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Urteilskopf 94 II 217 36. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. März 1968 i.S. Eheleute Naef.
Regeste Nebenfolgen der Scheidung; Entschädigung wegen Beeinträchtigung von Anwartschaften ( Art. 151 Abs. 1 ZGB ); Die Anwartschaften des schuldigen Ehegatten können bei der Anwendung des Art. 151 ZGB von Bedeutung sein, soweit sie die Anwartschaften des schuldlosen Ehegatten beeinflussen. Voraussetzungen, unter denen bei der Festsetzung der dem schuldlosen Ehegatten nach Art. 151 Abs. 1 ZGB gebührenden Entschädigung eine voraussehbare künftige Veränderung der Verhältnisse (insbesondere eine vorauszusehende Zunahme des Einkommens und Vermögens des schuldigen Ehegatten) berücksichtigt werden darf.
Erwägungen ab Seite 217 BGE 94 II 217 S. 217 6. Die Kapitalentschädigung von Fr. 75 000.--, welche die Klägerin für den Verlust von Anwartschaften verlangte, wurde ihr vom Bezirksgericht mit der Begründung zugesprochen, die Scheidung zerstöre ihre Anwartschaft auf einen Teil des Nachlasses des Beklagten, der seinerseits eine Erbanwartschaft im Werte von mindestens Fr. 300 000.-- habe. Das Obergericht, das den erstinstanzlichen Entscheid hinsichtlich der Höhe der Kapitalentschädigung bestätigte, erachtete die Mitberücksichtigung BGE 94 II 217 S. 218 der Anwartschaften des belangten Ehegatten ebenfalls als zulässig und stellte vor allem die Vorteile in Rechnung, welche die Klägerin ohne die Scheidung zu Lebzeiten des Beklagten aus dem Mitgenuss der Mehreinkünfte, die der Beklagte nach dem Tode seiner Mutter zu erwarten hat, gezogen hätte. Der Beklagte macht demgegenüber geltend, Anwartschaften des belangten Ehegatten dürften bei der Anwendung von Art. 151 ZGB überhaupt nicht in Betracht gezogen werden; es sei ausschliesslich auf dessen gegenwärtige Vermögenslage abzustellen und zu prüfen, welche Anwartschaften dem Ansprecher aus dieser Lage erwachsen. Die Meinungen darüber, ob bei der Bemessung der Entschädigung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB auch Anwartschaften des schuldigen Ehegatten zu berücksichtigen seien, sind geteilt. Die Frage wird verneint vom Kantonsgericht Waadt in einem Urteil vom 28. Januar 1925 (SJZ 21, 1924/25, S. 294), von SEEGER, Die Rechtsprechung in Ehescheidungs- und Trennungssachen nach schweiz. ZGB, ZSR 1929 S. 203 a, von BRANDENBERGER, Die vermögensrechtlichen Folgen der Ehescheidung, Zürcher Diss. 1933, S. 45, und grundsätzlich auch von ESENER, L'obligation de réparer les préjudices résultant du divorce en droit suisse, Genfer Diss. 1951, S. 57/58. Bejaht wird sie dagegen von PICOT, ZSR 1929 S. 67 a, der den erwähnten Entscheid des Kantonsgerichts Waadt als unrichtig betrachtet, sowie von EGGER, N. 7 zu Art. 151 ZGB , und von SCHWANDER, Die Entschädigung wegen Eheauflösung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB , Freiburger Diss. 1937, S. 55/56. Der von EGGER angeführte Entscheid des bernischen Appellationshofes vom 16. September 1924 (ZBJV 61, 1925, S. 271 ff.) befasst sich nicht mit Art. 151 ZGB , sondern bemerkt unter Berufung auf GMÜR (N. 9 zu Art. 152 ZGB ) bloss, bei der Anwendung von Art. 152 ZGB , wonach die Bedürftigkeitsrente den "Vermögensverhältnissen" (facultés) des pflichtigen Ehegatten zu entsprechen hat, seien das Vermögen, die Anwartschaften (espérances) und das Einkommen dieses Ehegatten in Betracht zu ziehen, und stellt dann fest, aus den Akten gehe nicht hervor, dass der beitragspflichtige Ehemann von seinen Eltern etwas zu erwarten habe. Das Bundesgericht nahm in BGE 80 II 187 ff. beim Entscheid darüber, ob das Scheidungsurteil in allgemeiner Form die spätere Erhöhung einer Entschädigungsrente vorbehalten dürfe, u.a. an, das Gesetz gehe davon aus, dass "die finanziellen Nebenfolgen nach BGE 94 II 217 S. 219 Art. 151/52 auf Grund der zur Zeit des Scheidungsurteils vorhandenen und der mit Sicherheit zu erwartenden Gegebenheiten zu bemessen..." seien (S. 190/91). In BGE 85 II 73 ff., wo es sich um die Auslegung einer Scheidungsvereinbarung handelte, führte das Bundesgericht (S. 77 f.) u.a. aus, der einzige Titel, unter dem die Klägerin, vom Verlust des ehelichen Unterhaltsanspruchs abgesehen, bei der Scheidung einen finanziellen Anspruch gegen den Ehemann habe stellen können, sei nach den Akten "der Verlust der Erbanwartschaft gegenüber dem Ehemann, der von seinen Eltern ein bedeutendes Erbe zu erwarten hatte"; die Entschädigung für den Verlust dieser Anwartschaft sei in der vereinbarten, beim Tode des Ehemannes verfallenden Kapitalentschädigung zu erblicken. Objektive Voraussetzung des Anspruchs auf eine Entschädigung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB ist, dass durch die Scheidung die "Vermögensrechte oder Anwartschaften" (les intérêts pécuniaires, même éventuels; i diritti patrimoniali o le aspettative) des schuldlosen Ehegatten beeinträchtigt werden. Indem das Gesetz neben den Vermögensrechten die Anwartschaften nennt, sieht es vor, dass der schuldlose Ehegatte eine Entschädigung nicht nur für den Verlust von Vermögensrechten verlangen kann, die er in seiner Eigenschaft als Ehegatte zur Zeit der Scheidung bereits besass, sondern auch für den Verlust von vermögensrechtlichen Ansprüchen, die bei der Scheidung noch nicht bestanden, aber bei Fortdauer der Ehe voraussichtlich entstanden wären. Der weit gefasste Wortlaut von Art. 151 Abs. 1 ZGB (vgl. namentlich auch den französischen Text, auf den schon BGE 38 II 54 hinweist) erlaubt auch die Berücksichtigung des Umstandes, dass die vermögensrechtlichen Ansprüche, die dem schuldlosen Ehegatten zur Zeit der Scheidung zustanden oder in Aussicht standen, sich bei Fortdauer der Ehe infolge einer zu erwartenden Änderung der Verhältnisse erhöht hätten. Bei der Anwendung von Art. 151 Abs. 1 ZGB darf also gegebenenfalls in Betracht gezogen werden, dass das den Umfang des Unterhaltsanspruchs beeinflussende Einkommen des Ehemannes und dessen Vermögen, nach dem sich die Höhe der Erbanwartschaft der Ehefrau richtet, in Zukunft aus bestimmten Gründen, z.B. infolge einer dem Ehemann zufallenden Erbschaft, voraussichtlich zunehmen werden. Die Auffassung SEEGERS, der (vgl. a.a.O.) zwar die Möglichkeit einer Verminderung des Einkommens oder Vermögens des schuldigen Ehegatten in Rechnung stellen, die BGE 94 II 217 S. 220 Aussicht auf eine Verbesserung dieser Verhältnisse aber als mit dem Wesen der Ehescheidung unvereinbar ausser Betracht lassen will, widerspricht dem Gesetz, das nach dem allgemein gehaltenen Wortlaut und dem Sinne des Art. 151 Abs. 1 ZGB darauf abstellt, ob und wieweit "die gesamte gegenwärtige und zukünftige ökonomische Lage" des schuldlosen Ehegatten durch die Scheidung beeinträchtigt wird ( BGE 38 II 54 ). Die Mitberücksichtigung einer vorauszusehenden künftigen Veränderung der Verhältnisse verlangt selbstverständlich eine besonders sorgfältige Prüfung und Abwägung aller Umstände. Blosse subjektive Erwartungen des schuldlosen Ehegatten dürfen einer Anwartschaft im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB nicht gleichgestellt werden. Es muss vielmehr begründete Aussicht darauf bestehen, dass die Tatsachen, die dem schuldlosen Ehegatten bei Fortdauer der Ehe ein bestimmtes Recht verschafft oder seine Ansprüche erhöht hätten, wirklich eintreten werden. Die in BGE 80 II 190 f. gebrauchte Wendung, wonach bei Bemessung der Ansprüche aus Art. 151/52 ZGB neben den zur Zeit des Scheidungsurteils vorhandenen nur die "mit Sicherheit" zu erwartenden Gegebenheiten in Betracht fallen, ist dagegen zu eng. Eine gewisse Unsicherheit liegt im Wesen der Anwartschaft. Dieser vom Gesetz in Kauf genommenen Unsicherheit ist bei der Bemessung der Entschädigung und allenfalls bei der Bestimmung der Zahlungsmodalitäten Rechnung zu tragen (vgl. BGE 85 II 78 f.). Die Auffassung des Beklagten, die Anwartschaften des schuldigen Ehegatten seien bei der Festsetzung der Entschädigung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB überhaupt nicht zu berücksichtigen, ist nach alledem abzulehnen. Diese Anwartschaften können bei der Anwendung von Art. 151 ZGB insoweit von Bedeutung sein, als sie die Anwartschaften des schuldlosen Ehegatten beeinflussen.
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nan
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1,968
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21f7d5fa-f13c-443b-83d8-68fc9448b219
Urteilskopf 117 II 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Februar 1991 i.S. SRG gegen Amway (Schweiz) AG (Berufung)
Regeste Durchsetzung des Rechts auf Gegendarstellung. Art. 28i und Art. 28l ZGB . 1. Der Richter kann im Verfahren nach Art. 28l ZGB den Text einer Gegendarstellung abändern, wenn dies nötig ist, um diesen den gesetzlichen Anforderungen anzupassen. Der geänderte Text darf inhaltlich nicht über die Aussagen hinausgehen, die bereits im Text enthalten waren, der dem Medienunternehmen vorlag (E. 2b). 2. Können die Abänderungen vom Richter ohne weiteres vorgenommen werden, so muss er den vorgelegten Text den gesetzlichen Erfordernissen anpassen und darf die Klage nicht abweisen (E. 2c). 3. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, muss davon ausgegangen werden, dass derjenige, der eine Gegendarstellung verlangt, eine teilweise Gutheissung seiner Klage der vollständigen Abweisung vorzieht (E. 2d). 4. Solange das massgebliche Prozessrecht es zulässt, kann auch der Kläger den Text der Gegendarstellung kürzen oder inhaltlich einschränken (E. 2e).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 117 II 1 S. 2 A.- Am 27. November 1989 strahlte das Fernsehen der deutschen und rätoromanischen Schweiz (DRS) in der Sendung "Kassensturz" einen Beitrag aus, der sich u.a. mit dem Geschäftsgebaren der Amway (Schweiz) AG auseinandersetzte. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1990 ersuchte die Amway (Schweiz) AG die Direktion DRS, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, was von der SRG als Trägerin des Fernsehens DRS abgelehnt wurde. B.- Mit Eingabe vom 25. Januar 1990 gelangte die Amway (Schweiz) AG an den Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich mit dem gegen die SRG gerichteten Begehren um Veröffentlichung der erwähnten Gegendarstellung. Mit Verfügung vom 2. Februar 1990 wies der Einzelrichter dieses Begehren ab. Einen gegen diese Verfügung gerichteten Rekurs der Amway (Schweiz) AG hiess das Obergericht mit Beschluss vom 22. Mai 1990 zum Teil gut und ordnete eine gegenüber dem Begehren gekürzte und teilweise auch veränderte Gegendarstellung an. C.- Gegen diesen Beschluss gelangt die SRG mit Berufung an das Bundesgericht und verlangt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, soweit damit die Gegendarstellung angeordnet und ihr Kosten auferlegt wurden. Die Amway (Schweiz) AG verlangt die Abweisung der Berufung. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet. Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat die Aufzeichnung des fraglichen Teils der "Kassensturz"-Sendung vom 27. November 1989 visioniert. Das Bundesgericht weist die Berufung ab aus folgenden BGE 117 II 1 S. 3 Erwägungen Erwägungen: 2. Die Beklagte macht in ihrer Berufung eine Verletzung der Art. 28i und 28l ZGB geltend, weil der vom Obergericht zur Gegendarstellung zugelassene Text nicht mit demjenigen übereinstimme, der ihr vor dem gerichtlichen Verfahren von der Klägerin unterbreitet worden sei. a) Die Beklagte macht geltend, Gegenstand der gerichtlich angeordneten Gegendarstellung könne nur jener Text sein, der vor dem Prozess dem Medienunternehmen unterbreitet worden sei. Das Gesetz sehe die richterliche Durchsetzung nur als subsidiäre Möglichkeit vor. Der Gesetzgeber habe grosses Gewicht darauf gelegt, dass das Gegendarstellungsrecht ohne richterliche Einmischung auskomme. Der Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung bestehe deshalb nur bezüglich eines Textes, der vorgängig dem Medienunternehmen unterbreitet und dessen Veröffentlichung von diesem abgelehnt worden sei. Von bloss grammatikalischen und orthographischen Korrekturen abgesehen, sei deshalb eine Änderung des Textes im gerichtlichen Verfahren nicht zulässig. In der Tat war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dass sich das Gegendarstellungsrecht in der Regel ohne Prozesse verwirkliche. Dabei waren zwei Überlegungen ausschlaggebend: Zum einen ist das ganze Institut auf ein rasches Handeln angelegt; ein gerichtliches Verfahren dauert aber immer eine gewisse Zeit. Zum andern gilt es aber auch, die Medienunternehmen vor Prozesskosten und den mit einem gerichtlichen Verfahren verbundenen Umtrieben zu schützen, wenn der Anspruch gar nicht bestritten ist. In einem 1989 ergangenen Entscheid hat das Bundesgericht selber den Text einer Gegendarstellung zur Präzisierung abgeändert ( BGE 115 II 119 E. 5c). In diesem Verfahren scheint allerdings die Frage nicht streitig gewesen zu sein, ob eine Abänderung durch den Richter grundsätzlich zulässig sei. Entsprechend finden sich auch keine Ausführungen dazu. Es rechtfertigt sich somit, die Frage neu zu prüfen. b) Ob sich aus den Art. 28i und 28l ZGB ein absolutes Verbot zur Abänderung des Textes nach Rechtshängigkeit des Gegendarstellungsprozesses ergibt, ist in der Lehre umstritten. PEDRAZZINI/OBERHOLZER gehen davon aus, dass ein solches Vorgehen der grundsätzlichen Regelung widerspreche (PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, Bern 1989, S. 168). HOTZ nimmt mit Verweis auf einen Entscheid des Zürcher Obergerichts BGE 117 II 1 S. 4 offenbar auch an, dass der Kläger im gerichtlichen Verfahren nur genau den Text vorlegen dürfe, den er vorgängig dem Medienunternehmen unterbreitet habe (KARL MATTHIAS HOTZ, Kommentar zum Recht auf Gegendarstellung (ZGB 28g-l), Bern und Stuttgart 1987, S. 107). Andererseits lässt der gleiche Autor dann aber Streichungen und andere Änderungen des Textes durch den Richter unter gewissen Voraussetzungen und in beschränktem Umfang zu (HOTZ, S. 110 f.). TERCIER führt aus, dass der Richter die Veröffentlichung einer abgeänderten oder gekürzten Gegendarstellung auf jeden Fall dann anordnen könne, wenn der Kläger ein entsprechendes Begehren gestellt habe. Allerdings sei Voraussetzung, dass eine Anpassung leicht möglich sei (TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Zürich 1984, Rz. 1714). Die Änderung durch den Richter lässt auch BUCHER zu (ANDREAS BUCHER, Natürliche Personen und Persönlichkeitsschutz, Basel und Frankfurt a.M. 1986, S. 191). aa) Sinnvollerweise kann es in der Tat dem Richter nicht verwehrt werden, eine verlangte Gegendarstellung auf ein gesetzeskonformes Mass zu kürzen. Prozessual bedeutet dies eine teilweise Gutheissung des Begehrens. Bezüglich Streichungen kann auch das Argument nicht gelten, der Text habe dem Medienunternehmen nicht vorgelegen. Dieses hatte die Möglichkeit, dem Kläger bekanntzugeben, welche Teile des Textes es bereit sei zu publizieren; es konnte sogar ohne weiteres eine entsprechend gekürzte Veröffentlichung vornehmen, allerdings auf die Gefahr hin, eine zweite Gegendarstellung veröffentlichen zu müssen, wenn sich in einem Prozess nachträglich herausstellen sollte, dass die Kürzung nicht gerechtfertigt war (vgl. TERCIER, Rz. 1540 ff.). bb) Die gesetzlichen Anforderungen an eine Gegendarstellung können es aber als erforderlich erscheinen lassen, den Text nicht nur zu kürzen, sondern auch abzuändern oder gar zu ergänzen. Inhaltlich braucht es dabei nicht um etwas anderes zu gehen als bei einer Kürzung. Wie das Kürzen kann auch das Abändern darin bestehen, die Gegendarstellung einzuschränken, d.h. eine weniger weitgehende Aussage zuzulassen als die ursprünglich verlangte. Namentlich wenn der Text nur in wenigen Punkten nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wäre es stossend, wenn die Klage auf Gegendarstellung abgewiesen werden müsste, bloss weil der Richter den Text nicht den gesetzlichen Erfordernissen anpassen kann. Das Institut der Gegendarstellung ist nur sinnvoll, wenn die Veröffentlichung möglichst rasch erfolgt. Deshalb schreibt das BGE 117 II 1 S. 5 Bundesrecht den Kantonen auch ein rasches Verfahren vor ( Art. 28l Abs. 3 ZGB ). Ein schnelles Handeln hindert aber die betroffene Person oft daran, den Text, den sie dem Medienunternehmen vorlegt, mit grösster Sorgfalt zu erarbeiten. Auch von daher sollte es ihrem Anspruch nicht schaden, wenn die verlangte Gegendarstellung nicht von Anfang an vollständig gesetzeskonform ist. cc) Sowohl Kürzungen als auch Ergänzungen sind allerdings nur insoweit zulässig, als dadurch inhaltlich nicht über die Aussagen hinausgegangen wird, die bereits im Text enthalten waren, der dem Medienunternehmen vorlag. Insoweit wird mit den zulässigen Änderungen nur die ursprünglich verlangte Gegendarstellung abgeschwächt. Der geänderte Text muss inhaltlich - nicht bezüglich der Anzahl Wörter - gegenüber dem ursprünglichen Text ein Minus darstellen. Insoweit können auch keine prozessualen Bedenken diesem Vorgehen entgegenstehen, da die Änderungen eine teilweise Gutheissung der Klage bedeuten (vgl. TERCIER, Rz. 1714). c) Da sowohl das Kürzen als auch das sonstige Ändern des Textes durch den Richter eine Minderung der Gegendarstellung gegenüber dem vom Kläger Verlangten darstellen, kann es nicht im freien Ermessen des Richters liegen, ob er den Text den gesetzlichen Erfordernissen anpassen oder die Klage abweisen will. Der Richter darf eine Klage nicht abweisen, wenn der Anspruch teilweise begründet ist. Das Überklagen stellt keinen Grund dar, den Anspruch auch abzulehnen, soweit er begründet ist. Eine teilweise Gutheissung kommt allerdings nur in Frage, sofern die Klage so formuliert ist, dass die Abänderungen vom Richter ohne weiteres vorgenommen werden können. Es ist diesem nicht zuzumuten, die Gegendarstellung selber zu redigieren. d) Die Beklagte macht sodann geltend, die Abänderung des Textes sei deshalb nicht zulässig gewesen, weil die Klägerin ihr nicht zugestimmt habe. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, muss davon ausgegangen werden, dass derjenige, der eine Gegendarstellung verlangt, eine teilweise Gutheissung seiner Klage der vollständigen Abweisung vorzieht. Dem raschen Verfahren entspricht es zudem eher, die veränderte Gegendarstellung ohne prozessuale Weiterungen und damit auch ohne ein nochmaliges Anhören des Klägers anzuordnen (a.M. offenbar TERCIER, Rz. 1714). Überdies hat die Klägerin in ihrem Eventualantrag vor Obergericht ausdrücklich BGE 117 II 1 S. 6 verlangt, allenfalls einzelne Ziffern ihres Textes zur Gegendarstellung zu bringen. Dieser Antrag kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass sie auch mit der (allenfalls auch nur inhaltlichen) Kürzung einzelner Ziffern einverstanden wäre. e) Soweit der Richter den Text abändern kann, muss dies auch dem Kläger möglich sein, jedenfalls solange dieser nach dem massgeblichen Prozessrecht noch von seiner Klage teilweise Abstand nehmen kann. Insoweit kann der Kläger auch noch in einer Berufung an das Bundesgericht gewisse Änderungen am Text vornehmen.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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21f835bb-da92-4cc1-bd6a-587bea9a3a2b
Urteilskopf 112 V 164 29. Auszug aus dem Urteil vom 24. Juli 1986 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen T. und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Ziff. 3 des Schlussprotokolls zum Abkommen zwischen der Schweiz und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969. Zum Begriff "sich gewöhnlich aufhalten".
Sachverhalt ab Seite 164 BGE 112 V 164 S. 164 A.- Der 1978 geborene türkische Staatsangehörige T. leidet an Epilepsie und an geistiger Behinderung, welche zunächst mit einer gewissen Ängstlichkeit sowie mit erzieherischen Problemen erklärt wurden. Im Juni 1982 reiste er mit seinen Eltern in die Schweiz ein. In der Folge wurde er zu Pflegeeltern im Kanton Zürich verbracht, wo er seither ununterbrochen lebt. Nachdem seine leiblichen Eltern im Januar 1983 aus der Schweiz ausgewiesen worden waren, bestellte die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich dem Kind einen Beistand. Am 26. September 1984 teilte die Fremdenpolizei des Kantons Zürich dem Beistand mit, es werde ein dauernder Pflegeaufenthalt in der Schweiz bewilligt, sobald u.a. eine Vormundschaft errichtet sei. Daraufhin wurde das Verfahren zum Entzug der elterlichen Gewalt eingeleitet und die Aufenthaltsbewilligung bis 18. Dezember 1986 verlängert. Am 17. August 1984 war T. von seinem Beistand bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet worden. Entsprechend einem Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Zürich das Begehren ab, da die versicherungsmässigen Voraussetzungen in bezug auf den schweizerischen Wohnsitz gemäss dem BGE 112 V 164 S. 165 schweizerisch-türkischen Abkommen über Soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969 nicht erfüllt seien (Verfügung vom 8. November 1984). B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. Oktober 1985 teilweise gut, hob die angefochtene Verfügung vom 8. November 1984 auf und wies die Akten zur materiellen Beurteilung des Leistungsbegehrens an die Verwaltung zurück. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Kassenverfügung vom 8. November 1984 wiederherzustellen. Der Beistand des T. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Die Ausgleichskasse verweist auf die Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission, welche die Gutheissung der Beschwerde beantragt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitig ist, ob der Beschwerdegegner die versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Zusprechung von Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung erfüllt. Diese Frage ist aufgrund des am 1. Januar 1969 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Schweiz und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969 zu prüfen. Laut dessen Art. 9 Ziff. 2 Satz 1 steht minderjährigen Kindern türkischer Staatsangehörigkeit, die in der Schweiz wohnen, ein Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen zu, wenn sie unmittelbar vor dem Eintritt der Invalidität ununterbrochen während mindestens eines Jahres in der Schweiz gewohnt haben. Gemäss Ziff. 3 des Schlussprotokolls zum Abkommen bedeutet der Ausdruck "wohnen" im Sinne des Abkommens "sich gewöhnlich aufhalten". a) Im Lichte der von der Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze ( BGE 111 V 119 Erw. 1b) ist zu prüfen, welche Bedeutung der Wendung "sich gewöhnlich aufhalten" gemäss Ziff. 3 des Schlussprotokolls zum erwähnten Abkommen zukommt. Den nämlichen Terminus "sich gewöhnlich aufhalten" kennt auch das Abkommen zwischen der Schweiz und Spanien über Soziale Sicherheit vom 13. Oktober 1969 in Ziff. 2 des Schlussprotokolls. Eine übereinstimmende Formulierung findet schliesslich auch im internationalen Privatrecht Verwendung, indem BGE 112 V 164 S. 166 der "Wohnsitz" zunehmend durch den Begriff der "résidence habituelle" bzw. des "gewöhnlichen Aufenthaltes" ersetzt wird, welcher einen Aufenthalt von einer gewissen Dauer am Ort voraussetzt, wo sich der "Schwerpunkt der Lebensverhältnisse" befindet (VISCHER, Internationales Privatrecht, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. I, S. 544 f.; STEIN, Das internationale Sozialversicherungsrecht der Schweiz mit Einschluss seiner Beziehungen zum Haftpflichtrecht, SZS 1971, S. 21 f.; BUCHER, N 52 und 94 zu Vorbemerkungen vor Art. 22-26 ZGB ; SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, Bd. I, S. 127 f.; vgl. auch BGE 110 II 121 f., BGE 94 I 243 , BGE 89 I 314 ). - Das Eidg. Versicherungsgericht hat sich bisher zum Begriff des "gewöhnlichen Aufenthaltes" nicht ausdrücklich ausgesprochen. Es hat lediglich im Zusammenhang mit der Gewährung ausserordentlicher Renten der AHV und der Invalidenversicherung sowie von Ergänzungsleistungen festgestellt, dass unter anderem neben dem zivilrechtlichen Wohnsitz auch der effektive Aufenthalt in der Schweiz und der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, massgebend sind, und zusätzlich dazu den "Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz" als erforderlich bezeichnet ( BGE 111 V 182 Erw. 4a, BGE 110 V 172 Erw. 2b und 173 Erw. 3b mit Hinweisen; vgl. auch BGE 110 V 283 , BGE 108 V 77 , BGE 105 V 168 mit Hinweisen). b) Bei der Auslegung der genannten Bestimmungen ist von Bedeutung, dass im Vertragstext - anders als z.B. im Abkommen zwischen der Schweiz und Italien über Soziale Sicherheit vom 14. Dezember 1962 in Ziff. 9 des Schlussprotokolls - nicht von "Wohnsitz" im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches die Rede ist. Da der Wortlaut des Sozialversicherungsabkommens mit der Türkei - auch in dem gemäss Ziff. 16 lit. b in fine des Schlussprotokolls nebst dem türkischen in gleicher Weise verbindlichen französischen Originaltext - nicht der Klarheit entbehrt, kann insoweit der zivilrechtliche Wohnsitz nach schweizerischem Recht nicht massgebend sein (BBl 1969 II 1433unten), weshalb insbesondere auch die gesetzlichen Wohnsitzfiktionen nach Art. 25 Abs. 1 ZGB ausser Betracht fallen (vgl. dazu BGE 106 V 162 f. mit Hinweisen). Anderseits wird im Vertragstext der Begriff "Aufenthalt" ebenfalls nicht verwendet, so dass der fraglichen Bestimmung auch der schweizerische Aufenthaltsbegriff im Sinne des unter Umständen bloss vorübergehenden Verweilens ( Art. 24 Abs. 2 und Art. 26 ZGB ) nicht zugrunde gelegt werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang auch ZAK 1965 S. 304). Der fraglichen BGE 112 V 164 S. 167 Wendung ist deshalb unter Weiterführung der in Erw. 1a hievor dargelegten Grundsätze jene Bedeutung beizumessen, wie sie sich im wesentlichen aus dem internationalen Privatrecht und der damit - unter Vorbehalt des zivilrechtlichen Wohnsitzes - grundsätzlich übereinstimmenden Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts über die ausserordentlichen Renten ergibt. Demnach ist für den "gewöhnlichen Aufenthalt" der effektive Aufenthalt in der Schweiz und der Wille, diesen während einer gewissen Dauer aufrechtzuerhalten, massgebend; zusätzlich dazu muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz befinden. 2. Im vorliegenden Fall fragt es sich zunächst, ob der Beschwerdegegner angesichts des Umstandes, dass er sich seit Juni 1982 in der Schweiz und seit Juli 1982 bei seinen Pflegeeltern im Kanton Zürich befindet, sich hier im Sinne der erwähnten Grundsätze "gewöhnlich aufhält". a) Das BSV vertritt in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Auffassung, das "Wohnen" des Beschwerdegegners sei im vorliegenden Fall "bestimmt kein gewöhnlicher Aufenthalt". Die von der Fremdenpolizei des Kantons Zürich ausgestellte Aufenthaltsbewilligung zeige nämlich, dass für den Knaben nur ein vorübergehender Aufenthalt vorgesehen gewesen sei. Die entsprechende Bewilligung datiere vom 26. Juli 1984 und sei lediglich bis zum 18. Dezember 1984 gültig. Es sei daher ungewiss, ob das Pflegeverhältnis verlängert werde, zumal sich die leiblichen Eltern auch wieder melden könnten. b) Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Wie die Vorinstanz mit Recht festhält, sind die Eltern des Beschwerdegegners bereits im Januar 1983 aus der Schweiz ausgewiesen worden und haben sich seither nicht mehr ernstlich um das Kind gekümmert. Schon vor ihrer Ausweisung erklärten sie am 6./7. Januar 1983 gegenüber der Vormundschaftsbehörde ausdrücklich, das Kind könne bei den Pflegeeltern "so lange in Pflege bleiben, als diese es wünschen". Die daraufhin von der Fremdenpolizei am 26. Juli 1984 erteilte Aufenthaltsbewilligung trug zwar den Vermerk "Vorübergehender Pflegeaufenthalt" und war nur bis zum 18. Dezember 1984 gültig. Das ist jedoch für die Belange des vorliegenden Falles insofern unerheblich, als eine Aufenthaltsbewilligung normalerweise ohnehin stets befristet ist und die Behörden der Fremdenpolizei dem Ausländer, auch wenn er voraussichtlich dauernd im Lande bleibt, zunächst in der Regel nur (befristeten) Aufenthalt zu bewilligen haben (Art. 5 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 ANAG ). BGE 112 V 164 S. 168 Die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdegegners wurde von der Fremdenpolizei des Kantons Zürich denn auch wiederholt verlängert und letztmals mit Wirkung bis 18. Dezember 1986 erteilt. Aufgrund dieser fortlaufend verlängerten Bewilligung hält sich der Beschwerdegegner - wie die Invalidenversicherungs-Kommission bereits am 1. Oktober 1984 bemerkte - tatsächlich und rechtmässig am Wohnsitz seiner Pflegeeltern auf, wo sich anscheinend auch seine Schwester befindet. Zudem wurde dort - nach der im Februar 1983 erfolgten Ernennung eines Beistandes - auch das Verfahren zum Entzug der elterlichen Gewalt sowie zur Bestellung eines Vormundes eingeleitet, welches zur Zeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Bei diesen Gegebenheiten liegt nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz ein Sachverhalt vor, der zur Annahme des Schwerpunktes aller Beziehungen des Beschwerdegegners in der Schweiz führt. Da dem Kinde im Rahmen seiner intellektuellen Fähigkeiten auch der Wille zur Aufrechterhaltung des weiter dauernden Aufenthalts bei seinen Pflegeeltern nicht abgesprochen werden kann, sind die in Erw. 1b in fine erwähnten Voraussetzungen für den gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdegegners in der Schweiz erfüllt. Daran ändert auch der vom BSV unter Bezugnahme auf die vorinstanzliche Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission erhobene Einwand nichts, der Beschwerdegegner sei nur wegen der hier bestehenden und in seiner Heimat offenbar fehlenden Möglichkeiten zu seiner Pflege und Betreuung in die Schweiz verbracht worden; hiefür fehlen jegliche Anhaltspunkte in den Akten.
null
nan
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Federation
21fa50e4-7448-465e-b820-65957fe36efc
Urteilskopf 101 Ib 212 39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. Juni 1975 i.S. Spaeth A.G. gegen Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie A.G. und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Legitimation. Art. 103 lit. a OG . Ob jemand durch den angefochtenen Entscheid "berührt" sei, hängt nicht davon ab, ob er im kantonalen Verwaltungsverfahren als Partei behandelt wurde. Wer seine Interessen auf dem Wege des Zivilprozesses wahrnehmen kann, hat kein "schutzwürdiges Interesse" an der Beschwerdeführung.
Sachverhalt ab Seite 212 BGE 101 Ib 212 S. 212 A.- Die Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie. A.G. in Pratteln, Rechtsnachfolgerin der im Jahre 1899 in Basel gegründeten Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie, reichte am 25. Oktober 1973 gegen die Spaeth A.G. in Arbon eine Klage aus unlauterem Wettbewerb ein, mit der sie ihr untersagen lassen will, in ihrem Geschäftsbetrieb den Ausdruck "Franco-Suisse" zu verwenden, besonders als Geschäftsbezeichnung oder im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Parfumerien und kosmetischen Erzeugnissen. Die Beklagte ersuchte daher am 19. November 1973 das Eidgenössische Amt für das Handelsregister, den Bestandteil "Franco-Suisse" in der Firma der Klägerin zu löschen. Das eidgenössische Amt wies das Handelsregisteramt des Kantons Basel-Landschaft an, das Verfahren nach Art. 60/61 HRegV durchzuführen. Der Handelsregisterführer hörte die Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie A.G. an und überwies die Akten dem Regierungsrat als Aufsichtsbehörde. Dieser bewilligte am 11. Februar 1975 die Weiterführung der Firma BGE 101 Ib 212 S. 213 Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie A.G. und teilte den Entscheid auch der Spaeth A.G. mit. B.- Die Spaeth A.G. beantragt mit rechtzeitig eingereichter Verwaltungsgerichtsbeschwerde, diesen Entscheid aufzuheben und den Bestandteil "Franco-Suisse" der erwähnten Firma zu löschen. Die Parfumerie Franco-Suisse Ewald & Cie A.G. hält die Spaeth A.G. nicht für beschwerdeberechtigt und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft bezweifelt die Legitimation der Beschwerdeführerin und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Durch Art. 103 lit. a OG , in Kraft seit 1. Oktober 1969, wurde die Berechtigung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wie sie früher in Art. 103 Abs. 1 umschrieben war, erweitert. Aus der in der Beschwerde und in der Antwort angeführten Rechtsprechung zur alten Fassung ( BGE 60 I 31 ff.) lässt sich daher nichts mehr ableiten. Fortan kann Beschwerde führen, "wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat". a) Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister hat in einem Schreiben vom 5. Februar 1974 an den Vertreter der Beschwerdeführerin den Standpunkt eingenommen, diese habe in dem vom kantonalen Handelsregisteramt einzuleitenden Verfahren nicht Parteistellung. Das kantonale Amt und der Regierungsrat gaben ihr denn auch nicht Gelegenheit, sich zu äussern. Trotzdem ist sie durch den angefochtenen Entscheid "berührt". Diese Voraussetzung hängt nicht davon ab, ob der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren als Partei behandelt wurde. Auch ist nicht nötig, dass die angefochtene Verfügung in seine Rechte eingreife oder ihm Pflichten auferlege; es genügt, dass sie ihm tatsächlich oder rechtlich irgendwie nahetrete (GRISEL, Droit administratif suisse S. 478 und 504). Das trifft hier zu, weil die Beschwerdegegnerin unter BGE 101 Ib 212 S. 214 Berufung auf ihre Firma der Beschwerdeführerin den geschäftlichen Gebrauch des Ausdruckes "Franco-Suisse" gerichtlich untersagen lassen will. b) Aus dem gleichen Grunde hat die Beschwerdeführerin ein Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Die Auffassung des Regierungsrates, diese Aufhebung würde nur für die Zukunft wirken, wogegen für den Ausgang des Zivilprozesses die bisherige Firma der Beschwerdegegnerin entscheidend sei, widerlegt es nicht. Das Klagebegehren auf Untersagung des Gebrauchs des Ausdruckes "Franco-Suisse" ist auf ein Verhalten in der Zukunft gerichtet und würde daher möglicherweise abgewiesen, wenn feststände, dass der Bestandteil "Franco-Suisse" in der Firma der Beschwerdegegnerin gemäss Art. 944 OR und Art. 38, 45 HRegV nicht im Handelsregister eingetragen bleiben dürfe. c) Das Interesse, um dessentwillen die Beschwerdeführerin von der Angelegenheit berührt wird, ist rein zivilrechtlicher Art. Es erschöpft sich darin, den von der Beschwerdegegnerin erhobenen Vorwurf des unlauteren Wettbewerbes abzuwehren und gegenteils der Beschwerdegegnerin allenfalls unlauteres Verhalten nachweisen zu können. Gegen den erwähnten Vorwurf kann sie sich aber in dem beim Bezirksgericht Arbon hängigen Zivilprozess verteidigen, und den Gegenvorwurf, die Firma der Beschwerdegegnerin wirke täuschend und verstosse gegen Treu und Glauben im Wettbewerb, kann sie im gleichen Prozess durch Einrede oder Widerklage erheben oder zum Gegenstand eines selbständigen Zivilprozesses machen. Selbst ein rein firmenrechtlicher Streit im Sinne des Art. 956 OR - zu dem angesichts der offensichtlich genügenden Unterscheidbarkeit der beiden Namen kaum Anlass besteht - müsste in einem Zivilprozess ausgetragen werden. Die Beschwerdeführerin hat es also nicht nötig, ihre Interessen durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu wahren. Ihr Interesse, auf dem Verwaltungswege eine Abänderung der Firma der Beschwerdegegnerin zu erstreiten, ist deshalb nicht schutzwürdig im Sinne von Art. 103 lit. a OG . Zu zivilrechtlichen Streitigkeiten können denn auch die Handelsregisterbehörden und das Bundesgericht als Verwaltungsgericht nicht abschliessend Stellung nehmen. Sie dürfen aus materiellrechtlichen Gründen eine Eintragung nur ablehnen oder eine Löschung nur anordnen, wenn die Rechtslage BGE 101 Ib 212 S. 215 offensichtlich ist ( BGE 91 I 362 mit Hinweisen, ferner BGE 91 I 440 ). Deshalb bestimmt Art. 32 Abs. 1 HRegV , dass Dritte, die wegen Verletzung ihrer Rechte beim Handelsregisterführer gegen eine vollzogene Eintragung Einspruch erheben, an den Richter zu weisen sind. Der in der gleichen Bestimmung erwähnte Ausnahmefall der von Amtes wegen zu beobachtenden Vorschriften hat nicht den Sinn, dass Dritte, die sich auf sie berufen, am Verwaltungsverfahren teilnehmen dürfen. Die Berechtigung zur Teilnahme an diesem Verfahren ist in Art. 48 lit. a VwG gleich geregelt wie in Art. 103 lit. a OG die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde; sie setzt ein schutzwürdiges Interesse voraus. Das öffentliche Interesse an der Anwendung der von Amtes wegen zu beobachtenden Vorschriften begründet sie nicht. Art. 103 lit. a OG will nicht eine Popularbeschwerde einräumen, sondern nur die Verfolgung von Interessen des Beschwerdeführers ermöglichen ( BGE 98 Ib 70 Erw. c und 74, BGE 99 Ib 107 und 206; GRISEL 477). Wenn dieser seine Interessen auf dem Wege eines Zivilprozesses wahren kann, steht ihm die Beschwerde nicht zu ( BGE 100 Ib 119 oben, Entscheid der I. Zivilabteilung vom 12. Februar 1974 i.S. Francioli S.A.). Eine Ausnahme wurde gemacht in einem Falle, wo der Zivilrichter einer Partei aufgegeben hatte, die Zulässigkeit einer umstrittenen Firma durch die Handelsregisterbehörden prüfen zu lassen mit der Androhung, dass sonst Verzicht auf die Anfechtung und Anerkennung der eingetragenen Firma angenommen würde (Entscheid der I. Zivilabteilung vom 13. Juni 1973 i.S. International Escort and Secretary A.G.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 134 I 263 31. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A., B et consorts contre Commune de Meyrin (recours en matière de droit public) 1C_33/2008 du 20 mai 2008
Regeste Art. 9 BV ; Art. 4 des Genfer Gesetzes über das Wohnungswesen und den Mieterschutz (LGL); Vorkaufsrecht der Gemeinde; Versprechen der Abtretung eines Erbanteils. Die Bedingungen der Abtretung sind nicht genügend bestimmt, um die Ausübung des Vorkaufsrechts der Gemeinde zu gestatten (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 264 BGE 134 I 263 S. 264 Par acte authentique du 22 mars 2007, A. a promis-vendu à B. et consorts sa part d'indivision (1/5 e ) dans une parcelle située en 3 e zone de développement, à Meyrin. Les parties s'engageaient à signer l'acte de vente entre le 1 er août et le 31 décembre 2008 (délai prolongeable), dès l'entrée en force d'un plan localisé, et dès confirmation, dans ce plan, du prix de vente de 542 fr. le m 2 pour un coefficient d'utilisation du sol de 1. La promesse de vente précise que l'Etat de Genève et la Commune de Meyrin disposent d'un droit de préemption en vertu de la loi générale du 4 décembre 1977 sur le logement et la protection des locataires (LGL; RSG I 4 05). Le 24 avril 2007, le Registre foncier du canton de Genève a refusé l'inscription d'un droit d'emption sur la part indivise de A., au motif que celle-ci ne constituait pas un immeuble et que le transfert de propriété n'était pas immédiatement exigible. Le 22 mai 2007, le Conseil d'Etat a fait savoir qu'il renonçait à exercer son droit de préemption. En revanche, le 6 juin 2007, le Conseil municipal de la commune de Meyrin a décidé d'exercer ce droit, au prix de 100 fr. le m 2 . Déjà propriétaire de plusieurs terrains dans le périmètre, la commune souhaitait réaliser des logements d'utilité publique au sens de la LGL; le prix convenu entre privés ne permettrait pas de construire de tels logements tout en respectant la volonté de créer un quartier exemplaire au niveau du développement durable. Les promettants-vendeur et acquéreurs ont recouru au Tribunal administratif genevois, en relevant que l'acte du 22 mars 2007 n'était pas assimilable à une vente ou une promesse de vente. L'exercice du droit de préemption apparaissait également disproportionné, car le projet d'acquisition était destiné à la réalisation de logements répondant aux besoins de la population; le prix de vente permettait une telle réalisation, et correspondait au prix annoncé par le Conseil d'Etat pour la zone de développement 3. Par arrêt du 27 novembre 2007, le Tribunal administratif a rejeté le recours. Même si le contrat du 22 mars 2007 n'emportait pas transfert de propriété, le but recherché était l'acquisition d'une partie du bien-fonds. L'exercice du droit de préemption communal reposait sur une base légale; il poursuivait un intérêt public à la réalisation de BGE 134 I 263 S. 265 logements d'utilité publique tels que projetés par le Conseil d'Etat dans ce secteur. L'existence d'un projet privé ne l'emportait pas sur la volonté de la commune de mieux planifier les constructions à venir. La question du prix proposé par la commune devrait être traitée ultérieurement, lors de la procédure d'expropriation. A., B. et consorts forment un recours en matière de droit public et un recours constitutionnel subsidiaire. Ils demandent l'annulation de l'arrêt du Tribunal administratif et de la décision du 6 juin 2007 de la commune de Meyrin, subsidiairement le renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision. Le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours constitutionnel; il a admis le recours en matière de droit public et annulé l'arrêt cantonal et la délibération municipale. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Sur le fond, les recourants se plaignent d'une application arbitraire de l'art. 4 LGL. Selon eux, la promesse de vendre la part d'indivision de A. ne pouvait être assimilée à une promesse de vente portant sur l'immeuble proprement dit. Même si, comme le soutient la commune de Meyrin, le but des parties était d'éluder le droit de préemption communal, il n'existait aucun contrat dissimulé valable portant sur l'aliénation d'une part déterminée du bien-fonds. A défaut d'acte d'aliénation, la commune ne pouvait pas exercer son droit de préemption. Par ailleurs, la confirmation de l'arrêt cantonal impliquerait le maintien de la délibération communale du 7 juin 2007, laquelle constate par erreur l'existence d'un droit de propriété de A. sur la parcelle. Enfin, l'exercice du droit d'expropriation selon l'art. 6 LGL serait impossible, faute de porter sur un objet déterminé. La commune de Meyrin relève que la "promesse de vente" constituerait une promesse de cession de droits successifs au sens de l' art. 635 al. 2 CC , soumise à la forme écrite et conférant au cessionnaire une créance au transfert des choses et droits reçus dans le partage. Le cessionnaire pourrait ainsi directement exiger le transfert de propriété après le partage ( art. 665 al. 1 CC ), en requérant au besoin celui-ci sur la base de l' art. 604 CC . L'Etat ne pourrait plus intervenir par la suite pour exercer son droit de préemption. La construction juridique des intimés aurait donc pour but d'éluder ce droit. 3.1 Il y a arbitraire, prohibé par l' art. 9 Cst. , lorsque la décision attaquée viole gravement une règle ou un principe juridique clair et BGE 134 I 263 S. 266 indiscuté ou lorsqu'elle contredit d'une manière choquante le sentiment de la justice ou de l'équité. Le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution retenue par l'autorité cantonale de dernière instance que si elle est insoutenable ou en contradiction évidente avec la situation de fait, si elle a été adoptée sans motif objectif ou en violation d'un droit certain. Par ailleurs, il ne suffit pas que les motifs de la décision attaquée soient insoutenables, encore faut-il que celle-ci soit arbitraire dans son résultat ( ATF 131 I 57 consid. 2 p. 61 et la jurisprudence citée), ce qu'il appartient aux recourants de démontrer en vertu de l' art. 106 al. 2 LTF ( ATF 133 I 149 consid. 3.1 p. 153 et la jurisprudence citée). 3.2 La LGL a pour but de permettre à l'Etat d'encourager la construction de logements d'utilité publique et d'améliorer la qualité de l'habitat, par le biais d'acquisitions de terrains, de financements de projets de constructions et de contrôle des loyers (art. 1 LGL). La loi instaure à cet effet un droit de préemption et d'expropriation en faveur de l'Etat et des communes (art. 2 LGL). Ce droit s'applique notamment aux biens-fonds situés en zone de développement (art. 3 LGL). Selon l'art. 4 LGL, le propriétaire qui aliène ou promet d'aliéner avec droit d'emption un bien-fonds soumis au droit de préemption de l'Etat doit en aviser immédiatement le Conseil d'Etat et la commune lors de la passation de l'acte notarié; le propriétaire et l'acquéreur sont entendus. Conformément à l'art. 5 LGL, le Conseil d'Etat décide, dans les 60 jours, s'il renonce à exercer son droit, s'il entend acquérir le bien-fonds aux prix et conditions fixés dans l'acte, ou s'il offre de l'acquérir aux prix et conditions fixés par lui; dans ce dernier cas, si l'offre n'est pas acceptée, il peut recourir à la procédure d'expropriation conformément à l'art. 6 LGL. Si le Conseil d'Etat renonce à exercer son droit de préemption, la commune dispose ensuite d'un nouveau délai de 30 jours pour faire valoir les mêmes prérogatives. 3.3 L'art. 4 LGL ne contient pas de définition précise des actes d'aliénation soumis au droit de préemption. Selon la jurisprudence du Tribunal administratif, confirmée par le Tribunal fédéral (arrêt 1P.767/1991 du 22 avril 1993), le terme d'aliénation recouvre tout transfert volontaire de la propriété ou d'un droit, opéré intégralement ou partiellement à titre onéreux. Au regard des buts poursuivis par la loi, le droit de préemption de l'Etat ne doit en effet pas se limiter aux seuls actes de vente; il s'étend à tous les actes de réalisation assimilables à la vente (y compris en cas de réalisation forcée - cf. SJ 2005 I 545), à l'exclusion des aliénations sans contre-prestation BGE 134 I 263 S. 267 pécuniaire, telles les donations mixtes ( ATF 126 III 187 consid. 2b; arrêt 1P.767/1991 du 22 avril 1993, consid. 2b). Tel est également le sens de l' art. 216c al. 1 CO , selon lequel le droit de préemption légal peut être exercé en cas de vente ainsi qu'à l'occasion de "tout autre acte juridique équivalant économiquement à une vente" ( ATF 126 III 187 consid. 2b). L'élément déterminant est la conclusion d'une convention visant au transfert de la propriété de l'immeuble contre une prestation pécuniaire. Constituent notamment des cas de préemption, en droit privé, la dation en paiement, les enchères volontaires, les ventes conditionnelles dont le préempteur accepte les conditions et l'exercice d'un droit d'emption (STEINAUER, Les droits réels, Berne 2002, tome 2, p. 146 et les exemples cités). 3.4 La promesse de vente du 22 mars 2007 porte non pas sur un immeuble proprement dit, mais sur les droits indivis de A., pour 1/5 e , sur la parcelle qu'il détient actuellement en main commune avec les autres membres de l'hoirie ( art. 602 al. 2 CC ). La promesse a été passée en forme authentique et avec l'accord des co-héritiers, mais ces deux formalités n'étaient pas nécessaires puisqu'il ne s'agissait que d'une cession de droit au sens de l' art. 635 CC - et non d'une vente immobilière -, qui n'obligeait que le cédant ( art. 635 al. 2 CC ), raison pour laquelle l'inscription d'un droit d'emption a été refusée par le Registre foncier. L'acte du 22 mars 2007 n'a donc pas pour but de transférer immédiatement aux acheteurs la propriété d'une part de l'immeuble. Selon l'art. 4 LGL, le droit de préemption de l'Etat peut aussi s'exercer en cas de promesse d'aliénation, contrairement à la solution qui prévaut en droit privé ( ATF 85 II 572 consid. 4 p. 578); il faut toutefois pour cela qu'un droit d'emption ait été convenu. Si une clause de ce type existe bien dans la promesse de cession, l'inscription d'un tel droit a été refusée par le registre foncier, faute de porter sur un immeuble. Les conditions posées par la loi (aliénation ou promesse d'aliénation avec octroi d'un droit d'emption) ne sont donc pas réalisées. 3.5 Pour qu'une promesse de cession puisse, au regard du texte et du but de la loi, être assimilée sans arbitraire à une aliénation onéreuse, il faudrait à tout le moins que l'objet, les conditions et le prix de vente ultérieurs en soient déjà précisés. Tel n'est pas non plus le cas en l'espèce. La cession de droit successif à un tiers ( art. 635 al. 2 CC ) confère à ce dernier un droit personnel à la délivrance des biens reçus par le BGE 134 I 263 S. 268 cédant dans le partage. Le cessionnaire n'acquiert pas la qualité d'héritier, et il ne peut pas intervenir directement dans le partage. Le droit d'exiger le transfert de propriété ne peut donc pas être exercé tant que le partage n'a pas eu lieu. Dans l'ignorance des expectatives dont dispose le cédant, il n'est pas possible d'affirmer avec certitude que celui-ci pourrait se voir attribuer, à l'issue du partage, une partie au moins de l'immeuble concerné par la cession. La commune de Meyrin relève que le cessionnaire pourrait obtenir l'inscription au registre foncier par voie judiciaire ( art. 665 al. 1 CC ); si cela est vrai pour une cession de droit successif, il n'en va pas de même pour une promesse de cession, soumise à certaines conditions. Selon les art. 4 et 5 de la promesse de cession, la signature de "l'acte de vente" est soumise à la condition que, entre le 1 er août et le 31 décembre 2008 (délai prolongeable), le plan localisé de quartier soit entré en force et que le prix de 542 fr. le m 2 soit atteint pour un coefficient d'utilisation de 1. Rien ne permet d'affirmer à l'heure actuelle que ces conditions - dont la réalisation ne dépend pas des parties au contrat - seront effectivement remplies dans le délai prévu. Par ailleurs, il n'est pas non plus exclu que la cession se fasse à un prix de vente inférieur, puisque le contrat prévoit en son article 10 que le prix pourra être adapté proportionnellement en cas de densité plus faible fixée dans le plan localisé de quartier. Ces différents points ne seront réglés que lors de la signature de l'acte de vente prévu à l'art. 4 de la convention. 3.6 Si les termes de la convention font clairement ressortir la volonté des cessionnaires d'obtenir à terme une partie des droits de propriété sur la parcelle en question, les conditions de la cession ne paraissent manifestement pas suffisamment arrêtées pour permettre l'exercice du droit de préemption de l'Etat. Dans ces circonstances, il n'est pas soutenable d'assimiler une promesse de cession à une aliénation au sens de l'art. 4 LGL. Le recours en matière de droit public doit par conséquent être admis, sans qu'il y ait lieu d'examiner les griefs relatifs aux art. 26 et 27 Cst. ainsi qu'au principe de la proportionnalité.
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221c0a87-80db-40ae-853c-d5b926a6cc94
Urteilskopf 138 II 393 29. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause A.X. contre Service de la population du canton de Vaud (recours en matière de droit public) 2C_993/2011 du 10 juillet 2012
Regeste Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AuG ; Fortsetzung des Aufenthalts in der Schweiz aus wichtigen persönlichen Gründen. Falls keine besonderen Umstände vorliegen, welche Zweifel an der Rechtmässigkeit der Ehe oder an der Intensität der Verbundenheit der Ehegatten aufkommen lassen, so wird vermutet, dass der Tod des schweizerischen Gatten einen schwerwiegenden persönlichen Grund darstellt, welcher den weiteren Aufenthalt des hinterbliebenen ausländischen Gatten in der Schweiz erforderlich macht, ohne dass noch weiter zu prüfen wäre, ob die Wiedereingliederung des Letzteren in seinem Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3).
Sachverhalt ab Seite 394 BGE 138 II 393 S. 394 A.X., ressortissante camerounaise née Y. en 1981, et B.X., né en 1951, ressortissant suisse, se sont mariés en 2008 au Cameroun. Le 5 septembre 2008, A.X. est entrée en Suisse pour y rejoindre son époux laissant aux soins de ses parents son fils D., né en 2004, ainsi que sa fille adoptive C., née en 2004. Elle a été mise au bénéfice d'une autorisation de séjour en Suisse le 1 er octobre 2008. Aucun enfant n'est issu de cette union. B.X. est décédé en 2010. Par décision du 24 décembre 2010, le Service de la population du canton de Vaud a révoqué l'autorisation de séjour de A.X. et lui a imparti un délai de trois mois pour quitter la Suisse. Il a également refusé de délivrer à C. et D. des autorisations d'entrée en Suisse, respectivement de séjour. Le recours formé par A.X. agissant en son nom et au nom de ses enfants a été rejeté par la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud par arrêt du 28 octobre 2011. A.X., agissant pour elle et ses deux enfants, forme un recours en matière de droit public. Le Tribunal fédéral a admis le recours, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'instance précédente pour instruction complémentaire et nouvelle décision. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. D'après l' art. 50 al. 1 LEtr (RS 142.20), après dissolution de la famille, le droit du conjoint et des enfants à l'octroi d'une autorisation de séjour et à la prolongation de sa durée de validité en vertu des art. 42 et 43 subsiste si l'union conjugale a duré au moins trois ans et l'intégration est réussie (let. a). A cet égard, l'instance précédente a constaté à bon droit que l'union conjugale n'avait pas duré 3 ans et que la limite légale de l' art. 50 al. 1 let. a LEtr n'avait pas été atteinte. Au demeurant la recourante se prévaut uniquement de l' art. 50 al. 1 let. b LEtr . 3. 3.1 Selon l' art. 50 al. 1 let. b LEtr , après dissolution de la famille, le droit du conjoint et des enfants à l'octroi d'une autorisation de séjour et à la prolongation de sa durée de validité en vertu des BGE 138 II 393 S. 395 art. 42 et 43 subsiste si la poursuite du séjour en Suisse s'impose pour des raisons personnelles majeures. L' art. 50 al. 1 let. b et al. 2 LEtr vise à régler les situations qui échappent aux dispositions de l' art. 50 al. 1 let. a LEtr , parce que le séjour en Suisse durant le mariage n'a pas duré trois ans ou parce que l'intégration n'est pas suffisamment accomplie ou encore parce que ces deux aspects font défaut mais que - eu égard à l'ensemble des circonstances - l'étranger se trouve dans un cas de rigueur après la dissolution de la famille ( ATF 137 II 345 consid. 3.2.1 p. 348; ATF 137 II 1 consid. 4.1 p. 7). A cet égard, c'est la situation personnelle de l'intéressé qui est décisive et non l'intérêt public que revêt une politique migratoire restrictive. Il s'agit par conséquent uniquement de décider du contenu de la notion juridique indéterminée "raisons personnelles majeures" et de l'appliquer au cas d'espèce, en gardant à l'esprit que l' art. 50 al. 1 let. b LEtr confère un droit à la poursuite du séjour en Suisse, contrairement à l' art. 30 al. 1 let. b LEtr ( ATF 137 II 345 consid. 3.2.1 p. 348; ATF 137 II 1 consid. 3 et les références citées). Comme il s'agit de cas de rigueur survenant à la suite de la dissolution de la famille, en relation avec l'autorisation de séjour découlant du mariage, les raisons qui ont conduit à sa dissolution revêtent par conséquent de l'importance. L'admission d'un cas de rigueur personnel survenant après la dissolution de la communauté conjugale suppose que, sur la base des circonstances d'espèce, les conséquences pour la vie privée et familiale de la personne étrangère liées à ses conditions de vie après la perte du droit de séjour découlant de la communauté conjugale (art. 42 al. 1 et 43 al. 1 LEtr) soient d'une intensité considérable ( ATF 137 II 345 ). Le Tribunal fédéral a mis en lumière un certain nombre de situations dans lesquelles la poursuite du séjour en Suisse peut s'imposer. Celles-ci ne sont pas exhaustives ( ATF 136 II 1 consid. 5.2 p. 3 s.). Parmi celles-ci figurent notamment les violences conjugales ( art. 50 al. 2 LEtr et 77 al. 2 OASA [RS 142.201]), qui doivent revêtir une certaine intensité ( ATF 136 II 1 consid. 5.3 p. 4), la réintégration fortement compromise dans le pays d'origine et le cas dans lequel le conjoint duquel dépend le droit de séjour de l'étranger décède ( ATF 137 II 345 consid. 3.2.2 p. 349; ATF 136 II 1 consid. 5.3 p. 4). 3.2 S'attachant à définir les rapports entre ces situations, la jurisprudence a déjà précisé que violence conjugale et réintégration fortement compromise peuvent, selon les circonstances et au regard de leur gravité, chacune - pour elle-même - constituer une raison personnelle majeure, ajoutant que, lorsqu'elles se conjuguent, elles BGE 138 II 393 S. 396 justifient le maintien du droit de séjour du conjoint et des enfants ( ATF 136 II 1 consid. 4 et 5 p. 2 ss). 3.3 Selon la jurisprudence actuelle, la mort du conjoint ne constitue en revanche pas un motif conduisant nécessairement à la prolongation de l'autorisation en vertu de l' art. 50 al. 1 let. b LEtr . Il convient plutôt de déterminer sur la base des circonstances de l'espèce si l'on est en présence d'un cas de rigueur ( ATF 137 II 1 ), en particulier de celles qui ont prévalu avant et pendant le mariage, jusqu'à sa dissolution en raison du décès. La situation de l'étranger après le décès doit aussi être prise en compte. Ces éléments jouent un rôle important pour établir la volonté réelle des conjoints d'officialiser l'intensité des liens qui les unissaient et évaluer l'importance des conséquences qui découlent du décès du conjoint suisse sur la vie privée et familiale de l'étranger ( ATF 137 II 345 ). Force est de constater, selon l'expérience de la vie et le cours ordinaire des choses, que le lien conjugal est, d'une manière générale, bien réel et intense, au point que le décès du conjoint constitue l'un des événements majeurs de la vie de l'autre conjoint, d'autant plus grave et considérable qu'il a lieu dans un contexte migratoire. C'est la raison pour laquelle la jurisprudence doit être précisée en ce sens que, lorsqu'aucune circonstance particulière ne permet de douter du bien-fondé du mariage ni de l'intensité des liens entre les conjoints, il est présumé que le décès du conjoint suisse constitue une raison personnelle grave qui impose la poursuite du séjour en Suisse du conjoint étranger survivant au sens de l' art. 50 al. 1 let. b LEtr , sans qu'il soit nécessaire d'examiner encore le caractère fortement compromis de la réintégration de ce dernier dans le pays de provenance. Cette présomption n'est pas irréfragable. Les autorités de police des étrangers peuvent démontrer l'existence de circonstances particulières permettant de douter de la réalité des liens qui unissaient les époux. Parmi celles-ci figurent notamment le cas d'un étranger qui aurait épousé en connaissance de cause un ressortissant suisse gravement atteint dans sa santé et dont l'espérance de vie est fortement réduite afin de se prévaloir abusivement des conséquences du décès, le cas d'un étranger qui aurait entamé une procédure de séparation ou de divorce peu avant le décès, ou encore, celui d'un étranger qui aurait mis fin à la vie commune avant le décès de son conjoint suisse, démontrant qu'au moment du décès la communauté conjugale était rompue. 3.4 Dans tous les cas, l'existence d'une des situations objectives conférant un droit à la poursuite du séjour ne prive pas les autorités de BGE 138 II 393 S. 397 police des étrangers de mettre en évidence d'autres circonstances concrètes (condamnations pénales, recours à l'aide sociale, etc.) qui, à l'issue d'une appréciation globale au sens de l' art. 96 LEtr , auraient néanmoins pour effet que la poursuite du séjour en Suisse doive être refusée. 3.5 En l'espèce, l'instance précédente a refusé la poursuite du séjour parce que le mariage n'avait duré qu'un peu plus de deux ans et parce la réintégration de la recourante dans son pays d'origine n'était pas compromise. Ce raisonnement viole le droit fédéral en tant qu'il refuse la poursuite du séjour de la recourante en Suisse sans s'exprimer sur l'existence de circonstances particulières qui pourraient conduire à un tel refus. Au contraire, dans son recours en matière de droit public, la recourante se prévaut des circonstances pénibles liées au cancer puis au décès de son mari, notamment du fait qu'elle l'avait épaulé durant toute sa fin de vie, ce qui serait attesté par des lettres de sa belle-famille. Comme ces faits ne ressortent pas de l'arrêt attaqué, ils sont irrecevables ( art. 99 al.1 LTF ). Ils ne peuvent être pas être pris en considération par le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ). Ils devront en revanche l'être, après renvoi de la cause, par l'instance précédente qui, à défaut de circonstances particulières (cf. consid. 3.3 et 3.4 ci-dessus) résultant d'un complément d'instruction, devra accorder une autorisation de séjour à la recourante. 3.6 Les enfants de la recourante invoquent le droit au regroupement familial avec une personne ayant le droit de séjourner de manière durable en Suisse, tel que déduit de l' art. 8 CEDH . Dans la mesure où leur mère ne disposait pas d'un tel droit, aux termes de l'arrêt attaqué, le Tribunal cantonal n'a pas examiné cette question, qui devra l'être si, au vu du résultat de l'instruction complémentaire, la recourante est autorisée à poursuivre son séjour en Suisse en application de l' art. 50 al. 1 let. b LEtr .
public_law
nan
fr
2,012
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
221c2f8d-b365-4726-948b-3a31c824c099
Urteilskopf 115 Ib 256 36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Juli 1989 i.S. J.P. X. gegen Steuerverwaltung des Kantons Thurgau und Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 21 Abs. 1 lit. c und d BdBSt : Besteuerung geldwerter Leistungen (indirekte Teilliquidation). Wird der Kaufpreis für Aktien, die der Aktionär an einen buchführungspflichtigen Dritten verkauft, aus Mitteln der verkauften Gesellschaft finanziert, indem diese dem Dritten zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen gewährt, mit dessen Rückzahlung nicht zu rechnen ist, erzielt der Verkäufer eine geldwerte Leistung aus seinem Beteiligungsrecht, die er nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt als Vermögensertrag zu versteuern hat. Die Besteuerung setzt voraus, dass der Verkäufer der Aktien die Teilliquidation der Gesellschaft selbst einleitet und er weiss oder wissen muss, dass die Mittel der Gesellschaft nicht mehr zugeführt werden (E. 2-5).
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 115 Ib 256 S. 257 J.P. X. verkaufte am 6. September 1982 sämtliche Aktien der X. AG zu einem Gesamtpreis von Fr. ... an A. einerseits (2000 Namenaktien à nom. Fr. 100.-- zum Preis von Fr. ...) und an die von A. beherrschte Y. AG anderseits (650 Namenaktien à nom. Fr. 2'000.-- zum Preis von Fr. ...). A. war vor dem Verkauf der Aktien Prokurist der X. AG. Diese gewährte der Y. AG für den Aktienkauf ein Darlehen von Fr. ... Die X. AG refinanzierte dieses Darlehen, indem sie vor dem Aktienverkauf, im August 1982, grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen bei zwei Banken im Betrag von je Fr. ... erwirkte und zudem kurzfristig einen weiteren Bankkredit in der Höhe von Fr. ... beanspruchte. Die Finanzierungsverhandlungen mit den Banken führte A., der zu dieser Zeit Prokurist der X. AG war. Die Banken stellten ihm am 31. August bzw. am 3. September 1982 Bar-Checks aus, die er am 6. September 1982 gegen Übergabe der Aktienzertifikate an J.P. X. aushändigte. BGE 115 Ib 256 S. 258 Mit Veranlagungsverfügung vom 19. November 1985 rechnete die Kantonale Steuerverwaltung Thurgau, Abteilung direkte Bundessteuer, J.P. X. in der Veranlagungsperiode 1983/84 den Betrag von Fr. ... (Höhe des genannten Darlehens der X. AG an die Y. AG) als "geldwerte Leistung aus Verkauf Aktien X. AG (Darlehensgewährung von Fr. ... an die Y. AG ... durch die X. AG im Zeitpunkt, als Sie noch Präsident des Verwaltungsrates der X. AG waren)" zum steuerbaren Einkommen hinzu. Eine Einsprache von J.P. X. gegen diese Aufrechnung blieb erfolglos. Mit Entscheid vom 25. Februar 1988 wies die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau die Beschwerde von J.P. X. ab. Die Rekurskommission kam zum Schluss, dass J.P. X. als Verkäufer mit der Käuferin bzw. A. über die Art der Finanzierung gesprochen und die Möglichkeiten der Finanzierung geprüft und zumindest in ungefährer Weise wohl bereits festgelegt habe. Sie erkannte, dass mit den dargestellten Finanzierungsabläufen wirtschaftlich betrachtet flüssige Mittel, welche die X. AG von den Banken erhalten hatte, an den Verkäufer übergegangen seien. Ihm sei damit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt Einkommen zugeflossen. Das Bundesgericht weist die dagegen von J.P. X. erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt fällt in die Steuerberechnung "jedes Einkommen aus beweglichem Vermögen, namentlich Zinsen, Renten und Gewinnanteile aus Guthaben und Beteiligungen aller Art sowie besondere Entgelte oder geldwerte Vorteile, die neben diesen Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden". Als Gewinnanteile aus Beteiligungen gelten nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt "alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift, Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten geldwerten Leistungen der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen". Steuerbar in diesem Sinne sind nicht nur die ordentlichen und ausserordentlichen Dividenden, sondern auch alle wiederkehrenden und einmaligen Ausschüttungen aus dem Gewinn oder den Reserven, wie Barleistungen bei Fusionen, Hingabe von Geschäftsaktiven und Anteile am Erlös BGE 115 Ib 256 S. 259 einer Teil- oder Totalliquidation (ASA 42 322; BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff. und 289 E. 1). Demgegenüber bilden Kapitalgewinne nur dann steuerbares Einkommen, wenn sie im Betriebe einer zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmung bei der Veräusserung oder Verwertung von Vermögensstücken erzielt werden ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt ) oder aus einer auf den Erwerb gerichteten Tätigkeit stammen ( Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt ). Gewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen unterliegen grundsätzlich der direkten Bundessteuer nicht ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt e contrario). Es ist zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer einen steuerfreien Gewinn aus der Veräusserung der zu seinem privaten beweglichen Vermögen gehörenden Aktien erzielte oder ob ihm steuerbare geldwerte Leistungen aus seinen Beteiligungsrechten ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) zugeflossen sind. b) (Entspricht BGE 115 Ib 252 E. 2b) c) In einer Steuerordnung, welche die laufend ausgeschütteten Erträge gesellschaftlicher Beteiligungsrechte als Einkommen aus Vermögen erfasst, ist es systemgerecht, die dem Aktionär zugewiesenen verhältnismässigen Anteile am Ergebnis der Teil- oder Totalliquidation zu besteuern, soweit sie den Nennwert der Kapitalanteile übersteigen ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ; BGE 86 I 44 E. 1; BGE 83 I 276 ff., insbes. E. 1 und 289 E. 1; KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. Aufl. 1982, N. 112 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ; MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, N. 81 zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ). Der Begriff der Liquidation ist bei der Anwendung von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht eng zivilrechtlich, sondern steuerrechtlich im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ( BGE 115 Ib 252 E. 2b; CAGIANUT/HÖHN, Unternehmungssteuerrecht, S. 689). Die Besteuerung lösen alle Vorgänge aus, die wirtschaftlich eine Liquidation oder Teilliquidation bewirken, durch welche die Gesellschaft im Ergebnis den Beteiligten Vermögen preisgibt, soweit dies keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellt. Steuerbarer Beteiligungsertrag aus einer Teilliquidation der Gesellschaft kann dem Inhaber der Beteiligungsrechte demnach nicht nur zufliessen, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter Teile ihres Vermögens aufgrund eines Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals ( Art. 659 Abs. 2 Ziff. 1 OR ) gegen Rückgabe eigener Aktien aushändigt. Eine geldwerte Leistung aus einer Teilliquidation fliesst dem Aktionär auch zu, wenn eine Gesellschaft, BGE 115 Ib 256 S. 260 die ihr Aktienkapital nicht herabsetzt, eigene Aktien aus einem anderen Grunde zurückkauft, ohne diese "mit tunlicher Beschleunigung" ( Art. 659 Abs. 3 OR ) wieder zu veräussern (vgl. LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 223). Dasselbe trifft zu, wenn die Gesellschaft die zurückgekauften Aktien fiduziarisch auf einen Dritten überträgt, ohne dass der Gegenwert der Aktien der Gesellschaft wieder zufliesst (vgl. ASA 42 323 E. b). 3. a) (Entspricht BGE 115 Ib 253 E. 2d) b) (Entspricht BGE 115 Ib 254 E. 2e) c) Voraussetzung der Besteuerung ist aber immer, dass die Beteiligungsrechte an einen Käufer veräussert werden, für den das Buchwertprinzip gilt, der also buchführungspflichtig ist. In einem solchen Fall findet eine Transponierung von Gesellschaftsmitteln, deren Ausschüttung nach dem Nennwertprinzip ( Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ) als Vermögensertrag steuerbar ist, in einen steuerfreien Bereich statt: die latente Steuerlast wird aufgehoben, in dem Sinne, dass der buchführungspflichtige Käufer die erworbene Beteiligung im Umfang der Ausschüttung zulasten seines steuerbaren Reinertrages abschreiben kann. Die Aufhebung der (latenten) Ausschüttungssteuerlast muss in den Fällen, in denen der Kaufpreis aus Mitteln der übertragenen Gesellschaft finanziert wird und die Mittel der Gesellschaft nicht mehr zugeführt werden, zur Besteuerung beim veräussernden Aktionär führen (vgl. BGE 101 Ib 49 f. E. 3c; ASA 42 397 f. E. 3). d) Ob die Gesellschaft bei der Veräusserung der Beteiligungsrechte teilweise liquidiert wird und dem Verkäufer eine geldwerte Leistung (verdeckte Gewinnausschüttung) ausgerichtet wird, ist nach objektiven Kriterien zu entscheiden. Es ist nicht einfach dem Steuerpflichtigen überlassen, anlässlich einer Veräusserung aus der Gesellschaft herausgenommene Liquidität mit der ihm zusagenden Etikette "Kapitalgewinn" oder "Vermögensertrag" zu versehen (so zutreffend Steuerrekurskommission des Kantons Zürich im Urteil vom 16. September 1987, StE 1988 B 24.4 Nr. 14). e) Ist der Einkommenszufluss aus der Teilliquidation mit indirekter Ausschüttung unmittelbar nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt zu versteuern, so braucht nicht geprüft zu werden, ob eine Steuerumgehung vorliegt (vgl. BGE 115 Ib 252 E. 2b). 4. Die Lehre hat die Auslegung des Bundesgerichts von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt für die Fälle der indirekten Teilliquidation ebenso wie für die sog. Einbringungsfälle zum Teil kritisiert (vgl. neuerdings u.a. GURTNER, Systemwechselfälle bei Beteiligungsübertragungen, BGE 115 Ib 256 S. 261 ASA 57 S. 23 ff.; BÖCKLI, Die Transponierungstheorie - eine systemwidrige Rechtsfolge, ASA 57 S. 241 ff.; derselbe, Kritik der "indirekten Teilliquidation", a.a.O., S. 103 ff.; HÖHN, Videant judices, ASA 56 S. 463 ff.). Die Kritiker machen namentlich geltend, der Gesetzgeber habe in der direkten Bundessteuer kein lückenloses System wirtschaftlicher Doppelbelastung der von einer Aktiengesellschaft erzielten Gewinne verwirklicht. Sie gehen hauptsächlich von der These aus, aus der Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne ( Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt ) ergebe sich, dass nicht als Vermögensertrag besteuert werden dürfe, was man als Kapitalgewinn betrachten könne. Die Kritiker verkennen jedoch, dass die Steuerpflicht in Art. 21 Abs. 1 lit. c in fine BdBSt weit definiert ist. Diese Steuernorm beruht auf einem formalisierten Ertragsbegriff (ASA 55 212 E. 4b). Die Steuerfreiheit privater Veräusserungsgewinne (Zuwachsgewinne) lässt sich nur durch Umkehrschluss aus Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt herleiten; sie erscheint als systemwidrige Ausnahme vom Prinzip der Reineinkommensbesteuerung und ist zwar vom Gesetzgeber - unter anderem aus veranlagungsökonomischen Überlegungen - gewollt, aber jedenfalls nicht ausdehnend zu interpretieren. Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt schränkt den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht ein. Diese Bestimmung erklärt das Einkommen aus beweglichem Vermögen und namentlich jeden Beteiligungsertrag umfassend für steuerbar und nimmt (im Schlussatz) nur die Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile (Nominalwert) von der Besteuerung aus ( BGE 101 Ib 49 E. 3a, bb; BGE 83 I 279 E. 2a). Wo der Kaufpreis wie dargestellt aus Mitteln der verkauften Gesellschaft finanziert wird, ergibt sich der Einkommenszufluss für den Verkäufer nicht aus der Veräusserung der Aktien an den Dritten, sondern aus der anlässlich einer solchen Veräusserung durchgeführten Teilliquidation der Gesellschaft, die der Verkäufer selbst eingeleitet hat. Es liegt demnach kein steuerfreier Gewinn aus der Veräusserung von Privatvermögen vor. Entgegen BÖCKLI (Kritik der "indirekten Teilliquidation", a.a.O., S. 112 f.) stellt die endgültige Aufgabe der Einkommensquelle nach dem BdBSt (durch Veräusserung) im Falle der Liquidation nicht das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung des steuerfreien Veräusserungsgewinns vom steuerbaren Gewinnanteil aus Beteiligung dar; eine endgültige Aufgabe der Einkommensquelle ist für die Liquidation typisch. BGE 115 Ib 256 S. 262 5. a) Im vorliegenden Fall wurde ein Teil des Kaufpreises für die vom Beschwerdeführer veräusserten Aktien der X. AG, nämlich Fr. ..., nach der unbestrittenen Feststellung der Vorinstanz mit Darlehen finanziert, welche die X. AG der von A. beherrschten Y. AG gewährte, nachdem die X. AG zu diesem Zweck entsprechende Darlehen bei Banken aufgenommen hatte. Die fraglichen Fr. ..., welche formell als Teil des vereinbarten Kaufpreises erscheinen, stammen daher aus Mitteln der X. AG. Deren Passiven erhöhten sich um diesen Betrag. Mit der Darlehensforderung gegen die Käuferin und die neue Muttergesellschaft (Y. AG) ist der X. AG keine wirkliche Gegenleistung zugekommen. Der Beschwerdeführer wusste, dass die vom bisherigen Prokuristen seiner Gesellschaft beherrschte, als Käuferin zwischengeschaltete Y. AG eigene Mittel für den Kaufpreis nicht aufbringen konnte und Kredit bei Dritten nicht erhalten konnte; deshalb musste die X. AG ihr die Mittel beschaffen. Die entnommenen Mittel werden damit der X. AG nicht wieder zugeführt. b) Die X. AG finanzierte den streitigen Teil des Kaufpreises zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer deren Alleinaktionär war. Die Vorinstanz hat ohne Mangel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdeführer um die Art der Finanzierung gewusst haben muss. Ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers und der X. AG, für die A., der die Finanzierungsverhandlungen führte, als Prokurist tätig war, wäre diese Finanzierung objektiv nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer kann sich nicht darauf berufen, dass er sich angesichts der Steuerfreiheit von Veräusserungsgewinnen um die Art der Finanzierung des Kaufpreises nicht zu kümmern brauche. Wenn mit der Finanzierung der Beteiligungsübertragung wirtschaftlich eine teilweise Liquidation der Gesellschaft verbunden ist, die gegen den Willen des Veräusserers nicht durchführbar wäre, liegt objektiv eine geldwerte Leistung der Gesellschaft, nicht eine Geldleistung des Erwerbers der Beteiligung vor. Es kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf ankommen, aus welchen Motiven die Parteien des Kaufvertrags die übertragene Gesellschaft teilweise liquidieren; namentlich ist unbeachtlich, ob sie dies tun, weil der Erwerber zu wenig eigene Mittel hat, weil er an einem Betriebszweig der erworbenen Gesellschaft nicht interessiert ist (vgl. ASA 54 211) oder aus anderen Gründen. c) Die anlässlich des Verkaufs der Beteiligung aus der X. AG entnommenen Mittel sind damit dem Beschwerdeführer zugeflossen. BGE 115 Ib 256 S. 263 Er hat sie nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt als Einkommen zu versteuern. Ob die Zahlungen, die mit verschiedenen, teilweise von der X. AG, teilweise von der Y. AG bestellten Bank-Checks ausgeführt wurden, unmittelbar von der X. AG (direkte Teilliquidation) oder indirekt über die Y. AG (indirekte Teilliquidation) an den Beschwerdeführer geleistet wurden, kann offen bleiben. In beiden Fällen floss dem Beschwerdeführer wirtschaftlich eine geldwerte Leistung der X. AG aus seinem Beteiligungsverhältnis zu.
