5) nicht entgegen. Diesen Entscheid haben die Schweizerischen Bundesbahnen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten. BGE 118 Ib 54 S. 56 Das Bundesgericht nimmt die Eingabe der Schweizerischen Bundesbahnen als verwaltungsrechtliche Klage entgegen. Es heisst diese gut und entlässt die Schweizerischen Bundesbahnen, Kreisdirektion III, aus dem Beitragsplan betreffend Stationsstrasse Arnegg und der damit verbundenen Perimeterbeitragspflicht. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Schweizerischen Bundesbahnen halten die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für zulässig und berufen sich auf Art. 98 lit. g OG , wonach Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden kann gegen Verfügungen letzter Instanzen der Kantone, soweit nicht das Bundesrecht gegen ihre Verfügungen zunächst Beschwerde an eine Vorinstanz im Sinne der lit. b-f vorsieht. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen und ohne Bindung an die Vorbringen der Parteien (vgl. BGE 116 Ib 3 E. 1a). b) Nach Art. 116 lit. f des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege in der Fassung vom 20. Dezember 1968 (OG; SR 173.110) , die im vorliegenden Fall noch zur Anwendung kommt (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 15. Januar 1992 über die teilweise Inkraftsetzung der Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege; AS 1992, 337), beurteilt das Bundesgericht als einzige Instanz Streitigkeiten aus dem Verwaltungsrecht des Bundes über die Befreiung von kantonalen Abgaben. Diese Vorschrift findet auch Anwendung auf Abgaben, die von Gemeinden erhoben werden (vgl. BGE 99 Ib 228 E. 1a; Wilhelm Birchmeier, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, S. 458). Vorliegend ist der von der Gemeinde Gossau auferlegte Perimeterbeitrag, also eine kommunale Abgabe, streitig. Mithin ist hier die verwaltungsrechtliche Klage zulässig. Ihr gegenüber ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde subsidiär ( Art. 102 lit. a OG ). Die von den Schweizerischen Bundesbahnen als Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezeichnete Eingabe vom 10. Dezember 1990 ist daher als verwaltungsrechtliche Klage entgegenzunehmen. 2. a) Gemäss Art. 6 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1944 über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG; SR 742.31) sind die Schweizerischen Bundesbahnen mit Einschluss der zu ihrer Aufgabe als Transportunternehmung gehörenden Hilfs- und Nebenbetriebe BGE 118 Ib 54 S. 57 von jeder Besteuerung befreit. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf Liegenschaften, die keine notwendige Beziehung zur Unternehmung haben. Eine analoge Regelung enthält Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1934 über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft (Garantiegesetz, GarG; SR 170.21) . Darin ist vorgesehen, dass die Eidgenossenschaft sowie ihre Anstalten, Betriebe und unselbständigen Stiftungen von jeder Besteuerung durch Kantone und Gemeinden befreit sind; ausgenommen sind die Liegenschaften, die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen. b) Perimeterbeiträge sind Vorzugslasten und somit Kausalabgaben. Als solche sind sie einerseits nach den zu deckenden Kosten oder Kostenanteilen zu bemessen und anderseits auf die Nutzniesser der öffentlichen Einrichtung nach Massgabe des wirtschaftlichen Sondervorteils zu verlegen, der dem Einzelnen erwächst ( BGE 110 Ia 209 E. 4c, BGE 98 Ia 171 /172 E. 2, mit Hinweisen). Abgaben, welche als Vorzugslasten auferlegt werden und entsprechend ausgestaltet sind, fallen nicht unter das Verbot der Belastung des Bundesvermögens mit kantonalen Steuern ( BGE 94 I 276 , BGE 74 I 222 ff.). Sie können daher grundsätzlich auch von Bundesanstalten erhoben werden. Dabei sind nach neuerer Rechtsprechung Kausalabgaben, und damit insbesondere auch Perimeterbeiträge, grundsätzlich unabhängig davon geschuldet, ob es sich um Finanz- oder Verwaltungsvermögen handelt (Urteil des Bundesgerichts vom 17. März 1989 i.S. Schweizerische Nationalbank in ASA 59, S. 212 E. 4b; BGE 107 Ib 299 f. E. 8a). Die frühere Auffassung, dass nur Finanzvermögen mit Perimeterbeiträgen belastet werden könne (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung II, Nr. 111 V, S. 787; vgl. zum Ganzen auch BGE 107 Ib 299 f. mit Hinweisen), ist als zu eng aufzugeben. c) Es bleibt zu prüfen, ob bestimmte Arten von Vorzugslasten trotzdem auf bestimmten Arten von Verwaltungsvermögen nicht erhoben werden dürfen, insbesondere, ob vorliegend die Klägerinnen - wie sie geltend machen - aufgrund der Abgabenbefreiung, die ihnen von Bundesrechts wegen zusteht, keine Perimeterbeiträge an die Stationsstrasse Arnegg leisten müssen. Dabei ist letztlich entscheidend, ob den Klägerinnen durch den Ausbau der Zufahrtsstrasse ein - wie auch immer gearteter - Sondervorteil erwachsen ist. d) Es ist unbestritten, dass das Areal der Station Arnegg ausschliesslich dem Bahnbetrieb dient und nicht anderweitig kommerziell genutzt wird. Die Grundstücke stehen somit im Verwaltungsvermögen BGE 118 Ib 54 S. 58 der Klägerinnen und nicht in deren Finanzvermögen. Das Verwaltungsgericht erwog im angefochtenen Entscheid im wesentlichen, der Sondervorteil bestehe für die Klägerinnen darin, dass die verbesserte strassenmässige Erschliessung die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks steigere; das treffe auch für das Stationsareal Arnegg zu. Dagegen wenden die Klägerinnen im wesentlichen ein, die Aufgabe, welche ihnen aufgrund verfassungsmässiger und bundesrechtlicher Normen übertragen worden sei, könne nicht mit der wirtschaftlichen Tätigkeit irgendeines Betriebs verglichen werden; ihre Tätigkeit bestimme sich demzufolge auch nicht nach Kriterien, welche einen wirtschaftlichen Sondervorteil brächten; im übrigen liege eine verbesserte Erschliessung des Stationsareals im allgemeinen Interesse und sowohl sie selbst wie auch die Gemeinde treffe eine Erschliessungspflicht. Die Klägerinnen berufen sich somit auf die in der Praxis häufig geäusserte Meinung, dass ein Verkehrsgrundstück (Bahnliegenschaft) nicht einem andern Verkehrsgrundstück (Strasse) beitragspflichtig werden könne (vgl. ROLF TINNER, Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Kantonen im Eisenbahnwesen, Diss. Zürich 1941, S. 201). Gerade vorliegend haben sowohl die Klägerinnen als auch die Gemeinde Erschliessungsaufgaben in einem weitesten Sinn zu erfüllen, welche Leistungen sich gegenseitig zudienen. Der beidseitige Vorteil ist ausschliesslich im Allgemeininteresse begründet. Das sanktgallische Gesetz zur Förderung des öffentlichen Verkehrs sieht denn auch in Art. 2 Abs. 2 vor, dass die Gemeinden für leichten Zugang zu den Bahnhöfen zu sorgen haben. Der gute Anschluss des Bahnhofs an das öffentliche Strassennetz liegt allein im öffentlichen Interesse. Solche öffentlichen Interessen sind nicht durch Vorzugslasten auszugleichen. Unter Vorzugslasten fallen nur Vorteile, die lediglich bestimmten Personenkategorien, nicht aber allen oder der Öffentlichkeit insgesamt zugute kommen (RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 111 B IIa). Weder die Gemeinde noch die Klägerinnen erfahren somit in ihrem beidseitig dem Verkehr gewidmeten Verwaltungsvermögen einen Sondervorteil, wie er als Grundlage für den Ausgleich durch Vorzugslasten nötig wäre. Die Perimeterpflicht der Klägerinnen ist demnach zu verneinen. e) Da es sich hier nicht um Kreuzungen zwischen Bahn und Strasse handelt, findet die Regelung der Kostenverlegung nach Art. 25 ff. des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) BGE 118 Ib 54 S. 59 keine Anwendung. Ebenso kann aus Art. 60 EBG und der Verordnung dazu vom 3. März 1975 betreffend die Beiträge der Kantone an die konzessionierten Bahnunternehmungen (SR 742.101.2) nichts zur Lösung der vorliegenden Fragen abgeleitet werden. f) Die Verneinung der Perimeterbeitragspflicht steht auch im Einklang mit dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. Februar 1989, wo der Einbezug eines Eisenbahngrundstücks in ein Quartierplanverfahren im Streit stand ( BGE 115 Ib 166 ff.). Ein solcher Einbezug hätte ebenfalls zu einer Vorzugslastpflicht geführt. Es wurde jedoch festgestellt, dass ein Bahngrundstück, soweit es unmittelbar dem Eisenbahnbetrieb diene, nach Art. 18 und 18a EBG dem kantonalen und kommunalen Bau- und Planungsrecht grundsätzlich nicht unterstehe und von der Quartierplanpflicht befreit sei. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, es läge nicht im öffentlichen Interesse, eine solche Parzelle, die dem öffentlichen Verkehr und damit selbst der Erschliessung diene, gleich zu behandeln wie die zu privater Nutzung bestimmten Grundstücke, denen die Vorteile der Quartierplanung, insbesondere der besseren Erschliessung, in Form von Wertsteigerungen zugute kämen ( BGE 115 Ib 174 ). Es wurden somit zum Quartierplan ähnliche Überlegungen angestellt, wie sie sich auch hier aufdrängen. g) Daraus folgt aber nicht eine allgemeine Befreiung des Finanz- und Verwaltungsvermögens des Bundes und seiner Anstalten von Vorzugslasten. Dies gilt insbesondere für die strassenmässige Erschliessung von Liegenschaften im Verwaltungsvermögen, die daraus ebenso Nutzen ziehen, wie ein Grundstück irgendeiner Privatperson, beispielsweise für ein Verwaltungsgebäude mit Publikumsverkehr, welches mit einem privaten Geschäftshaus vergleichbar ist. Ebenso wurde im oben erwähnten Entscheid hinsichtlich des Bau- und Planungsrechts entschieden, dass eine von den Schweizerischen Bundesbahnen einem Privaten vermietete Fläche, welche nur in mittelbarem Zusammenhang mit dem Bahnbetrieb stand, dem kantonalen Planungsrecht und damit der Quartierplanpflicht unterstehe ( BGE 115 Ib 174 f.). Analoge Überlegungen wären wohl auch bei kommerziellen Nebennutzungen im Sinn von Art. 39 EBG anzustellen.
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Urteilskopf 119 II 341 69. Estratto della sentenza 28 luglio 1993 della I Corte civile nella causa C contro E S.A. (ricorso per riforma)
Regeste Rechnungsfehler ( Art. 24 Abs. 3 OR ). Begriff des Rechnungsfehlers. Art. 24 Abs. 3 OR ist nicht anwendbar in einem Fall, in dem die Differenz zwischen der im Kaufvertrag angegebenen Grundstücksfläche und jener, die aus einer neuen Katastermessung hervorgeht, auf die Anwendung einer genaueren Vermessungsmethode zurückzuführen ist (E. 2). Art. 219 Abs. 1 und 2 OR . Frage offengelassen, ob diese Bestimmung auch in dem Fall anwendbar ist, in dem sich nachträglich eine grössere Fläche ergibt (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 342 BGE 119 II 341 S. 342 A.- Con atto pubblico del 29 settembre 1986 E S.A. ha comperato da C la particella n. 4856 RFD del Comune di Locarno, la quale aveva, secondo l'iscrizione a Registro fondiario, la contenenza di 4125 m2, per il prezzo di Fr. 700.-- al m2, cioè in totale per Fr. 2'887'500.--. Il prezzo di vendita è stato regolarmente soluto dalla compratrice. Il Comune di Locarno, ove il Registro fondiario definitivo è in vigore da diversi anni, ha deciso di procedere ad una nuova misurazione dei fondi. Dalla nuova misurazione catastale, esposta nell'estate 1988, è risultato che la particella n. 4856 aveva una superficie di 4179 m2, ossia 54 m2 in più di quella indicata al Registro fondiario e riportata nell'atto di compravendita del 29 settembre 1986. B.- Il 19 dicembre 1989 C ha chiesto al Pretore della giurisdizione di Locarno-Città che la E S.A. fosse tenuta a versarle Fr. 37'800.-- oltre interessi. L'azione, accolta dal Pretore con sentenza del 20 dicembre 1990, è stata invece respinta dalla II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino l'11 dicembre 1992. C.- C ha interposto al Tribunale federale un ricorso per riforma in cui postula che l'azione venga accolta. Il Tribunale ha respinto il ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 2. L'attrice non ritiene che il contratto di compravendita sia annullabile per errore essenziale giusta gli art. 23 segg. CO. Infatti, BGE 119 II 341 S. 343 essa chiede, come la convenuta, che il contratto venga mantenuto, con la rettifica del prezzo di vendita, essendo intervenuto un errore di calcolo ai sensi dell' art. 24 cpv. 3 CO . Secondo la giurisprudenza del Tribunale federale ( DTF 116 II 688 , DTF 102 II 82 e riferimenti), questa disposizione concerne unicamente gli errori di calcolo che si appalesano nelle dichiarazioni di volontà concordi delle parti, ossia le sviste in cui sono incorse insieme le parti in occasione di determinazioni aritmetiche relative a elementi del contratto. Le sviste compiute da una parte nel corso dell'elaborazione dell'accordo contrattuale e che l'altra parte non può riconoscere quali errori di calcolo, non ricadono nel campo di applicazione dell' art. 24 cpv. 3 CO . Trattasi infatti di semplici errori sui motivi che, alle condizioni previste dall' art. 24 cpv. 1 n. 4 CO , possono eventualmente rendere il contratto invalido unilateralmente, ma che non conferiscono mai a colui che si è sbagliato il diritto di correggerli. Da questa definizione risulta che in concreto non vi è errore di calcolo comune delle parti. Tuttavia, in dottrina e giurisprudenza (GIGER, in una perizia giuridica versata agli atti, pag. 10 con rinvio a BECKER, Berner Kommentar, n. 33 e 35 ad art. 24 CO come pure due sentenze del Tribunale di commercio di Zurigo, apparse in ZR 33/1934 n. 38 e in SJZ 64/1968) si sostiene che l' art. 24 cpv. 3 CO è pure applicabile nel caso in cui al momento della conclusione del contratto le parti si fondano su documenti redatti da terze persone, contenenti un errore di calcolo. Ciò può apparire evidente; in concreto questa questione non deve comunque essere risolta, atteso che la fattispecie in esame è completamente diversa. Infatti, come esposto al consid. 1, la differenza fra la superficie indicata nell'atto di compravendita e quella risultante dalla nuova misurazione catastale non è dovuta ad errore di calcolo, ma bensì all'uso di un metodo di misurazione più preciso, non ancora conosciuto al momento dell'introduzione del Registro fondiario definitivo nel Comune di Locarno (cfr. sul tema: SCHMIDLIN, Berner Kommentar, 3a edizione, Berna 1993, n. 530 segg. in part. 535 seg. ad art. 23/24). Ne segue che anche la perizia di GIGER, che parte da un errore di calcolo, perde ogni fondamento. Non si può quindi parlare di errore di calcolo e non entra in considerazione una rettifica del prezzo di vendita sulla base dell' art. 24 cpv. 3 CO . 3. L'azione non può neppure essere fondata sull' art. 219 CO . Il capoverso 1 di questa norma obbliga, salvo patto contrario, il venditore di un fondo, la cui superficie non risulta dal Registro fondiario, a risarcire il compratore qualora il fondo non avesse la misura indicata nel contratto. Dove esiste il registro fondiario, se il fondo BGE 119 II 341 S. 344 non ha la misura indicatavi in base ai rilievi ufficiali, il venditore ha obbligo del risarcimento soltanto in quanto avesse espressamente stipulato tale garanzia (cpv. 2; DTF 62 II 163 consid. 3). Entrambi i disposti regolano unicamente il caso in cui il fondo venduto ha una superficie inferiore a quella indicata nel contratto o a Registro fondiario. In concreto, può rimanere aperta la questione di sapere se l'art. 219 cpv. 1 e 2 sia pure applicabile anche nel caso inverso, ove a posteriori risulti una superficie maggiore, come deciso dal Tribunale di commercio di Zurigo (v. SJZ 64/1968 pag. 254 segg.). Si dovesse dare al quesito risposta negativa, cadrebbe infatti un'eventuale pretesa dell'attrice. In caso di risposta affermativa, tornerebbe applicabile l' art. 219 cpv. 2 CO e, mancando un'assunzione espressa di garanzia da parte della convenuta, non si potrebbe da lei pretendere il versamento di un importo corrispondente alla maggior superficie.
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Urteilskopf 108 IV 158 39. Sentenza della Corte di cassazione del 14 dicembre 1982 nella causa X. c. Procura pubblica della giurisdizione sottocenerina (ricorso per cassazione)
Regeste Art. 61, 41 Ziff. 1 StGB : Urteilsveröffentlichung, bedingter Strafvollzug. Ordnet der Richter die Urteilsveröffentlichung im Interesse und zum Schutze der Öffentlichkeit gegen einen freiberuflich tätigen Verurteilten (vorliegend gegen einen Rechtsanwalt) wegen bei der Berufsausübung begangener Delikte an, so kommt ihr überwiegend Massnahmen- und nicht Strafcharakter zu; der bedingte Strafvollzug ist diesfalls ausgeschlossen.
Sachverhalt ab Seite 158 BGE 108 IV 158 S. 158 Con sentenza del 30 aprile 1981 il Presidente delle Assise correzionali di Mendrisio-Sud riconosceva l'avv. X. colpevole di appropriazione indebita (ai sensi dell'art. 140 n. 1 CP) e d'istigazione alla violazione del segreto d'ufficio (ai sensi dell'art. 320 in relazione con l'art. 24 CP), lo condannava alla pena BGE 108 IV 158 S. 159 di un anno e sei mesi di detenzione, condizionalmente sospesa con un periodo di prova di due anni, all'esclusione dall'eleggibilità a membro di un'autorità o a funzionario per un periodo di quattro anni (art. 51 CP), e ordinava la pubblicazione del dispositivo della sentenza sul Foglio ufficiale cantonale e sui quotidiani ticinesi (art. 61 CP). La Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino (CCRP) respingeva, in quanto ricevibile, il gravame presentatole da X. Con sentenza del 13 novembre 1981 la Corte di cassazione del Tribunale federale accoglieva il ricorso per cassazione propostole da X., dato che la questione della sospensione condizionale dell'ineleggibilità a membro di un'autorità e della pubblicazione del dispositivo della sentenza non era stata esaminata dal giudice di merito né dalla CCRP; nelle decisioni cantonali non era, in particolare, specificato perché l'esecuzione di queste due sanzioni accessorie non era stata sospesa nella stessa guisa di quella della pena detentiva. Il rinvio della causa all'autorità cantonale avveniva ai sensi dell'art. 277 PP. Il 14 gennaio 1982 la CCRP rinviava la causa al Presidente delle assise correzionali di Mendrisio-Sud, il quale, con decisione del 16 marzo 1982, accordava a X. la sospensione condizionale, con un periodo di prova di due anni, dell'esclusione dall'eleggibilità a membro di un'autorità, negandogli invece tale beneficio per la pubblicazione del dispositivo della sentenza, stante il prevalente carattere di misura della stessa. Adita da X., la CCRP ne respingeva il ricorso con sentenza dell'11 ottobre 1983. X. ha impugnato tale decisione con ricorso per cassazione avanti il Tribunale federale. Questo ha respinto il gravame. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Ai sensi dell'art 41 n. 1 CP, può essere sospesa l'esecuzione di una pena (sia principale che accessoria), non invece quella di una misura. Il ricorrente lo riconosce, ma fa valere che nella fattispecie la pubblicazione del dispositivo della sentenza non è fondata su di un interesse pubblico prevalente rispetto a quello privato contrario del condannato; trattasi qui, a suo avviso, di una pena accessoria, la cui esecuzione va sospesa per le stesse ragioni che hanno indotto a sospendere l'esecuzione della pena detentiva e dell'esclusione dall'eleggibilità a membro di un'autorità o a funzionario. a) La Corte di cassazione del Tribunale federale ha già stabilito con la propria decisione del 13 novembre 1981 che nel caso del BGE 108 IV 158 S. 160 ricorrente la pubblicazione del dispositivo della sentenza di condanna era consentita allo scopo di mettere in guardia la collettività. Le censure sollevate contro l'ammissibilità e l'adeguatezza di tale sanzione sono pertanto inammissibili nella presente sede. b) Da decidere rimane solamente se la pubblicazione in parola, ordinata senza violazione del diritto federale, vada qualificata come misura o come pena. SCHULTZ (Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, vol. II, 3a ediz., pag. 183) ritiene che, alla stregua della suddivisione delle sanzioni contenuta nel Codice penale, nella pubblicazione della sentenza debba essere ravvisata una misura che, come tale, non può essere oggetto di grazia né essere sospesa condizionalmente. Ma anche se non si vuole attribuire importanza determinante al fatto che, nel sistema seguito dal Codice penale, l'art. 61 ha la sua sede fra le "Altre misure" (art. 57-62) (cfr. DUBS, in Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, 1971 pag. 388 segg.), la natura di misura risulta chiaramente laddove la pubblicazione sia ordinata per mettere in guardia la collettività. In quanto la pubblicazione sia effettivamente giustificata dall'interesse pubblico, il suo carattere di misura (ossia di sanzione disposta a scopo preventivo, e non repressivo) è innegabile. Un'interpretazione corretta dell'art. 61 cpv. 1 CP esclude infatti che tale norma possa essere applicata solamente per soddisfare un'eventuale necessità d'irrogare una pena accessoria. Può rimanere indeciso se una pubblicazione della sentenza stabilita imperativamente da norme di legge possa avere un carattere prevalente di pena, come è stato sostenuto nella Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht 1971 pag. 401, con riferimento all'allora vigente art. 102 n. 2 della legge federale sulla circolazione stradale. Avendo la Corte di cassazione del Tribunale federale riconosciuto il 13 novembre 1981 che la pubblicazione del dispositivo della sentenza di condanna poteva essere giustificata nel caso concreto con l'esigenza di tutelare e di mettere in guardia la collettività contro un avvocato che aveva commesso delitti nell'esercizio della sua professione, deve concludersi che tale pubblicazione ha nella fattispecie, quanto meno prevalentemente, carattere di misura. Ne discende che il diniego, per ragioni obiettive, della sospensione condizionale dell'esecuzione è conforme al diritto federale.
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Urteilskopf 103 Ia 497 74. Extrait de l'arrêt du 2 mars 1977 dans la cause S. contre Neuchâtel, Cour de cassation civile et X. S.A.
Regeste Art. 4 BV ; Arbeitsvertrag. Teil-Arbeitslosigkeit. Krankheit. Krankheit eines Arbeiters während der Teil-Arbeitslosigkeit. Wer hat die Leistungen zu erbringen, die der Teil-Arbeitslosigkeit-Entschädigung entsprechen?
Sachverhalt ab Seite 497 BGE 103 Ia 497 S. 497 S. est au service de l'entreprise X. depuis 1963. En mars 1975, l'entreprise informa son personnel qu'elle était contrainte par la situation économique de réduire l'horaire de travail de 20%, avec réduction correspondante des salaires, partiellement compensée par des indemnités de chômage. S. est resté au service de l'intimée avec un horaire et un salaire réduits de 20%, le vendredi étant chômé; il avait droit à une indemnité d'assurance chômage de 65 fr. 50 par vendredi chômé. S. a été empêché de travailler pour cause de maladie du 7 au 11 juillet 1975 inclusivement, puis du 4 août au 14 octobre 1975, après quoi il put reprendre son travail à 50% jusqu'au 11 novembre 1975 et à 100% dès le 12 novembre 1975; durant sa période d'incapacité de travail, il n'a pas touché d'indemnités d'assurance-chômage pendant 13 vendredis et demi. Il a actionné son employeur en paiement de la somme de 1'321 fr. 90 représentant le salaire afférent aux treize journées BGE 103 Ia 497 S. 498 et demie de travail perdues pendant sa maladie et non indemnisées par l'assurance-chômage. Le Tribunal de prud'hommes a fait droit partiellement à cette demande en condamnant l'entreprise à payer à son ouvrier la somme de 884 fr. 25, correspondant aux indemnités de chômage pendant treize jours et demi. Sur recours de l'employeur, la Cour de cassation civile du canton de Neuchâtel a cassé la décision du Tribunal de prud'hommes et rejeté la demande de S. S. a formé contre cette décision un recours de droit public que le Tribunal fédéral a rejeté. Erwägungen Considérant en droit: 5. Le recourant prétend enfin que l'arrêt attaqué serait contraire aux règles de l'équité et au sentiment de la justice. La décision attaquée ferait supporter les conséquences du chômage au seul recourant, le conduisant à sa ruine, alors que, selon le contrat initial, il aurait pu exiger le paiement du 80% de son salaire pour sa période de maladie. Elle aurait pour effet de placer le recourant dans une situation plus mauvaise que ses collègues en bonne santé, alors précisément qu'il est malade. Le recourant se trompe en affirmant que la solution adoptée par la cour cantonale lui ferait supporter toutes les conséquences du chômage et en invoquant à l'appui de sa thèse l'arrêt publié aux ATF 57 I 370 . En effet, les conséquences du chômage sont supportées par l'assurance-chômage. En fait, ce sont les effets de sa maladie que le recourant doit partiellement prendre en charge en ne recevant que le 80% de son nouveau salaire ou le 64% de son salaire initial pendant qu'il est incapable de travailler. Contrairement à ce qui était le cas dans l'arrêt Stucky ( ATF 57 I 370 ), où le travailleur en bonne santé s'était vu mettre purement et simplement au chômage complet sans indemnité, le recourant n'établit pas qu'il ait été ruiné. Pendant la période litigieuse, il a touché chaque mois entre 1'460 fr. et 1'870 fr., ce qui était certes de nature à lui poser de sérieux problèmes, mais pas à causer sa ruine. Dès lors, on ne saurait prétendre que la solution à laquelle aboutit l'autorité cantonale heurte de manière intolérable les règles de l'équité et le sentiment de la justice. Elle n'est donc pas arbitraire. BGE 103 Ia 497 S. 499 6. Il n'empêche que ladite solution n'est pas satisfaisante. En effet selon l'art. 51 de la convention collective de travail (CCT) qui lie les parties, le travailleur malade a droit à une prestation de remplacement qui, pendant un temps limité (4 mois en l'espèce; cf. art. 53 CCT), correspond à 100% de son salaire; il doit, selon l'art. 52 CCT, "être assuré pour une indemnité journalière correspondant à 80% du salaire, relatif au temps normal contractuel de travail, perdu pour cause de maladie", mais l'employeur doit compléter les prestations de l'assurance-maladie de manière que le travailleur touche le 100% de son salaire (art. 53 CCT), les entreprises pouvant cependant prévoir d'autres réglementations équivalentes (art. 57 CCT). Il semble qu'en l'espèce, il n'y ait pas d'assurance-maladie pour la perte de gain et que l'employeur s'est engagé à payer lui-même cette perte. En cas de chômage partiel temporaire, il n'y a pas de réduction du temps normal de travail, mais réduction temporaire de l'horaire, acceptée par les travailleurs et donnant droit aux prestations de l'assurance-chômage, ce qui n'aurait pas été le cas s'il y avait eu réduction de l'horaire normal (cf. art. 17 al. 3 du règlement d'exécution de la LAC, du 17 décembre 1951, et ordonnance de l'OFIAMT du 30 janvier 1976 prolongeant la durée de l'indemnisation allouée par l'assurance-chômage en cas de chômage partiel, RO 1976, p. 685). Pendant sa maladie, le recourant n'a pas reçu d'indemnités de sa caisse d'assurance-chômage, du fait qu'étant malade il n'était pas apte à être placé pendant ce temps ( art. 26 al. 1 LAC ; HOLZER, Kommentar, ad art. 26 p. 125; DTA 1953 Nos 67-68 et 1967 No 20). Le législateur est en effet parti de l'idée qu'en cas de maladie, la perte de gain doit être à la charge de l'assurance-maladie et non de l'assurance-chômage. Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral des assurances, "il paraît indiqué, dans de semblables circonstances, de considérer que les indemnités de l'assurance-chômage se substituent au salaire et, partant, que la maladie occasionne un préjudice qu'il appartient à l'assurance-maladie de réparer dans la mesure où l'assurance souscrite - dont les prestations ne sauraient être réduites - le permet" ( ATF 102 V 86 ). Le recourant devrait donc recevoir, pour la période de maladie ne dépassant pas les quatre mois prévus à BGE 103 Ia 497 S. 500 l'art. 53 CCT, des prestations de remplacement correspondant au montant (salaire et indemnité de chômage) qu'il aurait touché s'il avait travaillé. Ce montant devrait être versé par la caisse d'assurance-maladie et l'employeur, conformément aux dispositions des art. 51 à 53 CCT, si une assurance maladie a été conclue, ou par l'employeur seul, si celui-ci a pris à sa charge, en application de l'art. 57 CCT, les obligations qui incombent normalement à la caisse-maladie. Mais les autorités judiciaires n'ont pas examiné le problème sous son vrai jour et le recourant n'a pas soulevé de grief sur ce point particulier dans son recours de droit public, de sorte que le Tribunal fédéral ne saurait s'en saisir ( ATF 101 Ia 454 consid. 4c). Comme les griefs soulevés par le recourant se révèlent mal fondés, ainsi qu'on l'a vu ci-dessus, le recours doit être rejeté.
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Urteilskopf 125 V 276 43. Auszug aus dem Urteil vom 18. Juni 1999 i.S. H. gegen "Die Eidgenössische" Gesundheitskasse und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 12 Abs. 2 lit. b KVV : Mahngebühren. Die Erhebung angemessener Mahngebühren und Umtriebsspesen beim Verzug in der Zahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen ist unter der Voraussetzung der schuldhaften Verursachung der (bei rechtzeitiger Zahlung unnötigen) Aufwendungen durch die versicherte Person auch im Bereich des neuen KVG zulässig, sofern der Krankenversicherer in seinen allgemeinen Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Versicherten eine entsprechende Regelung vorsieht.
Erwägungen ab Seite 276 BGE 125 V 276 S. 276 Aus den Erwägungen: 2. c) aa) Dem Beschwerdeführer wurden [im Zusammenhang mit der Durchsetzung ausstehender Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen von der Krankenkasse] zusätzlich Mahnspesen von Fr. 50.-- sowie ein Umtriebsspesenanteil von Fr. 20.-- belastet. Die Erhebung eines Unkostenbeitrages für Spesen und Umtriebe, welche durch das Verhalten eines Versicherten verursacht worden sind, war unter dem KUVG bei entsprechenden statutarischen Bestimmungen zulässig (nicht veröffentlichte Urteile F. vom 25. Januar 1984 und B. vom 22. März 1982). bb) Es fragt sich, ob unter dem neuen Recht an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann. BGE 125 V 276 S. 277 Im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 2 KUVG , wonach sich die Krankenkassen nach ihrem Gutfinden einrichteten, soweit das Gesetz keine entgegenstehenden Vorschriften enthielt, fehlt im neuen Recht ein entsprechender Hinweis auf eine Autonomie der Versicherer. Das Gesetzmässigkeitsprinzip hat das Autonomieprinzip abgelöst, indem das KVG die Krankenpflegeversicherung in wesentlichen Bereichen vollständig und detailliert regelt ( BGE 124 V 359 f. Erw. 2d mit Hinweisen; zur sozialen Krankentaggeldversicherung vgl. demgegenüber BGE 124 V 205 Erw. 3d). In Bereichen, in denen die gesetzliche Regelung nicht detailliert ist, sind kasseninterne Bestimmungen hingegen nicht von vornherein unzulässig (MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 9; zurückhaltender EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 5). Davon geht auch Art. 12 Abs. 2 lit. b KVV aus, wonach die Krankenkassen dem Anerkennungsgesuch an das Bundesamt für Sozialversicherung allfällige allgemeine Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Versicherten beizulegen haben. Bezüglich der Erhebung von Mahngebühren beim Verzug in der Zahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen vertritt EUGSTER (a.a.O., Rz. 341) die Auffassung, dass autonome Regelungen der Versicherer zulässig sind, sofern die versicherte Person die (unnötigen) Kosten schuldhaft verursacht hat und die Entschädigung angemessen ist (anders bezüglich Kosten, die beim Gesetzesvollzug notwendigerweise entstehen; vgl. hiezu auch RKUV 1992 Nr. K 891 S. 72 Erw. 2b betreffend KUVG sowie SVR 1994 BVG Nr. 18 S. 47 Erw. 4 betreffend BVG). Nachdem die Durchsetzung der finanziellen Verpflichtungen der Versicherten gegenüber den Versicherern weder gesetzlich noch verordnungsmässig ausführlich geregelt ist und die Erhebung von Mahngebühren nicht in gesetzliche Ansprüche eingreift, kann dieser Auffassung gefolgt werden. cc) Da Art. 12 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen [der Kasse] ... die Erhebung von Umtriebsspesen bis zu einem Betrag von Fr. 50.-- pro Fall bei Verletzung der Mitwirkungspflichten des Versicherten (Prämieninkasso/Leistungsauszahlung) ausdrücklich vorsieht und der Beschwerdeführer mehrmals gemahnt werden musste, erging der vorinstanzliche Entscheid, soweit er die Auferlegung von Mahn- und Umtriebsspesen in der Höhe von insgesamt Fr. 70.-- schützt, zu Recht.
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Urteilskopf 105 II 161 26. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Juli 1979 i.S. Frischknecht gegen Freisinnig-Demokratische Partei des Kantons Zürich (Berufung)
Regeste Verletzung in den persönlichen Verhältnissen ( Art. 28 ZGB ). 1. Wer sich bei seiner journalistischen Tätigkeit politisch exponiert, kann grundsätzlich nicht dadurch in seinem Ruf als Journalist beeinträchtigt werden, dass seine politische Einstellung bekanntgegeben wird (E. 3a). 2. Ob die in einer Pressemitteilung enthaltene ungenaue Darstellung der beruflichen Tätigkeit eines Journalisten diesen in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt, hängt von den konkreten Umständen ab (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 105 II 161 S. 161 Die Freisinnig-Demokratische Partei des Kantons Zürich (FDP) liess am 2. Dezember 1976 in ihrem Pressedienst folgende Mitteilung erscheinen: BGE 105 II 161 S. 162 "Pressemitteilung zum Fall "Demokratisches Manifest"/E. Cincera Stellungnahme der Freisinnig-Demokratischen Partei des Kantons Zürich 1. Seit einer Woche wird nun vom "Demokratischen Manifest" aufgrund gestohlener Dokumente eine systematische Hetzkampagne gegen Ernst Cincera geführt, obwohl die gerichtliche Untersuchung keineswegs abgeschlossen ist. Die Freisinnig-Demokratische Partei verurteilt auf's schärfste die Watergate-Methoden, die vom "Demokratischen Manifest" bei der Beschaffung angewendet wurden, und das Verschwinden mit den entwendeten Dokumenten im "Untergrund", um sie in Ruhe ausschlachten und mit ihrer tropfenweisen Publikation die Kampagne während möglichst langer Zeit anheizen zu können. 2. Sie wendet sich nachdrücklich gegen den Versuch des "Demokratischen Manifests", mit allen Mitteln einen Fall Cincera hochzuspielen und hinter dem so aufgezogenen publizistischen Vorhang die vielfältigen Machenschaften linksextremer Kreise gegen unsere Staats- und Gesellschaftsordnung - wie die Zellenbildung in den Betrieben, das Wählen der Soldatenkomitees und die Gruppenbildung an den Hochschulen - abzuschirmen. Die Delikte des "Demokratischen Manifests" und sein Zusammenwirken mit linksextremen Organisationen, wie der POCH und der Revolutionären Marxistischen Liga, können und dürfen nicht verharmlost werden. Tatsache ist, dass POCH-Kantonsrat Bautz am Tatort anwesend war. Tatsache ist auch, dass Chef-Auswerter Jürg Frischknecht für die DDR-Zeitung "Wochenpost" und die kommunistische "Wiener Volksstimme" schreibt. Bekannt ist schliesslich, dass revolutionäre Organisationen längst jene Karteien führen, die man nun Ernst Cincera vorhält. 3. ..." Die Mitteilung wurde in verschiedenen Zeitungen abgedruckt. Mit Eingabe vom 26. April 1977 erhob Jürg Frischknecht beim Bezirksgericht Zürich gegen die FDP Klage mit folgenden Rechtsbegehren: "1. Es sei festzustellen, dass die im "Pressedienst" der Beklagten von anfangs Dezember 1976 publizierte Behauptung, der Kläger schreibe für die DDR-Zeitung "Wochenpost" und die kommunistische "Wiener Volksstimme" rechtswidrig sei: 2. Es sei das Urteil im Dispositiv zu Lasten der Beklagten im "Pressedienst" der Beklagten zu veröffentlichen. 3. Es sei des weiteren folgende persönliche Erklärung des Klägers ebenfalls im "Pressedienst" der Beklagten zu veröffentlichen: "Die FDP behauptet in ihrer Stellungnahme zum Fall Cincera anfangs Dezember 1976, ich schreibe für die DDR-Zeitung "Wochenpost" und die kommunistische "Wiener Volksstimme". Vom 2. Blatt höre ich zum erstenmal. Ob die "Volksstimme" je einen Artikel von mir abgedruckt hat, weiss ich nicht. Auf jeden Fall hat sie ihn nicht von mir erhalten. In der "Wochenpost" ist ein einziger Artikel von mir erschienen, nämlich über den Deutschen Karl Friedrich Grau (Interlaken), dem BGE 105 II 161 S. 163 der Bundesrat die Ausweisung aus der Schweiz angedroht hat. Der Beitrag geht auf einen Besuch von Zürcher Publizistikstudenten in der "Wochenpost"-Redaktion und eine Diskussion über objektiven bzw. parteilichen Journalismus zurück." Das Bezirksgericht Zürich (6. Abteilung) und das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) wiesen die Klage mit Urteilen vom 12. April und vom 19. Dezember 1978 ab. Gegen den zweitinstanzlichen Entscheid hat der Kläger beim Bundesgericht Berufung erhoben mit dem Antrag, die Klage sei gutzuheissen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht gelangt im angefochtenen Entscheid zum Schluss, der Kläger habe sich als bewusst extremer Journalist profiliert und aus mehreren seiner Presseäusserungen sei eine betonte Sympathie für die DDR zum Ausdruck gekommen. Diese zur Hauptsache auf der Würdigung verschiedener Artikel des Klägers beruhende Feststellung ist tatsächlicher Natur. Soweit sich der Kläger damit auseinandersetzt, ist auf die Berufung demnach nicht einzutreten, zumal nicht geltend gemacht wird, die vorinstanzliche Feststellung sei unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen, und nichts auf ein offensichtliches Versehen hindeutet ( Art. 63 Abs. 2 OG ). 2. Der Kläger fühlt sich in seinen persönlichen Verhältnissen dadurch verletzt, dass die Beklagte in ihrer Pressemitteilung die unwahre Behauptung aufgestellt habe, er schreibe für die DDR-Zeitung "Wochenpost" und die kommunistische Wiener "Volksstimme". Bei der Beurteilung der Äusserung der Beklagten ist davon auszugehen, dass Art. 28 ZGB die Ehre in weitergehendem Masse schützt als das Strafrecht, das nur die Geltung eines Menschen als sittliche Person gewährleistet. Der zivilrechtliche Schutz der Ehre umfasst auch das berufliche und gesellschaftliche Ansehen. Der Schutzbereich hängt damit stark von der sozialen Stellung und Umgebung des Rechtsträgers ab. Ob das Ansehen, das jemand in der Gesellschaft geniesst, durch eine Presseäusserung geschmälert werde, ist unabhängig vom subjektiven Empfinden des Betroffenen, d.h. nach einem objektiven Massstab zu beurteilen. Es ist mit andern Worten zu BGE 105 II 161 S. 164 prüfen, ob das gesellschaftliche Ansehen vom Standpunkt des Durchschnittslesers aus gesehen als beeinträchtigt erscheint ( BGE 103 II 164 E. 1a; BGE 100 II 179 mit Hinweisen). Dabei spielt der Rahmen der Presseäusserung eine bedeutende Rolle. Der Durchschnittsleser wird nämlich beispielsweise aus Vorwürfen im Zusammenhang mit einer staatspolitischen Auseinandersetzung weniger rasch Rückschlüsse ziehen, die das Ansehen des Betroffenen mindern, als aus solchen, die das berufliche oder private Verhalten betreffen (vgl. BGE 55 II 98 f. E. 1). 3. Die vom Kläger beanstandete Äusserung der Beklagten ist in einer Pressemitteilung enthalten, die die Aktivitäten des "Demokratischen Manifestes" im Zusammenhang mit der von Ernst Cincera angelegten Kartei betrifft. Die Beklagte wirft dem "Demokratischen Manifest" in ihrer Verlautbarung vor, es spiele mit allen Mitteln einen Fall Cincera hoch, um die vielfältigen Machenschaften linksextremer Kreise gegen die schweizerische Staats- und Gesellschaftsordnung abzuschirmen. Im Sinne eines Beispiels für die Zusammenarbeit zwischen dem "Demokratischen Manifest" und linksextremen Organisationen führt sie sodann an, dass POCH-Kantonsrat Bautz bei der Entwendung der Dokumente Cinceras anwesend gewesen sei und dass der der Auswertung des entwendeten Materials vorstehende Kläger für die DDR-Zeitung "Wochenpost" und die kommunistische Wiener "Volksstimme" schreibe. a) Der Kläger macht geltend, schon die Bemerkung, er schreibe für die beiden erwähnten Zeitungen, an sich verletze ihn in seiner Ehre, da in der Schweiz jedes Mitmachen bei kommunistischen Bewegungen allgemein und erst recht beim Leser des freisinnig-demokratischen Pressedienstes als verpönt gelte. Er scheint damit die Auffassung zu vertreten, es sei unerheblich, ob der Hinweis auf eine solche Tätigkeit der Wahrheit entspreche oder nicht. Es trifft zu, dass kommunistische und extremistische Ansichten und Aktivitäten in weiten Kreisen missbilligt werden und dass Leute, die daran teilhaben, bei einem Teil der Bevölkerung an Ansehen einbüssen und in Verruf geraten. Ein der Wahrheit entsprechender Hinweis auf eine kommunistische oder extremistische Gesinnung stellt jedoch grundsätzlich keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar. Wer sich bei seiner journalistischen Tätigkeit politisch exponiert, kann nicht dadurch in seinem BGE 105 II 161 S. 165 Ruf als Journalist - und um diesen allein geht es im vorliegenden Fall - beeinträchtigt werden, dass seine politische Einstellung bekanntgegeben wird. Eine Ausnahme mag dort vorliegen, wo letzteres ohne jeden sachlichen Bezug und offensichtlich allein deshalb geschieht, um dem Betroffenen grundlos zu schaden. Davon kann hier indessen nicht die Rede sein. b) Es steht fest, dass der Kläger in der DDR-Zeitung "Wochenpost" vom 13. August 1976 einen Artikel mit dem Titel "Bei Kommunisten sieht (Karl Friedrich) Grau rot" veröffentlicht hat und dass dieser Artikel auch von der kommunistischen Wiener "Volksstimme" am 19. September 1976 leicht gekürzt - abgedruckt wurde. Dass er zur Übernahme des Artikels durch das österreichische Blatt sein Einverständnis gegeben hätte, bestreitet der Kläger und ist auch nicht erstellt. Die Mitteilung der Beklagten, der Kläger schreibe für die "Wochenpost" und für die "Volksstimme", ist nach dem Gesagten in zweierlei Hinsicht ungenau. Einerseits erweckt sie den falschen Eindruck, der Kläger sei für beide Zeitungen tätig (gewesen), und andererseits drängt ihre Formulierung den Schluss auf, der Kläger habe mehr oder weniger regelmässig, jedenfalls wiederholt, in den erwähnten Zeitungen geschrieben und es sei anzunehmen, dass er darin jederzeit weitere Artikel folgen lassen könnte. Diese Ungenauigkeiten vermöchten unter den gegebenen Umständen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers indessen nur dann zu begründen, wenn sie ihm als Journalisten in einem falschen Licht erscheinen liessen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie das Obergericht feststellt, hat der Kläger sich den Ruf eines extremen Journalisten geschaffen und in mehreren Artikeln eine ausgeprägte Sympathie für die DDR offenbart. Durch die - wenn auch tatsachenwidrige Verallgemeinerung, er habe wiederholt und für zwei kommunistische Zeitungen geschrieben und könne dies allenfalls jederzeit von neuem tun, wird dieses Bild nicht spürbar verfälscht, zumal dem Kläger nichts unterschoben wurde, was er überhaupt nie getan hatte oder wozu er nicht imstande wäre. Eine Verletzung in den persönlichen Verhältnissen im Sinne von Art. 28 ZGB ist um so weniger zu bejahen, als die beanstandete Presseäusserung im Rahmen einer von beiden Seiten lebhaft geführten staatspolitischen Auseinandersetzung fiel.
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25d3eef9-0f45-4f86-a0e5-0f8072a44122
Urteilskopf 80 IV 47 11. Urteil des Kassationshofes vom 11. Januar 1954 i. S. Keller gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 273 Abs. 1 BStP . Nur die unterschriebene Beschwerdeschrift ist gültig.
Sachverhalt ab Seite 47 BGE 80 IV 47 S. 47 Albert Keller als Verurteilter erklärte am 23. Oktober 1953 die Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein in Anwendung eidgenössischen Strafrechts ergangenes Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. Oktober 1953. Nachdem ihm am 7. Dezember 1953 die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Entscheides zugestellt worden war, BGE 80 IV 47 S. 48 verfasste er die 23 Blätter umfassende Beschwerdebegründung. Die drei ersten Blätter, die nicht unterzeichnet sind, gab er am 28. Dezember 1953 in einem den Absender bloss maschinenschriftlich tragenden Umschlag an die Adresse des Obergerichts zur Post. Die übrigen Blätter, wovon das letzte seine Unterschrift trägt, sandte er am 31. Dezember 1953 nach, ohne den Grund der Verzögerung anzugeben. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Die Nichtigkeitsbeschwerde ist innert zwanzig Tagen seit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Urteils zu begründen ( Art. 272 Abs. 2 BStP ). Da das Ende dieser Frist im vorliegenden Falle auf einen Sonntag, den 27. Dezember 1953, fiel, stand dem Beschwerdeführer noch der nächste Werktag, der 28. Dezember, zur Verfügung ( Art. 32 OG ). Die Blätter 4 bis 23 fallen daher, weil verspätet eingereicht, als Beschwerdebegründung ausser Betracht. Die rechtzeitig eingereichten drei ersten Blätter aber sind nicht unterzeichnet und daher gemäss Art. 273 Abs. 1 BStP , wonach die Beschwerdeschrift mit Unterschrift versehen sein muss, unbeachtlich. Diese Bestimmung ist, gleich wie die allgemeine Norm des Art. 30 Abs. 1 OG (vgl. BGE 77 II 352 ), nicht bloss Ordnungsvorschrift, sondern macht die Unterschrift zur Voraussetzung der Gültigkeit der Beschwerdeschrift; denn, wie schon unter der Herrschaft des alten Organisationsgesetzes, das eine entsprechende Bestimmung nicht enthielt, entschieden worden ist, stellt eine Eingabe ohne Unterschrift keine rechtserhebliche Erklärung dar ( BGE 29 I 477 ). Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
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1,954
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Federation
25d3fa77-6d2e-49c7-ba82-5eb121fb3776
Urteilskopf 98 Ib 81 12. Urteil vom 10. März 1972 i.S. Eidg. Justiz- und Polizeidepartement gegen X. und Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt.
Regeste Erwerb des Bürgerrechts von Gesetzes wegen; analoge Anwendung des Art. 5 Abs. 1 BüG . Das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter erwirbt - obschon die objektiven Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 BüG nicht erfüllt sind - von Geburt an das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Mutter und damit das Schweizerbürgerrecht, wenn seine Situation jener eines Kindes gleichkommt, das von Geburt an eine andere Staatsangehörigkeit nicht erwerben kann.
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 98 Ib 81 S. 81 A.- X. wurde 1931 in Polen als polnischer Staatsangehöriger geboren. Im August 1956 reiste er nach Schweden. Er gab dort seinen polnischen Pass ab und es wurde ihm auf sein Begehren politisches Asyl gewährt. 1958 kam er nach Zürich, beendete dort seine Studien und heiratete im August 1965 Y., Bürgerin von Basel und Appenzell. Die Ehefrau hat das Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 9 BüG beibehalten. Seit 1967 wohnen die Eheleute X.-Y. in Basel. Am 30. August 1970 wurde die Tochter Z. geboren. Das Zivilstandsamt Basel-Stadt lehnte es ab, das Kind im Familienregister BGE 98 Ib 81 S. 82 als Schweizerbürgerin einzutragen. Das Amt vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen von Art. 5 BüG seien nicht erfüllt; der Vater sei zwar anerkannter Flüchtling; da aber der Nachweis eines Verlustes des polnischen Bürgerrechts fehle, sei er als polnischer Staatsangehöriger zu betrachten; sein Kind habe durch Geburt das polnische Bürgerrecht erworben. Den gegen diesen Entscheid eingereichten Rekurs wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt gestützt auf eine Auskunft des Bürgerrechtsdienstes der Eidg. Polizeiabteilung ab. Ein Angebot des Bürgerrechtsdienstes, durch Rückfrage in Polen abzuklären, ob er noch als polnischer Staatsangehöriger gelte, lehnte X. ab, weil er alles vermeiden wolle, was die polnischen Behörden an seine Flucht erinnern und seine betagten Eltern erneut gefährden könnte. B.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hiess die gegen den Entscheid des Justizdepartements eingereichte Beschwerde gut und stellte fest, die Tochter Z. besitze das Schweizerbürgerrecht. C.- Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement reicht gegen den Beschluss des Regierungsrates gemäss Art. 50 Ziff. 2 lit. c und Art. 52 lit. b BüG Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem Antrag, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Kind Z. die Bürgerrechte der Gemeinden Basel und Appenzell sowie der Kantone Basel-Stadt und Appenzell I. Rh. und das Schweizerbürgerrecht nicht besitze. Zur Begründung seines Antrages macht das Departement vor allem geltend, für eine formelle Ausbürgerung von X. in Polen beständen keine Anhaltspunkte; bis zum Beweis des Gegenteils müsse somit angenommen werden, er besitze die polnische Staatsangehörigkeit noch und sein Kind habe mit der Geburt ebenfalls das polnische Bürgerrecht erworben. D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt sowie X. und seine Frau beantragen die Abweisung der Beschwerde des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Eintretensfrage). 2. Art. 5 Abs. 1 BüG bestimmt, dass das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter von Geburt an das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der BGE 98 Ib 81 S. 83 Mutter und damit das Schweizerbürgerrecht erwirbt, "wenn es nicht von Geburt an eine andere Staatsangehörigkeit erwerben kann". Bei der Schaffung des neuen Bürgerrechtsgesetzes wurde darüber diskutiert, ob die Bestimmungen, welche wie der zitierte Art. 5 Abs. 1 die Staatenlosigkeit vermeiden wollen, nur anzuwenden seien, wenn eine rechtliche Staatenlosigkeit eintritt oder ob auch die tatsächliche Staatenlosigkeit - so bei Schriftenlosigkeit oder bei Abbruch der Beziehungen mit dem frühern Heimatstaat ohne formelle Ausbürgerung - entsprechende Rechtswirkungen in unserer Ordnung des Bürgerrechts haben soll. Der Vorschlag der Expertenkommission wollte auch die tatsächliche Staatenlosigkeit berücksichtigen; der Bundesrat hatte dagegen Bedenken, weil sich wohl kaum je eindeutig umschreiben lasse, was unter tatsächlicher Staatenlosigkeit verstanden werde (Botschaft des Bundesrates zum BüG vom 9. August 1951, BBl 1951 II 677). Das Parlament stimmte der bundesrätlichen Zurückhaltung zu. Favre führte als Referent im Nationalrat aus: "Il serait absolument inconcevable de faire dépendre l'acquisition de la nationalité suisse, qui demande sécurité et stabilité, de faits aussi incertains. Nous estimons donc qu'il y a lieu de s'en tenir à la notion juridique de l'apatridie telle qu'elle a été admise jusqu'à ce jour et de laisser aux tribunaux, dans les cas théoriquement douteux mais dans ces cas seulement, le soin d'apprécier libéralement cette notion" (StenBull NR 1951, S. 765). Dass das Abstellen auf die formale Rechtslage im konkreten Fall zu Härten führen kann, kommt auch in der Botschaft des Bundesrates zum BüG zum Ausdruck. Die strikte rechtliche Ausgangsposition wird durch folgenden Passus deutlich abgeschwächt: "Das hat unseres Erachtens nicht notwendigerweise zu bedeuten, dass im Einzelfall nach rein formaljuristischen Erwägungen entschieden werden müsse. Man denke beispielsweise daran, dass in der jüngern Vergangenheit einzelne Staaten bestimmte Personen, die formell die Staatsangehörigkeit noch besassen, zwar in jeder Hinsicht nicht mehr als eigene Staatsangehörige behandelten, ihnen aber trotzdem nicht die in solchen Fällen oft als Wohltat empfundene Erklärung über den Entzug der Staatsangehörigkeit abgaben. Bundesgericht und Bundesrat werden in solchen Fällen jemanden als staatenlos im Sinne der Bestimmungen des Entwurfes betrachten dürfen. Dies schiene BGE 98 Ib 81 S. 84 uns einer vertretbaren, vernünftigen Rechtsanwendung zu entsprechen und würde gleichzeitig gestatten, besonders stossende Einzelfälle angemessen zu ordnen" (a.a.O. S. 677). Diesen Äusserungen ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des BüG gegen irgendeine gesetzliche Anerkennung der schwer definierbaren "tatsächlichen Staatenlosigkeit" Bedenken hatte und daher prinzipiell an der rechtlichen Staatenlosigkeit festhalten wollte, aber doch von der Praxis eine gewisse Grosszügigkeit bei der Feststellung des Vorhandenseins oder Fehlens einer Staatsangehörigkeit erwartete. 3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass eine eigentliche Ausbürgerung von X. nicht nachgewiesen ist. Ein einseitiger Verzicht auf das Bürgerrecht ist nach der polnischen Gesetzgebung nicht möglich. Einem Polen, der sich im Ausland aufhält, kann die Staatsbürgerschaft u.a. entzogen werden, sofern er "1. seine Treuepflicht gegenüber der Polnischen Volksrepublik verletzt hat, 2. zum Nachteil lebenswichtiger Interessen der Polnischen Volksrepublik gehandelt hat, 3. nach dem 9. Mai 1945 das Gebiet der Polnischen Volksrepublik illegal verlassen hat, 4. auf eine diesbezügliche Aufforderung des zuständigen Staatsorgans die Rückkehr nach Polen verweigert hat, 5. sich der durch polnisches Recht vorgeschriebenen Erfüllung der Militärdienstpflicht entzieht, ..." Nachdem X. vor 15 Jahren aus Polen flüchtete, später an einer Exilzeitschrift und am Sender "Freies Europa" mitarbeitete, ist anzunehmen, dass die Voraussetzungen einer Ausbürgerung erfüllt wären. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass Polen X. nie ausgebürgert hat und sein Kind die polnische Staatsangehörigkeit erwerben kann beziehungsweise erworben hat. Wiewohl daraus erhellt, dass bei einer derartigen Sachlage die objektiven Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 BüG nicht erfüllt sind, befindet sich das Kind Z. im Ergebnis doch in einer Situation, die jener eines ehelichen Kindes eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter, das von Geburt an eine andere Staatsangehörigkeit nicht erwerben kann, gleichkommt. Auf einen solchen Fall ist Art. 5 Abs. 1 - im Sinne der vom Gesetzgeber angestrebten Grosszügigkeit bei der Interpretation BGE 98 Ib 81 S. 85 dieser Bestimmung (vgl. Erw. 2) - analog anzuwenden. Das Kind Z. erwirbt demnach die Kantons- und Gemeindebürgerrechte seiner Mutter und damit das Schweizerbürgerrecht. Sollte es vor der Mündigkeit die fragliche Staatsangehörigkeit seines Vaters besitzen, verliert es das Schweizerbürgerrecht ( Art. 5 Abs. 2 BüG ); es verliert die Kantons- und Gemeindebürgerrechte seiner Mutter und erwirbt dasjenige seiner Vaters, wenn dieser vor der Mündigkeit des Kindes Schweizerbürger wird (daselbst Abs. 3). Zu diesem Ergebnis - allerdings mit anderer Begründung - ist auch der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt gelangt. Sein Entscheid ist mithin zu bestätigen und die Beschwerde des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes abzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 116 Ib 241 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Juli 1990 i.S. Stadt Zürich gegen Schweiz. Bundesbahnen, Kreis III, und Präsident der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Zuständigkeit des Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission, vorzeitige Besitzeinweisung ( Art. 76 EntG ). Streitigkeiten über Vereinbarungen, die nach Eröffnung des Enteignungsverfahrens abgeschlossen werden und deshalb öffentlichrechtlicher Natur sind, sind nicht vom Zivil-, sondern vom Verwaltungsrichter zu beurteilen (E. 2). Über Natur, Umfang und Inhalt der zu enteignenden Rechte entscheidet die Einsprachebehörde. Der Schätzungskommissions-Präsident hat daher weder im Besitzeinweisungsverfahren noch sonst darüber zu befinden, inwieweit und in welcher Form dem Enteigner das Eigentum an der von ihm unter öffentlichem Grund erstellten unterirdischen Baute zu übertragen sei (E. 3). Der Umfang der vorzeitigen Besitzeinweisung bestimmt sich, soweit die Voraussetzungen von Art. 76 EntG erfüllt sind, nach den Enteignungs- und Werkplänen bzw. - bei Enteignungen für Eisenbahnbauten - nach der Plangenehmigungsverfügung (E. 4). Der Schätzungskommissions-Präsident ist auch nicht befugt, im Besitzeinweisungsverfahren über die Bedürfnisse des Bahnbaues und das Bedürfnis zur Einrichtung von Nebenbetrieben zu urteilen; gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. a und g des Eisenbahngesetzes entscheidet die Aufsichtsbehörde über solche Anstände (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 116 Ib 241 S. 242 Auf Gesuch der Schweizerischen Bundesbahnen, Kreisdirektion III, eröffnete der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, im August 1983 das Enteignungsverfahren für den Bau der Zürcher S-Bahn im Innenstadtbereich und ordnete die Planauflage für den gesamten Abschnitt Museumstrasse-Neptunstrasse an, der aus den Teilstücken Eilgutareal-Limmat, Neumühlequai-Sempersteig, Sempersteig-Winkelwiese, Winkelwiese-Merkurstrasse, Merkurstrasse-Neptunstrasse besteht. In das Enteignungsverfahren wurden verschiedene Grundstücke der Stadt Zürich einbezogen, darunter mehrere Strassenparzellen, so auch ein Teil der zwischen dem Hauptbahnhof und dem Landesmuseum durchführenden Museumstrasse (Parzelle Nr. 4161). Nach den Plänen war unter der Museumstrasse in Erweiterung des BGE 116 Ib 241 S. 243 Hauptbahnhofes eine unterirdische Bahnstation zu errichten, die - was hier von Bedeutung ist - über den Geleiseanlagen ein Fussgängergeschoss aufnehmen soll. Der S-Bahnhof Museumstrasse ist heute weitgehend erstellt und in Betrieb. Mit Eingabe vom 30. September 1983 erhob die Stadt Zürich Einsprache gegen die Expropriation des Grundstücks Museumstrasse bzw. gegen die zwangsweise Einräumung eines Servitutes "zum Betrieb eines Bahnhofes mit sämtlichen entsprechenden Bauten und Anlagen" und verlangte, dass sich die Enteignung auf die bahnbetrieblich notwendigen Anlagen und Flächen zu beschränken habe und der übrige Raum - insbesondere das Fussgängergeschoss, soweit es kommerziell genutzt werden solle - der Stadt als Eigentümerin zur Nutzung zu überlassen sei. Die Stadt Zürich erklärte sich indessen bereit, den SBB für die Einrichtung der vorgesehenen Läden gegen Gebühr eine Konzession einzuräumen, sofern der Stadt ein Mitbestimmungsrecht bezüglich Auswahl der Mieter, der Ladenöffnungszeiten und allfälliger weiterer Einzelheiten zugestanden werde. An der ersten Einigungsverhandlung vom 29. Mai 1985 teilten die Parteien dem Schätzungskommissions-Präsidenten mit, dass sie sich am 12. Juli 1983 über die vorübergehende Beanspruchung öffentlichen Grundes an der Oberfläche im gesamten Innenstadtbereich geeinigt hätten. Offen blieb dagegen die Frage der Natur und des Umfangs der endgültig zu enteignenden Rechte und der hiefür geschuldeten Entschädigung. Dieser Streitpunkt konnte auch an der zweiten Einigungsverhandlung vom 3. Mai 1988 nicht erledigt werden. Dagegen verständigten sich die Parteien darüber, dass im Zusammenhang mit der ursprünglich nicht vorgesehenen Verlängerung des Geleises 16 ein zusätzliches, abgekürztes Enteignungsverfahren durchzuführen sei und dass der ins Verfahren einbezogene öffentliche Grund der Museumstrasse ab 1. November 1985 für die Bauarbeiten in Anspruch genommen worden und die Entschädigung hiefür von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen sei. Zudem erklärten sich die Parteien darüber einig, dass die Läden und anderen kommerziellen Nebennutzungen im Fussgängergeschoss von den SBB betrieben werden sollen, und stellten weitere Verhandlungen über eine vorläufige Regelung betreffend die Nebennutzungen sowie über die definitive Gestaltung der Rechtsverhältnisse in Aussicht. Da eine solche Regelung jedoch weder in den nachfolgenden aussergerichtlichen Vergleichsverhandlungen noch im unterdessen BGE 116 Ib 241 S. 244 eingeleiteten Schätzungsverfahren getroffen werden konnte, wandte sich die Stadt Zürich am 19. Dezember 1989 an den Schätzungskommissions-Präsidenten und stellte folgenden Antrag: "Es sei festzustellen, dass die SBB zur vorzeitigen Ausübung des von ihnen bei Enteignungsnummer 8 (Museumstrasse) beanspruchten Rechts zum Betrieb eines Bahnhofes mit sämtlichen entsprechenden Bauten und Anlagen insofern nicht ermächtigt sind, als damit die kommerzielle Nutzung der Läden im städtischen öffentlichen Grund der Museumstrasse (Seite Landesmuseum) beansprucht wird, jedenfalls soweit dies ausserhalb der in der städtischen Ladenschlussverordnung festgelegten Öffnungszeiten geschehen soll." Die SBB widersetzten sich diesem Begehren. Nach Scheitern eines weiteren Einigungsversuches trat der Präsident der Schätzungskommission mit Verfügung vom 2. Mai 1990 auf die Eingabe der Stadt Zürich nicht ein und überwies zugleich die Einsprache der Enteigneten vom 30. September 1983 dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zur Behandlung. Gegen diesen Entscheid hat die Stadt Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Präsident der Schätzungskommission hat in der angefochtenen Verfügung seine Zuständigkeit zur Beurteilung des von der Stadt Zürich gestellten Begehrens aus verschiedenen Gründen verneint und zunächst ausgeführt, eine negative Feststellungsklage des Enteigneten sei im Enteignungsgesetz nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, da sich der Grundeigentümer mit seinen ihm durch das Zivilgesetzbuch eingeräumten Abwehrrechten gegen unberechtigte Eingriffe zur Wehr setzen und hiezu den Zivilrichter anrufen könne. Dieser Betrachtungsweise ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu folgen. Es ist unbestritten, dass die Enteignerinnen den Schätzungskommissions-Präsidenten nie um Erlaubnis zur vorzeitigen Inbesitznahme der Grundstücke der Stadt Zürich ersuchen mussten, vielmehr haben die Stadt und die SBB verschiedene Vereinbarungen über die Inanspruchnahme der Strassenflächen, über die Inangriffnahme der Bauarbeiten sowie über die Art der Bauausführung geschlossen. Diese Vereinbarungen sind, da sie nach Eröffnung des Enteignungsverfahrens getroffen wurden, öffentlichrechtlicher Natur und stellen Enteignungsverträge dar. Über die Frage, wie weit die Enteignerinnen mit ausdrücklichem oder BGE 116 Ib 241 S. 245 stillschweigendem Einverständnis der Stadt in deren Grundeigentum haben eingreifen dürfen, hat daher nicht der Zivilrichter, sondern die Verwaltungsbehörde bzw. der Verwaltungsrichter zu entscheiden ( BGE 114 Ib 147 ff. E. 3b mit den dort zitieren Entscheiden). Das heisst allerdings noch nicht, dass der Schätzungskommissions-Präsident zur Behandlung des Begehrens der Stadt Zürich kompetent gewesen wäre. 3. Im angefochtenen Entscheid wird weiter dargelegt, der Enteignungsrichter habe weder im Besitzeinweisungsverfahren noch sonst darüber zu befinden, welche öffentlichen Werke bzw. welche Teile eines Werkes auf welchen Grundstücken errichtet werden dürften; dies sei Gegenstand des Einspracheverfahrens. Es müsse daher von der Einsprachebehörde beurteilt werden, welche Rechte den SBB als Enteignerinnen an den kommerziell genutzten Teilen der Bahnhofanlage einzuräumen bzw. welche Rechte der Stadt Zürich als Grundeigentümerin zu belassen seien. Diesen Überlegungen ist trotz der Kritik der Beschwerdeführerin zuzustimmen. a) Zu Recht stellt die Beschwerdeführerin an sich nicht in Frage, dass auch der öffentliche, im Gemeingebrauch stehende Grund Gegenstand der Enteignung bilden kann. Enteignet werden können gemäss Art. 5 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Enteignung (abgesehen von den hier nicht interessierenden persönlichen Rechten von Mietern und Pächtern) alle dinglichen Rechte an Grundstücken, die privaten oder öffentlichen Zwecken dienen (vgl. BGE 104 Ib 347 E. 6a, 352 f.). Diese Rechte dürfen nach Art. 5 Abs. 2 EntG dauernd oder vorübergehend entzogen oder beschränkt werden, wobei sie auf den Enteigner zu übertragen sind, falls er sie für sein Werk benötigt, oder unterdrückt werden, wenn sie das Unternehmen lediglich behindern ( BGE 116 Ib 16 f. E. 2aa, 22 f. E. 3b). Art. 5 EntG umschreibt das Objekt der Enteignung abschliessend. Das heisst einerseits, dass auf dem Wege der (Teil-)Enteignung keine dinglichen Rechte geschaffen werden können, die das Zivilrecht nicht vorsieht oder ausdrücklich ausschliesst, wie etwa das Baurecht an einzelnen Stockwerken eines Gebäudes ( Art. 675 Abs. 2 ZGB ; BGE 105 Ib 191 ff., s. auch BGE 106 Ib 235 E. 3). Es bedeutet andererseits, dass nur private Rechte als Gegenstand der Expropriation in Betracht fallen und dem Gemeinwesen für die Einschränkung von Hoheitsrechten, selbst wenn diese mittelbar auf den Bau eines öffentlichen Werkes zurückzuführen ist, kein Anspruch auf BGE 116 Ib 241 S. 246 Enteignungsentschädigung zusteht ( BGE 109 Ib 34 , BGE 101 Ib 59 ff. E. 3). Im übrigen ist die Enteignung von Grundstücken, die einem öffentlichen Zweck dienen, nur zulässig, falls der Enteigner die Fortbenützung bestehender öffentlicher Einrichtungen sicherstellt, soweit dies durch das öffentliche Interesse gefordert wird ( Art. 7 Abs. 2 EntG , BGE 104 Ib 347 , 352). Über die Natur, den Umfang und Inhalt der zu enteignenden Rechte sowie über die Frage, ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Enteignung überhaupt erfüllt seien, entscheidet - abgesehen von den Ausdehnungsbegehren - nicht die Schätzungskommission, sondern die Einsprachebehörde, in der Regel das in der Sache zuständige Departement ( Art. 35 und 55 EntG ; BGE 111 Ib 228 E. 2a, 109 Ib 133 E. 2a, BGE 108 Ib 376 f. E. 2, BGE 103 Ib 94 ). Ebenfalls im Einspracheverfahren zu beurteilen sind die Planänderungsgesuche und die Begehren gemäss Art. 7-10 EntG , so auch die Gesuche um Vorkehren zur Sicherstellung von öffentlichen Einrichtungen wie Wege und Brücken ( Art. 7 Abs. 2 EntG ; vgl. BGE 114 Ib 35 , 111 Ib 282 ff., BGE 108 Ib 497 ). Dagegen befindet die Schätzungskommission im Anschluss an den Einspracheentscheid darüber, ob trotz solcher Vorkehren des Enteigners ein Schaden entstanden sei ( Art. 64 Abs. 1 lit c EntG ; BGE 111 Ib 283 E. 2, 104 Ib 355 E. 3), wem die frei gewordenen und neu erstellten Anlagen gehörten und wer für deren Unterhalt aufzukommen habe ( Art. 26 und 64 Abs. 1 lit. d EntG ). b) Im vorliegenden Fall ist umstritten, welche Rechte den Enteignerinnen für den Bau und Betrieb des unterirdischen Bahnhofes zu übertragen seien. Die SBB vertreten sogar die Ansicht, sie brauchten das Enteignungsrecht überhaupt nicht auszuüben, da die Bahn die Museumstrasse unterirdisch kreuze und ihr nach Art. 25 EBG ein Legalservitut für die unentgeltliche Benützung von Grund und Boden an der Kreuzungsstelle zustehe; allenfalls sei den SBB im Enteignungsverfahren eine Personaldienstbarkeit für den Betrieb der ganzen Anlage einzuräumen. Demgegenüber bleibt die Stadt Zürich bei der Auffassung, dass die SBB an den kommerziell genutzten Flächen keine Rechte auf dem Enteignungswege erwerben könnten. Der Entscheid darüber, inwieweit hier die Enteignung statthaft sei und ob den SBB allenfalls nach der Anregung des Schätzungskommissions-Präsidenten ein selbständiges und dauerndes - allerdings auf hundert Jahre befristetes ( Art. 779l Abs. 1 ZGB , BGE 99 Ia 478 ) - Baurecht zu bestellen, eine andere Dienstbarkeit ( Art. 781 ZGB ) oder ein BGE 116 Ib 241 S. 247 Überbaurecht ( Art. 674 ZGB ) einzuräumen sei, fällt aber nach dem Gesagten in die Kompetenz der Einspracheinstanz. Die Akten sind daher zu Recht dem Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zum Einspracheentscheid überwiesen worden. 4. Der Schätzungskommissions-Präsident hat im übrigen darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall, in dem das Enteignungsverfahren getrennt vom Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werde, die Gewährung oder Verweigerung der vorzeitigen Besitzeinweisung sich allein nach Art. 76 EntG richte. Indessen bestimme sich der Umfang der Besitzeinweisung anhand der Plangenehmigung, die für den Enteignungsrichter verbindlich sei. Hätten die SBB ein Gesuch um Besitzeinweisung gestellt, hätte diese daher für die ganze bewilligte Anlage gewährt werden müssen und wäre es unzulässig gewesen, einzelne Bauteile ihrer unterschiedlichen Nutzung wegen auszuklammern. Auch diesen Erwägungen kann im Ergebnis beigepflichtet werden. a) Der Enteigner erwirbt das Eigentum am enteigneten Grundstück oder das auf dem Enteignungswege an einem Grundstück eingeräumte Recht erst durch die Bezahlung der Entschädigung oder des nach Art. 19bis Abs. 2 EntG festgesetzten Betrages ( Art. 91 Abs. 1 EntG ). Vor der Bezahlung der Entschädigung kann er einzig unter den in Art. 76 EntG genannten Voraussetzungen zur vorzeitigen Besitzergreifung oder Ausübung der Rechte ermächtigt werden. Die vorzeitige Besitzeinweisung ist seit der Revision des Enteignungsgesetzes im Jahre 1971 schon möglich, bevor über die Einsprachen und Begehren nach Art. 7-10 EntG rechtskräftig entschieden ist, wobei zusätzlich vorausgesetzt wird, dass keine bei nachträglicher Gutheissung der Einsprachen nicht wiedergutzumachenden Schäden entstehen ( Art. 76 Abs. 4 EntG ). Dies muss mit Blick auf den Zweck der Gesetzesreform (vgl. BGE 115 Ib 22 E. 5a und dort zitierte Entscheide) auch gelten, wenn im Einspracheverfahren - wie hier - umstritten ist, welcher Art die an das Unternehmen abzutretenden Rechte seien oder wie sie im einzelnen ausgestaltet werden müssten. b) Der Umfang der vorzeitigen Besitzeinweisung bestimmt sich, wie der Schätzungskommissions-Präsident festgestellt hat, nach dem Werkplan, den Enteignungsplänen sowie nach dem - unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit zu prüfenden - Bauprogramm. Entgegen dem angefochtenen Entscheid wird allerdings auch in Enteignungsverfahren, die losgelöst vom eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren ablaufen, für die vorzeitige BGE 116 Ib 241 S. 248 Besitzergreifung zunächst verlangt, dass der Stand des Plangenehmigungsverfahrens die Inangriffnahme der Bauarbeiten gestatte. Das ergibt sich für die altrechtlichen Verfahren aus Art. 34 der Verordnung über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vom 23. Dezember 1932 und für das neue sog. ordentliche Verfahren aus Art. 34 Abs. 1 der am 26. November 1984 revidierten Verordnung, welche beide den Baubeginn erst erlauben, wenn die Plangenehmigungsverfügung in Rechtskraft erwachsen ist. Dagegen muss nach unlängst ergangenem bundesgerichtlichem Urteil im sog. kombinierten Verfahren bei Weiterzug der vom Bundesamt für Verkehr erlassenen Plangenehmigungsverfügung nur der Departementsentscheid abgewartet werden ( BGE 115 Ib 424 ff.). Diese Ungenauigkeit der Erwägungen des Schätzungskommissions-Präsidenten ist jedoch unerheblich, sind doch im vorliegenden Fall die Plangenehmigungsverfügungen für den Bahnhof Museumstrasse längst rechtskräftig (Generelle Plangenehmigungsverfügung für die Zürcher S-Bahn vom 9. November 1983, Plangenehmigungsverfügung für die oberirdisch in Erscheinung tretenden Anlageteile im Bereich Museumstrasse vom 1. Oktober 1985 und Plangenehmigungsverfügung über den Um- und Ausbau des Annahmegebäudes des HB Zürich sowie über den Innenausbau des Bahnhofes Museumstrasse vom 26. März 1986). c) Aus den genannten Plangenehmigungsverfügungen ergibt sich, dass die Erstellung des ganzen die Bahn- und übrigen Anlagen aufnehmenden Baukubus bewilligt worden ist, der teils unter dem bestehenden Hauptbahnhof-Gebäude und teils unter der Museumstrasse liegt. Die vorzeitige Besitzergreifung hätte daher, wäre um sie ersucht worden, für das ganze Bauvolumen gewährt werden müssen. Die Frage, welche dinglichen Rechte den SBB schliesslich an der unterirdischen Baute zu übertragen seien und ob allenfalls gewisse Teile davon im Eigentum und Nutzen der Stadt Zürich verbleiben müssten, ist wie erwähnt nicht im Besitzeinweisungs-, sondern im Einspracheverfahren abzuklären. Für die Besitzeinweisung hätte die Feststellung genügt, dass der Enteigner für den Bau des Werkes über das ganze fragliche Bauvolumen sowie vorübergehend über den für die Bauarbeiten benötigten weiteren Boden verfügen musste. Eine Aussparung gewisser Flächen oder Räume, wie sie die Stadt Zürich verlangt, wäre denn auch aus bautechnischen Gründen nicht möglich gewesen. Im übrigen hätte auch die zusätzliche Bedingung von Art. 76 Abs. 4 EntG - dass keine nicht wiedergutzumachenden Schäden BGE 116 Ib 241 S. 249 verursacht werden - der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht entgegengestanden, da bei einer Gutheissung der Einsprache der Stadt Zürich lediglich finanzielle Verpflichtungen der Enteignerinnen entstehen, denen diese noch jederzeit nachkommen können. 5. Schliesslich hat der Schätzungskommissions-Präsident zu Recht bemerkt, das Besitzeinweisungsverfahren könne nicht der Ort sein, um darüber zu befinden, inwieweit die SBB in den unterirdischen Räumlichkeiten Nebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes (EBG) einrichten oder andere kommerzielle Tätigkeiten ausüben dürften und welchen gewerbe-, gesundheits- und wirtschaftspolizeilichen Vorschriften diese Betriebe unterstünden. Über solche Anstände entscheidet gemäss Art. 40 Abs. 1 lit. g EBG die Aufsichtsbehörde, somit das Bundesamt für Verkehr. Dass Auseinandersetzungen dieser Art auch entstehen können, wo keine Enteignung im Gange ist, braucht übrigens kaum betont zu werden, streiten sich doch die Parteien nicht nur über die Nebenbetriebe unter der Museumstrasse, sondern über alle im Hauptbahnhof Zürich einzurichtenden Geschäfte. Der Vollständigkeit halber sei beigefügt, dass die Prüfung der Frage, ob für die Nebenbetriebe ein Plangenehmigungsverfahren im Sinne von Art. 18 EBG durchzuführen sei oder diese gemäss Art. 18a EBG einer kantonalen Baubewilligung bedürften, ebenfalls nicht dem Schätzungskommissions-Präsidenten obliegt. Auch über solche Streitigkeiten entscheidet nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung die Aufsichtsbehörde ( Art. 40 lit. a EBG ), deren Verfügung beim Departement und schliesslich - da es um die Abgrenzung von kantonalem und Bundesrecht geht ( BGE 111 Ib 38 , nicht publ. E. 1) - mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann.
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
25dc8621-c6ec-4e1f-b809-231eea2e43bf
Urteilskopf 121 III 397 79. Arrêt de la Ire Cour civile du 15 novembre 1995 dans la cause SI F. contre dame G. (recours en réforme)
Regeste Mietzinserhöhung; gestaffelte Mietzinse; gerichtlicher Vergleich (Art. 269a, 269c, 269d, 270, 270a, 270d und 274e OR. Begriff des Mietvertrags mit gestaffeltem Mietzins; Unterschiede zwischen dem alten und dem geltenden Mietrecht (E. 2b/aa). Anwendbare Berechnungsmethode bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Mietzinserhöhung, die mit dem Ablauf der Staffelungsvereinbarung oder im Fall der stillschweigenden Erneuerung des Mietvertrags in einem späteren Zeitpunkt wirksam werden soll (E. 2b/bb). Eine Staffelungsklausel, die in einem gerichtlichen Vergleich im Sinne von Art. 274e Abs. 1 OR vereinbart wird, ist jener gleichzusetzen, die in einem Mietvertrag enthalten ist (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 398 BGE 121 III 397 S. 398 A.- Par contrat du 10 mars 1977, la SI F. a remis à bail à dame G. un appartement de trois pièces et demie sis au deuxième étage de l'immeuble dont elle est propriétaire. Le bail était conclu pour une durée de deux ans, soit du 1er mai 1977 au 30 avril 1979, et il se renouvelait d'année en année s'il n'était pas dénoncé par écrit trois mois au moins avant son échéance. Le loyer initial se montait à 5'742 fr. par an. En 1985, il s'élevait à 6'840 fr. et il a été porté à 7'545 fr. dès le 12 mai 1986 conformément à un avis de majoration notifié à la locataire le 20 novembre 1985. Par avis de majoration du 20 décembre 1988, la bailleresse a informé dame G. que son loyer annuel passerait à 8'280 fr. à compter du 1er mai 1989, cette hausse étant motivée par l'"adaptation progressive des loyers aux loyers comparables (art. 15a)" et par le "report de l'augmentation des charges courantes, (y compris la variation du taux de l'intérêt hypothécaire), ainsi que de la hausse de l'indice des prix". La locataire s'est opposée à cette majoration de loyer. Le 17 février 1989, les mandataires des parties ont signé, devant la Commission de conciliation en matière de baux et loyers, une transaction contenant les clauses suivantes: "1) Le bail est prorogé, sa prochaine échéance étant le 30.4.92 Il se renouvellera ensuite tacitement d'année en année sauf congé donné 3 mois d'avance. 2) Le loyer annuel est fixé à: F 7920.- du 01.5.89 au 31.10.90 F 8280.- du 01.11.90 au 30.4.92 La provision pour charges est fixée à F Il est payable par mois d'avance ou, en cas de retard, par trimestre d'avance. 3) Travaux: Peinture cuisine et WC. 4) Divers: 5) Le présent procès-verbal vaut avenant au bail qui, pour le surplus, reste inchangé." Le 16 décembre 1991, la SI F. a notifié un nouvel avis de majoration à dame G. pour l'informer que son loyer serait porté à 11'025 fr. dès le 1er mai 1992. Cet avis contenait les précisions suivantes: BGE 121 III 397 S. 399 " - Adaptation des loyers aux loyers comparables ( art. 269a let. a CO ) - Augmentation des charges courantes, y compris la variation du taux de l'intérêt hypothécaire (taux réf.: 6,75%), ainsi que de la conservation du pouvoir d'achat du capital exposé aux risques: nouvel indice réf.: 129,9 (art. 269a let. b & e CO)." La locataire a contesté cette majoration de loyer et la tentative de conciliation a échoué. B.- Saisi par la bailleresse, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève, statuant le 10 septembre 1993, a fixé à 10'596 fr., charges non comprises, le loyer annuel à payer par la défenderesse dès le 1er mai 1992. Par la voie de l'appel, respectivement de l'appel incident, dame G. et la SI F. s'en sont prises toutes deux au jugement de première instance. La locataire a conclu à ce que le loyer en cause soit fixé à 8'892 fr. par an, sans les charges, la bailleresse à ce qu'il soit arrêté à 11'025 fr. Statuant le 13 février 1995, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève a annulé ledit jugement et fixé à 8'892 fr., charges non comprises, dès le 1er mai 1992, le loyer annuel de l'appartement loué par la défenderesse. C.- La demanderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à la fixation du loyer annuel litigieux à 11'025 fr., sans les charges, à compter du 1er mai 1992. A titre subsidiaire, elle sollicite le renvoi de la cause à la cour cantonale pour qu'elle procède aux calculs nécessaires. La défenderesse conclut au rejet du recours, dont elle conteste également la recevabilité. Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. Devant la Chambre d'appel, la demanderesse et la défenderesse ont conclu à ce que le loyer annuel en cause soit fixé à 11'025 fr., respectivement à 8'892 fr. Le différend portait donc sur un montant de 2'133 fr. par an. Multiplié par vingt, en application de l' art. 36 al. 5 OJ , ce montant donne un total de 42'660 fr. La valeur litigieuse minimale à laquelle l' art. 46 OJ subordonne la recevabilité du recours en réforme est ainsi atteinte en l'espèce. 2. La présente affaire soulève, tout d'abord, la question de savoir quel est le premier terme de référence, pour décider du caractère abusif ou non de la majoration litigieuse au moyen de la méthode relative, lorsque la précédente hausse de loyer a été contestée et que les parties ont fixé, par BGE 121 III 397 S. 400 voie de transaction judiciaire, un nouveau loyer échelonné. Faut-il remonter jusqu'à la date de la transaction, voire jusqu'à celle de la notification de la hausse de loyer contestée, comme le suggèrent, respectivement, la demanderesse et le Tribunal des baux et loyers? Ne conviendrait-il pas plutôt de s'arrêter à la date d'entrée en vigueur du dernier échelon, conformément à l'opinion de la défenderesse, à laquelle s'est rangée la Chambre d'appel? Tel est le problème à résoudre en l'espèce. Plus généralement, il conviendra d'examiner, en outre, si la méthode relative s'applique en toute hypothèse dans ce genre de situation. a) Le grief formulé sur ce point par la demanderesse serait irrecevable, à suivre la défenderesse, du fait que l'acte de recours n'indiquerait pas quelle est la règle de droit fédéral violée par la décision attaquée, ni en quoi consisterait l'éventuelle violation du droit fédéral. Il n'en est rien. En effet, d'une manière générale, l'absence d'indication des dispositions de droit fédéral ou des principes de ce droit qui auraient été violés ne nuit pas au recourant si la motivation du recours permet de comprendre en quoi l'auteur de celui-ci considère la décision attaquée comme contraire au droit fédéral (ATF ATF 106 II 175 /176 et les arrêts cités). Or, dans le cas particulier, non seulement cette dernière hypothèse est réalisée, mais, qui plus est, la demanderesse se réfère expressément, dans son mémoire de recours, à l'arrêt du Tribunal fédéral qui fait jurisprudence en la matière ( ATF 118 II 422 ) et elle précise en quoi la décision attaquée est, à son avis, incompatible avec le principe qui a été posé dans cet arrêt. Il y a lieu, partant, d'entrer en matière. b) aa) Les loyers échelonnés, au sens de l' art. 269c CO , sont des loyers fixés d'avance, pour toute la durée du bail, par paliers et par périodes (LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, 2e éd., p. 254, n. 3.1). Ils sont intangibles, quelle que soit l'évolution des facteurs propres à justifier une augmentation ou une diminution du loyer initial, en particulier la variation du taux hypothécaire (Message du Conseil fédéral, in FF 1985 I 1462; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 255, n. 3.5; COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 5 et 14 ad art. 269c CO ). En vertu de la disposition citée, le bail doit être conclu pour une durée minimale de trois ans, le loyer ne peut pas être augmenté plus d'une fois par an et le montant de l'augmentation doit être fixé en francs. Selon la jurisprudence et la doctrine, on se trouve déjà en présence d'une clause d'échelonnement lorsqu'une seule majoration est prévue en cours de bail ( ATF 113 II 299 consid. 2d p. 301; arrêt non publié du 22 septembre 1992, dans la cause 4P.287/1991, consid. 2c; BARBEY, L'arrêté fédéral instituant des mesures BGE 121 III 397 S. 401 contre les abus dans le secteur locatif, p. 104 et les décisions cantonales citées à la note 344; LACHAT/STOLL, Das neue Mietrecht für die Praxis, 3e éd., p. 262, n. 3.2; JEANPRÊTRE PITTET/GUINAND/WESSNER, FJS no 362, p. 18). Dans la pratique, le bail à loyer échelonné, qui n'est pas très répandu, concerne surtout les habitations neuves et d'un prix élevé, dont le bailleur ne peut obtenir le rendement brut nécessaire et admissible en raison de la situation du marché. Grâce à l'échelonnement du loyer, le rendement brut, d'abord insuffisant, est augmenté de façon à couvrir les frais sur l'ensemble de la durée du contrat (RAISSIG/SCHWANDER, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, 3e éd., p. 99; COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 2 ad art. 269c CO ; ZIHLMANN, Das neue Mietrecht, p. 179; voir aussi l' ATF 113 II 299 , précité, consid. 2e p. 302/303). L'échelonnement du loyer peut aussi résulter d'une majoration notifiée postérieurement à la conclusion du bail ou encore découler d'une entente des parties à la suite d'un litige relatif à une hausse de loyer, en vue d'étaler les effets de celle-ci dans le temps (Lachat/Micheli, op.cit., p. 254, n. 3.2; COMMENTAIRE DE L'USPI, ibid.). Sous l'empire de l'ancien droit, qui continue à s'appliquer jusqu'à l'échéance du contrat lorsque l'échelonnement a été prévu avant le 1er juillet 1990 ( art. 26 al. 3 OBLF ), les loyers échelonnés pouvaient être contestés lors de chaque majoration fondée sur les dispositions du bail ( art. 10 al. 2 AMSL ; ATF 113 II 299 consid. 2d). De lege lata, l' art. 270d CO restreint cette faculté au "loyer initial". Lorsque l'échelonnement résulte du contrat de bail, le locataire a le droit de le contester dans les trente jours suivant la délivrance de la chose louée, conformément à l' art. 270 CO , en s'en prenant soit au principe même de l'échelonnement, soit à l'échelon initial ou encore aux échelons subséquents (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 255, n. 3.5). Si le principe de l'échelonnement est acquis, le juge doit fixer le montant des échelons en fonction de l'évolution probable des facteurs de hausse, à partir de l'entrée en vigueur du premier échelon (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 254, note 20; COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 5 ad art. 270d CO ). Le locataire peut également s'opposer, sur la base de l' art. 270b CO , à un échelonnement découlant d'un avis de majoration de loyer (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 254, n. 3.6). En revanche, étant donné la force exécutoire que la loi attribue à l'accord passé par les parties devant l'autorité de conciliation, en assimilant semblable accord à une transaction judiciaire ( art. 274e al. 1 CO ), la clause d'échelonnement qui en résulte ne tombe pas BGE 121 III 397 S. 402 sous le coup de l' art. 270d CO et ne saurait être remise en question après la signature de la transaction (dans ce sens, mais à propos de l'ancien droit, cf. l'arrêt non publié susmentionné, consid. 2d, qui se réfère à l'extrait d'un jugement du Tribunal des baux du canton de Vaud du 8 janvier 1987 traduit in mietrechtspraxis [mp] 1988 p. 30 et suivi d'une note de Trümpy). bb) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, que chacune des parties invoque à l'appui de sa thèse, pour juger de l'admissibilité d'une majoration de loyer, dans le cadre de la méthode de calcul relative, il faut tenir compte de tous les facteurs de hausse qui n'ont pas été pris en considération lors de la dernière fixation du loyer, à moins que l'absence d'une réserve valablement formulée n'y fasse obstacle ( ATF 118 II 422 consid. 3a/bb). Appliqué au cas du loyer échelonné proprement dit, au sens de l' art. 269c CO , soit à la situation où l'échelonnement du loyer a été stipulé lors de la conclusion du bail, ce principe jurisprudentiel commande de prendre en compte la date d'expiration du bail. La raison en est que, dans ce type de bail, le loyer englobe l'ensemble des frais pour la durée du contrat (Message, ibid.). Le bailleur en fixe le montant initial et les échelons subséquents en fonction de l'évolution probable des facteurs de hausse. L' art. 18 OBLF , en tant qu'il prescrit l'indication chiffrée (en francs ou en pour cent du loyer) du montant de la majoration auquel le bailleur renonce, ne permet pas à ce dernier de formuler une réserve pour le cas où cette évolution ne correspondrait pas à ses prévisions. De son côté, le locataire peut contester, dans le délai prévu à cette fin, le résultat de l'analyse prospective de la situation conjoncturelle effectuée par le bailleur. S'il ne le fait pas, les deux parties sont liées, pour toute la durée du bail, à savoir pour trois ans au moins, au montant du loyer initialement convenu, ainsi qu'aux échelons prévus (COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 5 ad art. 269c CO et n. 7 ad art. 270d CO ). Le bail à loyers échelonnés comporte donc un élément aléatoire, dans la mesure où il anticipe la variation des facteurs de hausse et de baisse jusqu'à l'expiration du bail. Cependant, les parties en sont conscientes et elles acceptent que le loyer, tel qu'il a été fixé à la signature du contrat, fasse règle pour elles jusqu'à l'échéance du bail, quand bien même leurs pronostics concernant l'évolution de ces facteurs ne se vérifieraient pas, parce que chacune d'elles pense trouver son intérêt dans la conclusion d'un bail de cette nature. Il est donc normal que l'on se reporte à la date d'expiration du bail à loyers échelonnés pour vérifier si l'évolution des facteurs de hausse invoqués par le bailleur justifie ou non la majoration de loyer BGE 121 III 397 S. 403 notifiée subséquemment au locataire. LACHAT/MICHELI (op.cit., p. 224, note 38) proposent, quant à eux, de remonter jusqu'à l'entrée en vigueur du dernier échelon de loyer (dans le même sens, cf. l'arrêt non publié du 18 mai 1982, dans la cause C.45/1982, consid. 3d, que BARBEY [op.cit., p. 62 note 220] qualifie de très discutable sur ce point). Ils négligent toutefois le fait que le loyer échelonné couvre l'ensemble des frais pour toute la durée du bail, y compris le laps de temps séparant l'entrée en vigueur du dernier échelon de l'échéance du contrat. Au demeurant, la gradation du loyer échelonné ne coïncidera généralement pas, du point de vue temporel, avec les variations successives des facteurs de hausse ou de baisse du loyer, puisqu'elle aura été fixée d'avance et qu'elle doit respecter l'intervalle fixé par la loi ( art. 269c let. b CO ). On ne saurait, partant, assimiler l'entrée en vigueur du dernier échelon à une nouvelle fixation du loyer. En cela, la situation a évolué par rapport à l'ancien droit: à l'époque, le locataire pouvait contester chaque augmentation résultant de l'échelonnement du loyer, et c'est pour ce motif que le Tribunal fédéral, dans l'arrêt précité, a pris en considération les modifications des bases de calcul survenues depuis l'entrée en vigueur du dernier échelon de loyer non contesté par le locataire. A l'expiration de la durée convenue pour le bail à loyers échelonnés, s'il s'agit d'un bail à terme fixe, le bailleur pourra négocier un nouveau contrat avec le locataire en place ou avec un tiers et, à cette occasion, augmenter le précédent loyer au cas où celui-ci ne lui permettrait plus d'obtenir un rendement suffisant de la chose louée parce que les prévisions faites lors de la conclusion du bail échelonné, quant à l'évolution des facteurs de hausse, ne se seraient pas vérifiées par hypothèse. De son côté, le locataire aura toujours la possibilité de refuser l'offre du bailleur et de rechercher un logement meilleur marché. Si, toutefois, il ne souhaite pas quitter les lieux, bien qu'il juge excessif le nouveau loyer que lui propose le bailleur, il pourra contester ce loyer "initial", aux conditions de l' art. 270 CO . Il lui sera enfin loisible, le cas échéant, de demander une diminution du dernier échelon de loyer dans le cadre d'une procédure tendant à la prolongation du bail ( art. 272c al. 1 CO ). Dans le cas d'un bail de durée déterminée improprement dit (sur cette notion, cf. l' ATF 114 II 165 consid. 2b et les références, ainsi que LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 280, qui parlent de baux "congéables"), soit d'un bail reconductible tacitement après la durée minimum de trois ans imposée par l' art. 269c let. a CO , le bailleur pourra solliciter une majoration du BGE 121 III 397 S. 404 dernier échelon de loyer pour le terme de résiliation, sur la base de l' art. 269d CO , et le locataire invoquer l' art. 270a CO à l'appui d'une demande de diminution de son loyer. Dans ce cadre-là, le nouveau loyer admissible devra être déterminé au moyen de la méthode de calcul absolue, car le mode de fixation d'un loyer échelonné (anticipation de l'évolution probable des facteurs de hausse et de baisse de loyer) n'autorise pas le recours à la présomption selon laquelle le précédent loyer - en l'occurrence, le dernier échelon entré en vigueur - est censé procurer au bailleur un rendement suffisant de la chose louée. En revanche, si, à l'expiration de la durée déterminée du bail "congéable", le bail est reconduit tacitement, de même que dans l'hypothèse d'une reconduction tacite d'un bail de durée déterminée proprement dit ( art. 266 al. 2 CO ), cette présomption jouera à nouveau lorsqu'il faudra examiner l'admissibilité d'une majoration de loyer subséquente à l'aide de la méthode de calcul relative, parce que l'on pourra alors inférer de l'inaction du bailleur qu'il estime suffisant le loyer qui était en vigueur au moment où il aurait pu soit résilier le bail ou majorer le loyer (i.e. à l'échéance du bail "congéable"), soit, s'agissant d'un bail de durée déterminée stricto sensu, exiger le départ du locataire. Il en ira de même dans le cas d'une demande de baisse de loyer fondée sur la méthode relative, après reconduction tacite du bail à loyers échelonnés. Mais si, dans ces deux variantes de reconduction tacite d'un tel bail, le bailleur ou le locataire réclamait l'application de la méthode absolue, il y aurait lieu de donner suite à sa demande. En effet, comme on l'a déjà souligné, le mode de fixation du loyer échelonné, étant donné son caractère aléatoire, rend admissible le recours à la méthode absolue, par exception à la règle jurisprudentielle imposant de relativiser les motifs de hausse absolus ( ATF 121 III 163 consid. 2c), même si les circonstances ne se sont pas modifiées depuis la date d'expiration de la durée initiale pour laquelle le bail à loyers échelonnés a été conclu. c) La transaction judiciaire, tel l'accord passé devant l'autorité de conciliation ( art. 274e al. 1 CO ), est un acte consensuel destiné à mettre fin à un litige moyennant des concessions réciproques ( ATF 114 Ib 74 consid. 1, 105 II 273 consid. 3a et les arrêts cités). Par essence, elle tend à régler le sort d'une contestation pendante; elle a donc vocation à régir le passé et ne se préoccupe, en principe, pas du développement futur des relations entre les antagonistes. Il n'en va pas autrement en matière de bail à loyer. En ce domaine également, la transaction vise à résoudre un conflit, en particulier celui qui naît à la suite d'une majoration de loyer BGE 121 III 397 S. 405 notifiée par le bailleur et contestée par le locataire (cf. l' ATF 119 II 348 consid. 4b/bb p. 351 in fine). En transigeant, les parties n'entendent pas, d'ordinaire, fixer par anticipation les modalités concrètes de leurs relations contractuelles à venir, mais uniquement liquider un différend ponctuel auquel ces relations ont donné lieu. Aussi convient-il de remonter, en principe, jusqu'à la date de la transaction pour examiner, conformément à la méthode relative, si la modification ultérieure des bases de calcul retenues à ce moment-là justifie ou non la majoration de loyer notifiée postérieurement par le bailleur et contestée par le locataire (cf. LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 224, note 38). Il serait tout à fait concevable, en théorie, d'en faire de même lorsque les parties ont stipulé un loyer échelonné dans la transaction mettant fin à un différend portant sur une majoration de loyer. En effet, les partisans de cette thèse pourraient faire valoir, à son appui, qu'une telle stipulation ne change rien à la nature de l'institution et ne permet en aucun cas de présumer que les parties à la transaction ont voulu, non seulement régler le problème de l'augmentation de loyer en cause, mais encore fixer le montant du loyer à payer par le locataire pour une durée minimale de trois ans, en supputant les modifications probables des bases de calcul pendant cette période et en renonçant par là même à la faculté d'invoquer ultérieurement, pour justifier une majoration ou une demande de diminution du loyer, la variation des facteurs de hausse ou de baisse enregistrée depuis la date de la signature de la transaction jusqu'au terme assigné au dernier échelon de loyer. Telle est, peut-être, la raison pour laquelle certains auteurs refusent d'assimiler la clause d'échelonnement incluse dans une transaction judiciaire à celle que les parties adoptent lors de la conclusion du bail (cf., par ex., LACHAT/STOLL, op.cit., p. 262 in fine/263, n. 3.4). C'est d'ailleurs vraisemblablement le même motif qui est à l'origine de la jurisprudence genevoise selon laquelle, lorsque la précédente majoration de loyer a été contestée et que les parties se sont entendues sur un échelonnement de cette augmentation, le premier moment déterminant pour l'application de la méthode relative lors d'une majoration de loyer subséquente est la date de l'audience au cours de laquelle la transaction a été passée (voir l'extrait d'un arrêt de la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève du 20 novembre 1992 publié dans les Cahiers du bail, 1992, p. 117/118). Cependant, des considérations d'ordre aussi bien théorique que pratique militent en faveur d'un traitement similaire de la clause d'échelonnement, qu'elle figure dans le contrat de BGE 121 III 397 S. 406 bail, dans un avis de majoration ultérieur ou dans une transaction passée devant l'autorité de conciliation (dans ce sens: COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 2 et 5 ad art. 269c CO ; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 254, n. 3.2). D'abord, le texte de l' art. 269c CO , où il est question de "conventions", et la note marginale de cette disposition, qui parle de "loyers échelonnés", n'autorisent pas à établir des distinctions fondées sur la nature de la convention incluant une clause d'échelonnement. Ensuite, il se peut fort bien que le locataire accepte à titre transactionnel qu'une augmentation de loyer injustifiée soit étalée dans le temps pour être compensée progressivement par la hausse prévisible des coûts, ce qui lui garantit l'absence de contestation au sujet de son loyer pendant trois ans au moins. Dans une telle hypothèse, appliquer par la suite la méthode de calcul relative, en prenant pour point de départ la date de la transaction et en augmentant le dernier échelon de loyer du pourcentage correspondant à l'évolution des facteurs de hausse enregistrée depuis cette date, reviendrait assurément à imposer au locataire, à son corps défendant, l'acceptation pure et simple de l'augmentation de loyer qu'il a contestée. Pareille solution ne se justifierait donc que si cette augmentation était valable et que son étalement dans le temps ait consisté en une simple faveur faite par le bailleur à son locataire. D'où la nécessité de remonter dans chaque cas jusqu'à ladite augmentation pour examiner son bien-fondé par rapport au précédent loyer et tenter ainsi de dégager le sens de la transaction conclue à son sujet devant l'autorité de conciliation, sans compter que l'accord des parties pourra encore avoir été dicté par d'autres considérations que le simple calcul mathématique de l'évolution des facteurs de hausse du loyer. Il est inutile de souligner l'ampleur du travail qu'occasionnerait ce genre d'examen rétrospectif, qui viendrait s'ajouter à l'analyse de l'évolution des facteurs de hausse et de baisse entre la date de la transaction et l'entrée en vigueur de la majoration de loyer subséquente. Par conséquent, il est plus expédient de traiter la clause d'échelonnement figurant dans une transaction judiciaire de la même manière que celle qui résulte du contrat de bail (cf. let. bb ci-dessus). L'adoption de cette solution pratique, qui simplifiera le travail du juge dans un domaine du droit déjà suffisamment complexe, n'est, au demeurant, pas de nature à léser les intérêts des parties, dès lors que, à l'échéance de la convention d'échelonnement, chacune d'elles pourra, soit reprendre sa liberté, soit obtenir, par l'application de la méthode absolue, la fixation d'un nouveau loyer qui corresponde à la situation du moment et permette, au besoin, de rectifier indirectement les prévisions erronées qui auront pu BGE 121 III 397 S. 407 être faites par l'un des cocontractants ou par les deux au moment de la conclusion de la transaction judiciaire. Ainsi, en cas de notification d'une majoration de loyer postérieurement à l'échéance de la convention d'échelonnement découlant d'une transaction judiciaire, et à supposer que le bailleur ne réclame pas l'application de la méthode de calcul absolue, c'est la date d'expiration de la convention d'échelonnement qui constitue le premier moment déterminant pour l'application de la méthode relative. d) En l'occurrence, la Chambre d'appel a abouti - par une voie détournée il est vrai - à un résultat qui se rapproche de la solution indiquée ci-dessus, puisqu'elle a exclu la prise en considération, comme premier point de référence, de la date à laquelle a été signée la transaction (17 février 1989) ou de la date d'entrée en vigueur du premier échelon de loyer (1er mai 1989). En revanche, elle s'est écartée de cette solution, dans la mesure où elle est partie de la date d'entrée en vigueur du dernier échelon (1er novembre 1990), alors qu'elle n'aurait dû remonter que jusqu'à la date d'échéance de la convention d'échelonnement, à savoir le 30 avril 1992 (ch. 2 de la transaction). Cela ne porte toutefois pas à conséquence, dans le cas particulier, la locataire n'ayant pas formé de recours joint pour se plaindre de l'extension, à son détriment, de la période de référence. Quant au second moment de référence retenu par la cour cantonale, à savoir la date d'entrée en vigueur de la majoration de loyer litigieuse (1er mai 1992), il n'est pas remis en cause par la bailleresse qui ne se prévaut pas d'une éventuelle modification des bases de calcul entre le moment où cette majoration a été notifiée et celui où elle devait prendre effet (cf. l' ATF 118 II 422 consid. 3b). Il sied de préciser, pour être complet, que la transaction incluant la clause d'échelonnement a été passée avant le 1er juillet 1990 et qu'elle demeure soumise, partant, aux dispositions de l'ancien droit ( art. 26 al. 3 OBLF ). Cette circonstance ne modifie cependant en rien les données du problème ni la solution qui lui a été apportée. Force est, en conséquence, de rejeter, au terme de cet examen, le premier moyen soulevé par la demanderesse dans son recours en réforme. 3. Dans un second moyen, la demanderesse conteste les modalités du calcul de la majoration de loyer admissible, tel qu'il a été effectué par la cour cantonale. Point n'est toutefois besoin d'examiner les griefs qu'elle y articule à l'encontre de l'arrêt attaqué. En effet, pour les motifs susmentionnés, l'application de la méthode relative n'entrait pas en ligne BGE 121 III 397 S. 408 de compte dans le cas particulier, puisque la majoration de loyer litigieuse avait été notifiée à la défenderesse pour prendre effet à l'échéance de la convention d'échelonnement stipulée dans la transaction judiciaire du 17 février 1989. Quant à la méthode de calcul absolue, la bailleresse aurait certes pu en réclamer l'application. A cet égard, il sied d'observer que, dans son avis de majoration du 16 décembre 1991, l'intéressée invoquait également le critère des prix du marché ( art. 269a let. a CO ) pour justifier l'augmentation du loyer de la défenderesse. Elle n'a toutefois rien allégué ni établi à ce sujet en procédure, puisqu'elle s'est employée exclusivement à démontrer que la majoration contestée était justifiée par des hausses de coûts et par le maintien du pouvoir d'achat du capital exposé aux risques. Pour le surplus, la demanderesse n'a pas non plus invité la Chambre d'appel à procéder à un calcul de rendement, et il n'est pas certain qu'elle aurait pu l'exiger sur le vu de la jurisprudence excluant d'invoquer après coup, en cours d'instance, d'autres motifs de hausse que ceux qui figurent dans l'avis de majoration ( ATF 117 II 452 consid. 5 p. 457). De son côté, la défenderesse ne s'est pas jointe au recours de la demanderesse pour reprocher à la cour cantonale d'avoir appliqué la méthode relative dans la présente espèce. Cela étant, il y a lieu de confirmer l'arrêt attaqué, par substitution de motifs.
null
nan
fr
1,995
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
25dda854-a4f1-4155-b93b-4ed402529571
Urteilskopf 95 II 291 39. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juni 1969 i.S. H. gegen H.
Regeste Prozess auf Anfechtung der Ehelichkeit ( Art. 253 ff. ZGB ). 1. Weiterziehung des die Klage gutheissenden Urteils nur durch die Mutter (Erw. 1). 2. Der Entscheid, durch den die kantonale Appellationsinstanz das Eintreten auf die Appellation mangels Beschwerung der appellierenden Partei ablehnt, ist kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG . Behandlung des als Berufung bezeichneten Rechtsmittels als Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG (Erw. 2). 3. Das Bundesrecht schliesst die Erledigung eines Prozesses auf Anfechtung der Ehelichkeit durch Klageanerkennung aus (Erw. 3). Auslegung einer im kantonalen Verfahren abgegebenen Anerkennungserklärung (Erw. 4). 4. Es verstösst nicht gegen die im Anfechtungsprozess entsprechend anwendbaren Vorschriften von Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB , wenn das obere kantonale Gericht auf Grund des kantonalen Prozessrechts annimmt, eine beklagte Partei, die am Schluss des erstinstanzlichen Verfahrens der Klage zugestimmt hat, könne das die Klage gutheissende Urteil der ersten Instanz mangels Beschwerung nicht weiterziehen (Erw. 5, 6).
Sachverhalt ab Seite 292 BGE 95 II 291 S. 292 A.- Frau H. gebar im Dezember 1958, nach zehnjähriger Ehe, einen Sohn und im Januar 1963 eine Tochter. B.- Im Sommer 1966 focht der Ehemann die Ehelichkeit der beiden Kinder gerichtlich an. Die Ehefrau gab vor dem Friedensrichter und vor dem Bezirksgerichte zu, dass der Kläger nicht der Vater der beiden Kinder sei. Dr. med. D., der den Kläger 1953 und 1966 untersucht hatte, erklärte als Zeuge, der Kläger sei in der Zwischenzeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zeugungsfähig gewesen. Die Blutuntersuchung schloss den Kläger als Vater des Mädchens aus. Das anthropologisch-erbbiologische Gutachten bezeichnet als sehr unwahrscheinlich, dass der Kläger der Erzeuger des Knaben sei. In der Schlussverhandlung vom 9. Mai 1968 erklärte die Ehefrau laut Protokoll: "Ich anerkenne die Klage, doch beantrage ich, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen." BGE 95 II 291 S. 293 Mit Urteil vom 9. Mai 1968 erklärte das Bezirksgericht die beiden Kinder für unehelich. Es betrachtete die Klage in Anwendung von Art. 257 Abs. 1 und 2 ZGB als rechtzeitig und nahm an, der Kläger habe nachgewiesen, dass er unmöglich der Vater der beiden Kinder sein könne ( Art. 254 ZGB ). C.- Gegen dieses Urteil appellierte die Ehefrau (nicht auch der Beistand der mitbeklagten Kinder) an das Obergericht. Dieses trat am 30. August 1968 auf die Appellation nicht ein mit der Begründung, eine Anerkennung der Klage, wie sie von der Ehefrau laut Protokoll in der bezirksgerichtlichen Schlussverhandlung erklärt wurde, sei im Prozess auf Anfechtung der Ehelichkeit nicht möglich ( BGE 65 I 157 ), doch habe die Erklärung der Ehefrau sinngemäss den Antrag auf Gutheissung der Klage in sich geschlossen; das die Klage gutheissende Urteil des Bezirksgerichtes entspreche also der letzten, abschliessenden Prozesserklärung der Ehefrau, so dass sie durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert und folglich nicht befugt sei, ihn weiterzuziehen. D.- Gegen den Nichteintretensentscheid des Obergerichts erklärte Rechtsanwalt Dr. X. im Namen aller drei Beklagten die Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Appellationsverfahrens an das Obergericht zurückzuweisen. Er machte geltend, im Verfahren nach Art. 253 ff. ZGB sei eine Klageanerkennung, auch wenn sie erfolgt sei, unerheblich; der angefochtene Entscheid verletze somit Art. 158 Ziff. 1, 3 und 4 ZGB ; durch diese eidgenössischen Verfahrensbestimmungen werde das kantonale Prozessrecht beschränkt. Die von Rechtsanwalt Dr. X. verlangte Berichtigung der Protokollstelle, wonach die Ehefrau die Klage anerkannt hatte, wurde vom Bezirksgericht am 3. Oktober 1968 abgelehnt. Zur Einreichung von Vollmachten der Beklagten aufgefordert, teilte Dr. X. dem Bundesgericht am 28. Oktober 1968 mit, die Vormundschaftsbehörde habe beschlossen, ihn nicht mit der Vertretung der Kinder zu beauftragen. Eine Vollmacht der Ehefrau hatte er schon im kantonalen Appellationsverfahren eingereicht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gegen den Entscheid des Bezirksgerichts hat nur die Ehefrau des Klägers ans Obergericht appelliert. Die Kinder BGE 95 II 291 S. 294 waren am Verfahren vor Obergericht nicht mehr beteiligt. Schon deshalb konnte der Entscheid des Obergerichts nicht in ihrem Namen an das Bundesgericht weitergezogen werden. Rechtsanwalt Dr. X. ist überdies zu ihrer Vertretung nicht ermächtigt. Es liegt also nur eine Berufung der Ehefrau vor. Der Umstand, dass im Anfechtungsprozess zwischen Mutter und Kind eine notwendige passive Streitgenossenschaft besteht ( Art. 253 Abs. 2 ZGB ), hindert nicht, dass ein im Verfahren gegen Mutter und Kind ergangener Entscheid von der Mutter oder vom Kind allein weitergezogen wird. Der auf eine solche Weiterziehung hin ergehende Entscheid der obern Instanz wirkt gegenüber allen am Rechtsverhältnis beteiligten Personen ( BGE 82 II 2 ff., BGE 87 II 284 ). Die Beklagte Frau H. konnte also gegen die Entscheide des Bezirksgerichts und des Obergerichts ohne Mitwirkung ihrer Kinder Rechtsmittel ergreifen. 2. Die Berufung an das Bundesgericht ist, wenn man von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen absieht, nur gegen Endentscheide der obern kantonalen Gerichte oder sonstigen Spruchbehörden zulässig ( Art. 48 Abs. 1 OG ). Der Begriff des Endentscheides umfasst neben materiellen Urteilen auch solche Entscheide, welche die Beurteilung der Hauptstreitfrage wegen einer zerstörlichen Einrede ablehnen und damit die Geltendmachung des Anspruchs endgültig ausschliessen ( BGE 84 II 230 und 398 mit Hinweisen, BGE 86 II 123 , BGE 88 II 59 , BGE 93 II 217 , 285 und 390). Dazu gehören nicht prozessuale Entscheide, die sich mit dem streitigen Anspruch, seinen Voraussetzungen und allfälligen seine Geltendmachung ausschliessenden Einreden (Klageverwirkung und dergleichen) in keiner Weise befassen, sondern das Eintreten aus Gründen ablehnen, die mit der materiellen Sachlage und dem Klagerecht als solchem nichts zu tun haben ( BGE 93 II 217 ). Der mit der vorliegenden Berufung angefochtene Entscheid des Obergerichts befasst sich mit dem streitigen Anspruch auf Unehelicherklärung der von Frau H. geborenen Kinder in keiner Weise. Er beschränkt sich darauf, die Appellation der Frau H. als unzulässig zu erklären, weil sie durch den Entscheid des Bezirksgerichts nicht beschwert sei. Er ist daher kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG , so dass die Berufung unzulässig ist. Die Eingabe der Frau H. kann jedoch als Nichtigkeitsbeschwerde BGE 95 II 291 S. 295 im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. a OG entgegengenommen werden; denn Frau H. macht darin dem Sinne nach geltend, das Obergericht habe statt des massgebenden eidgenössischen Rechts ( Art. 158 Ziff. 1, 3 und 4 ZGB ) kantonales Prozessrecht angewendet. Der in der Eingabe enthaltene Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz genügt den Anforderungen von Art. 71 OG , da der Entscheid des Bundesgerichts, wenn die Beschwerde begründet wäre, nur auf Rückweisung zu neuer Entscheidung lauten könnte ( Art. 73 Abs. 2 OG ). 3. Die Vorinstanz hat nicht verkannt, sondern im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Bundesrecht die Erledigung eines Prozesses auf Anfechtung der Ehelichkeit durch Klageanerkennung ausschliesst ( BGE 65 I 157 ; vgl. auch BGE 82 II 3 mit Hinweisen, BGE 82 II 503 , BGE 83 II 4 , BGE 85 II 174 , wonach die für den Scheidungsprozess aufgestellten Vorschriften von Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB für den Anfechtungsprozess entsprechend gelten). Das Bezirksgericht hat denn auch den Prozess nicht als durch Klageanerkennung erledigt erklärt, sondern materiell beurteilt. Soweit Frau H. der Vorinstanz vorwirft, sie habe durch Berücksichtigung der Klageanerkennung als solcher kantonales Recht statt des massgebenden Bundesrechts angewendet, ist ihre Kritik also gegenstandslos. 4. Die Auslegung von im kantonalen Verfahren abgegebenen Prozesserklärungen der Parteien, die sich ausschliesslich oder vorwiegend auf dem Gebiete des Prozessrechts auswirken, wird vom kantonalen Prozessrecht beherrscht ( BGE 81 II 529 ). Das Obergericht hat aus seiner Annahme, die Anerkennungserklärung der Frau H. schliesse ihrem Sinne nach den Antrag auf Gutheissung der Klage in sich, nur gefolgert, Frau H. sei durch den die Klage gutheissenden Entscheid des Bezirksgerichtes nicht beschwert und daher nicht zu dessen Weiterziehung befugt. Die Erklärung der Frau H. wirkte sich demnach nur auf dem Gebiete des Prozessrechts aus und war deshalb nach kantonalem Recht auszulegen. Dem Obergericht kann daher nicht vorgeworfen werden, es habe in diesem Punkte zu Unrecht kantonales Recht statt Bundesrecht angewendet. 5. Für den Fall, dass der Anerkennungserklärung der Frau H. der Antrag auf Gutheissung der Klage zu entnehmen ist, wendet Frau H. gegen die Annahme des Obergerichts, sie sei durch das die Klage des Ehemanns gutheissende Urteil des BGE 95 II 291 S. 296 Bezirksgerichts nicht beschwert, mit Recht nichts ein (vgl. BGE 94 II 210 sowie LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl., N. 1 zu Art. 333, S. 312/13, und HINDERLING, Das schweiz. Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 212/13, wonach die Ehescheidung den beklagten Ehegatten, der ihr zugestimmt hat, nicht beschwert; anderer Meinung GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 509). Da die Regelung der kantonalen Rechtsmittel Sache des kantonalen Prozessrechts ist, lässt sich ein kantonaler Entscheid, der das Eintreten auf ein kantonales Rechtsmittel mangels Beschwerung des Rechtsmittelklägers ablehnt, grundsätzlich nicht mit der Begründung anfechten, das obere kantonale Gericht habe seinen Entscheid zu Unrecht auf kantonales Recht statt auf Bundesrecht gestützt. Zu prüfen bleibt also nur, ob das kantonale Recht, soweit es die Befugnis zur Ergreifung eines Rechtsmittels von einer Beschwerung abhängig macht, im Anfechtungsprozess uneingeschränkt anwendbar sei oder ob hier kraft Bundesrechts gewisse Ausnahmen gelten. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Falle nicht in der Form, ob die klagende Partei, deren Klage geschützt wurde und die daher durch das Urteil nicht beschwert ist, ein Rechtsmittel ergreifen könne, um die Klage vor der obern Instanz zurückzuziehen (vgl. hiezu BGE 84 II 232 ff., besprochen von KUMMER in ZBJV 1960 S. 65 f., wo es sich darum handelte, ob der Scheidungskläger zwecks Rückzugs der vom obern kantonalen Gericht geschützten Scheidungsklage die Berufung an das Bundesgericht erklären könne). Vielmehr ist hier nur zu prüfen, ob sich aus dem Bundesrecht ergebe, dass die beklagte Partei im Anfechtungsprozess ein die Klage gutheissendes Urteil mit dem Antrag auf Abweisung der Klage weiterziehen könne, selbst wenn sie vor der untern Instanz der Klage zugestimmt hat und aus diesem Grunde durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert ist. 6. InBGE 61 II 159ff. undBGE 76 II 257ff. hatte sich das Bundesgericht mit Art. 89 Abs. 2 der Neuenburger ZPO zu befassen, wonach die - gemäss Art. 89 Abs. 1 dieses Gesetzes grundsätzlich wie ein endgültiges Urteil wirkende - Anerkennung der Klage (acquiescement) in den durch Urteil zu erledigenden Prozessen nur bewirkt, dass der Beklagte von jeder Teilnahme am weitern Verfahren ausgeschlossen ist. Im zuerst genannten Entscheide erklärte es, diese Vorschrift verstosse mindestens insoweit gegen Art. 158 (insbesondere Ziff. 1 und 3) BGE 95 II 291 S. 297 ZGB, als sie die dem Scheidungsbegehren zustimmende beklagte Partei gänzlich vom Verfahren ausschliesst; diese Partei behalte nicht bloss das Recht, an den Verhandlungen teilzunehmen und dazu geladen zu werden, sondern sie müsse auch befugt sein, die Behauptungen der Gegenpartei zu bestreiten, abweichende Anträge zu stellen und alle tatsächlichen und rechtlichen Argumente vorzubringen, wie wenn Art. 89 Abs. 2 ZPO nicht bestünde. InBGE 76 II 257ff. wurde diese Rechtsprechung dahin verdeutlicht, sie verbiete nicht, aus der erwähnten Prozessvorschrift abzuleiten, dass die Partei, welche dem von der ersten Instanz gutgeheissenen Scheidungsbegehren zustimmte, gegen den Ausspruch der Scheidung nicht appellieren könne; der EntscheidBGE 61 II 157ff. wolle verhindern, dass die Parteien mit Hilfe der kantonalen Prozessvorschriften über die Klageanerkennung das Bestehen eines Scheidungsgrundes zu leicht feststellen lassen können; um diesen Zweck zu erreichen, genüge es, die Wirkungen, welche das kantonale Recht an die Klageanerkennung knüpft, für die erste Instanz zuunterdrücken; wenn die zustimmende Partei ihre Anerkennung bis zum erstinstanzlichen Urteil widerrufen und bis dahin abweichende Anträge stellen könne, so dürfe die Zulassung der Appellation davon abhängig gemacht werden, dass solche Anträge vor dem erstinstanzlichen Urteil gestellt wurden. In BGE 93 II 218 , wo darüber zu befinden war, ob nach Fällung des erstinstanzlichen Scheidungsurteils auf dessen Weiterziehung an das obere kantonale Gericht verzichtet werden könne, bevor die Weiterziehungsfrist abgelaufen ist, bemerkte das Bundesgericht, Art. 158 ZGB befasse sich in keiner Weise mit dem Instanzenzug; Art. 48 OG setze das Bestehen einer obern kantonalen Instanz voraus, schreibe aber deren Anrufung nicht vor. Im Falle BGE 94 II 209 ff. trat das Bundesgericht auf die Berufung einer Ehefrau, die vor erster Instanz unter Berufung auf Art. 142 Abs. 2 ZGB die Abweisung der Scheidungsklage des Ehemannes erreicht, vor zweiter Instanz dann aber dem Scheidungsbegehren zugestimmt hatte, nicht ein, weil sie durch den die Scheidung aussprechenden Entscheid der zweiten Instanz nicht beschwert und daher zu seiner Weiterziehung nicht befugt sei. Im vorliegenden Falle hatte die Beklagte Frau H. während des ganzen Verfahrens vor erster Instanz die Möglichkeit, sich BGE 95 II 291 S. 298 der Anfechtungsklage ihres Ehemannes zu widersetzen und alle tatsächlichen und rechtlichen Argumente vorzubringen, die ihr gegen die Gutheissung dieser Klage zu sprechen schienen. Sie gab die Erklärung, sie anerkenne die Klage, erst in der Schlussverhandlung ab, nachdem das Bezirksgericht ein einlässliches Beweisverfahren (Vernehmung eines sachverständigen Zeugen, zwei Begutachtungen) durchgeführt hatte. Unter diesen Umständen hat das Obergericht die Grundsätze, die das Bundesgericht aus dem für den Anfechtungsprozess entsprechend geltenden Art. 158 ZGB abgeleitet hat, nicht verletzt, indem es annahm, die Appellation der Frau H. gegen das die Anfechtungsklage schützende Urteil des Bezirksgerichts sei im Hinblick darauf, dass dieses Urteil ihrer letzten, abschliessenden Prozesserklärung vor Bezirksgericht entsprach und sie daher nicht beschwerte, aus Gründen des Prozessrechts nicht zulässig. Mit dieser Entscheidung wird keineswegs die Erledigung einer Anfechtungsklage durch Anerkennung der Klage, d.h. die Unehelicherklärung eines Kindes ohne Urteil zugelassen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,969
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CH
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25de8369-5ab5-452f-a8ca-70d0af97e2c2
Urteilskopf 140 III 264 41. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_909/2013 vom 4. April 2014
Regeste Art. 157, 160 und 164 ZPO ; Art. 105 Abs. 1 und Art. 97 BGG . Beweiswürdigung bei unberechtigter Verweigerung der Mitwirkung einer Partei. Verbindlichkeit der vorinstanzlichen Beweiswürdigung für das Bundesgericht. Es bestehen keine Vorgaben ( Art. 157 ZPO ), welche Schlüsse der Sachrichter aus dem Umstand ziehen soll, dass eine Partei bei der Beweiserhebung unberechtigterweise nicht mitwirkt. Die vor Bundesgericht erhobene Rüge, Art. 157 oder 164 ZPO sei verletzt, ändert nichts daran, dass das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Voraussetzungen der Anfechtung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen ( Art. 97 BGG ) und Begriff der Willkür ( Art. 9 BV ) im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 140 III 264 S. 265 Mit Urteil vom 23. Juli 2012 schied das Bezirksgericht Uster die Ehe von Y. (Beschwerdegegner) und X. (Beschwerdeführerin). Es verpflichtete den Beschwerdegegner unter anderem, der Beschwerdeführerin zur Abgeltung ihrer güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 1'422'744.50 zu bezahlen. Nachdem der Beschwerdegegner Berufung und die Beschwerdeführerin Anschlussberufung erhoben hatten, verpflichtete das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 29. Oktober 2013 den Beschwerdegegner zur Zahlung von Fr. 1'297'294.- aus Güterrecht an die Beschwerdeführerin. Am 2. Dezember 2013 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt, den Beschwerdegegner zur Zahlung von Fr. 1'422'744.50 aus Güterrecht zu verurteilen. Umstritten ist dabei einzig, welcher Barbetrag sich am Stichtag für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Vermögen des Beschwerdegegners befand. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.3 Gemäss Art. 160 Abs. 1 ZPO sind die Parteien und Dritte zur Mitwirkung bei der Beweiserhebung verpflichtet. Verweigert eine Partei die Mitwirkung unberechtigterweise, so berücksichtigt dies das Gericht bei der Beweiswürdigung ( Art. 164 ZPO ). Art. 164 ZPO macht keine Vorgaben, welche Schlüsse das Gericht bei der Beweiswürdigung aus einer Mitwirkungsverweigerung ziehen soll. Insbesondere ist nicht vorgeschrieben, dass das Gericht ohne Weiteres auf die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen der Gegenpartei schliessen muss. Vielmehr handelt es sich bei der unberechtigten Mitwirkungsverweigerung um einen Umstand unter anderen, der in die freie Beweiswürdigung ( Art. 157 ZPO ) hineinfliesst (SVEN RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 4 ff. zu Art. 164 ZPO ). Die Vorinstanz hat denn auch darauf hingewiesen, BGE 140 III 264 S. 266 dass die Weigerung des Beschwerdegegners, Dokumente herauszugeben, sich zwar zu seinen Ungunsten auswirken müsse, dieser Nachteil aber nicht weitergehen dürfe als notwendig. Wenn sich aus den Akten ein klares Bild ergebe, sei darauf abzustellen. Auf diese Erwägung geht die Beschwerdeführerin nicht ein und sie legt nicht dar, inwieweit darin eine Verletzung des Gehalts des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung liegen könnte (vgl. dazu Urteil 5A_250/2012 vom 18. Mai 2012 E. 7.4.1 mit Hinweisen). Sie bemängelt vielmehr das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Weder die Bestimmung von Art. 157 ZPO noch die als verletzt gerügten Art. 160 i.V.m. Art. 164 ZPO ändern jedoch etwas daran, dass das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ; Urteil 5A_250/2012 vom 18. Mai 2012 E. 7.4 zu Art. 157 ZPO ). Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts und damit die Beweiswürdigung nur gerügt werden, wenn die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich ( Art. 9 BV ; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Bei der Rüge der offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge Rügeprinzip ( Art. 106 Abs. 2 BGG ). Das Bundesgericht prüft in diesem Fall nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein ( BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Die Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich ( Art. 9 BV ), wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, belegt keine Willkür ( BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; BGE 136 III 552 E. 4.2 S. 560). Die Beschwerdeführerin beschränkt sich darauf, ihre Würdigung der Akten und der Mitwirkungsverweigerung des Beschwerdegegners an die Stelle der Würdigung durch das Obergericht zu setzen. Inwieweit dieses dabei in Willkür verfallen sein soll, ist weder genügend dargetan noch ersichtlich. Soweit sie sich auf die Steuererklärung des BGE 140 III 264 S. 267 Beschwerdegegners beruft, so übergeht sie die vorinstanzliche Erwägung, dass dieser lediglich der Wert einer Parteibehauptung zukomme und sie insbesondere angesichts des prozessualen Verhaltens des Beschwerdegegners nicht geeignet sei, einen verlässlichen Schluss über sein früheres Barvermögen zuzulassen. Fehlt es mithin an einer genügenden Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen, so kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
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Urteilskopf 100 III 41 12. Entscheid vom 7. August 1974 i.S. Kellenberger AG.