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nan
de
1,989
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CH_BGE_003
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22207782-5cd4-477a-a3c3-dc99ec66de5a
Urteilskopf 121 V 234 36. Auszug aus dem Urteil vom 21. Dezember 1995 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Z. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 52 AHVG , Art. 82 Abs. 1 AHVV , Art. 250 SchKG . Für die Frage nach dem Zeitpunkt der Schadenskenntnis, welche die einjährige Verwirkungsfrist auslöst, ist - im Falle der regelmässig massgeblichen und im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) zu veröffentlichenden Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars - auf die tatsächliche Einsichtnahme auf dem Konkursamt abzustellen oder - sofern auf diese Vorkehr verzichtet wird - auf das Ende der Auflagefrist.
Sachverhalt ab Seite 235 BGE 121 V 234 S. 235 A.- Über die Firma X-Bausystem AG, wurde am 10. Dezember 1991 der Konkurs eröffnet. Die Ausgleichskasse des Kantons Bern meldete in diesem Verfahren am 10. März 1992 eine Forderung von insgesamt Fr. 106'577.45, bestehend aus unbezahlt gebliebenen paritätischen Sozialversicherungsbeiträgen (inkl. Verwaltungskosten, Mahngebühren, Betreibungskosten und Verzugszinsen), zur Aufnahme in den Kollokationsplan an. Die Mitteilung des Konkursamtes Y über die Auflage des Kollokationsplans mit Frist bis 25. August 1993 wurde im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) sowie im kantonalen Amtsblatt publiziert. Die Ausgleichskasse verzichtete, wie regelmässig, auf eine Einsichtnahme. Mit Verfügung vom 25. August 1994 verpflichtete die Ausgleichskasse Z., einen ehemaligen Verwaltungsrat der in Konkurs gefallenen und damit als Schuldnerin ausgeschiedenen Firma, zur Leistung von Schadenersatz für nicht mehr einbringbare paritätische bundesrechtliche Sozialversicherungsbeiträge (inkl. Verwaltungskosten, Mahngebühren, Betreibungskosten und Verzugszinsen) in der Höhe von Fr. 93'563.15. B.- Nachdem der Belangte gegen diese Verfügung Einspruch erhoben hatte, reichte die Ausgleichskasse am 5. Oktober 1994 beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern eine Schadenersatzklage mit dem Begehren ein, Z. sei zur Leistung von Schadenersatz im erwähnten Betrag zu verurteilen. Dieser verzichtete auf eine Klageantwort. Das Verwaltungsgericht führte am 10. Februar 1995 eine Instruktionsverhandlung durch, an welcher die Parteien auf den neuen rechtlichen Gesichtspunkt der Klageverwirkung hingewiesen und zur Sache einvernommen wurden. Mit Entscheid vom 30. Mai 1995 wies das kantonale Gericht die Klage zufolge Verwirkung des Anspruchs ab. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung bestreitet mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Verwirkung der Schadenersatzforderung. Es beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Zurückweisung der Sache zur weiteren Behandlung an das Verwaltungsgericht. Während sich die Ausgleichskasse in ihrer Vernehmlassung diesem Rechtsbegehren anschliesst, trägt Z. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. BGE 121 V 234 S. 236 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Das Eidg. Versicherungsgericht hat im Urteil G. vom 25. Januar 1993 ( BGE 119 V 89 ff.) erkannt, dass, wenn die Kenntnis des Schadens mit Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars im Konkursverfahren eingetreten sei, die einjährige (Verwirkungs)-Frist des Art. 82 Abs. 1 AHVV zur Geltendmachung des Schadenersatzes frühestens mit der entsprechenden Publikation im SHAB zu laufen beginne, sofern das Konkursamt an diesem Tag der Öffentlichkeit zugänglich sei ( BGE 119 V 93 Erw. 4a mit Hinweis). Die Frage, ob für die fristauslösende Kenntnis auf die öffentliche Bekanntmachung im SHAB, auf die tatsächliche Einsichtnahme auf dem Konkursamt oder auf das Ende der Auflagefrist abzustellen sei, hat das Gericht jedoch offengelassen ( BGE 119 V 93 Erw. 4a i.f. mit Hinweis auf die nachfolgenden Erw. 4b-d). b) Das vorinstanzliche Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid erwogen, dass sich aufgrund der Akten keinerlei Anhaltspunkte ergäben, gemäss welchen der Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist nach Art. 82 Abs. 1 AHVV ausnahmsweise auf einen späteren Zeitpunkt als die Auflage des Kollokationsplans fallen würde. Die Ausgleichskasse habe auf eine Einsichtnahme in den Kollokationsplan verzichtet, so dass zum vornherein nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Einsichtnahme abgestellt werden könne. Es bleibe deshalb zu prüfen, wann die Ausgleichskasse bei der ihr vernünftigerweise zumutbaren Aufmerksamkeit frühestens hätte erkennen können, dass die finanzielle Lage der konkursiten Firma eine Schadenersatzpflicht begründen könnte. Dazu führt das kantonale Gericht aus (Erw. 3c und 4 des angefochtenen Entscheids): "In Anlehnung an die Praxis zum Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist für die Wahrung eines Rückforderungsanspruchs gemäss Art. 47 Abs. 2 AHVG beginnt die Frist in dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Ausgleichskasse bei der gebotenen Aufmerksamkeit erstmals hätte merken können, dass die Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht bestehen. Um diesen Punkt beurteilen zu können, müssen der Ausgleichskasse alle im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sein, aus deren Kenntnis sich der Schadenersatzanspruch dem Grundsatze nach und in seinem Ausmass gegenüber einem rückerstattungspflichtigen Organ der konkursiten Firma ergibt (vgl. BGE 112 V 181 Erw. 4a mit Hinweisen)." "Fällt die fristauslösende Kenntnis des Schadens wie vorliegend mit der Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars zusammen, so kann die Ausgleichskasse frühestens am ersten Tag nach der Bekanntgabe der Auflage im SHAB in Erfahrung bringen, ob und in welchem Umfange ihre im Konkurs eingegebene Forderung möglicherweise nicht befriedigt werden kann. Der BGE 121 V 234 S. 237 Beginn des Fristenlaufs setzt allerdings voraus, dass das Konkursamt an diesem Tag der Öffentlichkeit auch zugänglich ist. Die Frist des Art. 82 Abs. 1 AHVV beginnt deshalb am ersten Werktag nach der öffentlichen Bekanntmachung der Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars zu laufen, an welchem das Konkursamt, bei dem die Auflage stattfindet, dem Publikumsverkehr geöffnet ist. Vor diesem Zeitpunkt ist es der Ausgleichskasse in der Regel nicht möglich, sich Kenntnis vom Inhalt des Kollokationsplanes zu verschaffen. Dagegen ist für den Beginn der Frist des Art. 82 Abs. 1 AHVV nicht auf das Ende der Auflagefrist des Kollokationsplanes abzustellen, da die Ausgleichskasse bei der gebotenen pflichtgemässen Sorgfalt - wozu auch die tatsächliche Einsichtnahme in den Kollokationsplan mitsamt Inventar im Falle einer möglichen Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG gehört - bereits früher - entweder im Zeitpunkt der tatsächlichen Einsichtnahme oder aber im Zeitpunkt der frühest möglichen Einsichtnahme - vom Schaden Kenntnis hat bzw. haben konnte." Vorliegend habe die Frist des Art. 82 Abs. 1 AHVV mit dem ersten Werktag nach der Bekanntmachung der Auflage im SHAB - mithin am 16. August 1993 (Montag) - zu laufen begonnen. Die Schadenersatzverfügung der Ausgleichskasse vom 25. August 1994 erweise sich damit als verspätet, so dass die Klage zufolge Verwirkung des Schadenersatzanspruchs abzuweisen sei. Im übrigen wäre der Anspruch auch verwirkt, so das kantonale Gericht weiter, wenn für den Beginn des Fristenlaufs auf das Datum der am Mittwoch, den 18. August 1993, erfolgten Publikation der Auflage des Kollokationsplanes im Amtsblatt des Kantons Bern abgestellt würde. c) Das Bundesamt begründet die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im wesentlichen damit, dass das Eidg. Versicherungsgericht - entgegen dem Anschein - in BGE 119 V 89 ff. doch die beiden Extrempunkte für die Fristauslösung festgelegt habe. Nachdem es für die Kenntnis des Schadens grundsätzlich auf die Möglichkeit der Einsichtnahme ( BGE 119 V 93 Erw. 4a) ankomme, sei für die Fristauslösung in der hier zur Diskussion stehenden Konstellation auf die tatsächliche Kenntnisnahme während der Kollokationsplanauflagefrist bzw. auf den letzten Tag dieses Zeitraumes abzustellen. Mutatis mutandis solle für den Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist nach Art. 82 Abs. 1 AHVV das gleiche gelten wie für den Start der Rechtsmittelfrist bei Zustellung eingeschriebener Postsendungen. Diesbezüglich verweist die Verwaltung auf das nicht publizierte Urteil B. vom 24. Juli 1995. 5. a) Die Rechtsprechung geht, was ebenfalls bereits die Vorinstanz dargelegt hat und im übrigen von den Parteien nicht bestritten wird, davon BGE 121 V 234 S. 238 aus, dass in Haftungsfällen nach Art. 52 AHVG im Regelfall - zumal bei Konkursen und Nachlassverträgen mit Vermögensabtretung - die fristauslösende Kenntnis des Schadens mit der Eröffnung der Kollokation der Forderungen bzw. mit der Auflage von Kollokationsplan und Inventar zusammenfällt. Damit wurde der Zeitpunkt für den Beginn des Fristenlaufs für eine rechtzeitige Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs nur dem Grundsatz nach festgelegt, was aus BGE 119 V 93 Erw. 4a i.f. klar hervorgeht. Die in jenem Urteil offen gelassene Rechtsfrage nach dem genauen Zeitpunkt der nach Art. 82 Abs. 1 AHVV fristauslösenden Schadenskenntnis im genannten Regelfall, mithin ob dafür die öffentliche Bekanntmachung im SHAB, die tatsächliche Einsichtnahme auf dem Konkursamt oder das Ende der Auflagefrist massgebend ist, gilt es im folgenden zu beantworten. b) Es trifft zu, dass es der Ausgleichskasse an sich möglich wäre, frühestens am Tag der Bekanntmachung im SHAB oder - wenn das Konkursamt an diesem Tag dem Publikum nicht zugänglich ist - am nächstfolgenden Werktag in den Kollokationsplan Einsicht zu nehmen ( BGE 112 III 42 ). Es wäre daher nach den Grundsätzen über die Kenntnis oder die zumutbarerweise mögliche Kenntnis des Schadens durchaus denkbar, die Einjahresfrist an diesem Zeitpunkt zu eröffnen. Dies müsste dann aber logischer- und konsequenterweise immer gelten; d.h. auch in jenen Fällen, wo die Ausgleichskasse während der laufenden Auflagefrist tatsächlich in den Kollokationsplan Einsicht nimmt oder wo sie, wie vorliegend, auf diese Vorkehr verzichtet. Die Rechtsauffassung der Vorinstanz, entweder auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Einsichtnahme oder aber - so darauf verzichtet wird - auf den Zeitpunkt der frühest möglichen Einsichtnahme abzustellen, erscheint in sich widersprüchlich. Eine Praxis, welche der wirklichen Einsichtnahme auf dem Konkursamt während der Auflagefrist keinerlei Rechtswirkung für die Fristauslösung beimessen würde, wäre weder sachgerecht noch vernünftig. Die Kenntnisnahme des Schadens - und dies ist der springende Punkt der in BGE 119 V 92 Erw. 3 wiedergegebenen Rechtsprechung - erfolgt durch die tatsächliche Einsichtnahme in den Kollokationsplan. Kommt es aber in erster Linie darauf an, kann sich dann, wenn dieses Recht nicht ausgeübt wird, rechtslogisch nur die Frage stellen, wann die Ausgleichskasse durch die entsprechende Vorkehr spätestens vom Schaden hätte Kenntnis nehmen können, und nicht, wann sie frühestens diese Möglichkeit gehabt hätte. Der Ausgleichskasse muss zugestanden werden, die BGE 121 V 234 S. 239 Auflagefrist bis zum letzten Tag auszuschöpfen. Diese Auffassung teilte auch das Bundesgericht im bereits erwähnten BGE 112 III 44 Erw. 3a deutlich, indem es ausführte: "Das Bundesgericht hat (...) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass in jedem Fall die Einsicht in den Kollokationsplan gewährleistet sein muss und deshalb nicht ausschliesslich auf das Datum der Publikation abgestellt werden kann. Das versteht sich von selbst, lässt sich doch die ohnehin kurze Frist des Art. 250 Abs. 1 SchKG nur rechtfertigen, wenn dem Gläubiger über die ganze Frist hinweg die Möglichkeit zur Einsicht in den Kollokationsplan angeboten wird". Dass gesetzte Fristen bis zu ihrem Ablauf genutzt werden können, entspricht ausserdem einem allgemeinen und insbesondere prozessualen Rechtsgrundsatz sowie der Zielsetzung und Handhabung solcher Regelungen, wie sie gerade auch für Rechtsmittelfristen üblich sind (vgl. MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 23 ff. N 20). Im übrigen hat das Bundesgericht in besagtem Entscheid festgehalten: "Ob ein Gläubiger aus Gründen, die in seiner Person liegen, von dieser Möglichkeit (zur Einsichtnahme während der Frist) wirklich Gebrauch macht oder nicht, spielt dann allerdings - mindestens dem Grundsatz nach und unter Vorbehalt einer allfälligen Wiederherstellung der Frist - keine Rolle" ( BGE 112 III 44 Erw. 3a i.f.). Wieso dies für den Fall, da es sich bei der Gläubigerin um eine Ausgleichskasse handelt, im Rahmen von Art. 82 Abs. 1 AHVV nicht gleichermassen gelten sollte, ist nicht einzusehen. Wenn sich die Vorinstanz an die Praxis für die Wahrung eines Rückforderungsanspruchs gemäss Art. 47 Abs. 2 AHVG anlehnt, scheint sie zu übersehen, dass dort in der Regel keine Fristen für die Akteneinsicht mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme des Schadens von Belang sind. 6. Aus dem Gesagten folgt für den vorliegenden Fall, wo der Kollokationsplan gemäss den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen bis zum 25. August 1993 aufgelegt war, dass die Schadenersatzverfügung vom 25. August 1994 gerade noch innerhalb der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV und somit rechtzeitig erlassen worden ist. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es nach Prüfung der weiteren materiellen Haftungsvoraussetzungen über die Schadenersatzklage neu entscheide.
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Urteilskopf 112 III 109 26. Estratto della sentenza 16 settembre 1986 della Camera delle esecuzioni e dei fallimenti nella causa X. contro Y. (ricorso)
Regeste Anfechtung des Lastenverzeichnisses ( Art. 140 Abs. 2 SchKG , Art. 39 Abs. 1 VZG ). Das Betreibungsamt hat denjenigen, der ein in das Lastenverzeichnis aufgenommenes Recht bestreitet, ohne Verzug aufzufordern, im Sinne von Art. 107 Abs. 1 SchKG gerichtliche Klage zu erheben.
Sachverhalt ab Seite 109 BGE 112 III 109 S. 109 A.- L'8 febbraio 1985 Y. ha chiesto all'Ufficio esecuzione e fallimenti di Lugano, Circondario 1, di continuare la procedura esecutiva in via di realizzazione del pegno immobiliare ch'egli aveva iniziato il 10 agosto 1983 nei confronti della società X. Comunicata a quest'ultima la domanda di vendita, l'Ufficio ha fatto allestire una perizia sul valore dell'immobile e in base anche a un estratto del registro fondiario ha preparato l'elenco degli oneri. Nel medesimo, notificato il 25 novembre successivo, figurano due ipoteche legali a favore dell'ente pubblico, svariate cartelle ipotecarie (tra cui quella all'origine dell'esecuzione) e l'ipoteca legale di un imprenditore. B.- La società debitrice ha contestato il 5 dicembre 1985 presso l'Ufficio esecuzione e fallimenti l'esistenza, l'estensione, il grado e l'esigibilità di tutte le pretese indicate nell'elenco degli oneri, salvo le ipoteche legali dell'ente pubblico. Sospeso l'incanto, l'Ufficio ha impartito all'opponente, con cinque avvisi separati del 6 dicembre 1985, un termine di dieci giorni per promuovere contro i singoli BGE 112 III 109 S. 110 creditori pignoratizi un'azione intesa al disconoscimento degli oneri. Il 17 dicembre la debitrice è insorta alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, autorità di vigilanza, proponendo che le cinque assegnazioni di termine fossero invalidate. A suo avviso l'Ufficio, prima di rinviare al foro civile, doveva trasmettere le contestazioni ai creditori concedendo loro dieci giorni per pronunciarsi. La corte ha respinto il reclamo con sentenza del 12 agosto 1986. C.- Il 5 settembre 1986 X. ha esperito alla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti del Tribunale federale un ricorso in cui chiede di annullare il giudizio a lei sfavorevole formulando la conclusione già espressa in sede di reclamo. Il Tribunale federale non ha ordinato scambi di memorie scritte. Erwägungen Dai considerandi: 4. a) L' art. 39 cpv. 1 RFF stabilisce che in caso di contestazione sull'elenco degli oneri l'Ufficio procede giusta l' art. 107 cpv. 1 LEF . Chi insta per la modifica o la cancellazione di un diritto figurante nel registro fondiario la cui esistenza o il cui grado dipenda dall'iscrizione si vede dunque impartire un termine di dieci giorni entro il quale far valere in giudizio la propria richiesta. È vero che FAVRE (Droit des poursuites, III edizione, pag. 234 n. 7B lett. a) e GILLIÉRON (Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Losanna 1985, pag. 215 terzultimo capoverso) suffragano la tesi della ricorrente. A loro parere, e in ossequio all' art. 106 cpv. 2 LEF , la contestazione dell'elenco oneri va trasmessa previamente al titolare del diritto avversato e al debitore (sempre che la contestazione non emani dal medesimo) con l'invito a pronunciarsi entro dieci giorni; se essi rimangono silenti o riconoscono la contestazione l'immobile è venduto senza l'onere litigioso, altrimenti l'Ufficio applica l' art. 107 cpv. 1 LEF . Tale opinione però non appare specialmente motivata né trova il conforto della giurisprudenza né si attiene al testo univoco dell' art. 39 cpv. 1 RFF . Ora, per prassi costante, il significato di una norma dev'essere inteso anzitutto nella sua accezione letterale ( DTF 110 V 39 con riferimenti). Da un testo chiaro è lecito scostarsi solo ove questo travisi lo scopo e la portata della disposizione, implicando effetti estranei agli intendimenti del legislatore, al concetto di giustizia o alla parità di trattamento ( DTF 108 Ia 297 , 196, 80 consid. 4c con citazioni, DTF 108 II 151 BGE 112 III 109 S. 111 consid. 2, 105 II 138 consid. 2a). Nel caso in discorso non si ravvisano estremi del genere. L'assunto secondo cui l' art. 39 cpv. 1 RFF rinvia all'art. 106 cpv. 2 prima che all' art. 107 cpv. 1 LEF non è sostenuto nemmeno da altri autori. AMONN (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, III edizione, pag. 240 n. 29) afferma che in presenza di una contestazione su un diritto incluso nell'elenco degli oneri l'Ufficio deve invitare subito l'opponente a promuovere la causa civile. Identico punto di vista si rinviene in BLUMENSTEIN (Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Berna 1911, pag. 460 n. 2cc), JAEGER (Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. I, Losanna 1920, pag. 522; troisième et quatrième suppléments, Losanna 1949, pag. 157 supra), JOOS (Handbuch für die Betreibungsbeamten der Schweiz, Wädenswil 1964, pag. 240 infra) e in FRITZSCHE/WALDER (Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, vol. I, Zurigo 1984, pag. 443 n. 16). La dottrina cui si è appena alluso merita conferma (cfr. l'art. 20 delle istruzioni 7 ottobre 1920/29 novembre 1976 sul regolamento concernente la realizzazione forzata dei fondi: testo francese in JAEGER/KRAUSKOPF-PENEVEYRE, La poursuite pour dettes et la faillite, XII edizione, pag. 490; testo tedesco in WALDER-BOHNER, Schuldbetreibung und Konkurs, XI edizione, pag. 427). Certo, l' art. 140 cpv. 2 LEF si richiama agli art. 106 e 107 LEF . L'appuramento degli oneri (art. 38 segg. RFF) è, in effetti, una procedura parallela a quella di rivendicazione nel pignoramento dei beni mobili. Non bisogna dimenticare tuttavia che nella realizzazione forzata dei fondi l'elenco degli oneri equivale di per sé a un compendio di rivendicazioni nel senso dell' art. 106 cpv. 1 LEF , siano queste insinuate dai creditori o desunte dal registro fondiario. Il termine di dieci giorni assegnato dall'Ufficio in virtù degli art. 140 cpv. 2 LEF e 37 cpv. 2 RFF corrisponde già, in altre parole, al termine per le contestazioni istituito dall' art. 106 cpv. 2 LEF . Se nessuno degli interessati agisce tempestivamente, il diritto rivendicato sotto forma di iscrizione nell'elenco degli oneri si considera riconosciuto, così come si considera riconosciuta la rivendicazione del terzo se il debitore e il creditore non eccepiscono alcunché ( art. 106 cpv. 3 LEF ). Se invece un interessato contesta un diritto figurante nell'elenco degli oneri, egli stesso fa uso della facoltà di opposizione prevista dagli art. 106 cpv. 2 LEF e 37 cpv. 2 RFF. La procedura dell' art. 106 LEF è allora terminata e all'Ufficio non rimane che procedere a norma dell' art. 107 LEF , BGE 112 III 109 S. 112 in sintonia appunto con l' art. 39 cpv. 1 RFF . L'argomentazione della ricorrente si dimostra, ciò premesso, destituita di consistenza e l'impugnativa dev'essere respinta.
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Urteilskopf 122 III 279 50. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Juli 1996 i.S. W. gegen S. (Berufung)
Regeste Mitwirkung Unbefugter bei der Beschlussfassung in der Aktiengesellschaft ( Art. 691 Abs. 2 und 3 OR ); Rechtsschutzinteresse. Die Klage nach Art. 691 Abs. 3 OR ist ein Unterfall der Anfechtungsklage nach Art. 706 f. OR. Sie zielt auf die Beseitigung des Abstimmungs- oder Wahlergebnisses ab (Gestaltungsklage). Dem Aktionär fehlt das Rechtsschutzinteresse an einer selbständigen Klage, mit der im Ergebnis lediglich ein Mehrheitsbeschluss bestätigt werden soll, auch wenn dieser gleichzeitig Gegenstand einer Anfechtungsklage anderer Aktionäre ist.
Sachverhalt ab Seite 280 BGE 122 III 279 S. 280 Die S. beschloss an ihrer ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 1994 eine Änderung der Kapitalstruktur durch die Schaffung von Einheitsinhaberaktien. Zwei Aktionäre, die X. AG und Y., haben diesen Beschluss angefochten, soweit hier von Interesse mit der Begründung, er sei unter Missachtung statutarischer Stimmrechtsbeschränkungen zustande gekommen. In diesen Anfechtungsprozessen hat die S. unter anderem den Einwand der fehlenden Kausalität ( Art. 691 Abs. 3 OR ) erhoben und geltend gemacht, allfällige Stimmrechtsbeschränkungen seien jedenfalls im Lager der Beschlussgegner missachtet worden; bei Streichung dieser Nein-Stimmen sei das erforderliche Mehr für die Annahme des Antrags auf Schaffung von Einheitsinhaberaktien selbst dann erreicht, wenn die verlangten Korrekturen auf der zustimmenden Seite vorgenommen würden. Die Anfechtungsklagen der X. AG und von Y. sind vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich hängig. W. ist Aktionär der S. Mit Klage vom 28. April 1995 gegen die S. verlangte er (1) die Feststellung, anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 22. November 1994 seien bei der Abstimmung über die Änderung der Kapitalstruktur statutengemäss unbeachtliche Nein-Stimmen abgegeben und mitgezählt worden, (2) die Ungültigerklärung dieser Stimmen und (3) die entsprechende Korrektur des Abstimmungsprotokolls. Im Eventualstandpunkt beantragt er die Aufhebung des Beschlusses über die BGE 122 III 279 S. 281 Änderung der Kapitalstruktur und die Feststellung, der Antrag des Verwaltungsrates auf Änderung der Kapitalstruktur sei mit dem entsprechend den Hauptbegehren 2 und 3 berichtigten Abstimmungsergebnis zustande gekommen (recte: angenommen worden). Mit Beschluss vom 12. Juni 1995 trat das Handelsgericht des Kantons Zürich auf die Klage nicht ein. Es verneinte ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse des Klägers an den gestellten Begehren. Der Kläger führt eidgenössische Berufung mit dem Antrag, den Beschluss des Handelsgerichts vom 12. Juni 1995 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Klage einzutreten. Die Beklagte hat sich zur Berufung vernehmen lassen, sich der Stellung eines Antrags aber ausdrücklich enthalten. Das Handelsgericht hat auf die Einreichung von Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Jeder Aktionär ist befugt, gegen die Teilnahme unberechtigter Personen an einer Generalversammlung beim Verwaltungsrat oder zu Protokoll der Versammlung Einspruch zu erheben ( Art. 691 Abs. 2 OR ). Wirken Personen, die zur Teilnahme nicht befugt sind, bei einem Beschluss mit, so kann jeder Aktionär, auch wenn er nicht Einspruch erhoben hat, diesen Beschluss anfechten, sofern die beklagte Gesellschaft nicht nachweist, dass diese Mitwirkung keinen Einfluss auf die Beschlussfassung ausgeübt hatte ( Art. 691 Abs. 3 OR ). Der dem Aktionär in Art. 691 Abs. 3 OR gegebene Rechtsbehelf ist ein Unterfall der allgemeinen Anfechtungsklage nach Art. 706 f. OR ( BGE 96 II 18 E. 3; PATRICK SCHLEIFFER, Der gesetzliche Stimmrechtsausschluss im schweizerischen Aktienrecht, Diss. Zürich 1993, S. 296 f.; PETER BÖCKLI, Schweizerisches Aktienrecht, 2. Aufl., 1996, Rz. 1909a; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, S. 249 ff., insbesondere Rz. 14 und 33). Es handelt sich um eine Gestaltungsklage, die auf eine rückwirkende Aufhebung des angefochtenen Generalversammlungsbeschlusses für und gegen alle Aktionäre abzielt ( Art. 706 Abs. 5 OR ; BGE 110 II 387 E. 2c). Sie steht einzig für die Behauptung offen, ein Beschluss der Generalversammlung verstosse zwar nicht inhaltlich, aber wegen der Art seines Zustandekommens gegen das Gesetz oder die Statuten. Anfechtungsobjekt ist desungeachtet der Beschluss in seiner materiellen Tragweite, und begehrt wird die Beseitigung seiner Rechtswirkung. BGE 122 III 279 S. 282 Mit seinem Eventualantrag hat der Kläger zwar formell die Aufhebung des Beschlusses vom 22. November 1994 verlangt, gleichzeitig aber die Feststellung, dass dieser mit anderem Stimmenverhältnis zustande gekommen sei. Zu Recht hat das Handelsgericht darin inhaltlich keine Anfechtungsklage im Sinn von Art. 691 Abs. 3 OR erblickt, weil der Kläger nicht in Frage stellt, dass der angefochtene Beschluss gültig gefasst wurde, sondern im Ergebnis bloss festgestellt haben will, er sei anders als protokolliert zustande gekommen. Sollen die beanstandeten Stimmenverhältnisse aber nach dem Willen des Klägers ohne Einfluss auf die Entscheidung als solche bleiben, ist ihm die Anfechtungsklage verschlossen (vgl. Art. 691 Abs. 3 OR ). Das Anfechtungsinteresse hat sich auf die Rechtsgestaltung und damit auf die Beseitigung des Abstimmungs- oder Wahlergebnisses zu beziehen. 3. a) Im Prozess vorgetragene Begehren sind materiell nur zu beurteilen, wenn sie auf einem hinreichenden und in der Regel aktuellen (vgl. allerdings BGE 116 II 196 E. 2a) Interesse gründen. Geht es um Ansprüche des Bundesrechts, beurteilt sich abschliessend danach, ob ein hinreichendes Interesse an deren gerichtlichen Beurteilung besteht ( BGE 116 II 351 E. 3a). Ein solches fehlt im allgemeinen, wenn der streitige Anspruch bereits befriedet, weitergehend als verlangt sogleich oder überhaupt nicht befriedet werden kann. Erforderlich ist im Regelfall ein persönliches Interesse des Petenten, welches in dem Sinn rechtlicher Natur ist, als die anbegehrte Feststellung oder Gestaltung einer Rechtslage ihm einen Nutzen eintragen muss ( BGE 116 II 196 E. 2a). Dies gilt im Grundsatz ebenfalls für die aktienrechtliche Anfechtungsklage, wenngleich nach der Rechtsprechung in diesem Bereich ein weitgefasster Interessenbegriff greift und - vorbehältlich des Rechtsmissbrauchsverbots - die Absicht genügt, die Gesellschaftsinteressen wahrzunehmen ( BGE 74 II 41 E. 4a, BGE 75 II 149 E. 2b, BGE 86 II 165 E. 3, BGE 107 II 179 E. 2). Erforderlich ist aber auch hier, dass durch ein die Begehren gutheissendes Urteil die Rechtsstellung des anfechtenden Aktionärs berührt wird. Das Prozessrecht steht nicht zur Verfügung, abstrakte Rechtsfragen ohne Wirkung auf konkrete Rechtsverhältnisse zu beurteilen. Dies gilt im Grundsatz gleichermassen für Feststellungs-, Leistungs- und Gestaltungsklagen. Wo sodann verschiedene Klagen in Konkurrenz zueinander stehen, ist zusätzlich der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten und daher diejenige zu erheben, welche dem Kläger den angestrebten Nutzen bereits unmittelbar einzutragen vermag. BGE 122 III 279 S. 283 b) Der Kläger wendet sich nicht gegen die am 22. November 1994 beschlossene neue Kapitalstruktur der Beklagten, sondern will bloss das Abstimmungsergebnis dahingehend korrigiert wissen, dass weniger gültige Nein-Stimmen als protokolliert zu berücksichtigen seien. Dabei versteht sich von selbst, dass weder ihm noch der Gesellschaft einen rechtserheblichen Nutzen einträgt, wenn bei gleichbleibendem Abstimmungsresultat bloss das Stimmenverhältnis neu festgestellt wird. Mithin steht seinem Begehren von vornherein kein hinreichendes Rechtsschutzinteresse zur Seite, wenn der Beschluss in seinem Resultat nicht in Frage gestellt wird. c) Der vorliegende Fall weist indes die Besonderheit auf, dass der Beschluss als solcher von dritter Seite angefochten und damit in seiner Rechtsgestaltung beanstandet worden ist. Hier stellt sich die Frage, ob der Kläger als Aktionär befugt ist, mit selbständiger Klage den Standpunkt der Gesellschaft zu unterstützen, die in den Anfechtungsklagen gerügte Missachtung von Stimmrechtsbeschränkungen habe das Abstimmungsergebnis nicht beeinflusst, weil jedenfalls ungültige Nein-Stimmen mitgezählt worden seien und die gültigen Ja-Stimmen die gültigen Nein-Stimmen so oder anders überwogen hatten. aa) Passivlegitimiert im Anfechtungsprozess ist ausschliesslich die Gesellschaft ( Art. 706 Abs. 1 OR ). Die Mehrheitsaktionäre, die den Beschluss gefasst haben, sind es nicht ( BGE 23 I 913 E. 2; BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 54 zu Art. 706 OR ; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 254 Rz. 52; CHRISTOPH VON GREYERZ, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/2, S. 193), können der Gesellschaft aber allenfalls nach Massgabe des anwendbaren Prozessrechts als Nebenintervenienten beitreten (PETER BÖCKLI, a.a.O., Rz. 1915; DREIFUSS/LEBRECHT, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, Art. 530-1186 OR , N. 24 zu Art. 706; KUNO WALTER ROHRER, Aktienrechtliche Anfechtungsklage, Diss. Bern 1979, S. 89 f.). Im Prozess handelt die Gesellschaft durch den Verwaltungsrat, sofern dieser nicht seinerseits Anfechtungskläger ist ( Art. 706a Abs. 2 OR ; allerdings ist streitig, ob der Verwaltungsrat auch die Anfechtungsklage nach Art. 691 Abs. 3 OR erheben kann, vgl. zum Meinungsstand PATRICK SCHLEIFFER, a.a.O., S. 305 f.). Er hat dabei die Interessen der Gesellschaft, d.h. der Mehrheitsaktionäre zu verfechten und nicht die eigene - allenfalls davon abweichende - Auffassung zu vertreten, weshalb er über den Streitgegenstand auch nicht durch Klageanerkennung oder Vergleich verfügen kann ( BGE 80 I 385 E. 4; PETER BÖCKLI, a.a.O., Rz. 1918a; BGE 122 III 279 S. 284 FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 257 Rz. 73; DREIFUSS/LEBRECHT, a.a.O., N. 27 zu Art. 706 OR ; a.M. GUHL/KUMMER/DRUEY, Schweizerisches Obligationenrecht, 8. Aufl., 1995, Nachdruck, S. 696). Aus dieser Ordnung folgt, dass der Gesetzgeber die Wahrung der Interessen der Mehrheitsaktionäre im Anfechtungsprozess in die ausschliessliche Prozessführungsbefugnis der Gesellschaft, handelnd durch den Verwaltungsrat oder den nach Art. 706a Abs. 2 OR richterlich bestellten Vertreter, gestellt und die Aktionäre davon als Hauptparteien ausgeschlossen hat. Diese Ordnung der Prozessführungsbefugnis aber hat unabhängig von der jeweiligen Parteirolle zu gelten. Mit anderen Worten ist dem von der Passivlegitimation im Anfechtungsprozess ausgeschlossenen Mehrheitsaktionär auch verwehrt, durch selbständige Klage die Rechtsverbindlichkeit eines Generalversammlungsbeschlusses positiv feststellen zu lassen, und zwar unabhängig davon, ob der Beschluss von dritter Seite angefochten wird oder nicht. Die Ausschliesslichkeit des Anfechtungsprozesses verhindert eine selbständige Feststellungsklage. bb) Hinzu kommt ein weiteres: Mit den hier zu beurteilenden Begehren wird kein Gestaltungsklagerecht ausgeübt, welches darauf gerichtet wäre, die in der Gesellschaft beschlossene Rechtslage zu ändern, sondern wird deren Bestätigung beantragt, wenn auch auf anderer Grundlage. Soll indes an der rechtlichen Situation im Ergebnis nichts geändert werden, liegt richtig besehen eine Klage vor, mit der das Gericht um die Feststellung ersucht wird, die Rechtslage bestehe entsprechend dem gefassten Beschluss. Ein Urteil aber, welches einen Generalversammlungsbeschluss nicht aufhebt, sondern nach Massgabe der Vorbringen der Parteien bestätigt, hat keine Gestaltungswirkung für und gegen alle Aktionäre ( Art. 706 OR ), sondern entfaltet - wie die abgewiesene Gestaltungsklage (BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 72 zu Art. 706 OR ; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 256 Rz. 64 f.) - materielle Rechtskraftwirkung bloss unter den Prozessparteien und kann beispielsweise weiteren Anfechtungsklägern nicht mit bindender Wirkung entgegengehalten werden. Ihnen wäre daher insbesondere nicht verwehrt, die Ungültigkeit einzelner abgegebener Stimmen geltend zu machen, welche nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens gebildet hatten, und damit den Beschluss allenfalls trotz der ergangenen bestätigenden Feststellung zu Fall zu bringen. Damit stellt die zu beurteilende Klage entgegen der Auffassung des Klägers auch keine sogenannte positive BGE 122 III 279 S. 285 Beschlussfeststellungsklage dar. Mit dieser wird über die kassatorische Wirkung der Ungültigkeitserklärung hinaus verlangt, den rechtmässigen Beschlussinhalt klarzustellen, d.h. im Regelfall auf gerichtliche Feststellung der Annahme anstelle der protokollierten Ablehnung eines Antrags zu erkennen (PETER JÄGGI, Vom Abstimmungsverfahren in der Aktiengesellschaft, in: Privatrecht und Staat, Gesammelte Aufsätze, S. 315 ff., 323; PATRICK SCHLEIFFER, a.a.O., S. 311 ff.; ALFRED SCHETT, Stellung und Aufgaben der Verwaltung einer Aktiengesellschaft bei der Durchführung der ordentlichen Generalversammlung, Diss. Zürich 1977, S. 115). Ziel dieser Beschlussfeststellungsklage ist es, einen rechtmässigen Beschluss an die Stelle des rechtswidrigen zu setzen. Demzufolge ist sie ihrem Wesen nach nicht Feststellungs-, sondern Gestaltungsklage, gerichtet auf die Herstellung des rechtmässigen Beschlussergebnisses, auf die Änderung des Beschlussinhalts und damit auf eine gerichtliche Neuordnung der gesellschaftlichen Rechtslage (PETER BÖCKLI, a.a.O., Rz. 1411v; KARSTEN SCHMIDT, Grosskommentar zum AktG, 4. Aufl., Berlin 1996, N. 101 zu § 246 und N. 18 zu § 248). Entsprechend entfaltet das in Gutheissung der Klage ergehende Urteil Gestaltungswirkung und materielle Rechtskraft hinsichtlich der beurteilten Rechtslage für und gegen alle Aktionäre (PETER BÖCKLI, a.a.O., Rz. 1411v; KARSTEN SCHMIDT, a.a.O., N. 19/20 zu § 248 dAktG). Der Kläger will indes keine Neugestaltung, sondern die Bestätigung der protokollierten Rechtslage und daher reine Feststellung. Damit kann weiterhin offenbleiben, ob eine sogenannte positive Gestaltungsklage, welche sich richtig besehen von der Teilanfechtung eines Beschlusses analog dem Regelungsgehalt von Art. 20 Abs. 2 OR unterscheidet (dazu BGE 86 II 78 E. 5), auch im schweizerischen Recht zulässig ist ( BGE 75 II 149 E. 2b am Ende). An der erhobenen Klage besteht demzufolge auch unter diesem Blickwinkel kein objektiv hinreichendes Rechtsschutzinteresse. cc) Nach Art. 691 Abs. 3 OR kann die Gesellschaft den Erfolg der Anfechtungsklage trotz tatsächlicher Mitwirkung Unbefugter dadurch abwenden, dass sie nachweist, das Abstimmungsergebnis sei dadurch nicht beeinflusst worden. Dreht sich der Anfechtungsstreit dabei ausschliesslich um die Frage einer Missachtung von Stimmverbotsvorschriften und nicht (auch) um die Teilnahme Unbefugter an der Generalversammlung, ist im Rahmen der Kausalitätswiderlegung einzig zu prüfen, ob die unzulässig abgegebenen Stimmen das Abstimmungsergebnis zahlenmässig beeinflusst haben ( BGE 71 II 277 E. 1; PATRICK SCHLEIFFER, a.a.O., S. 300). Dieser an sich BGE 122 III 279 S. 286 selbstverständliche Kausalitätsgrundsatz beruht auf praktischen Überlegungen (BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 31 zu Art. 691 OR ): Im Interesse der Gesellschaft und der nicht anfechtungswilligen Aktionäre sollen die Abhaltung unnötiger Generalversammlungen und die mit einer Wiederholung des angefochtenen Beschlusses verbundenen Umtriebe vermieden werden, wenn feststeht, dass die Abstimmung auch bei Berücksichtigung der Verfahrensvorschriften zum gleichen Ergebnis führt (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 7. Aufl., 1993, S. 294 Rz. 131; PATRICK SCHLEIFFER, a.a.O., S. 299). Gleichzeitig wird dadurch verhindert, dass die Tätigkeit der Gesellschaft durch an sich unnütze Anfechtungsklagen blockiert wird (ANDREAS LÄNZLINGER, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, Art. 530-1186 OR , N. 15 zu Art. 691). Aus Sinn und Zweck des Kausalitätserfordernisses und aus dem Wesen des Gestaltungsurteils folgt dabei, dass die beklagte Gesellschaft zur Kausalitätswiderlegung umfassend zuzulassen und nicht etwa darauf beschränkt ist, bloss die Erheblichkeit der beanstandeten Stimmen auf das Abstimmungsergebnis in Abrede zu stellen. Da die Verwaltung den Prozess nicht im eigenen, sondern im Interesse der Mehrheitsaktionäre führt, können ihr allfällige eigene Versäumnisse in der Führung und Abwicklung der Generalversammlung von vornherein nicht entgegengehalten werden, sondern höchstens solche der Versammlung bzw. deren Mehrheit selbst, welche Einwände sich auch selbständig zur Klage befugte Aktionäre entgegenhalten lassen müssten. Aus dem Grundsatz, dass die Verwaltung die Interessen der Gesellschaftsmehrheit zu wahren hat, obliegt ihr zudem, allfällig unzulässige Gegenstimmen zum angefochtenen Beschluss zu beweisen und aufzuzeigen, dass bei der Streichung aller unzulässigen Ja- wie Nein-Stimmen die Entscheidung gleich wie protokolliert ausgefallen wäre. Aus der Stellung der Gesellschaft im Anfechtungsverfahren schliesslich folgt, dass sie nach der gesetzlichen Ordnung auch den Einwand der fehlenden Kausalität allein erheben kann, somit den anfechtungsunwilligen Aktionären darüber kein eigenes Klagerecht zusteht. Sie sind, wie das Handelsgericht zutreffend erkannt hat, höchstens als Nebenparteien (Intervenienten) zum Verfahren zuzulassen und im übrigen auf allfällige Verantwortlichkeitsansprüche verwiesen.
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Urteilskopf 104 Ib 68 13. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. April 1978 i.S. Glutz AG gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum
Regeste Alt Art. 24 Abs. 1 lit. a und c PatG . Ist ein Patentanspruch nach der in der Schweiz bestehenden Übung abgefasst und aufgeteilt worden, so ist ein teilweiser Verzicht auf den Anspruch auch dadurch möglich, dass der Patentinhaber Merkmale aus dem kennzeichnenden Teil in den Oberbegriff versetzt.
Erwägungen ab Seite 69 BGE 104 Ib 68 S. 69 Erwägungen: 1. (Ausführungen darüber, dass die Streitfrage gemäss Art. 142 Abs. 1 lit. b PatG nach dem alten Recht zu beurteilen ist.) 2. ... Die Beschwerdeführerin begründet den Teilverzicht damit, sie habe anhand in- und ausländischer Patente nachträglich die Einsicht gewonnen, dass der eingetragene Patentanspruch im Oberbegriff den Stand der Technik unvollständig wiedergebe und im kennzeichnenden Teil vorweggenommene Merkmale enthalte. Darauf braucht indes nicht näher eingetreten zu werden, da im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu befinden ist, ob die von der Beschwerdeführerin entwickelte Langlaufbindung nach dem einen oder andern ihrer Ansprüche überhaupt patentfähig sei. Für die Beurteilung der Frage, ob der teilweise Verzicht zulässig ist, braucht der Richter bloss zu wissen, dass und inwiefern der neue Patentanspruch vom ursprünglichen abweicht, dass beide Ansprüche sich aber auf die gleiche Erfindung beziehen. Nach der angefochtenen Verfügung ist darin, dass die Patentinhaberin in der neuen Fassung den Stand der Technik angeblich in erhöhtem Masse berücksichtigt hat, keine Einschränkung des Patentanspruches zu erblicken. Die Beschwerdeführerin hält dem vorweg entgegen, dass weder das Gesetz (Art. 24, 25 und 27) noch die Verordnung II (Art. 49) den Begriff der Einschränkung umschreibe und dass ihre Erklärung vom 8. August 1977 die Bedingungen des teilweisen Verzichts auf das Patent gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG erfülle. Sie macht sodann unter Hinweis auf die Botschaft zum Gesetz (BBl 1950 I 1020/21), auf BLUM/PEDRAZZINI (Schweizerisches Patentrecht, 2. Aufl. II S. 81 und 231) sowie auf BGE 100 II 57 und BGE 74 II 110 geltend, dass das Amt das Gesetz willkürlich auslege und dass insbesondere eine Einschränkung des Patentanspruches durch Einengung des Oberbegriffs möglich sei. Die Beschwerdeführerin äussert sich schliesslich zu der vom Amt selber empfohlenen BGE 104 Ib 68 S. 70 Aufteilung des Patentanspruchs in Oberbegriff und kennzeichnenden Teil, um daraus unter Berufung auf BGE 83 II 224 und BGE 69 II 322 zu folgern, dass die Aufteilung rechtserheblich sei, sie sich daran gehalten habe und dass die mit einem Teilverzicht versehene Neufassung des Patentanspruchs Dritten ihre Absicht offenbare, der Aufteilung die übliche Bedeutung zukommen zu lassen. Das Amt beharrt in der Vernehmlassung auf seinem Standpunkt; es hält namentlich daran fest, dass die Beschwerdeführerin lediglich einige kennzeichnende Merkmale in den Oberbegriff versetzt habe, worin weder eine Einschränkung noch ein teilweiser Verzicht auf das Patent zu erblicken sei. 3. In dem von beiden Parteien angerufenen Entscheid 83 II 225/6 führte das Bundesgericht u.a. aus, der sachliche Geltungsbereich des Patentes bestimme sich nach dem vom Patentbewerber aufgestellten Patentanspruch, welcher der Umschreibung (Definition) der Erfindung diene. Wenn der Anspruch nach den Grundsätzen der Logik abgefasst werde, besage er daher, durch welche Merkmale die Erfindung sich vom Begriff der nächsthöheren Gattung unterscheide. In der Schweiz sei es denn auch üblich, den Patentanspruch aus einem Oberbegriff und einem sogenannten kennzeichnenden Teil zusammenzusetzen, weshalb in der Regel anzunehmen sei, im Oberbegriff werde gesagt, welcher Gattung die Erfindung angehöre, im kennzeichnenden Teil dagegen, durch welche Merkmale sie sich innerhalb dieser Gattung von anderen Begriffen unterscheide. Das Wesen der Erfindung komme also gewöhnlich erst in jenem Teil zum Ausdruck, welcher der Wendung "dadurch gekennzeichnet" folge, während der vorausgehende Oberbegriff sich lediglich mit schon Bekanntem, nicht zur Erfindung Gehörendem befasse. Diese Erwägungen schliessen nicht aus, dass es sich auch anders verhalten, das Wesen der Erfindung allenfalls schon dem Oberbegriff entnommen werden kann, wie das Bundesgericht im gleichen Entscheid (S. 226 ff.) gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben ausgeführt hat. Das heisst entgegen der Schlussfolgerung des Amtes jedoch nicht, dass für die Ermittlung und Würdigung des Erfindungsgedankens selbst im Regelfall auf den ganzen Patentanspruch abzustellen sei. Wird die Erklärung der Beschwerdeführerin vom 8. August 1977 auf den in BGE 83 II 226 erwähnten Regelfall bezogen, BGE 104 Ib 68 S. 71 so kommt sie praktisch einem Teilverzicht gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. a PatG gleich, da die Patentinhaberin vier Merkmale aus dem kennzeichnenden Teil in den Oberbegriff übertragen hat, also ihren Anspruch insoweit aufgehoben wissen will. Zu einem solchen Teilverzicht erklärte das Bundesgericht im Entscheid 86 II 106, er bestehe darin, dass ein Patentanspruch oder Unteranspruch aufgehoben, also fallen gelassen werde; das habe zur Folge, dass für die in ihm genannten Merkmale kein Erfindungsschutz mehr beansprucht werde. Hinsichtlich dieser Merkmale werde mit der Aufhebung des Anspruchs anerkannt, dass sie keinen erfinderischen Charakter aufwiesen, vorbekannt seien und somit zum Stand der Technik im Zeitpunkt der Anmeldung gehörten. Im gleichen Sinne äussert sich TROLLER (Immaterialgüterrecht, 2. Aufl. II S. 885). Nach seiner Auffassung ist der aus dem Schutzbereich herausgenommene Patentanspruch in den Oberbegriff aufzunehmen; obschon auch dieser Begriff ausnahmsweise zur Bestimmung des Schutzumfanges herbeigezogen werden dürfe, werde dadurch klar gemacht, dass der Anspruch, auf den verzichtet wurde, zum freien Stand der Technik gehöre. Gerade das hat die Beschwerdeführerin mit gewissen kennzeichnenden Merkmalen innerhalb ihres einzigen Patentanspruchs getan. Sie will den Anspruch sorgfältig in der üblichen Art und Weise aufgeteilt haben und ihre Willensäusserung selber als Teilverzicht ausgelegt wissen. Sie erklärt ferner, durch die Aufnahme einzelner Merkmale in den Oberbegriff werde diesen das Neue und Erfinderische aberkannt und das Wesen der Erfindung auf die im kennzeichnenden Teil verbleibenden Merkmale beschränkt. Es ist nicht zu ersehen, weshalb ein solches Vorgehen, das jenem nach Art. 24 Abs. 1 lit. a PatG gleicht, nicht als Einschränkung "auf anderm Wege" gemäss lit. c sollte gelten können, wenn es bloss um einen einzigen Patentanspruch geht. Wird das anerkannt, so sind entgegen den Einwänden des Amtes auch die weiteren Bedingungen der in lit. c enthaltenen Vorschrift erfüllt. Der neue Patentanspruch bezieht sich auf die gleiche Erfindung und definiert eine Ausführungsart, welche sowohl in der veröffentlichten Patentschrift wie in der am Anmeldedatum vorgelegten Beschreibung vorgesehen ist. Das Vorgehen der Beschwerdeführerin steht zudem im Einklang mit dem in der Botschaft (a.a.O. S. 1020) umschriebenen Grundgedanken des Gesetzes, wonach gegebenenfalls dem BGE 104 Ib 68 S. 72 Interesse des Patentinhabers, eine Nichtigkeitsklage zu vermeiden, entgegenzukommen und ihm ein Teilverzicht zu ermöglichen ist ( BGE 95 II 371 E. e). 4. Die Auffassung des Amtes vermag selbst bei anderer Betrachtung nicht zu überzeugen. Die von beiden Parteien angerufene Botschaft räumt zunächst auch in Fällen, in denen der Patentinhaber sich mit einem Anspruch mit oder ohne Unteransprüche begnügt, ein Interesse des Inhabers daran ein, durch zweckmässige Einschränkungen einer Nichtigkeitsklage vorzubeugen. Sie fährt dann fort, durch Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG werde die Möglichkeit geschaffen, den Patentanspruch mit Merkmalen aus der Beschreibung zu ergänzen; je mehr Merkmale in den Anspruch aufgenommen würden, desto enger werde der Geltungsbereich des Patentes (a.a.O. S. 1021). Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass Teilverzichte zumeist in dieser Weise vorgenommen werden. Weder aus der angeführten Stelle der Botschaft noch aus Art. 12 Abs. 1 PatV II, auf den das Amt sich beruft, folgt indes, dass der Patentanspruch "auf anderem Wege" nur durch Einfügen von Merkmalen aus der Beschreibung eingeschränkt werden dürfe. Das lässt sich umsoweniger sagen, als Art. 24 Abs. 1 lit. c PatG dazu keine näheren Angaben enthält, sein Wortlaut einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung also nicht entgegensteht (vgl. BGE 100 II 57 E. 2). Eine Vermehrung der Merkmale bedeutet zudem nicht notwendig eine Verengung des Patentbereiches, sondern kann diesen mitunter erweitern; sodann kann der Patentanspruch auch dadurch eingeschränkt werden, dass der Oberbegriff eingeengt wird (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O. S. 81 und 231). Das Amt anerkennt dies ebenfalls, meint aber, eine Einschränkung des Anspruches durch Einengung des Oberbegriffs sei nur unter der selbstverständlichen Voraussetzung anzunehmen, dass nicht gleichzeitig die Kennzeichnung entsprechend erweitert, die Einengung dadurch wieder aufgehoben und der beabsichtigte Teilverzicht hinfällig werde; genau das sei hier geschehen, da die Beschwerdeführerin lediglich die Mehrzahl der kennzeichnenden Merkmale in den Oberbegriff verschoben habe. Dieser Einwand geht zumindest für den Fall fehl, dass der Patentanspruch nach den Grundsätzen der Logik abgefasst und gemäss der in der Schweiz bestehenden Übung aufgeteilt wird. Das ist aber der Regelfall, von dem nach bereits Gesagtem BGE 104 Ib 68 S. 73 auszugehen ist. Diesfalls verlieren die in den Oberbegriff verwiesenen Merkmale ihren erfinderischen Charakter und werden zu zusätzlichen Elementen der Gattungsbeschreibung, wodurch der Patentanspruch eingeschränkt wird. Die streitige Teilverzichtserklärung der Beschwerdeführerin muss nach ihrem Sinn und Wortlaut gleich ausgelegt, und kann auch vom unbefangenen Dritten nach Treu und Glauben nicht anders verstanden werden.
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222d093c-e6e8-4856-8f40-a245d72df72b
Urteilskopf 101 Ia 66 12. Extrait de l'arrêt du 12 février 1975 en la cause Jan S.A. contre Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud et Gaston Jabès
Regeste Art. 89 Abs. 2 OG . Anwendung dieser Bestimmung bezüglich der Entscheide des Kantonsgerichts Waadt.
Erwägungen ab Seite 66 BGE 101 Ia 66 S. 66 Considérant en fait et en droit: 1. a) L'arrêt du Tribunal cantonal du 23 avril 1974 a été communiqué aux parties dans son dispositif le lendemain 24 avril. Le texte complet en a été envoyé aux parties par le Greffe du Tribunal le 24 mai 1974. L'intimé soutient que le recours est tardif. Il se fonde sur l'art. 73 al. 3 de la loi vaudoise du 17 mai 1954 sur les Tribunaux de prud'hommes, aux termes duquel le Tribunal cantonal, lorsqu'il statue sur un recours dirigé contre un jugement d'un tribunal de prud'hommes, communique le dispositif de son arrêt aux parties et au greffe du tribunal. Il se réfère également à l'art. 472 du Code de procédure civile vaudois du 14 décembre 1966, qui dispose que si l'arrêt sur recours a été proclamé en séance publique - ce qui a été le cas dans la présente cause - le dispositif en est communiqué aux parties (al. 1); en revanche, si l'arrêt a été rendu à huis clos, une copie leur en est notifiée (al. 3). Il affirme dès lors que la communication de l'arrêt selon le droit cantonal (art. 89 al. 1 OJ) est intervenue le 24 avril 1974, de sorte que le recours de droit public, adressé au Tribunal fédéral le 18 juin 1974, aurait été formé tardivement. Il n'y aurait ainsi pas lieu de tenir compte BGE 101 Ia 66 S. 67 du "traitement privilégié" que le greffe du Tribunal cantonal aurait réservé à la recourante en lui faisant parvenir les motifs de la décision. Cette argumentation n'est pas fondée. Il résulte de l'art. 76 du règlement organique du Tribunal cantonal vaudois du 9 juillet 1954, dans sa teneur du 19 juin 1973, que tous les arrêts ou jugements du Tribunal cantonal - sauf certains arrêts du Tribunal d'accusation - "sont notifiés ou communiqués d'office et gratuitement aux parties, dans toute leur teneur, par l'envoi de copies sur papier libre". Le Tribunal cantonal n'a donc fait qu'appliquer son règlement en notifiant aux parties, le 24 mai 1974, le texte complet de son arrêt. Selon l'art. 89 al. 2 OJ, le recours peut être exercé dans les trente jours dès la notification des considérants, lorsque ceux-ci sont notifiés d'office postérieurement à la communication, selon le droit cantonal, de la décision attaquée. Le présent recours a été ainsi formé en temps utile.
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1,975
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222d1150-a63d-47f9-82ef-f926d6813f66
Urteilskopf 106 V 237 53. Extrait de l'arrêt du 5 décembre 1980 dans la cause Sempere contre Service de l'assurance-chômage du canton de Genève et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'assurance-chômage
Regeste Art. 31 Abs. 2 AlVV . Analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 1 lit. c BRV vom 23. Oktober 1978 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer auf die Künstler? Art. 26 AlVG . Vermittlungsunfähigkeit eines Ausländers, der sein Recht, sich höchstens 8 Monate im Kalenderjahr hier aufzuhalten, erschöpft hat.
Sachverhalt ab Seite 237 BGE 106 V 237 S. 237 A.- Juan de Dios Sempere, citoyen argentin né le 20 mai 1938, gagne sa vie comme musicien dans des orchestres de bar. Depuis 1976, il a eu des engagements à l'étranger, mais le plus souvent en Suisse, au bénéfice dans ce dernier pays de brèves autorisations de travail et de séjour délivrées pour la durée des contrats, soit de 15 jours à 2 mois. Il a ainsi travaillé au Dancing Fantasio...jusqu'au 31 octobre 1978. Il n'était plus au bénéfice d'un permis de séjour lorsqu'il s'est annoncé comme chômeur à la Caisse cantonale d'assurance-chômage à Genève le 2 novembre 1978 et y a déposé, le lendemain, une demande d'indemnité journalière. Estimant le cas douteux, la caisse l'a soumis au Service de l'assurance-chômage. Cette autorité a nié le droit de Juan de Dios Sempere aux indemnités demandées, motif pris de ce que le requérant n'était pas au bénéfice d'une autorisation de séjour à l'année. La caisse a confirmé ce refus par acte administratif du 29 janvier 1979. B.- ...La Commission cantonale de recours en matière d'assurance-chômage a rejeté le recours formé par l'assuré. Elle a estimé que les musiciens étrangers au bénéfice d'une autorisation de séjour de courte durée ne sont pas privés de ce fait du droit aux indemnités de chômage, mais que, comme les musiciens suisses BGE 106 V 237 S. 238 ou au bénéfice d'une autorisation de séjour de longue durée, l' art. 28 al. 2 OAC ne leur donne ce droit que pendant la durée d'un contrat de travail. Le recourant, engagé jusqu'au 31 octobre 1978, n'y avait ainsi pas droit après cette date. C.- Juan de Dios Sempere interjette recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Il soutient que les musiciens étrangers au bénéfice d'autorisations de travail et de séjour de courte durée ont droit aux indemnités de chômage, que les musiciens qui changent souvent d'employeur peuvent prétendre ces prestations s'ils ne retrouvent pas de travail à la fin d'un engagement, que l'interprétation contraire de l' art. 28 OAC par le jugement cantonal est erronée, que lui-même doit être considéré comme apte à être placé, vu ses qualifications professionnelles et malgré son statut d'étranger. Il conclut à la constatation de son droit aux indemnités de chômage dès le 2 novembre 1978. Tandis que le Service de l'assurance-chômage renonce à se prononcer sur le recours, l'office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail propose de le rejeter. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Avant le 1er avril 1977 et l'institution de l'assurance-chômage obligatoire, l'étranger qui n'était pas au bénéfice d'un permis d'établissement ne pouvait s'assurer que si les prescriptions de police des étrangers ne le rendaient pas inapte à être placé en cas de chômage ( art. 2 let . d RAC). Dans l'assurance obligatoire actuelle, cette règle n'a pas été reprise, tous les salariés ayant l'obligation de cotiser (art. 1 AAC). La législation restreint cependant le droit aux prestations d'assurance-chômage de certains travailleurs étrangers, sans égard au fait qu'ils ont cotisé sur les mêmes bases que les autres travailleurs. Ainsi, le frontalier n'a droit aux prestations qu'aussi longtemps qu'il est au service d'un employeur tenu de contribuer aux assurances sociales suisses (art. 10 AAC). Le saisonnier étranger n'y a droit que jusqu'à l'échéance de son autorisation de police des étrangers ( art. 31 al. 2 OAC ). A l'inverse, l'étranger établi est assimilé au Suisse, même s'il est tombé au chômage après un séjour à l'étranger ( art. 19 et 20 OAC ). 2. Le recourant n'était au bénéfice ni d'un permis d'établissement, ni d'un permis de travail et de séjour à l'année, ni BGE 106 V 237 S. 239 même d'un permis de travailleur saisonnier. Il bénéficiait du statut d'étranger non touché par l'ordonnance du Conseil fédéral du 23 octobre 1978 limitant le nombre des étrangers qui exercent une activité lucrative, en qualité d'artiste pouvant obtenir des autorisations de séjour de courte durée, totalisant huit mois au plus par année civile ( art. 3 al. 1 let . c de ladite ordonnance). On pourrait se demander si l'application par analogie aux artistes des règles concernant les autres travailleurs étrangers qui ne sont pas au bénéfice d'une autorisation de séjour à l'année doit mener à leur accorder les prestations d'assurance-chômage seulement jusqu'à la fin contractuelle d'un engagement interrompu avant sa fin ou s'il convient de les leur allouer jusqu'à la fin de leurs huit mois de séjour annuel maximum autorisé. Dans le premier cas, cela reviendrait à leur allouer des prestations d'assurance bien minces par rapport aux cotisations perçues. Dans le second, à les traiter comme des saisonniers, en admettant ainsi que s'ils n'avaient pas chômé, ils auraient vraisemblablement travaillé en Suisse et demandé à cette fin des permis de séjour jusqu'à l'extinction des huit mois légaux. Point n'est besoin toutefois de répondre à cette question en l'espèce, puisque, même mis au bénéfice de la solution qui lui serait le plus favorable, le recourant n'aurait pas droit aux prestations de l'assurance-chômage. En effet, une fois épuisé son droit aux huit mois de séjour de l'ordonnance du Conseil fédéral du 23 octobre 1978 susmentionnée, il est certain que l'artiste étranger ne pouvait plus, légalement, travailler en Suisse. Il n'était donc pas susceptible d'y être placé, au vu de tous les éléments afférents à sa situation personnelle ( art. 26 LAC , ATF 99 V 114 ). Le recourant, de son propre aveu, avait séjourné en Suisse, à la réserve d'un séjour en Allemagne fédérale du 25 avril au 15 mai et d'un autre en Hollande du 1er au 31 août, depuis le début de 1978 jusqu'au moment où il s'est trouvé sans travail au début de novembre 1978, soit pendant plus de huit mois. En novembre et décembre 1978, il ne pouvait donc prétendre des prestations de l'assurance-chômage, puisqu'il avait auparavant épuisé son droit annuel à des autorisations de séjour et qu'il était de ce fait inapte à être placé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours de droit administratif est rejeté.
null
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1,980
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Federation
222fb524-0e43-48d5-a9f1-2d7a7b18a71e
Urteilskopf 110 II 132 27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Mai 1984 i.S. B. gegen S. (Berufung)
Regeste Anfechtung einer Schuldanerkennung wegen Drohung ( Art. 29 und 30 OR ). 1. Rückweisung der Streitsache gemäss Art. 52 OG , weil das angefochtene Urteil widersprüchliche Feststellungen über das Ergebnis der Beweisführung enthält ( Art. 51 Abs. 1 lit. c OG ). 2. Art. 30 Abs. 2 OR , Drohung mit einem Prozess (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 132 BGE 110 II 132 S. 132 Am 7. Mai 1973 unternahm S. mit einem Wagen des Garagisten B. und in dessen Begleitung eine Probefahrt, bei welcher der Wagen von der Strasse geriet und über eine Böschung in einen Bach stürzte. B. brach sich beide Arme und ist nach wiederholten Spitalaufenthalten heute nur noch beschränkt arbeitsfähig. Er erhielt Versicherungszahlungen von rund Fr. 111'000.- und bezieht eine IV-Rente von monatlich Fr. 3'039.- (Stand 1982). Er musste seinen Garagenbetrieb aufgeben und geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Weil er die Versicherungsleistungen für ungenügend hielt, stellte er jahrelang an S. zusätzliche Forderungen. In einer "Vereinbarung" vom 7. März 1981 versprach S., B. "für den verursachten Auto-Unfall" Fr. 40'000.- zu bezahlen. Am 1. Juni 1982 erhob S. beim Bezirksgericht des Greyerzerlandes BGE 110 II 132 S. 133 gegen B. eine Klage auf Nichtigerklärung dieser Schuldanerkennung. Das Gericht kam nach Beweiserhebung zum Schluss, der Kläger habe seine Unterschrift unter schwerer und ernsthafter Drohung gegeben, und erklärte mit Urteil vom 18. Januar 1983 die Schuldanerkennung als nichtig. Der Beklagte erhob Berufung an das Kantonsgericht Freiburg mit dem Antrag, dieses Urteil aufzuheben und den Kläger zur Zahlung von Fr. 40'000.- nebst 5% Zins seit 16. August 1982 zu verpflichten. Indes bestätigte das Kantonsgericht am 15. Juni 1983 das angefochtene Urteil. Der Beklagte hat dieses Urteil mit Berufung und staatsrechtlicher Beschwerde angefochten. Mit der vorliegenden Berufung beantragt er, es aufzuheben und den Kläger zur Zahlung von Fr. 40'000.- nebst 5% Zins seit 16. August 1982 zu verpflichten, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Kantonsgericht stellt als unbestritten fest, dass der Kläger die Schuldanerkennung fristgerecht angefochten habe ( Art. 31 Abs. 2 OR ). Unter Hinweis auf die einschlägige Literatur legt es sodann die Rechtslage zu Art. 29 und 30 OR zutreffend dar. Daraus folgt namentlich, dass sich Unverbindlichkeit nur dann ergibt, wenn der Vertrag infolge der Furchterregung überhaupt oder mit dem gegebenen Inhalt abgeschlossen wurde. Richtig ist sodann, dass die Drohung sich gegen Leib und Leben, aber auch gegen Freiheit oder Vermögen richten kann. Furcht vor Geltendmachung eines Rechts wird jedoch nur dann berücksichtigt, wenn eine Notlage des Betroffenen benützt wird, um übermässige Vorteile zu erlangen ( Art. 30 Abs. 2 OR ). 3. Der kantonale Richter hat in tatsächlicher Hinsicht zu ermitteln und festzustellen, worin im Einzelfall die Drohung bestand, dass sie zu Furcht geführt hat und dass der Vertrag deswegen abgeschlossen wurde. a) Nach dem angefochtenen Urteil scheiden von vornherein gewisse Tatsachen aus, welche das Bezirksgericht noch für erheblich hielt: einerseits die Feststellungen zur Frage, ob der Beklagte zum Querulanten geworden sei; anderseits der Umstand, dass der Beklagte die Haustüre abschloss, nachdem er den Kläger ins Haus eintreten liess; schliesslich auch eine Beeinflussung des Klägers durch Selbstmorddrohung des Beklagten. BGE 110 II 132 S. 134 b) Als unbestritten oder erstellt hält sodann das Kantonsgericht fest: dass die Unterredung der Parteien anfänglich ruhig verlief und der Beklagte mit Unterlagen seine finanziellen Schwierigkeiten beweisen wollte; dass er den Kläger für die Folgen des Unfalls verantwortlich machte und von ihm Fr. 50'000.- verlangte, obwohl er Fr. 100'000.- für begründet hielt; dass er sich aufregte und die Stimme erhob, als der Kläger die Haftung bestritt und ihm erklärte, er sei von den Versicherungen genügend entschädigt worden; dass der Kläger vor dem Beklagten keine Angst hatte, aber wegen seinen Äusserungen angeblich moralisch bedrückt und dass der Beklagte ganz niedergeschlagen war; dass die Ehefrau des Beklagten dem Kläger erklärte, wenn sie nicht wäre, hätte der Beklagte eine Dummheit gemacht, d.h. sich etwas angetan, er habe ihr gegenüber schon von Selbstmord gesprochen; angesichts dieser Äusserungen wolle es der Kläger für ratsam gehalten haben, statt einem Familiendrama beizuwohnen etwas Geld zusammenzubringen und die Schuldanerkennung zu unterzeichnen. Und etwas später heisst es im angefochtenen Urteil: Freilich räume der Kläger ein, er sei durch die Unterzeichnung der Schuldanerkennung entlastet worden (gemeint in seinem Gewissen), er sei aber nur teilweise beruhigt gewesen, weil er nicht gewusst habe, wie er das Geld aufbringen sollte. Und sodann: Der Kläger wolle die Schuldanerkennung unterzeichnet haben, weil die Sache nach Darstellung des Beklagten sonst mehr gekostet hätte. c) Alle diese Feststellungen des angefochtenen Urteils und die entsprechenden Vorbringen des Klägers lassen weder eine Bedrohung erkennen noch darauf schliessen, dass die Schuldanerkennung aus begründeter Furcht unterschrieben wurde. Gleichwohl kommt die Vorinstanz zum Schluss, der Kläger habe nach den Umständen damit rechnen müssen, dass es der Beklagte entweder auf sein Leben, d.h. seine körperliche Integrität, oder mindestens auf eine Beeinträchtigung seiner persönlichen Freiheit abgesehen hatte. Sie stützt diesen Schluss auf die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe ihm gesagt, er werde das Haus nicht verlassen, bevor er die Schuldanerkennung unterzeichnet habe, sonst werde er diese nie mehr unterschreiben, und sie hält diese Äusserung trotz Bestreitung durch den Beklagten und dessen Ehefrau unter Verweisung auf das erstinstanzliche Urteil für bewiesen. Das Kantonsgericht fügt bei, der Eindruck der Bedrohung dürfte dadurch verstärkt worden sein, dass sich der Kläger an eine frühere Äusserung des Beklagten erinnert haben wolle, er habe beabsichtigt, mit BGE 110 II 132 S. 135 dem Gewehr zum behandelnden Arzt Dr. B. zu gehen. Schliesslich hält es das Kantonsgericht für bezeichnend, dass der Kläger am Ende der mehrstündigen Auseinandersetzung so durcheinander gewesen sei, dass er den vom Beklagten angebotenen Imbiss nicht zu sich nehmen konnte und sich nachher sofort verzweifelt seiner Ehefrau und andern Leuten anvertraut habe. Als drohendes Verhalten des Beklagten stellt die Vorinstanz damit ausschliesslich die Äusserung fest, dass der Kläger vor der Unterzeichnung der Schuldanerkennung das Haus nicht verlassen werde. Dabei rügt der Beklagte in diesem Zusammenhang zu Recht ein offensichtliches Versehen der Vorinstanz; nach dem massgebenden Protokoll drohte der Beklagte nämlich nicht, "er" (der Kläger) werde sonst nie mehr unterschreiben, sondern erklärte lediglich "sinon celle-ci ne serait jamais signée"; das aber brauchte nicht eine drohende Bedeutung zu haben. Sodann beruht der Schluss der Vorinstanz auf einer Erinnerung des Klägers an eine frühere Drohung des Beklagten zu Lasten seines Arztes, doch fehlt es dazu an jeder positiven Feststellung der Vorinstanz. Was die der Unterzeichnung nachfolgende Reaktion des Klägers gegenüber Drittpersonen betrifft, hält das Kantonsgericht nur die Verzweiflung fest, die aber auf die Entdeckung seines "angeblichen Irrtums" zurückgeführt werden könnte. Was schliesslich den Verzicht auf den angebotenen Imbiss anbelangt, weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Kläger im Strafverfahren erklärt hat: "J'étais aussi pressé d'aller fourrager." d) Die widersprüchlichen Annahmen der Vorinstanz machen eine Rechtsanwendung unmöglich. Sie erlauben von vornherein nicht, das angefochtene Urteil zu bestätigen, weil sie nicht belegen, dass begründete Furcht und nicht andere Überlegungen (Mitleid mit dem Beklagten, Vermeidung eines Prozesses und entsprechender Risiken) den Kläger zur Unterzeichnung der Schuldanerkennung veranlasst haben. Anderseits rechtfertigt sich eine Abweisung der Klage nicht, solange das Kantonsgericht in tatsächlicher Hinsicht derart vage formuliert hat. Die Sache ist daher zur Vervollständigung des Sachverhaltes und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Da das Kantonsgericht mit seiner Urteilsbegründung gegen die Pflicht verstossen hat, das Ergebnis der Beweisführung festzustellen ( Art. 51 lit. c OG ), kommt das Verfahren nach Art. 52 OG zur Anwendung. 4. Eine Rückweisung erübrigte sich, wenn die Anfechtung der Schuldanerkennung schon daran scheitern würde, dass der BGE 110 II 132 S. 136 Beklagte damit gar keinen übermässigen Vorteil erlangt hätte ( Art. 30 Abs. 2 OR ). Das Kantonsgericht vermisst Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte vom Kläger Fr. 100'000.- oder auch nur Fr. 40'000.- hätte fordern können; es sei daher höchst fragwürdig, ob er in einem Prozess überhaupt etwas herausgeholt hätte. Damit habe er sich einen finanziellen Vorteil ausbedungen, den er ohne die psychische Zwangslage des Klägers praktisch mit Sicherheit nicht erlangt hätte. Der Beklagte behauptet ein offensichtliches Versehen, weil er auch nach der Darstellung des Klägers nie behauptet habe, Fr. 100'000.- fordern zu können. Es ist richtig, dass nur die Äusserung erstellt ist, bei Nichtunterzeichnung würde es mehr als Fr. 40'000.- kosten; der Unterschied und damit das Versehen ist aber ohne Bedeutung. Der Beklagte rügt auch eine Verletzung von Art. 8 ZGB , weil er nicht zum Beweis zugelassen worden sei, dass sein ungedeckter Schaden mindestens Fr. 100'000.- bzw. Fr. 40'000.- betragen habe. Diese Rüge ist begründet. Die Vorinstanz kann nicht mit blossen Vermutungen und ohne Abnahme von Beweisen das Gegenteil als gegeben betrachten. Der Frage kommt indes nach Art. 30 Abs. 2 OR nur dann Bedeutung zu, wenn angenommen wird, der Kläger sei nicht ernsthaft an Leib und Leben oder in seiner Freiheit bedroht, sondern nur in finanzieller Hinsicht mit Hinweis auf einen allfälligen Prozess und seine schweren finanziellen Folgen unter Druck gesetzt worden. Ergibt sich nur diese Anfechtungsgrundlage, so wird auf das Beweisthema einzutreten sein. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass sich die Parteien in einer Vergleichssituation befanden, wie der Beklagte zu Recht bemerkt. Denn es geht nicht nur darum, wieviel der Beklagte objektiv gesehen im Prozessfall noch zusätzlich hätte herausholen können, sondern auch um die Vermeidung der mit einem solchen Prozess verbundenen Risiken.
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nan
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2231ed02-35f8-46fa-82d5-9365ed46cc22
Urteilskopf 114 III 88 26. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 17 août 1988 dans la cause G. (recours LP)
Regeste Art. 10 Abs. 1 VZG . Das Betreibungsamt kann unter dem Gesichtswinkel der Glaubhaftigkeit prüfen, ob der Schuldner den zu pfändenden Vermögensgegenstand nur veräussert hat - im vorliegenden Fall geht es um die Veräusserung einer Liegenschaft an den Sohn -, um ihn der Zwangsverwertung zu entziehen (E. 2 und 3).
Erwägungen ab Seite 88 BGE 114 III 88 S. 88 Extrait des considérants: 2. L'office, dont l'autorité inférieure de surveillance a adopté littéralement le point de vue, a estimé vraisemblable la thèse du créancier. Le procès au fond a débuté le 29 avril 1980, après des BGE 114 III 88 S. 89 pourparlers; soudain, immédiatement après l'arrêt du Tribunal fédéral du 29 septembre 1987 et peu avant la requête d'un séquestre, le débiteur fait une donation si importante entraînant des frais d'entretien élevés, et sans donner de raisons, à un fils de moins de vingt ans encore au lycée: le transfert de l'immeuble pouvait dès lors tendre à mettre obstacle à une mainmise en faveur du créancier. a) Le pouvoir d'examen de l'office a été souvent défini, récemment encore ( ATF 109 III 126 /127). Si l'office peut vérifier les ordres qu'il reçoit de l'autorité de séquestre et refuser l'exécution d'une ordonnance qui n'est pas conforme aux exigences de la loi, son examen ne peut toutefois en aucun cas porter sur les conditions de fond du séquestre ( ATF 105 III 141 consid. 2b et les références). S'il est seulement douteux, voire peu vraisemblable, que les biens désignés par l'autorité de séquestre soient la propriété du débiteur, l'office ne saurait refuser d'exécuter l'ordonnance: il ne peut que séquestrer les biens désignés, puis donner au tiers qui s'en prétend propriétaire la possibilité de faire valoir ses droits dans le cadre de la procédure de revendication des art. 106 à 109 LP ( ATF 104 III 58 consid. 3 et les références, 60 consid. 4). Son contrôle se limite donc à une situation parfaitement claire, sur le seul vu de l'ordonnance. Le fait que la propriété du débiteur sur les biens à appréhender n'est pas vraisemblable ne lui permet pas de refuser son concours. Deux voies de recours s'offrent donc alternativement au tiers. S'il est patent qu'il est propriétaire des biens séquestrés, il devra déposer une plainte contre l'exécution du séquestre, à laquelle l'office aurait dû refuser de procéder. L'autorité de surveillance examinera uniquement si ces biens appartiennent manifestement au tiers plaignant. Pratiquement, le seul cas d'annulation de séquestre sera celui où le créancier lui-même attribue à un tiers la propriété des biens désignés dans l'ordonnance. Si, en revanche, il est seulement invraisemblable que les biens désignés dans l'ordonnance soient la propriété du débiteur, le tiers agira par la voie du recours de droit public contre l'ordonnance. Il fera valoir que l'autorité de séquestre a admis de manière insoutenable et en l'absence de toute vraisemblance que les biens désignés peuvent appartenir au débiteur séquestré ( ATF 109 III 127 /128). b) Si donc le tiers choisit la voie de la plainte, c'est qu'il prétend que sa propriété est évidente. En l'espèce, et pour les motifs BGE 114 III 88 S. 90 invoqués par l'office à la suite du créancier, il n'était certes pas évident que le débiteur ne fût pas réellement propriétaire de l'immeuble aliéné dans les circonstances constatées par l'autorité de séquestre et les organes de la poursuite. 3. L'application des principes généraux sus-rappelés a toutefois été précisée par l'art. 10 al. 1 ORI pour la saisie (et le séquestre) d'immeubles. La mainmise officielle entraîne obligatoirement l'ouverture de la procédure de revendication (al. 2), organisée à l'art. 9 des Instructions du 7 octobre 1920 de la Chambre de céans: au moment de la mesure, les droits du débiteur sont seulement vraisemblables (art. 10 al. 1 ORI); le créancier devra prouver devant le juge ce qu'il doit rendre seulement vraisemblable devant l'autorité de séquestre et l'office ( ATF 84 III 18 /19). a) Selon l'art. 10 al. 1 ORI, les immeubles inscrits au registre foncier au nom d'un autre que le débiteur ne peuvent être saisis que si le créancier rend vraisemblable, ou bien: 1o que (par occupation, succession, expropriation, jugement), le débiteur a acquis la propriété sans inscription au registre foncier ( art. 656, al. 2 CC ), ou bien 2o qu'en vertu du régime matrimonial l'immeuble répond des dettes du débiteur poursuivi, ou bien 3o que l'inscription au registre foncier est inexacte. Aucune de ces hypothèses n'est réalisée en l'espèce, même pas la dernière. Mais la disposition applique les principes généraux. Aussi bien, la troisième situation, qu'elle évoque sans plus de précisions, doit être entendue dans un sens large. Il faut tenir compte du but qu'elle vise. C'est ainsi qu'on l'appliquera par analogie au cas où le débiteur a aliéné l'immeuble dans des circonstances qui justifient la révocation de ce transfert. En effet, l'art. 10 ORI, dans toutes les hypothèses qu'il envisage, tend à autoriser l'exécution forcée malgré l'inscription figurant au registre foncier; il consacre le droit de faire réaliser l'immeuble bien qu'il ne soit pas inscrit au nom du débiteur poursuivi. Or ce droit n'existe pas seulement dans les cas énumérés à l'art. 10 ORI, mais également lorsque le créancier a obtenu la révocation d'un contrat de vente par lequel le débiteur a aliéné un bien quelconque. De cette manière, l'art 10 ORI trouve son complément nécessaire dans les dispositions sur l'action révocatoire ( art. 291 LP ). Cette jurisprudence ( ATF 81 III 102 /103) laisse indécise la question de savoir s'il suffit au créancier de rendre vraisemblable la BGE 114 III 88 S. 91 révocabilité. Mais la ratio legis le permet et a déjà ouvert la voie à des applications aussi extensives. C'est en effet en vain que le tiers soutient qu'un immeuble inscrit au nom d'un autre que le débiteur ne peut être saisi que dans les cas limitativement énumérés par l'art. 10 al. 1 ORI. Ainsi l'ordonnance d'exécution ne s'oppose pas à la saisie, et partant au séquestre, d'un immeuble inscrit au nom d'un tiers lorsque le créancier soutient que ce tiers s'identifie avec le débiteur. Certes, le cas n'est pas expressément mentionné à l'art. 10 ORI. Mais cette disposition légale n'est pas exhaustive; elle ne saurait faire obstacle à la procédure d'exécution forcée dans le cas où, selon la loi civile telle que l'interprète la jurisprudence, la dualité juridique de la société et du propriétaire des actions ne doit pas être prise en considération parce qu'il y a abus de droit à l'invoquer. Entendre littéralement l'art. 10 ORI, c'est l'empêcher de remplir sa fonction, qui est de permettre une procédure d'exécution forcée conforme au droit matériel. On peut d'ailleurs admettre que, lorsque la dualité juridique formelle dissimule une unité économique complète, l'inscription faite au nom de la société est inexacte au sens de l'art. 10 al. 1 ch. 3 ORI ( ATF 102 III 169 ). Cela fait déjà deux extensions admises: l'acte révoqué, l'identité économique du tiers et du débiteur. Toutes deux sont analogues à la donation fictive prétendue en l'espèce, la seconde tout spécialement car il y a suffi que le créancier considérât l'immeuble nominalement au nom du tiers comme étant en réalité la propriété du débiteur: c'est l'exigence même de l'art. 10 al. 1, à savoir que le créancier "rende vraisemblable" que l'inscription sur le registre foncier est inexacte. Un arrêt ancien est encore plus explicite ( ATF 55 III 55 ss). Si le créancier poursuivant conteste la qualité d'accessoires (art 12 ORI), l'office doit procéder à la saisie, en appliquant par analogie l'art. 10 ORI, lorsque le créancier rend vraisemblable que l'inscription est inexacte; il satisfait à cette exigence "lorsqu'il invoque des faits qui seraient propres à détruire la présomption résultant de l'inscription au registre foncier". b) En l'espèce, l'office et les autorités cantonales de surveillance ont admis avec raison que le créancier séquestrant avait allégué auprès de l'autorité de séquestre des circonstances qui faisaient songer à une donation fictive entraînant, si cet avis est reconnu fondé par le juge (art. 10 al. 2 ORI), ou l'inexactitude de l'inscription (en raison de la nullité de la donation, faute par les parties d'avoir eu l'intention de donner et d'accepter), ou du moins BGE 114 III 88 S. 92 la licéité de la mainmise en faveur du créancier. Il s'en faut de beaucoup que l'autorité de séquestre ait certainement, à l'évidence, commis une erreur. C'est à elle seule qu'il appartenait de statuer sur la vraisemblance des allégués du créancier, sous réserve d'un recours de droit public. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: Rejette le recours.
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Urteilskopf 93 IV 93 23. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. November 1967 i.S. Geiger und Konsorten gegen Maissen und Konsorten.
Regeste 1. Art. 174 Ziff. 2, 71 Abs. 2 und 3 StGB. Planmässigkeit der Verleumdung begründet weder ein Dauerdelikt noch ein fortgesetztes Delikt (Erw. 1). 2. Art. 173 f., 71 Abs. 3 StGB. Dauerdelikt. Ehrverletzung durch eine Strafanzeige ist kein Dauerdelikt (Erw. 2). 3. Art. 173 f., 71 Abs. 2, 1 StGB. Fortgesetztes Delikt. Blosse Prozessvorkehren in Prosequierung einer ehrenrührigen Strafanzeige sind nicht Fortsetzung der Ehrverletzung (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 93 IV 93 S. 94 Aus dem Sachverhalt: A.- Am 27. Mai/11. Juni 1964 reichte Rechtsanwalt Dr. Benno Schmid für Alex Maissen beim Untersuchungsrichteramt Basel-Stadt Strafanzeige ein gegen Werner Cermak und Friedrich Schertenleib wegen Betruges, Wuchers, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung. In der Anzeige wurde den Beschuldigten u.a. vorgeworfen, betrügerische Handlungen gegen Josef Dörig begangen zu haben, Cermak gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Paul Geiger. Dr. Geiger, Cermak und Schertenleib erhoben wegen der Strafanzeige beim Friedensrichteramt Zürich 1 gegen Maissen und Dr. Schmid Ehrverletzungsklagen und reichten am 8. August 1966 beim Bezirksgericht Zürich die Anklageschriften ein. B.- Mit Beschlüssen vom 10. und 24. Februar 1967 wies das Bezirksgericht Zürich die Ehrverletzungsklagen wegen Verjährung von der Hand. Das Obergericht des Kantons Zürich, an das die Ankläger rekurrierten, wies am 4. September 1967 die Rekurse ab. C.- Gegen diesen Entscheid führen die Ankläger Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Vorinstanz sei zur Zulassung der Klagen anzuhalten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 178 Abs. 1 StGB verjährt die Verfolgung der Vergehen gegen die Ehre in zwei Jahren. Die vom 27. Mai 1964 datierte Strafanzeige an das Untersuchungsrichteramt Basel wurde am 11. Juni 1964 zur Post gegeben. Die Verfolgung der Ehrverletzungen war daher am 8. August 1966, als die Beschwerdeführer in Zürich die Klagen einreichten, verjährt, sofern man es nicht mit einem fortgesetzten Delikt nach Art. 71 Abs. 2 oder einem Dauerdelikt nach Abs. 3 zu tun hat, wie die Beschwerdeführer geltend machen. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht darauf an, ob die behaupteten Verleumdungen im Sinne von Art. 174 Ziff. 2 StGB planmässig begangen wurden BGE 93 IV 93 S. 95 oder nicht. Die Planmässigkeit begründet kein Dauerdelikt, und für eine fortgesetzte Handlung beginnt die Verjährung nach Art. 71 Abs. 2 erst mit der letzten Teilhandlung zu laufen, auch wenn nicht Planmässigkeit vorliegt. 2. Keinesfalls kann von einem Dauerdelikt die Rede sein. Wird eine Ehrverletzung durch eine Strafanzeige begangen, so dauert zwar der damit herbeigeführte rechtswidrige Erfolg an, nicht aber das strafbare Verhalten; dass die Strafanzeige schriftlich eingereicht wurde, ändert nichts (vgl. BGE 84 IV 17 ). 3. Die Fortsetzung der mit der Strafanzeige verübten Ehrverletzungen erblicken die Beschwerdeführer darin, dass die Angeklagten immer wieder versucht hätten, der Anzeige zuerst beim Untersuchungsrichter und dann bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt zum Durchbruch zu verhelfen. Diese Monierungen, wie die Beschwerdeführer die Versuche bezeichnen, seien darauf gerichtet gewesen, den ehrverletzenden Erfolg der Strafanzeige zu gewährleisten oder zu fördern. Die betreffenden Eingaben scheinen im vorliegenden Verfahren nicht beigezogen worden zu sein und befinden sich jedenfalls nicht unter den Akten. Ihr Beizug war für die Entscheidung auch nicht notwendig. Dass die Eingaben keinerlei Äusserungen enthielten, die schon an und für sich irgendwie an die Ehre der Beschwerdeführer gerührt hätten, anerkennen diese ausdrücklich. Sie erklären bloss, die Eingaben der Angeklagten an die Basler Behörden seien darauf gerichtet gewesen, den ehrverletzenden Erfolg der Strafanzeige zu gewährleisten oder zu fördern. Danach haben also die Angeklagten die als ehrverletzend eingeklagten Ausführungen der Strafanzeige in den Eingaben nicht wiederholt. Damit haben sie indessen gemäss Art. 1 StGB schon objektiv den Tatbestand von Art. 174 bzw. 173 StGB nicht erfüllen können, denn diese Bestimmungen setzen voraus, dass jemand bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt wird. Fortsetzungszusammenhang aber ist nur möglich zwischen Handlungen, die strafbar sind ( BGE 91 IV 66 ). Wer eine ehrverletzende Straf- oder Zivilklage einreicht, macht sich, wenn die Voraussetzungen der Art. 173 ff. StGB erfüllt sind, durch diese Handlung der (vollendeten) Ehrverletzung BGE 93 IV 93 S. 96 strafbar und kann nicht auch noch für die nachfolgenden Prozessvorkehren bestraft werden, die bloss der Prosequierung der Klage dienen. Sonst würde sich der Kläger durch jedes Fristverlängerungsgesuch und jeden Beweisantrag einer neuen Ehrverletzung schuldig machen. Die Hartnäckigkeit, mit der ein Kläger eine ehrenrührige Klage durchficht, kann von Bedeutung für das Strafmass sein; strafbare Fortsetzungstatbestände werden mit blossen Prozesshandlungen, die nicht in sich selber ehrenrührig sind, nicht geschaffen.
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Urteilskopf 119 III 127 36. Estratto della sentenza 28 ottobre 1993 della Camera delle esecuzioni e dei fallimenti nella causa B GmbH contro banca S (ricorso)
Regeste Verwertung im Konkursverfahren. Steigerungsbedingungen. Bauhandwerkerpfandrecht. Art. 49, 106 und 117 VZG . 1. Art. 106 VZG ist auch auf die Verwertung im Konkursverfahren anwendbar (E. 3a). 2. Steigerungsbedingungen, welche die Zahlung des Betrags, der den Baupfandgläubigern zusteht, zusätzlich zur verlangten Akontozahlung vorschreiben, verletzen die Art. 106 und 117 VZG nicht (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 128 BGE 119 III 127 S. 128 A.- Nell'ambito del fallimento della P S.A., Neuchâtel, l'Ufficio dei fallimenti di Neuchâtel ha allestito elenco oneri relativo alle particelle n. 2760, 2761, 2762 e 1071 RFD del Comune di Lugano di proprietà della fallita. Nel medesimo sono indicate ipoteche legali a favore dello Stato del Cantone Ticino e del Comune di Lugano per complessivi Fr. 217'089.20, ipoteche convenzionali a favore della banca S per Fr. 59'207'798.30 risp. per Fr. 2'630'085.90, come pure ipoteche legali indirette per Fr. 162'905.10 a favore della G S.A., Lugano, e per Fr. 7'000'316.70 a favore della B GmbH. Il 10 giugno 1993 l'Ufficio fallimenti di Lugano, incaricato di procedere per rogatoria alla realizzazione delle suddette particelle, ha depositato le condizioni di incanto. Il valore di stima peritale ammonta a Fr. 48'125'000.--. Il punto 10 prevede che i pagamenti a contanti devono essere effettuati come segue: 1. Fr. 4'500'000.-- contanti o assegno, al momento della delibera, in acconto o in garanzia del prezzo di aggiudicazione, il resto, maggiorato dell'interesse del 7% entro 30 giorni. 2. Fr. 300'000.-- contanti o assegno al momento della delibera, in acconto e a garanzia delle spese di realizzazione e trapasso. 3. L'aggiudicatario pagherà inoltre a contanti, in aggiunta all'acconto richiesto, l'importo spettante ai creditori garantiti da ipoteca legale dell'imprenditore (iscritta in via definitiva o in via provvisoria) in quanto non coperta dal prezzo di aggiudicazione, fino a concorrenza dell'importo massimo di Fr. 7'163'221.80 (interessi compresi fino al giorno della realizzazione). B.- Con reclamo del 15 giugno 1993, la B GmbH si è rivolta alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, autorità di vigilanza, chiedendo in sostanza che il punto 10.3 delle condizioni di vendita fosse modificato nel senso che il versamento dell'importo spettante ai creditori garantiti da ipoteca legale BGE 119 III 127 S. 129 dell'imprenditore doveva avvenire in aggiunta al prezzo di aggiudicazione (senza imputazione sul prezzo di vendita) e non in aggiunta all'acconto richiesto. Il 15 settembre 1993 la Camera ha respinto il reclamo. Erwägungen Dai considerandi: 3. Anche in questa sede la ricorrente sostiene che la condizione di aggiudicazione secondo cui l'aggiudicatario dovrà versare in contanti l'importo corrispondente alle ipoteche legali indirette (art. 837 cpv. 1 n. 3 CC) per i crediti di imprenditori e artigiani in aggiunta all'acconto richiesto viola gli art. 106 e 117 RFF (RS 281.42). a) Si pone dapprima il quesito - risolto positivamente dalla Corte cantonale - di sapere se l'art. 106 RFF sia applicabile anche nella procedura di fallimento (per l'art. 117 RFF cfr. l'art. 132 RFF). La realizzazione nella procedura di fallimento è disciplinata dagli art. 132 a 134 RFF. L'art. 130 cpv. 1 prevede che i disposti degli art. 41 capoverso 2, 45 a 52, 56 a 70, 108 e 110 capoverso 2 sono applicabili alla procedura relativa alle condizioni di incanto e all'incanto stesso. Questa norma non contiene quindi alcun rinvio all'art. 106 RFF (ipoteca a favore degli artigiani e imprenditori). Secondo la dottrina la collocazione sistematica dell'art. 106 RFF non è chiara e può creare equivoci (RASCHEIN, Das Bauhandwerkerpfandrecht, in BlSchK 1972, pag. 33 segg., in part. pag. 41 seg.). Non vi è però alcun dubbio che il principio enunciato dall'art. 106 RFF secondo il quale per i crediti ipotecari a favore di artigiani ed imprenditori devesi esigere nelle condizioni d'incanto il pagamento in contanti nel caso in cui non siano tutti interamente coperti è applicabile anche nella procedura di fallimento (cfr. LEEMANN/COLOMBI, Commentario del Codice civile Svizzero, 2a edizione, n. 4 ad art. 840; PFISTER-INEICHEN, Das Vorrecht nach Art. 841 ZGB und die Haftung der Bank als Vorgangsgläubigerin, tesi Friborgo 1991, pag. 85 n. 35; RASCHEIN, loc.cit.), con la restrizione tuttavia che in tale procedura - ad eccezione dell'ipotesi di cui all'art. 130 cpv. 2 RFF - l'aggiudicazione deve avvenire in ogni caso al maggior offerente giusta l'art. 258 cpv. 1 LEF (RASCHEIN, loc.cit.; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Vol. II, Zurigo 1993, pag. 339 n. 11). b) Ammessa l'applicabilità dell'art. 106 RFF alla procedura di fallimento, resta da esaminare la tesi della ricorrente secondo cui BGE 119 III 127 S. 130 l'aggiudicatario deve versare in contanti la somma corrispondente alle ipoteche legali per i crediti di imprenditori e artigiani in aggiunta al prezzo di aggiudicazione. Questa tesi non può essere seguita. In effetti, essa avrebbe come conseguenza che i crediti degli artigiani e imprenditori sarebbero pagati ancora prima dei crediti pignoratizi anteriori, senza dover ricorrere alla procedura di contestazione prevista dall'art. 117 cpv. 1 RFF in relazione con l'art. 841 CC (cfr. su questo tema la sentenza apparsa in Rep. 1969, pag. 335 segg., massimata in SJZ 68/1972 pag. 224 n. 127 e ripresa da FRITZSCHE/WALDER, op.cit., Vol. I, pag. 448 in alto). L'infondatezza della tesi della ricorrente risulta pure dall'art. 49 cpv. 1 e 2 RFF, che elenca tassativamente quali spese e crediti l'aggiudicatario è tenuto ad assumere senza imputazione sul prezzo di aggiudicazione. D'altra parte, come risulta dalla pertinente motivazione della Corte cantonale - cui si può rinviare, nel sistema del diritto privato svizzero l'art. 841 CC costituisce una norma d'eccezione che va interpretata in modo restrittivo: gli art. 106 e 117 RFF, che concretano nel diritto esecutivo l'ordinamento adottato dal legislatore all'art. 841 CC, non possono quindi condurre ad un'interpretazione ancora più estensiva di tale disposizione.
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Urteilskopf 111 V 329 62. Urteil vom 16. September 1985 i.S. Güttinger gegen OSKA-Krankenversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Rückforderung von Krankenkassenleistungen. Rechtskräftig verfügte Geldleistungen können auch auf dem Gebiet der sozialen Krankenversicherung nur unter den Voraussetzungen zurückgefordert werden, wie sie für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen gelten. Das gilt auch dann, wenn die zur Rückforderung Anlass gebenden Leistungen formlos verfügt worden sind (Erw. 1). Art. 14 Abs. 4 und 6 KUVG : Krankengeld bei Mutterschaft. - Eine Krankenkasse darf nur dann ohne Einwilligung des Mitgliedes die Krankengeldversicherung aufheben oder die Deckung vermindern, wenn dieses am Fortbestand oder am bisherigen Mass der Versicherung vernünftigerweise kein Interesse mehr haben kann (Erw. 2b). - Für die Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. 4 KUVG ist die Absicht einer endgültigen Erwerbsaufgabe oder einer definitiven Verminderung der Erwerbstätigkeit vorauszusetzen (Erw. 2b). - Ist die Einhaltung des Vierwochentermins gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG streitig, so ist für die Berechnung vom ärztlich prospektiv ermittelten Geburtstermin auszugehen; es ist nicht vom tatsächlichen Geburtstermin an zurückzurechnen (Erw. 3a). - Die Versicherte kommt auch dann in den Genuss der Vorzugsbehandlung, wenn sie die Vierwochenfrist gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG krankheitshalber nicht einhalten kann (Erw. 3b). - Für die Bestimmung des Zeitpunkts des frühestmöglichen Leistungsbeginns vor der Geburt gemäss Art. 14 Abs. 6 KUVG ist auf den Tag der tatsächlichen Geburt abzustellen (Erw. 3b). - Wenn die Erwerbstätigkeit nicht früher als vier Wochen vor der Niederkunft aufgegeben wird, kann der Versicherten nicht entgegengehalten werden, sie erleide infolge Ausscheidens aus dem Erwerbsleben keinen Erwerbsausfall (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 330 BGE 111 V 329 S. 330 A.- Regula Güttinger war bei der OSKA-Krankenkasse für ein Krankengeld von Fr. 50.-- versichert. Sie führt ein kleines BGE 111 V 329 S. 331 Wollwarengeschäft. Auf anfangs Oktober 1982 legte sie im Hinblick auf die bevorstehende Geburt die Arbeit im Verkauf nieder. Die Geburt fand am 9. November 1982 statt. Auf Anfrage der Kasse teilte Regula Güttinger am 21. Dezember 1982 mit, dass sie seit dem 1. Oktober 1982 "keine bezahlte Arbeit verrichte" (vorgedruckter Formularteil). In der Folge richtete die Kasse insgesamt 70 Taggelder zu Fr. 50.-- aus ( Art. 14 Abs. 6 KUVG ). Mit Schreiben vom 26. Januar 1983 ersuchte Regula Güttinger die Kasse, die Krankengeldversicherung auf Fr. 5.-- herabzusetzen; da sie zur Zeit nicht berufstätig sei, benötige sie das hohe Taggeld nicht mehr. Am 28. Februar 1983 teilte die Kasse Regula Güttinger mit, es seien zu Unrecht Krankengelder in der Höhe von Fr. 50.-- pro Tag ausbezahlt worden; das Krankengeld könne herabgesetzt werden, wenn die Erwerbstätigkeit mehr als vier Wochen vor der Niederkunft aufgegeben werde. Da zwischen dem 1. Oktober und dem 9. November 1982 mehr als vier Wochen lägen, werde die Taggeldversicherung rückwirkend auf den 1. Oktober 1982 auf Fr. 5.-- reduziert und die zuviel bezogenen Krankengelder von insgesamt Fr. 3150.-- würden zurückgefordert. Damit war Regula Güttinger nicht einverstanden, wobei sie sich hauptsächlich darauf berief, sie habe die Arbeit auf anfangs Oktober 1982 aufgegeben, weil ihr Arzt den Geburtstermin rechnerisch auf anfangs November 1982 festgelegt habe. Am 11. August 1983 erging eine dem Kassenschreiben vom 28. Februar 1983 entsprechende Verfügung. B.- Hiegegen erhob Regula Güttinger Beschwerde und beantragte sinngemäss die Aufhebung der Verfügung vom 11. August 1983. In der Begründung machte sie unter anderem geltend, sie habe ihre Arbeit aus medizinischen Gründen bereits auf Ende September 1982 niedergelegt. Sie betreibe sodann nach wie vor ihr eigenes Wollwarengeschäft und habe ab Oktober 1982 bezahlte Aushilfskräfte beigezogen. Mit Entscheid vom 1. November 1983 wies das Versicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab. C.- Regula Güttinger lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, "die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 11. August 1983 sowie das angefochtene Urteil seien aufzuheben und es sei die Taggeldversicherung per 1. Februar 1983 von Fr. 50.-- auf Fr. 5.-- zu reduzieren ... und von der Rückerstattung der ab 1. Oktober 1982 ausgerichteten Taggelder im Betrage von Fr. 3150.-- abzusehen..." BGE 111 V 329 S. 332 Die Kasse beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 43 der Statuten der Krankenkasse OSKA und konstanter Rechtsprechung ( BGE 103 V 153 , BGE 102 V 99 Erw. 1; RSKV 1982 Nr. 490 S. 131 Erw. 1b und 1981 Nr. 439 S. 48 Erw. 4 mit Hinweisen) sind unrechtmässig bezogene Kassenleistungen vom Mitglied zurückzuerstatten. Dabei ist zu beachten, dass auch auf dem Gebiet der sozialen Krankenversicherung eine rechtskräftig verfügte Geldleistung nur unter den Voraussetzungen zurückgefordert werden kann, wie sie für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen gelten (RKUV 1984 Nr. K 578 S. 109 Erw. 2a). Die Verwaltung kann eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand einer materiellen gerichtlichen Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist ( BGE 110 V 178 Erw. 2a mit Hinweisen). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die zur Rückforderung Anlass gebenden Leistungen formlos verfügt worden sind ( BGE 107 V 181 Erw. 2a, BGE 102 V 17 Erw. 3a; RKUV 1984 Nr. K 578 S. 109 Erw. 2a; RSKV 1982 Nr. 514 S. 276 Erw. 5). 2. a) Nach Art. 14 Abs. 1 KUVG haben die Krankenkassen bei Schwangerschaft und Niederkunft die gleichen Leistungen wie bei Krankheit zu gewähren, sofern die Versicherte bis zum Tag ihrer Niederkunft während wenigstens 270 Tagen, ohne Unterbrechung von mehr als drei Monaten, Mitglied von Kassen gewesen ist. Nach Art. 14 Abs. 4 dürfen Versicherte, die ihre Erwerbstätigkeit nicht früher als vier Wochen vor ihrer Niederkunft aufgeben, vor Ablauf der Bezugsdauer gemäss Abs. 6 nicht in eine niedrigere Krankengeldklasse versetzt werden. Die Versicherte hat Anspruch auf das versicherte Krankengeld, sofern sie keine gesundheitsschädliche Arbeit verrichtet. Gemäss Art. 14 Abs. 6 KUVG erstrecken sich die Leistungen bei Mutterschaft auf zehn Wochen, wovon mindestens sechs nach der Niederkunft liegen müssen. Mit Art. 14 Abs. 4 KUVG wollte der Gesetzgeber das unbefriedigende Ergebnis vermeiden, dass eine Versicherte, welche wegen einer bevorstehenden Niederkunft ihre Stelle aufgibt, unverzüglich in eine tiefere Taggeldklasse versetzt wird und damit eines höheren BGE 111 V 329 S. 333 Taggeldanspruchs verlustig geht, obwohl möglicherweise jahrelang verhältnismässig hohe Krankengeldprämien bezahlt worden waren (BBl 1961 I 1437). b) Art. 14 Abs. 4 KUVG bestimmt nicht, unter welchen Voraussetzungen die Krankenkassen bei Schwangeren eine Versicherungsdeckung herabsetzen dürfen. Für diese Frage gilt der Grundsatz, dass eine Krankenkasse nur dann ohne Einwilligung des Mitgliedes die Krankengeldversicherung aufheben oder die Deckung vermindern darf, wenn die Betroffene am Fortbestand oder am bisherigen Mass der Versicherung vernünftigerweise kein Interesse mehr haben kann. Das trifft im Hauptanwendungsfall regelmässig dann zu, wenn die Versicherte die Erwerbstätigkeit endgültig aufgibt oder für dauernd reduziert und die Taggeldversicherung dadurch ganz oder teilweise gegenstandslos wird (siehe RSKV 1982 Nr. 475 S. 34 und 1981 Nr. 455 S. 156, für die Ausnahmen vgl. BGE 107 V 162 Erw. 1 und RSKV 1982 Nr. 475 S. 34). Art. 14 Abs. 4 KUVG begründet eine Einschränkung zu dem in den genannten Grenzen bestehenden Gestaltungsrecht der Kassen und kann nur zum Zuge kommen, wenn die angeführten allgemeinen Voraussetzungen für die Herabsetzung der Versicherungsdeckung beim Krankengeld erfüllt sind. Für die Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. 4 KUVG ist demnach die Absicht einer endgültigen Erwerbsaufgabe (so auch die juristische Kartothek des Konkordats der Schweizerischen Krankenkassen in IIId 10/14/20 und RSKV 1972 S. 197) oder definitiven Verminderung der Erwerbstätigkeit vorauszusetzen. c) Die Kasse behauptet, die Beschwerdeführerin habe am 1. Oktober 1982 die Erwerbstätigkeit endgültig eingestellt. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Nach den Akten hatte die Beschwerdeführerin ihr Wollwarengeschäft damals nicht aufgegeben, sondern unter Beizug bezahlter Arbeitskräfte über den genannten Zeitpunkt hinaus weitergeführt. Die Bescheinigung der Beschwerdeführerin vom 21. Dezember 1982 und ihre Erklärung im Schreiben vom 26. Januar 1983 können nach den Umständen nur dahin verstanden werden, dass sie ab 1. Oktober 1982 nicht mehr wie bis dahin in ihrem Ladengeschäft den Verkauf betreute, was keineswegs gleichbedeutend ist mit Geschäftsaufgabe oder Beendigung der selbständigen Erwerbstätigkeit. Dagegen muss die Absicht einer definitiven und wesentlichen Verminderung der Erwerbstätigkeit angenommen werden; denn laut Verwaltungsgerichtsbeschwerde stand schon anfangs Oktober BGE 111 V 329 S. 334 1982 fest, dass die Beschwerdeführerin nach vorübergehender gänzlicher Arbeitsniederlegung ihre frühere Tätigkeit inskünftig nur noch in geringem Umfange ausüben würde. Als Ersatz sollte Verkaufspersonal eingestellt werden. Um diesen veränderten Verhältnissen Rechnung zu tragen, stufte die Kasse das Krankengeld auf Fr. 5.-- herab, was an sich durchaus folgerichtig war, nachdem die Beschwerdeführerin die in der neuen erwerblichen Lage benötigte Versicherung mit diesem Betrag angegeben hatte. Das war indessen nur zulässig, wenn die Beschwerdeführerin den Vierwochentermin gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG nicht eingehalten haben sollte. 3. a) Die Beschwerdeführerin hat im Kassenverfahren eingewendet, sie habe die Arbeit deswegen bereits am 1. Oktober 1982 aufgegeben, weil ihr Arzt den Zeitpunkt der Niederkunft rechnerisch auf anfangs November 1982 festgelegt habe. Tatsächlich ist die Vierwochenfrist erfüllt, wenn auf den vorausberechneten Geburtstermin abgestellt wird. Gemäss ärztlicher Schwangerschaftstabelle hätte die Niederkunft termingerecht am 1. November 1982 erfolgen sollen. Zwar gab die Beschwerdeführerin den Zeitpunkt der Erwerbsaufgabe verschiedentlich mit dem 1. Oktober 1982 (Freitag) an. Doch wollte sie damit, wie aus ihrem Schreiben an die Kasse vom 8. März 1983 zu schliessen ist, zum Ausdruck bringen, dass die Berufsarbeit auf das erste Wochenende im Oktober eingestellt worden sei. Damit verblieben bis Ende Oktober genau vier Wochen. Die Kasse ist auf dieses Argument der Beschwerdeführerin nicht näher eingegangen, weil sie offenbar der Meinung war, dass nach dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 4 KUVG die vierwöchige Frist vom Zeitpunkt der tatsächlichen Geburt an zurückzurechnen sei (so auch die juristische Kartothek des Konkordates in IIId 13). Diese auf den reinen Wortsinn eingeschränkte Auslegung der Wendung "vier Wochen vor ihrer Niederkunft" in Art. 14 Abs. 4 KUVG ist jedoch mit den gesetzgeberischen Zielen nicht in Einklang zu bringen. Eine Versicherte, welche ihre Erwerbstätigkeit vier Wochen vor der Niederkunft aufgeben will, kann diesen Zeitpunkt nur aufgrund des vom Arzt vorausberechneten Geburtstermins festlegen. Dürfte die Erwerbsaufgabe nicht früher als vier Wochen vor der tatsächlichen Niederkunft stattfinden, hinge die Vorzugsbehandlung gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG letztlich von einem Zufall ab, nämlich davon, dass der prospektiv ermittelte Geburtstermin nicht überschritten wird. Für ein solches Kriterium BGE 111 V 329 S. 335 lässt sich keine einleuchtende und vernünftige Begründung finden. Von einer Versicherten kann auch nicht verlangt werden, dass sie über den aufgrund der ärztlichen Schätzungen ermittelten Vierwochentermin hinaus arbeite, um damit sicherheitshalber allfälligen Verzögerungen der Niederkunft Rechnung zu tragen. Nach Art. 14 Abs. 4 KUVG soll die Schwangere ihre Erwerbstätigkeit ohne versicherungsrechtlichen Nachteil vier Wochen vor der Niederkunft aufgeben können. Das Recht auf volle Ausschöpfung dieser vier Wochen muss gewahrt bleiben. Für die Berechnung eines streitigen Vierwochentermins gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG ist demnach vom prognostisch festgelegten Geburtstermin auszugehen. Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschwerdeführerin die Vierwochenfrist gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG eingehalten hatte. Die Kasse durfte demzufolge keine Rückstufung in eine tiefere Taggeldklasse vornehmen. b) Eine solche Herabsetzung wäre aber auch dann nicht zulässig gewesen, wenn die streitige Frist als nicht eingehalten zu betrachten wäre. Wie aus dem ärztlichen Zeugnis des Dr. med. U. vom 14. Oktober 1983 hervorgeht, litt die Beschwerdeführerin während der letzten Schwangerschaftswochen an massiven Lumbalgien und Ischialgien und war deswegen vollständig arbeitsunfähig. Nach Dr. U. hätte sich eine Arbeitsniederlegung schon vor anfangs Oktober 1982 gerechtfertigt. Die Kasse qualifizierte dieses Attest vor den Schranken der Vorinstanz als Gefälligkeitszeugnis, was sie sinngemäss auch in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde tut. Doch hat sie durch nichts bewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdeführerin im fraglichen Zeitraum arbeitsfähig war bzw. dass Dr. U. wissentlich falsche Angaben gemacht hatte. Entgegen der Behauptung der Kasse hatte die Beschwerdeführerin in ihrer Korrespondenz weder ausdrücklich noch mittelbar zu verstehen gegeben, dass sie länger erwerbstätig gewesen wäre, wenn der Arzt einen späteren Geburtstermin errechnet hätte. Auch darf nicht zu Ungunsten der Beschwerdeführerin ausgelegt werden, dass sie die Arbeitsunfähigkeit nicht schon anfangs Oktober 1982 der Kasse angezeigt hatte. Denn dazu hatte sie keinen Grund, da sie damals die Vierwochenfrist gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG als eingehalten betrachtete, was die fragliche Mitteilung (einstweilen) erübrigte. Wohl hätte sie später für die Zeit bis vier Wochen vor der tatsächlichen Niederkunft unter dem Titel Krankheit Taggelder fordern können. Die BGE 111 V 329 S. 336 Massgeblichkeit des Zeitpunkts vier Wochen vor der tatsächlichen Niederkunft für den Leistungsbeginn gemäss Art. 14 Abs. 6 KUVG und damit die Möglichkeit eines Anspruchs war jedoch nicht leicht erkennbar und wurde von der Beschwerdeführerin offenbar auch erst im letztinstanzlichen Verfahren erkannt. Dass die Beschwerdeführerin nach dem Bezug von 70 Taggeldern ( Art. 14 Abs. 6 KUVG ) keine zusätzlichen Leistungen geltend gemacht hatte, kann deshalb nicht dahin gedeutet werden, es habe anfangs Oktober 1982 keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. 4. Das Bestehen einer bestimmten Versicherungsdeckung beim Krankengeld bedeutet nicht, dass in einem Schadenfall ohne weiteres auch die entsprechenden Leistungen ausgerichtet werden. Weitere Voraussetzung ist vielmehr das Vorliegen einer abzugeltenden Einkommens- oder Vermögenseinbusse. Sonst läge mit der Gewährung des versicherten Krankengeldes eine nach Art. 26 Abs. 1 KUVG unzulässige Überentschädigung vor. Auch in diesem Zusammenhang begünstigt Art. 14 Abs. 4 KUVG die Schwangeren und Wöchnerinnen. Wenn die Erwerbstätigkeit im Hinblick auf die bevorstehende Geburt nicht früher als vier Wochen vor der Niederkunft aufgegeben wird, kann der Versicherten nicht entgegengehalten werden, sie erleide infolge Ausscheidens aus dem Erwerbsleben keinen Erwerbsausfall. Die Beschwerdeführerin hat nach dem hievor Gesagten die Vierwochenfrist gemäss Art. 14 Abs. 4 KUVG eingehalten. Die hier streitigen Krankengelder sind deshalb zu Recht ausgerichtet worden. Die verfügte Rückforderung erweist sich mithin als rechtswidrig. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. November 1983 und die Verfügung der OSKA-Krankenkasse vom 11. August 1983 aufgehoben.
null
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de
1,985
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223f1a0e-dab2-4dae-bbfb-3e8501d57def
Urteilskopf 86 III 11 7. Auszug aus dem Entscheid vom 5. Februar 1960 i.S. Z. und B.
Regeste Lohnpfändung für Unterhaltsbeiträge ( Art. 93 SchKG ). Wonach beurteilt sich, ob die Betreibung privilegierte (d.h. im letzten Jahr vor ihrer Einleitung verfallene) Unterhaltsbeiträge betrifft? Muss in den Notbedarf des Schuldners eingegriffen werden, so ist der nach der massgebenden Formel berechnete Betrag ohne Rücksicht darauf zu pfänden, ob und allenfalls in welchem Umfang der Schuldner dem Unterhaltsgläubiger vor der Pfändung ohne betreibungsrechtlichen Zwang Zahlungen geleistet hat.
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 86 III 11 S. 12 B., der verheiratet ist und monatlich netto Fr. 637.-- verdient, hat seinem ausserehelichen Kinde Silvia Z. Unterhaltsbeiträge von Fr. 1.20 pro Tag zu bezahlen. In der Betreibung Nr. 2304, mit welcher Silvia Z. Unterhaltsbeiträge im Gesamtbetrage von Fr. 498.-- einfordert, ordnete die kantonale Aufsichtsbehörde eine monatliche Lohnpfändung von Fr. 6.- an mit der Begründung, von der in Betreibung gesetzten Forderung sei nicht die Gesamtsumme der im letzten Jahr vor Anhebung der Betreibung verfallenen Unterhaltsbeiträge (12 x Fr. 36.- = Fr. 432.--), sondern nur der Betrag von Fr. 112.-- im Sinne der Rechtsprechung über die Lohnpfändung für Unterhaltsbeiträge privilegiert, weil der Schuldner im erwähnten Zeitraum Zahlungen von Fr. 320.-- (im Monatsdurchschnitt rund Fr. 27.-) geleistet habe, die auf die Alimente für diese Zeit anzurechnen seien. Da der Verdienst den Notbedarf des Schuldners und der von ihm zu unterhaltenden Personen mit Einschluss des betreibenden Unterhaltsgläubigers, der Fr. 678.-- betrage, nicht decke, könne der Notbedarf der Pfändung nicht entgegengehalten werden. "Würde B. keine Unterhaltsbeiträge bezahlen, so wäre ein Betrag pfändbar, der sich zu der in Betreibung gesetzten Unterhaltsforderung, diese als Notbedarf des Gläubigers betrachtet, gleich verhält wie das ganze Einkommen des Schuldners zum gesamten Notbedarf desselben und der von ihm mit Einschluss des Gläubigers zu unterhaltenden Personen (x: 36 = 637: 678), was monatlich einen Betrag von Fr. 33.- ergibt. Da B. im Jahr vor der Pfändung BGE 86 III 11 S. 13 durchschnittlich Fr. 27.- monatlich bezahlte, ist eine Pfändung von Fr. 6.- zu verfügen." . Auf Rekurs der Gläubigerin hin erhöht das Bundesgericht den monatlichen Lohnabzug auf Fr. 33.-. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Gläubigerin wendet sich mit Recht gegen die Annahme der Vorinstanz, von der in Betreibung gesetzten Forderung sei nur der Betrag von Fr. 112.-- für Unterhaltsbeiträge aus dem letzten Jahr vor Anhebung der Betreibung geschuldet und daher nach der Rechtsprechung über die Lohnpfändung für Unterhaltsbeiträge ( BGE 71 III 176 und dortige Hinweise, BGE 74 III 6 , BGE 75 III 53 ) privilegiert. Beim Entscheid darüber, wieweit eine Betreibung Unterhaltsbeiträge für das ihrer Einleitung vorausgegangene Jahr betreffe, haben die Betreibungsbehörden von den Angaben im Zahlungsbefehl auszugehen. Soweit der in Rechtskraft erwachsene Zahlungsbefehl diese Frage klar beantwortet, ist er für die Betreibungsbehörden massgebend. Im Zahlungsbefehl Nr. 2304 vom 28. August 1959 ist als Grund der Forderung angegeben: "Unterhaltsbeiträge laut Urteil des Landgerichtes Uri vom 20.11.45 à Fr. 1.20 pro Tag Rückstand per 31. August 1959. Bei dieser Forderung handelt es sich zum Teil um laufende Unterhaltsbeiträge, die privilegiert sind, sodass nach bundesgerichtlicher Praxis die Abzüge sofort vorzunehmen sind. Zum mindesten für den privilegierten Teil von Fr. 438.--." Damit brachte die Gläubigerin unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie in erster Linie für den vollen Betrag der im letzten Jahr vor Anhebung der Betreibung verfallenen Unterhaltsbeiträge, der sich auf (365 x Fr. 1.20 =) Fr. 438.-- beläuft, Zahlung verlange. Der in diesem Sinne abgefasste Zahlungsbefehl ist rechtskräftig geworden, da der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhob. Durch die Unterlassung des Rechtsvorschlags hat der Schuldner die in Betreibung gesetzte Forderung so, wie sie gestellt worden BGE 86 III 11 S. 14 war, mit Wirkung für die vorliegende Betreibung anerkannt. Damit ist für die Betreibungsbehörden verbindlich festgestellt, dass die Betreibungsforderung Unterhaltsbeiträge für das der Einleitung der Betreibung vorausgegangene Jahr in Höhe von Fr. 438.-- einschliesst. Es steht diesen Behörden nicht zu, die auf diese Weise abgeklärte Frage, welcher Teil der Betreibungsforderung auf Unterhaltsbeiträge für das letzte Jahr vor Anhebung der Betreibung entfalle, bei der Festsetzung der pfändbaren Lohnquote materiell zu überprüfen, wie die Vorinstanz es getan hat. Folglich hat der im Zahlungsbefehl genannte Betrag von Fr. 438.-- als privilegiert zu gelten. 3. Ob ein Betrag von Fr. 438.-- oder nur ein solcher von Fr. 112.-- privilegiert sei, wäre freilich gleichgültig, wenn es bei der von der Vorinstanz angeordneten Lohnpfändung von Fr. 6.- pro Monat bleiben müsste; denn wenn vom Lohn des Schuldners während des Lohnpfändungsjahres nur Fr. 6.- pro Monat abgezogen würden, würde nicht einmal der Betrag von Fr. 112.-- gedeckt (12 x Fr. 6.- = Fr. 72.-). Der monatliche Lohnabzug muss jedoch erhöht werden. Wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, muss sich der für privilegierte Unterhaltsbeiträge betriebene Schuldner, dessen Verdienst den Notbedarf einschliesslich der für den Unterhalt des Gläubigers notwendigen Alimente nicht deckt, einen Eingriff in seinen Notbedarf gefallen lassen, der so zu bemessen ist, dass sich einerseits der Schuldner und die mit ihm zusammenlebenden Familienangehörigen und anderseits der Gläubiger im gleichen Masse einschränken müssen. Die Vorinstanz hat die Formel, nach der in solchen Fällen die pfändbare Lohnquote zu berechnen ist ( BGE 71 III 177 und dortige Hinweise, BGE 74 III 46 , BGE 75 III 51 ), an sich richtig angewendet. Dagegen hat sie vom so errechneten Betrage von Fr. 33.- zu Unrecht den Betrag von Fr. 27.- abgezogen, den der Schuldner im letzten Jahre vor der Pfändung im Monatsdurchschnitt an die Gläubigerin bezahlt hatte. Muss in den Notbedarf BGE 86 III 11 S. 15 des Schuldners eingegriffen werden, so ist der nach der erwähnten Formel berechnete Betrag ohne Rücksicht darauf zu pfänden, ob und allenfalls in welchem Umfange der Schuldner dem Gläubiger vor dieser Pfändung ohne betreibungsrechtlichen Zwang Zahlungen geleistet hat. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass der Schuldner, nachdem eine in seinen Notbedarf eingreifende Lohnpfändung angeordnet worden ist, den seinen bisherigen "freiwilligen" Zahlungen entsprechenden Teil der pfändbaren Lohnquote von sich aus an den betreibenden Gläubiger abliefern werde. Es wäre vielmehr zu befürchten, dass er den Eingriff in seinen Notbedarf durch eine entsprechende Herabsetzung seiner "freiwilligen" Zahlungen vereiteln würde. Daher ist im vorliegenden Falle der vom Arbeitgeber vorzunehmende Lohnabzug auf Fr. 33.- zu erhöhen. Diese Lohnpfändung ist, da der privilegierte Forderungsbetrag Fr. 438.--, d.h. mehr als (12 x Fr. 33.- =) Fr. 396.-- ausmacht, unter Vorbehalt der Revision wegen neu eingetretener, für die Berechnung der pfändbaren Quote erheblicher Tatsachen während des ganzen Lohnpfändungsjahres aufrechtzuerhalten.
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nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_005
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22587607-3cf3-49b6-ac10-d5d9ec0d02e4
Urteilskopf 138 III 520 74. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. SA gegen Z. LLC (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_754/2011 vom 2. Juli 2012
Regeste Art. IV Abs. 2 NYÜ; Erfordernis der Übersetzung des ausländischen Schiedsspruchs im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung. Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden. Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei Schiedssprüchen in englischer Sprache in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 521 BGE 138 III 520 S. 521 A. Am 28. Oktober 2010 leitete die Z. LLC (mit Sitz in den USA) für eine Forderung von Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins gegen die X. SA (mit Sitz in der Schweiz) die Betreibung ein. Als Grund der Forderung gab sie das "ICC Schiedsurteil (...) vom 3. November 2009" an (ICC-Einzelschiedsgericht mit Sitz in London; Schweizer Recht als anwendbares Recht; Englisch als Verfahrenssprache). Gegen den Zahlungsbefehl vom 2. November 2010 erhob die X. SA am 11. November 2010 Rechtsvorschlag. B. B.a Am 1. Dezember 2010 ersuchte die Z. LLC das Bezirksgericht Höfe um definitive Rechtsöffnung für Fr. 4'014'624.88 nebst Zins und Zinseszins. Das Rechtsöffnungsgesuch versah sie insbesondere mit beglaubigten Kopien des von ihr und der X. SA abgeschlossenen Alleinvertriebs- und Lizenzvertrags mit der Schiedsklausel vom 17. Mai 2002, des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 und des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das Gesuch der X. SA um Auslegung des Schiedsspruchs. Ebenso legte sie eine beglaubigte Übersetzung des Dispositivs des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 bei. Zusammen mit ihrer Replik vom 28. Januar 2011 reichte die Z. LLC zudem eine Übersetzung des Abschnitts "V. Costs" des Schiedsspruchs vom 3. November 2009 und des einzelschiedsrichterlichen Entscheids vom 8. Januar 2010 über das Auslegungsgesuch nach. B.b Mit Verfügung vom 13. April 2011 (und Berichtigung vom 19. April 2011) erteilte das Bezirksgericht der Z. LLC für den Betrag von "Fr. 3'984'690.94 plus Fr. 205'713.89 sowie für Zins und Zinseszins auf Fr. 4'190'404.84 zu 5 % p.a. ab 29. Oktober 2010" die definitive Rechtsöffnung. Im Übrigen wies es das Rechtsöffnungsgesuch ab. C. Eine von der X. SA am 28. April 2011 erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 ab, soweit es darauf eintrat. BGE 138 III 520 S. 522 D. Dem Bundesgericht beantragt die X. SA (nachfolgend Beschwerdeführerin) in ihrer Beschwerde in Zivilsachen vom 25. Oktober 2011, der kantonsgerichtliche Beschluss sei aufzuheben und das Gesuch der Z. LLC (nachfolgend Beschwerdegegnerin) um definitive Rechtsöffnung abzuweisen. Das Kantonsgericht und die Beschwerdegegnerin beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Gestützt auf Art. IV Abs. 1 des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (SR 0.277.12; nachfolgend: NYÜ) hat die Gläubigerin dem Rechtsöffnungsrichter den Schiedsspruch (gehörig beglaubigte Urschrift oder Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) und die Schiedsvereinbarung (Urschrift oder Abschrift, deren Übereinstimmung mit der Urschrift ordnungsgemäss beglaubigt ist) vorzulegen. Ist der Schiedsspruch oder die Vereinbarung nicht in einer amtlichen Sprache des Landes abgefasst, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, so hat die Partei, die seine Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, eine Übersetzung der erwähnten Urkunden in diese Sprache beizubringen. Die Übersetzung muss von einem amtlichen oder beeidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter beglaubigt sein (Art. IV Abs. 2 NYÜ). Die authentischen (Art. XVI NYÜ) Fassungen des NYÜ in französischer und englischer Sprache lauten insoweit "aura à produire une traduction" und "shall produce a translation". 4.2 Im angefochtenen Entscheid hat das Kantonsgericht mit Blick auf das Erfordernis der Übersetzung nach Art. IV Abs. 2 NYÜ festgestellt, die Beschwerdegegnerin habe im Rechtsöffnungsverfahren einzig eine beglaubigte deutsche Übersetzung des Dispositivs des englischen Schiedsspruchs eingereicht. Weiter habe sie eine nicht beglaubigte deutsche Übersetzung des Teils "V. Costs" des englischen Schiedsspruchs und des englischen Auslegungsentscheids vom 8. Januar 2010 vorgelegt. BGE 138 III 520 S. 523 Das Kantonsgericht hat ausgeführt, das Fehlen einer Übersetzung der englischen Schiedsvereinbarung sei von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet worden, weshalb sich insoweit weitere Bemerkungen erübrigten. Was die fehlende Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs betreffe, habe zwar die Beschwerdeführerin von Anfang an eine Übersetzung verlangt. Jedoch verfüge das Kantonsgericht über ausreichende Englischkenntnisse, weshalb auf eine Übersetzung des restlichen Schiedsspruchs (neben der vorhandenen und beglaubigten Dispositivübersetzung) aus prozessökonomischen Gründen verzichtet werden könne, zumal in Bezug auf die strittige Kosten- und Entschädigungsregelung (Teil "V. Costs" sowie Auslegungsentscheid vom 8. Januar 2010) eine Übersetzung - wenn auch nicht beglaubigt - vorliege. 4.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet nicht, dass das Kantonsgericht die nicht beglaubigten Übersetzungen des Teils "V. Costs" des Schiedsspruchs und des Auslegungsentscheids vom 8. Januar 2010 berücksichtigt hat (vgl. dazu Urteil 5P.174/1993 vom 22. Juni 1993 E. 5; sodann zu ähnlichen Konstellationen unter Art. IV Abs. 1 NYÜ Urteile 5A_427/2011 vom 10. Oktober 2011 E. 5, in: SJ 2012 I S. 81; 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 4.2; 5P.201/1994 vom 9. Januar 1995 E. 3, in: ASA Bulletin 2001 S. 294). Vielmehr macht sie eine Verletzung von Art. IV Abs. 2 NYÜ geltend, da diese Bestimmung eindeutig und zwingend sei und auch dann eingehalten werden müsse, wenn das Gericht der englischen Sprache mächtig sei. Die Prüfung des Einwands der Verletzung des schweizerischen ordre public (Art. V Abs. 2 lit. b NYÜ) setze eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Schiedsspruch voraus, weshalb eine umfassende Übersetzung desselben notwendig sei. Aufgrund des Fehlens der Übersetzung des gesamten Schiedsspruchs hätte damit nicht auf das Rechtsöffnungsgesuch eingetreten werden dürfen und das Kantonsgericht habe nicht nur Art. IV Abs. 2 NYÜ verletzt, sondern sei auch in Willkür ( Art. 9 BV ) verfallen. 5. 5.1 Zur Frage, ob Art. IV Abs. 2 NYÜ zwingend zu verstehen ist und damit in jedem Fall (ausnahmslos) eine Übersetzung des ganzen englischen Schiedsspruchs einzureichen ist, hat sich das Bundesgericht noch nicht geäussert. 5.2 In der Lehre spricht sich ein Teil (ausdrücklich oder jedenfalls ohne auf Ausnahmen hinzuweisen) für den zwingenden Charakter BGE 138 III 520 S. 524 von Art. IV Abs. 2 NYÜ aus (BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 11 zu Art. 194 IPRG ; BERGER/KELLERHALS, International and domestic arbitration in Switzerland, 2. Aufl. 2010, N. 1881; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010, N. 871; JOSI, Die Anerkennung und Vollstreckung der Schiedssprüche in der Schweiz, 2005, S. 198, wonach eine Übersetzung in die Amtssprache am Vollstreckungsort nötig sei; SCHWAB/WALTER, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, S. 475; FOUCHARD/GAILLARD/GOLDMAN, On international commercial arbitration, 1999, N. 1675 S. 971; SCHLOSSER, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Bd. I, 1975, N. 806 S. 757). Teilweise wird die Frage als strittig offengelassen (POUDRET/BESSON, Comparative law of international arbitration, 2. Aufl. 2007, N. 951). Nach einem anderen Teil der Lehre kann das Gericht die um Anerkennung und Vollstreckung nachsuchende Partei von der Einreichung einer Übersetzung des Schiedsspruchs dispensieren (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 95 zu Art. 80 SchKG ; KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, Recognition and enforcement of foreign arbitral awards, 2010, S. 194; CZERNICH, New Yorker Schiedsübereinkommen, 2008, S. 38, wonach eine Übersetzung des ganzen Spruchs - und nicht nur des Dispositivs - erst dann verlangt werden könne, wenn Verweigerungsgründe nach Art. V NYÜ geltend gemacht werden; VAN DEN BERG, The New York Arbitration Convention of 1958 - Towards a Uniform Judicial Interpretation, 1981, S. 250 und 259, wonach eine Übersetzung nur eingereicht werden müsse, wenn es das Gericht als nötig erachtet oder dies die andere Partei - mit einem berechtigten Interesse - verlangt). 5.3 Auch die Praxis handhabt das Erfordernis der Übersetzung gemäss Art. IV Abs. 2 NYÜ unterschiedlich. Einerseits wird eine Übersetzung ausnahmslos und zwingend verlangt. So hat beispielsweise der oberste Gerichtshof von Österreich entschieden, es sei eine Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs erforderlich (Urteil des OGH 3Ob211/05h vom 26. April 2006, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at/jus [besucht am 12. Juni 2012] und auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2007 S. 259 ff.). BGE 138 III 520 S. 525 Andererseits wurde bei englischen Schiedssprüchen wiederholt auf eine Übersetzung verzichtet, weil das Gericht nach eigener Darstellung der englischen Sprache genügend mächtig war, um umfassende Kenntnis des Inhalts des englischen Schiedsspruchs zu erhalten (Urteil des Voorzieningenrechters Rechtbank Amsterdam vom 18. Juni 2009, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2009 S. 718; Urteil der Arrondissementsrechtbank Zutphen vom 11. November 1998, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 1999 S. 725 [betreffend fehlender Übersetzung der Schiedsvereinbarung]; Urteil des Präsidenten der Rechtbank Amsterdam vom 12. Juli 1984, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 1985 S. 488). Ein norwegisches Gericht wies zudem darauf hin, eine Übersetzung sei teuer und könne Widersprüche zum Originalwortlaut schaffen (Urteil des Vollstreckungsgerichts Vardø vom 10. Juli 2002, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2003 S. 824). Ein deutsches Gericht verwarf den Einwand einer Partei, wonach eine Übersetzung fehle, mit dem Hinweis, sie habe sowohl den Vertrag auf Englisch abgeschlossen als auch das Schiedsverfahren auf Englisch durchgeführt, weshalb es unnötig sei, nun eine Übersetzung zu fordern (Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2006, auszugsweise auf Englisch in: Yearbook Commercial Arbitration 2009 S. 496). Die Schweiz hat im Rahmen einer im Jahr 1995 von der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) geschaffenen und ständig nachgeführten Sammlung zur Umsetzung des NYÜ erklärt, sofern die Dokumente nach Art. IV Abs. 2 NYÜ nicht in einer der Amtssprachen abgefasst seien, müsse grundsätzlich eine englische Übersetzung eingereicht werden; in der Praxis sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Gericht auch andere Sprachen akzeptiere (vgl. http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NYConvention_implementation.html [besucht am 12. Juni 2012]). 5.4 5.4.1 Das NYÜ ist nach Art. 31-33 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (VRK; SR 0.111) auszulegen (VAN DEN BERG, a.a.O., S. 3 ff.; ICCA's guide to the interpretation of the 1958 New York Convention, 2011, S. 12 ff. [nachfolgend ICCA's guide; abrufbar unter http://www.arbitration-icca.org/publications/NYC_Guide.html , besucht am 12. Juni 2012]; BGE 138 III 520 S. 526 allgemein zur Auslegung auch PATOCCHI/JERMINI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 20 zu Art. 194 IPRG ). Nach Art. 31 Abs. 1 VRK ist ein Staatsvertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen (vgl. dazu BGE 122 II 234 E. 4c S. 238). 5.4.2 Mit Bezug auf die Materialien zum NYÜ ( Art. 32 VRK ) ergeben sich keine klaren Hinweise (vgl. KRONKE/NACIMIENTO/OTTO/PORT, a.a.O., S. 146 ff. und insbesondere S. 194; VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258 mit Hinweisen) und auch die Botschaft des Bundesrats vom 18. September 1964 betreffend die Genehmigung des NYÜ (BBl 1964 II 605 ff.) äussert sich im Übrigen zur vorliegenden Frage nicht. 5.4.3 Der Zweck des NYÜ ist es, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche zu erleichtern, weshalb das Übereinkommen vollstreckungsfreundlich auszulegen ist. Die Gerichte haben einen pragmatischen, flexiblen und nicht formalistischen Ansatz anzuwenden (ICCA's guide, a.a.O., S. 14 f. und 71). Art. IV Abs. 2 NYÜ bezweckt, den Schiedsspruch in eine dem Gericht des Vollstreckungsstaats verständliche Fassung zu bringen, um über die Verweigerungsgründe gemäss Art. V NYÜ befinden zu können (BERGER/KELLERHALS, a.a.O., N. 1881; JOSI, a.a.O., S. 198). 5.4.4 Die Formerfordernisse gemäss Art. IV NYÜ sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht streng zu handhaben und eine zu formalistische Anwendung dieser Bestimmung ist zu vermeiden (vgl. die in E. 4.3 oben zitierten Urteile; vgl. auch GEISINGER, Implementing the New York Convention in Switzerland, Journal of international arbitration 2008 S. 694 ff.; PATOCCHI/JERMINI, a.a.O., N. 53 zu Art. 194 IPRG ; JOSI, a.a.O., S. 199; PAULSSON, The New York Convention in international practice - Problems of assimilation, in: The New York Convention of 1958, ASA Special Series No. 9, 1996, S. 105 ff.; PATOCCHI, The 1958 New York Convention - The Swiss Practice, in: The New York Convention of 1958, ASA Special Series No. 9, 1996, N. 14 S. 162 f.). 5.5 Auch im vorliegenden Fall drängt sich eine grosszügige Auslegung von Art. IV Abs. 2 NYÜ auf. Es erschiene als rein formalistisch, neben der vorhandenen Übersetzung des Dispositivs und des Teils "V. Costs" auch noch eine Übersetzung des restlichen Schiedsspruchs zu verlangen, zumal gerade die Kostenverlegung strittig war BGE 138 III 520 S. 527 (und Grundlage für den zu prüfenden Verweigerungsgrund nach Art. V NYÜ bildete). Nach heutigen Verhältnissen kann davon ausgegangen werden, dass die Gerichte bei englischen Schiedssprüchen in der Regel nicht auf eine Übersetzung angewiesen sind und so der Zweck von Art. IV Abs. 2 NYÜ genauso gut erreicht wird (vgl. zum zeitlichen Element auch VAN DEN BERG, a.a.O., S. 258; allgemein zu den Englischkenntnissen der schweizerischen Gerichte HUNZIKER-BLUM, Beweisurkunden in der Amtssprache, in Landessprachen und in Fremdsprachen im Zivilprozess, SZZP 2009 S. 203 ff.). Ein flexibles, pragmatisches und nicht formalistisches Verständnis von Art. IV Abs. 2 NYÜ führt demnach im vorliegend zu beurteilenden Fall zum Ergebnis, dass die von der Beschwerdegegnerin eingereichte Teilübersetzung ausreichend ist. Eine engere Interpretation im Sinne der Beschwerdeführerin würde dem allgemein anerkennungs- und vollstreckungsfreundlichen Geist und Ziel des Abkommens entgegenstehen (vgl. auch Urteil 4A_124/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1). Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren zu Recht nicht geltend machte, sie sei zur Wahrung ihrer Rechte auf eine Übersetzung des ganzen Schiedsspruchs angewiesen. Die Rüge der Verletzung von Art. IV Abs. 2 NYÜ (und von Art. 9 BV ) erweist sich demnach als unbegründet. Bei diesem Ergebnis kann offengelassen werden, ob allenfalls bereits gestützt auf Art. VII Abs. 1 NYÜ eine Übersetzung entbehrlich gewesen wäre (vgl. zur deutschen Praxis das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2003, auszugsweise in: SchiedsVZ 2003 S. 282; SCHWAB/WALTER, a.a.O., S. 268 und 475).
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Urteilskopf 100 IV 87 23. Urteil des Kassationshofes vom 9. Juli 1974 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden gegen X.
Regeste Art. 39 Abs. 1 SVG . Zeichengebung. Werden zwei Strassenteile an einer Kreuzung oder Einmündung entgegen ihrem natürlichen Verlauf durch entsprechende Signalisierung zu einem vortrittsberechtigten Hauptstrassenzug zusammengefasst, so hat der diesem folgende Strassenbenützer Zeichen zu geben, bevor er den natürlichen Verlauf der Fahrbahn verlässt.
Sachverhalt ab Seite 87 BGE 100 IV 87 S. 87 A.- Am 20. Juni 1973 fuhr X. auf seinem Fahrrad in Chur auf der Grabenstrasse in Richtung Untertor. Dort beschreibt diese eine ausgeprägte Linksbiegung, in deren Bereich nach rechts die Reichsgasse und geradeaus, gleichsam als Fortsetzung der Grabenstrasse die Steinbruchstrasse abzweigt. Die Grabenstrasse ist vor der Biegung mit dem Signal Nr. 307 (Hauptstrasse) und der Zusatztafel Nr. 381 gekennzeichnet. In der Biegung selbst ist sie rechts mit einer Begrenzungslinie (Nr. 410) versehen. X., der beabsichtigte, nach links der Hauptstrasse zu folgen, unterliess auf der Höhe der geradeaus verlaufenden Steinbruchstrasse seine Absicht anzuzeigen. Da der ihm folgende Automobilist glaubte, X. werde seine Fahrt geradeaus fortsetzen, wollte er ihn überholen. Dabei stiess er mit dem Radfahrer zusammen, als dieser der Begrenzungslinie entlang nach links abschwenkte. B.- Das Kreisamt Chur büsste am 25. August 1973 beide Beteiligten mit je Fr. 60.-. Auf Einsprache hin sprach der BGE 100 IV 87 S. 88 Kreisgerichtsausschuss X. von der Anklage der Übertretung von Art. 39 Abs. 1 SVG frei. Eine gegen diesen Entscheid eingereichte Berufung der Staatsanwaltschaft wies der Kantonsgerichtsausschuss Graubünden am 27. März 1974 ab. Er stellte sich auf den Standpunkt, X. habe keine Richtungsänderung im Sinne von Art. 39 Abs. 1 SVG vorgenommen. C.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichtsausschusses aufzuheben und die Sache zur Schuldigsprechung und Bestrafung von X. an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach Art. 39 Abs. 1 SVG ist jede Richtungsänderung mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliches Handzeichen rechtzeitig bekanntzugeben. Dies gilt namentlich für: a) das Einspuren, Wechseln, und Abbiegen, b) das Überholen und das Wenden, c) das Einfügen eines Fahrzeuges in den Verkehr und das Anhalten am Strassenrand. Bei dieser Aufzählung handelt es sich, was unmissverständlich aus dem Wortlaut folgt, nur um Beispiele. Sie ist also keine abschliessende und lässt deshalb für andere Verhaltensweisen Raum. Aus den genannten Beispielen ergibt sich jedoch, dass eine Richtungsänderung nicht notwendig ein Verlassen der benutzten Strasse voraussetzt, vielmehr auch auf dieser selber Richtungsänderungen möglich sind (z.B. Einspuren, Überholen usw.). Allgemein wird deshalb die Richtungsänderung als ein Abweichen vom natürlichen Verlauf einer Fahrbahn oder Fahrspur bezeichnet werden können ( BGE 96 IV 130 oben). Gabelt sich eine Strasse oder zweigt von ihr in spitzem Winkel eine Strasse ab, so wird die Frage, ob der Verkehrsteilnehmer seine Richtung ändert, danach beantwortet werden müssen, ob der von ihm gewählte Verkehrsweg bei natürlicher Betrachtungsweise als Fortsetzung der bisherigen Fahrrichtung anzusehen ist oder nicht. Im vorliegenden Fall erscheint nach der eigenen Feststellung der Vorinstanz die Steinbruchstrasse als die gerade Fortsetzung der Grabenstrasse. Diese liegt nach dem bei den Akten liegenden Strassenplan tatsächlich in der gleichen Linie BGE 100 IV 87 S. 89 wie die der Linksbiegung vorgelagerte Strecke der Grabenstrasse. Auch hat sie nach einer kurzen linksseitigen Verengung annähernd die gleiche Breite wie die letztgenannte Hauptstrasse. Dass sie zudem dem Verkehrsteilnehmer unmittelbar als die natürliche Fortsetzung der Grabenstrasse erscheinen muss, erhellt auch aus den photographischen Aufnahmen, welche in gerader Blickrichtung aus der Grabenstrasse die Häuserflucht der Steinbruchstrasse zeigen. Das Gesagte wird schliesslich durch den Umstand bestätigt, dass der dem Beschwerdegegner folgende Führer mangels einer Zeichengebung durch den ersteren aufgrund der gesamten Strassenanlage beim Untertor der Meinung war, X. werde seine Fahrt geradeaus fortsetzen. Ist dem aber so, muss das Befahren der Linksbiegung der Grabenstrasse an der besagten Stelle als eine Richtungsänderung im Sinne des Art. 39 Abs. 1 SVG angesehen werden. Daran ändert nichts, dass die Grabenstrasse als Hauptstrasse (Signal Nr. 307) mit der Zusatztafel Nr. 381 gekennzeichnet und der auf ihr verkehrende Strassenbenützer vortrittsberechtigt ist. Die Frage der Richtungsänderung ist von derjenigen der Vortrittsberechtigung verschieden. Für die sogenannte abknickende Vorfahrt, wie sie hier signalisiert war, ist gerade kennzeichnend, dass zwei Strassenteile an einer Kreuzung oder Einmündung entgegen ihrem natürlichen Verlauf durch entsprechende Signalisierung zu einem vortrittsberechtigten Strassenzug zusammengefasst werden. Wer diesem Strassenzug folgt, weicht somit von der natürlichen Bahn ab. Darauf weist auch der Wortlaut des Art. 46 Abs. 1 SSV hin, der die Zusatztafel "Richtung der Hauptstrasse" (Nr. 381) als ein Signal umschreibt, das bei den Signalen Nrn. 116 und 307 "den Verlauf einer die Richtung ändernden Hauptstrasse" anzeigt, und Art. 64 Abs. 3 SSV verlangt das Beifügen der genannten Zusatztafeln dort, wo "die Hauptstrasse nach rechts oder links schwenkt". Wer deshalb einer solchen Hauptstrasse folgt und damit nach der gesamten äusseren Anlage der Kreuzung oder Einmündung den natürlichen Verlauf der Fahrbahn verlässt, hat zuvor Zeichen zu geben (ebenso der deutsche BGHZ, NJW 1966 I S. 108; JAGUSCH, Strassenverkehrsrecht, 20. Auflage, N. 19 zu § 9 StVO 1; anderer Meinung BUSSY, Schweiz. Jurist. Kartothek Ersatzkarte 708, I, 3 N. 4, immerhin mit dem Vorbehalt, dass keine Gefahr besteht). BGE 100 IV 87 S. 90 Diese Ordnung entspricht auch den praktischen Bedürfnissen des täglichen Verkehrs. Die von Art. 39 Abs. 1 SVG geforderte Zeichengebung dient der Orientierung der übrigen Verkehrsteilnehmer, die zweifelsfrei sollen erkennen können, in welcher Richtung der andere sich fortbewegen wird. Diese Orientierung würde jedoch in Fällen wie dem vorliegenden erheblich erschwert, wenn die Frage der Richtungsänderung nicht von dem erkennbaren natürlichen Verlauf der Fahrbahn, sondern von der Signalisierung eines Vortrittsrechtes abhinge. Dafür ist der Unfall, in welchen der Beschwerdegegner verwickelt wurde, ein sprechendes Beispiel. Missverständnisse und eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit müssten sich aber auch dort einstellen, wo aus der Nebenstrasse, welche die natürliche Fortsetzung der Hauptstrasse bildet, Verkehrsteilnehmer in diese letztere einfahren wollen. Des weiteren Wäre die Folge aus der vom Kantonsgerichtsausschuss vertretenen Meinung, dass der Führer auf der Hauptstrasse, der diese verlassen will, um geradeaus weiterzufahren, zur Stellung des rechten bzw. linken Blinkers verpflichtet werden müsste, weil sein Verhalten dann als Richtungsänderung anzusehen wäre. Das aber würde seinerseits dort, wo in der Biegung der Hauptstrasse wie hier nach rechts noch eine Nebenstrasse (Reichsgasse) abzweigt, zu Unsicherheit führen, indem namentlich Fussgänger, welche die geradeaus verlaufende Nebenstrasse (Steinbruchstrasse) queren wollen, zur Annahme verführt würden, der aus der Hauptstrasse kommende Führer werde noch vor ihrem Übergang seitlich nach rechts abschwenken. Da jedoch der Verkehr in hohem Masse an klaren und einfachen Regeln interessiert ist ( BGE 95 IV 89 unten), müssen solche Schwierigkeiten vermieden werden. Das aber kann nur dadurch geschehen, dass in Fällen wie dem vorliegenden auf den natürlichen Verlauf der Strasse abgestellt und der auf einer die Richtung ändernden Hauptstrasse verkehrende Strassenbenützer verpflichtet wird, die Richtungsänderung anzuzeigen. Das hat hier der Beschwerdegegner unbestrittenermassen unterlassen. Die Vorinstanz hat ihn somit zu Unrecht von einer Missachtung des Art. 39 Abs. 1 SVG freigesprochen. Ihr Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. BGE 100 IV 87 S. 91 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 80 IV 22 6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Januar 1954 i.S. Nova-Werke Junker & Ferber gegen Brandenberger und Mitangeklagte.