Regeste Mehrere Betreibungen für die gleiche Forderung. Eine weitere Betreibung für eine bereits in Betreibung gesetzte Forderung ist nur dann nicht zulässig, falls der Gläubiger im frühern Betreibungsverfahren das Fortsetzungsbegehren bereits gestellt hat oder zu stellen berechtigt ist.
Sachverhalt ab Seite 41 BGE 100 III 41 S. 41 Am 11. März 1974 betrieb die Firma Trapani Rosa S.p.A., Cologno Monzese, die Firma Kellenberger AG, Thun, für den Betrag von Fr. 24363.-- nebst Zins zu 6% seit 31. Dezember 1973. Die Gläubigerin stützte ihre Forderung auf einen von der Firma Kellenberger AG akzeptierten Wechsel in der Höhe des in Betreibung gesetzten Betrages. Die Firma Kellenberger AG erhob Rechtsvorschlag. BGE 100 III 41 S. 42 Am 19. Juni 1974 leitete die Firma Trapani Rosa S.p.A. gegen die Firma Kellenberger AG für die gleiche Forderung Wechselbetreibung ein. Die Firma Kellenberger AG reichte gegen die zweite Betreibung bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde ein. Sie beantragte, es sei. der Zahlungsbefehl in der Wechselbetreibung aufzuheben. Zur Begründung machte sie im wesentlichen geltend, die Wechselbetreibung sei unzulässig, weil die ordentliche Betreibung auf Konkurs vorher nicht zurückgezogen worden sei. Gleichzeitig suchte sie beim Richter um Bewilligung des Rechtsvorschlages nach. Gegen das die Beschwerde abweisende Urteil der Aufsichtsbehörde hat die Firma Kellenberger AG beim Bundesgericht Rekurs eingereicht. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Das Bundesgericht hatte sich bisher verschiedentlich darüber auszusprechen, ob es zulässig sei, für die gleiche Forderung zwei oder mehr Betreibungen einzuleiten. Dabei entschied es, dass der Schuldner sich einem neuen Zahlungsbefehl für eine bereits in Betreibung gesetzte Forderung durch Rechtsvorschlag ( BGE 88 III 66 mit Hinweisen) und bei feststehender und unbestrittener Identität der Forderungen auch mit Beschwerde widersetzen könne ( BGE 88 III 66 und BGE 69 III 72 ). Auf diese Weise ist es möglich zu verhindern, dass ein Gläubiger für dieselbe Forderung zur gleichen Zeit mehrmals auf das schuldnerische Vermögen greifen kann. Eine nähere Prüfung der bisher beurteilten Fälle ( BGE 88 III 66 , BGE 69 III 71 /72, BGE 67 III 114 /115, BGE 39 I 471 , BGE 26 I 514 ff. sowie Entscheid des Bundesrates i.S. Dubois vom 30. Dezember 1895, publ. in Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs, 1896, S. 354) lässt indessen erkennen, dass eine weitere Betreibung für die nämliche Forderung jeweils nur dann nicht zugelassen wird, wenn der Gläubiger im früheren Betreibungsverfahren das Fortsetzungsbegehren bereits gestellt hat oder zu stellen berechtigt ist. Nur in diesen Fallen entsteht denn auch ernsthaft die Gefahr der mehrmaligen Vollstreckung in das schuldnerische Vermögen. Ist die frühere Betreibung aber BGE 100 III 41 S. 43 durch Rechtsvorschlag gehemmt oder wegen Verzichts des Gläubigers hinfällig geworden, so besteht kein Anlass, den Gläubiger daran zu hindern, für die gleiche Forderung eine neue Betreibung einzuleiten. Stehen dem Gläubiger von Gesetzes wegen zwei verschiedene Betreibungsarten zur Verfügung, so muss es ihm unter den erwähnten Voraussetzungen nicht bloss gestattet sein, eine neue Betreibung anzuheben, sondern es muss ihm auch freistehen, die andere Betreibungsart zu wählen, da das Wahlrecht durch die frühere Wahl nicht konsumiert wird (vgl. hiezu BGE 67 III 114 /115 und BGE 39 I 471 ). Dem Schuldner entsteht im übrigen kein Nachteil, wenn dem Gläubiger die Möglichkeit zugestanden wird, für die nämliche Forderung mehrere Betreibungen anzuheben. Das Gesetz schützt nämlich den Betriebenen, der seine Schuld bezahlt hat, davor, den in Betreibung gesetzten Betrag nochmals bezahlen zu müssen, indem es ihm die Möglichkeit gibt, die Forderung mit Rechtsvorschlag zu bestreiten oder gemäss Art. 85 SchKG die Aufhebung der Betreibung zu verlangen. Hat er dagegen die Schuld noch nicht bezahlt und ist ein Betreibungsverfahren bereits bis zu jenem Stadium fortgeführt, in welchem der Gläubiger das Fortsetzungsbegehren stellen kann, so kann er sich einem neuen Zahlungsbefehl für dieselbe Forderung durch Rechtsvorschlag und bei feststehender und unbestrittener Identität der Forderungen auch mit Beschwerde widersetzen. Im vorliegenden Fall stand es der Gläubigerin somit frei, die Wechselbetreibung einzuleiten, nachdem die Schuldnerin die ordentliche Betreibung durch Rechtsvorschlag gehemmt hatte. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 115 IV 114 27. Urteil des Kassationshofes vom 13. Juni 1989 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB , Art. 59a VRV , Art. 133a VZV , Art. 83a der Verordnung über Bau und Ausrüstung der Strassenfahrzeuge (BAV) vom 27. August 1969 (SR 741.41); Falschbeurkundung, Abgas-Wartungsdokument. Inhaltlich unrichtige Feststellungen in einem Abgas-Wartungsdokument können eine Falschbeurkundung darstellen: denn es dient der Polizei als Beleg dafür, dass die Abgaswartung durchgeführt wurde ( Art. 133a Abs. 1 VZV ; E. 2). Entgegen dem Wortlaut verlangt Art. 83a Abs. 4 BAV nicht Identität zwischen der Person, welche die Wartungsarbeiten durchgeführt hat, und derjenigen, welche die Prüfung bestätigt (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 115 IV 114 S. 115 X. betreibt in Neuhausen am Rheinfall eine Autogarage; er führt dort unter anderem Abgaswartungen (Kontrolle und Messungen) durch. Am 17. März 1988 wurde ihm vom Autohaus Y., in Jestetten (BRD), ein Personenwagen der Marke Opel überbracht. Dieses Fahrzeug war bereits in Jestetten gewartet worden. X. nahm noch eine summarische Prüfung gewisser Teile (Sicht- und Dichtigkeitskontrolle) sowie die Abgasmessung vor und füllte das Abgas-Wartungsdokument aus. Am 28. März 1988 musste der Auspuff des Fahrzeugs ersetzt werden. Am 6. Januar 1989 sprach das Obergericht des Kantons Schaffhausen X. von der Anklage der Urkundenfälschung (sog. Falschbeurkundung) frei. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese X. wegen Urkundenfälschung verurteile. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Das Obergericht erwog, das Abgas-Wartungsdokument diene gegenüber der Polizei als Beleg dafür, dass die Abgaswartung tatsächlich durchgeführt worden sei (vgl. Art. 133a Abs. 1 VZV ). Das Dokument sei demnach in einer Rechtsnorm ausdrücklich als Beweismittel vorgesehen. Insofern unterscheide es sich von der vom Staatsanwalt als Parallelbeispiel angeführten einfachen Rechnung, welche in der Regel keine Urkunde im strafrechtlichen Sinne darstelle. Dem Abgas-Wartungsdokument sei somit die Beweiseignung für eine rechtlich relevante Tatsache gesetzlich BGE 115 IV 114 S. 116 zuerkannt, weshalb es eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB darstelle. Vorliegend gehe es um die Frage, ob es sich bei diesem Dokument um eine unwahre Urkunde handle, ob also der Beschwerdegegner eine inhaltlich unrichtige Urkunde hergestellt habe (sog. Falschbeurkundung). Das Abgas-Wartungsdokument diene der Kontrolle, ob die in Art. 59a Abs. 1 VRV vorgeschriebene Abgaswartung durchgeführt worden sei. Diese Wartung umfasse die Kontrolle der für die Abgasemissionen massgeblichen Fahrzeugteile, wenn nötig die Instandstellung dieser Teile sowie eine Messung des Gehalts an Kohlenmonoxyd, Kohlenwasserstoffen und Kohlendioxyd im Abgas nach Sollwerten (Art. 83a Abs. 1 der Verordnung über Bau und Ausrüstung der Strassenfahrzeuge [BAV] vom 27. August 1969 [SR 741.41]). Demnach werde mit dem Eintrag im Abgas-Wartungsdokument bestätigt, dass die Wartung in all diesen Teilbereichen auch tatsächlich vorgenommen worden sei. Unstrittig habe der Beschwerdegegner die Messung vorgenommen. Hinsichtlich der Kontrolle habe er zumindest eine Sicht- und Dichtigkeitsprüfung gewisser Teile durchgeführt. Vor allem aber müsse davon ausgegangen werden, dass die abgasrelevanten Teile des fraglichen Personenwagens vom Autohaus Y. kontrolliert und gewartet worden seien und dies in Kenntnis und unter Einhaltung der einschlägigen schweizerischen Vorschriften. Deshalb sei der Nachweis nicht erbracht, dass am fraglichen Personenwagen keine oder nur eine ungenügende Kontrolle und Wartung der abgasrelevanten Teile vorgenommen worden sei. Insbesondere sei nicht dargetan, dass der defekte Auspuff auf mangelnde Wartungsarbeiten zurückzuführen sei. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die Abgaswartung, wenn auch teilweise nicht vom Beschwerdegegner persönlich, sondern durch das Autohaus Y. vorgenommen, in allen ihren Teilaspekten gemäss Art. 83a Abs. 1 BAV tatsächlich durchgeführt worden sei. Der Beschwerdegegner habe mit seiner diesbezüglichen Bestätigung im Wartungsdokument deshalb keine inhaltlich unwahre Urkunde hergestellt. Weiter führt die Vorinstanz aus, Art. 83a Abs. 4 BAV schreibe vor, dass diejenige Person, welche die Wartung (d.h. sowohl die Kontrolle als auch die Messung) durchgeführt habe, dies im Abgas-Wartungsdokument bestätigen müsse. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift hätte der Beschwerdegegner die Bestätigung nur dann selbst erbringen dürfen, wenn er vorgängig auch die nötige Kontrolle durchgeführt hätte. Ob der Beschwerdeführer eine Kontrolle BGE 115 IV 114 S. 117 der abgasrelevanten Teile, wenn auch rudimentär, vorgenommen habe, sei für die vorliegende Frage der Urkundenfälschung nicht massgeblich. Denn für die Anwendung von Art. 251 StGB komme es nicht darauf an, ob der Täter zur Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache befugt sei; entscheidend sei einzig, ob sich die beurkundete Tatsache ereignet habe oder nicht. In einem allfälligen Verstoss gegen Art. 83a Abs. 4 BAV , weil der Beschwerdeführer nicht selbst die Kontrolle durchgeführt habe, könne also keine Falschbeurkundung im Sinne von Art. 251 StGB gesehen werden. Da ein spezieller Straftatbestand für einen solchen Verstoss (Bestätigung, obwohl die Wartung im engeren Sinn von Dritten durchgeführt wurde) fehle, erübrige sich eine Abklärung der Frage, ob die summarische Nachkontrolle des Beschwerdegegners als Teil der Abgaswartung ausreichend war. Es sei Sache des Gesetzgebers, zur Gewährleistung des mit Art. 83a Abs. 4 BAV verfolgten Zwecks nötigenfalls zusätzliche Bestimmungen aufzustellen. b) Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im wesentlichen mit dem Wortlaut der Bestätigung begründet. Danach bestätigte der Beschwerdegegner, die Abgaswartung und Messung ... "ausgeführt zu haben". In Wirklichkeit habe sie ein anderer ausgeführt. Deshalb liege eine Falschbeurkundung vor. Das Obergericht sei dieser Erkenntnis in der Weise ausgewichen, dass es den Text der Bestätigungsformel gewissermassen ins Passiv transponierte, indem es erwog, mit dem Eintrag ins Abgas-Wartungsdokument werde bestätigt, dass die Wartung auch tatsächlich ausgeführt worden sei. Man könne im übrigen auch nicht sagen, es sei unwesentlich, wer die Kontrolle durchgeführt habe. Das ergebe sich bereits aus den einschlägigen Weisungen des EJPD. Die Beschwerdeführerin gesteht zu, dass dieses Erfordernis für den Bereich der Privatwirtschaft etwas ungewohnt sei. Es sei jedoch zu beachten, dass die Abgaswartung im öffentlichen Interesse dem privaten Motorfahrzeuggewerbe überbunden worden sei. c) Der Beschwerdegegner räumt ein, dass eine Differenz zwischen dem Wortlaut der Bestätigung und den tatsächlichen Vorgängen bestehe; diese Differenz sei jedoch sowohl in tatsächlicher als auch in strafrechtlicher Hinsicht irrelevant. Man könne allenfalls für die Abgasmessung verlangen, dass die Person, die gemessen habe, auch selbst bestätige. Insoweit bestehe jedoch vorliegend keine Differenz zwischen dem wirklichen und dem beurkundeten Sachverhalt. In bezug auf die Wartung könne Identität BGE 115 IV 114 S. 118 der handelnden Personen nicht verlangt werden. Die Arbeitsteilung in einer modernen Autowerkstätte erfordere, dass verschiedene Personen Wartung und Messung unterzeichnen könnten und dass die Bestätigung über die Durchführung beider Teile der Abgasprüfung von derjenigen Person unterzeichnet werde, welche die Messung durchgeführt habe. Unzulässig und mit der Handels- und Gewerbefreiheit nicht zu vereinbaren wäre es, zu verbieten, die Wartung in einem qualifizierten ausländischen Fachbetrieb vornehmen zu lassen. Einzig in bezug auf die Messung könnte man ein Abstellen auf den ausländischen Betrieb verbieten. Sinngemäss macht der Beschwerdegegner geltend, Art. 251 StGB beziehungsweise Art. 83a Abs. 4 BAV seien verfassungskonform im Lichte der Handels- und Gewerbefreiheit und der Vertragsfreiheit auszulegen. Ferner bringt er vor, es sei unzulässig, auf dem Umweg über Art. 251 etwas zu bestrafen, das gemäss Verwaltungsstrafrecht des Bundes nicht strafbar sei. 2. a) Da der Beschwerdegegner das Dokument ausgestellt und unterzeichnet hat und somit keine Täuschung über die Identität des Ausstellers besteht, stellt das fragliche Abgas-Wartungsdokument keine unechte Urkunde dar. Zu prüfen bleibt, ob es sich um eine unwahre Urkunde handelt, ob also der Beschwerdegegner eine inhaltlich unrichtige Urkunde hergestellt hat. b) Falschbeurkundung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB begeht, wer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt. Nach der Praxis kann die Beweisbestimmung eines Schriftstückes einerseits sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben ( BGE 95 IV 71 : Testatbuch gemäss Universitätsordnung; BGE 79 IV 163 : Buchhaltung gemäss Art. 957 und 963 OR ) und andererseits aus dessen Sinn oder Natur abgeleitet werden ( BGE 96 IV 153 : Rechnung mit zu geringer Mengenangabe zum Zwecke der Täuschung der Einfuhrbehörden; BGE 103 IV 184 : durch Arzt ausgefüllter Krankenschein; BGE 102 IV 33 f.: Bestätigung der Anwesenheit durch Drittpersonen). Das Bundesgericht hat die Beweisbestimmung verneint, wenn das Schriftstück nur eine blosse einseitige Behauptung enthält, der weder durch das Gesetz noch nach dem aus der Schrift selbst erkennbaren Zweck eine weitere Bedeutung zuzumessen ist ( BGE 103 IV 29 : Meldung der Metzger über die Zahl der Schlachtungen; BGE 73 IV 50 : Hotelmeldeschein bezüglich der Identität der Gäste; BGE 73 IV 110 : Abrechnung eines Gemeindeangestellten über Truppeneinquartierungen; Urteil vom 24. November 1982 i.S. Willy BGE 115 IV 114 S. 119 Angst: Abrechnung über eine Schuldentilgung). Es hat die Beweisbestimmung bejaht für Liegenschaftsschätzungen, vorgenommen von einem berufsmässigen Schätzer im Hinblick auf die Gewährung von Bankkrediten (unveröffentlichtes Urteil vom 19. November 1987 i.S. P.K.). Im Lichte dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass inhaltlich unrichtige Feststellungen in einem Abgas-Wartungsdokument prinzipiell eine Falschbeurkundung darstellen können. Denn das Abgas-Wartungsdokument dient gegenüber der Polizei als Beleg dafür, dass die Abgaswartung durchgeführt wurde ( Art. 133a Abs. 1 VZV ). Es ist also in einer Rechtsnorm ausdrücklich als Beweismittel vorgesehen. Überdies soll es von einer Person unterzeichnet sein, die Gewähr für die sachliche Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben bietet. 3. a) Falschbeurkundung ist nur strafbar, wenn eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet wurde. Die Vorinstanz betrachtete als rechtlich erheblich, dass die Abgaswartung insgesamt in allen ihren Teilaspekten gemäss Art. 83a Abs. 1 BAV tatsächlich durchgeführt worden sei. Unerheblich sei insoweit, ob der Beschwerdegegner persönlich oder ein anderer die Arbeiten ganz oder teilweise vorgenommen habe. Die Beschwerdeführerin meint demgegenüber, Art. 83a Abs. 4 BAV verlange Identität zwischen der Person, die geprüft habe, und derjenigen, die die Prüfung bestätige. b) Die Abgaswartung umfasst gemäss Art. 83a Abs. 1 BAV sowohl die Kontrolle der für die Abgasemissionen massgeblichen Fahrzeugteile als auch, falls notwendig, die Instandstellung dieser Teile sowie schliesslich eine Messung der Abgase. Absatz 4 derselben Bestimmung hat folgenden Wortlaut: Nach jeder durchgeführten Abgaswartung muss die Person, welche die Wartung durchgeführt hat, dies im Abgas-Wartungsdokument durch einen Eintrag bestätigen. Après chaque service d'entretien du système antipollution, la personne qui a effectué les travaux devra en attester l'exécution par une inscription sur la fiche d'entretien du système antipollution. Dopo ogni servizio di manutenzione del sistema antinquinamento, la persona che ha proceduto ai lavori ne attesta l'esecuzione con un'iscrizione nel documento di manutenzione del sistema antinquinamento. Nach diesem Wortlaut hat die gleiche Person, welche die Wartung, also sämtliche Wartungsarbeiten durchgeführt hat, zu bestätigen, dass sie diese Arbeiten vornahm. Eine solche Auffassung geht jedoch an den Realitäten einer modernen Betriebsführung BGE 115 IV 114 S. 120 und einer sinnvollen Arbeitsteilung vorbei. Es ist denkbar, dass die Instandstellungsarbeiten (z.B. der Ersatz eines Auspuffs) von einer anderen Person vorgenommen werden als derjenigen, die später die Messung durchführt. So kann es sich insbesondere in einer Grossgarage als sinnvoll erweisen, bestimmte Arbeitsabläufe dafür spezialisierten Personen zu überlassen oder umgekehrt, wo der Einsatz einer Hilfskraft ausreicht, gewisse Arbeiten einem Hilfsarbeiter zuzuweisen. Möglich ist auch, dass nach Abschluss der Instandstellungsarbeiten etwa wegen Arbeitsschluss oder wegen eines Ausfalls des Messgerätes die Messung nicht mehr am gleichen Tage vorgenommen werden kann. Wenn derjenige Arbeiter, der die Instandstellungsarbeiten ausgeführt hat, am folgenden Tage abwesend ist, bleibt nichts anderes übrig, als die Messung durch eine andere Person vornehmen zu lassen. Es kann sein, dass der Kunde Instandstellungsarbeiten bei einer anderen Garage hat verrichten lassen. Es ist nicht einzusehen, weshalb in solchen Fällen bei einem positiven Abgastest das Abgas-Wartungsdokument nicht ausgestellt werden dürfte. Auf diese naheliegenden Gesichtspunkte gehen weder die Beschwerdeführerin noch das Bundesamt für Polizeiwesen ein. c) Im übrigen bedürfte eine Verpflichtung der Garagenbetriebe, die Abgaswartungsarbeiten durch eine einzige Person vornehmen zu lassen, einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, da eine solche Pflicht einen erheblichen Eingriff in die Freiheit einer optimalen Betriebsgestaltung und damit in die Handels- und Gewerbefreiheit bedeutet. Eine solche gesetzliche Grundlage ist nicht ersichtlich. Wollte man Art. 12 Abs. 1 lit. b und c des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (SR 814.01) als hinreichende gesetzliche Grundlage für einen derartigen Eingriff heranziehen, erwiese sich eine solche Pflicht im Hinblick auf die soeben erörterten Sachargumente als unverhältnismässig und in gewissen Fällen als undurchführbar. d) Auch der Zweck der Vorschriften über die Abgaswartung spricht gegen die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung: In erster Linie muss sichergestellt werden, dass die im Abgas- Wartungsdokument enthaltenen Werte beim fraglichen Fahrzeug tatsächlich erzielt worden sind. Dafür bedarf es einer Bestätigung, die in der Regel nur durch diejenige Person abgegeben werden kann, die den Test durchgeführt hat. Ob darüber hinaus verlangt werden darf, dass die bestätigende Person zumindest eine summarische BGE 115 IV 114 S. 121 Prüfung der Wartungsarbeiten vornehmen muss, kann vorliegend offenbleiben, weil der Beschwerdegegner dies unstrittig getan hat. e) Nach dem Gesagten ist also entscheidend, dass das Abgas- Wartungsdokument inhaltlich zutreffend ist. Dass die Person, welche das Dokument unterzeichnet, sämtliche im Zusammenhang mit der Abgaswartung vorgenommenen Arbeiten selbst ausgeführt hat, kann nicht verlangt werden und ist deshalb auch nicht Inhalt der rechtlich erheblichen Erklärung.
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25ef4d6e-30e9-445f-ae27-dd3f5f76ee5d
Urteilskopf 114 V 310 57. Auszug aus dem Urteil vom 26. August 1988 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen W. und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau
Regeste Art. 18 Abs. 2 UVG , Art. 28 Abs. 4 UVV : Invaliditätsbemessung. - Die Praxis zur allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs in der Invalidenversicherung gilt grundsätzlich in gleicher Weise auch im Rahmen von Art. 18 Abs. 2 UVG (Erw. 3a). - Im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 UVV hat zum Vergleich eine Person mit den gleichen beruflichen und persönlichen Fähigkeiten zu dienen, wie sie der Rentenbewerber aufweist. Für die hypothetischen Validen- und Invalideneinkommen ist massgebend, was diese Person auf dem ihr offenstehenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt zumutbarerweise verdienen könnte (Erw. 4a).
Erwägungen ab Seite 311 BGE 114 V 310 S. 311 Aus den Erwägungen: 1. a) Wird der Versicherte infolge eines Unfalles invalid, so hat er Anspruch auf eine Invalidenrente ( Art. 18 Abs. 1 UVG ). Als invalid gilt, wer voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre ( Art. 18 Abs. 2 UVG ). Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades erlassen ( Art. 18 Abs. 3 UVG ). b) Nimmt ein Versicherter nach dem Unfall die Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr auf oder wirkt sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit aus, so sind für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die BGE 114 V 310 S. 312 Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte ( Art. 28 Abs. 4 UVV ). 2. Beim 1921 geborenen Beschwerdegegner besteht eine Verkürzung des rechten Beins nach Hüftarthrodese rechts im Jahre 1967. Er leidet an arthrotisch bedingten Schmerzen im Bereich der linken Hüfte und des linken Oberschenkels bei stark eingeschränkter Beweglichkeit des linken Hüftgelenks. Im weiteren verspürt er ein Unsicherheitsgefühl im linken Knie infolge erheblicher Instabilität und Insuffizienz (kreisärztliche Berichte vom 13. Mai und 3. September 1985; Bericht der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist vom 24. Mai 1985). Die bisherige körperlich stark belastende Tätigkeit bei der U. AG ist ihm bei diesen gesundheitlichen Verhältnissen wegen der Gefahr körperlicher Überbeanspruchung und wegen des erhöhten Unfall- und Krankheitsrisikos nicht mehr zumutbar. Dagegen darf angenommen werden, dass ihm leichtere körperliche Arbeit trotz Gesundheitsschaden in gewissem Rahmen noch möglich gewesen wäre. Aufgrund der zeitlich nur noch sehr begrenzten Einsatzfähigkeit und der Schonung, die er sich hiebei hätte auferlegen müssen, dürfte indes die Restarbeitsfähigkeit kaum mehr in praktisch relevantem Masse verwertbar gewesen sein. Dafür ist im wesentlichen der Altersfaktor verantwortlich. Denn wie die untenstehende Invaliditätsbemessung zeigt, wäre der Beschwerdegegner im mittleren Alter bei gleichem Leiden in wesentlich geringerem Umfange erwerbsunfähig gewesen, als er es im Dezember 1985 (Rentenbeginn) war. Das Alter wirkte sich daher im Dezember 1985 erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdegegners aus. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und Vorinstanz haben daher zu Recht Art. 28 Abs. 4 UVV zur Anwendung gebracht. Somit ist bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades auf die hypothetischen Erwerbseinkommen mit und ohne Invalidität abzustellen, welche ein Versicherter im mittleren Alter bei entsprechendem Gesundheitsschaden erzielen könnte. 3. a) Die SUVA hat nach den vorliegenden Akten keinen Einkommensvergleich angestellt, sondern ohne Angabe von Einkommensfaktoren einen Invaliditätsgrad von 30% (Verfügung vom 19. November 1985) bzw. 50% (Einspracheentscheid vom 9. Januar 1986) angenommen. Sie hat dieses Verfahren in der vorinstanzlichen Beschwerdevernehmlassung damit begründet, dass an die Ermittlung des Invaliditätsgrades nicht zu hohe Anforderungen BGE 114 V 310 S. 313 gestellt werden dürften, weil dadurch der Verwaltungsaufwand unverhältnismässig würde und die Praktikabilität nicht mehr gewährleistet wäre. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Nach den zu Art. 28 Abs. 2 IVG entwickelten Grundsätzen hat der Einkommensvergleich in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommensdifferenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt. Insoweit die fraglichen Erwerbseinkommen ziffernmässig nicht genau ermittelt werden können, sind sie nach Massgabe der im Einzelfall bekannten Umstände zu schätzen und die so gewonnenen Annäherungswerte miteinander zu vergleichen. Wird eine Schätzung vorgenommen, so muss diese nicht unbedingt in einer ziffernmässigen Festlegung von Annäherungswerten bestehen. Vielmehr kann auch eine Gegenüberstellung blosser Prozentzahlen genügen. Das ohne Invalidität erzielbare hypothetische Erwerbseinkommen ist alsdann mit 100% zu bewerten, während das Invalideneinkommen auf einen entsprechend kleineren Prozentsatz veranschlagt wird, so dass sich aus der Prozentdifferenz der Invaliditätsgrad ergibt (sogenannter Prozentvergleich; BGE 107 V 22 Erw. 2d, BGE 104 V 136 Erw. 2a und b). Diese Regeln gelten grundsätzlich auch für die Unfallversicherung, soweit nicht Gesetz oder andere Vorschriften ausdrücklich etwas Abweichendes vorsehen (in BGE 113 V 132 nicht veröffentlichte, jedoch in RKUV 1987 Nr. U 26 S. 389 publizierte Erwägung 8c des Urteils J. vom 27. Mai 1987). Zu einer rechtskonformen Invaliditätsbemessung gehört daher unabdingbar, dass die dafür notwendigen Einkommens- oder Prozentzahlen ermittelt werden, was mit aller Sorgfalt zu geschehen hat. Darauf kann nicht mit Berufung auf Praktikabilität und Verhältnismässigkeit des Verwaltungsaufwandes verzichtet werden. Die massgebenden Zahlen sind ferner in den Akten festzuhalten, damit der Versicherte in Erfahrung bringen kann, aufgrund welcher erwerblichen Annahmen die Verwaltung auf einen bestimmten Invaliditätsgrad erkannt hatte. b) Die Invaliditätsbemessung muss auch im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 UVV überprüfbar sein. Dass dabei auf Hypothesen abzustellen ist, kann entgegen der Auffassung der SUVA nicht von der Verpflichtung entbinden, die Invalidität aufgrund eines Vergleichs von Einkommensgrössen oder wenigstens einer Gegenüberstellung von Prozentzahlen zu bestimmen. Auch im Normalfall BGE 114 V 310 S. 314 der Invaliditätsbemessung nach Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG muss praktisch immer mit zwei Hypothesen gearbeitet werden. Dies gilt zumal für das Erwerbseinkommen ohne Invalidität, bei welchem nicht auf den - unter Umständen schon länger zurückliegenden - zuletzt tatsächlich erzielten Verdienst abgestellt werden darf. Ferner ist auch das Erwerbseinkommen mit Invalidität dann immer ein hypothetisches, wenn der Versicherte seine verbliebene Arbeitsfähigkeit nicht mehr oder nicht in zumutbarem Masse erwerblich verwertet. Im Rahmen von Art. 28 Abs. 4 UVV gilt grundsätzlich nichts anderes. Der Unterschied zwischen dem Einkommensvergleich nach Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG und dem nach Art. 28 Abs. 4 UVV besteht im wesentlichen bloss darin, dass für die Ermittlung der Vergleichseinkommen in jenem Fall auf das tatsächliche Alter des Versicherten und in diesem auf dasjenige eines Versicherten in mittlerem Alter abgestellt wird. Der Unterschied betrifft nicht die Art, wie der Einkommensvergleich durchzuführen ist, sondern die Elemente, welche beim Einkommensvergleich zu berücksichtigen sind (RKUV 1987 Nr. U 26 S. 388 Erw. 8b und S. 389 Erw. 8c). c) Die Vorinstanz hat demnach das Vorgehen der SUVA zu Recht beanstandet, anderseits selber aber auch keinen Einkommensvergleich vorgenommen, sondern hilfsweise auf die vom Arzt geschätzte medizinisch-theoretische Invalidität abgestellt. Das ist nach dem Gesagten ebenfalls unzulässig. Die Vorinstanz hat ferner zu Unrecht von einer zu Lasten der SUVA gehenden Beweislosigkeit gesprochen, denn die für die Invaliditätsbemessung erforderlichen Einkommensgrössen hätten sich im Rahmen richtig vorgenommener Aktenergänzungen ohne weiteres ermitteln lassen. Auf Beweislosigkeit kann grundsätzlich erst erkannt werden, wenn die von Amtes wegen zu treffenden Ergänzungen der Akten richtig und vollständig durchgeführt worden sind, was im vorliegenden Fall indes nicht geschehen ist. Die Vorinstanz hat wohl den Sachverhalt durch eine Anfrage beim SUVA-Kreisarzt Dr. C. zu erhellen versucht. Doch konnte diese Vorkehr notwendigerweise nicht zum Ziele führen, weil Dr. C. eine Frage ("prozentuale Einbusse der Erwerbsfähigkeit") unterbreitet wurde, deren gültige Beantwortung nicht in den Zuständigkeitsbereich eines Arztes fällt. Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung ist es, den Gesundheitszustand des Versicherten zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten Arbeitsunfähigkeit besteht oder eine Arbeitsleistung BGE 114 V 310 S. 315 noch zumutbar ist ( BGE 105 V 158 Erw. 1). Dagegen kann die Invaliditätsbemessung nicht Sache des Arztes sein. Es war demzufolge verfehlt, Dr. C. die auf eine Invaliditätsschätzung hinauslaufende Frage nach der "prozentualen Einbusse der Erwerbsfähigkeit" zu stellen. 4. a) Bei der Invaliditätsbemessung aufgrund von Art. 28 Abs. 4 UVV ist von der Frage auszugehen, wie sich der im Zeitpunkt des Rentenbeginns bestehende versicherte Gesundheitsschaden bei einem Versicherten mittleren Alters in erwerblicher Hinsicht auswirken würde. Zum Vergleich hat eine Person mit den gleichen beruflichen und persönlichen Fähigkeiten zu dienen, wie sie der Rentenbewerber aufweist. Für die hypothetischen Validen- und Invalideneinkommen ist massgebend, was diese Person auf dem ihr offenstehenden (ausgeglichenen) Arbeitsmarkt zumutbarerweise verdienen könnte (missverständlich MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 362, der nicht den gesamten Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, sondern einschränkend auf die Erwerbseinkommen abzustellen scheint, die im bisherigen Betrieb des Versicherten erzielbar wären).
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1,988
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25f1218e-be4c-4851-a3bb-bd63474d1a84
Urteilskopf 108 II 466 88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Dezember 1982 i.S. M. gegen K. (Berufung)
Regeste Indexierung des Mietzinses ( Art. 9 BMM ). Eine Vertragsklausel, welche die Anpassung des Mietzinses an die Hypothekarzinsentwicklung vorsieht, ist als Indexklausel zu beurteilen.
Sachverhalt ab Seite 466 BGE 108 II 466 S. 466 Die Brüder K. vermieteten Frau M. mit Vertrag vom 2. November 1978 einen Gewerberaum und ein Kellerabteil in einer Liegenschaft in Adliswil. Die Parteien verwendeten das vom Kantonalzürcherischen Hauseigentümerverband und dem BGE 108 II 466 S. 467 Kantonalen Gewerbeverband Zürich herausgegebene Formular "Mietvertrag für Geschäftsräume". Der Vertrag wurde auf eine feste Dauer von vier Jahren und zehn Monaten abgeschlossen. Er setzt unter Ziffer 5.1. lit. a fest, die Vermieter seien bei einer nachweisbaren Erhöhung des Hypothekarzinsfusses berechtigt, unter Einhaltung einer dreimonatigen Anzeigefrist auf jeden Monatsersten eine Mietzinserhöhung in Kraft zu setzen, und zwar um höchstens 3,5% des Mietzinses je 1/4% Hypothekarzinsfusserhöhung. Am 3. Dezember 1980 kündigten die Vermieter eine Mietzinserhöhung ab 1. April 1981 von Fr. 11'556.-- auf Fr. 12'364.90 im Jahr an. Den 7% betragenden Aufschlag begründeten sie mit dem Steigen des Hypothekarzinsfusses um 1/2% auf den 1. April 1981. Frau M. focht die Mietzinserhöhung bei der Schlichtungsstelle an. Nachdem die Einigungsverhandlungen gescheitert waren, klagten die Vermieter beim Mietgericht des Bezirkes Horgen mit dem Antrag, die Mietzinserhöhung als nicht missbräuchlich und zulässig zu erklären. Das Mietgericht hiess die Klage am 23. April 1981 gut und erklärte den verlangten Nettomietzins von jährlich Fr. 12'364.90 als zulässig. Einen gegen dieses Urteil erhobenen Rekurs der Beklagten wies das Obergericht des Kantons Zürich am 14. Mai 1982 ab. Gegen den Beschluss des Obergerichts erhob die Beklagte Berufung, die das Bundesgericht gutheisst. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 9 BMM können Vereinbarungen, wonach die Höhe des Mietzinses einem Index folgt, gültig nur für Mietverhältnisse getroffen werden, die auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden. Nach Auffassung des Obergerichts sind Vertragsklauseln, die eine Anpassung des Mietzinses an die Hypothekarzinsentwicklung vorsehen, nicht als Indexklauseln im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten und deshalb auch bei Verträgen mit fester Dauer von weniger als fünf Jahren zulässig. Die Beklagte hält diese Betrachtungsweise für bundesrechtswidrig. a) In BGE 103 II 267 wurde die vereinbarte Anpassung des Mietzinses an die Veränderungen sowohl des Hypothekarzinsfusses wie des Landesindexes der Konsumentenpreise als Indexierung im Sinne von Art. 9 BMM behandelt. In einem späteren Urteil, das BGE 108 II 466 S. 468 ein Vertragsverhältnis mit fester Dauer von weniger als fünf Jahren betraf, hat das Bundesgericht eine Klausel, die den Vermieter zur Erhöhung des Mietzinses entsprechend dem Steigen des Hypothekarzinses ermächtigte, für ungültig erklärt, weil sie entweder gegen Art. 9 oder Art. 11 BMM verstosse ( BGE 107 II 264 ). In der Literatur wird nur vereinzelt zu dieser Frage ausdrücklich Stellung genommen. GMÜR/CAVIEZEL betrachten das Abstellen auf die Veränderungen des Hypothekarzinsfusses als Indexierung (Mietrecht-Mieterschutz, 2. Aufl., S. 91), und im Guide du locataire wird darauf hingewiesen, dass auch eine Indexklausel denkbar sei, welche die Anpassung an die Veränderungen des Hypothekarzinsfusses vorsehe (S. 125). b) Bei den parlamentarischen Beratungen über Art. 9 BMM (Art. 11 des Entwurfs) stand die Frage im Vordergrund, ob im Fall der Zulassung der Indexierung die Wahl eines bestimmten Indexes in der Vollziehungsverordnung vorgeschrieben werden sollte. Neben dem Landesindex der Konsumentenpreise, den die Befürworter der Zulassung der Indexierung als am geeignetsten betrachteten, wurden der Miet- und der Baukostenindex genannt (Amtl.Bull. 1972 N 960/1 und S 334). Den Hypothekarzinssatz erwähnte in diesem Zusammenhang einzig Nationalrat Kaufmann, der als Beispiel einer nach seiner Ansicht korrekten Indexierung die Klausel anführte, die zur einen Hälfte auf den Konsumentenindex und zur anderen Hälfte auf den Hypothekarzinsfuss abstellt (Amtl.Bull. 1972 N 960). Obschon sich somit den Gesetzesmaterialien in bezug auf die hier massgebende Auslegungsfrage nicht viel entnehmen lässt, verdeutlichen sie doch den Zweck und die Stellung von Art. 9 BMM innerhalb des Missbrauchsbeschlusses. Die Indexierung sollte nur in begrenztem Rahmen zugelassen werden, weil befürchtet wurde, dass die periodische Anpassung des Mietzinses während der festen Vertragsdauer an eine bestimmte Preis- oder Kostenentwicklung zu Verzerrungen und Missbräuchen führen könnte (Amtl.Bull. 1972 S 330/1). Andererseits war aber auch zu berücksichtigen, dass die Vermieter im allgemeinen nicht zum Abschluss von Verträgen mit mehrjähriger fester Dauer bereit sind, wenn während dieser Zeit der Mietzins nicht verändert werden darf (Amtl.Bull. 1972 S 330, 333; N 956/7). Der BMM geht indes grundsätzlich von der Unveränderlichkeit des Mietzinses während der festen Vertragsdauer aus ( Art. 18 Abs. 1 BMM und BGE 107 II 263 lit. b zum 1977 eingefügten Art. 19 BMM ). Da aber auch BGE 108 II 466 S. 469 dem Bedürfnis der Mieter nach langjährigen festen Verträgen Rechnung zu tragen war, wurde der Interessenausgleich dadurch gefunden, dass die Indexierung nur bei Verträgen von mindestens fünfjähriger Dauer zugelassen wurde (Amtl.Bull. 1972 S 330, 333; N 956/7). Dem Sinn und Zweck des Art. 9 BMM entsprechend muss demnach jede Anpassungsklausel, die auf die Veränderungen bestimmter Kosten oder Preise abstellt, als Indexklausel betrachtet werden. Das trifft auch auf die hier streitige Hypothekarzinsklausel zu. Art. 6 VMM , der nach zum Teil vertretener Lehrmeinung bei Wohnungsmieten die Wahl des Konsumentenpreisindexes verbindlich vorschreiben soll (RAISSIG, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, S. 24; BEAT L. MEYER, Mietrecht im Alltag, 2. Aufl., S. 56; RENÉ MÜLLER, Der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, Diss. Zürich 1976, S. 119), spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, da unbestritten ist, dass es sich beim Vertrag der Parteien um eine Geschäftsmiete handelt. c) Das Obergericht nimmt demgegenüber an, eine Indexklausel im Sinne des Art. 9 BMM liege nur dann vor, wenn die Kosten- oder Preisentwicklung, welcher der Mietzins anzupassen ist, statistisch ermittelt wird. Das kann indessen nicht entscheidend sein, denn damit wäre grundsätzlich bei auf weniger als fünf Jahre fest abgeschlossenen Mietverträgen jede Anpassungsklausel zulässig, die auf Daten abstellt, welche nicht statistisch erfasst werden. In Anbetracht der Sonderregelung, die der BMM für indexierte Mietverträge vorsieht, kommt auch dem weiteren Argument des Obergerichts, dass der Hypothekarzins die massgebliche Grösse bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit des Mietzinses sei, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Die auf einer ungültigen Vertragsklausel beruhende Mietzinserhöhung ist demnach unzulässig. Die Berufung ist daher gutzuheissen, der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Klage abzuweisen. Damit erübrigt sich die Behandlung der weiteren Vorbringen der Beklagten, die geltend macht, das Obergericht habe neben Art. 9 auch Art. 11 und 18 Abs. 1 BMM verletzt.
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1,982
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Federation
25f3273f-ca44-4227-a056-9795eb68a00c
Urteilskopf 140 IV 155 21. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X.-Stiftung, Arbeitslosenkasse des Kantons Zug und Y. GmbH gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zug und A. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_236/2014 vom 1. September 2014
Regeste Art. 115 Abs. 1 StPO , Art. 260 SchKG ; Begriff des Geschädigten. In seinen Rechten unmittelbar verletzt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Bei Vermögensdelikten zum Nachteil einer Aktiengesellschaft sind weder die Aktionäre noch die Gesellschaftsgläubiger unmittelbar verletzt (E. 3.3.1). Geschädigtenstellung bei Konkursdelikten (E. 3.3.2) und Urkundendelikten (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.3.3). Die Abtretung nach Art. 260 SchKG hat nicht zur Folge, dass die Geschädigtenstellung des Gemeinschuldners auf den Abtretungsgläubiger übergeht. Der Abtretungsgläubiger handelt nicht für den Gemeinschuldner, sondern in eigenem Namen. Er ist nur geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO , wenn er selber unmittelbar in seinen Rechten verletzt ist (E. 3.4).
Sachverhalt ab Seite 156 BGE 140 IV 155 S. 156 A. A. wird vorgeworfen, er habe unrechtmässig Vermögenswerte der B. AG von über 4 Mio. Fr. auf sich und Dritte übertragen. Dabei habe er in der Buchhaltung der B. AG eine falsche Verbuchung veranlasst sowie einen Kaufvertrag und mehrere Rechnungen falsch beurkundet. Ferner habe er zwei der B. AG von deren Vorsorgestiftung gewährte Darlehen über je Fr. 160'000.- nicht für die Umsetzung eines Sozialplans, sondern für die Begleichung anderer Verbindlichkeiten der B. AG verwendet. Die X.-Stiftung, die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug (nachfolgend: Arbeitslosenkasse) und die Y. GmbH liessen sich im Konkurs der B. AG Rechtsansprüche gegen A. nach Art. 260 SchKG abtreten und erstatteten im Oktober 2006 Strafanzeige gegen ihn. B. Das Strafgericht des Kantons Zug verurteilte A. wegen mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung und mehrfacher Urkundenfälschung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten sowie einer Busse von Fr. 6'000.- und verpflichtete ihn zur Bezahlung einer Ersatzforderung von Fr. 500'000.- an den Staat. Von den übrigen Vorwürfen der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Urkundenfälschung sowie den Vorwürfen der mehrfachen Veruntreuung, des mehrfachen betrügerischen Konkurses, der mehrfachen Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung und der Misswirtschaft sprach es ihn frei. Auf die Zivilklage der X.-Stiftung, der Arbeitslosenkasse und der Y. GmbH trat es nicht ein. Gegen diesen Entscheid erhoben A., die X.-Stiftung, die Arbeitslosenkasse sowie die Y. GmbH Berufung und die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung beim Obergericht des Kantons Zug. A. focht einen Schuldspruch wegen Urkundenfälschung sowie den Strafpunkt an. Die X.-Stiftung, die Arbeitslosenkasse sowie die Y. GmbH beantragten, A. sei sämtlicher angeklagter Delikte schuldig zu BGE 140 IV 155 S. 157 sprechen, die Ersatzforderung sei zu erhöhen und ihnen im Umfang der teilklageweise geltend gemachten Forderung zuzusprechen. Die beschlagnahmten Vermögenswerte seien bis zur vollständigen Bezahlung der Ersatzforderung mit Beschlag zu belegen. Auf ihre Zivilklage sei einzutreten und sie sei gutzuheissen. Ihnen sei eine Entschädigung für das erstinstanzliche Verfahren zuzusprechen. Das Obergericht trat auf die Berufung der X.-Stiftung, der Arbeitslosenkasse und der Y. GmbH insoweit nicht ein, als sie sich gegen die Freisprüche von den Vorwürfen der mehrfachen Veruntreuung, der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Urkundenfälschung richtet. Im Übrigen trat es auf die Berufung ein. C. Die X.-Stiftung, die Arbeitslosenkasse sowie die Y. GmbH beantragen mit Beschwerde in Strafsachen, der obergerichtliche Beschluss sei insoweit aufzuheben, als er ihnen die Legitimation zur Berufung aberkenne. Das Obergericht sei anzuweisen, auf ihre Berufung vollumfänglich einzutreten und ihnen für das obergerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. D. Das Obergericht, die Staatsanwaltschaft und A. wurden beschränkt auf die Frage der Parteientschädigung zur Vernehmlassung eingeladen. Das Obergericht beantragt unter Hinweis auf seine Erwägungen im angefochtenen Beschluss, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft und A. (Beschwerdegegner 2) verzichten auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.2 Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen ( Art. 382 Abs. 1 StPO ). Partei ist namentlich die Privatklägerschaft ( Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren im Straf- oder Zivilpunkt zu beteiligen ( Art. 118 Abs. 1 StPO ). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist ( Art. 115 Abs. 1 StPO ). In seinen Rechten unmittelbar verletzt ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist. Bei Strafnormen, die nicht primär BGE 140 IV 155 S. 158 Individualrechtsgüter schützen, gelten praxisgemäss nur diejenigen Personen als Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmitelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist ( BGE 139 IV 78 E. 3.3.3; BGE 138 IV 258 E. 2.2 f.; je mit Hinweisen). Im Allgemeinen genügt es, wenn das von der geschädigten Person angerufene Individualrechtsgut durch den verletzten Straftatbestand auch nur nachrangig oder als Nebenzweck geschützt wird, selbst wenn der Tatbestand in erster Linie dem Schutz von kollektiven Rechtsgütern dient. Werden indes durch Delikte, die nur öffentliche Interessen verletzen, private Interessen bloss mittelbar beeinträchtigt, ist der Betroffene nicht Geschädigter im Sinne des Strafprozessrechts ( BGE 138 IV 258 E. 2.3 mit Hinweisen; vgl. NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, Rz. 514 ff.; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 18 ff. zu Art. 115 StPO ; GÉRARD PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2006, § 70 N. 507; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse, Commentaire à l'usage des praticiens, 2012, N. 249 f. zu Art. 115 StPO ). 3.3 3.3.1 Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, gilt bei Straftaten gegen den Vermögenswert der Inhaber des geschädigten Vermögens als geschädigte Person. Bei Vermögensdelikten zum Nachteil einer Aktiengesellschaft sind weder die Aktionäre noch die Gesellschaftsgläubiger unmittelbar verletzt (vgl. Urteil 6B_680/2013 vom 6. November 2013 E. 3; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 56 zu Art. 115 StPO ; vgl. zur ungetreuen Geschäftsbesorgung OBERHOLZER, a.a.O., Rz. 518). Die Beschwerdeführerinnen als Gläubigerinnen der B. AG sind hinsichtlich der Vorwürfe der Veruntreuung und der ungetreuen Geschäftsbesorgung nicht als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO anzusehen. 3.3.2 Geschütztes Rechtsgut der Konkursdelikte gemäss Art. 163 ff. StGB ist das Vermögen der Gläubiger des Gemeinschuldners (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 60 zu Art. 115 StPO ). Hinsichtlich des Vorwurfs des mehrfachen betrügerischen Konkurses sowie der Eventualvorwürfe der mehrfachen Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung und der Misswirtschaft gelten die Beschwerdeführerinnen, wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO . BGE 140 IV 155 S. 159 3.3.3 Urkundendelikte schützen in erster Linie die Allgemeinheit. Geschütztes Rechtsgut ist das besondere Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel entgegengebracht wird ( BGE 137 IV 167 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Daneben können auch private Interessen unmittelbar verletzt werden, falls die Urkundenfälschung auf die Benachteiligung einer bestimmten Person abzielt ( BGE 119 Ia 342 E. 2b; Urteil 6B_496/2012 vom 18. April 2013 E. 5.2; je mit Hinweisen; OBERHOLZER, a.a.O., Rz. 517; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 73 zu Art. 115 StPO ; CAMILLE PERRIER, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 11 zu Art. 115 StPO ; PIQUEREZ, a.a.O., § 70 N. 507 S. 330). Die Vorinstanz stellt fest, die Staatsanwaltschaft werfe dem Beschwerdegegner 2 vor, im Kaufvertrag zwischen der B. AG und der C. AG den massgebenden Wert der Warenvorräte falsch angegeben zu haben. Der im Vertrag festgehaltene Warenwert von Fr. 800'000.- habe unter dem effektiven Lagerwert von mindestens 2,2 Mio. Fr. gelegen. Gemäss Anklagesachverhalt habe die Urkundenfälschung auf die Benachteiligung der B. AG abgezielt. Die Vorinstanz erwägt zutreffend, die Beschwerdeführerinnen seien nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt, weil die dem Beschwerdegegner 2 vorgeworfene Urkundenfälschung nicht ihre, sondern die Rechtsgüter der B. AG beeinträchtigt. 3.4 3.4.1 Die Beschwerdeführerinnen rügen, als Abtretungsgläubigerinnen nach Art. 260 SchKG seien sie im Strafverfahren gegen ehemalige Organe der B. AG zur adhäsionsweisen Geltendmachung der abgetretenen Ansprüche zuzulassen. Die Vorinstanzen hätten die Natur der Abtretung nach Art. 260 SchKG verkannt, was zu einem Widerspruch in der Rechtsordnung führe und sich kontraproduktiv auf die Abwicklung von Gesellschaftskonkursen auswirke. Sie machen geltend, die Lehrmeinung von MAZZUCCHELLI und POSTIZZI, auf welche sich die Vorinstanz stütze, sei nicht herrschend, und berufen sich im Übrigen auf einen Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich. 3.4.2 MAZZUCCHELLI und POSTIZZI führen aus, die Rechtsnachfolger der unmittelbar verletzten Person seien bloss mittelbar verletzt. So sei zum Beispiel der Zessionar gemäss Art. 164 ff. OR einer aus der Straftat abgeleiteten Schadenersatzforderung nicht geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO und dürfe sich somit nicht als BGE 140 IV 155 S. 160 Privatkläger konstituieren. Er sei vom Strafverfahren ausgeschlossen und zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung auf den Zivilweg verwiesen. Geschädigte Person bleibe der Zedent, soweit er Träger des angegriffenen Rechtsguts sei. Umso weniger sei der Abtretungsgläubiger gemäss Art. 260 SchKG geschädigte Person gemäss Art. 115 Abs. 1 StPO . Ihm werde bloss die Prozessführungsmacht der Konkursmasse abgetreten. Diese bleibe Rechtsträgerin des materiellen Anspruchs, bis die Gemeinschuldnerin aus dem Handelsregister gelöscht werde. Der Abtretungsgläubiger könne somit die entsprechende Forderung lediglich in einem ordentlichen Zivilprozess geltend machen (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 26 zu Art. 115 StPO ). 3.4.3 Das Kassationsgericht des Kantons Zürich erwog mit Entscheid vom 5. August 2004, der Abtretungsgläubiger gemäss Art. 260 SchKG sei im zürcherischen Strafprozess zur Adhäsionsklage legitimiert. Neben dem unmittelbar Geschädigten seien auch seine Erben sowie Versicherungsgesellschaften, welche gemäss Art. 72 VVG (SR 221.229.1) in seine Rechte eingetreten seien, zur Adhäsionsklage legitimiert. Die Legitimation der Erben und Versicherungsgesellschaften rechtfertige sich durch deren besondere Beziehung zum Geschädigten respektive zu dessen Schadenersatzansprüchen, welche dem blossen Zessionar der Schadenersatzforderung im Sinne von Art. 164 ff. OR abgehe. Der Abtretungsgläubiger gemäss Art. 260 SchKG handle als Prozessstandschafter für die Konkursmasse. Diese bleibe Rechtsträgerin des materiellen Anspruchs, könne aber bis zu einem allfälligen Widerruf der Abtretung nicht mehr darüber verfügen. Da die Eintreibungsbefugnis allein dem Abtretungsgläubiger zukomme, stehe auch er in einer besonderen Beziehung zum ursprünglichen Anspruch des Geschädigten. Entsprechend sei er zur Adhäsionsklage legitimiert, soweit sich der abgetretene Anspruch mit strafbaren Handlungen zum Nachteil des Gemeinschuldners begründen lasse (ZR 104/2005 Nr. 6 S. 14 ff., insbesondere S. 17 E. 4a sowie S. 19 f. E. 4c/cc mit Hinweisen). 3.4.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt es sich bei der Abtretung nach Art. 260 SchKG um ein betreibungs- und prozessrechtliches Institut sui generis, die auch als eine Form der Prozessstandschaft bezeichnet wird. Der Abtretungsgläubiger handelt zwar im Prozess in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko, wird durch die Abtretung indes nicht Träger des abgetretenen Anspruchs; abgetreten wird ihm nur das Prozessführungsrecht der Masse ( BGE 138 III 628 E. 5.3.2; BGE 132 III 342 E. 2.2; BGE 121 III 488 E. 2b; BGE 140 IV 155 S. 161 je mit Hinweisen). Wie die Beschwerdeführerinnen zu Recht geltend machen, unterscheidet sich die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG grundlegend von der Zession gemäss Art. 164 ff. OR . Die geschädigte juristische Person verliert die Rechtsfähigkeit erst mit ihrer Löschung aus dem Handelsregister. Sie behält die Geschädigtenstellung im Liquidationsstadium bei, und zwar auch dann, wenn dieses durch den Konkurs herbeigeführt worden ist (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 33 zu Art. 115 StPO ). Vertritt die Konkursverwaltung den Gemeinschuldner im Strafprozess, dann handelt sie in dessen Namen und kann alle Rechte geltend machen, welche ihm als geschädigte Person im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO zustehen. Demgegenüber handelt der Abtretungsgläubiger gemäss Art. 260 SchKG nicht für den Gemeinschuldner, sondern in eigenem Namen. Somit kann er nur so weit tätig werden, als er selber unmittelbar in seinen Rechten verletzt ist. Die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG hat nicht zur Folge, dass die Geschädigtenstellung auf ihn übergeht. 3.4.5 Art. 121 StPO regelt die strafprozessualen Folgen, wenn die mit der Straftat zusammenhängenden privatrechtlichen Ansprüche auf Personen übergehen, die nicht geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO sind (vgl. dazu Urteil 6B_549/2013 vom 24. Februar 2014 E. 3.2.1). Stirbt die geschädigte Person, ohne auf ihre Verfahrensrechte als Privatklägerschaft verzichtet zu haben, so gehen ihre Rechte auf die Angehörigen in der Reihenfolge der Erbberechtigung über ( Art. 121 Abs. 1 StPO ). Wer von Gesetzes wegen in die Ansprüche der geschädigten Person eintrat, ist nur zur Zivilklage berechtigt und hat lediglich jene Verfahrensrechte, die sich unmittelbar auf deren Durchsetzung beziehen ( Art. 121 Abs. 2 StPO ). Die Rechtsansprüche der Konkursmasse gehen weder rechtsgeschäftlich noch von Gesetzes wegen auf den Abtretungsgläubiger gemäss Art. 260 SchKG über. Er erhält nur das Prozessführungsrecht der Masse. Bereits aus diesem Grund verbietet sich eine analoge Anwendung von Art. 121 StPO (vgl. MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 6 zu Art. 121 StPO ; anderer Ansicht LORENZ DROESE, Die Akteneinsicht des Geschädigten in der Strafuntersuchung vor dem Hintergrund zivilprozessualer Informationsinteressen, 2008, S. 28 f.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Abtretungsgläubiger, weil ihm die Eintreibungsbefugnis alleine zusteht, in einer besonderen Beziehung zum ursprünglichen Anspruch des Geschädigten stehen würde, wie dies das BGE 140 IV 155 S. 162 Kassationsgericht des Kantons Zürich unter der Geltung des kantonalen Strafprozessrechts erwog (vgl. E. 3.4.3). Der Wortlaut von Art. 115 Abs. 1 StPO verlangt ausdrücklich, dass die geschädigte Person in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist. Der Bundesrat hielt fest, Anknüpfungspunkt sei die unmittelbare Verletzung der rechtlich geschützten Interessen der betreffenden Person (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1170 Ziff. 2.3.3.1).
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25f5df08-5ba2-4707-bbc1-16edee036b8c
Urteilskopf 109 V 65 14. Urteil vom 30. August 1983 i.S. Schweizerische Ausgleichskasse gegen Schafroth und Eidgenössische Rekurskommission der AHV-IV für die im Ausland wohnenden Personen
Regeste Art. 2 Abs. 4 AHVG , Art. 10 Abs. 1 und 2 VFV . Für Ehefrauen, die unmittelbar vor der Eheschliessung mit einem nicht freiwillig versicherten Auslandschweizer freiwillig oder obligatorisch versichert waren und die nach der Eheschliessung weiterhin ausschliesslich für einen schweizerischen Arbeitgeber im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG tätig sind, beginnt die einjährige Frist für die Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung mit dem Wegfall der Voraussetzungen für die obligatorische Versicherung und nicht mit dem Zeitpunkt der Eheschliessung zu laufen. In diesem Fall ist Art. 10 Abs. 1 VFV und nicht Abs. 2 anwendbar.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 109 V 65 S. 65 A.- Elisabeth Schafroth ist seit Oktober 1973 im Ausland niedergelassen und arbeitete bis zum 30. Juni 1979 als Sekretärin des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten BGE 109 V 65 S. 66 auf dem Generalkonsulat in New York. Am 24. September 1976 hatte sie den 1952 geborenen, in Übersee niedergelassenen und bei der AHV weder obligatorisch noch freiwillig versicherten Schweizer-Bürger Bernhard Schafroth geheiratet. Sie erklärte am 21. Mai 1980 den Beitritt zur freiwilligen Versicherung, welchen die Schweizerische Ausgleichskasse mit Verfügung vom 28. Oktober 1980 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach Art. 2 Abs. 4 AHVG könnten sich Ehefrauen nicht freiwillig versicherter Auslandschweizer nur dann freiwillig versichern, wenn der Ehemann nach Gesetz keine Beitrittsmöglichkeit habe oder gehabt habe; sodann bestimme Art. 10 Abs. 2 VFV , dass im Ausland niedergelassene Schweizer-Bürgerinnen, die unmittelbar vor der Eheschliessung freiwillig oder obligatorisch versichert waren, die Versicherung ohne Rücksicht auf ihr Alter freiwillig fortführen könnten, sofern sie innert Jahresfrist seit ihrer Heirat den Beitritt zur freiwilligen Versicherung erklären; vorliegend stehe dem Ehemann Bernhard Schafroth die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung offen, und ferner sei die Beitrittserklärung der Gesuchstellerin nicht innert Jahresfrist seit der Heirat erfolgt. B.- Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV-IV für die im Ausland wohnenden Personen hiess eine hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 4. Februar 1982 gut, hob die angefochtene Kassenverfügung auf und wies die Akten zum Erlass einer neuen Verfügung an die Schweizerische Ausgleichskasse zurück. Die Rekurskommission stellte fest, dass die Beitrittserklärung vom 21. Mai 1980 rechtzeitig erfolgte; es sei im weiteren Sache der Verwaltung abzuklären, ob die Voraussetzungen für die Aufnahme in die freiwillige Versicherung in der Zeit vom 1. Juli 1979 bis 31. März 1980 erfüllt gewesen seien. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Schweizerische Ausgleichskasse Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und Bestätigung der Kassenverfügung. Elisabeth Schafroth und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AHVG können im Ausland niedergelassene Schweizer-Bürger, die nicht obligatorisch versichert sind, sich freiwillig versichern, sofern sie das 50. Altersjahr noch nicht BGE 109 V 65 S. 67 zurückgelegt haben. Schweizer-Bürger, die aus der obligatorischen Versicherung ausscheiden, können die Versicherung nach Abs. 2 ohne Rücksicht auf ihr Alter freiwillig weiterführen. Sodann bestimmt Art. 1 VFV , dass als im Ausland niedergelassene Schweizer-Bürger im Sinne von Art. 2 AHVG die nicht gemäss Art. 1 dieses Gesetzes versicherten Personen gelten, welche das Schweizerbürgerrecht besitzen, ihren Wohnsitz im Ausland haben und (laut der bis Ende 1982 geltenden, hier anwendbaren Fassung) in der Konsularmatrikel der zuständigen schweizerischen Auslandsvertretung eingetragen sind. Nach diesen Bestimmungen ist eine gleichzeitige freiwillige und obligatorische Versicherung grundsätzlich ausgeschlossen ( BGE 106 V 69 ). Ehefrauen nicht freiwillig versicherter Auslandschweizer können sich gemäss Art. 2 Abs. 4 AHVG nur dann freiwillig versichern, wenn der Ehemann nach diesem Gesetz keine Möglichkeit des Beitritts hat oder gehabt hat oder wenn sie seit mindestens einem Jahr vom Ehemann getrennt leben; sie können jedoch in jedem Fall die Versicherung freiwillig fortführen, wenn sie unmittelbar vor der Eheschliessung freiwillig oder obligatorisch versichert waren. Daraus folgt, dass sich die Versicherteneigenschaft eines freiwillig versicherten Auslandschweizers auch auf seine Ehefrau erstreckt. Denn Art. 2 Abs. 4 AHVG nimmt der Ehefrau grundsätzlich die Möglichkeit, sich unabhängig vom Ehemann freiwillig zu versichern ( BGE 104 V 125 ). Gemäss Art. 10 Abs. 1 VFV können Auslandschweizer ohne Rücksicht auf ihr Alter innert Jahresfrist seit Wegfall der Voraussetzungen für die obligatorische Versicherung den Beitritt zur freiwilligen Versicherung erklären. Ferner können nach Abs. 2 im Ausland niedergelassene Schweizer-Bürgerinnen, die unmittelbar vor der Eheschliessung freiwillig oder obligatorisch versichert waren, die Versicherung ohne Rücksicht auf ihr Alter freiwillig fortführen, sofern sie innert Jahresfrist seit ihrer Heirat den Beitritt erklären. 2. a) Die Vorinstanz führt in ihrem Entscheid aus, Elisabeth Schafroth habe das Arbeitsverhältnis mit dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten nach ihrer Heirat am 24. September 1976 nicht beendet, sondern bis Ende Juni 1979 ununterbrochen weitergeführt, weshalb die Voraussetzungen der obligatorischen Versicherung erst nach Aufgabe der Stelle beim Generalkonsulat in New York nicht mehr gegeben waren. Die einjährige Frist zur Beitrittserklärung im Sinne von Art. 10 Abs. 1 BGE 109 V 65 S. 68 VFV habe demnach am 1. Juli 1979 zu laufen begonnen, und die Beitrittserklärung vom 21. Mai 1980 sei daher entgegen der Auffassung der Schweizerischen Ausgleichskasse rechtzeitig erfolgt. Das Argument der Schweizerischen Ausgleichskasse, Elisabeth Schafroth hätte den Beitritt nach Art. 10 Abs. 2 VFV innerhalb eines Jahres nach der Heirat (24. September 1976) erklären müssen, widerlegt die Vorinstanz mit der Feststellung, dass diese Bestimmung im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, betreffe sie doch nur jene Auslandschweizerinnen, die mit der Eheschliessung aus der obligatorischen Versicherung ausscheiden, weil sie entweder jegliche Berufstätigkeit aufgeben oder aber zu einem ausländischen Arbeitgeber wechseln. Wenn eine Auslandschweizerin nach der Verehelichung weiterhin für einen schweizerischen Arbeitgeber arbeite, unterstehe sie von Gesetzes wegen der obligatorischen AHV-IV und habe keine Beitragslücke zu befürchten. Ein Interesse, sich unmittelbar nach der Heirat freiwillig zu versichern, bestehe folglich nicht; ja ein Beitritt zur freiwilligen Versicherung für Auslandschweizer wäre ihr - solange sie nicht gleichzeitig für einen ausländischen und schweizerischen Arbeitgeber arbeitet - sogar verwehrt, weil nach BGE 106 V 69 zur gleichen Zeit eine freiwillige und obligatorische Versicherung grundsätzlich ausgeschlossen sei. b) Die Schweizerische Ausgleichskasse macht in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend, die in Art. 2 Abs. 4 Halbsatz 2 AHVG vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der "unité de couple" setze voraus, dass der Beitritt zur freiwilligen Versicherung innert Jahresfrist seit der Heirat erklärt werde; die Frist laufe mithin nicht ab dem Zeitpunkt, in welchem die Voraussetzungen für die obligatorische Versicherung weggefallen seien. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz hätte zur Folge, dass verheiratete Auslandschweizer der Entrichtung von Solidaritätsbeiträgen aus dem Wege gehen und ihre Ehefrau ungeachtet dessen, wie lange diese nach der Heirat obligatorisch versichert war, freiwillig versichern lassen könnten. Der vorinstanzliche Entscheid widerspreche nicht nur dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 2 VFV , sondern er stehe auch im Widerspruch zum Grundsatz der Einheit des Ehepaares und trage dem Solidaritätsprinzip nicht Rechnung. 3. Die Beschwerdegegnerin war vor der Eheschliessung am 24. September 1976 und nachher bis Ende Juni 1979 nach Massgabe von Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG obligatorisch versichert. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sie der freiwilligen Versicherung nicht BGE 109 V 65 S. 69 beitreten, weil sie ausschliesslich für einen schweizerischen Arbeitgeber im Ausland und nicht gleichzeitig auch für einen ausländischen Arbeitgeber tätig war ( BGE 106 V 69 ). Art. 10 Abs. 2 VFV , welcher eine Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung innert Jahresfrist seit der Heirat vorschreibt, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, zumal gemäss dieser Vorschrift nach dem Ausscheiden der Beschwerdegegnerin aus der obligatorischen Versicherung Ende Juni 1979 keine Beitrittsmöglichkeit mehr bestand. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 AHVG und Art. 10 Abs. 2 VFV , wonach die betreffenden Schweizerinnen die Versicherung "fortführen" können, was nur bedeuten kann, dass mit der Eheschliessung die Versicherungsvoraussetzungen weggefallen sein müssen, denn sonst bedürfte es keiner besonderen Erklärung, um weiterhin versichert zu bleiben. Es kann sodann nicht der Sinn der gesetzlichen Ordnung sein, der Ehefrau eines nicht freiwillig versicherten Auslandschweizers - auch wenn dieser die Möglichkeit zum Beitritt hätte oder gehabt hätte - die Aufnahme in die freiwillige Versicherung zu versagen, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 4 Halbsatz 2 AHVG erfüllt. Weil Art. 2 Abs. 4 AHVG vorsieht, dass die Ehefrau (eines nicht freiwillig versicherten Auslandschweizers), die unmittelbar vor der Eheschliessung freiwillig oder obligatorisch versichert war, der freiwilligen Versicherung allein beitreten kann, und insbesondere bezweckt, die Fortführung der Versicherung auf freiwilliger Basis "in jedem Fall" zu ermöglichen, darf dieser Beitritt nicht durch die im vorliegenden Fall sinnwidrige und zu Rechtsungleichheiten führende Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 VFV ausgeschlossen werden. Im übrigen ist nicht anzunehmen, das Gesetz wolle die Ehefrau unter den gegebenen Verhältnissen benachteiligen, wenn ihr Ehemann von seinem Beitrittsrecht keinen Gebrauch macht. Demzufolge ist hier, wie die Vorinstanz und das BSV zu Recht ausführen, Art. 10 Abs. 1 VFV anwendbar, wonach Auslandschweizer den Beitritt zur freiwilligen Versicherung ohne Rücksicht auf ihr Alter innert Jahresfrist seit Wegfall der Voraussetzungen für die obligatorische Versicherung erklären können. Dadurch ist sichergestellt, dass der Sinn des Art. 2 Abs. 4 AHVG nicht ausgehöhlt wird. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Inwieweit Art. 10 Abs. 2 VFV nach dem Gesagten neben Abs. 1 noch Bedeutung zukommt, kann nach den zutreffenden Ausführungen des BSV offenbleiben. BGE 109 V 65 S. 70 4. Mit Recht hat daher die Vorinstanz erkannt, dass die Beitrittserklärung vom 21. Mai 1980 fristgemäss abgegeben worden ist. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 137 III 67 11. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. gegen Erwachsenen- und Kindesschutzkommission der Stadt Bern (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_645/2010 vom 27. Dezember 2010
Regeste Art. 420 Abs. 1 ZGB ; Legitimation zur Vormundschaftsbeschwerde. Ein Dritter ist zur Vormundschaftsbeschwerde legitimiert, wenn er sich auf Interessen der schutzbedürftigen Person beruft oder die Verletzung eigener Rechte und Interessen geltend macht, die hätten berücksichtigt werden müssen (E. 3.1). Beruft sich der Dritte auf Interessen des Schutzbedürftigen, muss er diesem zudem nahestehen, um legitimiert zu sein (Analogie zu Art. 397d Abs. 1 ZGB ) (E. 3.4 und 3.5). Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass eine Bank oder der zuständige Bankangestellte im Einzelfall als nahestehende Personen gelten können, doch kann die Frage vorliegend offengelassen werden (E. 3.6).
Sachverhalt ab Seite 67 BGE 137 III 67 S. 67 Die Bank X. verwahrt Vermögenswerte von A. Am 27. Januar 2009 errichtete die Erwachsenen- und Kindesschutzkommission der Stadt Bern über A. eine Beistandschaft auf eigenes Begehren. Mit Saldierungsauftrag vom 7. Juli 2009 wies der Beistand die Bank X. BGE 137 III 67 S. 68 an, sämtliche Konti und Depots von A. zu saldieren und das Guthaben auf ein Konto bei der Bank C. zu übertragen. Gegen diese Handlung des Beistands erhob die Bank X. am 20. Juli 2009 Beschwerde im Sinne von Art. 420 Abs. 1 ZGB . Die Erwachsenen- und Kindesschutzkommission der Stadt Bern trat darauf am 22. September 2009 nicht ein. Am 5. Oktober 2009 erhob die Bank X. gegen diesen Beschluss Beschwerde gemäss Art. 420 Abs. 2 ZGB an das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland, welche am 12. April 2010 abgewiesen wurde. Die Bank X. erklärte am 23. April 2010 die Weiterziehung an das Obergericht des Kantons Bern. Am 5. August 2010 wies das Obergericht das Rechtsmittel ab. Dagegen hat die Bank X. (Beschwerdeführerin) am 14. September 2010 Beschwerde in Zivilsachen und - eventualiter - subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache zur materiellen Beurteilung an das Obergericht, eventuell an die Erwachsenen- und Kindesschutzkommission der Stadt Bern. Subeventualiter sei der Saldierungsauftrag des Beistandes zu widerrufen und dieser anzuweisen, die bestehenden Konti und Depots von A. bei der Beschwerdeführerin aufrechtzuerhalten. Die Erwachsenen- und Kindesschutzkommission ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gegenstand des Verfahrens bildet die Frage, ob die Beschwerdeführerin zur Erhebung einer Beschwerde gemäss Art. 420 ZGB gegen die fragliche Handlung des Beistandes legitimiert ist. Dabei ist vorauszuschicken, dass sich diese Beschwerde über den Wortlaut der Norm hinaus nicht nur gegen Handlungen eines Vormundes, sondern auch eines Beistandes richten kann ( Art. 367 Abs. 3 ZGB ). 3.1 In analoger Anwendung von Art. 420 Abs. 1 ZGB können somit gegen Handlungen des Beistandes der urteilsfähige Verbeiständete sowie jedermann, der ein Interesse hat, Beschwerde führen. BGE 137 III 67 S. 69 Das Recht des Dritten zur Beschwerdeführung ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eingeschränkt. Demnach ist ein Dritter zur Beschwerdeführung gemäss Art. 420 ZGB legitimiert, wenn er sich auf Interessen der schutzbedürftigen Person beruft oder die Verletzung eigener Rechte oder Interessen geltend macht ( BGE 121 III 1 E. 2a S. 3). Wie sich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entnehmen lässt, wird die Verfolgung eigener Interessen aber nur insofern zugelassen, als bei der angefochtenen Handlung die geltend gemachten Rechte oder Interessen des Beschwerdeführers überhaupt berücksichtigt werden müssen ( BGE 121 III 1 E. 2b S. 4; Urteil 5C.242/2005 vom 17. Januar 2006 E. 2.2; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 31 zu Art. 420 ZGB ). 3.2 Die Vorinstanz hat die Legitimation der Beschwerdeführerin einzig unter dem Aspekt der Wahrung von Interessen der schutzbedürftigen Person geprüft. Sie hat angenommen, das Beschwerderecht stehe in diesem Fall nicht beliebigen Dritten zu, sondern erforderlich sei ein besonderes Näheverhältnis zur schutzbedürftigen Person, und hat hiezu auf eine Analogie zu Art. 397d Abs. 1 ZGB abgestellt. Die angebliche Beziehung zwischen A. und der Beschwerdeführerin bzw. der zuständigen Bankangestellten sei dazu nicht genügend eng. Ob die Beschwerdeführerin zur Wahrung eigener Rechte oder Interessen Vormundschaftsbeschwerde erheben könne, hat das Obergericht mangels ausdrücklicher Geltendmachung nicht geprüft. 3.3 Die Beschwerdeführerin behauptet nach wie vor, die Beschwerde im Interesse der verbeiständeten A. zu erheben, um ihr die Mühe einer eigenen Prozessführung zu ersparen. Die Beschwerdeführerin ist zwar Adressatin des Saldierungsauftrags des Beistands, womit die Anrufung von Eigeninteressen nahe liegen würde. Sie bringt denn auch vor, hinter dem angeblich systematischen Transfer von vormundschaftlichen Geldern an die Bank C. würden nicht vormundschaftliche Interessen stehen, sondern die entsprechenden Anweisungen erfolgten aus protektionistischen Gründen. Dies ändert aber nichts daran, dass sie sich zur Begründung ihrer Legitimation einzig auf die Wahrung von Fremdinteressen beruft und sie sich auch nicht gegen die vorinstanzliche Feststellung wendet, dass sie schon vor Obergericht keine Eigeninteressen geltend gemacht habe. Mithin ist ihre Beschwerde einzig unter dem Gesichtspunkt BGE 137 III 67 S. 70 der Wahrung von Interessen des Schutzbedürftigen (Mündelinteressen) zu prüfen. 3.4 Zu untersuchen ist, welcher Personenkreis zur Beschwerde gemäss Art. 420 Abs. 1 ZGB im Interesse des Schutzbedürftigen legitimiert ist. 3.4.1 Gemäss dem Wortlaut von Art. 420 Abs. 1 ZGB kann der urteilsfähige Bevormundete sowie "jedermann, der ein Interesse hat" bei der Vormundschaftsbehörde Beschwerde führen. Die französische Fassung spricht von "tout intéressé", die italienische von "ogni interessato". Der Wortlaut der Norm kennt somit in keiner Version eine über das Interessenerfordernis hinausgehende Einschränkung der Legitimation. Insbesondere findet sich keine ausdrückliche Einschränkung auf nahestehende Personen. Weitere Bestimmungen des Vormundschaftsrechts, welche sich zur Legitimation Dritter äussern und sie mit der Formel "jedermann, der ein Interesse hat" umschreiben, sind Art. 388 Abs. 2 ZGB (Anfechtung der Wahl eines Vormundes), Art. 433 Abs. 3 ZGB (Antragstellung zur Aufhebung der Vormundschaft) und Art. 446 Abs. 1 ZGB (Antrag auf Amtsenthebung des Vormundes). Sie werfen alle dasselbe Problem auf, wie weit der Kreis der interessierten Personen gezogen werden soll (vgl. für einen Überblick BERNHARD SCHNYDER, "...jedermann, der ein Interesse hat", in: Festschrift für Cyril Hegnauer [...] [nachfolgend: Jedermann], 1986, S. 457 ff.). Der Begriff der nahestehenden Person wird in Art. 397d Abs. 1 ZGB verwendet, um den Kreis der Dritten zu umschreiben, die einen Entscheid über die fürsorgerische Freiheitsentziehung in eigenem Namen anfechten können. Unter Nahestehenden versteht das Bundesgericht jene Personen, die den Betroffenen zufolge Verwandtschaft oder Freundschaft oder wegen ihrer Funktion oder beruflichen Tätigkeit (Arzt, Sozialhelfer, Priester oder Pfarrer etc.) gut kennen und die deshalb geeignet erscheinen, die Interessen der betroffenen Person wahrzunehmen ( BGE 122 I 18 E. 2c/bb S. 30; BGE 114 II 213 E. 3 S. 217; Urteil 5A_837/2008 vom 25. März 2009 E. 5.2). 3.4.2 Den Materialien zu Art. 420 ZGB lässt sich entnehmen, dass Eugen Huber von einer weiten Konzeption der Legitimation ausgegangen ist: In den Erläuterungen zum Vorentwurf nennt er als Beispiele für Legitimierte nicht nur Verwandte und den Ehegatten, sondern ausdrücklich auch "in Geschäftsbeziehungen befindliche Personen" (EUGEN HUBER, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, BGE 137 III 67 S. 71 Erläuterungen zum Vorentwurf des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, Bd. I, 2. Ausg. 1914, S. 307). In den parlamentarischen Beratungen war einfach von "tout interessé" (Berichterstatter Rossel, Sten.Bull. 1905 N 1296) bzw. von jedem Dritten, der Interesse hat, als Aktivlegitimierten (Berichterstatter Hoffmann, Sten.Bull. 1906 S 85) die Rede. 3.4.3 In der Lehre lassen in der Folge auch ROSSEL/MENTHA Geschäftsbeziehungen zur Legitimation ausdrücklich genügen (ROSSEL/MENTHA, Manuel du droit civil suisse, Bd. I, 2. Aufl. 1922, Ziff. 861). Keine Einschränkung macht KAUFMANN, der jeden, der im Interesse des Bevormundeten handelt, als legitimiert ansieht. Er erwähnt allerdings in seinen Beispielen die Geschäftsbeziehung nicht, aber dafür unter anderen Geistliche, Lehrer, öffentliche Organe und Beamte, Fürsorgestellen und -vereine (JOSEPH KAUFMANN, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1924, N. 14 zu Art. 420 ZGB ). ROOS hält die gesellschaftlichen Anschauungen für massgeblich, wobei Engherzigkeit in der Bestimmung der Beschwerdeberechtigten nicht am Platz sei, da es darum gehe, eine möglichst gute Vormundschaftspflege zu gewährleisten (GOTTFRIED ROOS, Die Legitimation zur Vormundschaftsbeschwerde, ZVW 1955 S. 48). SCHWARZ verlangt "eine gewisse Beziehung rechtlicher, moralischer, amtlicher oder wenigstens tatsächlicher Natur" des Dritten zum Schutzbedürftigen (ANDREAS SCHWARZ, Die Vormundschaftsbeschwerde, Art. 420 ZGB , 1968, S. 81). In der neueren Literatur sprechen sich DESCHENAUX/STEINAUER für ein sehr weites Verständnis des genügenden Interesses aus (DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl. 2001, Rz. 1014). SCHNYDER verlangt zur Vermeidung einer Popularbeschwerde eine besondere Nähe des Dritten, der nur Mündelinteressen wahren will, zum Schutzbedürftigen, analog der nahestehenden Person gemäss Art. 397d Abs. 1 ZGB (BERNHARD SCHNYDER, Zur Vormundschaftsbeschwerde nach Art. 420 ZGB , ZVW 2002 S. 79 f.; vgl. auch ders. , Jedermann, a.a.O., S. 459, 462). Eine enge Beziehung rechtlicher, amtlicher, moralischer oder tatsächlicher Natur verlangt auch MEIER (PHILIPPE MEIER, La position des tiers en droit de la tutelle, ZVW 1996 S. 89 f.). Die erforderliche Nähe entspreche der in Art. 397d Abs. 1 ZGB vorgesehenen ( ders. , Le consentement des autorités de tutelle aux actes du tuteur [nachfolgend: Consentement], 1994, S. 196).SCHNYDER/MURER weisen darauf hin, dass die Formulierung "jedermann, der ein Interesse hat" im ZGB des öfteren vorkomme, aber funktionalisiert, d.h. im Zusammenhang mit der BGE 137 III 67 S. 72 jeweiligen Norm, auszulegen sei. Bei Art. 420 und Art. 397d Abs. 1 ZGB dränge sich jedoch eine gleichartige Auslegung auf, da es in beiden Fällen um vormundschaftliche Massnahmen gehe (SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1984, N. 19 zu Art. 388 ZGB ). 3.4.4 Was den von der Vorinstanz und neueren Autoren herangezogenen Vergleich der Legitimationsvoraussetzungen in Art. 420 Abs. 1 ZGB mit denjenigen von Art. 397d Abs. 1 ZGB betrifft, ist ein Blick in die Entstehungsgeschichte der letztgenannten Norm angebracht. Die bundesrätliche Botschaft vertritt die Auffassung, dass der Begriff "nahestehende Person" dem Sinne nach der in Art. 420 ZGB verwendeten Umschreibung "jedermann, der ein Interesse hat" entspreche (Botschaft vom 17. August 1977 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] [...], BBl 1977 III 37 Ziff. 241.2). Die Botschaft führt weiter aus: "Dieser Ausdruck [jedermann, der ein Interesse hat] ist aber unbefriedigend; denn nach Lehre und Praxis hat nur derjenige ein Interesse im Sinne des Gesetzes, welcher Mündelinteressen wahren will. Es drängt sich deshalb eine Formulierung auf, die den wahren Gehalt besser wiedergibt." Dies kann dahingehend interpretiert werden, dass dem Gesetzgeber für Art. 397d Abs. 1 ZGB dieselbe Legitimationsbestimmung vorschwebte wie für Art. 420 Abs. 1 ZGB , und zwar im Sinne einer Beschränkung auf die Wahrung von Mündelinteressen. Die Differenz im Wortlaut wäre mithin keine Differenz im Inhalt. Allerdings erscheint es wenig zweckmässig, das Kriterium der Verfolgung von Mündelinteressen mit demjenigen der Nähebeziehung zwischen Schutzbedürftigem und Beschwerdeführer umschreiben zu wollen: Weder nimmt ein Nahestehender zwingend Mündelinteressen wahr, noch handelt ein Aussenstehender in jedem Fall aus Eigeninteresse. Das Bundesgericht hat die Botschaft denn auch dahingehend gedeutet, dass der Gesetzgeber die Legitimation gemäss Art. 397d Abs. 1 ZGB nicht auf den Kreis der Interessierten nach Art. 420 Abs. 1 ZGB beschränken wollte ( BGE 114 II 213 E. 3 S. 217; vgl. BGE 122 I 18 E. 2c/bb S. 30; kritisch MEIER, Consentement, a.a.O., S. 196 Fn. 262). Gemäss dieser Lesart findet gegenüber Art. 420 ZGB insofern eine Ausweitung der Legitimation statt, als im Rahmen von Art. 397d Abs. 1 ZGB nicht erforderlich ist, Interessen der betroffenen Person wahrzunehmen (THOMAS GEISER, a.a.O., N. 13 zu Art. 397d ZGB ; vgl. auch EUGEN SPIRIG, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1995, N. 24 zu Art. 397d ZGB ). Soweit die bundesrätliche Botschaft davon auszugehen scheint, dass BGE 137 III 67 S. 73 im Rahmen von Art. 420 ZGB einzig Mündelinteressen wahrgenommen werden können, ist anzumerken, dass das Bundesgericht für die Legitimation gemäss Art. 420 ZGB in der neueren Rechtsprechung auch die Verfolgung von Eigeninteressen unter bestimmten Voraussetzungen genügen lässt (oben E. 3.1; BGE 121 III 1 E. 2a S. 3; vgl. auch BGE 113 II 232 E. 2a S. 234). Wie auch immer es sich mit der Absicht des Gesetzgebers bei der Regelung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung genau verhalten haben mag, so können die Gesetzgebungsmaterialien zu Art. 397d ZGB doch nicht entscheidend zur Auslegung von Art. 420 ZGB beitragen, weil die letztgenannte Norm nicht Gegenstand der damaligen Reform des Zivilgesetzbuches war. 3.4.5 Der Zweck der Vormundschaftsbeschwerde liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in erster Linie darin, die vormundschaftlichen Behörden zu einem gesetzmässigen Verhalten und zur Wahrung der Interessen derjenigen, für die sie tätig werden müssen, anzuhalten ( BGE 121 III 1 E. 2a S. 3; BGE 103 II 170 E. 2 S. 174). Die Popularbeschwerde würde diesem Ziel am umfassendsten Rechnung tragen. Dass eine solche aber nicht gewollt gewesen ist, sondern der Interessennachweis eine gewisse Einschränkung mit sich bringen sollte, ist unbestritten (SCHWARZ, a.a.O., S. 71; ROOS, a.a.O., S. 42; SCHNYDER, Jedermann, a.a.O., S. 461). Somit kann der Zweck der Vormundschaftsbeschwerde zur Umschreibung der Beschwerdelegitimation jedenfalls nicht alleine massgeblich sein. 3.5 Wie dieser Überblick über die verschiedenen für die Auslegung massgeblichen Elemente ( BGE 135 III 112 E. 3.3.2 S. 116 mit Hinweisen) und über die Standpunkte der Doktrin zeigt, lassen sich sowohl für eine eingrenzende wie eine grosszügigere Interpretation von Art. 420 ZGB Argumente finden. Aus den nachfolgenden Gründen ist die Beschwerdelegitimation im Rahmen von Art. 420 ZGB allerdings auf nahestehende Personen zu beschränken, sofern der Drittbeschwerdeführer die Wahrung von Interessen des Schutzbedürftigen geltend macht. Zunächst erscheint es sinnvoll, die Legitimation im Rahmen vormundschaftsrechtlicher Anordnungen unabhängig vom Zusammenhang grundsätzlich gleich zu umschreiben. Sachliche Gründe für eine Differenzierung sind nicht auszumachen. Die Angleichung von Art. 420 und Art. 397d Abs. 1 ZGB kann in zwei Richtungen erfolgen: Entweder ist unter dem "Interessierten" gemäss Art. 420 ZGB , BGE 137 III 67 S. 74 der Mündelinteressen wahrnimmt, ein "Nahestehender" im Sinne von Art. 397d Abs. 1 ZGB zu verstehen oder es werden umgekehrt im Rahmen von Art. 397d Abs. 1 ZGB über dessen Wortlaut hinaus auch weitere Interessierte zur Beschwerde zugelassen. Für die erstere Lösung spricht sich nicht nur der überwiegende Teil der neueren Lehre aus, sondern es sprechen auch die nachfolgend darzustellenden Sachargumente dafür. Dass ein Dritter im Interesse einer anderen Person überhaupt ein Rechtsmittel ergreifen kann, ist nicht selbstverständlich. Vielmehr wird grundsätzlich sowohl im Privatrecht wie auch im öffentlichen Recht, zu welchem das Vormundschaftsrecht materiell gehört, ein - wie auch immer geartetes - besonderes eigenes Berührtsein von Dritten verlangt, die den Rechtsweg einschlagen wollen (vgl. BGE 122 III 279 E. 3a S. 282 zur aktienrechtlichen Anfechtungsklage; BGE 130 V 560 E. 3.5 S. 564 f. zur sog. Drittbeschwerde pro Adressat). In der Regel ist jedes Rechtssubjekt gehalten, seine eigenen Interessen selber wahrzunehmen. Auch im Vormundschaftsrecht kann der urteilsfähige Schutzbedürftige seine Interessen mit einer Beschwerde grundsätzlich selber wahren. Die Drittbeschwerde im Interesse des Schutzbedürftigen ist aber dadurch gerechtfertigt, dass dieser von ihr unter Umständen keinen Gebrauch machen kann oder will. Die Gründe hiefür können vielfältig sein: Beispielsweise ist die betroffene Person hinsichtlich der anzufechtenden Handlung nicht urteilsfähig oder sie überblickt zumindest ihre volle Tragweite nicht oder sie will ihre Beziehung zum Beistand etc. nicht gefährden. Insoweit erscheint sinnvoll, dass ein Aussenstehender an ihrer Stelle, aber in ihrem Interesse, Beschwerde führen kann. Zugleich rechtfertigt es sich aber, die Legitimation auf Personen einzuschränken, welche den Schutzbedürftigen gut kennen und die sich damit in berechtigter Weise für dessen Wohl verantwortlich fühlen dürfen und besonders geeignet erscheinen, seine Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken. Nur sie verfolgen denn auch in der Regel den Gang der vormundschaftlichen Handlungen näher und geraten nicht bloss zufällig oder im Einzelfall mit ihnen in Berührung. Gegen die Beschränkung der Beschwerdebefugnis auf Nahestehende könnte einzig sprechen, dass Nahestehende entweder nicht vorhanden sind oder auf eine Beschwerde verzichten, was durchaus auch aus egoistischen Motiven geschehen kann. Der Schutzbedürftige könnte insofern schutzlos bleiben, wenn kein Aussenstehender seine Interessen verteidigen darf. Nur ist die Vormundschaftsbeschwerde BGE 137 III 67 S. 75 keine Popularbeschwerde für jedermann, der Interessen des Schutzbedürftigen oder am richtigen Vollzug des Bundesrechts wahren möchte (oben E. 3.4.5). Muss aber eine Beschränkung der Beschwerdeberechtigung für die Geltendmachung von Mündelinteressen vorgenommen werden, so verspricht die Eingrenzung auf Nahestehende eine gewisse Legitimität für den Übergriff in die fremde Rechtssphäre. Personen, die nicht als nahestehend qualifiziert werden können, bleiben jedoch nicht machtlos und die schutzbedürftige Person ohne Nahestehende auch nicht völlig schutzlos. Jedermann steht die Möglichkeit einer allgemeinen Aufsichtsbeschwerde zu (SCHWARZ, a.a.O., S. 33). Mit der Vormundschaftsbeschwerde können zudem nicht nur Mündelinteressen, sondern auch Eigeninteressen des Drittbeschwerdeführers gewahrt werden (oben E. 3.1). Hier genügt die Berufung auf Interessen, die im Rahmen der umstrittenen vormundschaftlichen Handlung hätten berücksichtigt werden müssen und insoweit schutzwürdig sind. Solche Interessen können auch Personen geltend machen, die dem Schutzbedürftigen nicht nahestehen. 3.6 Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie stehe der verbeiständeten A. nahe, so dass sie ihre Interessen im Rahmen von Art. 420 ZGB selbst dann wahren könne, wenn zu dieser Beschwerde nur Nahestehende legitimiert seien. Im vorinstanzlichen Urteil finden sich keine Feststellungen zur genauen Beziehungsqualität zwischen der verbeiständeten A. und der Beschwerdeführerin bzw. der zuständigen Kundenberaterin. Vielmehr hat das Obergericht die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin über die Langjährigkeit der Kundenbeziehung und das Vertrauensverhältnis als unsubstantiiert bezeichnet. Darauf geht die Beschwerdeführerin nicht ein. Sie erachtet gegenteils ihre Sachverhaltsdarstellung als durch die Vorinstanz nicht in Frage gestellt. Eine in willkürlicher Weise erfolgte Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz behauptet sie nicht, so dass für das Bundesgericht das Bestehen eines langjährigen Vertrauensverhältnisses nicht als nachgewiesen gelten kann. Es ist nicht undenkbar, dass eine Bank bzw. der zuständige Bankangestellte je nach Konstellation eine nahestehende und damit beschwerdelegitimierte Person ist. Das Näheverhältnis kann auch über den Beruf derjenigen Person vermittelt werden, welche Vormundschaftsbeschwerde führen will (oben E. 3.4.1). Eine genügende BGE 137 III 67 S. 76 Nähebeziehung wird bei einer blossen Konto- und Depotführung ohne besonders engen Kontakt allerdings nicht angenommen werden dürfen. Hingegen kommen Fälle intensiverer Begleitung vor, bei denen die Qualifikation der Bank bzw. des zuständigen Bankangestellten als nahestehende Person nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Dies kann etwa der Fall sein bei einer langjährigen und umfassenden Finanzplanung für die betroffene Person und ihre Angehörigen (z.B. Nachfolgeregelung). Diese Frage braucht jedoch nicht abschliessend geklärt zu werden, da die Beschwerdeführerin keine entsprechenden Umstände namhaft macht. Zu beachten ist des Weiteren, dass die Beziehung in der Regel über einen bestimmten Bankangestellten vermittelt wird. Ob sich die Bank diese Beziehung zurechnen lassen kann, um selber Beschwerde führen zu können, braucht an dieser Stelle jedoch ebenfalls nicht entschieden zu werden. 3.7 Die Beschwerdeführerin kann somit nicht als der verbeiständeten A. nahestehende Person gelten. Sie ist nicht zur Vormundschaftsbeschwerde legitimiert, wenn sie auf diesem Wege Interessen der Verbeiständeten wahren will. Ihre allfälligen Eigeninteressen an der Beschwerdeführung können im vorliegenden Verfahren nicht beurteilt werden (oben E. 3.3). Folglich ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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2,010
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
25fe9c32-22fb-4a58-aefb-1d5095e97fc1
Urteilskopf 96 I 130 24. Auszug aus dem Urteil vom 25. März 1970 i.S. Dubs und Jenny gegen Gemeinde Flims und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden.
Regeste Baulandumlegung, Landabtretung für Erschliessungsstrassen, gesetzliche Grundlage. Die Einbeziehung eines Grundstücks in eine Baulandumlegung ist in der Regel auch dann kein "besonders schwerer Eingriff" in das Eigentum, wenn die Betroffenen dabei Land für die Erstellung von Erschliessungsstrassen abzugeben haben. Ob eine genügende gesetzliche Grundlage für diese Abtretung vorhanden sei, prüft daher das Bundesgericht nur aus dem Gesichtspunkt der Willkür (Erw. 3). Aufgrund der Bestimmungen, welche die Baulandumlegung regeln, dürfen auch Landabtretungen für Erschliessungsstrassen vorgenommen und im Umlegungsverfahren durchgeführt werden, sofern dafür nicht ausdrücklich das Enteignungsverfahren vorgeschrieben ist (Erw. 4 und 6).
Sachverhalt ab Seite 131 BGE 96 I 130 S. 131 Aus dem Tatbestand: A.- Das bündnerische Bau- und Planungsgesetz vom 26. April 1964 (BPG) enthält in dem die Art. 9-14 umfassenden Abschnitt III Bestimmungen über die "Abtretungspflicht und Eigentumsbeschränkungen". Art. 14 BPG mit dem Randtitel "Grenzregulierung und Baulandumlegung" lautet: "Um eine zweckmässige Überbauung zu ermöglichen, kann die Mehrheit der beteiligten Grundeigentümer von der Gemeinde die Durchführung eines Quartierplanverfahrens mit Grenzregulierung oder Landumlegung verlangen. Solche Massnahmen können die Gemeinden auch von sich aus verfügen. Allfällige Wertdifferenzen der abzutauschenden Landabschnitte sind unter den Beteiligten durch Barzahlung auszugleichen." Die Gemeinde Flims erliess am 17. März 1968 ein neues Baugesetz (BauG) mit Zonenplan, das in Art. 6 bestimmt: BGE 96 I 130 S. 132 "Bei Bedarf, insbesondere zur Sicherung einer zweckmässigen Erschliessung und Überbauung, können Quartierpläne angelegt werden. Die beteiligten Grundeigentümer können selbst einen Quartierplan erstellen, welcher der Genehmigung der Baubehörde bedarf. Um eine zweckmässige Überbauung zu ermöglichen, können Grenzregulierungen oder Landumlegungen mit der Quartierplanung verbunden werden. Allfällige Wertdifferenzen sind geldmässig auszugleichen." Nach Art. 7 Abs. 1 BauG sind amtlich angelegte Quartierpläne während 30 Tagen öffentlich aufzulegen und Einsprachen gegen sie innert 20 Tagen nach Ablauf der Auflagefrist bei der Baubehörde einzureichen. Die Pläne sind nach Durchführung des Auflage- und Einspracheverfahrens der Gemeinde zur Genehmigung vorzulegen und treten, unter Vorbehalt des Rekursverfahrens nach kantonalem Recht, mit dieser Genehmigung in Kraft. B.- Am 16. Mai 1968 beschloss der Gemeinderat Flims gestützt auf Art. 6 Abs. 1 BauG, in dem gemäss Zonenplan einer Bauzone zugewiesenen Gebiet "Caglims" ein Quartierplanverfahren mit Landumlegung durchzuführen, um das Bauland zweckmässig erschliessen zu können. Der Quartierplan mit den Strassenlinien und der vorgesehenen Landumlegung wurde vom 14. Oktober bis 13. November 1968 öffentlich aufgelegt. Gleichzeitig erhielten die betroffenen Grundeigentümer eine Mitteilung über die bei der Landumlegung befolgten Grundsätze. Danach soll jeder Eigentümer anstelle der bisherigen landwirtschaftlich genutzten Parzelle ungefähr am selben Ort eine Bauparzelle, vermindert um ca. 8,5% der Fläche, erhalten; diese Landabgabe diene der Bereitstellung von Land für die zu erstellenden Quartierstrassen und werde zum Verkehrswert entschädigt; bereits überbaute Grundstücke behielten ihre Grenzen mit wenigen Ausnahmen. In diese Baulandumlegung wurden auch Liegenschaften der beiden Beschwerdeführer einbezogen. Sie erhoben im Anschluss an die Planauflage Einsprache, wurden aber vom Gemeinderat abgewiesen. Hiegegen rekurrierten sie an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Zur Begründung machten sie einerseits geltend, dass ihre Grundstücke genügend erschlossen seien, und anderseits, dass es der Gemeinde für die Landumlegung und insbesondere für die Verpflichtung der Eigentümer zur Abgabe von Land für den Strassenbau an der gesetzlichen BGE 96 I 130 S. 133 Grundlage fehle und das Verfahren nicht in genügender Weise geregelt sei. Das Verwaltungsgericht nahm einen Augenschein vor und wies dann die Beschwerden mit Urteilen am 26. August 1969 ab. C.- Gegen diese Urteile des Verwaltungsgerichts haben Frau Annemarie Dubs und C. F. Jenny gemeinsam staatsrechtliche Beschwerde erhoben. D.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und die Gemeinde Flims beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales). 2. Die Beschwerdeführer bezeichnen das von der Gemeinde Flims eingeleitete Verfahren als willkürlich und beschweren sich daneben wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Damit machen sie Verletzungen des Art. 4 BV geltend. Mit der weiteren Behauptung, ohne gesetzliche Grundlage enteignet zu werden, berufen sie sich dem Sinne nach auf die Eigentumsgarantie, die nun in Art. 23ter BV (AS 1969 S. 1250) enthalten ist. Danach sind, wie schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 94 I 340 ), Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen nur zulässig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und im öffentlichen Interesse liegen; ferner ist bei Enteignungen und bei Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, volle Entschädigung zu leisten. Die Beschwerdeführer stellen die Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage in den Vordergrund. Sie ist daher in erster Linie zu prüfen. 3. Die Beschwerdeführer bestreiten mit Recht nicht mehr, dass das Baugesetz der Gemeinde Flims eine gesetzliche Grundlage für eine von der Gemeinde aus eigenem Entschluss angeordnete Landumlegung enthält. Es ist klar, dass die Gemeinde mit Art. 6 Abs. 1 BauG von der ihr nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BPG zustehenden Befugnis, Landumlegungen auch von sich aus zu verfügen, Gebrauch machen wollte. Hingegen bestreiten sie das Vorhandensein einer gesetzlichen Grundlage für die mit der Landumlegung verbundene Abtretung von Land für den Bau von Quartierstrassen. Die Frage, ob die von der kantonalen Behörde angerufene gesetzliche Grundlage genüge, kann das Bundesgericht nach der neuern Rechtsprechnung dann, wenn der Eingriff in das Eigentum BGE 96 I 130 S. 134 besonders schwer ist, frei, andernfalls nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür prüfen ( BGE 93 I 261 , 341; BGE 94 I 56 , 133; BGE 95 I 553 ; im gleichen Sinne wurde namentlich in früheren Urteilen vom Erfordernis einer klaren bzw. unzweideutigen Rechtsgrundlage für besonders schwere Eingriffe gesprochen; BGE 91 I 125 mit Verweisungen auf frühere Urteile und noch BGE 93 I 250 ; vgl. hiezu IMBODEN, Verwaltungsrechtsprechung 3. A. Nr. 232 I, AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse nos 1722 und 2180). Die Landumlegungen, die namentlich in der Gestalt der landwirtschaftlichen Güterzusammenlegung und der Baulandumlegung in wohl allen Kantonen vorkommen, sind in der schweizerischen Rechtsprechung und Lehre als enteignungsähnliche Tatbestände bezeichnet worden (vgl. die Zitate in BGE 95 I 372 E. 4). Sie unterscheiden sich aber wesentlich von den Enteignungen, und zwar vor allem dadurch, dass sie nicht der Güterbeschaffung des Gemeinwesens dienen und dass der Eigentümer grundsätzlich Anspruch auf vollen Realersatz, d.h. auf Zuteilung gleichwertigen Landes (nach Vornahme eines Abzuges für gemeinsame Anlagen) hat und nur dann, wenn Realersatz aus besonderen Gründen nicht möglich ist, in Geld zu entschädigen ist ( BGE 95 I 372 /3; vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Systemat. Teil N. 232 c; AUBERT, Du renchérissement foncier, ZSR 1964 II 38 Anm. 21). Ob und unter welchen Voraussetzungen die Einbeziehung eines Grundstücks in eine Landumlegung einen "besonders schweren Eingriff" in das Privateigentum darstellt, hatte das Bundesgericht, soweit ersichtlich, bis heute noch nicht zu entscheiden, offenbar weil die gesetzliche Grundlage immer vorlag. Bei der landwirtschaftlichen Güterzusammenlegung erhält der Eigentümer in der Regel anstelle einer grösseren Zahl kleiner, zerstreut gelegener und verschieden beschaffener Grundstücke eine einzige oder einige wenige arrondierte und ähnlich beschaffene Parzellen im gleichen Gebiet. Man kann sich fragen, ob in dieser völligen Umgestaltung des Grundbesitzes, die zwar für den Eigentümer meist vorteilhaft ist, ihn aber unter Umständen zu einer Betriebsumstellung nötigt, ein "besonders schwerer Eingriff" liegt. Dagegen ist ein solcher Eingriff zu verneinen bei der Einbeziehung von Grundstücken in eine Baulandumlegung, bei welcher der Eigentümer in der Regel wieder eine Parzelle im gleichen Gebiet, jedoch mit einer besseren Form BGE 96 I 130 S. 135 erhält. Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Schwere des Eingriffs ist der Umstand, dass bei der Baulandumlegung (wie übrigens auch bei der landwirtschaftlichen Güterzusammenlegung) ein Landabzug für die Erstellung von Erschliessungsstrassen erfolgt, denn diese Strassen dienen überwiegend den Interessen der Grundeigentümer des Umlegungsgebietes und bewirken eine Aufwertung ihres Landes. Vollends kann von einem "besonders schweren Eingriff" nicht die Rede sein, wenn für das abzutretende Land, wie es hier der Fall ist und den betroffenen Grundeigentümern schon bei der Einleitung des Umlegungsverfahrens zugesichert wurde, volle Entschädigung ausgerichtet wird. Liegt demnach in der Einbeziehung der Liegenschaften der Beschwerdeführer in die Landumlegung und der damit verbundenen Abtretung von Land kein besonders schwerer Eingriff, so fragt sich nur, ob das Verwaltungsgericht ohne Willkür annehmen durfte, die Gemeinde Flims sei befugt, im Umlegungsverfahren auch das für die Erstellung von Erschliessungsstrassen erforderliche Land zu erwerben. 4. Nach dem bei der Einleitung des Umlegungsverfahrens aufgelegten Plan erfährt das Grundstück des Beschwerdeführers Jenny flächenmässig durch die Landumlegung keine Änderung. Soweit auch er rügt, es sei für die mit der Umlegung verbundene Enteignung von Land keine gesetzliche Grundlage vorhanden, erweist sich seine Beschwerde offensichtlich als unbegründet, denn er hat kein Land abzugeben, und für den ihm zugemuteten Flächenaustausch ist die gesetzliche Grundlage zweifellos gegeben. Die Frage, ob diese Grundlage auch für den Landabzug genüge, stellt sich nur für die Beschwerdeführerin Annemarie Dubs. Ob und inwieweit die mit einer Baulandumlegung verbundenen Landabzüge Enteignungscharakter haben, braucht nicht geprüft zu werden (vgl. dazu STEINER, Die Baulandumlegung nach schweiz. Recht 1968 S. 86 ff.; AUBERT ZSR 1964 II S. 38 Anm. 21). Selbst wenn nämlich der Landabzug als Enteignung aufzufassen ist, wäre damit noch nicht gesagt, dass er nur nach den Vorschriften des kantonalen EntG erfolgen dürfe. Da die Baulandumlegung einerseits der Verbesserung der Grundstücksformen, anderseits der rationellen Erschliessungder Grundstücke dient, ist es zweckmässig und auch zulässig, die damit verbundenen Landabtretungen im Rahmen des für die Umlegung vorgesehenen, meist einfachen Verfahrens durchzuführen BGE 96 I 130 S. 136 und dafür nicht das Enteignungsverfahren vorzuschreiben (STEINER a.a.O. S. 10/11). Das Bundesgericht hat denn auch schon früher erkannt, dass Landabtretungen im Umlegungsverfahren selbst erfolgen können, wenn das Gesetz dafür nicht ausdrücklich das Enteignungsverfahren vorschreibe ( BGE 52 I 151 /2, BGE 64 I 209 ). Weder Art. 14 BPG , der die Gemeinden zur Anordnung von Landumlegungen ermächtigt, noch der gestützt darauf erlassene Art. 6 des BauG von Flims enthalten eine ausdrückliche Vorschrift, dass im Landumlegungsverfahren ein Landabzug für Erschliessungsstrassen erfolgen könne. Art. 14 BPG erwähnt nur den Ausgleich von Wertdifferenzen unter den Beteiligten, und Art. 6 BauG schreibt den geldmässigen Ausgleich solcher Differenzen vor. Aufgrund von Vorschriften, welche eine Umlegung gestatten und die gesetzliche Grundlage für eine solche bilden, kann jedoch alles angeordnet und vorgekehrt werden, was zum Wesen der Umlegung gehört (vgl. STEINER a.a.O. S. 17/19). Zum Wesen einer Umlegung, welche "eine zweckmässige Überbauung zu ermöglichen" hat ( Art. 14 BPG ), gehört aber, wenn das Gebiet eine gewisse Ausdehnung hat, die Erstellung von Erschliessungsstrassen und damit auch der dafür erforderliche Landabzug. Die Landumlegung zur Erschliessung von Bauland ist in aller Regel nur dann sinnvoll, wenn mit ihr gleichzeitig auch das Land für den Bau der nötigen Erschliessungsstrassen ausgeschieden wird (SCHAUMANN, Die Landesplanung S. 60 f., STEINER a.a.O. S. 86). Art. 14 BPG und Art. 6 BauG setzen eine solche Ordnung stillschweigend voraus. Die gesetzliche Grundlage für die Landabtretung und für ihre Durchführung im Rahmen des Umlegungsverfahrens ist daher, wie ohne jede Willkür angenommen werden kann, in diesen Bestimmungen enthalten, zumal da keine von ihnen vorschreibt, dass Landabtretungen im Enteignungsverfahren zu erfolgen haben. Die hiegegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer sind unbegründet. Art. 9 BPG , auf den sie sich berufen, gilt nur für das in Bauordnungen, Bebauungs- und Nutzungsplänen für öffentliche Anlagen bestimmte Land, und Art. 13 BPG regelt das Verfahren zur Festlegung der nach Art. 12 geschuldeten Entschädigung für öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen, die nicht in Abtretung von Land bestehen. Die Eigentümer gehen dadurch, dass das Enteignungsverfahren auf den mit BGE 96 I 130 S. 137 Baulandumlegungen vorgenommenen Landabzug nicht anwendbar ist, auch nicht rechtsstaatlicher Garantien verlustig. Denn die Massnahmen der Gemeinden, von der Einleitung des Umlegungsverfahrens bis zur definitiven Festsetzung der neuen Grenzen und der Landabzüge, unterliegen der Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht. 5. (Zur Rüge der Verweigerung des rechtlichen Gehörs). 6. - Schliesslich bemängeln die Beschwerdeführer das Verfahren der Gemeinde auch deshalb, weil das BauG die Landumlegung in Art. 6 und 7 nur sehr rudimentär regle und keine Bestimmungen über das bei Landabtretungen einzuschlagende Verfahren enthalte. Baulandumlegungen werden grundsätzlich vom kantonalen Recht beherrscht. Art. 702 ZGB , der auf sie Bezug nimmt, enthält nur einen unechten Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts ( BGE 71 I 438 E. 4). Hinsichtlich des Verfahrens hebt Art. 703 Abs. 2 ZGB die Zuständigkeit der Kantone zur Regelung noch ausdrücklich hervor und bestimmt dabei, dass sie insbesondere für Güterzusammenlegungen eine einlässliche Ordnung zu treffen haben. Diese letztere Verpflichtung, die im Zusammenhang mit dem Erlass des Landwirtschaftsgesetzes geschaffen wurde, bezieht sich auf landwirtschaftliche Güterzusammenlegungen. Die Ordnung, die das BPG für die Baulandumlegung getroffen hat, ist wenig eingehend. Das hängt offenbar damit zusammen, dass im Kanton Graubünden die Gemeinden in Bausachen über eine weitgehende Autonomie verfügen ( BGE 95 I 37 E. 2). Aber auch die im Flimser BauG in Art. 7 enthaltene Ordnung ist summarisch. Sie enthält keinerlei Bestimmungen darüber, auf welchem Wege allfällige Entschädigungen festzusetzen sind. Eine ausführlichere verfahrensmässige Ordnung wäre wünschbar. Aus ihrem Fehlen folgt aber nicht, dass die geltende Regelung unbrauchbar wäre und die Ansprüche der betroffenen Eigentümer nicht in einer rechtsstaatlich genügenden Weise gesichert wären. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Planauflage, die zur Einsprache der Beschwerdeführer Anlass gab, habe nur die Einleitung des ganzen Umlegungsverfahrens bedeutet, und die Gemeinde hat dieser Auffassung nicht widersprochen. Die Gemeinde wird daher vor der endgültigen Beschlussfassung über den Quartierplan den betroffenen Eigentümern Gelegenheit zu bieten haben, ihre Entschädigungsforderungen geltend BGE 96 I 130 S. 138 zu machen, und wird dann über sie befinden müssen. Gegen ihren Entscheid steht der Rechtsweg an eine kantonale Instanz offen, sei es, wie die Gemeinde in der Vernehmlassung erklärt, an die Enteignungsbehörde, sei es, wie die angefochtenen Entscheide anzunehmen scheinen, an das kantonale Verwaltungsgericht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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261ab8e2-4d8f-4be3-827f-2ac7554ce5e6
Urteilskopf 109 V 41 9. Auszug aus dem Urteil vom 7. Februar 1983 i.S. Öffentliche Krankenkasse des Kreises Schiers gegen Niggli und Versicherungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste Art. 23 KUVG . Dem Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen einer Massnahme kommt im Rahmen von Art. 23 KUVG nur Bedeutung zu mit Bezug auf verschiedene in Betracht fallende Behandlungsmethoden, nicht dagegen im Hinblick darauf, ob sich der Aufwand einer an sich geeigneten und wissenschaftlich anerkannten Methode, gemessen an dem zu erwartenden Behandlungserfolg, noch rechtfertigen lässt. Letzteres kann lediglich unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips von Bedeutung sein.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 109 V 41 S. 42 A.- Der 1956 geborene Valentin Niggli ist gelernter Maurer und heute als Bauführer in einem Architekturbüro tätig. Am 30. Januar 1979 geriet er mit der rechten Hand ins Fräsenrad einer Schneeschleuder, wobei der Daumen sowie der Kleinfinger abgetrennt und die übrigen Handteile schwer verletzt wurden. In der Folge ersuchte er die Öffentliche Krankenkasse des Kreises Schiers (nachfolgend: Krankenkasse) um Kostengutsprache für eine Daumenrekonstruktion mittels Transplantation einer Kleinzehe. Am 30. Dezember 1980 eröffnete die Krankenkasse dem Versicherten, dass das Leistungsbegehren abgewiesen werde, weil die Gesundheit der verletzten Hand wiederhergestellt sei, er wieder voll erwerbstätig sei und nicht mehr in ärztlicher Behandlung stehe; zudem handle es sich bei der vorgesehenen Operation um Wiederherstellungschirurgie, die nicht in den Aufgabenbereich der Krankenversicherung falle; auch sei die Massnahme nicht als wissenschaftlich anerkannte Heilmethode einzustufen, zumal sie risikoreich und wenig erfolgversprechend sei. B.- Gegen diese Verfügung liess Valentin Niggli Beschwerde einreichen mit dem Antrag, die Krankenkasse sei zu verpflichten, die Kosten der in Aussicht stehenden Operation zur Verbesserung der Funktionstüchtigkeit der verletzten Hand zu übernehmen. Das Versicherungsgericht des Kantons Graubünden beauftragte Dr. med. B. (Leitender Arzt an der Abteilung für Plastische und Wiederherstellungschirurgie der Universität B.) mit einem Gutachten und hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Januar 1982 gut. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Krankenkasse die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides beantragen. Der Versicherte und das Bundesamt für Sozialversicherung lassen sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 23 KUVG haben sich Ärzte, Apotheker, BGE 109 V 41 S. 43 Chiropraktoren, Hebammen, medizinische Hilfspersonen, Laboratorien und Heilanstalten in der Behandlung, in der Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln sowie in der Anordnung und Durchführung von wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen und Analysen auf das durch das Interesse des Versicherten und den Behandlungszweck erforderliche Mass zu beschränken. Obwohl sich die Bestimmung nach ihrem Wortlaut und nach ihrer systematischen Stellung im Gesetz primär auf das Verhältnis der Krankenkasse bzw. des Versicherten zur behandelnden Medizinalperson oder Anstalt bezieht, hat sie Rechtswirkungen auch auf das Verhältnis der Kasse zum Versicherten. Sie bedeutet u.a., dass der Versicherte gegenüber der Kasse keinen Anspruch auf Vergütung einer unwirtschaftlichen Behandlung hat ( BGE 108 V 32 ). Als unwirtschaftlich gelten medizinische Vorkehren, die nicht "im Interesse des Versicherten" durchgeführt werden, sowie Massnahmen, die im Hinblick auf den konkreten "Behandlungszweck" über das hiefür "erforderliche Mass" hinausgehen. Demgemäss haben die Krankenkassen das Recht, die Übernahme von unnötigen therapeutischen Massnahmen oder von solchen Massnahmen, die durch weniger kostspielige ersetzt werden können, abzulehnen ( BGE 108 V 32 , BGE 101 V 72 ; RSKV 1980 Nr. 406 S. 90, 1977 Nr. 298 S. 167, 1975 Nr. 219 S. 96). b) Die Beschwerdeführerin nimmt an, dass die Kosten einer ärztlichen Massnahme nach Art. 23 KUVG in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Nutzen stehen müssten, wobei sie unter "Nutzen" offenbar den Grad der Verminderung der Invalidität versteht, welcher von der Massnahme zu erwarten ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die Leistungspflicht der Krankenkassen - im Gegensatz zu derjenigen insbesondere der Invalidenversicherung - grundsätzlich nicht nach dem sozialversicherungsrechtlichen Invaliditätsbegriff (vgl. hiezu BGE 106 V 88 ) richtet. Zweck der ärztlichen Behandlung im Rahmen der sozialen Krankenversicherung ist die möglichst vollständige Beseitigung der körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung ( BGE 104 V 96 , BGE 102 V 71 ). Ob und in welchem Ausmass sich dabei ein "Nutzen" im Sinne der Invalidenversicherung ergibt, ist unerheblich, weshalb die Krankenkassen ihre Leistungen nicht von den allenfalls zu erwartenden invaliditätsmindernden Auswirkungen einer medizinischen Massnahme abhängig machen dürfen. Art. 23 KUVG setzt als gegeben voraus, dass ein versicherter Behandlungszweck vorliegt, und verlangt lediglich, dass dieser BGE 109 V 41 S. 44 Zweck mit einer wirtschaftlichen Methode erreicht wird. Dem Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen einer Massnahme kommt somit nur Bedeutung zu mit Bezug auf verschiedene in Betracht fallende Behandlungsmethoden, nicht dagegen im Hinblick darauf, ob sich der Aufwand einer an sich geeigneten und wissenschaftlich anerkannten Methode gemessen an dem zu erwartenden Behandlungserfolg noch rechtfertigen lässt. Letzteres kann lediglich unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips von Bedeutung sein. Dabei vermag nur ein grobes Missverhältnis zwischen der Höhe der Heilungskosten und dem zu erwartenden Heilerfolg eine Leistungsverweigerung zu begründen (vgl. BGE 107 V 87 ). Die Krankenkassen haben somit auch für kostspielige Massnahmen aufzukommen, wenn entweder überhaupt keine andere oder jedenfalls keine kostengünstigere Methode zur Verfügung steht und die Massnahme sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit noch rechtfertigen lässt. 3. Nach den überzeugenden Ausführungen im Gutachten des Dr. med. B. vom 30. Oktober 1981 ist die vorgesehene Daumenrekonstruktion mittels Zehentransplantation unter den gegebenen Umständen indiziert und nach medizinischer Praxis üblich. Sie bezweckt eine bessere Heilung der Hand an sich, eine Verbesserung der Funktionstüchtigkeit der Hand sowie eine ästhetisch befriedigendere Lösung, wobei nach Meinung des Gutachters den genannten Gesichtspunkten in dieser Reihenfolge abnehmendes Gewicht zukommt. Allein schon der Umstand, dass die Transplantation im Hinblick auf den Heilungszweck (bestmögliche Wiederherstellung der körperlichen Integrität) medizinisch indiziert ist, genügt aber zur Feststellung, dass es sich um eine Heilmethode handelt, für welche die Krankenkasse grundsätzlich aufzukommen hat. Dass eine den gleichen Zweck erreichende kostengünstigere Behandlungsmethode bestünde, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. Aus dem ärztlichen Gutachten geht hervor, dass der streitige Eingriff die einzige unter den gegebenen Umständen mögliche und indizierte Massnahme darstellt. Die Höhe der damit verbundenen Kosten ist im Rahmen von Art. 23 KUVG daher unbeachtlich, und es kann sich lediglich die Frage stellen, ob sich eine Leistungsverweigerung unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsprinzips rechtfertigen lässt. Nach dem Gesagten wäre eine Leistungsverweigerung nur zulässig, wenn zwischen Aufwand und Heilerfolg ein grobes Missverhältnis BGE 109 V 41 S. 45 bestünde. Hievon kann indessen nicht die Rede sein, zumal von der Massnahme nicht nur eine bessere Heilung der Hand an sich, sondern auch eine gewisse Verbesserung ihrer Funktionstüchtigkeit erwartet werden kann. Im Hinblick auf die Bedeutung, welche der Funktionstüchtigkeit der Hand im gesamten Lebensbereich zukommt, rechtfertigt auch eine voraussichtlich geringe Verbesserung den Aufwand der vorgesehenen Operation. Von einem groben Missverhältnis könnte selbst dann nicht gesprochen werden, wenn nicht mit den vom Gutachter genannten Kosten von rund Fr. 8'000.--, sondern mit den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Fr. 30'000.-- zu rechnen wäre. Wie es sich diesbezüglich verhält, kann daher offenbleiben.
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1,983
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CH
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261dda05-1d1e-405e-96a8-38d95ed3ea5a
Urteilskopf 96 IV 49 12. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 mars 1970 dans la cause Ministère public du canton de Neuchâtel contre Dessoulavy et Ahles.
Regeste Art. 251 Ziff. 1 StGB . Urkundenfälschung. Wer mittels einer Rechnung für sich selber den Preis für von einem andern gelieferte Waren oder ausgeführte Arbeiten verlangt, begeht weder eine Urkunden(ver)fälschung (Herstellung einer unechten Urkunde, Erw. I 1), noch eine Falschbeurkundung (inhaltlich unrichtige Urkunde, Erw. I 2). Art. 72 Ziff. 2 StGB . Absolute Verfolgungsverjährung. 1. Die Verfolgungsverjährung hört auf mit der Ausfällung des letztinstanzlichen kantonalen Urteils; mit der Einreichung einer Nichtigkeitsbeschwerde beginnt sie nicht wieder zu laufen (Erw. II 2). 2. Bedingungen, unter denen ein vor dem letztinstanzlichen kantonalen Urteil gefällter Entscheid die gleiche Wirkung hat (Erw. II 3).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 96 IV 49 S. 50 Résumé des faits: A.- 1. Ahles a reçu pour le compte de Pâquerettes SA, aux Brenets, dont il était le directeur, une importante commande de plaquettes de saphir. Muni de l'autorisation nécessaire, il confia une partie de la production à Rubilsa SA, dont le directeur était E. Dessoulavy. Une certaine quantité de plaquettes fabriquées par Pâquerettes SA fut facturée par Rubilsa SA, à qui elle fut payée. 2. Ahles fut autorisé par son employeur à exécuter chez lui certains travaux, qui ont fait l'objet de huit factures, établies au nom de Noémie Togni. Celle-ci recevait l'argent et le remettait à Ahles. Le but de ces manoeuvres était de cacher au Conseil d'administration de Pâquerettes SA que le travail avait été exécuté par Ahles. 3. En 1962, Ahles participa comme interprète à des pourparlers au terme desquels Rubilsa SA obtint une commande de quatre millions et demi de pierres d'horlogerie. Dans cette affaire, il exécuta des travaux de direction aux Brenets et utilisa les services d'employés de Pâquerettes SA, laquelle ne se vit confier que le préparage de 174 000 pierres et ne retira aucun autre avantage de l'opération. B.- Le 26 juin 1969, le Tribunal correctionnel du district du Locle a infligé à Ahles huit mois d'emprisonnement, avec sursis pendant deux ans, pour faux dans les titres, abus de confiance et gestion déloyale. Il condamna également Dessoulavy, comme complice des mêmes infractions, à quatre mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans. C.- Sur recours des condamnés, la Cour neuchâteloise de cassation pénale les a libérés, le 10 décembre 1969. A son avis, les factures incriminées ne constituent pas des titres, de sorte que les accusés ne tombent pas sous le coup de l'art. 251 CP; un nouveau jugement doit donc être rendu; or les autres infractions (abus de confiance et gestion déloyale) sont atteintes par la prescription absolue. D.- Le Ministère public s'est pourvu en nullité au Tribunal fédéral. Il soutient que les factures de Rubilsa SA dans l'affaire des plaquettes et celles qui furent établies au nom de Noémie Togni constituent des titres et que le 26 juin 1969, date du jugement de première instance, l'action pénale en cours pour abus de confiance et gestion déloyale n'était pas prescrite. BGE 96 IV 49 S. 51 E.- Les intimés concluent à l'irrecevabilité, subsidiairement au rejet des pourvois. Erwägungen Considérant en droit: I.1. Les faux dans les titres (résumé) I.1.- Celui qui, par une facture, a réclamé pour lui le prix de marchandises livrées par un concurrent peut avoir commis une escroquerie, mais non pas un faux matériel (création d'un titre faux). Car ce document ne tend pas à induire autrui en erreur sur son origine (RO 75 IV 168). Tel est le cas des factures établies par Rubilsa pour des marchandises fabriquées par Pâquerettes SA Dessoulavy, directeur de la première, en avait connaissance. Peu importe qu'elles aient été créées par Ahles personnellement ou, sur son ordre, par un employé de Pâquerettes SA Celui qui, avec son autorisation, utilise le nom d'un tiers ne crée pas un titre faux. Il n'en va pas autrement des factures établies au nom de Noémie Togni. I.2. Sans doute les factures étaient-elles mensongères dans la mesure où elles affirmaient que certaines plaquettes avaient été fabriquées par Rubilsa SA alors qu'elles l'avaient été par Pâquerettes SA et que des travaux exécutés par Ahles avaient été faits par Noémie Togni. Mais un écrit mensonger ne constitue un faux intellectuel (art. 251 ch. 1 al. 2) que lorsqu'il est destiné ou propre à prouver le fait controuvé (art. 110 ch. 5 CP; RO 88 IV 34). En l'espèce, les factures ne constituent pas même un commencement de preuve du fait que les plaquettes avaient été fabriquées par Rubilsa SA et les travaux exécutés par Noémie Togni. II.1. Les autres infractions II.1.- L'abus de confiance et la gestion déloyale sont des délits. L'action pénale se prescrit donc par cinq ans (art. 70 CP), la prescription absolue étant de sept ans et demi (art. 72 ch. 2 al. 2). Selon les arrêts attaqués, les derniers actes d'exécution commis par les intimés remontent au mois de mai 1962. Lorsque le Tribunal correctionnel a statué, le 26 juin 1969, la prescription courait encore. Mais, relève la cour neuchâteloise, son jugement doit être cassé, puisque les prévenus ont été condamnés à tort pour faux dans les titres; un nouveau jugement devra donc être rendu, lequel sera nécessairement BGE 96 IV 49 S. 52 postérieur à l'expiration du délai de sept ans et demi; aussi le tribunal ne pourrait-il que libérer. C'est pourquoi la cour neuchâteloise s'est dispensée d'examiner les moyens du recours relatifs à ces délits. Le Ministère public objecte que, dans l'hypothèse où la condamnation pour abus de confiance et gestion déloyale ne se révélerait pas erronée, elle serait acquise et définitive. II.2. Selon la cour neuchâteloise, les délits d'abus de confiance et de gestion déloyale étaient atteints par la prescription absolue quand elle a statué. Comme elle ne conteste pas que l'action pénale n'était pas prescrite le 26 juin 1969, date du jugement du tribunal correctionnel, elle est partie de l'idée que la prescription a continué de courir pendant l'instance de recours, autrement dit que le jugement n'a pas mis fin à l'action pénale. Mais elle n'a pas examiné cette question. Selon l'arrêt rendu, le 10 novembre 1966, par la cour de céans en la cause Vicari, le prononcé de la décision cantonale de dernière instance ayant clos la poursuite, la prescription s'arrête; le dépôt d'un pourvoi en nullité ne lui fait pas reprendre son cours (RO 91 IV 145 consid. 1; 92 IV 173 consid. c). Cette solution s'impose: sous réserve d'un éventuel pourvoi en nullité du Ministère public, un acte de poursuite n'est plus concevable après que le jugement cantonal de dernière instance a été rendu: le prononcé de ce jugement met donc un terme à l'action publique, qui a atteint son but. Sans doute, selon l'art. 72 ch. 2 al. 1 CP, la prescription est-elle interrompue par tout recours contre une décision. Supposé que le pourvoi en nullité au Tribunal fédéral soit un recours au sens de cette disposition, il faudrait en conclure que la prescription continue à courir après la décision prise en dernière instance cantonale, car seul un délai en cours peut être interrompu. Cette argumentation, cependant, serait trompeuse. Le texte initial de l'art. 72 ch. 2 al. 1 CP ne mentionnait pas l'interruption "par tout recours contre une décision"; cette mention a été introduite par la revision du 5 octobre 1950. Dans son message du 20 juin 1949, le Conseil fédéral a précisé qu'elle visait en particulier le pourvoi en nullité au Tribunal fédéral (FF 1949 I, p. 1270). Mais cette précision procède d'une méconnaissance de la situation juridique, ce dont le rapporteur au Conseil des Etats s'est aperçu (Bull. stén. CE 1949, p. 585). En effet, le ch. 2 de l'art. 72 a été revisé parce qu'il facilitait par BGE 96 IV 49 S. 53 trop l'échappatoire offerte par la prescription (Bull. stén. CN 1950 p. 1933); de là l'adoption de nouvelles causes d'interruption. Il s'agit donc d'une modification défavorable aux délinquants. Or ils seraient avantagés si l'on admettait que, depuis le 5 janvier 1951 (date de l'entrée en vigueur du nouveau texte), le délai continue de courir pendant l'instance fédérale, ce qui impliquerait, en dépit de l'interruption, la possibilité, précédemment exclue - la cour de céans a jugé, avant la revision de 1950, que l'action pénale prenait fin dès le prononcé attaqué (RO 72 IV 106, 73 IV 14) - que la prescription absolue soit acquise pendant l'instance fédérale. Contraire au but de la revision, cette conséquence est inacceptable. Sans doute un recours interrompt-il la prescription, mais à condition qu'elle coure. L'art. 72 ch. 2 al. 1 CP ne dit pas autre chose. Lors du dépôt du pourvoi, l'action pénale est déjà éteinte. II.3. L'arrêt contre lequel le pourvoi est ouvert y met fin en tout cas, mais un jugement antérieur peut déjà avoir eu cet effet avant le recours à l'autorité cantonale supérieure. Tel sera le cas lorsque le recours cantonal - à l'instar du pourvoi en nullité - n'est pas, de soi, suspensif, de sorte que la décision attaquée est en principe exécutoire et que l'autorité cantonale de recours n'a pas le pouvoir de statuer au fond ou, du moins, de prononcer une condamnation. Dans une telle hypothèse, la situation, en droit, correspond à celle qui justifie la solution donnée par l'arrêt Vicari (précité); elle appelle la même solution, mais fondée sur la procédure cantonale; le jugement entrepris marque la fin de la poursuite; dès qu'il est rendu, l'action pénale s'éteint et les délais de l'art. 70 CP ne courent plus. Tel pourrait être le cas du recours en cassation qu'institue le Code de procédure pénale neuchâtelois et que le législateur cantonal a du reste voulu semblable au pourvoi en nullité de la procédure fédérale (Recueil de jurisprudence neuchâteloise, t. IV, 2e partie, p. 77). Effectivement les analogies entre les deux voies de droit sont nombreuses (art. 242, 251 al. 2, 246, 253 PP neuch.). Mais il y a pourtant des différences (art. 252 al. 2 lit. a; cf. Recueil précité, t. II, 2e partie, p. 61). Cette question relève de la procédure cantonale; elle échappe donc à l'examen de la cour de céans, saisie d'un pourvoi en nullité. L'autorité neuchâteloise ne l'a pas tranchée et il lui appartiendra de le faire; car c'est de ce point que dépend, en définitive, l'issue de la présente cause. BGE 96 IV 49 S. 54 En effet, supposé que l'action pénale ait pris fin, le 26 juin 1969, par le prononcé du jugement du Tribunal correctionnel, le délai de prescription absolue, pour l'abus de confiance et la gestion déloyale - qui n'était alors pas expiré - aurait cessé de courir. Dans cette hypothèse, c'est à tort que la Cour de cassation neuchâteloise aurait admis le contraire et elle devrait se prononcer tout d'abord sur les moyens qu'Ahles et Dessoulavy avaient soulevés au sujet de ces infractions. Si elle devait alors renvoyer la cause à un tribunal correctionnel pour rendre un nouveau jugement, la prescription reprendrait son cours dès le prononcé de ce renvoi. Supposé, au contraire, que, vu la nature du pourvoi en cassation neuchâtelois, la prescription ait continué à courir après le prononcé du juge de première instance, le délai aurait expiré et l'action pénale se serait trouvée éteinte au cours du mois de novembre 1969. Ce serait, dès lors, à bon droit que la cour neuchâteloise, statuant le 10 décembre 1969, aurait libéré les intimés des chefs d'abus de confiance et de gestion déloyale. Il serait ainsi indifférent que la condamnation prononcée sur ces points, en première instance, eût été justifiée ou non. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet partiellement les pourvois dans les causes Dessoulavy et Ahles en ce sens qu'elle annule les arrêts attaqués et renvoie les causes à l'autorité cantonale pour nouvelle décision.
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1,970
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26211328-e591-4b7d-a5b9-971e63a7c390
Urteilskopf 117 II 598 109. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. November 1991 i.S. W. GmbH gegen P. S.A. (Berufung)
Regeste Art. 109 Abs. 1 und 3 IPRG . Abgrenzung der Gerichtsstände bei patentrechtlichen Feststellungsklagen. Schutzort. 1. Klagen auf positive Feststellung der Patentgültigkeit sind auch im internationalen Verhältnis am Gerichtsstand für Verletzungsklagen ( Art. 109 Abs. 1 IPRG ) anzubringen. Der Gerichtsstand für Gültigkeitsklagen im Sinne von Abs. 3 bleibt negativen Feststellungsklagen vorbehalten (E. 2). 2. Ernsthafte Verletzungsgefahr als Voraussetzung für die Zuständigkeit des Richters am Schutzort nach Art. 109 Abs. 1 IPRG (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 598 BGE 117 II 598 S. 598 A.- Die W. GmbH mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland ist Inhaberin des CH-Patentes Nr. 579'979 für eine Saftpresse. BGE 117 II 598 S. 599 Als Patentvertreter in der Schweiz nach Art. 13 PatG ist eine Zürcher Patentanwaltsfirma im Register eingetragen. Die P. S.A. ist eine Firma mit Sitz in Frankreich, die Weinpressen vertreibt, welche nach Auffassung der W. GmbH das erwähnte Patent verletzen. B.- Unter Berufung auf Art. 109 Abs. 1 und 3 IPRG klagte die W. GmbH am 27. Dezember 1990 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die französische Firma auf positive Feststellung der Gültigkeit ihres Patentes, auf Feststellung begangener sowie auf Unterlassung künftiger Patentverletzungen, auf Gewinnherausgabe und auf Urteilspublikation. Mit Beschluss vom 27. Juni 1991 trat das Handelsgericht auf die Klage nicht ein, weil die Klägerin kein rechtserhebliches Interesse an der Feststellung der Gültigkeit ihres Patentes habe und hinsichtlich ihrer übrigen Begehren keinerlei Indizien für eine (drohende) Patentverletzung im Gebiet des Kantons Zürich vorlägen, weshalb dort nicht Schutz im Sinne der Zuständigkeitsvorschrift von Art. 109 Abs. 1 IPRG beansprucht werden könne. Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt die Klägerin erfolglos, den Beschluss des Handelsgerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, auf die Klage einzutreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Wer ein Interesse daran nachweist, kann auf Feststellung klagen, dass ein bestimmtes Patent zu Recht besteht ( Art. 74 Ziff. 1 PatG ). Indem das Handelsgericht dieses Interesse, nicht aber seine Zuständigkeit zur Feststellung der Gültigkeit des schweizerischen Patentes der Klägerin verneint hat, ist es davon ausgegangen, der Gerichtsstand Zürich sei für die Beurteilung des positiven Feststellungsbegehrens aufgrund von Art. 109 Abs. 3 IPRG gegeben, da der im Register eingetragene Vertreter der Klägerin ( Art. 13 PatG ) eine Zürcher Anwaltsfirma ist. Diese Annahme bedarf näherer Überprüfung. a) Zwar sind im internationalen Verhältnis nach Art. 109 Abs. 3 IPRG für "Klagen betreffend die Gültigkeit ... von Immaterialgüterrechten in der Schweiz" die schweizerischen Gerichte am Geschäftssitz des im Register eingetragenen Vertreters zuständig, wenn der Beklagte mangels Wohnsitzes in der Schweiz nicht beim Wohnsitzrichter belangt werden kann ( Art. 109 Abs. 1 IPRG ). Ähnlich umfassend formuliert ist Art. 16 Ziff. 4 des für die Schweiz BGE 117 II 598 S. 600 auf den 1. Januar 1992 in Kraft tretenden Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen; danach sind für Klagen, welche die "Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten" zum Gegenstand haben, ausschliesslich die Gerichte des Registerstaates zuständig (BBl 1990 II 265ff., 349; vgl. auch Art. V d des Protokolls Nr. 1 zu diesem Übereinkommen, BBl 1990 II 373ff., 376). Dass der Wortlaut von Art. 109 Abs. 3 IPRG auch das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Gültigkeit ihres Schweizer Patentes erfasst, kann jedoch nicht entscheidend sein, wenn die Auslegung der Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck ergibt ( BGE 116 II 578 mit Hinweisen), dass positive Feststellungsklagen vom Gerichtsstand für Gültigkeitsklagen im Sinne von Art. 109 Abs. 3 IPRG auszunehmen und dem für Verletzungsklagen geltenden Gerichtsstand am schweizerischen Wohnsitz des Beklagten bzw. an einem davon verschiedenen Schutzort in der Schweiz (E. 3) zu unterstellen sind ( Art. 109 Abs. 1 IPRG ). b) Der Zusammenhang der positiven Feststellungsklage mit der Verletzungsklage ist offensichtlich. Gleich dieser geht sie vom verletzten Berechtigten aus und richtet sich gegen den Verletzer mit dem Zweck, durch die Feststellung der Gültigkeit des Patentes den klagenden Berechtigten vor Verletzungen oder Gefährdungen zu schützen. Die positive Feststellungsklage kann eine gleichzeitig erhobene Verletzungsklage ergänzen, indem sie es ermöglicht, zusätzlich zur Beseitigung einer bestimmten Patentverletzung den vollen Schutzbereich des Patentes festzustellen, damit der Beklagte vorsorglich auch von anderen Verletzungshandlungen abgehalten wird. Einer umfassenden Klarstellung dient die positive Feststellungsklage auch dann, wenn im Hinblick auf ein Benützungsverbot oder eine Zwangslizenz abzuklären ist, ob die Lösung des jüngeren Patentes des Beklagten in unzulässiger Weise auf der Lösung des älteren Patentes des klagenden Berechtigten beruht. Weiter kann die positive Feststellungsklage dort Abhilfe schaffen, wo sich die Beeinträchtigung in einer bloss verbalen Anmassung der Berechtigung am Patent erschöpft (BENKARD/ROGGE, N. 94 zu § 139 DPatG mit Hinweisen auf die deutsche Rechtsprechung). All diesen Fällen ist gemeinsam, dass wie die Verletzungsklage auch die positive Feststellungsklage die Ansprüche des verletzten Berechtigten gegenüber demjenigen verteidigen soll, der sie verletzt oder gefährdet. Unbekümmert darum, ob allein oder zusammen mit einer Verletzungsklage auf Feststellung geklagt wird, bezweckt BGE 117 II 598 S. 601 der klagende Berechtigte auch mit dem Feststellungsbegehren regelmässig die Abwehr von Beeinträchtigungen. Liegt keine Beeinträchtigung vor, die es abzuwehren gilt, so ist nicht nur die Verletzungs-, sondern auch die zu ihr subsidiäre Feststellungsklage ausgeschlossen (vgl. BGE 114 II 255 E. 2a, 84 II 691 f. E. 2; TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. A. 1985, Bd. II, S. 966; ENGLERT, Legitimation, Zuständigkeit, Kognition, in: Kernprobleme des Patentrechts, Festschrift 100 Jahre PatG, 1988, S. 279 ff., 285). c) Richtet sich die positive Feststellungsklage somit gegen den gleichen Prozessgegner wie die Verletzungsklage und verfolgt sie auch den gleichen Zweck, nämlich die Verteidigung des klagenden Berechtigten gegenüber dem Verletzer, so muss sie auch beim gleichen Richter angehoben werden können wie die Verletzungsklage. Nur wenn der nach Art. 109 Abs. 1 IPRG für die Verletzungsklage zuständige Richter am schweizerischen Wohnsitz des ins Recht gefassten Verletzers bzw. am Schutzort in der Schweiz auch für die positive Feststellungsklage zuständig ist, lässt sich vermeiden, dass über den gleichen Sachverhalt zwei verschiedene Prozesse geführt werden müssen. Das wäre aber unausweichlich, wenn zuerst der nach Art. 109 Abs. 3 IPRG zuständige Richter die Gültigkeit des Patentes festzustellen und anschliessend ein nach Art. 109 Abs. 1 IPRG zuständiger anderer Richter die Abwehransprüche aus der Verletzung dieses Patentes zu beurteilen hätte. Da wie die positive Feststellungsklage auch die Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit eines bestimmten verletzenden Verhaltens eine Klage ist, die sich gegen den Verletzer richtet, um den klagenden Berechtigten vor Beeinträchtigungen zu schützen (TROLLER, a.a.O. S. 1030), bleibt der Gerichtsstand von Art. 109 Abs. 3 IPRG im Bereich der Feststellungsbegehren auf negative Feststellungsklagen beschränkt. Am Sitz seines schweizerischen Vertreters kann daher der (vermeintliche) Inhaber von Immaterialgüterrechten ohne Wohnsitz in der Schweiz belangt werden, wenn die Klage nicht von ihm ausgeht, sondern sich umgekehrt gegen ihn richtet, weil der (angebliche) Verletzer (BENKARD/ROGGE, N. 95 zu § 139 DPatG) festgestellt haben will, dass die vom Beklagten beanspruchten Rechte nicht oder nicht im behaupteten Umfang existieren (so VISCHER, Das internationale Privatrecht des Immaterialgüterrechts nach dem schweizerischen IPR-Gesetzentwurf, in: GRUR Int. 1987 S. 670 ff., 672 Fn. 23, 674; vgl. auch ENGLERT, Das Immaterialgüterrecht im IPRG, in: BJM 1989 S. 378 ff., 385). BGE 117 II 598 S. 602 d) Diese Abgrenzung von Abs. 1 und Abs. 3 des Art. 109 IPRG steht im Einklang mit der internen Gerichtsstandsordnung. Im Bestreben, durch möglichst einheitliche Gerichtsstände Prozesse vor mehreren Richtern mit der Gefahr widersprüchlicher Urteile zu vermeiden, stellt auch Art. 75 PatG für den Gerichtsstand ausschliesslich auf die Parteirollen ab und sieht nicht verschiedene Gerichtsstände für Beseitigungs-, Unterlassungs-, Schadenersatz- und Feststellungsklagen vor ( Art. 72-74 PatG ). Entscheidend ist nach dieser Bestimmung, ob der Berechtigte zur Verteidigung seiner Rechte gegen den Verletzer vorgeht oder ob umgekehrt der Berechtigte belangt wird, weil sich dieser nach den klägerischen Behauptungen Rechte anmasst und daher bloss vermeintlicher Inhaber von Immaterialgüterrechten ist; im ersten Fall ist am Wohnsitz des Verletzers oder an einem davon verschiedenen Begehungs- bzw. Erfolgsort ( Art. 75 Abs. 1 lit. a PatG ), im zweiten Fall am Wohnsitz des Berechtigten zu klagen ( Art. 75 Abs. 1 lit. b PatG ). Dieser letztgenannte Gerichtsstand ist somit auch nach internem Recht negativen Feststellungsklagen vorbehalten, die gegen den vermeintlichen Berechtigten gerichtet sind, während für positive Feststellungsklagen des Berechtigten gegen den Verletzer dessen Wohnsitzrichter zuständig ist. Bereits die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 42 aPatG unterstellte die auf Abwehr gerichteten Klagen des Berechtigten gegenüber dem Verletzer einem einheitlichen Gerichtsstand. Das Bundesgericht lehnte es ab, den in dieser Bestimmung vorgesehenen Gerichtsstand am Wohnort des Verletzers auf Schadenersatzklagen zu beschränken, wie es der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der "Entschädigungsklage" nahegelegt hätte. Am Wohnort des Verletzers wurden vielmehr sämtliche Klagen zugelassen, die mit der Verletzung eines Immaterialgüterrechts zusammenhingen ( BGE 82 II 162 E. 2b, BGE 71 II 44 ff.). Wenn das Bundesgericht diesem Gerichtsstand neben den Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadenersatzklagen auch ausdrücklich die Feststellungsklage zuwies (a.a.O.), dürfte es zwar die Verletzungsklage gemeint haben, mit welcher der verletzte Berechtigte die Widerrechtlichkeit eines bestimmten Verhaltens des Verletzers feststellen lassen will (E. 2c). Indessen setzt die Feststellung der Widerrechtlichkeit eines bestimmten Verhaltens voraus, dass vorgängig die Gültigkeit des Anspruchs bejaht wird, den der klagende Berechtigte zur Begründung der verlangten Feststellung behauptet. Insoweit stimmt der Gegenstand der Verletzungsklage mit demjenigen der Klage auf BGE 117 II 598 S. 603 Feststellung der Gültigkeit eines Immaterialgüterrechts sogar überein, was zusätzlich dafür spricht, sie nicht nur nach internem Recht, sondern auch im internationalen Verhältnis dem Gerichtsstand für Verletzungsklagen nach Art. 109 Abs. 1 IPRG folgen zu lassen. e) Diese Lösung hilft schliesslich, Kompetenzkonflikten und Missbrauch vorzubeugen, zu denen eine Ordnung Anlass gäbe, welche die Feststellung der Gültigkeit eines Immaterialgüterrechts einem anderen Richter zuwiese als den Entscheid über die aus der Verletzung dieses Rechts hergeleiteten Ansprüche. Diese Gefahr zeigt gerade der angefochtene Beschluss, wo der Klägerin entgegengehalten wird, vor Handelsgericht sei die Gültigkeit ihres Patentes schon zweimal festgestellt worden, nachdem sie die Nichtigkeitsklagen einer dritten und vierten Partei erfolgreich abgewehrt habe; am bisher für sie günstigen Gerichtsstand Zürich erhebe die Klägerin nur deshalb Feststellungsklage, um in deren Schlepptau die Verletzungsklage von einem ihr genehmen Gericht beurteilen zu lassen. f) Ob diese Vorhalte und die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach die Klägerin zwar am Gerichtsstand Zürich, nicht aber an der Feststellung der Gültigkeit ihres Patentes interessiert sei, zutreffen, hat das Bundesgericht nicht zu prüfen. Denn gilt auch für positive Feststellungsklagen der Gerichtsstand des Art. 109 Abs. 1 IPRG am Wohnsitz des Beklagten bzw. am Schutzort, konnte die Klägerin nicht aufgrund von Art. 109 Abs. 3 IPRG am Sitz ihres Zürcher Vertreters Feststellungsklage erheben, so dass die Frage des Feststellungsinteresses nicht zu beantworten war. Das Handelsgericht hätte sich vielmehr auch diesbezüglich für unzuständig erklären müssen, nachdem es für die übrigen Klagebegehren seine Zuständigkeit nach Art. 109 Abs. 1 IPRG verneint hatte. Zu prüfen bleibt die Anwendung dieser Bestimmung. 3. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in der Schweiz, sind für die Beurteilung der Verletzungsklage die schweizerischen Gerichte am Ort zuständig, wo der Schutz beansprucht wird ( Art. 109 Abs. 1 IPRG ). Gleich wie nach Art. 75 Abs. 1 lit. a PatG gilt auch im internationalen Verhältnis als Schutzort der Ort, wo der Eingriff in das Immaterialgüterrecht stattfindet (VISCHER, a.a.O. S. 673; ENGLERT, BJM 1989 S. 385). Nach der Rechtsprechung zur internen Gerichtsstandsordnung werden dabei Handlungen, aufgrund derer der Erfolg bloss droht, denjenigen Handlungen gleichgestellt, die den Erfolg bereits haben eintreten lassen ( BGE 99 II 346 BGE 117 II 598 S. 604 E. 2a). Diese Gleichstellung hat auch im internationalen Verhältnis Platz zu greifen, wobei vom Kläger darzutun ist, dass am beanspruchten Schutzort eine Patentverletzung ernsthaft befürchtet werden muss; eine bloss unbestimmte oder entfernte Möglichkeit genügt nicht ( BGE 99 II 346 E. 2b; TROLLER, a.a.O. S. 1032 Fn. 70). Das Handelsgericht stellt in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht verbindlich fest ( Art. 63 Abs. 2 OG ), kein Indiz spreche dafür, dass die bisher ausschliesslich in der französischen Schweiz tätige Beklagte beabsichtige, sich auch um den Deutschschweizer und insbesondere den Zürcher Markt zu bemühen. Damit entfällt aber Zürich als Schutzort. Soweit die Klägerin behauptet, die Marktpräsenz der Beklagten in der französischen Schweiz sei bloss der Anfang, dem bald ein gesamtschweizerisches Angebot folgen werde, widerspricht sie den vom Handelsgericht festgestellten Tatsachen, was im Berufungsverfahren unzulässig ist ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Als unbegründet erweist sich sodann die Berufung der Klägerin auf BGE 99 II 344 und die allgemeine Lebenserfahrung. In diesem Entscheid ging es um ein Vertriebsverbot für ein Arzneimittel, das bei der IKS bereits angemeldet war und in den schweizerischen Markt eingeführt werden sollte. Während dort der Schluss auf die unmittelbar bevorstehende Marktpräsenz in Zürich durchaus nahelag, trifft dies für die Weinpressen der Beklagten auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu. Hat die Klägerin somit eine ernsthafte Verletzungsgefahr in Zürich nicht nachgewiesen, fehlt es nach der für sämtliche Klagebegehren massgebenden Gerichtsstandsbestimmung von Art. 109 Abs. 1 IPRG an der Zuständigkeit des Handelsgerichts. Die Vorinstanz ist daher zu Recht nicht auf die Klage eingetreten.
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nan
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1,991
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Urteilskopf 112 II 64 12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. März 1986 i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen Ronca sowie Handelsregisteramt und Regierungsrat des Kantons Nidwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 40 HRegV . Eintragung von Personalangaben im Handelsregister. 1. Art. 5 HRegV und Art. 103 lit. b OG . Beschwerdelegitimation des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (E. 1). 2. Die Schreibweise des Vornamens, der gemäss Art. 40 HRegV auszuschreiben ist, muss dem Eintrag im Zivilstandsregister entsprechen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 64 BGE 112 II 64 S. 64 A.- Am 15. März 1985 wurde die "SPAG Schnyder, Plüss AG, Zweigniederlassung Wolfenschiessen", beim Handelsregisteramt des Kantons Nidwalden zur Eintragung angemeldet. Rechtsanwalt "Dr. Marc Ronca" ist Mitglied ihres Verwaltungsrates und führt Kollektivunterschrift zu zweien; er hat die Anmeldung mitunterzeichnet und die Echtheit seiner Unterschrift beglaubigen lassen. Mit Verfügung vom 13. Juni 1985 weigerte sich der Handelsregisterführer, die Unterschrift mit den Personalangaben "Dr. Marc Ronca" für die Zweigniederlassung ins Register aufzunehmen. Er verwies auf eine ähnliche Verfügung vom 21. September 1984 und auf ein Schreiben des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister vom 25. Februar 1985 und erklärte, dass er aus den darin erwähnten Gründen gezwungen sei, die Personalangaben mit "Dr. Markus Andreas, genannt Marc Ronca" einzutragen. Ronca beschwerte sich dagegen beim Regierungsrat des Kantons Nidwalden und verlangte, dass der Handelsregisterführer BGE 112 II 64 S. 65 angewiesen werde, ihn als Mitglied des Verwaltungsrates der SPAG Schnyder, Plüss AG, Zweigniederlassung Wolfenschiessen, mit dem Vornamen "Marc" einzutragen. Der Regierungsrat entschied am 25. November 1985 in diesem Sinn. B.- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Das Handelsregisteramt des Kantons Nidwalden hat den Ausführungen des Beschwerdeführers nichts beizufügen. Der Regierungsrat beantragt dagegen unter Hinweis auf die Begründung seines Entscheides, die Beschwerde abzuweisen. Ronca schliesst ebenfalls auf Abweisung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden über das Handelsregister können gestützt auf Art. 97 und 98 lit. g OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden ( Art. 5 HRegV ). Als Oberaufsichtsbehörde über das Handelsregister ist dazu gemäss Art. 103 lit. b OG auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement berechtigt, dem solche Entscheide denn auch von Amtes wegen mitzuteilen sind ( Art. 3 Abs. 5 und Art. 4 HRegV ). Dagegen wird mit Recht von keiner Seite etwas eingewendet. 2. Nach Art. 40 HRegV ist unter Vorbehalt der Vorschriften über die Firmenbildung bei allen Personen, die in irgendeiner Eigenschaft im Handelsregister zu erwähnen sind, neben dem Familiennamen mindestens ein ausgeschriebener Vorname, die Staatsangehörigkeit (bei Schweizerbürgern der Heimatort) und der Wohnort zu nennen. Der Vorbehalt ist hier nicht von Bedeutung, da es nicht um den Inhalt der Firma, sondern nur um die Angaben zur Person eines Verwaltungsrates geht; streitig ist, was als Vorname im Sinn von Art. 40 HRegV zu gelten hat. a) Das Departement ist der Auffassung, dass es sich dabei nur um den Vornamen laut Zivilstandsregister handeln kann, an dessen Schreibweise sich die Handelsregisterbehörden seit jeher hielten, wenn sie Personalangaben einzutragen hätten. Die streitige Norm sei schon in Art. 3 der Ergänzungsverordnung II über das Handelsregister vom 21. November 1916 (AS 32/1916 S. 485) enthalten gewesen und über Art. 2 der weiteren Verordnung vom 16. Dezember 1918 (AS 34/1918 S. 1226) ins geltende Recht eingegangen. BGE 112 II 64 S. 66 Durch Entscheide des Bundesrates (BURCKHARDT, Schweiz. Bundesrecht, Bd. III Nrn. 1426 ff.) sei zudem bereits früh klargestellt worden, dass die Schreibweise von Vor- und Familiennamen durch das Zivilstandsregister verbindlich festgelegt werde; in der Praxis der Registerbehörden hätten sich diesbezüglich denn auch keine Schwierigkeiten ergeben; die Grundbuchämter hielten sich ebenfalls an diese Schreibweise (A. GONVERS-SALLAZ, Le Registre Foncier Suisse, N. 3 zu Art. 31 GBV ). Der Beschwerdegegner bestreitet, dass sich die Handelsregisterbehörden seit jeher an die Schreibweise der Zivilstandsregister hielten; seine Umfrage habe viele Abweichungen ergeben. Die vom Departement behauptete Praxis würde voraussetzen, dass sich der Handelsregisterführer kraft Bundesrechts von dem im Zivilstandsregister eingetragenen Vornamen Kenntnis verschaffen müsste. Das sei nicht der Fall, da sich die kantonalen Handelsregisterämter jeweils auf die notarielle Beglaubigung verliessen, die vom kantonalen Recht geregelt werde. Das Departement müsste zudem diese Ämter anweisen, für Eintragungen neben der Beglaubigung auch einen Auszug aus dem Zivilstandsregister zu verlangen; dazu habe es bisher aber noch keine allgemeinen Weisungen gemäss Art. 4 Abs. 3 HRegV erlassen. Mangels einer bundesrechtlichen Norm oder Praxis zur entscheidenden Frage habe die Vorinstanz daher kein Bundesrecht verletzen können, wie ihr mit der Beschwerde sinngemäss vorgeworfen werden. Gerade das vorliegende Verfahren zeige, dass von einer festen Praxis keine Rede sein könne, da sein Vorname unbekümmert um die gleiche Aktenlage von den Handelsregisterämtern mehrerer Kantone verschieden eingetragen worden sei. b) Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass der Beschwerdegegner diese unterschiedlichen Eintragungen selber zu verantworten hat. Er verschweigt, dass der Luzerner Notar seine Personalien zwar wiederholt mit "Dr. Marc Ronca" in die Beglaubigung aufgenommen hat, weil er ihn "persönlich gekannt" und daher auf die Angaben des Kunden abgestellt hat, dass das Notariat Zürich Altstadt dagegen in einem Parallelfall, wie aus dem Entscheid der Vorinstanz vom 25. Februar 1985 erhellt, seine Personennamen gestützt auf eine Identitätskarte richtig mit "Markus Andreas Ronca" wiedergegeben hat. Es steht dem Beschwerdegegner daher nicht an, aus unterschiedlichen Eintragungen, die sich daraus in seinen oder in Fällen Dritter ergeben haben, etwas gegen die Registerführer oder gar gegen die Oberaufsichtsbehörde ableiten BGE 112 II 64 S. 67 zu wollen. Für die Richtigkeit der Personalangaben in der Beglaubigung sind die Notare, nicht die Handelsregisterämter verantwortlich. Denn bei Beglaubigungen von Unterschriften vorweg die Identität des Unterzeichners festzustellen, im Zweifel also dessen Personennamen anhand eines amtlichen Ausweises genau nachzuprüfen, ist Sache der Notare, auch im Kanton Luzern (§§ 25 und 42 des Beurkundungsgesetzes vom 18. September 1973). Die Auffassung des Departements ist auch sachlich gerechtfertigt. Sie beruht offensichtlich auf einem allgemeinen Interesse daran, dass die Schreibweise der im Zivilstandsregister eingetragenen Personennamen auch für andere öffentliche Register des Bundesrechts massgebend ist. Das vom Schweizerischen Verband der Zivilstandsbeamten herausgegebene Vornamensverzeichnis, auf welches das Departement verweist, dient dem gleichen Zweck. Es kann deshalb dem Einzelnen nicht freigestellt sein, seinen Vornamen gemäss Zivilstandsregister in Anmeldungen für das Handelsregister nach Belieben durch den Rufnamen zu ersetzen, soll Art. 40 HRegV seinem Sinn und Zweck entsprechend angewendet werden, der Eintrag wahr sein und zu keinen Täuschungen Anlass geben, wie Art. 38 HRegV das vom Registerinhalt allgemein verlangt. Wohin die gegenteilige Auffassung führen würde, zeigt gerade der vorliegende Fall, hat der Beschwerdegegner doch innerhalb eines Jahres - von den Anmeldungen in anderen Kantonen ganz abgesehen - dem Handelsregisteramt Nidwalden, wie er selber schreibt, "immer aufgrund derselben Aktenlage, für denselben Verwaltungsrat in derselben Gesellschaft" seine Personalien einmal mit "Markus Andreas Ronca" und einmal mit "Marc Ronca" angegeben. Dass Registerführer sich solchen Freiheiten widersetzen und auf dem Vornamen gemäss Zivilstandsregister bestehen, wenn sie Personennamen einzutragen haben, leuchtet ein; was gemäss Art. 944 ff. OR für die Schreibweise von Familiennamen gilt (His, N. 13 zu Art. 945 OR ), muss vernünftigerweise auch für Vornamen gemäss Art. 40 HRegV gelten. Das heisst nicht, "eine unnötig perfektionistische Ordnung" befürworten oder "bürokratischen Aufwand" treiben, wie der rechtskundige Beschwerdegegner dem Departement unterstellt, sondern unklaren oder irreführenden Angaben in öffentlichen Registern auf eine einfache Weise vorbeugen. c) Das ist auch der Vorinstanz entgegenzuhalten, die mit dem Beschwerdegegner der Meinung ist, durch den Eintrag des Vornamens "Marc" statt "Markus" werde Bundesrecht nicht verletzt. BGE 112 II 64 S. 68 Dass der Beschwerdegegner angeblich nirgends unter seinen Vornamen "Markus Andreas" aufzutreten pflegt, wie die Vorinstanz ihm zugute hält, berechtigte ihn nicht zu unterschiedlichen Angaben. Die Auffassung des Regierungsrates läuft in der Tat darauf hinaus, dass eine Urkundsperson die Echtheit einer Unterschrift unbekümmert darum, ob der Vorname des Unterzeichners mit dem Eintrag in einem amtlichen Ausweispapier (Pass oder Identitätskarte) übereinstimmt, beglaubigen dürfe und dass sich auch der Handelsregisterführer darüber hinwegsetzen könne. Das ist unhaltbar. Aus dem gleichen Grunde ist nicht einzusehen, warum der Begriff der Beglaubigung im Sinne von Art. 23 HRegV vom allgemein anerkannten abweichen sollte; die Vorinstanz übersieht, dass der Unterzeichner sich gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung selbst bei mündlicher Anmeldung über seine Identität ausweisen muss und der Registerführer die Art der Legitimation "im Anschluss der Unterzeichnung" zu erwähnen hat. Die Auffassung des Departementes ist um so weniger zu beanstanden, als es gestützt auf Art. 20 Abs. 2 HRegV zulässt, dass ein Rufname, der von der Angabe des Zivilstandsregisters abweicht, dem Vornamen beigefügt wird, was vorliegend den Eintrag "Markus, genannt Marc, RONCA" ergäbe. Das Departement hält dem Beschwerdegegner zudem mit Recht entgegen, dass er nach Art. 30 ZGB eine Änderung seines Vornamens beantragen kann, wenn er im Verkehr mit dem Handelsregister ausschliesslich seinen Rufnamen "Marc" verwenden will. Inwiefern die Voraussetzungen für eine solche Änderung fehlen sollen, weil beide Vornamen auf den Evangelisten Markus zurückgingen, ist nicht einzusehen; der Beschwerdegegner übersieht, dass die Schreibweise des Zivilstandsregisters massgebend ist und der Vorname "Markus" deutschsprachig in vier Abwandlungen vorkommt. 3. Der angefochtene Entscheid, der auf einer Verletzung von Art. 40 HRegV beruht, ist somit aufzuheben. Dass das Departement nicht mehr verlangt, schadet ihm nicht, da es dem Beschwerdegegner freisteht, sich für einen Eintrag mit oder ohne Beifügung seines Rufnamens "Marc" zu entscheiden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Nidwalden vom 25. November 1985 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
2628cae0-96cf-458a-902b-41fa0b2e191a
Urteilskopf 104 IV 256 57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Dezember 1978 i.S. H. und Konsorten gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
Regeste Art. 186 StGB . Der Werkplatz muss weder unmittelbar zu einem Haus gehören noch umfriedet sein.
Erwägungen ab Seite 257 BGE 104 IV 256 S. 257 Aus den Erwägungen: Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz eine falsche Auslegung von Art. 186 StGB vor. Diese Bestimmung schütze, wie schon aus dem Randtitel hervorgehe, den Hausfrieden. Ein Gelände, das nicht im Zusammenhang mit einem Haus stehe, könne nicht Objekt eines Hausfriedensbruchs sein. Wenn das Gesetz auch den Werkplatz erwähne, so könne damit nur das Werkgelände einer Bauunternehmung gemeint sein. Wenn, wie das Obergericht es getan habe, jeder Bezug zu einem Haus aufgegeben werde, dann werde im Ergebnis nicht der Hausfriede, sondern allenfalls der Besitz geschützt. Das Gesetz wolle aber nur die private Friedenssphäre eines Hauses schützen. Im vorliegenden Fall seien die fraglichen Grundstücke nicht eingezäunt gewesen. Die Verbotstafeln seien erst später angebracht worden. All das zeige, dass nicht von einem vom Hausrecht erfassten Friedensbereich gesprochen werden könne. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach Art. 186 StGB wird auf Antrag mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung des Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt. Der Wortlaut lässt ohne weiteres erkennen, dass der Gesetzgeber den Schutz des Art. 186 StGB verschiedenen Gruppen von Räumlichkeiten hat angedeihen lassen wollen, nämlich einmal dem Haus, der darin befindlichen Wohnung oder einem darin befindlichen abgeschlossenen Raum, sodann dem unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten und schliesslich dem Werkplatz (s. auch die Aufteilung in Gruppen bei HAFTER, BT I S. 109; LOGOZ, N. 2 zu Art. 186; THORMANN/V. OVERBECK, N. 2-6 zu Art. 186). Dieser letztere muss nach der klaren Stellung im Rahmen dieser Bestimmung weder umfriedet sein noch unmittelbar zu einem Haus gehören (J. STUCKI, Der Hausfriedensbruch ( Art. 186 StGB ) verglichen mit den entsprechenden Regeln des amerikanischen Rechts usw., Diss. Bern 1970, S. 28). Beides wird nur für den Platz, den Hof oder den Garten verlangt, ansonst der Gesetzgeber unter Strafe gestellt hätte, wer in einen unmittelbar zu einem Haus BGE 104 IV 256 S. 258 gehörenden umfriedeten Platz, Hof, Garten oder Werkplatz unrechtmässig eindringt usw. Das Gesagte wird besonders deutlich anhand des französischen und italienischen Textes, die die geschützte Raumgruppe des Platzes, Hofes oder Gartens unmissverständlich durch ein Komma von dem Werkplatz trennen ("dans un espace, cour ou jardin clos et attenant à une maison, ou dans un chantier", bzw. "in uno spiazzo, corte o giardino cintati e attigui ad una casa, od in un cantiere"), was übrigens auch dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht. Aus den Materialien erhellt, dass das Parlament den Begriff des "Hauses" weit gefasst haben wollte, und es hat insbesondere der Ständerat, dem der Nationalrat in der Folge zustimmte, ohne jeden Zweifel zum Ausdruck gebracht, dass der Werkplatz nicht unmittelbar zu einem Haus gehören noch umfriedet sein muss (StenBull SR 1931 S. 527). Das hätte auch der rechtskundige Verteidiger der Beschwerdeführer bei gebotener Sorgfalt erkennen können, zumal die Vorinstanz ausdrücklich auf das Schrifttum Bezug genommen hatte. Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkte unbegründet.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
262a217a-ac24-42fc-8478-b527338f5000
Urteilskopf 87 IV 16 5. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Februar 1961 i.S. Boss gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 254 Abs. 1 StGB ; Unterdrückung von Urkunden. 1. Abgrenzung von Diebstahl; subjektiver Tatbestand (Erw. 1 lit. b und c). 2. Stellt ein Reisecheck, der nicht gegengezeichnet ist, im Sinne von Art. 23 Abs. 1 StGB ein Mittel dar, mit dem die Tat überhaupt nicht ausgeführt werden kann (Erw. 1 lit. a)?
Sachverhalt ab Seite 17 BGE 87 IV 16 S. 17 A.- Boss nahm am 14. Mai 1960 aus einem Personenwagen, den er in der Garage X. in Y. zu reinigen hatte, zwei Reisechecks der American Express Company zu je 50 Dollars weg. Die Checks trugen die Unterschrift von A., waren von diesem aber noch nicht gegengezeichnet. Am gleichen Tage legte Boss einen der Checks der Wechselstube, welche die Schweizerischen Bundesbahnen im Bahnhof Y. betreiben, zur Zahlung vor. Diese wurde jedoch wegen fehlender Gegenzeichnung des Checks und weil Boss sich nicht als Berechtigter ausweisen konnte, verweigert. B.- Am 28. November 1960 erklärte ihn das Obergericht des Kantons Luzern als Appellationsinstanz wegen dieser Handlungen der Unterdrückung von Urkunden im Sinne von Art. 254 StGB und des unvollendeten Betrugsversuches nach Art. 21 und 148 StGB schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Gefängnis, unter Anrechnung von einundzwanzig Tagen Untersuchungshaft. C.- Boss führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrage, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gegen Art 254 Abs. 1 StGB vergeht sich, wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, BGE 87 IV 16 S. 18 jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, es habe, da die Checks nicht gegengezeichnet gewesen seien, keine Aussicht bestanden, dass sie eingelöst würden; daher seien sie wertlos gewesen und habe durch das ihm zur Last gelegte Verhalten der objektive Tatbestand des Art. 254 Abs. 1 StGB nicht erfüllt werden können; infolgedessen liege höchstens ein untauglicher Versuch im Sinne von Art. 23 Abs. 1 StGB vor. Diese Auffassung ist unhaltbar. Ein Check verbrieft unabhängig davon, ob er gegengezeichnet ist oder nicht, eine Anweisung auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme. Als Schriftstück, das dazu bestimmt und übrigens auch geeignet ist, diese Anweisung, somit eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung, zu beweisen, ist er eine Urkunde im Sinne des Art. 110 Ziff. 5 StGB und folglich auch des Art. 254 Abs. 1 StGB . Ob ein Check gegengezeichnet ist oder nicht, ändert auch nichts daran, dass er angeeignet und diese Tat in der Absicht begangen werden kann, den Berechtigten an der Vorlegung zur Zahlung zu hindern und dadurch am Vermögen (oder andern Rechten) zu schädigen. Die Wegnahme eines Checks, der nicht gegengezeichnet ist, stellt somit keineswegs eine Handlung dar, die - wie es die Anwendung des Art. 23 Abs. 1 StGB voraussetzen würde - unmöglich zur Herbeiführung des in Art. 254 Abs. 1 StGB umschriebenen Erfolges führen kann. b) Der Beschwerdeführer kann jedoch nicht nach Art. 254 Abs. 1 StGB bestraft werden, weil er mit der Wegnahme der Checks keine der in dieser Bestimmung umschriebenen Absichten verfolgte. Aus dem Umstande, dass er einen der Checks zur Zahlung vorlegte, kann lediglich abgeleitet werden, er sei darauf ausgegangen, sich mittels dieser Urkunden Geld zu verschaffen. Art. 254 Abs. 1 StGB stellt jedoch nicht auf diese Absicht ab, sondern setzt voraus, dass der Täter beabsichtigt hat, einen Vorteil BGE 87 IV 16 S. 19 daraus zu ziehen, dass der Berechtigte den Besitz der Urkunde verloren hat. Der widerrechtliche Vorteil, auf den es der Täter abgesehen hat, muss somit, um die Anwendung des Art 254 Abs. 1 StGB zu begründen, nicht eine Folge der Aneignung der Urkunde, sondern des Umstandes sein, dass sie dem Berechtigten entzogen wurde. Zu dieser Auslegung führt vor allem eine Gegenüberstellung der Art. 254 Abs. 1 und 137 StGB . Während diese Bestimmung die in Bereicherungsabsicht ausgeführte Wegnahme einer fremden beweglichen Sache mit Strafe bedroht, regelt jene insbesondere die Entwendung von Urkunden, wenn der Täter dadurch sich selbst oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil verschaffen will. Der Grund dafür, dass der Gesetzgeber diesen Tatbestand vom Verbrechen des Art. 137 StGB abgegrenzt und zum Gegenstand einer besonderen Strafbestimmung gemacht hat, kann nicht darin liegen, dass er den Urkunden im Verhältnis zu den andern beweglichen Sachen ein besonderes Gewicht beigelegt hätte; tatsächlich sind Urkunden weder grundsätzlich wertvoller, noch grundsätzlich weniger wert als andere bewegliche Sachen. Liegt der Grund für die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Entwendung einer Urkunde und der Wegnahme einer andern beweglichen Sache aber nicht im Objekt der Straftat, so kann sie nur durchgeführt worden sein mit Rücksicht auf Unterschiede in der Absicht, die der Täter mit dem Verbrechen verfolgte. Diese Verschiedenheit kann nicht einzig darin liegen, dass nach Art. 137 StGB die Absicht auf eine unrechtmässige Bereicherung gerichtet sein muss, während es nach Art. 254 Abs. 1 StGB genügt, dass der Täter auf die Erlangung eines unrechtmässigen Vorteils ausgeht. Es kommt nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung hinzu, dass der Dieb die Bereicherung durch die Erlangung der fremden beweglichen Sache, die auch eine Urkunde (z.B. ein Wertpapier) sein kann, erlangen will, während beim Verbrechen des Art. 254 Abs. 1 StGB BGE 87 IV 16 S. 20 der Täter daraus profitieren will, dass dem Berechtigten die Urkunde entzogen ist (vgl. BGE 73 IV 188 , nicht veröffentlichte Entscheidung des Kassationshofes vom 3. Dezember 1954 i.S. Solèr; ZR 52 Nr. 13, 54 Nr. 42, 56 Nr. 67; ferner: GERMANN, Das Verbrechen S. 38 f.; HÄFLIGER, ZStR 68, S. 249; LOGOZ, N. 3 und 4 zu Art. 254 mit Zitaten). Dieser Unterscheidung folgend hat der Kassationshof beispielsweise erkannt, dass die Wegnahme eines Sparheftes als Diebstahl und nicht nach Art. 254 Abs. 1 StGB zu ahnden sei, weil der Täter dabei nicht Nutzen ziehen will aus dem Umstand, dass der Berechtigte die tatsächliche Verfügung darüber verloren hat, sondern es auf die Bereicherung abgesehen hat, die ihm der Besitz des Sparheftes und die dadurch geschaffene Möglichkeit der Verfügung über das Sparguthaben verschaffen ( BGE 72 IV 118 ). Umgekehrt hat der Kassationshof in verschiedenen Entscheidungen darauf abgestellt, die Anwendung des Art. 254 Abs. 1 StGB setze voraus, dass der Zweck der Handlung darin lag, dem Berechtigten die Schrift als Beweismittel zu entziehen, der Täter also den Vorteil für sich selbst (oder für einen andern) in der Beseitigung der Urkunde sah ( BGE 73 IV 188 ; nicht veröffentlichte Entscheidung vom 3. Dezember 1954 i.S. Solèr). c) Da die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Urteils keine Anhaltspunkte dafur enthalten, dass der Beschwerdeführer die Reisechecks mit dieser Einstellung wegnahm, kann er nicht nach Art. 254 Abs. 1 StGB bestraft werden. Dagegen sind alle Merkmale des Diebstahls im Sinne von Art. 137 Ziff. 1 StGB erfüllt. Indem der Beschwerdeführer sich die Checks aneignete, um sie zur Zahlung vorzulegen und dadurch zu Geld zu kommen, nahm er im Sinne dieser Bestimmung einem andern eine fremde bewegliche Sache weg, um sich damit unrechtmässig zu bereichern. Es kann jedoch davon abgesehen werden, die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, um den Täter statt nach Art. 254 Abs. 1 nach Art. 137 Ziff. 1 StGB zu bestrafen, da die veränderte rechtliche Würdigung BGE 87 IV 16 S. 21 der Tat nicht zur Herabsetzung der Strafe führen würde. Art. 137 Ziff. 1 droht gleiche Strafe an wie Art. 254 Abs. 1 StGB . Bloss zur Berichtigung von Urteilsgründen, welche den Urteilsspruch nicht beeinflussen, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig ( BGE 85 IV 134 f. und dort angeführte Entscheidungen).
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262a8fb6-21a5-4963-a68c-e880e152e64f
Urteilskopf 112 II 226 38. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. April 1986 i.S. R. X. gegen Y. (Berufung)
Regeste Genugtuungsanspruch des Ehegatten (Art. 47 und Art. 49 a.F. OR). Der Ehegatte, dessen Partner durch einen Unfall schwer invalid geworden ist, hat Anspruch auf Genugtuung, wenn er gleich schwer oder schwerer betroffen ist als im Falle der Tötung eines Angehörigen; sein Anspruch setzt kein schweres Verschulden des Schadensverursachers voraus.
Sachverhalt ab Seite 227 BGE 112 II 226 S. 227 A.- Am 14. Mai 1980 wurde der 1952 geborene J. X. in Basel von einem Lastwagen überfahren. Der Unfall hatte unter anderem die Impotenz von X. zur Folge. Am 4. November 1980 verurteilte der Strafgerichtspräsident Basel-Stadt den Lastwagenlenker wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer Busse von Fr. 500.--. B.- Am 21. April 1983 klagte die im Zeitpunkt des Unfalls knapp 19 Jahre alte Ehefrau von X., R. X., beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt gegen die Haftpflichtversicherungs-Gesellschaft des Lastwagenhalters, die Y. Versicherungs-Gesellschaft, auf Zahlung einer Genugtuung von Fr. 30'000.-- nebst Zins. Die Klägerin begründete ihren auf Art. 49 OR abgestützten Anspruch damit, dass sie wegen der Verletzung ihres Ehemannes keine weitern Kinder haben könne. Nach Einreichung der Klage fand die Beklagte den Ehemann mit einer Genugtuung von Fr. 60'000.-- ab. Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt beschränkte den Prozess auf die Frage, ob auch Angehörigen eines Verletzten ein Genugtuungsanspruch gemäss Art. 49 OR zustehe, verneinte dies und wies die Klage ab. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das Urteil des Appellationsgerichts auf und weist die Sache zur Neubeurteilung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Weil die Anspruchsberechtigung der Klägerin dem Grundsatz nach zu bejahen ist, sind die weiteren Voraussetzungen von Art. 49 OR zu prüfen. Der Einwand der Beklagten, es fehle selbst bei Vorliegen der Aktivlegitimation an der nötigen Intensität der Verletzung, übersieht, dass sowohl das Zivilgericht als auch das Appellationsgericht den Prozess auf die Frage der Anspruchsberechtigung beschränkt haben, weshalb die übrigen Bedingungen von Art. 49 OR offengeblieben sind. So erschöpfen sich die Ausführungen über die Schwere der Verletzung in Andeutungen. Die Vorinstanz wird darüber umfassende Feststellungen zu treffen haben. a) Beim Entscheid, ob die Impotenz des Ehemannes die Klägerin in ihren Persönlichkeitsrechten besonders schwer verletzt hat, wird auch der vom Ministerkomitee mit Resolution 75-7 vom 19. März 1975 empfohlene Grundsatz Nr. 13 zu beachten sein (vgl. BGE 112 II 226 S. 228 dazu J.-F. EGLI in Mélanges André Grisel, S. 325 und 338). Im französischen Originaltext verlangt er die "présence de souffrances d'un caractère exceptionnel". Massgebend sind dabei alle Umstände wie das Alter der Ehegatten, die Bedeutung des Geschlechtslebens in der vorliegenden Ehe, die Art der Impotenz, das heisst, ob und inwieweit zur impotentia generandi noch die impotentia coeundi hinzukommt, sowie die Ausgeprägtheit des Wunsches nach weiteren Kindern. b) Im Gegensatz zu Art. 49 OR in der bis zum 30. Juni 1985 geltenden Fassung setzt Art. 47 OR kein besonders schweres Verschulden voraus. Die Tötung eines Menschen unter gravierenden Umständen auch objektiver Natur kann den Angehörigen derart treffen, dass sich eine Genugtuung ungeachtet des Verschuldens des Schädigers aufdrängt. Dieser Grundgedanke ist auch bei der Auslegung von Art. 49 OR heranzuziehen, obwohl der Fall altem Recht untersteht (Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 5. Mai 1982, BBl 1982 II S. 683; BROGGINI, Schweizerisches Privatrecht, Bd. I, S. 460). Es wäre eine ungerechtfertigte Privilegierung von Angehörigen eines Getöteten gegenüber den Angehörigen eines Verletzten, die gleich oder schwerer betroffen sein können, wenn diesen die Genugtuung einzig deshalb versagt bliebe, weil es am besonders schweren Verschulden des Schädigers fehlt. Die Vorinstanz wird demnach entscheidend auf die Schwere der Persönlichkeitsverletzung bei der Klägerin abzustellen haben.
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26347ce3-a1b4-42ae-9d99-2fba4db71d46
Urteilskopf 113 II 299 55. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 15 juin 1987 dans la cause T. S.A. contre G. (recours en réforme)
Regeste Mietvertrag, Erhöhung gestaffelter Mietzinse. Gestaffelte Mietzinse können bei jeder auf die Bestimmungen des Vertrages gestützten Mietzinserhöhung angefochten werden ( Art. 10 Abs. 2 BMM , 13 Abs. 2 VMM; E. 2d). Wird eine solche Mietzinserhöhung angefochten, hat der Vermieter zu beweisen, dass die neue Miete nicht missbräuchlich im Sinne der Art. 14 und 15 BMM oder 9 VMM ist (E. 2e).
Sachverhalt ab Seite 300 BGE 113 II 299 S. 300 La société T. S.A. a remis à bail à G. des locaux destinés à l'exploitation d'un café-restaurant. Le contrat était conclu pour six ans, du 1er septembre 1977 au 31 août 1983. Le loyer mensuel était fixé à 3'335 francs puis, dès 1er septembre 1978, à 4'170 francs, avec indexation dès le 1er septembre 1980. Le 21 mai 1982, la bailleresse a signifié au preneur, sur formule officielle, une augmentation du loyer mensuel à 4'170 francs dès le 1er juin 1982 en indiquant comme motif: "augmentation prévue selon contrat de bail". Le preneur a contesté cette augmentation. La bailleresse a ouvert action en concluant notamment à la constatation du caractère non abusif du loyer augmenté à 4'170 francs par mois. Le Tribunal cantonal du Valais a rejeté cette conclusion par jugement du 2 juillet 1986. Saisi d'un recours en réforme de la bailleresse, le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme le jugement attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 2. b) Seule reste en cause la question de la validité de l'augmentation de loyer à 4'170 francs par mois notifiée au preneur pour la période partant du 1er juin 1982, augmentation dont la bailleresse demande que soit constaté le caractère non abusif. La cour cantonale considère à juste titre qu'il s'agit d'un bail avec loyer échelonné au sens de l' art. 10 AMSL et que, en vertu de l' art. 13 OSL , le bailleur devait informer le preneur de son BGE 113 II 299 S. 301 intention de majorer le loyer par un avis écrit donné sur la formule officielle. Se référant à la jurisprudence et à la doctrine, elle relève que le juge ne peut se contenter, en cas de hausse, de contrôler si l'augmentation requise correspond aux accords contractuels, mais qu'il doit se demander si elle donne lieu à un loyer abusif, ce qui implique de plein droit un examen à la lumière des art. 14, 15 AMSL et 9 OSL. Elle rappelle en outre que le bailleur doit produire les pièces justificatives à l'appui de la majoration de loyer contestée afin de prouver que le montant exigé répond à l'une des conditions énumérées aux art. 14 et 15 AMSL . En l'espèce, bien que la hausse litigieuse ait été notifiée sur formule officielle, la cour cantonale se demande si les motifs précis de hausse exigés par l' art. 13 OSL ont été suffisamment indiqués. Elle laisse la question indécise en considérant qu'au stade de la conciliation, le fardeau de la preuve du caractère non abusif de la hausse incombe au bailleur, l'absence des documents pertinents devant conduire au rejet des conclusions de ce dernier. Elle constate alors qu'après s'être bornée à demander l'application du contrat et à affirmer le caractère normal du loyer et sa conformité à la chose louée, la bailleresse n'a pas jugé utile d'administrer des preuves malgré l'exhortation claire du Président du Tribunal cantonal en février 1986, de telle sorte que les principaux faits avancés à l'appui de ses conclusions n'ont pas été prouvés. Elle en conclut que la hausse de loyer litigieuse doit être déclarée nulle et non avenue, parce que insuffisamment motivée, et qu'elle doit être considérée, en l'état, comme manifestement injustifiée et, partant, mal fondée. c) A l'appui de son recours, la bailleresse fait valoir que le preneur n'a pas introduit une procédure en contestation de loyer abusif selon l' art. 19 AMSL ; or il lui incombait de mettre en oeuvre cette procédure s'il entendait contester le bien-fondé de la clause d'échelonnement qu'il avait expressément acceptée en signant le bail. La recourante soutient en outre qu'elle a rempli toutes ses obligations, pour permettre à l'autorité judiciaire de constater le caractère non abusif de la hausse convenue. d) La recourante ne conteste pas que le contrat conclu en l'espèce soit un bail avec loyer échelonné, au sens de l' art. 10 AMSL , et cela quand bien même une seule majoration est prévue en cours de bail. L'AMSL réserve dans des termes identiques la possibilité de contester une majoration du loyer pour les loyers échelonnés (art. 10) et pour les loyers indexés (art. 9). Selon la BGE 113 II 299 S. 302 jurisprudence, les loyers indexés peuvent être contestés lors de chaque adaptation fondée sur les dispositions du bail ( ATF 103 II 272 ). Il en va de même pour les loyers échelonnés, lors de chaque majoration fondée sur le contrat (arrêts non publiés S. S.A. c. M. S.A. et consorts du 7 mars 1985, consid. 2a, et A. S.A. c. R., du 29 novembre 1983, consid. 3). C'est en effet précisément pour permettre au preneur d'engager la procédure de contestation que l' art. 13 al. 2 OSL prévoit que les majorations fondées sur une clause d'indexation ou d'échelonnement doivent faire l'objet d'un avis officiel de hausse. L'intimé était ainsi fondé en l'espèce à engager la procédure de contestation prévue par les dispositions précitées. Cette voie est ouverte au preneur chaque fois qu'une majoration lui est notifiée, et cela en dehors de toute application de l' art. 19 AMSL , qui permet de contester le loyer indépendamment de l'existence d'un avis de majoration. L'opinion de la recourante selon laquelle le preneur aurait dû suivre ici la procédure prévue par cette disposition est incompatible avec le système instauré par l'AMSL. e) A l'instar de la cour cantonale, on peut se dispenser de rechercher si la majoration de loyer notifiée sur la formule officielle est suffisamment motivée par une simple référence à la clause d'échelonnement, sans qu'il soit encore nécessaire pour le bailleur d'invoquer la réalisation de l'une des conditions énumérées à l' art. 15 AMSL (dans ce sens: BARBEY, AMSL, p. 107). En effet, le Tribunal fédéral a jugé à propos des loyers indexés que la faculté de convenir d'un tel loyer n'emportait pas la présomption que ce loyer n'est pas abusif selon l' art. 15 AMSL , et qu'il appartient au bailleur d'établir l'existence de l'une des conditions requises pour que le loyer puisse être considéré en principe comme non abusif (arrêt non publié P. c. S., du 24 septembre 1979, consid. 2). Cela découle du principe selon lequel la possibilité de contester l'adaptation en vertu de l' art. 9 AMSL implique de plein droit un examen à la lumière des art. 14 et 15 AMSL ( ATF 103 II 272 ). Ce principe s'applique également en matière de loyers échelonnés (arrêt non publié du 7 mars 1985, déjà cité, consid. 2c). Selon cet arrêt, il appartient au bailleur d'établir que le nouveau loyer est indispensable à un rendement normal de l'immeuble; à défaut d'une telle démonstration, le loyer initial doit être tenu pour convenable. L'adoption par les parties d'un bail avec loyers échelonnés peut avoir deux causes différentes: ou bien l'acceptation par le bailleur d'un rendement insuffisant, adapté ensuite par échelonnement, BGE 113 II 299 S. 303 de façon à aboutir à un rendement convenable; ou bien une supputation des hausses de charge à venir. Dans le premier cas, il incombe au bailleur, en cas de notification de hausse, de démontrer l'insuffisance initiale du rendement et le caractère non excessif du nouveau loyer; dans le second cas, il lui appartient de prouver la hausse des charges (soit la réalisation de l'une des conditions prévues par l' art. 15 AMSL pour que le loyer puisse être considéré en principe comme non abusif). En l'espèce, la cour cantonale a correctement appliqué ces principes jurisprudentiels. Constatant en effet que la bailleresse, bien que le fardeau de la preuve lui incombât et en dépit de l'exhortation qui lui avait été clairement signifiée par le Président du Tribunal cantonal, n'a pas jugé utile de faire administrer des preuves quant au caractère normal du loyer, pour l'immeuble en cause, ou quant au fait que la valeur locative était conforme à la chose louée, la cour cantonale ne pouvait que tirer la conclusion que la bailleresse n'avait pas justifié la hausse et qu'elle n'avait en particulier pas établi la réalisation de l'une des conditions prévues par l' art. 15 AMSL pour que le loyer puisse être considéré comme non abusif. La possibilité de contester les hausses de loyers indexés et échelonnés, telle que prévue par les art. 9 et 10 al. 2 AMSL , a pour effet de placer le bailleur dans la même position que tout bailleur qui, ayant conclu un bail ordinaire, voit une hausse contestée par le preneur. La seule différence réside dans le fait que le bailleur au bénéfice d'un loyer indexé ou échelonné est en droit de procéder à une majoration de loyer en cours de bail, ce que ne peut pas faire le bailleur ordinaire. Mais dans tous les cas, le fardeau de la preuve du caractère non abusif de la hausse reste à la charge du bailleur. Le jugement attaqué doit dès lors être confirmé.
public_law
nan
fr
1,987
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
263559f2-fb5d-4b0e-8bbb-a0e69154a717
Urteilskopf 117 IV 159 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1991 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Gewerbsmässiges Inverkehrbringen gefälschter Waren. Gewerbsmässigkeit verneint in einem Fall, in dem ein Händler von einem Lieferanten 16'000 gefälschte Polohemden bezog, um sie an einen Geschäftspartner weiterzuveräussern, nach dem Scheitern dieses Geschäfts nach Ersatzkäufern suchte und 5'000 Hemden an einen Kunden absetzen konnte.
Sachverhalt ab Seite 160 BGE 117 IV 159 S. 160 X. bezog von einem Lieferanten einen Posten von 16'000 Polohemden und liess die mit den Markenzeichen von "Lacoste" versehenen Hemden in einem Zollfreilager zuhanden von Z. einlagern. Z. verkaufte 500 Hemden an einen Geschäftspartner in der Schweiz und 10'000 Hemden an einen Geschäftspartner in Italien. Die "Lacoste"-Polohemden entpuppten sich als Fälschungen. Der italienische Kunde retournierte die ganze Sendung an Z. Dieser zog sich vom Geschäft mit X. zurück. X., der von Anbeginn zumindest in Kauf genommen hatte, dass es sich bei den fraglichen "Lacoste"-Hemden um Fälschungen handeln könnte, suchte in der Folge nach andern Käufern. Es gelang ihm, rund 5'000 Polohemden nach Italien zu verkaufen. Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden sprach X. am 14. August/24. Oktober 1990 im Berufungsverfahren des gewerbsmässigen Inverkehrbringens gefälschter Waren im Sinne von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sowie des Einführens und Lagerns gefälschter Waren gemäss Art. 155 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn mit fünf Monaten Gefängnis sowie mit Fr. 20'000.-- Busse, beide bedingt vollziehbar bzw. bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Er ordnete in Anwendung von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 Satz 2 StGB die einmalige Veröffentlichung des Urteils nach Eintritt von dessen Rechtskraft im Amtsblatt des Kantons Graubünden an. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht Gewerbsmässigkeit im Sinne von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 Satz 1 StGB vor; daher müsse auf die in Anwendung von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 Satz 2 StGB angeordnete Veröffentlichung des Urteils verzichtet werden. a) Der Kassationshof hat im Entscheid vom 14. September 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft ( BGE 116 IV 332 ff.), in dem es um gewerbsmässigen Betrug ging, seine langjährige Rechtsprechung zum Qualifikationsgrund der Gewerbsmässigkeit aufgegeben. Nach der neuen BGE 117 IV 159 S. 161 Rechtsprechung liegt im Begriff des berufsmässigen Handelns der Ansatzpunkt für die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt. Diese abstrakte Umschreibung gilt für das gesamte Vermögensstrafrecht. Sie kann aber nur Richtlinienfunktion haben. Eine Konkretisierung der Umschreibung ist angesichts der unterschiedlichen Phänomenologie und der unterschiedlich hohen Mindeststrafen nur für die einzelnen Tatbestände oder für einzelne Gruppen gleichartiger Tatbestände möglich. Eine quasi "nebenberufliche" deliktische Tätigkeit kann genügen. Wesentlich für die Annahme von Gewerbsmässigkeit ist, dass sich der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben. Es ist nach wie vor notwendig, dass der Täter die Tat bereits mehrfach begangen hat, dass er in der Absicht handelte, ein Erwerbseinkommen zu erlangen, und dass aufgrund seiner Taten geschlossen werden muss, er sei zu einer Vielzahl von unter den fraglichen Tatbestand fallenden Taten bereit gewesen. Der Richter hat bei der Entscheidung der Frage, ob im konkreten Fall Gewerbsmässigkeit gegeben sei, stets auch die Höhe der angedrohten Mindeststrafe zu berücksichtigen. Denn bei der Auslegung von Straftatbeständen ist auch der angedrohten Strafe Rechnung zu tragen (vgl. GERMANN, ZStrR 54/1940, S. 345 ff., derselbe, Kommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, Art. 1 N 9.2 ; BGE 106 IV 25 ). b) Betreibt der Täter das Inverkehrbringen gefälschter Waren gewerbsmässig, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter einem Monat und Busse ( Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ). Die für gewerbsmässiges Handeln angedrohte Mindeststrafe ist damit, anders als etwa beim gewerbsmässigen Betrug, relativ niedrig und nicht sehr viel höher als die für den Grundtatbestand gemäss Art. 154 Ziff. 1 Abs. 1 StGB angedrohte Strafe (Gefängnis oder Busse, die gemäss Art. 50 Abs. 2 StGB miteinander verbunden werden können). Allerdings wird in den Fällen gewerbsmässigen Inverkehrbringens gefälschter Waren gemäss Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 Satz 2 StGB das BGE 117 IV 159 S. 162 Strafurteil veröffentlicht. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist insoweit die Urteilspublikation zwingend (so auch STRATENWERTH, Strafrecht Allg. Teil II, § 14 N. 103; derselbe, Strafrecht Bes. Teil I, § 11 N. 31; HANS DUBS, Urteilspublikation, ZStrR 87/1971, S. 393). Diese Sanktion kann für den Betroffenen unter Umständen sehr schwerwiegend sein. Ob die Veröffentlichung des Urteils bei gewerbsmässigem Inverkehrbringen gefälschter Waren tatsächlich zwingend sei (kritisch dazu SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Art. 153 N 14 f.) und ob gegebenenfalls diese Rechtsfolge, wie die Höhe der angedrohten Mindeststrafe, bei der Konkretisierung des Gewerbsmässigkeitsbegriffs im Sinne von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 StGB mitberücksichtigt werden müsste, kann indessen dahingestellt bleiben, da unabhängig davon im vorliegenden Fall Gewerbsmässigkeit zu verneinen ist. c) Der Beschwerdeführer hatte den Posten von 16'000 Polohemden gekauft, um ihn an Z. weiterzuveräussern, der einmal sein Interesse an "Lacoste"-Polohemden geäussert hatte. Der Umstand, dass Z., wie der Beschwerdeführer wusste, seinerseits die Polohemden an eine Vielzahl von Personen (Konsumenten und Händler) weiterverkaufen wollte, vermag nach einer insoweit zutreffenden Erwägung im angefochtenen Urteil die - auch gemäss der neuen Rechtsprechung grundsätzlich erforderliche - Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen zu handeln, nicht zu begründen. Diese Bereitschaft muss beim Täter selber vorhanden sein; es genügt mithin nicht, dass sie bei demjenigen gegeben ist, den der Täter mit der Ware beliefert ( BGE 94 IV 22 f.). Die Vorinstanz ist allerdings der Auffassung, der Beschwerdeführer habe seine Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen bzw. in unbestimmt vielen Fällen zu handeln, dadurch bekundet, dass er, nachdem das Geschäft mit Z. gescheitert war, nach andern Käufern Ausschau hielt und in der Folge denn auch rund 5'000 Polohemden "nach Italien", an einen italienischen Kunden verkaufte; dieses Verhalten manifestiere deutlich die einem Gewerbetreibenden gleiche Bereitschaft des Beschwerdeführers, in unbestimmt vielen Fällen zu handeln. Ob dies zutrifft, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Nach der vorstehend zusammenfassend wiedergegebenen neuen Rechtsprechung des Kassationshofes ist Gewerbsmässigkeit nur dann gegeben, wenn der Täter sich, wie aus den Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch Straftaten Einnahmen zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen. Die Umstände des BGE 117 IV 159 S. 163 vorliegenden Falles lassen nicht den Schluss zu, dass sich der Beschwerdeführer in diesem Sinne auf deliktische Tätigkeit eingerichtet habe. Zwar stand eine grosse Zahl von Hemden (16'000) zum Verkauf und ging es somit um erhebliche Geldbeträge; dieser Umstand reicht aber zur Annahme von Gewerbsmässigkeit nicht aus und kann im Rahmen der Strafzumessung gebührend berücksichtigt werden. Dem Beschwerdeführer ging es offensichtlich allein darum, für die rund 16'000 Polohemden, die er gerade im Hinblick auf das Geschäft mit Z. erworben hatte, nach dem Scheitern dieses Geschäfts, welches - auch nach der Auffassung der Vorinstanz - nicht als gewerbsmässiges Inverkehrbringen zu qualifizieren ist, andere Käufer, und zwar möglichst einen einzigen, zu finden. Wohl kann nach dem zitierten ( BGE 116 IV 319 ) Gewerbsmässigkeit auch dann vorliegen, wenn sich der Täter vorgenommen hat, nur beispielsweise bis zur Erreichung eines bestimmten, aber doch relativ hochgesteckten finanziellen Ziels und somit lediglich für eine gewisse, aber immerhin längere Zeit gleichartige Straftaten zu verüben. Auch in diesem Fall ist aber erforderlich, dass sich der Täter für die Zeit bis zur Erreichung dieses Ziels auf deliktische Tätigkeit eingerichtet hat. Diese Voraussetzung ist vorliegend unter den gegebenen Umständen nicht erfüllt. d) Da somit Gewerbsmässigkeit im Sinne von Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 Satz 1 StGB entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht gegeben ist, fällt die von der Vorinstanz angeordnete Urteilspublikation dahin. Die Veröffentlichung des Urteils wurde vom Kantonsgericht nicht (auch) in Anwendung von Art. 61 StGB , sondern allein mit der Begründung angeordnet, dass sie gemäss Art. 154 Ziff. 1 Abs. 2 StGB bei gewerbsmässigem Inverkehrbringen gefälschter Waren zwingend sei.
null
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
26366f0f-779b-4bb9-8699-e24515190cbb
Urteilskopf 117 V 33 5. Extrait de l'arrêt du 11 avril 1991 dans la cause C. contre Fondation prévoyance vieillesse d'entreprises WIRTE et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Art. 18 lit. a, Art. 27 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 29, Art. 30 Abs. 2, Art. 44 und 73 BVG , Art. 2 und 13 der Verordnung über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit vom 12. November 1986: Hinterlassenenleistungen, Freizügigkeitsleistung und freiwillige Versicherung der Selbständigerwerbenden. - Begriff der Erhaltung des Vorsorgeschutzes im Sinne des BVG (Erw. 2d). - Die Vorsorgeeinrichtung muss den Versicherten auf alle gesetzlich und reglementarisch vorgesehenen Möglichkeiten der Erhaltung des Vorsorgeschutzes hinweisen. Die Information hat nach dem vom Bundesrat aufgestellten und als gesetzmässig erkannten Verfahren zu erfolgen. Der Versicherte ist bei Eintritt des Freizügigkeitsfalles von Amtes wegen und vollständig über die Formen der Erhaltung des Vorsorgeschutzes zu informieren (Freizügigkeitspolice oder Freizügigkeitskonto; Erw. 3c). - Das Eidg. Versicherungsgericht ist im Rahmen von Art. 73 Abs. 4 BVG nicht zuständig zur Beurteilung einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage gegen eine Vorsorgeeinrichtung (Erw. 3d).
Sachverhalt ab Seite 34 BGE 117 V 33 S. 34 A.- Vincenzo C., né en 1954, marié et père de trois enfants - nés respectivement en 1980, 1983 et 1987 - a travaillé au service de Paolo P. comme employé du restaurant "P.". Cet établissement étant affilié à la fondation de prévoyance vieillesse d'entreprises Wirte (PVE Wirte), il était assuré en matière de prévoyance professionnelle par cette institution de prévoyance et avait reçu un certificat d'assuré, daté du 22 mai 1985. Dès fin 1988, Vincenzo C. a cessé son emploi. A partir du 1er janvier 1989, il a exploité en tant qu'indépendant le restaurant "L.", dont il avait pris la gérance. Le restaurant comptant cinq employés, une convention d'affiliation a été conclue le 30 janvier 1989 entre cet établissement et la PVE Wirte. Par lettre du 21 février 1989, la fondation de prévoyance a confirmé l'affiliation de l'établissement depuis le 1er janvier 1989, tout en précisant que c'était le personnel de celui-ci qui, dès cette dernière date, était assuré en matière de prévoyance professionnelle. Vincenzo C. est décédé le 2 mai 1989. Kathryn C., épouse du défunt, a requis le versement de prestations pour survivants. Par lettre du 28 juin 1989, la PVE Wirte a accepté de payer le montant des "cotisations-épargne" du de cujus, et informé la requérante que son défunt mari n'était pas assuré lors de son décès, ce qui excluait tout droit à des rentes de survivants. B.- Kathryn C. a porté le cas devant la Cour de justice de la République et canton de Genève, en concluant à l'allocation d'une rente de veuve et de rentes d'orphelins pour les enfants. Elle alléguait que son défunt mari avait droit à une prestation de libre passage lorsqu'il avait cessé son emploi auprès de Paolo P. et que la PVE Wirte enfreint son obligation de BGE 117 V 33 S. 35 l'informer sur les possibilités qui lui étaient offertes de maintenir sa prévoyance, "notamment en s'assurant à titre facultatif". La PVE Wirte a conclu à ce que la demanderesse fût déboutée de toutes ses conclusions. Par jugement du 8 février 1990, l'autorité de première instance, statuant comme tribunal cantonal des assurances, a débouté Kathryn C. des fins de sa demande. En bref, elle a considéré que la PVE Wirte avait violé son obligation d'informer le défunt, lors de la cessation de ses rapports de travail, sur toutes les possibilités qu'il avait en tant qu'employé de maintenir sa prévoyance; mais que cela n'avait entraîné aucun dommage pour la demanderesse, à qui avait été versé le montant de la prestation de libre passage revenant à feu son mari; qu'en sa qualité d'employeur, le de cujus avait été informé en revanche de toutes les possibilités de maintenir sa prévoyance, sans qu'il eût pour autant exercé son droit de se faire assurer, à titre facultatif, auprès de l'institution de prévoyance qui assurait ses salariés; que rien ne laissait supposer que, même informé en bonne et due forme lors de la cessation de ses rapports de travail, il se serait fait assurer à titre facultatif en tant qu'employeur. C.- Kathryn C., agissant tant en son nom personnel qu'au nom et pour le compte de ses enfants, interjette recours de droit administratif contre ce jugement dont elle demande l'annulation, en concluant derechef à l'allocation d'une rente de veuve et de rentes d'orphelins. Elle reprend en substance les allégations de première instance. La PVE Wirte conclut au rejet du recours et à la confirmation du jugement entrepris. L'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) propose également de rejeter le recours, faute de dommage imputable à l'institution de prévoyance. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Les prestations pour survivants ne sont dues, notamment, que si le défunt était assuré au moment de son décès (art. 18 let. a LPP). a) Le défunt a cessé son emploi au service du restaurant "P." dès fin 1988. Or, la cessation de ses rapports de travail s'est produite avant la survenance d'un cas d'assurance et a entraîné sa BGE 117 V 33 S. 36 sortie de la PVE Wirte, attendu qu'il n'a pas repris d'activité auprès d'un employeur affilié à l'institution de prévoyance à laquelle il appartenait jusqu'alors. Il avait donc droit à une prestation de libre passage en vertu de l'art. 27 al. 2 LPP. A cet égard, selon l'art. 27 al. 1 LPP, la prestation de libre passage garantit le maintien de la prévoyance au sens de la LPP. b) En vertu de l'art. 29 LPP (intitulé "Transfert de la prestation de libre passage"), le montant de la prestation de libre passage doit être transféré à la nouvelle institution de prévoyance. Celle-ci le porte au crédit de l'assuré (al. 1). L'assuré peut laisser ledit montant auprès de l'institution de prévoyance à laquelle il appartenait jusqu'alors, si les dispositions réglementaires de celle-ci le permettent et si le nouvel employeur y consent (al. 2). Si ledit montant ne peut être transféré à une nouvelle institution de prévoyance ni laissé auprès de l'ancienne, le maintien de la prévoyance doit être garanti au moyen d'une police de libre passage ou par une forme équivalente (al. 3). Le Conseil fédéral édicte des prescriptions sur le mode d'établissement, le contenu et les effets juridiques de la police de libre passage et d'autres formes assurant le maintien de la prévoyance (al. 4). Aux termes de l'art. 30 al. 2 let. b LPP, la prestation de libre passage est payée en espèces lorsque la demande en est faite notamment par un ayant droit qui s'établit à son propre compte et cesse d'être soumis à l'assurance obligatoire. c) Le Conseil fédéral, se fondant en particulier sur l'art. 29 al. 4 LPP, a édicté l'ordonnance sur le maintien de la prévoyance et le libre passage du 12 novembre 1986, en vigueur depuis le 1er janvier 1987. Cette ordonnance a pour objet de définir les formes assurant le maintien de la prévoyance ainsi que la procédure à suivre, notamment en cas de dissolution des rapports de travail (art. 1er let. a). Les formes assurant le maintien de la prévoyance sont définies à l'art. 2 de l'ordonnance, d'après lequel la prévoyance est maintenue au moyen d'une police de libre passage ou d'un compte de libre passage lorsque, dans un cas de libre passage, l'assurance n'est poursuivie ni auprès d'une nouvelle institution de prévoyance ni auprès de l'institution jusqu'ici compétente (al. 1). Par polices de libre passage, on entend des assurances de capital ou de rentes sur la vie, ou en cas d'invalidité ou de décès, y compris d'éventuelles assurances complémentaires décès ou invalidité, qui sont affectées exclusivement et irrévocablement à la prévoyance et sont conclues, BGE 117 V 33 S. 37 en particulier, auprès d'une fondation commune pour la prévoyance en faveur du personnel et le libre passage, instituée par les organisations faîtières des salariés et des employeurs (al. 2 let. a). Par comptes de libre passage, on entend des contrats spéciaux qui sont affectés exclusivement et irrévocablement à la prévoyance et sont conclus, notamment, avec une fondation qui remplit les conditions fixées à l'art. 10 de l'ordonnance; ces contrats peuvent être complétés par une assurance décès ou invalidité (al. 3 let. b). d) Le maintien de la prévoyance au sens de la LPP est une garantie de la prévoyance vieillesse qui sert à maintenir le droit aux prestations futures de vieillesse au niveau atteint jusqu'à la sortie de l'institution de prévoyance à laquelle l'assuré appartenait (message du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale à l'appui d'un projet de loi sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité, du 19 décembre 1975, FF 1976 I 202). Lorsque le maintien de la prévoyance est garanti au moyen d'une police de libre passage (art. 29 al. 3 LPP et art. 2 al. 2 de l'ordonnance précitée), il s'agit non seulement d'une garantie de la prévoyance vieillesse, mais également d'une assurance couvrant les risques de décès et d'invalidité au niveau atteint jusque-là (message précité du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale, FF 1976 I 165 et 206 s.). Tel est le cas également quand le compte de libre passage est complété par une assurance décès ou invalidité (art. 2 al. 3 let. b de ladite ordonnance). 3. Le défunt a cessé son emploi auprès de Paolo P. pour devenir indépendant à partir de janvier 1989. Le maintien de sa prévoyance au moyen d'une police de libre passage ou d'un compte de libre passage n'était donc pas la seule éventualité entrant en considération. En effet, il s'était établi à son propre compte et avait cessé d'être soumis à l'assurance obligatoire (art. 10 al. 2 et 3 LPP), de sorte qu'il pouvait demander le paiement en espèces de la prestation de libre passage (art. 30 al. 2 let. b LPP). Libre était-il également de s'assurer à titre facultatif comme indépendant (art. 44 LPP). En revanche, le règlement de l'intimée concernant la prévoyance du personnel ne comprenait pas la possibilité de s'assurer dans le cadre de l'assurance facultative des salariés (art. 47 LPP). Les recourants reprochent à l'intimée de n'avoir pas informé le défunt de toutes les possibilités de maintenir sa prévoyance. Cela concerne la procédure à suivre pour assurer le maintien de la prévoyance et relève donc de l'ordonnance précitée du 12 novembre 1986. BGE 117 V 33 S. 38 a) L'art. 13 de l'ordonnance, intitulé "Obligation d'informer", a la teneur suivante: 1 Lorsque les rapports de travail sont résiliés, l'employeur doit en informer sans retard l'institution de prévoyance et lui communiquer l'adresse de l'assuré. Il lui fera savoir en même temps si celui-ci est devenu incapable de travailler pour raison de santé. 2 L'institution de prévoyance est tenue d'informer l'assuré, lors d'un cas de libre passage, de toutes les possibilités de maintenir la prévoyance qu'offrent la loi et son règlement. 3 L'assuré lui communique à quelle nouvelle institution de prévoyance doit être transférée la prestation de libre passage. Si la prestation de libre passage ne peut être transférée à une nouvelle institution de prévoyance ni payée en espèces, l'assuré lui fait savoir sous quelle forme il entend maintenir la prévoyance. 4 Si, dans un délai de 30 jours dès réception de la communication de l'institution de prévoyance, l'assuré ne l'a pas informée de son choix conformément au 3e alinéa, l'institution de prévoyance décidera, sur la base de la loi et de son règlement, du mode de maintien de la prévoyance. b) Le commentaire de l'OFAS relatif à l'ordonnance sur le maintien de la prévoyance et le libre passage est ainsi libellé, en ce qui concerne l'art. 13 de l'ordonnance (voir aussi RCC 1987 p. 13 ss): Selon le 1er alinéa, la condition essentielle pour qu'un cas de libre passage soit rapidement traité est que l'institution de prévoyance soit informée en temps utile lorsque les rapports de travail d'un assuré sont résiliés. Une telle obligation d'informer, incombant à l'employeur, est déjà prévue actuellement dans de nombreux contrats d'affiliation. Si le salarié est en outre, au même moment, incapable de travailler pour raisons de santé, l'employeur, qui est en général le premier à le savoir, doit en informer aussitôt ladite institution. Cela doit permettre à celui-ci (recte: celle-ci) de remplir à temps ses obligations éventuelles (art. 18 et 23 LPP) et de se conformer, en outre, à la règle spéciale prévue à l'article 14 al. 1 let. b de l'ordonnance. Le 2e alinéa prévoit que l'institution de prévoyance doit informer l'assuré de toutes les possibilités de maintenir la prévoyance qu'offrent la loi, la présente ordonnance et le règlement de l'institution. Actuellement, cela se fait souvent au moyen d'une formule spéciale que remplit celui qui quitte son service. L'alinéa 3 a pour but de garantir que la prestation de libre passage parvienne au bon endroit. Si l'intéressé entre dans une nouvelle institution de prévoyance, il doit en donner l'adresse à l'ancienne institution, qui est tenue de payer la prestation de libre passage. Si, en revanche, la protection de prévoyance doit être maintenue au moyen d'une des formes prévues dans la présente ordonnance, l'assuré, qui a été informé en vertu de l'alinéa 2 ci-dessus, a le droit de la choisir librement. Il n'est pas rare de constater dans la pratique que l'institution de prévoyance ne sait tout de même pas à quel endroit cette prestation de libre passage doit être transférée parce que, par exemple, l'assuré ne BGE 117 V 33 S. 39 désire pas que l'on connaisse son nouvel employeur ni sa nouvelle caisse ou parce qu'il est parti sans laisser d'adresse. En pareil cas, il y a lieu de prévoir une procédure aussi simple que possible pour ne pas contraindre la caisse à effectuer des recherches démesurées. C'est pourquoi le 4e alinéa autorise les institutions de prévoyance à décider, en lieu et place de l'assuré, dans le sens d'une gestion d'affaire(s) sans mandat, de la forme qu'il convient de choisir pour maintenir la protection de prévoyance (p.ex. la création d'un compte de libre passage) lorsque l'assuré n'a pas fourni, dans les 30 jours, les données nécessaires selon le 1er alinéa. Il faut relever toutefois qu'une police de libre passage paraît exclue dans de tels cas, car l'art. 74 al. 1 LCA n'autorise la conclusion d'une telle police que si l'assuré dont le décès est ainsi couvert a donné son assentiment par écrit avant la conclusion du contrat. c) Il n'existe au dossier aucun indice laissant supposer que Paolo P., qui fut l'employeur du défunt jusqu'à fin 1988, ait expressément informé l'intimée de la résiliation des rapports de travail. Certes, la liste des salaires versés durant le premier trimestre 1989 au personnel du restaurant "P." par Paolo P., dont l'institution de prévoyance a eu connaissance le 3 avril 1989, ne mentionnait pas Vincenzo C. parmi le personnel du restaurant. Cela ne signifie pas pour autant, contrairement à ce que semble croire la juridiction cantonale, que l'intimée eût dû se rendre compte, en faisant preuve de l'attention raisonnablement exigible, de la survenance d'un cas de libre passage le 1er janvier 1989. On ne saurait en effet astreindre les institutions de prévoyance à examiner systématiquement les listes trimestrielles de salaires faites par les employeurs, pour savoir s'il y a cas de libre passage. Un tel examen nécessiterait une comparaison avec les listes antérieures et n'est pas compatible avec la gestion des institutions de prévoyance qui, comme l'intimée, comptent un grand nombre d'entreprises affiliées et donc des milliers d'assurés. Cela étant, l'intimée a adopté un modèle de convention d'affiliation dont le texte préimprimé ne mentionne pas expressément que l'employeur a l'obligation d'informer l'institution de prévoyance de la résiliation des rapports de travail avec un assuré. A cet égard, ni les clauses de la convention, ni l'extrait du règlement de la prévoyance du personnel qui se trouve au verso de celle-ci ne prévoient une telle obligation à la charge de l'employeur. aa) La pratique de l'intimée relative au maintien de la prévoyance ne se fonde pas sur une communication de l'employeur. Elle consiste à informer sur le droit aux prestations de libre passage, au moyen du certificat d'assuré, l'employé de l'entreprise qui lui est affiliée et, lors du cas de libre passage, à délivrer - sur BGE 117 V 33 S. 40 communication de l'employé - un questionnaire pour l'obtention d'une prestation de libre passage (mémento à l'intention des cafetiers, restaurateurs et hôteliers, valable dès 1989). Au verso du certificat d'assuré, sous la rubrique intitulée "Droit aux prestations de libre-passage", figure le texte suivant: Les dispositions légales stipulent: 1. Lors d'un changement de place de l'employé, le montant de la prestation de libre-passage est viré à la nouvelle institution de prévoyance. 2. La prestation de libre-passage peut être versée en espèces: - si le salarié a été affilié à l'institution de prévoyance moins de 9 mois. - si le salarié quitte définitivement la Suisse. - si le salarié s'établit à son compte et n'est plus assujetti à une institution de prévoyance. - à une femme mariée ou sur le point de l'être qui cesse d'exercer une activité lucrative. Quand faut-il déposer une demande pour l'obtention d'une prestation de libre-passage? 1. Lorsque le nouvel employeur n'est pas affilié à la PVE Wirte. 2. Lorsque légalement le paiement en espèces peut être envisagé. bb) La pratique de l'intimée n'est pas conforme à l'art. 13 al. 1 et 2 de l'ordonnance précitée. En effet, la procédure instituée par le Conseil fédéral consiste dans un premier temps à informer l'institution de prévoyance de la résiliation des rapports de travail, ce qui incombe à l'employeur, et dans un deuxième temps à informer l'assuré de toutes les possibilités de maintenir sa prévoyance, ce qui incombe à l'institution de prévoyance. En d'autres termes, l'information à laquelle a droit l'assuré doit être donnée d'office et de manière complète, lors de la survenance du cas de libre passage. La légalité de cette procédure ne saurait faire de doute, la volonté du législateur étant que l'assuré qui ne trouve pas de nouvel emploi puisse demeurer assuré contre les risques d'invalidité et de décès au moyen d'une police de libre passage (message précité du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale, FF 1976 I 165). Or, l'intimée, lors du cas de libre passage, n'intervient pas d'office mais sur demande ou communication de l'assuré. Par ailleurs, l'information qui précède cette demande ou communication est incomplète. Le certificat d'assuré, en effet, ne donne pas toutes précisions sur le droit aux prestations de libre passage, contrairement à ce qu'indique le mémento de l'intimée à l'intention du personnel (valable dès 1989). A cet égard, ledit certificat ne mentionne pas que, lorsque le montant de la prestation BGE 117 V 33 S. 41 de libre passage ne peut être transféré à une nouvelle institution de prévoyance ni laissé auprès de l'ancienne, le maintien de la prévoyance doit être garanti au moyen d'une police de libre passage ou d'un compte de libre passage (art. 29 al. 3 LPP en liaison avec l'art. 2 de l'ordonnance). d) Toutefois, l'ignorance dans laquelle pouvait se trouver le défunt sur les formes assurant le maintien de la prévoyance - à savoir la police de libre passage ou le compte de libre passage, selon que le règlement de l'institution de prévoyance offre telle ou telle possibilité - n'est pas en relation de causalité avec le fait qu'il n'était pas assuré lors de son décès. En effet, il était indépendant depuis janvier 1989 et avait conclu avec l'intimée une convention d'affiliation, datée du 30 janvier 1989, pour le restaurant "L." dont il assumait l'exploitation. Selon le ch. 4 de cette convention, l'établissement déclarait avoir pris connaissance de l'extrait du règlement figurant au verso et l'acceptait sous cette forme. Or, il s'agissait d'un extrait du règlement de la prévoyance du personnel, dont la rubrique relative aux personnes assurées indiquait expressément que les "employeurs peuvent être assurés au sens du présent règlement, à titre facultatif, s'ils jouissent d'une bonne santé et disposent d'une pleine capacité de travail". Le défunt devait donc savoir, après que l'affiliation de son établissement eut été confirmée par lettre du 21 février 1989, que seul le personnel du restaurant était assuré par l'intimée et que lui-même avait, en sa qualité d'employeur, le droit de se faire assurer à titre facultatif (art. 44 LPP). Il apparaît donc que, contrairement à ce que semblent prétendre les recourants, la possibilité qu'avait le défunt de s'assurer à titre facultatif existait pour elle-même, sans dépendre d'une information de l'intimée sur les possibilités de maintenir la prévoyance qu'offrent la loi et le règlement de l'institution de prévoyance. A cet égard, on relèvera que l'assurance facultative ne garantit pas le maintien de la prévoyance au sens de la LPP, mais couvre les éventualités de la vieillesse, du décès ou de l'invalidité, cela indépendamment du niveau atteint jusqu'à la sortie de l'institution de prévoyance à laquelle l'assuré appartenait. Cela suffit à exclure tout lien de causalité entre le défaut d'information relatif aux formes assurant le maintien de la prévoyance et le fait que le défunt n'était pas assuré lors de son décès. BGE 117 V 33 S. 42 En conséquence, les recourants ne sauraient être mis au bénéfice de l'assurance décès d'une police de libre passage ou d'un compte de libre passage en faveur du défunt. Ils n'ont pas droit non plus à des prestations de l'assurance facultative des indépendants, faute pour ce dernier de s'être fait assurer à titre facultatif auprès de l'intimée en sa qualité d'employeur. On relèvera, enfin, qu'ils ne peuvent prétendre des prestations pour survivants de l'assurance obligatoire des salariés (art. 18 ss LPP), le défunt - qui était indépendant depuis le 1er janvier 1989 - n'étant pas soumis à l'assurance obligatoire des salariés lors de son décès. Quant au dommage éventuel résultant du fait que la prévoyance professionnelle du défunt n'a pas été maintenue au moyen d'une police de libre passage ou d'un compte de libre passage, il échappe au pouvoir d'examen du Tribunal fédéral des assurances. En effet, la Cour de céans n'est pas compétente dans le cadre de l'art. 73 al. 4 LPP pour connaître d'une action en responsabilité civile intentée contre une institution de prévoyance (message susmentionné du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale, FF 1976 I 179 à 181; LANTER, Die Verantwortlichkeit von Stiftungsorganen, thèse Zurich 1984, p. 236 s.; GREBER, La responsabilité civile des personnes chargées de l'administration et de la gestion d'une institution de prévoyance, in Conférence des Administrateurs de Caisses de Pensions, juillet 1986, p. 53).
null
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
263a60fa-789d-4ddb-9fce-0c288a5ae8ba
Urteilskopf 121 V 216 34. Urteil vom 31. Oktober 1995 i.S. Sanitas Schweizerische Krankenkasse gegen L.K. und Versicherungsgericht von Appenzell A.Rh.
Regeste Art. 12 Abs. 2 KUVG , Art. 21 Abs. 1 Vo III. - Zur Leistungspflicht der Krankenkassen für das kombinierte Atem- und Herzfrequenzmonitoring bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko (SIDS [Sudden Infant Death Syndrome]: plötzlicher Kindstod). - Die von einer regionalen SIDS-Abklärungsstelle verordnete kombinierte Überwachung der Atmungs- und Herztätigkeit bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko (Near-miss-Säuglinge [Kinder nach ALTE] und Nachfolgegeschwister von SIDS-Opfern) stellt eine Pflichtleistung der Krankenkassen dar. Art. 23 KUVG : Wirtschaftlichkeit der Behandlung. Bemessung der Leistungspflicht einer Krankenkasse für einen (gemieteten) Atem- und Herzfrequenz-Monitor nach den Kosten, die bei Einsatz eines wesentlich billigeren Gerätes entstanden wären.