Regeste 1. Art. 162 StGB , Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses. a) Was ist ein Fabrikationsgeheimnis? Wem steht es zu, wenn ein Dienstpfiichtiger es schaffen hilft? (Erw. 2 a). b) Bestand und Dauer der vertraglichen Pflicht, ein Fabrikationsgeheimnis zu wahren (Erw. 2 b). c) Das handelnde Organ einer juristischen Person, die sich den Verrat eines Fabrikationsgeheimnisses zunutze macht, ist weder nach Abs. 2, noch als Gehülfe des sich nach Abs. 1 vergehenden Täters strafbar (Erw. 2 c). 2. Art. 13 lit. g UWG , unlauterer Wettbewerb durch Verwertung eines Fabrikationsgeheimnisses. a) Fabrikationsgeheimnis (Erw. 3 a). b) Täterschaft setzt wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen dem Täter und dem Geschädigten voraus (Erw. 3 b). c) Gehülfenschaft setzt nicht voraus, dass der Täter bestraft werde (Erw. 3 b).
Sachverhalt ab Seite 23 BGE 80 IV 22 S. 23 A.- Die Kollektivgesellschaft Nova-Werke Junker & Ferber in Zürich stellt Kolbenringe mit grossem geschäftlichem Erfolge in einem von ihrem Gesellschafter Emil Junker erdachten Verfahren, das am 4. April 1938 in der Schweiz zur Patentierung angemeldet und am 31. Juli 1942 patentiert worden ist, in der Weise her, dass sie sie, um ihnen überall gleiche Spannung zu verleihen, in entspanntem Zustande auf Unrundform dreht und erst nachher ausschneidet. Die zur Anwendung dieses Verfahrens (Formdrehverfahren) benötigten (nicht patentierten) Maschinen liess sie durch Dr. ing. Heinrich Brandenberger, geb. 1896, konstruieren, den sie zu diesem Zwecke anstellte. In ihrem die Anstellungsbedingungen enthaltenden Brief an Brandenberger vom 20. Juni 1932 führte sie aus: "Ihr Monatsgehalt beträgt 800 Frcs. (achthundert). Der Eintritt erfolgt am 1. September dieses Jahres. Die ersten drei Monate sind von beiden Seiten unkündbar, nachher kommt als Kündigungsbedingung die Bestimmung des schweizerischen Obligationenrechts in Betracht. - Sie verpflichten sich, unsere Konstruktionen streng geheim zu halten und auch im Falle eines eventuellen Austritts bei uns mindestens während zwei Jahren nach Ihrem Austritt bei keiner Konkurrenz, sei es im Inland oder Ausland, in ähnlicher Art tätig zu sein." Brandenberger nahm diese Vorschläge mit Schreiben vom 21. Juni 1932 an. Am 27. Mai 1937 erhielt er von der Firma die Mitteilung: "Nachdem die Entwicklung der Neueinrichtung unserer Kolbenring-Abteilung beendet ist und wir keine weiteren Maschinen mehr auszuführen gedenken, lösen wir das Konstruktionsbureau auf und sehen uns genötigt, Ihnen unter Verdankung der geleisteten Dienste per 31. Juli 1937 zu kündigen." Brandenberger arbeitete von da an nur noch teilweise in der Firma. Auf 31. März 1939 wurde er vollständig entlassen. Bei seinem Austritt bestätigte er die Verpflichtung, die Konstruktionen streng geheim zu halten BGE 80 IV 22 S. 24 und während mindestens zwei Jahren bei keiner Konkurrenz in ähnlicher Art tätig zu sein. Im Sommer 1948 schlug Ingenieur Ernst Fischer, der vom November 1925 bis Ende August 1942 als Betriebsassistent im Dienste der Nova-Werke Junker & Ferber gestanden und namentlich in der Kolbenring-Abteilung gearbeitet hatte, dem Brandenberger mit Erfolg vor, die erwähnten Konstruktionen in- und ausländischen Konkurrenzfirmen anzubieten. Zur Rekonstruktion der Pläne der Maschinen verwendete Brandenberger Notizen und Entwicklungszeichnungen, die er im Dienste der Nova-Werke Junker & Ferber gemacht und nach Auflösung des Dienstvertrages behalten hatte. Die Verhandlungen mit den Interessenten führte Fischer. Um sie zu erleichtern, trat er formell neben Brandenberger als Vertragspartei auf. Über den Inhalt der Verträge entschied dieser allein. Brandenberger verpflichtete sich, Fischer 25% des Erlöses aus den von diesem zustande gebrachten Geschäften zukommen zu lassen. Durch Vertrag vom 1. Juni 1948 zwischen der Sim SA in Morges einerseits, für die deren Generaldirektor Rogier handelte, sowie Brandenberger und Fischer anderseits, erlaubte Brandenberger der Sim SA, die Maschinen für das Formdrehverfahren herzustellen. Er verpflichtete sich, die notwendigen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen herzustellen und der Sim SA zu übergeben. Diese versprach ihm eine nach der Zahl der hergestellten Formdrehbänke (nebst zugehöriger Apparate) abgestufte Vergütung, nämlich Fr. 70'000.-- für die ersten sechs Drehbänke und Fr. 5000.-- für jede weitere solche Maschine. Durch gleichzeitigen Vertrag versprach Fischer der Sim SA, mit seinem Fachwissen und seiner praktischen Erfahrung bei der Umstellung auf das Formdrehverfahren mitzuarbeiten, die Ausführung zu überwachen und für die lückenlose Abwicklung des Programms besorgt zu sein. Die Sim SA verpflichtete sich, ihm für diese Tätigkeit bis zur Durchführung des Programms monatlich Fr. 850.-- BGE 80 IV 22 S. 25 zu bezahlen und überdies seine Reise- und Hotelspesen zu tragen. Auf Grund des ersten Vertrages zahlte die Sim SA in der Folge die versprochenen Fr. 70'000.--. Brandenberger kamen davon Fr. 60'000.-- zu, während Fr. 10'000.-- an Fischer gingen. Dieser erhielt ausserdem die im zweiten Vertrag vorgesehenen Leistungen der Sim SA Am 12. März 1949 erlaubte Fischer der Firma Goetze Werke, Friedrich Goetze AG in Burscheid (Deutsche Bundesrepublik), die von Brandenberger konstruierten Maschinen für das Formdrehverfahren herzustellen, und versprach ihr, sämtliche Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen, alle Betriebsmittel für die rationelle Erzeugung von Kolbenringen nach dem Formdrehverfahren und einen vollständigen Satz Pausen zu liefern. Die Firma verpflichtete sich, ihm für das Recht zur Herstellung von acht Maschinen 100'000 Mark und für das Recht zur Herstellung jeder weiteren Maschine 15'000 Mark zu zahlen. Von einer ersten Zahlung von 60'000 Mark kamen 25% an Fischer und 75% an Brandenberger. Einen ähnlichen Vertrag schloss Fischer am 14. März 1949 mit der Aktiebolaget Davy Robertsons Maskinfabrik in Goeteborg (Schweden). Sie versprach ihm für die Ermächtigung zur Herstellung von sechs Formdrehbänken nebst zugehörigen Apparaten und Betriebsmitteln Fr. 120'000.-- und für das Recht zur Herstellung jeder weiteren Maschine Fr. 15'000.--. Fischer verpflichtete sich, ihr gegen Vergütung seiner Spesen mit seinem Fachwissen und seinen praktischen Erfahrungen für die Erfüllung des Abkommens zur Verfügung zu stehen. Die Firma zahlte in der Folge Fr. 90'000.-- an. Davon gingen 75% an Brandenberger und 25% an Fischer. Brandenberger erstellte sämtliche in den Verträgen mit den drei Firmen vorgesehenen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen und lieferte sie ihnen unmittelbar oder durch Fischer aus. Er erteilte den Firmen auch weitere technische Ratschläge. BGE 80 IV 22 S. 26 B.- Auf Strafanzeige und Strafantrag der Nova-Werke Junker & Ferber klagte die Bezirksanwaltschaft Zürich Brandenberger und Fischer des vollendeten und versuchten wirtschaftlichen Nachrichtendienstes ( Art. 273 StGB ), der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses ( Art. 162 StGB ) und des unlauteren Wettbewerbs ( Art. 13 lit. g UWG ) und Rogier der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses und der Gehülfenschaft zu unlauterem Wettbewerb an. Das Bezirksgericht Zürich sprach die Angeklagten am 14. Dezember 1951 frei. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und die Nova-Werke Junker & Ferber erklärten die Berufung. Die Staatsanwaltschaft zog die ihrige später zurück. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach die Angeklagten am 3. Oktober 1952 frei. Den Tatbestand der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses verneinte es mit der Begründung, Brandenberger habe nicht durch unerlaubte Mittel ein solches Geheimnis ausgekundschaftet. Es habe ihn auch keine Norm verpflichtet, das Formdrehverfahren und dessen maschinelle Durchführung geheimzuhalten; dem Art. 356 OR könne im Gegenteil entnommen werden, dass der Dienstpflichtige nach Beendigung des Dienstvertrages Geschäftsgeheimnisse des Dienstherrn verwerten dürfe, wenn er nicht auf unredliche oder unerlaubte Art in ihren Besitz gekommen sei. Auch der Dienstvertrag vom Juni 1932 habe Brandenberger nicht zur Geheimhaltung verpflichtet. Er habe ihm erlaubt, zwei Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei Konkurrenten der Firma in ähnlicher Weise wie früher bei dieser tätig zu sein. Er habe somit auch seine Kenntnisse und Erfahrungen betreffend das Formdrehverfahren zum Vorteil eines neuen Arbeitgebers verwerten dürfen. Dass ihm frühere Notizen und Entwicklungsskizzen seine Konkurrenztätigkeit erleichtert hätten, ändere nichts. Er wäre vom Ablauf des Konkurrenzverbotes an bis zum Vertrag mit Fischer auch ohne diese Hilfsmittel in der Lage gewesen, die für das Formdrehverfahren BGE 80 IV 22 S. 27 benötigten Maschinen erneut zu konstruieren, zumal die Konstruktion nach Aussagen von Professor Leyer auch jedem anderen fähigen Ingenieur möglich gewesen wäre. Da Brandenberger zu seinem Vorgehen berechtigt gewesen sei, seien auch Fischer und Rogier freizusprechen. Von der Anklage des unlauteren Wettbewerbs sprach das Obergericht die Angeklagten frei, weil Brandenberger das Geheimnis der Nova-Werke Junker & Ferber nicht ausgekundschaftet und weil er von ihm auch nicht sonstwie gegen Treu und Glauben Kenntnis erlangt habe. C.- Die Nova-Werke Junker & Ferber führen Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und dieses anzuweisen, die Angeklagten im Sinne der Anklage schuldig zu erklären und zu bestrafen, eventuell die Sache neu zu beurteilen. D.- Brandenberger, Fischer und Rogier beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. ..... Soweit Bestrafung der Beschwerdegegner wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes ( Art. 273 StGB ) beantragt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 2. Nach Art. 162 StGB ist strafbar, wer ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis, das er infolge einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht bewahren sollte, verrät (Abs. 1 ) oder den Verrat sich zunutze macht (Abs. 2). a) Gegenstand eines Fabrikationsgeheimnisses im Sinne dieser Bestimmung bilden alle einen Fabrikationsvorgang betreffenden und weder offenkundigen noch allgemein zugänglichen Tatsachen, an deren Geheimhaltung der den Vorgang Beherrschende ein berechtigtes Interesse hat und die er tatsächlich geheimhalten will (vgl. BGE 64 II 170 ). Diese Voraussetzungen trafen im vorliegenden Fall auf die Maschinen zu, mit denen die Beschwerdeführerin das BGE 80 IV 22 S. 28 von Emil Junker erdachte Formdrehverfahren zur Herstellung von Kolbenringen anwendet. Die Konstruktion dieser Maschinen war weder offenkundig noch allgemein zugänglich, als Brandenberger die ihm zur Last gelegten Handlungen beging, ansonst nicht zu verstehen wäre, weshalb die Sim SA und die beiden ausländischen Firmen für die Kenntnisse, die er ihnen vermittelte, Vergütungen versprachen, die weit über das Honorar hinausgingen, das er für die Herstellung der Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen billigerweise hätte verlangen können. Dass nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz jeder andere fähige Ingenieur solche Maschinen auch hätte konstruieren können, ändert nichts daran, dass die konkrete Lösung des Problems, die die Beschwerdeführerin seinerzeit mit Hilfe Brandenbergers gefunden hatte, ein Geheimnis war, dessen Aufdeckung dem Aussenstehenden eigene Forschungsarbeit erübrigte. Trägerin dieses Geheimnisses war die Beschwerdeführerin, die die Maschinen durch einen eigens zu diesem Zwecke angestellten Ingenieur, den Beschwerdegegner Brandenberger, hatte konstruieren lassen. Ob Junker eine eigene schöpferische Idee zur Entwicklung der Konstruktionen beigetragen hat oder diese das ausschliessliche Ergebnis der Forschung des Dienstpflichtigen bilden, ist unerheblich, wie auch nichts darauf ankommt, dass Brandenberger einen Teil der Konstruktionen in seiner Privatwohnung und ohne Inanspruchnahme betrieblicher Einrichtungen seiner Arbeitgeberin entworfen und in Entwicklungszeichnungen, die bei der Auflösung des Dienstverhältnisses in seinem Besitze blieben, festgehalten hat. Entscheidend ist, dass er für seine Tätigkeit als Dienstpflichtiger entlöhnt worden ist. Die Dienstherrin hat damit Anspruch auf das Ergebnis der Tätigkeit erlangt. Da das Gesetz sogar Erfindungen, die der Dienstpflichtige in Ausübung einer zu seinen dienstlichen Obliegenheiten gehörenden Erfindertätigkeit macht, dem Dienstherrn zuweist BGE 80 IV 22 S. 29 ( Art. 343 OR ), kann es nicht zulassen wollen, dass das immaterielle Rechtsgut des Fabrikationsgeheimnisses nicht ebenfalls dem Dienstherrn, sondern dem Dienstpflichtigen zustehe. Die Beschwerdeführerin hatte ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung. Ihr musste daran liegen, den Konkurrenten die Herstellung solcher Maschinen nicht durch Bekanntgabe ihrer eigenen Konstruktionen zu erleichtern. Die Preisgabe des Geheimnisses konnte das Auftauchen von Konkurrenzprodukten (im Formdrehverfahren hergestellten Kolbenringen) beschleunigen oder die Unkosten des Konkurrenten und damit den Preis dieser Erzeugnisse verbilligen. Auch der Wille der Beschwerdeführerin, ihre Maschinen geheimzuhalten, steht fest. Er ergibt sich daraus, dass sie Brandenberger mit Schreiben vom 20. Juni 1932 die Verpflichtung zur Geheimhaltung auferlegte. Diese Verpflichtung bezog sich nicht etwa bloss auf Konstruktionen, die im Betriebe der Beschwerdeführerin schon bestanden, sondern vor allem auch auf jene, die Brandenberger schaffen half und von denen er daher dank seiner dienstlichen Tätigkeit in erster Linie Kenntnis hatte. b) Brandenberger verpflichtete sich am 21. Juni 1932 durch Annahme des Antrages der Beschwerdeführerin, deren Konstruktionen "streng geheim zu halten". Die Auffassung der Vorinstanz, dass diese Pflicht zwei Jahre nach Auflösung des Dienstverhältnisses erloschen sei, hält nicht stand. Der Dienstentlassene kann wie jeder Dritte auf eigene oder fremde Rechnung in wirtschaftlichen Wettbewerb zum früheren Arbeitgeber treten, ohne ein Fabrikationsgeheimnis, von dem er im früheren Dienstverhältnis Kenntnis erlangt hat, notwendigerweise zu verletzen, wie umgekehrt auch denkbar ist, dass er ein solches Geheimnis preisgebe, ohne dem früheren Dienstherrn Konkurrenz zu machen. Auch Brandenberger wäre es an sich möglich gewesen, das Konkurrenzverbot zu übertreten, ohne die BGE 80 IV 22 S. 30 Geheimhaltungspflicht zu verletzen; denn die im Dienstvertrag eingegangene Verpflichtung, nicht "in ähnlicher Art tätig zu sein", hatte nicht bloss den Sinn, dass er nach Auflösung des Dienstverhältnisses für sich oder Dritte keine Maschinen für das Formdrehverfahren konstruieren, sondern dass er der Beschwerdeführerin überhaupt nicht als Maschinenkonstrukteur Konkurrenz machen dürfe. Dass das Konkurrenzverbot zwei Jahre nach Auflösung des Vertrages dahinfiel, enthob ihn deshalb nicht ohne weiteres auch der Pflicht, die für das Formdrehverfahren konstruierten Maschinen weiterhin geheimzuhalten. Dass diese Pflicht in gleicher Weise befristet sein sollte wie das Konkurrenzverbot, lässt sich auch nicht aus dem Wortlaut des Schreibens vom 20. Juni 1932 ableiten. Beide Verpflichtungen sind zwar in ein und demselben Satze behandelt. Daraus kann aber umsoweniger auf eine Befristung der Geheimhaltungspflicht geschlossen werden, als ein Dienstnehmer auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die in seinem Dienste wahrgenommenen Dinge, falls deren Geheimcharakter ihm bewusst ist, während und nach Auflösung des Dienstvertrages geheimzuhalten hat, wenn die Umstände darauf schliessen lassen, er sei nur unter der Voraussetzung der Verschwiegenheit in die Geheimnisse eingeweiht worden, und wenn überdies die vertraglichen Grundlagen, seine Person und Ausbildung, seine Stellung im Geschäft, sein Arbeitsgebiet und seine Entlöhnung dazu in einer gewissen Beziehung stehen ( BGE 64 II 172 ). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die dienstlichen Obliegenheiten Brandenbergers bestanden gerade darin, die für die Verwirklichung des Formdrehverfahrens benötigten Maschinen zu konstruieren. Er bezog einen Lohn, der in Anbetracht der damals herrschenden Wirtschaftskrise, der damaligen ordentlichen Gehaltsverhältnisse, des Geldwertes und des Alters des Dienstnehmers ziemlich hoch war. Auch konnte Brandenberger nicht nur angesichts der ausdrücklich anerkannten Geheimhaltungspflicht, sondern auch angesichts der von der Beschwerdeführerin BGE 80 IV 22 S. 31 von Anfang an erstrebten besonderen technischen und wirtschaftlichen Vorteile des neuen Verfahrens nicht entgehen, dass seine Dienstherrin wesentlich daran interessiert war, die entwickelten Konstruktionen geheimzuhalten, und zwar besonders auch nach Ablauf des Patentschutzes für das Formdrehverfahren. Dass er solange zur Verschwiegenheit verpflichtet sei, als nicht die Beschwerdeführerin selber das Geheimnis lüften werde oder die fraglichen Konstruktionen sonstwie allgemein bekannt würden, verstand sich unter diesen Umständen geradezu von selbst. c) Indem Brandenberger die in den Verträgen mit der Sim SA, der Goetze Werke, Friedrich Goetze AG und der Aktiebolaget Davy Robertsons Maskinfabrik vorgesehenen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen an diese Firmen auslieferte und ihnen technische Ratschläge für die Konstruktion der Maschinen erteilte, verriet er das Fabrikationsgeheimnis der Beschwerdeführerin. Dieses Tatbestandsmerkmal wäre selbst dann erfüllt, wenn es Brandenberger im Jahre 1948 noch möglich gewesen sein sollte, die Maschinen ohne Verwendung der Entwicklungszeichnungen, die er nach Auflösung des Dienstverhältnisses zurückbehalten hatte, zu rekonstruieren; denn auch das war ihm auf Grund des Vertrages verboten. Fischer machte sich den Verrat zunutze, indem er aus dem Vertragsverhältnis zwischen Brandenberger und der Sim SA eigene Vorteile zog. Dass er sich nach Art. 162 Abs. 2 StGB auch dadurch vergangen habe, dass er aus den Verträgen mit den ausländischen Firmen Nutzen zog, wirft ihm die Anklage nicht vor. Rogier zog aus dem Verrat persönlich keine Vorteile, da nicht er, sondern die Sim SA Vertragspartei war. Wäre sie eine natürliche Person, so müsste sie als Täter des in Art. 162 Abs. 2 StGB umschriebenen Vergehens zur Rechenschaft gezogen werden. Als juristische Person kann sie es nicht. Rogier aber, der für sie handelte, hätte für sie nur einzustehen, wenn das Gesetz eine entsprechende Bestimmung BGE 80 IV 22 S. 32 enthielte ( Art. 1 StGB ). Das trifft nicht zu. Art. 172 Abs. 1 StGB , der für eine Reihe anderer Vermögensdelikte des zweiten Titels (Entzug und Veruntreuung von Pfandsachen und Retentionsgegenständen, Konkurs- und Betreibungsverbrechen und -vergehen) die im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person handelnden Direktoren usw. als Täter strafbar erklärt, führt Art. 162 StGB nicht an. Rogier kann auch nicht als Gehülfe bestraft werden. Gehülfe der Sim SA war er nicht, weil diese nicht strafbar ist, Gehülfenschaft aber voraussetzt, dass ein Haupttäter sich strafbar gemacht habe ( BGE 74 IV 123 ). Die Stellung eines Gehülfen Brandenbergers und Fischers sodann hatte er nicht, weil seine Mitwirkung nicht über das hinausging, was begrifflich notwendig war, damit diese beiden das Fabrikationsgeheimnis an die Sim SA überhaupt verraten konnten; er befand sich, was die Verletzung des Fabrikationsgeheimnisses betrifft, bloss in der Stellung eines sogenannten notwendigen Teilnehmers (vgl. HAFTER, Allgem. Teil § 43 Ziff. 2; LOGOZ, Vorbem. zu Art. 24 ff. Ziff. 3). Wirkt ein solcher nicht weitergehend mit, als begriffsnotwendig ist, damit der andere das Verbrechen überhaupt begehen kann, so ist er nur strafbar, wenn das Gesetz auch ihn zum Täter stempelt. Von dieser Auffassung geht denn auch Art. 162 StGB aus, indem er die Personen, die den Verrat sich zunutze machen, gleich dem, der ihn begeht, mit Strafe bedroht. Rogier ist daher von der Anklage der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses freizusprechen. ... 3. Nach Art. 13 lit. g UWG ist strafbar, wer sich unlauteren Wettbewerbs schuldig macht, indem er vorsätzlich Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse verwertet oder andern mitteilt, die er ausgekundschaftet oder von denen er sonstwie gegen Treu und Glauben Kenntnis erlangt hat. a) Der Begriff des Fabrikationsgeheimnisses im Sinne dieser Bestimmung deckt sich mit dem Begriff des Fabrikationsgeheimnisses BGE 80 IV 22 S. 33 nach Art. 162 StGB . Art. 13 lit. g UWG ist denn auch, mit gewissen Änderungen, aus Art. 162 StGB übernommen worden, in dem die Bestimmung bis zum Erlass des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb als Absatz 3 enthalten war. b) Die Anklage geht davon aus, Brandenberger und Fischer hätten durch den Abschluss und die Ausführung der Verträge mit der Sim SA das der Beschwerdeführerin zustehende Fabrikationsgeheimnis im Sinne des Art. 13 lit. g UWG verwertet und mitgeteilt und Rogier habe ihnen dadurch, dass er im Namen der Sim SA mit ihnen verhandelte und Verträge abschloss, bei der Verwertung und Mitteilung des Geheimnisses im Sinne des Art. 25 StGB geholfen. Damit verkennt der Ankläger, dass als Täter des unlauteren Wettbewerbes nicht Brandenberger und Fischer, sondern nur die Organe der Sim SA in Betracht kommen können; denn nicht Brandenberger und Fischer traten in wirtschaftlichen Wettbewerb zu der Beschwerdeführerin, sondern das Wettbewerbsverhältnis, das durch die Verwertung des Fabrikationsgeheimnisses zu einem unlauteren gestaltet worden sein soll, bestand zwischen der Sim SA und der Beschwerdeführerin. Dass zur Zeit der Tat ein solches Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Täter und dem Geschädigten bestehen muss, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit den einleitenden Worten des Art. 13 UWG . Wenn unlauterer Wettbewerb überhaupt vorliegt, ist daher Rogier in seiner Eigenschaft als handelndes Organ der Sim SA ( Art. 15 UWG ) als Täter zu bestrafen, wogegen Brandenberger und Fischer, die durch ihre Tat den Wettbewerb der Sim SA förderten, nur als Gehülfen sich allenfalls gegen Art. 13 lit. g UWG vergangen haben. Auch wegen der Förderung des unlauteren Wettbewerbs der beiden ausländischen Firmen können Brandenberger und Fischer nicht als Täter, sondern nur allenfalls als Gehülfen zur Rechenschaft gezogen werden. Dass gegen die beiden Firmen keine Anklage erhoben worden ist, steht BGE 80 IV 22 S. 34 der Bestrafung Brandenbergers und Fischers nicht im Wege; Gehülfenschaft setzt bloss voraus, dass der Haupttäter sich strafbar gemacht habe, nicht auch, dass er für seine Tat bestraft werde (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 15. November 1945 i.S. Duchêne). Dass sich die Organe der Goetze Werke, Friedrich Goetze AG und der Aktiebolaget Davy Robertsons Maskinfabrik im Sinne des Art. 13 lit. g UWG des unlauteren Wettbewerbs schuldig gemacht haben, ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sie möglicherweise bloss im Ausland gehandelt haben. Da sich ihre Tat gegen Schweizer richtete, ist sie gemäss Art. 5 StGB nach schweizerischem Recht zu beurteilen, wenn sie auch nach dem Rechte des Begehungsortes strafbar ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wird die Vorinstanz allenfalls auf Grund des deutschen bzw. schwedischen Rechts zu beurteilen haben. Ob Rogier als Täter, Brandenberger und Fischer dagegen als Gehülfen im vorliegenden Verfahren bestraft werden können, obschon die Anklage ersterem Gehülfenschaft, letzteren beiden dagegen Täterschaft vorwirft, ist eine Frage des kantonalen Prozessrechts, die dem Entscheid der Vorinstanz vorbehalten bleibt. ... Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit auf sie eingetreten werden kann, dahin teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 3. Oktober 1952 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Urteilskopf 126 III 305 54. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juli 2000 i.S. A. gegen Verlag Ringier AG u. Mitb. (Berufung)
Regeste Persönlichkeitsschutz; Ausschluss der Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung; Verletzung der Persönlichkeit durch die Presse ( Art. 28 ZGB ; Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ). Zum Ausschluss der Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung (E. 4a). Zur Persönlichkeitsverletzung durch die Presse bei Veröffentlichung von wahren bzw. unwahren Tatsachen, von Meinungsäusserungen, Kommentaren und Werturteilen (E. 4b).
Erwägungen ab Seite 305 BGE 126 III 305 S. 305 Aus den Erwägungen: 4. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, den Richter anrufen. Das Obergericht BGE 126 III 305 S. 306 ist - wie erwähnt - davon ausgegangen, dass der Kläger durch verschiedene Zeitungsbeiträge in seinem beruflichen und gesellschaftlichen Ansehen empfindlich herabgesetzt worden ist. Damit hat das Obergericht das verletzte Persönlichkeitsgut bezeichnet. a) Die Verletzung fremder Persönlichkeitsrechte wie der Ehre ist grundsätzlich stets widerrechtlich ( Art. 28 Abs. 2 ZGB ). Einer Klage auf Feststellung der Persönlichkeitsverletzung ( Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ) darf jedoch dann nicht entsprochen werden, wenn es dem Urheber gelingt, nachzuweisen, dass Rechtfertigungsgründe bestehen, welche die an sich gegebene Widerrechtlichkeit zu beseitigen vermögen. Die drei in Art. 28 Abs. 2 ZGB aufgezählten Gründe haben generellen Charakter, sind nicht endgültig im Gesetz definiert und überschneiden sich teilweise (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und 49 OR] vom 5. Mai 1982, BBl 1982 II 660). Rechtmässig handelt derjenige, der ein Interesse nachweisen kann, das dem grundsätzlich schutzwürdigen Interesse des Verletzten mindestens gleichwertig ist. Das bedingt eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen durch den Richter ( BGE 122 III 449 E. 3b und c S. 456 f.; BGE 120 II 225 E. 3 S. 227; BUCHER, Natürliche Personen und Persönlichkeitsschutz, 3. Aufl., Basel 1999, N. 534; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 3. Aufl., Bern 1995, N. 589). Dieser hat zu prüfen, ob sowohl die Ziele, die der Urheber verfolgt, als auch die Mittel, derer er sich bedient, schutzwürdig sind. Damit verbunden ist ein gewisses Ermessen ( Art. 4 ZGB ; BGE 122 III 449 E. 3c; BGE 95 II 481 E. 7 S. 494). In diesen Ermessensentscheid greift das Bundesgericht nur ein, wenn den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen grundlos nicht Rechnung getragen worden ist, wenn Tatsachen berücksichtigt worden sind, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend hätten beachtet werden müssen ( BGE 123 III 10 E. 4c/aa S. 13; BGE 119 II 157 E. 2a S. 160). b) Die Presse kann auf zwei Arten in die Persönlichkeit eingreifen, einerseits durch die Mitteilung von Tatsachen und andererseits durch deren Würdigung ( BGE 71 II 191 S. 193; BGE 95 II 481 E. 8 S. 494). aa) Die Verbreitung wahrer Tatsachen ist grundsätzlich durch den Informationsauftrag der Presse gedeckt, es sei denn, es handle sich um Tatsachen aus dem Geheim- oder Privatbereich oder die betroffene Person werde in unzulässiger Weise herabgesetzt, weil die Form der Darstellung unnötig verletzt ( BGE 122 III 449 E. 3a S. 456). BGE 126 III 305 S. 307 Handelt es sich bloss um den Verdacht einer Straftat oder eine Vermutung, gilt nur eine Formulierung als zulässig, die hinreichend deutlich macht, dass einstweilen nur ein Verdacht oder eine Vermutung besteht und - bei einer Straftat - eine abweichende Entscheidung des zuständigen Strafgerichts noch offen ist ( BGE 116 IV 31 E. 5b S. 42). Massgebend ist stets der beim Durchschnittsleser erweckte Eindruck ( BGE 111 II 209 E. 2 S. 211). Ist eine sogenannte Person der Zeitgeschichte betroffen, d.h. eine Persönlichkeit des öffentlichen Interesses, worunter auch relativ prominente Personen fallen können, so kann sich je nach der konkreten Interessenlage auch eine Berichterstattung unter Namensnennung rechtfertigen (BUCHER, a.a.O., N. 545; MEILI, Basler Kommentar, N. 52 und 54 zu Art. 28 ZGB ). Dies selbst dann, wenn es bloss um den Verdacht einer Straftat geht, wobei - wie erwähnt - mit Rücksicht auf die Unschuldsvermutung ausdrücklich auf den Verdacht hinzuweisen ist. In jedem Fall gilt aber der Grundsatz der Verhältnismässigkeit: Auch die in der Öffentlichkeit stehende Person braucht sich nicht gefallen zu lassen, dass die Massenmedien mehr über sie berichten, als durch ein legitimes Informationsbedürfnis gerechtfertigt ist; ihrem Schutzbedürfnis ist nach Möglichkeit ebenfalls Rechnung zu tragen (vgl. BGE 97 II 97 E. 4b S. 105 f.). Von der Veröffentlichung eines blossen Verdachts oder einer Vermutung ist zudem abzusehen, wenn die Quelle der Information Zurückhaltung gebieten muss, und zwar umso eher, je schwerwiegender sich die daraus resultierende Beeinträchtigung in den persönlichen Verhältnissen des Verletzten erweisen könnte, sofern sich der strafrechtliche Verdacht oder die Vermutung später nicht bestätigen bzw. zu keiner Verurteilung führen sollte. Die Veröffentlichung unwahrer Tatsachen ist demgegenüber an sich widerrechtlich; an der Verbreitung von Unwahrheiten kann nur in seltenen, speziell gelagerten Ausnahmefällen ein hinreichendes Interesse bestehen (vgl. BGE 126 III 209 ). Indessen lässt noch nicht jede journalistische Unkorrektheit, Ungenauigkeit, Verallgemeinerung oder Verkürzung eine Berichterstattung insgesamt als unwahr erscheinen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erscheint eine in diesem Sinne unzutreffende Presseäusserung nur dann als insgesamt unwahr und persönlichkeitsverletzend, wenn sie in wesentlichen Punkten nicht zutrifft und die betroffene Person dergestalt in einem falschen Licht zeigt bzw. ein spürbar verfälschtes Bild von ihr zeichnet, das sie im Ansehen der Mitmenschen - verglichen mit dem tatsächlich gegebenen Sachverhalt - empfindlich BGE 126 III 305 S. 308 herabsetzt ( BGE 105 II 161 E. 3b; BGE 107 II 1 E. 4b; vgl. auch BGE 111 II 209 E. 4e S. 222; BGE 119 II 97 E. 4a/bb S. 101; BGE 123 III 354 E. 2a S. 363). Problematisch ist die Publikation von Unwahrheiten mit dem Hinweis, diese seien dem Presseorgan zugetragen worden. Das Presseunternehmen kann sich der Verantwortung für seine Berichterstattung nicht dadurch entziehen, dass es sich darauf beruft, es habe lediglich die Behauptung eines Dritten originalgetreu wiedergegeben; denn Schutzansprüche des Verletzten richten sich gegen jeden, der an der Verletzung mitgewirkt hat ( BGE 123 III 354 E. 2a S. 363; BGE 126 III 161 E. 5a). Eine Unwahrheit wird durch das Dazwischenschalten eines Dritten deshalb nicht zur Wahrheit, nur weil der Dritte die Unwahrheit tatsächlich verbreitet hat (vgl. GEISER, Persönlichkeitsschutz: Pressezensur oder Schutz vor Medienmacht?, in SJZ 92/1996 S. 73 ff., S. 77). Es gelten daher auch in solchen Fällen die oben dargelegten Grundsätze. bb) Meinungsäusserungen, Kommentare und Werturteile sind zulässig, sofern sie auf Grund des Sachverhalts, auf den sie sich beziehen, als vertretbar erscheinen. Sie sind einer Wahrheitsprüfung nicht zugänglich. Soweit sie allerdings zugleich auch Tatsachenbehauptungen darstellen, wie es z.B. in einem sogenannten gemischten Werturteil der Fall ist, gelten für den Sachbehauptungskern der Aussage die gleichen Grundsätze wie für Tatsachenbehauptungen. Zudem können Werturteile und persönliche Meinungsäusserungen - selbst wenn sie auf wahrer Tatsachenbehauptung beruhen - ehrverletzend sein, sofern sie von der Form her eine unnötige Herabsetzung bedeuten ( BGE 106 II 92 E. 2c S. 99; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Zürich 1984, N. 483 f. u. 730; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 4. Aufl., Bern 1993, S. 138). Da die Veröffentlichung einer Wertung unter die Meinungsäusserungsfreiheit fällt, ist diesbezüglich aber eine gewisse Zurückhaltung am Platz, wenn für das Publikum erkennbar ist, auf welche Fakten sich das Werturteil stützt. Eine pointierte Meinung ist hinzunehmen. Ehrverletzend ist eine Wertung nur, wenn sie den Rahmen des Haltbaren sprengt bzw. auf einen tatsächlich nicht gegebenen Sachverhalt schliessen lässt ( BGE 71 II 191 S. 194; TERCIER, a.a.O., N. 742) oder der betroffenen Person jede Menschen- oder Personenehre streitig macht.
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Urteilskopf 107 IV 32 10. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 20 janvier 1981 dans la cause C. contre Ministère public du canton du Valais (pourvoi en nullité).
Regeste Art. 139 StGB . Raub. Das Opfer ist zum Widerstand unfähig, wenn ihm verunmöglicht wird, sich dem Diebstahl oder Diebstahlsversuch zu widersetzen. Das trifft auch zu, wenn das Opfer flüchtet und dem Täter die von ihm begehrten Güter überlässt. Dass das Opfer sich nicht allen Forderungen des Täters fügt oder dieser aus irgendeinem Grund die ihm zugänglichen Güter nicht an sich nehmen kann, ist ohne Belang.
Sachverhalt ab Seite 32 BGE 107 IV 32 S. 32 Résumé des faits: Muni d'un masque, d'un pistolet factice et d'un couteau de cuisine, C. a pénétré dans les bureaux d'une Caisse Raiffeisen. Braquant son pistolet sur P., il lui déclara: "C'est un hold-up!". Sous la menace de l'arme, il fit reculer P. dans le local des coffres et lui fit signe de remplir un sac en plastique qu'il jeta à terre devant lui. Comme la victime n'obtempérait pas, il appuya sur la gâchette, révélant ainsi le caractère factice de l'arme. P. tenta alors de s'enfuir, mais C. sortit le couteau qu'il tenait caché dans sa manche et le brandit d'un geste de menace à 10 ou 20 cm. de la victime. P. tenta néanmoins de s'échapper par un autre local et y parvint après une bousculade au cours de laquelle il se blessa contre le couteau de son agresseur. Condamné en première instance, notamment pour brigandage, à la peine de 2 ans et demi de réclusion, C. a saisi le Tribunal cantonal du Valais qui, admettant partiellement l'appel BGE 107 IV 32 S. 33 en ce qui concerne l'existence de la circonstance atténuante du repentir sincère, a réduit la peine à deux ans de réclusion. C. se pourvoit derechef en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Estimant s'être rendu coupable de tentative, voire de délit manqué de brigandage et compte tenu de la circonstance atténuante de la détresse profonde, il conclut à une réduction supplémentaire de la peine. Erwägungen Considérant en droit: 1. ... 2. Le recourant affirme n'avoir commis qu'une tentative, voire un crime manqué de brigandage, n'ayant pas réussi à mettre la victime hors d'état de résister. a) Il y a brigandage au sens de l' art. 139 CP lorsque la violence ou la menace est exercée dans le dessein de commettre un vol. Le brigandage apparaît donc comme une contrainte exercée pour imposer un vol ou des actes tendant à un vol; il peut y avoir brigandage consommé alors même que le vol envisagé n'a pas pu être réalisé ( ATF 100 IV 164 et les arrêts cités). Si la victime a été mise complètement hors d'état de résister, le brigandage est consommé. En cas de menaces, l'incapacité de résister existe dès que, prenant celles-ci au sérieux, la victime renonce à s'opposer ou à tenter de s'opposer aux actes de l'auteur (cf. Gerber in RPS 90 (1974), p. 119/120). b) En l'espèce, il est démontré que la victime a été mise hors d'état de résister au moment où le recourant l'a menacée de son pistolet factice. Elle s'est alors laissé pousser vers la salle des coffres, ainsi que l'a constaté l'autorité cantonale. Certes, la victime n'a-t-elle pas obtempéré au signe du recourant de remplir le sac de plastique. Mais elle n'a rien fait pour s'opposer au vol envisagé par le recourant. Lorsque l'inefficacité de l'arme lui est apparue, la victime n'a pas non plus tenté de s'opposer au vol, mais seulement de s'enfuir, ce à quoi elle a pu parvenir après une bousculade au cours de laquelle le recourant a tenté de l'en empêcher, la menaçant d'un couteau. La fuite peut évidemment constituer un moyen de résister à un vol, mais seulement si la victime s'enfuit avec l'objet convoité par l'auteur, dont la volonté est ainsi contrariée ( ATF 71 IV 122 ). Rien de tel en l'espèce, puisque la victime n'a pas emporté avec elle l'argent de la banque qui était visé, abandonnant au contraire les lieux à la libre disposition du recourant. Sans BGE 107 IV 32 S. 34 doute la vicitme n'a-t-elle pas elle-même, comme cela lui était ordonné par geste, rempli d'argent le sac de plastique apporté par le recourant et, dans cette mesure, ne s'est-elle pas pliée complètement à la volonté du brigand. Mais cette résistance est dénuée de pertinence, dans la mesure où elle n'empêchait néanmoins pas le recourant d'être maître de la place et en état de s'emparer de ce qu'il convoitait sans que l'action de la victime n'y fasse plus obstacle. Il est possible - bien qu'il ne figure rien sur ce point dans la décision attaquée - qu'en raison de la fermeture des coffres le recourant n'ait pu facilement, sans la participation de la victime, accéder à l'argent. Mais, même dans une telle hypothèse, la fuite de la victime et sa résistance à l'ordre du recourant n'auraient eu d'effet que sur la plus ou moins grande facilité pour celui-ci de s'emparer des espèces convoitées. Elles n'auraient donc eu d'effet que sur la réalisation du vol, lequel n'est pas un élément nécessaire de l'infraction définie à l' art. 139 CP . Il n'en demeurerait pas moins que par la menace, consistant aussi bien dans le maniement du revolver factice que dans l'emploi du couteau, le recourant a complètement ôté à la victime la possibilité de défendre les biens qui lui étaient confiés et de résister au vol envisagé. Le brigandage est donc bien consommé et non pas seulement tenté ou manqué.
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Urteilskopf 136 III 373 56. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Staat Zürich und Gemeinde G. gegen S. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_53/2010 vom 25. Juni 2010
Regeste Art. 53 und 84 Abs. 1 SchKG ; Gerichtsstand der Rechtsöffnung; Betreibungsort bei Wohnsitzwechsel. Wenn der Schuldner seit der Zustellung des Zahlungsbefehls seinen Wohnsitz verlegt und sein Gläubiger davon sichere Kenntnis erhalten hat, muss das Gesuch um Rechtsöffnung dem Gericht am neuen Wohnsitz des Schuldners gestellt werden, das seine örtliche Zuständigkeit nicht unter Hinweis auf den bisherigen Betreibungsort ablehnen darf (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 373 BGE 136 III 373 S. 373 Für eine Steuerforderung leiteten der Staat Zürich und die Gemeinde G. (Beschwerdeführer) gegen S. (Beschwerdegegner) die Betreibung ein. Das Betreibungsamt B. (Kanton St. Gallen) stellte den Zahlungsbefehl an die Adresse des Beschwerdegegners in A. zu. Der Zahlungsbefehl wurde dem Beschwerdegegner rechtshilfeweise durch das Betreibungsamt G. (Bezirk Uster im Kanton Zürich) übermittelt. Der Beschwerdegegner erhob Rechtsvorschlag. Die Beschwerdeführer ersuchten das Bezirksgericht Uster um definitive Rechtsöffnung. Das Bezirksgericht trat auf das Rechtsöffnungsbegehren nicht ein. BGE 136 III 373 S. 374 Es verneinte seine Zuständigkeit mit der Begründung, auch bei nachträglicher - seit Zustellung des Zahlungsbefehls erfolgter - Wohnsitzverlegung durch den Schuldner bleibe das Gericht am bisherigen Betreibungsort für die Rechtsöffnung zuständig. Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Nichtigkeitsbeschwerde. Das Obergericht des Kantons Zürich verneinte eine Verletzung klaren materiellen Rechts und wies die Nichtigkeitsbeschwerde ab. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache auf Antrag der Beschwerdeführer an das Bezirksgericht Uster zur Beurteilung des Rechtsöffnungsgesuchs zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In tatsächlicher Hinsicht steht verbindlich und unangefochten fest, dass der Beschwerdegegner seit Zustellung des Zahlungsbefehls seinen Wohnsitz verlegt hat. In Kenntnis des Wohnsitzwechsels haben die Beschwerdeführer am neuen Wohnsitz des Beschwerdegegners und Betreibungsschuldners das Gesuch um definitive Rechtsöffnung gestellt. Auf Grund des Sachverhalts stellt sich folgende Streitfrage: 2.1 Für natürliche Personen wie den Beschwerdegegner gilt als ordentlicher Betreibungsort der Wohnsitz ( Art. 46 Abs. 1 SchKG ). Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird gemäss Art. 53 SchKG die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt. Die Bestimmung erlaubt den Gegenschluss, dass vor den im Gesetz genannten Zeitpunkten der ordentliche Betreibungsort dem jeweiligen Wohnsitz des Schuldners folgt und die am alten Wohnsitz angehobene Betreibung am neuen Wohnsitz weiterzuführen ist. Das Bundesgericht hat die Veränderlichkeit des ordentlichen Betreibungsortes zufolge Wohnsitzwechsels auch mit Bezug auf das Rechtsöffnungsverfahren anerkannt und dabei Regeln aufgestellt, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: (1.) Das Rechtsöffnungsgesuch ist dem Gericht am Betreibungsort zu stellen, und zwar selbst dann, wenn die Betreibung nicht am gesetzmässigen Betreibungsort angehoben wurde, der Schuldner aber seinerzeit darauf verzichtet hat, den Zahlungsbefehl wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschwerde gemäss Art. 17 ff. SchKG anzufechten. (2.) Hat der Schuldner seit der Zustellung des Zahlungsbefehls seinen Wohnsitz verlegt, muss das BGE 136 III 373 S. 375 Gesuch um Rechtsöffnung dem Gericht am neuen Wohnsitz des Schuldners gestellt werden. (3.) Trotz Wohnsitzwechsels seit der Zustellungdes Zahlungsbefehls kann der Schuldner am alten Wohnsitz auf Rechtsöffnung belangt werden, wenn er dem Gläubiger die Wohnsitzverlegung nicht angezeigt hat und der Gläubiger auch nicht sonstwie nachweislich davon erfahren hat oder wenn der Schuldner im Rechtsöffnungsverfahren keine Einrede der Unzuständigkeit erhebt ( BGE 76 I 45 E. 3 S. 48 ff.; BGE 112 III 9 E. 2 S. 11 ff. mit einer Präzisierung der Rechtsprechung; BGE 115 III 28 E. 2 S. 30). Dass Art. 53 SchKG über den Betreibungsort bei Wohnsitzwechsel unmittelbar nur auf den vom Wohnsitz - und analog vom Sitz - des Schuldners abhängigen ordentlichen Betreibungsort ( Art. 46 SchKG ), nicht hingegen auf die besonderen Betreibungsorte ( Art. 48-52 SchKG ) anwendbar ist, ergibt sich aus dem Gesetzestext ( BGE 115 III 28 E. 2 S. 31 mit Hinweis). 2.2 Die Rechtsprechung ist vor Inkrafttreten der Änderung des SchKG vom 16. Dezember 1994 am 1. Januar 1997 ergangen. Die Revision von 1994/97 hat Art. 46 Abs. 1 und Art. 53 SchKG nicht erfasst, hingegen einen neuen Art. 84 Abs. 1 SchKG geschaffen. Danach entscheidet das Gericht des Betreibungsortes über Gesuche um Rechtsöffnung. Ein Teil der Lehre und ihr folgend der kantonalen Praxis vertritt gestützt darauf die Ansicht, Art. 53 SchKG komme bei der Rechtsöffnung nicht mehr oder nur mehr in wenigen Ausnahmefällen zur Anwendung, der ursprüngliche Betreibungsort sei auch bei Wohnsitzwechsel massgebend und die gegenteiligen Entscheidungen des Bundesgerichts seien gegenstandslos geworden (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 4. Aufl. 1997, Entscheidungen des Bundesgerichts zu Art. 84 SchKG , S. 378; BOLLIGER/JEANNERET, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 10 zu Art. 53 SchKG ; z.B. Beschluss des Kantonsgerichts Schwyz vom 14. November 2005, in: Entscheide der Gerichts- und Verwaltungsbehörden des Kantons Schwyz 2005 S. 77 und SJZ 102/2006 S. 66 f.). Nach der anderen Meinung in der Lehre und der ihr folgenden kantonalen Praxis hat die Einführung von Art. 84 Abs. 1 SchKG nichts geändert, weil die Zuständigkeit des Gerichts weiterhin an den Betreibungsort knüpfe, der jedoch gemäss Art. 53 SchKG bei der Verlegung des Wohnsitzes wechsle (DANIEL STAEHELIN, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1998, N. 22 zu Art. 84 SchKG ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, BGE 136 III 373 S. 376 Bd. I, 1999, N. 25 zu Art. 84 SchKG ; SCHÜPBACH, in: Commentaire romand, 2005, N. 20 zu Art. 53 SchKG ; VOCK, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 8 zu Art. 84 SchKG , und viele andere mehr; z.B. Urteile des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 21. September 1998, in: Rechenschaftsbericht des Obergerichts des Kantons Thurgau 1998 S. 105 ff., und des Kantons Graubünden vom 18. Oktober 2000, in: Die Praxis des Kantonsgerichts von Graubünden 2000 S. 80 f.). 2.3 Das Bundesgericht hat sich zur Streitfrage bisher nicht geäussert. Die Gesetzesauslegung hat deshalb die Frage zu beantworten, ob und wie sich ein Wohnsitzwechsel des Schuldners auf die örtliche Zuständigkeit des Rechtsöffnungsgerichts auswirkt. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zu Grunde liegenden Wertungen. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 135 III 640 E. 2.3.1 S. 644; BGE 135 V 249 E. 4.1 S. 252). Die Auslegungsgrundsätze gelten auch im Bereich des Vollstreckungsrechts ( BGE 129 III 559 E. 3.1 S. 565). 3. Die Auslegung von Art. 84 Abs. 1 SchKG ergibt Folgendes: 3.1 Nach dem Gesetzeswortlaut entscheidet das Gericht "des Betreibungsortes" ("du for de la poursuite"; "del luogo d'esecuzione") über Gesuche um Rechtsöffnung. Eine nähere Bestimmung des Betreibungsortes enthält Art. 84 Abs. 1 SchKG genauso wenig wie eine Vielzahl gleichlautender Zuständigkeitsvorschriften im Gesetz (z.B. Art. 77 Abs. 2, Art. 79 Abs. 2, Art. 83 Abs. 2, Art. 85, 85a Abs. 1, Art. 86 Abs. 2 SchKG und viele andere mehr). Sie findet sich in den Art. 46-55 SchKG unter der Überschrift "Ort der Betreibung" ("Du for de la poursuite"; "Del luogo dell'esecuzione"). 3.2 Eine den Wortlaut einschränkende Auslegung von Art. 84 Abs. 1 SchKG drängt sich auf Grund der Entstehungsgeschichte nicht auf. BGE 136 III 373 S. 377 Die Bestimmung wurde in der parlamentarischen Beratung - nach Diskussionen über einen Anpassungsbedarf an das Lugano-Übereinkommen - unverändert gemäss dem bundesrätlichen Entwurf angenommen (AB 1993 N 19 und S 645 sowie 1994 S 730-732 und N 1405-1407). Laut Botschaft über die Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vom 8. Mai 1991 (BBl 1991 III 1) will die Revision Systemwidrigkeiten beseitigen und Lücken schliessen (a.a.O., S. 8 Ziff. 113). Gemäss dem Vorentwurf der Expertenkommission von Ende 1981 wird neben weiteren bundesrechtlichen Gerichtsständen (a.a.O., S. 10 f. Ziff. 121) für die Rechtsöffnung neu der Gerichtsstand am Ort der Betreibung gesetzlich festgelegt (a.a.O., S. 67 zu Art. 84 Abs. 1). Hauptgegenstand der Beratungen in der Expertenkommission war nicht der Gerichtsstand der Rechtsöffnung, sondern die Ausgestaltung des Rechtsöffnungsverfahrens, wie es heute in Art. 84 Abs. 2 SchKG geregelt ist. Die Formulierung von Art. 84 Abs. 1 SchKG geht auf die Redaktionskommission des Vorentwurfs zurück. Eine inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage war insoweit nicht beabsichtigt und lässt sich nicht feststellen. Ein Mitglied der damaligen Experten- und Redaktionskommission hat in diesem Sinne auch festgehalten, dass Art. 53 SchKG über den Wohnsitzwechsel nach eingeleiteter Betreibung keine Änderungen erfahren hat und im Normalfall das Rechtsöffnungsverfahren am neuen Wohnort durchgeführt werden muss, wenn der Schuldner seit der Zustellung des Zahlungsbefehls seinen Wohnsitz gewechselt hat, sich der Schuldner aber auf ein Rechtsöffnungsverfahren am ursprünglichen Betreibungsort einlassen muss, wenn er dem Gläubiger seinen Wohnsitzwechsel nicht angezeigt und der Gläubiger davon auch nicht sonstwie sichere Kenntnis erhalten hat oder wenn der Schuldner es unterlässt, vor dem Rechtsöffnungsgericht dessen örtliche Zuständigkeit zu bestreiten (vgl. ROLF RASCHEIN, Der Betreibungsort, BlSchK 51/1987 S. 201 ff., S. 208 Ziff. 6, mit Hinweis auf BGE 112 III 11 ). 3.3 Die Regelung des Betreibungsortes ist vor dem Hintergrund der Eigenart des schweizerischen Zwangsvollstreckungsrechts zu sehen. Danach beruht der Zahlungsbefehl ausschliesslich auf den Behauptungen des Gläubigers im Betreibungsbegehren, der darin einseitig geltend macht, ihm stehe ein materiellrechtlicher, erzwingbarer und vollstreckbarer Anspruch gegen den Schuldner zu (vgl. BGE 118 III 10 E. 3a S. 11; BGE 132 III 140 E. 4.1.1 S. 141). Ein derartiges System macht den Schutz des Schuldners unabdingbar. In Übereinstimmung mit BGE 136 III 373 S. 378 der Gerichtsstandsgarantie in Art. 59 Abs. 1 aBV bzw. Art. 30 Abs. 2 BV ist der Schuldner deshalb ordentlich an seinem Wohnsitz zu betreiben. Schuldbetreibung greift indessen über ein blosses Zweiparteienverfahren zwischen dem Betreibungsschuldner und dem Betreibungsgläubiger hinaus. Denn eine gegen einen bestimmten Schuldner durchgeführte Pfändung eröffnet die Anschlussmöglichkeit für andere Gläubiger und der über einen bestimmten Schuldner ausgesprochene Konkurs zieht sämtliche Gläubiger in ein einheitliches Verfahren. Die Rücksichtnahme auf die unbekannte Zahl allenfalls beteiligter Dritter erfordert insofern eine Beschränkung des Schuldnerschutzes, als der ordentliche Betreibungsort nicht während des ganzen Verfahrens dem jeweiligen Wohnsitz des Schuldners folgen kann. In diesem Sinne fixiert Art. 53 SchKG den Betreibungsort am Wohnsitz des Schuldners, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind Veränderungen des Wohnsitzes unbeachtlich und wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt. Auf Grund der geschilderten Interessenlage lässt sich die hier streitige Fixierung des Betreibungsortes auf einen früheren Zeitpunkt nicht begründen. Das Einleitungsverfahren mit Einschluss des Rechtsöffnungsverfahrens ist ein Verfahren ausschliesslich zwischen dem Betreibungsgläubiger und dem Betreibungsschuldner, so dass der Schutz des Schuldners im Vordergrund steht und mögliche Drittgläubiger keiner Rücksichtnahme bedürfen. Die Veränderlichkeit des Gerichtsstandes der Rechtsöffnung bei Wohnsitzwechsel des Schuldners auszuschliessen, lässt sich deshalb weder mit dem Zweck der Regelung noch mit den gesetzgeberischen Wertungen rechtfertigen (vgl. zur Grundidee des Betreibungsortes am Wohnsitz des Schuldners: BGE 26 I 211 E. 5 S. 214; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 3. Aufl. 1984, § 11 Rz. 2 S. 104). 3.4 Der Vergleich mit übereinstimmenden Gerichtsstandsvorschriften lässt keine einschränkende Berücksichtigung des Wohnsitzwechsels erkennen, soweit es um Verfahren geht, die vor den in Art. 53 SchKG festgelegten Zeitpunkten einzuleiten sind. So ist z.B. anerkannt, dass die Aberkennungsklage ( Art. 83 Abs. 2 SchKG ) am neuen Wohnsitz als dem gemäss Art. 53 SchKG massgebenden Betreibungsort zu erheben ist, wenn der Schuldner nach dem Rechtsöffnungsgesuch seinen Wohnsitz ändert (FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 21 Rz. 5 S. 270; STAEHELIN, a.a.O., N. 36 zu Art. 83 SchKG ). BGE 136 III 373 S. 379 3.5 Als Auslegungsergebnis kann festgehalten werden, dass die Gesetzesrevision von 1994/97 mit dem neu geschaffenen Art. 84 Abs. 1 SchKG die bisherige Rechtsprechung zum Gerichtsstand der Rechtsöffnung, namentlich zu dessen Veränderlichkeit bei Wohnsitzwechsel des Schuldners gemäss Art. 53 SchKG , nicht gegenstandslos gemacht hat. Hat der Schuldner - wie hier - den Wohnsitz seit der Zustellung des Zahlungsbefehls verlegt, ist das Gesuch um Rechtsöffnung beim Gericht des neuen Wohnsitzes zu stellen, sofern der Schuldner dem Gläubiger die Wohnsitzverlegung angezeigt hat oder der Gläubiger - wie hier - sonstwie davon erfahren hat. Die abweichende Ansicht, wonach das Gesuch um Rechtsöffnung trotz Wohnsitzwechsels des Schuldners an dessen bisherigem Wohnsitz zu stellen sei, kann nicht geteilt werden. Der angefochtene Unzuständigkeitsentscheid erweist sich als bundesrechtswidrig. Die Beschwerde muss in diesem Punkt gutgeheissen werden.
null
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
22833267-f134-45ba-a5df-327d99185a81
Urteilskopf 113 II 102 19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. März 1987 i.S. X. gegen Y. (Berufung)
Regeste Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteiles (Zuweisung der elterlichen Gewalt); Gerichtsstand. Für die Ergänzung eines Scheidungsurteils ist grundsätzlich der Scheidungsrichter zuständig; eine Ausnahme ist jedoch dann gegeben, wenn der ausländische Scheidungsstaat für die Regelung der Nebenfolgen bzw. für eine diesbezügliche Ergänzung des Scheidungsurteils keinen Gerichtsstand gewährt (E. 2). Wohnen in einem solchen Fall beide geschiedenen Ehegatten in der Schweiz, so ist die Ergänzungsklage am Wohnsitz der beklagten Partei anzuheben (E. 3).
Erwägungen ab Seite 103 BGE 113 II 102 S. 103 Aus den Erwägungen: 2. a) Nach schweizerischer Rechtsauffassung ist zur Regelung der Nebenfolgen einer Ehescheidung der mit der Scheidungsklage befasste Richter ausschliesslich zuständig (Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils). Weist ein Scheidungsurteil eine Lücke auf, so ist es deshalb grundsätzlich von demjenigen Richter zu ergänzen, der die Scheidung ausgesprochen hat. Bei einem ausländischen Scheidungsurteil ist eine Ausnahme dann gegeben, wenn der betreffende Staat für die Regelung der Nebenfolgen (bzw. für eine diesbezügliche Ergänzung) keinen Gerichtsstand gewährt (vgl. BGE 107 II 15 f. E. 2 mit Hinweisen). b) Unter Hinweis darauf, dass beide Parteien heute in der Schweiz wohnten sowie dass die Klägerin (durch Heirat) Schweizerbürgerin geworden und der Beklagte seit dem 5. September 1979 hier anerkannter Flüchtling sei, geht das Kantonsgericht mit der Klägerin davon aus, dass in Ungarn, wo die Ehescheidung ausgesprochen wurde, für die Urteilsergänzung kein Gerichtsstand gegeben sei. Ob der ungarische (Scheidungs-) Richter für die Beurteilung der Ergänzungsklage zuständig sei, bestimmt sich nach dem dortigen Recht und kann deshalb durch das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüft werden BGE 113 II 102 S. 104 (vgl. Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ), zumal der hier gegebene Fall sich nicht etwa mit dem in Art. 7h NAG geregelten Sachverhalt vergleichen lässt (zur Frage der Überprüfung der Anwendung des ausländischen Rechts im Zusammenhang mit Art. 7h NAG vgl. BGE 110 II 104 E. 1; BGE 108 II 170 ff.). Was der Beklagte zu diesem Punkt vorbringt, erschöpft sich im wesentlichen ohnehin in der blossen Vermutung, er wisse nicht, ob die Klägerin durch ihre Heirat mit einem Schweizer die ungarische Staatsbürgerschaft verloren habe und daher den ungarischen Richter tatsächlich nicht mehr anrufen könne. Da die Klägerin (auch) Schweizerin ist, würde sich übrigens fragen, ob eine allfällige Zuständigkeit des ungarischen Richters als Heimatrichter überhaupt zum Tragen kommen könnte. 3. a) Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass für die Beurteilung der vorliegenden Klage der schweizerische Richter zuständig ist. Für diesen Fall vertritt der Beklagte die Ansicht, dass es sich um den Richter an seinem Wohnsitz handeln müsse. Demgegenüber hält das Kantonsgericht in Übereinstimmung mit dem Zivilgericht von Basel-Stadt (Urteil vom 23. Oktober 1973, veröffentlicht in BJM 1973, S. 288 ff.) dafür, dass die für die Scheidungsklage geltende Zuständigkeitsordnung des Art. 144 ZGB heranzuziehen und dass somit der Wohnsitz der klagenden Partei massgebend sei. Zur Begründung führt die Vorinstanz an, die Zuständigkeit des schweizerischen Richters zur Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils sei regelmässig nur bei Fehlen eines ausländischen Gerichtsstandes gegeben. In diesem Ausnahmefall erscheine es aber als sachgerecht, denjenigen schweizerischen Richter als zuständig zu bezeichnen, der auch über die Scheidung hätte befinden müssen. Die Gründe, die den Gesetzgeber zur Schaffung der singulären Vorschrift des Art. 144 ZGB bewogen hätten, würden bei der Ergänzung des Scheidungsurteils in gleichem Masse gelten. b) In Anbetracht der Tatsache, dass die Scheidung der Ehe der Parteien in Ungarn ausgesprochen worden ist, kann es von vornherein nicht darum gehen, die Einheit des Scheidungsurteils zu verwirklichen. Welcher schweizerische Richter für die Ehescheidung zuständig gewesen wäre, ist von daher gesehen ohne Belang. Unter den Verhältnissen, wie sie hier vorliegen, ist die Klage auf Ergänzung des Scheidungsurteils als neue, selbständige Klage zu behandeln. Welcher Richter zu ihrer Beurteilung zuständig ist, bestimmt sich daher nach den Gegebenheiten im Zeitpunkt der Klageeinleitung (vgl. BGE 107 II 17 E. 3; GULDENER, Das internationale BGE 113 II 102 S. 105 und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 67). Im erwähnten Zeitpunkt leben die am Ergänzungsverfahren beteiligten Parteien naturgemäss getrennt, und sie haben meist auch nicht mehr den gleichen Wohnsitz, was auch im vorliegenden Fall zugetroffen hat. Anders als bei der Scheidung selbst kommt bei der Ergänzung des Scheidungsurteils deshalb der Gedanke nicht zum Tragen, es sei zu verhindern, dass der Ehegatte, gegen den geklagt werden soll, durch eine Verlegung des Wohnsitzes die Rechtsverfolgung erschweren könne (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, N. 61 zu Art. 144 ZGB ; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 189). Im übrigen vermag Art. 144 ZGB eine missbräuchliche Beeinflussung der örtlichen Zuständigkeit durch eine Wohnsitzverlegung des Ehemannes als Haupt der Familie, aber auch der zum Getrenntleben befugten Ehefrau, ohnehin nicht zu verhindern, weshalb denn auch verschiedentlich Zweifel an der Wirksamkeit der erwähnten Sonderbestimmung geäussert worden sind (vgl. HINDERLING, a.a.O., S. 189; BÜHLER/SPÜHLER, N. 62 zu Art. 144 ZGB ). LALIVE (in: Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht 1974, S. 232) führt unter Hinweis auf den von der Vorinstanz erwähnten Entscheid des Zivilgerichts von Basel-Stadt aus, dass die analoge Anwendung des Art. 144 ZGB in einem Fall der vorliegenden Art wenn auch vertretbar, so doch umstritten sei. Schliesslich ist zu beachten, dass Art. 144 ZGB für die Ergänzung des Scheidungsurteils ohnehin nicht in allen Fällen herangezogen werden könnte; wohnt nämlich nur die beklagte Partei in der Schweiz, ist ein schweizerischer Wohnsitz-Gerichtsstand nur auf deren Seite gegeben. c) Es rechtfertigt sich nach dem Gesagten nicht, von der allgemeinen Gerichtsstandsordnung abzuweichen und die Sonderregelung des Art. 144 ZGB auch für die Klage auf Ergänzung des Scheidungsurteils anzuwenden. Dies entspricht auch der in der Lehre allgemein vertretenen Auffassung (vgl. HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zusatzband zur 3. Auflage, S. 152; SCHNITZER, Internationales Privatrecht, I. Band, 4. Aufl., S. 419 f.; BÜHLER/SPÜHLER, Vorbemerkungen zu den Art. 149-157 ZGB , N. 100, und N. 190 zur Einleitung). In Gutheissung der Berufung ist das angefochtene Urteil demnach aufzuheben und auf die Klage nicht einzutreten.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
22874722-874b-429e-a8e5-ad4c931f0eed
Urteilskopf 102 Ib 198 32. Arrêt du 7 juillet 1976 dans la cause Naville contre Direction générale des PTT
Regeste BG vom 14. Oktober 1922 betreffend den Telegraphen- und Telephonverkehr (TVG). Art. 34 TVG schafft eine Vermutung, dass die Aufzeichnungen der PTT-Betriebe richtig sind (Bestätigung der Rechtsprechung). Art. 22 TVG bezieht sich nur auf den Fall, wo der Abonnent einem Dritten die Benützung seines Telephonanschlusses gestattet hat. Die Verantwortlichkeit für die Benützung durch Unbefugte ist im Gesetz nicht geregelt. Sie trifft nach System und Sinn des TVG und nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen den Abonnenten.
Sachverhalt ab Seite 199 BGE 102 Ib 198 S. 199 Denis Naville exploite à Genève une entreprise Import-Export dans des locaux loués à la Banque Noram S.A., qui se trouve dans le même bâtiment. Afin d'avoir accès de tout temps au raccordement télex que la Banque avait installé dans une pièce louée par Naville, l'ancien directeur de la Banque possédait une clé des bureaux de ce dernier. Pour la période du 26 avril au 25 juin 1973, Denis Naville a reçu une facture téléphonique d'un montant de 3'797 fr. 25. Le 12 octobre 1973, après avoir déposé une réclamation et demandé une vérification ainsi que des explications, il l'a payée, sous les réserves les plus expresses et sans reconnaître la dette. Ayant reçu, le 27 décembre 1973, une facture pour la période du 26 août au 25 octobre 1973 d'un montant de 9'839 fr., Naville a déposé plainte contre inconnu pour utilisation abusive du raccordement téléphonique. L'instruction de cette plainte a permis d'établir que l'ancien directeur de la Banque, résidant actuellement à l'étranger, était l'auteur des téléphones non autorisés sur la ligne de Naville. Le 20 février 1974, Naville a fait opposition au paiement des deux factures en demandant à la Direction d'arrondissement des téléphones, à Genève, de les ramener au montant moyen de 750 fr. Le 31 juillet 1974, l'autorité compétente a écarté cette demande et confirmé le montant des factures contestées. Saisie d'un recours, la Direction générale de l'Entreprise des postes, téléphones et télégraphes (PTT) l'a rejeté le 6 novembre 1975. Par un recours de droit administratif, Denis Naville requiert le Tribunal fédéral d'annuler cette décision. La Direction générale de l'Entreprise des PTT conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant ne conteste plus l'exactitude des inscriptions qui ont servi aux deux factures litigieuses. Il est vrai qu'à BGE 102 Ib 198 S. 200 réception de la facture relative à la période du 26 avril au 25 juin 1973, il a d'abord attribué le montant élevé de cette dernière à une erreur d'enregistrement. Cependant, dans son recours de droit administratif, il n'a pas repris ce grief et a admis, au contraire, que le montant de cette facture ainsi que de celle relative à la période du 26 août au 25 octobre 1973 correspondait bien à l'usage qui a été fait de son raccordement pendant ces deux périodes. Il n'y a donc pas lieu d'examiner si les arguments invoqués par le recourant suffisent à renverser la présomption d'exactitude que l'art. 34 LTT crée en faveur des inscriptions portées par l'Entreprise des PTT ( ATF 99 Ib 296 ). Le litige porte essentiellement sur la question de savoir si le recourant peut être tenu pour responsable de l'usage qu'un tiers non autorisé a fait de son raccordement. 2. Le recourant soutient que si, conformément à l'art. 22 LTT, l'abonné est responsable de l'usage qu'un tiers autorisé a fait de son poste d'abonnement, il s'ensuit a contrario que sa responsabilité n'est pas engagée lorsque le tiers a utilisé le raccordement en n'y étant autorisé ni expressément, ni tacitement en raison d'une faute commise par l'abonné, et que le dommage ainsi causé est à la charge de l'Entreprise des PTT, respectivement de la Confédération. Cette interprétation est erronée. L'art. 22 LTT fait partie du titre III de la LTT, lequel réglemente de manière générale la correspondance téléphonique. Comme il ressort des titres marginaux, cette disposition complète l'art. 21, qui définit le droit de tout abonné de communiquer avec les autres stations soit du réseau suisse, soit des réseaux étrangers. Pour des raisons évidentes, le législateur n'a pas voulu réserver l'emploi d'une station au seul abonné; ce dernier peut, sous sa responsabilité, permettre à des tiers d'utiliser son poste d'abonnement pour l'échange de conversations téléphoniques passant par la station centrale (art. 22 al. 1). Toutefois, l'Entreprise des PTT n'entre pas en rapport juridique direct avec les personnes que l'abonné autorise à faire usage de son poste d'abonnement (art. 22 al. 2). Ainsi, l'art. 22 LTT ne vise que le cas où l'abonné a autorisé un tiers à utiliser son appareil: cette autorisation ne décharge pas l'abonné de sa responsabilité générale et n'a pas pour conséquence de créer des rapports juridiques directs entre l'Entreprise des PTT et le tiers qui en bénéficie. BGE 102 Ib 198 S. 201 Le cas où un tiers utilise frauduleusement, sans autorisation, le raccordement d'un abonné n'est donc pas réglé par cette disposition. Aucun autre article de la LTT n'établissant expressément la responsabilité soit de l'abonné, soit des PTT pour l'usage non autorisé d'un raccordement, il y a lieu d'admettre l'existence d'une lacune qu'il convient de combler en s'inspirant, d'une part, de la systématique et de l'esprit de la LTT, d'autre part, des principes généraux du droit. a) La LTT énumère, d'une part, les obligations et les responsabilités de l'abonné (notamment aux art. 17, 18, 25, 28, 29 et 34); d'autre part, elle définit la responsabilité de l'Entreprise des PTT (art. 35 à 37). De ces deux énumérations, seule la seconde est exhaustive: l'art. 35 al. 1 dispose en effet que la responsabilité de l'Entreprise des PTT à raison de la correspondance télégraphique et téléphonique ne s'étend qu'aux cas visés par la loi elle-même. Selon la jurisprudence relative à cette disposition, la loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires ne s'applique pas au domaine de la correspondance téléphonique ( ATF 94 I 172 ). Ni la Confédération ni l'Entreprise des PTT ne peuvent donc être tenues pour responsables d'un fait non prévu par la loi. Il s'ensuit que l'usage non autorisé d'un raccordement de la part d'un tiers tombe dans le domaine des responsabilités de l'abonné, la loi n'énumérant que les plus importantes. L'abonné est tenu, de manière générale, de payer les taxes de conversations, la taxe d'abonnement ainsi que les frais supplémentaires relatifs à son raccordement. S'il s'estime lésé par un tiers qu'il n'a pas autorisé à utiliser son poste, il lui appartient, le cas échéant, de porter plainte contre ce dernier et d'exiger le remboursement des taxes de conversations résultant d'un usage illicite de sa ligne. b) Cette interprétation est d'ailleurs seule conforme au principe général selon lequel, mis à part les cas de responsabilité objective prévus par la loi, l'autorité ne saurait être tenue pour responsable d'une situation de fait sur laquelle elle n'a aucune prise et qu'elle ne peut pas modifier. En effet, si l'on suivait l'argumentation du recourant, l'existence et l'étendue de la responsabilité de la Confédération dépendraient de la seule volonté de l'abonné, auquel il suffirait de prouver qu'un BGE 102 Ib 198 S. 202 tiers a utilisé son raccordement sans en avoir reçu l'autorisation pour contester la facture établie par les PTT. Il n'est pas nécessaire de déterminer toutes les conséquences d'ordre technique, financier et pratique d'une telle interprétation pour conclure qu'elle va manifestement à l'encontre de l'esprit de la LTT, qui vise à réglementer la correspondance téléphonique de façon efficace et rationnelle. La responsabilité du recourant pour les taxes téléphoniques contestées est donc entière. 3. Le recourant soutient, en outre, qu'en refusant de contrôler son raccordement, l'Entreprise des PTT a commis une faute qui a contribué à créer le dommage causé et qui justifie la réduction du montant des factures litigieuses, et que, de plus, elle a violé le principe de la bonne foi en lui reprochant, dans sa décision du 31 juillet 1974, de n'avoir pas muni son poste d'un appareil de blocage. Ces reproches ne sont pas fondés. Dans sa réclamation du 15 août 1973, le recourant a demandé à la Direction d'arrondissement de Genève de vérifier la facture de mai/juin 1973. Mécontent de la réponse obtenue, il lui demanda, le 26 septembre 1973, de contrôler la "provenance des taxes". Ce n'est qu'en date du 27 décembre 1973 qu'il a signalé personnellement à la Direction la possibilité d'un usage non autorisé de son raccordement, en lui envoyant un double de la plainte pénale qu'il avait déposée le même jour. Il est vrai que la Direction avait déjà été avertie de cette possibilité, le 27 novembre 1973, lors d'une conversation téléphonique avec la secrétaire du recourant; celle-ci lui a cependant demandé, le 7 décembre 1973, de ne pas faire état de ses déclarations. Quoi qu'il en soit, avant le 27 novembre 1973, la Direction n'avait aucune raison de soupçonner qu'un tiers non autorisé utilisait le raccordement du recourant. Conformément aux demandes de ce dernier, elle a procédé, le 12 septembre 1973, à un contrôle du compteur et des équipements de taxation, lequel n'avait révélé aucune erreur ou défectuosité. Pour permettre au recourant de vérifier lui-même la taxation des conversations que seule il mettait en cause, elle lui a proposé, le 1er octobre 1973, l'installation d'un indicateur de taxes. De toute façon, même si elle lui avait suggéré, au moment où elle a eu connaissance du soupçon qui pesait sur P. X., de munir son appareil d'un dispositif de blocage BGE 102 Ib 198 S. 203 du disque d'appel, la facture de septembre/octobre 1973 n'aurait plus pu être évitée. La Direction d'arrondissement de Genève a donc correctement traité la réclamation relative à la période de taxation mai/juin 1973 et n'a pas commis de faute causant un préjudice au recourant. Au surplus, elle n'a pas non plus pu violer le principe de la bonne foi qui protège, sous certaines conditions, l'administré qui a réglé sa conduite d'après les déclarations ou le comportement de l'autorité ( ATF 99 Ib 101 /102), car, en l'espèce, c'est l'autorité qui a réglé sa conduite d'après les déclarations et les informations du recourant. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 112 III 1 1. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 9 juin 1986 dans la cause B. T. (recours LP)
Regeste Art. 17 SchKG ; Beschwerdebefugnis. Nur eine Person, die wenigstens in ihren tatsächlichen Interessen betroffen ist, kann die Nichtigkeit einer Handlung des Betreibungsamtes geltend machen. Erhebt jemand, der völlig ausserhalb des Betreibungsverfahrens steht, Beschwerde gegen eine Verfügung des Betreibungsamtes wegen absoluter Nichtigkeit, so kann die Aufsichtsbehörde höchstens im Sinne einer Anzeige, welche ein Einschreiten von Amtes wegen rechtfertigt, darauf eingehen. Dadurch erhält der Anzeiger im Verfahren jedoch keine Parteistellung, weshalb er weder die Fällung eines Entscheides verlangen noch gegen einen solchen Entscheid Rekurs einlegen kann.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 112 III 1 S. 1 A.- Dame T. a exercé des poursuites contre son mari, A.T., fondées sur deux décisions judiciaires rendues dans le cadre de la procédure de divorce qui les oppose. Les commandements de payer, notifiés par publications officielles, n'ont pas été frappés d'opposition, BGE 112 III 1 S. 2 de sorte qu'à la requête de la poursuivante, l'Office des poursuites de Genève procéda le 20 septembre 1985 à la saisie d'un certain nombre de biens sis dans l'appartement où les époux avaient vécu précédemment ensemble. La vente des biens saisis fut fixée au 21 février 1986 et l'Office des poursuites en avisa le poursuivi par publication dans la Feuille d'avis officielle du 14 février 1986. B.- Le 19 février 1986, B.T., père du poursuivi, a porté plainte devant l'Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève. Il a conclu à ce que soit constatée la nullité d'un séquestre exécuté au préjudice d'A.T. à la requête de dame T., de même que des poursuites introduites par celle-ci contre son mari, et en conséquence de la saisie des biens et de leur réalisation prévue pour le 21 février 1986. L'effet suspensif a été accordé à la plainte en ce sens que la vente a été renvoyée. Par décision du 30 avril 1986, l'autorité cantonale de surveillance a rejeté la plainte, mis les frais de renvoi de la vente à la charge du plaignant et invité l'Office des poursuites à fixer à nouveau la date de la vente des biens saisis. C.- B.T. exerce en temps utile un recours à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Il conclut à ce que soit constatée la nullité des mesures précitées prises par l'Office à la requête de dame T., et notamment à ce qu'il soit dit que les biens séquestrés au détriment d'A.T. ne peuvent être saisis et réalisés. Erwägungen Extrait des considérants: 1. A l'appui de son recours, comme de sa plainte à l'autorité cantonale, B.T. fait principalement valoir que les poursuites introduites par dame T. contre son mari sont nulles, parce que la poursuivante a fait porter un séquestre préalable, puis les poursuites, sur des biens qui, de son propre aveu, n'appartiennent pas au poursuivi, mais bien à elle-même. Le recourant ne déclare cependant pas agir au nom de son fils, avec lequel il précise ne plus entretenir de relations et dont le domicile est, dit-il, inconnu. B.T. ne prétend pas non plus avoir un intérêt quelconque dans les poursuites qu'il critique, ni même quelque droit que ce soit sur les biens saisis et proches d'être réalisés. C'est tout au plus si, sur ce point, il se réserve la possibilité d'examiner si certains biens ne sont pas sa propriété. BGE 112 III 1 S. 3 Dans la mesure où le recourant n'invoque aucun intérêt personnel, de fait ou juridiquement protégé, la question de la recevabilité de la plainte, et par conséquent du recours, se pose. a) Cette question n'a d'ailleurs pas échappé à l'autorité cantonale. Celle-ci a admis la recevabilité de la plainte dont elle était saisie, parce que le plaignant invoquait la nullité absolue du séquestre et de la saisie, et qu'il peut être en tout temps porté plainte en cas de violation d'une disposition d'ordre public. b) A qualité pour porter plainte celui qui est atteint dans ses intérêts juridiquement protégés par la mesure de l'office qu'il critique ( ATF 105 III 36 consid. 1; ATF 103 III 37 consid. 1; ATF 96 III 61 ; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, p. 54; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, § 8 n. 16; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, § 6 n. 19 et 20). En l'espèce, B.T. ne fait valoir aucun intérêt qui lui soit propre à l'annulation des poursuites introduites par dame T. contre son mari. Il ne prétend pas représenter le poursuivi, ni n'élève de prétention quelconque sur les biens qui font l'objet de la réalisation en cours. c) Le Tribunal fédéral est toutefois en mesure de constater la nullité d'une mesure de l'office des poursuites ou de l'autorité cantonale de surveillance et de la révoquer, même si le recours n'a pas été interjeté dans le délai de l' art. 19 al. 1 LP , ne respecte pas les conditions de forme posées par la loi, ou encore est formé par une personne qui n'y est pas habilitée. Saisi d'un recours contre une décision de l'autorité cantonale de surveillance, le Tribunal fédéral doit, tout comme celle-ci, veiller à ce que les dispositions impératives de la loi soient respectées en toutes circonstances. L'intérêt public sur lequel repose le pouvoir des autorités de surveillance cantonales de révoquer d'office les décisions entachées de nullité doit être également sauvegardé par le Tribunal fédéral lorsqu'une décision de l'autorité cantonale lui est soumise et qu'il se trouve en présence d'une mesure nulle. Cela ne signifie toutefois pas que, lors même qu'un recours ne s'avérerait pas valable, la Chambre de céans serait toujours tenue d'examiner toutes les pièces du dossier en quête de décisions qui pourraient être entachées de nullité, ni que le fait qu'une telle décision ait échappé à son attention constituât une cause de revision. Admettre cela priverait de toute portée les dispositions légales relatives au délai de recours, aux exigences concernant l'acte de recours BGE 112 III 1 S. 4 et aux qualités pour recourir. Le Tribunal fédéral ne doit et ne peut intervenir à la suite d'un recours non valable que si son attention est effectivement attirée sur un acte nul ( ATF 94 III 69 ss). d) Lorsque la plainte ou le recours sont tardifs, l'autorité de surveillance et le Tribunal fédéral ont le pouvoir de constater la nullité d'une opération de l'office des poursuites et de la révoquer ( ATF 97 III 11 ; ATF 79 III 9 /10 consid. 1; ATF 77 III 58 ). La question est en revanche plus délicate de savoir s'il y a lieu d'entrer en matière sur une plainte portée par une personne dont l'intérêt juridiquement protégé n'est pas lésé - et qui dès lors n'a pas qualité pour agir -, du seul fait qu'elle affirme la nullité de l'acte qu'elle critique. Dans l' ATF 79 III 3 , le Tribunal fédéral a considéré que le tiers débiteur d'une créance séquestrée n'est pas recevable à porter plainte contre le séquestre, et que cette mesure ne pouvait être en l'espèce annulée d'office, faute de violer des règles impératives ou tendant à protéger l'intérêt public ou les intérêts de tiers à la procédure de poursuite. La méconnaissance d'une telle règle et la prise d'une décision nulle par l'office ou l'autorité de surveillance ne sauraient ouvrir la voie à une action populaire. Seule une personne touchée au moins dans ses intérêts de fait peut dès lors être admise à dénoncer de façon recevable la nullité d'un acte de l'office des poursuites. Dans le cas de l'arrêt précité, le tiers débiteur de la créance séquestrée se trouvait au moins en relation de fait avec la poursuite en ce sens qu'il ne pouvait plus se libérer valablement en mains de son créancier. Depuis lors, la jurisprudence a admis la qualité pour porter plainte de la banque en mains de laquelle un séquestre est opéré, ou même qui est seulement informée du fait qu'un séquestre est imposé sur des biens qu'elle détiendrait éventuellement ( ATF 103 III 36 ). On doit dès lors considérer que, même si la nullité absolue d'un acte de poursuite est invoquée, l'autorité de surveillance n'a pas à entrer en matière sur une plainte émanant d'une personne qui n'a aucun rapport avec la poursuite. Tout au plus pourrait-elle tenir cette plainte pour une dénonciation, justifiant son intervention d'office, en raison de son pouvoir de surveillance, sans que toutefois le dénonçant acquière ainsi la qualité de partie à une procédure de plainte, et puisse dès lors exiger une décision dans une affaire qui ne le concerne pas, ni recourir contre la décision prise d'office par l'autorité de surveillance au sujet de l'acte qui lui est dénoncé. BGE 112 III 1 S. 5 En l'espèce, B.T. n'a fait valoir aucun intérêt quelconque dans la poursuite qui divise son fils de sa belle-fille. L'autorité cantonale de surveillance aurait donc dû déclarer la plainte irrecevable, alors même que B.T. affirmait qu'étaient entachées de nullité absolue des opérations de l'Office dans des poursuites auxquelles il est entièrement étranger.
null
nan
fr
1,986
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
228c1c65-b18e-41e4-a757-722b7bda09c8
Urteilskopf 93 I 254 32. Urteil vom 17. Mai 1967 i.S. Toggenburger gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste Ausbeutung von Kiesgruben. Abstand von der öffentlichen Strasse. Naturschutz. Die einer Polizeierlaubnis beigefügte Auflage bedarf einer gesetzlichen Grundlage (Erw. 2). Abstand der Kiesgruben von der öffentlichen Strasse; gesetzliche Grundlage, rechtsgleiche Behandlung, Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 2 a-c). Wiederauffüllung der Kiesgruben nach der Ausbeutung. Inwiefern besteht im Kanton Zürich eine gesetzliche Grundlage, um die Wiederauffüllung auch in Landschaften ohne "bedeutenden Schönheitswert" vorzuschreiben? (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 255 BGE 93 I 254 S. 255 Aus dem Tatbestand: A.- Das zürch. Gesetz vom 20. August 1893 betreffend das Strassenwesen (StrG) bestimmt in § 37: "Abgrabungen längs den öffentlichen Strassen und Fusswegen sind innerhalb der Entfernung von 1 m vom Strassengebiet unzulässig. Überdies steht es bei Strassen I. und II. Klasse der Direktion der öffentlichen Bauten, bei Strassen III. Klasse und öffentlichen Fusswegen den Gemeinderäten zu, die nötigen das Strassengebiet sowohl als den Verkehr sichernden Anordnungn zu treffen." Nach § 182 Abs. 1 des zürch. EG/ZGB ist der Regierungsrat u.a. berechtigt, zur Sicherung von Landschaften, Ortschaftsbildern und Aussichtspunkten auf dem Verordnungswege die nötigen Verfügungen zu treffen und Strafbestimmungen aufzustellen. Gestützt hierauf hat der Regierungsrat am 9. Mai 1912 die Verordnung betreffend den Natur- und Heimatschutz (HSchV) erlassen. Nach § 1 dieser Verordnung geniessen den in § 182 EG/ZGB vorgesehenen Schutz "in der freien Natur befindliche Gegenstände, denen für sich allein oder in ihrem Zusammenhang ein wissenschaftliches Interesse oder ein bedeutender Schönheitswert zukommt..... Der Schutz erstreckt sich insbesondere.... d) auf Aussichtspunkte und Landschaftsbilder". Die in § 1 genannten Objekte dürfen ohne Bewilligung der zuständigen Behörde nicht verunstaltet oder in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden (§ 2 Abs. 1 HSchV), und es ist insbesondere die Ausführung von Hoch- und Tiefbauten, die jene Folge hätten, zu untersagen (§ 2 Abs. 2 HSchV). B.- Der Beschwerdeführer Emil Toggenburger ist Eigentümer eines Grundstücks in der Gemeinde Elgg, das 40'156 m2 hält und im Osten auf eine Länge von 130 m an eine Staatsstrasse I. Klasse grenzt, die dort unmittelbar der Kantonsgrenze entlang führt. Nachdem er im Jahre 1961 begonnen hatte, im Grundstück Kies und Sand auszubeuten, erteilte ihm die Baudirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 12. Februar 1963 die Bewilligung hiezu unter zahlreichen "Bedingungen", von denen Ziff. 7 den von der Strasse einzuhaltenden Abstand und Ziff. 12 die Wiederauffüllung der Grube nach der Ausbeutung betrafen. Einen Rekurs hiegegen hiess der Regierungsrat BGE 93 I 254 S. 256 teilweise gut. Gegen dessen Entscheid erhob der Beschwerdeführer verwaltungsgerichtliche Beschwerde a) beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wegen Verletzung kantonalen Rechts und b) beim Bundesgericht wegen Verletzung von Bundesrecht. Die letztere wurde sistiert bis zum Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts. Dieses hiess die Beschwerde in einzelnen Punkten gut, darunter in bezug auf die Pflicht zur Wiederauffüllung der Grube. Die noch streitigen "Bedingungen" lauten nun: "7. Die Ausfahrt hat in die Strasse I. Kl. Nr. 10 Aadorf-Frauenfeld zu erfolgen. Längs dieser Strasse muss der Streifen zwischen Strassengrenze und der vom Regierungsrat mit Beschluss vom 13. September 1945 in einem Abstand von 13 m von der Strassenaxe oder 8,1 m von der Grenze genehmigten Baulinie vom gewachsenen Boden belassen werden. Im Anschluss daran ist eine einfüssige Böschung zu erstellen. 12. Die Wiederauffüllung der Grube, sowie die Humusierung und Berasung der Oberfläche ist binnen zweier Jahre nach vollständiger Ausbeutung der Grube, spätestens aber bis Ende 1974, zu vollenden." Den Erwägungen des Entscheids des kantonalen Verwaltungsgerichtes ist zu entnehmen: zu Ziff. 7: § 37 Abs. 2 StrG sei nicht eine blosse Ausführungsvorschrift zu Abs. 1, wonach Abgrabungen innerhalb einer Entfernung von 1 m vom Strassengebiet unter allen Umständen unzulässig seien, sondern sei als strassenpolizeiliche Generalklausel aufzufassen, die zu Verboten und Geboten ermächtige. Danach stehe es im Ermessen der Baudirektion, den Bereich des Abgrabungsverbotes zu erweitern und die Art der Böschung vorzuschreiben. Dieses Ermessen sei nicht überschritten, wenn hier zur Sicherung von Strassengebiet und -verkehr bei einer Strasse I. Klasse das auf eine Tiefe von rund 7 m vorgesehene Abgraben nur insoweit erlaubt werde, als ein 8,1 m breiter Schutzstreifen und eine einfüssige Böschung bestehen bleiben. Auch werde der Beschwerdeführer durch die dahingehende neuere Praxis der Baudirektion selbst dann nicht rechtsungleich behandelt, wenn früher geringere Abstände und steilere Böschungen hingenommen worden sein sollten. zu Ziff. 12: Als Grundlage des Gebots, die Grube wieder aufzufüllen, habe der Regierungsrat namentlich die §§ 1 und 2 HSchV bezeichnet. Bei der Auslegung dieser Bestimmungen und des ihnen zugrunde liegenden § 182 Abs. 1 EG/ZGB sei der BGE 93 I 254 S. 257 Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten. Es wäre mit diesem Grundsatz nicht vereinbar und auch wenig sinnvoll, wenn zum Schutz von Landschaften mit bedeutendem Schönheitswert die einschneidenden Eigentumsbeschränkungen gemäss § 2 Abs. 2 HSchV angeordnet werden könnten, bei Landschaften ohne diese besondere Qualifikation dagegen jede Beeinträchtigung oder Verunstaltung hingenommen werden müsste. Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 HSchV, wonach der Schutz auf Landschaften mit "bedeutendem Schönheitswert" beschränkt sei, habe zurückzutreten gegenüber § 182 Abs. 1 EG/ZGB, der allgemein "Landschaften" schützen wolle. Die zuständige Behörde müsse auf Grund dieser Bestimmungen die Möglichkeit haben, auch das natürliche Landschaftsbild ohne besonderen Schönheitswert vor Verunstaltung und starker Beeinträchtigung mit angemessenen Geboten und Verboten zu schützen. Während die Kiesausbeutung in Landschaften von bedeutendem Schönheitswert vollständig verboten werden dürfe ( BGE 87 I 516 ), dürfe in Landschaften, die eines besondern Schönheitswerts entbehrten oder die schon früher störende Eingriffe erfahren hätten, die Anlage und der Betrieb von Kiesgruben zum Schutze der Natur Beschränkungen unterworfen werden. Das auszubeutende Grundstück liege in einer landwirtschaftlich beworbenen, baumlosen Ebene, die von bewaldeten Hügelzügen umgeben sei, was der Landschaft einen reizvollen Charakter gebe, und Kiesgruben träten darin als hässliche Krater und Ödflächen in Erscheinung. Der Beschwerdeführer gebe zu, dass Kiesgruben in der Regel wieder aufgefüllt werden und dass für die Ablagerung von Aushub in der Umgebung grosser Städte sogar etwas bezahlt werde. Unter diesen Umständen liege in der Auflage, die Grube wieder aufzufüllen, keine Rechtsverletzung, noch verstosse sie gegen die Rechtsgleichheit. D.- Gegen den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts führt Emil Toggenburger staatsrechtliche Beschwerde. Die beiden ersten Beschwerdebegehren hat er in der Folge wieder zurückgezogen. Mit den Beschwerdebegehren 3 und 4 beantragt er Aufhebung der der Bewilligung zur Kies- und Sandausbeutung beigefügten "Bedingungen" Ziff. 7 und 12. Als Beschwerdegründe werden Verletzungen des Art. 4 BV sowie der Eigentumsgarantie geltend gemacht. Die Begründung dieser Rügen ist, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich. BGE 93 I 254 S. 258 E.- Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragen Abweisung der Beschwerde. F.- Eine Instruktionskommission des Bundesgerichts hat am 3. April 1967 mit den Parteien die umstrittene Kiesgrube des Beschwerdeführers sowie die von diesem und vom Regierungsrat erwähnten Vergleichsobjekte besichtigt. Für das Ergebnis des Augenscheins wird auf die nachstehenden Erwägungen ver. wiesen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales). 2. Das Rechtsbegehren 3 richtet sich gegen die vom Verwaltungsgericht bestätigte Ziff. 7 der Verfügung der Baudirektion vom 12. Februar 1963. Von den drei darin dem Beschwerdeführer gemachten Auflagen sind die beiden, welche die Ausfahrt aus der Kiesgrube und die Böschung betreffen, unbestritten. Angefochten ist lediglich die Auflage, wonach der 8,1 m breite Streifen zwischen der Strasse und der im Jahre 1945 gezogenen Baulinie "vom gewachsenen Boden belassen werden muss", was bedeutet, dass auf diesem Streifen nicht abgebaut werden darf. Eine derartige einer Polizeierlaubnis beigefügte Auflage bedarf einer gesetzlichen Grundlage ( BGE 88 I 215 ; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung 2. A. Bem. II zu Nr. 49 und IV zu Nr. 84). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Auflage, wie hier, auf eine Beschränkung des Eigentums hinausläuft. a) Das Verwaltungsgericht hat die streitige Auflage wie schon die Vorinstanzen auf § 37 Abs. 2 StrG gestützt. Die Beschwerde macht geltend, dieser Abs. 2 sei bloss eine den Abs. 1 ergänzende Vorschrift und berechtige die Behörde nicht, den dort für Abgrabungen vorgeschriebenen Abstand von 1 m von der Strasse nach freiem Ermessen zu verbreitern; die gegenteilige Auslegung von § 37 Abs. 2 StrG verletze klares Recht und die Eigentumsgarantie. aa) Der Vorwurf der Verletzung klaren Rechts ist unbegründet. Abs. 2 von § 37 StrG ermächtigt die Behörden allgemein, die nötigen das Strassengebiet und den Verkehr sichernden Anordnungen zu treffen. Nichts zwingt dazu, diese Bestimmung als blosse Ergänzung von Abs. 1 zu betrachten, nach welchem Abgrabungen innerhalb einer Entfernung von 1 m von öffentlichen Strassen unzulässig sind. Die Auslegung, dass Abs. 1 lediglich den Mindestabstand für Abgrabungen festsetze und BGE 93 I 254 S. 259 Abs. 2 die Behörde ermächtige, nötigenfalls darüber hinauszugehen, erscheint als mindestens so sinnvoll und ist keinesfalls willkürlich. Die Vorschrift bezweckt den Schutz des Strassenkörpers und der Benützer der Strasse, und dieser Zweck spricht, namentlich auch im Hinblick auf die Haftung des Strasseneigentümers nach Art. 58 OR , durchaus für die von den kantonalen Behörden vertretene weitere Auslegung. bb) Wie gross der Abstand einer Kiesgrube von der Strasse richtigerweise sein soll, hängt von zahlreichen Umständen wie Tiefe der durch die Ausbeutung entstehenden Grube, Beschaffenheit des Bodens, Breite und Übersichtlichkeit der Strasse, Art und Dichte des Verkehrs auf dieser usw. ab. Zu dem danach angezeigten Abstand darf eine Sicherheitsmarge hinzugerechnet werden, zumal sich die künftige Zunahme des Verkehrs und der dadurch bewirkten Erschütterungen nicht genau berechnen lassen. Ferner durfte im vorliegenden Falle berücksichtigt werden, dass die Kantonsgrenze dem östlichen Strassenrand entlang verläuft und der Kanton Zürich die Strasse daher nur auf der Westseite, gegen die Kiesgrube des Beschwerdeführers hin, verbreitern kann. Die kantonalen Behörden haben den Abstand unter Würdigung aller Umstände auf 8,1 m vom derzeitigen Strassenrand festgelegt, was unbestrittenermassen der Baulinie entspricht, die bei der Erstellung von Hochbauten eingehalten werden müsste. Nun bildet aber eine Hochbaute für die Sicherheit der Strasse und des Verkehrs auf ihr keine grössere, sondern eher eine kleinere Gefahr als eine tiefe, durch Kiesausbeutung entstehende Grube. Wenn daher die kantonalen Behörden die Gesamtheit der hier zu beachtenden tatsächlichen Verhältnisse in der Weise gewürdigt haben, dass sie fanden, für die Grube des Beschwerdeführers sei derselbe Abstand von der Strasse wie für eine Hochbaute einzuhalten, so hält das dem Vorwurfe der Willkür stand. b) Als rechtsungleiche Behandlung rügt der Beschwerdeführer zunächst, dass sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid über eine 73-jährige Auslegung des § 37 StrG hinweggesetzt habe. Das Bundesgericht hat indessen stets erkannt, dass Art. 4 BV einer sachlich begründeten Praxisänderung nicht entgegenstehe ( BGE 89 I 428 /9 mit Verweisungen) und es einer Behörde, namentlich wenn es um die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs gehe, nicht verwehrt sei, veränderten Verhältnissen BGE 93 I 254 S. 260 Rechnung zu tragen, Erfahrungen auszuwerten, die bisherige Praxis zu überprüfen und sie gegebenenfalls neuer oder besserer Erkenntnis folgend zu ändern ( BGE 78 I 101 Erw. 5, BGE 83 I 151 Erw. 6). Nun erklärt das Verwaltungsgericht, dass eben diese Voraussetzungen hier zutreffen und die Baudirektion "in ihrer neuern Praxis an Staatsstrassen für Abgrabungen unter ähnlichen Verhältnissen Abstände von 8-10 m" vorschreibe. Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, dass bei einer Reihe anderer Kiesgruben unter vergleichbaren Verhältnissen auch in neuerer Zeit viel geringere Abstände geduldet worden seien und immer noch würden. Die Besichtigung der vom Beschwerdeführer und vom Regierungsrat angerufenen Vergleichsobjekte hat ergeben, dass eine Reihe früher bewilligter Gruben kleinere Abstände aufweist. Diese Vergleichsobjekte sind aber - auch wenn man von der besonders tiefen Grube in Weiach, wo ein Strassenstück abgerutscht ist, absieht - nicht geeignet, den Standpunkt der kantonalen Behörden zu widerlegen, sondern lassen es vielmehr als richtig und geboten erscheinen, die Praxis zu verschärfen und entsprechend dem gesteigerten Verkehr und der zu erwartenden weiteren Verkehrszunahme grössere Abstände zu verlangen. Der Augenschein hat ferner ergeben, dass einzelne in neuerer Zeit bewilligte Gruben in Missachtung entsprechender Auflagen bis nahe an die Strassengrenze ausgebeutet worden sind. Dass das obere und untere Strassenpersonal das nicht bemerkt habe, ist unglaubhaft, wiewohl bei 776 Gruben im ganzen Kantonsgebiet der eine oder andere Verstoss leicht übersehen werden mag. Indessen ist dargetan worden, dass die Baudirektion in der letzten Zeit gegen derartige Verstösse energisch eingeschritten ist und die rasche Wiederauffüllung der unerlaubterweise abgegrabenen Gebiete erzwingt, womit der Vorwurf der rechtsungleichen Behandlung auch in dieser Beziehung widerlegt ist. c) Die Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie ist kaum genügend substantiiert ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Soweit der Beschwerdeführer dem Sinne nach das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage beanstandet, ist die Rüge durch das unter lit. a Gesagte erledigt, da im Verbot, einen Streifen von 8,1 m Breite von der Strasse abzubauen, kein besonders schwerer Eingriff in das Eigentum liegt und daher das Bundesgericht die Frage, ob § 37 Abs. 2 StrG eine hinreichende gesetzliche Grundlage bilde, nicht frei, sondern nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel BGE 93 I 254 S. 261 der Willkür überprüfen kann (vgl. BGE 91 I 332 mit Verweisungen). Mit dem Einwand, dass einem allfälligen Sicherheitsbedürfnis durch eine "andere Vorkehr als die Verbreiterung des Abstands Rechnung zu tragen" wäre, wird die Verhältnismässigkeit des Eingriffs, ohne die er nicht rechtmässig wäre ( BGE 90 I 343 ), bestritten. Als weniger einschneidende Massnahme betrachtet der Beschwerdeführer, wie sich am Augenschein ergeben hat, die Bewilligung, bis 1 m von der Strasse abzugraben, verbunden mit der Auflage, das abgebaute Gebiet bis auf einen Abstand von 8,1 m wieder aufzufüllen. Damit verlangt er, dass ihm das bewilligt werde, was sich andere rechtswidrig herausgenommen haben. Indessen würden dann die Gefahren, deren Abwendung das Abgrabungsverbot bezweckt, jedenfalls bis zur Wiederauffüllung bestehen, sodass es auch abgesehen davon, dass wiederaufgefülltes Terrain auf lange Zeit hinaus weniger stabil ist als gewachsener Boden, nicht als willkürlich erscheint, wenn die Behörden es im Hinblick auf die Sicherheit der Strasse und des Verkehrs auf ihr ablehnen, auf diesen Vorschlag des Beschwerdeführers einzugehen. 3. Das Beschwerdebegehren 4 richtet sich gegen das Dispositiv des angefochtenen Entscheids, worin das Verwaltungsgericht die durch den Regierungsrat neu formulierte Ziff. 12 der Verfügung der Baudirektion durch eine eigene, abgeschwächte Anordnung ersetzt hat. Danach muss der Beschwerdeführer die ausgebeutete Grube wieder auffüllen, humusieren und berasen und diese Arbeit zwei Jahre nach vollständiger Ausbeutung, längstens aber bis zum Ende des Jahres 1974 beendigen. Der Beschwerdeführer rügt vor allem, dass diese Anordnung klares Recht verletze und daher mangels gesetzlicher Grundlage gegen die Eigentumsgarantie verstosse. Da die Verpflichtung des Beschwerdeführers, sein Grundstück nach Ausbeutung des Kieses durch Wiederauffüllung, Humusierung und Berasung wieder in den früheren Zustand zu versetzen, eine Eigentumsbeschränkung enthält, kann das Bundesgericht die Frage, ob die von den kantonalen Behörden angerufene gesetzliche Grundlage genüge, dann, wenn der Eingriff besonders schwer ist, frei, andernfalls nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür prüfen ( BGE 91 I 332 ). Ob die Verpflichtung zur Wiederauffüllung einer Kiesgrube einen besonders schweren Eingriff darstellt, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles BGE 93 I 254 S. 262 ab. Wo für die Ablagerung von Aushub, wie es in der Umgebung grosser Städte der Fall ist, etwas bezahlt wird, kann von einem besonders schweren Eingriff offensichtlich nicht die Rede sein. In abgelegenen Gegenden wird indes die Beschaffung und der Herantransport von Auffüllmaterial meist Kosten verursachen. Sind diese so hoch, dass die Ausbeutung des Kieses nicht mehr wirtschaftlich ist, dem Eigentümer also durch das Gebot der Wiederauffüllung praktisch verunmöglicht wird, so erscheint der Eingriff als sehr schwer. Dass es sich hier so verhält, ist freilich nicht dargetan; in der Beschwerde wird im Zusammenhang mit der Frage der Verhältnismässigkeit der Auflage lediglich ausgeführt, es sei "mindestens fraglich", ob Auffüllmaterial in der Umgebung gefunden und ohne unangemessene Transportkosten anfallen werde. Ob in der Verpflichtung zur Wiederauffüllung ein besonders schwerer Eingriff liege, kann indes dahingestellt bleiben, da die Beschwerde in diesem Punkte wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage selbst dann gutgeheissen werden muss, wenn die Auslegung der in Betracht fallenden Bestimmungen des kantonalen Rechts nur auf Willkür hin überprüft wird. a) Der Regierungsrat erblickt die gesetzliche Grundlage in den §§ 1 und 2 HSchV, die sich ihrerseits auf § 182 Abs. 1 EG/ZGB stützen. Auch das Verwaltungsgericht betrachtet diese Bestimmungen der HSchV wenn nicht für sich allein, so doch in Verbindung mit § 182 Abs. 1 EG/ZGB als hinreichende gesetzliche Grundlage. Es behauptet zwar nicht, der Landschaft, in der sich die Kiesgrube des Beschwerdeführers befindet, komme ein "bedeutender Schönheitswert" im Sinne von § 1 Abs. 1 HSchV zu. Es glaubt aber, dieser Wortlaut habe zurückzutreten vor § 182 Abs. 1 EG/ZGB, der allgemein "Landschaften" schützen wolle, da es wenig sinnvoll wäre, wenn zum Schutz besonders schöner Landschaften die einschneidenden Eigentumsbeschränkungen von § 2 Abs. 2 HSchV angeordnet werden könnten, bei andern Landschaften dagegen jede Beeinträchtigung oder Verunstaltung hingenommen werden müsste. Diese Auslegung der HSchV ist indessen nicht haltbar. Die §§ 1 und 2 sehen nach ihrem klaren Wortlaut nur den Schutz von Landschaftsbildern vor, denen ein "bedeutender Schönheitswert" zukommt. Die Anwendung eines Rechtssatzes gegen seinen klaren Wortlaut ist grundsätzlich unzulässig und hält vor Art. 4 BV nur dann stand, wenn triftige Gründe dafür BGE 93 I 254 S. 263 vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn wiedergibt (BGEB7 I 15 Erw. 3, 90 I 214 Erw. 1). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich. Der Umstand allein, dass der der HSchV zugrunde liegende § 182 Abs. 1 EG/ZGB von "Landschaften" schlechthin spricht, lässt es nicht zu, den in den §§ 1 und 2 HSchV vorgesehenen Schutz auf Landschaftsbilder ohne bedeutenden Schönheitswert auszudehnen, und zwar auch nicht in dem Sinne, dass in Landschaften von bedeutendem Schönheitswert eine so einschneidende Massnahme wie das gänzliche Verbot der Kiesausbeutung, in andern lediglich Beschränkungen und Auflagen wie die streitige Verpflichtung zur Wiederauffüllung zulässig wären. Dass dem Gebiet, in dem sich die Kiesgrube befindet, mag ihm auch ein gewisser Reiz nicht abzusprechen sein, kein "bedeutender Schönheitswert" zukommt, ist unbestritten und wurde durch den Augenschein bestätigt, ist das Landschaftsbild dort doch schon durch Industriebauten und andere Kiesgruben beeinträchtigt. Die HSchV fällt deshalb als Rechtsgrundlage für die streitige Auflage ausser Betracht. Es kann sich nur fragen, ob diese Auflage sich unmittelbar auf § 182 EG/ZGB stützen kann. b) Dies würde voraussetzen, dass § 182 sich auch auf den Schutz von Landschaftsbildern ohne bedeutenden Schönheitswert bezieht und überdies die kantonalen Verwaltungsbehörden ermächtigt, diesem Schutz dienende, auf den Einzelfall zugeschnittene Verfügungen zu erlassen. aa) Das Bundesgericht hat in dem den Schutz des Neeracherrieds betreffenden Urteil vom 12. Juni 1957 (ZBl 58/1957 S. 400 ff., besonders 403) wie schon in BGE 41 I 486 erklärt, dass § 182 EG/ZGB vorwiegend programmatischer Natur sei und die nähere Umschreibung des Inhalts des Heimatschutzes der vom Regierungsrat zu erlassenden Verordnung überlasse, und es hat hieraus abgeleitet, auf § 182 EG/ZGB könnten "nur Massnahmen zum Schutze von Landschaften mit bedeutendem Schönheitswert gegründet werden". Diese Schlussfolgerung drängt sich indessen keineswegs auf. Wenn § 182 EG/ZGB von der "Sicherung der Landschaften" schlechthin spricht, ist nicht einzusehen, weshalb als Schutzobjekte nur Landschaften mit bedeutendem Schönheitswert in Betracht kämen und es dem Regierungsrat verwehrt wäre, gestützt auf § 182 EG/ZGB auch andere Landschaften vor Verunstaltung und schwerer Beeinträchtigung zu bewahren. Das Bundesgericht hat freilich BGE 93 I 254 S. 264 wiederholt Bedenken gegen die Unterschutzstellung weiter Landstriche geäussert (Urteil vom 8. Februar 1956 i.S. Vereinigung Sonnenkreis c. Regierungsrat des Kts. Schaffhausen Erw. 3, BGE 89 I 471 ). Diese Bedenken bezogen sich indessen auf Bauverbote. Sie gelten nicht oder doch nicht im gleichen Masse für weniger weit gehende Schutzmassnahmen, die sich gegen ganz bestimmte Verunstaltungen des natürlichen Landschaftsbildes richten, wie sie gerade durch die Anlage von zahl- und umfangreichen Kiesgruben in einem Gebiet für längere Zeit bewirkt werden können. Derartige Schutzmassnahmen sind nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch mit dem Sinne von § 182 EG/ZGB durchaus vereinbar. Es erscheint daher als zulässig, gestützt auf § 182 EG/ZGB die Ausbeutung von Kies auch in Landschaften ohne bedeutenden Schönheitswert an eine Bewilligung zu knüpfen und diese davon abhängig zu machen, dass nach beendeter Ausbeutung wieder ein natürliches Landschaftsbild hergestellt wird, was je nach den topographischen Verhältnissen nur die Humusierung oder Bepflanzung des ausgebeuteten Gebietes oder auch die ganze oder teilweise Wiederauffüllung erfordern kann. bb) Daraus folgt aber nicht, dass die streitige Auflage auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe. § 182 EG/ZGB ermächtigt den Regierungsrat bloss, die nötigen Verfügungen "auf dem Verordnungswege" zu treffen. In dieser Ermächtigung zum Erlass generell abstrakter Normen ist nicht etwa als minus in maiore die Befugnis des Regierungsrates enthalten, durch Verfügung im Einzelfall Recht zu schaffen, und noch weniger die entsprechende Kompetenz einer untern Verwaltungsbehörde wie der Baudirektion, welche die streitige Auflage der von ihr erteilten Bewilligung beigefügt hat. Nun hat der Regierungsrat gestützt auf § 182 EG/ZGB einerseits die HSchV, welche allgemeine Schutzmassnahmen, jedoch nur für Landschaften von bedeutendem Schönheitswert, vorsieht, und anderseits zahlreiche Verordnungen, welche näher umschriebene Schutzmassnahmen für besonders ausgezeichnete Gebiete anordnen, erlassen. Dagegen fehlt es an einer generellen abstrakten Norm, auf welche sich die umstrittene Auflage, d.h. die Verpflichtung des Beschwerdeführers, seine Kiesgrube nach der Ausbeutung wieder aufzufüllen, zu humusieren und zu berasen, stützen könnte. Diese im verwaltungsgerichtlichen Urteil letztinstanzlich umschriebene Auflage ist daher mangels gesetzlicher Grundlage BGE 93 I 254 S. 265 aufzuheben. Ob sie auch, wie der Beschwerdeführer weiter geltend macht, wegen Unverhältnismässigkeit und rechtsungleicher Behandlung gegen Art. 4 BV verstosse, braucht bei dieser Sachlage nicht geprüft zu werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Vom Rückzug der Beschwerdebegehren 1 und 2 wird Kenntnis genommen. 2.- Das Beschwerdebegehren 3 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 3.- Das Beschwerdebegehren 4 wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die dem Beschwerdeführer auferlegte Pflicht zur Wiederauffüllung der Grube aufgehoben wird.
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Urteilskopf 101 Ib 64 12. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1975 i.S. Hoeffleur gegen Regierungsrat des Kantons Zug
Regeste Gewässerschutz, Baubewilligung. BG vom 8. Oktober 1971 (GSchG). Allgemeine Gewässerschutzverordnung des Bundesrates vom 19. Juni 1972 (AGSchV). Verhältnis zwischen Art. 19 und 20 GSchG . Auslegung des ungenau gefassten Art. 20. Nicht dieser, sondern Art. 19 ist anwendbar, wenn das Grundstück zwar dem "übrigen Gemeindegebiet" zugeteilt werden soll, aber nach der geltenden Bauordnung der Gemeinde noch in einer Bauzone liegt. Die Behörde hat zu prüfen, ob ein vorschriftsgemässer Anschluss an die Kanalisation der Gemeinde, allenfalls auf Kosten des Bauherrn, gewährleistet werden kann.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 101 Ib 64 S. 65 H. will auf seiner Parzelle Nr. 627 in der Gemeinde Walchwil Terrassenhäuser bauen. Das Grundstück befindet sich nach der geltenden Bauordnung der Gemeinde in der Wohnzone II. Das Baugesuch des Eigentümers wurde vom Einwohnerrat der Gemeinde abgewiesen mit der Begründung, weder die Trinkwasserversorgung noch die Abwasserbeseitigung seien sichergestellt, und überdies sei die verkehrsmässige Erschliessung ungenügend. Der Regierungsrat des Kantons Zug wies die Beschwerde des Gesuchstellers gegen diesen Entscheid ab. Er führte aus, das Grundstück liege ausserhalb des Perimeters, der im - noch nicht genehmigten - generellen Kanalisationsprojekt (GKP) der Gemeinde abgegrenzt sei, und ein Grund für eine Ausnahme im Sinne von Art. 20 GSchG / Art. 27 Abs. 1 AGSchV bestehe nicht; selbst wenn die Parzelle innerhalb des Kanalisationsbereiches läge, müsste nach Art. 19 GSchG / Art. 26 AGSchV die Bewilligung verweigert werden, weil der Anschluss an die Kanalisation nicht gewährleistet sei. Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde des Gesuchstellers hin weist das Bundesgericht die Sache an den Regierungsrat zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Das in Frage stehende Grundstück des Beschwerdeführers befindet sich zur Zeit unbestrittenermassen in einer BGE 101 Ib 64 S. 66 rechtskräftigen Bauzone. Der Zonenplan soll allerdings revidiert werden. Dabei ist vorgesehen, das Baugebiet zu beschränken; die Parzelle Nr. 627 soll dem "übrigen Gemeindegebiet" zugeteilt werden. Nach dem ausgearbeiteten, aber noch nicht genehmigten GKP, das der vorgesehenen Revision des Zonenplanes und nicht den heutigen Bauzonen entspricht, befindet sich das Grundstück des Beschwerdeführers ausserhalb des künftigen Kanalisationsperimeters. a) Der Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid das Bauvorhaben des Beschwerdeführers so behandelt, wie wenn ein rechtskräftiges GKP bestände und es darum ginge, eine Baute ausserhalb des GKP gemäss Art. 20 GSchG zu bewilligen. Dass die Parzelle Nr. 627 sich nach dem geltenden Zonenplan in einer Bauzone befindet, wird im angefochtenen Entscheid gar nicht berücksichtigt. Ein vorbereitetes, aber von den zuständigen Instanzen noch nicht genehmigtes und in Kraft gesetztes GKP kann eine geltende Zonenordnung nicht abändern. Kanalisationsperimeter und Baugebiet müssen im übrigen nach der Natur der Sache übereinstimmen (vgl. Art. 15 AGSchV ). Da die Parzelle des Beschwerdeführers sich in einer Bauzone befindet, ist nicht Art. 20, sondern Art. 19 GSchG anzuwenden. Dass im (noch) geltenden Zonenplan nach den heutigen Erkenntnissen ein zu grosses Baugebiet ausgeschieden wurde und dass deswegen eine die Bauzonen reduzierende Revision im Gange ist, vermag die Rechtslage nicht zu ändern. Die Behörden können weder unter Berufung auf Art. 15 AGSchV noch in Anwendung eines nicht rechtskräftigen GKP den geltenden Zonenplan ausser Kraft setzen. In Art. 20 GSchG ist zwar - im Unterschied zu Art. 19 - nur vom generellen Kanalisationsprojekt die Rede, nicht von den Bauzonen. Der Wortlaut des Art. 20 liesse sich also sprachlich so verstehen, wie wenn auch innerhalb der Bauzonen das GPK noch zu einer weitern Einschränkung führen könnte. Nach dem Sinn der ganzen Regelung betrifft aber Art. 20 GSchG nur jenes Gebiet, das nicht unter Art. 19 GSchG fällt. Art. 20 enthält also nicht eine Ergänzung oder Einschränkung der in Art. 19 getroffenen Ordnung, sondern bezieht sich als genaues Korrelat auf das übrige, in Art. 19 nicht erfasste Gebiet. Richtigerweise sollte es in Art. 20 heissen: "Baubewilligungen für Gebäude und Anlagen ausserhalb BGE 101 Ib 64 S. 67 der Bauzonen oder, wo solche fehlen, ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes dürfen ..." (klar in diesem Sinne Art. 27 AGSchV ). Dass im Text des Art. 20 GSchG die Bezugnahme auf die Bauzonen fehlt und nur vom GPK die Rede ist, kann bei einer vollständig und korrekt durchgeführten Ortsplanung allerdings keine Auswirkungen haben; wie bereits ausgeführt wurde, muss ja der Kanalisationsperimeter die Bauzonen decken (vgl. Art. 15 AGSchV ). Besteht - wie im vorliegenden Fall - eine rechtskräftige Zonenplanung, so kommt auf alle innerhalb der Bauzonen liegenden Parzellen Art. 19 GSchG zur Anwendung; nur für das Gebiet ausserhalb dieser Zonen ist Art. 20 GSchG massgebend. Vorarbeiten für eine Revision des Zonenplanes oder der Entwurf eines nicht das gesamte (bisher) eingezonte Gebiet umfassenden GKP sind für den Entscheid, welche von diesen beiden Vorschriften des GSchG im konkreten Fall anzuwenden ist, ohne Belang. Das Gewässerschutzgesetz räumt den Behörden nicht die Möglichkeit ein, im Hinblick auf eine im Gang befindliche Änderung der Planung ein Baugesuch vorläufig zurückzustellen (analog § 34 des Zuger Baugesetzes). Das Gesuch ist gewässerschutzrechtlich nach der bestehenden Rechtslage zu behandeln. Diese Überlegungen führen im vorliegenden Fall zum Schluss, dass Art. 19 GSchG anzuwenden ist. b) Innerhalb der Bauzonen dürfen Baubewilligungen gemäss Art. 19 GSchG erteilt werden, "wenn der Anschluss der Abwässer an die Kanalisation gewährleistet ist". Die im zweiten Satz des Art. 19 vorgesehene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen kleinere Gebäude und Anlagen vorläufig ohne Kanalisationsanschluss zu bewilligen, fällt im vorliegenden Fall ausser Betracht, da nach der Art und der Grösse des konkreten Bauvorhabens (4 Terrassenhäuser) eine solche Ausnahmebewilligung offensichtlich nicht in Frage kommt. Im angefochtenen Entscheid heisst es, der Anschluss an die Gemeindekanalisation sei in keiner Weise sichergestellt. Aus den Akten ergibt sich, dass in einer Distanz von etwa 200 m in einer Strasse ein Stück kommunale Abwasserleitung vorhanden ist, in welche auch die Überläufe der Klärgruben von drei bestehenden Wohnhäusern münden. Diese Leitung führt in einen Bach. Ursprünglich war offenbar vorgesehen, die Leitung BGE 101 Ib 64 S. 68 an die Gemeindekanalisation anzuschliessen; jetzt betrachtet sie der Einwohnerrat nur noch als Strassenentwässerung und lehnt den Anschluss weiterer Bauten ab. Das Ende dieser Leitung ist rund 400 m von der Gemeindekanalisation entfernt. Die kürzeste Distanz zwischen dem Grundstück des Beschwerdeführers und dem vorhandenen Leitungsnetz der Gemeindekanalisation beträgt ungefähr einen Kilometer. Obschon der Bauplatz des Beschwerdeführers in einer Bauzone liegt, ist die Gemeinde nicht verpflichtet, innert einer bestimmten Frist ihr Kanalisationsnetz entsprechend zu erweitern. Art. 19 GSchG verschafft dem Grundeigentümer nicht einen Anspruch gegenüber der Gemeinde auf kanalisationstechnische Erschliessung seiner in der Bauzone liegenden Parzelle. Eine Baute ist nur zulässig, wenn der Anschluss an die Kanalisation technisch und finanziell gewährleistet ist. Zwar sollte in der Regel definitiv eingezontes Gebiet vollständig erschlossen sein oder vor der Erschliessung stehen. Werden unerschlossene Landflächen in Bauzonen eingeteilt, so ist es jedoch Sache der Gemeinde zu bestimmen, wann, wo und in welchem Umfang finanzielle Mittel der Gemeinde für künftige Erschliessungen des bereits eingezonten Gebietes einzusetzen sind. Aus dem Gewässerschutzrecht ergibt sich keine Erschliessungspflicht der Gemeinde in bezug auf unerschlossene Parzellen in der Bauzone. Art. 19 GSchG schliesst jedoch nicht aus, dass der Grundeigentümer, der die Schaffung der notwendigen Infrastrukturanlagen durch die Gemeinde nicht abwarten will, in dieser Situation sich bereit erklärt, einen vorschriftsgemässen Anschluss an das vorhandene Kanalisationsnetz der Gemeinde auf eigene Kosten zu erstellen. Die Gemeinde darf bei rechtskräftig eingezonten Parzellen ein solches Angebot nicht einfach abschlagen und die Baubewilligung verweigern mit der Begründung, eine Überbauung sei an dieser Stelle planerisch unerwünscht. Eine solche Einschränkung des Baugebietes hat auf dem regulären Weg durch Änderung des Zonenplanes zu erfolgen. Gestützt auf Art. 19 GSchG kann ein technisch möglicher, vorschriftsgemässer, vom Bauherrn zu finanzierender Kanalisationsanschluss einer Parzelle, die nach dem geltenden Zonenplan in der Bauzone liegt, nicht im Hinblick auf eine angestrebte Zonenplanänderung abgelehnt werden. Wäre ein solches Vorgehen zulässig, so würde Art. 19 GSchG den BGE 101 Ib 64 S. 69 die Planung anwendenden Baupolizeibehörden die Möglichkeit geben, eine rechtskräftige Bauzone durch die Verweigerung von Kanalisationsanschlüssen beliebig einzuschränken oder aufzuheben. Nach der im vorliegenden Fall zur Zeit bestehenden Rechtslage, d.h. solange die Parzelle sich in der Bauzone befindet, sind die zuständigen Behörden von Kanton und Gemeinde verpflichtet, zu prüfen, ob ein vorschriftsgemässer Kanalisationsanschluss, allenfalls auf Kosten des Bauherrn, gewährleistet werden kann. Der Beschwerdeführer hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erklärt, er sei bereit, die Kosten der notwendigen Erschliessung zu tragen. Im kantonalen Verfahren wurde diese Frage nicht erörtert. Der Regierungsrat stützte sich ja unrichtigerweise in erster Linie auf Art. 20 GSchG . Seine beiläufige Bezugnahme auf Art. 19 GSchG erschöpft sich in der Feststellung, dass der Anschluss nicht sichergestellt sei. Ob und in welcher Weise ein vorschriftsgemässer Anschluss möglich wäre und ob der Beschwerdeführer die Kosten übernehmen würde, blieb offen. Der Beschwerdeführer und wohl auch Funktionäre der Gemeinde sind ursprünglich davon ausgegangen, dass ein Anschluss an die vorhandene, nicht mit der öffentlichen Kläranlage verbundene Leitung in Frage komme. Solange diese Leitung das Abwasser ungeklärt einem Bach zuführt, stellt ein solcher Anschluss selbstverständlich keine vorschriftsgemässe Lösung dar. Da Einwohnerrat und Regierungsrat die Möglichkeit einer dem Gewässerschutzrecht entsprechenden Abwasserbeseitigung weder technisch noch finanziell näher untersuchten in der Annahme, der projektierte Bau könne ohnehin nicht bewilligt werden, fehlt eine genügende Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes, die erlauben würde, darüber zu entscheiden, ob im Sinne des Art. 19 GSchG ein vorschriftsgemässer Anschluss an die Kanalisation gewährleistet ist oder nicht. c) Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben, und die Akten sind an den Regierungsrat des Kantons Zug zurückzuweisen. Führt die erneute Prüfung unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen zu einer Lösung, welche die vorschriftsgemässe Abwasserbeseitigung gewährleistet, so kann die Baubewilligung nicht gestützt auf das Gewässerschutzrecht verweigert werden. Es wird jedoch noch darüber zu befinden sein, BGE 101 Ib 64 S. 70 ob allenfalls im Sinne der Argumentation des Einwohnerrates Bestimmungen des kantonalen oder kommunalen Baupolizeirechts dem Bauvorhaben des Beschwerdeführers entgegenstehen; diese Frage wurde bisher vom Regierungsrat offen gelassen.
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Urteilskopf 125 V 197 30. Extrait de l'arrêt du 19 avril 1999 dans la cause M. contre Office cantonal de l'industrie, des arts et métiers et du travail, Berne, et Tribunal administratif du canton de Berne
Regeste Art. 30 Abs. 1 lit. d, Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 AVIG ; Art. 97 Abs. 1 lit. b AVIV : Sanktion bei Verweigerung der Teilnahme an einem Beschäftigungsprogramm. Die für den Fall der Ablehnung einer Zwischenverdienstarbeit geltende Rechtsprechung, wonach die Einstellung in der Anspruchsberechtigung lediglich die Differenz zwischen dem Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung und demjenigen auf Kompensationszahlung betrifft ( BGE 122 V 34 ), ist nicht übertragbar auf den Fall von Versicherten, welche die Teilnahme an einem Beschäftigungsprogramm verweigern.
Sachverhalt ab Seite 198 BGE 125 V 197 S. 198 A.- M. a fait contrôler son chômage à partir du 1er septembre 1995. Le 5 octobre suivant, l'Office communal du travail de K. (l'office du travail) lui a enjoint de s'inscrire à un programme d'occupation d'une durée de 6 mois. L'assuré n'ayant pas donné suite à cette injonction, il a été invité par l'office du travail à s'expliquer sur les raisons de son abstention, par lettre du 2 novembre 1995. En l'absence de réponse, son cas a été transmis à la Division marché du travail de l'Office cantonal bernois de l'industrie, des arts et métiers et du travail (OCIAMT). (...). Par décision du 5 janvier 1996, l'OCIAMT a prononcé une suspension de 20 jours du droit aux indemnités journalières de chômage à l'encontre de M., au motif qu'il ne s'était pas inscrit au programme d'occupation. B.- Statuant le 24 juin 1997, le Tribunal administratif du canton de Berne a rejeté le recours interjeté par l'assuré contre cette décision. Il a confirmé la suspension du droit aux indemnités aussi bien dans son principe que dans sa durée (chiffre 1 du dispositif), renvoyant toutefois la cause à l'OCIAMT pour calcul, au sens des considérants, "du montant des indemnités journalières 'suspendues'" (chiffre 2 du dispositif). C.- M. interjette recours de droit administratif contre ce jugement, en concluant à l'annulation de la décision de l'OCIAMT du 5 janvier 1996. Pour sa part, l'OCIAMT conclut au rejet du recours et à l'annulation du chiffre 2 du dispositif du jugement cantonal, tandis que l'Office fédéral du développement économique et de l'emploi ne s'est pas déterminé. Par lettre du 12 mars 1999, M. a été informé du risque de réforme à son détriment du jugement attaqué, si le Tribunal fédéral des assurances devait suivre la proposition formulée en procédure par l'OCIAMT. Invité à se déterminer sur cette question et rendu attentif à la faculté de retirer son recours, M. a déclaré maintenir celui-ci. BGE 125 V 197 S. 199 Erwägungen Extrait des considérants: 6. Le premier juge a renvoyé la cause à l'OCIAMT afin qu'il procède au calcul du "montant des indemnités journalières 'suspendues'", conformément à la jurisprudence publiée aux ATF 122 V 40 consid. 4c/aa. a) Cette jurisprudence rappelle que le but de la suspension du droit à l'indemnité, dans l'assurance-chômage, vise à faire participer l'assuré de façon équitable au dommage qu'il cause à cette assurance sociale, en raison d'une attitude contraire aux obligations qui lui incombent. C'est pourquoi la durée de la suspension doit, en particulier, être fixée dans une mesure appropriée à la gravité de la faute commise. Cependant, selon cet arrêt, le droit à l'indemnité de l'assuré qui refuse de prendre un travail susceptible de lui procurer un gain intermédiaire ne doit être suspendu que dans la mesure correspondant à la différence entre l'indemnité de chômage et les indemnités compensatoires (compensation de la différence entre les indemnités). b) En l'espèce, la faute du recourant tient dans le fait qu'il s'est abstenu de s'inscrire au programme d'occupation qui lui était proposé. Entrant dans le cadre des "autres mesures" des art. 72 ss LACI destinées à prévenir et à combattre le chômage, les programmes d'occupation sont financés par l'assurance-chômage, notamment en ce qui concerne "le salaire" versé aux assurés pendant leur durée ( art. 75 al. 1 LACI et 97 al. 1 let. b OACI; GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, vol. II, n. 27 ad art. 72-75). Partant, la participation d'un assuré à un programme d'occupation ne diminue pas, dans une mesure directement quantifiable, le dommage financier de l'assurance-chômage qui doit, ainsi que le relève l'OCIAMT dans sa détermination sur le recours, continuer à servir des indemnités journalières, ou alors financer le salaire versé à l'assuré. A contrario, le dommage à proprement parler financier que subit l'assurance-chômage, en cas de refus d'un assuré de participer à un programme d'occupation, n'est pas non plus directement quantifiable. Il résulte plutôt du fait que ce dernier, à qui l'occasion d'exercer une activité et d'acquérir des qualifications est offerte, ne la saisit pas et diminue ainsi son aptitude au placement, en violation de son obligation générale de réduire le dommage ( art. 17 LACI ; cf. ATF 121 V 62 consid. 3d; NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], ch.m. 702 sv.; GERHARDS, op.cit., vol. I, n. 29 ad art. 30). BGE 125 V 197 S. 200 Il suit de là que la jurisprudence relative à la compensation de la différence entre les indemnités, applicable en cas de refus d'un travail devant procurer un gain intermédiaire, n'est pas transposable à la situation de l'assuré qui refuse de participer - ou, comme en l'espèce, ne s'annonce pas - à un programme d'occupation. Le renvoi du dossier à l'OCIAMT ordonné par le premier juge, pour calcul "du montant des indemnités journalières 'suspendues'", doit ainsi être annulé.
null
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Urteilskopf 80 I 6 2. Auszug aus dem Urteil vom 3. Februar 1954 i.S. Bichsel gegen Bern Staat und Verwaltungsgericht.
Regeste Besteuerung des Einkommens (Bern): 1. Verbot interkantonaler Doppelbesteuerung und kantonale Gesetzgebung. 2. Bemessung des steuerbaren Einkommens einer aus einem andern Kanton in den Kanton Bern zuziehenden erwerbstätigen Person.
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 80 I 6 S. 6 A.- Fritz Bichsel arbeitete von 1940 bis Frühling 1945 als kaufmännischer Angestellter in Burgdorf. Von da bis zum Sommer 1950 studierte er in Bern und war nur noch während der Ferien berufstätig. Nach dem Abschluss seiner Studien bekleidete er vom 15.10.50-30.6.51 eine Stelle als Versicherungsmathematiker in Zürich mit einem Monatsgehalt von Fr. 900.--. Am 1.7.51 trat er eine ähnliche Stelle in Bern an, mit einem Anfangsgehalt von Fr. 1000.-- im Monat. In seiner Steuererklärung für 1951 und 1952 im Kanton Bern deklarierte Bichsel auf Grund des in den Vorjahren 1949 und 1950 erzielten Einkommens ein steuerpflichtiges Einkommen von Fr. 1381.65. Die Veranlagungsbehörde schätzte ihn statt dessen auf Grund des seit dem Zuzug in den Kanton Bern erzielten und auf ein ganzes Jahr BGE 80 I 6 S. 7 umgerechneten Einkommens mit Fr. 10'300.-- ein. Seine hiegegen gerichtete Einsprache wurde abgewiesen, ebenso ein Rekurs an die kantonale Rekurskommission und eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 27.7.53 ist wie folgt begründet: Wäre Bichsel stets im Kanton Bern geblieben, so hätte er nach Art. 30 und 41 StG für die Veranlagungsperiode 1951/52 auf Grund des in den Vorjahren 1949/50 erzielten Einkommens eingeschätzt werden müssen. Da er aber Mitte Oktober 1950 seinen Wohnsitz ausser Kanton verlegt und bis Ende Juni 1951 der Steuerhoheit des Kantons Zürich unterstanden habe, sei er nach seiner Rückkehr in den Kanton Bern daselbst als Zuzüger zu veranlagen. Hiefür gelte nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Grundsatz, dass auf ein ausserkantonales Einkommen als Bemessungsgrundlage dann nicht zurückgegriffen werden dürfe, wenn die Steuerquelle sich verändert habe, d.h. wenn seine Einkommensverhältnisse sich grundlegend verändert hätten und das frühere Einkommen sich daher nicht mehr als Massstab für das am neuen Wohnort erzielte eigne. Mit dieser Praxis, wonach das ausserkantonale Einkommen nur bei offensichtlich gleichbleibenden Einkommensverhältnissen zur Bemessung herangezogen werden dürfe, stehe die angefochtene Veranlagung im Einklang. Wohl sei die Stellung Bichsels in Bern gleich wie vorher in Zürich; hier wie dort sei er als Versicherungsmathematiker tätig. Allein sein Einkommen sei nach seiner eigenen Angabe um 23% höher. Dass die Erhöhung zur Hälfte aus Teuerungszulagen bestehe, sei unerheblich; entscheidend sei das Gesamteinkommen. Ebenso sei unerheblich, dass Bichsel nur kurze Zeit in Zürich gewesen sei; er habe immerhin achteinhalb Monate dort Wohnsitz gehabt und daher nach seiner Rückkehr in den Kanton Bern als Zuzüger behandelt werden müssen. B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragt Bichsel, die Entscheide der Rekurskommission vom 19.5.53 BGE 80 I 6 S. 8 und des Verwaltungsgerichts vom 27.7.53 aufzuheben und festzustellen, dass er für die Steuerjahre 1951/52 nach Massgabe seines tatsächlichen Einkommens in den Jahren 1949/50 zu besteuern sei. Das Bundesgericht schützt die Beschwerde Erwägungen in Erwägung: 2. Der Beschwerdeführer erblickt eine Willkür darin, dass er zwar für die Steuerjahre 1945/46 nach dem (höheren) Einkommen der Vorjahre 1943/44 veranlagt wurde, nicht aber für die Steuerjahre 1951/52 nach dem (niedrigeren) Einkommen der Vorjahre 1949/50. Das bernische Steuerrecht beruht auf dem Prinzip der Postnumerandobemessung des Einkommens: Grundlage der Bemessung bildet in der Regel der Jahresdurchschnitt des Einkommens in der Bemessungsperiode, d.h. in den zwei der Veranlagungsperiode vorausgegangenen Kalenderjahren ( Art. 30 und 41 StG ). Hatte der Steuerpflichtige während der Bemessungsperiode kein Erwerbseinkommen, wohl aber während der Veranlagungsperiode, so wird auf letzteres abgestellt; hat umgekehrt sein Erwerbseinkommen zu Ende der Bemessungsperiode wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit endgültig aufgehört, so ist es nicht mehr zu versteuern (Art. 42 Abs. 2 und 3). Vom Prinzip der Postnumerandobemessung wird also nur abgewichen, wenn der Steuerpflichtige in einer der beiden Perioden gar kein Erwerbseinkommen hatte, nicht aber schon dann, wenn sich sein Einkommen lediglich stark verändert hat. Da der Beschwerdeführer auch während seiner Studienjahre erwerbstätig war, ist er mit Recht für die Jahre 1945/46 auf Grund des Einkommens veranlagt worden, das er in den Jahren 1943/44 als kaufmännischer Angestellter erzielt hatte; er hat denn auch diese Besteuerung nicht angefochten. Anderseits wäre er nach dem kantonalen Steuerrecht, wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid ausdrücklich bestätigt, für die Jahre 1951 /52 nach dem in den Jahren 1949/50 erzielten BGE 80 I 6 S. 9 Einkommen zu veranlagen. Dass dasselbe zum Teil ausserhalb des Kantons Bern erzielt wurde, spielt nach dem bernischen Steuergesetz keine Rolle. Dieses enthält keine Bestimmung (wie etwa § 57 des zürcherischen), wonach Zuzüger auf Grund des nach dem Eintritt in die Steuerpflicht im Kanton erzielten Einkommens zu besteuern wären; Art. 43 bezieht sich nur auf die teilweise Steuerpflicht im Sinne von Art. 8 StG . Die abweichende Behandlung des Beschwerdeführers wird vom Verwaltungsgericht - wie schon von den Vorinstanzen - ausschliesslich damit begründet, dass die Anwendung der Art. 30 und 41 StG gegen die bundesrechtlichen Regeln über die Doppelbesteuerung verstossen würde. Diese Regeln betreffen die Abgrenzung der Steuerhoheit zwischen verschiedenen Kantonen und kommen nur im interkantonalen Verhältnis in Betracht; für die Postnumerandobemessung sind sie nur von Bedeutung, wenn das Einkommen der Bemessungsjahre in einem anderen Kanton erzielt wurde als dasjenige der Veranlagungsjahre. Das traf beim Beschwerdeführer wenigstens teilweise zu bezüglich der Steuerjahre 1951/52, da er vom 15.10.50-30.6.51 in Zürich wohnte und verdiente und am 1.7.51 in den Kanton Bern übersiedelte, nicht aber bezüglich der Steuerjahre 1945/46, da er im Frühling 1945 wohl seine bisherige kaufmännische Stelle mit dem Studium und nur noch in den Ferien betriebener Berufstätigkeit vertauschte, aber nach wie vor im Kanton Bern wohnen blieb. Auf diesem Unterschied der tatsächlichen Verhältnisse beruht seine verschiedene rechtliche Behandlung in den beiden genannten Veranlagungsperioden; sie ist deshalb nicht willkürlich, obwohl sie sich beidemal zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirkte. Wenn und soweit die Anwendung des kantonalen Steuerrechtes die bundesrechtlichen Regeln über die Doppelbesteuerung verletzen würde, hat sie ihnen zu weichen. Sofern nach jenen Regeln die Heranziehung des in den Vorjahren erzielten Einkommens durch den Kanton BGE 80 I 6 S. 10 Bern für die Bemessung des von ihm zu besteuernden Einkommens nicht zulässig ist, darf die Vorschrift der Art. 30 und 41 StG nicht angewendet werden. Dann entsteht in der bernischen Ordnung eine Lücke, die - wie in BGE 77 I 34 festgestellt wurde - durch analoge Anwendung von Art. 42 Abs. 2 auszufüllen ist, d.h. indem der Bemessung das während der Veranlagungsperiode erzielte Einkommen zugrunde gelegt wird. Die Zulässigkeit dieser Lösung hängt davon ab, ob, wie das Verwaltungsgericht annimmt, die Anwendung der Art. 30 und 41 StG gegen das bundesrechtliche Doppelbesteuerungsverbot verstossen würde. Soweit sich die Rüge der willkürlichen Anwendung des kantonalen Steuerrechtes gegen die Nichtanwendung der Art. 30 und 41 StG und die statt dessen erfolgte Bemessung auf Grund des nach dem Zuzug in den Kanton Bern erzielten Einkommens richtet, fällt sie zusammen mit der Rüge der Verletzung der bundesrechtlichen Regeln über die Doppelbesteuerung. 3. Hinsichtlich der Tragweite dieser Regeln wirft der Beschwerdeführer eine grundsätzliche Frage auf: Er macht geltend, sie seien zum Schutze der Steuerpflichtigen aufgestellt worden und dürften daher niemals so angewendet werden, dass der Steuerpflichtige dadurch schlechter gestellt werde als bei Anwendung des Steuergesetzes seines Wohnsitzkantons. Demgegenüber führt das Verwaltungsgericht aus, jene Regeln bezweckten in erster Linie die räumliche Abgrenzung der kantonalen Steuerhoheiten; es misst ihnen absolute Bedeutung bei. Das in Art. 46 Abs. 2 BV vorgesehene Bundesgesetz gegen Doppelbesteuerung ist bis heute nicht erlassen worden. In Ermangelung desselben hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung eine Anzahl von Regeln aufgestellt, um das in jener Verfassungsbestimmung enthaltene Verbot interkantonaler Doppelbesteuerung zu gewährleisten, d.h. zu verhindern, dass ein Steuerpflichtiger infolge seiner steuerrechtlichen Zugehörigkeit zu zwei oder mehr Kantonen unbegründeterweise stärker belastet wird, BGE 80 I 6 S. 11 als wenn er ausschliesslich von einem einzigen Kanton zu besteuern wäre ( BGE 78 I 327 ). Die vom Bundesgericht entwickelten Normen sind Kollisionsnormen; sie schaffen keine selbständigen Steueransprüche der beteiligten Kantone, sondern setzen lediglich die Grenzen der kantonalen Steuerhoheit fest. Und auch diese Grenzziehung hat keine absolute Bedeutung, sondern beansprucht Geltung nur insoweit, als das notwendig ist zur Durchsetzung des Doppelbesteuerungsverbotes von Art. 46 Abs. 2 BV ; denn darin liegt die direkte und einzige Grundlage jener Rechtsprechung. Freilich hat das Bundesgericht nicht nur die effektive, sondern auch die bloss virtuelle Doppelbesteuerung als unzulässig erklärt, d.h. das Übergreifen eines Kantons in die Steuerhoheit eines andern auch dann verboten, wenn der letztere davon keinen Gebrauch macht; die bundesrechtlichen Schranken hängen nicht vom Verhalten des dadurch geschützten Kantons ab. Ausgeschlossen ist es dagegen nach dem Wesen der Kollisionsnormen, dass ein Kanton sich auf sie berufen kann, um von einem Steuerpflichtigen höhere Steuern zu verlangen, als sich aus seiner eigenen Gesetzgebung ergibt. Die vom Bundesgericht aufgestellten Regeln setzen dem Kanton Schranken, vermögen aber niemals ein Hinausgehen über sein eigenes Recht zu begründen. Hieraus folgt, dass jene Regeln der Postnumerandobemessung des Einkommens nur dann im Wege stehen können, wenn ihr eine höhere, nicht aber, wenn daraus eine geringere Besteuerung resultiert. M. a. W., das während der Vorjahre in einem anderen Kanton erzielte Einkommen darf nicht herangezogen werden, wenn es höher war als das während der Veranlagungsperiode im Kanton selbst erzielte; wohl aber darf darauf abgestellt werden, wenn es niedriger war als das letztere. Diese einseitige Wirkung der bundesrechtlichen Regeln zugunsten der Steuerpflichtigen ergibt sich aus ihrem Wesen als Kollisionsnormen zur Verhinderung der Doppelbesteuerung. Eine solche und ein Übergreifen in die Steuerhoheit BGE 80 I 6 S. 12 eines anderen Kantons - die allein das Einschreiten des Bundes rechtfertigen - liegen nicht vor, wenn ein Kanton durch Zugrundelegen des ausserhalb erzielten niedrigeren Einkommens der Vorjahre sein Steuerrecht nicht in dem Masse ausnützt, als es ihm möglich und von Bundes wegen zulässig wäre. Den Kantonen steht es frei, das Einkommen von Zuzügern allgemein auf Grund der Steuerjahre selbst anstatt auf Grund der Vorjahre zu bemessen, wie das in verschiedenen neuen Steuergesetzen geschieht (so Zürich § 57, St. Gallen § 29 Abs. 2, Aargau § 69 Abs. 4). Der Kanton Bern hat das jedoch nicht getan; wenn sich die Kollisionsnorm einseitig zugunsten der Steuerpflichtigen auswirkt, so liegt das nicht an jener Norm allein, sondern an der Regelung des kantonalen Steuergesetzes. Der angefochtene Entscheid stützt sich somit zu Unrecht auf die bundesrechtlichen Regeln über die Doppelbesteuerung: Weder berechtigen diese den Kanton Bern direkt zur Besteuerung des Beschwerdeführers auf Grund seines Einkommens während der Veranlagungsjahre, noch verbieten sie ihm die Anwendung der Art. 30 und 41 StG , wonach der Bemessung das Einkommen während der zwei vorausgegangenen Jahre zugrunde zu legen ist. Ob in der zu Unrecht erfolgten Anrufung jener Regeln eine Verletzung derselben zu erblicken und der darauf gegründete Entscheid deshalb aufzuheben ist, erscheint als fraglich; auf jeden Fall hat Bern damit nicht in eine fremde Steuerhoheit eingegriffen, liegt keine interkantonale Doppelbesteuerung vor. Die Frage kann offen gelassen werden, da der Entscheid ohnehin wegen Willkür aufgehoben werden muss; denn da die Nichtanwendung der Art. 30 und 41 StG und die Besteuerung des Beschwerdeführers nach seinem Einkommen in der Veranlagungsperiode einzig auf jene Regeln gestützt wurde, erweist sie sich mit dem Wegfall dieser Begründung als gänzlich unhaltbar, willkürlich.
public_law
nan
de
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
2298a9d0-618d-415d-8069-3770a5255e25
Urteilskopf 83 II 458 62. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 1er octobre 1957 dans la cause Arts Ménagers SA contre Brugger & Cie et consorts.