Sachverhalt ab Seite 217 BGE 121 V 216 S. 217 A.- Die am 18. August 1991 geborene L.K. wurde als Schwester der am 18. September 1990 an SIDS (Sudden Infant Death Syndrome, sog. plötzlicher Kindstod) verstorbenen E.K. vier Wochen nach ihrer Geburt am Kinderspital X untersucht. Dabei wurden Bradycardien (Pulsabfälle) und Apnoen (Atemstillstände) festgestellt, weshalb sich die Eltern auf Anraten der Ärzte für eine Überwachung zu Hause mit einem kombinierten Herz- und Atmungsmonitor entschlossen. In der Folge mieteten sie für die Zeit vom BGE 121 V 216 S. 218 1. September bis 30. November 1991 ein Gerät des Typs "Healthdyne 900 S". Die Sanitas Schweizerische Krankenkasse, bei welcher L.K. krankenversichert war, leistete an die gesamten Kosten von Fr. 1'236.25 (Fr. 1'170.-- [Miete] + Fr. 66.25 [25 Elektroden]) einen Beitrag von Fr. 482.30 (91 Tage x Fr. 5.30/Tag). Am 19. Dezember 1991 erliess die Sanitas eine Verfügung, mit welcher sie sinngemäss eine weitergehende Leistungspflicht ablehnte. Zur Begründung führte sie an, der von ihr zu übernehmende Kostenanteil belaufe sich nach Berechnungen des Konkordates der Schweizerischen Krankenkassen (KSK) auf 0,85 Promille des Anschaffungspreises (Fr. 6'200.--) oder Fr. 5.30 pro Tag, wobei in diesem Tagessatz sämtliche Nebenkosten eingeschlossen seien. B.- Hiegegen erhoben die Eltern der Versicherten Beschwerde beim Versicherungsgericht von Appenzell Ausserrhoden und beantragten sinngemäss, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Sanitas sei zu verpflichten, die vollen Kosten für die Miete des kombinierten Herz- und Atmungsmonitors sowie die Kosten für die Klebeelektroden zu übernehmen. Zur Begründung führten sie unter anderem an, das Monitoring sei medizinisch indiziert gewesen; diese Massnahme sei nicht blosse Prävention, sondern aktive Überwachung und Therapie zugleich. In ihrer ablehnenden Vernehmlassung machte die Sanitas geltend, sie habe die der Versicherten zustehenden Leistungen gemäss den Weisungen des KSK vollumfänglich bezahlt; eine weitergehende Leistungspflicht bestehe nicht. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest. Dabei wies die Sanitas darauf hin, dass das fragliche Gerät ausser der Atmungs- auch die Herztätigkeit überprüfe. Eine Leistungspflicht bestehe jedoch lediglich in bezug auf die Überwachung der Atmungstätigkeit. Soweit ein Gerät noch weitere - nicht kassenpflichtige - Funktionen erfülle, habe die Krankenkasse nur für die Kosten aufzukommen, die bei Verwendung eines Gerätes entstanden wären, das lediglich die als Pflichtleistung geltenden Aufgaben erfüllt. Das Versicherungsgericht von Appenzell Ausserrhoden hob in Gutheissung der Beschwerde die Verfügung vom 19. Dezember 1991 auf und wies die Sanitas an, im Sinne der Erwägungen über die Gerätekosten neu zu verfügen. Das Gericht bejahte den Pflichtleistungscharakter der kombinierten Überwachung von Atmungs- und Herztätigkeit im Fall der Versicherten, wobei es die von der Krankenkasse zu übernehmenden Gerätemietkosten auf Fr. 8.--/Tag zuzüglich BGE 121 V 216 S. 219 Nebenkosten (Klebeelektroden, WUST) festsetzte (Entscheid vom 3. März 1993). C.- Die Sanitas führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren: "1. Das Urteil des Versicherungsgerichtes von Appenzell Ausserrhoden vom 3. März 1993 sei vollumfänglich aufzuheben. 2. Es sei festzustellen, dass lediglich das Apnoemonitoring, nicht jedoch die Überprüfung der Herztätigkeit sowie des Blutsauerstoffgehaltes zu den Pflichtleistungen der Krankenkassen gehört. 3. Es sei festzustellen, dass Gerätehersteller und -vermieter nicht zu den Medizinalpersonen und medizinischen Hilfspersonen gemäss KUVG gehören. 4. Es sei festzustellen, dass die Tariffestlegung Sache der Vertragsparteien, allenfalls des Regierungsrates, nie jedoch Angelegenheit der Gerichte ist." Die Eltern der Versicherten beantragen sinngemäss Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) lässt sich dahingehend vernehmen, dass die Eidg. Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung (frühestens) im Jahre 1994 zum Pflichtleistungscharakter der kombinierten Überwachung von Atmungs- und Herztätigkeit bei Säuglingen mit SIDS-Risiko Stellung nehmen werde; bis zu diesem Zeitpunkt enthalte sich das BSV einer Stellungnahme in Einzelfällen. D.- Mit Verfügungen vom 2. Dezember 1993 und 20. September 1994 hat der Präsident des Eidg. Versicherungsgerichts das Verfahren bis zum Vorliegen der Stellungnahme der Eidg. Fachkommission sistiert. Mit Schreiben vom 17. August 1995 hat das Eidg. Versicherungsgericht die Parteien darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich die Kommission an ihrer Sitzung vom 8. Juni 1995 mit der Frage der Leistungspflicht für das kombinierte Monitoring von Atem- und Herzfrequenz bei Risikosäuglingen befasst hat, und sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Behandlung der Streitsache nach Erhalt der Sitzungsprotokolle fortgesetzt werde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit der kombinierten Überwachung der Atmungs- und Herztätigkeit der BGE 121 V 216 S. 220 Beschwerdegegnerin zu Hause in der Zeit vom 1. September bis 30. November 1991. Dabei stellen sich im Rahmen des durch den kantonalen Entscheid bestimmten Anfechtungsgegenstandes ( BGE 117 V 295 Erw. 2a) die Frage, ob das kombinierte Atem- und Herzfrequenz-Monitoring eine Pflichtleistung darstellt, sowie die Frage der Tarifierung der Kosten für die Miete des dabei eingesetzten Gerätes. Insoweit sind die Feststellungsbegehren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Rahmen dieses Leistungsstreites zulässig und ist darauf einzutreten. Da es um Versicherungsleistungen geht, ist die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen ( Art. 132 OG ; BGE 117 V 306 Erw. 1a mit Hinweisen). 2. Gemäss Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG haben die Krankenkassen im Rahmen der Krankenpflegeversicherung unter anderem für die ärztliche Behandlung (lit. a) und die von einem Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen (lit. b) aufzukommen. a) Die zur gesetzlichen Pflichtleistung gehörende ärztliche Behandlung umfasst die vom Arzt vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten diagnostischen und therapeutischen Massnahmen. Diese sollen zweckmässig und wirtschaftlich sein (Art. 21 Abs. 1 Vo III). aa) Nach der Rechtsprechung gilt eine Behandlungsmethode dann als wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von Forschern und Praktikern der medizinischen Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist. Entscheidend sind dabei das Ergebnis der Erfahrungen und der Erfolg einer bestimmten Therapie ( BGE 120 V 122 Erw. 1a, BGE 119 V 28 Erw. 3a, BGE 118 V 109 Erw. 2 mit Hinweisen). bb) Zur Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit einer medizinischen Massnahme hält Art. 23 KUVG fest, dass die mit der Behandlung, der Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln sowie der Anordnung und Durchführung von wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen und Analysen beauftragten Personen und Institutionen verpflichtet sind, sich auf das durch das Interesse des Versicherten und den Behandlungszweck erforderliche BGE 121 V 216 S. 221 Mass zu beschränken. Demgemäss haben die Krankenkassen das Recht, die Übernahme von unnötigen therapeutischen Massnahmen oder von solchen Massnahmen, die durch andere, weniger kostspielige ersetzt werden können, abzulehnen ( BGE 109 V 43 Erw. 2a mit Hinweisen; RSKV 1982 Nr. K 503 S. 195). b) Ist umstritten, ob eine diagnostische oder therapeutische Massnahme wissenschaftlich, zweckmässig oder wirtschaftlich ist, so entscheidet das Departement des Innern (EDI) nach Anhören der Fachkommission für allgemeine Leistungen der Krankenversicherung gemäss Artikel 26 Vo III, ob die Massnahme als Pflichtleistung zu übernehmen ist (Art. 21 Abs. 2 Vo III in Verbindung mit Art. 12 Abs. 5 KUVG ). aa) Die Meinungsäusserungen der Fachkommission sind für den Richter grundsätzlich nicht verbindlich. Wenn es allerdings darum geht, einen Sachverhalt zu würdigen, der ausschliesslich medizinische Überlegungen beschlägt, so ist der Richter im allgemeinen nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Schlussfolgerungen der Fachleute stichhaltig sind. Er muss sich deshalb deren Meinung anschliessen, sofern sie nicht unhaltbar scheint ( BGE 118 V 110 Erw. 2 mit Hinweisen). bb) Die Beschlüsse der Fachkommission sind - abgesehen von den in der Verordnung 9 des EDI vom 19. September 1967 geregelten Pflichtleistungen bei Herzoperationen und Dialysen - bis 1990 in der RSKV/RKUV unter der Rubrik "Verwaltungspraxis" veröffentlicht worden. Seit 1. Januar 1991 werden sie im Anhang zur neuen Fassung der Verordnung 9 des EDI vom 18. Dezember 1990 über die Leistungspflicht der anerkannten Krankenkassen für bestimmte diagnostische und therapeutische Massnahmen (Vo 9) veröffentlicht. Die vor diesem Zeitpunkt ergangenen Beschlüsse sind in bereinigter Form auf den 1. Januar 1991 und 1993 in den Anhang aufgenommen worden (RKUV 1991 S. 30; vgl. Ziff. 5 Ingress Vo 9 Anhang). Daran ändert sich unter dem ab 1. Januar 1996 geltenden neuen Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG) grundsätzlich nichts. Die von der Kommission geprüften Leistungen werden im Anhang 1 zur Verordnung über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom 29. September 1995 (KLV) aufgeführt ( Art. 1 KLV ). 3. a) Die vorliegend streitige kombinierte Überwachung der Atmungs- und Herztätigkeit der Beschwerdegegnerin wurde in der Zeit vom 1. September bis 30. November 1991 durchgeführt. Nach der damaligen Verwaltungspraxis galt BGE 121 V 216 S. 222 das Apnoemonitoring (Überwachung der Atmungstätigkeit) bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko (Near-miss-Säuglinge [Kinder nach ALTE] und Nachfolgegeschwister von SIDS-Opfern) als Pflichtleistung (RKUV 1989 S. 87). Der entsprechende Beschluss der Fachkommission vom 25. August 1988 wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1993 in den Anhang zur Vo 9 aufgenommen. Im Zeitpunkt der Durchführung der fraglichen Massnahme erklärten somit weder die Verordnung 9 des EDI noch die Verwaltungspraxis das kombinierte Atem- und Herzfrequenz-Monitoring bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko zur Pflichtleistung. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin schliesst dies die Anerkennung dieser Massnahme als Pflichtleistung der Krankenkassen nicht aus. Denn einerseits enthält der Anhang zur Vo 9 keine abschliessende Aufzählung der Pflicht- oder Nichtpflichtleistungen der Krankenkassen. Sie hält lediglich mit Bezug auf umstrittene diagnostische und therapeutische Massnahmen fest, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Leistungspflicht besteht (Ziff. 1 Ingress Vo 9 Anhang). Anderseits hat sich nach Angaben des BSV die Fachkommission an ihrer Sitzung vom 25. August 1988 nicht zur Leistungspflicht der Krankenkassen für das kombinierte Atem- und Herzfrequenzmonitoring bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko geäussert. Es ist somit im folgenden zu prüfen, ob die Verwaltungspraxis gemäss RKUV 1989 S. 87, soweit sie lediglich das Apnoemonitoring zur Pflichtleistung der Krankenkassen erklärt, gesetzmässig ist (vgl. BGE 118 V 110 f. Erw. 3). Bei der Beurteilung dieser Frage ist auch die Stellungnahme der Fachkommission vom 8. Juni 1995 zu berücksichtigen, soweit deren medizinische Feststellungen und Schlussfolgerungen auch für den Zeitraum September bis November 1991 zutreffen. Darin ist keine unzulässige Rückwirkung einer möglichen neuen Verwaltungspraxis oder Verordnungsregelung zu erblicken. b) Die Fachkommission hat an ihrer Sitzung vom 8. Juni 1995 die Leistungspflicht der Krankenkassen für das kombinierte Monitoring von Atem- und Herzfrequenz bei Risikosäuglingen, nach Verordnung durch den Arzt oder die Ärztin einer regionalen SIDS-Abklärungsstelle als gegeben erachtet. In den Evaluationsunterlagen, auf welche das Sitzungsprotokoll ausdrücklich verweist, wird vorab festgestellt, dass Säuglinge zwischen einem und zwölf Monaten am häufigsten "unter dem Bild des SIDS" sterben. Die Ursache sei unklar, es werde jedoch vermutet, dass verlängerte Atempausen (Apnoen) während des Schlafens hauptsächlich dafür verantwortlich sind. Zur BGE 121 V 216 S. 223 Risikogruppe zählten namentlich Near-miss-Säuglinge sowie Nachfolgegeschwister von SIDS-Opfern. Die Notwendigkeit einer kombinierten Überwachung von Atmungs- und Herztätigkeit wird damit begründet, dass es drei Formen von Apnoen, zentrale und obstruktive sowie gemischte, gebe, wobei gemäss der vor allem in den 80er Jahren gewonnenen Überzeugung letztere zwei typisch für das SIDS-Ereignis sind. Bei obstruktiven oder gemischten Apnoen genüge aus pathophysiologischer Sicht das alleinige Apnoe-Monitoring jedoch nicht, da in solchen Fällen der Alarm erst ausgelöst werde, wenn Atmung und Herz stillstehen, zu einem Zeitpunkt also, in welchem meist eine beträchtliche zerebrale Hypoxie stattgefunden habe. Vielmehr sei in solchen Situationen ein kombiniertes Atmungs- und Herz-Monitoring angezeigt. Ob überhaupt Apnoen vorliegen und wenn ja, welche Form sie aufweisen, werde im übrigen an der hiefür zuständigen regionalen SIDS-Abklärungsstelle untersucht, wo auch die Wahl des Monitors, die Dauer des Monitorings sowie die Instruktion der Eltern in der Reanimation erfolge. Zur Wirksamkeit des Home-Monitorings wird sodann darauf hingewiesen, dass ein statistisch gesicherter Nachweis des Rückgangs der SIDS-Häufigkeit infolge dieser Massnahme kaum zu erbringen sei. Denn es könne sinngemäss von den Eltern von Risikokindern mit Apnoen nicht verlangt werden, dass sie zu Vergleichszwecken auf das Monitoring verzichten. Immerhin hätten jedoch Studien an Kindern, welche am Monitor angeschlossen waren, gezeigt, dass in der Mehrzahl der Fälle im Beobachtungszeitraum ein- oder mehrmals Alarm ausgelöst wurde und die Kinder stimuliert werden mussten. Im übrigen sei das Home-Monitoring, bei richtiger Durchführung und gegebenenfalls Reanimation durch die Eltern, sicher und zeige, auch im Langzeitverlauf, keine Nebenwirkungen. Zusammenfassend stelle das Home-Monitoring bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko ein international anerkanntes Verfahren dar. c) Im Lichte der vorstehenden Erwägungen ist mit der Fachkommission der Pflichtleistungscharakter der kombinierten Überwachung von Atmungs- und Herztätigkeit bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko (Near-miss-Säuglinge [Kinder nach ALTE] und Nachfolgegeschwister von SIDS-Opfern) zu bejahen, sofern diese Massnahme auf Anordnung einer regionalen SIDS-Abklärungsstelle durchgeführt wird. Das kombinierte Monitoring der Atem- und Herzfrequenz bei Kleinkindern mit SIDS-Risiko stellt wie das Apnoemonitoring eine wissenschaftliche BGE 121 V 216 S. 224 Behandlungsmethode im Sinne der Rechtsprechung dar. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht ernstlich in Abrede gestellt. Soweit die Krankenkasse die Zweckmässigkeit dieser Massnahme bestreitet, da der Nachweis nicht erbracht sei, dass mittels kombinierter Überwachung der Atmungs- und Herztätigkeit wesentlich bessere Resultate erzielt werden können als mit der Überwachung lediglich der Atmungstätigkeit, ist dieser Einwand unbegründet. Wie das Apnoemonitoring hat das kombinierte Monitoring der Atem- und Herzfrequenz zum Zweck, bei einer wohldefinierten Gruppe von Kleinkindern das SIDS-Risiko zu vermindern und damit die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen frühen Todes herabzusetzen. Dabei ist die kombinierte Überwachung nur in den Fällen indiziert, in welchen die Überwachung lediglich der Atmungstätigkeit die Möglichkeit offenlässt, dass ein Atemstillstand erst entdeckt wird, wenn auch das Herz stillsteht, so dass insbesondere die Gefahr einer Schädigung des Gehirns infolge Hypoxie besteht (vgl. KURZ/PAKY/STÖGMANN, Obstruktive Apnoen bei Frühgeborenen und Säuglingen, in: Klin. Pädiatrie 206 [1994] S. 425 ff.). Die Minimierung dieses zusätzlichen Risikos liegt ohne Zweifel im Interesse der betroffenen Kinder, ohne dass es diesbezüglich eines statistischen Nachweises bedürfte. d) Im vorliegenden Fall wurde die kombinierte Überwachung der Atmungs- und Herztätigkeit bei der Beschwerdegegnerin in der Zeit vom 1. September bis 30. November 1991 durch die regionale SIDS-Abklärungsstelle am Kinderspital St. Gallen angeordnet. Da aufgrund der medizinischen Dokumentation, auf welche sich die Fachkommission bei ihrem Beschluss vom 8. Juni 1995 stützte, Notwendigkeit und Wirksamkeit des kombinierten Monitoring in jenem Zeitraum nicht anders zu beurteilen sind, ist diese Massnahme im streitigen Verfahren als Pflichtleistung anzuerkennen. Dem steht, wie in Erw. 3a hievor dargelegt, weder die Verwaltungspraxis gemäss Beschluss der Fachkommission vom 25. August 1988 noch die Verordnung 9 des EDI in der 1991 gültigen Fassung entgegen. Zu erwähnen bleibt, dass das kombinierte Atem- und Herzfrequenzmonitoring in Ziff. 4 KLV Anhang 1 (gültig ab 1. Januar 1996) aufgeführt wird. 4. In masslicher Hinsicht steht fest, dass den Eltern der Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der kombinierten Überwachung ihrer Tochter in den Monaten September bis November 1991 Kosten von insgesamt Fr. 1'236.25 (Gerätemiete: 3 x Fr. 390.--, Nebenkosten [25 Elektroden]: Fr. 66.25) entstanden sind. An diese Kosten leistete die Krankenkasse, in der BGE 121 V 216 S. 225 Annahme, dass das eingesetzte Gerät der Überwachung lediglich der Atmungstätigkeit dient, einen Beitrag von Fr. 482.30 (91 Tage x Fr. 5.30/Tag). Zur Begründung verwies sie auf die Weisungen des KSK, wonach der Tagessatz (einschliesslich sämtlicher Nebenkosten) 0,85 Promille des Anschaffungspreises (Fr. 6'200.--) betrage. Demgegenüber hat das kantonale Gericht gestützt auf die beweismässig erhobenen Angaben einer Firma für medizinische Geräte zu den Mietkosten für ein preisgünstigeres kombiniertes Überwachungsgerät ("Corometrics Neo-Trak 500"; Anschaffungspreis rund Fr. 4'200.--) die von der Krankenkasse zu übernehmenden Gerätemietkosten auf Fr. 8.--/Tag zuzüglich Nebenkosten (Klebeelektroden, WUST) festgesetzt. Dies entspricht den effektiven Kosten, die bei Verwendung dieses Monitors entstanden wären. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin, das kantonale Gericht sei nicht befugt, den von der Kasse zu übernehmenden Tarif für die Gerätevermietung festzulegen. Dies gelte im vorliegenden Fall um so mehr, als die Gerätehersteller nicht zu den Leistungserbringern gemäss dem KUVG gehören, weshalb die Sozialversicherungsträger nicht verpflichtet seien, mit ihnen Verträge über die Gerätevermietung abzuschliessen. Tariffragen gehörten in den Zuständigkeitsbereich der politischen Behörden, nie jedoch in den der Gerichtsinstanzen. a) Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass nach der gesetzlichen Regelung ( Art. 22 ff. KUVG ) die Tarife für kassenpflichtige Leistungen durch die Tarifpartner (Krankenkassen und Medizinalpersonen gemäss Art. 23 KUVG ), allenfalls durch die zuständigen Behörden der Kantone und im Beschwerdefall durch den Bundesrat festgelegt werden. Tarife sind daher mit Ausnahme der Anwendung eines Tarifs im Einzelfall der richterlichen Überprüfung entzogen (vgl. Art. 129 Abs. 1 lit. b OG ; BGE 120 V 457 Erw. 1 mit Hinweisen). Sodann trifft zu, dass die Hersteller und Lieferanten von medizinischen Geräten nicht zu den Medizinalpersonen gehören und damit nicht Tarifpartner im krankenversicherungsrechtlichen Sinne sind. Dies bedeutet, dass der von den Krankenkassen, beispielsweise nach Richtlinien des Konkordates festgelegte Beitrag an die Kosten für Geräte, welche für die ambulante Durchführung einer als Pflichtleistung anerkannten diagnostischen oder therapeutischen Massnahme benötigt werden, vom Richter frei überprüft werden kann. Solche Richtlinien mögen tarifähnlichen Charakter aufweisen. Von einem Tarif im Sinne von Art. 22 ff. KUVG und Art. 129 Abs. 1 lit. b OG kann indessen nicht die Rede sein BGE 121 V 216 S. 226 (vgl. BGE 108 V 34 Erw. 4). Der Verordnungsgeber ist daher im Rahmen von Art. 12 Abs. 2 und 5 KUVG auch befugt, die Voraussetzungen für die Übernahme der Mietkosten für Geräte, die bei Durchführung einer anerkannten ambulanten Massnahme zur Anwendung gelangen, festzulegen (vgl. Vo 9 Anhang Ziff. 2.3 [TENS-Stimulator], Ziff. 2.5 [Infusionspumpen bei Chemotherapie]). Das kantonale Gericht hat somit zu Recht die von der Krankenkasse nach den Richtlinien des KSK erbrachten Leistungen auf ihre Angemessenheit hin überprüft. b) Die Beschwerdeführerin hat an die Kosten des kombinierten Monitorings von Fr. 1'236.25 einen Beitrag von Fr. 482.30 geleistet. Dieser Betrag erscheint mit Blick auf den Pflichtleistungscharakter dieser Massnahme eindeutig als zu niedrig. Anderseits hat die Beschwerdegegnerin unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit der Behandlung nicht ohne weiteres Anspruch auf Übernahme der gesamten Kosten ( BGE 108 V 32 Erw. 3a). Da der verwendete Monitor wesentlich teurer ist als der zweite auf dem Markt erhältliche und der Behandlungszweck auch mit diesem Gerät hätte erreicht werden können, rechtfertigt es sich, den Kostenanteil der Beschwerdeführerin nach den Kosten zu bemessen, die bei Einsatz des billigeren Monitors entstanden wären. Damit erweist sich der kantonale Entscheid auch in bezug auf den Umfang der streitigen Leistungspflicht der Krankenkasse als Rechtens.
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Urteilskopf 115 IV 152 34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Juni 1989 i.S. Statthalteramt des Bezirkes Uster gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 270 Abs. 1 BStP ; öffentlicher Ankläger des Kantons. Die Statthalterämter des Kantons Zürich sind zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht legitimiert, wenn dieses Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zusteht.
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 115 IV 152 S. 152 Frau X. wurde am 12. April 1989 durch das Obergericht des Kantons Zürich wegen Verletzung einer Verkehrsregel mit Fr. 40.-- gebüsst. Gegen dieses Urteil führte der Statthalter des Bezirkes Uster eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht, welches auf das Rechtsmittel nicht eintrat. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde steht gemäss Art. 270 Abs. 1 BStP unter anderem dem öffentlichen Ankläger des Kantons zu. Die Statthalterämter des Kantons Zürich können, wie das Bundesgericht in BGE 111 IV 112 entschied, jedenfalls nicht neben der Staatsanwaltschaft eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde führen. In diesem Entscheid wurde ausgeführt, nach der Praxis des Bundesgerichts, zu deren Überprüfung kein Anlass besteht, würden Beschwerden von Zürcher Statthalterämtern dann zugelassen, wenn diese gewissermassen an Stelle der Staatsanwaltschaft in der Funktion des Anklägers auftreten würden; ohne BGE 115 IV 152 S. 153 jeden Zweifel unzulässig sei es jedoch, dass ein Statthalteramt neben der Staatsanwaltschaft Beschwerde führe. In einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 22. Oktober 1984 i.S. Justizdirektion Zürich gegen M. trat der Kassationshof auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Justizdirektion Zürich nicht ein, weil diese nicht "öffentlicher Ankläger des Kantons" sei. Darin wurde weiter ausgeführt, im Interesse einer einheitlichen Überwachung der Rechtsmittel bestehe kein Grund, den Wortlaut von Art. 270 Abs. 1 BStP extensiv auszulegen und jeder kantonalen Amtsstelle, welche in irgendeinem Verfahren öffentliche Interessen vertrete, gegebenenfalls die Befugnis zur Einreichung einer Nichtigkeitsbeschwerde einzuräumen; über die allfällige Anerkennung der Beschwerdebefugnis unterer Anklagebehörden (Statthalterämter, Bezirksanwaltschaften) sei hier nicht zu befinden, sondern es gehe darum, ob bei richterlichen Entscheidungen im Laufe des Vollzugs ( BGE 106 IV 186 ) statt dem Ankläger des Kantons die mit dem Vollzug der Sanktion betraute Verwaltungsbehörde zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein solle; überzeugende Gründe für eine solche Ausweitung der Legitimation seien jedoch nicht erkennbar. 3. Die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich vorab nach Art. 270 BStP und nicht nach der Stellung, die einem Beteiligten nach dem kantonalen Strafprozessrecht zukommt oder die er im kantonalen Verfahren tatsächlich auch einnahm (vgl. analog dazu die Praxis zu Art. 88 OG , zuletzt in BGE 113 Ia 428 E. 1 und 470 E. a). Kantonales Strafprozessrecht ist nur insoweit von Bedeutung, als in der bundesrechtlichen Bestimmung ausdrücklich darauf abgestellt wird. So ist der Antragsteller bei Antragsdelikten unabhängig davon, ob er im kantonalen Verfahren Partei war, zur Nichtigkeitsbeschwerde befugt ( BGE 84 IV 129 ). Beim Privatstrafkläger hängt es demgegenüber gemäss dem ausdrücklichen Wortlaut des Abs. 3 von Art. 270 BStP davon ab, ob er nach den Vorschriften des kantonalen Rechts allein, ohne Beteiligung des öffentlichen Anklägers, die Anklage vertreten hat, wobei es für den Ausschluss seiner Beschwerdelegitimation genügt, dass der öffentliche Ankläger im kantonalen Verfahren hätte Parteirechte ausüben können und nicht ausdrücklich darauf verzichtet hat ( BGE 110 IV 114 , BGE 105 IV 280 und BGE 93 IV 101 ). Schliesslich entschied das Bundesgericht in BGE 73 IV 53 , wenn sich kein öffentlicher Ankläger am kantonalen Verfahren beteiligen durfte und niemand anders den Strafanspruch BGE 115 IV 152 S. 154 vor dem Bundesgericht verfolgen könnte, so sei dazu der öffentliche Ankläger legitimiert. 4. Werden die aus dieser Rechtsprechung des Bundesgerichts folgenden Grundsätze auf die Frage nach der Legitimation des öffentlichen Anklägers des Kantons nach Abs. 1 von Art. 270 BStP angewandt, so ergibt sich folgendes: Wem allgemein und in einem bestimmten Fall die Funktion des öffentlichen Anklägers zukommt, sagt das kantonale Prozessrecht; ob jedoch nur einem und gegebenenfalls welchem oder mehreren öffentlichen Anklägern nebeneinander die Befugnis, eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde zu führen, zukommt, entscheidet sich ausschliesslich nach Bundesrecht. Die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts dient der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts. Den kantonalen Staatsanwaltschaften kommt bei der Verwirklichung dieses Zieles aufgrund der ihnen zustehenden Beschwerdebefugnis eine wichtige Aufgabe zu; sie tragen mit der Ergreifung von Rechtsmitteln wesentlich zu einer einheitlichen Praxis innerhalb des Kantons bei und ebenso dazu, dass sich diese entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichts mit der schweizerischen Praxis in Einklang befinde. Dort wo eine für den ganzen Kanton zuständige Staatsanwaltschaft besteht - dies ist in den allermeisten Kantonen der Fall -, der das Recht zur Beschwerdeführung vor der letzten kantonalen Instanz zusteht und der damit auch aufgetragen ist, innerhalb des Kantons für eine einheitliche Rechtsanwendung zu sorgen, muss auch dieser die Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde zukommen. Ausser in den Fällen, in denen die Bundesanwaltschaft beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde einreichen kann ( Art. 270 Abs. 6 BStP ), besteht kein einheitlicher öffentlicher Ankläger für das Gebiet der Eidgenossenschaft, sondern ist diese Aufgabe entsprechend der Anzahl der Kantone aufgeteilt. Eine weitere, unnötige Aufsplitterung gilt es jedoch zu vermeiden. Wenn auch nicht verhindert werden kann, dass ein Kanton nicht eine für sein ganzes Gebiet zuständige Staatsanwaltschaft bezeichnet - wie dies z.B. im Kanton Tessin mit je einer selbständigen Staatsanwaltschaft für den Sopra- bzw. Sottoceneri besteht - oder auf einzelnen Rechtsgebieten nicht dieser, sondern allein einzelnen Bezirksbehörden, das Beschwerderecht vor der letzten kantonalen Instanz einräumt, so muss doch ausgeschlossen werden, dass neben einer für den ganzen Kanton tätigen und in letzter Instanz beschwerdebefugten BGE 115 IV 152 S. 155 Staatsanwaltschaft auch noch öffentliche Ankläger, die nur für Fälle aus einem Teilgebiet des Kantons zuständig sind, zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sind. Dass zwei nebeneinander beschwerdelegitimierte öffentliche Ankläger des Kantons nicht beide im gleichen konkreten Fall Beschwerde führen können, entschied das Bundesgericht bereits im oben zitierten BGE 111 IV 112 . Diese Praxis ist in dem Sinne zu erweitern, dass jedenfalls dort, wo eine kantonale Anklagebehörde besteht und sie befugt war, vor der letzten kantonalen Instanz aufzutreten, stets nur diese allein berechtigt ist, beim Bundesgericht die Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen einzureichen. Es kann nicht etwa entscheidend sein, welche von zwei öffentlichen Anklagebehörden, die beide vor der letzten kantonalen Instanz den staatlichen Strafanspruch vertreten konnten, vor dieser tatsächlich auftrat. Damit würde das Recht der kantonalen Staatsanwaltschaft, durch Einreichen einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde für die einheitliche Rechtsanwendung im Kantonsgebiet zu sorgen, dort genommen, wo sie vor der letzten kantonalen Instanz kein Rechtsmittel einlegte, was nicht angeht. Die Einschränkung des Beschwerderechts kann daher nur dadurch erfolgen, dass der entsprechenden Bezirksbehörde die Beschwerdelegitimation gänzlich abgesprochen wird. Dies muss um so mehr erfolgen, als auch ein nebeneinander bestehendes Beschwerderecht zweier Behörden, welches jedoch nicht gleichzeitig ausgeübt werden kann ( BGE 111 IV 112 ), zu Schwierigkeiten führen kann, weil dies eine dem Rechtsmittelsystem fremde vorherige Absprache unter den beiden Behörden voraussetzt, die zu Schwierigkeiten führen kann, weil sie unter Umständen nicht möglich ist oder zumindest erschwert sein kann. 5. Die Statthalterämter der Bezirke im Kanton Zürich sind in Übertretungsstrafsachen für den Erlass von Strafverfügungen zuständig. Verlangt der Bestrafte gerichtliche Beurteilung und hält das Statthalteramt seine Strafverfügung aufrecht, so überweist es die Sache an den Einzelrichter in Strafsachen des zuständigen Bezirksgerichtes. Im Verfahren vor diesem vertritt das Statthalteramt den staatlichen Strafanspruch ( § 341 ff. und § 358 ff. StPO /ZH). Gegen den Entscheid des Einzelrichters können die Staatsanwaltschaft und das Statthalteramt beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung einlegen ( § 395 Ziff. 1, § 410 und § 428 StPO /ZH). Im vorliegenden Fall reichte die heutige Beschwerdegegnerin gegen den Einzelrichterentscheid beim BGE 115 IV 152 S. 156 Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde ein und in jenem Verfahren wurde das Statthalteramt Uster als Beschwerdegegner behandelt. Obwohl dem Statthalteramt nach zürcherischem Recht bei Übertretungen die Aufgabe des öffentlichen Anklägers zukommt und obwohl es das zur Verfügung stehende kantonale Rechtsmittel ergreifen kann bzw. in diesem Rechtsmittelverfahren Parteistellung hat, ist dessen Legitimation zur Einreichung einer eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nach dem oben Gesagten zu verneinen. Neben dem Statthalteramt steht bei Übertretungen auch der Staatsanwaltschaft das Recht zu, von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch zu machen. Im Kanton Zürich ist die Staatsanwaltschaft als für das ganze Kantonsgebiet zuständiger öffentlicher Ankläger zu betrachten ( § 72 GVG /ZH), dem auch die Aufgabe zukommt, mittels Ergreifung von kantonalen Rechtsmitteln für die Wahrung des Rechts zu sorgen ( § 395 und 396 StPO /ZH). Da ihr auch im hier zu beurteilenden Fall das Recht zugestanden hätte, bei der letzten kantonalen Instanz das zulässige Rechtsmittel einzulegen, ist allein sie vor dem Kassationshof des Bundesgerichts beschwerdelegitimiert. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Statthalteramtes Uster ist daher nicht einzutreten.
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264a6346-4922-418b-b09c-c074fbe4c634
Urteilskopf 137 IV 118 17. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A. contre Ministère public de l'arrondissement de l'Est vaudois (recours en matière pénale) 1B_173/2011 du 17 mai 2011
Regeste Untersuchungshaft; Beschleunigungsgebot; Fristen gemäss Art. 219 Abs. 4 und Art. 224 Abs. 2 StPO . Die Nichtbeachtung der Frist von 24 Stunden gemäss Art. 219 Abs. 4 StPO und der Frist von 48 Stunden gemäss Art. 224 Abs. 2 StPO führt nicht notwendig zur Unrechtmässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft. Ausschlaggebend ist einzig der Zeitablauf zwischen der Festnahme und dem Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Die Haft wird unrechtmässig, wenn dieser Entscheid nicht innerhalb von 96 Stunden nach der Festnahme ergeht (E. 2.1). Gesamtwürdigung der Verfahrensdauer. Keine schwere Verletzung des Beschleunigungsgebots, welche die Haftentlassung rechtfertigte. Wiedergutmachung der Nichtbeachtung der vorgenannten Fristen durch die Feststellung einer Verletzung des Beschleunigungsgebots, eine teilweise Gutheissung der Beschwerde in diesem Punkt und die Verurteilung des Staates zur Tragung der Gerichtskosten (E. 2.2).
Sachverhalt ab Seite 119 BGE 137 IV 118 S. 119 A. A. a été arrêté le 13 février 2011, dans le cadre d'une enquête pénale ouverte pour infraction grave à la loi fédérale sur les stupéfiants (LStup; RS 812.121). Il a été appréhendé à 11h00 par la police cantonale zurichoise, qui l'a entendu à 14h13. Il est arrivé dans le canton de Vaud le lendemain à 14h30 et le Procureur de l'arrondissement de l'Est vaudois (ci-après: le procureur) a procédé à l'audition d'arrestation le 15 février 2011 à 10h23. Le même jour à 16h41, le procureur a saisi le Tribunal des mesures de contrainte d'une demande de détention provisoire, en raison des risques de fuite et de collusion. Par ordonnance du 17 février 2011, le Tribunal des mesures de contrainte a ordonné la détention provisoire en retenant les motifs invoqués par le procureur dans sa requête. A. a recouru contre cette décision auprès de la Chambre des recours pénale du Tribunal cantonal (ci-après: le Tribunal cantonal), qui a rejeté le recours par arrêt du 4 mars 2011. Cette autorité a constaté que des délais prévus par les art. 219 al. 4 et 224 al. 2 du Code de procédure pénale suisse du 5 octobre 2007 (CPP; RS 312.0) n'avaient pas été respectés, mais que cela ne conduisait pas à la mise en liberté du prévenu. Elle a en outre estimé que la détention était matériellement justifiée, notamment en raison de l'existence de risques de fuite et de collusion, et que le principe de la proportionnalité était respecté. B. Le 11 avril 2011, A. a formé un recours en matière pénale, demandant au Tribunal fédéral de réformer cet arrêt en constatant qu'il aurait dû être libéré immédiatement. Il soutient en substance que la violation des art. 219 al. 4 et 224 al. 2 CPP aurait dû conduire à sa libération, que sa détention provisoire n'était pas régulière et que les principes de la proportionnalité et de la célérité ont été violés (...). Le Tribunal fédéral a admis partiellement le recours. (extrait) BGE 137 IV 118 S. 120 Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant se plaint en premier lieu du non-respect des délais prévus aux art. 219 al. 4 et 224 al. 2 CPP, ce qui devait selon lui entraîner sa libération. 2.1 Aux termes de l' art. 219 al. 4 CPP , la personne arrêtée provisoirement est libérée ou amenée devant le ministère public au plus tard après 24 heures; si l'arrestation provisoire a fait suite à une appréhension, la durée de celle-ci est déduite de ces 24 heures. Quant à l' art. 224 al. 2 CPP , il prévoit que le ministère public doit saisir le tribunal des mesures de contrainte "sans retard mais au plus tard dans les 48 heures à compter de l'arrestation". Ces délais, qui concrétisent les garanties procédurales des art. 31 Cst. et 5 par. 3 CEDH, ne sont pas de simples délais d'ordre, dont l'intéressé ne pourrait pas se prévaloir. La détention ne devient toutefois pas nécessairement illégale si l'un de ces délais n'est pas respecté. En effet, dans un arrêt récent ( ATF 137 IV 92 consid. 3.1 et 3.2 p. 96 ss), le Tribunal fédéral a relevé que seul le temps écoulé entre l'arrestation et la décision du tribunal des mesures de contrainte était déterminant pour le prévenu, les étapes de procédure précédant cette décision étant de moindre importance. Il en va notamment ainsi du délai de l' art. 224 al. 2 CPP , qui est adressé en premier lieu au ministère public et qui vise à donner suffisamment de temps au juge de la détention pour examiner la cause. Ce délai concerne donc en priorité l'organisation interne des autorités de poursuite pénale, même s'il intéresse aussi le prévenu. Le maintien en détention ne devient dès lors pas nécessairement illégal si le délai de 48 heures de l' art. 224 al. 2 CPP n'est pas respecté, mais seulement si la décision du tribunal des mesures de contrainte n'intervient pas dans les 96 heures suivant l'arrestation ( ATF 137 IV 92 consid. 3.2.1 p. 97). Les considérations qui précèdent valent aussi pour le délai de 24 heures prévu à l' art. 219 al. 4 CPP . Il est certes dans l'intérêt du prévenu que la police respecte ce délai, afin que l'audition par un magistrat intervienne le plus rapidement possible, mais le non-respect dudit délai ne constitue pas nécessairement une violation du principe de célérité susceptible de remettre en cause la légalité de la détention. Ce n'est en effet le cas que si la violation est particulièrement grave et qu'elle laisse craindre que l'autorité de poursuite ne soit plus en mesure de conduire la procédure à chef dans un délai raisonnable ( ATF 128 I 149 consid. 2.2.1 p. 151 s.; cf. ATF 137 IV 92 consid. 3.1 p. 96 et les références). BGE 137 IV 118 S. 121 Il convient cependant d'insister sur le fait que le principe de célérité revêt une importance particulière en matière de détention provisoire, de sorte que les délais maximaux prévus par le CPP doivent en principe être respectés et qu'ils ne peuvent être épuisés que dans des cas exceptionnels et objectivement fondés ( ATF 137 IV 92 consid. 3.2.1 in fine p. 97). 2.2 En l'occurrence, il s'est écoulé près de 48 heures entre l'arrestation du recourant le 13 février 2011 à 11h00 et son audition par le Ministère public le 15 février 2011 à 10h23, de sorte que le délai de 24 heures prévu par l' art. 219 al. 4 CPP n'a clairement pas été respecté. De plus, le Ministère public a saisi le Tribunal des mesures de contrainte le 15 février 2011 à 16h41, soit 5h41 après l'échéance du délai de 48 heures prévu par l' art. 224 al. 2 CPP . En revanche, le Tribunal des mesures de contrainte a statué dans les 48 heures, conformément à l' art. 226 al. 1 CPP . L'audience de ce tribunal s'est en effet tenue le 16 février à 14h30 et la décision est datée du 17 février. Il apparaît en outre que cette décision a été rendue dans les 96 heures suivant l'arrestation du recourant, ce dernier ne prétendant au demeurant pas le contraire. Par ailleurs, il ressort du dossier que le dépassement du premier délai est notamment dû à des difficultés liées au transfert du prévenu du canton de Zurich au canton de Vaud. Dans ces conditions, une appréciation globale de la procédure durant les premières 96 heures de détention ne permet pas de conclure à une violation grave du principe de la célérité, la décision sur la détention étant intervenue à temps. C'est dès lors à juste titre que le Tribunal cantonal a considéré que le non-respect des délais susmentionnés ne justifiait pas l'élargissement du recourant. Cela étant, le Tribunal cantonal ne pouvait pas se limiter à renvoyer le recourant à déposer une demande de réparation pour détention illicite en application de l' art. 431 CPP . En effet, il découle de la jurisprudence susmentionnée (cf. supra consid. 2.1) que le non-respect des délais prévus aux art. 219 al. 4 et 224 al. 2 CPP ne suffit pas nécessairement à rendre la détention illicite, de sorte qu'il n'est pas certain que la seule violation de ces dispositions donne lieu à une réparation sur la base de l' art. 431 CPP . La violation des dispositions procédurales en question peut cependant être réparée d'emblée par le biais de la pratique confirmée dans l'arrêt précité ( ATF 137 IV 92 consid. 3.2.3 p. 98), à savoir par la constatation d'une violation du principe de célérité, une admission partielle du recours sur ce point et la mise à la charge de l'Etat des frais de justice. Cette solution est BGE 137 IV 118 S. 122 au demeurant conforme à la jurisprudence fédérale (cf. ATF 136 I 274 consid. 2.3 p. 278 et les références). Il y a donc lieu d'admettre partiellement le recours dans cette mesure et de réformer l'arrêt entrepris à cet égard.
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Urteilskopf 80 I 409 68. Urteil vom 17. Dezember 1954 i.S. Syfrig gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste Bäuerlicher Grundbesitz, Einspruch gegen Liegenschaftsverkauf. Art. 18 ff. BG vom 12. Juni 1951 (EGG). Verkauf einer Liegenschaft, die zu einem landwirtschaftlichen Kleinheimwesen gehört: a) Das EGG schützt den bäuerlichen Grundbesitz grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine Grösse. b) Begriff des gemischten Betriebes ( Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG ). c) Kauf zum Zwecke der Erfüllung einer öffentlichen, gemeinnützigen oder kulturellen Aufgabe ( Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG )? d) Verkauf, durch den das landwirtschaftliche Gewerbe die Existenzfähigkeit verlöre ( Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG ). Geldbedarf des verkaufenden Verpächters als "wichtiger Grund"?
Sachverhalt ab Seite 409 BGE 80 I 409 S. 409 A.- Der Beschwerdeführer Josef Syfrig besitzt ein kleines landwirtschaftliches Heimwesen, das im Gebiete BGE 80 I 409 S. 410 der basellandschaftlichen Gemeinden Reinach, Therwil und Äsch liegt. Er hatte es früher selbst bewirtschaftet; daneben hatte er sich als Mechaniker betätigt und Handel getrieben. Heute ist er 75 Jahre alt und nicht mehr erwerbstätig. Er hat das Heimwesen für einen monatlichen Zins von Fr. 125.-- seinem Sohne verpachtet, der neben der Landwirtschaft ein Brennmaterialgeschäft und eine Traktorfuhrhalterei betreibt. Der Beschwerdeführer hat im Sommer 1954 eine Parzelle von 6 a 40 m2 als Bauland zum Preise von Fr. 11.- je m2 verkauft, so dass sein Heimwesen noch 231 a 57 m2 umfasst. Im Herbst 1953 hatte er mit der Chr. Merian'schen Stiftung in Basel vereinbart, ihr zum Preise von Fr. 2.50 m2 eine andere Parzelle von 100 a 70 m2 zu verkaufen, die sich im Gebiete der Gemeinde Äsch befindet und am weitesten von seinem im Kern des Dorfes Reinach liegenden Hause entfernt ist. Gegen diesen Kaufvertrag hat die Direktion des Innern des Kantons Basel-Landschaft auf Grund von Art. 19 Abs. 1 lit. a und b EGG Einspruch erhoben. Einen Rekurs Syfrigs hiegegen hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft mit Entscheid vom 12./16. Februar 1954 abgewiesen. Er hält die dem Einspruch gegebene Begründung für zutreffend und stützt sich auch auf Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG . B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Josef Syfrig, diesen Entscheid aufzuheben und den Einspruch abzuweisen oder die Angelegenheit zur neuen Entscheidung "im Sinne des Rückzuges des Einspruches" an den Regierungsrat zurückzuweisen. Er macht geltend, sein Sohn betreibe in erster Linie ein Brennmaterialgeschäft und eine Fuhrhalterei und nur nebenbei Landwirtschaft. Die zum Verkauf bestimmte Parzelle habe zwar an sich vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter, nicht aber der Betrieb, zu dem sie gehöre. Daher sei nach Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG fraglich, ob das Einspruchsverfahren anwendbar sei. Auf jeden Fall sei der Einspruch schon deshalb unbegründet, weil er nicht BGE 80 I 409 S. 411 dem Schutz eines selbständigen, gesunden und leistungsfähigen Bauernbetriebes im Sinne des Art. 1 EGG diene. Der angefochtene Entscheid verletze auch Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG . Die Merian'sche Stiftung dürfe die Erträgnisse ihres Vermögens nur für die Unterstützung der städtischen Armenhäuser und für andere städtische Zwecke verwenden; wenn sie Liegenschaften verkaufe und an deren Stelle andere kaufe, so tue sie das ausschliesslich zur Erfüllung ihrer öffentlichen und gemeinnützigen Aufgabe. Zu Unrecht berufe sich der Regierungsrat auf Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG . Die Merian'sche Stiftung dürfe nicht mit irgendwelchen Spekulanten oder Güteraufkäufern verglichen werden. Sie habe ein legitimes Interesse daran, zum Ersatz der für gemeinnützige Zwecke verkauften Liegenschaften Land im Kanton Basel-Landschaft zu erwerben. Es gehe nicht an, dass die dortigen Behörden ihr den Kauf von Boden in der Landwirtschaftszone verwehren und sie auf bereits verteuertes Land verweisen; die Kompetenz zu einer solchen Bodenpolitik lasse sich aus dem EGG nicht ableiten. Es sei unsinnig, die Merian'sche Stiftung im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG als Einzeleigentümer anzusehen, der schon einen riesigen Grundbesitz habe. Ihr Land sei zur Hauptsache in Höfe eingeteilt, die zu den schönsten landwirtschaftlichen Betrieben der Gegend gehörten. Die in Frage stehende Parzelle solle dem Schlatthof zugeteilt werden, dem sie sehr wohl zustatten käme. Der Regierungsrat übersehe auch, dass wichtige Gründe im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b EGG den Verkauf rechtfertigten. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Sohne Differenzen und könne daher nicht mehr mit ihm zusammenleben. Er müsse die streitige Parzelle verkaufen, weil er Barmittel benötige, um sich in ein Heim zurückziehen zu können. C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der Beschwerde, ebenso das eidg. Justiz- und Polizeidepartement. BGE 80 I 409 S. 412 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Beschwerdeentscheid ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über einen Einspruch gegen einen Kaufvertrag gemäss Art. 18 ff. EGG . Dagegen ist nach Art. 45 dieses Gesetzes die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. 2. Art. 1 EGG bestimmt, dass die Vorschriften dieses Gesetzes darauf abzielen, den bäuerlichen Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes zu schützen, die Bodennutzung zu fördern, die Bindung zwischen Familie und Heimwesen zu festigen und die Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher Betriebe zu begünstigen. Der Beschwerdeführer schliesst daraus zu Unrecht, dass das Gesetz nur auf solche landwirtschaftliche Gewerbe Anwendung finde, deren Inhaber die Landwirtschaft als Hauptbeschäftigung treiben. Das Gesetz will den bäuerlichen Grundbesitz grundsätzlich allgemein, ohne Rücksicht auf seine Grösse, unter Schutz stellen. Das ergibt sich insbesondere klar aus Art. 16, wonach die Kantone für landwirtschaftliche Gewerbe oder Liegenschaften bis zu 3 ha die Bestimmungen über das Vorkaufsrecht einschränken oder unanwendbar erklären können, und aus Art. 21 Abs. 2, der den Kantonen anheimstellt, Liegenschaften bis zu dieser Grösse auch vom Einspruchsverfahren auszunehmen. Unter diesen Vorbehalten erfasst das Gesetz auch den bäuerlichen Kleinbetrieb, selbst wenn er für sich allein keine genügende Existenz bietet (vgl. BGE 80 I 92 ff., betreffend einen Kleinbetrieb von 201 a). Der bäuerliche Grundbesitz an sich soll seiner bestimmungsgemässen Bewirtschaftung erhalten bleiben ( Art. 2 und 5 EGG ). Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein kleines, noch 231 a 57 m2 umfassendes bäuerliches Heimwesen, auf dem auch heute noch ein landwirtschaftliches Gewerbe betrieben wird. Der Pächter hält drei Kühe, ein Rind und ein Pferd. Auch die in Frage stehende Parzelle dient BGE 80 I 409 S. 413 dem Landwirtschaftsbetrieb. Der Kanton Basel-Landschaft, in dessen Gebiet das Heimwesen des Beschwerdeführers liegt, hat das Einspruchsverfahren nach Massgabe der Art. 19 ff. EGG eingeführt, ohne Liegenschaften bis zu 3 ha auszunehmen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann nicht zweifelhaft sein, dass das Heimwesen unter Art. 19 EGG fällt, sofern nicht eine der in Art. 21 Abs. 1 lit. a und b vorgesehenen Ausnahmen zutrifft. 3. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. a EGG ist das Einspruchsverfahren nicht anwendbar auf Rechtsgeschäfte über Liegenschaften, die einen gemischten Betrieb bilden, bei welchem der nichtlandwirtschaftliche Charakter überwiegt. Weder das Heimwesen des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit noch die in Frage stehende Liegenschaft fallen unter diese Bestimmung. Dass der Pächter neben der Landwirtschaft einen Brennmaterialhandel und eine Fuhrhalterei betreibt, ändert daran nichts. Wenn die Liegenschaften des Beschwerdeführers zum Teil auch für diese beiden Betätigungen, sei es zur Lagerung von Material oder zur Einstellung von Fahrzeugen, benützt werden, so dienen sie doch in der Hauptsache der Landwirtschaft. Sofern sie überhaupt einen gemischten Betrieb bilden, hat dieser auf jeden Fall überwiegend landwirtschaftlichen Charakter. 4. Unbegründet ist auch die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG , wonach vom Einspruchsverfahren u.a. ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, die zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben abgeschlossen werden oder dem Ersatz von Liegenschaften dienen, die für solche Zwecke verkauft worden sind. Die Chr. Merian'sche Stiftung hat zwar ohne Zweifel gemeinnützigen Charakter, da die Erträgnisse ihres Vermögens ausschliesslich für die Unterstützung der städtischen Armenhäuser und für andere städtische Zwecke verwendet werden dürfen. Das genügt jedoch für die Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG nicht. Mit einem zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder BGE 80 I 409 S. 414 kultureller Aufgaben abgeschlossenen Rechtsgeschäft im Sinne dieser Bestimmung hat man es nur dann zu tun, wenn die betreffende Liegenschaft unmittelbar für einen solchen Zweck verwendet werden soll. Das wäre etwa der Fall, wenn der Erwerber auf dem Grundstück ein Armen- oder Krankenhaus erstellen wollte oder wenn eine gemeinnützige Anstalt, z.B. eine Erziehungs- oder eine Strafanstalt, das Land benötigte zur Erweiterung ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Die Chr. Merian'sche Stiftung will jedoch die streitige Parzelle lediglich zur Arrondierung eines ihr gehörenden Bauerngutes verwenden, das sie an einen Landwirt verpachtet hat. Die Liegenschaft dient also nicht unmittelbar der Erfüllung der gemeinnützigen Aufgabe der Stiftung. Dass sie im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG ein bestimmtes Areal zu ersetzen habe, das von der Stiftung für öffentliche, gemeinnützige oder kulturelle Zwecke verkauft worden wäre, ist nicht dargetan. 5. Nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG ist der Einspruch begründet, wenn durch den Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliert, es sei denn, die Liegenschaften werden zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung des Bodens verkauft und eignen sich hiefür, oder die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes lasse sich durch andere wichtige Gründe rechtfertigen. Zum landwirtschaftlichen Gewerbe oder Heimwesen, um das es sich hier handelt, ist nur das dem Beschwerdeführer gehörende Land von derzeit noch 231 a 57 m2 zu rechnen, nicht auch das vom Sohn anderweitig gepachtete Areal, das nach dessen Angaben gegenwärtig rund 450 a umfasst; denn es besteht keine Gewähr dafür, dass der Betriebsinhaber das zugepachtete Land über die laufende Pachtdauer hinaus behalten oder im Falle der Kündigung durch anderes Pachtland ersetzen oder ergänzen kann. Es kann aber nicht mit Grund bestritten werden, dass infolge des Verkaufs der in Frage stehenden Parzelle, deren Fläche BGE 80 I 409 S. 415 von 100 a 70 m2 fast die Hälfte des gesamten dem Beschwerdeführer gehörenden Bodens ausmacht, das bäuerliche Heimwesen des Beschwerdeführers als solches eingehen und damit ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verlieren würde. Der Sohn des Beschwerdeführers ist für seinen Landwirtschaftsbetrieb auf diese Parzelle angewiesen. Wenn das Heimwesen auch ohne Abtrennung dieses Grundstückes nicht gross genug ist, um für sich allein eine Familie zu ernähren, so ist das unerheblich. Wie bereits entschieden worden ist, will Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG auch Kleinheimwesen erhalten, deren Inhaber gezwungen sind, das landwirtschaftliche Einkommen durch einen Nebenverdienst zu ergänzen ( BGE 80 I 96 ). Ein wichtiger Grund, der die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Die in der Beschwerdeschrift aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer müsse die streitige Parzelle verkaufen, um sich Barmittel zu verschaffen, die er für seinen weiteren Lebensunterhalt nötig habe, hat sich in dem vor Bundesgericht durchgeführten Beweisverfahren als unzutreffend herausgestellt. Auch wenn angenommen wird, dass dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könne, weiterhin auf seinem Heimwesen zusammen mit dem Sohn zu leben, ist er mindestens zur Zeit nicht genötigt, jene Parzelle zu veräussern. Die Absicht, sich in ein Altersheim zurückzuziehen, von der in der Beschwerdeschrift die Rede ist, hat der Beschwerdeführer aufgegeben, wie er bei der Einvernahme erklärt hat; er braucht also nicht auf einmal einen grösseren Barbetrag als Einkaufssumme. Er hat in Basel eine Einzimmerwohnung gemietet, zu einem Zins von Fr. 115.-- monatlich. Seine Darstellung, dass der vom Sohn bezahlte Pachtzins nur gerade für die Deckung der Hypothekarzinsen und der sonstigen mit dem Grundbesitz verbundenen Aufwendungen ausreiche, dass ihm für den Lebensunterhalt an Einnahmen nur die Altersrente im Betrage von Fr. 840.-- jährlich zur Verfügung BGE 80 I 409 S. 416 stehe und dass er daher auf Kapitalzuschüsse angewiesen sei, mag im wesentlichen zutreffen. Tatsächlich besteht aber sein Vermögen nicht nur in Liegenschaften, sondern es gehört dazu auch ein gewisses Wertschriften- und Barvermögen. Er hat der Steuerbehörde bei der Deklaration des Ende 1953 vorhandenen Vermögens neben dem Grundbesitz Wertschriften im Betrage von Fr. 3663.-- angegeben, und dazu kommt zum mindesten der Erlös aus dem seither vorgenommenen Baulandverkauf, wovon nach Angabe des Beschwerdeführers noch Fr. 3000.-- bis 3500.-- übrig sein sollen. Bei dieser Sachlage ist der Beschwerdeführer für seinen Lebensunterhalt jedenfalls bis auf weiteres nicht auf den Verkauf der in Frage stehenden Parzelle angewiesen, selbst wenn er, was nicht sicher ist, nicht noch über weitere bewegliche Werte verfügt. Ist daher der Einspruch nach Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG begründet, so braucht nicht geprüft zu werden, ob er es auch nach lit. a oder b sei. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
2654cdcd-4532-4494-a5ce-3a1ee65809ee
Urteilskopf 123 II 456 47. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. September 1997 i.S. Schweizerische Bundesbahnen gegen Inter Classic-Cars AG und Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 7 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Zuständigkeit zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen im kombinierten eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungs- und Enteignungsverfahren. Wird im sog. kombinierten Verfahren das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren durch den Einspracheentscheid gegenstandslos, so darf die Einsprachebehörde auch über die Kostenfolgen dieses dahingefallenen Verfahrens befinden (E. 1a). Wird von dieser Möglichkeit der Kompetenzattraktion kein Gebrauch gemacht, hat der Schätzungskommissions-Präsident nachträglich noch den Kostenentscheid zu treffen (E. 1b), wobei er Parteientschädigungen nur für das angehobene enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren zuerkennen kann und nicht befugt ist, irgendwelche Parteikosten für das rechtskräftig abgeschlossene Einspracheverfahren zu vergüten (E. 2 und 3). Hinweise zur Bemessung der Parteientschädigung (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 457 BGE 123 II 456 S. 457 Auf Gesuch der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ordnete das Bundesamt für Verkehr (BAV) am 15. Februar 1989 die Durchführung eines kombinierten eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungs- und Enteignungsverfahrens für die im Rahmen des Konzeptes "Bahn 2000" zu erstellende Strecke Muttenz-Liestal-Sissach-Trimbach an. In den zwölf betroffenen Gemeinden des Kantons Basel-Landschaft erfolgte die Planauflage vom 2. Mai bis 30. Juni 1989. Während dieser Frist erhob unter anderem die durch Advokat Marcel Muff vertretene Inter Classic-Cars AG, Lausen, Einsprache und stellte Realersatz- und Entschädigungsforderungen für die Beanspruchung ihrer Grundstücke. Mit Verfügung vom 27. Mai 1991 sistierte das BAV das Verfahren für die Teilstrecke Liestal-Sissach-Trimbach und beauftragte einen Experten mit der Überprüfung des Projekts. Am 15. Dezember 1994 wies das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) das Plangenehmigungs-Gesuch für diesen Abschnitt ab. In seinem Entscheid sprach das Departement jenen Einsprechern eine Parteientschädigung zu, welche durch einen Anwalt vertreten waren und deren Einsprachen infolge der Verweigerung der Genehmigung gegenstandslos geworden waren oder dem Sinne nach gutgeheissen wurden. Der Inter Classic-Cars AG wurde eine Entschädigung von Fr. 1'800.-- zuerkannt. In den Erwägungen des Einspracheentscheides wurde zu den Parteientschädigungen festgehalten, dass hiemit die Parteien nur "für den vor dem EVED betriebenen Aufwand" entschädigt würden und die Parteientschädigung für das Verfahren vor der Eidgenössischen Schätzungskommission vorbehalten bleibe. Mit Verfügung des Schätzungskommissions-Präsidenten vom 23. August 1995 wurden die noch hängigen Enteignungsverfahren, welche die Teilstrecke Liestal-Trimbach auf basellandschaftlichem Gebiet betrafen, abgeschrieben. Gleichzeitig wurden die BGE 123 II 456 S. 458 Betroffenen aufgefordert, ihre Ansprüche auf Parteientschädigung sowie allfällige weitere Forderungen geltend zu machen. Advokat Muff reichte hierauf eine Honorarrechnung ein und verlangte zusätzlich eine Inkonvenienzentschädigung. Mit Urteil vom 30. April 1997 wies der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 7, das Begehren um Inkonvenienzentschädigung ab und sprach der Inter Classic-Cars AG - ausgehend vom Gesamtaufwand für das ganze Verfahren - eine Parteientschädigung von Fr. 6'456.-- sowie zusätzlich für den Aufwand in der Auseinandersetzung um die Parteikosten eine Entschädigung von Fr. 213.-- zu. Im Namen der Generaldirektion haben die SBB, Kreisdirektion 2, den Entscheid des Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 7, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten. Diese wird vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerinnen nehmen unter Hinweis auf BGE 121 II 291 den Hauptstandpunkt ein, das EVED sei angesichts des Dahinfallens des enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahrens allein zuständig gewesen, die Kosten- und Entschädigungsregelung für das gesamte durch den Einspracheentscheid abgeschlossene Verfahren zu treffen. Der angefochtene Entscheid, mit dem der Enteigneten eine zusätzliche Parteientschädigung zuerkannt worden ist, sei daher mangels Kompetenz des Schätzungskommissions-Präsidenten aufzuheben. Ein Anspruch auf weitere Entschädigung bestehe nicht, auch wenn das EVED der Enteigneten zu Unrecht nur die Aufwendungen im Einspracheverfahren vergütet habe. a) Wie das Bundesgericht in BGE 121 II 291 dargelegt hat, ist in den mit einem Enteignungsverfahren kombinierten eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren - gleich wie in Verfahren, die sich ausschliesslich nach dem Enteignungsgesetz richten - über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des Einspracheverfahrens einerseits und des enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahrens andererseits grundsätzlich getrennt zu entscheiden. Wird indessen ein Verfahren noch vor dem Einsprachenentscheid oder durch diesen selbst gegenstandslos, rechtfertigt sich aus prozessökonomischen Gründen nicht, zwei verschiedene Behörden - also auch die Instanz, die sich zur Zeit mit der Sache nicht befasst - zur Kostenregelung beizuziehen. Das Enteignungsgesetz sieht denn BGE 123 II 456 S. 459 auch ausdrücklich vor, dass der Schätzungskommissions-Präsident, wenn das Verfahren mit der Einigungsverhandlung abgeschlossen wird, allein über die Kosten und die Entschädigungsfolgen bestimmt ( Art. 114 Abs. 4 Satz 2 des Bundesgesetzes über die Enteignung [EntG, SR 711] ). Analoges muss gelten, wenn das Verfahren vor der Einspracheinstanz erledigt wird und infolge einer Einigung oder der Gutheissung von Begehren auch das Entschädigungsverfahren vor der Schätzungskommission entfällt. Auch in diesem Fall muss die Kompetenz zur Kostenregelung allein bei der Behörde liegen, die sich mit der Sache zuletzt befasst hat und das Verfahren abschliesst. Es liesse sich mit dem Gebot der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung, das zur Zusammenlegung von Plangenehmigungs-, Einsprache- und Landerwerbsverfahren geführt hat, nur schlecht vereinbaren, wenn in dieser Situation der Schätzungskommissions-Präsident das Verfahren nochmals aufgreifen müsste, nur um einen ergänzenden Kostenentscheid zu fällen ( BGE 121 II 291 mit Hinweisen). b) Darf mithin bei derart vorzeitigem Abschluss des enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahrens für den Kosten- und Entschädigungsentscheid von der sonst geltenden Kompetenzaufteilung abgesehen werden, so heisst das indessen nicht, dass die Kostenregelungskompetenz des Schätzungskommissions-Präsidenten in jedem Falle unterginge. Da einzig verfahrensökonomische Interessen für die Kompetenzattraktion sprechen, ist diese nicht als zwingend zu betrachten. Macht die Einspracheinstanz von ihrer Befugnis zur Beurteilung der gesamten Kostenfragen keinen Gebrauch oder ist im Zeitpunkt des Einspracheentscheides nicht völlig klar, ob das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren endgültig erledigt sei, muss der Schätzungskommissions-Präsident weiterhin über Fortsetzung oder Abschluss des Verfahrens und die entsprechenden Kostenfolgen bestimmen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn noch Ersatzbegehren für den aus dem Enteignungsbann entstandenen Schaden ( Art. 44 EntG ) angemeldet werden könnten. Weiterer Abklärungen bedarf es unter Umständen auch, wenn die Art des Landerwerbs geändert wird und Grundstücke, die enteignet werden sollten, nachträglich in eine Landumlegung einbezogen werden. Muss die Schätzungskommission also noch tätig werden, entfällt der Grund für die Sonderregelung zur Erledigung der Kosten- und Entschädigungsfolgen und verbleibt die Kompetenz hiefür bei der Schätzungskommission. Gleiches muss gelten, wenn die Einspracheinstanz - wie hier - nur über die Kosten und Entschädigungen BGE 123 II 456 S. 460 für das Einspracheverfahren befindet und den Entscheid über die Kostenfolgen des enteignungsrechtlichen Entschädigungsverfahrens ausdrücklich der Schätzungskommission vorbehält. Anders zu entscheiden hiesse, den gesetzlichen Anspruch des Enteigneten auf Ersatz der aussergerichtlichen Kosten, der sich nach ausdrücklicher Vorschrift auf alle Verfahrensabschnitte erstreckt ( Art. 115 Abs. 1 EntG ), teilweise der richterlichen Beurteilung zu entziehen. Die Auffassung der Beschwerdeführerinnen, wonach der Schätzungskommissions-Präsident im Anschluss an den Einspracheentscheid zur Zusprechung von Parteientschädigungen für das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren überhaupt nicht mehr befugt gewesen sei, erweist sich daher als unzutreffend. 2. Das Eventualbegehren um Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung und das Subeventualbegehren um Zusprechung einer reduzierten und pauschalierten Parteientschädigung begründen die SBB damit, dass der Präsident der Schätzungskommission nur Parteientschädigungen für das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren, dagegen keine solchen für ein abgeschlossenes Einspracheverfahren zuerkennen könne. Insofern ist den Beschwerdeführerinnen grundsätzlich zuzustimmen. Im kombinierten eisenbahn- und enteignungsrechtlichen Verfahren gemäss Art. 20 lit. c und Art. 23 ff. der Verordnung über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vom 23. Dezember 1932 (PlVV, SR 742.142.1) werden mit der Planauflage sowohl das eisenbahn- und enteignungsrechtliche Einspracheverfahren als auch das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren eröffnet. Diese Verfahren verlaufen bis zum Abschluss der Einigungsverhandlung nebeneinander und nehmen erst anschliessend eigene Wege. Ungeachtet dieser Verfahrensvereinigung ist wie dargelegt über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des Einspracheverfahrens einerseits und des Entschädigungsverfahrens andererseits dem Grundsatz nach getrennt zu entscheiden. Seit der Revision der Kostenbestimmungen des Bundesgesetzes über die Enteignung im Jahre 1971 hat im Einspracheverfahren nicht mehr die Schätzungskommission, sondern die Einsprachebehörde selbst über die Kosten und die Parteientschädigungen zu befinden ( Art. 114 Abs. 4 und Art. 115 Abs. 4 EntG ). Das heisst, dass mit dem Sachentscheid auch über den Kostenpunkt zu bestimmen ist. Das Bundesgericht hat deshalb schon verschiedentlich erkannt, dass die Einsprachebehörde die Kosten- und Entschädigungsfolgen für das ganze Verfahren der Einsprachenbehandlung ab Planauflage festzulegen habe und die Eidgenössische BGE 123 II 456 S. 461 Schätzungskommission zur nachträglichen Vergütung von Parteikosten für diesen Verfahrensteil nicht ermächtigt sei ( BGE 121 II 291 mit Hinweisen). Der Schätzungskommissions-Präsident ist kraft ausdrücklicher Gesetzesnorm nur dann befugt, den Kostenentscheid auch für den einspracherechtlichen Teil des Verfahrens zu treffen, wenn das gesamte Verfahren mit der Einigungsverhandlung abgeschlossen wird ( Art. 114 Abs. 4 Satz 2 EntG ). Fällt die Einsprachebehörde dagegen einen Sachentscheid, so kommt dem Präsidenten der Schätzungskommission - der weder Rechtsmittel- noch Aufsichtsinstanz in Einsprachebelangen ist - keinerlei Kompetenz in Kostenfragen zu. Daran ändert, wie das Bundesgericht unlängst ausgeführt hat, die Bestimmung von Art. 115 Abs. 1 EntG nichts. Aus Art. 115 EntG ergibt sich kein Anspruch auf einen verfahrensunabhängigen "vollen Parteikosten-Ersatz" (nicht publ. Entscheid vom 17. Juni 1996 i.S. B. und Mitb. E. 2). Falls das EVED daher den Einsprechern nur ungenügende Parteientschädigungen zuerkannt haben sollte - worüber hier nicht zu befinden ist - so hätten sich diese im Einspracheverfahren zur Wehr setzen müssen. Hiegegen kann auch nicht eingewendet werden, die Enteignete hätte sich aufgrund der im Einspracheentscheid enthaltenen Bemerkung, Parteientschädigungen würden nur für den vor dem EVED betriebenen Aufwand zugesprochen und die Entschädigungen für das Verfahren vor der Schätzungskommission blieben vorbehalten, darauf verlassen dürfen, dass im Verfahren vor der Schätzungskommission auch noch Aufwendungen abgegolten würden, die im Zusammenhang mit den Einsprachen erbracht wurden. Die Gesetzesänderung, mit der die Befugnis zur Kostenregelung für das Einspracheverfahren der Einspracheinstanz übertragen worden ist, ist wie dargelegt seit 1. August 1971 in Kraft. In der Lehre wird auf die abgeänderte Zuständigkeitsordnung aufmerksam gemacht und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das EVED über allfällige Parteientschädigungen für das Einspracheverfahren selber zu entscheiden hat (HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, Bd. II, N. 30 zu Art. 55 EntG , s.a. N. 11 und 12 zu Art. 114 EntG , N. 1 und 9 zu Art. 115 EntG ). Diese Regelung gilt denn auch keineswegs nur für das mit einem Enteignungsverfahren kombinierte eisenbahnrechtliche Plangenehmigungsverfahren, sondern in erster Linie für die Verfahren, die sich ausschliesslich nach dem Bundesgesetz über die Enteignung richten, sowie für alle kombinierten Verfahren, die den im Enteignungsgesetz vorgezeichneten Verfahrensablauf übernehmen. Der Enteigneten hat hier daher klar BGE 123 II 456 S. 462 sein müssen, dass der Präsident der Schätzungskommission nicht in der Lage ist, über die Parteientschädigung für irgendeinen Abschnitt des Einspracheverfahrens zu befinden. 3. Nach dem Gesagten war der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 7, zwar befugt, im Anschluss an den Einspracheentscheid des EVED noch eine Kosten- und Entschädigungsregelung für das enteignungsrechtliche Entschädigungsverfahren zu treffen, doch beschränkte sich seine Kompetenz auf dieses Verfahren. Es stand ihm daher nicht zu, über die für das Gesamtverfahren notwendigen Aufwendungen zu befinden und die entsprechenden Parteikosten, auch soweit sie das Einspracheverfahren betreffen, den Enteignerinnen zu überbinden. Der angefochtene Entscheid erweist sich in dieser Hinsicht als bundesrechtswidrig. Es stellt sich demnach die Frage, ob das Bundesgericht in der Sache selbst entscheiden soll oder diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen sei (vgl. Art. 114 Abs. 2 OG ). Da das Verfahren schon etliche Zeit gedauert hat, läge ein möglichst rascher Abschluss durch bundesgerichtliches Urteil nahe. Bei erster Prüfung hat sich indessen gezeigt, dass der Aufwand, der für das Einspracheverfahren einerseits und für das Schätzungs- bzw. Landerwerbsverfahren andererseits betrieben worden ist, im vorliegenden und in den konnexen Verfahren derart unterschiedlich ist, dass die Frage der Aufteilung der von den Rechtsvertretern aufgewendeten Zeit zum Teil noch weiterer Abklärung bedarf. Es kann nicht Sache des Bundesgerichtes sein, diese Untersuchungen, die weder rechtliche Probleme noch besonders heikle Schätzungsfragen betreffen, selbst vorzunehmen. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, wobei klarzustellen ist, dass der Schätzungskommissions-Präsident die zusätzliche Instruktion auf ein Minimum beschränken soll und die Aufteilung der für die beiden Verfahren notwendigen Aufwendungen in den hiefür geeigneten Fällen auch nach eigenem Ermessen ex aequo et bono vornehmen darf. Weiter darf noch darauf hingewiesen werden, dass bei der fraglichen Aufteilung des Zeitaufwandes nicht bloss auf die Zahl der Seiten abgestellt werden kann, die den Einsprache- und Planänderungsbegehren bzw. den Entschädigungsforderungen gewidmet worden sind. Kann sich nämlich der Vertreter mehrerer Enteigneter bei Einsprachen allgemeiner Natur darauf beschränken, seine Einwendungen in jedem Fall zu wiederholen, muss oder sollte er sich bei der Forderungsanmeldung mit den Besonderheiten jeder einzelnen Parzelle beschäftigen. Dagegen weisen die Beschwerdeführerinnen BGE 123 II 456 S. 463 zu Recht darauf hin, dass die Einigungsverhandlungen - an denen die Beschwerdegegnerin allerdings nicht teilgenommen hat - fast ausschliesslich der Einsprachenbehandlung dienten. Was schliesslich den Stundenansatz anbelangt, so hat der Schätzungskommissions-Präsident den Normalansatz von Fr. 200.-- in jenen Fällen auf Fr. 250.-- erhöht, in denen die Entschädigungsforderung Fr. 500'000.-- überstieg. Wie im angefochtenen Entscheid jedoch selbst dargelegt wird, rechtfertigt sich eine Erhöhung des Ansatzes einzig in "tatbeständlich und rechtlich sehr komplexen" Fällen; die Höhe der Entschädigungsforderung stellt für sich allein betrachtet kein Kriterium zur Bemessung der vom Anwalt erbrachten Leistungen dar. Ein erhöhter Stundenansatz erscheint daher insbesondere dort nicht als angemessen, wo sich die Vertreter der Enteigneten in ihren Eingaben darauf beschränkt haben, für die Enteignungsobjekte, ohne sich ziffernmässig festzulegen, "volle Entschädigung" zu verlangen oder pauschale Entschädigungsbeträge zu fordern.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
2659da5b-5523-4c32-b46b-4d467c148a46
Urteilskopf 83 III 147 38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. November 1957 i.S. Kredit- und Verwaltungsbank Zug A.-G. gegen Personalfürsorgefonds der Mess-Union A.-G. (Stiftung).
Regeste Personalfürsorgestiftung. Konkursprivileg. Art. 219 Abs. 4 Zweite Klasse lit. e SchKG. 1. Wann ist die Aufsichtsbehörde zur Prozessführung namens der Stiftung befugt? Art. 84 Abs. 2 ZGB (Erw. 2). 2. Die als Stiftungsvermögen begründete Forderung gegen den Stifter (Arbeitgeber), gemäss Art. 673 Abs. 3 und 862 Abs. 3 OR (vgl. auch Art. 805 OR ), ist kein blosses Schenkungsversprechen, das durch die Eröffnung des Konkurses über den Arbeitgeber gemäss Art. 250 Abs. 2 OR aufgehoben würde, sondern eine feste Vermögensanlage mit Konkursprivileg (Erw. 3). 3. Die entsprechende Kollokation im Konkurs des Arbeitgebers hängt nicht davon ab, ob dieser mit der Errichtung der Fürsorgestiftung eine sittliche Pflicht erfüllt hat (Erw. 6), noch davon, ob nach den Satzungen der Stiftung bereits Ansprüche auf Leistungen derselben begründet wären (Erw. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 148 BGE 83 III 147 S. 148 A.- Mit öffentlicher Urkunde vom 19. Dezember 1945 errichtete die Mess-Union GmbH unter dem Namen "Personal-Fürsorgefonds der Firma Mess-Union GmbH Zürich" eine Stiftung im Sinne von Art. 80 ff. ZGB . Zweck der Stiftung ist nach Art. 2 der Stiftungsurkunde "die Fürsorge für das gesamte Personal der Firma, insbesondere der Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität, Krankhkheit und Tod, soweit nicht eine gesetzliche Verpflichtung der Firma zur Erbringung der betreffenden Leistungen besteht". Nach den Art. 4 und 5 widmete die Unternehmung der Stiftung ein Anfangskapital von Fr. 60'000.--, bestehend in einem Guthaben an die Stifterfirma und verzinslich zu 3%. Art. 9 der Urkunde bestimmt: "Im Falle einer Änderung der Firma oder des Überganges ihrer Geschäfte an einen Rechtsnachfolger folgt die Stiftung der Firma als eine ihr angeschlossene Wohlfahrtseinrichtung, wobei die Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten bleibt. Löst sich die Firma oder ihre Rechtsnachfolgerin, der die Stiftung gefolgt ist, auf, muss das Stiftungsvermögen durch den Stiftungsrat im Sinne des Stiftungszweckes verwendet werden, wobei die Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten ist. Ein Rückfall des Stiftungsvermögens an die Stifterin bleibt ausgeschlossen." Die Stiftung wurde am 3. Januar 1946 in das Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen. Die Aufsicht übernahm der Bezirksrat Zürich. B.- Im Januar 1953 wurde die Mess-Union GmbH liquidiert und in die Mess-Union A.-G. übergeführt, die alle Aktiven und Passiven der GmbH übernahm. Am 24. Januar 1953 beschloss die Stiftung, der Unternehmung als eine ihr angeschlossene Wohlfahrtseinrichtung zu folgen. Der Verwaltungsrat der neuen Unternehmung beschloss seinerseits die Übernahme der Stiftung und änderte deren Namen in "Personal-Fürsorgefonds der Firma Mess-Union A.-G. in Zürich". Am 6. März 1953 genehmigte der Bezirksrat diese Übertragung und lud den Stiftungsrat ein, die Änderung im Handelsregister eintragen zu lassen, was indessen unterblieb. BGE 83 III 147 S. 149 C.- Am 5. August 1955 wurde über die Mess-Union A.-G. der Konkurs eröffnet. Am selben Tag ersuchte ein Mitglied des Stiftungsrates den Bezirksrat Zürich im Namen der Stiftung, deren Forderung an die Gemeinschuldnerin beim Konkursamt anzumelden. Dem Schreiben lagen die Jahresrechnung pro 1954 und eine Rechnung auf den Tag der Konkurseröffnung sowie eine Liste über das bis zu diesem Tag im Dienste der Gemeinschuldnerin befindlich gewesene Personal bei. D.- Das Konkursamt nahm die Forderung des Personal-Fürsorgefonds im angemeldeten Betrag von Fr. 73'693.60 (entsprechend dem Stiftungskapital mit aufgelaufenen Zinsen) in 2. Klasse in den Kollokationsplan auf. Gegen diese Kollokation erhob die als Gläubigerin mit einer Forderung von Fr. 41'234.75 in 5. Klasse zugelassene Kredit- und Verwaltungsbank Zug A.-G. Klage mit dem Begehren, die Forderung des Personal-Fürsorge-Fonds sei nicht oder eventuell nur in 5. Klasse zuzulassen. E.- In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält die Klägerin mit vorliegender gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. März 1957 eingelegten Berufung am Haupt- und am Eventualbegehren der Klage fest und beantragt weiter eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung. Der beklagte Personal-Fürsorgefonds verlangt Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Den Streitwert gibt die Klägerin richtig mit dem ganzen Betrag der streitigen Forderung des beklagten Personal-Fürsorgefonds an. Denn diese Forderung ist laut einer Notiz auf Seite 18 des bezirksgerichtlichen Protokolls voll gedeckt, weshalb für den beklagten Fonds ein entsprechendes Konkursbetreffnis auf dem Spiele steht. 2. Die Berufung wendet sich in erster Linie gegen die Zulassung des Bezirksrates als Aufsichtsbehörde für Stiftungen zur Vertretung des beklagten Personal-Fürsorgefonds im vorliegenden Kollokationsprozess. Der Klägerin BGE 83 III 147 S. 150 ist zuzugeben, dass die in Art. 84 Abs. 2 ZGB der Aufsichtsbehörde zugewiesene Aufgabe nicht ohne weiteres die Befugnis in sich schliesst, an Stelle der Stiftungsorgane zu handeln. Dies steht der Aufsichtsbehörde aber dann zu, wenn die Stiftungsorgane untätig bleiben, während es bestimmter Massnahmen zum Schutz des Stiftungsvermögens bedarf. So verhält es sich hier. Der Stiftungsrat enthielt sich einer Konkurseingabe und bat die Aufsichtsbehörde, dies zu besorgen. Darin war die Bitte mitenthalten, die Stiftung in einem allfälligen Kollokationsprozess zu vertreten. Die Rüge, es habe für die Kollokation an einer gültigen Anmeldung gefehlt, hätte übrigens auf dem Beschwerdewege geltend gemacht werden müssen. Im übrigen war die Stiftung zweifellos ausserstande, den Aufwand der Prozessführung aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Besteht das Vermögen der Stiftung doch ausschliesslich in dem durch Zinsgutschriften vermehrten Guthaben an die Gemeinschuldnerin, wovon nichts ausgeschieden worden ist. Bei dieser Sachlage hat die Aufsichtsbehörde mit Recht die Vertretung der Stiftung im Prozess als in ihrer Aufgabe nach Art. 84 Abs. 2 ZGB liegend betrachtet. Der Einwand, sie hätte, statt selbst zu handeln, der Stiftung einen Beistand ernennen lassen sollen, geht fehl. Es lag keiner der in Art. 392 und 393 ZGB für die Ernennung eines Beistandes vorgesehenen Fälle vor. Dem finanziellen Unvermögen der Stiftung zur Prozessführung hätte übrigens auf diesem Wege nicht abgeholfen werden können. 3. Die in der Stiftungsurkunde verbriefte Forderung des Personal-Fürsorgefonds, verzinslich zu 3%, stellt nach Ansicht der Klägerin ein Schenkungsversprechen dar und ist daher nach Art. 250 Abs. 2 OR infolge der Eröffnung des Konkurses gegen die Stifterin erloschen. Dem ist nicht beizustimmen. Es handelt sich nicht um ein Schenkungsversprechen, sondern um eine bestimmte Art der Vermögenswidmung, wie sie das Gesetz bei Wohlfahrtsstiftungen für das Personal ausdrücklich anerkennt (Art. 673 Abs. 3 und Art. 862 Abs. 3, ferner Art. 805 OR ). Dass eine BGE 83 III 147 S. 151 solche Forderung gerade auch im Konkurs des Arbeitgebers, der die Wohlfahrtsstiftung für sein Personal errichtet (oder von seinem Rechtsvorgänger übernommen) hat, zur Geltung kommen soll, ergibt sich nun zweifelsfrei aus der durch Art. 15 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des revoR eingeführten lit. e von Art. 219 SchKG Abs. 4, zweite Klasse. Danach geniessen derartige Verbindlichkeiten das Privileg der erwähnten Klasse und sind keineswegs als mit der Eröffnung des Konkurses über die Stifterfirma untergehende Schenkungsversprechen zu betrachten. In diesem Sinne war bereits vor der Revision des OR von 1936 entschieden worden ( BGE 51 II 465 ff.). In der Vermögenswidmung in Gestalt einer Forderung gegen die Stifterin liegt somit keine bloss versprochene, sondern eine vollzogene Zuwendung, ansonst die Stiftung denn auch keinen rechtlichen Bestand haben könnte. Man spricht demgemäss zutreffend von der "Anlage" des Stiftungsvermögens in einem Guthaben an die Stifterfirma, gleichwie wenn die Stiftung das Geld erhalten und alsdann bei der Stifterin angelegt hätte (vgl. WIRZ, Die Personal-Wohlfahrtseinrichtungen, S. 79; BÜRGI, Der Wohlfahrtsfonds privatwirtschaftlicher Unternehmungen im schweizerischen Recht, S. 35/36 mit Fussnote 19). 4. Das Guthaben des beklagten Personal-Fürsorgefonds ist durch die Stiftungsurkunde und die Zinsabrechnung ausgewiesen. Die Klägerin hält jedoch dafür, ein Zugriff auf das Konkursvermögen der Stifterfirma stehe der Stiftung nur zu, wenn und soweit sie dieser Mittel zur Erfüllung des Stiftungszweckes bedürfe. Im vorliegenden Falle seien aber keinerlei Ansprüche von Destinatären nachgewiesen, die aus dem Stiftungsvermögen zu erfüllen wären. Zur Zeit der Konkurseröffnung habe keiner der Arbeitnehmer der Mess-Union A.-G. "an den wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität usw." gelitten. Alle seien recht entlöhnt worden. Es sei aber auch keiner durch den Konkurs in Not geraten. Vielmehr sei das ganze Personal anderswo untergekommen und habe jede Verbindung BGE 83 III 147 S. 152 mit der Stifterfirma aufgegeben. Es gehe nun nicht an, das Konkursvermögen namens der Stiftung, aber zu stiftungsfremdem Zweck in Anspruch zu nehmen, sei es zur Ausrichtung von Gratifikationen an das ehemalige Personal, sei es zur Ausübung öffentlicher Wohltätigkeit. Das Gesetz rechne nicht mit dem Vorhandensein eines Stiftungsvermögens, das nicht mehr zu Befriedigung von Bezugsberechtigten dienen könne. Es bestehe im Hmnblick auf einen solchen Tatbestand, wie er hier vorliege, eine Gesetzeslücke, die der Richter auszufüllen habe. Dafür sei der von Ostertag bei der Revision des Handelsrechtes in der Expertenkommission gestellte Antrag wegleitend, wonach der dritte Absatz des Art. 690 des Entwurfes hätte lauten sollen: "Soweit der beim Konkurs der Gesellschaft vorhandene Fonds nicht zur Deckung von Ansprüchen von Bezugsberechtigten dient und der Stiftungszweck nicht mehr erreichbar ist, fällt das Stiftungsvermögen der Gesellschaft zu." Allein gerade der Umstand, dass bei der Gesetzesrevision eine solche Lösung erwogen wurde, dann aber keinen Eingang in das Gesetz gefunden hat, spricht gegen die Annahme einer Lücke. Auch abgesehen davon weist das Gesetz nur dann eine Lücke auf, wenn ihm (nach seinem Wortlaut und dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt) "keine Vorschrift entnommen werden kann" ( Art. 1 Abs. 2 ZGB ). Eine aus der gesetzlichen Ordnung sich ergebende Lösung lässt sich nicht mit Berufung auf eine Gesetzeslücke umgehen, bloss weil sie rechtspolitisch fragwürdig erscheinen mag. Eine Frage für sich ist, ob höhere Prinzipien des geltenden Rechtes eine Ausnahme von der Regel rechtfertigen, was aber eine Frage der Gesetzesauslegung ist. Nun hat der Gesetzgeber für den Fall, dass eine gemäss Art. 673 Abs. 2 OR errichtete Personalfürsorgestiftung ihren Zweck nicht mehr, jedenfalls nicht mehr in bisheriger Weise, zu erfüllen vermag, keine besondern Bestimmungen aufgestellt. Daher gelten für solche Stiftungen die allgemeinen Regeln des Stiftungsrechtes (Art. 86 sowohl wie Art. 88 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 57 ZGB ). Daraus BGE 83 III 147 S. 153 folgt zunächst, dass die Konkursmasse nicht die Rückgabe des Stiftungsvermögens verlangen könnte, wenn es aus real ausgeschiedenen, der Stiftung zu Eigentum übertragenen Vermögenswerten bestünde. Vielmehr wäre die Stiftung in diesem Falle, sofern sie sich nicht unter Anpassung des Zweckes an die neue Sachlage gemäss Art. 86 ZGB aufrrechterhalten lässt, im Sinne von Art. 57 ZGB zu liquidieren und das Vermögen dabei nach Abs. 1 gemäss den Bestimmungen der Stiftungsurkunde und allenfalls nach Abs. 2 "dem bisherigen Zwecke möglichst entsprechend zu verwenden". Ein Rückfall des Stiftungsvermögens an die Stifterfirma käme nicht in Frage, sofern dies in der Stiftungsurkunde nicht vorbehalten, sondern, wie es üblich ist und auch hier geschah, ausgeschlossen wurde. Gleich muss es sich nun aber auch verhalten, wenn das Stiftungsvermögen, wie im vorliegenden Falle, in einer Forderung an die nun im Konkurs befindliche Stifterfirma besteht, also, wie in Erw. 2 dargetan, als Guthaben an diese Unternehmung angelegt ist. Denn dieses Guthaben beruht ebenso wie eine Ausscheidung realer Vermögenswerte auf der in der Stiftungsurkunde verbrieften unbedingten Widmung. Davon geht auch Art. 219 SchKG aus, der das solchen Forderungen zuerkannte Privileg nicht an die von der Klägerin formulierte Bedingung knüpft. Wenn das Gesetz als privilegiert "die Forderungen von Fonds zur Gründung und Unterstützung von Wohlfahrtseinrichtungen für Angestellte und Arbeiter" bezeichnet, werden damit einfach die Stiftungen mit entsprechendem Zweck berücksichtigt. Um ihres Zweckes willen sind somit die Personalfürsorgestiftungen mit ihrem Stiftungsguthaben im Konkurs der Stifterfirma in zweiter Klasse zuzulassen, ganz gleichgültig in welcher Weise das Konkursbetreffnis alsdann im Einzelfalle zu verwenden ist. Mit der Frage, ob die Stiftung nach Aufhören des Geschäftsbetriebes des Stifters unter Änderung des Zweckes nach Art. 86 ZGB fortzubestehen habe, oder ob sie, weil ihr Zweck unerreichbar geworden, nach Art. 88 Abs. 1 ZGB als aufgelöst zu BGE 83 III 147 S. 154 gelten habe und daher gemäss Art. 57 ZGB zu liquidieren und in welcher Weise die Liquidation vorzunehmen sei, haben sich die Konkursverwaltung und die andern Konkursgläubiger nicht zu befassen. Gewiss ist das Privileg in erster Linie um des Schutzes der Arbeiter und Angestellten willen aufgestellt worden. Indem das Gesetz es aber der Personalfürsorgestiftung schlechthin zuerkennt, gilt es für deren ganze Forderung, nicht nur im Umfang konkreter Ansprüche von Destinatären. Denn dass solche Ansprüche beim Aufhören des Geschäftsbetriebes einer Stifterfirma, namentlich bei Eröffnung des Konkurses, fehlen können oder mitunter doch nicht den ganzen Betrag des Stiftungsguthabens erreichen, liegt auf der Hand und konnte dem Gesetzgeber nicht entgehen, zumal in der Expertenkommission davon gesprochen worden war. 5. Ob und wieweit Unterstützungsansprüche im Sinn der Stiftungsurkunde bei der Konkurseröffnung gegeben waren oder infolge der durch den Konkurs der Stifterfirma für das Personal herbeigeführten Lage entstanden sind, durfte demnach als für die Gültigkeit der Kollokation in zweiter Klasse unerheblich auf sich beruhen bleiben. Auch wenn zur Zeit keiner der ehemaligen Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin nach den Satzungen der Stiftung unterstützungsberechtigt sein sollte, lässt sich übrigens eine Zuwendung aus dem Stiftungsvermögen (d.h. aus dem auf das Stiftungsguthaben entfallenden Konkursbetreffnis) an sie nicht als unverdiente Gratifikation bezeichnen. Bei der Liquidation einer Personalfürsorgestiftung gelangt deren Vermögen zu vorzeitiger Verwendung. Es liegt nahe, dieser aussergewöhnlichen Sachlage dadurch Rechnung zu tragen, dass nach Befriedigung allfälliger gegenwärtiger Destinatäre auch künftige, d.h. blosse Anwärter Zuwendungen erhalten. Auf diese Weise kann ihnen Ersatz für die bei Liquidation der Stiftung wegfallende künftige Unterstützungsberechtigung geboten und auch etwa der Anschluss an eine ähnliche Fürsorgeeinrichtung trotz vorgerücktem Alter durch Einkauf ermöglicht werden. Mitunter wird BGE 83 III 147 S. 155 denn auch in der Stiftungsurkunde bestimmt, nach Erfüllung der Rechtsansprüche der gegenwärtigen Destinatäre sei der Rest des Stiftungsvermögens in erster Linie den andern Angestellten und Arbeitern sowie deren Witwen zuzuwenden. Sogar die Widmung eines nach Befriedigung der Destinatäre sich ergebenden Überschusses "zu wohltätigen Zwecken" lässt sich dahin verstehen, unter diesem Titel seien vorweg die noch nicht anspruchsberechtigten Arbeiter und Angestellten zu berücksichtigen (vgl. SCHÖNENBERGER, Abänderung von Stiftungssatzungen nach schweizerischem Recht, ZSR NF 66 S. 70/71). Wie es sich damit im vorliegenden Falle verhält, berührt die Gültigkeit der streitigen Kollokation nach dem Gesagten nicht. Die in der Stiftungsurkunde eingegangene, von der Gemeinschuldnerin als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Stifterfirma übernommene Verbindlichkeit mit Einschluss der Verzinslichkeit des Stiftungsguthabens ist mit dem ihr nach Art. 219 SchKG zukommenden Konkursprivileg zu schützen. 6. Damit erweist sich auch die besondere Einrede der Klägerin als unbegründet, das Konkursprivileg bestehe nur für Stiftungsguthaben, die der Stifter in Erfüllung einer sittlichen Pflicht begründet habe, so dass ihnen der Charakter einer Schenkung abgehe ( Art. 239 Abs. 3 OR ). Dieses Erfordernis ist dem Art. 219 SchKG fremd, wonach schlechthin die Forderungen des Wohlfahrtsfonds privilegiert sind, gleichgültig ob ihrer Begründung eine sittliche Pflicht zugrunde lag. Auch dem Lehrbuch von FRITZSCHE (II S. 91), auf das sich die Klägerin beruft, ist in dieser Hinsicht nichts anderes zu entnehmen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 22. März 1957 bestätigt.
null
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
2660b22e-e1a7-449c-8014-721af3b8e354
Urteilskopf 136 IV 41 6. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und B. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_466/2009 vom 29. Oktober 2009
Regeste Art. 53 StGB , Art. 81 BGG ; Wiedergutmachung, Legitimation des Geschädigten. Auch bei der Wiedergutmachung ( Art. 53 StGB ) kann der Geschädigte mit Beschwerde in Strafsachen nur Verfahrensrechte als verletzt rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 41 BGE 136 IV 41 S. 41 A. A. erhob am 3. März 2008 Strafanzeige gegen B. wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten. Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis stellte die eröffnete Untersuchung am 18. Juli 2008 ein. B. Gegen diesen Entscheid erhob A. Rekurs. Der Präsident des Obergerichts des Kantons Zürich gab am 11. März 2009 allen Parteien Gelegenheit, sich zur Frage der Wiedergutmachung ( Art. 53 StGB ) vernehmen zu lassen. Das Obergericht wies am 27. April 2009 den Rekurs in Anwendung von Art. 53 StGB ab. C. A. führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin die zweite der beiden Voraussetzungen erfüllt. 1.1 Nach der Rechtsprechung zu Art. 81 BGG ist der Geschädigte, der nicht Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes (OHG) ist, nicht zur BGE 136 IV 41 S. 42 Beschwerde in Strafsachen legitimiert, soweit es um den staatlichen Strafanspruch geht. Dieser steht dem Staat zu. Der Geschädigte hat an der Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches und kein rechtlich geschütztes Interesse ( BGE 133 IV 228 E. 2). Die Beschwerdeführerin ist nicht Opfer im Sinne des OHG, sondern (angeblich) einfache Geschädigte. 1.2 Bei der Wiedergutmachung gemäss Art. 53 StGB sieht die Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn der Täter den Schaden gedeckt hat, die Voraussetzungen für die bedingte Strafe ( Art. 42 StGB ) erfüllt sind und das Interesse der Öffentlichkeit und der Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind. Zunächst ist zu prüfen, ob sich aus dieser Bestimmung ein rechtlich geschütztes Interesse der Beschwerdeführerin ableiten lässt. 1.2.1 Nach der Botschaft dient die Wiedergutmachung in erster Linie dem Opfer, dem vielfach mehr am Ersatz des Schadens als an einer Bestrafung des Täters liegt. Es wird an das Verantwortungsbewusstsein des Täters appelliert. Es soll ihm das Unrecht seiner Tat vor Augen geführt werden. Durch die Wiedergutmachung soll auch die Beziehung zwischen Täter und Opfer verbessert werden, was den öffentlichen Frieden wiederherstellt. Die Wiedergutmachung des Schadens rechtfertigt die Strafbefreiung, das Strafbedürfnis schwindet, weil der Täter aktiv eine soziale Leistung erbringt, die der Versöhnung und der Festigung des öffentlichen Friedens dient ( BGE 135 IV 12 E. 3.4.1). Gemäss Rechtsprechung muss der Täter die Normverletzung anerkennen und sich bemühen, den öffentlichen Frieden wiederherzustellen ( BGE 135 IV 12 E. 3.5.3). 1.2.2 Der Gesetzestext setzt nicht voraus, dass die geschädigte Person der Wiedergutmachung zustimmt. Im Idealfall wird das eintreffen. Wenn anderseits die Geschädigte die Wiedergutmachung nicht akzeptiert, ist dies kein Beweis für den fehlenden Ausgleich des bewirkten Unrechts (FRANZ RIKLIN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 13 zu Art. 53 StGB ; ebenso DANIEL JOSITSCH, Strafbefreiung gemäss Art. 52 ff. StGB neu und prozessrechtliche Umsetzung, SJZ 100/2004 S. 4 f.; HANS WIPRÄCHTIGER, Revision des Allgemeinen Teils des StGB, ZStrR 123/2005 S. 427; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafen und Massnahmen, Strafrecht, Bd. II, 8. Aufl. 2006, S. 65; GÜNTER STRATENWERTH, Strafen und Massnahmen, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, 2. Aufl. 2006, S. 238 BGE 136 IV 41 S. 43 N. 12;SILVAN FLÜCKIGER, Art. 66 bis StGB /Art. 54 f. StGB neu - Betroffenheit durch Tatfolgen, 2006, S. 326). Nach einhelliger Meinung wird somit nicht vorausgesetzt, dass die Geschädigte der Anwendung von Art. 53 StGB zustimmt. Vielmehr liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde zu entscheiden, ob der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen. 1.2.3 Mit Ausnahme von STRATENWERTH erwähnen alle genannten Autoren, dass die Geschädigte ein rechtlich geschütztes Interesse an der Nichtanwendung von Art. 53 StGB haben kann. Ein solches Interesse liege namentlich vor, wenn die Wahrung der Geschädigtenrechte von der Durchführung des Strafverfahrens abhängt, z.B. bei Schadenersatzansprüchen. JOSITSCH, der diesen Standpunkt als Erster vertrat, verweist dabei auf SCHMID (DONATSCH/SCHMID, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Stand: 1999, N. 3 zu § 39a StPO /ZH). Zwar ähneln sich die Gesetzestexte "sofern nicht wesentliche Interessen [...] des Geschädigten entgegenstehen" ( § 39a Abs. 1 StPO /ZH) und "wenn [...] das Interesse des Geschädigten an der Strafverfolgung gering" ist ( Art. 53 StGB ). Doch gilt es zu beachten, dass es einerseits sinnvoll sein kann, die Einsprachemöglichkeiten in einem kantonalen Verfahren grosszügiger zu umschreiben als bei einem Weiterzug ans Bundesgericht und anderseits diese Legitimationsvoraussetzungen durch das Bundesgerichtsgesetz geregelt werden ( Art. 81 BGG ). 1.2.4 Wie erwähnt (E. 1.1), ist die Beschwerdeführerin "nur" einfache Geschädigte. Es besteht kein Grund, sie nicht als solche zu behandeln und die bisherige Rechtsprechung aufzuweichen. Geschädigte, in deren Verfahren Art. 53 StGB angewandt worden ist, bedürfen auch deshalb keines besonderen Rechtsschutzes, weil die Anwendung dieser Bestimmung gerade voraussetzt, dass der Täter das Unrecht ausgeglichen hat. Die gegenteilige Regelung wäre eine ungerechtfertigte Privilegierung gegenüber anderen Geschädigten, die trotz teilweise erheblicher Schadenssumme nicht beschwerdelegitimiert sind. 1.2.5 Aus Art. 53 StGB lässt sich somit kein rechtlich geschütztes Interesse der Geschädigten ableiten, das sie zur Beschwerde in Strafsachen legitimieren würde. 1.3 Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin Strafanzeige erstattet hat, verhilft ihr ebenso wenig zur Beschwerdelegitimation ( BGE 129 IV 197 E. 1). BGE 136 IV 41 S. 44 1.4 Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Geschädigte die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich in diesem Fall nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer nach kantonalem Recht Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2; BGE 133 I 185 E. 6.2; BGE 131 I 455 E. 1.2.4). Nicht zu hören sind jedoch Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren noch kann er geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (Bundesgerichtsurteil 6B_237/2009 vom 25. Juni 2009 E. 1.5; BGE 128 I 218 E. 1.1; BGE 126 I 81 E. 7b). Die Beschwerdeführerin rügt zwar, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden ( Art. 29 Abs. 2 BV ), weil die Vorinstanz sich mit einem entscheidenden Einwand für die Beurteilung des Art. 53 StGB nicht auseinandergesetzt habe. In der Sache macht sie jedoch geltend, die kantonalen Behörden hätten ihren Schaden nicht richtig berechnet, indem sie die Anwaltskosten nicht dazu gerechnet hätten, die zur Eintreibung der Unterhaltszahlungen notwendig gewesen seien. Diese Vorbringen zielen aber auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids ab, was unzulässig ist.
null
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
2663501c-1271-4fd8-ab5d-f166d33142b5
Urteilskopf 114 Ia 378 64. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. November 1988 i.S. S. gegen Politische Gemeinde Stäfa und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG , Legitimation von Eigentümern benachbarter Liegenschaften zur Anfechtung von Nutzungsplänen. Die Beschwerdeführerin macht keine Verletzung von irgendwelchen Normen geltend, die auch ihrem Schutze dienen und die mit der Festlegung der angefochtenen Zone nicht mehr oder nur noch in geänderter Form gelten würden. Im Hinblick auf die erhobenen Rügen kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Sachverhalt ab Seite 379 BGE 114 Ia 378 S. 379 Im Rahmen einer neuen Bauordnung mit Zonenplan schuf die Politische Gemeinde Stäfa im Bereiche des SBB-Bahnhofes Uerikon eine neue Gewerbezone. Diese Gewerbezone schliesst eine Fläche von rund 400 m Länge und einer durchschnittlichen Breite von 45 m ein und umfasst das Gebiet zwischen dem Bahntrassee und der nördlich verlaufenden Stationsstrasse. An die Gewerbezone grenzt im Westen die regionale Freihaltezone mit dem Rebgebiet "Sternenhalde" an; nördlich hangaufwärts und südlich gegen den Zürichsee liegen zweigeschossige Wohnzonen, teilweise in empfindlichem Gebiet. Frau S. ist Eigentümerin einer Liegenschaft in der nördlich gelegenen zweigeschossigen Wohnzone. Sie erhob gegen die Schaffung der neuen Gewerbezone erfolglos Rekurs bei der Rekurskommission II und beim Regierungsrat des Kantons Zürich. Gegen den Entscheid des Regierungsrates reichte Frau S. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein und führt im übrigen aus, dass sich die Beschwerde auch in materieller Hinsicht als unbegründet erwiese. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Die Beschwerdeführerin ist nicht Grundeigentümerin innerhalb desjenigen Gebietes, das neu der Gewerbezone zugeteilt ist. Sie ist lediglich Eigentümerin einer Liegenschaft oberhalb des betreffenden Areals in der Zone WE1 (zweigeschossige Wohnzone in empfindlichem Gebiet). Gemäss der Praxis des Bundesgerichtes ist zur Anfechtung eines Nutzungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde sowohl der Eigentümer eines vom Plan erfassten Grundstückes befugt als auch der Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft, der geltend macht, die Planfestsetzung verletze ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen, die auch seinem Schutze dienten, nicht mehr oder in geänderter Form BGE 114 Ia 378 S. 380 gelten würden oder weil sie die Nutzung seiner Liegenschaft beschränke. In beiden Fällen reicht die Anfechtungsbefugnis nur soweit, als die Auswirkungen des streitigen Planes auf das eigene Grundstück in Frage stehen ( BGE 112 Ia 93 , BGE 113 Ia 238 E. 2). b) Ob sich die Planänderung auf das Grundstück der Beschwerdeführerin im Sinne dieser Rechtsprechung auswirken wird, kann offengelassen werden. Im Hinblick auf die erhobenen Rügen kann auf die Beschwerde aus den nachfolgenden Gründen nicht eingetreten werden. Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch die Planänderung vermindere sich der Wert ihres Grundstückes. Angesichts der benachbarten Freihalte- und Wohnzonen erscheine die Zuteilung des betreffenden Areals zur Gewerbezone geradezu als sinnwidrig. Die Eigentumsgarantie gemäss Art. 22ter BV sei in erster Linie verletzt, weil es an der gesetzlichen Grundlage fehle; weder der regionale noch der kantonale Richtplan enthielten eine Grundlage für die Gewerbezone. Die Eigentumsgarantie sei auch wegen Fehlens eines öffentlichen Interesses verletzt; es könne unmöglich im öffentlichen Interesse liegen, empfindliches Gebiet durch eine Gewerbezone zu unterbrechen. Zudem sei auch das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt, bestehe doch kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Festsetzung einer Gewerbezone im fraglichen Gebiet. Die Einführung einer an ein Wohngebiet in empfindlicher Lage sowie an eine Freihaltezone angrenzenden Gewerbezone sei willkürlich. Die Beschwerdeführerin macht mit diesen Rügen keine Verletzung von irgendwelchen Normen geltend, die auch ihrem Schutze dienen und die nach der Festlegung der Gewerbezone nicht mehr oder nur noch in geänderter Form gelten würden. Insbesondere beruft sie sich nicht auf öffentlichrechtliche Immissionsschutzbestimmungen, welche mit der Festsetzung der streitigen Gewerbezone zu ihrem Nachteil aufgehoben oder gelockert würden. Mit ihren Vorbringen rügt sie auch nicht, durch die Festlegung der Gewerbezone werde die Nutzung ihrer Liegenschaft beschränkt. Die Richtplanung, der nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Festlegung einer Gewerbezone im fraglichen Gebiet widersprechen soll, bindet sowohl nach Bundesrecht ( Art. 9 RPG ) als auch nach dem zürcherischen Recht nur die (nachgeordneten) Instanzen, nicht aber direkt die privaten Grundeigentümer (vgl. § § 18 ff. PBG ; BGE 107 Ia 77 ). Aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin daraus keine privaten Rechte bzw. Normen ableiten, die BGE 114 Ia 378 S. 381 auch ihrem Schutze dienen (unveröffentlichtes Urteil i.S. Halter vom 31. März 1988). Das gleiche gilt wesensgemäss vom behaupteten Umstand, es fehle am öffentlichen Interesse für die Festlegung einer Gewerbezone. Da die Beschwerdeführerin die Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ebenfalls mit dem Fehlen eines hinreichenden öffentlichen Interesses begründet, fehlt es auch diesbezüglich an Gründen, welche sie als Eigentümerin eines ausserhalb der Planfestsetzung liegenden Grundstückes als legitimiert erscheinen liessen. Auch insofern, als die Beschwerdeführerin in der Planfestsetzung eine Verletzung des Willkürverbotes sieht, ist sie nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Nach ständiger Rechtsprechung verschafft nämlich das allgemeine Willkürverbot, das bei jeder staatlichen Tätigkeit zu beachten ist, für sich allein dem Betroffenen noch keine geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG . Eine Legitimation zur Willkürbeschwerde besteht erst dann, wenn der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer in seiner vorhandenen Rechtsstellung berührt und damit in seine rechtlich geschützten Interessen eingreift. Die Geltendmachung des Willkürverbotes setzt somit eine Berechtigung in der Sache voraus ( BGE 112 Ia 178 E. 3c; 110 Ia 75 E. 2a, je mit Hinweisen). Auf die Beschwerde kann deshalb mangels Legitimation der Beschwerdeführerin nicht eingetreten werden.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
2667e6dd-ceb0-442c-b99a-495cae2919ec
Urteilskopf 90 IV 137 29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. August 1964 i.S. Rubi gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 285 Ziff. 1, 286 StGB ; Hinderung einer Amtshandlung. 1. Unter den Begriff der Amtshandlung fallen ausser dem Vollzug einer bestimmten amtlichen Aufgabe auch alle notwendigen Begleithandlungen. 2. Hindern im Sinne dieser Bestimmungen heisst nicht notwendig, eine Handlung einer Amtsperson überhaupt verunmöglichen.
Sachverhalt ab Seite 138 BGE 90 IV 137 S. 138 Aus dem Tatbestand: Rubi war Mieter einer in Itschnach bei Küsnacht gelegenen Liegenschaft, bestehend aus einem Stall und einer kleinen Wiese, die er entgegen dem Willen des Eigentümers als Reitbahn benutzte. Der Vermieter liess ihm dies durch den Richter untersagen. Da Rubi sich über das Verbot hinwegsetzte, ersuchte der Eigentümer den Gemeindeammann um eine amtliche Feststellung des Sachverhalts gemäss § 448 der zürcherischen Zivilprozessordnung. Der Gemeindeammann begab sich daraufhin in Begleitung eines Polizeisoldaten auf die Liegenschaft und eröffnete Rubi, weshalb er gekommen sei. Rubi geriet darob in Zorn und wies die beiden Amtspersonen aus dem Stall. Als sie mit ihrem Personenwagen wegfahren wollten, hinderte Rubi sie daran, indem er sich auf ein Pferd schwang und vor dem Wagen hin- und herritt. Das Obergericht des Kantons Zürich warf Rubi unter anderem vor, er habe die Beamten gewaltsam an einer Amtshandlung gehindert. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten wurde abgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: Nach Art. 285 Ziff. 1 StGB wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb seiner Befugnisse liegt, hindert. Der Beschwerdeführer hat die beiden Amtspersonen nicht an der Feststellung des Sachverhaltes, dessentwegen sie zu ihm kamen, gehindert. Als sie ihn im Stalle aufsuchten, hatte der Gemeindeammann bereits festgestellt, dass die BGE 90 IV 137 S. 139 Wiese immer noch als Reitbahn benutzt wurde. Das schliesst eine strafbare Tätigkeit des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB jedoch nicht aus. Wie der Kassationshof am 5. Oktober 1956 i.S. Gautschi entschieden hat, fallen unter den Begriff der Amtshandlung ausser dem Vollzug einer bestimmten amtlichen Aufgabe auch alle notwendigen Begleithandlungen. Dazu gehörte im vorliegenden Falle vor allem die Fahrt von Küsnacht nach Itschnach und zurück. Der Gemeindeammann hat sich in amtlicher Eigenschaft zur Reitschule des Beschwerdeführers begeben; dass er nach Küsnacht zurückkehren musste, war eine Folge seines amtlichen Auftrages. Das gleiche gilt für den Polizeisoldaten. Sie waren beide nicht als Privatpersonen unterwegs, sondern befanden sich auf einer Dienstfahrt, als Rubi ihnen mit dem Pferd den. Weg versperrte. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer sie an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse lag, gehindert hat. Dass er ihre Abfahrt bloss verzögert hat, ändert nichts. Hindern im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB heisst nicht notwendig, eine Handlung einer Amtsperson überhaupt verunmöglichen ( BGE 71 IV 102 ).
null
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
2669f928-8f36-406d-88fa-93fa981a1b95
Urteilskopf 89 I 107 17. Urteil vom 20. März 1963 i.S. Gemeinde Speicher gegen Hohl und Regierungsrat des Kantons Appenzell A. Rh.
Regeste Gemeindeautonomie. Legitimation der Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie (Erw. 1). Die Gemeindeautonomie ist nur verletzt, wenn sich eine kantonale Behörde eine Zuständigkeit anmasst, die nach kantonalem Verfassungs- oder Gesetzesrecht der Gemeinde zusteht, nicht aber dann, wenn sie bei der ihr zustehenden Überprüfung eines gemeinderätlichen Entscheids das in Betracht fallende Recht unrichtig oder willkürlich auslegt oder anwendet (Erw. 2). Sind die Gemeinden des Kantons Appenzell A.Rh. inbezug auf die Rechtsetzung und Rechtsanwendung im Gebiet des Bauwesens autonom? (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 89 I 107 S. 108 A.- Nach Art. 72 der KV von Appenzell A.Rh. ordnen die Gemeinden innerhalb der Schranken der Verfassung und der Gesetzgebung ihre Angelegenheiten selbständig. Art. 74 KV zählt unter Ziff. 1-12 die "Obliegenheiten und Befugnisse der Einwohner- Gemeindeversammlung" auf, darunter auch - unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Regierungsrat - die "Aufstellung von Baureglementen im Rahmen der hierüber erlassenen Gesetze" (Ziff. 8). Von dieser Befugnis handelt auch das Gesetz betreffend die Berechtigung der Gemeinden zur Aufstellung von Baureglementen vom 29. April 1906 sowie der auf dieses Gesetz Bezug nehmende Art. 98 Abs. 2 des EG/ZGB vom 30. April 1911. Nach Art. 82 KV und Art. 16 EG/ZGB kann gegen die Verfügungen und Beschlüsse der Gemeindebehörden und -versammlungen innert 14 Tagen Rekurs an den Regierungsrat ergriffen werden. Die Gemeinde Speicher hat am 18. Mai 1947 ein Baureglement erlassen, das vom Regierungsrat am 15. September 1947 genehmigt worden ist und in Art. 9 bestimmt, dass der Gemeinderat über Gebiete, für welche er die Aufstellung oder Abänderung eines Überbauungsplanes BGE 89 I 107 S. 109 beschlossen hat, die Bausperre verfügen kann; diese fällt dahin, wenn der Überbauungsplanentwurf nicht innerhalb eines Jahres aufgelegt wird, während sie andernfalls bis zur Genehmigung des Überbauungsplans durch den Regierungsrat bestehen bleibt. B.- Die Gemeinde Speicher bemüht sich seit Jahren, die vom Höhenweg sich bietende Rundsicht zu schützen, und hat unter anderm dazu beigetragen, dass einige südlich des Weges gelegene Grundstücke mit einer Bauverbotsdienstbarkeit belastet wurden, darunter auch die Paul Hohl gehörende Parzelle Nr. 860. Hohl möchte nun dort ein Einfamilienhaus mit Garage erstellen und liess sich dafür vom Eigentümer der benachbarten und nicht mit dem Bauverbot belasteten Parzelle Nr. 467 die Abtretung eines 532 m2 haltenden Abschnitts versprechen. Am 1. März 1962 ersuchte Hohl den Gemeinderat Speicher um die Bewilligung, auf diesem Abschnitt gemäss vorgelegten Plänen ein (das Niveau des Höhenweges um 4 m überragendes) Haus zu errichten. Der Gemeinderat beschloss am 2. März 1962, die Baubewilligung gemäss Plänen und Situation zu erteilen unter der Bedingung, dass der höchste Punkt der Baute nicht höher als das Strassenniveau zu stehen komme. Hohl focht diese Bedingung durch Rekurs beim Regierungsrat an. Dieser hob die Bedingung mit Entscheid vom 16. Mai 1962 auf, da sie zwar im öffentlichen Interesse liege, aber weder im kantonalen Recht noch im Gemeindebaureglement eine gesetzliche Grundlage habe. Nachdem Hohl mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 15. Juni 1962 den als Hausplatz vorgesehenen, mit seiner Parzelle Nr. 860 vereinigten Absehnitt von Parzelle Nr. 467 gekauft hatte, ersuchte sein Architekt am 19. Juni 1962 nochmals um Erteilung der Baubewilligung. Inzwischen hatte der Gemeinderat am 7. Juni 1962 auf Grund von Art. 9 des Gemeindebaureglementes beschlossen, über die Parzellen Nr. 467, 622 und 884 die Bausperre zu verhängen. Gegen diesen den Grundeigentümern sowie Hohl am 12. bzw. 17. Juli 1962 eröffneten Beschluss rekurrierte BGE 89 I 107 S. 110 Hohl an den Regierungsrat mit dem Begehren, die Bausperre, soweit sie seine Parzelle Nr. 860 betreffe, aufzuheben, da sie dem Regierungsratsbeschluss vom 16. Mai 1962 widerspreche und rechtswidrig sei. Der Gemeinderat beantragte die Abweisung des Rekurses, indem er geltend machte, dass es sich beim Gesuch Hohls vom 1. März 1961 nicht um ein Baugesuch, sondern um eine "Baurechtsermittlung" gehandelt habe, dass die daraufhin erteilte Baubewilligung daher nicht definitiv gewesen und dass die auf Grund des Art. 9 des Gemeindebaureglements erlassene Bausperre nicht zu beanstanden sei. Mit Entscheid vom 20. November 1962 hat der Regierungsrat in Gutheissung des Rekurses Hohls dessen "bereits bewilligtes Projekt für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage auf der Parzelle Nr. 860 von der vom Gemeinderat Speicher verhängten Bausperre ausgenommen". Zur Begründung führte er aus: Das Bauprojekt des Rekurrenten sei am 2. März/16. Mai 1962 rechtskräftig bewilligt worden. Ein Widerruf der Baubewilligung wäre nur möglich, wenn seit ihrer Erteilung neue erhebliche Umstände eingetreten wären. Das behaupte der Gemeinderat aber nicht. Da er die Revision des Gemeindebaureglements schon am 1. Dezember 1961 beschlossen habe, hätte er die Bausperre schon bei der Einreichung des Baugesuchs Hohls anordnen können, falls sie sich als nötig erwiesen hätte. Er habe dies nicht getan und die Baubewilligung unter einer (vom Regierungsrat wieder aufgehobenen) Bedingung erteilt. Die Bausperre bezwecke, die vom Regierungsrat als rechtswidrig erklärte Bedingung doch noch durchzusetzen und rechtskräftige Entscheide zu umgehen. Ein solches Vorgehen könne nicht geschützt werden. C.- Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates hat die Gemeinde Speicher staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie wirft dem Regierungsrat Verletzung der in Art. 72 KV allgemein und in Art. 74 Ziff. 8 für das Bauwesen gewährleisteten Gemeindeautonomie vor. Da die streitige BGE 89 I 107 S. 111 Bausperre ihre gesetzliche Grundlage in Art. 9 des von der Gemeinde im Rahmen ihrer Autonomie erlassenen Gemeindebaureglementes habe und die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt seien, sei der Regierungsrat nicht befugt, ein Grundstück von der Bausperre wieder auszunehmen und so die Handhabung des gemeindeautonomen Baurechts zu verunmöglichen. Die nähere Begründung der Beschwerde ist, soweit wesentlich, den nachstehenden Erwägungen zu entnehmen. D.- Der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. verweist auf den angefochtenen Entscheid und bestreitet die Beschwerdelegitimation der Gemeinde Speicher. Der Beschwerdegegner Jakob Hohl beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid, durch den der Regierungsrat ein Bauprojekt von der vom Gemeinderat Speicher verhängten Bausperre ausgenommen hat, trifft die Gemeinde rechtlich nicht wie eine Privatperson, sondern in ihrer Eigenschaft als Trägerin öffentlicher Gewalt. Als solche steht ihr das Recht zur staatsrechtlichen Beschwerde nur insoweit zu, als sie ihre Autonomie, ihren eigenen selbständigen Wirkungskreis gegenüber dem Staate als dem ihr übergeordneten Träger öffentlicher Gewalt verteidigen will, d.h. geltend macht, eine staatliche Behörde habe sich eine Entscheidungsbefugnis angemasst, die ihr nicht zustehe, oder habe ihre Zuständigkeit formell überschritten ( BGE 83 I 121 Erw. 2 und dort angeführte frühere Urteile, insbesondereBGE 65 I 132, BGE 68 I 86 , BGE 70 I 76 ). Mit der vorliegenden Beschwerde wird ausschliesslich eine Verletzung der Gemeindeautonomie gerügt und kein anderes verfassungsmässiges Recht angerufen. Die Legitimation der Beschwerdeführerin wird daher vom Regierungsrat und vom Beschwerdegegner zu Unrecht bestritten. 2. Die Gemeindeautonomie bedeutet die Zuständigkeit der Gemeinde zur selbständigen Erfüllung gewisser BGE 89 I 107 S. 112 öffentlicher Aufgaben. Eine Gemeinde ist insoweit autonom, als ihr durch Verfassung oder Gesetz freies Ermessen in Rechtsetzung und Verwaltung eingeräumt ist und sie dieses Ermessen frei von staatlicher Kontrolle betätigen darf ( BGE 83 I 123 /24, BGE 84 I 230 ; KIRCHHOFER, Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, ZSR 1935 S. 175/77; GIACOMETTI, Staatsrecht der schweiz. Kantone S. 75). a) Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Befugnis zur Rechtsetzung auf dem Gebiete des Bauwesens den Gemeinden nicht durch ein kantonales Gesetz delegiert worden sei, sondern unmittelbar auf Grund der KV zustehe. In der Tat nennt Art. 74 KV bei den "Obliegenheiten und Befugnissen" der Einwohner-Gemeindeversammlungen auch die "Aufstellung von Baureglementen im Rahmen der hierüber erlassenen Gesetze" (Ziff. 8). Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass der Erlass von Baureglementen zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehöre, da Art. 74 KV auch Befugnisse erwähnt, die zweifellos zum übertragenen Wirkungskreis gehören, wie der "Erlass von Ausführungsreglementen in den von der Gesetzgebung vorgesehenen Fällen" (Ziff. 10). Dazu kommt, dass die Gemeindebaureglemente, im Gegensatz zu den Verordnungen und Reglementen über andere Gebiete der Gemeindeverwaltung (Ziff. 7), nach Art. 74 Abs. 2 KV der Genehmigung des Regierungsrates unterliegen und dass diese Genehmigung nach Art. 98 Abs. 3 EG/ZGB Gültigkeitserfordernis ist. Was insbesondere die Sicherung von Landschaften und Aussichtspunkten betrifft, so wird die Aufstellung von Vorschriften hierüber in Art. 98 Abs. 1 EG/ZGB dem Kanton übertragen und in Abs. 2 bei der Umschreibung des Inhalts der Gemeindebaureglemente nicht erwähnt. Ob und inwieweit die Gemeinden auf dem Gebiete des Bauwesens inbezug auf die Rechtsetzung autonom sind, braucht indes vorliegend nicht entschieden zu werden, da der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid weder eine von der Beschwerdeführerin erlassene Bestimmung eines Baureglements aufgehoben BGE 89 I 107 S. 113 noch einer solchen Bestimmung die Anerkennung versagt, sondern eine auf Grund einer solchen Bestimmung erlassene Verfügung des Gemeinderates teilweise aufgehoben hat. Streitig ist somit nicht die Autonomie im Bereich der Rechtsetzung, sondern in demjenigen der Rechtsanwendung. b) Über den Umfang der Autonomie in diesem Bereich enthält die Beschwerde keine näheren Ausführungen. Die Beschwerdeführerin scheint davon auszugehen, dass aus der von ihr beanspruchten Autonomie inbezug auf die Rechtsetzung ohne weiteres die Autonomie inbezug auf die Anwendung des von ihr autonom gesetzten Rechtes folge. Das ist jedoch nicht der Fall. Es ist durchaus möglich, dass die Autonomie der Gemeinden auf einem Gebiete inbezug auf die Rechtsetzung weiter ist als inbezug auf die Rechtsanwendung (vgl. inbezug auf die Autonomie der bündnerischen Gemeinde auf dem Gebiete des Steuerwesens das nicht veröffentl. Urteil vom 4. Oktober 1961 i.S. Gemeinde Poschiavo Erw. 2), wenn auch das Gegenteil häufiger sein mag (vgl. GIACOMETTI, a.a.O. S. 80 Anm. 31). Ob und inwieweit die Gemeinden im Kanton Appenzell A.Rh. auf dem Gebiete des Bauwesens autonom sind, beurteilt sich daher für den Bereich der Rechtsanwendung unabhängig vom Umfang ihrer Rechtsetzungsautonomie auf diesem Gebiete. Nach Art. 82 KV sowie Art. 16 EG/ZGB (vgl. auch Art. 52 Ziff. 9 KV) kann gegen alle Verfügungen und Beschlüsse der Gemeindebehörden an den Regierungsrat rekurriert werden. Dafür, dass mit diesem Rekurs lediglich gerügt werden könnte, die angefochtenen Verfügungen verstiessen gegen kantonales oder eidgenössisches Recht, nicht auch, dass sie auf einer unrichtigen Auslegung und Anwendung von Gemeindereglementen beruhten, enthalten die genannten Bestimmungen keine Anhaltspunkte, noch wird von der Beschwerdeführerin behauptet, die Überprüfungsbefugnis des Regierungsrates sei in diesem Sinne beschränkt. Die Beschwerdeführerin BGE 89 I 107 S. 114 hat denn auch, als Hohl gegen die Entscheide des Gemeinderates vom 2. März 1962 (Erteilung der Baubewilligung unter einer Bedingung) und vom 7. Juni/17. Juli 1962 (Verhängung der Bausperre) rekurrierte, weder ausdrücklich noch dem Sinne nach geltend gemacht, dass diese Rekurse unzulässig seien, dass der Regierungsrat jedenfalls nicht befugt sei, die den angefochtenen Entscheiden zugrunde liegende Anwendung des Gemeinderechts zu überprüfen, und dass die Gutheissung der Rekurse auf einen Eingriff in ihre Autonomie hinauslaufe. Die Beschwerde führerin hat sich vielmehr vorbehaltlos auf die Rekurse eingelassen und sich in den Vernehmlassungen darauf- beschränkt, ihr Vorgehen zu rechtfertigen. Ob der Regierungsrat als Rekursbehörde die in Anwendung von Gemeindereglementen ergangenen Verfügungen nur auf ihre Rechtmässigkeit oder auch auf ihre Zweckmässigkeit überprüfen darf, d.h. ob ihm die Ermessenskontrolle zusteht, kann dahingestellt bleiben, da der Regierungsrat die streitige Bausperre inbezug auf das Bauprojekt Hohls nicht wegen Unzweckmässigkeit oder Unangemessenheit aufgehoben hat, sondern wegen Rechtswidrigkeit, nämlich wegen Missachtung der dem Beschwerdegegner Hohl rechtskräftig erteilten Baubewilligung. Damit hat er seine Zuständigkeit nicht überschritten und nicht in diejenige der Gemeinde eingegriffen. Die Beschwerdeführerin scheint mit IMBODEN (Gemeindeautonomie und Rechtsstaat, Festgabe für Giacometti 1953 S. 103) der Auffassung zu sein, dass die Gemeindeautonomie auch verletzt sei, wenn eine kantonale Behörde bei der Anwendung von Gemeinderecht dieses unrichtig auslege. Diese Auffassung beruht indessen auf einer Verkennung des Wesens der Gemeindeautonomie als eines Problems der Zuständigkeit und Befugnisse der Gemeinde und ist bereits in BGE 83 I 123 Erw. 3 mit eingehender Begründung, auf die hier verwiesen wird, widerlegt worden. Die Gemeindeautonomie ist, wie dort dargelegt wurde, nur verletzt, wenn sich eine kantonale Behörde eine BGE 89 I 107 S. 115 Zuständigkeit anmasst, die nach kantonalem Verfassungs- oder Gesetzesrecht der Gemeinde zukommt, nicht dagegen, wenn eine kantonale Behörde, die zur Anwendung von Gemeinderecht befugt ist, in Ausübung ihrer Zuständigkeit dieses Recht unrichtig oder, wie in der Beschwerde behauptet wird, in unhaltbarer Weise auslegt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
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Federation
266afaf1-8adc-49b0-84e7-3ea286655f36
Urteilskopf 119 IV 54 10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1993 i.S. M. gegen Öffentliches Amt des Kantons Wallis (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 Ziff. 1 StGB ; Falschbeurkundung. Der Urkundencharakter eines Schriftstückes ist relativ. Es kann mit Bezug auf bestimmte Aspekte Urkundencharakter haben, mit Bezug auf andere nicht (E. 2c/aa). Ermächtigt der Bauherr den bauleitenden Architekten, die Unternehmerrechnungen im Sinne der SIA-Normen zu genehmigen, darf er sich darauf verlassen, dass der Architekt seiner Prüfungspflicht in jeder Hinsicht nachkommt. Die in der schriftlichen Genehmigung einer Unternehmerrechnung liegende wahrheitswidrige Erklärung des Architekten, die genehmigte Rechnung sei inhaltlich richtig, erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 55 BGE 119 IV 54 S. 55 A.- Das Kantonsgericht Wallis befand M. mit Urteil vom 26. Mai/17. Juni 1992 zweitinstanzlich schuldig des gewerbsmässigen Betrugs, der Urkundenfälschung, der Erschleichung einer Falschbeurkundung sowie des wiederholten Pfändungsbetrugs und bestrafte ihn in Ausfällung einer teilweisen Zusatzstrafe zum Urteil des Kreisgerichts Oberwallis für den Bezirk Leuk vom 30. Januar 1981 mit 20 Monaten Zuchthaus, abzüglich 354 Tage Untersuchungshaft. B.- M. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der einzige Schuldspruch, den der Beschwerdeführer mit einer hinreichenden Begründung anficht, ist die Verurteilung wegen Falschbeurkundung im Zusammenhang mit Aushubarbeiten. a) Eine Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. b) Die Vorinstanz führt aus, die auf Veranlassung des Beschwerdeführers erstellten Rechnungen der Gebrüder T. AG vom 17. Juni 1980 und 6. Juli 1980 seien unwahr, d.h. inhaltlich unrichtig gewesen, weil die Firma T. nur für rund Fr. 70'000.-- und nicht für Fr. 210'000.-- Aushubarbeiten ausgeführt habe. Der Beschwerdeführer habe diese Rechnungen mit dem Kontrollstempel der Bauleitung versehen und "zur Bezahlung freigegeben". Die Herstellung der erwähnten inhaltlich unwahren Rechnungen an sich stelle noch keine Falschbeurkundung dar. Es gehe hier jedoch nicht nur um inhaltlich falsche Rechnungen, sondern um auf Veranlassung des Architekten hin erstellte und schliesslich von ihm visierte und bestätigte Rechnungen. Durch die Bestätigung hätten die Rechnungen beweisbildende Kraft erhalten. Sie seien geeignet und bestimmt gewesen, die Bauherren von der Wahrheit der behaupteten Tatsachen zu überzeugen, seien doch alle von den Handwerkern BGE 119 IV 54 S. 56 hergestellten Rechnungen vorerst dem Architekten zur Kontrolle und Visierung vorgelegt worden. Dadurch hätten die Rechnungen erhöhte Überzeugungskraft gewonnen und seien damit als Beweismittel geeignet. Die Prüfung der vom Bauunternehmer gestellten Rechnung durch den bauleitenden Architekten solle dem Bauherrn objektive Gewähr bieten, dass die in der Rechnung aufgeführten Leistungen, soweit sie vom Bauleiter bestätigt wurden, tatsächlich erbracht worden sind. Der Rechnungskontrolle durch den Bauleiter komme für die Abrechnung zwischen dem Unternehmer und dem Besteller zentrale Bedeutung zu. Der Bauherr müsse sich daher auf die Angaben des von ihm mit der Bauleitung betrauten Architekten verlassen können. Diesem komme im Verhältnis zum Bauherrn eine ähnliche Vertrauensstellung zu wie dem Arzt gegenüber der Krankenkasse. Der auf der Rechnung des Unternehmers angebrachte Kontrollstempel mit der Unterschrift des bauleitenden Architekten sei nach der Verkehrsübung bestimmt und geeignet, den Beweis für die Wahrheit der gegebenenfalls berichtigten Rechnung zu erbringen, und verleihe damit diesem Schriftstück Urkundencharakter. Als Aussteller der Urkunde sei dabei, da die Rechnung erst durch die Bestätigung des bauleitenden Architekten Urkundenqualität erlange, der Bauleiter, hier also der Beschwerdeführer, zu betrachten. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als die fraglichen Rechnungen nach der Weisung des Beschwerdeführers erstellt worden seien. c) aa) Der Urkundencharakter eines Schriftstückes ist relativ. Es kann mit Bezug auf bestimmte Aspekte Urkundencharakter haben, mit Bezug auf andere nicht. So können die auf Veranlassung des Beschwerdeführers erstellten Rechnungen unabhängig davon, ob sie inhaltlich richtig sind, Urkunden für den Beweis der Tatsache darstellen, dass die entsprechende Erklärung durch die entsprechende Baufirma abgegeben worden ist. An diesen Rechnungen können deshalb prinzipiell Urkundendelikte begangen werden, etwa durch ihre unzulässige Veränderung (Urkundenfälschung) oder, je nach Umständen, durch ihre Beseitigung (Urkundenunterdrückung). Mit dieser Aussage, dass die Rechnungen prinzipiell Urkundencharakter haben können, ist jedoch noch keine Antwort darauf gegeben, ob sich der Beschwerdeführer der Falschbeurkundung schuldig gemacht hat, indem er die Erstellung inhaltlich unrichtiger Rechnungen veranlasst und sie anschliessend mit seinem Visum als richtig bestätigt hat. bb) Bei der Falschbeurkundung geht es allein darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung nicht mit der Wahrheit übereinstimmt, wobei nach allgemeiner Ansicht die einfache schriftliche BGE 119 IV 54 S. 57 Lüge keine Falschbeurkundung darstellt. Nach Lehre und Rechtsprechung darf eine Falschbeurkundung, also eine Art qualifizierte schriftliche Lüge, nur dann angenommen werden, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten, wie sie u.a. in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson und in gesetzlichen Vorschriften gefunden werden können, die, wie etwa die Bilanzvorschriften der Art. 958 ff. OR , gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt ( BGE 117 IV 38 E. d; BGE 118 IV 364 E. 2a mit Hinweisen). cc) In seiner neueren Rechtsprechung hat das Bundesgericht deshalb eine Falschbeurkundung in folgenden Fällen verneint: Erstellen einer Rechnung für nicht ausgeführte Arbeiten ( BGE 117 IV 35 ff.); zuhanden einer Anlegerin ausgestellte inhaltlich unrichtige Bestätigung, wonach der Aussteller einen von der Anlegerin einem Dritten übergebenen Geldbetrag auf treuhänderischer Basis verwalte und einen bestimmten Jahreszins entrichten werde ( BGE 117 IV 168 mit Hinweis); Erstellen von inhaltlich unwahren Regierapporten ( BGE 117 IV 165 ff.); Ausstellung von Lohnabrechnungen auf den Namen einer Person, die nicht mit dem wirklichen Arbeitnehmer identisch war ( BGE 118 IV 364 ). dd) Umgekehrt erfüllt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Erstellung eines unrichtigen Krankenscheines den Tatbestand der Falschbeurkundung. Denn mit einem Krankenschein macht der Arzt gegenüber der Krankenkasse Leistungen für sich oder den Patienten geltend. Aufgrund seiner besonderen Stellung ist er zur wahrheitsgetreuen Angabe verpflichtet und deshalb auch besonders glaubwürdig ( BGE 117 IV 169 f. unter Hinweis auf BGE 103 IV 184 ). Dem Krankenschein kommt somit eine über eine blosse Rechnung hinausgehende qualifizierte Funktion zu. In BGE 103 IV 184 wurde dies im einzelnen wie folgt begründet: Eine Überprüfung namentlich der vom Arzt verzeichneten Anzahl Konsultationen im Einzelfall durch die Kasse sei nicht möglich und in der Regel auch nicht zumutbar. Der Arzt stehe nicht nur zu seinem Patienten, sondern auch zur Krankenkasse, mit der er vertraglich verbunden sei, in einem besonderen Vertrauensverhältnis. Hinzu komme, dass durch den von der Ärztegesellschaft mit dem Krankenkassenverband abgeschlossenen Vertrag die Ärzte sich BGE 119 IV 54 S. 58 verpflichtet hätten, jeder unberechtigten Inanspruchnahme der Kasse entgegenzuwirken. d) Es erhebt sich die Frage, ob der bauleitende Architekt, der die Rechnungen der Unternehmer zu prüfen und gegebenenfalls zu genehmigen hat, sich in einer vergleichbaren Stellung befindet. aa) Nach der SIA-Norm 118, Art. 153-156, wickelt sich die Schlussabrechnung wie folgt ab: Der Unternehmer reicht seine Rechnung der Bauleitung ein (Art. 154 Abs. 1). Diese prüft sie und gibt dem Unternehmer über das Ergebnis Bescheid (Art. 154 Abs. 2). Ergeben sich bei der Prüfung keine Differenzen, so gilt die Schlussabrechnung mit dem Prüfungsbescheid der Bauleitung als beidseitig anerkannt. Allfällige Differenzen sind baldmöglichst zu bereinigen (Art. 154 Abs. 3). Die durch die Schlussabrechnung ermittelte Forderung des Unternehmers wird mit dem Prüfungsbescheid der Bauleitung fällig (Art. 155 Abs. 1). Der Prüfungsbescheid der Bauleitung bedeutet eine für den Bauherrn verbindliche Anerkennung (GAUCH/SCHUMACHER, Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 38-156, Zürich 1992, Art. 154 N 24 ). bb) Nach der SIA-Ordnung 102 gehört zu den Aufgaben der Bauleitung die Kontrolle der Rechnung und Zahlungsanweisungen sowie der Abschluss der Unternehmer- und Lieferantenrechnungen (Art. 4.4; vgl. RUDOLF SCHWAGER, Die Vollmacht des Architekten, in: GAUCH/TERCIER, Das Architektenrecht, Freiburg 1986, N 813). cc) Den SIA-Normen kommt als einem privaten Regelwerk keine allgemeine Verbindlichkeit im Sinne eines Gesetzes oder einer Verordnung zu. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sie jedenfalls in den Bereichen, in denen sie inhaltlich nicht zu beanstanden sind, für diejenigen, die sich ihnen unterwerfen, von ähnlich hoher Bedeutung wie ein Gesetz sind ( BGE 117 IV 168 mit Hinweisen). Es rechtfertigt sich deshalb für die Frage, welche Stellung dem bauleitenden Architekten bei der Genehmigung von Rechnungen zukommt, auch auf Regeln der SIA-Ordnung zurückzugreifen, und zwar auch dort, wo sich die Parteien diesen nicht direkt unterworfen haben, aber konkludent von der Geltung einer Regel der SIA-Ordnung ausgehen. Deshalb braucht auf die Bedenken, die gegen das SIA-Regelwerk vorgebracht werden (vgl. BGE 109 II 461 E. e; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. A. N 865; SCHWAGER, a.a.O., N 809), hier nicht eingegangen zu werden. dd) Der Bauherr ist in der Regel schon mangels fachlicher Kenntnisse nicht in der Lage zu überprüfen, ob Unternehmerrechnungen BGE 119 IV 54 S. 59 richtig sind. Jedenfalls bei grösseren Bauten fehlt ihm dazu häufig auch die Zeit. Wenn er deshalb den bauleitenden Architekten ermächtigt, die Unternehmerrechnungen im Sinne der SIA-Normen zu genehmigen, dann verlässt er sich darauf, dass der Architekt aufgrund seiner besonderen fachlichen Kenntnis und der ihm übertragenen besonderen Aufgabe seiner Prüfungspflicht in jeder Hinsicht nachkommt. Aufgrund der besonderen Stellung des bauleitenden Architekten im Verhältnis zwischen Bauherr und Unternehmer darf er sich auch darauf verlassen. Der Architekt, der die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat, befindet sich insoweit in einer garantenähnlichen Stellung in bezug auf das Vermögen des Bauherrn. Die in der Genehmigung der Unternehmerrechnung liegende Erklärung des bauleitenden Architekten, die genehmigte Rechnung sei inhaltlich richtig, stellt deshalb mehr als eine einfache schriftliche Lüge dar. Sie erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB . Die Beschwerde erweist sich demnach insoweit als unbegründet.
null
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1,993
CH_BGE
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Federation
267174f3-86c9-41ce-9183-31f270c45432
Urteilskopf 88 I 260 42. Urteil vom 14. November 1962 i.S. Gebrüder Hess AG gegen Elektrizitätswerk Obwalden und Regierungsrat des Kantons Obwalden.
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde. 1. Die Beschwerde gegen Vollzugs- und Bestätigungsakte ist grundsätzlich nur insoweit, als diese selbständig ein verfassungsmässiges Recht verletzen, nicht auch wegen Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Verfügungen zulässig. Eine Ausnahme gilt nur für Beschwerden wegen Verletzung unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte, zu denen nicht nur die Niederlassungsfreiheit, sondern noch weitere fundamentale Rechte gehören (Erw. 1). 2. Selbständige Verfügung oder blosser Vollzugsakt? (Erw. 2). Persönliche Freiheit. Bedeutung ihrer Gewährleistung in den Kantonsverfassungen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 260 BGE 88 I 260 S. 260 A.- Die Versorgung des Gemeindegebietes von Engelberg mit elektrischer Energie erfolgt seit dem Jahre 1903 durch ein privates Werk, das ursprünglich Eigentum des Eugen Hess-Waser war, nach dessen Tod an die aus seinen BGE 88 I 260 S. 261 Erben gebildete Kollektivgesellschaft Gebrüder Hess überging und seit 15. September 1960 der Aktiengesellschaft Gebrüder Hess AG gehört. Dieses private Werk bezieht den Strom von der Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk Luzern-Engelberg und verteilt ihn über ein eigenes Leitungsnetz, das sie gestützt aufeine Konzession der Gemeinde Engelberg erstellt hat. Am 1. Januar 1941 schloss die Gemeinde Engelberg mit den Gebrüdern Hess einen neuen, erstmals auf den 1. Januar 1961 kündbaren Konzessions- und Energielieferungsvertrag. Durch diesen verpflichteten sich die Gebrüder Hess zur Versorgung der Gemeinde mit elektrischer Energie, während die Gemeinde ihnen die Benützung des öffentlichen Bodens für Durchleitungen gestattete und ihnen versprach, keinem andern Unternehmen die Verteilung elektrischer Energie im Gemeindegebiet zu bewilligen. Am 13. Mai 1956 erliess der Kanton Obwalden das "Gesetz über das Elektrizitätswerk Obwalden", nach welchem das Elektrizitätswerk Obwalden (im folgenden kurz: EWO) als öffentlich-rechtliche Anstalt gegründet wird und die Eigenversorgung des Kantons mit elektrischer Energie bezweckt (Art. 1). Als Aufgaben des EWO bezeichnet das Gesetz die Erstellung und den Betrieb des Kraftwerkes Melchsee-Frutt und die alleinige Verteilung von elektrischer Energie im ganzen Kantonsgebiet (Art. 2). Am 25. April 1956, kurz nach der Beratung des Gesetzes durch die Landsgemeinde und vor der Volksabstimmung, richteten die Gebrüder Hess ein Schreiben an den Regierungsrat, worin sie sich grundsätzlich bereit erklärten, ihr Verteilnetz später dem EWO zu übergeben. In der Folge änderten sie ihren Standpunkt und lehnten diese Übergabe ab. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1958 kündigte der Gemeinderat Engelberg den im Jahre 1941 mit den Gebrüdern Hess abgeschlossenen Konzessions- und Energielieferungsvertrag auf den 1. Januar 1961. Ferner teilte er ihrer Rechtsnachfolgerin, der Gebrüder Hess AG, am 24. Januar 1961 mit, dass er ihr die Inanspruchnahme von Gemeindeeigentum BGE 88 I 260 S. 262 für die Energieverteilung verbiete, jedoch auf Zusehen hin längstens bis zum 31. Dezember 1962 gestatte, sofern sich die Gebrüder Hess AG bis zum 30. Juni 1961 mit dem EWO über die Abtretung ihres Verteilnetzes einige. Eine entsprechende, die Benützung von Kantonseigentum betreffende Mitteilung erhielt die Gebrüder Hess AG am 1. März 1961 vom Regierungsrat. Sie liess diese Mitteilungen unbeantwortet. B.- Im Herbst 1961 kam es wegen der Reparatur eines in der Dorfstrasse von Engelberg liegenden Kabels zu einem Anstand zwischen dem Gemeinderat und der Gebrüder Hess AG. Im Hinblick hierauf erliess der Regierungsrat am 6. November 1961 eine Verfügung betreffend Reparatur- und Änderungsarbeiten am Verteilnetz in Engelberg, worin er unter anderem 1. die Gebrüder Hess AG verpflichtete, bis zur Übernahme der Energieverteilung in Engelberg durch das EWO alle zur sicheren Energieversorgung erforderlichen Reparatur- und Unterhaltsarbeiten am bestehenden Leitungsnetz vorzunehmen, 2. der Gebrüder Hess AG bewilligte, die zu diesen Arbeiten notwendigen Grabarbeiten im öffentlichen Grund und Boden der Gemeinde und des Kantons durchzuführen, 3. anordnete, dass alle über Reparatur- und Unterhaltsarbeiten hinausgehenden Arbeiten an den bestehenden Anlagen, wie Erweiterungen, Umbauten und andere wesentlichen Änderungen der vorgängigen schriftlichen Bewilligung des EWO bedürfen, 4. das EWO beauftragte, die Einhaltung dieser Verfügung durch die Gebrüder Hess AG zu überwachen, und es ermächtigte, die Einstellung von entgegen Ziff. 3 ohne seine Bewilligung vorgenommenen Arbeiten anzuordnen. Ferner erliess der Regierungsrat am 13. November 1961 eine Verfügung betreffend Energieverteilung in Engelberg und Benützung der dafür notwendigen öffentlichen Sachen, worin er unter Hinweis auf die Bestimmungen des Gesetzes über das EWO vom 13. Mai 1956 1. der Gebrüder Hess AG verbot, vom Zeitpunkt der Lieferungsbereitschaft des EWO an die Verteilung elektrischer Energie in Engelberg weiterzuführen, 2. der Gebrüder Hess AG verbot, von diesem Zeitpunkt an die öffentlichen Sachen des Kantons und der Gemeinde für die Verteilung elektrischer Energie zu benützen, BGE 88 I 260 S. 263 3. der Gebrüder Hess AG befahl, innert 10 Tagen nach Erhalt der Mitteilung, dass das EWO für das ganze Gemeindegebiet oder Teile desselben lieferungsbereit sei, die Belieferung des vom EWO bezeichneten Gebiets mit elektrischer Energie einzustellen und in diesem Gebiet die öffentlichen Sachen des Kantons und der Gemeinde nicht weiter für die Energieverteilung zu benützen, 4. der Gebrüder Hess AG befahl, sofort nach der Einstellung der Energieverteilung gemäss Ziff. 3 im bezeichneten Gebiet ihre Verteilanlagen zu beseitigen und die benützten Strassen, Plätze usw. wieder instandzustellen, 5. den Mitgliedern des Verwaltungsrates der Gebrüder Hess AG im Falle der Nichtbefolgung dieser Verfügung die Verzeigung beim Strafrichter nach Art. 292 StGB androhte. Im Frühjahr 1962 erhielt das EWO davon Kenntnis, dass die Gebrüder Hess AG mit den Architekten zweier in Engelberg geplanter Appartementhäuser über deren Anschluss an ihr Verteilnetz verhandelte. Darauf teilte es der Gebrüder Hess AG mit Schreiben vom 23. März 1962 mit, dass es (das EWO) die Belieferung dieser Gebäude übernehmen und der Gebrüder Hess AG die nach Ziff. 3 der regierungsrätlichen Verfügung vom 6. November 1961 erforderliche Bewilligung, irgendwelche Verteilanlagen auf den betreffenden Grundstücken zu erstellen, verweigern werde. Die Gebrüder Hess AG traf indessen weiterhin Anstalten, ihr Verteilnetz zu erweitern und die erwähnten Appartementhäuser an dieses anzuschliessen. Der Regierungsrat erliess daher am 30. Juli 1962 eine Verfügung betreffend Energieverteilung in Engelberg, in welcher er 1. der Gebrüder Hess AG in Anwendung der Verfügungen vom 6. und 13. November 1961 verbot, in einem näher bezeichneten Gebiet der Gemeinde die Anlagen ihres Verteilnetzes über den heutigen Stand hinaus zu erweitern und irgendwelche Vorbereitungen zu treffen oder Arbeiten auszuführen, um das in Bau befindliche Appartementhaus der UTO-Ringwohnungen AG an ihr Verteilnetz anzuschliessen, 2. der Gebrüder Hess AG verbot, mit den Eigentümern der im umschriebenen Gebiet gelegenen Grundstücke irgendwelche Abreden über die Erweiterung der Verteilanlagen zu treffen oder mit Bauunternehmungen die Durchführung solcher Arbeiten zu vereinbaren, 3. den Mitgliedern des Verwaltungsrates der Gebrüder Hess AG im Falle der Nichtbefolgung dieser Verfügung die Verzeigung beim Strafrichter nach Art. 292 StGB androhte, 4. das EWO ermächtigte und beauftragte, die Durchführung irgendwelcher, entgegen den Bestimmungen der Verfügungen vom 6. BGE 88 I 260 S. 264 und 13. November 1961 sowie der vorliegenden Verfügungen vorgenommenen Arbeiten zu verhindern und nötigenfalls die Hilfe der Kantonspolizei in Anspruch zu nehmen. In den Erwägungen dieser Verfügung wurde ausgeführt, dass diese sich als notwendig erweise, um die Respektierung der am 6. und 13. November erlassenen Anordnungen zu erzwingen, und somit lediglich die in diesen Verfügungen getroffenen, im vollen Umfange in Kraft bleibenden Anordnungen konkretisiere. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 28. August 1962 stellt die Gebrüder Hess AG den Antrag, die Verfügung des Regierungsrates des Kantons Obwalden vom 30. Juli 1962 sei aufzuheben. In formeller Beziehung erklärt sie, dass sie durch die angefochtene Verfügung "im Unterschied zu den als Zwischenentscheide charakterisierten Verfügungen vom 6. und 13. November 1961 konkret wie aktuell betroffen" werde. In der Sache selbst macht sie geltend, die angefochtene Verfügung verstosse gegen Art. 4, 5, 31 und 64 BV, gegen Art. 5, 6, 7 und 10 der Obwaldner KV, gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts sowie gegen die Gemeindeautonomie. Zur Begründung macht sie vor allem geltend, dass das im Gesetz vom 13. Mai 1956 aufgestellte Energieverteilungsmonopol des EWO verfassungswidrig sei und die angefochtene Verfügung somit keine gesetzliche Grundlage habe. Die weitere Begründung der Beschwerde ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich. D.- Der Regierungsrat des Kantons Obwalden und das Elektrizitätswerk Obwalden beantragen, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Sie bezeichnen die Beschwerde als unzulässig, weil die Verfügung vom 30. Juli 1962 lediglich einen Vollzugsakt der in Anwendung des Gesetzes vom 13. Mai 1956 ergangenen und mangels Anfechtung rechtskräftig und vollziehbar gewordenen Verfügungen vom 6. und 13. November 1961 darstelle und der Beschwerdeführerin keine sich nicht schon aus diesen Verfügungen ergebenden Pflichten auferlege. Sodann bestreiten BGE 88 I 260 S. 265 sie jede Verletzung der von der Beschwerdeführerin angerufenen verfassungsmässigen Rechte. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Eine Verfügung, welche in Anwendung oder Vollziehung eines unangefochtenen gebliebenen, allgemein verbindlichen Erlasses ergangen ist, kann auch wegen Verfassungswidrigkeit dieses Erlasses mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden, und es kann mit dieser Beschwerde die Aufhebung wenn nicht des Erlasses, so doch der darauf beruhenden Verfügung verlangt werden ( BGE 86 I 274 Erw. 1 mit Verweisungen). Dagegen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ein Akt, durch den eine unangefochten gebliebene Verfügung ohne neue materielle Entscheidung (wie sie z.B. in der Behandlung eines Wiedererwägungsgesuchs liegt; BGE 86 I 99 ) lediglich vollzogen oder bestätigt wird, in der Regel nicht mehr wegen Verfassungswidrigkeit dieser Verfügung angefochten werden (vgl. BGE 45 I 329 , BGE 46 I 147 , BGE 68 I 28 /29, BGE 75 I 55 ; GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit S. 83/4; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 319). Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung nur insofern, als die Beschwerde wegen Verletzung derjenigen verfassungsmässigen Rechte, die als unverzichtbar und unverjährbar gelten, auch noch gegenüber dem Vollzug einer früheren Verfügung oder gegenüber der Ablehnung ihrer Wiedererwägung zulässig ist ( BGE 69 I 166 und BGE 71 I 248 mit Verweisungen). Ferner kann die Verletzung der Art. 59 und 46 Abs. 2 BV unter gewissen Voraussetzungen noch im Vollstreckungsverfahren mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden (für Art. 59 BV : BGE 87 I 50 Erw. 2 und 128 Erw. 1, für Art. 46 Abs. 2 BV : BGE 59 I 26 , BGE 73 I 222 /23. Die Rechtsprechung, wonach gegen Akte, durch die eine frühere Verfügung vollzogen oder bestätigt wird, nur wegen Verletzung sog. unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden kann, ist in den dem Juristentag 1962 erstatteten Referaten über BGE 88 I 260 S. 266 "Probleme der staatsrechtlichen Beschwerde" in entgegengesetztem Sinne kritisiert worden. MARTI betrachtet diese Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit als unbefriedigend und befürwortet einerseits eine Erweiterung des Begriffs des unverzichtbaren und unverjährbaren Rechts (ZSR 1962 II S. 18/20), anderseits die unbeschränkte Anfechtbarkeit blosser Vollzugsakte (a.a.O. S. 97 98). BONNARD dagegen ist der Auffassung, dass es sich nicht rechtfertige, für Beschwerden wegen Verletzung der heute allein noch als unverzichtbares und unverjährbares Recht geltenden Niederlassungsfreiheit eine Ausnahme zu machen vom Grundsatz, wonach die Beschwerde gegen blosse Vollzugs- und Bestätigungsakte unzulässig ist (a.a.O. S. 452/54). Es besteht indes kein Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung nach der einen oder andern Richtung abzugehen. Die Befristung der staatsrechtlichen Beschwerde wurde vom Gesetzgeber zur Verhinderung trölerischer Anfechtungen eingeführt und erscheint im Interesse der Rechtssicherheit als geboten (vgl. GIACOMETTI a.a.O. S. 188/89). Diese Gesichtspunkte führen dazu, die Beschwerde gegen Vollzugsakte grundsätzlich nur insoweit, als diese selbständig ein verfassungsmässiges Recht verletzen, nicht aber wegen Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Verfügung zuzulassen. Könnte die Verfassungsmässigkeit einer Verfügung im Anschluss an jeden Vollzugsakt, die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe also noch bei der zu ihrem Vollzug angeordneten Verhaftung, die Steuerveranlagung noch bei der Zustellung der Steuerrechnung oder bei der Eintreibung der Steuer, mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden, so wäre nicht nur die Beschwerdefrist des Art. 89 OG , sondern auch die den Zivil- und Strafurteilen sowie gewissen öffentlich-rechtlichen Entscheidungen wie z.B. den Steuerveranlagungen ( BGE 81 I 7 ) zukommende formelle und materielle Rechtskraft weitgehend illusorisch und die Rechtssicherheit stark beeinträchtigt. Daran dass gegen Vollzugs- und Bestätigungsakte nicht wegen Verfassungswidrigkeit der ihnen BGE 88 I 260 S. 267 zugrunde liegenden Verfügungen Beschwerde erhoben werden kann, ist daher grundsätzlich festzuhalten. Die hiefür massgebenden Überlegungen würden es, streng genommen, verbieten, von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen für Beschwerden wegen Verletzung sog. unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte, zumal das OG diesen Rechten weder in Art. 89 noch sonst eine Sonderstellung einräumt, ja den Begriff derselben gar nicht kennt. Wie jedoch ein Verwaltungsakt von der Behörde zurückgenommen oder abgeändert werden darf, wenn keine ausdrückliche Gesetzesvorschrift entgegensteht und das Postulat der richtigen Durchführung des objektiven Rechts den Vorrang vor den Anforderungen der Rechtssicherheit verdient ( BGE 84 I 11 Erw. 4 und dort zitierte frühere Urteile, BGE 86 I 173 ), so rechtfertigt es sich, die im OG nicht ausdrücklich geregelte Anfechtbarkeit von Vollzugsakten dann zu erweitern, wenn das Interesse am Schutz des in Frage stehenden verfassungsmässigen Rechtes weit schwerer wiegt als dasjenige an der dem Art. 89 OG zugrunde liegenden Rechtssicherheit (BURCKHARDT, Die Befristung des staatsrechtlichen Rekurses, ZBJV 1926 S. 49 ff., insb. 64/65; GIACOMETTI a.a.O. S. 83). Das trifft zu bei denjenigen Rechten, die, wie in BGE 28 I 129 Erw. 4 ausgeführt ist, ebensosehr um der öffentlichen Ordnung willen wie zum Schutze des Einzelnen verfassungsmässig gewährleistet sind. Zu diesen Rechten aber gehört nicht nur, wie BONNARD (a.a.O. S. 452) und offenbar auch MARTI (a.a.O. S. 19) annehmen, die Niederlassungsfreiheit, für welche dies auch in neuern Entscheiden wieder festgestellt worden ist, sondern zählen weiterhin auch andere, dem Einzelnen um seiner Persönlichkeit willen zustehende fundamentale Rechte wie die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die persönliche Freiheit, die Ehefreiheit, das Verbot des Schuldverhaftes und der körperlichen Strafen usw. ( BGE 28 I 129 ; GIACOMETTI a.a.O. S. 82). Vorliegend stellt sich somit zunächst die Frage, ob der angefochtene Entscheid, wie in der Beschwerdeantwort BGE 88 I 260 S. 268 eingewendet wird, lediglich dem Vollzug früherer Verfügungen dient und nur wegen Verfassungswidrigkeit dieser Verfügungen beanstandet wird. Ist dies der Fall, so kann auf die Beschwerde nur eingetreten werden, wenn und soweit damit die Verletzung eines unverzichtbaren und unverjährbaren verfassungsmässigen Rechtes geltend gemacht wird. 2. Die Beschwerdeführerin bezeichnet die Verfügungen des Regierungsrates vom 6. und 13. November 1961 als "Zwischenentscheide" und behauptet, sie sei erst durch die Verfügung vom 30. Juli 1962 "konkret und aktuell" betroffen worden. Wieso es sich um blosse Zwischenentscheide handeln soll, wird indes nicht näher darzutun versucht und ist unerfindlich. Weder die Dispositive noch die Begründungen jener Verfügungen enthalten Anhaltspunkte dafür, dass sie bloss vorläufige Massnahmen darstellen und der endgültige Entscheid über die der Beschwerdeführerin damit auferlegten Pflichten in einem späteren Zeitpunkt erfolgen werde. Daran ändert nichts, dass die Verfügungen nur für eine beschränkte Zeit, bis zur bevorstehenden Übernahme der Energieverteilung in Engelberg durch das EWO, gelten und den Erlass einer (weiteren) Verfügung über die vorläufige Weiterführung der Energieverteilung durch die Beschwerdeführerin vorbehalten. Ihr Charakter als Zwischenentscheide wäre übrigens bedeutungslos, da die Anfechtbarkeit eines Vollzugsakts nicht davon abhängt, ob ihm ein End- oder Zwischenentscheid zugrunde liegt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Verfügung vom 30. Juli 1962, gegen die sich die Beschwerde richtet, eine blosse Vollzugsverfügung zu den Verfügungen vom 6. und 13. November 1961 darstellt und von der Beschwerdeführerin nur wegen Verfassungswidrigkeit dieser früheren Verfügungen angefochten wird. Durch die Verfügung vom 30. Juli 1962 wird der Beschwerdeführerin unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB verboten, die Anlagen ihres Verteilnetzes in einem näher bezeichneten Teil der Gemeinde Engelberg BGE 88 I 260 S. 269 über den derzeitigen Stand hinaus zu erweitern und irgendwelche Massnahmen zum Anschluss eines im Bau befindlichen Gebäudes an ihr Verteilnetz zu treffen (Ziff. 1-3); ferner wird das EWO ermächtigt und beauftragt, die Ausführung von Arbeiten, die der Beschwerdeführerin nach dieser oder einer früheren Verfügung verboten sind, zu verhindern, nötigenfalls mit polizeilicher Hilfe (Ziff. 4). Die Verfügung vom 30. Juli 1962 ist nicht etwa auf ein Gesuch der Beschwerdeführerin um Wiedererwägung der früheren Verfügungen hin erlassen worden, sondern weilsie Anstalten zur Erweiterung ihres Verteilnetzes durch Anschluss zweier Gebäude an dieses getroffen hatte. Nicht nur dieser Anlass, sondern auch der Inhalt der Verfügung vom 30. Juli 1962 zeigt, dass sie lediglich zum Vollzug der früheren Verfügungen erlassen wurde. Die Unterlassungspflichten, die sie der Beschwerdeführerin auferlegt, ergaben sich schon aus den an sie gerichteten Verfügungen vom 6. und 13. November 1961. Mit diesen hat der Regierungsrat die Erweiterung der Verteilanlagen der Beschwerdeführerin zwar nicht schlechthin verboten, sondern nur von der vorgängigen Bewilligung des EWO abhängig gemacht und ihr die Einstellung der Belieferung mit elektrischer Energie erst vom Zeitpunkt der Lieferungsbereitschaft des EWO an befohlen. Über diese Einschränkungen ist die angefochtene Verfügung indes nicht hinausgegangen. Das EWO hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. März 1962 mitgeteilt, dass es ihr die Bewilligung, irgendwelche Verteilanlagen auf den Grundstücken der beiden Appartementhäuser zu erstellen, verweigern und die Belieferung dieser Häuser selber übernehmen werde. Durch die Verfügung vom 30. Juli 1962, die auf diese Mitteilung Bezug nimmt, wurden somit die der Beschwerdeführerin bereits in den früheren Verfügungen für das ganze Gemeindegebiet in unmissverständlicher Weise auferlegten Unterlassungspflichten lediglich für einen Teil des Gebietes wiederholt und präzisiert. Dass die Verfügung vom 6. November 1961 noch keine Strafandrohung enthielt und nur das EWO ermächtigte, BGE 88 I 260 S. 270 die Einstellung unzulässiger Erweiterungsarbeiten anzuordnen, ist bedeutungslos, da auch die Strafandrohung dem Vollzug dient und weil überdies die blosse Androhung einer Strafverfolgung nach Art. 292 StGB den Betroffenen in seiner Rechtsstellung nicht beeinträchtigt und daher keine mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbare Verfügung darstellt (BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 317; nicht veröffentl. Urteile vom 5. Oktober 1942 i.S. Zimmerli und vom 30. Januar 1957 i.S. Wuthier AG). Da die von der Beschwerdeführerin geplante Erweiterung des Verteilnetzes durch Anschluss zweier Appartementhäuser ihr ohne jeden Zweifel schon nach der Verfügung vom 6. November 1961 ohne Bewilligung des EWO nicht mehr gestattet ist, würde ihr die Aufhebung der Verfügung vom 30. Juli 1962 auch nichts helfen. Die Beschwerde richtet sich somit gegen einen blossen Vollzugs- und Bestätigungsakt. Sodann ficht sie diesen nicht wegen einer selbständigen Verfassungsverletzung an, sondern macht geltend, das Gesetz vom 13. Mai 1956 und die gestützt auf dieses erlassenen, die Übernahme der Energieverteilung in Engelberg durch das EWO vorbereitenden Verfügungen vom 6. und 13. November 1961 seien verfassungswidrig. Da diese Verfügungen unangefochten geblieben und damit endgültig und vollstreckbar geworden sind, ist daher die vorliegende, im Anschluss an einen Vollzugsakt erhobene Beschwerde nach dem in Erw. 1 Gesagten nur zulässig, wenn und soweit mit ihr die Verletzung eines unverzichtbaren und unverjährbaren Rechtes gerügt wird. 3. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die Art. 4, 5, 31 und 64 BV, 2 Üb. Best. der BV, 5, 6, 7 und 10 KV sowie auf die Gemeindeautonomie. Die in Art. 5 BV ausgesprochene Garantie der verfassungsmässigen Rechte des Bürgers hat keine selbständige Bedeutung, sondern erhält ihren Inhalt erst durch diejenigen Bestimmungen der Bundes- oder Kantonsverfassung, die ein verfassungsmässiges Recht gewährleisten ( BGE 49 I 236 ). Art. 64 BV gewährleistet kein solches BGE 88 I 260 S. 271 Recht ( BGE 81 I 191 /92 mit Verweisungen,) ebensowenig Art. 10 KV. Zur Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie ist grundsätzlich nur die Gemeinde selber legitimiert, nicht auch der einzelne stimmberechtigte Gemeindebürger ( BGE 72 I 24 ) und noch weniger eine Aktiengesellschaft, der als juristischer Person kein Stimmrecht zukommt. Die Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ), die Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV , neben welchem Art. 5 KV keine selbständige Bedeutung hat), die derogatorische Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb. Best. der BV) und die Eigentumsfreiheit (Art. 7 KV) gehören nicht zu denjenigen verfassungsmässigen Rechten, die als unverzichtbar und unverjährbar noch im Anschluss an blosse Vollzugs- und Bestätigungsakte angerufen werden können. Ein solches Recht stellt einzig die persönliche Freiheit dar, die zwar durch die BV nicht ausdrücklich, dagegen durch den von der Beschwerdeführerin angerufenen Art. 6 der Obwaldner KV und durch alle anderen Kantonsverfassungen gewährleistet wird. Inwiefern diese Freiheit durch den angefochtenen Entscheid (oder durch die früheren Verfügungen) verletzt sein soll, wird indes in der Beschwerdeschrift nicht näher dargetan, so dass auf diese Rüge schon wegen Fehlens der nach Art. 90 lit. b OG erforderlichen Begründung nicht eingetreten werden kann. Das Eintreten darauf muss zudem noch aus einem weiteren Grunde abgelehnt werden. Nach dem Zusammenhang zu schliessen, in dem sich die Beschwerdeführerin auf die persönliche Freiheit beruft, scheint sie deren Verletzung darin zu erblicken, dass es ihr verwehrt werde, mit privaten Grundeigentümern und Unternehmern Abreden über die Erweiterung ihrer Energieverteilanlagen zu treffen. Vor Beschränkungen der privaten gewerblichen Tätigkeit und der Vertragsfreiheit schützen indes die Art. 31 BV und 2 Üb. Best. der BV. Die persönliche Freiheit, wie sie in Art. 6 der Obwaldner KV und den entsprechenden Bestimmungen der übrigen Kantonsverfassungen gewährleistet wird, ist nach übereinstimmender Rechtsprechung BGE 88 I 260 S. 272 und Lehre die körperliche Freiheit. Daraus, dass Art. 6 KV die Gesetzgebung über das Strafrechtsverfahren vorbehält und einen Entschädigungsanspruch für ungesetzliche Haft gewährt, geht hervor, dass sich die persönliche Freiheit in erster Linie gegen ungesetzliche Verhaftung und Einsperrung richtet. Darüber hinaus gewährleistet sie die körperliche Freiheit in umfassender Weise, nämlich die freie Bewegung im Raum und die körperliche Unversehrtheit ( BGE 82 I 238 ; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 159/60, SPOENDLIN, Die verfassungsmässige Garantie der persönlichen Freiheit S. 35 ff., BRÜHWILER, Freiheitsrechte der Kantonsverfassungen S. 74). Die persönliche Freiheit in diesem Sinne ist zwar die Voraussetzung der Ausübung aller andern Freiheitsrechte und deswegen besonders wichtig, schützt aber nicht gegen Beschränkungen anderer Rechte wie z.B. der Niederlassungsfreiheit, der Handels- und Gewerbefreiheit oder des Eigentums, sondern nur gegen Eingriffe in die körperliche Freiheit. Sie steht daher als eigentliches Menschenrecht nur den natürlichen nicht auch den juristischen Personen zu (SPOENDLIN a.a. O. S. 87), weshalb die Beschwerdeführerin als Aktiengesellschaft nicht legitimiert ist, sich auf sie zu berufen. Nicht anders würde es sich übrigens verhalten, wenn man annehmen wollte, dass die persönliche Freiheit nicht bloss die körperliche Freiheit, sondern auch die freie Ausübung gewisser anderer, der Person zustehenden Rechte schütze (vgl. BGE 50 I 163 /64), da die freie wirtschaftliche Betätigung einer Handelsgesellschaft auch dann nicht darunter fallen würde. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
public_law
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
2674c491-e7b9-493e-b431-ff74203f6ae0
Urteilskopf 139 IV 301 46. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause Office fédéral de la justice contre A. et consorts ainsi que Ministère public de la République et canton de Genève (recours en matière de droit public) 1C_699/2013 du 23 septembre 2013
Regeste Art. 78 und 84 BGG ; Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO ; Art. 80e Abs. 2 lit. b IRSG ; Zugang des Privatklägers zum Strafdossier. Wird das Recht des Privatklägers bestritten, im kantonalen Strafverfahren Einsicht in das Dossier zu nehmen, so ist diese Rechtsfrage selbst dann der kantonalen Beschwerdeinstanz zu unterbreiten, wenn die Verletzung von Bestimmungen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen geltend gemacht wird (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2).
Sachverhalt ab Seite 302 BGE 139 IV 301 S. 302 Le Ministère public du canton de Genève mène une procédure pénale pour escroquerie et blanchiment d'argent à l'encontre notamment des dénommés A., C. et B. Parallèlement, il est saisi d'une commission rogatoire tunisienne dont l'exécution a été suspendue au profit de la procédure pénale. Les parties ont été enjointes de garder le silence sur la procédure et les personnes impliquées, par ordonnance du 23 août 2012, reconduite jusqu'au 31 août 2013. Les prévenus ont requis en vain, à plusieurs reprises, que l'accès au dossier soit suspendu, car des documents avaient été remis aux autorités tunisiennes. Par décision du 30 juillet 2013, le Ministère public a rejeté cette demande. Les prévenus ont recouru contre ce prononcé, d'une part auprès de la Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral (TPF), d'autre part à la Chambre pénale de recours de la Cour de justice genevoise. Par arrêt du 20 août 2013, la Cour des plaintes a déclaré irrecevable le recours qui lui était soumis. La décision litigieuse avait été rendue par le Ministère public en application du CPP et était soumise à la juridiction de recours cantonale; un recours parallèle à la Cour des plaintes n'était pas possible, les autorités de poursuite cantonales ne pouvant être considérées comme des instances précédentes du TPF. Il n'y avait pas de risque de conflit négatif de compétence (l'autorité cantonale ayant été saisie), et il y avait lieu d'éviter tout conflit positif. Par acte du 2 septembre 2013, l'Office fédéral de la justice (OFJ) forme un recours en matière de droit public. Il demande l'annulation de l'arrêt de la Cour des plaintes et le renvoi de la cause à cette juridiction pour nouvelle décision sur le fond. BGE 139 IV 301 S. 303 Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. L'office recourant considère que les griefs relatifs à l'application de l'EIMP (RS 351.1), y compris dans les procédures pénales cantonales, ressortiraient de la seule compétence de la Cour des plaintes. Cela a déjà été admis récemment pour les procédures pénales menées par une autorité fédérale ( ATF 139 IV 294 ) et il devrait en aller de même pour les procédures cantonales, compte tenu de la volonté du législateur d'instituer une procédure de recours unifiée. Au contraire de la Cour des plaintes, les autorités cantonales de recours n'auraient aucune compétence en matière d'EIMP. En tant qu'autorité de surveillance, l'OFJ relève la nécessité d'assurer une pratique uniforme sur ces questions. 2.1 Dans son arrêt précité ATF 139 IV 294 , le Tribunal fédéral a considéré que le recours au sens de l' art. 84 LTF est ouvert lorsque l'accès au dossier pénal accordé à la partie plaignante comporte le risque d'une transmission de renseignements à l'autorité étrangère avant que l'autorité suisse d'entraide judiciaire ait statué sur l'admissibilité d'une telle transmission (consid. 1). Cet arrêt part de la considération qu'une transmission prématurée peut avoir les mêmes effets qu'une décision finale de clôture de la procédure d'entraide. Il concerne toutefois une procédure pénale menée par le Ministère public de la Confédération, dont les décisions (qu'il s'agisse d'entraide judiciaire ou de procédure pénale) peuvent être portées devant la Cour des plaintes du TPF. Celle-ci est en effet l'autorité de recours contre les décisions du MPC au sens de l' art. 20 CPP (DANIEL KIPFER, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n° 6 ad art. 20 CPP ; cf. art. 393 CPP et 37 de la loi fédérale du 19 mars 2012 sur l'organisation des autorités pénales de la Confédération [LOAP; RS 173.71], ainsi que contre les décisions de la même autorité prises en matière d'entraide judiciaire ( art. 25 EIMP ). 2.2 La situation est différente lorsque la procédure pénale est de la compétence des autorités cantonales au sens de l' art. 22 CPP . Dans ce cas, l'ensemble de l'activité du ministère public est soumise aux autorités de recours cantonales ordinaires au sens de l' art. 393 al. 1 let. a CPP . Certes, l'accès au dossier pénal peut comporter, comme on l'a vu, le risque d'un détournement de la procédure d'entraide. BGE 139 IV 301 S. 304 Toutefois, contrairement à ce qu'estime l'OFJ, si l'autorité cantonale de recours ne peut pas connaître des recours formés directement contre les décisions de l'autorité d'exécution en matière d'entraide judiciaire, sa cognition est libre et complète, et s'étend à l'ensemble des questions de droit ( art. 393 al. 2 let. a CPP ; ANDREAS J. KELLER, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, n° 38 ad art. 393 CPP ). Le grief de violation du droit administratif fédéral, y compris de l'EIMP, peut donc être soulevé dans ce cadre, et l'autorité de recours est alors tenue de l'examiner. Il n'est d'ailleurs pas rare qu'une question de droit administratif doive être examinée par une autorité pénale (par exemple lorsqu'il s'agit d'examiner l'obligation de diligence en rapport avec une infraction par négligence), ce qui n'en fait pas pour autant une cause de droit administratif. Les risques liés aux pratiques divergentes entre les autorités cantonales peuvent par ailleurs être palliés par l'intervention, en dernière instance, du Tribunal fédéral. Admettre la possibilité d'un recours à la Cour des plaintes présenterait en outre des difficultés lorsque celui-ci porte également sur des questions de procédure pénale (telle que l'admission de la qualité de partie plaignante) pour lesquelles cette autorité n'est pas compétente. 2.3 La jurisprudence précitée doit ainsi être précisée en ce sens que la contestation sur le droit de la partie plaignante de consulter le dossier d'une procédure pénale cantonale doit être soumise à l'autorité de recours cantonale.
null
nan
fr
2,013
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
2680dd3d-533b-4a33-a1f6-0e4e541e0750
Urteilskopf 137 IV 285 41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen) 1B_365/2011 vom 30. September 2011
Regeste Nichtanhandnahmeverfügung ( Art. 310 StPO ). Wenn eine Person bei einem Unfall eine schwere Körperverletzung erleidet und die Entscheidung, ob sich jemand eine Sorgfaltspflichtverletzung hat zu Schulden kommen lassen, detaillierter Sachverhaltsabklärungen und einer eingehenden rechtlichen Würdigung bedarf, besteht kein Raum für den Erlass einer Nichtanhandnahmeverfügung im Sinne von Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO . Vielmehr ist diesfalls zwingend eine Strafuntersuchung zu eröffnen. Erst nach durchgeführter Untersuchung hat die Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob sie einen Strafbefehl erlässt, das Verfahren einstellt oder Anklage erhebt (vgl. Art. 318 Abs. 1 StPO ; E. 2.5).
Sachverhalt ab Seite 286 BGE 137 IV 285 S. 286 A. X. verletzte sich am 4. März 2010 bei einem Skiunfall in Wengen schwer. Er stürzte zwischen zwei Markierungsstangen über den Pistenrand hinaus in eine Geländesenke hinunter und zog sich dabei eine schwere Rückenverletzung zu (Querschnittlähmung unterhalb des Lendenwirbelniveaus 1). Am 27. August 2010 reichte der Verunfallte Strafanzeige gegen unbekannte Täterschaft ein. Darin erhob er gegenüber den Sicherheitsverantwortlichen der A. AG und allenfalls der B. AG den Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung. Mit Verfügung vom 16. März 2011 nahm die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, das Verfahren gegen unbekannte Täterschaft wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung in Anwendung von Art. 310 StPO nicht anhand. Diesen Entscheid focht X. mit Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern an. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 7. Juni 2011 ab. B. Mit Beschwerde in Strafsachen vom 11. Juli 2011 beantragt X., den Beschluss vom 7. Juni 2011 aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, unverzüglich eine Strafuntersuchung gegen die Personen zu eröffnen, welche für die Sicherheit der Skipisten am Unfallort und Unfalltag verantwortlich waren. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zur Eröffnung einer Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft zurück. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Anwendung von Art. 310 StPO (SR 312.0) mit dem Randtitel "Nichtanhandnahmeverfügung" und bringt zusammenfassend vor, die Vorinstanz sei zu BGE 137 IV 285 S. 287 Unrecht davon ausgegangen, der Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung sei eindeutig nicht erfüllt. Im Zweifelsfall sei eine Strafuntersuchung durchzuführen. Vorliegend wäre die Staatsanwaltschaft zur Klärung des Sachverhalts gehalten gewesen, die Pistenverantwortlichen und Zeugen einzuvernehmen und einen Augenschein vor Ort durchzuführen. Diese Beweismassnahmen hätten es erlaubt, die am Unfalltag herrschenden Witterungs- und Sichtverhältnisse, die Pistensignalisation, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit sowie die Höhe des senkrechten Abfalls im unteren Bereich der künstlich geschaffenen Geländesenke genauer abzuklären. Der angefochtene Entscheid sei deshalb aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, unverzüglich eine Strafuntersuchung zu eröffnen. 2.2 Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt ( Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO ). Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt ( Art. 309 Abs. 4 StPO ). Die Nichtanhandnahme wird verfügt, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind ( Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO ). Wird eine Untersuchung eröffnet, so richtet sich deren Durchführung nach den Bestimmungen von Art. 311 ff. StPO . Erachtet die Staatsanwaltschaft die Untersuchung als vollständig, so erlässt sie einen Strafbefehl oder kündigt den Parteien schriftlich den bevorstehenden Abschluss an und teilt ihnen mit, ob sie Anklage erheben oder das Verfahren einstellen will (vgl. Art. 318 Abs. 1 StPO ). Eine Einstellung des Verfahrens erfolgt insbesondere, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt ( Art. 319 Abs. 1 lit. a StPO ), oder kein Straftatbestand erfüllt ist ( Art. 319 Abs. 1 lit. b StPO ). 2.3 Nach dem Wortlaut von Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO muss somit feststehen, dass "die fraglichen Straftatbestände (...) eindeutig nicht erfüllt sind". Es muss mit anderen Worten sicher sein, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt, was etwa der Fall ist bei rein zivilrechtlichen Streitigkeiten (ESTHER OMLIN, in: Basler Kommentar, StPO, 2010, N. 9 zu Art. 310 StPO ). Eine Nichtanhandnahme darf nur in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 2 zu Art. 309 StPO ). Insbesondere ist bei BGE 137 IV 285 S. 288 Ereignissen mit schwerwiegenden Folgen in der Regel eine Untersuchung durchzuführen. Dies gilt namentlich, wenn eine Person bei einem Unfall eine schwere Körperverletzung erleidet und eine strafrechtliche Drittverantwortung nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (vgl. NATHAN LANDSHUT, in: Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung (StPO), Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010, N. 5 zu Art. 310 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, N. 1231 Fn. 67). Im Zweifelsfall ist folglich eine Untersuchung zu eröffnen. Ergibt sich nach durchgeführter Untersuchung, dass kein Straftatbestand erfüllt ist, stellt die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gestützt auf Art. 319 StPO ein. 2.4 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid zunächst die Standpunkte des Beschwerdeführers und der Staatsanwaltschaft ausführlich wiedergegeben (E. 3-5), alsdann die Verantwortlichkeit der Bergbahn- und Skiliftunternehmen dargestellt und Sachverhaltsfeststellungen getroffen (E. 6 und 7). Den festgestellten Sachverhalt hat sie schliesslich unter Bezugnahme auf die Richtlinien der Schweizerischen Kommission für Unfallverhütung auf Schneesportabfahrten SKUS rechtlich gewürdigt. So hat die Vorinstanz namentlich erwogen, bei der Unfallstelle bestehe keine Absturzgefahr. Die Geländesenke, in welche der Beschwerdeführer gestürzt sei, bedeute eine Gefahr, die dem Skisport immanent sei. Die Absturzgefahr lasse sich durch die (erfolgte) Signalisation der Piste vermeiden, weshalb keine zusätzlichen Sicherheitsvorkehren erforderlich gewesen seien. Zwar könne an der fraglichen Stelle auf den ersten Blick der optische Eindruck entstehen, dass die Piste geradeaus weiterführe. Der Pistenverlauf, d.h. die scharfe Linkskurve, sei jedoch durch die unterschiedliche Markierung der linken und rechten Pistenbegrenzungspfosten klar erkennbar gewesen und zusätzlich durch einen am massgeblichen Pfosten angebrachten Richtungspfeil gekennzeichnet worden. Damit sei die Pistenführung für den vorsichtigen und aufmerksam fahrenden Skifahrer hinreichend klar angezeigt worden. Dass sich der Beschwerdeführer über den Pistenverlauf geirrt habe, sei tragisch, aber nicht auf eine Sorgfaltspflichtverletzung der Pistenverantwortlichen zurückzuführen. Demzufolge erübrigten sich weitere Beweismassnahmen wie insbesondere die Befragung der Sicherheitsverantwortlichen (E. 8). 2.5 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss eine ausführliche rechtliche Würdigung des Sachverhalts vorgenommen und ist unter Berücksichtigung der spezifischen Sorgfaltspflichten der Pistenverantwortlichen zum Schluss gekommen, diesen könne kein BGE 137 IV 285 S. 289 strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden. Die Begründung der staatsanwaltschaftlichen Nichtanhandnahmeverfügung wie auch jene des angefochtenen Beschlusses unterscheiden sich in ihrer Ausführlichkeit wie auch in Form und Inhalt kaum von einem freisprechenden Urteil. Damit aber haben die kantonalen Instanzen den Anwendungsbereich von Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verkannt. Wenn, wie vorliegend, eine Person bei einem Unfall eine schwere Körperverletzung erleidet und die Entscheidung, ob sich jemand eine Sorgfaltspflichtverletzung hat zu Schulden kommen lassen, detaillierter Sachverhaltsabklärungen und einer eingehenden rechtlichen Würdigung bedarf, dann besteht kein Raum für den Erlass einer Nichtanhandnahmeverfügung. Vielmehr ist diesfalls zwingend eine Strafuntersuchung zu eröffnen, in deren Rahmen die Pistenverantwortlichen einzuvernehmen sind. Erst nach durchgeführter Untersuchung hat die Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob sie einen Strafbefehl erlässt, das Verfahren einstellt oder Anklage erhebt (vgl. Art. 318 Abs. 1 StPO ). Soweit die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz in der Nichtanhandnahmeverfügung respektive im angefochtenen Beschluss auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_925/2008 vom 9. März 2009 hinweisen, können sie hieraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Diesem Entscheid lag in tatsächlicher Hinsicht ein Unfall zugrunde, bei welchem ein Snowboarder über den talseitigen Pistenrand hinaus gestürzt war und sich schwere Verletzungen zugezogen hatte. Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilungen des Rettungschefs und des stellvertretenden Pistenchefs wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung mit der Begründung, diese seien ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Der angeführte Entscheid ist damit nicht geeignet, zu begründen, weshalb vorliegend keine Strafuntersuchung durchzuführen sein sollte. 2.6 Zusammenfassend steht nicht fest, dass der Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung mit Sicherheit nicht erfüllt ist. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Eröffnung einer Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, zurückzuweisen (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG ). Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben ( Art. 66 Abs. 4 BGG ). Die Kosten des kantonalen Verfahrens von Fr. 800.- sind dem Kanton Bern aufzuerlegen ( Art. 67 BGG ). Dieser hat dem Beschwerdeführer für das BGE 137 IV 285 S. 290 kantonale Verfahren und das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 2'000.- zu bezahlen ( Art. 68 Abs. 2 und 5 BGG ).
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
268105a5-81a0-4cf9-baf9-a23e14fc3088
Urteilskopf 80 I 370 60. Auszug aus dem Urteil vom 3. Dezember 1954 i.S. Muggli gegen Webrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich.
Regeste Wehrsteuer: Die Kundschaft des Milchhändlers stellt kein Vermögensrecht dar und unterliegt der Wehrsteuer auf dem Vermögen nicht.
Sachverhalt ab Seite 370 BGE 80 I 370 S. 370 A.- A. Muggli, Milchhändler in Zürich, wurde für die Wehrsteuer VI beim Vermögen abweichend von seiner Steuererklärung eingeschätzt, indem zusätzlich die Milchkundschaft erfasst wurde. Die am massgebenden Stichtag, dem 1. Januar 1951, gültige Ordnung über den Milchhandel in der Stadt Zürich ist nicht umstritten. Hervorzuheben ist folgendes: Für die Milchlieferung ins Haus (Strassenkundschaft) gilt die Quartiereinteilung mit Einerbezirken, d.h. jedem Milchhändler ist ein Lieferbezirk zugewiesen, worin ausschliesslich er und ausserhalb dessen er nicht ins Haus liefern darf. (Eine Ausnahmebestimmung, wonach einem Kunden auf begründete Beschwerde hin die Belieferung durch einen andern Milchhändler bewilligt werden kann, ist ohne praktische Bedeutung geblieben, ebenso eine andere, wonach Milchproduzenten ihre eigene Milch ohne Rücksicht auf die Quartiereinteilung ins Haus liefern dürfen.) Die Quartiereinteilung gilt nicht für Lieferungen an Gewerbekundschaft (Restaurants und andere kollektive Haushaltungen, denen die Milch in grösseren Mengen ins Haus geliefert wird) und für den Ladenverkauf. Praktisch rekrutiert sich die Ladenkundschaft aus der Nachbarschaft, d.h. aus dem eigenen Lieferbezirk des Milchhändlers. Die Bedeutung der Kundschaft wird in Tageslitern gemessen und beim Verkauf von Milchgeschäften entsprechend entschädigt. Übersetzte Entschädigungen sind verboten. BGE 80 I 370 S. 371 In Zürich werden bei Freihandverkauf Entschädigungen von Fr. 45.- je Tagesliter erzielt und genehmigt. Bei Stillegung von Geschäften werden aus einem Sanierungsfonds für die Strassen- und Ladenkundschaft Fr. 30.- und für die Gewerbekundschaft Fr. 20.- je Tagesliter vergütet; die so aufgekauften Umsätze werden sanierungsbedürftigen Milchhändlern zugeteilt gegen Bezahlung der halben Ansätze. - Die Veranlagungsbehörde betrachtete die Strassen- und die Ladenkundschaft als steuerpflichtiges Vermögen im Werte von Fr. 30.- je Tagesliter. B.- Eine Beschwerde Mugglis hiegegen wurde von der Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich (WStRK) teilweise gutgeheissen und die Einschätzung des Vermögens herabgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, die Frage der Besteuerung der Milchkundschaft sei für die kantonalen Steuern von der Oberrekurskommission in mehreren Entscheiden vom 10. Dezember 1953 (darunter ein Entscheid Hinnen) eingehend geprüft worden. Sie habe unterschieden zwischen Strassen-, Laden- und Gewerbekundschaft. Soweit durch behördliche Vorschriften subjektive Rechte begründet würden, seien diese als Vermögensrechte steuerlich zu erfassen. Das treffe beim Milchhandel insofern zu, als dem einzelnen Händler die ausschliessliche Befugnis eingeräumt sei, innerhalb eines bestimmten Bezirks Milch ins Haus zu liefern; sie verschaffe ihm ein öffentlich-rechtliches Alleinvertriebsrecht mit Bezug auf die ihm zugeteilte Strassenkundschaft, das ihm nur gegen Entschädigung wieder beschränkt oder entzogen werden könne. Es handle sich um ein geldwertes Recht, dem alle für die Vermögensbesteuerung wesentlichen Merkmale anhafteten. Dagegen bestehe für die Gewerbe- und Ladenkundschaft kein rechtliches Lieferungsmonopol. Die Oberrekurskommission habe deshalb für die Staatssteuer erkannt, dass die Strassenkundschaft als Vermögensrecht zu erfassen, die Gewerbe- und die Ladenkundschaft dagegen ausser acht zu lassen sei. Die gleichen Erwägungen seien auch gültig für das BGE 80 I 370 S. 372 Wehrsteuerrecht, da die massgebenden Vorschriften des WStB über die Vermögensbesteuerung mit denjenigen des kantonalen Steuergesetzes übereinstimmten. C.- Hiegegen führt A. Muggli Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Strassenkundschaft sei als nicht wehrsteuerpflichtig zu erklären und die Vermögenseinschätzung Mugglis herabzusetzen. Er führt u.a. aus, wirtschaftlich sei die Ladenkundschaft die wertvollste und die Strassenkundschaft die am wenigsten rentable, weil bei gleichen Verkaufspreisen die Vertriebsspesen im Laden am kleinsten und bei der Strassenkundschaft wegen der Vielzahl der auswärts zu beliefernden Kunden am grössten seien. Indem der angefochtene Entscheid die Strassenkundschaft als Vermögensrecht behandle, setze er sich in Widerspruch zu Art. 27 Abs. 1 WStB, der keinerlei Geschäftskundschaft der Vermögenssteuer unterwerfe, zur bisherigen Doktrin und zur Praxis der andern Kantone und des Bundesgerichts ( BGE 73 I 252 ) sowie zu dem staats- und verwaltungsrechtlichen Grundsatz, wonach Rechtsnormen, die in Freiheit und Eigentum der Bürger eingreifen, nicht ausdehnend zu interpretieren seien. Er habe sein Geschäft im Jahre 1927 übernommen und dabei lediglich eine Ladenkundschaft von 10-12 Tageslitern angetreten. Die ganze übrige Kundschaft habe er sich selbst durch seine Arbeit erworben. Die schweizerische Praxis betrachte es geradezu als selbstverständlich, dass ein durch Arbeit erworbener Geschäftswert bei Feststellung des steuerbaren Vermögens nicht angerechnet werde ( BGE 73 I 256 ). Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen Erwägungen in Erwägung: 3. Nach Art. 27 Abs. 1 WStB unterliegt der Wehrsteuer das gesamte um die nachgewiesenen Schulden gekürzte bewegliche und unbewegliche Vermögen. Eine eigentliche De finition des Vermögensbegriffes stellt das BGE 80 I 370 S. 373 Gesetz nicht auf. Lehre und Rechtsprechung verstehen darunter den Inbegriff der einer Person privatrechtlich zustehenden Sachen und geldwerten Rechte (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, S. 107; BGE 75 I 253 ). Darüber besteht - abgesehen von einer Differenz über die in dem Merkmal "privatrechtlich" enthaltene Beschränkung - auch im vorliegenden Falle Einstimmigkeit. Der Streit dreht sich zur Hauptsache darum, ob die Strassen- und Ladenkundschaft ein dem Milchhändler zustehendes geldwertes Recht ist oder nicht. Geldwerte Rechte sind solche, die einen rechtlich realisierbaren Anspruch begründen. Der sog. Geschäftswert eines Unternehmens (Goodwill), gleichgültig ob er selbst geschaffen oder gegen Entgelt erworben wurde, gehört nicht zum steuerbaren Vermögen, ausser wenn er sich auf den Wert von Gegenständen des Anlagevermögens (Sachgüter und Rechte) im Sinne einer Werterhöhung auswirkt ( BGE 73 I 256 ). Das gilt insbesondere für den Kundschaftswert, der den wichtigsten Fall von Goodwill bildet. Nach der Auffassung der Oberrekurskommission und der Wehrsteuer-Rekurskommission bildet aber im Milchhandel die Strassenkundschaft - und nach der Meinung des kantonalen Steueramtes auch die Ladenkundschaft - nicht nur einen Vermögenswert, sondern ein Vermögensrecht, weil auf Grund der öffentlich-rechtlichen Ordnung der Milchhändler diesbezüglich ein rechtlich geschütztes Monopol besitzt. In der Tat darf nach den einschlägigen Vorschriften - und durfte in gleicher Weise schon nach den am 1. Januar 1951 gültigen - in dem ihm zugewiesenen Lieferbezirk ausschliesslich er Milch ins Haus liefern (ausser den praktisch bedeutungslosen Fällen begründeter Reklamation gegen ihn und der Lieferung eigener Milch durch Produzenten); bezüglich der Hauslieferung in diesem Bezirk hat er also eine rechtlich geschützte Monopolstellung. Immerhin obliegt der Kundschaft keine positive Verpflichtung, Milch von ihm zu beziehen; die Bewohner des Bezirks dürfen sich zwar die Milch nicht von andern BGE 80 I 370 S. 374 Händlern ins Haus liefern lassen, können aber auf den Bezug von Milch überhaupt verzichten oder sie in Läden anderer Lieferbezirke holen. Praktisch spielen freilich diese beiden Möglichkeiten keine Rolle, weil die Milch ein allgemein notwendiger Bedarfsartikel ist und in der Regel von denjenigen Kunden, die sie sich nicht ins Haus liefern lassen, im nächsten Milchladen bezogen wird. Doch begründet das daraus resultierende Monopol keinen realisierbaren Anspruch gegenüber den Einwohnern des Lieferbezirks - und zwar weder bezüglich der Ladenbedienung, wo es nur tatsächlicher Natur ist, noch bezüglich der Milchlieferung ins Haus, wo die Konkurrenz auch rechtlich ausgeschlossen ist. Die Laden- wie die Strassenkundschaft stellt wohl einen Vermögenswert, nicht aber ein Vermögensrecht dar. Wie die bestehende Kundschaft eines Unternehmens überhaupt, sei es mit oder ohne tatsächliches Monopol, so lässt sich auch diejenige des Milchhändlers als eine blosse Gewinnchance auffassen, der freilich dank der bestehenden öffentlich-rechtlichen Ordnung eine fast vollständige Sicherheit innewohnt. Das kommt aber auch bei andern Geschäftsarten vor, z.B. bei Elektroinstallateuren, Kaminfegern usw., ohne dass deshalb die Kundschaft als steuerbares Vermögen betrachtet würde. Die besonderen Vorschriften für den Milchhandel verleihen der Kundschaft keinen grundsätzlich anderen Charakter als in anderen Gewerben und vermögen keine abweichende steuerliche Behandlung derselben zu rechtfertigen; insbesondere wird dadurch weder die Strassen- noch die Ladenkundschaft zu einem Vermögensrecht. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass bei Verkauf oder Stillegung eines Milchgeschäftes für die Kundschaft eine Vergütung geleistet wird. Das erklärt sich daraus, dass sie tatsächlich einen Vermögenswert oder wenigstens eine Gewinnchance darstellt. Jene Vergütung ist denn auch nicht auf die Strassenkundschaft beschränkt, sondern wird auch für die Ladenkundschaft ausgerichtet, bei der kein rechtliches Monopol besteht, ja sogar für die BGE 80 I 370 S. 375 Gewerbekundschaft, von der unbestritten ist, dass sie kein steuerbares Vermögen ist. 4. Da die Kundschaft des Milchhändlers somit kein Vermögensrecht darstellt, unterliegt sie der Wehrsteuer auf dem Vermögen nicht. Damit entfällt die Prüfung der in der Beschwerde und den Vernehmlassungen dazu diskutierten weiteren Fragen, ob der Besteuerung nur auf Privatrecht oder auch auf öffentlichrechtlichen Vorschriften beruhendes Vermögen unterliege und ob für die Bewertung die bei Stillegung geleistete Vergütung oder der bei Freihandverkauf erzielbare Preis massgebend sei.
public_law
nan
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1,954
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CH_BGE_001
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Federation
2695962f-65ba-478d-b5b2-1d054eefc3f3
Urteilskopf 113 V 218 35. Auszug aus dem Urteil vom 11. August 1987 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen H. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Art. 24 Abs. 1 und 25 Abs. 1 UVG, Art. 36 UVV : Integritätsschaden. - Bemessung des Integritätsschadens bei transmetakarpaler Amputation des rechten Zeigefingerstrahls (Erw. 3). - Die Schwere des Integritätsschadens beurteilt sich einzig nach dem medizinischen Befund; allfällige individuelle Besonderheiten des Versicherten bleiben, im Gegensatz zur privatrechtlichen Genugtuung, unberücksichtigt (Erw. 4).
Erwägungen ab Seite 218 BGE 113 V 218 S. 218 Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 24 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung, wenn er durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen oder geistigen Integrität erleidet. Die Integritätsentschädigung wird in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend der Schwere des BGE 113 V 218 S. 219 Integritätsschadens abgestuft ( Art. 25 Abs. 1 UVG ). Gemäss Art. 25 Abs. 2 UVG regelt der Bundesrat die Bemessung der Entschädigung. Von dieser Befugnis hat er in Art. 36 UVV Gebrauch gemacht. Abs. 1 dieser Vorschrift bestimmt, dass ein Integritätsschaden als dauernd gilt, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens mindestens in gleichem Umfang besteht. Er ist erheblich, wenn die körperliche oder geistige Integrität, unabhängig von der Erwerbsfähigkeit, augenfällig oder stark beeinträchtigt wird. Gemäss Abs. 2 gelten für die Bemessung der Integritätsentschädigung die Richtlinien des Anhangs 3. Der Bundesrat hat in diesem Anhang Bemessungsregeln aufgestellt und in einer nicht abschliessenden (GILG/ZOLLINGER, Die Integritätsentschädigung nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung, S. 47) Skala wichtige und typische Schäden prozentual gewichtet. Für spezielle oder nicht aufgeführte Integritätsschäden wird die Entschädigung nach dem Grad der Schwere vom Skalenwert abgeleitet (Ziff. 1 Abs. 2 des Anhangs). b) Die Medizinische Abteilung der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) hat in Weiterentwicklung der bundesrätlichen Skala weitere Bemessungsgrundlagen in tabellarischer Form (sog. Feinraster) erarbeitet (Mitteilungen der Medizinischen Abteilung der SUVA, Nr. 57 bis 59, Tabellen 1-16). Diese von der Verwaltung herausgegebenen Tabellen stellen zwar keine Rechtssätze dar und sind für die Parteien nicht verbindlich, umso mehr als Ziff. 1 von Anhang 3 zur UVV bestimmt, dass der in der Skala angegebene Prozentsatz des Integritätsschadens für den "Regelfall" gilt, welcher im Einzelfall Abweichungen nach unten wie nach oben ermöglicht. Soweit sie jedoch lediglich Richtwerte enthalten, mit denen die Gleichbehandlung aller Versicherten gewährleistet werden soll, sind sie mit dem Anhang 3 zur UVV vereinbar (RKUV 1987 Nr. U 21 S. 329). 3. Die transmetakarpale Amputation des rechten Zeigefingerstrahls, welche beim Beschwerdegegner durchgeführt wurde, ist weder in der Skala der Integritätsschäden gemäss Anhang 3 zur UVV noch in den von der SUVA publizierten Tabellen aufgeführt. Es ist somit eine Schätzung im Vergleich mit anderen Handschädigungen vorzunehmen. a) Dr. med. B. bemass in seinem Bericht vom 24. Juni 1985 den Integritätsschaden auf 7,5%. Er ging davon aus, dass nach Figur 17 der Tabelle 3 betreffend Integritätsschaden bei einfachen oder kombinierten Finger-, Hand- und Armverlusten BGE 113 V 218 S. 220 (Mitteilungen der Medizinischen Abteilung der SUVA, Nr. 57 S. 22 ff.) für eine transmetakarpale Amputation des Kleinfingerstrahls der Integritätsschaden mit 5% gleich hoch liegt wie für den Verlust des Kleinfingers im Grundgelenk. Der Zeigefinger sei aber für die Gebrauchsfähigkeit der Hand bedeutsamer als der Kleinfinger, weshalb der Schaden für einen Zustand nach transmetakarpaler Zeigefingeramputation höher als 5% zu bemessen sei. Er liege indessen nicht so hoch, als wenn Zeigefinger und Kleinfinger beide im Grundgelenk amputiert wären, was nach Figur 29 der Tabelle 3 einen Integritätsschaden von 10% ergibt. Diese Einschätzung wurde durch Dr. med. R., Spezialarzt FMH für Chirurgie und Chef der Gruppe Unfallmedizin der SUVA, bestätigt: Namentlich im Vergleich zur vorliegenden Schädigung zeige die Totalamputation des Zeigefingers und des Kleinfingers einen Zustand, der funktionell und vor allem kosmetisch wesentlich gravierender sei. Im übrigen lasse sich für die Vierfingerhand hinsichtlich der Integritätsschädigung eine Unterscheidung zwischen dominanter und nicht dominanter Hand nicht begründen (Bericht vom 9. Juli 1986). b) Nach Auffassung der Vorinstanz wird diese Einschätzung der SUVA der tatsächlichen Beeinträchtigung nicht gerecht. Einerseits habe die Amputation zu einer ausgesprochenen Verschmächtigung der Mittelhand geführt (Umfang links 20,75 cm, rechts 17,5 cm); dieser zusätzlichen Entstellung sei Rechnung zu tragen. Andererseits sei es inkonsequent, dass die Tabelle 3 der SUVA bei einfachen Fingerverlusten nicht zwischen Gebrauchshand und anderer Hand unterscheide. Auch ein einfacher Fingerverlust wirke sich bei der Gebrauchshand stärker aus. In Berücksichtigung dieser Umstände hielt die Vorinstanz eine Integritätsentschädigung von 12,5% für angemessen. c) Der Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts kann nicht beigepflichtet werden. Die Verschmächtigung der Mittelhand ist keineswegs bedeutend und wurde von der SUVA im übrigen dadurch berücksichtigt, dass bei der Schätzung von einer Vierfingerhand ausgegangen wurde. Es besteht auch kein Anlass, die auf medizinischer Erfahrung bei Fingerschäden beruhende Auffassung der Anstalt in Zweifel zu ziehen, dass sich der Verlust des Zeigefingers an der Gebrauchshand funktionell im Vergleich zur anderen Hand nicht wesentlich unterscheidet. Schliesslich ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners bei der Integritätsschätzung nicht von einem Bruchteil des Wertes der BGE 113 V 218 S. 221 Gebrauchshand auszugehen, da die Gebrauchsfähigkeit der anderen Finger nicht wesentlich eingeschränkt ist. 4. Zu prüfen ist sodann die Frage, ob bei der Bemessung des Integritätsschadens auch individuelle Besonderheiten des Versicherten zu berücksichtigen sind. a) Die Vorinstanz erwog, eine völlige Ausklammerung aller subjektiven Faktoren sei mit dem der Integritätsentschädigung innewohnenden Zweck nicht vereinbar. Gerade das vorliegende Beispiel zeige, dass nicht jeder Versicherte von einem Fingerverlust in gleicher Weise betroffen werde. Die Lebensfreude des Beschwerdegegners, dem das Gitarrenspiel in der Freizeit in emotionaler Hinsicht sehr viel bedeute, werde durch den Fingerverlust ganz empfindlich eingeschränkt. Eine Erhöhung der Integritätsentschädigung um einen Fünftel (von 12,5% auf 15%) sei angemessen. b) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Bemessung der Integritätsentschädigung richtet sich laut Art. 25 Abs. 1 UVG nach der Schwere des Integritätsschadens. Diese beurteilt sich nach dem medizinischen Befund. Bei gleichem medizinischen Befund ist der Integritätsschaden für alle Versicherten gleich; er wird abstrakt und egalitär bemessen (GILG/ZOLLINGER, a.a.O., S. 38 und 46; MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 417). Etwas anderes ist auch dem Hinweis des Bundesrates in der Botschaft zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, er werde sich beim Aufstellen der näheren Vorschriften über die Bemessung der Integritätsentschädigung von den nach der Gerichtspraxis im Haftpflichtrecht zugesprochenen Genugtuungssummen leiten lassen (BBl 1976 III 193), nicht zu entnehmen (GILG/ZOLLINGER, a.a.O., S. 30 und 36). Die Integritätsentschädigung der Unfallversicherung unterscheidet sich mithin von der privatrechtlichen Genugtuung, mit welcher der immaterielle Nachteil individuell unter Würdigung der besonderen Umstände bemessen wird (MAURER, a.a.O., S. 417 Anm. 1070). Es lassen sich im Gegensatz zur Bemessung der Genugtuungssumme im Zivilrecht (vgl. BGE 112 II 133 Erw. 2) ähnliche Unfallfolgen miteinander vergleichen und auf medizinischer Grundlage allgemeingültige Regeln zur Bemessung des Integritätsschadens aufstellen; spezielle Behinderungen des Betroffenen durch den Integritätsschaden bleiben dabei unberücksichtigt. Die Bemessung des Integritätsschadens hängt somit nicht von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab; auch geht es bei ihr nicht um die Schätzung erlittener Unbill, sondern um die medizinisch-theoretische BGE 113 V 218 S. 222 Ermittlung der Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Integrität, wobei subjektive Faktoren ausser acht zu lassen sind. Dies schliesst nicht aus, die Integritätsentschädigung - gleich wie die Genugtuungsleistung - als Wiedergutmachung immaterieller Unbill zu verstehen (MAURER, a.a.O., S. 413 f.; GILG/ZOLLINGER, a.a.O., S. 25). Schliesslich können entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners die Regeln zur Bemessung der Integritätsrente in der Militärversicherung nicht herangezogen werden, weil diese Rente "in Würdigung aller Umstände nach billigem Ermessen" festgesetzt wird ( Art. 25 Abs. 1 MVG ; BGE 113 V 143 Erw. 3b). 5. Es bestand nach dem Gesagten kein Grund, von der Einschätzung des Integritätsschadens durch die SUVA, welche sich im Rahmen der Tabelle 3 ihrer Medizinischen Abteilung hält, abzuweichen. Auch erweist sich die Auffassung des kantonalen Gerichts, bei der Bemessung des Integritätsschadens seien die individuellen Besonderheiten des Versicherten mit zu berücksichtigen, als unzutreffend. Der vorinstanzliche Entscheid ist deshalb insoweit aufzuheben, als die SUVA verpflichtet wurde, eine über 7,5% liegende Integritätsentschädigung auszurichten.
null
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
26989abc-fdb4-45e3-ba62-0bfa507a3219
Urteilskopf 103 Ib 6 2. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Februar 1977 i.S. Schweizerische Energie-Stiftung gegen Eidg. Amt für das Handelsregister
Regeste Name einer Stiftung. Eintragung in das Handelsregister. 1. Über die Zulässigkeit des Namens einer Stiftung hat das Amt im Verfahren nach Art. 115 HRegV zu befinden (E. 2 und E. 3). 2. Auf den Namen von Stiftungen ist Art. 38 Abs. 1 HRegV , nicht aber Art. 944 Abs. 1 OR anwendbar (E. 4). 3. Der Name "Schweizerische Energie-Stiftung" ist nicht täuschend (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 103 Ib 6 S. 6 Rechtsanwalt X. sandte dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich am 1. Oktober 1976 die Statuten der in Gründung begriffenen "Schweizerischen Energie-Stiftung" zur Kenntnisnahme. Das Handelsregisteramt antwortete ihm am 4. Oktober, die Verwendung "Schweizerische" im Namen der Stiftung sei bewilligungspflichtig, und ersuchte ihn, ein Gesuch um Erteilung der Bewilligung an das Eidgenössische Amt für das Handelsregister zu richten. X. tat dies am 6. Oktober, wobei er jedoch die Auffassung vertrat, Art. 45 HRegV sei auf nationale Bezeichnungen im Namen von Stiftungen nicht anwendbar. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister BGE 103 Ib 6 S. 7 pflichtete ihm am 29. Oktober 1976 in diesem Punkte bei, bemerkte jedoch, die Zulässigkeit der nationalen Bezeichnung einer Stiftung sei unter dem Gesichtspunkt von Art. 944 Abs. 1 OR zu prüfen und es wünsche dies schon vor der Anmeldung zur Eintragung zu tun, weil die Eintragung verzögert würde, wenn die Prüfung - gemäss Art. 115 HRegV - erst nachträglich stattfände. Den Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" erachtete es als täuschend, weil der Durchschnittsleser dahinter eine Organisation vermute, die gesamtschweizerisch eine offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfalte oder sonst eine überragende Stellung innehabe. Der gleichen Auffassung sei das Eidgenössische Amt für Energiewirtschaft. Im weiteren sei seitens der Träger der schweizerischen Energiewirtschaft die Errichtung einer Stiftung geplant, bei der auch der Bund im Stiftungsrat vertreten sein solle. Diese Stiftung könnte eher als "Stiftung der Schweizerischen Energiewirtschaft" oder als "Energiestiftung" bezeichnet werden. Da der Name der "Schweizerischen Energie-Stiftung" täuschend sei, könne er gemäss Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 38 Abs. 1 HRegV nicht zugelassen werden. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister bezeichnete seine Stellungnahme als Verfügung, gegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden könne. Die Schweizerische Energie-Stiftung, die sich zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet hat, führt gegen die Verfügung des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, dieses Amt sei zu verpflichten, die Eintragung unter dem Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" zuzulassen, sie zu genehmigen und sie zu veröffentlichen. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerde wurde in dem Sinne aufschiebende Wirkung erteilt, dass das Handelsregisteramt des Kantons Zürich angewiesen wurde, die Eintragung der Beschwerdeführerin unter dem Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" nicht wegen angeblicher Unzulässigkeit dieses Namens zu verweigern. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Stiftungen erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister ( Art. 52 Abs. 1 ZGB ). Auf die Beschwerdeführerin trifft keiner der Ausnahmefälle BGE 103 Ib 6 S. 8 des Art. 52 Abs. 2 ZGB zu. Ob sie inzwischen in das Handelsregister eingetragen worden ist, kann indessen dahingestellt bleiben, ist doch einer Stiftung die Rechtsfähigkeit und damit die Partei- und Prozessfähigkeit schon vor ihrer Eintragung unter der Bedingung zuzuerkennen, dass sie tatsächlich eingetragen werde ( BGE 99 II 265 ). Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn es darum geht, die Eintragung der Stiftung in das Handelsregister zu erwirken. Die Beschwerdeführerin ist daher ohne weiteres zur Beschwerdeführung befugt, da das Amt ihre Eintragung in das Handelsregister abgelehnt hat mit der Begründung, der von ihr gewählte Name sei unzulässig. 2. Gemäss seinem Wortlaut findet Art. 45 HRegV nur auf Einzelfirmen, Handelsgesellschaften und Genossenschaften Anwendung. Die Namen von Stiftungen dürfen deshalb nationale Bezeichnungen enthalten und unterliegen auch keinem Bewilligungsverfahren im Sinne einer Vorprüfung nach den Art. 45 und 46 HRegV . Die Beschwerdeführerin hatte daher Anspruch darauf, dass der von ihr gewählte Name eingetragen werde, sofern die Anmeldung an sich in Ordnung war. Falls das Amt die Bezeichnung "Schweizerische" als unzulässig erachtete, hätte es diese im Verfahren nach Art. 115 HRegV nicht genehmigen sollen. 3. Stiftungen können ihren Namen grundsätzlich frei wählen (F. VON STEIGER, Schweizerisches Firmenrecht, Zürich 1938, S. 45). Es steht dem Amt nicht zu, ihn mit Rücksicht auf irgendwelche bestehende oder künftige Umstände nicht zu genehmigen. Gemäss Art. 115 HRegV hat das Amt nur zu prüfen, ob die erfolgte Eintragung den Vorschriften entspricht, bevor es die Publikation anordnet. Der Umstand, dass die Errichtung einer andern Stiftung geplant ist, die sich ebenfalls mit Energiefragen befassen will und bei welcher der Bund im Stiftungsrat vertreten sein soll, ist unerheblich. Für Stiftungen - gleich wie für Vereine ( BGE 83 II 259 ) - gilt der Grundsatz der Priorität, welcher denjenigen, der einen Namen als erster verwendet, davor schützt, dass andere sich einen Namen zulegen, der ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. 4. Stiftungen sind keine Geschäftsunternehmungen im Sinne des 31. Titels des OR und führen auch keine Firma, sondern einen Namen. Art. 944 Abs. 1 OR , welcher sich auf Geschäftsfirmen bezieht, ist deshalb auf den Namen von Stiftungen BGE 103 Ib 6 S. 9 nicht anwendbar ( BGE 102 II 165 ). So wurde in ständiger Rechtsprechung auch bezüglich des Namens von Vereinen entschieden und zwar unbekümmert darum, ob diese verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen ( BGE 99 Ib 37 , BGE 83 II 255 , BGE 80 II 284 , BGE 34 II 121 ; in BGE 99 Ib 38 wird zu Unrecht auf Art. 944 OR Bezug genommen; vgl. auch HIS, Berner Kommentar, N. 31 und 32 zu Art. 944 OR sowie N. 3 zu Art. 956 OR ). Selbst eine analoge Anwendung des Firmenrechts wurde abgelehnt ( BGE 83 II 255 ). Die Frage, ob Art. 944 Abs. 1 OR anwendbar ist, hat aber im vorliegenden Falle keine praktische Bedeutung, da die in Ausführung von Art. 929 und 936 OR erlassene HRegV in Art. 38 Abs. 1 bestimmt, dass alle Eintragungen in das Handelsregister wahr sein müssen und weder zu Täuschungen Anlass geben noch öffentlichem Interesse widersprechen dürfen. Mehr schreibt auch Art. 944 Abs. 1 OR nicht vor. 5. a) Das Amt ist der Auffassung, dass der durchschnittlich aufmerksame Betrachter hinter der Bezeichnung "Schweizerische Energie-Stiftung" eine Organisation vermute, die gesamtschweizerisch eine offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfalte oder sonst eine überragende Stellung innehabe. Angesichts der zahlreichen Stiftungen und eintragungspflichtigen Vereine, welche sich als "schweizerisch" bezeichnen, kann den Ausführungen des Amtes nicht beigepflichtet werden. Die Bezeichnung "schweizerisch" hat nicht die Bedeutung von "offiziell", "amtlich" oder "offiziös". In der Regel wird sie nicht mit dem Staat und seinen Organen in Verbindung gebracht. Zu Recht weist die Beschwerdeführerin auf das Gutachten des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 13. Januar 1927 hin (VEB 1927 Nr. 25), in welchem ausgeführt wird, dass das Eigenschaftswort "schweizerisch" im Gegensatz zu "eidgenössisch" nicht eine einzige, scharf abgegrenzte Bedeutung habe. Da mit diesem Wort die verschiedensten Beziehungen zum Gebiet, Volk oder Staatswesen der Schweiz ausgedrückt werden könnten, weise die Bezeichnung nicht notwendig auf einen amtlichen Charakter oder auch nur auf irgendwelche Beziehungen zu den Behörden hin. Auch rein private Institutionen könnten sich deshalb als "schweizerisch" bezeichnen. Diese Darlegungen sind auch heute noch gültig. Im vorliegenden Fall weist zudem auch der Namensbestandteil "Stiftung" auf eine private Organisation hin, gibt es BGE 103 Ib 6 S. 10 doch eine einzige öffentliche Stiftung des Bundes, nämlich die "Pro Helvetia" (VPB 1975 Nr. 1 S. 3). b) Die Vorinstanz hat eine Stellungnahme des Eidgenössischen Amtes für Energiewirtschaft eingeholt, das der Meinung ist, der von der Beschwerdeführerin vorgesehene Name weise einen unzulässigen Monopolcharakter auf; dieser Auffassung scheint sich die Vorinstanz anzuschliessen. Die Stellungnahme des Eidgenössischen Amtes für Energiewirtschaft ist indessen belanglos. Über die Zulässigkeit der Eintragung hat im Falle einer Stiftung allein das Eidgenössische Amt für das Handelsregister zu wachen, und zwar im Verfahren nach Art. 115 HRegV . Davon, dass der Name der Beschwerdeführerin einen Monopolcharakter habe, kann nicht die Rede sein. Es bestehen zahlreiche Stiftungen und Körperschaften des privaten Rechts, die sich "schweizerisch" nennen und darüber hinaus Sachbezeichnungen im Namen oder in der Firma führen, ohne dass auf ein Monopol geschlossen wird. Weshalb dies ausgerechnet bei einer Stiftung der Fall sein soll, die sich mit Fragen der Energie und der Energieträger, wie Brennstoffe, Wasserkraft, Atomenergie, Erdwärme usw. befasst, ist nicht zu ersehen. Der Umstand, dass gegenwärtig gerade Energiefragen sehr aktuell sind, darf nicht zur Anwendung neuer Massstäbe führen. Auch der Einwand des Amtes, die Beschwerdeführerin erwecke mit ihrem Namen den Eindruck, sie sei der Dachverband der schweizerischen Energiewirtschaft, hält nicht Stich, bezeichnet sich doch jene ausdrücklich als Stiftung. Sie gibt damit klar zu erkennen, dass lediglich ein Vermögen für einen besonderen Zweck gewidmet worden ist ( Art. 80 ZGB ). Bei dieser Sachlage kann auch nicht behauptet werden, der täuschende Eindruck werde dadurch verstärkt, dass der nationalen Bezeichnung "nur eine sehr allgemein gehaltene Sachbezeichnung und die Rechtsform beigefügt sind". Der Name der Beschwerdeführerin erweist sich somit nicht als täuschend. c) Dass der von der Beschwerdeführerin vorgesehene Name nicht wahr sei oder öffentlichen Interessen widerspräche, hat das Amt nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Es sind deshalb die Voraussetzungen nicht gegeben, die erlauben würden, der Beschwerdeführerin die Eintragung ihres Namens in das Handelsregister zu verweigern. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde. BGE 103 Ib 6 S. 11 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister vom 29. Oktober 1976 aufgehoben und das Amt angewiesen, die erfolgte oder noch erfolgende Eintragung zu genehmigen und die Publikation anzuordnen.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
2698b106-e577-4542-bb6d-4c52dc51b661
Urteilskopf 95 IV 44 12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Februar 1969 i.S. Metz gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste Art. 139 OG , Art. 229 und 271 Abs. 4 Satz 2 BStP . Gegen Urteile des Kassationshofes im Strafpunkt gibt es keine Revision.
Erwägungen ab Seite 44 BGE 95 IV 44 S. 44 Nach Art. 139 OG gelten für die Revision bundesgerichtlicher Urteile im Strafpunkt nicht die Art. 136 ff. OG , sondern ausschliesslich die Vorschriften des Bundesstrafprozesses. Dieser sieht in Art. 229 die Revision vor gegen Urteile der Bundesassisen, der Kriminalkammer und des Bundesstrafgerichtes, beschränkt das Rechtsmittel für Entscheide des Kassationshofes in Art. 271 Abs. 4 Satz 2 aber ausdrücklich auf den Zivilpunkt. Daraus folgt, dass es gegen Urteile, die der Kassationshof gestützt auf Art. 268 ff. BStP fällt, im Strafpunkt keine Revision gibt ( BGE 80 IV 143 ). Anders verhält es sich nur, wenn auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten wird, weil diesfalls gar kein Urteil "im Strafpunkt", sondern bloss ein Entscheid über die Voraussetzungen, die für die Zulässigkeit der Beschwerde erfüllt sein müssen, vorliegt. Bei solchen Entscheiden wird in der Praxis die Revision denn auch stets gewährt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass wegen einer unrichtigen Annahme auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde (vgl. insbes. nicht veröffentliches Urteil des Kassationshofes vom 8. Januar 1947 i.S. Hasler). Diese Regelung hat ihren Grund vor allem darin, dass der Kassationshof mit Bezug auf den Strafpunkt reine Kassationsinstanz ist. Das heisst, dass er bei abweichender Beurteilung der Strafsache nicht selbst entscheiden darf; nach Art. 277ter BStP hat er die Sache vielmehr zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen, die dann ihrem neuen Entscheid die rechtliche Begründung des bundesgerichtlichen Urteils zugrunde zu legen hat. Das hat zur Folge, dass die Revision des Strafurteils immer gegen das kantonale Urteil nach den Vorschriften des kantonalen Verfahrens durchzuführen ist BGE 95 IV 44 S. 45 (LEUCH, Die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof, ZStR 1943 S.20; Botschaften des Bundesrates vom 10. Oktober 1941 und 9. Februar 1943, BBl 1941 S. 781 und 1943 S. 165). Die bundesrechtliche Regelung erklärt sich zudem daraus, dass der Kassationshof an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde und folglich auch an ihre Beweiswürdigung gebunden ist (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277bis Abs. 1 BStP). Er hat daher die Tatsachen, die für die rechtliche Beurteilung des Falles von Bedeutung sind, nicht den Akten zu entnehmen, wie der Gesuchsteller gestützt auf Art. 136 lit. d OG annimmt, sondern hat sich an den von der Vorinstanz ermittelten Sachverhalt zu halten.
null
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
269bc05b-ce16-4934-b4a0-23cfa9f4d2f5
Urteilskopf 116 IV 11 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Januar 1990 i.S. W. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 64/ Art. 65 StGB ; Strafmilderung nach Strafsätzen (Praxisänderung). Ist ein Strafmilderungsgrund nach Art. 64 StGB gegeben, so hat dies entgegen dem Wortlaut von Art. 65 StGB nicht zur Folge, dass anstelle der Strafdrohung der anzuwendenden Strafbestimmung jene von Art. 65 StGB tritt; denn Art. 65 StGB bewirkt nach seinem Sinn und Zweck lediglich eine Erweiterung des ordentlichen Strafrahmens nach unten.
Erwägungen ab Seite 12 BGE 116 IV 11 S. 12 Aus den Erwägungen: 2. Bei der Strafzumessung ging die Vorinstanz davon aus, gemäss Art. 64 StGB könne der Richter die Strafe mildern, wenn unter anderem seit der Tat verhältnismässig lange Zeit verstrichen sei und der Täter sich während dieser Zeit wohl verhalten habe; diese Strafmilderungsgründe seien für den Richter fakultativ, womit er sie auch lediglich im ordentlichen Strafrahmen berücksichtigen könne; würde vorliegend der Strafmilderungsgrund nach Art. 64 StGB angewendet, könnte der Angeschuldigte zu maximal drei Monaten Haft verurteilt werden, was sein Verschulden jedoch nicht abgelten würde; in Würdigung aller Bemessungskriterien erweise sich für den Beschwerdeführer eine Zusatzstrafe von zwölf Monaten Gefängnis als angemessen ... e) Die Vorinstanz nahm hingegen zu Unrecht an, eine Strafmilderung nach Art. 64 StGB führe dazu, dass anstelle der auf Gefängnis lautenden Strafandrohung des Art. 165 StGB gestützt auf Art. 65 StGB höchstens eine Strafe von 3 Monaten Haft ausgefällt werden könne. Art. 65 StGB wurde bisher in grammatikalischer Auslegung des Gesetzes so verstanden, dass anstelle der Strafdrohung der anzuwendenden Strafbestimmung jene von Art. 65 StGB trete (vgl. dazu GUSTAV MAURER, Die Strafzumessung im schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. Zürich 1945, S. 101). Diese Lösung entspricht indessen nicht dem Sinn und Zweck von Art. 65 StGB , denn sie führt je nach gesetzlicher Strafandrohung zu unterschiedlichen Auswirkungen: In den Fällen von Art. 65 Abs. 2 und 4 wird BGE 116 IV 11 S. 13 der Strafrahmen lediglich nach unten erweitert; die Absätze 3 und 5 hingegen führen durch Festlegung eines neuen Strafhöchstmasses zu einer stärkeren Strafmilderung und gleichzeitig zu einer Einengung des Ermessensspielraumes des Richters. Eine solche rechtsungleiche Anwendung der in Art. 64 StGB genannten Strafmilderungsgründe gilt es zu verhindern. Das Bundesgericht hat dies mit seiner bisherigen Praxis weitgehend getan, indem es anerkannte, dass ein Strafmilderungsgrund nach Art. 64 StGB gegebenenfalls auch lediglich strafmindernd im Rahmen von Art. 63 StGB berücksichtigt werden kann ( BGE 106 IV 340 E. 2, mit Hinweisen). Auf diese - nicht unproblematische Lösung - kann indessen verzichtet werden, wenn Art. 65 StGB teleologisch und historisch ausgelegt wird. Die gleichen Auswirkungen haben die Strafmilderungsgründe von Art. 64 StGB einzig dann, wenn in bezug auf alle Absätze von Art. 65 StGB davon ausgegangen wird, diese hätten lediglich eine Erweiterung des ordentlichen Strafrahmens nach unten zur Folge (so auch Schwander, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, S. 206, Nr. 389, der davon spricht, Art. 65 StGB lege neue Strafminima fest). Dies entspricht auch dem Willen des historischen Gesetzgebers. Der einleitende Absatz von Art. 65 StGB lautete im Entwurf der II. Expertenkommission (damals Art. 51): "Die gesetzlichen Strafandrohungen werden für den Fall der Strafmilderung herabgesetzt, und zwar ..."; im entsprechenden Protokoll (Band I, S. 371 f.) wurde dazu festgehalten, die Bestimmung gebe "den neuen, erweiterten Rahmen für die Bestrafung", die Erweiterung geschehe "durch Herabsetzung des Strafminimums" und der erweiterte Strafrahmen umfasse "natürlich auch die ursprünglichen Möglichkeiten". In der Botschaft des Bundesrates zum Entwurf - in welchem in der betreffenden Bestimmung (Art. 62 des Entwurfes) lediglich der einleitende Absatz geändert wurde und die den heutigen Wortlaut erhielt - wurde ausgeführt, die mildernden Umstände gestatteten die "Überschreitung der unteren Grenze der Androhung" BBl 1918 IV 24). Liegt daher ein Strafmilderungsgrund vor, so hat dies für die Strafzumessung zwei Wirkungen: Einerseits muss die Strafe gemindert werden - es ist unzulässig, bei Vorliegen eines Strafmilderungsgrundes die Höchststrafe auszufällen; andererseits kann die Strafe gemildert werden - der Strafrahmen hat sich nach unten erweitert. Damit setzt Art. 65 der einfachen Strafmilderung die Grenze, bis zu welcher der Richter bei Vorliegen eines BGE 116 IV 11 S. 14 Strafmilderungsgrundes den ordentlichen Strafrahmen unterschreiten darf, aber nicht muss ( BGE 106 IV 340 E. 2 und 39 E. 8, BGE 101 IV 390 E. c; TRECHSEL, Kurzkommentar zum StGB, N. 1 und 2 zu Art. 64 und N. 1 zu Art. 65; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, S. 264). Anstelle eines Strafrahmens von drei Tagen bis zu drei Jahren Gefängnis (Art. 165 i.V.m. 36 StGB) stand daher im vorliegenden Fall infolge der Anwendbarkeit von Art. 64 Abs. 8 StGB mithin ein solcher von einer Busse oder einem Tag Haft bis zu drei Jahren Gefängnis (Art. 65 i.V.m. 39 Ziff. 1 StGB) zur Verfügung. f) Die Vorinstanz nahm daher zu Unrecht an, wenn der ordentliche Strafrahmen nicht unterschritten werden könne, bleibe kein Raum für die Anwendung von Art. 64 StGB ; diesfalls könne der Milderungsgrund auch bloss mindernd im Rahmen von Art. 63 StGB berücksichtigt werden. Damit ging sie - wenn auch mit unzutreffender Begründung gemäss bisheriger Rechtsprechung - dennoch vom richtigen erweiterten Strafrahmen aus und berücksichtigte innerhalb desselben auch, "dass seit der Tat mehrere Jahre verstrichen sind". Dass sie Art. 64 StGB als nicht anwendbar betrachtete, ändert daher im Ergebnis nichts; denn nach dem Gesagten hat die Anwendung von Art. 64 in Verbindung mit Art. 65 StGB im vorliegenden Fall eine Erweiterung des ordentlichen Strafrahmens gegen unten zur Folge; dieser Rahmen muss indessen nicht ausgeschöpft werden, sondern es genügt, wenn zumindest - wie hier geschehen - eine Strafminderung erfolgt. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
null
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
269fba17-55b4-42f0-b9d2-821d91d44292
Urteilskopf 99 Ib 367 47. Estratto della sentenza 8 giugno 1973 nella causa X. SA contro Tribunale di appello del Cantone Ticino.
Regeste Art. 49 WStB. Eine AG, die in der Bilanz Immobilien in vorsichtiger Weise aufgewertet hat, kann diese Buchung für die Besteuerung nicht unter Berufung auf Art. 665/666 OR rückgängig machen.
Sachverhalt ab Seite 367 BGE 99 Ib 367 S. 367 A.- Nel bilancio 1961, la X. SA rivalutò i suoi beni immobili di Fr. 713 809,27, sulla base dei dati risultanti dalla revisione dei valori ufficiali di stima. Tale importo venne computato per Fr. 98 561.-- a copertura delle perdite di esercizi precedenti e venne iscritto, per il resto (Fr. 615 247,82), alle attività di bilancio quale riserva. Benchè l'operazione suesposta non fosse stata compresa nel conto profitti e perdite, l'autorità di tassazione, nello stabilire BGE 99 Ib 367 S. 368 l'imposizione del XII periodo IDN (anni di computo 1961/1962) computò l'intera rivalutazione agli effetti del reddito netto (art. 48 lett. a e 49 DIN) e la riserva agli effetti del capitale proporzionale (art. 57 DIN) nonchè del capitale imponibile (art. 48 lett. b e 60 DIN). Della riserva di Fr. 615 248.-- venne tenuto conto nello stesso modo, come capitale imponibile, anche nella tassazione per il XIII periodo IDN. Inoltre, per entrambi i due periodi IDN, l'autorità di tassazione effettuò una ripresa sul reddito di Fr. 6200.-- annui, corrispondente al valore locativo di una villa appartenente al patrimonio sociale e messa a disposizione dell'amministratore della società, domiciliato a Milano. La messa a disposizione gratuita di questa casa vene considerata dall'autorità cantonale come guadagno occultato. La contribuente si oppose, ma le tre controverse imposizioni vennero mantenute integralmente a seguito di reclamo e confermate, su ricorso, dalla Camera di diritto tributario del Tribunale di appello del Cantone Ticino. B.- La X. SA ha interposto al Tribunale federale due ricorsi di diritto amministrativo, mediante i quali chiede: a) di stralciare la rivalutazione dal reddito imponibile del XII periodo; b) di stralciare la riserva di Fr. 615 248.-- dal computo dell'imposta sul capitale e dal calcolo del capitale proporzionale di entrambi i periodi XII et XIII; c) di stralciare la ripresa di Fr. 6200.-- annui del valore locativo della villa. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Secondo l'art. 49 DIN, per la determinazione del reddito netto imponibile deve essere anzitutto considerato il conto profitti e perdite. Possono però essere compresi nel calcolo anche fattori non risultanti da tale conto, se conseguono aumenti patrimoniali. Tale è il caso quando, come in concreto, il contribuente opera nel bilancio rivalutazioni di valori fondiari (RU 71 I 406, 88 I 274). La ricorrente obietta che le autorità fiscali devono attenersi a quelle operazioni che sono state effettuate in consonanza con le relative disposizioni del CO, segnatamente con gli art. 665 e 666 , secondo i quali le cose permanentemente adibite all'esercizio dell'azienda non possono essere iscritte a bilancio per un BGE 99 Ib 367 S. 369 valore superiore al prezzo di acquisto o al loro costo. La ricorrente pretende che la rivalutazione da essa effettuata contrasta con le anzidette disposizioni, e che deve pertanto essere revocata. a) Secondo giurisprudenza e dottrina, gli elementi sostanziali di un bilancio approvato dagli organi sociali e prodotto con la dichiarazione d'imposta, vincolano la società conformemente ai principi della buona fede. Una successiva modificazione degli elementi contabili è consentita solo quando ricorrano gli estremi della rettifica del bilancio (F. CAGIANUT, Bedeutung der kaufmännischen Buchhaltung und Bilanz im Steuerrecht, in Archivio di diritto fiscale 37, 142 ss; STUDER, Bilanzsteuerrecht, Basilea 1968, p. 99). La ricorrente asserisce di aver proceduto alla rivalutazione, nell'erronea convinzione che i valori di bilancio dovevano essere aggiornati ai valori di stima, ma un siffatto errore non è credibile: è notorio che nel bilancio i beni immobili possono essere iscritti con valori che differiscono da quelli della stima ufficiale, onde non si può ammettere chel'amministratore della società non ne abbia avuto contezza; se ne avesse dubitato, il dubbio avrebbe potuto essere sciolto mediante richiesta di indicazioni all'autorità fiscale. Si deve pertanto ritenere accertato che il bilancio, di cui alla copia prodotta con la dichiarazione d'imposta, non è viziato da difetto di volontà. b) Nella dottrina si fa rilevare che le autorità di tassazione deveno scostarsi dai fattori del conto profitti e perdite non solo per motivi fiscali, ma anche quando tali fattori trasgrediscono tassative norme contabili (così specialmente CAGIANUT, op.cit. p. 142, cfr. anche KÄNZIG, n. 27 all'art. 49 DIN). La giurisprudenza del Tribunale federale ha riconosciuto solo in modo molto limitato un dovere delle autorità fiscali di modificare le rivalutazioni non consentite dal diritto commerciale ed ha segnatamente statuito che un bilancio approvato dall'assemblea generale e rimasto incontestato è vincolante anche per le autorità di tassazione. Un dovere di queste autorità di rettificare le rivalutazioni difformi dalle norme legali può essere ravvisato solo nel caso di nullità dell'assemblea che le ha approvate o quando la rivalutazione potrebbe compromettere la situazione economica della società a danno dei creditori (sentenza 28 aprile 1961 su ricorso BT AG e Z AG, questa pubblicata in Archivio 30, 188 ss; cfr. anche Archivio 31, 323). In quanto si tratti di valori immobiliari, una modificazione di BGE 99 Ib 367 S. 370 questa prassi non sarebbe ora giustificata. Anche in concreto non è quindi necessario di esprimersi ulteriormente sulla portata delle relative regole generali; nella giurisprudenza la questione della rettifica fiscale di una valutazione esulante i limiti delle norme di diritto commerciale si è evidentemente posta solo in relazione all'applicazione degli art. 665/666 CO. Lo sviluppo dei prezzi sul mercato immobiliare ha avuto per conseguenza che i valori dei terreni e dei fabbricati esposti nei bilanci delle società sono spesso notevolmente inferiori al loro valore reale; il che appare particolarmente urtante quando, contrariamente alla realtà economica, si consegue così un bilancio passivo (art. 725 CO). Nella letteratura sul diritto azionario si è pertanto, già da tempo, ammessa una valutazione superiore al prezzo di acquisto o al costo (STAEHELIN, in RDS 58, 142 a). In proposito, il commentatore BÜRGI (n. 19 all'art. 665) fa rilevare: "Eine vorsichtige Höherbewertung von Liegenschaften, deren Wert nicht sehr konjunkturempfindlich ist (z.B. Renditenhäuser in guter Geschäftslage), verletzt keine schutzwürdigen Interessen der Gesellschaftsgläubiger. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Gerichtspraxis solche Höherbewertungen... dulden wird." Secondo le considerazioni espresse dal Tribunale federale nelle succitate sentenze 28 aprile 1961, si deve ritenere sostenibile l'opinione che un plusvalore, il quale possa umanamente essere ritenuto permanente, deve trovare la sua espressione nel bilancio. In tal senso anche una sentenza 19 dicembre 1961 del Tribunale amministrativo di Basilea-Città che, a determinate condizioni, ammise la rivalutazione (ZBl 63, 135 ss). Questo tribunale si espresse nel senso che non potevasi ridurre le possibilità di rivalutazione ai casi di gravi addebitamenti o di bilanci passivi, ritenuto tuttavia che per superare i limiti stabiliti agli art. 665/666 CO si dovesse trovarsi di fronte ad un rilevante plusvalore, non dipendente da mutevole congiuntura e che la rivalutazione non servisse ad una ripartizione di utili. I successivi sviluppi dei prezzi immobiliari non hanno certo ridotto l'esigenza suesposta (cfr. sui problemi contabili FOLLIET in Festgabe Bürgi, Zurigo 1971, p. 65 ss). D'altronde, con sentenza 15 maggio 1968 su ricorso Noverasca SA, il Tribunale federale ha nuovamente riconosciuto valida una rivalutazione di fondi nel bilancio di una società anonima fino ad una somma superiore al prezzo di acquisto. In applicazione del diritto fiscale non è però necessario stabilire compiutamente se, ed eventualmente entro quali BGE 99 Ib 367 S. 371 limiti, sia lecito effettuare l'anzidetta rivalutazione. Per le autorità fiscali è sufficiente stabilire che, secondo un calcolo prudenziale, le somme esposte nel bilancio non superano valori reali e corrispondono alle regole della contabilità commerciale nel senso dell'art. 960 cpv. 2 CO; inoltre che l'operazione non sia destinata a facilitare la ripartizione di utili. Quando siano adempiuti questi presupposti, la rivalutazione in un bilancio regolarmente approvato deve essere considerata valida agli effetti fiscali. Non vi è comunque notivo di ammettere che la società, la quale abbia rivalutato in misura sostenibile ma oltre gli art. 665/666, possa poi invocare queste norme agli effetti tributari. La prassi suesposta è stata considerata dalla più recente dottrina con qualche riserbo, ma non ha suscitato critiche di principio (KÄNZIG, Wehrsteuer, Ergänzungsband n. 32 all'art. 49 DIN; cfr. anche MASSHARDT, Kommentar zur eidgen. Wehrsteuer 1972, p. 210. n. 8 all'art. 49 DIN). Nel procedimento fiscale non vi è comunque motivo di impedire ad una società anonima di rivalutare dei beni immobili nel bilancio a valori ragionevoli, anche se questi esulassero dai rigidi limiti degli art. 665/666 CO. In concreto, il bilancio prodotto con la dichiarazione d'imposta dovendo essere considerato valido, la richiesta della ricorrente intesa a revocarne il contenuto non può essere accolta e la decisione dell'autorità cantonale di imporne l'utile netto contabile per il XII periodo IDN, nonchè di tener conto della relativa riserva agli effetti del capitale, deve essere confermata. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: I ricorsi sono respinti.
public_law
nan
it
1,973
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Urteilskopf 109 Ia 239 44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. November 1983 i.S. Goetschy gegen Polizeigerichtspräsident und Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste § 229 StPO /BS, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK , Anspruch auf Verbeiständung im Strafverfahren. § 229 StPO /BS ist insoweit mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht vereinbar, als das Recht des Angeschuldigten, sich im Verfahren auf Verzeigung, d.h. vor dem Polizeirichter, durch einen Anwalt verbeiständen zu lassen, von einschränkenden Voraussetzungen abhängig gemacht wird (E. 4-6).