Regeste Unlauterer Wettbewerb. 1. Bei der Beurteilung von Zeitungsannoncen ist der Gesamteindruck massgebend, den sie beim Publikum erwecken. Entsprechende Anwendbarkeit der für die Vergleichung von Marken geltenden Grundsätze (Erw. 2 a). 2. Für die Beurteilung des Charakters einer Werbeaktion kommt der Art ihrer Ankündigung entscheidende Bedeutung zu. Die Verwendung des Wortes "Festival", die Angabe des Datums, von dem an die angebotenen Vergünstigungen erhältlich sind und die ungefähre Bezifferung der zu Verteilung gelangenden Zugaben verleihen der so angekündigten Aktion den Charakter einer zeitlich begrenzten Massnahme (Erw. 2 b). 3. Die Ankündigung und Durchführung eines Verkaufs mit Gewährung besonderer Vergünstigungen, der einem bewilligungspflichtigen, tatsächlich aber nicht bewilligten Ausverkauf entspricht, sowie die Ausrichtung von branchefremden Zugaben verstossen, in ihrer Gesamtheit betrachtet, gegen die geschäftliche gute Treue (Erw. 2 b). 4. Der Wert der verteilten Zugaben ist an sich unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen über den unlauteren Wettbewerb belanglos (Erw. 2 b). 5. Begriff der ausverkaufsähnlichen Veranstaltung im Sinne der Vo vom 16. April 1947 über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen (Erw. 2 c).
Sachverhalt ab Seite 460 BGE 83 II 458 S. 460 A.- La société Arts Ménagers SA, dont le siège est à Genève, exploite un commerce d'appareils de radio et de télévision ainsi que d'appareils ménagers (cuisinières à gaz, cuisinières électriques, cuisinières à bois et charbon, calorifères à mazout ou à charbon, cireuses, aspirateurs et autres articles). Au début de janvier 1955, Arts Ménagers SA a lancé, pour sa succursale de Neuchâtel, une campagne publicitaire intitulée "Action: Bicyclettes gratuites aux enfants". Elle offrait une bicyclette d'enfant pour tout achat à partir de 450 fr. et accordait en outre un escompte de 3% en cas de paiement au comptant. De grandes annonces furent publiées dans les journaux neuchâtelois en particulier sous le titre "Festival Torre et Arts Ménagers SA". Elles contenaient notamment les indications suivantes: "Dès le 7 janvier 1955 à 8 heures, chaque acheteur de l'un des appareils suivants, d'un prix de Fr. 450.-- déjà, payable au comptant ou par mensualités, recevra en plus, gratis, une splendide bicyclette d'enfant ..." "Plus de 1500 bicyclettes d'enfant et probablement bien davantage seront ainsi distribuées gratuitement ..." "Profitez de cette offre surprenante pour offrir à l'enfant qui vous tient à coeur une bicyclette suisse de qualité ..." Par acte notifié le 10 février 1955, Brugger & Cie et consorts, à savoir cinquante-deux demandeurs, comprenant vingt-cinq marchands de radios, quatre marchands d'appareils électriques, dix-sept marchands de cycles et six marchands d'articles de ménage, tous établis dans le canton de Neuchâtel, ont introduit action contre Arts Ménagers SA et conclu: "Plaise au Tribunal: 1. Constater que l'offre de la remise par la maison Arts Ménagers SA de bicyclettes d'enfant, à titre gratuit, aux acheteurs BGE 83 II 458 S. 461 d'articles d'une valeur égale ou supérieure à Fr. 450.-- ainsi que la publicité se rapportant à cette remise, constituent des actes de concurrence déloyale, partant des actes illicites; 2. Interdire à la défenderesse, sous la menace des peines d'arrêts ou d'amende jusqu'à vingt mille francs, prévues par l'art. 292 CPS, de faire de telles offres, de consentir de tels avantages et de faire une telle publicité, sous quelque forme que ce soit." La défenderesse a conclu à libération. Par jugement du 4 février 1957, le Tribunal cantonal de Neuchâtel a constaté qu'en la forme en laquelle elle avait été faite la publicité se rapportant à la remise par Arts Ménagers SA de bicyclettes d'enfant à titre gratuit à tout acheteur d'articles d'une valeur égale ou supérieure à 450 fr. constituait un acte de concurrence déloyale, et interdit à la défenderesse sous la menace des peines prévues par l' art. 292 CP (arrêts ou amende) de faire pareille publicité. B.- Contre ce jugement, Arts Ménagers SA a recouru en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions libératoires. Brugger & Cie et quarante consorts ont conclu au rejet du recours et à la confirmation de la décision attaquée. Un des demandeurs, Arnold Grandjean SA, a déposé sa réponse au recours après l'expiration du délai de vingt jours fixé à cet effet. Les onze autres intimés n'ont pas répondu au recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. ..... 2. a) La juridiction cantonale estime que la campagne publicitaire de la défenderesse comportant la remise gratuite de bicyclettes d'enfant constitue une opération analogue à une liquidation au sens de l' art. 17 LCD qui est soumise à une autorisation du service cantonal compétent. Elle relève que, dans les annonces publiées dans la presse, la recourante "par le d'un avantage qu'elle offre actuellement et qu'elle limite son offre à 1500 bicyclettes en laissant entrevoir seulement la possibilité d'en livrer bien davantage". Elle considère dès lors "comme un acte BGE 83 II 458 S. 462 de concurrence déloyale la forme que la défenderesse a donnée à ses publications, lesquelles étaient de nature à faire croire au public qu'il s'agissait d'une opération analogue à une liquidation, soit d'une offre temporaire d'avantages exceptionnels dont il fallait se hâter de profiter". Bien que le texte des annonces publiées par la recourante ne soit pas sans importance, on ne saurait, pour les apprécier, rechercher principalement quel sens peut leur être attribué d'après quelques mots ou passages isolés. Ce qui compte avant tout en l'espèce, c'est l'impression d'ensemble produite par la réclame sur le public. Il y a là une certaine analogie avec les principes qui régissent la comparaison des marques de fabrique (cf. RO 82 II 351). Dans sa publicité, par exemple dans l'annonce de l'"Impartial" du 17 janvier 1955, la défenderesse offrait différents avantages placés sur le même plan entre lesquels les clients avaient le choix, à savoir la remise gratuite de bicyclettes d'enfant, la reprise de vieux appareils, le crédit familial ou la baisse des prix. Ce sont ces avantages annoncés au moyen de grands titres qui faisaient impression sur le lecteur et non le texte en petits caractères. C'est dès lors à tort que la juridictìon cantonale s'est arrêtée au mot "actuellement", imprimé en petites lettres grasses dans des annonces comportant de grands titres, qui attiraient principalement l'attention du public, pour en déduire que les avantages offerts étaient temporaires et que la campagne publicitaire de la défenderesse était une opération analogue à une liquidation. En outre, Arts Ménagers SA n'a pas limité son offre à 1500 bicyclettes en laissant seulement entrevoir la possibilité d'en distribuer davantage, comme le déclare le tribunal neuchâtelois. Les réclames publiées dans la presse annonçaient au contraire que "plus de 1500 bicyclettes d'enfant et probablement bien davantage" seraient remises gratuitement. L'estimation de ce nombre, qui ne constitue pas une limitation, n'est dans aucune annonce liée directement BGE 83 II 458 S. 463 au mot "actuellement", ainsi que le laisse supposer la décision cantonale en déclarant que la défenderesse "offre actuellement et ... limite son offre à 1500 bicyclettes ...". b) Les éléments mis en lumière par le jugement attaqué, qui sont insuffisants pour faire admettre que la défenderesse a annoncé et exécuté publiquement une opération analogue à une liquidation au sens de l' art. 17 LCD , ne sont cependant pas les seuls qui entrent en considération pour apprécier la nature de la campagne publicitaire qu'elle a entreprise. A ce sujet, la façon dont l'opération est annoncée revêt une importance décisive. La recourante a fait publier dans les journaux neuchâtelois de grandes réclames portant le titre "Festival Torre et Arts Ménagers SA" imprimé en lettres grasses de dimension beaucoup plus grande que les caractères utilisés pour le texte des annonces. Le terme "festival" se trouve dans une série de journaux avant, pendant et après le lancement de la campagne. Il est en général suivi d'indications précisant la date à partir de laquelle les avantages offerts peuvent être obtenus. Les annonces mentionnent, par exemple, ce qui suit: "Dès le 7 janvier 1955, à 8 heures, chaque acheteur ... recevra ... gratis une splendide bicyclette d'enfant ..." "Malgré notre désir de donner satisfaction à chacun, il ne nous sera pas possible de faire bénéficier de l'action Bicyclettes gratuites aux enfants les personnes ayant passé commande ... avant le 7 janvier 1955 à 8 heures." "Le règlement complet de cette Action a paru dans ce journal, vendredi 7 janvier. Il est exposé, avec les bicyclettes, dans nos vitrines, et vous sera envoyé gratuitement, sur simple demande." Par là, le début dans le temps de l'opération entreprise par Arts Ménagers SA est nettement marqué. Dans certaines réclames publiées au cours de la campagne figure la photographie d'un enfant recevant une bicyclette; sous le titre "Voilà l'étonnante vérité", les unes annoncent en caractères gras la remise de "plus de 1500 bicyclettes d'enfants" et font suivre cette mention des mots "et probablement bien davantage" imprimés en lettres ordinaires; BGE 83 II 458 S. 464 d'autres contiennent le slogan "Le plus beau souvenir de son enfance" et indiquent: "Les vélos sont exposés dans nos vitrines, ainsi que le règlement complet de cette Action". Des annonces où l'on peut voir une cuisinière électrique et le dessin d'un enfant chevauchant une bicyclette renvoient de même au règlement paru dans la presse le "vendredi 7 janvier" et exposé dans les vitrines. Au sens propre, le mot "festival" désigne une grande fête musicale qui dure quelques jours. Actuellement, il est utilisé aussi dans d'autres domaines; c'est ainsi que l'on connaît pour le théâtre lyrique le "Festival d'opéras italiens", pour le cinéma le "Festival de Venise", etc. Dans tous ces usages, le terme "festival" se rapporte à des manifestations d'une importance et d'un éclat particuliers mais de nature temporaire; il implique toujours l'idée d'une durée limitée. L'utilisation du mot "festival", les indications concernant la date précise à partir de laquelle les avantages offerts pouvaient être obtenus et l'estimation du nombre des bicyclettes qui seraient distribuées conféraient à la campagne lancée par Arts Ménagers SA le caractère d'une opération temporaire. La défenseresse a dès lors agi contrairement aux règles de la bonne foi en annonçant et en exécutant une vente accompagnée d'avantages particuliers analogue à une liquidation pour laquelle une autorisation officielle était nécessaire, alors qu'en réalité elle ne l'avait pas. De plus, elle a remis à titre de primes des objets d'une espèce toute différente des articles qu'elle vend. Cette manière d'agir constitue, dans son ensemble, un acte contraire à la bonne foi en affaires; l'offre d'une bicyclette d'enfant gratuite pour l'achat d'un appareil de radio ou d'un article de ménage était de nature à fausser le jugement de l'acheteur (cf. pour le droit allemand, BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, Zugabeverordnung § 1, note 44 p. 549); en outre, en remettant des bicyclettes aux acheteurs, la défenderesse a fait concurrence aux commerçants d'une autre branche, à BGE 83 II 458 S. 465 savoir aux marchands de cycles, qui ne sont point ses concurrents. En revanche, la valeur des dons distribués n'importe pas en soi du point de vue des règles sur la concurrence déloyale. D'une part, elle n'est pas légalement limitée. D'autre part, dans le commerce de détail des appareils de radio dont s'occupe en particulier la recourante, la marge de bénéfice est élevée: elle atteint 40 à 42% et il s'y ajoute, le cas échéant, 8 à 10% de primes dites de quantité et 5% d'escompte pour paiement au comptant (RO 82 IV 53); elle permet ainsi aux marchands d'accorder des avantages importants aux clients. Il est indifférent par ailleurs que le vendeur octroie ces avantages ouvertement comme l'a fait la défenderesse. c) Les liquidations et opérations analogues ont pour but l'écoulement de stocks de marchandises (art. 2 de l'ordonnance sur les liquidations et opérations analogues; pour le droit allemand, BAUMBACH/HEFERMEHL, op.cit., Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, § 7 note 1 p. 348, § 7 a note 2 p. 352; CALLMANN, Der unlautere Wettbewerb, §§ 7 ss. p. 265 ss.). Cet élément fait défaut en l'espèce, où il s'agit exclusivement d'une campagne de publicité comportant la remise de primes aux acheteurs. Tandis que le droit allemand interdit en principe les primes (§ 1 Zugabeverordnung), la loi fédérale sur la concurrence déloyale se borne à statuer (art. 20) que le Conseil fédéral est autorisé à édicter par voie d'ordonnance des dispositions sur les abus en matière de primes. Une ordonnance spéciale sur cet objet n'a cependant pas été élaborée. En revanche, l'ordonnance du 16 avril 1947 ne réglemente pas seulement les liquidations et opérations analogues au sens strict. Selon son art. 1er al. 1, une liquidation ou une opération analogue est une vente au détail pour laquelle les acheteurs se voient offrir, par des annonces publiques, des avantages momentanés que le vendeur ne leur accorderait pas ordinairement. Aux termes de son art. 2 al. 2, constituent des opérations analogues les ventes dites "au BGE 83 II 458 S. 466 rabais" qui, tout en remplissant les conditions de l'art. 1er, n'ont cependant pas pour but ou pour but exclusif l'écoulement complet de certains stocks déterminés de marchandises, par exemple les ventes avec rabais extraordinaire, les ventes réclame, les ventes spéciales, ainsi que toutes autres opérations exécutées sous des désignations analogues. Par là, l'ordonnance étend la notion de liquidation ou opération analogue et s'écarte de la signification que l'on attribue généralement à ces termes dans la langue juridique et dans les milieux du commerce. En l'espèce, on est en présence d'une opération analogue à une liquidation au sens large où l'entend l'ordonnance, c'est-à-dire d'une vente au détail pour laquelle des avantages temporaires sont annoncés au public mais dont le but n'est pas d'écouler des stocks. Sans interdire de façon absolue les liquidations et opérations analogues, la loi sur la concurrence déloyale les soumet à des restrictions et ne les permet que moyennant une autorisation du service cantonal compétent, les dispositions d'exécution étant contenues dans l'ordonnance du 16 avril 1947. Celui qui annonce ou exécute publiquement une opération analogue à une liquidation sans avoir requis et obtenu l'autorisation officielle contrevient aux règles que tout commerçant est tenu d'observer et agit dès lors contrairement aux règles de la bonne foi en affaires. Son comportement constitue ainsi un abus de concurrence découlant d'un procédé contraire aux règles de la bonne foi et, partant, un acte de concurrence déloyale, au sens de l' art. 1er al. 1 LCD . Pour qu'il y ait concurrence déloyale, il n'est pas nécessaire que l'abus de la concurrence consiste dans une tromperie à l'égard du public mais il suffit, selon l' art. 1er al. 1 LCD , qu'il résulte "d'un autre procédé contraire aux règles de la bonne foi". Il en est ainsi en particulier pour les liquidations et opérations analogues (GERMANN, Concurrence déloyale, p. 259). Il suit de là qu'en l'espèce, eu égard aux conditions dans lesquelles ont eu lieu l'annonce et la remise des primes BGE 83 II 458 S. 467 offertes par la recourante, elles constituent un acte de concurrence déloyale (cf. BAUMBACH/HEFERMEHL, § 1 Zugabeverordnung, note 17 p. 532; REIMER, Wettbewerbsrecht, § 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, note 8 p. 390). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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229c86e7-14f0-40bf-9763-929b3415b009
Urteilskopf 104 IV 266 61. Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1978 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen K.
Regeste Art. 11 VStrR . Verjährung im Verwaltungsstrafrecht. Soweit Art. 11 VStrR oder das einzelne Verwaltungsgesetz keine Sondernormen über die Verjährung aufstellt, bleiben die Verjährungsbestimmungen des StGB anwendbar (E. 2). Die neue Verjährungsordnung gilt auch für Taten, die vor dem Inkrafttreten des VStrR verübt worden sind (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 104 IV 266 S. 266 A.- Am 26. September 1972 auferlegte die Eidgenössische Steuerverwaltung K. wegen Hinterziehung von Warenumsatzsteuern eine Busse von Fr. 60'000.-, die sie nach seiner vorbehaltlosen Unterziehungserklärung vom 18. Oktober 1972 auf Fr. 45'000.- herabsetzte. Nach Leistung einiger Teilzahlungen und Durchführung einer fruchtlosen Betreibung verlangte die Steuerverwaltung am 13. August 1976 die Umwandlung des uneinbringlichen Teils der Busse in Haft. B.- Die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen wies am 26. Juni 1978 das Gesuch um Bussenumwandlung ab mit der Begründung, die Vollstreckung der Übertretungsstrafe sei im Oktober 1977 mit Ablauf der fünfjährigen Frist des Art. 11 Abs. 4 VStrR verjährt. BGE 104 IV 266 S. 267 C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur Umwandlung der Busse in Haft an die Vorinstanz zurückzuweisen. K. hat keine Gegenbemerkungen eingereicht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Strafverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung ist im Jahre 1972 ergangen, also vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht. Unter der Herrschaft des alten Rechts waren die Strafen für Übertretungen fiskalischer Bundesgesetze unverjährbar ( BGE 83 IV 176 ), wogegen sie nun nach Art. 11 VStrR in Übereinstimmung mit dem Strafgesetzbuch der absoluten Verjährung unterliegen. Das neue Recht ist somit das mildere im Sinne des Art. 2 Abs. 2 StGB . Die Übergangsbestimmungen des Art. 106 VStrR schliessen die Anwendung der neuen Verjährungsbestimmungen auf Taten, die vor dem Inkrafttreten des VStrR verübt wurden, nicht aus, auch Abs. 1 nicht, dessen Vorbehalt nur für das Verfahrensrecht gilt. Die Frage der Verjährung war daher zu prüfen. 2. Gemäss Art. 2 VStrR gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches auch für strafbare Handlungen der Verwaltungsgesetzgebung, soweit das VStrR oder das einzelne Verwaltungsgesetz nichts anderes bestimmt. Der BRB über die Warenumsatzsteuer enthält keine eigenen Verjährungsbestimmungen, sondern erklärt in Art. 41 Abs. 1 die Vorschriften des VStrR für anwendbar. Das VStrR stellt in Art. 11 Sonderbestimmungen über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung auf. Hinsichtlich der letztern schreibt Absatz 4 vor, die Strafe einer Übertretung verjähre in fünf Jahren. Damit wird die in Art. 109 StGB vorgesehene Verjährungsfrist von zwei auf fünf Jahre erhöht. Dass es sich um eine absolute Frist handle, wird nicht gesagt. Das VStrR kennt auch keine weiteren Bestimmungen über die Vollstreckungsverjährung. Namentlich sind ihm keine dem StGB entsprechenden Regeln über den Beginn, das Ruhen und die Unterbrechung der fünfjährigen Frist zu entnehmen, und es fehlt auch eine Bestimmung über die Vollstreckungsverjährung bei Vergehen. Von einer abschliessenden Sonderordnung kann also keine Rede sein. Art. 11 Abs. 4 VStrR bedarf daher notwendig der BGE 104 IV 266 S. 268 Ergänzung. Zu diesem Zweck bestimmt Art. 2 VStrR , dass die allgemeinen Bestimmungen des StGB Anwendung finden, soweit das VStrR oder das einzelne Verwaltungsgesetz keine abweichenden Regeln aufstellt. Insoweit das VStrR schweigt, behalten demzufolge die Verjährungsbestimmungen des StGB ihre Gültigkeit und sind subsidiär anzuwenden (Botschaft vom 21. April 1971 in BBl 1971 I 1007 zu Art. 10 des Entwurfes; Sten Bull SR 81, S. 842, Votum Munz; PETER, ZStR 93, S. 360). Da Art. 11 Abs. 4 VStrR einzig die Verjährungsfrist abweichend vom StGB regelt, bleiben alle andern Bestimmungen des StGB über die Vollstreckungsverjährung, insbesondere jene über den Beginn und die Unterbrechung (Art. 74 und 75 Ziff. 2), anwendbar. Die fünfjährige Frist des Art. 11 Abs. 4 VStrR ist daher als ordentliche, nicht als absolute Verjährungsfrist zu verstehen. Die gegenteilige Ansicht der Vorinstanz liefe der Verjährungsordnung des StGB zuwider, und es wäre zudem widersprüchlich, die Unterbrechung der ordentlichen Verjährungsfrist bei der Verfolgungsverjährung gelten zu lassen ( Art. 11 Abs. 2 VStrR ), bei der Vollstreckungsverjährung dagegen nicht. Wenn die absolute Verjährung lediglich in Art. 11 Abs. 2 VStrR erwähnt und dort ausdrücklich auf 7 1/2 Jahre begrenzt wird, so liegt der Grund einzig darin, dass die in diesem Absatz genannten Widerhandlungen als Übertretung und Vergehen verübt werden können und Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 StGB die absolute Verfolgungsverjährung für beide Deliktsarten verschieden regelt. Bliebe diese Bestimmung anwendbar, so träte die unhaltbare Folge ein, dass die Strafverfolgung beim Abgabebetrug als Vergehen nach 7 1/2 Jahren, bei der Steuerhinterziehung als Übertretung aber erst nach 10 Jahren verjährt wäre. Im Gegensatz dazu bedurfte die absolute Vollstreckungsverjährung keiner besonderen Regelung, weil gemäss Art. 75 Ziff. 2 Abs. 2 StGB alle Strafen, auch Übertretungsstrafen, in jedem Fall verjährt sind, wenn die ordentliche Verjährungsfrist um die Hälfte überschritten ist. Die Strafe einer unter das VStrR fallenden Übertretung verjährt somit gemäss Art. 11 Abs. 4 VStrR in Verbindung mit Art. 75 und 102 StGB spätestens nach siebeneinhalb Jahren. 3. Die in Frage stehende Steuerbusse ist mit der vorbehaltlosen Unterziehungserklärung des Beschwerdegegners vom 18. Oktober 1972 rechtlich vollstreckbar geworden, so dass mit diesem Tag die Vollstreckungsverjährung begann ( Art. 74 BGE 104 IV 266 S. 269 StGB ). Die ordentliche fünfjährige Verjährungsfrist des Art. 11 Abs. 4 VStrR ist seither durch mehrere auf Vollstreckung gerichtete Handlungen (Betreibung, Pfändungsbegehren, Gesuch vom 13. August 1976 um Umwandlung der Busse in Haft) unterbrochen worden und hat mit jeder Unterbrechung neu zu laufen begonnen ( Art. 75 Ziff. 2 Abs. 1 und 2 StGB ). Ist somit die ordentliche Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen, geschweige denn die absolute Verjährung eingetreten, hat die Vorinstanz das Umwandlungsgesuch zu Unrecht wegen Verjährung abgewiesen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 26. Juni 1978 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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1,978
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Federation
22a43c91-cd8a-49fd-8336-a938c2aef72c
Urteilskopf 105 IV 161 42. Urteil des Kassationshofes vom 1. Juni 1979 i.S. E. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde).
Regeste Art. 13 StGB . Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Begutachtung. Ob die Begutachtung eines Angeklagten in Verkennung der in Art. 13 StGB genannten Voraussetzungen abgelehnt wurde, ist eine Frage des Bundesrechts, die mit Nichtigkeitsbeschwerde dem Bundesgericht unterbreitet werden kann. Wird dagegen zur Begründung eines Begehrens um ergänzende neue Begutachtung die Beweiskraft oder Schlüssigkeit eines vorhandenen älteren Gutachtens oder dessen richterliche Würdigung angefochten, so geht es um Fragen der Beweiswürdigung, die allenfalls mit kantonaler Kassationsbeschwerde oder mit staatsrechtlicher Beschwerde zur Entscheidung zu stellen sind.
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 105 IV 161 S. 161 A.- E. wurde am 30. November 1978 von der I. Strafkammer des Zürcher Obergerichts wegen gewerbs- und bandenmässigen BGE 105 IV 161 S. 162 Diebstahls und weiterer Delikte zu zwei Jahren Zuchthaus, abzüglich 112 Tage Untersuchungshaft, verurteilt. B.- Gegen dieses Urteil führte E. beim Kassationsgericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Anordnung einer Oberexpertise über den Geisteszustand des Beschwerdeführers und zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Das Kassationsgericht trat auf die Beschwerde nicht ein mit der Begründung, die erhobene Rüge, das Obergericht hätte auf die früher erstatteten Gutachten nicht abstellen dürfen, sondern ein neues Gutachten einholen müssen, beurteile sich nach der bundesrechtlichen Vorschrift von Art. 13 StGB und habe mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde dem Bundesgericht unterbreitet werden können; die kantonale Beschwerde sei daher gemäss § 430 b Abs. 1 StPO nicht zulässig. C.- E. verlangt mit staatsrechtlicher Beschwerde die Aufhebung des Entscheides des Kassationsgerichts wegen Verletzung von Art. 4 BV . Er macht geltend, er habe die inhaltliche Würdigung der früheren Begutachtung in Zweifel gezogen und sich damit auf Mängel berufen, die mit der bundesrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde nicht beanstandet werden könnten. D.- Kassationsgericht und Staatsanwaltschaft haben auf Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht nahm gestützt auf die früher eingeholten psychiatrischen Gutachten von 1965 und 1969 als erwiesen an, der Beschwerdeführer müsse wegen geistiger und seelischer Fehlentwicklung als debiler Psychopath eingestuft werden, dessen Zurechnungsfähigkeit in erheblichem Grade vermindert sei. Nach Ansicht des Obergerichts sind die Befunde der Gutachter auch heute noch gültig, da Psychopathie und Debilität nicht heilbar seien und die Voraussage von Dr. B., der Beschwerdeführer werde weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, durch die neuen Straftaten bestätigt worden sei. Es kam sodann zum Schluss, dass von der Anordnung einer Massnahme abgesehen werden könne und dass eine neue Begutachtung nicht erforderlich sei. 2. Nach Art. 13 StGB hat die urteilende Behörde eine Untersuchung des Beschuldigten anzuordnen, wenn sie Zweifel BGE 105 IV 161 S. 163 an seiner Zurechnungsfähigkeit hat oder wenn zum Entscheid über die Anordnung einer sichernden Massnahme Erhebungen über den körperlichen oder geistigen Zustand erforderlich sind. Werden die Voraussetzungen, unter denen der Beschuldigte einen Anspruch auf Begutachtung hat, aus unzutreffenden Gründen verneint, so kann dieser Entscheid wegen Verletzung von Bundesrecht mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden Dagegen kann nach durchgeführter Begutachtung mit diesem Rechtsmittel nicht ohne weiteres auch die Frage zur Entscheidung gestellt werden, ob das bereits vorhandene Gutachten für die Beurteilung einer neuen Strafsache ausreiche oder ob es durch eine weitere Expertise ergänzt werden müsse. Wird ein neues Gutachten verlangt, weil der Beweiswert des bereits vorliegenden Gutachtens, z.B. wegen ungenügender Abklärung des Sachverhalts, unrichtiger oder widersprüchlicher Feststellungen in Zweifel gezogen oder geltend gemacht wird, der Richter habe den Sinn des Gutachtens verkannt und falsche oder unzulässige Folgerungen daraus gezogen, so bezieht sich die Anfechtung auf Fragen der Beweiswürdigung, die nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 269 Abs. 1 BStP aufgeworfen werden können ( BGE 103 Ia 57 f.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Das Obergericht befasste sich nicht mit der Frage, ob der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 13 StGB neu zu begutachten sei. Es beschränkte sich vielmehr auf die Würdigung der beiden früheren Gutachten, hielt diese für schlüssig, weil deren Befunde nach wie vor gültig seien, und lehnte aus diesem Grund die Einholung eines ergänzenden Gutachtens ab. Der Beschwerdeführer bemängelte denn auch die Überzeugungskraft der Gutachten, die von einem unvollständigen Sachverhalt, teils von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen und zu Schlüssen gelangt seien, die nicht als zwingend bezeichnet werden könnten. Ferner beanstandete er die Würdigung der Gutachten durch das Obergericht, das in unhaltbarer Weise aus ihnen geschlossen habe, die Befunde der Gutachter seien mit Sicherheit immer noch gültig und die angenommene Debilität und Psychopathie seien unheilbar. Beide Annahmen ständen in einem unlösbaren Widerspruch zur eigenen Feststellung des Obergerichts, es sei dem Beschwerdeführer gelungen, seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft über längere Zeit deliktsfrei zu bleiben. BGE 105 IV 161 S. 164 3. Ob die Beweiswürdigung des Obergerichts kantonale Prozessvorschriften, insbesondere § 127 StPO , verletzt habe, wie in der kantonalen Beschwerde gerügt wurde, kann gemäss § 430 Ziff. 4 StPO vom Kassationsgericht geprüft werden. Da es in Verkennung der Zuständigkeitsvorschrift von § 430b StPO auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten ist, ist der angefochtene Entscheid wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben und die Sache zur Behandlung der Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Februar 1979 aufgehoben.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
22ac4336-e36e-432d-9dcb-ed9986d144c1
Urteilskopf 85 II 525 76. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Dezember 1959 i.S. Fauquex und Mitbeteiligte gegen Schweiz. Musikerverband und Mitbeteiligte.
Regeste Ausschliessung aus einem Verein ( Art. 72 ZGB ). 1. Die gerichtliche Anfechtung dieser Massnahme ist nach zwingendem Recht erst zulässig, wenn das höchste zum Entscheid darüber berufene Vereinsorgan sie angeordnet hat (Erw. 2). Die Klagefrist des Art. 75 ZGB ist eine Verwirkungsfrist, deren Nichteinhaltung von Amtes wegen zu berücksichtigen ist. Wahrung dieser Frist durch Anrufung des Sühnbeamten? (Erw. 3). 2. Unter welchen Voraussetzungen kann der Ausgeschlossene den Verein auf Schadenersatz und Genugtuung belangen? Inwieweit kann das Gericht eine unter Berufung auf einen statutarischen Grund ( Art. 72 Abs. 1 ZGB ) erfolgte Ausschliessung auf ihre Rechtmässigkeit prüfen? (Erw. 7, 8). 3. Ist die Ausschliessung der Kläger wegen Formwidrigkeit (insbesondere wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs) anfechtbar? (Erw. 9). 4. Bedeutet die Ausschliessung einen offenbaren Rechtsmissbrauch ( Art. 2 Abs. 2 ZGB )? Kann der. Vorstand eines Arbeitnehmerverbandes den Mitgliedern die Übernahme bestimmter Dienste verbieten, um die Arbeitgeber zu bewegen, zu einer befriedigenden Regelung der Entlöhnung dieser Dienste Hand zu bieten? Bekanntmac.hung eines solchen Verbots. Ausschliessung wegen dessen Übertretung. Ist eine vorherige Androhung dieser Massnahme notwendig? Verspätetes Einschreiten gegen die Übertretung? Unzulässiges Ultimatum? Irreführung der Kläger? (Erw. 10). Boykott. An die Mitglieder eines Arbeitnehmerverbands gerichtetes Verbot der Zusammenarbeit mit frühern Mitgliedern, die ausgeschlossen wurden, weil sie eine Weisung missachtet hatten, die vom Vorstand im Zusammenhang mit einem kollektiven Arbeitskampf in Wahrung berechtigter Interessen der Arbeitnehmer erlassen worden war. Die rechtskräftig ausgeschlossenen Mitglieder können nicht geltend machen, diese Boykottmassnahme sei aus Gründen des Vereinsrechts unzulässig (Erw.11). Zulässiger Erzwingungsboykott (Erw. 12).
Sachverhalt ab Seite 527 BGE 85 II 525 S. 527 A.- Der Schweizerische Musikerverband (SMV) ist ein Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB , der nach seinen Statuten die geistigen und materiellen Interessen des Musikerstandes verfechten will und sich u.a. bestrebt, die soziale Stellung des Standes durch Erwirkung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen in Zusammenarbeit mit andern Organisationen zu verbessern. Er gehört der Internationalen Föderation der Musiker an. Eine Konferenz von Vertretern dieser Föderation und zweier weiterer internationaler Künstlerverbände, die am 20./21. April 1954 in Paris stattfand, behandelte die Probleme, die sich für die ausübenden Künstler aus dem internationalen Zusammenschluss von Televisionssendungen (sog. Eurovision) ergeben, und fasste u.a. folgende Resolution: "Gewerkschaften, die zur Zeit keinerlei Abmachungen mit Televisionsorganisationen getroffen haben, vereinbaren oder unterzeichnen keinerlei Abkommen, bis eine internationale Abmachung mit der Union Européenne de Radiodiffusion zustande kommt. Diese Gewerkschaften ersuchen ihre Mitglieder, jede Mitarbeit an irgendwelchen Anschlusssendungen einzustellen." Im Schweizer Musikerblatt, dem Verbandsorgan des SMV, wurde am 10. Mai 1954 über die Ergebnisse der Konferenz vom 20./21. April 1954 einlässlich berichtet. Unter Hinweis auf diesen Bericht wurde auf dem Titelblatt in auffälliger Schrift bekanntgemacht: "Die Mitglieder des SMV werden ersucht, in Televisionssendungen, die nach dem Ausland übertragen werden, nur nach Rücksprache mit dem Zentralsekretariat mitzuarbeiten." In der Nummer vom 10. Juli 1954 folgte die "Wichtige Bekanntmachung": BGE 85 II 525 S. 528 "Gestützt auf die Verhandlungen der Internationalen Künstler-Organisationen vom 20. und 21. April in Paris hat der Zentralvorstand in seiner Sitzung vom 24. Mai beschlossen, allen Mitgliedern des SMV die Mitwirkung bei Televisionssendungen, die durch Relais auf die ausländischen Televisions-Stationen übertragen werden sollen, mit sofortiger Wirkung zu untersagen." B.- Am 22. September 1955 erhielt Hubert Fauquex, der Präsident des als Verein organisierten Kammerorchesters "Collegium Musicum" in Basel (CMB), vom Präsidenten der Sektion Basel des SMV ein Schreiben, worin dieser ihn im Hinblick auf eine für den Oktober 1955 vorgesehene Sendung in Bestätigung eines Telephongesprächs darauf aufmerksam machte, dass den Mitgliedern des SMV die Mitwirkung bei Eurovisionssendungen ausdrücklich untersagt sei, und ihn ersuchte, dies den Mitgliedern des CMB und allfälligen weitern Mitwirkenden mitzuteilen. Am 29. Oktober 1955 schloss der Fernsehdienst der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft mit dem CMB einen Vertrag, wonach er dieses mit der Bildung eines den Bedürfnissen des Fernsehdienstes entsprechenden Orchesters beauftragte, über dessen Einsatz er zu befinden hatte. Der Vertrag regelte u.a. die Vergütungen, welche der Fernsehdienst dem CMB für die Dienstleistungen der mitwirkenden Musiker zu entrichten hatte, und sah vor: "Bei einer Übertragung ins Ausland hat jeder Musiker unabhängig der Anzahl übertragender ausländischer Stationen Anrecht auf einen Zuschlag von Fr. 30. - pro Sendung, sofern er auf dem Bildschirm erscheint." Der Vertrag wurde für die Dauer eines Jahres abgeschlossen und sollte, falls nicht drei Monate vor Verfall gekündigt, bis Ende 1957 weiterdauern. Das CMB schloss hierauf mit den Musikern, die im Fernsehorchester spielen sollten, nach einheitlichem Formular Dienstverträge, welche über die ins Ausland übertragenen Sendungen die gleiche Bestimmung enthielten wie der Vertrag mit dem Fernsehdienst. Die Kündigungsfrist wurde für die ersten drei Monate auf vierzehn Tage, für die Folgezeit auf einen Monat festgesetzt. BGE 85 II 525 S. 529 C.- Im Schweizer Musikerblatt vom 10. Januar 1956 erinnerte das Zentralsekretariat des SMV die Mitglieder daran, dass das Verbot der Teilnahme an Eurovisionssendungen nach wie vor bestehe. Am 10. März 1956 wurde bekanntgemacht, dass ein Musiker wegen Übertretung dieses Verbots aus dem SMV ausgeschlossen worden sei. In der Nummer vom 10. April 1956 machte der Zentralvorstand des SMV neuerdings darauf aufmerksam, dass die Mitwirkung bei Eurovisionssendungen den Mitgliedern immer noch strikte untersagt sei. Inzwischen hatte der Schweizerische Fernsehdienst gegenüber den Mitgliedern des vom CMB gebildeten Fernsehorchesters mit Schreiben vom 8. März 1956 die schon anfangs November 1955 erfolgte Mitteilung bestätigt, dass am 27. April 1956 eine Eurovisionssendung stattfinde. In Verhandlungen, die vom 14. März bis zum 20. April 1956 dauerten, suchten hierauf Organe des SMV diese Musiker von der Beteiligung an der geplanten Sendung abzuhalten und eine Änderung der bestehenden Verträge herbeizuführen. Diese Verhandlungen scheiterten. Das Fernsehorchester des CMB wirkte daraufhin bei der Eurovisionssendung vom 27. April 1956 mit. D.- Am 31. Mai 1956 teilte der Präsident der Sektion Basel des SMV den Verbandsmitgliedern, die gemäss Vertrag mit dem CMB an der Sendung vom 27. April 1956 teilgenommen hatten, brieflich mit, der Zentralvorstand des SMV habe soeben beschlossen, sie wegen der Teilnahme an dieser Sendung mit einer Strafzahlung gemäss § 11 der Statuten zu belegen und von ihnen die Kündigung des Vertrags mit dem CMB auf den 30. Juni 1956 zu verlangen; im Unterlassungsfalle würden sie aus dem SMV ausgeschlossen; die Kündigung müsse noch am gleichen Tage (31. Mai) erfolgen; im Kündigungsschreiben sei zu bemerken, dass die Kündigenden bereit seien, in Zusammenarbeit mit dem SMV einen neuen Vertrag abzuschliessen. Diese Aufforderung hatte keinen Erfolg. Deshalb gab der Zentralsekretär des SMV zwölf beteiligten Musikern BGE 85 II 525 S. 530 mit Schreiben vom 7./8. Juni 1956 im Namen und Auftrag des Zentralvorstandes bekannt, sie seien gemäss Beschluss des Zentralvorstandes vom 31. Mai 1956 mit sofortiger Wirkung aus dem SMV ausgeschlossen (Fauquex ohne zeitliche Begrenzung, die elf andern teils für vier, teils für zwei Jahre). Ein weiterer Musiker erhielt einen Verweis mit der Aufforderung, binnen zehn Tagen seinen Vertrag mit dem CMB zu kündigen. Der Ausschluss wurde im Musikerblatt vom 10. Juni 1956 veröffentlicht. In Verbindung damit machte der Zentralvorstand bekannt, er habe ausserdem beschlossen: "Es wird allen Verbandsmitgliedern untersagt, ausserhalb ihrer dienstlichen Verpflichtung im Rahmen des Anstellungsverhältnisses bei der Basler Orchestergesellschaft mit den Ausgeschlossenen zusammenarbeiten. Weitere Massnahmen, insbesondere bezüglich der Musiker, welche - ohne dem Verbande anzugehören - an der Eurovisionssendung teilgenommen haben und somit die Bestrebungen der organisierten Musiker aufs schwerste schädigten, bleiben vorbehalten." E.- Die Gemassregelten rekurrierten gegen diese Beschlüsse in Ausübung des ihnen nach § 10 lit. c bzw. § 11 lit. b der Statuten zustehenden Rechts an die Delegiertenversammlung des SMV, die ihren Rekurs am 20. Dezember 1956 abwies. Ausserdem leiteten zwölf von ihnen nach erfolglosem Sühnverfahren vor dem Friedensrichter am 19./20. Juli 1956 beim Bezirksgericht Zürich gegen den SMV, dessen Zentralsekretär, Rechtsanwalt Dr. Vital Hauser, und dessen Präsidenten, den Musiker Alphons Dallo, Klage ein mit den Begehren, die vom Zentralvorstand ihnen gegenüber angeordneten Massnahmen (Ausschluss bzw. Verweis; Verbot der Zusammenarbeit mit den Ausgeschlossenen) sowie der Vorbehalt weiterer Massnahmen laut Publikation im Musikerblatt vom 10. Juni 1956 seien aufzuheben (Rechtsbegehren 1 a-c); das Urteil sei im Musikerblatt zu veröffentlichen (Rechtsbegehren 2); die drei Beklagten seien solidarisch zu verpflichten, einem jeden von ihnen als Genugtuung und Schadenersatz, eventuell nur als Schadenersatz, eine bestimmte (in der Klage BGE 85 II 525 S. 531 bezifferte) Geldsumme zu bezahlen (Rechtsbegehren 3). Das Bezirksgericht, vor dem einer der zwölf in der Klageschrift genannten Kläger die Klage zurückzog, wies die Klage der übrigen am 11. Februar 1958 im Sinne von § 240 Abs. 2 der zürch. ZPO angebrachtermassen ab, weil sie erst im Anschluss an den Beschluss der Delegiertenversammlung hätte erhoben werden können. Das Obergericht des Kantons Zürich (I. Zivilkammer), vor dem sieben weitere Kläger (darunter der nur mit einem Verweis belegte) die Klage zurückzogen, hat am 28. Mai 1959 erkannt, die Klage werde abgewiesen. F.- Dieses Urteil haben die im Prozess verbliebenen Kläger Fauquex, Frau Dula, Morini und Frau Roth mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht weitergezogen. Sie beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell sei die Sache zur Aktenergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Klagebegehren, deren Schutz die Berufungskläger mit ihrem Antrag auf "Gutheissung der Klage" verlangen wollen, sind im Ingress des angefochtenen Urteils wörtlich wiedergegeben. Bei dieser Sachlage genügt der eben erwähnte Antrag nach der neuern Rechtsprechung der Vorschrift von Art. 55 lit. b OG (vgl. BGE 81 II 251 und dortige Hinweise). 2. Nach BGE 57 II 125 ist beim Fehlen ausdrücklicher gegenteiliger Statutenbestimmungen "davon auszugehen, dass das aus einem Verein ausgeschlossene Mitglied erst dann gegen seine Ausschliessung gerichtliche Klage soll erheben können, wenn dasjenige Vereinsorgan, das nach den Statuten oder nach dem Gesetz in letzter Linie berufen ist, über den Ausschluss zu bestimmen, diesen ausgesprochen hat". Beim SMV steht nach § 10 lit. c der Statuten die Befugnis zur Ausschliessung von Mitgliedern dem Zentralvorstande BGE 85 II 525 S. 532 zu und sind die Ausgeschlossenen berechtigt, innerhalb von 20 Tagen nach Bekanntgabe an die Delegiertenversammlung zu rekurrieren, die nach §§ 20/21 der Statuten das höchste Organ des Verbandes ist. Diese Versammlung ist hienach das Organ, das nach den Statuten in letzter Linie berufen ist, über den Ausschluss zu bestimmen. Eine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts, dass die Ausgeschlossenen die Möglichkeit haben, neben oder anstelle der Delegiertenversammlung den Richter anzurufen, ist in den Statuten des SMV nicht zu finden. Soweit die Kläger mit der vorliegenden Klage den ihre Ausschliessung anordnenden Beschluss des Zentralvorstandes anfechten (Rechtsbegehren 1a), ist sie also nach dem erwähnten Präjudiz unzulässig. Die Vorinstanz glaubt freilich, aus dem in BGE 57 II 125 angebrachten Vorbehalt gegenteiliger Statutenbestimmungen ergebe sich, dass die Anfechtung durch Klage jedenfalls dann schon gegen die Ausschliessung durch eine untere Instanz möglich sein müsse, wenn sie sofort wirksam werde, d.h. wenn dem vereinsinternen Rechtsmittel keine Suspensivwirkung zukomme. Den Statuten des SMV sei hierüber nichts zu entnehmen, und tatsächlich habe dessen Vorstand die Ausschlüsse sofort in Wirrksamkeit gesetzt. Zudem habe der SMV in der Klageantwort ausdrücklich darauf verzichtet, geltend zu machen, dass der Instanzenzug im Rahmen der Verbandsstatuten erschöpft sein müsse. Eine solche Erklärung habe der - den Verband nach aussen vertretende - Zentralvorstand verbindlich abgeben können. - Daran ändere nichts, dass auch noch ein Rekurs der Kläger an die Delegiertenversammlung hängig gewesen sei. Dieser habe immer noch einen Sinn gehabt, solange nicht festgestanden sei, dass die Gerichte die Klage gutheissen. Auf jeden Fall aber wäre ein gutheissender Entscheid des Richters unter den vorliegenden Verhältnissen einem ablehnenden der Delegiertenversammlung vorgegangen. Diesen Ausführungen kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Sie messen dem Vorbehalte, der dem in BGE 57 BGE 85 II 525 S. 533 II 125 aufgestellten Grundsatze beigefügt worden war, eine Bedeutung zu, die ihm nicht zukommt. Richtigerweise muss jener mehr nur beiläufig angebrachte Vorbehalt überhaupt fallen gelassen werden. Es kann nicht Sache der Statuten, sondern nur Sache des Gesetzes sein, darüber zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Ausschliessung aus einem Verein vor dem staatlichen Richter angefochten werden kann. Demgemäss ist insbesondere auch die Frage, ob die Anrufung des Richters die Erschöpfung des vereinsinternen Instanzenzugs zur Voraussetzung habe, allein auf Grund des Gesetzes zu entscheiden. Nach dem Sinne von Art. 72 ZGB ist diese Frage zu bejahen, und zwar im wesentlichen aus den schon in BGE 57 II 125 /26 dargelegten Gründen. Die Absicht des Gesetzgebers, "die Vereine ihre innern Angelegenheiten möglichst selbständig ordnen zu lassen und die richterliche Überprüfung eines Vereinsausschlusses seinem Inhalte nach auf ein Mindestmass zu beschränken" ( BGE 51 II 241 , BGE 57 II 126 ), wird nur verwirklicht, wenn ein ausgeschlossenes Mitglied den staatlichen Rechtsschutz erst in Anspruch nehmen kann, nachdem es von den Rechtsbehelfen, die ihm die Vereinsorganisation zur Verfügung stellt, erfolglos Gebrauch gemacht hat. Dass vorerst diese Rechtsbehelfe ergriffen werden, muss aber auch deshalb verlangt werden, weil eine unter Verzicht auf die Weiterziehung an die obere Vereinsinstanz oder vor deren Entscheid angehobene Klage zwecklos ist und nur zu einer unnützen Behelligung der Gerichte führt. Bei einem Verein, nach dessen Statuten die Ausschliessung von Mitgliedern zwar vom Vorstand beschlossen, aber innert einer bestimmten Frist an ein höheres Organ weitergezogen werden kann, müsste das unter Verzicht auf diese Weiterziehung angerufene Gericht im Falle des Eintretens auf die Klage feststellen, dass die Ausschliessung nach den in diesem Punkte massgebenden Statuten infolge Versäumung der Weiterziehungsfrist unanfechtbar geworden sei. Dem Ausgeschlossenen hülfe es also nichts, wenn das Gericht auf eine solche Klage einträte. Ebensowenig ist BGE 85 II 525 S. 534 ihm gedient, wenn das Gericht eine Klage wie die vorliegende entgegennimmt, mit der die Aufhebung eines gleichzeitig durch Rekurs an das höhere Vereinsorgan angefochtenen Vorstandsbeschlusses verlangt wird. Ein neben dem vereinsinternen Rekursverfahren eingeleiteter Prozess wird nicht nur im Falle der Aufhebung oder Abänderung, sondern auch im Falle der Bestätigung des Beschlusses der untern Vereinsinstanz durch die obere gegenstandslos. Bestätigt das höhere Vereinsorgan die Ausschliessung, so ist der Betroffene eben nicht durch den mit der Klage angefochtenen Beschluss der untern Instanz, sondern durch den an dessen Stelle getretenen Rekursentscheid aus dem Verein ausgeschlossen. Daher kann nur noch dieser letzte Entscheid Gegenstand einer gerichtlichen Anfechtung sein und muss der Ausgeschlossene diesen anfechten, wenn er sich mit dem Ausschluss nicht abfinden will. Die Anhebung einer neuen Klage bliebe dem ausgeschlossenen Mitglied aber auch dann nicht erspart, wenn der Beschluss des untern Vereinsorgans noch vor Erledigung des vereinsinternen Rekursverfahrens gerichtlich aufgehoben, die Ausschliessung aber in der Folge vom oberen Vereinsorgan aus irgendwelchen Gründen gleichwohl aufrechterhalten würde. Aus diesen Gründen sind Klagen, die sich gegen einen an eine höhere Vereinsinstanz weiterziehbaren Beschluss betreffend die Ausschliessung eines Mitglieds richten, von Amtes wegen zurückzuweisen, selbst wenn der Vorstand als das zur Vertretung des Vereins nach aussen zuständige Organ erklärt, er wolle sich nicht darauf berufen, dass zuerst der vereinsinterne Instanzenzug hätte erschöpft werden müssen, oder wenn er die Ausschliessung schon vor der Erledigung des Rekursverfahrens praktisch in Kraft setzt. Letzteres kann den Betroffenen unter Umständen (wenn der Ausschluss ungerechtfertigt ist) Anspruch auf Schadenersatz geben, erlaubt ihnen aber so wenig wie die vorher erwähnte prozessuale Erklärung des Vereins, die Ausschliessung gerichtlich anzufechten, bevor sie vom obern Vereinsorgan bestätigt worden ist. BGE 85 II 525 S. 535 Die Auffassung, dass die Erschöpfung des vereinsinternen Instanzenzugs die unerlässliche Voraussetzung für die gerichtliche Anfechtung der Ausschliessung aus einem Verein bildet, steht im übrigen mit der gesetzlichen Regelung im Einklang, die für die Ausschliessung aus einer Genossenschaft gilt, wo sich die Frage des Verhältnisses zwischen dem Rekurs an das höhere Körperschaftsorgan und der gerichtlichen Klage ganz ähnlich stellt wie beim Verein. Art. 846 Abs. 3 OR bestimmt nämlich: "Über die Ausschliessung entscheidet die Generalversammlung. Die Statuten können die Verwaltung als zuständig erklären, wobei dem Ausgeschlossenen ein Rekursrecht an die Generalversammlung zusteht. Dem Ausgeschlossenen steht innerhalb drei Monaten die Anrufung des Richters offen". Die im dritten Satz dieser Bestimmung festgesetzte Klagefrist kann nach dem Zusammenhang erst mit dem Entscheid beginnen, den die Generalversammlung gemäss dem ersten Satze als einzige Instanz oder gemäss dem zweiten Satze als Rekursinstanz fällt. Durch Art. 846 Abs. 3 OR wird also zwingend vorgeschrieben, dass der Ausgeschlossene den Richter erst anrufen darf, wenn die Generalversammlung den vom Vorstand verhängten Ausschluss bestätigt hat ( BGE 72 II 112 /13). Weshalb das Vereinsrecht in diesem Punkte vom Genossenschaftsrecht abweichen sollte, ist nicht einzusehen. Wenn in BGE 63 II 353 ff. und BGE 70 II 63 ff. die Klage auf Anfechtung eines die Ausschliessung aus dem Verein anordnenden Vorstandsbeschlusses zugelassen bzw. als zulässig bezeichnet wurde, so steht dies mit der in BGE 57 II 125 und im vorliegenden Urteil vertretenen Auffassung nicht etwa im Widerspruch. Im Falle BGE 70 II 63 ff. hatte der Vorstand nach den Statuten über die Ausschliessung von Mitgliedern endgültig zu entscheiden, und im Falle BGE 63 II 353 ff. war umgekehrt der Vorstand, der den Ausschluss verfügt hatte, nach den Statuten zu dieser Massnahme überhaupt nicht zuständig und eine Weiterziehung seines Beschlusses dementsprechend nicht vorgesehen. BGE 85 II 525 S. 536 Der Klage gegen den Vorstandsbeschluss liess sich also in diesen Fällen nicht entgegenhalten, der Kläger habe den vereinsinternen Instanzenzug nicht erschöpft. (Ob der Kläger im Falle 63 II 353 ff. an der Aufhebung des Vorstandsbeschlusses noch ein rechtliches Interesse gehabt habe, nachdem die Delegiertenversammlung seine Ausschliessung von sich aus bestätigt hatte, wurde damals nicht geprüft.) Nach alledem bleibt es dabei, dass die Klage auf Anfechtung des die Ausschliessung der Kläger anordnenden Beschlusses des Zentralvorstandes des SMV als unzulässig hätte zurückgewiesen werden sollen, weil dieser Beschluss der Weiterziehung an die Delegiertenversammlung unterlag (und auch an diese weitergezogen wurde). Die Kläger hätten ihre Ausschliessung erst im Anschluss an den Entscheid dieser Versammlung gerichtlich anfechten können. Auf Aufhebung dieses Entscheides haben sie nicht geklagt, so dass ihre Ausschliessung rechtskräftig geworden ist. 3. Die Klage gegen den Beschluss des Zentralvorstandes vom 31. Mai 1956, der den Betroffenen am 7./8. Juni 1956 brieflich mitgeteilt und am 10. Juni 1956 im Verbandsorgan veröffentlicht wurde, hätte im übrigen, wenn grundsätzlich zulässig, wegen Verspätung zurückgewiesen werden müssen. Nach Art. 75 ZGB , der insbesondere auch für die Klage auf Anfechtung der Ausschliessung eines Mitglieds gilt ( BGE 51 II 239 , BGE 70 II 66 ), kann ein Vereinsmitglied einen gegen das Gesetz oder die Statuten verstossenden Vereinsbeschluss von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es davon Kenntnis erhalten hat, beim Richter anfechten. Diese Frist ist nicht eine Verjährungs-, sondern eine Verwirkungsfrist ( BGE 51 II 239 , BGE 70 II 66 , BGE 76 II 241 /42), deren Nichteinhaltung von Amtes wegen zu berücksichtigen ist ( BGE 76 II 241 Mitte; vgl. auch BGE 61 II 151 /52). Die Anrufung des Sühnbeamten, die innert dieser Frist (am 26. Juni 1956) erfolgt ist, würde zu deren Wahrung nur dann genügen, wenn er gemäss kantonalem Recht die Streitsache mangels Aussöhnung von BGE 85 II 525 S. 537 Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten hätte oder wenn zwischen dem Sühnverfahren und dem eigentlichen Prozessverfahren nach kantonalem Recht ein Zusammenhang wenigstens in dem Sinne bestünde, dass der Kläger den Streit innert einer gewissen Frist nach Abschluss des Sühnverfahrens vor den urteilenden Richter bringen müsste, um die Verwirkung des Klagerechts oder sonstige Rechtsnachteile zu vermeiden ( BGE 74 II 16 lit. b mit Hinweisen, BGE 81 II 538 , BGE 82 II 590 , BGE 85 II 315 ). Nach zürcherischem Recht besteht im ordentlichen Prozessverfahren, das im vorliegenden Fall anwendbar war, zwischen dem Sühnverfahren und dem Verfahren vor Gericht kein derartiger Zusammenhang. Die Klage hätte daher innert der Frist von Art. 75 ZGB beim Gericht anhängig gemacht werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Die friedensrichterlichen Weisungen wurden erst am 19./20. Juli 1956, d.h. etwa anderthalb Monate nach Mitteilung des Beschlusses vom 31. Mai 1956 beim Bezirksgericht eingereicht. In diesem Zeitpunkt liess sich der Beschluss vom 31. Mai 1956, wenn er überhaupt Gegenstand einer Anfechtungsklage sein konnte, nicht mehr anfechten. Im Anschluss an die Erklärung, dass sie nicht geltend machen, die Kläger hätten vor Einleitung der Klage den vereinsinternen Instanzenzug erschöpfen müssen (Erw. 2 Abs. 2 hievor), haben die Beklagten freilich ausgeführt, sie "lassen sich ... auf dieses Verfahren ein, ohne eine Vorfrage zu erheben". Nach der Ansicht der Vorinstanz haben sie damit auch darauf verzichtet, sich auf die Versäumung der Klagefrist zu berufen. Ob dies zutreffe, kann jedoch dahingestellt bleiben; denn mit dem unbenützten Ablauf einer vom Gesetz für die Anhebung einer Klage aufgestellten Verwirkungsfrist geht das Klagerecht ohne Rücksicht auf die Stellungnahme der Parteien gemäss Gesetzesvorschrift unter, was von Amtes wegen zu beachten ist, so dass nichts darauf ankommt, ob die beklagte Partei die Einrede der Verwirkung erhebe oder hierauf verzichte. Ein "Verzicht" auf die eingetretene Verwirkung BGE 85 II 525 S. 538 ist auf jeden Fall dort nicht wirksam, wo nicht nur die Interessen der am Verfahren unmittelbar beteiligten Personen in Betracht kommen, sondern Dritte ein Interesse daran haben können, dass mit dem unbenützten Ablauf der Klagefrist das Klagerecht ein für allemal erlischt. So verhält es sich bei der Klage auf Anfechtung von Vereinsbeschlüssen, da die Vereinsmitglieder, die mit dem in Frage stehenden Beschluss einverstanden sind, daran interessiert sein können, dass dieser nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Im vorliegenden Falle wäre daher das Klagerecht, wenn es im Anschluss an den Vorstandsbeschluss hätte ausgeübt werden können, ungeachtet eines allfälligen Verzichts der Beklagten auf diese Rechtsfolge untergegangen. 4. Der Beschluss, der den Mitgliedern des SMV untersagte, ausserhalb der Basler Orchestergesellschaft mit den Klägern zusammenzuarbeiten, wurde gemäss Feststellung der Vorinstanz durch ein am 5. Oktober 1956 abgeschlossenes und am 10. Oktober 1956 im Musikerblatt veröffentlichtes "Interimsabkommen" zwischen der Schweizerischen Rundspruch-Gesellschaft und dem SMV aufgehoben. Dadurch ist die Klage, soweit sie sich gegen jenen Beschluss richtete (Rechtsbegehren 1b), gegenstandslos geworden, wie die Vorinstanz in ihren Erwägungen zutreffend festgestellt hat. Auf die Berufung ist daher in diesem Punkte nicht einzutreten. Unter diesen Umständen erübrigen sich Ausführungen über die Frage, ob die Klage gegen den Sperrebeschluss des Zentralvorstands zulässig und rechtzeitig gewesen sei. 5. Das Begehren, der im Beschluss vom 31. Mai 1956 erwähnte Vorbehalt weiterer Massnahmen (oben D am Ende) sei gerichtlich aufzuheben (Rechtsbegehren 1c), war von vornherein unzulässig. Die gerichtliche Aufhebung eines blossen Vorbehaltes kann mangels eines rechtlichen Interesses hieran nicht verlangt werden. Die Kläger wären zudem nicht legitimiert, sich für die Dritten einzusetzen, denen gegenüber der SMV sich Sanktionen vorbehielt. Im BGE 85 II 525 S. 539 übrigen enthält die Berufungsschrift für das in Frage stehende Begehren keine Begründung. Auch bezüglich dieses Begehrens ist daher auf die Berufung nicht einzutreten. 6. Können die Rechtsbegehren 1a - c nicht geschützt werden, so kommt auch die Urteilsveröffentlichung (Rechtsbegehren 2), die unzweifelhaft nur für den Fall der Gutheissung dieser Begehren verlangt worden ist, nicht in Frage. 7. Aus der Feststellung, dass die Kläger ihre Ausschliessung aus dem SMV nicht in wirksamer Weise gerichtlich angefochten haben und dass ihr Antrag auf Beseitigung der gegen sie verhängten Sperre gegenstandslos geworden ist, folgt dagegen nicht etwa ohne weiteres, dass auch ihre Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche (Rechtsbegehren 3) keinen Schutz finden können. War die Sperre unrechtmässig, so können sich daraus solche Ansprüche ergeben, auch wenn der SMV sie im Oktober 1956 von sich aus widerrufen hat; sie war immerhin während vier Monaten (von ihrer Veröffentlichung im Musikerblatt von 10. Juni 1956 bis zur Veröffentlichung ihrer Aufhebung im Musikerblatt vom 10. Oktober 1956) praktisch wirksam. Aber auch die Ausschliessung aus dem SMV kann, wenn sie unrechtmässig war, derartige Ansprüche begründen, obschon die Klage auf Aufhebung dieser Massnahme daran scheitert, dass die Kläger nicht den Beschluss der Delegiertenversammlung, sondern denjenigen des Zentralvorstandes gerichtlich angefochten und letzteres im übrigen zu spät getan haben. Eine Klage auf Schadenersatz und Genugtuung wegen unrechtmässiger Ausschliessung aus einem Verein nur in Verbindung mit einer fristgerecht eingereichten Klage auf Anfechtung des Entscheides der höchsten für die Ausschliessung zuständigen Vereinsinstanz zuzulassen, rechtfertigt sich nicht. Einem zu Unrecht ausgeschlossenen Mitglied muss gestattet sein, den Verein auf Schadenersatz und Genugtuung zu belangen, auch wenn es dem Verein wegen der ihm mit dem ungerechtfertigten Ausschluss zugefügten Kränkung nicht BGE 85 II 525 S. 540 weiter anzugehören wünscht und daher darauf verzichtet, jene Massnahme gerichtlich anzufechten. Das gleiche Recht muss dem Ausgeschlossenen grundsätzlich aber auch dann gewahrt bleiben, wenn er zwar versucht, die Ausschliessung durch Klage anzufechten, damit aber wegen unrichtigen Vorgehens keinen Erfolg hat. Einem Verein, der ein Mitglied zu Unrecht ausgeschlossen hat, kann nach Treu und Glauben nicht erlaubt sein, jede Schadenersatz- und Genugtuungspflicht abzulehnen, indem er geltend macht, der Ausgeschlossene hätte die Ausschliessung mit Erfolg als unrechtmässig anfechten können. Dies geht um so weniger an, als die gerichtliche Anfechtung der Ausschliessung, auch wenn sie schliesslich zum Erfolg führt, eine materielle Schädigung und eine Kränkung des Ausgeschlossenen nicht verhindern kann, zumal dann nicht, wenn die Ausschliessung wie hier sofort veröffentlicht worden ist. Die Ausschliessung der Kläger und die gegen sie verhängte Sperre sind daher ungeachtet der Tatsache, dass sie aus den angegebenen formellen Gründen bzw. infolge Widerrufs einer gerichtlichen Anfechtung nicht mehr zugänglich sind, auf ihre Rechtmässigkeit zu prüfen. 8. Dass die Ausschliessung eines Mitglieds unrechtmässig sei und folglich Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche begründen könne, lässt sich nur annehmen, wenn sie mit einem Mangel behaftet ist, der nach Art. 72 ZGB ihre gerichtliche Anfechtung gestattet hätte. Eine Ausschliessung, die solcher Anfechtung mangels eines nach dem Gesetz beachtlichen Anfechtungsgrundes entzogen ist, kann den Verein auch nicht zur Leistung von Schadenersatz oder Genugtuung verpflichten; denn sonst würde die Freiheit illusorisch, die das Gesetz den Vereinen gewähren will, indem es die richterliche Überprüfung der Ausschliessung von Mitgliedern für gewisse Fälle als unstatthaft erklärt. Nach Art. 72 Abs. 1 ZGB können die Statuten die Gründe bestimmen, aus denen ein Mitglied ausgeschlossen werden darf; sie können aber auch die Ausschliessung ohne BGE 85 II 525 S. 541 Angabe der Gründe gestatten. Eine Anfechtung der Ausschliessung wegen ihres Grundes ist in diesen Fällen nach Art. 72 Abs. 2 ZGB nicht statthaft. Indem der SMV in § 10 lit. c seiner Statuten bestimmte, ein Mitglied könne ausgeschlossen werden, wenn es "die Interessen und Bestrebungen des Verbandes schädigt", hat er von der Befugnis Gebrauch gemacht, die Ausschlussgründe statutarisch festzulegen (vgl. BGE 51 II 241 /42, wo eine ähnliche Bestimmung als satzungsmässige Regelung der Ausschlussgründe anerkannt worden war). Es lässt sich auch nicht bestreiten, dass die Kläger gestützt auf diese Statutenbestimmung ausgeschlossen wurden; ihr Ausschluss wurde in den Schreiben vom 7./8. Juni 1956 ausdrücklich damit begründet, dass sie durch die Teilnahme an der Eurovisionssendung vom 27. April 1956 "gegen die Interessen des SMV aufs schwerste verstossen haben." Die Kläger konnten daher die gegen sie ergriffene Massnahme nach Art. 72 Abs. 2 ZGB nicht auf die Weise anfechten, dass sie einfach geltend machten, sie sei sachlich nicht gerechtfertigt. In solchen Fällen kann die Ausschliessung vielmehr, wie in BGE 51 II 242 dargelegt, nur mit der Begründung angefochten werden, sie beruhe auf einer Formwidrigkeit, d.h. sie sei unter Verletzung gesetzlicher oder statutarischer Verfahrensvorschriften erfolgt, oder sie bedeute, weil materiell schlechterdings unhaltbar, einen offenbaren Rechtsmissbrauch und verdiene folglich nach Art. 2 Abs. 2 ZGB keinen Rechtsschutz. Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche lassen sich daher nach dem Gesagten aus der Ausschliessung nur unter der Voraussetzung ableiten, dass einer dieser Anfechtungsgründe zutrifft. 9. Die Kläger halten diese beiden Anfechtungsgründe nicht klar auseinander. Was sie zur Begründung einer Formwidrigkeit vorbringen, betrifft zum Teil nicht das bei ihrer Ausschliessung angewendete Verfahren, sondern läuft auf die Behauptung hinaus, dass die Ausschliessung materiell völlig unhaltbar, geradezu willkürlich und daher rechtsmissbräuchlich BGE 85 II 525 S. 542 sei. Auf das eigentliche Ausschliessungsverfahren beziehen sich nur die Rügen, der Zentralvorstand habe dadurch, dass er ihre Ausschliessung schon vor Ablauf der Rekursfrist und vor der Beschlussfassung der Delegiertenversammlung veröffentlicht habe, dem Sinne von § 10 lit. d in Verbindung mit lit. c der Statuten zuwidergehandelt; in diesem Vorgehen liege auch eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs, weil es die Freiheit der Willensbildung der Rekursinstanz beeinträchtigt habe; dass den Klägern vor dem Beschluss des Zentralvorstandes hinreichende Gelegenheit zur Verteidigung geboten worden sei, treffe nicht zu. Die Ausschliessung der Kläger lässt sich jedoch weder aus diesen noch aus andern Gründen als formwidrig bezeichnen. a) Sollte § 10 lit. d der Statuten, wonach die Namen der ausgeschlossenen Musiker im Verbandsorgan zu publizieren sind, entsprechend der Auffassung der Kläger den Sinn haben, dass diese Veröffentlichung erst nach unbenütztem Ablauf der 20-tägigen Rekursfrist von § 10 lit. c bzw. nach dem Entscheid der Rekursinstanz erfolgen dürfe, so läge doch in der Tatsache, dass die Ausschliessung der Kläger sofort nach der Beschlussfassung des Zentralvorstandes veröffentlicht wurde, keine Formwidrigkeit, die der Ausschliessung als solcher anhaften würde. Es lässt sich aber auch nicht mit Grund behaupten, dass die von den Klägern als vorzeitig beanstandete Veröffentlichung die Entscheidungsfreiheit der Delegiertenversammlung und damit den in § 10 lit. c der Statuten verankerten Anspruch der Kläger auf freie Überprüfung der Ausschliessung durch diese Instanz beeinträchtigt habe. b) Von der Rüge der Verletzung von § 10 lit. c und d der Statuten abgesehen, behaupten die Kläger selber nicht, dass das bei ihrer Ausschliessung beobachtete Verfahren gegen eine bestimmte Vorschrift des Gesetzes oder der Statuten verstosse. Es ist denn auch nicht zu sehen, inwiefern dies der Fall sein sollte. Somit bleibt nur zu prüfen, BGE 85 II 525 S. 543 ob die Ausschliessung der Kläger wegen Verletzung eines ihnen nach ungeschriebenem Recht zustehenden Anspruchs auf rechtliches Gehör formwidrig sei. c) Hinsichtlich der Ausschliessung aus einer Genossenschaft, deren gerichtliche Anfechtung unter dem aoR beim Bestehen einer die Beschreitung des Rechtsweges verbietenden Statutenbestimmung in gleicher Weise beschränkt war, wie dies in den Fällen von Art. 72 Abs. 1 ZGB für die Anfechtung der Ausschliessung aus einem Verein zutrifft ( BGE 40 II 378 mit Hinweisen, BGE 44 II 80 ; GERWIG, Schweiz. Genossenschaftsrecht, S. 259/60), hat das Bundesgericht in BGE 40 II 379 /80 entschieden, das Recht des Mitgliedes, sich vor der Ausschliessung zu verteidigen, stelle ein Grundrecht (droit primordial) dar, dessen Verletzung die Aufhebung des Ausschliessungsbeschlusses wegen Formwidrigkeit nach sich ziehe. In BGE 44 II 82 /83 hat es diesen Grundsatz insofern etwas eingeschränkt, als er erklärte, das auszuschliessende Mitglied brauche nicht angehört zu werden, wenn unbestreitbar feststehe, dass die Voraussetzungen der Ausschliessung gegeben seien. Ob diese Regeln ohne Vorbehalt auch im Falle der Ausschliessung aus einem Verein anzuwenden seien, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn man dies mit EGGER (N. 7 zu Art. 72 ZGB ) annehmen will, so kann doch keine Rede davon sein, dass dem auszuschliessenden Mitglied das rechtliche Gehör in gleicher Weise wie etwa einer Partei im Zivilprozess oder einem Beamten im Disziplinarverfahren vor staatlichen Instanzen zu gewähren sei. Vielmehr muss es genügen, wenn das betreffende Vereinsmitglied in diskutablen Fällen seine Einwendungen in irgendeiner Form vorbringen kann, bevor der Ausschluss endgültig angeordnet wird. Diese Möglichkeit hatten die Kläger, da sie ihren Standpunkt im Rekurs an die Delegiertenversammlung, der die endgültige Entscheidung über ihren Ausschluss zukam, uneingeschränkt verfechten konnten. Im übrigen waren sie, wie die Vorinstanz mit Recht BGE 85 II 525 S. 544 hervorgehoben hat, auch schon in den Auseinandersetzungen, die dem Beschluss des Zentralvorstandes vorausgingen, weitgehend zu Worte gekommen. Ihre Ausschliessung war also nicht formwidrig. 10. Unter dem Gesichtspunkt des offenbaren Rechtsmissbrauchs sind die Rügen zu prüfen, die Ausschliessung sei erst mehr als einen Monat nach der Teilnahme der Kläger an der Eurovisionssendung vom 27. April 1957 erfolgt, mit welcher sie motiviert worden sei. Wenn der SMV in dieser Handlung der Kläger einen Ausschlussgrund erblickt habe, so wäre er nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, den Ausschluss sofort nach Eintritt dieses Grundes zu beschliessen und den Klägern zu eröffnen. Zum mindesten hätte er die Kläger sofort nach diesem Vorkommnis (statt erst am 31. Mai 1956) unter Androhung des Ausschlusses auffordern müssen, gegenüber dem CMB und damit auch gegenüber dem Fernsehdienst die Erklärung abzugeben, dass sie an künftigen Eurovisionssendungen nicht mehr teilnehmen würden. Dies habe sich um so mehr aufgedrängt, als den Klägern vor der Sendung vom 27. April 1956 nie zur Kenntnis gebracht worden sei, dass die Mitwirkung bei dieser Sendung mit dem Ausschluss geahndet würde. Schon deswegen sei ihre Ausschliessung mit Art. 2 ZGB nicht vereinbar. Mit dem Ultimatum vom 31. Mai 1956 seien die Kläger zudem nicht bloss zur Verweigerung der Teilnahme an weitern Eurovisionssendungen, sondern zur Auflösung des gesamten Vertragsverhältnisses mit dem CMB und folglich mit dem Fernsehdienst aufgefordert worden. Die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft sei somit von einer viel zu weit gehenden, durch den Streit mit den Fernsehorganisationen über die Honorierung der Eurovisionssendungen nicht geforderten Bedingung abhängig gemacht worden, was ebenfalls einen offenbaren Rechtsmissbrauch bedeute. Überdies sei den Klägern in diesem Ultimatum in krass missbräuchlicher Weise eine völlig unangemessen kurze Überlegungsfrist eingeräumt worden. Auch habe der BGE 85 II 525 S. 545 SMV die Kläger dadurch, dass er ihnen wegen der Mitwirrkung bei der Sendung vom 27. April 1956 die Auferlegung einer Strafzahlung im Sinne von § 11 der Statuten angekündigt habe, in den Glauben versetzt, dass diese Handlung mit der in Aussicht gestellten Busse endgültig geahndet sei und als leichter Verstoss im Sinne von § 11 lit. a der Statuten betrachtet werde. Es sei daher missbräuchlich, wenn das gleiche Organ die gleiche Handlung durch Beschluss vom gleichen Tag als schweren Verstoss qualifiziert und mit dem Ausschluss geahndet habe. Ferner sei der Zentralvorstand zum Erlass einer so stark in die persönliche Freiheit eingreifenden Kampfmassnahme, wie das Verbot der Teilnahme an Eurovisionssendungen sie dargestellt habe, mangels einer ihn dazu ausdrücklich ermächtigenden Statutenbestimmung nicht befugt gewesen und habe er einen dahingehenden Beschluss, wie gemäss S. 22/23 des angefochtenen Urteils auch die Vorinstanz annehme, tatsächlich gar nicht gefasst, so dass die Kläger nicht gehalten gewesen seien, auf den Abschluss der Verträge zu verzichten, welche die Mitwirkung bei solchen Sendungen vorsahen. Wenn der SMV der Ansicht gewesen sei, dass der Abschluss dieser Verträge eine den Ausschluss rechtfertigende Verletzung der Verbandsinteressen in sich schliesse, so hätte er dies den Klägern vor oder jedenfalls unmittelbar nach dem Vertragsabschluss eröffnen müssen, was er nicht getan habe. Mangels eines rechtsverbindlichen Verbots der Teilnahme an Eurovisionssendungen sei der mit der Übertretung eines solchen Verbots begründete Ausschluss unhaltbar. Ein allfälliger Verbotsbeschluss wäre im übrigen nur wirksam gewesen, wenn er mit Begründung veröffentlicht und jedem Mitglied einzeln mitgeteilt worden wäre, was nicht geschehen sei. Auch darum liege in der mit der Übertretung des fraglichen Verbots begründeten Ausschliessung ein Rechtsmissbrauch. a) Den Klägern ist darin recht zu geben, dass die Ausschliessung der Kläger vor Art. 2 Abs. 2 ZGB kaum haltbar wäre, wenn das Verbot der Teilnahme an Eurovisionssendungen, BGE 85 II 525 S. 546 mit dessen Übertretung die Ausschliessung in erster Linie begründet wurde, mangels eines dahingehenden Beschlusses der Organe des SMV in Wirklichkeit gar nicht bestanden hätte. Ihre Behauptung, die Vorinstanz gehe davon aus, dass ein solcher Beschluss tatsächlich nicht gefasst worden sei, ist jedoch geradezu mutwillig. Die Vorinstanz verweist auf S. 3 ihres Urteils ausdrücklich auf die tatsächlichen Ergebnisse des erstinstanzlichen Urteils. Das Bezirksgericht hat auf S. 4 seines Urteils festgestellt, der Zentralvorstand des SMV habe am 24. Mai 1954 beschlossen, allen Verbandsmitgliedern die Mitwirkung bei durch Relais ins Ausland übertragenen Televisionssendungen mit sofortiger Wirkung zu untersagen. An diese Feststellung knüpft die Vorinstanz an, indem sie in Erwägung 3 a auf S. 20 ausführt, den Klägern werde die Nichtbeachtung eines vom Zentralvorstand des SMV verhängten Boykotts gewisser Fernsehsendungen vorgeworfen. Wenn sie an der von den Klägern angezogenen Stelle (S. 22/23) davon spricht, das "Verbot" der Mitwirkung bei Eurovisionssendungen habe der rechtlichen Grundlage ermangelt, so kann dies nach dem Zusammenhang nur bedeuten, dass der Zentralvorstand zum Erlass dieses Verbots nicht zuständig gewesen sei. Das angefochtene Urteil schliesst also unzweifelhaft die tatsächliche Feststellung in sich, dass der Zentralvorstand ein solches Verbot erlassen habe, und diese Feststellung ist gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Wenn die Vorinstanz die Edition des betreffenden Beschlusses nicht verlangt hat, sondern mit dem Bezirksgericht annahm, dessen Zustandekommen sei schon durch die im Musikerblatt erschienenen Publikationen nachgewiesen, so hielt sie sich durchaus im Rahmen der ihr zustehenden Beweiswürdigung. b) Der wegen Übertretung des streitigen Verbots verfügte Ausschluss der Kläger wäre vielleicht auch dann als missbräuchlich zu betrachten, wenn der Zentralvorstand des SMV zum Erlass eines solchen Verbotes klarerweise überhaupt nicht befugt gewesen wäre. Diese Befugnis kann BGE 85 II 525 S. 547 ihm jedoch nicht abgesprochen werden. Dem Zentralvorstand ist nach § 37 lit. b der Statuten die Wahrnehmung der Verbandszwecke übertragen, zu denen nach § 3 lit. c "die Verbesserung der sozialen Positionen des Standes durch Erstrebung günstiger Lohn- und Arbeitsverhältnisse" gehört. Die Verfolgung dieses Zweckes kann zu allgemeinen lohnpolitischen Aktionen des Verbandes Anlass geben. Leitet der Vorstand legitimerweise eine derartige Aktion ein, wie er es im vorliegenden Falle getan hat, um eine befriedigende Regelung der Entlöhnung der Musiker bei Eurovisionssendungen zu erreichen, so sind die Mitglieder grundsätzlich verpflichtet, sich den bezüglichen Anordnungen des Vorstandes zu unterziehen. Sie übernehmen diese Pflicht, indem sie einem Verbande beitreten, der den erwähnten Zweck erstrebt und den Vorstand mit dessen Wahrnehmung betraut. Eine ausdrückliche Statutenbestimmung ist zur Begründung dieser Pflicht nicht unerlässlich, auch wenn die vom Verband ergriffenen Massnahmen eine Beschränkung der freien Berufstätigkeit der Mitglieder mit sich bringen. Gewisse Eingriffe in die persönliche Freiheit der Mitglieder sind bei einem kollektiven Lohnkampf unvermeidlich. Wer einem Berufsverband beitritt, um die damit verbundenen Vorteile zu geniessen, nimmt die zur Erreichung des Verbandszwecks nötige Beschränkung seiner Freiheit in Kauf. Will er dies nicht, so muss er eben dem Verbande fernbleiben oder austreten. Dass das Verbot der Teilnahme an Eurovisionssendungen ein unrichtiges oder dem Zweck nicht angemessenes Mittel gewesen sei, um in der Auseinandersetzung mit den Fernsehorganisationen zu einer für die Musiker befriedigenden Regelung der Entlöhnung für die Mitwirkung bei solchen Sendungen zu gelangen, lässt sich im Ernste nicht behaupten. In diesem Zusammenhang von Kampfmitteln mit für die Verbandsmitglieder "existenzvernichtenden Konsequenzen" zu sprechen, ist abwegig. Da Eurovisionssendungen, wie aus den Akten klar hervorgeht, nur selten stattfanden, betraf das Verbot der Teilnahme an solchen BGE 85 II 525 S. 548 Sendungen nur einen kleinen Ausschnitt aus der Berufstätigkeit der Kläger. Unter diesen Umständen kann von Unverbindlichkeit des streitigen Verbots nicht die Rede sein. c) Dass dieser Beschluss nicht genügend bekanntgemacht worden sei, lässt sich dem SMV nicht vorwerfen. Er wurde am 10. Juli 1954 auf dem Titelblatt des offiziellen Verbandsorgans unter der Überschrift "Wichtige Bekanntmachung" in Fettdruck veröffentlicht. Das genügt. Den Mitgliedern ist zuzumuten, von derartigen Bekanntmachungen Kenntnis zu nehmen. Den Beschluss jedem einzelnen Mitglied noch durch besondere Zuschrift mitzuteilen, war nicht erforderlich. Ebenso war es nicht notwendig, ihn mit einer einlässlichen Begründung zu veröffentlichen. In der Bekanntmachung vom 10. Juli 1954 war bemerkt, dass der Zentralvorstand den fraglichen Beschluss gestützt auf die Pariser Verhandlungen der internationalen Künstlerorganisationen vom 20./21. April 1954 gefasst habe. Auf diese hatte das Verbandsblatt in der Nummer vom 10. Mai 1954 durch eine in die Augen springende Bekanntmachung hingewiesen. Die Mitglieder konnten sich daher ohne weiteres davon Rechenschaft geben, weshalb das streitige Verbot erlassen worden war. Im übrigen hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, es könne keine Rede davon sein, dass die Auseinandersetzungen über die Honorierung der Eurovisionssendungen, die zu diesem Verbot Anlass gegeben hatten, den Klägern verborgen geblieben seien; es müsse angenommen werden, dass unter den Berufsmusikern in Basel wie anderwärts über diese Dinge gesprochen worden sei. Als die Kläger Ende Oktober 1955 die Verträge abschlossen, die sie zur Teilnahme an Eurovisionssendungen verpflichteten, waren sie also ohne Zweifel hinlänglich darüber unterrichtet, dass ihnen die Mitwirkung bei solchen Sendungen verboten war; dies um so mehr, als der Präsident der Sektion Basel des SMV den Kläger Fauquex mit Schreiben vom 22, September 1955 noch besonders auf dieses Verbot aufmerksam BGE 85 II 525 S. 549 gemacht und ihn ersucht hatte, die Mitglieder des von ihm (Fauquex) präsidierten CMB entsprechend zu orientieren. Die Kläger mussten aber auch wissen, dass dieses Verbot noch galt, als sie an der Eurovisionssendung vom 27. April 1956 teilnahmen; denn das Verbandsblatt hatte den Mitgliedern dieses Verbot am 10. Januar und 10. April 1956 deutlich in Erinnerung gerufen, und hievon abgesehen war selbstverständlich auch in den vom 14. März bis 20. April 1956 geführten Verhandlungen (oben C) auf dieses Verbot hingewiesen worden. d) Haben sich die Kläger über ein gehörig bekanntgemachtes und ihnen auch tatsächlich zur Kenntnis gelangtes Verbot hinweggesetzt, das der Zentralvorstand im Rahmen seiner Zuständigkeit erlassen hatte, um die Interessen der Musiker im Streit mit den Fernsehorganisationen wahrzunehmen, so war es keineswegs willkürlich, wenn der Zentralvorstand annahm, ihr Verhalten bedeute eine Schädigung der Interessen und Bestrebungen des Verbandes, die so schwer sei, dass sich nach § 10 lit. c der Statuten ihre Ausschliessung rechtfertige. Eine vorherige Androhung dieser Massnahme war nicht unerlässlich. Ein Mitglied, das sich in einer ersichtlich wichtigen Angelegenheit bewusst über verbindliche Weisungen des Verbandes hinwegsetzt, muss darauf gefasst sein, dass es deswegen ausgeschlossen wird, auch wenn ihm dies nicht schon zum voraus angedroht worden ist. Dies trifft für die Kläger vollauf zu. Es konnte ihnen nicht entgehen, dass bei dem ihnen bekannten Verbot der Teilnahme an Eurovisionssendungen bedeutende Interessen der Musikerschaft im Spiele standen, und es musste ihnen auch klar sein, dass sie mit der Durchbrechung dieser Sperre die Kampfposition des Verbandes gegenüber den Fernsehorganisationen empfindlich schwächten. Daher kommt nichts darauf an, ob sie vor dem Abschluss der die Mitwirkung bei Eurovisionssendungen vorsehenden Verträge und dann wieder vor der Sendungen vom 27. April 1956 ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, dass die Übertretung BGE 85 II 525 S. 550 des fraglichen Verbots zur Ausschliessung führen könne. - Auch wenn ihnen dies nicht besonders gesagt worden sein sollte, so zeigte ihnen übrigens die im Musikerblatt vom 10. März 1956 erfolgte Veröffentlichung der wegen Teilnahme an einer Eurovisionssendung verfügten Ausschliessung des Musikers Böhler mit aller Deutlichkeit, welche Folgen die Mitwirkung bei einer solchen Sendung haben konnte. e) Der Umstand, dass von der Eurovisionssendung vom 27. April 1956 bis zur Beschlussfassung des Zentralvorstandes des SMV mehr als ein Monat verging, ändert nichts daran, dass dieser ohne Willkür annehmen konnte, die Teilnahme an jener Sendung rechtfertige die Ausschliessung der Kläger. Den Klägern erwuchs aus diesem Aufschub keinerlei Nachteil, und es lässt sich auch nicht sagen, das Zuwarten zeige, dass der Zentralvorstand dem von ihnen begangenen Verstoss in Wirklichkeit keine grosse Bedeutung beigemessen habe. Der Zentralvorstand behandelte diese Angelegenheit immerhin in seiner nächsten ordentlichen Sitzung. Wegen jedes derartigen Vorfalles eine Sondersitzung abzuhalten, ist ihm um so weniger zuzumuten, als er sich aus Berufstätigen zusammensetzt, die in den verschiedensten Teilen der Schweiz wohnen. f) Die Rüge, dass die Ausschliessung der Kläger in willkürlicher und mithin rechtsmissbräuchlicher Weise erfolgt sei, lässt sich aber nicht damit begründen, dass der Zentralvorstand die Ausschliessung der Kläger am 31. Mai 1956 nur für den Fall beschloss, dass sie sich weigern sollten, noch am gleichen Tag ihre Verträge mit dem CMB zu kündigen. Das sog. Ultimatum, das der SMV den Klägern am 31. Mai 1956 stellte, bedeutete in Wirklichkeit ein letztes Entgegenkommen gegenüber den Klägern, von dem er hätte absehen können, so dass es den Klägern nicht ansteht, die ihnen gesetzte Frist als zu kurz zu beanstanden. Von einem offenbaren Rechtsmissbrauch kann bei der Bemessung dieser Frist um so weniger die Rede sein, als die Frage der Kündigung der erwähnten BGE 85 II 525 S. 551 Verträge, zu der die Kläger innert dieser Frist endgültig Stellung nehmen mussten, schon vor der Sendung vom 27. April 1956 in mehrwöchigen Verhandlungen erörtert worden war. (Die Kläger Fauquex und Frau Roth hatten damals sogar durch Unterzeichnung einer Vollmacht für den SMV, die sie dann widerriefen, der Kündigung bereits einmal zugestimmt). Dass die Aufforderung, jene Verträge zu kündigen, unzweifelhaft zu weit gegangen sei, lässt sich ebenfalls nicht sagen. Die Kläger konnten sich von der in diesen Verträgen niedergelegten Verpflichtung zur Teilnahme an Eurovisionssendungen nur dadurch befreien, dass sie die Verträge kündigten, was sie nicht hinderte, neue, diese Verpflichtung nicht mehr enthaltende Verträge abzuschliessen. g) Endlich kann auch keine Rede davon sein, dass der SMV die Kläger mit dem Schreiben vom 31. Mai 1956 irregeführt und das ihnen vorgeworfene Verhalten einerseits als leichten, anderseits als schweren Verstoss gewürdigt habe. Freilich hätte es gemäss dem Schreiben vom 31. Mai 1956 bei einer blossen Strafzahlung sein Bewenden haben müssen, wenn die Kläger die von ihnen verlangte Kündigung ausgesprochen hätten. Für den Fall, dass sie an den bestehenden Verträgen mit dem CMB festhalten sollten, wurde ihnen aber mit aller Deutlichkeit die Ausschliessung angedroht, worin klar zum Ausdruck kam, dass der SMV den begangenen Verstoss in Wirklichkeit als schwer beurteilte. Nach alledem liegt in der Ausschliessung der Kläger kein offenbarer Rechtsmissbrauch. Da sie, wie festgestellt, auch nicht wegen Formwidrigkeit anfechtbar ist, können also daraus keine Ansprüche auf Schadenersatz oder Genugtuung abgeleitet werden. 11. Die zusammen mit der Ausschliessung beschlossene und veröffentlichte "Sperre", d.h. das an die Verbandsmitglieder gerichtete Verbot, ausserhalb des Dienstes bei der Basler Orchestergesellschaft mit den Ausgeschlossenen zusammenzuarbeiten, hat unzweifelhaft den Charakter BGE 85 II 525 S. 552 eines Boykotts. Da die Kläger rechtskräftig aus dem SMV ausgeschlossen sind, sind sie nicht legitimiert, geltend zu machen, der gegen sie verhängte Boykott sei schon deswegen unrechtmässig, weil der SMV aus vereinsrechtlichen Gründen, wegen Fehlens einer ihn hiezu ermächtigenden Statutenbestimmung, nicht befugt gewesen sei, eine solche Massnahme zu ergreifen. Es kann sich vielmehr nur fragen, ob der streitige Boykott nach den Grundsätzen, die im schweizerischen Recht für das Verhältnis zwischen dem Urheber und dem Opfer eines Boykotts allgemein massgebend sind, als solcher unzulässig sei. 12. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes stellt der Boykott ein an sich erlaubtes Kampfmittel im Wirtschaftsleben dar. Unzulässig ist er nur, wenn der mit ihm verfolgte Zweck oder die angewendeten Mittel rechtswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstossen, oder wenn zwischen dem vom Urheber des Boykotts angestrebten Vorteil und dem Schaden, den der durch die Massnahme Betroffene erleidet, ein offenbares Missverhältnis besteht ( BGE 82 II 299 und dort zit. Entscheide; BGE 82 II 315 ). Gemäss Feststellung der Vorinstanz hat der SMV den Boykott über die Kläger verhängt, um der Sperre gegenüber den Eurovisionssendungen Nachdruck zu verschaffen, die er angeordnet hatte, um die Fernsehorganisationen zu bestimmen, zu einer für die Musiker befriedigenden Regelung der Honorare für die Mitwirkung bei solchen Sendungen Hand zu bieten. Diese Feststellung betrifft tatsächliche Verhältnisse, nämlich die Absichten der Organe des SMV, und ist daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich. Sie ist im übrigen auch einleuchtend. Der Zweck, den der SMV hienach mit der Boykottierung der Kläger verfolgte, war durchaus legitim. Es handelte sich um die Wahrung berechtigter Interessen der Musiker, nicht etwa einfach darum, an den ausgeschlossenen Mitgliedern Rache zu üben. Dies wird dadurch BGE 85 II 525 S. 553 bestätigt, dass der Boykott sofort nach Erreichung des vom SMV erstrebten Ziels, d.h. sofort nach Abschluss eines Abkommens über die Honorierung der Eurovisionssendungen, aufgehoben wurde (oben Erw. 4). Entgegen der Auffassung der Kläger entzog die Tatsache, dass sie ausgeschlossen wurden, dem SMV nicht das Recht, durch einen gegen sie verhängten Boykott die Sperre der Eurovisionssendungen wirksamer zu gestalten und damit einen verstärkten Druck auf die Fernsehorganisationen auszuüben. Mittel des Boykotts war das Verbot des Verbandes an seine Mitglieder, ausserhalb der Veranstaltungen der Basler Orchestergesellschaft mit den Ausgeschlossenen zusammenzuarbeiten. Dieses Mittel war als solches nicht widerrechtlich oder sittenwidrig (wie es z.B. bei Beschimpfungen, Drohungen, Bespitzelung, Hausfriedensbruch der Fall wäre). Es trifft aber auch nicht zu, dass zwischen den vom Verband auf diese Weise erstrebten Vorteilen und dem Schaden, den die Kläger durch den Boykott erlitten, ein offenbares Missverhältnis bestanden habe. Um einen sog. Vernichtungsboykott, dessen Zulässigkeit zur Voraussetzung hat, dass "schutzwürdige Interessen des Urhebers der Sperre die Fernhaltung des Boykottierten von dem in Frage stehenden Wirtschaftsgebiet rechtfertigen und erheischen" ( BGE 76 II 287 , BGE 81 II 125 ), handelte es sich nicht. Den Klägern wurde nicht verunmöglicht, als Musiker ihr Brot zu verdienen. Man hat es vielmehr nur mit einem Erzwingungsboykott zu tun. Es ist daher bloss zu prüfen, ob die Nachteile dieses Boykotts für die Kläger dessen Vorteile für den Verband so stark überwogen, dass sie den Boykott als zu scharfe Massnahme erscheinen lassen. Dabei fällt erheblich ins Gewicht, dass die Kläger, indem sie trotz der Sperre der Eurovisionssendungen die CMB-Verträge abschlossen, an diesen festhielten und an der Sendung vom 27. April 1956 teilnahmen, den auch ihnen zugute kommenden Bestrebungen des Verbandes um eines BGE 85 II 525 S. 554 momentanen finanziellen Vorteils willen, d.h. aus Eigennutz, bewusst zuwidergehandelt und damit eine zweckentsprechende Reaktion, wie sie erfolgt ist, geradezu provoziert haben. Unter diesen Umständen kann von einem übermässigen Eingriff in ihre persönlichen Interessen nicht die Rede sein. Auch aus dem Boykott lassen sich deshalb keine Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche ableiten. 13. Ist die Klage aus den angegebenen Gründen abzuweisen, so braucht die Passivlegitimation der neben dem Verband belangten Verbandsfunktionäre nicht geprüft zu werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich (I. Zivilkammer) vom 28. Mai 1959 wird bestätigt.
public_law
nan
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1,959
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
22b7b493-9c8b-410c-9daf-7dcd967ad176
Urteilskopf 106 V 1 1. Auszug aus dem Urteil vom 12. Februar 1980 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Bucher und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art. 29 Abs. 2 AHVG . Keine Anrechnung von Beitragsjahren der Ehefrau an die fehlenden Beitragsjahre ihres verstorbenen Ehemannes (Erw. 1). Art. 30 Abs. 2 AHVG . Ist bei der Berechnung des durchschnittlichen Jahreseinkommens Fraueneinkommen mit zu berücksichtigen, so wird das Erwerbseinkommen nicht mitgezählt, das die Ehefrau bis zum 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 20. Altersjahr zurückgelegt hat, erzielt hat (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 106 V 1 S. 1 A.- Heinrich Bucher starb am 17. Dezember 1978. Mit Verfügung vom 9. März 1979 gewährte die Ausgleichskasse SPIDA der Madelaine Bucher eine Witwenrente von monatlich Fr. ... und der Tochter eine einfache Waisenrente von monatlich Fr. ... Als Berechnungsgrundlage diente ein massgebendes durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. ..., eine Beitragsdauer von 28 Jahren und die Rentenskala 40. BGE 106 V 1 S. 2 B.- Gegen diese Verfügung beschwerte sich Madelaine Bucher bei der Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel, mit dem Antrag, es sei ihr eine Vollrente nach der Rentenskala 44 auszuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, das Konto ihres Ehemannes weise eine Beitragslücke Von 1948 bis 1951 auf, weil er als hoffnungsloser Lungenpatient während dieser Zeit hospitalisiert gewesen sei. Ihr Ehemann hätte damals als Nichterwerbstätiger erfasst werden sollen. Ferner sei davon auszugehen, dass die von ihr in den Jahren 1951 bis 1955, d.h. Vor dem der Vollendung ihres 20. Altersjahres folgenden Kalenderjahr geleisteten Beiträge stellvertretend die Beitragslücke ihres Ehemannes ausfüllen können. Die Rekurskommission hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 29. Mai 1979 gut. Zur Begründung führte sie aus, das AHVG stelle - unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Versicherten - einzig auf die geleisteten Beiträge ab, so dass eine Beitragslücke Von 1948 bis 1951 bestehe. Im Fehlen von Vorschriften über die Anrechnung von Beitragsjahren der Frau an die unvollständigen Beitragsjahre des Verstorbenen Ehemannes erblickte die Rekurskommission jedoch eine Gesetzeslücke, die sie in dem Sinne ausfüllte, dass sie die drei fehlenden Beitragsjahre des Ehemannes durch die Beitragsjahre der Ehefrau ersetzte und damit Skala 44 als anwendbar erklärte. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Kassenverfügung wiederherzustellen. Auf die Begründung wird in den Erwägungen eingegangen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Vorinstanz erblickt in der gesetzlichen Regelung, wonach bei der Berechnung von Hinterlassenenrenten einzig die Beitragsdauer des verstorbenen Versicherten massgebend ist ( Art. 29 Abs. 2 AHVG ), eine echte Gesetzeslücke. Eine Vom Richter auszufüllende Lücke im Gesetz darf nach dem allgemeinen Grundsatz des Art. 1 Abs. 2 ZGB nur dann angenommen werden, wenn das Gesetz eine sich unvermeidlicherweise stellende Frage nicht beantwortet ( BGE 99 V 21 mit Hinweisen). Ob eine zwingende Notwendigkeit zur Aufnahme einer Bestimmung über die Anrechnung von Beitragsjahren der Ehefrau BGE 106 V 1 S. 3 an die unvollständigen Beitragsjahre ihres verstorbenen Ehemannes besteht und wie bei Annahme einer echten Lücke diese zu füllen sei, hat der Richter nach anerkannten Auslegungsregeln zu prüfen (MEIER/HAYOZ, N. 255 ff. zu Art. 1 ZGB ). Die Umstände, unter denen die bestehende Regelung entstanden ist, weisen - wie das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend darlegt - auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzes hin: Im Rahmen der 6. AHV-Revision trat am 1. Januar 1964 Art. 30 Abs. 6 AHVG (am 1. Januar 1969 durch Art. 30bis AHVG ersetzt) in Kraft. Diese neue Bestimmung räumte dem Bundesrat die Befugnis ein, besondere Vorschriften über die ersatzweise Anrechnung von Beitragsjahren und Beiträgen der Ehefrau bei unvollständiger Beitragsdauer des Ehemannes zu erlassen. Daraus hat das Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1965 S. 24 geschlossen, die Frage der Ergänzung einer unvollständigen Beitragsdauer des Ehemannes durch Beitragsjahre der Ehefrau sei dem Gesetzgeber nicht entgangen, weshalb in diesem Bereich die Annahme einer durch den Richter auszufüllenden Gesetzeslücke abzulehnen sei. An dieser Auffassung ist heute auch aus folgenden Gründen festzuhalten: Von seiner oben erwähnten Befugnis hat der Bundesrat durch Erlass einer in Art. 54 AHVV (in der vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1972 gültigen Fassung) enthaltenen Ausführungsbestimmung Gebrauch gemacht. Danach war die Anrechnung von Beitragszeiten der Ehefrau an die unvollständige Beitragsdauer des Ehemannes nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und lediglich bei der Berechnung von Ehepaar-Altersrenten und der sie ablösenden Witwenrenten möglich. Im Rahmen der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenen 8. AHV-Revision wurden die Art. 30bis AHVG und Art. 54 AHVV in dem Sinne abgeändert, dass die Vorschriften über die ersatzweise Anrechnung von Beitragsjahren und Erwerbseinkommen der Ehefrau bei unvollständiger Beitragsdauer des Ehemannes vollständig aufgehoben wurden. Diese Tatsache lässt nicht auf das Bestehen einer Gesetzeslücke schliessen, sondern ist gegenteils als eine negative Stellungnahme des Gesetzgebers zu werten. Bei der Berechnung von Hinterlassenenrenten ist somit für die Bestimmung der Rentenskala einzig die anrechenbare Beitragsdauer des Verstorbenen massgebend (nicht publiziertes Urteil vom 5. April 1978 i.S. Maionali). BGE 106 V 1 S. 4 Das individuelle Konto des verstorbenen Heinrich Bucher weist 27 volle Beitragsjahre auf (von 1952 bis 1978), zu denen gemäss Art. 52bis AHVV ein zusätzliches Beitragsjahr angerechnet werden kann. Der dem verstorbenen Versicherten anrechenbaren Beitragsdauer von 28 Jahren (wovon 22 vor 1973 und 6 nach 1973) stehen 31 Beitragsjahre seines Jahrgangs gegenüber, was gemäss dem vom 1. Januar 1979 an für neu entstehende Renten gültigen Skalawähler 1979 die Rentenskala 40 ergibt. Die Ausgleichskasse hat deshalb die mit Verfügung vom 9. März 1979 zugesprochenen Hinterlassenenrenten zu Recht aufgrund der Rentenskala 40 berechnet. 2. Gemäss dem seit 1. Januar 1979 geltenden Wortlaut von Art. 30 Abs. 2 AHVG werden bei der Berechnung des durchschnittlichen Jahreseinkommens nur die Beiträge angerechnet, die der Versicherte seit dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres bis zum 31. Dezember vor der Entstehung des Rentenanspruchs entrichtet hat. Sind bei der Berechnung einer Rente Fraueneinkommen mit zu berücksichtigen, so werden - wie das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend ausführt - Erwerbseinkommen nicht mitgezählt, von denen die Ehefrau bis zum 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 20. Altersjahr zurückgelegt hat, Beiträge entrichtet hat (Rz 61 des Kreisschreibens IV an die Ausgleichskassen über die Durchführung der 9. AHV-Revision auf dem Gebiete der Renten Vom 10. November 1978). Mit dieser Regelung soll vermieden werden, dass bei der Berechnung von Ehepaar- oder Hinterlassenenrenten Beiträge der Ehefrau angerechnet werden, die bei der Berechnung der eigenen einfachen Rente der Frau in der Regel nicht angerechnet werden... Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid der Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel, vom 29. Mai 1979 wird aufgehoben.
null
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22c1baad-68cf-4020-9a1e-8b60445b67eb
Urteilskopf 83 I 329 45. Urteil vom 23. Oktober 1957 i.S. F. gegen Finanzdirektion des Kantons Zürich, Kanton Zürich, Stadt Zürich und Kanton Nidwalden.
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV . Der bei der Veräusserung eines Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn untersteht grundsätzlich der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons.
Sachverhalt ab Seite 329 BGE 83 I 329 S. 329 A.- Mit Vertrag vom 10. Februar 1955 räumte der damalige Eigentümer der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich dem in Buochs (Kanton Nidwalden) wohnhaften Kaufmann F. ein frei übertragbares Kaufsrecht am genannten Grundstück ein. Der Kaufpreis der Liegenschaft war im Vertrag auf Fr. 1'600,000.-- festgelegt; er wurde durch Zusatzvereinbarung vom 25. Februar 1955 auf Fr. 1'400,000.-- herabgesetzt. Am 8. März trat F. sein Kaufsrecht gegen Vergütung von Fr. 120'000.-- einem Zürcher Bauunternehmen ab. Dieses übte das Kaufsrecht aus und erwarb die Liegenschaft vom bisherigen Eigentümer. Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich erblickte in der Errichtung und der Übertragung des BGE 83 I 329 S. 330 Kaufsrechts zwei Handänderungen, für die sie F. - das eine Mal als Erwerber, das andere Mal als Veräusserer - zur Handänderungssteuer heranzog. Ausserdem veranlagte sie ihn unter Zugrundelegung eines bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielten Reingewinns von Fr. 89'307.-- zu einer Grundstücksgewinnsteuer von Fr. 30'420.--. In teilweiser Gutheissung eines Rekurses des Steuerpflichtigen erkannte die Finanzdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 21. Dezember 1956, dass F. infolge bisher nicht berücksichtigter Unkosten lediglich ein Reingewinn von Fr. 38'110.50 verblieben sei. Dementsprechend setzte sie die Grundstücksgewinnsteuer auf Fr. 10'535.-- herab. Mit Bezug auf die Handänderungssteuer wies sie den Rekurs dagegen ab. B.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Art. 46 Abs. 2 BV beantragt F., die angeführte Verfügung sei, soweit sie sich auf die Grundstücksgewinnsteuer bezieht, aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der Kanton Zürich auf dem in Frage stehenden Geschäft keine solche Steuer erheben dürfe. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, dass im Kanton Zürich wohnhafte Steuerpflichtige gestützt auf § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher Steuergesetzes für den Gewinn aus der Veräusserung von Kaufsrechten zur Grundstücksgewinnsteuer herangezogen werden können. Zu prüfen sei vielmehr, ob der Kanton Zürich auch ausserhalb des Kantons wohnhafte Personen für derartige Gewinne seiner Steuerhoheit unterwerfen dürfe, wenn sich das veräusserte Kaufsrecht auf ein im Kanton gelegenes Grundstück bezieht. Das sei nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 27. März 1957 i.S. H. (abgedruckt in ZStGV 58 S. 501 ff.) zu verneinen; weise dieser Entscheid doch den Zwischengewinn, der von einem nicht dinglich am Grundstück Berechtigten erzielt worden ist, dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zu. Der Beschwerdeführer aber habe den streitigen Gewinn nicht in Ausübung des Grundeigentums oder eines anderen dinglichen BGE 83 I 329 S. 331 Rechts an der Sache erzielt. Dass der Gewinn zudem, wirtschaftlich gesehen, auf seine eigenen Bemühungen zurückzuführen sei, ergebe sich schon daraus, dass die Liegenschaften auf dem Gebiet der Stadt Zürich während der kurzen Zeit, da das Grundstück in seiner Verfügung stand, nicht allgemein in ebendem Masse im Wert gestiegen seien. Es rechtfertige sich daher, die erzielten Einkünfte als Bestandteil des ordentlichen Einkommens des Beschwerdeführers durch den Wohnsitzkanton Nidwalden besteuern zu lassen. C.- Der Regierungsrat des Kantons Nidwalden schliesst sich der Betrachtungsweise und den Anträgen des Beschwerdeführers an. Der Regierungsrat des Kantons Zürich und der Finanzvorstand der Stadt Zürich beantragen demgegenüber die Abweisung der Beschwerde. Sie bemerken, der vorliegende Fall unterscheide sich wesentlich von dem, den das Bundesgericht in dem in der Beschwerde angerufenen Entscheid zu beurteilen hatte. Während Frau H. auf ihr Kaufsrecht zugunsten des bisherigen Eigentümers verzichtet habe, habe der Beschwerdeführer sein Kaufsrecht auf einen Dritten übertragen und diesem so den Erwerb der Liegenschaft ermöglicht. Wohl habe er den Gewinn, zivilrechtlich betrachtet, durch die Abtretung eines obligatorischen und nicht eines dinglichen Rechts erzielt. Auf diesen Umstand dürfe es aber bei der Bestimmung des Besteuerungsorts nicht ankommen. Massgebend sei allein, ob die Verfügungsgewalt über das Grundstück die Erzielung des Gewinns ermöglicht habe. Das sei hier der Fall gewesen: gestützt auf das im Grundbuch eingetragene Kaufsrecht habe der Beschwerdeführer gegenüber den Interessenten wie ein Eigentümer auftreten, den Kaufpreis frei bestimmen und den Zwischengewinn einziehen können. Wirtschaftlich gesehen, habe er damit das nämliche Ergebnis erzielt, wie wenn er das Eigentum selbst erworben und auf den Dritten weiterübertragen hätte. Derartigen sogen. Kettengeschäften komme - insbesondere im gewerbsmässigen Liegenschaftshandel - eine BGE 83 I 329 S. 332 grosse Bedeutung zu. Würden die auf diese Art erzielten Grundstücksgewinne grundsätzlich dem Wohnsitzkanton zur Besteuerung zugewiesen, so wäre damit der Steuerumgehung Tür und Tor geöffnet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Gewinn, den der Beschwerdeführer bei der Übertragung eines Kaufsrechts an einem im Kanton Zürich gelegenen Grundstück erzielt hat, ist vom Wohnsitzkanton Nidwalden nicht besteuert worden. Dies schliesst jedoch das Vorliegen eines interkantonalen Doppelbesteuerungskonflikts nicht aus. Die bundesgerichtlichen Kollisionsnormen richten sich nicht nur gegen die aktuelle, sondern auch gegen die virtuelle Doppelbesteuerung; sie verbieten den Eingriff in die Steuerhoheit eines andern Kantons selbst dann, wenn dieser von seinem Besteuerungsrecht keinen Gebrauch macht ( BGE 83 I 106 Erw. 2, 262, und dort angeführte Urteile). 2. Nach § 161 Abs. 1 des Zürcher Steuergesetzes wird die Grundstücksgewinnsteuer auf den Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen an solchen ergeben. Den Handänderungen stellt lit. a der genannten Bestimmung die Rechtsgeschäfte gleich, "die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken". Als solches Rechtsgeschäft hat gemäss ständiger Praxis der Zürcher Steuerbehörden auch die Übertragung eines Kaufsrechts zu gelten (vgl. BGE 79 I 22 ). Der Beschwerdeführer ficht diese Betrachtungsweise an sich nicht an; er wendet lediglich ein, der Kanton Zürich dürfe nicht auf dem Wege der Auslegung des kantonalen Steuergesetzes in die Steuerhoheit des Kantons Nidwalden übergreifen. Bei der Abgrenzung der Steuerhoheit der Kantone ist der Staatsgerichtshof nicht an die Umschreibung des Grundstücksgewinns und der Grundstücksgewinnsteuerpflicht in den kantonalen Steuerrechten gebunden. Er hat hierüber vielmehr eigene Normen aufgestellt. BGE 83 I 329 S. 333 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht das Grundeigentum und sein Ertrag unter der Steuerhoheit des Kantons, in dem es sich befindet. Das gleiche gilt grundsätzlich für den bei der Veräusserung einer Liegenschaft erzielten Gewinn, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er durch die Einkommenssteuer oder eine besondere Wertzuwachs- oder Grundstücksgewinnsteuer erfasst wird ( BGE 45 I 286 ). Wurde dies in älteren Entscheiden nur mit Bezug auf Gewinne aus sogen. Wertzuwachs anerkannt, der ohne Zutun des Verkäufers entstanden ist, so behandelt die neuere Rechtsprechung den Gewinn, auch soweit er auf die persönlichen Bemühungen des Veräusserers und namentlich auf die Geschäftstätigkeit eines berufsmässigen Liegenschaftshändlers zurückzuführen ist, in der Regel als Liegenschaftsertrag, der im Kanton der gelegenen Sache zu besteuern ist ( BGE 79 I 145 ff., BGE 83 I 187 Erw. 2, 265, sowie zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Den Ausschlag dafür gibt die Erwägung, dass der durch die persönlichen Bemühungen des Verkäufers bewirkte Gewinn regelmässig so sehr hinter dem durch äussere Ursachen (wie Konjunktur und Währungslage) sowie durch die örtlichen Verhältnisse (Anlage von Strassen und Kanalisationen, zunehmende Überbauung, erhöhte Nachfrage nach Land usw.) bedingten Wertzuwachs zurücktritt, dass sich eine Sonderbehandlung des (ausserdem meist schwer abzugrenzenden) Geschäftsgewinns nicht rechtfertigt. Dies trifft entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers auch dann zu, wenn der Veräusserer für ein kurz zuvor erworbenes Grundstück einen wesentlich über dem Ankaufspreise liegenden Verkaufspreis erzielt. Da der Gewinn auch in diesem Falle in überwiegendem Mass nicht den Anstrengungen des Verkäufers entspringt, sondern der Marktentwicklung, an der das Grundstück teilhat, erscheint es als folgerichtig, den ganzen Gewinn durch den Liegenschaftskanton besteuern zu lassen. 3. Zu prüfen ist, ob dieser Grundsatz auch gelte, wenn der Gewinn, wie es hier zutrifft, nicht vom bisherigen Eigentümer beim Verkauf des Grundstücks, sondern BGE 83 I 329 S. 334 vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts erzielt worden ist. Dass Gewinne der einen wie der andern Art weitgehend auf die nämlichen äusseren Ursachen und örtlichen Verhältnisse zurückzuführen sind, ist nicht zu verkennen. Im Gegensatz zu den Fällen, in denen ein einfaches Mäklerverhältnis vorliegt, ist somit auch hier in erster Linie die Liegenschaft die Einkommensquelle und nicht die Handelstätigkeit des Veräusserers. Dass das Grundstück, das die Erzielung des Gewinns ermöglicht hat, nicht im Eigentum des Veräusserers steht, sondern dass dieser darüber nur in wirtschaftlichem Sinne und auf Grund eines bloss obligatorischen Rechtsverhältnisses verfügen kann, ändert an der engen Verbundenheit des Einkommens mit dem Grund und Boden nichts. Dieser Zusammenhang aber ist (und insofern kann an den Erwägungen des angeführten Urteils i.S. H. nicht festgehalten werden) für die Begründung der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons entscheidend, kommt es hiefür doch auf die objektive Eigenart des Einkommens im Hinblick auf das Grundstück und nicht auf die Stellung der Person an, die dieses Einkommen verwirklicht (vgl. BGE 68 I 72 ). Der vom Kaufsberechtigten bei der Übertragung des Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn ist deshalb grundsätzlich am Ort der gelegenen Sache zu versteuern. Allein diese Steuerausscheidung vermag denn auch, wie der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Recht ausgeführt hat, eine vollständige steuerliche Erfassung der wirtschaftlich erheblich ins Gewicht fallenden Zwischengewinne des Liegenschaftshandels zu gewährleisten und Steuerumgehungen wirksam Einhalt zu gebieten. Der Beschwerdeführer hat somit den Gewinn, den er bei der Abtretung des Kaufsrechts an der Liegenschaft Hohlstrasse 608 in Zürich erzielt hat, im Kanton Zürich zu versteuern. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 106 III 79 17. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 1. Mai 1980 i.S. Ausseramtliche Konkursverwaltung im Konkurs des Walter Schuler und Rolba AG (Rekurs)
Regeste Freihandverkauf im Konkurs ( Art. 256 SchKG ). 1. Rechtsnatur des Freihandverkaufes (E. 4). 2. Eine Information der Konkursverwaltung über einen wesentlichen Preisfaktor, welche die wirklichen Verhältnisse nicht ausreichend klar erkennen lässt und geeignet ist, Kaufinteressenten zum Rückzug oder jedenfalls zur Herabsetzung ihrer Angebote zu bewegen, führt grundsätzlich zur Aufhebung des Freihandverkaufes (E. 5). 3. Im Falle der Aufhebung eines Freihandverkaufes betreffend ein Grundstück steht es der vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörde nicht zu, das Grundbuchamt anzuweisen, den Grundbucheintrag zu löschen und den früheren Zustand wiederherzustellen; es ist vielmehr Sache der Konkursverwaltung, die notwendig gewordene Berichtigung des Grundbuches anzustreben und für die Rückerstattung des Kaufpreises besorgt zu sein (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 106 III 79 S. 80 Im Konkurs über Walter Schuler-Kofel reichte der Gemeinschuldner durch Eingabe vom 13. Oktober 1979 beim Bezirksgericht Hinwil als unterer Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde ein, unter anderem mit dem Rechtsbegehren: "Es sei der ausseramtlichen Konkursverwaltung im Konkurs des Walter Schuler, Wetzikon, sofort der Verkauf von 6999 m2 Land in der Industriezone der Gemeinde Wetzikon (Kat. Nr. 4413) (richtig: Kat. Nr. 4113) mit den darauf befindlichen Gebäuden (Grundhaldenweg 16/Scheune mit Elevator, Viehstall und Wohnung; Grundhaldenweg 20/Büro- und Wohnhaus; Geflügelhaus, Schweinestall und Silo) an die Firma Rolba AG, Zürich, zum Preise von Fr. 321'000.-- zu verbieten." Mit Beschluss vom 18. Oktober 1979 (versehentlich vom 17. Oktober 1979 datiert) wies das Bezirksgericht Hinwil die Beschwerde ab. Am gleichen Tag wurde das Eigentum am strittigen Grundstück auf die Rolba AG übertragen. Walter Schuler focht den bezirksgerichtlichen Entscheid beim Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich an, unter anderem nunmehr mit dem Antrag, der Verkauf des Grundstücks sei ungültig zu erklären und der ausseramtliche Konkursverwalter sei anzuweisen, die bereits erfolgten Grundbuchänderungen annullieren zu lassen. Mit Verfügung vom 3. Januar 1980 Ordnete der Präsident der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über die strittige Liegenschaft eine Kanzleisperre (Grundbuchsperre) im Sinne von § 29 der zürcherischen Grundbuchverordnung an. Am 28. März 1980 fasste die obere kantonale Aufsichtsbehörde folgenden Beschluss: "1. In teilweiser Gutheissung des Rekurses wird der Verkauf des Grundstückes GR Bl 3341/Kat. Nr. 4113 Grundplan 7 vom 13. September 1979 und 18. Oktober 1979 aufgehoben... 2. Die mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 1980 über das erwähnte Grundstück angeordnete Kanzleisperre wird aufgehoben und das Grundbuchamt Wetzikon angewiesen, die am 18. Oktober BGE 106 III 79 S. 81 1979 vorgenommene Eigentumsübertragung zu löschen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen." Hiegegen haben die ausseramtliche Konkursverwaltung und die Rolba AG bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Rekurs erhoben, im wesentlichen mit den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, allenfalls sei die ausseramtliche Konkursverwaltung anzuweisen, den bezahlten Kaufpreis zurückzuerstatten und der Käuferin die mit der Handänderung verbundenen Gebühren zu ersetzen sowie eine Umtriebsentschädigung zu bezahlen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Rekurrentinnen werfen der Vorinstanz vor, sie habe ihnen das rechtliche Gehör verweigert und dadurch Art. 4 BV verletzt. Da diese Rügen indessen mit - separater - staatsrechtlicher Beschwerde zu erheben gewesen wären ( BGE 105 III 34 ; BGE 101 III 70 f.; zur Frage der Vereinigung zweier Rechtsmittel in der gleichen Eingabe vgl. BGE 103 II 218 ff.), ist darauf nicht einzutreten. 2. Soweit die Rekurrentin Nr. 2 hilfsweise die Zusprechung von Schadenersatz verlangt, ist auf ihren Rekurs auch in diesem Punkt nicht einzutreten. Über Schadenersatzansprüche hat einzig der Richter zu befinden ( BGE 91 III 46 f. E. 7 mit Hinweisen). 3. Der Auffassung, der Freihandverkauf stelle eine Amtshandlung dar, habe öffentlichrechtlichen Charakter und sei deshalb der öffentlichen Steigerung gleichzusetzen, steht die Ansicht gegenüber, der Freihandverkauf, der zwar an betreibungsrechtliche Voraussetzungen geknüpft sei, unterscheide sich dennoch in nichts vom privaten Kauf, da er zwischen dem Beamten und dem Erwerber wie ein privater Vertrag abgeschlossen werde (für den öffentlichrechtlichen Charakter des Freihandverkaufs sprechen sich unter anderem aus: FAVRE, Droit des poursuites, 3. A., S. 225; BLUMENSTEIN, Handbuch des schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 440; JAEGER, N. 2 zu Art. 130 SchKG ; STUTZ, Der Freihandverkauf im SchKG, Diss. Zürich 1978, S. 101; den zivilistischen Standpunkt vertreten namentlich: HINDERLING, Fragen aus dem Grenzbereich zwischen Privat- und Verfahrensrecht, in: ZSR 83/1964 I S. 117; BRAND, SJK Nr. 988 S. 9; LEEMANN, Ist der Freihandverkauf durch das Betreibungs- oder Konkursamt BGE 106 III 79 S. 82 von den zivilrechtlichen Formen befreit?, in: SJZ 28/1931-32, S. 258; HOMBERGER, N. 38 zu Art. 963 ZGB ). Das Bundesgericht hat in BGE 50 III 110 f. E. 2 festgehalten, der Freihandverkauf unterscheide sich - insoweit er ein auf Veräusserung gerichtetes Geschäft darstelle - in nichts vom Kauf des Zivilrechts; da er somit in einem ausgeprägten Gegensatz zur Zwangsversteigerung stehe, könne Art. 136bis SchKG (betreffend die Aufhebung eines Steigerungszuschlages) nicht herangezogen werden. In der Folge hat es dann aber zwei Freihandverkäufe auf Rekurs hin aufgehoben, ohne dass es sich mit dem früheren Entscheid auseinandergesetzt hätte ( BGE 63 III 81 oben und 87 f.). Die Zulässigkeit der Aufhebung eines Freihandverkaufs im Beschwerdeverfahren wurde in BGE 73 III 25 E. 2 alsdann ausdrücklich bejaht. In verschiedenen späteren Urteilen hat das Bundesgericht die Frage nach der Rechtsnatur des Freihandverkaufs unter Hinweis auf die bestehende Kontroverse offen gelassen (so BGE 76 III 104 E. 1; 101 III 55 E. 2; BGE 105 III 75 ). Der vorliegende Fall gibt nun Anlass, zu dieser Kontroverse Stellung zu nehmen. 4. Der Freihandverkauf ist wie die öffentliche Steigerung ein Institut der Zwangsvollstreckung mit dem Zweck, das beschlagnahmte Vermögen zu versilbern. Gemeinsames Merkmal beider Verwertungsarten ist die Unfreiwilligkeit der Veräusserung (vgl. HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 64 zu Art. 656 ZGB ; STUTZ, a.a.O. S. 88), und in beiden Fällen wird diese durch den Betreibungs- bzw. den Konkursbeamten vorgenommen. Ein Unterschied besteht freilich in der Art der Preisbildung und in der Durchführung der Veräusserung. An die Stelle der Angebote der Steigerungsinteressenten und des Steigerungszuschlages tritt beim Freihandverkauf die Vereinbarung zwischen dem Betreibungs- oder dem Konkursbeamten und dem Erwerber, wobei jenem naturgemäss nicht die Stellung des Verkäufers im zivilrechtlichen Sinne zukommen kann. Der Beamte ist in seinem Handeln nicht frei; vielmehr ist es unter anderem seine Pflicht, das günstigste Angebot ausfindig zu machen und den Gläubigern sowie gegebenenfalls den Aktionären der Gemeinschuldnerin Gelegenheit zu geben, ein Angebot zu überbieten (vgl. BGE 101 III 57 oben mit Hinweisen; BGE 88 III 39 E. 6). Nur die Einstufung des Freihandverkaufs als staatlicher Hoheitsakt vermag daher den Verhältnissen gerecht zu werden. BGE 106 III 79 S. 83 Die Gleichstellung von Freihandverkauf und öffentlicher Steigerung hinsichtlich der Rechtsnatur hat zur Folge, dass jener grundsätzlich - in analoger Anwendung des für die öffentliche Steigerung geltenden Art. 136bis SchKG - auf dem Beschwerdeweg angefochten werden kann (vgl. STUTZ, a.a.O. S. 104). Der Einwand von HINDERLING (a.a.O. S. 117 f.), Art. 17 SchKG erwähne nur einseitige Verfügungen, schlägt insofern nicht durch, als sich die Beschwerde wie bei der öffentlichen Steigerung auch beim Freihandverkauf letztlich gegen den Akt des Vollstreckungsbeamten - den Steigerungszuschlag (vgl. die ausdrückliche Bestimmung in Art. 136bis SchKG ) bzw. die Annahme der Offerte - richtet. An der von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer in einem jüngeren Entscheid ( BGE 105 III 75 ) vertretenen Auffassung, die Beurteilung der Gültigkeit, der Voraussetzungen und der Wirkungen eines Freihandverkaufs Obliege dem Zivilrichter, kann daher nicht festgehalten werden. Die kantonalen Aufsichtsbehörden sind nach dem Ausgeführten zu Recht auf die gegen den Freihandverkauf gerichtete Beschwerde des Gemeinschuldners eingetreten. 5. Ein Freihandverkauf soll nicht leichthin aufgehoben werden können. Nur das Vorliegen schwerwiegender Mängel rechtfertigt diesen Eingriff. Wie lange nach seinem Abschluss ein Freihandverkauf noch angefochten werden kann (zur Aufhebung eines Steigerungszuschlages vgl. BGE 98 III 59 ff.), braucht hier, wo die Übertragung des Grundstücks während des kantonalen Verfahrens vollzogen worden ist, nicht erörtert zu werden. Einer Aufhebung des Freihandverkaufs steht jedenfalls auch insofern nichts entgegen, als das Grundstück in der Zwischenzeit nicht weiterveräussert worden ist. Im vorinstanzlichen Verfahren hatte der Gemeinschuldner die Art beanstandet, wie die ausseramtliche Konkursverwaltung die Kaufinteressenten über die Leistung einer Entschädigung an die Rekurrentin Nr. 2 informiert hatte. Die Rekurrentin Nr. 2, Eigentümerin des Nachbargrundstücks der zu verwertenden Parzelle Nr. 4113, hatte die ausseramtliche Konkursverwaltung mit Schreiben vom 1. Juni 1979 folgendes wissen lassen: "Wie am 31.5.1979 bereits am Telefon erwähnt, ist laut Auflage vom Kantonalen Tiefbauamt eine Zufahrt zur obigen Landparzelle BGE 106 III 79 S. 84 (Nr. 4113) nur über unseren kürzlich fertiggestellten Einspurer, d.h. über unser Fabrikgelände, möglich. Der Kostenanteil, der von uns auf die Parzelle 4113 abgewälzt werden muss, beträgt ca. Fr. 18.-- pro m2." In einzeln abgefassten Briefen leitete der ausseramtliche Konkursverwalter diese Mitteilung den Offerenten in folgender Weise weiter: "Zusätzlich zum Kaufpreis ist eine Entschädigung von ca. Fr. 18.--/ m2 als Kostenanteil für die Benützung der Zufahrt über das Fabrikgelände der Rolba Aktiengesellschaft, Wetzikon, zu entrichten. Leider haben wir erst seit 1.6.1979 davon Kenntnis, sodass diese Auflage in der Dokumentation des Konkursamtes Wetzikon nicht berücksichtigt werden konnte." Entgegen der Auffassung der Rekurrentinnen war diese Information über einen wesentlichen Preisfaktor geeignet, Kaufinteressenten zum Rückzug oder jedenfalls zur Herabsetzung ihres Angebotes zu bewegen. Sie liess die wirklichen Verhältnisse nicht ausreichend klar erkennen. Wenn die ausseramtliche Konkursverwaltung - als Amtsstelle - schrieb, zusätzlich zum Kaufpreis sei eine Entschädigung von ca. Fr. 18.--/m2 zu entrichten, und in diesem Zusammenhang von einer "Auflage" sprach, so musste auch ein geschäftsgewandter Interessent daraus ableiten, es handle sich dabei nicht bloss um eine von der Eigentümerin des Nachbargrundstücks erhobene Forderung, sondern um etwas Unabänderliches. Dass ein am Erwerb des Landes wirklich Interessierter selbst noch nähere Erkundigungen einziehe, konnte bei der gewählten Formulierung nicht erwartet werden. Aus den Schreiben der Kaufinteressenten Reichle + De Massari vom 2. Juli 1979 und H. Bretscher AG vom 5. Juni 1979 (richtig: 5. Juli 1979) ergibt sich deutlich, dass diese ihre Offerten wegen der nachträglich angekündigten Entschädigung reduzierten bzw. zurückzogen. Es kann sich freilich fragen, ob sie nicht gleich reagiert hätten, wenn die Mitteilung der ausseramtlichen Konkursverwaltung zu keinen Missverständnissen hätte Anlass geben können. Dies abzuklären, kann jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein. Vielmehr ist der Freihandverkauf in Bestätigung des angefochtenen Entscheides aufzuheben. Nur durch eine Wiederholung des Offertverfahrens kann zuverlässig ermittelt werden, ob sich tatsächlich kein besseres Angebot erzielen lässt. BGE 106 III 79 S. 85 6. Ob der ausseramtliche Konkursverwalter eine Pflichtverletzung begangen habe, indem er das Eigentum am strittigen Grundstück übertrug, ohne abzuwarten, ob gegen den erstinstanzlichen Entscheid allenfalls Rekurs erhoben werde, braucht hier nicht erörtert zu werden. Diese Frage ist für den Ausgang des Verfahrens ebensowenig von Belang wie jene, ob die von der Vorinstanz angeordnete Kanzleisperre, deren Wirksamkeit sich auf das kantonale Verfahren beschränkte und die in Ziffer 2 des Dispositivs des angefochtenen Entscheides aufgehoben wurde, gegen Bundesrecht verstossen habe. 7. In beiden Rekursen wird der Eventualantrag gestellt, die ausseramtliche Konkursverwaltung sei zur Rückerstattung des bereits bezahlten Kaufpreises nebst Zins aufzufordern. Die Anweisung der Vorinstanz an das Grundbuchamt Wetzikon, den Eintrag betreffend die Eigentumsübertragung zu löschen, wird dagegen nicht ausdrücklich beanstandet. Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks bedarf es keiner öffentlichen Beurkundung (vgl. Art. 229 Abs. 1 OR ) und wird das Eigentum mit dem Zuschlag erworben (vgl. Art. 143 SchKG und Art. 63 Abs. 2 VZG ; MEIER-HAYOZ, N. 100 zu Art. 656 ZGB ). Dieses geringe Mass an formellen Anforderungen lässt sich daraus erklären, dass der Steigerung ein genau festgelegtes Vorverfahren voranzugehen hat (Publikation der Steigerung, Erstellen des Lastenverzeichnisses, Lastenbereinigungsverfahren, Aufstellen der Steigerungsbedingungen) und dass der Zuschlag öffentlich erfolgt und demgemäss der Kontrolle der Öffentlichkeit unterstellt ist (STUTZ, a.a.O. S. 96). Anders liegen die Verhältnisse dagegen beim Freihandverkauf. Hier haben die zum Schutze der Beteiligten und im Interesse der Rechtssicherheit bestehenden Formvorschriften betreffend den Übergang von Grundeigentum keine geringere Berechtigung als beim Grundstückkauf im Sinne von Art. 216 OR (vgl. BGE 99 Ib 432 E. 1). Sie sind daher auch auf den Freihandverkauf anzuwenden. Für dessen Gültigkeit ist somit die öffentliche Beurkundung ( Art. 216 Abs. 1 OR ) erforderlich, und das Eigentum geht erst mit dem Grundbucheintrag auf den Erwerber über ( Art. 656 Abs. 1 ZGB ; so auch MEIER-HAYOZ, N. 102 zu Art. 656 ZGB ; STUTZ, a.a.O. S. 97 oben; a.M. HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 64 f. zu Art. 656 ZGB , und BLUMENSTEIN, a.a.O. S. 440). BGE 106 III 79 S. 86 Das Dahinfallen des Rechtsgrundes zufolge Aufhebung des Freihandverkaufs führt nach dem Gesagten nicht dazu, dass das Eigentum ohne weiteres wieder an die Konkursmasse zurückfällt. Es steht den vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden - anders als im Fall der öffentlichen Steigerung (dazu Art. 63 Abs. 2 VZG ) - daher nicht zu, das Grundbuchamt anzuweisen, den Eintrag zu löschen und den früheren Zustand wiederherzustellen. In diesem Punkt ist der angefochtene Entscheid von Amtes wegen aufzuheben. Es wird Sache der ausseramtlichen Konkursverwaltung sein, die zufolge Aufhebung des Freihandverkaufs notwendig gewordene Berichtigung des Grundbuches anzustreben und andererseits für die Rückerstattung des bezahlten Kaufpreises besorgt zu sein, es sei denn, die Rekurrentin Nr. 2 würde im neu durchzuführenden Offertverfahren am meisten bieten. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Die beiden Rekurse werden abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. Dispositiv-Ziffer 2 des Beschlusses des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 28. März 1980 wird von Amtes wegen dahin abgeändert, dass die Anweisung an das Grundbuchamt Wetzikon, es sei der Eintrag der Eigentumsübertragung zu löschen, aufgehoben und die ausseramtliche Konkursverwaltung im Sinne der Erwägungen aufgefordert wird, für die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu sorgen.
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22cba243-076b-4908-be09-5affbf33e38b
Urteilskopf 83 II 272 40. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juni 1957 i.S. S. gegen Bezirksrat Zürich.
Regeste Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels ( Art. 370 ZGB ) im Falle der Prostitution?
Sachverhalt ab Seite 272 BGE 83 II 272 S. 272 Die im Jahre 1932 geborene Beklagte lernte nach der Entlassung aus der Primarschule keinen Beruf. Sie arbeitete als Hilfskraft in verschiedenen Branchen und wechselte häufig die Stelle. Im Jahre 1951 wurde sie von einem verheirateten Kriminellen geschwängert. Auf Grund eines Gutachtens der Psychiatrischen Universitäts-Poliklinik Zürich vom 7. August 1951 wurde diese Schwangerschaft unterbrochen. Am 12. August 1952 gebar die Beklagte BGE 83 II 272 S. 273 ein Kind, als dessen Vater sie den nach ihren Angaben liederlichen, arbeitsscheuen und zeitweise trunksüchtigen M. bezeichnete. In einem von der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich eingeholten Ergänzungsgutachten vom 20. September 1952 kam die Psychiatrische Universitäts-Poliklinik zum Schluss, die Beklagte leide an einem Schwachsinn vom Ausmass einer Debilität und an schweren Charakterschwächen und -abnormitäten und bedürfe deswegen des Schutzes und der Führung, um sozial und vor allem sittlich nicht noch weiter zu verwahrlosen. Über diese Gefahr führt das Gutachten u.a. aus, die Beklagte sei vergnügungssüchtig und verschwenderisch, habe Umgang mit Kriminellen, Haltlosen und Dirnen und treibe sich in Dancings und Bars herum. Die Vormundschaftsbehörde beantragte daraufhin dem Bezirksrate Zürich, die Beklagte (welche die ihr gemachten Vorhalte bestritt oder bagatellisierte) gemäss Art. 369 und 370 ZGB wegen Geistesschwäche und liederlichen Lebenswandels zu entmündigen. Mit Beschluss vom 24. April 1953 entmündigte sie der Bezirksrat gemäss Art. 369 ZGB wegen Geistesschwäche. Sie auch gemäss Art. 370 ZGB zu entmündigen, lehnte er ab, weil ihre Liederlichkeit ein Ausfluss ihrer Geistesschwäche und zudem nicht so schwerwiegend sei, dass sie die Anwendung dieser Bestimmung zu rechtfertigen vermöchte. Nach Zustellung dieses Beschlusses stellte die Beklagte das Begehren um gerichtliche Beurteilung, worauf der Bezirksrat die Vormundschaftsbehörde anwies, auf Bestätigung der Entmündigung zu klagen. Diese Klage wurde am 1. März 1954 eingeleitet, nachdem neue Erkundigungen der Vormundschaftsbehörde ergeben hatten, dass die - seit dem 1. Juni 1953 verheiratete - Interdizendin sich der gewerbsmässigen Unzucht hingab. Mit Urteil vom 22. April 1955 sprach das Bezirksgericht Zürich die Entmündigung gestützt auf Art. 369 und 370 ZGB aus. Das Obergericht des Kantons Zürich hat diesen Entscheid am 4. Dezember 1956 mit BGE 83 II 272 S. 274 der Abänderung bestätigt, dass es nur Art. 370 ZGB zur Anwendung brachte. Das Vorliegen einer Geistesschwäche im Sinne von Art. 369 ZGB verneinte es auf Grund eines Gutachtens von Dr. med. W. vom 17. November 1956. Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht beantragt die (heute geschiedene) Beklagte wie im kantonalen Verfahren Abweisung der Klage. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Angesichts des von der Vorinstanz als schlüssig gewürdigten Gutachtens von Dr. W. hat sich der Kläger mit Recht damit abgefunden, dass die Vorinstanz es abgelehnt hat, die Beklagte wegen Geistesschwäche im Sinne von Art. 369 ZGB zu entmündigen. Streitig ist also nur noch, ob die Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels im Sinne von Art. 370 ZGB gerechtfertigt sei oder nicht. 2. Die Beklagte hat sich nach den für das Bundesgericht massgebenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz von 1953 bis in das Jahr 1956 als Dirne betätigt und dieses Gewerbe namentlich vom Oktober 1954 an "hemmungslos" ausgeübt. Sie hat also zweifellos einen lasterhaften Lebenswandel im Sinne von Art. 370 ZGB geführt. Für die Zeit nach dem 23. April 1956, d.h. für die Zeit nach dem Verhör der Zeugen, die bestätigten, dass die Beklagte häufig Männerbesuche empfangen habe, ist jedoch nicht festgestellt, dass die Beklagte sich weiterhin der Gewerbsunzucht hingegeben habe. Die Vorinstanz billigt ihr im Gegenteil zu, dass ihr Lebenswandel, soweit er auf Grund der Akten bekannt sei, sich heute nicht mehr in der "abgründigen Tiefe" bewege wie früher. Aus der im angefochtenen Urteil erwähnten Tatsache, dass sie am 17. September 1956 von der Sittenpolizei festgenommen wurde, die sie dann dem Gutachter Dr. W. zuführte, zieht die Vorinstanz nicht den Schluss, dass die Beklagte damals wiederum im Begriffe gewesen sei, sich zu prostituieren. Dass die Beklagte sich nur unter dem BGE 83 II 272 S. 275 Drucke des Entmündigungsverfahrens vorübergehend etwas besser gehalten habe, stellt die Vorinstanz nicht fest. Unter diesen Umständen konnte ihr zur Zeit der Fällung des vorinstanzlichen Urteils nicht mehr vorgeworfen werden, dass sie einen lasterhaften Lebenswandel führe. Der geltend gemachte Entmündigungsgrund war also in dem für die Beurteilung der vorliegenden Berufung massgebenden Zeitpunkte nicht gegeben. Hiebei bliebe es übrigens auch dann, wenn es nach dem Frühjahr 1956 noch zu vereinzelten Fehltritten gekommen wäre; denn von lasterhaftem Lebenswandel kann nur die Rede sein, wenn eine Person sich gewohnheitsmässig einem Laster hingibt. 3. Die Entmündigung wegen lasterhaften Lebenswandels im Sinne von Art. 370 ZGB könnte aber auch dann nicht bestätigt werden, wenn man mit dem Kläger annähme, vom Antragsteller könne aus praktischen Gründen nicht verlangt werden, dass er die Fortdauer des lasterhaften Lebenswandels bis zum Erlass des Urteils der letzten kantonalen Instanz beweise, oder sogar davon ausginge, eine während des Entmündigungsverfahrens tatsächlich eingetretene Besserung im Verhalten des Interdizenden sei nach der Lebenserfahrung gewöhnlich nicht von Dauer und deshalb unerheblich. Denn der lasterhafte Lebenswandel kann nach Art. 370 ZGB nur dann zur Entmündigung führen, wenn die betreffende Person sich oder ihre Familie dadurch der Gefahr eines Notstandes oder der Verarmung aussetzt oder wenn sie deswegen zu ihrem Schutze dauernd des Beistandes und der Fürsorge bedarf oder die Sicherheit anderer gefährdet, und von diesen Voraussetzungen ist im vorliegenden Falle keine erfüllt. a) Von einer Gefährdung der Sicherheit anderer könnte, wie sich aus BGE 46 II 210 Erw. 3 ergibt, nur gesprochen werden, wenn die Beklagte bei der Ausübung ihres Gewerbes Delikte begangen hätte, wofür keine Anhaltspunkte vorliegen. b) Dass die Beklagte wegen ihres Lebenswandels zu BGE 83 II 272 S. 276 ihrem Schutze in anderer als ökonomischer Beziehung des Beistandes und der Fürsorge bedürfe, die ihr ein Vormund gewähren könnte, hat die Vorinstanz mit Recht nicht angenommen. Die Frage aber, ob sie aus dem genannten Grunde in ökonomischer Beziehung schutzbedürftig sei, fällt mit der Frage zusammen, ob sie sich durch ihren Lebenswandel der Gefahr eines Notstandes oder der Verarmung aussetze. c) Diese Gefahr ist bei einer Person, die einen lasterhaften Lebenswandel führt, nicht schon deswegen als vorhanden anzusehen, weil bei einem solchen Verhalten ganz allgemein die Möglichkeit des Versinkens in Not und Armut besteht. Vielmehr ist erforderlich, dass die besondern Umstände des konkreten Falles eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass diese Möglichkeit sich verwirklichen werde. Die Tatsachen, die diesen Schluss rechtfertigen, sind wie diejenigen, die den lasterhaften Lebenswandel als solchen dartun, vom Antragsteller nachzuweisen (vgl. BGE 44 II 231 , letzter Satz der Erwägungen). Was hienach für den Fall des lasterhaften Lebenswandels im allgemeinen gilt, ist auch im Falle der Prostitution massgebend. Man kann (zumal seitdem die Gefahr der venerischen Erkrankung sich stark vermindert hat) nicht mit Grund behaupten, es spreche eine Vermutung dafür, dass weibliche Prostituierte nach verhältnismässig kurzer Zeit verarmen oder in Not geraten, und diese Vermutung sei so stark, dass die Gefahr eines Notstandes oder der Verarmung ohne weiteres zu bejahen sei, wenn keine Tatsachen nachgewiesen werden, die diese Gefahr ausschliessen. BGE 46 II 210 Erw. 2 hat nicht diesen Sinn. Wenn in BGE 46 II 343 Erw. 4 bemerkt wurde, es bestehe "keine Gewähr" dafür, dass die Interdizendin nicht, "wie die Prostituierten im allgemeinen", in Not gerate, so war dies nicht der einzige Grund dafür, dass dort die in Frage stehende Voraussetzung der Entmündigung als gegeben erachtet wurde. Vielmehr wies das Bundesgericht BGE 83 II 272 S. 277 ausserdem darauf hin, dass die Interdizendin an einer Lungenkrankheit litt. Man hatte es also damals mit einer gesundheitlich besonders gefährdeten Prostituierten zu tun. Im vorliegenden Falle liegt nichts vor, was erlauben würde, eine konkrete Gefahr als vorhanden anzunehmen. Zwar sagt die Vorinstanz, die Beklagte verstehe es nicht, "dem Geld Sorge zu tragen". Allein einerseits hat dies mit der Prostitution nichts zu tun, und anderseits liegt dieser Würdigung keinerlei Feststellung über bestimmte Tatsachen zugrunde, die sie rechtfertigen könnten. Dem Urteil und den Akten ist nur zu entnehmen, dass die Beklagte Bedürfnisse hatte, die sie aus dem Haushaltungsgeld nicht bestreiten konnte. Davon aber, dass sie Schulden gemacht oder die Armenbehörden in Anspruch genommen habe, verlautet nichts. Ihre Entmündigung ist daher nicht gerechtfertigt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 4. Dezember 1956 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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1,957
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22d4ee52-8c94-4907-b926-bd6057209054
Urteilskopf 112 IV 19 7. Urteil des Kassationshofes vom 8. Januar 1986 i.S. D. c. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 148 und 251 StGB . Verhältnis zum kantonalen Verwaltungsstrafrecht ( Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ). Wer mit gefälschten Urkunden kantonale Studienbeiträge erschleicht, ist gemäss Art. 148 und 251 StGB zu bestrafen. Gleiche Verfehlungen zum Nachteil des Bundes sind nach den privilegierenden Strafnormen von Art. 14 und 15 VStrR zu ahnden. Diese Verschiedenheit in der Beurteilung lässt sich nicht auf dem Wege der Rechtsprechung beseitigen (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 112 IV 19 S. 19 A.- D. ist seit dem Sommersemester 1981 an der philosophischen Fakultät (Studienrichtung Psychologie) der Universität Zürich immatrikuliert. Die kantonale Kommission für Studienbeiträge lehnte am 5. Dezember 1983 sein Gesuch vom 5. Juli 1983 um Ausrichtung von Studienbeiträgen aus der Stipendienkasse der Hochschule ab mit der Begründung, er könne nicht als regulärer Student im Sinne von § 1 der Verordnung über die Ausrichtung von Studienbeiträgen an Schüler und Studierende höherer Lehranstalten vom 6. Februar 1974 gelten, so lange er sich nicht "in einen von der entsprechenden Fachschaft für verbindlich erklärten BGE 112 IV 19 S. 20 Studien- und Praktikumsplan einordnen wolle oder könne und sich den Anordnungen der Rektorin widersetze". D. verfasste daraufhin einen Studienplan (datierend vom 1. Dezember 1983) und unterzeichnete ihn. Diesen Plan legte er mit der daran angefügten folgenden Bestätigung den zuständigen Professoren seines 2. Hauptfaches zur Unterschrift vor: "Hiermit bestätigen wir, die Professoren der Haupt- und Nebenfächer von D. seinen Studienplan und erkennen diesen Studienplan an." Nachdem die Professoren diese Bestätigung unterzeichnet hatten, fügte D. dem zitierten Text folgenden Nachsatz an: "..., dass er seine Studien-Psychologie an der Universität Zürich erfolgreich bis angegebene Zeit absolvieren kann und will." D. reichte dieses Dokument, nachdem es von drei weiteren Professoren unterzeichnet worden war, am 21. Dezember 1983 als Beilage zu einem Rekurs gegen die Verfügung vom 5. Dezember 1983 beim Erziehungsrat des Kantons Zürich ein. Er wünschte für das Studienjahr 1983/4 einen Studienbeitrag von insgesamt Fr. 600.--. Dem Berater der Stipendiaten kam bei der Bearbeitung des Rekurses nach Rücksprache mit den fünf Professoren, die die Bestätigung unterzeichnet hatten, der Verdacht, dass die Bestätigung ergänzt worden war, nachdem die ersten beiden Professoren sie unterzeichnet hatten. Der gewünschte Studienbeitrag wurde nicht ausbezahlt. B.- Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach D. am 2. Juli 1985 im Berufungsverfahren der Urkundenfälschung ( Art. 251 StGB ) sowie des vollendeten Betrugsversuchs (Art. 148 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB ) schuldig und verurteilte ihn deswegen zu einer Gefängnisstrafe von 20 Tagen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren. C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Zürcher Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht wie bereits im Berufungsverfahren unter Hinweis auf BGE 108 IV 180 ff. und BGE 110 IV 24 ff. geltend, BGE 112 IV 19 S. 21 Art. 148 und 251 StGB seien nicht anwendbar, da der vorliegende Sachverhalt verwaltungsrechtlicher Natur sei. Er geht davon aus, dass sein Verhalten vom kantonalen Verwaltungsstrafrecht erfasst werde und bei Fehlen von - etwa Art. 14 VStrR (Leistungs- und Abgabebetrug) und Art. 15 VStrR (Urkundenfälschung) entsprechenden - Strafbestimmungen im kantonalen Recht nicht strafbar sei. Das BG über das Verwaltungsstrafrecht findet gemäss dessen Art. 1 Anwendung, wenn die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen einer Verwaltungsbehörde des Bundes übertragen ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend unbestrittenermassen nicht erfüllt. Nach den in der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde zitierten Ausführungen in BGE 108 IV 180 ff. erfasst Art. 15 VStrR (Urkundenfälschung, Erschleichung einer falschen Beurkundung) "nicht nur Urkundendelikte im Steuerveranlagungsverfahren, sondern jede derartige Handlung, welche sich gegen das Gemeinwesen richtet oder einen nach der Verwaltungsgesetzgebung unrechtmässigen Vorteil bewirken soll" (S. 182). Das Bundesgericht warf im zitierten Entscheid die Frage auf, ob der Gesetzgeber mit Art. 15 VStrR auch Urkundendelikte, die in der Absicht begangen werden, sich einen nach der Verwaltungsgesetzgebung der Kantone und Gemeinden unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einen Kanton bzw. eine Gemeinde am Vermögen zu schädigen, vom Anwendungsbereich von Art. 251 StGB habe ausnehmen wollen mit der Folge, dass solche Urkundendelikte nicht gemäss Art. 251 StGB , sondern, da Art. 15 VStrR nicht anwendbar ist, nur nach dem kantonalen Recht strafbar sein können (S. 183 E. 2c). Der Kassationshof erachtete eine solche Betrachtungsweise als naheliegend, da andernfalls die Urkundendelikte zum Nachteil von Kantonen und Gemeinden gemäss Art. 251 StGB , der Zuchthaus bis zu 5 Jahren oder Gefängnis androht, strenger bestraft würden als Urkundendelikte zum Nachteil des Bundes, für die Art. 15 VStrR lediglich Gefängnis oder Busse androht; und der Kassationshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Kompetenz der Kantone zum Erlass von Strafbestimmungen gemäss Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Eine abschliessende Stellungnahme zum Verhältnis VStrR/StGB, das nicht nur bezüglich der Urkundendelikte, sondern auch bezüglich des Leistungs- und Abgabebetruges ( Art. 14 VStrR / Art. 148 StGB ) der weiteren Klärung bedürfe, war aber zur Beurteilung des dem BGE 108 IV 180 ff. BGE 112 IV 19 S. 22 zugrunde liegenden Falles nicht erforderlich, da auf jenen Sachverhalt unbestrittenermassen das VStrR Anwendung fand und die fragliche Tat, eine Falschbeurkundung, nach Art. 15 VStrR , der als lex specialis die Anwendung von Art. 251 StGB ausschliesst, nicht strafbar war. In BGE 110 IV 24 ff. nahm das Bundesgericht zum Verhältnis von Verwaltungsstrafrecht und gemeinem Strafrecht beim Betrugstatbestand Stellung. Es führte unter Hinweis auf BGE 108 IV 180 ff. aus, dass die Tragweite von Art. 148 StGB "durch die privilegierenden Bestimmungen des Fiskal- bzw. allgemein des Verwaltungsstrafrechts eingeschränkt" werde und dass diese Einschränkung folgerichtig auch dann gelten müsse, "wenn im konkreten Fall eine anwendbare Spezialnorm fehlt, z.B. weil der zuständige Kanton keine solche Strafbestimmung kennt" (S. 28). Nach den Ausführungen des Kassationshofes muss es für die Auslegung von Art. 148 StGB "in jedem Falle dabei bleiben, dass der nach herrschender Rechtsauffassung nicht unter den gemeinrechtlichen Betrugstatbestand fallende Steuerbetrug von der Bestrafung nach der Bestimmung des StGB ausgenommen ist" (S. 28). Der Kassationshof hielt aber auch fest, dass die Schädigung des Gemeinwesens "im Prinzip nicht weniger strafwürdig als die Schädigung eines privatrechtlichen Vermögens ist" und dass privilegierende Ausnahmen restriktiv zu interpretieren sind (S. 29). Im konkreten Fall wurde die Anwendbarkeit von Art. 148 StGB bejaht, da der Beschwerdeführer nicht als Steuerpflichtiger in einem gegen ihn eingeleiteten Veranlagungsverfahren oder ihm durch den vorangehenden Quellensteuerabzug aufgezwungenen Rückerstattungsverfahren betrügerische Handlungen begangen, sondern sich aus eigener Initiative entschlossen hatte, durch Irreführung der Behörden sich unrechtmässig zu bereichern, indem er auf raffinierte Weise systematisch fiktive Rückerstattungsansprüche existierender oder erfundener Personen geltend machte und mittels falscher Urkunden die Auszahlung erwirkte (S. 29). 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der ihm zur Last gelegte Versuch, vom Kanton Zürich mittels gefälschter Urkunden einen Studienbeitrag zu erlangen, falle nach den Ausführungen des Bundesgerichts in den beiden zitierten Entscheiden nicht unter Art. 148 und 251 StGB , sondern unter das kantonale Verwaltungsstrafrecht und sei bei Fehlen von Strafbestimmungen im kantonalen Recht nicht strafbar. BGE 112 IV 19 S. 23 Der Einwand ist angesichts der beiläufigen Bemerkungen in BGE 108 IV 180 ff. und BGE 110 IV 24 ff. verständlich, erweist sich aber als unbegründet. a) In den beiden erwähnten Präjudizien wird die Frage aufgeworfen, ob den Art. 14/15 VStrR sinngemäss in bezug auf die Anwendbarkeit von Art. 148 StGB und 251 StGB bei Verfehlungen im Verwaltungsbereich, insbesondere im Fiskalbereich, eine allgemeine einschränkende Wirkung zukomme, so dass eine (subsidiäre) Bestrafung nach den Bestimmungen des StGB auch dann ausser Betracht fallen müsse, wenn eine Verfehlung nicht gestützt auf eine verwaltungsrechtliche Spezialnorm (kantonales oder eidgenössisches Verwaltungsstrafrecht) geahndet werden könne. Jene für die konkreten Urteile nicht entscheidenden Ausführungen ( BGE 108 IV 183 , 110 IV 27) gingen in der Richtung der Annahme, aus dem Verwaltungsstrafrecht des Bundes und aus Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 StGB sei der Schluss zu ziehen, verwaltungsrechtliche Urkundendelikte und betrügerische Handlungen gegen die Verwaltung seien stets nur nach den speziellen Bestimmungen des einschlägigen Verwaltungsstrafrechts zu beurteilen; die Art. 251 StGB und 148 StGB könnten in diesem Bereich nicht zur Anwendung kommen, auch dann nicht, wenn eine anwendbare Spezialnorm fehle und die Tatbestandselemente des gemeinrechtlichen Tatbestandes an sich erfüllt seien. b) Das grundsätzliche Problem des Verhältnisses des Strafgesetzbuches zu gleichartigen Strafnormen im Verwaltungsstrafrecht des Bundes und der Kantone lässt sich jedoch richtigerweise nicht generell lösen; insbesondere drängt sich eine Differenzierung zwischen dem Steuerstrafrecht, das bezüglich der kantonalen Steuern vollständig den Kantonen überlassen wurde ( Art. 335 Ziff. 2 StGB ), und dem übrigen kantonalen Verwaltungsstrafrecht ( Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ) auf. c) Im vorliegenden Fall braucht auf die Besonderheit des Steuerstrafrechts und die Beurteilung fiskalischer Verfehlungen nicht eingetreten zu werden, da es sich hier nicht um ein Delikt in diesem Bereich handelt. Das betrügerische Erschleichen eines Stipendiums verstösst gegen nichtfiskalisches Verwaltungsrecht des Kantons; eine entsprechende spezielle Strafnorm müsste sich auf Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB stützen können. d) Nach herrschender Lehre gilt im Bereich des kantonalen Verwaltungsstrafrechts i.e.S. - im Gegensatz zum Steuerstrafrecht - der Vorrang des Bundesrechts (HAFTER, Das eidgenössische BGE 112 IV 19 S. 24 Strafrecht und die Vorbehalte zugunsten der Kantone im Sinne von Art. 335 StGB , in ZSR 1939 S. 24a f., 53a; Krauss, Die strafrechtliche Problematik der Erschleichung kantonaler Subventionen, in Festschrift Frank Vischer, S. 50). Das bedeutet, dass die betrügerische Erschleichung einer staatlichen Leistung gemäss Art. 148 StGB als Betrug zu erfassen ist, wenn die Elemente des gemeinrechtlichen Betrugstatbestandes vorliegen, und dass eine kantonalrechtliche privilegierende Norm nicht etwa (wie beim Steuerbetrug) den Vorrang beanspruchen könnte. Aus dieser bis jetzt unangefochten geltenden Konzeption, wonach kantonales Verwaltungsstrafrecht im Sinne von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB das Bundesrecht nicht derogiert (im Gegensatz zum kantonalen Steuerstrafrecht), ergibt sich, dass das Fehlen einer kantonalen Spezialbestimmung (etwa analog Art. 14/15 VStrR) für die Strafbarkeit eines Stipendienbetruges ohne Bedeutung ist, da ohnehin die gemeinrechtlichen Strafnormen des StGB vorgehen. Dass der Bund in seinem Bereich für analoge Fälle privilegierende Strafnormen des Leistungsbetruges und der Urkundenfälschung (Art. 14/15 VStrR) geschaffen hat, nach der herkömmlichen Auslegung von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB aber den Kantonen eine solche Privilegierung gleichartiger Verfehlungen verwehrt, ist eine merkwürdige und sachlich kaum zu rechtfertigende Konsequenz, die sich jedoch nicht auf dem Wege der Rechtsprechung vermeiden lässt. e) Zu erwägen wäre allenfalls, ob gestützt auf die neuere Entwicklung des Verwaltungsstrafrechts des Bundes den Kantonen die Befugnis zugestanden werden könnte und müsste, analoge, dem StGB vorgehende Strafbestimmungen in ihrem Verwaltungsbereich zu schaffen, oder ob der Bundesgesetzgeber selber für den Bereich des kantonalen Verwaltungsrechts (exklusive Steuerrecht) den Art. 14/15 VStrR entsprechende Vorschriften erlassen sollte. Die Frage kann hier offenbleiben. Auf jeden Fall besteht kein Anlass, den Schutz, welchen die Art. 148 und 251 StGB nach bisher unangefochten geltender Auslegung auch den öffentlichen Gemeinwesen boten, als aufgehoben zu betrachten, weil der Bund gleichartige Verfehlungen gegenüber seiner Verwaltung vom gemeinen Strafrecht ausgenommen und privilegierenden Spezialnormen unterstellt hat. Hätte der Gesetzgeber damit - ähnlich wie seit jeher im Bereich des Steuerstrafrechts - verwaltungsrechtliche Verfehlungen allgemein aus dem Anwendungsbereich der Art. 148 und 251 StGB ausklammern und ausschliesslich der Spezialgesetzgebung BGE 112 IV 19 S. 25 vorbehalten wollen, so wäre schon aus Gründen der Rechtssicherheit eine ausdrückliche Regelung dieser Frage notwendig gewesen, damit die Kantone drohende Strafbarkeitslücken durch entsprechende kantonale Vorschriften hätten schliessen können. f) Sind demnach die Art. 148 und 251 StGB auf Leistungsbetrüge und damit zusammenhängende Urkundenfälschungen zum Nachteil der Kantone anwendbar, so verstösst die angefochtene Verurteilung des Beschwerdeführers nicht gegen Bundesrecht. Der Beschwerdeführer behauptet mit Recht selber nicht mehr, dass die ihm zur Last gelegten Tatbestände auch im Falle der Anwendbarkeit des StGB nicht erfüllt seien. Hätte der Beamte aufgrund der verfälschten Urkunde den Studienbeitrag ausbezahlt, dann hätte er zum Schaden des Kantons Zürich über dessen Vermögen verfügt. 3. Der Beschwerdeführer ersucht um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Seine Mittellosigkeit ist hinreichend ausgewiesen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war nicht von vornherein aussichtslos. Der Beschwerdeführer konnte aus einzelnen Erwägungen von BGE 110 IV 24 ff. und BGE 108 IV 180 ff. den Schluss ziehen, die Erschleichung eines durch das kantonale Recht geregelten Studienbeitrages mit verfälschten Urkunden sei nach Auffassung des Bundesgerichts nicht gemäss Art. 148 und 251 StGB , sondern nach dem kantonalen Strafrecht zu beurteilen. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher gutzuheissen.