Sachverhalt ab Seite 239 BGE 109 Ia 239 S. 239 Erwin Goetschy wurde mit Strafbefehl vom 27. Oktober 1982 wegen Verstosses gegen das Strassenverkehrsgesetz zu einer Busse von Fr. 100.-- verurteilt. Dagegen erhob er Einsprache. Sein Anwalt beantragte, es sei ihm die Vertretung seines Mandanten in der Verhandlung vor Polizeigericht zu bewilligen, was der Polizeigerichtspräsident mit Verfügung vom 3. Februar 1983 ablehnte. Der Ausschuss des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt bestätigte diesen Entscheid am 14. Februar 1983. Gegen dieses Urteil hat Erwin Goetschy staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK eingereicht. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Kernpunkt des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob § 229 der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt (StPO/BS) insoweit, als er in Übertretungssachen die Verbeiständung vor dem Richter ausschliesst oder von besonderen Bedingungen abhängig macht, vor Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) standhalte. BGE 109 Ia 239 S. 240 a) Das Appellationsgericht hat seinen Standpunkt, wonach § 229 StPO /BS weder verfassungs- noch konventionswidrig sei, damit begründet, diese Bestimmung bezwecke die Vereinfachung des polizeigerichtlichen Verfahrens. Nur wer aus einem besonderen Grunde ausserstande sei, seine Sache selbst zu führen, solle einen Rechtsbeistand beiziehen können. Ein genereller Anspruch auf Verbeiständung im Verzeigungsverfahren rechtfertige sich unter dem Gesichtswinkel der Prozessökonomie nicht. Das Appellationsgericht hat sich in diesem Zusammenhang auf seine eigene Rechtsprechung sowie auf zwei Urteile des Bundesgerichts berufen. Im einen Bundesgerichtsentscheid ( BGE 105 Ia 288 ff.) ging es jedoch nicht um ein Strafverfahren, sondern um einen Forderungsstreit vor Arbeitsgericht. In Streitsachen dieser Art ist der Ausschluss berufsmässiger Parteivertreter grundsätzlich zulässig, weil ein einfaches, rasches und billiges Verfahren im Interesse beider Prozessparteien liegt, was in einer Strafsache, in welcher der Angeschuldigte oft - wie z.B. hier - nur dem Staat gegenübersteht, nicht gesagt werden kann. Im übrigen ist das Beispiel auch deshalb schlecht gewählt, weil das Bundesgericht jene Beschwerde aus hier nicht interessierenden Gründen gutgeheissen hat. Im anderen Urteil ( BGE 106 Ia 179 ff.) handelte es sich zwar um eine Strafsache; streitig war jedoch, in welchen Fällen dem Angeschuldigten ein amtlicher Verteidiger beigegeben werden muss. Das ist aber, wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, eine Frage, die mit derjenigen des Ausschlusses eines freigewählten und privat honorierten Rechtsbeistandes nichts gemeinsam hat. b) Das Bundesgericht hatte indessen auch schon über die Tragweite des Rechts des Angeschuldigten, sich frühzeitig durch einen Vertreter verbeiständen zu lassen, entschieden und dabei ausgeführt, das Recht, sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers eigener Wahl zu erhalten, sei durch Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nur alternativ gewährleistet ( BGE 102 Ia 200 ). Unter Zitierung dieses einen anderen Kanton betreffenden Entscheides hat es sodann in einem nicht veröffentlichten Urteil (vom 18. Oktober 1978 in Sachen Y. und I. gegen Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt) die Auffassung bestätigt, dass nach der Praxis der Europäischen Kommission für Menschenrechte der Angeklagte nicht frei wählen könne, ob er sich selber verteidigen oder durch einen Anwalt verbeiständen lassen wolle; diese Frage werde vielmehr durch die Gesetzgebung der einzelnen Staaten geregelt, welche BGE 109 Ia 239 S. 241 das Recht des Angeklagten auf Beizug eines Verteidigers seiner Wahl beschränken könnten. Gestützt hierauf wurde die erwähnte Bestimmung von § 229 StPO /BS als mit der Verfassung und mit der EMRK vereinbar erklärt. 5. a) Die massgebende Bestimmung der EMRK ist Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK . Sie lautet: "Jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) die folgenden Rechte: ... c) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist." Der Entscheid über die sich hier stellende Frage, ob jeder Angeschuldigte sich in jeder Strafsache durch einen Verteidiger verbeiständen lassen dürfe, hängt von der Auslegung dieser Bestimmung ab: es geht darum, ob sich der letzte Satzteil ("... wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist") auf den ganzen Abs., d.h. auf das Recht zum Beizug eines Anwaltes überhaupt, beziehe, oder nur auf den letzten Satzteil, der vom Recht auf einen amtlichen Verteidiger, d.h. von der notwendigen Verteidigung, handelt. Der Wortlaut der Bestimmung spricht bei unbefangenem Durchlesen für die zweite Variante: der letzte Satzteil scheint in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erfordernis der Mittellosigkeit zu stehen, sich also allein auf die notwendige Verteidigung zu beziehen. Die französische Fassung "Tout accusé a droit notamment à: ... c) se défendre lui-même ou avoir l'assistance d'un défenseur de son choix et, s'il n'a pas les moyens de rémunérer un défenseur, pouvoir être assisté gratuitement par un avocat d'office, lorsque les intérêts de la justice l'exigent", legt die nämliche Auslegung nahe. Indessen hat die Europäische Kommission für Menschenrechte Entscheide gefällt, die - wenn auch das hier erwähnte Auslegungsproblem nirgends in klarer Form behandelt wird - den Eindruck aufkommen lassen mussten, die Kommission beziehe die Wendung "wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist" auf den gesamten Abs. c des Art. 6 Ziff. 3 EMRK , lasse also Einschränkungen des Rechtes auf Beizug eines Anwaltes im BGE 109 Ia 239 S. 242 Strafverfahren zu, wenn dieses Erfordernis nicht gegeben sei (vgl. die Entscheide Nr. 2645/65 vom 19. Juli 1968, Bd. 24, S. 60; Nr. 2676/65 vom 3. April 1967, Bd. 23, S. 35; Nr. 722/60 vom 6. März 1962, Bd. 9, S. 3; in: Recueil de décisions de la Commission européenne des Droits de l'Homme). Ebenfalls in diesem Sinne musste ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verstanden werden (Urteil i.S. Engel und Mitbeteiligte vom 8. Juni/23. November 1976 in: Publications de la Cour européenne des Droits de l'Homme, Serie A Nr. 22, S. 38). Auf diese Entscheide stützte sich das Bundesgericht im erwähnten Urteil BGE 102 Ia 200 und in demjenigen vom 18. Oktober 1978 i.S. Y. und I. Auch den seither veröffentlichten Entscheiden der Kommission scheint die Auffassung zugrunde zu liegen, dass der Angeklagte nicht entscheiden könne, ob er sich selber verteidigen oder einen Verteidiger beiziehen wolle (vgl. die Entscheide Nr. 5923/72 vom 30. Mai 1975, Bd. 3, S. 45; Nr. 7138/75 vom 5. Juli 1977, Bd. 9, S. 54/55; Nrn. 7572/76, 7586/76 und 7587/76 vom 8. Juli 1978, Bd. 14, S. 90; in: Commission européenne des Droits de l'Homme, Décisions et rapports). b) Diese Rechtsprechung ist in der Lehre auf sozusagen einhellige Kritik gestossen (vgl. WOLFGANG PEUKERT, Die Garantie des "fair trial" in der Strassburger Rechtsprechung, in: EuGRZ 1980 S. 265/266, MARTIN SCHUBARTH, Die Art. 5 und 6 der Konvention, insbesondere im Hinblick auf das schweizerische Strafprozessrecht, in: ZSR 94/1975 I S. 507; TRIFTERER/BINNER, Kommentar und Kritik zur Einschränkbarkeit der Menschenrechte und zur Anwendung strafprozessualer Verfahrensgarantien, in: EuGRZ 1977 S. 143; STEFAN TRECHSEL, Die Verteidigungsrechte in der Praxis der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: ZStrR 96/1979, S. 355-357, ROLAND WINIGER, Das solothurnische Strafprozess- und Gerichtsorganisationsrecht im Lichte der EMRK, in: Festschrift 500 Jahre Solothurn im Bund, S. 443/444). Die Einwände dieser Autoren haben zweifellos Gewicht. Vor allem fällt auf, dass der Anspruch auf notwendige Verteidigung - der zweifellos auch nach der strengsten Auslegung der EMRK nicht in jedem Straffall gegeben ist - und derjenige auf Verteidigung überhaupt in ungenügender Weise voneinander abgegrenzt worden sind, so dass der Eindruck entstehen konnte, dort, wo der Angeklagte nicht verteidigt sein müsse, dürfe ihm auch das Recht, sich freiwillig verteidigen zu lassen, abgesprochen werden. Eine solche Auslegung der umstrittenen Bestimmung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK BGE 109 Ia 239 S. 243 scheint mit dem Grundcharakter der Konvention nicht leicht vereinbar zu sein. Einwenden liesse sich höchstens, dass die von den genannten Autoren vertretene weitherzigere Auslegung dem Begüterten in Straffällen von geringerer Tragweite eine Verteidigungsmöglichkeit öffnet, die dem Unbemittelten nicht zur Verfügung steht. Die EMRK wollte jedoch nicht alle Ungleichheiten beseitigen, sondern lediglich jedermann bestimmte Mindestrechte einräumen. TRECHSEL bemerkt hiezu, eine Herstellung von "Rechtsgleichheit nach unten" liege nicht im Sinne der liberalen EMRK (a.a.O., S. 357). Indessen braucht über diese Fragen nicht oder doch nicht mehr abschliessend befunden zu werden, da durch einen neuesten Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Auslegung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK Klarheit geschaffen worden ist. c) Der Gerichtshof hat in diesem Entscheid folgendes ausgeführt: "Art. 6 Abs. 3 garantiert dem Angeklagten drei Rechte: Sich selbst zu verteidigen, den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, unter bestimmten Bedingungen, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten. Um die entsprechenden Satzteile miteinander zu verbinden, verwendet die englische Fassung jedesmal die Konjunktion "oder" (or); die französische Fassung hingegen den entsprechenden Ausdruck - "ou" - nur zwischen den Satzteilen, die das erste und das zweite Recht beinhalten; danach verwendet die französische Fassung die kumulative Konjunktion "et" (und). Die Travaux Préparatoires erklären diesen sprachlichen Unterschied kaum. Aus ihnen geht hervor, dass anlässlich einer letzten Prüfung des Konventionsentwurfs am Vorabend der Unterzeichnung ein Expertenausschuss "einige Korrekturen bezüglich der Form oder der Übersetzung" angebracht hat, darunter auch die Ersetzung von "and" (und) durch "or" (oder) in der englischen Fassung von Art. 6 Abs. 3 c (Recueil des Travaux Préparatoires, Bd. IV, S. 1010). Angesichts des Ziels und Zwecks der vorliegenden Bestimmung, die einen effektiven Schutz der Verteidigungsrechte gewährleisten soll (Urteil Artico, oben zitiert, Serie A Nr. 37, S. 16, Ziff. 33 - EuGRZ 1980, 644; siehe auch, mutatis mutandis, die Urteile Adolf vom 26. März 1982, Serie A Nr. 49, S. 15, Ziff. 30 - EuGRZ 1982, 301 und Sunday Times vom 26. April 1979, Serie A Nr. 30, S. 30, Ziff. 48 - EuGRZ 1979, 387), liefert im vorliegenden Fall der französische Text eine zuverlässigere Orientierung; in diesem Punkt stimmt der Gerichtshof mit der Kommission überein. Folglich muss ein "Angeklagter", der sich nicht selber verteidigen möchte, die Möglichkeit haben, auf den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zurückzugreifen; wenn er nicht über die Mittel verfügt, einen Verteidiger zu bezahlen, so erkennt die Konvention ihm das Recht zu, unentgeltlichen Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist (Deutsche Übersetzung des Urteils i.S. Pakelli gegen Bundesrepublik Deutschland vom 25. April 1983, Publications BGE 109 Ia 239 S. 244 de la Cour européenne des Droits de l'Homme, Serie A, Nr. 64, S. 15, in: EuGRZ 1983, S. 346/347.)." Mit diesem Urteil ist klargestellt, dass sich die einschränkende Wendung "wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist" nur auf die Frage der unentgeltlichen Verteidigung bezieht und nicht auf das Recht, sich im Strafverfahren verbeiständen zu lassen, als solches. Die Kommissionsentscheide sind dadurch überholt, soweit sie den Eindruck erweckten, auf einer anderen Auslegung des Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK zu beruhen. Der Entscheid des Gerichtshofes ist zu berücksichtigen, obschon er erst nach dem angefochtenen kantonalen Urteil ergangen ist; denn das Bundesgericht hat in Fällen der vorliegenden Art das Recht von Amtes wegen anzuwenden. Von der Lösung des Gerichtshofes abzuweichen besteht um so weniger Anlass, als sie, wie dargelegt, durchaus auf der Linie der neueren Literatur zu der streitigen Frage liegt. Offen bleiben kann bei dieser Sachlage, ob auch unter dem Gesichtswinkel des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 4 BV Anlass bestanden hätte, die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtes neu zu überdenken. 6. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass § 229 StPO /BS mit Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK insoweit nicht vereinbar ist, als er das Recht des Angeschuldigten, sich im Verfahren auf Verzeigung, d.h. vor dem Polizeirichter, durch einen Anwalt verbeiständen zu lassen, von einschränkenden Voraussetzungen abhängig macht. Demgemäss ist die vorliegende Beschwerde gutzuheissen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
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Urteilskopf 98 Ia 105 15. Arrêt du 10 mars 1972 dans la cause Jaggi contre Grand Conseil et Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel.
Regeste Kantonales Verfassungsrecht. Delegation der Rechtsetzungsbefugnis an die Exekutive. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 84 und 85 OG (Erw. 1). Voraussetzungen, unter denen eine Befugnis der gesetzgebenden Behörde an die Exekutive delegiert werden darf (Bestätigung der Rechtsprechung); Bejahung dieser Voraussetzungen im vorliegenden Falle (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 105 BGE 98 Ia 105 S. 105 A.- Selon l'art. 18 de la constitution neuchâteloise, "le peuple exerce la souveraineté par le concours de trois pouvoirs distincts et séparés: le pouvoir législatif, le pouvoir exécutif et administratif, le pouvoir judiciaire". L'art. 39 al. 1 de la même constitution définit par une énumération les attributions du Grand Conseil, lequel exerce principalement le pouvoir législatif (art. 23). Il ressort notamment de cette énumération que le Grand Conseil "arrête le budget de l'Etat" et "fixe le traitement des fonctionnaires". BGE 98 Ia 105 S. 106 Selon l'art. 39 al. 2, "les lois sont soumises à l'adoption ou au rejet du peuple, si la demande en est faite par 6000 électeurs". Il en est de même "des décrets qui sont d'une portée générale et qui n'ont pas un caractère d'urgence". En vertu de l'art. 39 al. 3, sont soumis obligatoirement au vote du peuple "les lois et décrets entraînant une dépense non renouvelable supérieure à 200 000 francs ou une dépense renouvelable supérieure à 30 000 francs par an". B.- Le 19 octobre 1971, le Grand Conseil adopta par 96 voix sans opposition une nouvelle "loi concernant les traitements des titulaires de fonctions publiques grevant le budget de l'Etat". Selon l'art. 2 de cette loi, le traitement comprend le traitement de base, l'allocation supplémentaire et les allocations diverses. Les art. 5 à 22 (chapitre II) fixent le traitement de base et règlent le passage du minimum au maximum. L'art. 23 (chapitre III) par le de l'allocation supplémentaire dans les termes suivants: "Dans la mesure où l'indice suisse des traitements versés aux employés, tel qu'il est déterminé par le Département fédéral de l'économie publique, se sera modifié par rapport à l'indice d'octobre 1971, le Conseil d'Etat est autorisé soit à décider le versement d'une allocation supplémentaire adéquate aux titulaires de fonctions publiques grevant le budget de l'Etat, soit à modifier en conséquence le taux d'une allocation supplémentaire déjà accordée précédemment, soit encore à réduire congrûment les traitements prévus au chapitre II. Dans la mesure où l'indice suisse des prix à la consommation établi par le Département fédéral de l'économie publique aura subi une hausse de trois points ou davantage depuis le 30 avril 1971 ou depuis la date à laquelle l'allocation supplémentaire a été fixée pour la dernière fois, le taux de l'allocation sera en tout cas adapté en conséquence par le Conseil d'Etat. Les mesures prévues au présent article sont prises après consultation des associations du personnel." Dans son rapport, la commission du Grand Conseil avait souligné que cet art. 23 contenait deux notions bien distinctes. Le deuxième alinéa, disait-elle, confirme une disposition en vigueur qui permet une adaptation automatique des traitements à l'indice suisse des prix à la consommation. Le premier alinéa va plus loin, en ce qu'il autorise le Conseil d'Etat à adapter les traitements à l'indice suisse des salaires versés aux employés, cette faculté pouvant avoir pour conséquence de "revaloriser" les salaires réels des fonctionnaires. BGE 98 Ia 105 S. 107 Dans son propre rapport, le Conseil d'Etat avait déjà signalé que l'art. 23 al. 1 du projet constituait une innovation, et il relevait que ce système avait été adopté par le canton de Soleure, pour permettre d'adapter constamment à l'évolution de la situation en Suisse les traitements versés aux serviteurs de l'Etat. La nouvelle disposition ne devait donner au gouvernement qu'une faculté, sans obligation, en lui laissant une certaine marge de manoeuvre lui permettant de prendre sa décision à la lumière de la situation économique du canton et de la situation financière de l'Etat et des communes. Au cours des débats parlementaires, le député Jean-Claude Jaggi, exprimant l'avis de son groupe, attira l'attention sur l'importante innovation que constituait l'art. 23 al. 1 du projet; il se demanda s'il n'y avait pas là une entorse à l'art. 39 Cst. cant., en tant que cette disposition donne au Grand Conseil la compétence de fixer le traitement des fonctionnaires. Mais il ne présenta aucune proposition divergente. L'art. 40 de la nouvelle loi disposait que celle-ci serait soumise au vote du peuple. La votation eut lieu les 4/5 décembre 1971. La loi fut acceptée. C.- Par acte du 30 décembre 1971, Jean-Claude Jaggi a formé un recours de droit public par lequel il demande l'annulation de l'art. 23 al. 1 de la nouvelle loi sur les traitements. Il se fonde sur l'art. 84 al. 1 lit. a OJ. Il soutient que la disposition attaquée viole l'art. 39 al. 1 Cst. cant., en ce qu'elle prive le Grand Conseil d'une de ses attributions constitutionnelles au profit du Conseil d'Etat. Il fait en outre valoir qu'elle porte atteinte "aux droits référendaires du peuple", en violation des règles sur le référendum financier obligatoire. La voie budgétaire que le Conseil d'Etat pourra désormais utiliser en vertu de l'art. 23 al. 1 de la nouvelle loi priverait même le peuple de la possibilité du référendum facultatif, le budget n'étant pas soumis à ce référendum en droit neuchâtelois. Pour donner au Conseil d'Etat cette compétence nouvelle, il aurait fallu modifier la constitution, en suivant la procédure des art. 82 à 85 Cst. cant. Le recourant invoque à ce propos le principe du parallélisme des formes. BGE 98 Ia 105 S. 108 Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Présenté dans les formes requises et dirigé contre un acte de droit public qui n'était évidemment susceptible d'aucun recours de droit cantonal, le recours a en outre été formé en temps utile. S'agissant d'un acte de portée générale soumis au référendum obligatoire, constitue en effet communication au sens de l'art. 89 al. 1 OJ la publication officielle du résultat de la votation populaire (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 381). La date de cette publication n'est en l'espèce pas connue. Mais peu importe, étant donné que le recours a été déposé moins de trente jours après la votation populaire elle-même. Le recours est donc en principe recevable. b) La question se pose cependant de savoir si Jean-Claude Jaggi avait qualité pour recourir (art. 88 OJ). Pour pouvoir se fonder sur l'art. 84 al. 1 lit. a OJ, ainsi qu'il le fait, il aurait en effet fallu qu'il soit personnellement lésé, à titre virtuel tout au moins, par la disposition attaquée. Or tel n'est manifestement pas le cas. Les mesures que le Conseil d'Etat pourra prendre à l'avenir en vertu de la délégation de pouvoir contestée ne sont elles-mêmes pas de nature à toucher personnellement le recourant, qui ne prétend pas être au nombre des "titulaires de fonctions publiques grevant le budget de l'Etat". Le recourant se plaint d'un empiétement sur les attributions constitutionnelles du Grand Conseil, mais ni sa qualité de citoyen ni même celle de député ne lui donnaient la faculté de faire valoir un tel grief (RO 82 I 98; arrêt Dupraz et consorts c. Fribourg, du 30 juin 1971, consid. 2 in fine). Toutefois, se prévalant de sa qualité incontestée de citoyen actif, c'est-à-dire d'électeur, le recourant soutient que la délégation de pouvoir qu'il conteste porte atteinte aux "droits référendaires" du peuple, en ceci qu'à l'avenir le Conseil d'Etat pourra par sa seule décision majorer les traitements des fonctionnaires au-delà de la compensation du renchérissement, en évitant non seulement le référendum obligatoire, mais aussi le référendum facultatif. En cela, le recours relève de l'art. 85 lit. a OJ, et il est recevable de la part d'un citoyen actif, abstraction faite de tout intérêt personnel (RO 71 I 311, 89 I 260; arrêt Dupraz et consorts précité, consid. 3). Il est vrai que la prétendue atteinte au droit de référendum n'est encore que virtuelle en l'espèce; elle ne deviendra effective - à supposer BGE 98 Ia 105 S. 109 qu'elle existe - qu'au moment où le Conseil d'Etat fera usage de la faculté que lui donne la disposition attaquée. Mais peu importe, car mieux valait dans l'intérêt de la sécurité du droit que le Tribunal fédéral soit appelé à dire maintenant déjà si la délégation de pouvoir dont il s'agit était conforme à la constitution. Le recourant a donc eu raison d'agir immédiatement. 2. Ce dont le recourant se plaint, c'est d'une délégation de pouvoir qui serait selon lui inconstitutionnelle, étant donné que l'art. 39 al. 1 Cst. cant. attribue au Grand Conseil la compétence de fixer les traitements des fonctionnaires. Même dans les cantons où la constitution, comme celle du canton de Neuchâtel (art. 18), consacre expressément le principe de la séparation des pouvoirs, la délégation d'une compétence de l'autorité législative à l'autorité exécutive n'est pas absolument exclue. En accord avec la doctrine dominante, et en dépit de l'opinion divergente de GIACOMETTI notamment (Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, p. 158 ss.), le Tribunal fédéral admet depuis longtemps, et de façon constante, qu'une telle délégation est possible à la triple condition de n'être pas prohibée par la constitution elle-même, de se limiter chaque fois à une matière déterminée, avec des directives précises portant sur l'essentiel lorsqu'il s'agit de toucher gravement à la situation juridique des administrés, et enfin d'être consentie par un acte soumis au référendum lorsque la mesure à prendre en vertu de la délégation l'aurait elle-même été si elle avait été prise par l'autorité législative (RO 88 I 33 ss. ; 91 I 407 ; 92 I 45 ; 93 I 333 /4 ; 94 I 36 ; 96 I 712 ). Cette jurisprudence a reçu l'approbation de la doctrine la plus récente (AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, nos 1528 à 1536; GRISEL, Droit administratif suisse, p. 84/85). En l'espèce, toutes ces conditions sont réalisées, ainsi qu'on va le voir: a) On ne trouve dans la constitution neuchâteloise aucune disposition prohibant la délégation de pouvoir de l'autorité législative à l'autorité exécutive, et le recourant n'en invoque aucune. En fait, cette délégation est fréquente, et parfois plus importante qu'en l'espèce, ainsi que cela ressort de la réponse du Conseil d'Etat. Il ne saurait être question de soutenir - ce que le recourant ne fait d'ailleurs pas - qu'en mentionnant spécialement la fixation des traitements des fonctionnaires parmi les attributions BGE 98 Ia 105 S. 110 du Grand Conseil, le constituant a voulu exclure toute délégation de pouvoir sur ce point. S'il en a expressément parlé, c'est sans doute parce qu'il s'agissait là d'une compétence qui, de par sa nature, n'est pas législative, mais relève plutôt de l'administration, sous réserve de l'approbation du budget. Elle n'était donc pas nécessairement couverte par la clause générale disant que le Grand Conseil "décrète et abroge les lois". Il serait en outre paradoxal que la délégation soit possible pour de véritables mesures législatives, lesquelles peuvent porter atteinte à la situation juridique des administrés, et qu'elle ne le soit jamais, même dans d'étroites limites, s'agissant des traitements des fonctionnaires. b) La délégation ne porte en l'espèce que sur une question déterminée: l'adaptation des traitements au niveau général des salaires des employés en Suisse. Les traitements de base, ainsi que les classes et les échelles de traitement, restent fixés par la loi elle-même, et ne pourront être modifiés que par elle, de même que les augmentations individuelles périodiques par rapport au traitement de base et les allocations diverses (allocation de ménage, allocation pour enfants, allocation pour personnes à charge, primes de fidélité: art. 24 à 28 de la nouvelle loi). La délégation est non seulement limitée, mais encore précise quant à la mesure dans laquelle pourront intervenir les adaptations décrétées par le Conseil d'Etat, puisque celles-ci ne pourront en tout cas pas dépasser l'indice suisse des traitements versés aux employés, tel que déterminé par le Département fédéral de l'économie publique. Même si l'on voulait s'inspirer de l'art. 80 al. 1 de la loi fondamentale de la République fédérale d'Allemagne, ainsi que le préconisent AUBERT (loc. cit., p. 551) et GRISEL (loc. cit., p. 85), il faudrait dire que la clause de délégation était ici acceptable, étant donné qu'elle indique l'objet, le but et l'étendue (Inhalt, Zweck und Ausmass) de la compétence accordée. c) Enfin, la loi du 19 octobre 1971, et avec elle la disposition ici attaquée, ont été soumises au référendum obligatoire, et le peuple les a acceptées. Ce faisant, il a expressément donné son propre consentement à la clause de délégation. Selon le recourant, le peuple ne se serait cependant rendu compte ni de la portée financière de l'art. 23 al. 1 de la loi sur laquelle il devait se prononcer, celle-ci lui ayant été soumise dans son ensemble, ni de la question constitutionnelle qui se BGE 98 Ia 105 S. 111 posait. Mais cet argument n'est pas fondé, car, en cas de votation sur une loi, il appartient à chaque électeur conscient de ses responsabilités d'en examiner toutes les dispositions et, s'il en désapprouve une, il a la faculté de rejeter le tout, ainsi que cela s'est d'ailleurs déjà vu. Au demeurant, le recourant ayant lui-même soulevé la question de constitutionnalité au Grand Conseil, rien ne l'empêchait d'attirer l'attention des citoyens sur ce point par des conférences, des articles de presse ou de toute autre manière, personnellement ou par l'intermédiaire de son parti. Il ne dit même pas l'avoir fait. d) Le recourant invoque le principe du parallélisme des formes, en citant l'arrêt Blaser (RO 94 I 29 ss. consid. 3). Ce principe signifie notamment que le législateur ne peut s'écarter d'une loi sujette au référendum par un décret qui y est soustrait, et que l'autorité législative ne saurait déléguer ses compétences à l'autorité exécutive, en l'habilitant à s'écarter de la législation en vigueur, que par un texte soumis au référendum. Or, de ces deux points de vue, le principe du parallélisme des formes a été respecté en l'espèce. Ce que le recourant soutient cependant, en invoquant ce principe, c'est qu'il aurait fallu reviser la constitution, en suivant la procédure prévue à cet effet, pour que la compétence de modifier les traitements des fonctionnaires puisse être transférée du Grand Conseil au Conseil d'Etat. Cette manière de voir n'est pas fondée. En effet, il n'y a pas eu matériellement modification de la constitution cantonale, puisque celle-ci ne prohibe pas la délégation de pouvoir lorsqu'elle intervient aux conditions définies plus haut et réalisées en l'espèce. Il n'aurait fallu procéder à une revision constitutionnelle que si le Grand Conseil avait entendu se dessaisir de façon générale et définitivement de son pouvoir de fixer les traitements des fonctionnaires, ce qui n'est pas le cas. Aucun des griefs du recourant n'étant ainsi fondé, le recours doit être rejeté.
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Urteilskopf 116 II 140 25. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Mai 1990 i.S. X. AG gegen Y. SA (Berufung)
Regeste Art. 104 Abs. 3 OR . Der "übliche Bankdiskonto" entspricht dem Privatdiskontsatz und nicht dem Zinssatz für Kontokorrentkredite (E. 5).
Erwägungen ab Seite 140 BGE 116 II 140 S. 140 Aus den Erwägungen: 5. Schliesslich macht die Klägerin in der Berufung geltend, der Beklagten sei auf der Konventionalstrafe von Fr. 250'000.-- zu Unrecht ein Verzugszinssatz von 16,45% zugesprochen worden. Der im Sinne von Art. 104 Abs. 3 OR übliche und damit massgebliche Diskontsatz habe sich im Dezember 1983 in der Schweiz auf 5,5% belaufen. Es sei zweifellos falsch, mit der schweizerischen Währung einen ausländischen Verzugszinssatz zu verbinden, wie die Vorinstanz das mit der Anwendung des Satzes einer französischen Bank getan habe; bei diesem Vorgehen würden bei extrem hohen Zinssätzen in Ländern mit hoher Inflationsrate groteske Resultate erzielt. Ausserdem entspreche der den Kontokorrentbedingungen der Banque Nationale de Paris entnommene Zinsfuss von einschliesslich Kommission 16,45% nicht dem "üblichen Bankdiskonto" im Sinne von Art. 104 Abs. 3 OR . Gemäss Art. 104 Abs. 3 OR können unter Kaufleuten, wenn der übliche Bankdiskonto am Zahlungsort den gesetzlichen Verzugszinssatz von 5 Prozent übersteigt, die Verzugszinsen zu BGE 116 II 140 S. 141 diesem höheren Zinsfuss berechnet werden. Es kann offenbleiben, ob wegen des schweizerischen Vertrags- und Währungsstatuts trotz des Zahlungsorts der Konventionalstrafe am Sitz der Gläubigerin in Frankreich (Art. 74 Abs. 2 Ziffer 1 OR) der Diskontsatz schweizerischer Banken anzuwenden ist, wie die Klägerin meint, oder ob ihr in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die von französischen Banken verlangten Ansätze zu belasten sind. Denn die Annahme der Vorinstanz, der von der Beklagten mit den Kontokorrentbedingungen der Banque Nationale de Paris ausgewiesene Sollzins von 16,45% sei dem üblichen Bankdiskonto gemäss Art. 104 Abs. 3 OR gleichzusetzen, verstösst ohnehin gegen Bundesrecht. Der übliche Bankdiskonto entspricht nach weitgehend einhelliger Meinung dem Privatdiskontsatz, d.h. dem Satz, den private Bankinstitute dem Kunden berechnen, wenn dieser bei den Banken erstklassige Wechsel diskontiert (WEBER, Gedanken zur Verzugsschadensregelung bei Geldschulden, in: Festschrift Keller 1989, S. 323 ff., S. 331; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 7 zu Art. 104 OR ; BECKER, 2. A., N. 5 zu Art. 104 OR ; FRANZ SCHENKER, Die Voraussetzungen und die Folgen des Schuldnerverzugs im schweizerischen OR, Diss. Freiburg 1987, S. 135 f. Ziffer 357). Auch wenn die Bedeutung des Diskontkredits in neuerer Zeit zurückgegangen und der Kontokorrentkredit auch unter Kaufleuten die wichtigste Form des Bankkredits geworden ist, verbietet es der klare Gesetzeswortlaut von Art. 104 Abs. 3 OR , anstelle des üblichen Bankdiskontos als Verzugszinssatz unter Kaufleuten den Zinssatz für Kontokorrentkredite anzuwenden; der rückläufigen Bedeutung des Diskontkredits könnte nur de lege ferenda Rechnung getragen werden (überzeugend SCHENKER a.a.O. S. 135 Ziffer 356; a.A. in abgeschwächter Form und ohne Begründung BUCHER, OR Allgemeiner Teil, 2. A., S. 362 Fn. 129). Die Beklagte hat daher mit ihrer Beweisführung über den Kontokorrentsatz den ihr obliegenden Beweis für einen höheren Verzugszinssatz gemäss Art. 104 Abs. 3 OR (SCHENKER a.a.O. S. 136 Ziffer 359) nicht erbracht. Daher bliebe es grundsätzlich beim gesetzlichen Satz von 5 Prozent gemäss Art. 104 Abs. 1 OR , da zum einen die Klägerin bereits im kantonalen Verfahren stets die gesamte Widerklageforderung und daher auch den Verzugszinssatz bestritten hat und es zum andern an einer vertraglichen Vereinbarung eines höheren Verzugszinses nach Art. 104 Abs. 2 OR fehlt. Nachdem aber die Klägerin in ihrem Subeventualbegehren BGE 116 II 140 S. 142 nur eine Reduktion von 16,45% auf 5,5% verlangt und das Bundesgericht an die Berufungsanträge gebunden ist ( Art. 63 Abs. 1 OG ), ist der Verzugszins auf der widerklageweise zugesprochenen Konventionalstrafe von Fr. 250'000.-- im Umfang von 5,5% zu schützen. Der Verzugsbeginn am 17. Dezember 1983 ist unbestritten.
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Urteilskopf 101 Ib 105 19. Auszug aus dem Urteil vom 14. März 1975 i.S. Ammann gegen Schweiz. Eidgenossenschaft
Regeste Vermögensrechtliche Ansprüche des Bundesbeamten, Rechtsweg: verwaltungsrechtliche Klage oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde? Art. 116 lit. a, Art. 117 lit. c OG ; Art. 60 BtG . Anspruch des Beamten auf Vergütungen für ausserordentliche Dienstleistungen ( Art. 44 Abs. 1 lit. f BtG ). Auslegung von Art. 52 Abs. 3 Beamtenordnung 1: Die Wahlbehörde nimmt zum Anspruch nicht nur Stellung, sondern entscheidet darüber. Ist ein Departement Wahlbehörde, so unterliegt sein Entscheid der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 101 Ib 105 S. 106 Eduard Ammann, ein in der 4. Besoldungsklasse eingereihter Beamter des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes, beansprucht eine Vergütung für ausserordentliche Dienstleistungen. Das Departement hat das Begehren abgelehnt. Darauf hat der Beamte "Klage" beim Bundesgericht eingereicht. Die Eingabe wird als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Eduard Ammann bezeichnet seine Eingabe an das Gericht, entsprechend der ihm zuletzt erteilten Rechtsmittelbelehrung, als verwaltungsrechtliche Klage; er stützt sie auf Art. 116 lit. a OG und Art. 60 BtG . In der Tat handelt es sich um eine Streitigkeit über vermögensrechtliche Leistungen aus dem Dienstverhältnis von Bundespersonal. Für Ansprüche auf solche Leistungen ist nach jenen Bestimmungen die verwaltungsrechtliche Klage grundsätzlich zulässig. Art. 116 OG behält aber den nachfolgenden Art. 117 vor. Nach Art. 117 lit. c OG ist die verwaltungsrechtliche Klage ausgeschlossen, wenn die Erledigung des Streites einer Behörde im Sinne von Art. 98 lit. b-h OG zusteht; gegen deren Verfügung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ( BGE 99 Ib 119 , BGE 98 Ib 354 ). Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach Art. 44 Abs. 1 BtG ordnet der Bundesrat den Anspruch auf Ersatz von Auslagen und auf Vergütungen, u.a. nach lit. f für ausserordentliche Dienstleistungen, einschliesslich Überzeitarbeit. Nach Abs. 2 können Prämien und Belohnungen eingeführt werden, wobei der Bundesrat die nähern Bedingungen festsetzt. Die ihm in den Abs. 1 und 2 verliehenen Befugnisse kann der Bundesrat, unter Wahrung des Grundsatzes gleicher Behandlung unter gleichen Voraussetzungen, nachgeordneten Amtsstellen übertragen (Abs. 3). BGE 101 Ib 105 S. 107 Er hat von dieser Ermächtigung hinsichtlich der Vergütungen für ausserordentlicfie Dienstleistungen in Art. 52 Abs. 3 der Beamtenordnung 1 (BO 1) Gebrauch gemacht. Danach werden solche Vergütungen "von Fall zu Fall von der Wahlbehörde festgesetzt". "Wo nicht der Bundesrat Wahlbehörde ist, kann eine Vergütung nur im Einvernehmen mit dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement ausgerichtet werden". Wahlbehörde für Beamte der 4. Besoldungsklasse ist das zuständige Departement. Es ist somit Sache des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements, die Vergütungen für ausserordentliche Dienstleistungen der von ihm gewählten Beamten dieser Besoldungsklasse festzusetzen. Daraus erhellt, dass der Bund zu Ansprüchen auf solche Vergütungen nicht bloss Stellung nimmt (vgl. Art. 73 BO 1 , Art. 10 und 20 Verantwortlichkeitsgesetz). Vielmehr fällt die gemäss Art. 52 Abs. 3 BO 1 zuständige Instanz - gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Eidg. Finanz- und Zolldepartment - einen formellen Entscheid darüber, ob und in welchem Masse ein Anspruch auf Entschädigung für ausserordentliche Dienstleistungen besteht. Es verhält sich damit gleich wie hinsichtlich der Prämien und Belohnungen. Freilich sagt Art. 54 Abs. 3 BO 1 , dass über deren Gewährung die dort genannten Behörden "entscheiden", während es in Art. 52 Abs. 3 heisst, dass die Vergütungen für ausserordentliche Dienstleistungen von der Verwaltung "festgesetzt" werden. Das ist aber lediglich ein redaktioneller Unterschied ohne sachliche Bedeutung, was sich insbesondere auch aus dem französischen Text ergibt. In diesem lautet Art. 52 Abs. 3: "Les indemnités pour services extraordinaires sont fixées dans chaque cas par l'autorité qui nomme. Si le Conseil fédéral n'est pas cette autorité, l'indemnité ne peut être octroyée qu'avec l'accord ..."; und Art. 54 Abs. 3: "Les primes et récompenses sont octroyées et leur montant est fixé ... par les départements ..." Die italienische Fassung besagt in Art. 52 Abs. 3: "Le indennità ... sono stabilite, caso per caso, dall'autorità eleggente. Se l'autorità eleggente non è il Consiglio federale, l'indennità può essere concessa soltanto d'intesa ..."; und in Art. 54 Abs. 3: "I Dipartimenti ... risolvono ... circa l'assegnazione e l'ammontare dei premi ...". Der italienische Text nähert sich dem deutschen mehr; doch sind auch hier die Unterschiede hinsichtlich der verwendeten Verben nur redaktioneller BGE 101 Ib 105 S. 108 Art. Ein sachlicher Unterschied besteht darin, dass Art. 52 einen Rechtsanspruch auf Entschädigung schafft, während Art. 54 den Entscheid dem Ermessen der Verwaltung anheimstellt. Das ändert indes nichts daran, dass die Verwaltung in beiden Fällen eine Verfügung trifft. Wenn das Departement die Entschädigung festsetzt, so entscheidet es damit auch über sie. In einem Streit über einen Anspruch eines Beamten der 4. Besoldungsklasse auf Vergütung für ausserordentliche Dienstleistungen entscheidet somit das Departement. Ihm ist die Streiterledigung im Sinne von Art. 117 lit. c OG übertragen. Es ist eine der in Art. 98 lit. b-h OG genannten Behörden (lit. b). Im Bereich seiner Zuständigkeit ist somit nach Art. 117 lit. c OG die verwaltungsrechtliche Klage nicht möglich. Einzig in den Fällen, in denen der Bundesrat selbst über die Vergütungen für ausserordentliche Dienstleistungen befindet, weil er Wahlbehörde ist, kann die Klage zulässig sein; in den übrigen Fällen ist die Beschwerde das verfügbare Rechtsmittel.
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26bc1012-011e-49df-a051-775dc901bc34
Urteilskopf 110 IV 39 14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Oktober 1984 i.S. B. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 27 Abs. 1 SVG ; Art. 36 Abs. 1, 75 Abs. 1 und 2 SSV. Das Stopsignal (3.01; 3.011) ist auch dann gültig und beachtlich, wenn die das Signal ergänzenden Bodenmarkierungen - Haltelinie (6.10), "STOP" (6.11) und Längslinie (6.12) - nicht (mehr) vorhanden sind.
Erwägungen ab Seite 39 BGE 110 IV 39 S. 39 Aus den Erwägungen: 1. Am Unfalltag war unbestrittenermassen infolge Abnützung nur ein kleiner Teil der zum Stopsignal gehörenden Bodenmarkierungen sichtbar, nämlich der Buchstabe "P" des Wortes "STOP" (6.11) sowie der rechte Teil der Haltelinie (6.10), und auch dieser noch vorhandene Teil der Markierung war etwas verwaschen. Die Beschwerdeführerin behauptet, angesichts des Fehlens einer korrekten Markierung sei das Stopsignal nicht vorschriftsgemäss angebracht und deshalb nichtig gewesen und sie dürfe daher nicht wegen Missachtung eines Stopsignals verurteilt werden. Sie macht geltend, das Signal und die gemäss Art. 75 Abs. 2 SSV vorgeschriebene Bodenmarkierung stellten eine Einheit dar und das eine sei ohne das andere ungültig. Der Einwand ist unbegründet. 2. Vorerst sei darauf hingewiesen, dass ein Fahrzeuglenker bei der gebotenen Aufmerksamkeit aufgrund des noch sichtbaren BGE 110 IV 39 S. 40 Teils der Bodenmarkierung im Bereich der Einmündung die Vorderdorfstrasse ohne weiteres als Stopstrasse erkennen konnte. Dass der sich auf der Vorderdorfstrasse der Strasse Bern-Thun nähernde Fahrzeugführer wartepflichtig ist, ergibt sich zudem aus verschiedenen weiteren Umständen (sichtbare Führungslinie, 6.16, längs der Strasse Bern-Thun, vgl. dazu Art. 76 Abs. 3 SSV ; Pflastersteine, welche die Fahrbahn der Strasse Bern-Thun von jener der Vorderdorfstrasse abgrenzen) und ist schliesslich aufgrund des Gesamtbildes, das die Verzweigung vermittelt, klar erkennbar. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, kann indessen dahingestellt bleiben; denn die Vorinstanz begründete die Verurteilung der Beschwerdeführerin nicht damit, dass die Vorderdorfstrasse angesichts der sichtbaren Markierungen und der Anlage der Verzweigung bei der gebotenen Aufmerksamkeit als Stopstrasse erkennbar war, sondern sie hielt fest, dass ein Stopsignal für sich allein, also auch bei Fehlen der gemäss Art. 36 Abs. 1 2 . Satz in Verbindung mit Art. 75 Abs. 2 SSV vorgeschriebenen Bodenmarkierungen (6.10, 6.11, 6.12), gültig und zu beachten ist. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend. 3. a) Das Signal "Stop" (3.01, 3.011) verpflichtet den Führer, anzuhalten und den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren ( Art. 36 Abs. 1 1 . Satz SSV). Die das Signal ergänzende Haltelinie ( Art. 36 Abs. 1 2 . Satz SSV) zeigt an, wo die Fahrzeuge beim Signal "Stop" und gegebenenfalls bei Lichtsignalen, Bahnübergängen und Fahrstreifen für den abbiegenden Verkehr usw. halten müssen; der vorderste Teil des Fahrzeugs darf die Haltelinie nicht überragen ( Art. 75 Abs. 1 SSV ). Die Pflicht zum Anhalten wird demnach durch das Stopsignal und gegebenenfalls durch eine der in Art. 75 Abs. 1 SSV beispielhaft erwähnten Verkehrssituationen (Rotlicht, geschlossener Bahnübergang, Gegenverkehr usw.) begründet. Die Haltelinie zeigt lediglich an, wo genau angehalten werden muss. Mit der Haltelinie, die beim Stopsignal auf Strassen mit Hartbelag angebracht wird ( Art. 75 Abs. 2 SSV ), will dem Wartepflichtigen, wie in BGE 97 IV 42 ff. zu Art. 21 Abs. 1 und Art. 54 Abs. 3 altSSV ausgeführt wurde, "deutlich sichtbar gemacht werden, wo die Querstrasse beginnt, um jeden Irrtum auszuschliessen und unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse eine klare und gefahrenfreie Verkehrslage zu schaffen. Die Bodenmarkierung hat somit die Bedeutung einer verbindlichen Abgrenzung zwischen Stopstrasse und Querstrasse; sie bestimmt im einzelnen Falle eindeutig die Stelle, BGE 110 IV 39 S. 41 die in Art. 21 Abs. 1 (alt)SSV allgemein umschrieben wird" (S. 44). Das ist gerade bei Stopsignalen mit Distanztafel (5.01) sinnvoll. Das Stopsignal (3.01, 3.011) ist somit auch dann gültig und beachtlich, wenn die Haltelinie nicht (mehr) vorhanden ist (ebenso SJZ 67/1971 S. 57 Nr. 22 (Obergericht Zürich), zitiert bei SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum neuen Strassenverkehrsrecht 1968/1972, S. 83; RStrS 1958 S. 109 Nr. 198 (Obergericht Solothurn), zitiert bei SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum neuen Strassenverkehrsrecht, S. 303, mit kritischer Anmerkung; RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, N. 681; vgl. ferner das nicht veröffentlichte Urteil des Kassationshofes vom 14. Februar 1983 i.S. H.c.AI zum insoweit analogen Fall des Fehlens einer Wartelinie beim Signal "Kein Vortritt", Art. 36 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 75 Abs. 3 und 4 SSV ). Das Fehlen der Haltelinie beim Stopsignal könnte aber unter Umständen dann von Bedeutung sein, wenn dem Fahrzeuglenker zur Last gelegt wird, er sei zu weit vorgefahren, d.h. er habe zu spät angehalten. Das ist vorliegend nicht der Fall; die Beschwerdeführerin hielt unbestrittenermassen überhaupt nicht an. b) Die Bestimmung, dass auf Stopstrassen mit Hartbelag bei der Haltelinie zusätzlich die Markierung "STOP" (6.11) angebracht wird ( Art. 75 Abs. 2 SSV ), lässt sich damit begründen, dass Haltelinien noch in verschiedenen andern Fällen Verwendung finden, so bei Lichtsignalen, Bahnübergängen und Fahrstreifen für den abbiegenden Verkehr usw. ( Art. 75 Abs. 1 SSV ). Vor diesen Haltelinien muss, anders als vor der Haltelinie beim Stopsignal, nicht immer, sondern "gegebenenfalls" angehalten werden. Es ist daher sinnvoll, die Haltelinie beim Stopsignal durch die zusätzliche Bodenmarkierung "STOP" besonders zu kennzeichnen. Dass diese Bodenmarkierung "das signalisierte Haltegebot dem Fahrzeugführer zugleich eindringlicher zum Bewusstsein bringt, ist eine gewollte Nebenwirkung, die aber nichts daran ändert, dass die Vorschrift allein schon durch das Signal ... verbindlich angekündigt ist" (Obergericht Zürich in SJZ 67/1971 S. 58). Das Stopsignal (3.01, 3.011) ist somit nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz auch dann gültig und beachtlich, wenn die gemäss Art. 75 Abs. 2 SSV vorgeschriebenen Bodenmarkierungen nicht (mehr) vorhanden sind.
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Urteilskopf 104 IV 15 5. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 février 1978 dans la cause F. contre R.
Regeste Art. 173 Ziff. 2 StGB . Beweis des guten Glaubens. Der Beweis des guten Glaubens erfordert, dass der Täter seine Sorgfaltspflicht erfüllt, d. h. die ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, um die Richtigkeit seiner Äusserungen zu überprüfen. Zu besonderer Sorgfalt ist verpflichtet, wer Äusserungen ohne Vorliegen eines öffentlichen Interesses durch die Presse oder Flugblätter verbreitet.
Erwägungen ab Seite 15 BGE 104 IV 15 S. 15 Extrait des considérants: 4. a) Ayant été admis à rapporter la preuve libératoire de l' art. 173 ch. 2 CP , l'intimé ne peut cependant être exempté de toute peine que s'il prouve que les allégations qu'il a propagées sont conformes à la vérité ou qu'il avait des raisons sérieuses de les tenir de bonne foi pour vraies. La cour cantonale n'ayant pas pu se convaincre de la véracité des déclarations que dame X. a faites à l'intimé et à ses compagnons, la preuve de la vérité des allégations incriminées n'a pas été rapportée. Reste à savoir si, au vu des faits retenus, on doit BGE 104 IV 15 S. 16 admettre que l'intimé avait des raisons sérieuses de tenir de bonne foi par vraies les allégations qu'il a publiées et diffusées. Il s'agit là d'une question de droit. b) L'auteur rapporte la preuve de sa bonne foi s'il établit qu'il a cru à la vérité de ses allégations après avoir fait consciencieusement tout ce que l'on pourrait attendre de lui pour s'assurer de leur exactitude (cf. ATF 85 IV 184 ). On doit ainsi se demander si l'auteur a satisfait au devoir de prudence (Sorgfaltspflicht) qui incombe de manière générale à celui qui porte atteinte à l'honneur d'autrui. La réponse à cette question dépend des circonstances de chaque cas particulier ( ATF 86 IV 175 ). Ce devoir est violé lorsque l'auteur n'a pas accompli les démarches que l'on pouvait attendre de lui pour vérifier l'exactitude de ses allégations, compte tenu des circonstances et de sa situation personnelle. Une prudence particulière doit ainsi être exigée de celui qui, comme l'intimé en l'espèce, donne une large diffusion à ses allégations par la voie de la presse ou de tracts. La large diffusion, ajoutée à la puissance suggestive du texte imprimé, augmente en effet l'intensité de l'atteinte. On doit donc, dans ce cas, se montrer très strict quant au respect du devoir de vérification incombant à l'auteur (cf. arrêt non publié du 13 novembre 1959 en la cause Holzer c. Stemmler; MERZ, in SJZ 67 (1971), p. 85). Le devoir de respecter la vérité se traduit, pour celui qui agit par la voie de la presse, par l'obligation de contrôler scrupuleusement les opinions qu'il émet (cf. BOURQUIN, La liberté de la presse, p. 248). La jurisprudence a certes reconnu que les exigences touchant à la preuve de la bonne foi pouvaient être moins sévères lorsque les assertions qui portent atteinte à l'honneur ont été faites en vue de sauvegarder des intérêts légitimes ( ATF 96 IV 56 , ATF 86 IV 175 /176). Cette réserve favorable à l'auteur s'applique par exemple aux allégations qui sont faites par une partie ou par un avocat dans un procès (arrêts précités), ou qui sont adressées à la police, soit à une autorité (cf. ATF 85 IV 184 /185). Dans ces cas, en effet, les allégations sont portées à la connaissance de personnes qui sont aptes à vérifier sans préjugé le bien-fondé des communications qu'elles reçoivent et à les contrôler de façon critique (cf. ATF 102 IV 184 ). La situation est différente lorsque les allégations sont formulées publiquement ou largement diffusées. Là, en dépit de l'existence d'un intérêt public - BGE 104 IV 15 S. 17 qui ne se confond pas nécessairement avec l'intérêt légitime -, le devoir de prudence et de vérification de la véracité des allégations doit être strictement respecté. Le devoir de prudence de celui qui, comme en l'espèce, fonde ses allégations sur les déclarations d'un tiers exige à tout le moins une appréciation critique de la crédibilité de celui-ci. Certes, on ne peut pas exiger un examen comparable à celui auquel se livre le juge qui cherche à soupeser la valeur d'un témoignage, mais on peut au moins attendre de l'auteur qu'il dispose de quelques éléments lui donnant des raisons de se fier aux dires de son informateur, par exemple la connaissance personnelle qu'il a de ce tiers ou le crédit et la bonne réputation dont celui-ci jouit d'une manière générale (cf. arrêt précité Holzer c. Stemmler, consid. 5 et 6). c) En l'espèce, l'intimé a fondé ses allégations sur les seules déclarations de dame X. Or il ressort des faits qu'il ne connaissait pas particulièrement cette personne et ignorait par conséquent quels étaient sa réputation ou son crédit. Il ne disposait donc d'aucun élément d'appréciation lui permettant raisonnablement de tabler sur la véracité des déclarations de celle-ci. Si l'on admettait qu'un témoignage unique, obtenu auprès d'un tiers inconnu ou mal connu, puisse suffire à fonder la large diffusion de propos et d'accusations attentatoires à l'honneur, on ouvrirait la porte à tous les abus. Rien, en effet, ne permet à l'auteur de savoir s'il n'a pas eu affaire à un témoin douteux, peu sûr, prévenu contre la victime ou hostile à celle-ci pour une raison quelconque. L'intimé devait en outre, in casu, se montrer d'autant plus circonspect qu'il avait eu connaissance de la "mise au point" diffusée par le recourant le 12 mars (cf. SCHUMACHER, Die Presseäusserung als Verletzung der persönlichen Verhältnisse, Fribourg 1960, p. 195). Certes, l'intimé pouvait ne pas être convaincu de la véracité des dires du recourant dans la mesure où ils portaient sur des faits non contrôlables. Mais la "mise au point" faisait également état d'un élément objectivement vérifiable, à savoir la réfutation des déclarations de dame X. niant avoir signé un appel en faveur du "non". Or l'intimé n'a rien entrepris pour vérifier cet élément, qui était pourtant de nature à ébranler sérieusement la crédibilité de dame X. C'est donc à tort que la cour cantonale, en se fondant sur le seul fait que dame X. avait été catégorique dans ses déclarations BGE 104 IV 15 S. 18 à l'intimé et à ses compagnons, a estimé que la preuve de la bonne foi au sens de l' art. 173 ch. 2 CP avait été rapportée. Le pourvoi doit ainsi être admis et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle condamne l'intimé pour diffamation.
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Urteilskopf 81 III 20 7. Arrêt du 18 février 1955 dans la cause Zobrist.
Regeste Kollokationsverfahren in der Betreibung auf Pfändung, Art. 146 bis 148 SchK G. 1. Ein Gläubiger, der seine eigene Kollokation bestreitet, hat auf dem Beschwerdeweg vorzugehen. Befugnis des Schuldners zur Anfechtung des Kollokationsplanes (Erw. 1). 2. Die Ausstellung eines Verlustscheins lässt das der Forderung zukommende Privileg unberührt (Erw. 2 a). 3. Im Kollokationsplan sind die Forderungen so aufzunehmen, wie sie aus den dem Pfändungsbegehren vorausgegangenen Verfahren hervorgehen (Erw. 2 b).
Sachverhalt ab Seite 20 BGE 81 III 20 S. 20 A.- Otto Zobrist a été déclaré en faillite en 1948. La Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents BGE 81 III 20 S. 21 (ci-après la Caisse nationale) est intervenue dans cette procédure pour réclamer le paiement de primes échues au cours des années 1945 à 1948; elle a reçu un acte de défaut de biens. Une seconde poursuite, intentée en 1952, a abouti, le 10 août 1953, à un nouvel acte de défaut de biens pour 455 fr. 35. Par commandement de payer du 12 août 1953, la Caisse nationale a derechef poursuivi Zobrist en paiement de 455 fr. 35, "primes arriérées 1945-1948 et frais selon acte de défaut de biens délivré le 10 août 1953 par l'Office de Morges". Le 8 septembre 1953, l'Office des poursuites de Morges a ordonné au préjudice du débiteur une saisie de salaire de 20 fr. par quinzaine, en faveur de la Caisse nationale et d'un autre créancier, l'Office vaudois de cautionnement mutuel, qui poursuivait Zobrist pour 1748 fr. 90. Disposant, le 25 octobre 1954, d'un montant de 50 fr., l'Office des poursuites a versé 40 fr. à l'Office vaudois de cautionnement mutuel et 10 fr. seulement à la Caisse nationale. Pour le reste, il a délivré à cette dernière un acte de défaut de biens qui portait la mention: "Vous ne bénéficiez plus du privilège de IIe cl., la prescription est de 5 ans". B.- La Caisse nationale a porté plainte contre cette mesure, en concluant à ce que sa créance soit colloquée en deuxième classe et son dividende calculé en conséquence. L'autorité inférieure de surveillance a admis la plainte, annulé l'acte de défaut de biens du 25 octobre 1954 et invité l'Office des poursuites à remettre à la plaignante "toutes sommes pouvant lui revenir en vertu de son privilège légal ou à lui délivrer un nouvel acte de défaut de biens ne mentionnant pas la perte du privilège de IIe classe". Zobrist a formé, contre cette décision, un recours qui a été rejeté, le 20 janvier 1955, par la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois. C.- Le débiteur défère la cause au Tribunal fédéral, en concluant au rejet de la plainte. Il allègue que la Caisse BGE 81 III 20 S. 22 nationale a perdu son privilège, les primes réclamées datant de plus de cinq ans (art. 128 CO). D'autre part il prétend que tous les créanciers qui ont subi une perte dans sa faillite doivent être colloqués en cinquième classe. Erwägungen Considérant en droit: 1. Lorsque le produit de la réalisation ne suffit pas pour payer intégralement tous les créanciers, l'Office doit, aux termes de l'art. 146 LP, dresser un état de collocation où les créanciers sont admis au rang auquel ils auraient droit en cas de faillite (art. 219 LP). L'Office des poursuites de Morges a omis cette formalité et, en violation de la loi, a passé directement à la distribution des deniers. Il a ainsi privé les intéressés de la possibilité de contester régulièrement les collocations. Aussi bien la plainte, dirigée formellement contre l'acte de défaut de biens du 25 octobre 1954, vise-t-elle en réalité la collocation implicite par laquelle la créance de la Caisse nationale a été rangée en cinquième classe. Il s'agit d'abord de juger si, dans ces conditions, la plainte était recevable. En vertu de l'art. 148 LP, chaque créancier peut attaquer l'état de collocation au moyen d'une action intentée aux intéressés devant le juge du ressort de la poursuite. Mais, selon une jurisprudence constante (cf. notamment RO 31 II 821 et 64 III 135), l'action en justice n'est ouverte qu'au créancier qui critique la collocation d'un autre. Lorsqu'il conteste sa propre collocation, il doit agir par la voie de la plainte. Si celle-ci est admise, l'Office des poursuites dresse un nouvel état de collocation, que les autres créanciers peuvent attaquer en justice en vertu de l'art. 148 LP (RO 51 III 32 consid. 1). En l'espèce, c'est donc avec raison que les juridictions cantonales ont déclaré recevable la plainte de la Caisse nationale. Quant au débiteur, il n'a pas qualité pour intenter une action en contestation de l'état de collocation selon l'art. 148 LP. En revanche, il a intérêt à ce que la procédure BGE 81 III 20 S. 23 d'exécution forcée dirigée contre lui se déroule régulièrement et que chacun des créanciers participants ne reçoive satisfaction que dans la stricte mesure de ses droits. Aussi peut-il attaquer l'état de collocation par une plainte, s'il estime que l'Office des poursuites a violé les règles de la loi sur la poursuite (dans le même sens BLUMENSTEIN, Schuldbetreibungsrecht, p. 492; FAVRE, Cours de droit des poursuites, p. 218). De même, il est habile à recourir si, à son avis, cette violation a été commise par l'autorité de surveillance, sur plainte du créancier. Le recours de Zobrist est donc recevable. 2. Au fond, les moyens invoqués par le recourant ne peuvent être accueillis. a) Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà jugé (RO 69 III 91), la délivrance d'un acte de défaut de biens n'emporte pas novation de la créance. Celle-ci ne subit aucune modification sauf qu'elle ne porte plus intérêt, qu'elle est imprescriptible (art. 149 al. 4 et 5 LP) et que, s'il s'agit d'un acte de défaut de biens après faillite, elle ne peut donner lieu à une nouvelle poursuite tant que le débiteur n'est pas revenu à meilleure fortune (art. 265 al. 2 LP). Lors donc qu'elle bénéficie d'un privilège en vertu de la loi sur la poursuite, celui-ci reste intact et peut être invoqué dans une procédure ultérieure. b) Quant à l'argument que l'Office des poursuites et le recourant tirent d'un prétendu délai de prescription de cinq ans, il n'est pas clair. Il semble que, dans leur idée, il s'agisse d'un délai du droit de poursuite limitant le privilège dont la Caisse nationale bénéficie en vertu de l'art. 219 al. 4 LP. Mais, dans cette hypothèse, leur moyen ne serait pas fondé: ni la loi sur la poursuite ni aucune autre loi ne restreint à cinq ans la durée du privilège attaché aux primes de la Caisse nationale. D'autre part, le recourant cite l'art. 128 CO. Il paraît donc se prévaloir d'un délai de prescription relevant du droit matériel. Mais, si l'Office des poursuites avait tenu compte spontanément d'une telle prescription dans la collocation des BGE 81 III 20 S. 24 créances, il aurait enfreint les limites tracées par la loi à sa compétence. En effet, en dressant l'état de collocation, il ne peut se faire juge des prétentions des créanciers mais il doit prendre celles-ci en considération telles qu'elles résultent des procédures qui ont précédé les réquisitions de saisie. Dès lors, le recours de Zobrist doit être rejeté.
null
nan
fr
1,955
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
26d0650f-c0de-44b3-a639-e9c3f4b7b6d4
Urteilskopf 112 Ib 482 75. Estratto della sentenza 23 ottobre 1986 della II Corte civile nella causa Ascensa Lift S.A. contro Dipartimento di giustizia della Repubblica e Cantone del Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Öffentlichkeit des Grundbuchs ( Art. 970 ZGB und 105 GBV). Der Handwerker oder Unternehmer, der im Grundbuch ein gesetzliches Pfandrecht gemäss Art. 837 Abs. 1 ZGB eintragen lassen will, hat ein legitimes Interesse daran, in das Grundbuchblatt des entsprechenden Grundstücks Einsicht zu nehmen und sich daraus Auszüge ausstellen zu lassen, ohne die Wahrscheinlichkeit einer konkreten und aktuellen Gefährdung der Forderung, die durch das Pfandrecht gesichert werden soll, glaubhaft machen zu müssen.
Erwägungen ab Seite 482 BGE 112 Ib 482 S. 482 Dai considerandi: 3. Il registro fondiario è pubblico e il diritto di ispezionare determinati fogli con i relativi documenti corrisponde a quello di ottenerne estratti ( art. 970 cpv. 1 e 2 CC , art. 105 RRF ). Tale facoltà presuppone che si renda verosimile un interesse, il quale può avere - per dottrina e giurisprudenza - semplice carattere economico, ma dev'essere compatibile con le finalità del registro fondiario, con lo scopo cioè di far conoscere i diritti reali iscritti e i diritti personali annotati; ove, in specie, la consultazione serva alla tutela di diritti obbligatori (anche futuri) è necessario confortare la probabilità BGE 112 Ib 482 S. 483 - e non solo l'ipotesi - di una minaccia attuale ( DTF 111 II 50 consid. 2, 109 II 209 consid. 3, entrambe con riferimenti). a) Chi si ritiene titolare di un diritto reale ha senza dubbio un interesse economico alla consultazione (e quindi a richiedere estratti) del registro fondiario, in modo da poter rivendicare la sua prerogativa e conseguire l'iscrizione nel registro stesso (PIOTET in: Traité de droit privé suisse, vol. V, tomo II/2, pag. 140). Il venditore, il coerede, l'imprenditore o l'artigiano che intendono far iscrivere un'ipoteca legale a norma dell' art. 837 cpv. 1 CC hanno un interesse analogo, e pertanto degno di protezione. Non è controverso (gli atti anzi rendono credibile) che la ricorrente si trova nel novero dei soggetti abilitati a valersi dell' art. 839 cpv. 1 CC (cfr. DTF 102 II 210 seg.); è verosimile altresì che i tre mesi stabiliti dall' art. 839 cpv. 2 CC non siano ancora decorsi. Rimane da chiarire se, con ciò, l'interesse legittimo al rilascio dell'estratto sia suffragato quanto basta. b) Nella fattispecie la consultazione del registro fondiario non è volta solo alla difesa di crediti (futuri), non si esaurisce in un'indagine sul patrimonio immobiliare di una persona fisica o giuridica per la sola salvaguardia di diritti obbligatori (v. invece DTF 109 II 208 ). La società in questione vanta sulla particella n. 2636 RFD di Giubiasco una pretesa specifica e contingente, ovvero l'iscrizione di un diritto reale limitato entro la scadenza prevista dalla legge. Tale intendimento è consono e per di più vincolato allo scopo del registro fondiario, l'iscrizione avendo effetto costitutivo ( art. 799 cpv. 1 CC ). Non occorre dunque che sia resa verosimile la probabilità di una minaccia attuale sul credito oggetto del pegno: la possibilità che l'imprenditore debba far capo all'ipoteca legale è sufficiente per giustificare un interesse legittimo. La conclusione accennata è sorretta anche da motivi di ordine pratico. Per ottenere un'ipoteca legale - sia pure provvisoria ( art. 961 CC e 22 cpv. 4 RRF) - si deve conoscere intanto la designazione esatta della particella e del proprietario, i quali possono mutare nel corso dei lavori e si desumono spesso con la dovuta certezza solo dal registro fondiario o da un estratto. L'opportunità di ricorrere all'ipoteca legale, inoltre, può valutarsi appieno solo sapendo quali diritti reali limitati (servitù, oneri fondiari, pegni immobiliari) gravano già la particella; questo giudizio di convenienza può imporsi - contrariamente BGE 112 Ib 482 S. 484 all'opinione dell'autorità cantonale - anche dopo l'inizio dei lavori e persino a lavori ultimati ove la solvibilità del committente si deteriori. Per quanto riguarda l'interesse del proprietario alla tutela del registro da consultazioni indebite, esso appare rispettato: artigiani e imprenditori che non hanno diritti in rapporto precipuo con l'immobile ma unicamente crediti nei confronti del proprietario (per avere, ad esempio, lasciato decorrere il termine trimestrale dell' art. 839 cpv. 2 CC ) devono giustificare la loro richiesta alla stregua di qualsiasi altro istante e rendere verosimile la probabilità di una minaccia attuale. Si aggiunga, dal profilo giuridico, che persino un'ipoteca legale provvisoria degli artigiani e imprenditori può essere rifiutata esclusivamente se il pegno immobiliare risulta di palese inattendibilità ( DTF 86 II 265 ; SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2a edizione, pag. 217 n. 748 segg.): l'emissione di un estratto del registro fondiario non deve soggiacere a esigenze maggiori.
public_law
nan
it
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
26d1d029-aea5-4b29-bd89-c460935ee71f
Urteilskopf 86 IV 70 19. Urteil des Kassationshofes vom 15. Januar 1960 i.S. Glaus gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 272 Abs. 1 BStP . Massgebende Urteilseröffnung im Kanton Zürich.
Erwägungen ab Seite 71 BGE 86 IV 70 S. 71 Erwägungen: Das Urteil des Zürcher Obergerichtes wurde dem Angeklagten am 20. November 1959 in der Gerichtssitzung mündlich eröffnet und am 28. November 1959 im Dispositiv schriftlich mitgeteilt. Die am 7. Dezember 1959 abgegebene Beschwerdeerklärung ist verspätet, da die zehntägige Frist des Art. 272 Abs. 1 BStP zur Anmeldung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde am 30. November 1959 abgelaufen ist. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er glaubt, die Frist laufe erst von der schriftlichen Mitteilung des Dispositives an. Bestimmend für den Beginn der Anmeldefrist ist gemäss Art. 272 Abs. 1 BStP die nach kantonalem Recht massgebende Eröffnung des angefochtenen Entscheides. Das zürcherische Recht erklärt als massgebende Eröffnung für den in der Gerichtssitzung anwesenden Angeklagten die mündliche Verkündung des Urteilsspruches, nicht die schriftliche Mitteilung des Dispositives, die nach der mündlichen Eröffnung noch stattzufinden hat. Die schriftliche Mitteilung ist nur dann massgebende Eröffnung, wenn das Urteil nicht in Anwesenheit des Angeklagten oder seines Vertreters verkündet wird (§§ 198 und 203 des Gerichtsverfassungsgesetzes, §§ 431 und 432 der Strafprozessordnung). Diese Regelung gilt in Strafsachen allgemein, im Verfahren vor Obergericht wie vor Schwurgericht und dem Einzelrichter der Bezirksgerichte und ebenso in Ehrverletzungssachen (ZR 50 S. 270). Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
nan
de
1,960
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CH_BGE_006
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26d4361c-beb1-459b-a075-e4ea34f50510
Urteilskopf 97 IV 253 49. Entscheid der Anklagekammer vom 22. November 1971 i.S. Kunz und Bürki gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und Verhöramt des Kantons Glarus.
Regeste Art. 344 Abs. 1 und 346ff. StGB, Art. 263 BStP . 1. Werden die Verfolgung und Beurteilung von Bundesstrafsachen, die teils der kantonalen, teils der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen, gemäss Art. 344 Abs. 1 StGB in der Hand einer kantonalen Behörde vereinigt, so wird der Gerichtsstand für alle strafbaren Handlungen durch die Vereinigungsverfügung verbindlich bestimmt, und für einen Entscheid der Anklagekammer bleibt kein Raum (Erw. 1 und 2). 2. Die Anklagekammer hat dagegen zu entscheiden, wenn nach dem Erlass der Vereinigungsverfügung neue, der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehende strafbare Handlungen entdeckt werden und der Gerichtsstand hierüber streitig ist (Erw. 3). 3. Für die neu entdeckten Handlungen ist nur aus triftigen Gründen ein besonderer Gerichtsstand zu bestimmen (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 254 BGE 97 IV 253 S. 254 A.- 1) Die Gebr. Kunz, Fleisch- und Wurstproduktions AG (abgekürzt Kunz AG) betreibt an ihrem Sitze Bilten (GL) eine Fleisch-, Wurst- und Konservenfabrik. Ihrem Verwaltungsrate gehören unter anderen Jakob Kunz als Präsident und Lukas Kunz an. Bis 1970 war auch S. Mitglied des Verwaltungsrates. Die Kunz AG liess im Jahre 1966 die Ineichen, Schlächterei- und Fleischbearbeitungs-AG (abgekürzt Ineichen AG) in Sursee gründen und beherrscht sie teils durch eigenen Aktienbesitz, teils über die Mitaktionärin Induleb-Finanz AG in Riedern (GL), deren Verwaltungsrat aus Lukas Kunz, Jakob Kunz und S. besteht. Zehn der sechzig Aktien der Ineichen AG gehören S. persönlich. Der Verwaltungsrat der Ineichen AG besteht aus Johann Ineichen als Präsident, S. und R. Letzterer vertritt die Kunz AG. Die Buchhaltung der Ineichen AG wird in Riedern geführt, nämlich von S., dem Buchhalter der Induleb-Finanz AG und Finanzdirektor der Kunz AG. 2) Auf Grund verschiedener Strafanzeigen, welche die Kantonspolizei Luzern am 30. April 1970 einreichte, eröffnete das Statthalteramt Sursee am 4. Mai 1970 gegen Johann Ineichen eine Strafuntersuchung, in die in der Folge auch die Angestellten Bucher, Jappert und Schönenberger der Ineichen AG einbezogen wurden. Es wird den Beschuldigten vorgeworfen, sie hätten auf zahlreichen Nierenstücken inländischer Schlachtkühe den Stempelaufdruck des Fleischschauers entfernt und die Stücke mit dem Aufdruck eines niederländischen Export-Fleischschaustempels und mit Schnüren zum Aufhängen versehen, um ihnen den Anschein besonders gesuchter, in den Niederlanden ausjungem Kuhfleisch hergestellter Ware zu geben, und sie hätten diese in der Schweiz in Verkehr gebracht. Durch dieses Vorgehen sollen sie sich der Urkundenfälschung ( Art. 251 StGB ), eventuell der Fälschung amtlicher Zeichen ( Art. 246 StGB ), ferner des Betruges ( Art. 148 StGB ), allenfalls der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Ware ( Art. 153, 154 StGB ) schuldig gemacht haben. Ineichen wird ferner Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen, weil er der Genossenschaft für Schlachtvieh und Fleischversorgung (GSF) für die Jahre 1966-1969 überhöhte Schlachtzahlen gemeldet habe, um sie zu bewegen, der Ineichen AG höhere Fleischimport-Kontingente zu bewilligen. Ferner soll sich Ineichen der Anstiftung zu Urkundenfälschung, eventuell zu falschem Zeugnis schuldig gemacht haben, weil er den Direktor der Haut- und Fettzentrale in Zürich zu bestimmen versuchte, über die Zahl BGE 97 IV 253 S. 255 der gelieferten Häute falsche Angaben zu machen, um die wirkliche Zahl von Schlachtungen der Ineichen AG zu verbergen. Im Betriebe der Ineichen AG sollen auch Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Bekämpfung von Tierseuchen, der eidgenössischen Fleischschauverordnung und des Bundesgesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen übertreten worden sein. 3) Im Verlaufe der Untersuchung stellte das Statthalteramt Sursee fest, dass Ineichen, Bucher und Jappert im Betriebe der Ineichen AG hergestellte Kuhvorderviertel nach Grossbritannien ausgeführt hatten, bevor dieser Firma die allgemeine Exportbewilligung des Eidgenössischen Veterinäramtes (EVA) erteilt worden war, und dass sie die Ausfuhr fortgesetzt hatten, nachdem ihr diese Bewilligung am 7. Januar 1970 aus gesundheitspolizeilichen Gründen wieder entzogen worden war. Um die Ausfuhr zu ermöglichen, hatten die Beschuldigten die Fleischstücke mit dem Stempelaufdruck "Switzerland 110 Government inspected Contrôlé officiellement" versehen, der zuhanden der britischen Behörden bezeugte, das Fleisch stamme aus einem einwandfreien, den britischen Anforderungen entsprechenden Exportschlachthof und sei unter Beachtung der zum Schutze der öffentlichen Gesundheit erlassenen Vorschriften verarbeitet worden. Der verwendete Stempel Nr. 110 war echt, aber nur zur Abstempelung von Fleisch aus dem Betriebe der ausfuhrberechtigten Kunz AG bestimmt. Die Ineichen AG verwendete ihn im Einverständnis des Jakob Kunz. Bruno Bürki, Prokurist der Kunz AG liess den Stempel von Bilten nach Sursee verbringen, wo die widerrechtliche Abstempelung des Fleisches stattfand. Das Eidgenössische Veterinäramt war der Auffassung, in der Abstempelung von Fleisch aus dem Betrieb der Ineichen AG mit dem Exportstempel der Kunz AG liege die Erstellung einer falschen Urkunde des Bundes. Es liess gegen Jakob Kunz, Lukas Kunz und allfällige weitere Verantwortliche ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren eröffnen. Der Bundesanwalt, dem das Veterinäramt am 14. September 1970 Bericht erstattete, war seinerseits der Auffassung, "Ineichen und seine Gehilfen, einschliesslich Jakob Kunz und die verantwortlichen Organe der Gebr. Kunz AG" hätten sich durch das widerrechtliche Verwenden bzw. Verwendenlassen des Exportstempels Nr. 110 der fortgesetzten Fälschung einer Bundesurkunde, der Warenfälschung und des Inverkehrbringens BGE 97 IV 253 S. 256 gefälschter Waren schuldig gemacht. In Anwendung von Art. 344 Ziff. 1 StGB vereinigte er im Namen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes die Sache am 22. September 1970 mit der gegen Ineichen, Bucher, Jappert und Schönenberger hängigen kantonalen Untersuchung und überwies den Fall zur gemeinsamen Verfolgung und Beurteilung den Behörden des Kantons Luzern. 4) Am 19. November 1970 gestand Jakob Kunz dem Amtsstatthalter von Sursee, er habe der GSF unrichtige schriftliche Angaben über die Anzahl der von der Kunz AG in den Jahren 1966-1969 geschlachteten Tiere gemacht und die gemeldeten Zahlen durch den Fleischschauer von Bilten als richtig bestätigen lassen. Der Amtsstatthalter beschuldigte ihn daher der Urkundenfälschung, des Betruges und der Anstiftung zu Urkundenfälschung. Etwas später stellte sich heraus, dass auch die von Jakob Kunz ausgestellten und vom Fleischschauer von Bilten als richtig bestätigten Meldungen über die Schlachtungen der Kunz AG in den Jahren 1964 und 1965 zu hohe Zahlen enthalten. 5) Mit Eingaben vom 15. Oktober 1971 an den Amtsstatthalter von Sursee bestritten Jakob Kunz und Bruno Bürki den Gerichtsstand Luzern. Sie beantragten, die Akten der zuständigen Behörde des Kantons Glarus zu überweisen. Der Amtsstatthalter von Sursee ersuchte daher das Verhöramt des Kantons Glarus am 19. Oktober 1971, "die weitere Strafuntersuchung gegen Kunz, Ineichen und Consorten in eigener Zuständigkeit zu übernehmen". Der Verhörrichter des Kantons Glarus antwortete am 22. Oktober 1971, dieser Kanton sei nicht zuständig. Der Amtsstatthalter von Sursee gab dem Verteidiger des Jakob Kunz und des Bruno Bürki am 25. Oktober 1971 von dieser Stellungnahme Kenntnis und fügte bei, eine Besprechung mit der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern habe ergeben, dass die Untersuchung durch den Amtsstatthalter von Sursee durchgeführt und abgeschlossen werden müsse. B.- Mit Eingaben des Verteidigers vom 26. Oktober und 3. November 1971 beantragen Jakob Kunz und Bürki der Anklagekammer des Bundesgerichtes, die Behörden des Kantons Luzern seien unzuständig zu erklären, die gegen sie angehobene Untersuchung durchzuführen, und die Angelegenheit sei zur weiteren Untersuchung und zur Beurteilung den Behörden des Kantons Glarus zu übermitteln. BGE 97 IV 253 S. 257 C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, das Statthalteramt Sursee und das Verhöramt des Kantons Glarus beantragen, die Behörden des Kantons Luzern zur weiteren Verfolgung der beiden Gesuchsteller zuständig zu erklären. Erwägungen Die Anklagekammer zieht in Erwägung: 1. Die Anklagekammer hat in einem Falle, in dem eine Bundesstrafsache einem Kanton gemäss Art. 18 BStP zur Verfolgung und Beurteilung übertragen worden war, unter Hinweis auf Art. 254 Abs. 2 SBtP entschieden, dass die Art. 346 ff. StGB über den Gerichtsstand nicht gelten und die Anklagekammer nicht befugt ist, einen anderen als den im Delegationsbeschluss bezeichneten Kanton zuständig zu erklären ( BGE 69 IV 33 ). Die gleiche Wirkung sprach sie später einer gemäss Art. 344 Ziff. 1 StGB erfolgten Übertragung der Gerichtsbarkeit zu, weil das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auch in diesen Fällen nicht allgemein die Kantone, sondern stets einen ganz bestimmten Kanton zuständig erkläre; dadurch werde der Gerichtsstand auch für die nach dem Gesetz der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehenden Handlungen verbindlich durch das Departement bestimmt (Entscheid vom 9. Januar 1951 i.S. Aargau c. Zürich, veröffentlicht in Praxis des Bundesgerichts, 1951 S. 94 ff.; vgl. auch BGE 81 IV 262 ff. betreffend die Übertragung einer Militärstrafsache an den kantonalen Richter). An dieser Rechtsprechung, die von den Gesuchstellern nicht angefochten wird, ist festzuhalten. 2. Die Gesuchsteller machen geltend, die Bundesanwaltschaft habe am 22. September 1970 ihre Verfolgung und Beurteilung den Behörden des Kantons Luzern nicht übertragen, denn in dieser Verfügung sei weder von Jakob Kunz noch von Bürki die Rede. Die Verfügung spricht von der Überweisung des Falles Ineichen, Bucher, Jappert, Schönenberger "und allfälliger weiterer Mitbeteiligter". Die Gesuchsteller werden darin nicht mit Namen genannt, doch wird in dem der Verfügung beigelegten "Tatbestand" ausgeführt, Ineichen, Bucher und Jappert hätten den Exportstempel der Kunz AG "im Benehmen mit Jakob Kunz" verwendet und "Ineichen und seine Gehilfen, einschliesslich Jakob Kunz und die verantwortlichen Organe der Gebr. Kunz AG, die den Stempel Nr. 110 zur Verfügung stellten", BGE 97 IV 253 S. 258 hätten sich dadurch der fortgesetzten Urkundenfälschung sowie der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren schuldig gemacht. Die Bundesanwaltschaft sah also in Jakob Kunz und in weiteren Verantwortlichen aus der Kunz AG Mitbeteiligte, mit deren Verfolgung und Beurteilung sie die Behörden des Kantons Luzern beauftragen wollte. Dasselbe ergibt sich daraus, dass sie am Schlusse des "Tatbestandes" ausführte, die zuständige Behörde sei "berechtigt und verpflichtet, das Verfahren auf objektiv und subjektiv konnexe Bundesstrafsachen und gegebenenfalls auf weitere beteiligte Personen auszudehnen, wobei insbesondere auch auf die im Bericht des Eidg. Veterinäramtes vom 14.9.1970 an die Bundesanwaltschaft dargelegten Sachverhalte verwiesen" werde. Im erwähnten Bericht des Veterinäramtes ist gesagt, dass Ineichen, Bucher, Jappert, Jakob Kunz, Lukas Kunz und allfällige weitere Verantwortliche der Firma Kunz AG sich der Fälschung von Bundesurkunden schuldig gemacht hätten (vgl. Geschäftsbericht des Bundesrates, 1946 S. 231 unten). Es besteht daher kein Zweifel, dass Jakob Kunz und Bürki, der als Prokurist der Kunz AG gehandelt hat, von der Vereinigungsverfügung der Bundesanwaltschaft miterfasst werden. Ihre Verfolgung und Beurteilung ist somit, für die Anklagekammer verbindlich, gemäss Art. 344 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 5 BRB betreffend die Zuständigkeit der Departemente (AS 1969 S. 78) dem Kanton Luzern übertragen. Das träfe auch zu, wenn den Beschuldigten nicht neben der Fälschung von Bundesurkunden die Vergehen der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren vorgeworfen worden wären. Die Übertragung der Gerichtsbarkeit müsste dann als gemäss Art. 18 BStP erfolgt gelten, womit der Gerichtsstand Luzern wiederum verbindlich feststände. Auf das Gesuch ist daher insoweit nicht einzutreten, als es den Vorwurf betrifft, die Gesuchsteller hätten die Verwendung des Exportstempels der Kunz AG zur Abstempelung von Fleisch aus dem Betrieb der Ineichen AG ermöglicht. 3. Die Anklagekammer hat am 9. Januar 1951 i.S. Aargau c. Zürich (Praxis, 1951 S. 96/7) entschieden, wenn die Behörden nach dem Erlass der Vereinigungsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes neue strafbare Handlungen entdeckten, die von der Verfügung weder ausdrücklich noch dem Sinne nach erfasst würden, habe gemäss Art. 344 Ziff. 1 BGE 97 IV 253 S. 259 StGB das Departement zu bestimmen, ob die neu entdeckten Handlungen zusammen mit den von der Verfügung erfassten zu verfolgen seien, und, wenn ja, ob es an der Zuständigkeit des in der ersten Vereinigungsverfügung genannten Kantons festhalten oder einen anderen Kanton zur Verfolgung aller Handlungen zuständig erklären wolle; erst wenn das Departement es ablehne, die neuen Fälle mit den anderen zu vereinigen, sei die Anklagekammer zuständig, den Gerichtsstand zur Verfolgung der neu entdeckten Handlungen zu bestimmen. Im erwähnten Falle unterstand ein Teil der neu entdeckten strafbaren Handlungen der Bundesgerichtsbarkeit, nämlich die Verfälschung von Abonnementen der Schweizerischen Bundesbahnen, die nachBGE 71 IV 153Erw. 2 als Urkunden des Bundes gelten. Nur das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement konnte bestimmen, ob es diese Handlungen durch die kantonalen Behörden verfolgen lassen wolle, und, wenn ja, welcher Kanton mit der Verfolgung zu betrauen sei. Im vorliegenden Falle verhält es sich anders. Die nach der Vereinigungsverfügung vom 22. September 1970 neu entdeckten strafbaren Handlungen sollen in der Falschbeurkundung der Schlachtzahlen der Kunz AG durch Jakob Kunz, in der Anstiftung des Fleischschauers von Bilten zur Bestätigung der Richtigkeit dieser Zahlen und in dem mit den falschen Urkunden begangenen Betrug (Erschleichung eines höheren Einfuhrkontingentes) bestehen. Diese Handlungen unterstehen ausschliesslich der kantonalen Gerichtsbarkeit, denn die Fleischschauer sind kantonale Beamte (Art. 16 ff. der eidgenössischen Fleischschauverordnung vom 11. Oktober 1957, AS 1957 919 ff; BGE 96 IV 163 Erw. 1). Es bleibt kein Raum für eine allfällige neue Vereinigungsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes im Sinne von Art. 344 Ziff. 1 StGB . Es fragt sich einzig, ob der Gerichtsstand zur Verfolgung dieser Handlungen sich am Ausführungsorte im Kanton Glarus befinde oder im Kanton Luzern, wo Jakob Kunz wegen der anderen strafbaren Handlungen zu verfolgen ist und die Mitbeschuldigten verfolgt werden. Zum Entscheid dieser Gerichtsstandsfrage ist die Anklagekammer zuständig. 4. Die neu entdeckten strafbaren Handlungen des Jakob Kunz sind nicht mit schwererer Strafe bedroht als seine von der Verfügung vom 22. September 1970 erfassten Urkundenfälschungen. Gemäss Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sind sie daher BGE 97 IV 253 S. 260 im Kanton Luzern als dem Orte der ersten Untersuchnug zu verfolgen. Die Anklagekammer hat keinen Anlass, in Anwendung von Art. 263 BStP für die neu entdeckten Handlungen einen besonderen Gerichtsstand festzusetzen. Diese Handlungen sind ähnlicher Art wie die Falschmeldungen von Schlachtzahlen der Ineichen AG. Die von Jakob Kunz geleitete Kunz AG beherrscht diese Gesellschaft. Der Amtsstatthalter von Sursee vermutet, dass sich Jakob Kunz der im Betrieb der Ineichen AG vorgekommenen Falschmeldungen mitschuldig gemacht habe. Kunz war zweimal dabei, als Ineichen beim Direktor der Haut- und Fettzentrale in Zürich vorsprach und ihm nahegelegt haben soll, die Meldungen über die Zahl der gelieferten Häute abzuändern. Er hat auch darzutun versucht, ein Teil der von der Ineichen AG an die Haut- und Fettzentrale gelieferten Häute sei der Kunz AG gutgeschrieben worden. Es ist zweckmässig, die im Betriebe der Kunz AG vorgekommenen Verfehlungen von den gleichen Behörden untersuchen und beurteilen zu lassen wie die im Betriebe der Ineichen AG begangenen. Dazu kommt, dass die Untersuchung durch den Amtsstatthalter von Sursee weit fortgeschritten i st. SeitdemJakob Kunzam 19. November 1970die neu entdeckten strafbaren Handlungen vorgehalten wurden, hat der Beschuldigte bis zur Anrufung der Anklagekammer beinahe ein Jahr verstreichen lassen. Bis zur Einsprache des Gesuchstellers waren ferner die Behörden der beiden Kantone einig, dass Jakob Kunz wie die übrigen Beschuldigten im Kanton Luzern zu verfolgen sei, und sie sind auch heute wieder gleicher Meinung. Es besteht kein triftiger Grund im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 69 IV 46 Erw. 2, BGE 71 IV 61 , BGE 85 IV 210 Erw. 3, BGE 96 IV 93 , BGE 97 IV 150 ), den Gerichtsstand nachträglich zu ändern. Dispositiv Demnach erkennt die Anklagekammer: 1.- Das Gesuch des Jakob Kunz wird abgewiesen. 2.- Auf das Gesuch des Bruno Bürki wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 100 II 352 53. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 24 septembre 1974 dans la cause Gay contre dame Porcel.
Regeste Art. 339 aoR, Haftung des Arbeitgebers. Verschulden des Arbeitgebers, der eine für den Haushalt bestimmte heizbare Wäschemange nicht mit den geeigneten Sicherheitsvorkehren versehen und die Arbeitnehmerin nicht über die Gefahren der Maschine unterrichtet hat (Erw. 2 a). Herabsetzung des Schadenersatzes wegen Mitverschuldens der Verunfallten (Erw. 2 b). Medizinische Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Erw. 5). Bestimmung des künftigen Erwerbsausfalles unter Berücksichtigung von Tätigkeit und Alter der Verunfallten sowie deren Absicht, in ihre Heimat zurückzukehren (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 352 BGE 100 II 352 S. 352 A.- Manuella Porcel-Castillo, née en 1913, est entrée le 1er février 1967 au service des époux Gay, qui exploitent l'institut "Château Beau-Cèdre" à Clarens. Elle travaillait notamment dans les chambres, à la cuisine, s'occupait des nettoyages, de la lessive et du repassage. Il lui arrivait d'utiliser pour cette dernière activité une calandre chauffante à usage ménager appartenant à ses employeurs et au fonctionnement de laquelle elle avait été initiée par sa soeur. Celle-ci, qui travail lait également à l'institut, se servait de cette machine depuis 1960. BGE 100 II 352 S. 353 Partie en vacances en Espagne à mi-mai 1968, dame Porcel est rentrée à Clarens le 11 juin 1968 au soir, après avoir été retardée par une grève des chemins de fer français. En l'absence des époux Gay, elle a été reçue par leur fils, qui lui a remis la clef de sa chambre. Elle a repris son travail le lendemain. Sa soeur était en congé ce jour-là. Dame Porcel a repassé seule des draps avec la calandre. Alors qu'elle passait le dernier drap dans la machine, sa main droite est restée prise sous le rouleau. Elle a dû être amputée des trois derniers doigts de la main droite, atteints de brûlures du troisième degré, la fonction du pouce et de l'index restant complète. Les époux Gay ont donné congé à dame Porcel pour fin novembre 1968. Celle-ci a été engagée au début de 1969 comme aide de ménage à l'Institut Maillefer à la Tour-de-Peilz, qu'elle a quitté à fin septembre 1973, à la remise de cet établissement. Les époux Gay avaient contracté pour leur personnel de maison, auprès de la Zurich, une police d'assurance contre les accidents prévoyant les prestations maximales suivantes: 10 000 fr. en cas d'invalidité et 2000 fr. pour les frais de traitement médical; le pourcentage d'invalidité fixé pour la perte d'un autre doigt de la main droite que le pouce ou l'index était de 8%. A l'époque, les conventions collectives dans la branche de l'hôtellerie et les exploitations analogues prévoyaient une indemnité minimale de 20 000 fr. en cas d'invalidité totale. La Zurich a payé à dame Porcel une indemnité de 2400 fr. ainsi que les frais médicaux et d'hospitalisation. B.- Dame Porcel a ouvert action contre les époux Gay, solidairement, en paiement de 97 518 fr. 90 avec intérêt, dont à déduire les gains réalisés au service de l'Institut Maillefer et ceux qu'elle pourrait obtenir dès son retour en Espagne. Les défendeurs ont offert de verser 5000 fr. à la demanderesse pour solde de tous comptes et conclu à libération des fins de la demande. Par jugement du 9 avril 1974, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a condamné les défendeurs à payer solidairement à la demanderesse 9240 fr. avec intérêt à 5% dès le 1er février 1971 et 33 150 fr. avec intérêt à 5% dès le 1er octobre 1973. Se fondant notamment sur une expertise technique, elle considère que les défendeurs sont entièrement responsables du dommage subi par la demanderesse, dont BGE 100 II 352 S. 354 aucune faute n'a été établie. Elle arrête à 11 640 fr. le dommage concret, soit le manque à gagner subi par la demanderesse jusqu'au 30 septembre 1973, montant dont il faut déduire l'indemnité de 2400 fr. versée par la Zurich. Compte tenu du taux d'incapacité de travail de 31,5% que propose l'expert médical, le dommage permanent annuel de la demanderesse dès le 1er octobre 1973 peut être estimé à 3000 fr., ce qui donne un capital de 33 150 fr. C.- Les défendeurs recourent en réforme au Tribunal fédéral. Ils concluent à la réduction à 10 000 fr. de la créance de la demanderesse. L'intimée propose le rejet du recours. Le Tribunal fédéral admet partiellement le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Les recourants ne contestent pas le principe de leur responsabilité civile pour le dommage subi par l'intimée, au regard de l'art. 339 CO ancien. Ils font valoir que leur comportement a été apprécié de façon rigoureuse et que le Tribunal cantonal a nié à tort l'existence d'une faute de la lésée. Ils proposent de fixer à un tiers le facteur de réduction de leur responsabilité afférent à cette faute. a) La faute imputable à l'employeur. en l'espèce est de même nature que celle qu'a retenue le Tribunal fédéral dans l'arrêt Vuerchoz du 11 mars 1969 (RO 95 II 132 ss.). Cet arrêt rappelle que l'art. 339 CO ancien impose à l'employeur un double devoir: d'une part, il doit munir les installations et les machines dangereuses de dispositifs de sécurité adéquats selon l'état de la technique; d'autre part, il est tenu d'instruire les employés des risques auxquels ils sont exposés et de leur prescrire le comportement à adopter pour les éviter; la nature et l'étendue des précautions qui incombent à l'employeur sont déterminées dans une large mesure par la personne de l'employé, sa formation, ses capacités (consid. 1, p. 137). Le devoir de diligence de l'employeur doit être apprécié selon des exigences rigoureuses; il comprend la prévention de tout accident qui n'est pas dû à un comportement imprévisible et constitutif d'une faute grave de la victime (consid. 2, p. 140). Examinée à la lumière de ces principes, la responsabilité des défendeurs est manifestement engagée. Selon le rapport BGE 100 II 352 S. 355 d'expertise, la calandre en cause ne comporte pas le dispositif de sécurité - "barrière de protection" - qui équipe obligatoirement les calandres chauffantes utilisées dans des entreprises à caractère industriel. Elle possède un débrayage que l'on peut actionner avec la main ou avec le genou en opérant une pression vers la droite, ainsi qu'un levier actionné au pied qui, en abaissant le berceau chauffant, permet de dégager un drap plissé ou une main prise. Sans réflexes rapides et conditionnés, ces manoeuvres ne peuvent cependant être efficaces parce que tardives. Les dispositifs en question sont ainsi insuffisants en ce qui concerne la sécurité du personnel servant. A l'instar des premiers juges, la cour de céans ne peut que se rallier aux conclusions de l'expert et admettre que la machine à l'origine de l'accident, bien que présentant un danger caractérisé, n'était pas munie des dispositifs de sécurité adéquats. La responsabilité de l'employeur est dès lors engagée; peu importe que, selon l'expert, "la majorité, sinon la totalité, des calandres à usage ménager sont construites sur la base du même principe". Le coût et la pose d'un dispositif de sécurité, qui aurait porté en 1968 le capital investi dans la machine de 1857 fr. à 2753 fr., n'était en effet pas tel que cette mesure de prévention ne pût être imposée aux défendeurs. Le jugement déféré constate au surplus que si la demanderesse a été initiée au fonctionnement de la calandre par sa soeur, les défendeurs "ne se sont pas souciés de son instruction" à ce sujet et qu'ils "n'ont pas attiré son attention sur les risques qui guettent le servant" de cette machine. Leur responsabilité est donc engagée à ce titre également. b) Le Tribunal cantonal considère qu'il n'est pas établi, ni même allégué que la demanderesse ait commis une erreur de manipulation, qu'elle ait placé sa main de manière imprudente sous la presse pour se faciliter le travail; rien ne permet selon lui d'imaginer l'existence d'une quelconque faute à la charge de la demanderesse. En l'absence d'une barre de sécurité arrêtant automatiquement le mouvement du cylindre, le danger propre à l'utilisation de la calandre en cause est évident. Tout usager, même non averti, doit avoir conscience qu'en avançant les doigts trop près du rouleau, il s'expose au risque qu'ils soient entraînés par le mouvement de celui-ci. Lorsque les premiers juges considèrent, pour nier l'existence d'une faute de la demanderesse, BGE 100 II 352 S. 356 qu'il n'est pas établi ni même allégué qu'elle ait placé sa main de manière imprudente sous la presse, ils méconnaissent que l'accident n'a pu se produire qu'à la suite d'une telle imprudence. Les défendeurs ont toujours fait valoir cette faute, qui est patente; sans elle, l'accident serait inexplicable. Or des faits dont on doit présumer qu'ils se sont déroulés dans le cours naturel des choses peuvent être mis à la base d'un jugement, même s'ils ne sont pas établis par une preuve, à moins que la partie adverse n'allègue ou ne prouve des circonstances de nature à mettre leur exactitude en doute (RO 85 II 190; arrêt non publié Walker c. Hefti, du 15 mars 1974, consid. 3 c p. 12; KUMMER, n. 362 ss. ad art. 8 CC; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2e éd., p. 341, 345; DESCHENAUX, Der Einleitungstitel, Schweizerisches Privatrecht II, p. 268). En l'espèce, la demanderesse n'a pas tenté de fournir une autre explication des causes de l'accident. C'est donc à tort que le Tribunal cantonal a nié l'existence d'une faute de la demanderesse. Quant à la proportion dans laquelle il convient de réduire les dommages-intérêts, le taux d'un tiers que proposent les recourants n'est pas excessif au regard de l'imprudence commise par l'intimée. 5. Invoquant l'arrêt Rial (RO 99 II 214 ss.), les recourants reprochent aux premiers juges d'avoir pris pour base de leur calcul le taux de l'invalidité anatomique. Selon eux, toutes les activités auxquelles la demanderesse se livrait avant l'accident lui resteraient ouvertes après celui-ci. C'est essentiellement le facteur social, à savoir la difficulté accrue pour une personne mutilée de trouver un emploi, notamment en cas de récession, qui devrait être pris en considération pour déterminer l'atteinte à l'avenir économique. Il est vrai que le taux d'invalidité de 31,5% fixé par l'expert médical, et adopté par le Tribunal cantonal, repose sur l'estimation du seul dommage anatomique, soit sur le pourcentage de 24% admis de manière générale par la compagnie d'assurances Zurich pour la perte des trois derniers doigts de la main droite. Selon l'expert, il convient de retenir un supplément de 7,5% pour tenir compte de "facteurs sociaux tels que: difficulté de reclassement professionnel de la patiente en raison de son âge et handicap sur le marché du travail". Les premiers juges déclarent se rallier "au taux d'incapacité de travail de 31,5% que propose l'expert médical" en considérant BGE 100 II 352 S. 357 qu'"il ne s'agit pas là, selon l'expert lui-même, d'un taux purement médical, comme ont tenté de le soutenir les défendeurs. Au contraire, l'expert a tenu compte de l'âge de la demanderesse, du handicap que présente l'aspect de sa main pour son reclassement professionnel et sa recherche d'emploi." Ces considérations de l'autorité cantonale à l'appui de la solution adoptée montrent qu'elle n'a nullement confondu les notions de l'invalidité médicale et de l'incapacité de gain, comme le soutiennent les recourants. Elle n'a pas violé le droit fédéral en se fondant sur le taux de 31,5% proposé par l'expert médical et la cour de céans n'a aucun motif de s'écarter de cette appréciation. 6. Partant d'un gain mensuel présumé de 850 fr. et d'une perte de gain de 31,5%, c'est-à-dire de 267 fr. 50, le Tribunal cantonal réduit ce montant à 250 fr. par mois, soit à 3000 fr. par an, pour tenir compte de la diminution, avec les années, des possibilités de travail de la demanderesse et de son intention de retourner en Espagne, où ses possibilités de gain seront inférieures à ce qu'elles sont en Suisse. Capitalisant cette somme selon les tables de STAUFFER/SCHAETZLE, il arrive à une indemnité de 33 150 fr. Critiquant ce calcul, les recourants considèrent comme improbable, vu la situation particulière de la demanderesse et son âge, qu'elle poursuive son activité au-delà de 65 ans. Ils proposent de retenir une perte de gain de 150 fr. par mois durant cinq ans, au total 9000 fr. Les premiers juges constatent que la demanderesse a manifesté l'intention de rentrer en Espagne où le gain qu'elle pourrait réaliser ne serait pas supérieur à 480 fr. par mois, alors que le salaire usuel normal correspondant à son emploi serait de 850 fr. en Suisse. Ils admettent dès lors avec raison l'existence de deux causes, indépendantes de l'accident, de diminution de la capacité de gain future de la demanderesse: d'une part son âge, 60 ans au moment déterminant pour la capitalisation; d'autre part les conditions de salaire inférieures de l'Espagne. Mais la réduction de la perte de gain mensuelle de 267 fr. 50 à 250 fr. ne tient pas suffisamment compte de ces deux facteurs. Selon l'expérience générale de la vie, une femme âgée de 60 ans ne trouvera pas jusqu'à la fin de la durée moyenne d'activité - de 14,29 ans d'après STAUFFER/SCHAETZLE (Barwerttafeln, 3e éd., p. 193) - un emploi d'aide de ménage, BGE 100 II 352 S. 358 rémunéré comme si elle était dans la force de l'âge. Compte tenu de l'entretien et du logement, la demanderesse aurait nécessairement dû tabler sur une réduction sensible de son salaire en espèces dans un avenir plus ou moins proche, ce qu'il faut prendre en considération (cf. RO 99 II 212 in initio; OFTINGER, Haftpflichtrecht, 2e éd., I p. 191; STAUFFER/SCHAETZLE, op.cit., p. 155), sans pour autant faire "abstraction de tout calcul de capitalisation", comme le proposent les recourants. Il convient en outre de tenir compte de l'intention manifestée par la recourante de retourner en Espagne, où elle utilisera le capital qui lui sera alloué, de manière à ce qu'elle ne jouisse pas d'une situation pécuniaire meilleure que celle qu'elle aurait eue en Suisse (cf. RO 97 II 131 s. consid. 6 i.f., 135 consid. 10 i.f.). Ces deux facteurs justifient la fixation d'une perte de gain mensuelle de 200 fr. comme base de calcul de l'indemnité pour atteinte à l'avenir économique de la demanderesse consécutive à l'accident. Capitalisée selon la table 20 de STAUFFER/SCHAETZLE (op. cit., p. 197, pour une femme de 60 ans, coefficient 1105), la perte annuelle de 2400 fr. représente 26520 fr. Après la réduction de 1/3 pour la faute de la demanderesse, celle-ci a droit à une indemnité de 17 860 fr., avec intérêt à 5% dès le 1er octobre 1973.
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1,974
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Federation
26d86b56-cdcb-4c35-b878-46e5de37a8a9
Urteilskopf 112 IV 1 1. Urteil des Kassationshofes vom 16. Juni 1986 i.S. X. gegen Jugendstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 StGB ; Strafvollzug bei Jugendlichen. Unter gewissen Umständen (s. E. 3) kann in Einzelfällen eine Einschliessungsstrafe abweichend von der gesetzlichen Regelung des Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 Satz 2 StGB in einem Bezirksgefängnis vollzogen werden.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 112 IV 1 S. 1 Die ca. 16/17 Jahre alte Jugendliche X. wurde durch das Jugendgericht des Bezirkes Zürich mit Urteilen vom 7. Februar und 30. April 1986 wegen Vermögens- und anderen Delikten zu unbedingten Einschliessungsstrafen verurteilt, die sie zur Zeit im Bezirksgefängnis Dielsdorf verbüsst. Mit Eingabe vom 19. März 1986 hatte die amtliche Verteidigerin das Gesuch gestellt, es sei die Einschliessungsstrafe gemäss Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 StGB in einem Erziehungsheim zu vollziehen, weil die Einschliessungsdauer einen Monat überschreitet. Die Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich wies das Gesuch mit Verfügung vom 11. April 1986 ab. Dieser Entscheid wurde durch die Jugendstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Rekursverfahren am 30. April 1986 bestätigt. Dagegen richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, es seien die beiden vorgenannten Entscheide aufzuheben. BGE 112 IV 1 S. 2 Das Bundesgericht weist sie ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Zu entscheiden ist allein, ob die Jugendliche abweichend von der gesetzlichen Anordnung des Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 StGB in ein Bezirksgefängnis eingewiesen werden durfte. Die Vollzugsbehörden führten aus, bei der Beschwerdeführerin könne nur ein Erziehungsheim mit geschlossener Abteilung seine Aufgabe erfüllen; solche Plätze gebe es im Kanton Zürich aber nicht und zahlreiche Anfragen in anderen Kantonen seien abschlägig beantwortet worden; zudem wäre der Vollzug der Einschliessungsstrafe in einem Erziehungsheim gerade bei der ausdrücklich als massnahmeunfähig bezeichneten Beschwerdeführerin wenig sinnvoll; die getroffene Lösung entspreche dem "Willen des Gesetzes" und sei jedenfalls eher zu vertreten als ein Verzicht auf die Strafe. Dieser Auffassung widerspricht die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 StGB . Zudem macht sie geltend, der Vollzug einer Einschliessungsstrafe in einem Gefängnis für Erwachsene sei menschlich nicht vertretbar und verstosse gegen die EMRK. 2. Gemäss Art. 95 Ziff. 3 Abs. 1 StGB ist eine Einschliessung von mehr als einem Monat bei einem Jugendlichen, der das 18. Altersjahr noch nicht vollendet hat, in einem Erziehungsheim zu vollziehen. Diese gesetzliche Regelung wurde in der Literatur verschiedentlich kritisiert, da auf diese Weise "normale" mit schwererziehbaren und verwahrlosten Jugendlichen zusammengebracht würden (REHBERG, Strafrecht II: Strafen und Massnahmen, Zürich 1980, S. 108; BOEHLEN, Kommentar zum Schweizerischen Jugendstrafrecht, Bern 1975, N 9 zu Art. 95 StGB S. 213; BEGLINGER, Das Jugendstrafverfahren im Kanton Zürich ..., Diss. ZH 1972, S. 143) bzw. weil der Unterschied zwischen Strafe und Massnahme verwischt werde (SCHULTZ, AT II, 4. Aufl., Bern 1982, S. 241). Wie der vorliegende Fall zeigt, weigern sich Heimleiter häufig, (länger dauernde) Einschliessungen von Jugendlichen durchzuführen (HEINE/LOCHER, Jugendstrafrechtspflege in der Schweiz, Freiburg i. Br., 1985, S. 80 f.; vgl. zur Praxis auch HUG, Die Strafen im schweizerischen Jugendstrafrecht, Diss. ZH 1976, S. 102 f.). Das Bundesgericht hat im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass für die Beschwerdeführerin tatsächlich kein Platz in einem geschlossenen Erziehungsheim gefunden werden konnte. BGE 112 IV 1 S. 3 3. Trotz gewisser Bedenken ist der von den Zürcher Behörden gefundenen Lösung zuzustimmen. Obwohl sie nicht dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, vermag sie bis zur Errichtung entsprechender Vollzugsinstitutionen jedenfalls unter den konkreten Umständen zu überzeugen. a) Die Vorinstanz stellte für den vorliegenden Fall zutreffend fest, der "erzwungene" Verzicht auf die vom Gericht unbedingt ausgesprochene Strafe sei nicht zu vertreten. Die Beschwerdeführerin ist eine jener jugendlichen Zigeunerinnen, die einzig zur Verübung von Straftaten in die Schweiz einreisen. Ob sie jünger oder älter als 18 Jahre (d.h. voll strafmündig) ist, konnte nicht mit hinreichender Sicherheit abgeklärt werden. Ein Kapitulieren in der Frage des Strafvollzuges hätte schwerwiegende Folgen und wäre insbesondere geeignet, "entsprechende Kreise im Ausland zu animieren, in der Schweiz ... noch vermehrt Diebstähle zu verüben". Die Beschwerdeführerin musste denn auch nach ihrer ersten bedingten Entlassung und Ausschaffung aus der Schweiz Ende Februar 1986 bereits am 4. März 1986 wegen neuer Straftaten verhaftet werden. Solange die passenden Heime nicht erstellt sind (dazu HUG, a.a.O. S. 107 oben), werden die Behörden in Fällen der vorliegenden Art um eine Ersatzlösung nicht herumkommen, bei der allerdings die unten in E. 3b aufzuzeigenden Gesichtspunkte beachtet werden müssen. b) Die Behörden des Kantons Zürich haben nicht verkannt, dass eine für die Betroffene aussergewöhnliche Vollzugsform gewählt worden ist, und sie haben deshalb spezielle Vorkehren getroffen. Die Beschwerdeführerin befindet sich mit einer ebenfalls italienisch sprechenden jungen Frau in einer Gemeinschaftszelle, wo sie über einen Fernsehapparat verfügt, für den die Jugendanwaltschaft Kostengutsprache leistet. Zudem wird sie zusammen mit anderen Insassen zur Arbeit angehalten, die sie offenbar ohne besondere Schwierigkeiten verrichtet. Schliesslich haben die Behörden den gefängnispsychiatrischen Dienst der Klinik Rheinau ersucht, die jugendliche Straftäterin im Hinblick auf ihre Hafterstehungsfähigkeit zu "überwachen". Bei der vorliegenden aussergewöhnlichen Vollzugsform ist ausschlaggebend, dass die Jugendliche nicht isoliert ist, zu einer Arbeitstätigkeit angehalten und regelmässig betreut wird. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich in Einzelfällen die Einweisung in ein Bezirksgefängnis verantworten, und es kann dann auch nicht von einem "unmenschlichen" Vollzug gesprochen werden, wie es die Verteidigung tut. BGE 112 IV 1 S. 4 4. Der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, inwieweit die EMRK im vorliegenden Fall missachtet worden sein soll. Insbesondere wurde unter den konkreten Umständen Art. 5 Ziff. 1 lit. d EMRK nicht verletzt. Der Freiheitsentzug wurde in einem geregelten Verfahren angeordnet, hat eine materielle Grundlage und entspricht auch dem - weit auszulegenden - Zweckgedanken der überwachten Erziehung (TRECHSEL, Die Europäische Menschenrechtskonvention, ihr Schutz der persönlichen Freiheit und die schweizerischen Strafprozessrechte; Bern 1974, S. 189, 209).
null
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26daba87-8af7-40eb-a5af-fefe8a36ede6
Urteilskopf 109 V 207 38. Auszug aus dem Urteil vom 29. August 1983 i.S. Firma Max Ritter gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern
Regeste Art. 104 OG . Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts, wenn die Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln streitig ist (Erw. 1b). Art. 12 Abs. 6 und Art. 23 KUVG , Art. 4 Vo VIII, Art. 6 Vf 10: Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln. - Art. 12 Abs. 6 und Art. 23 KUVG sind eine genügende gesetzliche Grundlage für eine über den blossen Missbrauchsschutz hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung; keine Berufung auf die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 4). - Die Vorschriften zur Wirtschaftlichkeitsprüfung in Vo VIII und Vf 10 halten sich innerhalb der gesetzlichen Delegationsnorm (Erw. 5). - Art. 6 Abs. 1 Vf 10 ist Grundlage für eine Preisabstufung nach der Grösse der Arzneimittelpackung (Erw. 6a). Richtlinien des Bundesamtes für Sozialversicherung über Preisrelationen bei unterschiedlichen Packungsgrössen gleicher Dosierung bzw. bei gleichen Packungsgrössen unterschiedlicher Dosierung (vom 28. März 1979). - Rechtlicher Charakter der Richtlinien; sie enthalten keine Rechtssätze und bedürfen keiner gesetzlichen Grundlage (Erw. 3). - Die Richtlinien beruhen auf Erfahrungswerten; ihre Anwendung lässt sich nicht beanstanden, soweit im konkreten Fall nicht nachgewiesen ist, dass sie aufgrund besonderer Umstände zu einem offensichtlich unhaltbaren Ergebnis führen (Erw. 6b). - Verletzung der Rechtsgleichheit im Hinblick auf Arzneimittel, die vor Erlass der Richtlinien in die Spezialitätenliste aufgenommen worden sind (Erw. 6c)?
Sachverhalt ab Seite 209 BGE 109 V 207 S. 209 A.- Die Firma Max Ritter vertreibt in der Schweiz das durch die Ferring AB in Malmö hergestellte Arzneimittel GAVISCON. Es ist indiziert bei saurem Aufstossen, Reflux, Oesophagitis, Sodbrennen, Völlegefühl bei Patienten mit und ohne Hiatushernie, bei Lageanomalien des Magens z.B. infolge Schwangerschaft sowie bei Hypersekretion. Mit Wirkung ab 15. März 1977 wurden die Packungen zu 24 und 48 Tabletten in die Spezialitätenliste aufgenommen, und zwar zum Preise von Fr. 6.25 bzw. Fr. 11.20. Im Dezember 1978 meldete die Firma eine Grosspackung zu 200 Tabletten zur Aufnahme in die Spezialitätenliste an und nannte dabei einen Preis von Fr. 42.50. Mit Verfügung vom 5. Juli 1979 lehnte das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) das Gesuch ab, da eine Einsparung von nur 9% gegenüber der Packung zu 48 Tabletten zu gering und die Grosspackung somit zu teuer sei. B.- Gegen diese Verfügung liess die Firma Beschwerde erheben mit dem Antrag, es sei die Grosspackung zu 200 Tabletten zum vorgesehenen Preis von Fr. 42.50 in die Spezialitätenliste aufzunehmen. Dazu machte sie geltend, die Richtlinien des BSV über Preisrelationen bei unterschiedlichen Packungsgrössen seien willkürlich, stellten praktisch eine Preiskontrolle dar und würden rechtsungleich angewendet; ein Rabatt von 24% zur kleinsten Packung sei nicht möglich, da bei zunehmendem Preis des Produkts die prozentuale Einsparung bei der Herstellung der Packung kleiner werde. Nach Einholen einer Meinungsäusserung der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) durch das BSV wies das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die Beschwerde mit Entscheid vom 10. Dezember 1980 ab. BGE 109 V 207 S. 210 C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Firma beantragen, es sei die Aufnahme von GAVISCON 200 Tabletten in die Spezialitätenliste anzuordnen; eventualiter sei die Sache zum Erlass einer entsprechenden Verfügung an das BSV zurückzuweisen. Das EDI schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) (Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, Kognition: vgl. BGE 108 V 132 Erw. 1.) b) Die Beschwerdeführerin bemängelt zunächst unter Berufung auf ein Gutachten von RHINOW vom 22. April 1980 über die Preisaufsicht des Bundes bei Arzneimitteln (abgedruckt in Wirtschaft und Recht [WuR] 33/1981 S. 1 ff.), in BGE 105 V 190 f. schränke das Eidg. Versicherungsgericht seine Überprüfungsbefugnis bei Streitfällen über die Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln in unzulässiger Weise ein (a.a.O. S. 60 ff.). Der EAK komme bei Preisfragen keine Expertenstellung zu; wenn das Gericht sich dennoch "auf das Fachwissen und die Praxis der Verwaltung" zurückziehe und eine "reine Rechtsfrage" wie die "der Art und des Umfangs der im Rahmen des KUVG zulässigen Preiskontrolle" nicht "voll" überprüfe, so führe dies "zu einer unhaltbaren Verkürzung des Rechtsschutzes der Betroffenen". Entgegen der Befürchtung der Beschwerdeführerin kann aus dem erwähnten Urteil nicht gefolgert werden, das Eidg. Versicherungsgericht wolle seine gesetzlich festgelegte Überprüfungsbefugnis einschränken und Rechtsfragen nicht voll überprüfen. Wie dies ganz allgemein bei Streitigkeiten über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste zutrifft, können sich auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit "reine" Rechtsfragen stellen. Sie sind vom Eidg. Versicherungsgericht gemäss Art. 104 lit. a OG auf die Verletzung von Bundesrecht hin zu überprüfen, wobei zum Bundesrecht auch das Bundesverfassungsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie die Rechtsgleichheit und die Verhältnismässigkeit gehören (BGE 108 Ib 74, BGE 106 Ib 253, BGE 104 V 177 Erw. 2, BGE 102 V 125 Erw. 1b, BGE 99 V 57 und 60). Allerdings sind beim Entscheid darüber, ob der für ein bestimmtes Arzneimittel vorgesehene Preis einer Aufnahme in die Spezialitätenliste entgegensteht oder nicht, auch ausgesprochene Fachfragen BGE 109 V 207 S. 211 zu beurteilen. In diesem Bereich ist die Verwaltung auf die besonderen Fachkenntnisse ihrer Amtsträger oder auf die Beratung durch entsprechende Fachleute angewiesen. So sehen denn auch Art. 12 Abs. 6 KUVG und Art. 8 ff. Vo VIII den Beizug der EAK vor, der - funktionell betrachtet - die Bedeutung eines verwaltungsinternen beratenden Gremiums zukommt (BGE 108 V 138 Erw. 4). Bei der Beantwortung solcher Fachfragen steht der Verwaltung ein weiter Spielraum des Ermessens bzw. - wo es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe handelt - ein Beurteilungsspielraum zu. Im Rahmen der auf die Rechtskontrolle beschränkten Überprüfungsbefugnis hat sich das Eidg. Versicherungsgericht bei der Prüfung von Fragen, die solche Fachkenntnisse voraussetzen, Zurückhaltung aufzuerlegen, solange nicht ernsthafte Gründe zu Zweifeln bestehen. Keiner solchen Zurückhaltung bedarf es hingegen, wenn es sich um Fragen handelt, welche die Beschwerdeinstanz nach Massgabe ihrer Überprüfungsbefugnis ebenso gut beurteilen kann wie die Verwaltung (vgl. BGE 108 V 140 Erw. 4c/dd). 2. a) (Vgl. BGE 108 V 152 Erw. 2, BGE 105 V 189 Erw. 2, BGE 102 V 79 Erw. 2.) b) Am 28. März 1979 hat das BSV Richtlinien über die Preisrelation zwischen unterschiedlichen Packungsgrössen gleicher Dosierung sowie über die Preisrelation zwischen gleichen Packungsgrössen unterschiedlicher Dosierung herausgegeben. Darin werden unter Berücksichtigung verschiedener galenischer Formgebungen (Tabletten, Salben, Sirups, Zäpfchen, Ampullen) sowie des Verhältnisses zwischen Klein- und Grosspackung bzw. des Dosierungsunterschiedes prozentuale Preisreduktionen vorgesehen. Sie sollen beispielsweise bei Tabletten und einem Packungsgrössenverhältnis von 1:3 ca. 16% und von 1:5 ca. 24% ausmachen. 3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der vorinstanzliche Entscheid sei rechtswidrig, weil er sich auf die Richtlinien des BSV vom 28. März 1979 stütze. Diese entbehrten mangels einer Delegationsnorm der gesetzlichen Grundlage und könnten damit nicht als verbindlich angesehen werden. Die Beschwerdeführerin setzt dabei anscheinend voraus, dass die Vorinstanz diesen Richtlinien die Verbindlichkeit eines Rechtssatzes beimisst. Dies trifft indessen nicht zu. Die Vorinstanz bezeichnet die Richtlinien an keiner Stelle als verbindlich, sondern führt in diesem Zusammenhang in ihrem Entscheid bloss aus, die EAK habe sich zur Beurteilung des Preisverhältnisses eine Praxis erarbeitet, welche in den Richtlinien des BGE 109 V 207 S. 212 BSV zum Ausdruck komme. Aus diesen ist denn auch deutlich ersichtlich, dass es sich dabei "lediglich um Richtwerte (handelt), von denen je nach therapeutischer Indikationsgruppe oder Zusammensetzung des einzelnen Medikamentes Abweichungen nach unten wie nach oben möglich sind". Derartige verwaltungsinterne Richtlinien, die im Interesse einer einheitlichen und rechtsgleichen Verwaltungspraxis aufgestellt und allenfalls zu Orientierungszwecken herausgegeben werden - was gerade vorliegend entsprechend einem Wunsch der Hersteller und Importeure von Arzneimitteln geschehen ist (Protokoll Hearing vom 12. Juli 1979 mit Vertretern der chemischen Industrie) -, stellen keine Rechtssätze dar und sind für den Richter nicht verbindlich (BGE 107 Ib 51 f., BGE 107 V 154 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Sie bedürfen keiner gesetzlichen Grundlage (vgl. BGE 98 Ib 261 Erw. 4a). Dies wird denn auch von RHINOW (a.a.O. S. 43 ff.) mit Recht nicht in Zweifel gezogen. Der Einwand der Beschwerdeführerin stösst damit ins Leere. 4. Materiell stellt sich im vorliegenden Verfahren die zentrale Frage, ob die im Rahmen des KUVG vorgesehene Wirtschaftlichkeitsprüfung von Arzneimitteln über eine blosse Missbrauchskontrolle hinausführt, wie dies die Vorinstanz darlegt, oder ob sie sich in einer solchen erschöpft, wie die Beschwerdeführerin behauptet und daraus folgert, die Richtlinien des BSV liessen sich mit einer dergestalt beschränkten Prüfung nicht vereinbaren. a) In BGE 102 V 79 Erw. 2 hat das Eidg. Versicherungsgericht im Anschluss an die vorstehend in Erw. 2a dargestellte materiellrechtliche Ordnung ausgeführt: "Demzufolge beurteilt sich die Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels teils unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Wertung mehrerer zum gleichen Behandlungszweck zur Verfügung stehender Heilmittel, teils nach der Höhe des Preises des in Frage stehenden Arzneimittels an sich. Über die in der Verfügung genannten Kriterien hinaus muss der Preis eines bestimmten Arzneimittels, bzw. einer Gruppe von solchen, auch in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Nutzen stehen. Je schwerer eine Krankheit (und gegebenenfalls deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) im allgemeinen einzustufen ist, desto höhere Kosten dürfen für das indizierte Arzneimittel verantwortet werden. Anderseits setzt der Begriff der Wirtschaftlichkeit voraus, dass sich der Preis eines Arzneimittels auch mit Bezug auf dessen Kosten (Herstellungskosten einschliesslich der in Art. 6 Abs. 2 lit. c Verfügung 10 genannten Kosten) in vertretbarem Rahmen hält. Eine Preiskontrolle in dem Sinne, dass die Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste davon abhängig zu machen wäre, dass der Preis des Präparates ausschliesslich nach Massgabe der Gestehungskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnmarge festgesetzt wird, ginge allerdings über BGE 109 V 207 S. 213 Sinn und Zweck des Erfordernisses der Wirtschaftlichkeit hinaus. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beinhaltet indessen einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung." b) Die Beschwerdeführerin beruft sich auf dieses Urteil. Zum einen wird darin gesagt, die Wirtschaftlichkeit dürfe nicht "ausschliesslich nach Massgabe der Gestehungskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnmarge" beurteilt werden. Daran ist festzuhalten. Andernfalls wäre nämlich insofern eine Erhöhung der Arzneimittelpreise zu befürchten, indem dann auch Präparate mit übersetzten Gestehungskosten wegen unrationeller Betriebsführung unter Zubilligung einer angemessenen Gewinnmarge in die Spezialitätenliste aufgenommen werden müssten mit der Folge, dass andere, wirtschaftlich arbeitende Hersteller unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung die selben Preise verlangen könnten; damit flössen ihnen zusätzliche Gewinne zulasten der Krankenversicherung zu, die sachlich nicht gerechtfertigt wären. Ein solches Verfahren zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wäre im übrigen ohnehin praktisch nicht durchführbar. In diesem Zusammenhang weist RHINOW auf folgende Schwierigkeiten hin (a.a.O. S. 16 f.): "Die Kostenstruktur pharmazeutischer Unternehmen zeichnet sich aus durch einen hohen Anteil an Kosten, die nicht den einzelnen Produkten zugerechnet werden können. Die Kostenfaktoren Forschung und Entwicklung, wissenschaftliche Information, Werbung, Vertrieb und Verwaltungskosten sind weitgehend Gemeinkosten, die vom gesamten Pharmasortiment getragen werden müssen. Dabei ist es den Herstellern nicht möglich, diese Gemeinkosten nach Belieben den einzelnen Produkten zuzuordnen und einen entsprechenden Preis zu fordern. Die Wettbewerbssituation auf dem Arzneimittelmarkt zwingt den Hersteller vielmehr, selbst bei der Einführung eines Innovationsprodukts den Preis nach den sich bereits auf dem Markt befindenden Substitutionsprodukten auszurichten. Die wettbewerblich einzig mögliche Art der Zurechnung besteht deshalb darin, zu fordern, was der Markt 'hergibt'. Diese Feststellungen deutscher Autoren treffen nach der Untersuchung der Kartellkommission auch auf schweizerische Verhältnisse zu. Danach besteht die Preispolitik der am Markt massgebenden Unternehmen darin, die Preise ihrer Produkte so hoch anzusetzen, 'wie es die Konkurrenz erlaubt', um grosse Beträge für die Forschung und Entwicklung ihrer Produkte auf dem Markt aufwenden zu können." Dass nach diesen zutreffenden Ausführungen eine von den Gestehungskosten ausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht möglich ist und vom Eidg. Versicherungsgericht in BGE 102 V 79 Erw. 2 denn auch abgelehnt wird, ist indessen nicht Anlass zur BGE 109 V 207 S. 214 Folgerung, eine solche Prüfung dürfe demnach allein eine Missbrauchskontrolle sein. Über diese Feststellung hinaus lässt sich jedoch der angeführten Urteilsstelle keine Antwort auf die Frage nach dem Inhalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung entnehmen. c) Zum andern findet sich in BGE 102 V 79 Erw. 2 der Hinweis, der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beinhalte "einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung". Unter Berufung darauf sowie auf RHINOW (a.a.O. S. 34 f.) leitet die Beschwerdeführerin ab, dass "die Wirtschaftlichkeitsprüfung sich darauf beschränkt, unhaltbare, offensichtlich übersetzte Medikamentenpreise zu verhindern, und dass das Gesetz eine weitergehende Preiskontrolle ausschliesst". Dem ist jedoch nicht so. Das Eidg. Versicherungsgericht hat im genannten Urteil darauf hingewiesen, die Wirtschaftlichkeit beurteile sich a) unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Wertung mehrerer zum gleichen Behandlungszweck zur Verfügung stehender Heilmittel, b) nach der Höhe des Preises des in Frage stehenden Arzneimittels an sich, c) aufgrund des Verhältnisses zwischen Preis und Nutzen sowie d) unter Berücksichtigung der Kosten des Präparates (Herstellungskosten einschliesslich der in Art. 6 Abs. 2 lit. c Vf 10 genannten Kosten). Damit hat das Gericht den Wirtschaftlichkeitsbegriff sehr weitgehend konkretisiert und deutlich gemacht, dass es nicht nur um die Verhinderung von Missbräuchen geht. Zudem geht aus der Umschreibung, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung "beinhalte", d.h. miteinschliesse bzw. umfasse, ebenfalls hervor, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung über eine blosse Missbrauchskontrolle hinausführt (BGE 108 V 147). Gemäss Art. 23 KUVG haben sich unter anderem Ärzte, Apotheker und Heilanstalten in der Behandlung, in der Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln sowie in der Anordnung und Durchführung von wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen und Analysen auf das durch das Interesse des Versicherten und den Behandlungszweck erforderliche Mass zu beschränken. Diese Bestimmung verpflichtet zur Wirtschaftlichkeit der Behandlung und stellt eine Schutzvorschrift für die Versicherten und die Krankenkassen dar (BGE 103 V 151 Erw. 3). Sie richtet sich zwar an Medizinalpersonen und Heilanstalten. Das Gebot wirtschaftlicher Behandlung setzt aber voraus, dass auch die Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel in der Spezialitätenliste diesem Erfordernis gerecht werden. Insofern wendet sich Art. 23 KUVG BGE 109 V 207 S. 215 auch an die Instanzen, welche für Prüfung und Bezeichnung der den Krankenkassen empfohlenen Arzneimittel zuständig sind, und ist von diesen ebenfalls zu beachten (BGE 108 V 147). In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Bund den anerkannten Krankenkassen erhebliche Bundesbeiträge (1980 rund 912 Millionen Franken; Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1982, S. 316) gewährt, die grundsätzlich (Vorbehalt der Sparbeschlüsse; vgl. Art. 38bis KUVG) auf dem Landesmittel der Krankenpflegekosten berechnet werden (Art. 35 ff. KUVG, Art. 22 ff. Vo I). Zu diesen gehören auch die Ausgaben für Arzneimittel, sei es als Pflichtleistungen nach Art. 12 Abs. 6 Satz 1 KUVG, sei es im Rahmen der Empfehlung in Art. 12 Abs. 6 Satz 2 KUVG, deren Nichtbeachtung eine Beitragskürzung nach sich zieht (vgl. Art. 35 Abs. 1 lit. a letzter Satz KUVG). Mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung soll nun aber unter anderem ein möglichst hoher Wirkungsgrad der Bundesbeiträge sichergestellt werden, was dann nicht der Fall wäre, wenn diese Prüfung bloss eine Missbrauchskontrolle darstellte mit der Folge, dass von der Beitragsgewährung lediglich jene Arzneimittel ausgeschlossen wären, deren Preise in missbräuchlicher Ausnützung der im Grundsatz freien Preisgestaltung festgesetzt worden sind (BGE 108 V 147 f.). Im Hinblick darauf lässt sich sagen, das Gebot der Wirtschaftlichkeit in Art. 23 KUVG stelle auch eine Schutzvorschrift für die Zuschüsse leistende öffentliche Hand dar (Maurer, Sozialversicherungsrecht, Band II, S. 372). d) Die Argumente für eine Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf eine Missbrauchskontrolle werden von RHINOW, auf den sich die Beschwerdeführerin stützt, im wesentlichen wie folgt zusammengefasst (a.a.O. S. 36). "Art. 12 Abs. 6 KUVG kann in dieser materiellen Substanzarmut zu keinen Eingriffen ermächtigen, die zu einer andern als polizeilichen Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit führen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung muss als Missbrauchskontrolle mit dem Ziel der Verhinderung übersetzter Medikamentenpreise konzipiert werden. Die Durchsetzung des im Einzelfall günstigsten Preises findet im Gesetz keine Grundlage, da sie Eingriffe in die Preis- und Kostenstruktur der einzelnen Produzenten, ja eine allgemeine Aufsicht über die Pharmaindustrie in einem Ausmass voraussetzen würde, das weder von der Bundesverfassung noch vom KUVG gedeckt ist. Die Preiskontrolle ist eine der einschneidensten Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit, weil sie den Marktmechanismus in seinem 'Lebensnerv' trifft. Die Bundesverfassung ermächtigt zwar in Art. 34bis den Gesetzgeber, von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen, sofern dies im Interesse der Krankenversicherung unausweichlich BGE 109 V 207 S. 216 erscheint. Aber der Gesetzgeber hat diese Anordnungen in der erforderlichen Bestimmtheit vorzunehmen. Verzichtet er darauf, so kann der Verordnungsgeber dies nicht 'nachholen'." Demnach erachtet RHINOW Art. 12 Abs. 6 KUVG als ungenügende gesetzliche Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, die - in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit - mehr als nur eine Verhinderung von Missbräuchen bezweckt. Da RHINOW und damit die Beschwerdeführerin letztlich eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit geltend machen, fragt sich, ob dieser Grundsatz im Zusammenhang mit der streitigen Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste überhaupt angerufen werden kann. aa) In BGE 78 II 30 Erw. 8 hat das Bundesgericht folgendes ausgeführt: "Auch die Rüge der Verletzung der in der Bundes- und der Kantonsverfassung gewährleisteten Handels- und Gewerbefreiheit geht offensichtlich fehl. Dieser Verfassungsgrundsatz verbietet dem Staate, durch einseitige, zwingende Anordnungen die Handels- und Gewerbefreiheit einzuschränken, soweit sie garantiert ist. Aber er ist nicht anwendbar, wo der Staat Subventionen gewährt oder Geschäfte, z.B. über öffentliche Arbeiten, abschliesst und dabei seine Leistungen von gewissen Bedingungen abhängig macht, welche die Entschlussfreiheit des Privaten einengen. In Frage steht dabei nicht eine staatliche Regelung der Gewerbeausübung als solcher, sondern lediglich eine Bestimmung, die an die Verwendung staatlicher Gelder zu einem bestimmten Zweck geknüpft wird." Zwar ist das KUVG kein reines Subventionsgesetz (RHINOW, a.a.O. S. 22; vgl. aber auch MAURER, a.a.O. S. 277), doch kommt den - wie erwähnt - ganz erheblichen Beiträgen, welche der Bund den anerkannten Krankenkassen ausrichtet, eine sehr gewichtige Bedeutung zu. Voraussetzung für die Beitragsgewährung ist, dass die Kassen den Anforderungen des Gesetzes genügen (Art. 1 Abs. 2 KUVG) und dass sie, wenn sie nicht eine Beitragskürzung in Kauf nehmen wollen, die Kosten für die in der Spezialitätenliste aufgenommenen und demzufolge als wirtschaftlich erachteten Arzneimittel übernehmen. Wenn das BSV bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht bloss eine Missbrauchskontrolle vornimmt, dann geht es dabei keineswegs um die staatliche Regelung der Gewerbeausübung der Hersteller und Importeure von Arzneimitteln als solcher, sondern unter anderem eben um die Sicherstellung eines möglichst hohen Wirkungsgrades dieser Bundesbeiträge. Darum bezeichnet denn auch Art. 6 Abs. 1 Vf 10 ein BGE 109 V 207 S. 217 Arzneimittel dann als wirtschaftlich, wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet, was unter anderem voraussetzt, dass das Kosten-Nutzenverhältnis beim Einsatz staatlicher Gelder möglichst günstig ist. Damit ergibt sich im Krankenkassenbereich eine Situation, welche bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Voraussetzung für die Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste im Sinne von BGE 78 II 30 nicht unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit steht. bb) Zum gleichen Ergebnis führt auch eine andere Überlegung. Nach Art. 31 Abs. 1 BV ist die Handels- und Gewerbefreiheit nur so weit gewährleistet, als sie nicht durch die Bundesverfassung und die auf ihr beruhende Gesetzgebung eingeschränkt ist. Art. 34bis BV sieht vor, dass der Bund auf dem Wege der Gesetzgebung die Kranken- und Unfallversicherung unter Berücksichtigung der bestehenden Krankenkassen einrichtet und dass er den Beitritt allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch erklären kann. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung besitzt der Bund im Bereich der sozialen Krankenversicherung ein mittelbar rechtliches Monopol, das als solches bereits eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit darstellt (RHINOW, a.a.O. S. 20; MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit, 1976, S. 168 ff.; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, 1967, S. 694 f.; vgl. auch GYGI, Wirtschaftsverfassungsrecht, 1981, S. 51 ff.). Im Krankenkassenbereich hat der Gesetzgeber mit dem KUVG ein Konzessionssystem geschaffen. Aufgrund der Anerkennung durch den Bund steht den Krankenkassen ein Anspruch auf Bundesbeiträge zu. Die Erteilung der Anerkennung ist dabei davon abhängig, dass die Kassen bestimmten gesetzlichen Anforderungen genügen. Unter anderem müssen sie Sicherheit für ein finanzielles Gleichgewicht bieten (Art. 3 Abs. 4 KUVG, Art. 9 ff. Vo V) und sich bei der Ausgestaltung ihrer Leistungen an das KUVG und dessen Ausführungsbestimmungen halten. Insbesondere sind sie im Arzneimittelbereich nicht frei. Zum einen sind sie nicht gehalten, alle Arzneimittel und damit auch unwirtschaftliche zu übernehmen. Zum anderen hat ihnen der Gesetzgeber weder die Befugnis belassen, über die Frage der Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln im Zusammenhang mit der Kostenübernahme selber zu entscheiden, noch dürfen sie sich direkt mit den Pharmaproduzenten verständigen. Vielmehr sieht Art. 12 Abs. 6 KUVG vor, dass der Bundesrat bzw. - gemäss Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Vo VIII - BGE 109 V 207 S. 218 das BSV unter den Spezialitäten und konfektionierten Arzneimitteln eine Auswahl vornimmt und die den Krankenkassen zur Übernahme empfohlenen in einer Liste bezeichnet, wobei unter anderem dem gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung zu tragen ist (Art. 23 KUVG). Diese Gesetzesbestimmungen sind eine ausreichende Grundlage für eine über eine blosse Missbrauchskontrolle hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie auch dafür, dass unter den Arzneimitteln eine Auswahl getroffen werden muss mit der Folge, dass den Krankenkassen nicht alle Arzneimittel zur Übernahme empfohlen werden dürfen. Soweit es darum geht, welche Arzneimittel im Bereich der sozialen Krankenversicherung nach Massgabe der erwähnten gesetzlichen Voraussetzungen den Krankenkassen zur Übernahme zu empfehlen und in die Spezialitätenliste aufzunehmen sind, können sich Hersteller und Importeure nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen und aus diesem Grundsatz nicht einen Anspruch ableiten, Arzneimittel müssten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit schon dann in die Spezialitätenliste aufgenommen werden, wenn ihr Preis nicht unhaltbar und offensichtlich übersetzt sei (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 103 Ia 378, BGE 102 Ia 395 Erw. 9 in fine, 542 Erw. 10b). Daran ändert nichts, dass - vom erwähnten Vorbehalt abgesehen - die Herstellung und der Verkauf von Arzneimitteln eine grundsätzlich unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit stehende Erwerbstätigkeit ist (BGE 99 Ia 373 Erw. 2 mit Hinweisen). cc) Somit ergibt sich, dass die im Rahmen des KUVG für Arzneimittel vorgesehene Wirtschaftlichkeitsprüfung als Voraussetzung für die Aufnahme in die Spezialitätenliste nicht unter dem Gesichtspunkt der Handels- und Gewerbefreiheit beanstandet werden kann. Demnach kann RHINOW und auch der Beschwerdeführerin darin nicht beigepflichtet werden, dass wegen der Unbestimmtheit der Delegation von Art. 12 Abs. 6 KUVG eine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung fehle, die mehr als bloss eine Missbrauchskontrolle darstelle. 5. a) Nach der Rechtsprechung kann das Bundesgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft hiebei, ob solche Verordnungen BGE 109 V 207 S. 219 sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz ihn nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen. Die Ausführungsverordnung muss sich somit innerhalb der vom Gesetz gewollten Ordnung halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, ist dieser Spielraum für das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3/Art. 114bis Abs. 3 BV verbindlich. Deshalb muss sich das Bundesgericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV, wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen (BGE 108 V 116 Erw. 3a, BGE 107 Ib 246 Erw. 4, je mit Hinweisen). b) Nach RHINOW entspricht Art. 12 Abs. 6 KUVG nicht den Anforderungen, die im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gewaltentrennung und der (formellen) Gesetzmässigkeit an eine Delegationsnorm gestellt werden müssen, weil er eine Blankovollmacht darstelle und überhaupt keine Aussage über die Art und Weise enthalte, wie von der Ermächtigung Gebrauch zu machen sei (a.a.O. S. 32 f.). Wie er aber mit Recht feststellt, hat sich das Eidg. Versicherungsgericht zufolge der verfassungsrechtlichen Beschränkung der Überprüfungsbefugnis nicht dazu zu äussern (a.a.O. S. 35). c) Im vorliegenden Fall wurde die breite Regelungskompetenz, welche der Gesetzgeber dem Bundesrat bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Arzneimitteln durch Art. 12 Abs. 6 KUVG eingeräumt hat, unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes in Art. 23 KUVG zum Teil mit dem Erlass der Vo VIII (insbesondere Art. 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 3) genutzt, zum Teil aber mit Art. 4 Abs. 6 Vo VIII an das EDI weiterdelegiert. Dieses erliess BGE 109 V 207 S. 220 gestützt auf diese Subdelegation die Vf 10, welche in Art. 6 Abs. 1 generell bestimmt, dass ein Arzneimittel dann als wirtschaftlich gilt, "wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet", während Abs. 2 verschiedene Einzelkriterien für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit aufzählt (vgl. Erw. 2a hievor). Dabei besagt Art. 6 Abs. 1 Vf 10 klar, dass die Aufnahme in die Spezialitätenliste nicht schon dann erfolgen soll, wenn der Preis nicht unhaltbar, weil nicht offensichtlich übersetzt ist, sondern nur, wenn ein günstiges Verhältnis zwischen Preis und Heilwirkung besteht. Dies ist im Hinblick darauf, dass das Gesetz Grundlage für eine über eine Missbrauchskontrolle hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung ist, nur folgerichtig. Gegen diese Ordnung kann die Beschwerdeführerin - wie bereits dargelegt (Erw. 4d hievor) - aus der Handels- und der Gewerbefreiheit nichts zu ihren Gunsten ableiten. Auch lässt sich nicht sagen, dass die in Vo VIII und Vf 10 hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung getroffene Ordnung aus dem Rahmen der delegierten Kompetenzen herausfalle, sich nicht auf ernsthafte Gründe stütze oder aus andern relevanten Gründen rechtswidrig oder gar willkürlich sei. Die in Vo VIII und insbesondere Vf 10 näher umschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung ist das notwendige Korrektiv dazu, dass mit dem System des KUVG auf der Nachfrageseite wesentliche Kräfte für die Preisbildung aufgehoben werden, indem die Krankenkassen unter Androhung von Beitragskürzungen verpflichtet sind, die ihnen zur Übernahme empfohlenen Arzneimittel zu den festgesetzten Preisen zu vergüten (vgl. Art. 3 Abs. 2 Vo VIII). 6. a) Gegen die Anwendung der bundesamtlichen Richtlinien betreffend Preisrelationen wendet die Beschwerdeführerin ferner ein, dass der in Art. 6 Abs. 2 Vf 10 aufgeführte Katalog der für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels in Betracht fallenden Kriterien keinen Hinweis auf Relationen zwischen Preis und Packungsgrössen enthalte. Sie übersieht dabei jedoch Art. 6 Abs. 1 Vf 10, nach welchem ein Arzneimittel dann als wirtschaftlich gilt, wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet. Diese Bestimmung stellt ganz offensichtlich eine übergeordnete Vorschrift dar, welche in ihrem Gehalt über das in Art. 6 Abs. 2 Vf 10 zu einzelnen Punkten näher Konkretisierte hinausgeht und dabei die Grundlage für eine Verwaltungspraxis bildet, die sich nicht allein auf Art. 6 Abs. 2 Vf 10 bezieht. BGE 109 V 207 S. 221 b) Sodann beanstandet die Beschwerdeführerin die konkrete Ausgestaltung der erwähnten Richtlinien, indem sie sich auf die folgenden Ausführungen von RHINOW beruft (a.a.O. S. 51): "Die hier vorgeschriebenen Verbilligungen beruhen offenbar auf Erhebungen des Bundesamtes für Sozialversicherung hinsichtlich der Abstufungen, welche die Herstellerfirmen üblicherweise vorsehen. Diese Preisabstufungen von 12 bis 40% haben jedoch ein weit grösseres Ausmass als derjenige Anteil des Publikumspreises, der gesamthaft auf Fassonierung und Konfektionierung entfällt. Dieser Kostenanteil beträgt durchschnittlich ca. 9% des Publikumspreises (Angaben von Industrieseite). Das Bundesamt für Sozialversicherung verlangt somit schematisch eine Verbilligung, die angesichts der Kostenstruktur nicht unbedingt gerechtfertigt erscheint, sondern die sich im Wettbewerb zwischen den Anbietern herausgebildet hat. Die starre Regelung verhindert jedoch die Berücksichtigung der konkreten Umstände bei der Preisbildung eines Produkts. Die geforderte prozentuale Verbilligung ist zudem auch fragwürdig, weil die sich aus der vorgeschriebenen Berechnung ergebende Verbilligung in absoluten Zahlen mit zunehmendem Preis des Produkts grösser wird, obwohl die Kosten für Fassonierung und Konfektionierung mit zunehmendem Preis relativ niedriger werden. Man kann daher argumentieren, die vorgesehenen Abstufungen seien innerlich widersprüchlich und mit Art. 4 BV (Willkürverbot) kaum vereinbar." Die Richtlinien des BSV sind - wie die Beschwerdeführerin selber schreibt - Durchschnittswerte und beruhen auf Erfahrungswerten der Hersteller. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Pharmamarktes, die RHINOW sehr eindrücklich darstellt (vgl. Erw. 4b hievor), ist eine andere Lösung jedoch gar nicht denkbar. Wenn sich schon in einem wesentlichen Umfang nicht einmal sagen lässt, welche Kosten den einzelnen Produkten zuzurechnen sind, kann noch weniger errechnet werden, welcher Preisnachlass betriebswirtschaftlich für eine grössere Packung rechnerisch richtig wäre. Die vom BSV ermittelten Erfahrungswerte sind das Ergebnis einer Durchschnittsberechnung sämtlicher Präparate der Spezialitätenliste und ihrer Packungsgrössenverhältnisse und geben immerhin Hinweise darauf, was von der Pharmaindustrie in der Regel als angemessener Rabatt betrachtet wird. Da angenommen werden darf, dass die Hersteller die für die Preiskalkulierung bei unterschiedlichen Packungsgrössen relevanten Gegebenheiten gesamthaft zu beurteilen vermögen, wird deren Praxis kaum als realitätsfremd betrachtet werden können. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltung auf die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungswerte abstellt, jedenfalls solange nicht in einem konkreten Fall nachgewiesen ist, dass sie aufgrund BGE 109 V 207 S. 222 besonderer Umstände zu einem offensichtlich unhaltbaren Ergebnis führen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 106 Ib 253 f.). Im vorliegenden Fall versucht die Beschwerdeführerin darzulegen, das die 200er-Packung GAVISCON unter dem Gesichtspunkt der Anwendung dieses Präparates bei Langzeittherapie und unter Mitberücksichtigung weiterer relevanter Faktoren wie der Anzahl notwendiger Arztkonsultationen zur Verschreibung des Mittels sowie der Wegstrecken und Arbeitsunterbrechungen der Patienten usw. auch ohne Rabatt wirtschaftlicher sei als die kleineren Packungen zu 24 und 48 Tabletten und dass einer Aufnahme auch der Grosspackung in die Spezialitätenliste darum keine Wirtschaftlichkeitsüberlegungen entgegengehalten werden dürfen. Die Beschwerdeführerin vermag damit aber nicht darzutun, weshalb gerade in ihrem Fall ein Rabatt, der aufgrund der vom BSV ermittelten Erfahrungswerte für die Grosspackung im Vergleich zur 48er-Packung bei rund 20% und nicht bei blossen 9% liegen müsste, zu einem für sie offenbar unhaltbaren Ergebnis führe. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob es in besonders gelagerten Fällen möglicherweise gerechtfertigt wäre, bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Arzneimittels auch die mit dessen Verabreichung verbundenen notwendigen Arztkosten zu berücksichtigen. Immerhin ist aber festzuhalten, dass Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Ordnung in Vo VIII und Vf 10 grundsätzlich allein das Arzneimittel ist. c) Schliesslich macht die Beschwerdeführerin noch geltend, dass die Anwendung der Richtlinien des BSV in ihrem Fall die Rechtsgleichheit verletze, da das Bundesamt in andern Fällen Grosspackungen auch mit geringeren Rabatten zugelassen habe. Dem hält die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, dass von den mit GAVISCON vergleichbaren Arzneimitteln ANDURSIL Compr. 1977 und MAALOXAN Compr. schon 1968 in die Spezialitätenliste aufgenommen worden seien. Die Richtlinien betreffend Preisrelationen seien aber erst im März 1979 als Erfahrungswerte schriftlich festgehalten worden und dienten seither als Grundlage für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sämtlicher neu zur Aufnahme in die Spezialitätenliste angemeldeter Präparate und Packungsgrössen. Da ANDURSIL und MAALOXAN vor diesem Zeitpunkt in die Spezialitätenliste aufgenommen worden seien, rechtfertige sich schon im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf eine abweichende Preisrelation. BGE 109 V 207 S. 223 Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage der Rechtsgleichheit hat sich in analoger Weise bereits in BGE 105 V 191 Erw. 4 gestellt. Dabei hat das Eidg. Versicherungsgericht ausgeführt: "La recourante estime que le refus d'inscrire le Flussema dans la liste des spécialités est arbitraire, qu'il consacre une inégalité de traitement et qu'il viole par conséquent le droit fédéral, soit l' art. 4 Cst. Le moyen n'est toutefois pas pertinent. En effet, s'il est exact qu'à l'époque où a été prise la décision attaquée et aujourd'hui encore la liste des spécialités contient des préparations trop coûteuses en Suisse au regard du prix auquel elles sont vendues dans le pays de production, l'Office fédéral des assurances sociales et la Commission fédérale des médicaments ont entrepris et entreprennent systématiquement d'en réduire le prix ou de les exclure de la liste, ainsi que cela ressort du dossier et d'autres affaires soumises à la Cour de céans. La recourante ne pourrait se plaindre d'une violation de l' art. 4 Cst. que si l'administration ne faisait rien pour rétablir une égalité temporairement troublée par un changement ou un raidissement de la pratique (voir p. ex. ATF 102 Ib 364 ; 99 Ib 291 , 383 ss; 98 Ia 161 ss, 658; 98 Ib 26 et 241)." Daran ist festzuhalten. Die Beschwerdeführerin kann daher auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit nichts für sich herleiten. d) Demzufolge liegen keine Gründe dafür vor, von den in den Richtlinien des BSV enthaltenen Erfahrungswerten abzuweichen und die 200er-Packung GAVISCON bei dem von der Beschwerdeführerin verlangten Preis von Fr. 42.50 als wirtschaftlich zu betrachten. Verfügung und vorinstanzlicher Entscheid können darum nicht beanstandet werden. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
26dd0dcb-a87f-4bb1-9ca5-421ba8063670
Urteilskopf 105 Ia 379 67. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Oktober 1979 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Persönliche Freiheit; Art. 6 EMRK . Es bedeutet weder eine Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit noch der Europäischen Menschenrechtskonvention, wenn das Recht des unbeaufsichtigten Verkehrs mit den Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen nur dem Verteidiger selbst, nicht aber seinen Hilfspersonen gewährt wird.
Sachverhalt ab Seite 379 BGE 105 Ia 379 S. 379 Die Bezirksanwaltschaft Zürich führte gegen X. eine Strafuntersuchung, in deren Verlauf dieser in Untersuchungshaft gesetzt wurde. Nach Abschluss der Untersuchung blieb X. in Sicherheitshaft, und zwar wurde diese mit seinem Einverständnis in der Strafanstalt Regensdorf vollzogen. Während der Haftdauer wurde X. dreimal von Z., einer Angestellten eines Anwaltskollektivs, besucht. Sie wies sich dabei mit einer von dem die Untersuchung führenden Bezirksanwalt ausgestellten Dauerbewilligung aus und wurde - da das Anstaltspersonal davon ausging, sie sei Anwältin - zu unbeaufsichtigten Besuchen bei X. zugelassen. Nachdem der wahre Sachverhalt erkannt worden war, traf die Justizdirektion des Kantons Zürich BGE 105 Ia 379 S. 380 eine Verfügung, in welcher festgehalten wurde, dass Z. nur insoweit zu Besuchen bei Insassen der Strafanstalt Regensdorf berechtigt sei, als entsprechende Bewilligungen des Direktors der Strafanstalt vorlägen, ferner dass die Korrespondenz von Insassen der Strafanstalt Regensdorf mit Hilfspersonen von Rechtsanwälten keinerlei Privilegien geniesse und insbesondere der Kontrolle unterliege. Ein Rekurs gegen diese Verfügung wurde vom Regierungsrat des Kantons Zürich abgewiesen. X. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, der regierungsrätliche Entscheid sei wegen Verletzung von Art. 4 BV , Art. 6 EMRK und des ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes der persönlichen Freiheit aufzuheben. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Zur Hauptsache nimmt der Beschwerdeführer den Standpunkt ein, Hilfspersonen des Verteidigers gehörten zum Institut der Verteidigung und könnten daher hinsichtlich der Besuche bei Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen die nämlichen Rechte geltend machen wie der Verteidiger selbst. Da das Grundrecht der persönlichen Freiheit und die EMRK angerufen sind, entscheidet das Bundesgericht hierüber mit freier Prüfungsbefugnis. Das Recht des verhafteten Angeschuldigten, grundsätzlich frei und unbeaufsichtigt mit seinem Verteidiger verkehren zu können, ist vom Bundesgericht seit jeher auf Grund von Art. 4 BV als geschützt betrachtet worden. Ausnahmen werden zugelassen, soweit sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und verhältnismässig sind. Insbesondere darf dadurch der Anspruch des Angeschuldigten, sich im Hinblick auf die gerichtliche Verhandlung unter Beizug seines Verteidigers hinreichend vorbereiten zu können, nicht beeinträchtigt werden ( BGE 103 Ia 304 ff.; BGE 101 Ia 49 f.; BGE 100 Ia 186 ). Im vorliegenden Fall wird nicht geltend gemacht, der Verkehr des Beschwerdeführers mit seinem Verteidiger selbst werde in irgendeiner Form beeinträchtigt, sondern lediglich, eine wirksame Verteidigung erfordere auch unbeaufsichtigte Besprechungen des Angeschuldigten mit Hilfspersonen der Verteidigung, um damit die Übermacht der Vertreter des Staates auszugleichen. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wenn dem Verteidiger von Verfassungs wegen und nach den meisten BGE 105 Ia 379 S. 381 kantonalen Strafprozessgesetzen gegenüber anderen Besuchern von Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen weitgehende Privilegien eingeräumt werden, so geschieht dies zur Gewährleistung einer wirksamen Verteidigung; doch trägt der Verteidiger dafür die alleinige und persönliche Verantwortung, die er nicht an Dritte delegieren kann. Als Verteidiger amten denn auch fast ausschliesslich Rechtsanwälte; andere Personen wären dieser anspruchsvollen Aufgabe gerade mit Rücksicht auf die vom Beschwerdeführer selbst erwähnten Schwierigkeiten im Regelfall nicht gewachsen. Die Rechtsanwälte gelten im Kanton Zürich wie übrigens in den meisten Kantonen als Personen öffentlichen Vertrauens. Sie sind verpflichtet, ihre Berufstätigkeit gewissenhaft auszuüben, sich also dabei an die bestehenden Gesetze und Verordnungen zu halten; sie werden im Kanton Zürich nach ihrer Prüfung vom Obergerichtspräsidenten formell zur Einhaltung dieser Pflicht ermahnt (zürcherisches Gesetz über den Rechtsanwaltsberuf - AnwG - §§ 7 und 8; Verordnung über die Fähigkeitsprüfung für den Rechtsanwaltsberuf, § 20). Die Rechtsanwälte unterstehen der Aufsicht durch eine aus Richtern und Anwälten zusammengesetzte Behörde. Diese oder auf ihren Antrag das Obergericht können bei Pflichtverletzungen Disziplinarmassnahmen verhängen, die vom Verweis bis zum Entzug des Rechtes auf Berufsausübung gehen (AnwG §§ 15-32). Damit ist eine wesentlich verstärkte Garantie dafür gegeben, dass die Anwälte beim Besuch verhafteter Klienten das Vorrecht des unbeaufsichtigten Kontaktes nicht missbrauchen. Diese Garantie ist bei Hilfspersonen der Anwälte nicht in gleichem Masse gegeben, auch wenn die erwähnte Möglichkeit besteht, nach allfälligen Missbräuchen einzuschreiten. Im Strafverfahren gilt es nicht in erster Linie, nachträglich gegen Vertrauensverletzungen vorzugehen, sondern solche im vornherein nach Möglichkeit zu verhindern, wozu die Beschränkung des unbeaufsichtigten Verkehrs des Angeschuldigten auf die Person des Verteidigers selbst ein taugliches und verhältnismässiges Mittel darstellt. Dass im Kanton Zürich auch Nichtanwälte als Verteidiger zugelassen sind ( § 8 StPO ), sofern sie nicht berufsmässig handeln, ändert an diesem Ergebnis nichts. Das gleiche gilt für den Einwand des Beschwerdeführers, auch die persönliche Betreuung des Angeschuldigten gehöre zu den Aufgaben der Verteidigung, und in diesem Bereich könne die Hilfsperson dem Verteidiger ausgezeichnete BGE 105 Ia 379 S. 382 Dienste leisten. Wohl ergibt sich aus dem ungeschriebenen Grundrecht der persönlichen Freiheit, dass der Verhaftete Anspruch auf Betreuung hat, sofern sein körperlicher oder geistiger Zustand dies erfordert; doch wird diese Betreuung in erster Linie durch geeignetes staatliches Personal sichergestellt, das von der Anklagebehörde vollständig unabhängig ist. Das Bundesgericht hat demgemäss in BGE 102 Ia 300 ff. festgestellt, es verletze die Garantie der persönlichen Freiheit nicht, wenn einem Untersuchungsgefangenen nicht gestattet werde, sich durch einen Psychologen seiner Wahl beraten zu lassen, und in BGE 102 Ia 302 ff. wurde weiter dargelegt, es bestehe kein Anspruch auf Beizug eines Arztes nach freier Wahl des Gefangenen, wohl aber ein solcher auf ausreichende, d.h. nötigenfalls auch spezialärztliche Betreuung. Im Lichte dieser Rechtsprechung kann von einer unzulässigen Beschränkung der persönlichen Freiheit oder der durch Art. 4 BV gewährleisteten Verteidigungsrechte dadurch, dass die Vorrechte des Verteidigers nicht an Hilfspersonen delegiert werden können, nicht gesprochen werden. Beigefügt werden mag, dass solche Hilfspersonen selbstverständlich von Besuchen bei Gefangenen nicht ausgeschlossen sind; sie haben sich dabei lediglich an die für jede Privatperson geltenden, in den Vollzugsverordnungen festgehaltenen Einschränkungen zu halten. 6. Der Beschwerdeführer beruft sich auch auf das sich aus der EMRK ergebende Gebot der Waffengleichheit. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Anrufung eines derart allgemeinen Satzes dort nicht begründet ist, wo die konkreten Rechte des Untersuchungsgefangenen im Konventionstext unmittelbar geregelt sind, wie dies beim Anspruch auf Verteidigung in Art. 6 Ziff. 3 lit. c der Fall ist. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, diese Bestimmung gewährleiste auch den unbeaufsichtigten Verkehr mit Hilfspersonen des Verteidigers, und er behauptet auch nicht, dass die Konventionsorgane je in diesem Sinne entschieden hätten. Im übrigen ist festzustellen, dass nach einer wesentlichen Bestimmung des zürcherischen Strafprozessrechtes der Untersuchungsbeamte den belastenden und den entlastenden Tatsachen mit gleicher Sorgfalt nachgehen soll ( § 31 StPO ), was der Behauptung, der Grundsatz der Waffengleichheit werde durch das zürcherische Untersuchungs- und Haftvollzugssystem an sich verletzt, jede Berechtigung nimmt (vgl. über die beschränkte Tragweite des Waffengleichheitsprinzips BGE 105 Ia 379 S. 383 für das kontinentale Untersuchungsverfahren auch TRECHSEL, Die Verteidigungsrechte in der Praxis zur EMRK, in ZStrR 96/1979, S. 377/378). Dass die erwähnte Bestimmung oder die eigentlichen Verteidigungsrechte im Falle des Beschwerdeführers konkret verletzt worden wären, wird nicht dargetan. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
public_law
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
26de9f78-e7ab-412e-a53a-492605c17c09
Urteilskopf 135 III 483 71. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. contro Ferrovie federali svizzere FFS Cargo S.A. (ricorso in materia civile) 4A_401/2008 del 21 aprile 2009
Regeste Art. 72 Abs. 1 BGG ; Art. 15 Abs. 1 SBBG und Art. 2 Abs. 1 lit. d BPG ; Zivil- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit; Anwendbarkeit des BPG auf Arbeitnehmer der Tochtergesellschaften der SBB? Entscheid in Zivilsachen im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG (E. 1). Anwendbares Recht auf das Anstellungsverhältnis der Arbeitnehmer der SBB Cargo AG (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 483 BGE 135 III 483 S. 483 A. La presente vertenza trae origine dal licenziamento notificato il 26 aprile 2004 - con effetto al 1° novembre 2004 - dalla società Ferrovie federali svizzere FFS Cargo SA (di seguito FFS Cargo SA) ad A., che dal 1° novembre 1979 lavorava alle dipendenze delle Officine delle FFS a Bellinzona, la cui gestione è stata appunto ripresa dalla citata società nel 2001. BGE 135 III 483 S. 484 A.a Il 22 aprile 2005 A. ha convenuto FFS Cargo SA dinanzi alla Pretura del Distretto di Bellinzona chiedendo, in via principale, l'accertamento del suo diritto alla continuazione del rapporto di lavoro giusta l' art. 134 cpv. 3 del contratto collettivo di lavoro 2001-2003 e, in via subordinata, la condanna di controparte al pagamento di fr. 33'756.- a titolo d'indennità per licenziamento ingiustificato oltre a fr. 8'000.- per torto morale; in via ancora più subordinata ha domandato l'accertamento del diritto alle prestazioni in caso di malattia e infortunio e il versamento di un'indennità di fr. 33'756.-, pari a sei mesi di stipendio. FFS Cargo SA ha avversato le pretese attoree. Statuendo il 10 luglio 2007, il Pretore ha parzialmente accolto la petizione. Egli ha segnatamente accertato la sospensione del termine della disdetta del contratto di lavoro notificato da FFS Cargo SA ad A., dal 19 ottobre 2004 fino al 31 luglio 2005, e ha condannato la società al versamento di fr. 22'500.-, oltre interessi al 5 % a far tempo dal giorno di emanazione della sentenza, a titolo d'indennità giusta l' art. 336a CO . A.b Adita da entrambe le parti, con sentenza del 21 luglio 2008 la II Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino ha constatato la nullità della pronunzia pretorile e l'ha modificata dichiarando irricevibile la petizione. In breve, per i giudici ticinesi la vertenza in esame attiene al diritto pubblico e la competenza a giudicarla spetta al Tribunale federale amministrativo. B. Insorto dinanzi al Tribunale federale con un ricorso in materia civile datato 4 settembre 2008, A. ha postulato l'annullamento della sentenza cantonale e - accertata la competenza del Giudice civile a dirimere la lite - il rinvio degli atti alla II Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per un giudizio nel merito della causa. Nella risposta del 12 dicembre 2008 FFS Cargo SA ha aderito agli argomenti e alle domande ricorsuali. L'autorità cantonale ha invece rinunciato a presentare osservazioni. Con sentenza del 21 aprile 2009 il Tribunale federale ha accolto il ricorso, annullato la sentenza impugnata e rinviato la causa al Tribunale d'appello del Cantone Ticino per un giudizio nel merito della causa. (riassunto) BGE 135 III 483 S. 485 Erwägungen Dai considerandi: 1. Il Tribunale federale si pronuncia d'ufficio e con pieno potere d'esame sulla propria competenza e sull'ammissibilità del rimedio esperito ( art. 29 cpv. 1 LTF ; DTF 135 III 1 consid. 1.1 pag. 3). 1.1 Giusta l' art. 72 cpv. 1 LTF il Tribunale federale giudica i ricorsi contro le decisioni pronunciate in materia civile. 1.1.1 La decisione sul carattere civile di una causa, ai sensi dell' art. 72 cpv. 1 LTF , dipende unicamente dalla natura giuridica dell'oggetto del litigio, definito dalle pretese della parte attrice e dalle circostanze di fatto da lei addotte. Il tipo di procedimento - civile o amministrativo - adottato in sede cantonale e il diritto - privato o pubblico - applicato dall'istanza precedente non sono determinanti. In questo ambito ci si può riferire alla giurisprudenza relativa all' art. 46 OG (sentenza 1C_382/2007 del 24 aprile 2008 consid. 1.2, non pubblicato in DTF 134 I 229 ), secondo la quale decisivo è appunto che le parti si prevalgano di pretese del diritto civile federale e che queste siano litigiose ( DTF 129 III 415 consid. 2.1; DTF 128 III 250 consid. 1a pag. 252). Sempre secondo tale giurisprudenza, è una causa civile pure quella che verte sulla questione di sapere se le pretese litigiose soggiacciono al diritto privato federale o al diritto pubblico ( DTF 128 III 250 consid. 1a con rinvio). Incombe al Tribunale federale, adito con ricorso in materia civile, giudicare se l'autorità cantonale si è dichiarata a ragione incompetente a decidere una lite per il motivo che non si tratta - a suo modo di vedere - di una controversia civile ( DTF 115 II 237 consid. 1 pag. 239 segg.). 1.1.2 Da quanto appena esposto discende la proponibilità del ricorso in materia civile nella fattispecie in esame, la II Camera civile del Tribunale d'appello essendosi dichiarata incompetente a dirimere la lite per il motivo che il rapporto d'impiego fra le parti sarebbe disciplinato dal diritto pubblico, mentre le parti si prevalgono del diritto civile federale, segnatamente degli art. 319 segg. CO. Inoltre, qualora si dovesse giungere alla conclusione che si tratta di un rapporto di lavoro retto dal diritto privato federale, la Corte cantonale avrebbe pure violato il diritto del ricorrente di vedere le sue pretese decise dal giudice civile del luogo in cui egli svolge abitualmente il lavoro ( art. 24 cpv. 1 LForo ; RS 272). BGE 135 III 483 S. 486 1.2 Anche le ulteriori condizioni di ammissibilità sono adempiute, il gravame essendo stato tempestivamente interposto ( art. 100 cpv. 1 LTF ) dalla parte soccombente in sede cantonale ( art. 76 cpv. 1 lett. a LTF ) contro una decisione finale ( art. 90 LTF ) - e non incidentale, comme erroneamente affermato nella sentenza impugnata - pronunciata dall'autorità ticinese di ultima istanza ( art. 75 cpv. 1 LTF ) in una causa civile concernente - secondo le parti - una controversia in materia di diritto del lavoro il cui valore litigioso supera fr. 15'000.- (art. 74 cpv. 1 let. a LTF). (...) 5. L'art. 15 cpv. 1 della legge federale del 20 marzo 1998 sulle Ferrovie federali svizzere (LFFS; RS 742.31) stabilisce che le disposizioni relative al rapporto d'impiego del personale federale sono applicabili anche al personale delle Ferrovie federali svizzere. Questo principio trova speculare riscontro nell'art. 2 cpv. 1 lett. d della legge del 24 marzo 2000 sul personale federale (LPers; RS 172.220.1) giusta il quale tale legge si applica, appunto, anche al personale delle Ferrovie federali svizzere. Occorre dunque stabilire se l'espressione "Ferrovie federali svizzere" contenuta in queste due normative include anche le società affiliate delle FFS, e in particolare FFS Cargo SA. 5.1 Per interpretare una normativa ci si riferisce in primo luogo alla normativa stessa, vale a dire al suo tenore, al suo senso, al suo scopo e ai valori sui quali essa poggia, considerati in una prospettiva teleologica. L'interpretazione dev'essere guidata dall'idea che una norma non è rappresentata dal suo tenore letterale bensì dal modo in cui la legge viene compresa e concretizzata nelle fattispecie. Occorre prendere la decisione materialmente corretta nel contesto normativo, orientandosi verso un risultato soddisfacente sotto il profilo della ratio legis . Il Tribunale federale non privilegia un criterio d'interpretazione in particolare; per accedere al senso di una norma preferisce, pragmaticamente, ispirarsi a un pluralismo interpretativo. È anche possibile far capo ai lavori preparatori, se essi forniscono una risposta chiara alla questione litigiosa e possono quindi esser d'aiuto al giudice ( DTF 133 III 175 consid. 3.3.1 pag. 178; DTF 132 III 707 consid. 2). 5.2 In concreto, come visto, né la LFFS né la LPers menzionano esplicitamente le società affiliate delle FFS. BGE 135 III 483 S. 487 5.2.1 L'art. 3 cpv. 2 seconda frase LFFS autorizza per contro espressamente le FFS a costituire società, assumere partecipazioni o collaborare sotto altra forma con terzi. Le società così costituite sono affiliate di FFS, con una personalità giuridica autonoma. Lo conferma anche il tenore della convenzione sulle prestazioni fra la Confederazione Svizzera e la società anonima (...) FFS per gli anni 2003- 2006 (...), evocata anche nella sentenza impugnata, e in particolare quello dell'art. 5 - che trae spunto dall' art. 3 cpv. 2 LFFS (cfr. Messaggio dell'8 marzo 2002 sulla convenzione citata, FF 2002 3003 n. 3.1) - giusta il quale le FFS possono impegnarsi in cooperazioni in Svizzera e all'estero, fra l'altro mediante la costituzione di società, se queste cooperazioni facilitano il conseguimento degli obiettivi strategici e contribuiscono ad aumentare il valore dell'impresa. Ora, le cooperazioni possono avvenire solo con terzi. Se quindi le società costituite da FFS, sue affiliate, sono dei terzi, allora - dal punto di vista sistematico - quando nella legge si menzionano semplicemente le FFS si intende solo la società madre. 5.2.2 Alla stessa conclusione si giunge mediante l'interpretazione teleologica dell' art. 3 cpv. 2 LFFS . È vero che un'impresa di diritto pubblico non può, di principio, sottrarsi agli obblighi derivanti dai compiti amministrativi affidatile, modificando la sua forma giuridica (PIERRE TSCHANNEN, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2008, n. 10 segg.). Questo non può tuttavia valere per l'integralità delle prescrizioni alle quali l'impresa sottostava nella sua forma giuridica originale, di diritto pubblico. Ora, mediante una privatizzazione viene, fra l'altro, perseguito lo scopo di fornire all'impresa un margine di manovra più ampio, di permetterle una separazione progressiva dall'ente pubblico. Nella misura in cui un'impresa pubblica viene autorizzata a costituire società del diritto privato, alle quali affidare parte delle sue attività, essa deve poter garantire loro anche la necessaria autonomia. Continuare ad imporre alle società affiliate il medesimo diritto applicabile alla società madre rischierebbe di vanificare lo scopo della loro costituzione. 5.2.3 Ma è soprattutto l'intepretazione storica che porta ad escludere l'applicabilità della LPers alle società affiliate delle FFS e, quindi a FFS Cargo SA. Dalla lettura dei materiali preparatori emerge infatti che la questione è stata oggetto di discussione nel quadro delle consultazioni parlamentari relative all'adozione della LPers. In tale occasione il consigliere nazionale Fulvio Pelli aveva BGE 135 III 483 S. 488 infatti proposto di estendere esplicitamente il campo di applicazione della LPers alle società controllate dalla Posta Svizzera e dalle FFS, mediante l'aggiunta all'art. 2 cpv. 1 lett. c (riguardante la Posta svizzera) e all'art. 2 cpv. 1 lett. d (riguardante le FFS) di: "e [al personale] delle società da loro controllate" (BU 1999 CN 2053). Egli aveva espresso il timore che, attraverso la costituzione di società affiliate, la Posta o le FFS finissero per strutturare i rapporti d'impiego con i dipendenti di tali società facendo completamente astrazione dalle regole fondamentali previste dalla LPers, dalla legge federale del 30 aprile 1997 sull'organizzazione dell'azienda delle poste della Confederazione (LOP; RS 783.1) e dalla LFFS. Pur manifestando comprensione per questa preoccupazione, l'allora consigliere federale Kaspar Villiger aveva invitato il consiglio nazionale a respingere la proposta di Fulvio Pelli, per il motivo che le società costituite dalla Posta e dalle FFS necessitavano di godere di una maggiore libertà imprenditoriale che la società madre per potersi presentare sul mercato come interlocutori validi, efficaci e concorrenziali (BU 1999 CN 2053). Per finire, l'assemblea nazionale ha respinto la proposta di Fulvio Pelli. 5.3 Da quanto appena esposto discende che la mancata menzione delle società affiliate delle FFS nella LFFS e nella LPers corrisponde alla precisa volontà del legislatore, il quale ha deciso di escludere l'applicazione di queste leggi a tali società. Questo significa che il rapporto d'impiego fra le parti in causa è effettivamente disciplinato dal diritto privato e, di conseguenza, la competenza a dirimere il litigio che le oppone spetta al giudice civile.
null
nan
it
2,009
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
26e1986e-eb5b-4204-8b6d-c1b337d07bf9
Urteilskopf 104 IV 68 22. Urteil des Kassationshofes vom 31. Mai 1978 i.S. S.-Versicherungsgesellschaft und M.-Bank gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und F.
Regeste 1. Art. 269 BStP . Die Vereinigung von Nichtigkeitsbeschwerde und staatsrechtlicher Beschwerde in einer gemeinsamen Eingabe ist nur zulässig, wenn beide Rechtsmittel hinsichtlich Antrag und Begründung klar auseinandergehalten werden (Erw. 2). 2. Art. 271 Abs. 1 BStP , Art. 58 und Art. 60 StGB . a) Eine auf den Zivilweg verwiesene adhäsionsweise geltend gemachte Schadenersatzforderung ist nicht mit der Strafklage "beurteilt" (Erw. 3b). b) Die Einziehung von Verbrechensgut zuhanden des Staates gemäss Art. 58 StGB wird nicht zur Befriedigung eines Zivilanspruchs verhängt (Erw. 3c). c) Ein auf Art. 60 StGB gestütztes Begehren des Geschädigten betrifft keinen Zivilanspruch (Erw. 3d).
Sachverhalt ab Seite 69 BGE 104 IV 68 S. 69 A.- Am 17. Juni 1977 verurteilte das Geschworenengericht des Kantons Zürich F. wegen qualifizierten Raubes, wiederholter und fortgesetzter Urkundenfälschung, einfacher Körperverletzung sowie Gewalt und Drohung gegen Beamte zu zwölf Jahren Zuchthaus, Fr. 3000.- Busse und 15 Jahren Landesverweisung. Das Gericht verpflichtete F. zudem, die S.-Versicherungsgesellschaft mit Fr. 112 196.15 zu entschädigen. Im Mehrbetrag wurde das Schadenersatzbegehren der Versicherung auf den Zivilweg verwiesen. Dagegen wurde ihr eine Umtriebsentschädigung von Fr. 4698.80 zuerkannt. Das Geschworenengericht beschloss des weiteren, die bei F. und R. beschlagnahmten Geldbeträge von Fr. 589 529.10, Wert 6. Januar 1977, und Fr. 33 138.-, Wert 31. Dezember 1976, samt den seither aufgelaufenen Zinsen beider Konti, sowie die weiter am 18. März bzw. 1. April 1976 beschlagnahmten Fr. 21 200.- und Fr. 295.30, abzüglich die den Geschädigten zugesprochenen Fr. 112 196.15, Fr. 4698.80 und Fr. 133.10, definitiv zu beschlagnahmen und zur Deckung der Busse sowie der Untersuchungs- und Gerichtskosten zu verwenden, während der verbleibende Betrag im Sinne von Art. 58 StGB zuhanden des Kantons Zürich eingezogen werde. B.- Gegen dieses Urteil und den damit verbundenen Beschluss führen die S.-Versicherungsgesellschaft und die M.- Bank Nichtigkeitsbeschwerde und erklären, für den Fall, dass BGE 104 IV 68 S. 70 der Kassationshof wider Erwarten auf diese mangels Legitimation der Beschwerdeführerinnen nicht eintreten sollte, sei die Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde entgegenzunehmen. Die Beschwerdeführerinnen machen eine Verletzung von Art. 58 und 60 StGB sowie einen Verstoss gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit, denjenigen der Verhältnismässigkeit und gegen die verfassungsmässige Eigentumsgarantie geltend; schliesslich rügen sie auch Willkür in der Tatsachenfeststellung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerinnen möchten die Natur des Rechtsmittels als Nichtigkeitsbeschwerde oder staatsrechtliche Beschwerde von der Frage ihrer Legitimation zur einen oder zur andern Beschwerde abhängig machen. Damit übersehen sie jedoch, dass notwendig zunächst die Frage entschieden werden muss, welcher Art das Rechtsmittel seinem Inhalt nach ist, und dass erst dann diejenige nach der Befugnis der Beschwerdeführerinnen zur Ergreifung des betreffenden Rechtsmittels entschieden werden kann. 2. Die Eingabe der Beschwerdeführerinnen ist nacheinander als Nichtigkeitsbeschwerde und als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnet. In der Begründung wird jedoch unter anderem eine Verletzung von Art. 58 und 60 StGB gerügt. Da die Anwendung dieser Bestimmungen vom Bundesgericht im Verfahren auf Nichtigkeitsbeschwerde überprüft werden kann, enthält die Eingabe insoweit eine Rüge, die ihre Bezeichnung als Nichtigkeitsbeschwerde rechtfertigt. Daneben enthält sie freilich auch Vorbringen, die Gegenstand einer staatsrechtlichen Beschwerde bilden könnten. Da jedoch Nichtigkeits- und staatsrechtliche Beschwerde zwei selbständige Rechtsmittel sind, die - sowohl was die Form der Einreichung als die gerichtliche Beurteilung betrifft - unterschiedlichen Verfahrensregeln unterliegen, können sie nicht in ein und derselben Eingabe vereinigt werden. Vom Erfordernis getrennter Eingaben kann nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn die verschiedenen Rechtsmittel in der Rechtsschrift nach Antrag und Begründung äusserlich klar in getrennten Abschnitten auseinandergehalten werden ( BGE 101 IV 248 ). Das ist hier nicht der Fall. Da die staatsrechtliche Beschwerde im Verhältnis zur Nichtigkeitsbeschwerde subsidiären Charakter hat ( Art. 84 BGE 104 IV 68 S. 71 Abs. 2 OG ), sind deshalb die Rügen der Verletzung von Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie nicht zu hören. 3. Ist somit die Eingabe als Nichtigkeitsbeschwerde entgegenzunehmen, stellt sich nunmehr die Frage, ob die Beschwerdeführerinnen als Geschädigte in diesem Verfahren die Verletzung von Art. 58 und 60 StGB rügen können. Das ist aus verschiedenen Gründen zu verneinen. a) Als Privatstrafklägerinnen gemäss Art. 270 Abs. 3 BStP steht ihnen die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu, weil sie vor Geschworenengericht nicht allein, ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft die Anklage vertreten haben. b) Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 271 BStP in Frage steht, ist sie schon deswegen nicht gegeben, weil die Beschwerdeführerinnen den Entscheid des Geschworenengerichtes im fraglichen Punkte nur insoweit anfechten, als damit ein Teil ihres "Schadenersatzbegehrens" auf den Zivilweg verwiesen wurde. Nach Art. 271 Abs. 1 BStP kann nämlich der Geschädigte die Nichtigkeitsbeschwerde wegen des Zivilanspruchs nur ergreifen, sofern dieser zusammen mit der Strafklage "beurteilt" worden ist. Wo jedoch der Strafrichter ein adhäsionsweise geltend gemachtes Begehren auf den Zivilweg verweist, beurteilt er es gerade nicht, sondern stellt es dem Geschädigten anheim, sein Begehren beim zuständigen Zivilrichter anhängig zu machen (vgl. auch BGE 96 I 633 ). c) Sodann betrifft, was die Beschwerdeführerinnen mit dem Hinweis auf Art. 58 StGB geltend machen, gar keine Zivilforderung, sondern eine Massnahme, die um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen und nicht im Hinblick auf die Befriedigung eines vom Geschädigten geltend gemachten Zivilanspruchs verhängt wird ( BGE 91 IV 168 und das nicht veröffentlichte Urteil des Kassationshofes vom 29. März 1977 i.S. M. und Kons.). d) Schliesslich wird auch mit der Berufung auf Art. 60 StGB keine Zivilforderung geltend gemacht. Bei dem Begehren eines Geschädigten gemäss Art. 60 StGB handelt es sich um ein solches aus öffentlichem Recht, was die Beschwerde nach Art. 271 BStP ausschliesst ( BGE 89 IV 173 und das vorgenannte nicht veröffentlichte Urteil). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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1,978
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
26e278e9-d357-4c61-adfb-dcc6342078f4
Urteilskopf 119 II 429 86. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 23 septembre 1993 dans la cause M. contre dame H.-Z. et Cour de justice du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 839 Abs. 2 ZGB , Art. 22 Abs. 4 GBV ; Wahrung der Frist zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes. Solange die provisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes im Grundbuch nicht gelöscht ist, wird durch sie die Verwirkungsfrist des Art. 839 Abs. 2 ZGB gewahrt, sofern die Eintragung innert drei Monaten nach Vollendung der Arbeiten erfolgt ist.
Sachverhalt ab Seite 430 BGE 119 II 429 S. 430 A.- a) Le 14 avril 1992, M. a requis le Tribunal de première instance de Genève d'ordonner l'inscription provisoire d'une hypothèque légale d'entrepreneur sur la parcelle de dame H.-Z. Par ordonnance provisoire du même jour, le Tribunal a ordonné la convocation des parties, autorisé M. à requérir du conservateur du registre foncier l'inscription provisoire sollicitée, et prescrit enfin que l'ordonnance déploiera ses effets jusqu'à l'exécution de la décision à rendre après audition des parties. L'inscription provisoire a eu lieu le 15 avril 1992. b) Statuant le 20 juillet 1992, le Tribunal a débouté l'entrepreneur des fins de sa requête, et révoqué l'ordonnance provisoire du 14 avril 1992. La Cour de justice a, par arrêt du 15 octobre 1992, confirmé la décision attaquée. B.- Le Tribunal fédéral a admis le recours de droit public formé par M. et annulé l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Le Tribunal de première instance a estimé que la facture du 18 février 1992, sur laquelle le requérant a fondé ses prétentions, porte sur des travaux de peinture terminés à 90% le 27 novembre 1991 et des travaux de plâtrerie principale et complémentaire achevés respectivement les 21 octobre et 6 décembre 1991; le poste "rhabillage", qui est mentionné sur une fiche de travail du 3 février 1992, correspond à des travaux accessoires; on ignore enfin en quoi consistent les travaux exécutés le 16 janvier 1992. L'entrepreneur, qui a formé sa requête le 14 avril 1992, n'a donc pas rendu vraisemblable le respect du délai de l' art. 839 al. 2 CC . BGE 119 II 429 S. 431 Selon la Cour de justice, même si les travaux ont bien été achevés le 3 février 1992, comme l'affirme le requérant, il n'était plus possible d'inscrire l'hypothèque légale après le 3 mai 1992, le délai péremptoire de trois mois étant alors échu. Or, si l'inscription a bien été ordonnée provisoirement en temps utile, elle est caduque depuis le 20 juillet 1992, date à laquelle le Tribunal a révoqué sa première décision et débouté l'entrepreneur. Et de conclure que l'inscription provisoire du 15 avril 1992 ayant été annulée par le juge de première instance, et le délai de trois mois depuis la fin des travaux étant amplement dépassé, il n'est plus possible d'ordonner l'inscription d'une hypothèque légale d'entrepreneur. La cour cantonale a en outre estimé que l'octroi de l'effet suspensif au recours n'y aurait rien changé: il n'aurait pas fait "renaître" l'ordonnance prise le 14 avril 1992, qui a été remplacée par la nouvelle décision du Tribunal, et dont les effets ont cessé à ce moment-là. a) L'inscription de l'hypothèque légale des artisans et entrepreneurs ( art. 837 al. 1 ch. 3 CC ) doit être "requise au plus tard dans les trois mois qui suivent l'achèvement des travaux" ( art. 839 al. 2 CC ). Nonobstant la version française du texte légal, l'inscription doit être non seulement "requise", mais aussi opérée au registre foncier dans ce délai ( ATF 95 II 22 consid. 1 p. 25, ATF 79 II 424 consid. 6 p. 439 et l'arrêt cité; SCHUMACHER, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2e éd., Zurich 1982, no 701; STEINAUER, Les droits réels, vol. III, Berne 1992, no 2883; SIMOND, L'hypothèque légale de l'entrepreneur en droit suisse, thèse Lausanne 1924, p. 106 ss). Cette disposition institue un délai de péremption ( ATF 89 II 304 consid. 3 p. 306, 53 II 216 consid. 1 p. 219; STEINAUER, ibid.; SCHUMACHER, op.cit., no 697), qui peut être sauvegardé par une inscription provisoire selon l' art. 22 al. 4 ORF (RS 211.432.1) ( ATF 95 II 22 consid. 1 p. 25, ATF 89 II 304 consid. 3 p. 306 et les arrêts cités). Contrairement à la plupart des délais péremptoires, le respect du délai de l' art. 839 al. 2 CC ne dépend pas uniquement de l'attitude du titulaire. La loi exige un résultat déterminé: l'inscription au registre foncier (SCHUMACHER, op.cit., no 702; WYSS, La péremption dans le Code civil suisse, thèse Lausanne 1957, p. 116). Aussi la seule réquisition au juge ou au conservateur dudit registre n'est-elle pas propre à prévenir la péremption (SCHUMACHER, op.cit., no 703), non plus que l'ouverture d'une action en reconnaissance de dette ( ATF 53 II 216 consid. 1 p. 219; WYSS, op.cit., p. 93). La sauvegarde des droits de l'entrepreneur dépend dès lors dans une large mesure de la collaboration et de la diligence des organes étatiques (sur la responsabilité BGE 119 II 429 S. 432 de l'Etat en cas de retard dans la procédure d'inscription, SCHUMACHER, op.cit., nos 729 ss, 742 et 743). Ces principes sont valables en matière d'inscription provisoire ( art. 22 al. 4 ORF ): si une telle inscription évite la déchéance, encore faut-il qu'elle intervienne dans le délai légal ( ATF 66 II 105 consid. 1 p. 107, 53 II 216 consid. 1 p. 219; WYSS, ibid.). b) Selon la jurisprudence constante, un délai de péremption ne peut être interrompu conformément à l' art. 135 CO ( ATF 104 II 357 consid. 4a, ATF 102 II 193 consid. 2b p. 196, ATF 98 II 176 consid. 10 p. 181, ATF 74 II 97 consid. 4 p. 100; BECKER, n. 3 ad Vorbem. zu Art. 127 - 142 OR ; WYSS, op.cit., p. 36 ss; NABHOLZ, Verjährung und Verwirkung als Rechtsuntergangsgründe infolge Zeitablaufs, thèse Zurich 1958, p. 120 ss). Si l'acte conservatoire que prescrit la loi est accompli, le délai sera en principe respecté une fois pour toutes; contrairement à la prescription (cf. art. 138 al. 1 CO ; ATF 85 II 504 consid. 3a p. 508/509; SJ 1973 p. 145, spéc. 149/150 consid. 2b), la péremption ne peut ainsi intervenir en cours d'instance, et ce même si le délai expire avant la fin du procès (NABHOLZ, op.cit., p. 77 ch. 3 et 125 ch. 3; WYSS, op.cit., p. 110 ch. 7 et n. 74). c) Le 14 avril 1992, le recourant a requis le Tribunal de première instance d'ordonner l'inscription provisoire d'une hypothèque légale d'entrepreneur; autorisée le jour même par ordonnance provisoire ( art. 327 LPC /GE), ladite inscription a eu lieu le lendemain. Comme on l'a vu, elle était propre à sauvegarder le délai de l' art. 839 al. 2 CC , autant toutefois qu'elle est intervenue dans les trois mois qui suivent l'achèvement des travaux (cf. let. a, ci-dessus). C'est ce que la Cour de justice aurait dû examiner. Par l'inscription provisoire au registre foncier de son hypothèque légale, le recourant a en effet sauvegardé le délai de l' art. 839 al. 2 CC et évité la péremption du droit (cf. let. a et b, ci-dessus), du moins prima facie; vu l'examen sommaire auquel procède le juge ( art. 961 al. 3 CC ; ATF 102 Ia 81 consid. 2b/bb p. 86; SCHUMACHER, BR 1988 p. 20 ad no 22), le propriétaire grevé a toujours la possibilité d'objecter la tardiveté dans l'action en inscription définitive (WYSS, op.cit., p. 94 in fine). En l'état, le recourant a néanmoins fait tout ce qui était nécessaire à la conservation de sa prétention. La cour cantonale ne le conteste d'ailleurs pas, lorsqu'elle relève que l'inscription a bien été ordonnée provisoirement dans le délai légal; on ne saurait en revanche approuver son opinion, selon laquelle cette inscription a été annulée par l'ordonnance principale ( art. 326 LPC /GE) prise le 20 juillet 1992. BGE 119 II 429 S. 433 Il est en effet constant que l'inscription provisoire au registre foncier n'a pas été radiée. Le ch. 3 du dispositif de l'ordonnance provisoire du 14 avril 1992 mentionnait d'ailleurs expressément que ladite ordonnance déploierait ses effets jusqu'à l'exécution de la décision à prendre après audition des parties. Le recourant relève à bon droit que l'arrêt critiqué est sur ce point en contradiction avec une décision rendue le 15 septembre 1992; la Cour de justice y a considéré que, lorsque l'ordonnance principale n'est - comme en l'espèce - pas exécutée, l'inscription subsiste, et il incombe au propriétaire de l'immeuble grevé de pourvoir à l'exécution, faute de quoi l'inscription lui est opposable. L'ordonnance principale du 20 juillet 1992 n'ayant pas été exécutée, c'est donc à juste titre que le recourant soutient que l'inscription provisoire du 15 avril 1992 subsiste encore. Si celle-ci avait été radiée, le recourant aurait dû requérir, par voie de mesures provisionnelles, la réinscription provisoire de l'hypothèque, dans le délai prévu par l' art. 839 al. 2 CC ( ATF 66 II 105 consid. 2 p. 109; cf. ég. SCHUMACHER, op.cit., nos 733 et 754). d) Encore qu'ils ne soient pas critiqués par le recourant, il faut relever que les motifs de la cour cantonale à l'appui du rejet de la requête d'effet suspensif sont erronés. Vu le délai péremptoire de l' art. 839 al. 2 CC , l'octroi de l'effet suspensif - qui est assimilable à des mesures provisionnelles (PELET, Réglementation fédérale des mesures provisionnelles et procédure civile cantonale contentieuse, thèse Lausanne 1986, p. 11/12 et les références) - constitue le seul moyen dont dispose l'entrepreneur pour obtenir le maintien de l'inscription ordonnée préprovisoirement (SCHUMACHER, op.cit., nos 733 et 754, qui renvoie pertinemment à l' art. 94 OJ ). Il ne s'agit pas de faire "renaître" l'ordonnance provisoire du 14 avril 1992, mais bien de suspendre l'exécution de l'ordonnance prise le 20 juillet suivant. Le "caractère négatif de la décision contestée" est dénué de pertinence lorsque l'inscription provisoire a été opérée. Il est vrai que, selon l' art. 333 LPC /GE, l'appel en matière de mesures provisionnelles n'a pas d'effet suspensif; la doctrine admet toutefois que la Cour de justice puisse néanmoins l'accorder aux conditions prévues par l' art. 327 LPC /GE (MERMOUD, Loi de procédure civile genevoise annotée, Genève 1988, ad art. 333 LPC ), sans quoi la garantie offerte aux artisans et entrepreneurs pourrait être vidée de sa substance en cas de rejet de la requête d'inscription provisoire. e) En conclusion, si la prétention du recourant est périmée, ce serait uniquement pour le motif que l'inscription provisoire est intervenue BGE 119 II 429 S. 434 plus de trois mois après la fin des travaux, non pour ceux invoqués dans l'arrêt attaqué. La Cour de justice devra dès lors examiner ce point, soulevé en appel par l'entrepreneur.
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1,993
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Federation
26e7a39b-846d-4afb-b9fd-2ff57a4145f2
Urteilskopf 81 IV 315 68. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1955 i.S. Rütter gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 2 Abs. 1, 29, 30 Abs. 2, 46 Abs. 1 Ziff. 7 BG betr. die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (FPolG). 1. Auch Nichtschutzwaldungen unterstehen der Oberaufsicht des Bundes (Erw. 1). 2. Begriff der Hochwaldung (Erw. 2). 3. Art. 46 Abs. 1 Ziff. 7 FPolG ist auch auf Abholzungen (hier Kahlschlag) in Nichtschutzwaldungen anzuwenden (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 81 IV 315 S. 315 A.- Gottfried Rütter ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens in Inwil, zu welchem Waldareal im Ausmass von 3,52 ha gehört. Er schlug in der Zeit vom November 1953 bis März 1954 293 Tannen und Fichten im Ausmass von insgesamt 250 Festmetern, obschon er nur im Besitze einer Holzschlagbewilligung für 59 m3 war, wozu noch das Recht kam, zur Deckung seines Eigenbedarfes ohne Bewilligung Holz im Ausmass von 10 m3 zu fällen. Er schlug somit unerlaubterweise 181 m3 Holz und brachte dieses zum Verkauf. BGE 81 IV 315 S. 316 B.- Durch Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern ist Rütter am 6. Juni 1955 in Anwendung von Art. 46 Ziff. 7 FPolG wegen unbefugten Holzschlages zu einer Busse von Fr. 2715.-- verurteilt worden. C.- Rütter führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde. Er macht im wesentlichen geltend, auf den von ihm vorgenommenen Holzschlag sei zu Unrecht Bundesrecht angewendet worden, da es sich bei der in Frage stehenden Waldparzelle weder um einen Schutzwald noch um einen Hochwald, sondern um einen ausgesprochenen Nichtschutzwald handle. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 2 Abs. 1 des Forstpolizeigesetzes (FPolG) sind sämtliche Waldungen der Oberaufsicht des Bundes unterstellt, und zwar öffentliche wie private Waldungen (Abs. 2), unabhängig davon, ob es sich um Schutzwaldungen oder Nichtschutzwaldungen ( Art. 3 und 4 FPolG ) handelt. Dass die Waldung des Beschwerdeführers im Nichtschutzwaldgebiet liegt, wird von der Vorinstanz selber angenommen, ist also unbestritten. Art. 30 zählt die Vorschriften des Gesetzes auf, die auf die privaten Nichtschutzwaldungen Anwendung finden (Absatz 1) und bestimmt (Abs. 2 und 3) ferner: "Kahlschläge und Holznutzungen, die in ihren Wirkungen Kahlschlägen nahekommen, sind in Hochwaldungen nur mit Bewilligung der zuständigen kantonalen Instanzen gestattet. Die Kantone erlassen die nötigen Ausführungsbestimmungen." 2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass sein Wald "Hochwald" im Sinne des Gesetzes sei, denn "Inwil liegt im flachsten Mittelland". Der Einwand geht fehl. Nicht Standort oder Höhenlage (Hochland, Gebirge) geben der Hochwaldung nach forstwirtschaftlichem Sprachgebrauch ihre Bezeichnung. Wie dieser versteht das Forstpolizeigesetz sowohl in Art. 29 wie in Art. 30 Abs. 2 unter dem Begriff der "Hochwaldungen "("futaies", "foreste ad alto fusto"), was durch den französischen und italienischen Gesetzestext BGE 81 IV 315 S. 317 eindeutig bestätigt wird, eine bestimmte forstwirtschaftliche Betriebsart (Waldbestandesform), nämlich jene (auf den Wuchs hochstämmiger Bäume gerichtete) Waldungen, deren Baumbestände sich aus Samen entwickelt haben (Kernwüchse) und sich aus Samen verjüngen, sei es in natürlicher Verjüngung durch Besamung von Altholz her oder auf "künstliche" Weise durch Waldanbau mittels Aussaat von Samen oder Pflanzung von aus Samen erzogenen Jungbäumen. Den Gegensatz hiezu bildet der Niederwald, der vorwiegend auf der Fähigkeit des Laubholzes beruht, nach dem Abhieb aus Stöcken und Wurzeln Ausschläge zu entwickeln und damit einen neuen Bestand zu bilden (vgl. "Die forstlichen Verhältnisse der Schweiz", herausgegeben vom Schweizerischen Forstverein 1925 S. 97 ff. sowie Anhang S. 22 unter dem Stichwort "Hochwald"; ferner Handbuch der schweizerischen Volkswirtschaft, Ausgabe 1955 Bd. I S. 478 /79). Kein Zweifel kann darüber bestehen, dass Fichten- und Tannenwald, wie er hier in Frage steht, als Hochwaldung zu gelten hat. 3. Dem Entscheid der Vorinstanz liegt die für den Kassationshof verbindliche tatsächliche Feststellung zu Grunde, dass durch die massive Abholzung stellenweiser Kahlschlag, der sich schädlich auf Boden und Nachbarbestände auswirkt, erfolgte und auf eine Fläche von zehn Aren Jungwuchs vernichtet wurde. Danach kann aber nicht die Rede davon sein, und der Beschwerdeführer behauptet dies mit Recht auch nicht, dass die Vorinstanz den Begriff des Kahlschlages oder der in ihrer Wirkung einem Kahlschlag nahe kommenden Holznutzung verkannt habe. Der unbefugte Holzschlag stellt eine Widerhandlung gegen Art. 30 Abs. 2 FPolG dar. 4. Nach Art. 46 Abs. 1 Ziff. 7 FPolG werden verbotene Abholzungen mit Busse von Fr. 5.- bis Fr. 20.- für jeden Festmeter bestraft. Weder Wortlaut noch Sinn des Gesetzes schränken den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf unbefugte Holznutzungen in Schutzwaldungen ein. Kein Grund besteht, die Strafdrohung nicht gleicherweise BGE 81 IV 315 S. 318 auf verbotene Abholzungen in Nichtschutzwaldungen anzuwenden. Sie hier auszuschliessen, würde dem Willen des Gesetzgebers ebenso widersprechen wie beispielsweise die Annahme, die Strafdrohung von Art. 46 Abs. 1 Ziff. 6 oder Ziff. 8 finde auf Widerhandlungen in Nichtschutzwaldgebiet keine Anwendung, trotzdem die Pflicht zur Wiederaufforstung (Art. 32) und das Verbot der Ausreutung (Art. 31) auch für dieses Gebiet besteht. Dass Art. 30 den Art. 46 nicht ausdrücklich erwähnt, heisst nicht, der Gesetzgeber habe davon abgesehen, die Durchsetzung der in Art. 30 enthaltenen Vorschriften strafrechtlich zu sichern. Die Strafbestimmungen des Art. 46 gelten vielmehr allgemein für "Übertretungen gegenwärtigen Gesetzes" und nehmen die in Nichtschutzwaldungen begangenen Widerhandlungen nicht aus. 5. Da die verbotene Abholzung unmittelbar den Tatbestand des Art. 30 Abs. 2 FPolG erfüllt, stellt sich die Frage nicht, ob kantonale Ausführungsbestimmungen (Abs. 3) dem in Art. 30 Abs. 2 statuierten Verbot einen weitern, durch die Strafdrohung des Art. 46 Abs. 1 Ziff. 7 ebenfalls geschützten Inhalt geben können, wie dies der Kassationshof in BGE 80 IV 193 ff. für kantonales Recht angenommen hat, das in Ausführung der in Art. 29 FPolG enthaltenen Weisungen Abholzungen in Schutzwaldungen verbietet. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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Federation
26e8b88d-a6dd-4a7a-9402-9da72ba2e708
Urteilskopf 134 III 16 3. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.X und B.X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_119/2007 vom 9. Oktober 2007
Regeste Gerichtsstand am Ort des Grundbuchs; Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG : "andere Klagen, die sich auf das Grundstück beziehen". Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG begründet den Gerichtsstand am Ort des Grundbuchs für Vertragsklagen nur, wenn sie einen dinglichen Bezug aufweisen; ein solcher ist insbesondere gegeben, wenn der Entscheid über den strittigen Anspruch zu einer Grundbuchänderung führen kann (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 17 BGE 134 III 16 S. 17 A. B.X. und A.X. (Beklagte; Beschwerdeführer) sind Eigentümer einer Liegenschaft in C./GR; sie sind indes in D./SZ domiziliert. Im Jahre 2005 betrauten sie den Architekten Y. (Kläger, Beschwerdegegner) mit der Sanierung des Altbaus auf ihrem Grundstück in C. A.a Der Kläger führte verschiedene Architekturleistungen aus und zog Unternehmer bei, die Anfang November 2005 mit der Ausführung von Bauarbeiten auf der Liegenschaft der Beklagten begannen. Am 13. November 2005 wiesen die Beklagten den Kläger an, die Bauarbeiten einzustellen. Sie beendeten mit Schreiben vom 20. Januar 2006 die Zusammenarbeit mit dem Kläger, worauf dieser am 31. Januar 2006 seine Schlussrechnung stellte, welche die Beklagten bestritten. A.b Der Kläger meldete am 28. März 2006 beim Kreisamt Bergün seine Forderung gegen die Beklagten zur Vermittlung an; nach erfolglosem Sühneversuch gelangte er am 29. Mai 2006 an das Bezirksgericht Albula mit dem Rechtsbegehren, die Beklagten seien zur Bezahlung von Fr. 52'414.65 zuzüglich 5 % Zins seit 25. Januar 2006 zu verurteilen. Die Beklagten bestritten in der Antwort die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts Albula, worauf der Bezirksgerichtspräsident das Verfahren auf die Frage der Zuständigkeit beschränkte. A.c Am 2. November 2006 erklärte sich das Bezirksgericht Albula gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 2000 über den Gerichtsstand in Zivilsachen (Gerichtsstandsgesetz, GestG; SR 272) für die Beurteilung der Streitsache als örtlich zuständig. Zur Begründung führte das Gericht aus, die behaupteten Leistungen wiesen einen Bezug von einer gewissen Intensität zum Grundstück der Beklagten auf. BGE 134 III 16 S. 18 B. Mit Urteil vom 7. März 2007 wies das Kantonsgericht von Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, die Beschwerde der Beklagten gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Albula vom 2. November 2006 ab. Es bejahte für die Honorarforderung des Architekten den Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache, da sich die Leistungen nicht auf Planarbeiten beschränkt, sondern die Sanierung eines bestehenden Hauses betroffen hätten, die einer näheren Auseinandersetzung mit dem Grundstück bzw. dem darauf erstellten Haus bedurft habe. C. Gegen das Urteil des Kantonsgerichtsausschusses reichten die Beschwerdeführer am 27. April 2007 beim Bundesgericht zivilrechtliche Beschwerde ein. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass für die streitige Forderung im Gerichtsbezirk Albula kein Gerichtsstand bestehe. Im Übrigen sei die Sache zur Neubeurteilung der Kosten und Entschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie rügen eine falsche Anwendung von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG und eine Verletzung der Garantie des Wohnsitzgerichtsstandes ( Art. 30 Abs. 2 BV ). Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Im schweizerischen Recht gilt als allgemeiner zivilrechtlicher Gerichtsstand der Wohnsitz der beklagten (natürlichen) Person ( Art. 30 Abs. 2 BV ; Art. 3 Abs. 1 lit. a GestG ). Davon sieht das Gerichtsstandsgesetz im 3. Kapitel über "Besondere Gerichtsstände" Ausnahmen vor. Diese haben regelmässig zum Ziel, die gerichtliche Durchsetzung bestimmter Kategorien von Ansprüchen insbesondere durch eine sachbezogene Anknüpfung zu vereinfachen. Sie beruhen einerseits auf dem Gedanken, dass sich diejenigen Gerichte mit einer Streitigkeit befassen sollen, die dem zu beurteilenden Sachverhalt räumlich am nächsten stehen; anderseits sollen dem Kläger Rechtswegbarrieren abgebaut werden, indem ihm erspart wird, den Beklagten am Wohnsitz zu suchen und womöglich gegen mehrere Beklagte an je unterschiedlichen Gerichten vorzugehen (vgl. BGE 123 III 89 E. 3b S. 91 mit Hinweisen). Der 4. Abschnitt des 3. Kapitels des Gerichtsstandsgesetzes ist mit "Sachenrecht" überschrieben und enthält in Art. 19 besondere Vorschriften für "Grundstücke" sowie in Art. 20 für "Bewegliche Sachen". Nach Art. 19 Abs. 1 GestG ist das Gericht am Ort, an dem das Grundstück im Grundbuch BGE 134 III 16 S. 19 aufgenommen ist oder aufzunehmen wäre, nicht nur zuständig für dingliche Klagen (lit. a) und für Klagen gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft (lit. b), sondern auch für "andere Klagen, die sich auf das Grundstück beziehen" (lit. c). Streitig ist, welcher Art dieser Bezug zum Grundstück bei einer Vertragsklage sein muss, damit Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG zur Anwendung kommt. 2.1 Die Zuständigkeit für die Vertragsklagen am Ort der gelegenen Sache wurde vor Erlass des Gerichtsstandsgesetzes im interkantonalen Verhältnis nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als Ausnahme vom verfassungsmässigen Wohnsitzgerichtsstand des Beklagten nur zurückhaltend bejaht. Grundsätzlich galt für Klagen aus Vertrag der Wohnsitzgerichtsstand, auch wenn der Vertrag ein Grundstück zum Gegenstand hatte, wie etwa der Grundstückkauf ( BGE 120 Ia 240 E. 3a S. 243 mit Hinweisen). Anerkannt war der Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache für umstrittene vertragliche Forderungen nur, wenn sie durch ein Pfand, ein Retentionsrecht oder eine Vormerkung im Grundbuch gesichert waren ( BGE 120 Ia 240 E. 3a S. 244; BGE 92 I 36 E. 2 S. 39), wenn gemischte Klagen sowohl auf Anerkennung einer Forderung des Bauhandwerkers und definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts zu beurteilen waren ( BGE 95 II 31 E. 1 S. 33) sowie für den Ausschluss aus der Gemeinschaft der Miteigentümer ( BGE 120 Ia 240 E. 3a S. 244; BGE 117 II 26 E. 3 S. 29 f., je mit Hinweisen). Das Bundesgericht lehnte es grundsätzlich ab, aus prozessökonomischen oder sonstigen Zweckmässigkeitserwägungen von der verfassungsmässigen Wohnsitzgarantie abzuweichen. Vor allem mit Blick auf die Rechtssicherheit, die es als besonders wichtig erscheinen lässt, dass der Rechtssuchende zum Voraus mit Bestimmtheit weiss, an welchen Richter er sich zu wenden hat, wurde eine Ausdehnung auf weitere vertragliche oder sonstige mit dem Grundstück zusammenhängende Klagen abgelehnt ( BGE 92 I 201 E. 4 S. 203 f.). Die Lehre wandte sich gegen diese restriktive Praxis und wollte auch vertragliche Ansprüche von der Wohnsitzgarantie ausnehmen, wenn sie auf Einräumung dinglicher Rechte zielten (vgl. BGE 117 II 26 E. 3 S. 29 mit Hinweisen; siehe auch OSCAR VOGEL, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Zivilprozessrecht im Jahre 1991, in: ZBJV 129/1993 S. 436 f.). 2.2 Im innerkantonalen Bereich gewährten verschiedene kantonale Prozessordnungen vor Inkrafttreten des Gerichtsstandsgesetzes den Gerichtsstand der gelegenen Sache auch für rein persönliche Klagen. Gewisse Kantone sahen den Gerichtsstand vor für Klagen, die BGE 134 III 16 S. 20 sich auf Arbeitsleistungen an einem Grundstück bezogen (Art. 69 aZPO/FR; Art. 53 Ziff. 11 aZPO/VD; vgl. OSCAR VOGEL, Streit und Streiterledigung - Von der Beweissicherung zum Bauprozess, in: Baurechtstagung 1985, 1. Bd., S. 70/86). Andere Kantone kannten den Gerichtsstand für Klagen, die mit dem Grundstück im Zusammenhang standen (vgl. etwa § 29 Abs. 2 aZPO/AG; Art. 10 Abs. 2 ZPO /GR; § 29 Abs. 2 aZPO/LU; § 7 Abs. 2 aZPO/TG; § 6 Abs. 2 aZPO/ZH). In den Kommentaren zu den kantonalen Prozessordnungen wurden dazu etwa genannt Klagen auf Erfüllung eines Grundstückkaufvertrags oder auf Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts, Klagen aus Realobligationen, gemischte (zu dinglichen Klagen akzessorische) Forderungen, Schadenersatzklagen gemäss Art. 679 ZGB oder Forderungen aus widerrechtlicher Beschädigung von Grundstücken sowie Klagen auf Unverbindlicherklärung eines Grundstückkaufvertrags (vgl. BÜHLER/EDELMANN/KILLER, Kommentar zur Aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1998, N. 6 zu § 29 Abs. 2 aZPO/AG; GIUSEP NAY, Zivilprozessordnung und Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Graubünden, Chur 1986, N. 2 [S. 24] zu Art. 10 ZPO /GR; STUDER/RÜEGG/EIHOLZER, Der Luzerner Zivilprozess, N. 4 zu § 29 aZPO/LU; BARBARA MERZ, Die Praxis zur thurgauischen Zivilprozessordnung, N. 7 zu § 7 aZPO/TG; FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 1997, N. 23 ff. zu §§ 6/7 aZPO/ZH). Die hier interessierende Konstellation der Klage eines Unternehmers oder eines Architekten aus einer Forderung, die ein Grundstück betrifft, fand lediglich in den Kommentaren zur zürcherischen und zur aargauischen Zivilprozessordnung Erwähnung (vgl. FRANK/STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N. 4 zu §§ 6/7 aZPO/ZH; BÜHLER/EDELMANN/KILLER, a.a.O., N. 6 zu § 29 aZPO/AG). Obwohl die Normen praktisch gleich lauteten, unterschied sich ihr Anwendungsbereich beträchtlich. So kam nach § 6 Abs. 2 aZPO/ZH der Gerichtsstand des Ortes des Grundstücks laut einem Urteil des Zürcher Kassationsgerichts vom 3. April 1989 (publ. in: ZR 88/1989 Nr. 36 S. 125 und SJZ 86/1990 S. 13) nur zum Zug, wenn sich die Klage gegen den Eigentümer richtete. Es sei nicht Sinn von § 6 Abs. 2 aZPO/ZH, dass grundsätzlich jeder Prozess, der in Zusammenhang mit einem Grundstück stehe, am Ort dieses Grundstücks geführt werden könnte, auch wenn keine der Parteien Eigentümerin des Grundstücks wäre. Die Bestimmung lehnte sich an Art. 4 des inzwischen aufgehobenen Vertrags zwischen der Schweiz und Frankreich über den Gerichtsstand und die Vollziehung BGE 134 III 16 S. 21 von Urteilen in Zivilsachen vom 15. Juni 1869 an (FRANK/STRÄULI/ MESSMER, a.a.O., N. 23 zu §§ 6/7 aZPO/ZH) und sollte - wie dieser - insbesondere die Rechtsverfolgung gegen Personen mit Wohnsitz im Ausland erleichtern, indem sie auch für rein persönliche Klagen den Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache zuliess, sofern sich diese gegen den Eigentümer des Grundstücks richteten (HANS ULRICH WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht nach den Gesetzen des Bundes und des Kantons Zürich unter Berücksichtigung anderer Zivilprozessordnungen, 3. Aufl. 1983, S. 107, Fn. 30; vgl. auch die Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung zum neuen Staatsvertrage mit Frankreich, betreffend zivilrechtliche Verhältnisse vom 28. Juni 1869, BBl 1869 II 476/490). Für § 29 Abs. 2 aZPO/ AG genügte hingegen nach einem Urteil des Aargauer Obergerichts vom 28. Mai 1993 über eine Werklohnforderung (publ. in: Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 1993 S. 88, E. 1a) ein sachlicher Zusammenhang mit dem Grundstück unabhängig von der Person des Beklagten. Zur Begründung führte das Obergericht aus, der Gerichtsstand am Ort des Grundstücks bezwecke, dem örtlich zuständigen Gericht den Augenschein und den Verkehr mit dem Grundbuchamt zu erleichtern. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb Klagen im Zusammenhang mit einem Grundstück, die sich nicht gegen den Grundeigentümer oder den am Grundstück dinglich Berechtigten richteten, nicht auch am Ort des Grundstücks zuzulassen seien. 3. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Es können auch die Gesetzesmaterialien beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Richter damit weiterhelfen ( BGE 132 III 707 E. 2 S. 710 f. mit Hinweisen). BGE 134 III 16 S. 22 3.1 Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG sieht den besonderen Gerichtsstand allgemein für Klagen vor, die sich auf das Grundstück beziehen ("des autres actions en rapport avec l'immeuble", "le altre azioni inerenti al fondo"), und nennt die Klagen auf Übertragung von Grundeigentum oder auf Einräumung beschränkter dinglicher Rechte nur beispielhaft. Aus dem Wortlaut allein lässt sich damit nicht beantworten, welcher Art der Bezug einer Vertragsklage zum Grundstück sein muss, um den Gerichtsstand am Ort des Grundbuchs zu begründen. 3.2 Die geltende Formulierung von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG wurde - trotz Kritik in der Vernehmlassung - vom Bundesrat vorgeschlagen (Botschaft zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen [Gerichtsstandsgesetz, GestG] vom 18. November 1998, BBl 1999 S. 2829/2856). Der Bundesrat hielt dazu fest, die Neuregelung knüpfe an eine moderne prozessrechtliche Tendenz an, die im kantonalen Recht begonnen und in jüngeren Gerichtsstandsnormen des Bundesrechts ihre Fortsetzung gefunden habe. Auf Bundesebene verweist die Botschaft auf den damals geltenden Art. 82 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) , wonach für Klagen auf Übertragung von Eigentum an landwirtschaftlichen Gewerben oder Grundstücken und auf Eintragung oder Löschung von Grundpfandrechten an landwirtschaftlichen Grundstücken der Gerichtsstand am Ort der gelegenen Sache alternativ zur Verfügung stand. Für die hier interessierende Konstellation hilft dieser Hinweis nicht weiter, da er sich - wie die in Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG explizit genannten Beispiele - auf Klagen bezieht, die zu einer Änderung des Grundbuchs führen können. Die Botschaft zitiert darüber hinaus Bestimmungen kantonaler Prozessordnungen, darunter § 29 Abs. 2 aZPO/AG und § 6 Abs. 2 aZPO/ZH. Der Bezug der Klage zum Grundstück müsse von einer gewissen Intensität sein; ein bloss entfernter sachlicher Zusammenhang würde nicht genügen. So wäre etwa die Klage eines Unternehmers aus Reparaturarbeiten am Haus gegen den Grundeigentümer zulässig; ungenügend wäre hingegen der Zusammenhang, würde sich die Klage gegen irgendeinen Dritten richten (z.B. gegen den Architekten), der weder das Eigentums- noch das Nutzungsrecht am Grundstück habe. Damit folgt die Botschaft hinsichtlich der genannten Beispiele der zürcherischen Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 aZPO/ZH, ohne sich mit der ratio dieser kantonalen Norm auseinanderzusetzen und ohne plausibel zu begründen, warum der Zusammenhang einer Forderung mit einem Grundstück geringer sein BGE 134 III 16 S. 23 soll, wenn der Kläger die Zahlung der Vergütung statt vom Grundeigentümer von einem Dritten verlangt (vgl. auch die Kritik von GEORG NAEGELI, in: Müller/Wirth [Hrsg.], Gerichtsstandsgesetz, Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, N. 31 zu Art. 19 GestG , und YVES DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale sur les fors en matière civile, N. 38 ff. zu Art. 19 GestG ). Der Botschaft ist damit keine klare Auskunft darüber zu entnehmen, welcher Art der Bezug der Vertragsklage zum Grundstück sein muss. Auch die parlamentarischen Beratungen helfen nicht weiter, da die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG unverändert verabschiedet wurde und zu keinen weiteren Diskussionen Anlass gab (vgl. AB 1999 N 1032, AB 1999 S 893). 3.3 Die Lehrmeinungen zur Auslegung von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG lehnen sich zum Teil an die Botschaft an und führen ohne weitere Begründung Werklohnforderungen von Unternehmern im Zusammenhang mit dem Grundstück an (vgl. LUCA TENCHIO, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar zum Schweizerischen Zivilprozessrecht, N. 34 zu Art. 19 GestG ; DOMINIK VOCK, Besondere Gerichtsstände im Gerichtsstandsgesetz [GestG], in: Leuenberger/Pfister-Liechti [Hrsg.], Das Gerichtsstandsgesetz, La loi sur les fors, S. 41; FABIENNE HOHL, Les fors spéciaux de la loi fédérale sur les fors, in: Leuenberger/Pfister-Liechti [Hrsg.], a.a.O., S. 61). Zum Teil wird der besondere Gerichtsstand auch für Klagen befürwortet, die Vergütungen für Arbeiten im Zusammenhang mit Grundstücken betreffen, unbesehen darum, ob sie sich gegen die Grundeigentümer oder gegen Dritte richten (NAEGELI, in: Müller/Wirth, a.a.O., N. 31 zu Art. 19 GestG ; DONZALLAZ, a.a.O., N. 38 zu Art. 19 GestG ; NICOLAS VON WERDT, in: Kellerhals/von Werdt/Güngerich, Gerichtsstandsgesetz, 2. Aufl., Bern 2005, N. 33 und 58 zu Art. 19 GestG ). 3.4 Der 4. Abschnitt des Kapitels über die besonderen Gerichtsstände ist mit "Sachenrecht" überschrieben. Nach der Botschaft spricht der Sachzusammenhang für die systematische Einordnung der hier massgebenden Norm, während an sich die Zuständigkeit für die rein obligatorischen Klagen im 5. Abschnitt bei den Klagen aus Vertrag zu regeln wäre (Botschaft zum GestG, a.a.O., S. 2856). Die Zuständigkeit am Ort des Grundstücks ist denn auch für die rein obligatorischen Klagen aus Miete und Pacht von unbeweglichen Sachen in Art. 23 GestG im 5. Abschnitt über "Klagen aus besonderen Verträgen" geregelt. Für diese Streitigkeiten besteht ebenfalls eine zuständigkeitsbegründende Beziehung zu den Grundstücken. Wäre allein BGE 134 III 16 S. 24 dieser Zusammenhang zu Grundstücken für die örtliche Zuständigkeit in Bezug auf Klagen aus Verträgen entscheidend, bestände kein Sachzusammenhang zu dinglichen Verhältnissen und die systematische Einordnung von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG wäre nicht nachvollziehbar. Aus der Gesetzessystematik ist zu schliessen, dass die streitigen Ansprüche einen dinglichen Bezug aufweisen müssen, um die örtliche Zuständigkeit nach dieser Bestimmung zu begründen. Diese Voraussetzung trifft insbesondere für die in der Lehre erwähnten Klagen zu, soweit sie nicht auf Vertrag beruhen (vgl. etwa HOHL, a.a.O., S. 61). Die in der Norm als Beispiele angeführten Klagen auf Übertragung von Grundeigentum oder auf Einräumung beschränkter dinglicher Rechte an Grundstücken können zu einer Änderung des Grundbuchs führen. Sowohl die Gesetzessystematik wie die Beispiele, anhand derer der erforderliche Bezug der Klage zum Grundstück im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG zu beurteilen ist, sprechen dafür, dass für rein obligatorische Klagen ohne jeden sachenrechtlichen Bezug zum Grundstück die alternative örtliche Zuständigkeit nicht zur Verfügung steht. 3.5 Die ratio von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG ist nicht leicht zu erkennen. Die Materialien sprechen sich nicht dazu aus, welcher Zweck mit der Norm in Bezug auf Vertragsklagen verfolgt wird. Der Hinweis in der Botschaft auf die "moderne prozessrechtliche Tendenz", die im kantonalen Recht begonnen habe (Botschaft zum GestG, a.a.O., S. 2856), hilft nicht weiter, da die zitierten kantonalen Normen trotz ihres praktisch identischen Wortlauts nicht notwendigerweise aus demselben Grund in das Gesetz aufgenommen worden waren (vgl. oben E. 2.2). Dass der Grundgedanke von Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG - wie bei den dinglichen Klagen - in der Beweisnähe des Gerichts liegen soll, das sich nahe am Streitgegenstand befindet (DONZALLAZ, a.a.O., N. 41 zu Art. 19 GestG ; vgl. auch TENCHIO, in: Spühler/Tenchio/Infanger, a.a.O., N. 1 zu Art. 19 GestG mit Bezug auf den Zweck von Art. 19 GestG ganz allgemein), erscheint inkonsequent. Der Gerichtsstand müsste dann für sämtliche persönlichen Klagen zugelassen werden, die sich auf ein Grundstück beziehen und in denen die Beweisnähe eine Rolle spielen kann; eine Beschränkung, etwa auf Klagen gegen den Eigentümer, liesse sich nicht rechtfertigen. Es bestehen jedoch keine Hinweise dafür, dass der Gesetzgeber in Anbetracht der bisherigen restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. oben E. 2.1) den Gerichtsstand am Ort des Grundbuchs derart weit öffnen wollte. Die Botschaft zum GestG BGE 134 III 16 S. 25 sieht im Gegenteil eine Einschränkung vor, indem sie nur die Klage gegen den Eigentümer, nicht aber gegen einen Dritten zulassen will (Botschaft zum GestG, a.a.O., S. 2856 f.). Die ratio liesse sich weiter in der Vereinfachung des Verkehrs mit dem Grundbuchamt sehen (DONZALLAZ, a.a.O., N. 41 zu Art. 19 GestG ). Sie könnte schliesslich auch darin liegen, dass das Gericht am Ort des Grundbuchs besonders geeignet ist für die Beurteilung von Verträgen, die der öffentlichen Beurkundung bedürfen, da gemäss Art. 55 Abs. 1 SchlT ZGB grundsätzlich die Kantone bestimmen, wie zu beurkunden ist, und die Beurkundung regelmässig im Kanton vorgenommen wird, in dem das Grundstück liegt (vgl. auch STAUFFER, Einige Bemerkungen zum Gerichtsstand der gelegenen Sache im bernischen Recht, in: ZBJV 58/1922 S. 414/419). Da keine anderen gesetzgeberischen Motive ersichtlich sind, ist die ratio der Norm wohl in diesen beiden Gründen zu suchen. 3.6 Die Herstellung der Rechtssicherheit gehört zu den Zielen des Gerichtsstandgesetzes (vgl. FRIDOLIN M. R. WALTHER, Das Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen [Gerichtsstandsgesetz] - Das erste Kapitel einer gesamtschweizerischen Zivilprozessordnung?, in: Zeitschrift für Zivilprozess International [ZZPInt] 5/2000 S. 313 f.). Die Rechtssicherheit erfordert unverändert, dass der Rechtssuchende zum Voraus mit Bestimmtheit weiss, an welchen Richter er sich wenden kann (vgl. BGE 92 I 201 E. 4 S. 203 f.). Es bedarf deshalb eines objektiven Kriteriums für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit. Das in der Botschaft erwähnte Kriterium der Intensität ist dafür nicht geeignet, müsste doch im Rahmen der Prozessvoraussetzungen in jedem konkreten Fall geprüft werden, ob der Bezug des strittigen vertraglichen Anspruchs mit einem Grundstück hinreichend intensiv ist, um den Wahlgerichtsstand nach Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG zu begründen. Klagen aus Vertrag müssen einen dinglichen Bezug aufweisen, wie sich aus der systematischen Stellung der Gerichtsstandsnorm ergibt. Dieser Bezug kann insbesondere darin bestehen, dass der Entscheid über den strittigen Anspruch zu einer Grundbuchänderung führen kann, wie dies für die ausdrücklich erwähnten Klagen auf Übertragung von Grundeigentum oder auf Einräumung beschränkter dinglicher Rechte an Grundstücken zutrifft. Für rein obligatorische Forderungen, die keinen dinglichen Bezug aufweisen und insbesondere nicht zu einer Änderung des Grundbuchs führen können, steht der Wahlgerichtsstand am Ort des Grundbuchs auch dann nicht zur Verfügung, wenn irgendwelche Leistungen im BGE 134 III 16 S. 26 Zusammenhang mit dem Grundstück umstritten sind. Denn selbst wenn die örtliche Zuständigkeit in diesen Fällen auf Klagen gegen die Grundeigentümer beschränkt wäre, würde die dingliche Berechtigung des Beklagten nicht ausreichen, um den nach Gesetz erforderlichen Bezug der Klage zum Grundstück zu begründen. Die örtliche Zuständigkeit könnte deshalb auch unter dieser Voraussetzung nicht ohne einzelfallweise Prüfung der Art und Intensität der Beziehung der strittigen Arbeiten zum Grundstück bestimmt werden. Ein Entscheid über die örtliche Zuständigkeit in Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ist aber mit dem Ziel von Zuständigkeitsvorschriften unvereinbar. 3.7 Das Ergebnis, dass die Klage einen dinglichen Bezug aufweisen muss, entspricht im Übrigen auch der Ansicht, die der Bundesrat in seiner Botschaft zur schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) vom 28. Juni 2006 vertritt. Er hält fest, dass in diesem Zusammenhang im Gerichtsstandsgesetz eine Unklarheit besteht, und schlägt deshalb für die bereits in Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG genannten "anderen" Klagen neu die Formulierung vor: "Klagen, die sich auf Rechte an Grundstücken beziehen". Als Beispiele werden genannt die Übertragung des Eigentums, die Einräumung einer Dienstbarkeit und die Vormerkung eines persönlichen Rechts. Damit wird klargestellt, dass - anders als die Botschaft des GestG vermuten liesse - nach Ansicht des Bundesrats ein bloss faktischer Bezug der Klage zum Grundstück nicht genügt, um den Gerichtsstand am Ort des Grundbuchs zu begründen (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 S. 7221/7266). 3.8 Im vorliegenden Fall hat der Kläger einen rein vertraglichen Anspruch gegen die Eigentümer des Grundstücks eingeklagt, auf das sich die Architekturleistungen beziehen, deren Vergütung er verlangt. Ein dinglicher Bezug der eingeklagten Forderung zum Grundstück ist nicht ersichtlich. Dem Kläger steht nach seinen Vorbringen ausschliesslich gestützt auf die vertragliche Vereinbarung mit den Beklagten eine Forderung für erbrachte Leistungen zu. Dass diese Leistungen mit einem Grundstück einen Zusammenhang aufweisen, dessen Eigentümer die Beklagten sind, begründet den Wahlgerichtsstand nach Art. 19 Abs. 1 lit. c GestG nicht.
null
nan
de
2,007
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
26e8c1be-39b5-4a73-87ff-6b688793ba2a
Urteilskopf 106 IV 56 19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Januar 1980 i.S. K. gegen Generalprokurator-Stellvertreter des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 36 Abs. 2 SVG , Art. 1 Abs. 8 VRV . Rechtsvortritt auf Strassenverzweigungen. Nur wenn beim Zusammentreffen von zwei Verkehrswegen der eine im Verhältnis zum andern offensichtlich als völlig untergeordnet und praktisch bedeutungslos erscheint, darf angenommen werden, die Benützer einer solchen Ausfahrt seien wartepflichtig.
Erwägungen ab Seite 56 BGE 106 IV 56 S. 56 Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht in erster Linie geltend, die Einmündung der Neufeldstrasse sei für den auf der Buchholzstrasse fahrenden Fahrzeuglenker selbst auf kurze Distanz kaum erkennbar, weil ein ca. 1,5 bis 2 m hoher Drahtzaum den optischen Eindruck mache, es handle sich nur um eine Hofausfahrt BGE 106 IV 56 S. 57 oder dergleichen. Die Behauptung, ein hoher Drahtzaum behindere die Sicht auf die Einmündung ist neu und unzulässig (Art. 273 Abs. I lit. b BStP). Selbst wenn der Einwand zutreffen sollte, könnte er den Beschwerdeführer nicht entlasten, da an unübersichtlichen Verzweigungen hauptsächlich der Wartepflichtige die zur Vermeidung eines Unfalles erforderlichen Vorkehren zu treffen hat. Dazu kommt, dass die Neufeldstrasse beim Zusammentreffen mit der Buchholzstrasse sich zu einem breiten Trichter ausweitet, so dass die Einmündung für jedermann, nicht nur für den ortskundigen Beschwerdeführer, deutlich erkennbar ist. Sodann ist davon auszugehen, dass die beiden asphaltierten Strassen nach dem Erscheinungsbild praktisch einander ebenbürtig sind, auch wenn die Buchholzstrasse 8 m und die Neufeldstrasse rund 6 m breit ist. Dieser geringe Unterschied in der Strassenbreite lässt die Neufeldstrasse nicht als Ausfahrt, Feldweg oder dergleichen im Sinne des Art. 15 Abs. 3 VRV erscheinen. Zum gleichen Schluss führt auch die Verkehrsbedeutung beider Strassen. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind beide Verkehrswege Quartierstrassen in dicht besiedeltem Wohngebiet. Zwar ist die Benutzbarkeit der Neufeldstrasse für den aus der Buchholzstrasse kommenden Verkehr beschränkt, was aber noch nicht auf eine schwache Verkehrsfrequenz schliessen lässt ( BGE 91 IV 146 ). Die Vorinstanz stellt im Gegenteil fest, der Verkehr auf der Neufeldstrasse sei nicht viel geringer als auf der Buchholzstrasse. Hat aber diese Strasse nicht die Eigenschaft einer Durchgangsstrasse mit starkem Verkehr und ist die Neufeldstrasse nicht bloss ein schwach befahrenes Nebensträsschen, so kann ihre Einmündung in die Buchholzstrasse keineswegs als blosse Ausfahrt gemäss Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV angesehen werden. Diese Ausnahmebestimmung ist im Interesse möglichst klarer Verkehrs- und Vortrittsrechtsverhältnisse einschränkend auszulegen. Der Fahrzeuglenker, namentlich der ortsunkundige, muss sich darauf verlassen können, dass ohne abweichende Signalisierung der von rechts Kommende den Vortritt hat, selbst wenn die zusammentreffenden Strassen nach Anlage und Verkehrsbedeutung gewisse Unterschiede aufweisen. Nur wo der eine Verkehrsweg im Verhältnis zum andern offensichtlich als völlig untergeordnet und praktisch bedeutungslos erscheint, darf angenommen werden, die Benützer BGE 106 IV 56 S. 58 einer solchen Ausfahrt seien nach rechts und links wartepflichtig (vgl. BGE 101 IV 416 und dort aufgeführte Entscheidungen). Die Einmündung der Neufeldstrasse in die Buchholzstrasse, beides Nebenstrassen von nahezu gleicher Verkehrsbedeutung, hat daher unzweifelhaft als Verzweigung zu gelten, an welcher der Beschwerdeführer dem von rechts einbiegenden Fahrzeug den Vortritt zu gewähren und seine Geschwindigkeit von 50-60 km/h rechtzeitig zu mässigen hatte ( Art. 14 Abs. 1 VRV ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
26eeb4b1-e527-4fe7-b00e-238bd5cbad0d
Urteilskopf 141 I 105 10. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Strafsachen) 6B_307/2014 vom 4. Mai 2015
Regeste Art. 9 BV (Willkür); Festlegung der Gerichtskosten, Äquivalenzprinzip. Gerichtskosten sind Kausalabgaben, die dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip genügen müssen (E. 3.3.2). Ob die Verdoppelung der Gebühr für den Fall der schriftlichen Begründung des erstinstanzlichen Urteils zulässig und mit Art. 80 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 82 Abs. 2 StPO vereinbar ist, kann offenbleiben (E. 3.5.1). Die Anzahl Verhandlungstage hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Begründungsaufwand eines Entscheids. Bei mehrtägigen Verhandlungen darf mit Blick auf das Äquivalenzprinzip und das Gleichbehandlungsgebot lediglich der Aufwand für die zusätzlichen Verhandlungstage berücksichtigt werden (E. 3.5.2). Verletzung des Äquivalenzprinzips im vorliegenden Fall (E. 3.6).
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 141 I 105 S. 106 A. Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X. am 31. Januar 2013 wegen gewerbsmässigen Betrugs und Verletzung der Verkehrsregeln zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten sowie einer Busse von Fr. 100.-. Die Verfahrenskosten von Fr. 4'602.- und die Urteilsgebühr von Fr. 5'500.- wurden X. auferlegt. Für den Fall, dass Berufung erhoben oder eine schriftliche Urteilsbegründung verlangt wird, wurde eine Erhöhung der Gerichtsgebühr auf Fr. 11'000.- in Aussicht gestellt. Am 7. Januar 2014 erklärte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt X. auf dessen Berufung hin des gewerbsmässigen Betrugs BGE 141 I 105 S. 107 und der Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten sowie einer Busse von Fr. 100.-. Im Übrigen bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. B. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil vom 7. Januar 2014 sei hinsichtlich der Kostenfolgen und der Gewährung der amtlichen Verteidigung im Verfahren vor erster Instanz aufzuheben. Die Kosten für die Begründung des erstinstanzlichen Entscheids seien zumindest einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen und das Strafgericht sowie die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt zu verpflichten, die Kosten der amtlichen Verteidigung zu übernehmen. Er ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. C. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde und beantragt, diese sei abzuweisen. X. hält in seiner Replik an seinem Standpunkt fest. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Der Beschwerdeführer rügt, die vom erstinstanzlichen Gericht festgesetzte und von der Vorinstanz bestätigte Urteilsgebühr von Fr. 11'000.- verletze die Rechtsweggarantie und das von der EMRK gewährleistete Recht auf wirksame Beschwerde. Sie verstosse zudem gegen das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Die Erhöhung der Gerichtsgebühr für die schriftliche Begründung des erstinstanzlichen Urteils wirke prohibitiv und stelle eine Verletzung des Anspruchs auf ein schriftlich begründetes Urteil dar. Die Gebührenregelung verstosse gegen Art. 6 und 13 EMRK sowie Art. 5 Abs. 2, Art. 8, 9, 29, 29a und 36 BV. 3.2 Die Vorinstanz erwägt, der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege befreie zwar von der Bezahlung eines Kostenvorschusses, gewährleiste aber nicht den definitiven Erlass der Gerichtskosten. Nach der Lehre dürfe für die schriftliche Urteilsbegründung jedenfalls eine "mässig höhere" Gerichtsgebühr festgelegt werden. Da sich die erstinstanzlich festgelegte Gerichtsgebühr im Rahmen der vom kantonalen Recht festgesetzten Bandbreite halte, sei sie nicht zu beanstanden. BGE 141 I 105 S. 108 Im Rahmen ihrer Vernehmlassung führt die Vorinstanz ergänzend aus, die Urteilsgebühr von ursprünglich Fr. 5'500.- entspreche einem Aufwand von 22 Stunden zu Fr. 250.- für Aktenstudium, Hauptverhandlung, Beratung und Urteilseröffnung. Für eine zweitägige Verhandlung mit umfangreichem Aktenmaterial und zeitraubenden Videoaufnahmen müsse dies als sehr moderat bezeichnet werden. Die Verdoppelung der Gebühr für die schriftliche Begründung des Urteils auf insgesamt Fr. 11'000.- sei ebenfalls nicht zu beanstanden, da der dadurch entstehende Mehraufwand vergleichsweise hoch gewesen sei. 3.3 3.3.1 Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfahrenskosten und legen die Gebühren fest ( Art. 424 Abs. 1 StPO ). Kantonales Recht prüft das Bundesgericht nur auf Willkür und Vereinbarkeit mit anderen bundesverfassungsmässigen Rechten ( Art. 95 BGG ; vgl. BGE 138 IV 13 E. 2; BGE 135 III 578 E. 6.1; Urteile 6B_20/2014 vom 14. November 2014 E. 12.2; 6B_360/2014 vom 30. Oktober 2014 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 140 IV 213 ; 2C_513/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 1; je mit Hinweisen). Massgebend ist im Kanton Basel-Stadt die Verordnung vom 4. März 1975 über die Gerichtsgebühren (SG 154.810; nachfolgend: Gebührenverordnung), welche sich auf § 1 des Gesetzes vom 16. Januar 1975 über die Gerichtsgebühren (SG 154.800) stützt. Der Gebührenrahmen für Entscheide des Strafdreiergerichts beträgt grundsätzlich Fr. 150.- bis Fr. 5'000.- (§ 10 Ziff. 3.1 lit. b der Gebührenverordnung). In aussergewöhnlichen Fällen, bei Zweiteilung der Hauptverhandlung und bei mehrtägigen Verhandlungen kann eine Gebühr bis Fr. 100'000.- erhoben werden (§ 10 Ziff. 3.2 der Gebührenverordnung). 3.3.2 Gerichtskosten sind Kausalabgaben, weshalb sie dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip genügen müssen ( BGE 133 V 402 E. 3.1; BGE 132 I 117 E. 4.2; Urteil 2C_513/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 3.1; je mit Hinweisen). Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der Gebührenertrag die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig übersteigen soll. Es spielt im Allgemeinen für Gerichtsgebühren keine Rolle, decken doch erfahrungsgemäss die von den Gerichten eingenommenen Gebühren die entsprechenden Kosten bei Weitem nicht ( BGE 139 III 334 E. 3.2.3 mit Hinweisen). Das Äquivalenzprinzip konkretisiert das Verhältnismässigkeitsprinzip und das Willkürverbot für den Bereich der Kausalabgaben BGE 141 I 105 S. 109 ( Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 BV ; BGE 135 III 578 E. 6.1 mit Hinweis; Urteil 2C_513/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 3.1). Es bestimmt, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss. Der Wert der Leistung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den sie dem Pflichtigen bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe angelegt werden dürfen. Es ist nicht notwendig, dass die Gebühren in jedem Fall genau dem Verwaltungsaufwand entsprechen; sie sollen indessen nach sachlich vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen treffen, für die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind. Bei der Festsetzung von Verwaltungsgebühren darf deshalb innerhalb eines gewissen Rahmens auch der wirtschaftlichen Situation des Pflichtigen und dessen Interesse am abzugeltenden Akt Rechnung getragen werden ( BGE 139 III 334 E. 3.2.4 mit Hinweisen). Die Gebühr darf im Übrigen die Inanspruchnahme bestimmter staatlicher Leistungen nicht verunmöglichen oder übermässig erschweren (Rechtsweggarantie, Art. 29a BV ; Urteil 2C_513/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 3.1 mit Hinweis). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr verfügt das Gericht über einen grossen Ermessensspielraum (vgl. BGE 139 III 334 E. 3.2.5; BGE 135 III 578 E. 6.5). Das Bundesgericht greift bei der Auslegung kantonaler Normen nicht bereits dann ein, wenn sich die Gebühr als unangemessen erweist, sondern nur, wenn das Ermessen über- bzw. unterschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt wird (vgl. BGE 137 V 71 E. 5.1; Urteile 6B_652/2014 vom 10. Dezember 2014 E. 2.2 ff.; 2C_513/2012 vom 11. Dezember 2012 E. 3.1; je mit Hinweis). 3.4 Der Beschwerdeführer begründet nicht, inwiefern das Kostendeckungsprinzip verletzt sein sollte. Er zeigt nicht auf, dass der Gebührenertrag der basel-städtischen Strafjustiz die entsprechenden Kosten übersteigt. Dies ist erfahrungsgemäss auch nicht zu erwarten. Die Rüge ist unbegründet, soweit überhaupt darauf einzutreten ist. 3.5 3.5.1 In Bezug auf das Äquivalenzprinzip erweist sich die Beschwerde demgegenüber als begründet. Der ordentliche Gebührenrahmen für Entscheide des Strafdreiergerichts beträgt Fr. 150.- bis BGE 141 I 105 S. 110 Fr. 5'000.- (vgl. E. 3.3.1). Die Vorinstanz erwägt, dieser Rahmen werde u.a. für den Fall einer mehrtägigen Hauptverhandlung bis auf Fr. 100'000.- ausgedehnt. Da die erstinstanzliche Hauptverhandlung zwei Tage gedauert habe, erweise sich die Urteilsgebühr von Fr. 11'000.- für das erstinstanzliche Urteil als zulässig. Sie liege im unteren Bereich des erhöhten Gebührenrahmens und sei auch mit Blick auf den entstandenen Aufwand massvoll. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Strafgericht des Kantons Basel- Stadt legte die Urteilsgebühr anlässlich der erstinstanzlichen mündlichen Urteilseröffnung auf Fr. 5'500.- fest und sah für den Fall einer schriftlichen Begründung eine Erhöhung auf Fr. 11'000.- vor. Es erscheint fraglich, ob eine solch massive Erhöhung (Verdoppelung) der Urteilsgebühr für die schriftliche Begründung zulässig und mit Art. 80 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 82 Abs. 2 StPO vereinbar ist. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass für den Fall der schriftlichen Begründung des Urteils eine "mässig höhere" Gebühr erhoben werden darf (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 82 StPO ; vgl. auch NILS STOHNER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 20 ff. zu Art. 82 StPO ; DANIELA BRÜSCHWEILER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5a zu Art. 82 StPO ), worauf auch die Vorinstanz verweist. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, braucht die Frage indessen nicht abschliessend beantwortet zu werden. 3.5.2 Nicht gerechtfertigt ist die Verdoppelung der Urteilsgebühr aufgrund des blossen Umstands, dass die erstinstanzliche Hauptverhandlung auf zwei Tage verteilt stattgefunden hat. Die Anzahl Verhandlungstage hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Begründungsaufwand eines Entscheids. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall, wo am ersten Tag nach rund vier Stunden und Abschluss der Parteiverhandlungen ein separater Termin für die Urteilseröffnung am nächsten Tag angesetzt wurde. Letztere hat in der Folge gemäss Protokoll lediglich etwas mehr als eine halbe Stunde gedauert. Wäre die Hauptverhandlung an einem Tag abgehalten worden, was angesichts deren Gesamtdauer durchaus möglich gewesen sein dürfte, hätte die Urteilsgebühr inklusive schriftlicher Begründung gemäss dem ordentlichen Gebührenrahmen höchstens Fr. 5'000.- betragen dürfen. Bei einer willkürfreien Auslegung der Gebührenverordnung kann bei mehrtägigen Verhandlungen daher lediglich der Aufwand BGE 141 I 105 S. 111 für die zusätzlichen Verhandlungstage erhoben werden. Hingegen besteht kein vernünftiger Grund, eine den ordentlichen Rahmen sprengende Gebühr für die schriftliche Begründung des Entscheids zu erheben, bloss weil die Verhandlung mehr als einen Tag gedauert hat. Dies ist mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbar und führt überdies zu einer ungerechtfertigen Ungleichbehandlung. Dass eine andere Ausnahme gemäss § 10 Ziff. 3.2 der Gebührenverordnung vorliegt (aussergewöhnlicher Fall, Zweiteilung der Hauptverhandlung), aufgrund welcher der ordentliche Rahmen verlassen und die Gebühr für die schriftliche Begründung des Entscheids verdoppelt werden dürfte, macht die Vorinstanz nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Indem sie die erstinstanzliche Urteilsgebühr dennoch stützt, überschreitet sie somit ihr Ermessen. In der vorliegenden Konstellation erscheint überdies fraglich, ob überhaupt von einer mehrtägigen Verhandlung im Sinne von § 10 Ziff. 3.2 der Gebührenverordnung gesprochen werden kann. Die Erhöhung des Gebührenrahmens erscheint sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Hauptverhandlung als solche, z.B. wegen Zweiteilung oder aufwendigen Beweiserhebungen, über zwei oder mehrere Tage erstreckt. Wird nach Abschluss der Parteiverhandlungen (vgl. Art. 347 Abs. 2 StPO ) indes lediglich ein separater Termin für die im Anschluss an die geheime Beratung erfolgende (kurze) Urteilseröffnung festgelegt, liegt tendenziell keine mehrtägige Verhandlung vor. Die Frage braucht jedoch nicht abschliessend geprüft zu werden. 3.5.3 Schliesslich erscheint die erhobene Gebühr von Fr. 11'000.- für den schriftlich begründeten erstinstanzlichen Entscheid auch im Ergebnis stossend, wenn man berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer ein Gesuch um amtliche Verteidigung stellte und geltend machte, mittellos zu sein. Hinzu kommt, dass der zu beurteilende Fall keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufwies und somit entgegen dem Vorbringen der Vorinstanz keinen überdurchschnittlichen Aufwand erfordert haben dürfte. Nicht ersichtlich ist schliesslich, inwiefern die grosse Differenz zwischen der erstinstanzlichen Gebühr und derjenigen der Vorinstanz, die Fr. 800.- betrug, sachlich zu rechtfertigen wäre. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die Gebühr für das schriftlich begründete erstinstanzliche Urteil unter den vorliegenden Umständen geeignet war, eine prohibitive Wirkung zu entfalten und seinen Anspruch auf Zugang zum Gericht übermässig zu erschweren. BGE 141 I 105 S. 112 3.6 Nach dem Vorstehenden erweist sich die vom erstinstanzlichen Gericht festgesetzte und von der Vorinstanz bestätigte Urteilsgebühr von Fr. 11'000.- als willkürlich. Sie verletzt das Äquivalenzprinzip und das Gleichbehandlungsgebot. Durch die Höhe der Gerichtsgebühr wurde dem Beschwerdeführer zusätzlich in Verletzung von Art. 29a BV und Art. 6 EMRK i.V.m. Art. 13 EMRK der Rechtsweg ungebührlich erschwert. Ob darüber hinaus auch das rechtliche Gehör bzw. der Anspruch auf einen begründeten Entscheid des Beschwerdeführers verletzt wurde, kann offengelassen werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ebenfalls nicht zu prüfen ist, ob die internen Richtlinien des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt zur Festsetzung der Urteilsgebühren verfassungswidrig sind, wie der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Replik vorbringt.
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Urteilskopf 117 II 179 38. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Mai 1991 i.S. F. gegen Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 1 Buchst. c und d BBSG. 1. Ist ein Grundstück erschlossen worden, so darf die Bewilligung für eine vorzeitige Veräusserung nicht mit der Begründung verweigert werden, es liege noch keine gültige Baubewilligung vor. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG hat mit Bezug auf die Erschliessung gegenüber Buchst. d selbständige Bedeutung (E. 2). 2. Demgegenüber gibt die Mitwirkung bei der Planung einer Überbauung keinen Anspruch auf eine Bewilligung für eine vorzeitige Veräusserung, wenn noch keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt (E. 2). 3. Die Erschliessung eines Grundstücks ist dann im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG erheblich, wenn sie es ermöglicht, neuen Wohn- oder Geschäftsraum zu schaffen (E. 3a). 4. Schliessen sich mehrere Grundeigentümer für die Erschliessung eines Quartiers zusammen, so hat der Veräusserer an der Erschliessung seines Grundstücks im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG mitgewirkt, wenn seine Leistungen einschliesslich einer allfälligen Landabtretung im Verhältnis zu den Leistungen der anderen betroffenen Grundeigentümer in etwa dem Anteil seines Grundstücks am ganzen damit erschlossenen Quartier entsprechen (E. 3c und 4).
Sachverhalt ab Seite 180 BGE 117 II 179 S. 180 A.- Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 2. September 1986 erwarb der Baumeister und Mitinhaber eines Architekturbüros Kurt F. das Grundstück Kat.-Nr. A 2427, GB Bl. 717, in O. zum Kaufpreis von Fr. 2'255'850.--. Im Bereich dieses Grundstücks war zum Zeitpunkt des Erwerbs ein amtliches Quartierplanverfahren anhängig. BGE 117 II 179 S. 181 Gemäss öffentlich beurkundetem Vertrag vom 19. Oktober 1989 bildeten Kurt F., die X. AG und die Stadt Y. eine Erschliessungsgemeinschaft, aufgrund welcher Kurt F. von seinem Grundstück unter anderem insgesamt 268 m2 Wiesen für eine Quartierstrasse sowie für einen Fussweg unentgeltlich an die Stadt Y. abtrat, um auf diese Art den Ausbau der X.-Strasse zu ermöglichen. Daneben trat Kurt F. von seinem Grundstück für den Bau der U.-Strasse weitere 430 m2 an die Stadt Y. ab. Kurt F. beabsichtigt, sein Grundstück Kat.-Nr. 2427 - neu Kat.-Nr. 4235 -, GB Bl. 717, Plan A 17, zu veräussern. Eine gültige Baubewilligung für dieses Grundstück besteht nicht; nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde ein Baugesuch entweder wieder zurückgezogen oder es ist im Rechtsmittelverfahren noch hängig. B.- Am 25. Oktober 1989 stellte Kurt F. beim Bezirksrat Y. das Gesuch um Bewilligung der vorzeitigen Veräusserung des Grundstücks Kat.-Nr. 4235. Mit Beschluss vom 27. November 1989 verweigerte der Bezirksrat Y. die nachgesuchte Bewilligung. Eine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde von Kurt F. wurde am 5. November 1990 von der Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich abgewiesen. C.- Gegen diesen Beschluss gelangt Kurt F. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des Beschlusses der Rekurskommission und die Erteilung der nachgesuchten Bewilligung. Die Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich beantragt unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid und die Akten die Abweisung der Beschwerde. Den gleichen Antrag stellt auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Erwägungen Erwägungen: 2. a) Die Rekurskommission wies die Beschwerde und damit das Gesuch um Bewilligung für eine Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist ab, weil keine gültige Baubewilligung vorliege. Der Beschwerdeführer habe das Grundstück als Bauland erworben und sodann Aufwendungen für die Erschliessung erbracht. Entgegen dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG genüge dies aber nicht für eine Ausnahmebewilligung. Buchst. d und Abs. 3 BGE 117 II 179 S. 182 der gleichen Bestimmung, die erst in der parlamentarischen Beratung in den Text aufgenommen worden seien, zeigten deutlich, dass eine Veräusserung erst möglich sei, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Eine andere Auslegung beraube die vom Parlament eingefügten Bestimmungen jeden Sinnes. Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung von Bundesrecht. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG habe neben Buchst. d dieser Bestimmung selbständige Bedeutung. Aufwendungen zur Erschliessung führten deshalb unabhängig davon, ob eine Baubewilligung vorliege oder nicht, dazu, dass die vorzeitige Veräusserung bewilligt werden müsse. b) Der bundesrätliche Entwurf kannte nur drei Gründe für eine Veräusserung während der Sperrfrist. Neben der gewinnlosen Weiterveräusserung (Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) und der Veräusserung nach Eigengebrauch (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) liess Art. 4 Abs. 1 Buchst. c des Entwurfes eine vorzeitige Veräusserung zu, wenn "der Veräusserer das Grundstück als Bauland oder zum Umbau erworben hat und im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit massgeblich mit Arbeit oder Materiallieferungen an der Planung, Erschliessung oder Erstellung des Baues mitgewirkt hat". Dem Parlament war diese Ausnahmeregelung zu eng. Es befürchtete, die Sperrfrist habe zur Folge, dass die Bautätigkeit beeinträchtigt und deshalb nicht mehr genügend Wohn- und Geschäftsraum geschaffen werde. Es wurde deshalb Art. 4 Abs. 1 insbesondere um Buchst. d erweitert, welcher einen Verkauf auch zulässt, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen in Buchst. c erheblich gelockert, indem der Veräusserer nicht mehr mit eigener Arbeit oder Materiallieferung mitgewirkt haben muss, sondern diese auch durch Dritte erfolgt sein kann. Zudem wurde präzisiert, dass es sich um die Mitwirkung an der Erschliessung des Grundstücks handeln müsse. Dadurch haben die einzelnen Tatbestandselemente teilweise eine andere Bedeutung erhalten. Im Entwurf ging es darum, dass der Veräusserer selber mit Arbeit oder Materiallieferung mitgewirkt haben musste. Die Mitwirkung an der Erschliessung oder Planung hatte die Bedeutung, sicherzustellen, dass der Architekt oder Tiefbauunternehmer, der nur in einer dieser Bauphasen mitgewirkt hatte, das anschliessend fertiggestellte Objekt vorzeitig veräussern konnte. Da es nach der Gesetz gewordenen Fassung aber genügt, dass ein Dritter die Arbeiten ausgeführt hat, braucht nach BGE 117 II 179 S. 183 Erstellen des Gebäudes auf das Mitwirken in der Planungs- und Erschliessungsphase nicht mehr zurückgegriffen zu werden. Das Erstellenlassen des Gebäudes gibt bereits Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung, ohne dass es einer besonderen Mitwirkung beim Planen und Erschliessen bedürfte. Der Vorinstanz kann insoweit gefolgt werden, als nicht zu sehen ist, wie die blosse Mitwirkung an der Planung eine Ausnahmebewilligung nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG rechtfertigen könnte, solange sie nicht zu einer rechtskräftigen Baubewilligung geführt hat. Andernfalls würden Buchst. d und somit auch Abs. 3 ihres Anwendungsbereichs beraubt. Soweit es um die blosse Planung geht, ist deshalb ausschliesslich Buchst. d anwendbar. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, das Gleiche gelte auch für die Phase der Erschliessung. Nach dem bundesrätlichen Entwurf konnte derjenige, der Land kauft und dieses erschliesst, ohne weiteres auch dann eine Ausnahmebewilligung erhalten, wenn überhaupt noch kein Gebäude geplant war. Der Entstehungsgeschichte ist nichts zu entnehmen, das den Schluss zuliesse, der Gesetzgeber habe ausschliessen wollen, dass bereits nach dieser Phase eine Ausnahmebewilligung erteilt werde. Soweit die Vorinstanz die Bewilligung verweigert hat, weil noch keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, kann ihr - wie auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung festhält - nicht gefolgt werden. 3. Es bleibt aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG erfüllt sind. Dabei ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer das Grundstück als Bauland erworben hat. Ausser Zweifel steht auch, dass er bei der Erschliessung mitgewirkt hat. Fraglich erscheint demgegenüber, ob die Mitwirkung eine massgebliche gewesen und durch (eigene oder fremde) Arbeit oder Materiallieferung erfolgt ist. a) Wie bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Renovation Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung gibt, ist zu prüfen, wann die Mitwirkung als eine massgebliche bezeichnet werden kann. Die Abgrenzung kann auf das Ausmass der getätigten Investitionen abstellen. Als "massgeblich" werden Erschliessungsarbeiten nur angesehen, wenn deren Kosten ein bestimmtes Ausmass erreichen. Dieses müsste in Prozenten des Wertes des Grundstückes bzw. des Erwerbs- oder Veräusserungspreises bemessen werden. Abgesehen von der Ungewissheit der Ausgangsgrösse BGE 117 II 179 S. 184 stellt sich dann allerdings sofort die Frage, welcher Prozentsatz massgebend sein soll. Die Abgrenzung kann aber auch durch ein qualitatives Element vorgenommen werden. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG hat den Zweck, negative Auswirkungen der Sperrfrist auf den Bau neuer Wohn- und Geschäftsräume zu verhindern. Eine Veräusserung sollte deshalb innerhalb der Sperrfrist ermöglicht werden, wenn der bisherige Eigentümer mit seinen Investitionen zur Erstellung neuen Wohn- oder Geschäftsraums massgebend beigetragen hat. Dem Zweck der Norm folgend hat das Bundesgericht deshalb entschieden, dass die Renovation eines bestehenden Gebäudes in der Regel nur dann einen Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung nach Art. 4 BBSG gibt, wenn mit den Investitionen zusätzlicher Wohn- oder Geschäftsraum geschaffen bzw. nicht mehr verwendbarer seiner Zweckbestimmung wieder zugeführt wird. Dabei bleibt grundsätzlich ohne Bedeutung, wie teuer diese Renovation zu stehen kommt ( BGE 117 II 171 ff.). Wenn bei Renovationen ein Abstellen auf die Höhe der Kosten abgelehnt wird, muss dies auch im Zusammenhang mit der Erschliessung eines Grundstückes geschehen. Mit Bezug auf diese ist es noch schwieriger als bei einem Umbau, eine für die "Massgeblichkeit" taugliche Ausgangsgrösse und einen objektiv begründbaren Prozentsatz für die Investitionskosten zu finden. Wie teuer eine Erschliessung ist, hängt ganz vom Einzelfall ab. Auch hier kann auf den Nutzen der Erschliessung abgestellt werden. Soweit diese es ermöglicht, neuen Wohn- oder Geschäftsraum zu schaffen, kann sie als im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG erheblich bezeichnet werden. b) Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu entnehmen, ob das Grundstück durch die vorgenommenen Arbeiten nun vollständig erschlossen ist, so dass es ohne weitere Erschliessungsarbeiten überbaut werden kann. Mangels entsprechender Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob von erheblichen Erschliessungsarbeiten in diesem Sinne gesprochen werden kann. c) Im Gegensatz zum Erstellen eines Baues braucht bei der Erschliessung allerdings der Grundeigentümer nicht in jedem Fall mitzuwirken. Es ist möglich, dass sein Grundstück ausschliesslich von der Erschliessung eines andern Grundstückes profitiert. Eine solche Erschliessung kann aber nicht nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung geben. Andernfalls wäre das Erfordernis der Mitwirkung durch eigene oder BGE 117 II 179 S. 185 fremde Arbeit bzw. Materiallieferung gegenstandslos. Es kommt deshalb darauf an, ob die Erschliessung massgeblich auf Handlungen des entsprechenden Grundeigentümers selber zurückzuführen ist. Auch diesbezüglich finden sich im angefochtenen Entscheid keine genügenden Feststellungen. Entgegen der in der Vernehmlassung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vertretenen Meinung kann jedoch nicht schon vom finanziellen Aufwand her geschlossen werden, die Investitionen seien ungenügend. 4. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Erteilung der Veräusserungsbewilligung. Das Bundesgericht kann aber in der Sache selber nicht entscheiden, weil es im angefochtenen Entscheid an genügenden Sachverhaltsfeststellungen fehlt. Der Entscheid ist somit aufzuheben und die Sache zu ergänzender Feststellung und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz wird zu klären haben, ob die vorgenommenen Investitionen eine hinreichende Erschliessung des Grundstücks gewährleisten und ob die Erschliessung nicht auf vom Beschwerdeführer unabhängige Handlungen Dritter zurückzuführen ist. Dabei wird es massgebend darauf ankommen, ob die Leistungen des Beschwerdeführers einschliesslich der Landabtretung im Verhältnis zu den Leistungen der anderen betroffenen Grundeigentümer in etwa dem Anteil seines Grundstücks am ganzen damit erschlossenen Quartier entsprechen oder nicht.
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Urteilskopf 134 III 92 16. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung A. und Mitb. gegen X. AG und Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_263/2007 vom 12. November 2007
Regeste Beschwerde an das Bundesgericht; Beginn der Beschwerdefrist ( Art. 100 Abs. 6 BGG ). Art. 100 Abs. 6 BGG kommt nur zur Anwendung, wenn das anwendbare kantonale Prozessrecht die Möglichkeit vorsieht, den Entscheid der oberen kantonalen Instanz an eine zusätzliche kantonale Rechtsmittelinstanz mit beschränkter Kognition weiterzuziehen (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 134 III 92 S. 92 A. B. (Beschwerdeführer 2), C. (Beschwerdeführer 3) und D. (Beschwerdeführerin 4) sind selbständige Therapeuten, welche ein von der Stiftung A. (Beschwerdeführerin 1) betriebenes Therapiezentrum als Gemeinschaftspraxis führen. Y. (Beschwerdegegner 2) verfasste Artikel für ein Magazin, eine Tageszeitung und deren Website, alle herausgegeben von der X. AG (Beschwerdegegnerin 1), in denen angebliche Missstände im Zusammenhang mit dem Therapiezentrum thematisiert wurden. Mit Eingabe vom 25. Oktober 2006 stellten die Beschwerdeführer gestützt auf Art. 14 UWG (SR 241) beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich das vorsorgliche BGE 134 III 92 S. 93 Massnahmebegehren, es sei den Beschwerdegegnern unter Strafandrohung zu verbieten, diverse namentlich aufgeführte unlautere Äusserungen im Zusammenhang mit dem Therapiezentrum zu wiederholen. Der Einzelrichter wies das Gesuch mit Verfügung vom 2. November 2006 ab. Den von den Beschwerdeführern erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 29. März 2007 (versandt am 3. April 2007) ab. Auf die gegen diesen Beschluss erhobene Nichtigkeitsbeschwerde trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 21. Mai 2007 nicht ein, da die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Rekursentscheide betreffend vorsorgliche Massnahmen nicht zulässig sei. B. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 6. Juli 2007 beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht im Wesentlichen, den angefochtenen Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die im kantonalen Verfahren beantragten Massnahmen anzuordnen. Die Beschwerdegegner schliessen auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde zufolge Verspätung nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen ( Art. 100 Abs. 1 BGG ). Die Beschwerdeführer verlangen mit ihrer Eingabe vom 6. Juli 2007 einzig die Aufhebung des Entscheides des Obergerichts vom 29. März 2007. Dieser wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer gemäss Rückschein am 4. April 2007 zugestellt. Insoweit ist die Rechtsmittelfrist offensichtlich abgelaufen. 1.1 Nach Art. 100 Abs. 6 BGG beginnt allerdings die Beschwerdefrist, wenn der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit einem Rechtsmittel, das nicht alle Rügen nach den Artikeln 95-98 zulässt, bei einer zusätzlichen kantonalen Gerichtsinstanz angefochten worden ist, erst mit der Eröffnung des Entscheids dieser Instanz. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann unter dieser Voraussetzung auch das Urteil der oberen kantonalen Instanz angefochten werden, soweit im Rahmen der Beschwerde in Zivilsachen zulässige Rügen dem höchsten kantonalen Gericht nicht unterbreitet werden konnten (vgl. PETER REETZ, Das neue Bundesgerichtsgesetz unter besonderer BGE 134 III 92 S. 94 Berücksichtigung der Beschwerde in Zivilsachen, Auswirkungen auf die Anfechtung von Entscheiden des Zürcher Obergerichts und Handelsgerichts, in: SJZ 103/2007 S. 36 ff.). 1.2 Aus Art. 100 Abs. 6 BGG können die Beschwerdeführer indessen entgegen ihrer Auffassung nichts zu ihren Gunsten ableiten. Diese Bestimmung kommt nur zum Tragen, wenn in einem Kanton noch ein Rechtsmittel zulässig ist, mit dem nicht alle vor Bundesgericht möglichen Rügen vorgebracht werden können (vgl. KARLEN, Das neue Bundesgerichtsgesetz, S. 41). Art. 100 Abs. 6 BGG setzt mithin voraus, dass nach kantonalem Recht tatsächlich eine zusätzliche kantonale Gerichtsinstanz vorgesehen ist, der entsprechende Rügen unterbreitet werden können. Dieses Verständnis wird auch durch die Formulierung in der französischen Version der Gesetzesbestimmung unterstrichen, wonach Art. 100 Abs. 6 BGG nur Anwendung findet, wenn der Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts mit Bezug auf entsprechende Rügen bei einer anderen kantonalen Instanz angefochten werden kann (Si la décision d'un tribunal cantonal supérieur peut être déférée à une autre autorité judiciaire cantonale ...). Diese Formulierung wird auch in der Lehre ohne Einschränkung übernommen (vgl. CORBOZ, Introduction à la nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, in: SJ 2006 II S. 319 ff., 333). Nur wenn die Kassationsinstanz über ein ausserordentliches kantonales Rechtsmittel urteilt, beginnt die Rechtsmittelfrist mit deren Urteil neu zu laufen (vgl. HANS PETER WALTER, Neue Zivilrechtspflege, in: Pierre Tschannen [Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, Auswirkungen der Totalrevision auf den kantonalen und eidgenössischen Rechtsschutz, S. 113 ff., 143). 1.3 Nach § 284 Ziff. 7 des Gesetzes über die Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (Zivilprozessordnung, ZPO/ZH; LS 271) ist gegen Rekursentscheide betreffend vorsorgliche Massnahmen keine Nichtigkeitsbeschwerde zulässig. Unter Hinweis auf diese Bestimmung ist das Kassationsgericht auf die Eingabe der Beschwerdeführer nicht eingetreten. Mithin hat es nicht über ein ausserordentliches kantonales Rechtsmittel gegen den Beschluss des Obergerichts entschieden (vgl. WALTER, a.a.O., S. 143), sondern vielmehr festgehalten, das von den Beschwerdeführern ergriffene Rechtsmittel sei nach kantonalem Recht nicht gegeben. Bei dieser Sachlage hätte mit Beschwerde gegen diesen Entscheid gerügt werden können, das Kassationsgericht verletze verfassungsmässige Rechte, wenn es die Nichtigkeitsbeschwerde für unzulässig erachte. Solches bringen die Beschwerdeführer mit gutem Grund nicht vor. Vielmehr richtet sich die BGE 134 III 92 S. 95 Beschwerdeschrift ausschliesslich gegen den obergerichtlichen Entscheid. Damit bleibt es bei der vom Kassationsgericht festgestellten Unzulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde. 1.4 Tritt die angerufene kantonale Instanz wie im vorliegenden Fall mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels darauf nicht ein, sind die Voraussetzungen für eine Mitanfechtung des Entscheids der unteren Instanz nicht gegeben (vgl. schon BGE 109 Ia 248 E. 1 S. 250; ebenso Urteil des Bundesgerichts 2P.101/1996 vom 8. Oktober 1996, E. 1b). Von dieser im Zusammenhang mit der staatsrechtlichen Beschwerde entwickelten Praxis abzuweichen, besteht kein Anlass. Art. 100 Abs. 6 BGG soll den Parteien ermöglichen, vor der Einreichung einer Beschwerde vor Bundesgericht sämtliche kantonalen Rechtsmittel auszuschöpfen, da sich bei ihrem Obsiegen ein Weiterzug ans Bundesgericht erübrigen kann (SPÜHLER/DOLGE/VOCK, Kurzkommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], N. 9 zu Art. 100 BGG ). Es ist aber offensichtlich nicht Zweck der Norm, einen Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, durch die Ergreifung eines nach kantonalem Recht nicht vorgesehenen Rechtsmittels die Frist zur Einreichung der Beschwerde vor Bundesgericht hinauszuzögern. 1.5 Wie dargelegt steht fest und die Beschwerdeführer bestreiten auch nicht, dass der Entscheid des Obergerichts nach kantonalem Recht nicht an eine weitere kantonale Instanz mit beschränkter Kognition weitergezogen werden kann (vgl. KARLEN, a.a.O., S. 41; CORBOZ, a.a.O., S. 333), so dass Art. 100 Abs. 6 BGG nicht zur Anwendung gelangt. Daher hätten die Beschwerdeführer den Entscheid des Obergerichts direkt mit Beschwerde in Zivilsachen anfechten müssen. 1.6 Das Obergericht weist denn auch in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit, Beschwerde in Zivilsachen zu erheben, hin. Demgegenüber enthält die Rechtsmittelbelehrung des Kassationsgerichts den unzutreffenden Hinweis, die Frist für die Anfechtung des Entscheides des Obergerichts beginne neu ab Empfang des Entscheides des Kassationsgerichts zu laufen. Daraus könnten die Beschwerdeführer indessen nichts ableiten, da ihnen der Entscheid des Obergerichts bereits am 4. April 2007 zugestellt wurde, so dass die Frist zur Einreichung der Beschwerde auch unter Berücksichtigung der Gerichtsferien im Zeitpunkt, als der Entscheid des Kassationsgerichts gefällt wurde, bereits abgelaufen war. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung war mithin für das Fristversäumnis nicht BGE 134 III 92 S. 96 kausal, weshalb den Beschwerdeführern durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung kein Nachteil erwachsen ist ( Art. 49 BGG ). 1.7 Mit Blick auf die klare Regelung in § 284 Ziff. 7 ZPO /ZH konnten für die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer keine berechtigten Zweifel an der Unzulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde bestehen. Ebenso setzt bereits der Wortlaut von Art. 100 Abs. 6 BGG für eine Mitanfechtung des Entscheides des oberen kantonalen Gerichts voraus, dass tatsächlich eine weitere kantonale Gerichtsinstanz besteht (vgl. E. 1.2 hiervor). Dies entspricht der publizierten, unter Geltung des OG zur staatsrechtlichen Beschwerde ergangenen Rechtsprechung (vgl. BGE 109 Ia 248 E. 1 S. 250). In der Literatur wird darauf hingewiesen, Art. 100 Abs. 6 BGG greife nur, wenn in einem Kanton noch ein Rechtsmittel zulässig ist, mit dem nicht alle vor Bundesgericht möglichen Rügen vorgebracht werden können (vgl. KARLEN, a.a.O., S. 41), und festgehalten, gegen Entscheide des Obergerichts müsse direkt vorgegangen werden, wenn das Kassationsgericht nicht zum Entscheid berufen sei (REETZ, a.a.O., S. 38). Daher hätten die Beschwerdeführer erkennen können und müssen, dass gegen den Entscheid des Obergerichts als weiteres Rechtsmittel einzig die Beschwerde in Zivilsachen zur Verfügung steht, so dass Art. 100 Abs. 6 BGG nicht greift.
null
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Urteilskopf 119 V 56 9. Urteil vom 29. Januar 1993 i.S. R. gegen Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich
Regeste Art. 51 und 52 AVIG ; Art. 175 SchKG . - Lohnforderungen für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses oder nach Einreichung des Pfändungsbegehrens vermögen keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung zu begründen. - Massgebender Zeitpunkt ist das Datum des Konkurserkenntnisses und nicht der Zeitpunkt, in welchem der Arbeitnehmer von der Konkurseröffnung Kenntnis erhält.
Sachverhalt ab Seite 57 BGE 119 V 56 S. 57 A.- Peter R. war seit dem 1. Oktober 1989 als Berater bei der Firma P. AG tätig. Am 8. März 1991 wurde über das Unternehmen der Konkurs eröffnet, was dem Arbeitnehmer am 11. März 1991 telefonisch mitgeteilt und tags darauf schriftlich bestätigt wurde. Am 12. März 1991 meldete sich Peter R. beim Arbeitsamt als arbeitslos und besuchte in der Folge die Stempelkontrolle. Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich richtete ihm für die Zeit vom 1. Februar bis 8. März 1991 Insolvenzentschädigung und ab 12. März 1991 Arbeitslosenentschädigung aus. Mit Verfügung vom 8. Juli 1991 lehnte sie es ab, dem Versicherten auch für die Zeit vom 9. bis 11. März 1991 Arbeitslosen- oder Insolvenzentschädigung auszurichten. B.- Peter R. beschwerte sich gegen diese Verfügung mit dem Antrag, es sei ihm für die Zeit vom 9. bis 11. März 1991 Insolvenzentschädigung zuzusprechen. Die Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 31. Oktober 1991 ab, soweit der Anspruch auf Insolvenzentschädigung für die fragliche Zeit verneint worden war, und stellte fest, dass die Verfügung vom 8. Juli 1991 bezüglich des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung unangefochten geblieben und damit in Rechtskraft erwachsen sei. C.- Peter R. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung von Ziff. 1 des angefochtenen Entscheids sei ihm für die Zeit vom 9. bis 11. März 1991 eine Insolvenzentschädigung im Betrag von Fr. 895.80, abzüglich die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge, zuzusprechen; eventuell sei die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich anzuweisen, in diesem Sinne neu zu verfügen. Während die Arbeitslosenkasse auf eine Vernehmlassung verzichtet, äussert sich das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) zur Sache, ohne jedoch einen Antrag zu stellen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Die Kassenverfügung vom 8. Juli 1991 ist unangefochten geblieben, soweit damit die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung für die Zeit vom 9. bis 11. März 1991 abgelehnt worden ist. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren bildet daher lediglich, ob der Beschwerdeführer für diesen Zeitraum Anspruch auf BGE 119 V 56 S. 58 Insolvenzentschädigung hat ( BGE 112 V 99 E. 1a, BGE 110 V 51 E. 3c mit Hinweisen). 2. a) Nach Art. 51 AVIG in der hier anwendbaren, bis Ende 1991 gültig gewesenen Fassung gemäss Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 haben beitragspflichtige Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen (lit. a) oder wenn sie gegen ihren Arbeitgeber für Lohnforderungen das Pfändungsbegehren gestellt haben (lit. b). Gemäss Art. 52 Abs. 1 AVIG in dem bis Ende 1991 gültig gewesenen Wortlaut deckt die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen für die letzten drei Monate vor der Konkurseröffnung oder vor dem Pfändungsbegehren, für jeden Monat jedoch nur bis zu dem für die Beitragsbemessung ( Art. 3 AVIG ) massgebenden Höchstbetrag Art. 75 AVIV bestimmte unter dem Titel "Stichtag für die Berechnung der Entschädigung", dass die drei Monate, für die allfällige Lohnforderungen zu decken sind, vom Tag der Konkurseröffnung oder des Pfändungsbegehrens an zurückgerechnet werden. b) In BGE 114 V 56 hat das Eidg. Versicherungsgericht Art. 75 AVIV als gesetzwidrig erklärt und festgestellt, dass dem Schutzgedanken der gesetzlichen Anspruchsregelung lediglich eine Auslegung gerecht werde, welche die drei Monate des Art. 52 Abs. 1 AVIG als Lohnmonate verstehe, mit der Folge, dass die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Konkurseröffnung oder vor dem Pfändungsbegehren decke. Mit Teilrevision des AVIG vom 5. Oktober 1990, in Kraft seit 1. Januar 1992, wurde Art. 51 AVIG dahingehend ergänzt, dass Anspruch auf Insolvenzentschädigung auch dann besteht, wenn der Konkurs nur deswegen nicht eröffnet wird, weil sich infolge offensichtlicher Überschuldung des Arbeitgebers kein Gläubiger bereit findet, die Kosten vorzuschiessen (lit. b; die bisherige lit. b wurde zu lit. c). Art. 52 Abs. 1 AVIG wurde insofern geändert, als die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen deckt für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Schliesslich wurde Art. 75 AVIV mit Verordnungsnovelle vom 28. August 1991, in Kraft getreten am 1. Januar 1992, ersatzlos aufgehoben. 3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Lohnanspruch des Beschwerdeführers, welcher bis 11. März 1991 für die P. AG BGE 119 V 56 S. 59 tätig war, durch Insolvenzentschädigung abzugelten ist (vgl. BGE 111 V 270 E. 1b, BGE 110 V 33 E. 2). Streitig und im folgenden zu prüfen ist, ob sich der Anspruch auf Insolvenzentschädigung über den Zeitpunkt der Konkurseröffnung hinaus bis zu deren Kenntnisnahme durch den Arbeitnehmer erstreckt. a) Die Vorinstanz hat den Anspruch auf Insolvenzentschädigung für die fragliche Zeit vom 9. bis 11. März 1991 im wesentlichen mit der Begründung verneint, dass Art. 52 Abs. 1 AVIG , wonach die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen für die letzten drei Monate vor der Konkurseröffnung oder vor dem Pfändungsbegehren deckt, den Anspruchsumfang eindeutig festlege. Der Sinn der Insolvenzentschädigung bestehe darin, den Arbeitnehmer nicht in wirtschaftliche Not geraten zu lassen; es sei aber nicht Aufgabe der Insolvenzentschädigung, gleichsam an die Stelle des Arbeitgebers zu treten und dessen gesamte Lohnschulden zu übernehmen oder zu bevorschussen. Da eine Konkurseröffnung in der Regel nicht unvermittelt auf ein Unternehmen zukomme, hätte dem Beschwerdeführer wohl auch das Instrument der Sicherstellung oder der fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Lohngefährdung gemäss Art. 337a OR zur Verfügung gestanden. Der Beschwerdeführer habe aber ausdrücklich festgehalten, dass er für die Zeit vom 8. bis 12. (recte: 11.) März 1991 keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sondern nur einen solchen auf Insolvenzentschädigung erhebe. b) Der Beschwerdeführer stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, als auslösendes Moment für die Insolvenzentschädigung habe nicht der Augenblick des richterlichen Konkurserkenntnisses, sondern derjenige der Mitteilung an den Arbeitnehmer zu gelten. Einerseits sei es der Sinn der gesetzlichen Regelung, einen nahtlosen Übergang von der Insolvenzentschädigung zur Arbeitslosenentschädigung zu gewährleisten, sofern dem Versicherten keinerlei Versäumnisse zur Last gelegt werden könnten. Anderseits sei denkbar, dass eine Auslegung der Bestimmung in dem von der Vorinstanz vertretenen Sinn für den Arbeitnehmer schwerwiegende Folgen haben könne. So könne der Umstand, dass die Mitteilung über die Konkurseröffnung während der Betreibungsferien nicht erfolgen dürfe, für den Arbeitnehmer zu einem erheblichen Ausfall führen, sofern der Entscheid über die Konkurseröffnung aus irgendwelchen Gründen nicht mehr gleichentags mitgeteilt werden könne. Wenn der Arbeitnehmer - wie hier - über die finanzielle Lage seines Arbeitgebers keinen Überblick habe, habe er auch keine Veranlassung, rechtzeitig Lohnsicherungsmassnahmen im Sinne von Art. 337a OR BGE 119 V 56 S. 60 zu beantragen. Auch sei es dem Arbeitnehmer ohne zuverlässige Kenntnis der Konkurseröffnung aufgrund seiner Treuepflicht dem Arbeitgeber gegenüber verwehrt, sich bei der zuständigen Amtsstelle als arbeitslos zu melden, um damit bereits in einem früheren Zeitpunkt entsprechende Versicherungsleistungen auszulösen. Art. 75 AVIV sei mithin so auszulegen, dass mit dem Begriff "Konkurseröffnung" der Zeitpunkt der Mitteilung des Konkurses an die Parteien als massgebend zu bezeichnen sei. 4. a) Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass der Wortlaut von Art. 52 Abs. 1 AVIG in der Fassung vom 25. Juni 1982, wonach die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen für die letzten drei Monate vor der Konkurseröffnung oder vor dem Pfändungsbegehren deckt, hinsichtlich der vorliegenden Streitfrage klar ist. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 114 V 58 E. 3b festgestellt hat, lässt die Bestimmung zwar insofern unterschiedliche Auslegungen zu, als es sich bei der Schutzfrist von drei Monaten um Kalendermonate, die vom Datum der Konkurseröffnung oder des Pfändungsbegehrens an zurückzurechnen sind, oder um Lohnmonate handeln kann. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Insolvenzentschädigung nur Lohnforderungen für die Zeit vor der Konkurseröffnung oder vor dem Pfändungsbegehren deckt (vgl. BGE 114 V 59 E. 3d). Nach Art. 175 SchKG gilt der Konkurs aber von dem Zeitpunkt an als eröffnet, in welchem das richterliche Konkurserkenntnis ergeht. Massgebend für den Anspruch auf Insolvenzentschädigung ist daher das Datum des Konkurserkenntnisses und nicht der Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Konkurseröffnung durch den Arbeitnehmer. Anhaltspunkte dafür, dass der Wortlaut des Gesetzes in diesem Punkt nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche, ergeben sich weder aus der Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1980 (BBl 1980 III 489 ff.) noch aus den parlamentarischen Beratungen (Amtl.Bull. N 1981 601 ff., S 1982 120 ff.). Ebensowenig kann gesagt werden, dass der Wortlaut der Bestimmung Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zuwiderliefe. Dass der Gesetzgeber mit der Insolvenzentschädigung lediglich Lohnansprüche des Arbeitnehmers für die Zeit vor der Konkurseröffnung oder des Pfändungsbegehrens decken wollte, ergibt sich auch unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten. Im Hinblick darauf, dass das Gesetz in Art. 51 AVIG den Grundsatz (persönliche und sachliche Anspruchsvoraussetzungen) und in Art. 52 AVIG einen Teilaspekt (Umfang des Entschädigungsanspruchs) regelt, hat sich die Auslegung von Art. 52 AVIG im Rahmen von Art. 51 AVIG BGE 119 V 56 S. 61 zu halten. Bei der Auslegung von Art. 52 AVIG ist daher zu beachten, dass nach Art. 51 lit. a AVIG Anspruch auf Insolvenzentschädigung besteht, wenn der Konkurs eröffnet wird und dem Arbeitnehmer in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass ausschliesslich im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehende Lohnforderungen Anspruch auf Insolvenzentschädigung geben. Es ist somit davon auszugehen, dass Lohnforderungen für geleistete Arbeit nach der Konkurseröffnung keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung begründen. Dementsprechend bestimmt sich auch der Umfang der Insolvenzentschädigung gemäss Art. 52 AVIG . b) Nichts anderes ergibt sich aus der (vorliegend nicht anwendbaren) Neufassung von Art. 52 Abs. 1 AVIG vom 5. Oktober 1990, in Kraft seit 1. Januar 1992, wonach die Insolvenzentschädigung Lohnforderungen "für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses deckt". Die Änderung ist vom Bundesrat während der Vorberatung der AVIG-Revision in den parlamentarischen Kommissionen vorgeschlagen und von den eidgenössischen Räten unverändert angenommen worden (Amtl.Bull. 1990 S. 77, N 1450). Im Sinne von BGE 114 V 56 ff. sollte damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Konkurseröffnung (oder das Pfändungsbegehren) häufig erst nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgt und sich aus Gründen verzögern kann, auf die der Versicherte keinen Einfluss hat. Dagegen ergeben sich weder aus dem genannten Urteil noch aus den Gesetzesmaterialien Hinweise dafür, dass der Anspruch auf Insolvenzentschädigung über den Zeitpunkt der Konkurseröffnung oder der Einreichung des Pfändungsbegehrens hinaus erstreckt werden sollte. Hiezu hätte es nach dem Gesagten einer Änderung auch von Art. 51 AVIG bedurft, wonach die Insolvenzentschädigung lediglich Ansprüche aus Arbeitsvertrag vor Eröffnung des Konkurses oder Einreichung des Pfändungsbegehrens deckt. Mangels einer solchen Änderung muss es bei der Feststellung bleiben, dass Lohnforderungen für die Zeit nach Eröffnung des Konkurses oder der Einreichung des Pfändungsbegehrens keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung zu begründen vermögen. c) Was in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, vermag zu keinem andern Ergebnis zu führen. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers kennt die gesetzliche Regelung keinen Grundsatz, wonach zwischen Insolvenzentschädigung und Arbeitslosenentschädigung ein nahtloser Übergang zu bestehen hat. Die Insolvenzentschädigung gewährleistet keine volle Rückversicherung BGE 119 V 56 S. 62 für die Lohnforderungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber (Bericht des BIGA zur Neukonzeption der Arbeitslosenversicherung vom 18. Oktober 1979, S. 21) und ist insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht begrenzt (vgl. Gerhards, Kommentar zum AVIG, Bd. I, Vorbemerkungen zu Art. 51-58, N 21 f. und 25). Die streitige Entschädigungslücke zwischen Konkurseröffnung und Kenntnisnahme der Konkurseröffnung durch den Beschwerdeführer ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung und stellt keine vom Richter auszufüllende Gesetzeslücke dar (vgl. BGE 108 V 72 E. 2c, BGE 107 V 196 E. 2b mit Hinweisen). Es liegt allenfalls eine rechts- oder sozialpolitische Lücke vor, welche der Richter im allgemeinen jedoch hinzunehmen hat ( BGE 111 Ib 229 E. 2a, BGE 105 V 213 oben, mit Hinweis). Im übrigen räumt der Beschwerdeführer selber ein, dass die Folgen der gesetzlichen Regelung für den Versicherten nicht so schwerwiegend sind, wie dies im Rahmen des in BGE 114 V 56 beurteilten Sachverhalts der Fall sein kann. Auch geht der Arbeitnehmer für eine allfällige Deckungslücke nicht zum vornherein leer aus. Zwar hat er mangels Kenntnis der finanziellen Lage des Arbeitgebers unter Umständen keine Veranlassung, rechtzeitig Lohnsicherungsmassnahmen im Sinne von Art. 337a OR zu beantragen. Er kann seine durch den Anspruch auf Insolvenzentschädigung nicht gedeckten Lohnforderungen jedoch beim Konkursamt anmelden (vgl. ARV 1990 Nr. 8 S. 54 E. 3), wie es der Beschwerdeführer für das Gehalt für Februar und März (bis 11. März) 1991 sowie für den Kündigungslohn denn auch getan hat. Zudem beendet die Eröffnung des Konkurses über den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht in jedem Fall. Wird der Betrieb auf Beschluss der Konkursverwaltung fortgeführt, so werden die neuen Lohnforderungen Masseschulden ( Art. 211 Abs. 2 SchKG ). Schliesst die Konkursverwaltung - zumindest vorläufig - den Betrieb, spricht sie eine vorsorgliche Kündigung aus, worauf Annahmeverzug eintritt und Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach Art. 219 Abs. 4 SchKG behandelt werden (REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 10. Aufl., S. 107 f.). Dabei geniesst die Lohnforderung des Arbeitnehmers das Konkursprivileg der ersten Klasse gemäss lit. a dieser Bestimmung allerdings nur für die Zeit bis zur Konkurseröffnung (BRÜGGER, SchKG, Schweizerische Gerichtspraxis 1946-1984, S. 729, N 13 zu Art. 219 SchKG ). Wie bei den übrigen materiell- und formellrechtlichen Wirkungen der Konkurseröffnung wird auch im Rahmen dieser Bestimmung auf das Datum des Konkurserkenntnisses und nicht auf den Zeitpunkt BGE 119 V 56 S. 63 der Kenntnisnahme durch den Arbeitgeber abgestellt (vgl. Amonn, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 10. Aufl., S. 294, § 36 N 46 ). Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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Federation
26fcc11b-04c2-45d4-bebf-7b613b1250fc
Urteilskopf 114 V 78 16. Extrait de l'arrêt du 21 avril 1988 dans la cause Caisse cantonale genevoise de compensation contre A. SA et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS/AI
Regeste Art. 52 AHVG : Arbeitgeberhaftung. Auch ein faktischer Verwaltungsrat kann der Haftung nach Art. 52 AHVG unterliegen.
Sachverhalt ab Seite 78 BGE 114 V 78 S. 78 A.- a) La société anonyme T. SA a été constituée à Genève le 23 février 1961. Le capital social était réparti en 300 actions de 1'000 francs. Au début de l'année 1983, l'administration était composée de Pierre B., Carlo B. et Marcel C., qui ont tous trois démissionné, respectivement les 11 avril, 31 mai et 1er septembre 1983. b) A. SA est une société spécialisée dans la gestion, le financement, l'organisation et le contrôle d'autres sociétés. En 1983, elle avait un administrateur unique en la personne de Michel J. Le 4 juin 1983, elle a été chargée par T. SA d'établir un "plan de sauvetage" pour cette dernière société, qui se trouvait alors dans de graves difficultés. c) Dans le cadre de son intervention, A. SA s'est chargée des relations avec les créanciers de T. SA, en prenant un certain nombre de mesures pour éviter la liquidation, notamment en leur proposant un moratoire. Elle a en outre effectué le paiement de certaines charges courantes, ainsi que le versement de salaires et de cotisations d'assurances sociales arriérés. d) T. SA a été dissoute d'office le 7 juin 1984, en application de l' art. 711 CO . B.- T. SA a versé des salaires à ses employés jusqu'en septembre 1983, sans toutefois s'acquitter de la totalité des cotisations d'assurances sociales correspondantes. Aussi la Caisse cantonale genevoise de compensation a-t-elle réclamé la réparation du dommage qu'elle avait subi de ce chef à Pierre B., Carlo B. et Marcel C., ainsi qu'à la société A. SA (décisions du 23 mai 1985). C.- Les destinataires de ces décisions ayant formé opposition, la caisse de compensation a porté le cas devant la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS. Par jugement du 15 avril 1987, celle-ci a rejeté les conclusions de la caisse. BGE 114 V 78 S. 79 S'agissant en particulier d'A. SA, elle a estimé que cette société n'assumait en aucune manière la responsabilité du dommage subi par la caisse, du moment qu'elle avait joué le rôle d'un "intervenant extérieur", et non celui d'un organe proprement dit. D.- Contre ce jugement, la Caisse cantonale genevoise de compensation interjette un recours de droit administratif. Elle invoque la responsabilité d'A. SA comme administrateur de fait de T. SA. Erwägungen Extrait des considérants: 3. En vertu de l' art. 52 LAVS , l'employeur qui, intentionnellement ou par négligence grave, n'observe pas des prescriptions et cause ainsi un dommage à la caisse de compensation est tenu à réparation. Si l'employeur est une personne morale, la responsabilité peut s'étendre, à titre subsidiaire, aux organes qui ont agi en son nom ( ATF 111 V 173 consid. 2). Préalablement, il convient d'examiner si, comme le prétend la recourante, un organe de fait peut être considéré comme employeur au sens de l' art. 52 LAVS . Les premiers juges ont résolu cette question par la négative, en invoquant un passage de l'arrêt paru dans la RCC 1983 p. 472, selon lequel "une personne non inscrite au Registre du commerce en qualité d'administrateur ou d'organe dirigeant ayant la signature sociale (en tant que directeur ou fondé de pouvoir) d'une personne morale n'assume pas, en principe, la responsabilité découlant de l' art. 52 LAVS ". En matière de responsabilité pour la gestion d'une société anonyme, la notion d'organe selon l' art. 754 CO doit être comprise dans un sens large: sont également réputés chargés de l'administration et de la gestion les organes dits de "fait", c'est-à-dire les personnes qui - sans être désignées formellement en qualité d'organes - prennent en fait les décisions réservées à ces derniers ou se chargent de la gestion proprement dite (BÜRGI, note 119 ad art. 753/54 CO; SCHUCANY, note 1 ad art. 754 CO ; FORSTMOSER, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2e éd., p. 209 ss; SCHMID, Die Verantwortlichkeit von Verwaltung, Geschäftsführung und Kontrolle gegenüber Gesellschaftsgläubigern im Konkurs der Aktiengesellschaft nach geltendem und künftigem schweizerischem Recht, RSJ 81/1985, p. 243; EGLI, Aperçu de la jurisprudence récente du Tribunal fédéral relative à BGE 114 V 78 S. 80 la responsabilité des administrateurs de société anonyme, Recueil des travaux de la Journée d'étude organisée le 6 novembre 1986 par la Fédération suisse des avocats et le Centre du droit de l'entreprise, p. 29 ss). Conformément à ces principes, le Tribunal fédéral a par exemple reconnu la qualité d'organes dirigeants aux deux seuls actionnaires d'une société, qui géraient eux-mêmes celle-ci, en lieu et place d'un administrateur unique nommé à titre fiduciaire ( ATF 102 II 353 ). Il en a été de même dans le cas d'une banque dont les représentants participaient de manière effective à la prise des décisions d'une SA, notamment en assistant aux réunions du conseil d'administration ( ATF 107 II 349 ; voir également ATF 112 II 185 consid. 5, à propos de la responsabilité éventuelle d'un organe de contrôle de fait). Il se justifie d'appliquer les mêmes principes dans le cadre de l' art. 52 LAVS , car la responsabilité subsidiaire des organes d'une personne morale, dans le domaine de l'AVS, découle indirectement des art. 55 al. 3 CC et 754 CO, considérés comme l'expression de règles générales (voir à ce propos ATF 96 V 125 ). Au demeurant, les motifs qui sont à la base d'une extension de la notion d'organe en droit civil et qui procèdent de la volonté d'accorder une protection efficace aux créanciers sociaux sont tout aussi valables s'agissant de la responsabilité de droit public instituée par l' art. 52 LAVS . Enfin, sous l'angle du principe de l'égalité de traitement entre les justiciables, il serait inéquitable, le cas échéant, de ne rechercher que les personnes inscrites au registre du commerce, lesquelles, précisément, n'avaient peut-être aucun pouvoir réel de décision. Aussi ne saurait-on confirmer l'arrêt publié dans la RCC 1983 p. 472, dans la mesure où celui-ci exclut, par principe, une éventuelle responsabilité des organes de fait. 4. En l'occurrence, il ressort du dossier que, tout en demeurant formellement administrateur (unique) de T. SA, Marcel C. a été privé de l'ensemble de ses pouvoirs par A. SA: dans une lettre du 30 juin 1983, cette dernière société lui a confirmé les conditions auxquelles elle acceptait de mettre en place un plan de sauvetage, à savoir, entre autres exigences, que l'intéressé renonce à exercer son droit de signature sociale, sauf accord exprès de Michel J. (administrateur d'A. SA). Il y était aussi précisé que "toutes les banques ainsi que les chèques postaux seront avisés que la seule signature valable sera celle du soussigné (Michel J.), à l'exclusion de tout autre pour l'instant". BGE 114 V 78 S. 81 Cette maîtrise effective de l'administration de T. SA par A. SA apparaît du reste dans d'autres pièces encore. A. SA s'est chargée à elle seule des relations avec les créanciers en déclarant avoir pris un certain nombre de mesures pour éviter la liquidation. C'est ainsi qu'elle a repris une partie des dettes de T. SA et qu'elle a avancé à celle-ci les fonds nécessaires pour régler diverses autres dettes, notamment des salaires et des cotisations d'assurances sociales arriérés. En contrepartie de l'intervention d'A. SA, Michel J. a obtenu la cession gratuite de 141 actions (sur 300) de T. SA, ce qui lui permettait de contrôler la société avec un autre actionnaire majoritaire. Dans ces conditions, il ne fait pas de doute que l'intimée a exercé une activité susceptible d'engager sa responsabilité.
null
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27035c6c-7df7-4950-a79d-3b2a62e2e272
Urteilskopf 86 IV 77 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. März 1960 i.S. Sigrist gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn.
Regeste Art. 397 StGB . Bundesrechtlich steht nichts im Wege, dass der Revisionsrichter, der im neuen Sachurteil auf Strafe erkennt, bei der Würdigung des Vorlebens und der persönlichen Verhältnisse des Täters ( Art. 63 und Art. 41 Ziff. 1 StGB ) auch Umstände berücksichtigt, die erst nach dem früheren Urteil eingetreten sind.
Sachverhalt ab Seite 77 BGE 86 IV 77 S. 77 A.- Sigrist wurde am 15. November 1955 vom Obergericht des Kantons Solothurn wegen Unzucht mit einem Kinde in Anwendung von Art. 191 Ziff. 2 Abs. 1 StGB zu acht Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar mit einer Probezeit von fünf Jahren, und zu Fr. 500.-- Genugtuung an das geschädigte Kind verurteilt. Am 29. August 1958 verurteilte das Obergericht des Kantons Bern Sigrist wegen Vernachlässigung der Unterstützungspflichten BGE 86 IV 77 S. 78 und wegen Übertretung des MFG zu zwei Monaten Gefängnis und Fr. 50.- Busse. Gestützt auf diese Verurteilung ordnete das solothurnische Obergericht am 16. Oktober 1958 gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB den Vollzug der am 15. November 1955 ausgefällten Gefängnisstrafe an. B.- Am 9. Mai 1959 bewilligte das Obergericht des Kantons Solothurn auf ein Revisionsgesuch hin, in welchem Sigrist unter Hinweis auf ein ärztliches Zeugnis Unzurechnungsfähigkeit geltend machte, die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Unzucht. Es erklärte am 29. September 1959 nach Durchführung einer psychiatrischen Begutachtung Sigrist erneut der Unzucht mit einem Kinde schuldig und verurteilte ihn im Rahmen des Art. 63 StGB zu sechs Monaten Gefängnis, unter Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. C.- Der Verurteilte führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung, eventuell zur Milderung der Strafe und zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: Art. 397 StGB bestimmt bloss, dass und unter welchen Voraussetzungen von Bundesrechts wegen die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Verurteilten zu gestatten ist. Darnach ist die Wiederaufnahme zu bewilligen, wenn Tatsachen glaubhaft gemacht oder Beweismittel beigebracht werden, die dem Gericht im früheren Verfahren nicht bekannt waren und die den Tatbestand des beurteilten Falles so verändern, dass ein neues Urteil, wenn vom berichtigten Sachverhalt ausgegangen wird, für den Verurteilten günstiger ausfallen kann ( BGE 76 IV 36 , BGE 81 IV 44 ). Für den Fall der Gutheissung des Wiederaufnahmebegehrens stellt dagegen das eidgenössische Strafgesetzbuch keine Vorschriften darüber auf, nach welchen prozessualen Grundsätzen das neue Sachurteil auszufällen BGE 86 IV 77 S. 79 sei. Aus dem Zweck der Revision ergibt sich freilich, dass das neue Urteil das frühere rückwirkend ersetzt ( BGE 85 IV 170 ). Daraus folgt aber nicht notwendig, dass für die neue Beurteilung ausschliesslich die Verhältnisse zur Zeit des früheren Urteils massgebend sein müssen, d.h. dass der Revisionsrichter überhaupt nur ex tunc und in keinem Falle ex nunc urteilen dürfe. Bundesrechtlich steht jedenfalls nichts im Wege, dass bei der Würdigung der Person des Gesuchstellers, bei der Strafzumessung wie beim Entscheid über die Gewährung des bedingten Strafvollzuges, auch Umstände mitberücksichtigt werden, die erst nach dem früheren Urteil eingetreten sind. Es wäre unbefriedigend, wenn der Richter, der nicht bloss die strafbare Handlung, sondern auch die Persönlichkeit des Täters zu beurteilen hat, im Revisionsverfahren - im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren - nicht auch dem Verhalten seit der Tat und den persönlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Neubeurteilung Rechnung tragen könnte. Was insbesondere die Verweigerung des bedingten Strafvollzuges anbetrifft, müsste die Berücksichtigung später eingetretener Tatsachen auch aus Gründen der Prozessökonomie zugelassen werden; es wäre unzweckmässig, in Fällen wie dem vorliegenden, wo die früher ausgesprochene Strafe bedingt aufgeschoben wurde, später aber gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB vollziehbar erklärt werden musste, im Revisionsverfahren nur auf den zur Zeit des früheren Urteils bekannten Sachverhalt abzustellen und nachträglich im Widerrufsverfahren die Gewährung des bedingten Strafvollzuges wieder rückgängig zu machen, anstatt ihn schon bei der Ausfällung des neuen Urteils zu verweigern. Die Verweigerung des bedingten Strafvollzuges verstösst daher nicht gegen Art. 397 StGB . Sie verletzt auch nicht Art. 41 Ziff. 1 StGB . Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer während der ihm im früheren Urteil angesetzten Probezeit sich eines vorsätzlichen Vergehens schuldig gemacht hat, beweist, dass ihn eine blosse Warnungsstrafe von weiteren Verbrechen oder Vergehen nicht abzuhalten BGE 86 IV 77 S. 80 vermag. Die Vorinstanz begründet die ungünstige Prognose ausserdem mit der Einsichtslosigkeit des Beschwerdeführers, welche nach dem psychiatrischen Gutachten und den haltlosen Einwendungen, die er im Revisionsverfahren zur Bestreitung seiner Schuld und in der vorliegenden Beschwerde zur Beschönigung der vom bernischen Obergericht rechtskräftig beurteilten Vernachlässigung der Unterstützungspflicht erhoben hat, offenkundig ist.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
2704448f-e5cc-48da-8612-1c65dafc1473
Urteilskopf 141 II 297 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Pfaff, Egli, Weidmann und Heid gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft oder Regierungsrat des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_348/2015 und andere vom 19. August 2015
Regeste Art. 34 Abs. 2 BV ; Art. 13 Abs. 3 sowie Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR ; ein sehr knappes Resultat einer eidgenössischen Abstimmung vermittelt für sich alleine keinen Anspruch auf eine Nachzählung. Eine unmittelbar aus Art. 34 Abs. 2 BV fliessende Verpflichtung zur Nachzählung sehr knapper Wahl- und Abstimmungsresultate besteht nur in jenen knapp ausgegangenen Fällen, in denen der Bürger auf konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Auszählung oder für ein gesetzwidriges Verhalten der zuständigen Organe hinzuweisen vermag. Unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens ist nunmehr auch Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR so auszulegen, dass ein allgemeiner und unbedingter Anspruch auf Nachzählung eines sehr knappen Resultats einer eidgenössischen Abstimmung nur dann besteht, wenn zusätzlich ernstzunehmende Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass nicht korrekt ausgezählt worden ist (E. 5.2-5.5).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 141 II 297 S. 298 A. Am 26. September 2014 beschloss die Bundesversammlung diverse Änderungen des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40). Gegen diesen Beschluss wurde ein Referendum im Sinne von Art. 141 Abs. 1 lit. a BV ergriffen, weshalb darüber am 14. Juni 2015 eine eidgenössische Volksabstimmung stattfand. Gemäss dem auf der Homepage der Bundeskanzlei publizierten vorläufigen amtlichen Endergebnis wurde die Vorlage von den Stimmberechtigten bei einer Stimmbeteiligung von 42,8 % mit 1'128'369 Ja-Stimmen zu 1'124'673 Nein-Stimmen angenommen (Stand: 15. Juni 2015). B. Am 15. Juni 2015 erhob Michael Pfaff Abstimmungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Am 16. bzw. 17. Juni 2015 gelangten Marcel Egli, Dietrich Weidmann sowie Thomas Heid je mit Abstimmungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Die vier Beschwerdeführer verlangten unter anderem eine schweizweite Nachzählung des Ergebnisses der eidgenössischen Volksabstimmung vom 14. Juni 2015 über die Änderung des RTVG. Am 23. Juni 2015 trat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft auf die Abstimmungsbeschwerde von Michael Pfaff nicht ein. Mit drei separaten Beschlüssen vom 24. Juni 2015 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich die Abstimmungsbeschwerden von Michael Egli, Dietrich Weidmann sowie Thomas Heid ab, soweit er darauf eintrat. C. In der Folge haben Michael Pfaff (Beschwerdeführer 1), Marcel Egli (Beschwerdeführer 2), Dietrich Weidmann (Beschwerdeführer 3) sowie Thomas Heid (Beschwerdeführer 4) je Beschwerde ans BGE 141 II 297 S. 299 Bundesgericht erhoben. Der Beschwerdeführer 1 beantragt, es sei eine schweizweite Nachzählung des Ergebnisses der Abstimmung vom 14. Juni 2015 über die Änderung des RTVG anzuordnen. Der Beschwerdeführer 2 beantragt, es sei festzustellen, dass die Änderung des RTVG abgelehnt worden sei; eventualiter sei eine Nachzählung des Abstimmungsergebnisses anzuordnen. Der Beschwerdeführer 3 beantragt, es sei im Kanton Zürich eine Nachzählung des Ergebnisses der Abstimmung vom 14. Juni 2015 über die Änderung des RTVG anzuordnen. Der Beschwerdeführer 4 beantragt, die Abstimmung vom 14. Juni 2015 über die Änderung des RTVG sei für ungültig zu erklären; eventualiter sei eine schweizweite Nachzählung des Abstimmungsergebnisses anzuordnen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit darauf einzutreten ist. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.2 Art. 34 Abs. 2 BV schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe und soll garantieren, dass kein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Dazu gehört u.a., dass Wahl- und Abstimmungsergebnisse sorgfältig und ordnungsgemäss ermittelt werden, gegen Wahl- und Abstimmungsergebnisse vorgebrachte Rügen - mit der allfälligen Folge einer Nachzählung oder Aufhebung des Urnengangs - im Rahmen des einschlägigen Verfahrensrechts geprüft werden und ordnungsgemäss zustande gekommene Wahl- oder Abstimmungsergebnisse tatsächlich anerkannt werden ( BGE 131 I 442 E. 3.1 S. 446 f. mit Hinweisen). Es ist in erster Linie eine Frage des anwendbaren Rechts des jeweiligen Gemeinwesens, unter welchen Voraussetzungen Nachzählungen von Wahl- und Abstimmungsergebnissen anzuordnen sind und ob der einzelne Stimmberechtigte eine Nachzählung erwirken kann (vgl. BGE 131 I 442 E. 3.2 S. 447 mit Hinweisen). In kantonalen (inklusive kommunalen) Angelegenheiten kann sich eine vom einzelnen Stimmbürger durchsetzbare Verpflichtung zur Nachzählung eines Wahl- oder Abstimmungsergebnisses gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung indessen unter Umständen auch direkt aus Art. 34 Abs. 2 BV ergeben ( BGE 136 II 132 E. 2.3.3 S. 137 mit Hinweis). In BGE 131 I 442 hielt das Bundesgericht im Zusammenhang BGE 141 II 297 S. 300 mit einer Beschwerde, welche die Wahl des Gemeinderats (der Exekutive) der Stadt Bern betraf, in Bestätigung seiner Rechtsprechung fest, unter der Voraussetzung einer zweckmässigen Ordnung, welche Gewähr für eine sorgfältige Ermittlung der Wahl- und Abstimmungsergebnisse biete, bestehe eine sich aus dem Bundesverfassungsrecht ergebende Verpflichtung zur Nachzählung bloss in jenen knapp ausgegangenen Fällen, in denen der Bürger auf konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Auszählung oder für ein gesetzwidriges Verhalten der zuständigen Organe hinzuweisen vermöge. Hingegen begründe der blosse Umstand eines knappen Wahl- oder Abstimmungsergebnisses für sich allein genommen keine bundesverfassungsrechtliche Pflicht zur Nachzählung (a.a.O., E. 3.3 ff. S. 448 ff. mit Hinweisen). 5.3 Für eidgenössische Abstimmungen sieht Art. 77 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1) vor, dass wegen Unregelmässigkeiten bei der Kantonsregierung Beschwerde geführt werden kann. Die Kantonsregierung weist die Beschwerde gemäss Art. 79 Abs. 2 bis BPR ohne nähere Prüfung ab, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten weder nach ihrer Art noch nach ihrem Umfang dazu geeignet waren, das Hauptresultat der Abstimmung wesentlich zu beeinflussen. In BGE 136 II 132 hatte sich das Bundesgericht mit einer Beschwerde zu befassen, welche das Resultat der eidgenössischen Volksabstimmung vom 17. Mai 2009 über den "Bundesbeschluss vom 13. Juni 2008 über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Übernahme der Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 über biometrische Pässe und Reisedokumente" betraf. Es führte in allgemeiner Weise aus, Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR könne ein Anspruch auf Nachzählung eines sehr knappen Resultats einer Abstimmung entnommen werden, selbst wenn keine äusseren Anhaltspunkte darauf hinweisen würden, dass nicht korrekt ausgezählt worden sei. Das Bundesgericht begründete dies damit, dass es den Unterlegenen umso leichter falle, ein Resultat zu akzeptieren, je sicherer es ordnungsgemäss zustande gekommen sei. Es mutmasste, dass eine Neuzählung mit besonderer Umsicht und ohne Zeitdruck vorgenommen werden dürfte, was für eine grössere Zuverlässigkeit des Resultats einer Nachzählung spreche (a.a.O., E. 2.4.2 S. 138). Der Nachzählung sei deshalb eine grössere Bestandeskraft zuzusprechen. Hingegen erscheine eine zweite Nachzählung im Regelfall als BGE 141 II 297 S. 301 ausgeschlossen (a.a.O., E. 2.4.3 S. 139). Das Bundesgericht räumte ein, eine subjektiv-historische Auslegung von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR ergebe zwar, dass mit der Verwendung des Begriffs "Unregelmässigkeiten" nicht auch die erfahrungsgemäss bestehende und in diesem Sinne regelmässige Fehlerquote beim Auszählen erfasst werden sollte (a.a.O., E. 2.2 S. 134 f.). Dennoch dränge es sich auf, ein sehr knappes Resultat einer eidgenössischen Abstimmung wie den Verdacht auf Unregelmässigkeiten im Sinne von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR zu behandeln. Zu diesem Schluss führe eine zeitgemässe Auslegung von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR , womit auch dem verfassungsmässigen Anspruch auf unverfälschte Stimmabgabe ( Art. 34 Abs. 2 BV ) Nachachtung verschafft werde (a.a.O., E. 2.4.2 S. 139). Mit Bezug auf den konkret zu beurteilenden Fall relativierte das Bundesgericht seine Ausführungen insofern, als es einen Anspruch auf Nachzählung des Abstimmungsresultats verneinte, weil dieses nicht äusserst knapp beziehungsweise derart knapp sei, dass sich die Anordnung einer Nachzählung bei der aufgezeigten offenen gesetzlichen Grundlage aufdränge und zudem auch keine Unregelmässigkeiten bekannt seien, die nach Art oder Umfang geeignet gewesen wären, das Hauptresultat zu beeinflussen (a.a.O., E. 2.6 S. 141). Ausserdem führte das Bundesgericht aus, es werde Sache des Gesetzgebers sein, darüber zu entscheiden, ob und auf welche Weise die Frage der Nachzählung gesetzlich geregelt werden solle (a.a.O., E. 2.7 S. 141). In BGE 138 II 5 äusserte sich das Bundesgericht anlässlich einer Beschwerde, welche das Resultat der Nationalratswahlen im Kanton Tessin betraf, zur in BGE 136 II 132 begründeten Rechtsprechung. Es hielt fest, die Sichtweise, wonach ein sehr knappes Ergebnis in einer eidgenössischen Volksabstimmung eine "Unregelmässigkeit" im Sinne von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR darstelle und Anspruch auf eine Nachzählung einräume, sei auf die Wahl des Nationalrats im Proporzverfahren bzw. auf Art. 77 Abs. 1 lit. c BPR nicht anwendbar (a.a.O., E. 2 und 3). 5.4 Zunächst ist daran zu erinnern, dass unmittelbar aus Art. 34 Abs. 2 BV kein allgemeiner und unbedingter Anspruch auf Nachzählung sehr knapper oder äusserst knapper Wahl- und Abstimmungsresultate fliesst. An der Rechtsprechung, wonach unter der Voraussetzung einer zweckmässigen Ordnung, welche Gewähr für eine sorgfältige Ermittlung der Wahl- und Abstimmungsergebnisse bietet, der blosse Umstand eines knappen Wahl- oder BGE 141 II 297 S. 302 Abstimmungsergebnisses für sich allein genommen keine bundesverfassungsrechtliche Pflicht zur Nachzählung begründet, ist festzuhalten. Eine unmittelbar aus der Bundesverfassung fliessende Verpflichtung zur Nachzählung besteht wie bereits dargelegt nur in jenen knapp ausgegangenen Fällen, in denen der Bürger auf konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Auszählung oder für ein gesetzwidriges Verhalten der zuständigen Organe hinzuweisen vermag (vgl. E. 5.2 hiervor). Dem Umstand, dass es für den Stimmbürger möglicherweise schwierig ist, konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Auszählung oder für ein gesetzwidriges Verhalten zu erkennen, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass umso geringere Anforderungen an den Nachweis solcher Unregelmässigkeiten zu stellen sind, je knapper das Wahl- oder Abstimmungsresultat ausfällt ( BGE 136 II 132 E. 2.4.2 S. 137 f.; BGE 131 I 442 E. 3.3 S. 449; LUTZ/FELLER/MÜLLER, Nachzählung bei knappen Wahl- und Abstimmungsergebnissen - überhöhte Erwartungen?, AJP 2006 S. 1519). Auch im bereits erwähnten BGE 136 II 132 hat das Bundesgericht nicht unmittelbar aus der Bundesverfassung einen allgemeinen und unbedingten Anspruch auf Nachzählung sehr knapper oder äusserst knapper Wahl- und Abstimmungsresultate abgeleitet. Daran ändert der ergänzende Hinweis auf Art. 34 Abs. 2 BV nichts (a.a.O., E. 4.2.4 S. 139), zumal zur Frage, unter welchen Umständen und Voraussetzungen der Bundesverfassung ein Anspruch auf Nachzählung eines knappen Wahl- und Abstimmungsresultats entnommen werden kann, eine gefestigte Rechtsprechung besteht (vgl. E. 5.2 hiervor), von der sich das Bundesgericht nicht ausdrücklich distanziert hat. Vielmehr prüfte es die Frage, unter welchen Umständen und Voraussetzungen knappe Resultate in eidgenössischen Abstimmungsangelegenheiten nachgezählt werden müssen, in Anwendung und Auslegung von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR . Im Rahmen der übrigen Bestimmungen der Bundesverfassung könnte der Bundesgesetzgeber - wie verschiedene Kantone für kantonale Wahlen und Abstimmungen dies tun (vgl. BGE 136 II 132 E. 2.3.2 S. 135 f.) - indessen einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Nachzählung von eidgenössischen Wahl- und Abstimmungsresultaten vorsehen, der weiter geht als der von Art. 34 Abs. 2 BV garantierte. Er hat davon aber bisher abgesehen. 5.5 Nachfolgend zu prüfen ist, ob an der Feststellung festgehalten werden kann, wonach aus Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR ein Anspruch auf BGE 141 II 297 S. 303 Nachzählung eines sehr knappen bzw. äusserst knappen Resultats einer eidgenössischen Abstimmung zu entnehmen sei, selbst wenn keine äusseren Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass nicht korrekt ausgezählt worden ist. 5.5.1 Eine Praxisänderung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung als zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 137 V 417 E. 2.2.2 S. 422, BGE 137 V 282 E. 4.2 S. 291 f., 133 E. 6.1 S. 137; BGE 137 III 352 E. 4.6 S. 360; je mit Hinweisen). Einen ernsthaften sachlichen Grund für eine Praxisänderung kann unter anderem die genauere oder vollständigere Kenntnis des gesetzgeberischen Willens darstellen ( BGE 138 II 162 E. 2.3 S. 166). 5.5.2 Gewiss steht den an der Auszählung beteiligten Personen und Behörden am Tag der Abstimmung wenig Zeit zur Verfügung, zumal die nach kantonalem Recht zuständigen Amtsstellen (Gemeinde-, Kreis- oder Bezirksbehörden) gehalten sind, das Abstimmungsergebnis umgehend der kantonalen Zentralstelle zu melden (Art. 5 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Mai 1978 über die politischen Rechte [VPR; SR 161.11]), und die kantonalen Zentralstellen das vorläufige kantonale Abstimmungsergebnis spätestens bis um 18.00 Uhr der Bundeskanzlei melden müssen ( Art. 5 Abs. 2 VPR ). Der Umstand, dass innert kurzer Zeit sehr viele Resultate aus den Stimmbüros zunächst an die kantonalen Zentralstellen und anschliessend an die Bundeskanzlei übermittelt werden müssen, dürfte Zähl- und Übermittlungsfehler begünstigen. Von der Feststellung und Publikation des vorläufigen amtlichen Endergebnisses zu unterscheiden ist jedoch das Verfahren, welches für die verbindliche Feststellung des Abstimmungsergebnisses zur Anwendung gelangt. Sämtliche Stimmbüros erstellen ein vereinheitlichtes ausführliches Abstimmungsprotokoll ( Art. 4 Abs. 1 VPR i.V.m. Art. 14 Abs. 1 BPR ). Die Abstimmungsprotokolle werden an die jeweilige Kantonsregierung weitergeleitet, welche die Ergebnisse aus dem ganzen Kanton zusammenstellt, sie der Bundeskanzlei mitteilt und innert 13 Tagen nach dem Abstimmungstag im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht ( Art. 14 Abs. 2 BPR ). Die Kantone übermitteln die Protokolle und auf Verlangen auch die Stimmzettel der Bundeskanzlei ( Art. 14 Abs. 3 BPR ). BGE 141 II 297 S. 304 Mit diesem Vorgehen werden die Kantone und nötigenfalls die Bundeskanzlei in die Lage versetzt, nachträgliche Kontrollen durchzuführen, wenn Anzeichen bestehen, dass in bestimmten Gemeinden nicht korrekt ausgezählt worden ist oder Resultate nicht korrekt übermittelt worden sind. Wie die Bundeskanzlei nachvollziehbar darlegt, werden zwischen der Publikation des vorläufigen amtlichen Endergebnisses und der verbindlichen Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Bundesrat gemäss Art. 15 Abs. 1 BPR regelmässig gewisse Ungereimtheiten festgestellt und korrigiert, die bei der Übermittlung der Abstimmungsergebnisse am Tag der Abstimmung aufgrund der Umstände fast zwangsläufig auftreten. Was die Akzeptanz eines knappen Abstimmungsresultats angeht, steht im Vordergrund, dass das Auszählungsverfahren Gewähr für eine sorgfältige Ermittlung der Wahl- und Abstimmungsergebnisse bietet (NUSPLIGER/MÄDER, Präzision in der Demokratie, ZBl 114/2013 S. 188) und dass die Gemeinden im beschriebenen Sinne einer gewissen Kontrolle unterstehen, wodurch allfällige Ungereimtheiten festgestellt und korrigiert werden können. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang sodann, dass - besonders bei knappen Abstimmungsergebnissen - konkreten Anzeichen auf eigentliche Unregelmässigkeiten bei der Auszählung, d.h. auf besondere Vorkommnisse, welche das Resultat über die bei jeder Zählung auftretenden marginalen Zähl- und Übermittlungsfehler hinaus verfälscht haben könnten, nachgegangen wird (vgl. LUTZ/FELLER/MÜLLER, a.a.O., S. 1533). Ob darüber hinaus, nämlich wenn keine konkreten Anzeichen auf eigentliche Unregelmässigkeiten bestehen, die Akzeptanz eines einmalig nachgezählten, sehr knappen Abstimmungsresultats tatsächlich in jedem Fall grösser ist als das Resultat der ersten Auszählung, ist schwierig zu beurteilen. Zu Recht weist die Bundeskanzlei diesbezüglich darauf hin, dass bei jeder Auszählung Fehler unterlaufen können, d.h. auch bei einer Nachzählung (vgl. BGE 131 I 442 E. 3.6 S. 451). Es mag zwar sein, dass die Fehlerquote bei der erstmaligen Auszählung tendenziell etwas höher liegt als bei einer allfälligen Nachzählung, zwingend ist dies aber nicht und im konkreten Fall nachprüfen lässt es sich mindestens ohne weitere Nachzählungen auch nicht. Damit schafft ein einmaliges Nachzählen jedenfalls keine absolute Sicherheit über das richtige Ergebnis (vgl. NUSPLIGER/MÄDER, a.a.O., S. 187 f.; GEROLD STEINMANN, Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 3. Aufl. 2014, BGE 141 II 297 S. 305 N. 28 zu Art. 34 BV ; BÉNÉDICTE TORNAY SCHALLER, Y a-t-il un droit au recomptage automatique en cas de résultat de votation ou d'élection très serré?, in: Direkte Demokratie, Festschrift für Andreas Auer zum 65. Geburtstag, 2013, S. 107; LUTZ/FELLER/MÜLLER, a.a.O., S. 1531 ff.; PIERRE TSCHANNEN, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts 2005 und 2006, ZBJV 142/2006 S. 801). Auf den Umstand, dass mit einer Nachzählung Fehlerquellen, welche in anderen Stadien als der Auszählung zum Tragen kommen, nicht ausgemerzt werden können, hat das Bundesgericht schon in BGE 136 II 132 E. 2.4.2 S. 138 hingewiesen (vgl. auch LUTZ/FELLER/MÜLLER, a.a.O., S. 1524 ff.; TORNAY SCHALLER, a.a.O., S. 106). 5.5.3 Neben Gründen, die für einen allgemeinen und unbedingten Anspruch auf Nachzählung sehr knapper bzw. äusserst knapper Resultate von eidgenössischen Volksabstimmungen sprechen, bestehen auch sachliche Gründe, die dagegen sprechen (ausführlich NUSPLIGER/MÄDER, a.a.O., S. 187 ff.; LUTZ/FELLER/MÜLLER, a.a.O., S. 1522 ff.; TORNAY SCHALLER, a.a.O., S. 106 ff.; PIERRE TSCHANNEN, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts in den Jahren 2010 und 2011, ZBJV 147/2011 S. 808 f.; CHRISTIAN SCHUHMACHER, Eine Lanze für die Nachzählung, ZBl 114/2013 S. 492 ff., der eine als Prüf- oder Kontrollzählung verstandene, richtig geplante und durchgeführte Nachzählung als gewinnbringend bzw. nützlich bezeichnet, weil die Verlässlichkeit des Ergebnisses grösser sei als das Ergebnis der Erstzählung). Unter diesen Umständen erscheint es angezeigt, bei der Auslegung der anwendbaren Normen besonderes Gewicht dem Willen des Gesetzgebers beizumessen. Dementsprechend hat das Bundesgericht in BGE 136 II 132 E. 2.7 S. 141 den Bundesgesetzgeber eingeladen, zu regeln, unter welchen Voraussetzungen knappe Abstimmungsresultate nachgezählt werden sollen. In der Folge haben die eidgenössischen Räte im Rahmen der Teilrevision des BPR vom 26. September 2014 beschlossen, ein sehr knappes Abstimmungsergebnis erfordere nur dann eine Nachzählung, wenn Unregelmässigkeiten glaubhaft gemacht werden, die nach Art und Umfang geeignet sind, das Bundesergebnis wesentlich zu beeinflussen ( Art. 13 Abs. 3 BPR , BBl 2014 7271). Diese Bestimmung soll am 1. November 2015 in Kraft treten, ist demzufolge vorliegend noch nicht anwendbar und im Gegensatz zur Ansicht der Bundeskanzlei für das Bundesgericht auch nicht bindend. Allerdings kann nach der Rechtsprechung eine BGE 141 II 297 S. 306 Gesetzesrevision, die noch nicht in Kraft getreten ist, bei der Auslegung einer Norm unter Umständen berücksichtigt werden, namentlich, wenn - wie vorliegend - das geltende System nicht grundsätzlich geändert werden soll und nur eine Konkretisierung des bestehenden Rechtszustands angestrebt wird oder Lücken des geltenden Rechts ausgefüllt werden sollen ( BGE 124 II 193 E. 5d S. 201). Wie der Botschaft zur Änderung des BPR sowie der parlamentarischen Beratung entnommen werden kann, bezweckt Art. 13 Abs. 3 BPR nicht etwas grundsätzlich Neues, sondern die Rückkehr zum Willen des historischen Gesetzgebers, der keine Nachzählungen angeordnet wissen wollte, solange keine besonderen Unregelmässigkeiten glaubhaft gemacht werden, und zur früheren Praxis im Umgang mit Nachzählungen (Botschaft vom 29. November 2013 zur Änderung des BPR, BBl 2013 9240 f. Ziff. 1.2.3, 9252 f. Ziff. 1.4.2; AB 2014 N 431 ff.; AB 2014 S 468 ff.). 5.5.4 Unter Berücksichtigung des mit der Teilrevision des BPR vom 26. September 2014 bestätigten gesetzgeberischen Willens ist Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR deshalb nunmehr so auszulegen, dass ein allgemeiner und unbedingter Anspruch auf Nachzählung eines sehr knappen bzw. äusserst knappen Resultats einer eidgenössischen Abstimmung nur dann besteht, wenn zusätzlich äussere Anhaltspunkte darauf hinweisen, dass nicht korrekt ausgezählt worden ist. An den Nachweis der Unregelmässigkeiten im Sinne von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR sind zwar umso geringere Anforderungen zu stellen, je knapper das Wahl- oder Abstimmungsresultat ausgefallen ist. Jedenfalls nicht ausreichend ist jedoch auch bei einem sehr knappen Abstimmungsresultat der Hinweis auf bereits korrigierte Fehler, solange sich diese im üblichen Rahmen bewegen und keine konkreten Anzeichen für besondere Vorkommnisse ersichtlich sind, welche das Resultat über die bei jeder Zählung auftretenden marginalen Zähl- und Übermittlungsfehler hinaus verfälscht haben könnten. Unter den dargelegten besonderen Umständen steht das Rechtssicherheitsgebot einer solchen Auslegung von Art. 77 Abs. 1 lit. b BPR und der damit verbundenen Korrektur der mit BGE 136 II 132 begründeten Rechtsprechung nicht entgegen, zumal letztere hinsichtlich eidgenössischer Volksabstimmungen bis zum vorliegenden Verfahren ohne praktische Bedeutung geblieben ist.
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Urteilskopf 87 II 35 7. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Februar 1961 i.S. Plastofin A.-G. gegen Bich und Konsorten.
Regeste Verwechselbarkeit der Marken BIC und BIG-PEN für Kugelschreiber; Art. 6 MSchG (Erw. 2). Unlauterer Wettbewerb durch Verwendung einer verwechselbaren Marke (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 87 II 35 S. 36 Der französische Industrielle M. Bich (Kläg. 1) ist Inhaber der 1951 im internationalen Markenregister eingetragenen Marke BIC für Kugelschreiber. Die Société BIC in Paris (Kläg. 2) ist Lizenznehmerin, die Società BIC in Lugano (Kläg. 3) schweizerische Unterlizenznehmerin für die genannte Marke, die seit 1952 für Kugelschreiber gebraucht wird. Die Beklagte Plastofin A.-G. in Zürich liess 1954 im schweizerischen Markenregister die Marke BIG-PEN eintragen, die sie ebenfalls für Kugelschreiber verwendete. Auf Begehren der drei Kläger verurteilte das Handelsgericht Zürich mit Entscheid vom 1. November 1960 die Beklagte wegen Markenrechtsverletzung und unlauteren Wettbewerbs. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab, im wesentlichen auf Grund der folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. Die beiden in Frage stehenden Marken werden für die gleiche Ware - Kugelschreiber - verwendet. Die Marke der Beklagten ist daher gemäss Art. 6 MSchG nur zulässig, wenn sie sich von der früher eingetragenen klägerischen Marke durch wesentliche Merkmale unterscheidet. a) Ob diesem Erfordernis genügt ist, beurteilt sich gemäss ständiger Rechtsprechung nach dem Gesamteindruck der zu vergleichenden Zeichen ( BGE 84 II 446 Erw. 3, BGE 78 II 380 f. und dort erwähnte Entscheide). Die Verwechselbarkeit im Sinne des Gesetzes wird deshalb weder dadurch ausgeschlossen, dass alle Bestandteile der zu vergleichenden Marken verschieden sind, noch ist sie notwendigerweise gegeben, wenn einzelne von ihnen miteinander übereinstimmen. Es geht daher nicht an, die zu vergleichenden Marken in ihre einzelnen Bestandteile zu zergliedern und diese gesondert zu betrachten ( BGE 78 II 381 ). Deshalb ist es verfehlt, wenn die Vorinstanz zunächst der klägerischen Marke BIC den Bestandteil BIG BGE 87 II 35 S. 37 der beklagtischen Marke BIG-PEN gegenüberstellt, die Verwechselbarkeit von BIC und BIG bejaht und hernach untersucht, ob diese Verwechselbarkeit durch den Zusatz PEN der beklagtischen Marke beseitigt werde. Zu vergleichen sind vielmehr die beiden Marken als Ganzes, nach ihrem Gesamteindruck. b) Massgebend ist der Gesamteindruck der beiden Marken auf den letzten Abnehmer ( BGE 84 II 445 Erw. 2 und dort erwähnte Entscheide), hier also der Eindruck auf das breite Publikum, das als Abnehmer der Kugelschreiber in Betracht kommt. Dieser Gesamteindruck hängt bei Wortmarken im wesentlichen vom Wortklang und Schriftbild ab ( BGE 78 II 381 ). Sodann ist zu beachten, dass es sich bei den Kugelschreibern beider Parteien um billige Massenartikel des täglichen Gebrauches handelt. die vom Käufer ohne grosse Aufmerksamkeit erstanden werden und bei denen daher besonders strenge Anforderungen an die Unterscheidbarkeit der Marken zu stellen sind ( BGE 73 II 60 , BGE 63 II 284 ). Endlich ist in Betracht zu ziehen, dass der Käufer die beiden Marken häufig nicht nebeneinander sieht, sondern auf das vorab aus der Reklame gewonnene Erinnerungsbild abstellen muss, weshalb gemäss ständiger Rechtsprechung dem Gedächtniseindruck, den eine Marke zurücklässt, bei Beurteilung der Verwechslungsgefahr besondere Bedeutung zukommt ( BGE 78 II 381 f.). c) Nach diesen Grundsätzen ist eine ausreichende Unterscheidbarkeit der beiden Marken mit der Vorinstanz zu verneinen. Wohl besteht die klägerische Marke aus dem einzigen Worte BIC, die Marke BIG-PEN der Beklagten dagegen aus zwei Worten. Aber der Zusatz PEN ist nicht geeignet, das Erinnerungsbild in nachhaltiger Weise zu beeinflussen. Ein Käufer, der auch nur über die bescheidensten Anfangskenntnisse der englichen Sprache verfügt, - was heutzutage doch für einen grossen Teil der schweizerischen Bevölkerung zutrifft -, weiss, dass PEN Feder bedeutet; der Zusatz stellt für ihn somit eine Sachbezeichnung BGE 87 II 35 S. 38 dar, der naturgemäss keine starke Kennzeichnungskraft innewohnt und die deshalb auf das Erinnerungsbild ohne grosse Wirkung bleibt. Aber auch für den Käufer, dem die Bedeutung des englischen Wortes PEN unbekannt ist und der es daher als Phantasiebezeichnung auffasst, ist deren Unterscheidungskraft gering, da der Zusatz PEN sich auch in zahlreichen anderen Bezeichnungen für Schreibgeräte findet, wie z.B. in "Fountain Pen", "Waterman Pen", "Papermate Pen" u.a.m. Was von der Marke BIG-PEN in der Erinnerung haften bleibt, ist das Wort BIG, das in Wortklang und Schriftbild mit der klägerischen Marke BIC unbestreitbar sehr grosse Ähnlichkeit aufweist. Das hat zur Folge, dass beim Käufer, der die Marke BIG-PEN zu Gesicht bekommt, eine Ideenverbindung mit der Marke BIC, der er schon früher begegnet ist, wachgerufen wird. Selbst wenn er sich darüber Rechenschaft gibt, dass das Zeichen der Beklagten einen Zusatz aufweist, so könnte er doch zu der Annahme neigen, bei den damit versehenen Kugelschreibern handle es sich, gleich wie bei den Schreibgeräten BIC-poche, BICcristal, BIC-IMAC, BIC-Clic um eine besondere Sorte von Kugelschreibern, die ebenfalls von den Klägern stamme. Solche Unternehmensverwechselbarkeit genügt aber gemäss ständiger Rechtsprechung, um eine Marke unzulässig zu machen ( BGE 84 II 319 , BGE 77 II 333 und dort erwähnte Entscheide). Die Beklagte wendet weiter ein, wer auch nur einigermassen Englisch verstehe, wisse, dass BIG "gross" bedeute, also ein Eigenschaftswort sei und daher nicht den Hauptbestandteil der Marke bilden könne, zu dem das Substantiv PEN nur einen Zusatz bedeute; es bestehe daher keine Gefahr, dass der Käufer die Bezeichnung BIG-PEN als BIC-Feder auffasse. Auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die Beklagte verkennt, dass der Käufer, der die Marke BIG-PEN zu Gesicht bekommt, infolge einer Erinnerungstäuschung auch annehmen könnte, die Marke der Kläger, die ihm früher begegnet war, BGE 87 II 35 S. 39 sei nicht BIC, sondern BIG. Auch der Gefahr einer solchen Erinnerungstäuschung soll aber durch das Erfordernis der klaren Unterscheidbarkeit von Marken vorgebeugt werden. Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass sie ihre Marke in Anlehnung an den Ausdruck BIG-BEN, die allgemein bekannte Bezeichnung der grossen Glocke des Uhrturms des Parlamentsgebäudes von Westminister in London, gewählt habe. Selbst wenn dies zutreffen sollte und auch beim Publikum eine Gedankenverbindung dieses Inhalts hervorgerufen werden kann, so bleibt doch daneben auch die Gefahr bestehen, dass die Bezeichnung mit der Marke der Kläger in Verbindung gebracht wird. Zu Unrecht glaubt schliesslich die Beklagte die Verwechselbarkeit damit bestreiten zu können, dass es sich bei den Erzeugnissen beider Parteien um billige Massenartikel handle, bei denen sich der Käufer über Qualität und Herkunft keine bestimmten Vorstellungen mache und es ihm gleichgültig sei, ob er einen Kugelschreiber der Kläger oder einen solchen der Beklagten oder sonst eines andern Herstellers erstehe. Dieser Umstand kann für die Bemessung des Schadenersatzanspruches wegen Markenverletzung oder unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts von Belang sein. Für die Beurteilung der grundsätzlichen Frage des Vorliegens einer Markenverletzung aber muss, gerade weil es sich um billige Massenartikel handelt, nach den eingangs dargelegten Grundsätzen an die Unterscheidbarkeit ein strenger Massstab angelegt werden. 3. Die Marke BIG-PEN der Beklagten ist somit wegen ihrer Verwechselbarkeit mit der klägerischen Marke BIC nach Art. 6 MSchG unzulässig und daher zu löschen... Mit der Verwendung der Bezeichnung BIG-PEN sei es als Marke, sei es in nicht markenmässiger Weise in Drucksachen, in der Reklame usw. begeht die Beklagte überdies unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG gegenüber den Klägern; denn die Bestimmungen BGE 87 II 35 S. 40 des UWG sind nach der Rechtsprechung ( BGE 73 II 117 Erw. 4, BGE 76 II 94 Erw. 7, BGE 79 II 221 Erw. 1) kumulativ neben denjenigen des MSchG anwendbar. Die Vorinstanz hat daher mit Recht das Feststellungs- und Unterlassungsbegehren der Kläger auch geschützt, soweit es sich auf das UWG stützt.
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2707f834-f12a-4f8e-af5b-96b050227836
Urteilskopf 113 Ib 114 20. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Februar 1987 i.S. N. gegen Steuerverwaltung Baselland und Steuerrekurskommission Baselland (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 22bis lit. c BdBSt ; Weiterbildungskosten unselbständig Erwerbender. Begriff der für die Berufsausübung erforderlichen Weiterbildung. (Hier: Kosten eines im Ausland absolvierten Sprachkurses.)
Sachverhalt ab Seite 114 BGE 113 Ib 114 S. 114 Der 1946 geborene N. besitzt einen kaufmännischen Lehrabschluss sowie das eidgenössische Buchhalterdiplom. Bis 30. April 1981 war er als Abteilungsleiter des Finanz- und Rechnungswesens der Firma Z. tätig. In dieser Eigenschaft unterstanden ihm ca. fünf bis sieben Mitarbeiter. Er verdiente zuletzt rund Fr. 74'000.-- (brutto) pro Jahr. Auf Verlangen der Arbeitgeberfirma musste er seine Stelle per Ende April 1981 aufgeben. Vom 6. Juli bis zum 26. September 1981 besuchte er daraufhin einen Französischkurs beim Eurozentrum Paris mit Kurs- und Unterkunftskosten im Betrag von Fr. 4'788.--. Nach der Rückkehr aus Paris fand er eine Stelle als Buchhalter bei der Treuhandfirma H., die er am 19. Oktober 1981 BGE 113 Ib 114 S. 115 antreten konnte. In dieser Firma, in der neben dem Chef und ihm zwei weitere Buchhalter, eine Halbtagssekretärin und zwei Lehrlinge tätig waren, rückte er nach einem Jahr zum Stellvertreter des Chefs auf. Im Jahre 1982 erzielte er ein jährliches Gehalt von Fr. 72'600.-- (brutto). In seiner Steuererklärung für die direkte Bundessteuer 1983/84 zog N. die Kosten des Französischkurses von Fr. 4'788.-- als Weiterbildungskosten von seinem Roheinkommen ab. Die zuständigen Steuerbehörden liessen diese Kosten im Veranlagungs- und Einspracheverfahren indessen nicht zum Abzug zu. Mit Entscheid vom 22. März 1985 wies die Steuerrekurskommission Baselland eine Beschwerde von N. gegen den Einsprache-Entscheid ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe nach eigenen Angaben die neue Stelle erst nach seinem Sprachaufenthalt gefunden, was zeige, dass er sich im Hinblick auf eine künftige Anstellung, die im Zeitpunkt des Sprachkurses noch gar nicht feststand, besondere Kenntnisse angeeignet habe; damit aber fehle der unmittelbare Zusammenhang zwischen Kosten und Erwerb, weshalb nicht Gewinnungskosten im Sinne von Art. 22bis Abs. 1 BdBSt (früher: WStB) vorlägen. Ausserdem ging die Kommission davon aus, dass die zusätzlichen Sprachkenntnisse N. zu einem beruflichen Aufstieg verholfen hätten; Berufsaufstiegskosten würden aber zu den Ausbildungs- und nicht zu den abzugsfähigen Weiterbildungskosten zählen. Mit rechtzeitig erhobener Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt N., der Entscheid der Steuerrekurskommission Baselland sei insofern zu berichtigen, als die Unkosten von Fr. 4'788.-- zum Abzug als Weiterbildungs- bzw. als Gewinnungskosten zuzulassen seien. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hebt den Entscheid der Steuerrekurskommission Baselland auf und weist die Angelegenheit zur neuen Veranlagung des Beschwerdeführers für die direkte Bundessteuer 1983/84 im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Erwägungen: 1. a) Gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt werden vom rohen Einkommen die zur Erzielung des steuerbaren Einkommens erforderlichen Gewinnungskosten abgezogen. Bei unselbständig Erwerbenden gelten als Gewinnungskosten - neben den notwendigen Kosten der Fahrt zwischen BGE 113 Ib 114 S. 116 Wohn- und Arbeitsort ( Art. 22bis Abs. 1 lit. a BdBSt ) und den Mehrkosten für auswärtige Verpflegung und für Schichtarbeit ( Art. 22bis Abs. 1 lit. b BdBSt ) - weitere Berufsauslagen, wie Kosten für Berufskleider, Schwerarbeit, besondern Kleiderverschleiss, Berufswerkzeuge, Fachliteratur und die für die Berufsausübung erforderliche Weiterbildung ( Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt ). Das Eidg. Finanz- und Zolldepartement (heute: Eidg. Finanzdepartement) hat für die Berufsauslagen nach Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt Pauschalabzüge festzusetzen, die dem Pflichtigen ohne besonderen Nachweis gewährt werden; höhere Auslagen sind zu belegen ( Art. 22bis Abs. 2 BdBSt ). b) Art. 22bis BdBSt wurde erst mit Bundesbeschluss über die Ausführung der Finanzordnung 1955 bis 1958 vom 22. Dezember 1954 (AS 1954 S. 1316/7) gegen den Willen des Bundesrates (Sten.Bull. NR 1954 S. 382/3; Sten.Bull. StR 1954 S. 234) vom Parlament in den Bundesratsbeschluss über die Erhebung einer Wehrsteuer (heute: direkte Bundessteuer) eingefügt. Mit dieser Bestimmung wollten die eidgenössischen Räte klarstellen, dass auch unselbständig Erwerbende Gewinnungskosten vom rohen Erwerbseinkommen abziehen können. Nach dem Willen des Parlamentes sollten die Abzugsmöglichkeiten der unselbständig Erwerbenden denjenigen der selbständig Erwerbenden angeglichen werden, denen gegenüber seit je in bezug auf die Gewinnungskosten eine entgegenkommendere Praxis geübt worden sei (vgl. dazu Sten.Bull. NR 1954 S. 378 ff. und Sten.Bull. StR 1954 S. 233 ff.). c) Zur Frage der praktisch bedeutsamen Gewinnungskostenabzüge für unselbständig Erwerbende hatte das Bundesgericht bisher nur selten Stellung zu nehmen: so vor dem Bundesbeschluss vom 22. Dezember 1954 (in Anwendung von Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt ) zum Abzug von Standeskosten (Abzugsfähigkeit verneint in BGE 78 I 145 ff.), von Fahrtkosten ( BGE 78 I 364 ff.), von Kosten für einen Arbeitsraum und für Literatur ( BGE 78 I 370 ff., Anwendung der wehrsteuerrechtlichen Grundsätze im Militärpflichtersatzrecht) sowie seit dem Erlass von Art. 22bis BdBSt zur Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten ( BGE 84 I 67 ff. und BGE 92 I 123 ff. [Militärpflichtersatz], ASA 41, 586 ff.), von Mehrkosten auswärtiger Verpflegung (ASA 26, 134/5, 41, 27 E. 2 und 51, 424 ff.) und von Repräsentationsspesen (ASA 41 27/8 E. 3, Abzugsfähigkeit verneint). Soweit ersichtlich hatte das Bundesgericht noch nie über den Abzug von Weiterbildungskosten zu entscheiden. Mit dieser Frage scheinen BGE 113 Ib 114 S. 117 sich nur kantonale Verwaltungsgerichte und Rekurskommissionen befasst zu haben (ASA 22, 386 ff., 23, 31 ff. und 164 ff. zu Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt ; Urteile des Verwaltungsgerichts und der Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft vom 5. November 1980 bzw. 26. März 1982, in HENGGELER/PESTALOZZI/STUDER/NOHER/AGNER, Die Praxis der Bundessteuern, Die direkte Bundessteuer, I. Teil, Band 2, Nrn. 33 und 37 zu Art. 22bis BdBSt , jeweils die kantonalen Steuern betreffend, aber nach Meinung der Herausgeber auch für die direkte Bundessteuer gültig). Die Praxis in den einzelnen Kantonen, die wesentlich von den unterschiedlichen Regelungen in den verschiedenen kantonalen Steuergesetzen geprägt wird, ist offensichtlich nicht einheitlich (KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. Aufl., N. 18 zu Art. 22bis WStB, mit zahlreichen Nachweisen). 2. a) Nach dem Ingress von Art. 22bis Abs. 1 BdBSt sind Weiterbildungskosten vom rohen Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit nur insoweit abziehbar, als sie Gewinnungskosten darstellen. Unter Gewinnungskosten sind Aufwendungen zu verstehen, die unmittelbar für die Erzielung des Einkommens gemacht werden und in einem direkten ursächlichen Zusammenhang dazu stehen ( BGE 100 Ib 481 E. 3a; ASA 53, 202 E. 1c, mit Hinweisen). Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt präzisiert, dass als Berufsauslagen unter anderem die Kosten der für die Berufsausübung erforderlichen Weiterbildung gelten (nach der französischen Fassung: "Les autres frais nécessités par l'exercice de la profession, tels que frais ... par le perfectionnement de la formation que requiert l'activité professionnelle."; nach der italienischen Fassung: "le altre spese rese necessarie dall'esercizio della professione, come spese per ... il perfezionamento della formazione richiesta dall'esercizio dell'attività professionale.". Insbesondere aus der französischen und italienischen Fassung von Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt ergibt sich ohne weiteres, dass nur Kosten für die Weiterbildung im Rahmen des bereits erlernten und ausgeübten Berufs als Berufsauslagen abziehbar sind, nicht dagegen die Kosten einer für die Aufnahme der Berufstätigkeit notwendigen Ausbildung, auch wenn sie neben einem bereits ausgeübten anderen Beruf im Hinblick auf den späteren Berufswechsel absolviert wird. Diese Auffassung wird auch in der Steuerrechtliteratur einhellig vertreten (KÄNZIG, a.a.O., 2. Aufl., N. 14 zu Art. 22 WStB; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, N. 8d zu Art. 22bis BdBSt ; HÖHN, Steuerrecht, 5. Aufl., S. 218 BGE 113 Ib 114 S. 118 Rz. 52; ZEHNDER, Die Behandlung der Kosten für Ausbildung und berufliche Weiterbildung im schweizerischen Steuerrecht, Diss. Zürich 1985, S. 37 ff.; vgl. ebenso ASA 22, 386 ff.). b) Was unter erforderlichen Weiterbildungskosten zu verstehen ist, lässt sich dem Bundessteuerbeschluss nicht direkt entnehmen. In der Praxis der Rekurskommissionen und Verwaltungsgerichte zu den kantonalen und eidgenössischen Einkommenssteuern lässt sich zur Frage der erforderlichen Weiterbildung eine strengere und eine weitherzigere Auffassung feststellen. Nach der engeren Auffassung gelten nur diejenigen Weiterbildungskosten als erforderlich, deren Vermeidung den Steuerpflichtigen um seine bisherige berufliche Stellung bringen würde. Die weitherzigere Auffassung stützt sich auf die Tatsache, dass die Steuerbehörde nur schwer beurteilen kann, was zur Erhaltung der Berufsstellung an Weiterbildung absolut unerlässlich ist. Zu prüfen ist danach nur, ob die Weiterbildung objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf im Zusammenhang steht (vgl. dazu HÖHN, a.a.O., S. 219 Rz. 54-56) bzw. ob deren Vermeidung dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten war, weil sonst die Erzielung des Einkommens allenfalls erschwert oder beeinträchtigt oder die Erhaltung der Einkommensquelle gefährdet worden wäre (Entscheide der Steuerrekurskommission des Kantons Zürich vom 4. Juli 1986, E. 1a, in StE 1987 B 27.6 Nr. 2, zum kantonalen Recht, und vom 18. Juni 1954, in ASA 23, 167 E. III, zur Wehrsteuer; vgl. auch ZEHNDER, a.a.O., S. 54 ff.). c) Die Frage, wann Weiterbildung im Sinne von Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt erforderlich ist, kann nicht ganz losgelöst von der für selbständig Erwerbende und Unternehmer geltenden Praxis zu Art. 22 Abs. 1 lit. a BdBSt beantwortet werden, wollte doch der Gesetzgeber beim Erlass von Art. 22bis BdBSt bewusst den unselbständig Erwerbenden Gewinnungskostenabzüge im ähnlichen Sinne zugestehen wie den selbständig Erwerbenden (vgl. vorne E. 1b). Im Rahmen einer Unternehmung gelten Gewinnungskosten als erforderlich, wenn sie geschäftsmässig begründet sind. Aufwendungen sind dann geschäftsmässig begründet, wenn sie mit dem erzielten Erwerb unternehmungswirtschaftlich in einem unmittelbaren und direkten (organischen) Zusammenhang stehen; alles, was nach kaufmännischer Auffassung in guten Treuen zum Kreis der Unkosten gerechnet werden kann, muss steuerlich als geschäftsmässig begründet anerkannt werden. Dabei spielt es keine BGE 113 Ib 114 S. 119 Rolle, ob ein Betrieb auch ohne den in Frage stehenden Aufwand ausgekommen wäre und ob dieser Aufwand im Sinne einer rationellen und gewinnorientierten Betriebsführung zweckmässig war (vgl. dazu BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. Aufl., S. 212/3; GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz, Basel 1970, S. 461). Besteuert wird, was der Pflichtige an Einkommen erzielt hat, und nicht, was er bei einem wirtschaftlich richtigen Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Mittel hätte erzielen können (KÄNZIG, a.a.O., 2. Aufl., N. 5 zu Art. 22 WStB). Bei selbständig Erwerbenden wird der Begriff der Erforderlichkeit somit in einem weiten Sinne ausgelegt (vgl. dazu auch BGE 78 I 367 /8 E. 1a, mit weiteren Nachweisen). d) In ähnlich weitem Sinne hat das Bundesgericht bereits vor dem Erlass von Art. 22bis BdBSt im Rahmen von Art. 22 Abs. 1 lit. a die Frage der erforderlichen Berufsauslagen bei unselbständig Erwerbenden beurteilt. So hat es z.B. regelmässig nicht untersucht, ob der Pflichtige das Erwerbseinkommen nicht auch ohne die streitige Berufsauslage hätte erzielen können. Es hat sich namentlich hinsichtlich der Fahrtkosten mit der Prüfung begnügt, ob der Pflichtige sie im Zusammenhang mit der Berufsausübung aufwendete und ob ihm nicht zugemutet werden könnte, im Hinblick auf die Berufsausübung darauf zu verzichten; dass die Kosten unvermeidbar seien, wurde ausdrücklich nicht verlangt ( BGE 78 I 367 /8 E. 1a). Unter der Herrschaft von Art. 22bis BdBSt , mit dem der Gesetzgeber dieser Rechtsprechung Rechnung tragen wollte (Sten.Bull. NR 1954 S. 382, Votum von Bundesrat Streuli), hat das Bundesgericht an dieser Praxis konsequenterweise festgehalten (ASA 41, 587 E. 1; 33, 278 E. 2). e) Eine engere Auffassung bei den Weiterbildungskosten würde sich nicht rechtfertigen. Der Begriff "erforderlich" in Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt ist daher weitherzig auszulegen. Demnach sind alle Kosten der Weiterbildung abzugsfähig, die objektiv mit dem gegenwärtigen Beruf des Steuerpflichtigen im Zusammenhang stehen und auf die zu verzichten dem Pflichtigen nicht zuzumuten war. Der berufstätige Steuerpflichtige, der die Weiterbildung für die Erhaltung seiner Chancen im Beruf für angezeigt hält, soll die entsprechenden Kosten abziehen können, auch wenn nicht feststeht, dass die Weiterbildung absolut unerlässlich war, um die gegenwärtige berufliche Stellung nicht einzubüssen. Im übrigen führt nur diese Auslegung von Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt zu einer rechtsgleichen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit BGE 113 Ib 114 S. 120 entsprechenden Besteuerung von Pflichtigen, die ihre Weiterbildungskosten selber zu tragen haben, und von anderen Berufstätigen, bei denen diese Kosten vom Arbeitgeber bezahlt, aber regelmässig auch dann nicht als Lohnbestandteil (Naturallohn) besteuert werden, wenn ihre Notwendigkeit diskutabel und die Pflicht des Arbeitgebers zur Bezahlung nach Art. 327a OR nicht gegeben ist (vgl. dazu KÄNZIG, a.a.O., 2. Aufl., N. 14 zu Art. 22 WStB, in fine). 3. Die weitherzigere Auslegung des Begriffes der für die Berufsausübung erforderlichen Weiterbildung hat verschiedene Konsequenzen: a) Weiterbildung umfasst nicht nur Anstrengungen, den Stand bereits erworbener Fähigkeiten zu erhalten, sondern vor allem auch den Erwerb verbesserter Kenntnisse für die Ausübung des gleichen Berufs. Das war schon dem Gesetzgeber beim Erlass von Art. 22bis BdBSt bewusst, und er beabsichtigte, auch die Kosten solcher Weiterbildung zum Abzug zuzulassen (Sten.Bull. NR 1954 S. 379, S. 382/3; Sten.Bull. StR S. 234; der Entwurf von Art. 22bis enthielt noch den Begriff der Berufskurse, der im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen als im übrigen Text mitinbegriffen betrachtet und daher gestrichen wurde). Dies ist in der Lehre an sich unbestritten (HÖHN, a.a.O., S. 218 Rz. 53; ZEHNDER, a.a.O., S. 40 und vor allem S. 66). Allerdings wird zum Teil verlangt, von den Kosten der Weiterbildung seien sogenannte Berufsaufstiegskosten zu unterscheiden und nicht zum Abzug zuzulassen (MASSHARDT, a.a.O., 2. Aufl. 1985, N. 8d zu Art. 22bis BdBSt ; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 5. November 1980, in HENGGELER/PESTALOZZI/STUDER/NOHER/AGNER, a.a.O., Nr. 33 zu Art. 22bis BdBSt ; weitere Hinweise bei KÄNZIG, a.a.O., 2. Aufl., N. 14 zu Art. 22 WStB). Es wird darauf hingewiesen, dass sich Berufsaufstiegskosten nur schwer von Kosten der Berufsausbildung im engeren Sinne sauber abgrenzen liessen. Solche Kosten lassen sich aber offensichtlich auch nicht leicht von Weiterbildungskosten unterscheiden. Ihr Abzug vom laufenden Erwerbseinkommen ist daher in der Veranlagung zur direkten Bundessteuer nur dann zu verweigern, wenn sie für eine Ausbildung aufgewendet werden, die unerlässliche Voraussetzung für den Aufstieg in eine eindeutig vom bisherigen Beruf zu unterscheidende höhere Berufsstellung oder gar in einen anderen Beruf ist und wenn der Steuerpflichtige diese Ausbildung im Hinblick auf einen solchen versprochenen oder ernstlich erhofften BGE 113 Ib 114 S. 121 baldigen Aufstieg absolviert, nicht jedoch wenn er Kurse (z.B. Fachkurse; vgl. schon Sten.Bull. NR 1954 S. 379) besucht, um bloss den bisherigen Beruf besser ausüben zu können oder darin allenfalls vom gelernten Fachmann zum Vorarbeiter bzw. Vorgesetzten einiger weniger (eventuell angelernter) Berufskollegen und Hilfskräfte befördert zu werden. b) Der unmittelbare ursächliche Zusammenhang mit einem ausgeübten Beruf besteht nur, wenn die Weiterbildung sich auf Kenntnisse bezieht, die bei der Berufsausübung verwendet werden. Das heisst indessen nicht, dass nur die Kosten für die Wahrung und Erweiterung spezifischer Berufs- und Fachkenntnisse abgezogen werden könnten. Sprachkenntnisse sind für die Berufsausübung in zahlreichen Bereichen wichtig. Sie aufzufrischen und zu verbessern kann für jeden, der sie in seinem Beruf verwendet, als notwendige Weiterbildung betrachtet werden, selbst wenn damit die Chance einer Lohnerhöhung oder einer Beförderung verbunden ist. Ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang mit der Berufsausübung fehlt jedoch dann, wenn Sprachkenntnisse nur für die persönliche Bereicherung - im Sinne kultureller Weiterbildung - erworben oder verbessert werden. c) Der unmittelbare ursächliche Zusammenhang der Weiterbildung mit der Berufstätigkeit muss auch in zeitlicher Hinsicht bestehen (ZEHNDER, a.a.O., S. 58). Weiterbildungskosten müssen daher für die Erzielung des Erwerbseinkommens in dem in der Berechnungsperiode ausgeübten Beruf an sich in der gleichen Berechnungsperiode aufgewendet worden sein, wobei aber der Zusammenhang mit der Berufstätigkeit in der unmittelbar vorangehenden oder anschliessenden Berechnungsperiode nicht unbeachtet bleiben darf. Der Steuerpflichtige, der seine Berufstätigkeit für einen Weiterbildungskurs unterbricht und sie nachher im gleichen Beruf wieder aufnimmt, muss auf jeden Fall die in der Berechnungsperiode angefallenen Kurskosten vom Erwerbseinkommen in derselben Berechnungsperiode abziehen können. Denn für eine Unterscheidung zwischen Weiterbildung, die neben der Erwerbstätigkeit berufsbegleitend stattfindet (Abendkurse, Wochenendkurse, Ferienkurse), und Weiterbildung, für die der steuerpflichtige Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub nimmt oder die er in der Zeit zwischen zwei Anstellungen im gleichen Beruf absolviert, bestehen weder sachliche Gründe noch eine gesetzliche Grundlage. 4. a) Die Steuerrekurskommission Baselland geht im angefochtenen Entscheid - entsprechend der im kantonalen Steuerrecht BGE 113 Ib 114 S. 122 entwickelten Praxis (vgl. die in E. 1c zitierten Urteile) - von einem eng verstandenen Begriff der für die Berufsausübung erforderlichen Weiterbildung aus. Für das Bundesrecht ist diese Auffassung jedoch abzulehnen. Dies hätte allerdings nicht die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Folge, wenn der angefochtene Entscheid wenigstens im Ergebnis bundesrechtskonform wäre. b) Im Rahmen der weitherzigeren Auslegung von Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt sind die beiden Gründe, aus denen die Steuerrekurskommission die Beschwerde von N. abwies, nicht stichhaltig. Der notwendige zeitliche Zusammenhang zwischen dem vom Pflichtigen ausgeübten Beruf und dem absolvierten Sprachkurs ist durchaus gegeben, war doch der Beschwerdeführer in der Berechnungsperiode 1981/82 bis zum 30. April 1981 und nach etwas mehr als fünf Monaten Unterbruch ab 19. Oktober 1981 wieder als Buchhalter tätig, während er den streitigen Sprachkurs von ungefähr zweieinhalb Monaten Dauer in derselben Berechnungsperiode besuchte. Dass er die frühere Stelle nicht mehr innehatte, als er den Kurs absolvierte, ändert an dessen Eignung als Weiterbildung im gleichen Beruf nichts. Der Beschwerdeführer besuchte den Sprachkurs sodann offensichtlich auch nicht für den Aufstieg in eine höhere und wesentlich anders geartete berufliche Tätigkeit oder gar im Hinblick auf eine Berufsumstellung. Aufgrund der Umstände kann entgegen der von der Steuerrekurskommission vertretenen Auffassung nicht einmal davon die Rede sein, dass der Kurs ihm tatsächlich zu einem eigentlichen beruflichen Aufstieg verholfen hätte. Aus den von der Steuerrekurskommission als massgebend betrachteten zwei Gründen kann dem Beschwerdeführer der geltend gemachte Abzug nicht verweigert werden. c) Ob die Auslagen des Beschwerdeführers für den Französischkurs Gewinnungskosten darstellen, steht damit allerdings noch nicht fest. Die kantonalen Veranlagungsbehörden und die Rekurskommissionen verfügen beim Entscheid darüber, was im Einzelfall als abziehbare Weiterbildungskosten gelten kann, im Rahmen des richtig verstandenen Art. 22bis BdBSt über einen gewissen Beurteilungsspielraum, in den das Bundesgericht nicht eingreift. Die kantonalen Instanzen haben diesen Beurteilungsspielraum auszuschöpfen. Dies hat die Steuerrekurskommission Baselland unterlassen, da sie von einer engen Auslegung von Art. 22bis Abs. 1 lit. c BdBSt ausging und bei ihrem Entscheid auf unzutreffende Kriterien abstellte. Sie hat im angefochtenen Urteil nicht geprüft und BGE 113 Ib 114 S. 123 wird daher noch zu entscheiden haben, ob die verbesserten Französischkenntnisse (die man entgegen der in jenem Entscheid vertretenen Auffassung in der mehrsprachigen Schweiz nicht als "besondere Kenntnisse" von der beruflichen Weiterbildung ausnehmen kann) dem Beschwerdeführer bei der Ausübung seines Berufs dienlich sein konnten; ferner, ob es ihm allenfalls zumutbar war, auf das Auffrischen dieser Sprachkenntnisse zu verzichten, weil er nicht der Auffassung sein konnte, dass sonst die Erzielung des Einkommens in seinem Beruf in Zukunft erschwert oder beeinträchtigt sein könnte. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne dieser Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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