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Urteilskopf 138 V 58 8. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. U. gegen Ausgleichskasse Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_462/2011 vom 9. Januar 2012
Regeste Art. 67 Abs. 1bis AHVV ; Art. 392 Abs. 1 ZGB . Die den Versicherten unterstützende Fürsorgebehörde ist nicht legitimiert, die Anmeldung zum vorzeitigen Bezug der Altersrente nach Art. 67 Abs. 1bis AHVV im Rahmen einer Beistandschaft ad hoc für den Versicherten vorzunehmen (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 138 V 58 S. 58 A. Nachdem der am 20. August 1947 geborene, verheiratete U. seit längerer Zeit von seiner Wohnsitzgemeinde, der Fürsorgebehörde X., finanziell unterstützt worden war, beschloss diese am 21. Januar 2010 die Einstellung ihrer Leistungen auf den 31. Juli 2010, dies mit dem Hinweis, dass er als Sozialhilfeempfänger bis dahin Gelegenheit habe, sich zum vorzeitigen Bezug der AHV-Altersrente anzumelden. U. stellte sich in der Folge mehrfach auf den Standpunkt, er wolle seine Altersrente erst ab dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters beantragen; er könne allein entscheiden, wann er seine AHV-Rente beziehen möchte. BGE 138 V 58 S. 59 Am 25. August 2010 beschloss die Vormundschaftsbehörde X., die Anmeldung zum Bezug der vorzeitigen AHV für U. werde direkt durch die Vormundschaftsbehörde vorgenommen. Die Anmeldung müsse bis spätestens 31. August 2010 bei der Ausgleichskasse des Kantons Schwyz vorliegen und einer allfälligen Beschwerde werde die aufschiebende Wirkung entzogen. Gleichzeitig meldete die Vormundschaftsbehörde U. zum vorzeitigen Bezug der Altersrente an. Die gegen den Beschluss erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Schwyz mit Beschluss vom 19. Oktober 2010 ab. Mit Verfügung vom 15. Dezember 2010 wies die Ausgleichskasse Schwyz die Anmeldung zum Vorbezug der Altersrente ab. Dies bestätigte sie mit Einspracheentscheid vom 8. Februar 2011. Am 3. März 2011 beschloss die Vormundschaftsbehörde, der Prozessführung in Sachen U. und Vormundschaftsbehörde X. gegen die Ausgleichskasse Schwyz zuzustimmen. B. Gegen den Einspracheentscheid erhob die Vormundschaftsbehörde Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz. Dieses ging davon aus, dass die Vormundschaftsbehörde nicht für sich Beschwerde führe, sondern für U. Mit Entscheid vom 28. April 2011 hiess es die Beschwerde gut, soweit es darauf eintrat, hob die Verfügung und den Einspracheentscheid auf und hielt die Vorinstanz an, die von der Vormundschaftsbehörde eingereichte Anmeldung entgegenzunehmen und das Erforderliche anzuordnen. C. U. erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Die Vormundschaftsbehörde X. schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und die Ausgleichskasse verzichten auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Streitig und zu prüfen ist, ob die Vormundschaftsbehörde befugt war, bei der Ausgleichskasse die Anmeldung zum vorzeitigen Bezug der AHV-Altersrente für den Beschwerdeführer vorzunehmen. Gemäss dem seit 1. Januar 1997 geltenden Art. 67 Abs. 1 bis AHVV (SR 831.101) kann der Anspruch auf den Vorbezug der ordentlichen BGE 138 V 58 S. 60 Altersrente nur durch den Rentenansprecher oder dessen gesetzlichen Vertreter angemeldet werden. In Frage steht damit, ob eine gesetzliche Vertretung vorliegt. 3.2 Vorinstanz wie Fürsorgebehörde leiten die notwendige Vertretung aus einer Beistandschaft nach Art. 392 ZGB ab und betrachten die Voraussetzungen für eine Beistandschaft ad hoc als erfüllt. 4. 4.1 Auf Ansuchen eines Beteiligten oder von Amtes wegen ernennt die Vormundschaftsbehörde gemäss Art. 392 ZGB einen Beistand, wenn eine mündige Person in einer dringenden Angelegenheit infolge von Krankheit, Abwesenheit od. dgl. weder selbst zu handeln, noch einen Vertreter zu bezeichnen vermag (Ziff. 1). Vorausgesetzt ist ein Vertretungsbedürfnis, das vorliegt, wenn die betroffene Person faktisch am Handeln gehindert ist, aber auch wenn sie auf Grund einer Überforderung die dringende Angelegenheit nicht in einer ihren wohlverstandenen Interessen dienenden Art und Weise wahrzunehmen vermag oder wenn die Person nicht in der Lage ist, einen Vertreter zu bezeichnen, sei es wiederum infolge äusserer Hindernisse oder sei es aus Mangel an Einsicht (Urteil 5A_498/2008 vom 19. November 2008 E. 3.1 mit Verweis auf BGE 111 II 10 E. 3 S. 13 ff. mit Beispielen und Hinweisen). 4.2 An Stelle der Errichtung einer Beistandschaft nach Art. 392 oder 393 ZGB kann die Vormundschaftsbehörde auch selber direkt handeln (sog. Beistandschaft ad hoc). Vorausgesetzt ist, dass die Sache dringlich ist, die Errichtung einer Massnahme zu einem formellen Leerlauf führen würde und die Behörde mittels eines einzelnen Beschlusses die ganze Vertretungsangelegenheit selbst regeln kann. Es muss eine liquide Angelegenheit sein, die eindeutig und rasch lösbar ist. Dennoch soll das eigene Handeln der Behörde an Stelle oder neben einer Beistandschaft die lediglich ausnahmsweise, in einfachen, gut überblickbaren und in der Regel auch zeitlich dringenden Angelegenheiten zum Zuge kommende Hilfestellung sein und die - ordentlich bestellte - Beistandschaft schon deshalb den Normalfall bilden, weil bei eigenem Handeln der Behörde für die betroffene Person der Instanzenzug verkürzt wird (THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 14 zu Art. 392 ZGB ; ebenso SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1984, N. 36 zu Art. 392 ZGB ). Schliesslich ist dort, wo das Gesetz die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters ausdrücklich vorsieht, das BGE 138 V 58 S. 61 eigene Handeln der Vormundschaftsbehörde von vornherein ausgeschlossen (SCHNYDER/MURER, a.a.O.). Grundsätzlich hat also die betroffene Person Anspruch darauf, dass das formelle Verbeiständungsverfahren eingehalten wird; eine Beistandschaft ad hoc soll die Ausnahme bleiben. In BGE 111 II 10 wurde die Errichtung einer Beistandschaft ad hoc für eine bedürftige mündige Person als zulässig erachtet, welche sich ohne annehmbaren Grund beharrlich weigerte, einen ihren persönlichen und wirtschaftlichen Interessen entsprechenden Entscheid (Kapitalauszahlung der Pensionskasse oder Rente) zu treffen. Sodann wurde im Urteil 2P.298/2006 vom 20. März 2007 festgehalten, unterstützte Personen sollten nur dann zu einem AHV-Vorbezug angehalten werden, wenn sie im ordentlichen Rentenalter ohnehin auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein würden und deshalb durch den Vorbezug keinerlei wirtschaftliche Nachteile erleiden würden. Schliesslich wird auch in den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien; welche gemäss § 5 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 30. Oktober 1984 zum Gesetz über die Sozialhilfe des Kantons Schwyz [Sozialhilfeverordnung; SRSZ 380.111] für die Bemessung der Hilfe wegleitenden Charakter haben) in der 4. überarbeiteten Ausgabe April 2005 mit den Ergänzungen 12/05, 12/07 und 12/08 unter Ziffer E.2.4 unter dem Titel AHV-Vorbezug festgehalten, dass Leistungen der AHV grundsätzlich der Sozialhilfe vorgehen, dass aber die Anmeldung zum Vorbezug vom oder von der Versicherten persönlich erfolgen muss, wobei unterstützte Personen grundsätzlich zum AHV-Renten-Vorbezug angehalten werden sollten. 4.3 Zwar kann hier die Angelegenheit insofern als dringlich angesehen werden, als eine Anmeldung zum vorzeitigen Altersrentenbezug nicht rückwirkend, sondern im Falle des zweijährigen Vorbezuges nur bis zum 63. Geburtstag möglich ist ( Art. 67 Abs. 1 bis AHVV ; vgl. SVR 2003 AHV Nr. 7 S. 19, H 106/02), hier also bis August 2010. Indes handelt es sich nicht um ein einzelnes, einfaches Geschäft, bei welchem die Errichtung einer Massnahme lediglich zu einem formellen Leerlauf führen würde. Wohl kann die Behörde mittels eines einzelnen Beschlusses die ganze Vertretungsangelegenheit selbst regeln, indem sie einmalig das Anmeldeformular ausfüllt. Die einmalige Anmeldung hat jedoch einschneidende und langfristige Folgen, wird doch der Anspruch des Versicherten auf die Altersrente lebenslänglich gekürzt. Für ein solch BGE 138 V 58 S. 62 weitreichendes Geschäft ist die Beistandschaft ad hoc nicht vorgesehen. Zudem liegt gegenüber BGE 111 II 10 die Interessenlage insofern anders, als es nicht nur darum geht, die Interessen des Versicherten zu wahren. Vielmehr hat hier die Vormundschaftsbehörde als Organ des Gemeinwesens ein eigenes Interesse an der vorzeitigen Anmeldung, nämlich die Kosten von der Gemeinde auf die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu verschieben. Dass sich der Versicherte nicht selbst anmeldet, ist denn hier auch die einzige Begründung für die Notwendigkeit einer Beistandschaft ad hoc. Weitere Umstände, die es dem Beschwerdeführer verunmöglichen würden, seine Interessen genügend wahrzunehmen, werden keine geltend gemacht. Dass der Versicherte wirtschaftlich unvernünftig handelt (vgl. BGE 111 II 10 ), wird weder vorgebracht noch kann dies allein auf Grund der Tatsache, dass er die Rente nicht vorbeziehen könnte, gesagt werden, zumal die Vorinstanz nicht geprüft hat, ob der Beschwerdeführer beim Vorbezug der Altersrente Ergänzungsleistungen geltend machen und damit die Rentenkürzung betragsmässig auffangen könnte, wie dies im zitierten Urteil 2P.298/2006 vorausgesetzt wurde. Der Grund für die beistandschaftliche Massnahme reduziert sich letztlich allein auf die divergierende Meinung der Fürsorgebehörde und des Beschwerdeführers betreffend Anmeldung zum vorzeitigen Altersrentenbezug. Gerade eine solche Interessenkollision verbietet es jedoch, auf dem Umweg der Beistandschaft ad hoc das ordentliche Verbeiständungsverfahren zu umgehen (zumal das Bundesgericht von einem weiten Begriff des Interessengegensatzes ausgeht; vgl. HANS-MICHAEL RIEMER, Grundriss des Vormundschaftsrechts, 2. Aufl. 1997, S. 132; vgl. auch SCHNYDER/MURER, a.a.O., N. 84 zu Art. 392 ZGB ). Die Argumente der Vorinstanz vermögen diese Interessenkollision nicht zu beseitigen. Sodann ändert daran auch nichts, dass der Beschluss der Fürsorgebehörde vom 21. Januar 2010 betreffend Einstellung der Sozialhilfe und der regierungsrätliche Beschwerdeentscheid vom 19. Oktober 2010 unangefochten in Rechtskraft erwuchsen. Die Vormundschaftsbehörde durfte deshalb nicht selbst handeln, sondern hätte das ordentliche Verbeiständungsverfahren durchführen müssen, um die AHV-Anmeldung vornehmen zu können. Ohne eine ordentlich bestellte Vertretungsbeistandschaft blieb ihr nur, den Versicherten unter Androhung der Kürzung von Sozialhilfeleistungen zur Anmeldung zu verhalten (vgl. erwähntes Urteil 2P.298/2006). BGE 138 V 58 S. 63 Wenn die Ausgleichskasse bei dieser Sach- und Rechtslage die Anmeldung nicht an die Hand genommen hat, ist dies entgegen der Auffassung der Vorinstanz richtig. Die erfolgte Anmeldung des Beschwerdeführers durch die Vormundschaftsbehörde bei der Ausgleichskasse zum vorzeitigen Rentenbezug ist nicht zulässig.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
22dea74b-27ae-4e40-8d57-0f2a266af8b0
Urteilskopf 118 V 293 37. Auszug aus dem Urteil vom 23. September 1992 i.S. Z. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG : Anwendbares Recht. Bei der durch einen nach dem 1. Januar 1984 eingetretenen Rückfall (Spätfolge) bewirkten Erhöhung des Invaliditätsgrades handelt es sich nicht um einen neuen Rentenanspruch. Die nach Abschluss des Rückfalls weiter zu gewährende altrechtliche Invalidenrente beurteilt sich in revisionsrechtlicher Hinsicht weiterhin nach Massgabe des KUVG (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2a und b). Art. 78 Abs. 1 KUVG . - Versicherter Verdienst bei Rentenerhöhung infolge Rückfall oder Spätfolge. Massgebend für die Rentenberechnung bei Rückfall und Spätfolgen ist nicht der vor diesem Ereignis erzielte Jahresverdienst, sondern derjenige, den der Versicherte vor dem Unfall verdient hat (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2b). - Bemerkungen de lege ferenda insbesondere für Fälle, wo der Grundfall sehr lange - in casu über 35 Jahre - zurückliegt und der versicherte Verdienst entsprechend klein - hier rund 4'500 Franken - ist (Erw. 2f).
Erwägungen ab Seite 294 BGE 118 V 293 S. 294 Aus den Erwägungen: 1. a) Streitig ist vorliegend der Jahresverdienst, welcher der - für die Folgen des Rückfalles ab 1. September 1988 von 20 auf 50% erhöhten - Invalidenrente zugrunde zu legen ist und ferner die Berechtigung des Beschwerdeführers auf eine Integritätsentschädigung. Da die Behandlung des vom Beschwerdeführer erlittenen Rückfalls zum Unfall vom 24. Dezember 1945 durch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) auf Ende August 1988 abgeschlossen wurde, ist in erster Linie umstritten, ob das bis Ende 1983 gültige alte Recht (KUVG) oder das seit 1. Januar 1984 in Kraft stehende neue Recht (UVG) anwendbar ist. Während SUVA und Vorinstanz das alte Recht (Art. 77 f. KUVG) für massgebend halten, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, seine Leistungsansprüche (die Rente eventuell im Umfange der durch den Rückfall bewirkten Erhöhung des Invaliditätsgrades von 30%) seien nach BGE 118 V 293 S. 295 neuem Recht ( Art. 20 Abs. 1 UVG und Art. 22 Abs. 4 UVV ; Art. 24 UVG ) zu beurteilen. b) Gemäss Art. 118 Abs. 1 UVG werden die Versicherungsleistungen für Unfälle, die sich vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ereignet haben, und für Berufskrankheiten, die vor diesem Zeitpunkt ausgebrochen sind, nach bisherigem Recht (KUVG) gewährt. Davon abweichend sieht Art. 118 Abs. 2 UVG u.a. in bezug auf Invalidenrenten und Integritätsentschädigungen vor, dass für Versicherte der SUVA vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an dessen Bestimmungen gelten, sofern der Anspruch erst nach Inkrafttreten des UVG entsteht (lit. c). 2. a) Nach der Rechtsprechung sind unter dem alten Recht entstandene Rentenansprüche - seien diese abgestufte, befristete oder Dauerrenten - in revisionsrechtlicher Hinsicht weiterhin nach Massgabe des KUVG (Art. 80 Abs. 2) zu beurteilen ( BGE 111 V 37 ). So hatte das Eidg. Versicherungsgericht den Fall zu entscheiden, in welchem eine laufende Invalidenrente, die ab 1. Juni 1965 für eine Invalidität von 20% gewährt wurde, infolge verschiedener Rückfälle - letzter vom 20. Juli 1984 - ab 1. Dezember 1984 auf 40% erhöht worden ist. Dabei hat es festgehalten, dass auch unter diesen Umständen die Rente nach altem Recht zu berechnen ist, indem auf den Verdienst abgestellt wird, den der Versicherte vor dem seinerzeitigen Unfall erzielt hatte (nicht veröffentlichtes Urteil D. vom 16. Oktober 1986). Ferner hatte das Gericht im Urteil vom 2. Februar 1987 in Sachen V. davon auszugehen, dass dem Versicherten infolge eines im Jahre 1966 erlittenen Unfalls durch die SUVA ab 1. Juni 1979 eine Invalidenrente von 15% ausgerichtet wurde. Bei einem Rückfall vom Oktober 1983 übernahm sie die Krankenpflegekosten und richtete ihm vom 8. Oktober 1983 bis 31. August 1984 Krankengelder aus. Ab 1. September 1984 gewährte sie ihm wiederum eine Invalidenrente, deren Höhe umstritten war. Das Eidg. Versicherungsgericht gelangte zum Schluss, dass nicht von einem im September 1984 neu entstandenen Rentenanspruch die Rede sein könne, sondern dass es um die durch einen Rückfall ausgelöste revisionsweise Überprüfung einer unter der Herrschaft des alten Rechts entstandenen Rente gehe. Diese Überprüfung war gestützt auf BGE 111 V 36 nach dem KUVG vorzunehmen (vgl. RKUV 1989 Nr. U 74 S. 291). b) Wegen der Folgen des Unfalls vom 24. Dezember 1945 steht der Beschwerdeführer seit 1. Oktober 1946 ununterbrochen im Genuss einer Invalidenrente, welche nach Abschluss der Behandlung BGE 118 V 293 S. 296 des 1987 eingetretenen Rückfalls von 20 auf 50% erhöht wurde. Dabei handelt es sich nach den zutreffenden Ausführungen von SUVA und Vorinstanz nicht um einen im September 1988 neu entstandenen Rentenanspruch, sondern um die durch den Rückfall ausgelöste revisionsweise Heraufsetzung der unter der Herrschaft des alten Rechts entstandenen Rente (a.M. BIEDER, Die revisionsrechtliche Behandlung von Rückfällen und Spätfolgen im Lichte der Übergangsbestimmung gemäss Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG , in: Mélanges Assista, S. 431 ff., insbesondere S. 439). Diese Erhöhung beurteilt sich praxisgemäss (Erw. 2a) nach Massgabe des KUVG. Der Rentenberechnung ist daher nach wie vor der - einer Revision im Sinne von Art. 80 KUVG nicht zugängliche ( BGE 105 V 91 ; MAURER, Recht und Praxis der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl., S. 246) - Jahresverdienst zugrunde zu legen, den der Beschwerdeführer innerhalb eines Jahres vor dem Unfall als gelernter Schreiner verdient hätte ( Art. 78 Abs. 1 und 4 KUVG ; BGE 108 V 266 Erw. 2a), und nicht derjenige, den er vor der Meldung des Rückfalls erzielt hat ( BGE 99 V 16 mit Hinweis). c) Was hiegegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, vermag nicht zu einer anderen Betrachtungsweise zu führen. Insbesondere kann aus dem Umstand, dass Rückfälle und Spätfolgen wie Unfälle zu melden und zu behandeln sind ( BGE 105 V 35 Erw. 1c, BGE 99 V 16 Erw. 1; MAURER, a.a.O., S. 252), nicht gefolgert werden, der Rückfall bzw. die Spätfolgen stellten einen neuen Unfall im Rechtssinne dar. Als Unfall gilt nach ständiger Rechtsprechung die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper ( BGE 116 V 138 Erw. 3a und 147 Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch Art. 9 Abs. 1 UVV ). Demgegenüber handelt es sich bei einem Rückfall um das Wiederaufflackern einer vermeintlich geheilten Krankheit, so dass es zu ärztlicher Behandlung, möglicherweise sogar zu (weiterer) Arbeitsunfähigkeit kommt; von Spätfolgen spricht man, wenn ein scheinbar geheiltes Leiden im Verlaufe längerer Zeit organische oder auch psychische Veränderungen bewirkt, die zu einem andersgearteten Krankheitsbild führen können ( BGE 105 V 35 Erw. 1c; MAURER, a.a.O., S. 183; MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 276 f.). Rückfälle und Spätfolgen schliessen sich somit begrifflich an ein bestehendes Unfallereignis an. Entsprechend können sie eine Leistungspflicht des (damaligen) Unfallversicherers nur auslösen, wenn zwischen den erneut geltend gemachten Beschwerden und der seinerzeit beim versicherten BGE 118 V 293 S. 297 Unfall erlittenen Gesundheitsschädigung ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht (MAURER, Unfallversicherungsrecht, S. 277; vgl. auch BGE 111 V 373 Erw. 2b). d) Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auf die in RKUV 1989 Nr. U 74 S. 290 und 1988 Nr. U 46 S. 217 publizierten Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts. Daraus kann er jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn diesen beiden Fällen lag ein anderer Sachverhalt zugrunde, indem die Invalidenrenten auf einen Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1984 befristet bzw. vor 1984 ausgekauft waren. Damit aber führten die unter der Herrschaft des UVG aufgetretenen Rückfälle und Spätfolgen zu einem neuen Rentenanspruch, der nach Massgabe der neurechtlichen Bestimmungen zu beurteilen war. Demgegenüber handelt es sich hier um die revisionsweise Erhöhung eines unter dem alten Recht entstandenen Anspruchs, auf den weiterhin die Bestimmungen des KUVG zur Anwendung gelangen ( Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG e contrario). Ebensowenig handelt es sich im Umfang der - durch einen nach dem 1. Januar 1984 eingetretenen oder abgeschlossenen Rückfall (Spätfolgen) bewirkten - Erhöhung des Invaliditätsgrades um einen unter der Herrschaft des UVG eingetretenen, neurechtlich zu beurteilenden Rentenanspruch (Beschluss des Gesamtgerichts vom 10. April 1992). Der gegenteiligen Auffassung, die vom Beschwerdeführer und einer Minderheit des kantonalen Gerichts vertreten wird, steht bereits der klare Wortlaut von Art. 118 Abs. 2 lit. c UVG entgegen, von welchem bei der Auslegung in erster Linie auszugehen ist ( BGE 117 III 45 Erw. 1, BGE 117 V 5 Erw. 5a und 109 Erw. 5b, je mit Hinweisen; IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 21 B IV). Zudem würde ein solches Splitting bei Rückfall und Spätfolgen (welche nichts anderes als besondere revisionsrechtliche Tatbestände darstellen; RKUV 1988 Nr. U 50 S. 287) mit der Berücksichtigung eines aktuellen Jahresverdienstes eine rechtsungleiche Behandlung von Bezügern alt- oder neurechtlicher Renten nach sich ziehen, da sich die Revision sowohl nach Massgabe des KUVG ( Art. 80 KUVG ) wie des UVG ( Art. 22 UVG ) nur auf die Erwerbsfähigkeit, ausgedrückt in der Änderung des Invaliditätsgrades, und nicht auf andere Bemessungsfaktoren wie den versicherten Verdienst bezieht (MAURER, Recht und Praxis, S. 243; MAURER, Unfallversicherungsrecht, S. 391 lit. e). Schliesslich könnte die erwähnte Gleichstellung mit dem Unfall die unerwünschte Folge haben, dass der Rentenbezüger, der im Zeitpunkt des Rückfalls in keinem Arbeitsverhältnis steht, nicht mehr obligatorisch versichert ist. BGE 118 V 293 S. 298 e) Ein abweichendes Ergebnis wäre nur auf dem Wege der Lückenfüllung zu erzielen. Eine vom Richter auszufüllende echte Lücke liegt jedoch unbestrittenermassen nicht vor, da das Gesetz zur vorliegenden Rechtsfrage eine Antwort enthält (vgl. BGE 108 V 72 Erw. 2c, BGE 107 V 196 Erw. 2b, BGE 105 V 211 mit Hinweis; ZAK 1987 S. 163). Somit würde es sich höchstens um eine unechte Gesetzeslücke handeln, um einen rechtspolitischen Mangel, den der Richter im allgemeinen hinzunehmen hat ( BGE 111 Ib 229 Erw. 2a, BGE 105 V 213 mit Hinweisen). Sie mittels eines regelbildenden Entscheides zu schliessen, wäre aber dem Eidg. Versicherungsgericht verwehrt, da sonst das gesamte vom Gesetzgeber gewählte System der Rentenbemessung auf der Grundlage des Vorunfallverdienstes ( Art. 78 Abs. 1 KUVG ) aus den Angeln gehoben würde (vgl. BGE 99 V 19 oben). f) Nach dem Gesagten hat die SUVA der Rentenberechnung zu Recht den ursprünglichen Jahresverdienst von Fr. 4'488.-- zugrunde gelegt. Das Eidg. Versicherungsgericht verkennt allerdings nicht, dass dieses Ergebnis höchst unbefriedigend ist. Es ist jedoch - worauf das Gericht bereits im erwähnten Urteil St. vom 10. Mai 1973 ( BGE 99 V 16 ) hingewiesen hat - Sache des Gesetzgebers und nicht des Richters, die für die Rentenbezüger nachteiligen Folgen der Festlegung des massgebenden Jahresverdienstes bei Rückfall oder Spätfolgen aufgrund des im Jahr vor dem Unfall erzielten Einkommens zu beseitigen oder zu mildern, wenn die Revisionstatbestände längere Zeit nach dem Grundfall eintreten.
null
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
22dfce84-2db1-4b15-bb4f-c9953ee15e45
Urteilskopf 92 IV 184 47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Dezember 1966 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Zysset.
Regeste Art. 61 Abs. 1 StGB , Art. 102 Ziff. 2 SVG . 1. Angetrunkenheit am Steuer ist ein so häufiges und gefährliches Vergehen, dass die Veröffentlichung des Urteils zur Abschreckung sowohl des fehlbaren Fahrers wie der übrigen Strassenbenützer im öffentlichen Interesse geboten sein kann (Erw. 1). 2. Die Bestimmungen des Art. 102 Ziff. 2 SVG wollen den Art. 61 Abs. 1 StGB nicht einschränken, sondern vielmehr ergänzen, um zu verdeutlichen, wann auf dem Gebiete des Strassenverkehrsrechtes das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung des Strafurteils schon von Gesetzes wegen zu bejahen ist (Erw. 2). 3. Dass Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG sich auf Rückfälle von Angetrunkenheit am Steuer bezieht, schliesst nicht aus, Vorstrafen wegen solcher Vergehen unter dem Gesichtspunkt von lit. a ebenfalls Rechnung zu tragen (Erw. 3). 4. Wer trunksüchtig ist, gehört überhaupt nicht ans Steuer (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 185 BGE 92 IV 184 S. 185 A.- Othmar Zysset, geb. 1934, ist Tankwart und Chauffeur von Beruf. Von 1952 bis 1964 musste er vierzehnmal, meistens wegen Übertretung von Verkehrsvorschriften gebüsst werden. Zudem wurde er dreimal insbesondere wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustande verurteilt, 1957 zu 20 Tagen Haft und 150 Franken Busse, 1958 zu zwei Monaten Gefängnis und 100 Franken Busse, 1959 zu einem Monat Gefängnis und 20 Franken Busse. Am 26. August 1965 fuhr Zysset mit einem Personenwagen von seinem Wohnort Münsingen nach Bern, wo er nach 16 Uhr mehrere Wirtshäuser aufsuchte und vor allem Bier trank. Gegessen hat er den ganzen Tag angeblich nichts. Um Mitternacht wollte er nach Hause fahren. Er setzte sich in der Metzgergasse ans Steuer seines Wagens und fuhr, ohne die Scheinwerfer einzuschalten, weg. Nach kurzer Fahrt wurde er von der Polizei angehalten. Da sein Zustand auf Trunkenheit schliessen liess, hatte er sich einer Blutprobe zu unterziehen, die eine Alkoholkonzentration von 2,22 Gewichtspromille ergab. B.- Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte am 1. Februar 1966 Zysset wegen Fahrens in angetrunkenem Zustande und ohne Licht zu drei Monaten Gefängnis. Den Antrag des öffentlichen Anklägers auf Veröffentlichung des Urteils lehnte das Obergericht ab. Es hält dafür, dass der Angeklagte zwar vorsätzlich und daher zweifellos rücksichtslos gehandelt habe. Dieser Vorwurf treffe jedoch angetrunkene Fahrer überhaupt, wenn sie sich, wie Zysset, bewusst vergingen. Hingegen könne dem Angeklagten keine besondere Rücksichtslosigkeit im Sinne von Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG zur Last gelegt werden, da er nur wenige Meter weit gefahren sei. Dass er BGE 92 IV 184 S. 186 bereits drei Vorstrafen wegen Angetrunkenheit am Steuer aufweise, ändere nichts, denn für die Beantwortung der Frage, ob besondere Rücksichtslosigkeit vorliege, sei allein der zur Beurteilung stehende Vorfall massgebend. Die wiederholte Begehung genüge für die Veröffentlichung des Urteils nur, wenn der Verurteilte innert 5 Jahren rückfällig werde, d.h. die Voraussetzung des Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG gegeben sei, was hier nicht zutreffe. C.- Der Generalprokurator des Kantons Bern führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts insoweit aufzuheben, als es die Veröffentlichung verweigere, und die Sache zur Anordnung dieser Massnahme an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Zysset beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 61 Abs. 1 StGB ordnet der Richter die Veröffentlichung eines Strafurteils unter anderem dann an, wenn sie im öffentlichen Interesse geboten ist. Dieses Interesse an der Veröffentlichung kann darin bestehen, den Verurteilten mit einem zusätzlichen Mittel von der Wiederholung der Verfehlung abzuhalten und damit die Allgemeinheit in Zukunft vor ihm zu schützen. Es kann aber auch darin liegen, andere Personen von der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuschrecken. Diesfalls muss allerdings die allgemeine Abschreckung wegen der Häufigkeit, mit der Verbrechen oder Vergehen der betreffenden Art begangen werden, oder wegen der Umstände des einzelnen Falles in besonderem Masse nötig sein, da sonst das Gesetz die Veröffentlichung ohne Einschränkung zuliesse ( BGE 78 IV 15 ). Angetrunkene Fahrer schaffen für andere Verkehrsteilnehmer schwere Gefahren, weil ihre Leistungs- und Beurteilungsfähigkeit spätestens bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Gewichtspromille, der heute als allgemeingültiger Grenzwert gilt, eindeutig abnimmt. Diese Tatsache ist ernst zu nehmen, zumal im heutigen Verkehr vielfach schon der nüchterne Fahrer überfordert ist ( BGE 90 IV 160 ff.). Angetrunkenheit am Steuer führt denn auch immer wieder zu schweren Unfällen. Dazu kommt, dass es sich dabei um ein sehr häufiges Vergehen handelt. Nach BGE 92 IV 184 S. 187 der Schweizerischen Kriminalstatistik mussten 1962 und 1964 jährlich über 5000, im Jahre 1963 sogar mehr als 6400 Fahrer wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustande bestraft werden. Zu bedenken ist ferner, dass das Vergehen in vielen Fällen, die der Strafverfolgung entgehen, ungeahndet bleibt. Es unterliegt daher keinem Zweifel, dass in Fällen von Verurteilungen die Veröffentlichung des Entscheides nicht bloss zur Abschreckung des fehlbaren Fahrers, sondern auch der übrigen Strassenbenützer im öffentlichen Interesse geboten sein kann. 2. Den gleichen Zwecken dienen auch die Vorschriften des Art. 102 Ziff. 2 SVG . Sie bestimmen, dass der Richter die Veröffentlichung des Strafurteils nach Art. 61 StGB anordnen soll, wenn der Verurteilte besondere Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt hat (lit. a) oder wenn er innert fünf Jahren mehr als einmal wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand bestraft wird (lit. b). In welchem Verhältnis diese Normen zu Art. 61 Abs. 1 StGB stehen, sagt das Strassenverkehrsgesetz nicht ausdrücklich, ergibt sich jedoch aus dessen Entstehungsgeschichte. Die Gerichte übten in der Anwendung des Art. 61 StGB grosse Zurückhaltung. Dieser Umstand veranlasste den Gesetzgeber, in Art. 102 Ziff. 2 SVG zwei Fälle von Verkehrsstrafhandlungen hervorzuheben, in denen er die öffentliche Blosstellung des Täters immer für gerechtfertigt hält und der Richter fortan davon auszugehen hat, dass die Öffentlichkeit an der Bekanntgabe des Urteils stets interessiert ist. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, dass angesichts der Leichtfertigkeit, mit der einzelne im Verkehr immer wieder Menschenleben aufs Spiel setzen, vom Abschreckungsmittel der Urteilsveröffentlichung vermehrt Gebrauch gemacht werde (s. Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Strassenverkehr vom 24. Juni 1955, BBl 1955 II 66). Daraus erhellt, dass die Bestimmungen des Art. 102 Ziff. 2 SVG den Art. 61 Abs. StGB nicht einschränken, sondern vielmehr ergänzen wollen, um zu verdeutlichen, wann auf dem Gebiete des Strassenverkehrsrechtes das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung des Strafurteils schon von Gesetzes wegen zu bejahen ist, die Massnahme folglich angeordnet werden muss (vgl. SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des SVG, S. 100 ff. und dort angeführtes Schrifttum). Fehlen die besonderen Voraussetzungen des SVG, so heisst BGE 92 IV 184 S. 188 das somit nicht, dass die Urteilsveröffentlichung dann auch gemäss StGB zu unterbleiben habe. 3. a) Das Vorleben des Beschwerdegegners ist, wie insbesondere seine drei Vorstrafen wegen Angetrunkenheit am Steuer zeigen, schwer belastet (was näher ausgeführt wird). Dazu kommt, dass dem Zysset infolge dieser Vergehen jeweils der Führerausweis entzogen worden ist, das erste Mal für drei Monate, das zweite und dritte Mal für unbestimmte Zeit. Da er sich zur Abstinenz verpflichtete und fürsorgerisch betreuen liess, gab ihm das Strassenverkehrsamt 1961 nachsichtigerweise den Ausweis auf Begehren hin nochmals zurück, um ihm in seinem Beruf das Fortkommen zu erleichtern. Dagegen verweigerte es ihm 1964 einen Führerausweis für den Personentransport mit schweren Motorwagen, weil Zysset sich inzwischen wiederholt über die Abstinenzverpflichtung hinweggesetzt hatte. b) All diese Vorgänge vermochten den Beschwerdegegner am 26. August 1965, als er mit einem Personenwagen nach Bern fuhr, nicht davon abzuhalten, sich wieder sinnlos zu betrinken. Obschon er wusste, dass er nachher den Wagen führen werde, suchte er zwischen 16 Uhr und Mitternacht mindestens sechs Wirtshäuser auf, um sich dem Trunke hinzugeben. Vor einer beabsichtigten Heimfahrt als Automobilist einen solchen Pintenkehr zu unternehmen, war in hohem Masse verwerflich und verantwortungslos. Das gilt umsomehr, als Zysset im Verlaufe des Abends Gelegenheit genug hatte, sich nicht nur an die Ursachen und Folgen seiner frühern Vergehen zu erinnern, sondern sich auch über die schädlichen Auswirkungen übermässigen Alkoholgenusses auf die Fahrsicherheit und über die schweren Gefahren, die betrunkene Fahrzeugführer für andere Verkehrsteilnehmer schaffen, Rechenschaft zu geben. Er war sich übrigens nach seinen eigenen Erfahrungen durchaus im klaren, dass er im angetrunkenen Zustand kein Motorfahrzeug lenken durfte. Wenn er sich dennoch erheblich betrank und mit einem Alkoholgehalt von 2,22 Promille, d.h. einem ziemlich schweren Rausch, ans Steuer zu setzen wagte, um mit dem Wagen nach Münsingen zu fahren, so zeugt das von einer besonders rücksichtslosen und gewissenlosen Einstellung andern Strassenbenützern gegenüber. Dass er bereits nach kurzer Fahrt von der Polizei angehalten wurde, hilft über diese Einstellung des Beschwerdegegners BGE 92 IV 184 S. 189 nicht hinweg. Wie die Vorinstanz selber feststellt, hatte Zysset die Absicht, nach Hause zu fahren, wobei er andere Verkehrsteilnehmer wegen seines Rauschzustandes vor allem auf der gefährlichen Strecke von Bern nach Münsingen schwer gefährdet hätte. Dazu kam es aber nur deshalb nicht, weil die Polizei rechtzeitig auf ihn aufmerksam wurde. Das Obergericht geht auch insofern fehl, als es glaubt, den Vorfall vom 26. August 1965 losgelöst von den früheren Fällen würdigen zu müssen. Es ist eine höchst natürliche, ja gewollte Wirkung, dass Strafen und Massnahmen mit all ihren Folgen dem Fehlbaren für immer zur Warnung werden. An solchen Warnungen hat es dem Beschwerdegegner gegenüber wahrlich nicht gefehlt. c) Die Vorinstanz meint freilich, die wiederholte Begehung spiele für die Urteilspublikation nur in dem Falle eine Rolle, den Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG regle, da diese Bestimmung sonst überflüssig würde und die darin enthaltene Frist von fünf Jahren keinen Sinn mehr hätte. Sie irrt. Art. 102 Ziff. 2 lit. b SVG setzt nicht voraus, dass der Fahrer rücksichtslos handle. Selbst eine zweimalige Angetrunkenheit am Steuer braucht nicht notwendig besondere Rücksichtslosigkeit zu offenbaren. Dies wird zum Beispiel dann zu verneinen sein, wenn ein nur leicht angetrunkener Motorfahrzeugführer im Bewusstsein seines Zustandes äusserst vorsichtig fährt, um irgendwelchen Unfallzu vermeiden. Auch in einem solchen Falle hat der Richter jedoch die Urteilspublikation anzuordnen, wenn der Fahrer innert fünf Jahren rückfällig geworden ist. Legt der Motorfahrzeugführer dagegen eine besondere Rücksichtslosigkeit an den Tag, so ist die Massnahme gemäss Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG schon bei erstmaliger Begehung und ohne Rücksicht darauf, ob und allenfalls in welchem Grade er angetrunken sei, anzuordnen ( BGE 91 IV 35 f.). Schon daraus erhellt, dass die beiden Bestimmungen verschiedene Fälle regeln. An ihrer selbständigen Bedeutung ändert auch nichts, dass lit. b sich auf Rückfälle von Angetrunkenheit innert fünf Jahren bezieht. Das schliesst nicht aus, Vorstrafen wegen solcher Vergehen unter dem Gesichtspunkt von lit. a ebenfalls Rechnung zu tragen. Wie sehr dies sachlich gerechtfertigt sein kann, zeigt gerade der vorliegende Fall. Wer sich, wie Zysset, erneut in einem Rauschzustand ans Steuer setzt, um sich mit dem Wagen auf eine verkehrsreiche Strasse zu begeben, schon früher mehrere Warnungen in den Wind geschlagen BGE 92 IV 184 S. 190 und das Vertrauen, das ihm durch mehrmalige Rückgabe des Führerausweises bekundet wurde, wiederholt schwer enttäuscht hat, der verdient den Vorwurf besonderer Rücksichtslosigkeit auch dann, wenn seine letzte Verurteilung wegen Betrunkenheit am Steuer mehr als fünf Jahre zurückliegt. Es besteht, wie der Beschwerdeführer mit Recht einwendet, kein innerer Grund, ihn anders zu behandeln als denjenigen, der sich bloss einmal schwer vergeht. Ebensowenig ist ersichtlich, weshalb der Beschwerdegegner, der innert acht Jahren nun zum vierten Mal wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, milder beurteilt werden sollte als ein Fahrer, der wegen des gleichen Vergehens innert fünf Jahren ein zweites Mal bestraft wird. 4. Der angefochtene Entscheid, der auf der Annahme beruht, dem Beschwerdegegner könne keine besondere Rücksichtslosigkeit vorgeworfen werden, ist daher aufzuheben und die Sache zur Anordnung der Urteilsveröffentlichung gemäss Art. 102 Ziff. 2 lit. a SVG an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Voraussetzungen zur Veröffentlichung wären übrigens auch gemäss Art. 61 Abs. 1 StGB gegeben. Dass Zysset durch die Massnahme unter Umständen hart getroffen wird, hätte er rechtzeitig bedenken sollen; die gesetzlichen Folgen seines Verhaltens können ihm deswegen nicht erspart werden. Und seine Neigung zum Trinken als psychische Krankheit abtun zu wollen, steht dem Beschwerdegegner, nachdem er sich immer wieder um die Rückgabe des Führerausweises bemüht hat, schlecht an. Wenn er trunksüchtig ist, gehörte er sowieso nicht ans Steuer. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben, soweit es die Urteilspublikation verweigert, und die Sache zur Anordnung dieser Massnahme an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
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CH
Federation
22e15709-0c41-4ab3-af7e-b073b3235818
Urteilskopf 109 II 219 50. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 26 mai 1983 dans la cause B. contre D. (recours en réforme)
Regeste Ausübung eines Rückkaufsrechts.
Sachverhalt ab Seite 219 BGE 109 II 219 S. 219 A.- a) Par acte authentique passé le 13 février 1970, D. a vendu à B. deux parcelles de vigne, nos 587 et 589, folio 13, du registre foncier du district de L., pour le prix global de BGE 109 II 219 S. 220 40'000 francs. Les parties contractantes ont conclu en outre un pacte de réméré, contenu dans le même acte, pour permettre à D. de racheter les immeubles précités le jour où il en aurait les moyens financiers, et sont convenues de faire annoter au registre foncier le droit de réméré, dont l'échéance était fixée au 1er novembre 1979; le prix de rachat était arrêté à 42'000 francs. D'autre part, B. a remis à bail, par le même acte, à D. les deux vignes vendues, pour que celui-ci pût continuer à les cultiver. "Le prix de location" était fixé au 4% du capital investi par B. pour l'achat des vignes, soit 1'600 francs par an; il était payable les 30 juin et 31 décembre de chaque année, "par moitié chaque fois"; le loyer était indexé. Le bail était conclu pour une durée ferme venant à échéance le 1er novembre 1979. Il pouvait être dénoncé par l'une ou l'autre des parties, moyennant avis donné une année avant son échéance, faute de quoi il se renouvelait "tacitement pour 3 ans et ainsi de suite, le délai de dénonciation restant d'une année". La vente a été inscrite au registre foncier du district de L. le 19 février 1970. En accordant un droit de réméré à D., B. a voulu faire preuve de compréhension à son égard en raison de sa situation financière et familiale. b) B. a dû constamment recourir à des rappels, à des mises en demeure et à des poursuites pour obtenir le paiement des loyers. Par lettre du 25 septembre 1978, il a résilié le bail pour le 1er novembre 1979. Il était déçu et agacé de devoir poursuivre D. pour obtenir le paiement des loyers. c) Chargé par D. de procéder aux formalités nécessaires à l'exécution du pacte de réméré, le notaire X. a adressé à B., le 19 mai 1979, la lettre suivante: "M. D. est au bénéfice d'un droit de réméré grevant les parcelles 587 et 589 du cadastre de V. dont vous êtes propriétaire. Ce droit arrivera à échéance le premier novembre 1979. M. D. étant l'exploitant des deux vignes, il se propose de vous les acquérir au prix déjà fixé entre vous de Fr. 42'000.--. J'ai tenu à vous aviser de la chose et je reprendrai contact avec vous lorsque la banque à laquelle M. D. s'est adressé aura consenti le prêt sollicité." Le notaire X. a considéré cette lettre comme suffisante pour manifester la volonté d'acquérir de son mandant; il pensait que, vu les bonnes relations que D. disait entretenir avec B., la signature de l'acte n'était qu'une simple formalité dont la date n'avait pas grande importance. Le 19 mai 1979 également, le notaire X. a entrepris auprès de l'Union de Banques Suisses les démarches BGE 109 II 219 S. 221 appropriées pour obtenir les fonds nécessaires à l'exécution du pacte de réméré. Le 3 août 1979, l'agent d'affaires Y. a répondu au notaire X. que B. lui avait transmis la lettre du 19 mai 1979; il l'a informé que D. n'avait jamais exécuté spontanément ses obligations dérivant du bail; il ajoutait qu'"aujourd'hui que M. D. manifeste son intention de se porter acquéreur des parcelles", B. entendait que celui-ci réglât auparavant les frais occasionnés par sa carence, estimés à 1'500 francs. Le 15 août 1979, le notaire X. a fait savoir à l'agent d'affaires Y. que les loyers avaient été payés dans leur totalité et qu'en ce qui concernait la prétention de 1'500 francs, un montant avait été déposé en garantie à son étude. Le 12 décembre 1979, le notaire X. a signifié à l'agent d'affaires Y. que les fonds pour l'exécution du pacte de réméré étaient à disposition et que l'acte pourrait être signé entre les 26 et 28 décembre 1979 au plus tard. Jusqu'alors, ni D. ni son mandataire, le notaire X., n'avaient fixé ou fait fixer une séance d'instrumentation. Par lettre du 21 décembre 1979, l'agent d'affaires Y. a répondu que son client renonçait à traiter avec D., "dont le droit de réméré devait être radié du fait de l'échéance fixée au 1er novembre 1979"; il ajoutait qu'il prendrait contact avec le notaire X. au début de 1980 pour régler les différents points posés par la résiliation du bail. L'agent d'affaires Y., agissant au nom de B., a requis, le 21 décembre 1979, le conservateur du registre du district de L. de radier le droit de réméré. Cette radiation a été opérée le 28 décembre 1979. Le notaire X. a protesté auprès de l'agent d'affaires Y., par lettre du 9 janvier 1980. Celui-ci a confirmé, par lettre du 6 février 1980, que B. n'était pas disposé à céder les parcelles. Le 19 février 1980, le notaire X. a communiqué à l'agent d'affaires Y. que D. avait obtenu le crédit qu'il avait sollicité en vue du rachat des vignes et qu'il était ainsi prêt à signer l'acte de vente et à payer le prix comptant; le notaire X. précisait que D. n'avait pas pu respecter le délai fixé en vue de passer l'acte avant l'échéance du droit de réméré en raison d'une transaction qu'il avait dû conclure avec sa soeur à la suite du décès de leur mère. Le 19 février également, le notaire X. a réglé le solde des loyers impayés en versant 750 francs. Par lettre du 19 mars 1980, l'Union de Banques Suisses a confirmé au notaire X. que le crédit de 42'000 francs sollicité par D. était à la disposition de celui-ci depuis décembre 1979; une semaine BGE 109 II 219 S. 222 environ après qu'elle eut reçu la lettre du notaire X. du 19 mai 1979, l'Union de Banques Suisses avait pris une décision de principe selon laquelle elle accordait le crédit demandé par D. à la condition que les poursuites en cours contre lui fussent soldées. d) Les deux parcelles de vigne, objet du droit de réméré conféré à D., constituent une partie essentielle et nécessaire de son exploitation viticole. Elles ont une surface totale de 1815 m2. e) Postérieurement à la vente desdites vignes à B., D. a vendu à C., le 21 juin 1973, une parcelle de vigne de 2060 m2, et à sa soeur, le 21 août 1979, une autre parcelle de vigne de 658 m2. g) D. a ouvert action contre B. devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, par demande du 20 mars 1980, concluant, pour l'essentiel, à ce qu'il fût prononcé que B. est tenu de retransférer au demandeur les parcelles nos 587 et 589, pour le prix de 42'000 francs, selon le pacte de réméré intervenu entre les parties. B. a pris des conclusions libératoires. B.- Par jugement du 18 novembre 1982, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a admis l'action de D. C.- B. a recouru en réforme au Tribunal fédéral, dans le sens des conclusions libératoires prises devant la juridiction cantonale. Le recours a été rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Il est constant qu'à la suite du contrat de vente qu'elles avaient passé, les parties ont conclu un pacte de réméré. La validité de ce dernier est admise par l'une et l'autre. Il répond aux exigences de forme de l' art. 216 CO . Le prix à payer par D., titulaire du droit de réméré, est supérieur au prix de vente. La seule question litigieuse entre les parties, tant dans l'instance cantonale qu'en procédure de réforme, est de savoir si par la lettre de son mandataire, le notaire X., du 19 mai 1979, adressée à B., D. a valablement exercé le droit de réméré convenu, annoté au registre foncier, et venant à échéance le 1er novembre 1979. b) Le droit de réméré est un droit personnel en vertu duquel le vendeur peut, moyennant déclaration unilatérale de sa part, exiger de l'acheteur qu'il lui retransfère la chose. Le pacte de réméré confère ainsi au vendeur un droit d'emption sur la chose vendue; il institue en faveur du vendeur une faculté de rachat. Lorsqu'il porte sur un immeuble, il est susceptible d'être annoté au registre foncier ( art. 683, 959 CC ). Le droit de réméré est, comme tout droit BGE 109 II 219 S. 223 d'emption, un droit d'acquisition conditionnel subordonné à une condition potestative, la déclaration d'exercice du droit. Lorsque le titulaire du droit de réméré a déclaré exercer son droit au propriétaire de la chose, la condition à laquelle la vente était subordonnée est avenue. La vente conditionnelle que constitue le pacte de réméré, devenue parfaite à la suite de l'exercice du droit par son titulaire, produit alors ses effets: l'acheteur, c'est-à-dire le titulaire du droit de réméré, a droit au transfert de la propriété de la chose, et le vendeur a droit au paiement du prix (CAVIN, La vente, l'échange, la donation, Traité de droit privé suisse, tome VII, 1, pp. 149/150; MEIER-HAYOZ, n. 19, 31, 58, 59 ad art. 683 CC , n. 236 ss ad art. 681 CC ; HAAB, n. 12 ad art. 683 CC ). Le titulaire qui a exercé valablement son droit de réméré et qui s'est, par là, porté unilatéralement acheteur de l'immeuble se trouve dans une situation identique à celle où il serait placé dans le cas de la conclusion d'un contrat de vente pur et simple (MEIER-HAYOZ, n. 59 ad art. 683 CC ). Si le vendeur refuse de requérir le transfert de l'immeuble à l'acheteur, titulaire du droit de réméré exercé, celui-ci peut demander au juge l'attribution du droit de propriété en vertu de l' art. 665 al. 1 CC (CAVIN, loc.cit., p. 149; MEIER-HAYOZ, n. 59 ad art. 683 CC , n. 246 ad art. 681 CC ). Lorsque le titulaire a exercé son droit de réméré et que sa déclaration dans ce sens est parvenue à la connaissance de l'autre partie, le vendeur, il ne peut plus revenir en arrière (MEIER-HAYOZ, n. 59 ad art. 683 CC , n. 238 ad art. 681 CC ). S'il ne donne pas les mains au transfert de la propriété et ne paie pas le prix, le vendeur peut le mettre en demeure et exercer, à son choix, les droits que lui confère l'art. 214 ou l' art. 107 CO ( ATF 96 II 50 consid. 2, 86 II 234/235; CAVIN, op.cit., pp. 55-57). c) En l'espèce, l'acte de vente immobilière du 13 février 1970 contient les dispositions suivantes au sujet du droit de réméré conféré à D.: "2. - Droit de réméré Pour permettre à D. de racheter les immeubles objet des présentes, le jour où il en aura les moyens financiers, il est convenu de faire également annoter au Registre foncier le droit de réméré suivant: Annotation: Droit de réméré. - Echéance: premier novembre mil neuf cent septante-neuf. Bénéficiaire: D. Immeubles grevés: Propriétaire: B. les parcelles 587 et 589 de V. BGE 109 II 219 S. 224 Durant la période fixée ci-dessus, D., s'il est revenu à meilleure fortune, pourra racheter de B. ou de ses successeurs le rachat des parcelles 587 et 589, au prix d'ores et déjà fixé entre parties de Fr. 42'000.-- quarante-deux mille francs. D. pourra, d'une manière unilatérale, décider librement du jour où il exercera le droit de réméré, qui ne pourra s'exercer qu'en bloc, pour les deux parcelles. Toutefois, les parties conviennent expressément que si, durant la durée fixée ci-dessus, D. abandonne la culture de son domaine viticole de Ch., pour une raison ou pour une autre, B. pourra alors exiger la radiation immédiate au Registre foncier du droit de réméré ci-dessus constitué. Ce droit de réméré est stipulé strictement personnel et incessible, sauf en cas de remise par D. de son domaine de Ch. en faveur de son fils." La cour cantonale considère que D. a exercé son droit de réméré par la lettre que son mandataire, le notaire X., a adressée à B. le 19 mai 1979. Elle retient en fait que cette lettre a été expédiée à B. et qu'elle est parvenue à sa connaissance avant l'échéance fixée au 1er novembre 1979 par le pacte de réméré. Le recourant ne conteste pas avoir reçu ladite lettre avant l'échéance contractuelle du 1er novembre 1979. Il reproche en revanche à la cour cantonale "d'avoir considéré cette lettre comme une ferme manifestation de volonté de l'intimé d'exercer son droit de réméré dans le délai fixé". La juridiction cantonale est, à juste titre, de l'avis que la déclaration unilatérale par laquelle le titulaire manifeste sa volonté d'exercer son droit de réméré est une déclaration sujette à réception, et qu'elle n'est soumise à aucune forme spéciale (MEIER-HAYOZ, n. 58 ad art. 683 CC avec renvoi à n. 224 ad art. 681 CC ). Le recourant ne critique pas sur ce point l'arrêt déféré. La Cour civile vaudoise retient que le notaire X. a considéré sa lettre du 19 mai 1979 à B. "comme suffisante pour manifester la volonté" de D. d'acquérir les parcelles de vigne sur lesquelles il était au bénéfice d'un droit de réméré. Cette opinion du mandataire de D. n'est pas déterminante. La déclaration par laquelle le titulaire d'un droit de réméré dit vouloir l'exercer est un acte juridique, qui doit être interprété et apprécié comme toute autre manifestation de volonté. Selon le principe de la confiance, une telle déclaration doit être comprise dans le sens que, de bonne foi, son destinataire pouvait et devait raisonnablement lui attribuer en le considérant comme réellement voulu, sur la base de l'attitude antérieure du déclarant et des circonstances qu'il connaissait au moment où la déclaration lui a été faite BGE 109 II 219 S. 225 ( ATF 105 II 18 consid. 3a, ATF 97 II 74 consid. 3, ATF 95 II 328 /329 consid. 3, 94 II 104/105, ATF 90 II 454 consid. 3). La cour cantonale se réfère expressément à ces principes. Elle estime que les termes employés par le mandataire de B., l'agent d'affaires Y., dans sa lettre du 3 août 1979, répondant à celle du notaire X. du 19 mai 1979, démontrent que B. avait compris que D. voulait reprendre ses vignes. Elle cite à cet égard le passage suivant de la lettre du 3 août 1979: "Aujourd'hui que M. D. manifeste son intention de se porter acquéreur des parcelles, M. B. entend qu'il règle auparavant les frais..." De l'avis de la cour cantonale, il est sans importance que B. ait alors fait valoir certaines réserves, l'exercice du droit de réméré étant absolument indépendant de toute condition émanant du destinataire. D'autre part, poursuit la cour cantonale, B. qui, pour rendre service à D., avait acheté les vignes litigieuses et laissé celui-ci les exploiter comme fermier, ne pouvait ignorer qu'elles étaient nécessaires à la survie de l'exploitation vinicole. Dans ces circonstances, conclut-elle, B. devait comprendre la lettre du notaire X. comme la manifestation de l'intention de D. de reprendre les terrains dont ce dernier était menacé d'être totalement privé dès le 1er novembre 1979. De surcroît, ajoute la juridiction vaudoise, si B. pensait que D. ne serait pas en mesure de s'exécuter, la bonne foi lui commandait de le mettre en demeure, immédiatement ou avant l'échéance du 1er novembre 1979; or les réserves émises par le mandataire de B. ont trait à l'exécution du bail, non à celle du droit de réméré. Il s'ensuit, dit-elle, que D., par la lettre de son notaire du 19 mai 1979, a exercé son droit de réméré en temps utile et s'est porté acquéreur des parcelles litigieuses, lesquelles doivent lui être retransférées contre paiement du prix convenu de 42'000 francs, conformément à l' art. 665 al. 1 CC . d) Le recourant soutient que la lettre du notaire X. du 19 mai 1979 n'était qu'un avis préalable et non la manifestation ferme de D. d'exercer son droit de réméré. Il a tort. Le fait que le notaire X. a dit avoir tenu à aviser B. de ce que son client D. se proposait d'acquérir au prix déjà fixé de 42'000 francs les deux parcelles objet du droit de réméré, et vouloir reprendre contact avec lui lorsque la banque aurait consenti le prêt sollicité, n'est pas décisif dans l'interprétation de la lettre du 19 mai 1979 et dans la détermination de son sens et de sa portée. Il ne faut pas s'arrêter aux expressions utilisées ( art. 18 al. 1 CO ) pour interpréter une déclaration de volonté. Or, à supposer même que les termes employés par le notaire X. puissent prêter à équivoque, il ressort de la lettre du BGE 109 II 219 S. 226 3 août 1979 que B. avait compris celle du 19 mai 1979 en ce sens que D. y manifestait son intention de se porter acquéreur des parcelles, selon les termes mêmes employés par l'agent d'affaires Y. Interprétée conformément au principe de la confiance, c'est-à-dire d'après le sens que B. pouvait et devait raisonnablement lui attribuer eu égard à l'attitude antérieure de D. et de l'ensemble des circonstances, la manifestation de volonté exprimée dans la lettre du 19 mai 1979 signifiait qu'il exerçait son droit de réméré et entendait redevenir propriétaire des parcelles litigieuses contre paiement du prix convenu. Il n'importait pas que l'Union de Banques Suisses n'eût pas encore, à ce moment, octroyé à D. le crédit sollicité. En informant B. de la démarche entreprise auprès de la banque pour obtenir un prêt pour qu'il pût payer le prix de rachat des parcelles litigieuses, D. exprimait clairement sa volonté d'en redevenir propriétaire par l'exercice du droit de réméré. Le fait que D. n'avait pas encore obtenu le prêt nécessaire pour pouvoir payer le prix convenu ne constitue pas un empêchement à l'exercice du droit de réméré. Il faut distinguer en effet l'exercice du droit de réméré, d'une part, et l'exécution par l'acheteur de son obligation de payer le prix découlant de l'avènement de la condition potestative rendant parfaite la vente conditionnelle, d'autre part. Par la lettre de son notaire, du 19 mai 1979, D. a exercé valablement son droit de réméré: B. était dès lors tenu de lui transférer la propriété des parcelles litigieuses contre paiement du prix convenu. L'instrumentation d'un nouvel acte authentique n'était nullement nécessaire pour opérer ce transfert, la vente étant devenue parfaite par l'exercice du droit de réméré (MEIER-HAYOZ, n. 58 ad art. 683 CC ); le pacte de réméré figurant dans l'acte de vente immobilière du 13 février 1970 ne le prévoit pas (MEIER-HAYOZ, loc.cit.). Il n'importe pas dès lors que le notaire X. ni D. n'aient fixé une séance d'instrumentation. Le chiffre VIII, 2, de la vente immobilière du 13 février 1970 dispose que le droit de réméré est constitué "pour permettre à D. de racheter les immeubles ... le jour où il en aura les moyens financiers", et que durant la période s'étendant jusqu'au 1er novembre 1979, date de l'échéance de ce droit, "D. s'il est revenu à meilleure fortune pourra racheter de B. ou de ses successeurs le rachat (sic) des parcelles 587 et 589 au prix ... de Fr. 42'000.--". Il n'y a pas là toutefois une condition au sens juridique du terme, mise à l'exercice du droit de réméré par son titulaire, D. On peut BGE 109 II 219 S. 227 se dispenser de trancher la question de savoir si cela serait admissible. De toute façon, la clause contractuelle exprime la raison pour laquelle le droit de réméré est accordé au vendeur D. par l'acheteur B. Elle ne permet pas à celui-ci de faire obstacle à l'exercice du droit de réméré par D. au motif qu'il n'aurait pas les moyens financiers nécessaires ou qu'il ne serait pas revenu à meilleure fortune. L'alinéa 3 du chiffre VIII, 2, dit que D. pourra, d'une manière unilatérale, décider librement du jour où il exercera le droit de réméré. Il l'a exercé par la lettre de son notaire du 19 mai 1979 et a obtenu le crédit nécessaire pour payer le prix, dont l'octroi a été décidé en principe par l'Union de Banques Suisses une semaine environ après la lettre dudit notaire à la banque, datée du 19 mai 1979 également. Dès lors que le droit de réméré avait été exercé le 19 mai 1979 par la lettre du notaire X. à B. et que la vente conditionnelle que constituait le pacte de réméré était devenue ainsi parfaite, D. pouvait exiger le transfert de la propriété des parcelles litigieuses et B., le paiement du prix. Il n'importe pas que le paiement du prix n'ait pas été offert par D. à B. avant l'échéance du 1er novembre 1979, ni, comme on l'a vu, qu'aucun acte authentique nouveau n'ait été instrumenté avant cette date. Si B. estimait que D. était en retard dans l'exécution de ses obligations, à la suite de l'exercice du droit de réméré, il lui incombait de le mettre en demeure et d'user des droits en découlant selon l'art. 214 ou l' art. 107 CO . Il ne l'a cependant pas fait. e) Il n'importe pas que D. ait vendu des vignes, en 1973, à C. et, en 1979, à sa soeur. Ces ventes sont sans rapport avec le droit de réméré dont il bénéficie. f) De ces considérants, il suit que la cour cantonale était fondée à prononcer que B. est tenu de transférer à D. les parcelles litigieuses contre paiement de 42'000 francs, en exécution du pacte de réméré passé entre les parties le 13 février 1970, de signer tous actes ou réquisitions nécessaires à cet effet dans les trente jours dès jugement définitif et exécutoire et qu'à défaut le conservateur du registre foncier devra inscrire lesdites parcelles au chapitre de D. moyennant paiement de la somme de 42'000 francs.
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1,983
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22e22169-7b0a-4ab6-bc1f-484b01bccd37
Urteilskopf 90 II 285 33. Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. September 1964 i.S. Bresaola gegen Weisser und Hollaus
Regeste Kaufvertrag. Stellvertretung. Stellvertretung, Art. 32 OR . Erfordernis der Ermächtigung (Erw. 1a). Erkennbarkeit des Vertretungsverhältnisses (Erw. 1b). Rücktritt vom Kaufvertrag, Art. 214 Abs. 3, 107 ff. OR . Vorbehalt des Rücktrittsrechtes (Erw. 2 a). Erfordernis sofortiger Rücktrittserklärung. Ablehnung des Einwands der Verspätung wegen Rechtsmissbrauchs (Erw. 2 b). Auseinandersetzung nach dem Rücktritt, Art. 109 OR (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 286 BGE 90 II 285 S. 286 A.- Die Firma L. Bresaola in Chiasso, die Kaffeemaschinen für Gastgewerbebetriebe herstellt, schloss mit Georg Weber zwei Verträge, und zwar - am 4. April 1960 einen Vertrag über den Verkauf einer Kaffeemaschine, Modell "De Luxe", zum Preise von Fr. 7050.--, - am 26. April 1960 einen Vertrag über den Verkauf einer Kaffeemühle, Modell "Standard", zum Preise von Fr. 1280.--. Die Apparate waren innert 10 Tagen nach Montage zahlbar. Beide Verträge enthielten einen Eigentumsvorbehalt zugunsten des Verkäufers. Die Lieferung der Apparate hatte an das Café Domino in Kreuzlingen zu erfolgen. Die Apparate wurden am 28. April 1960 geliefert. Der Eigentumsvorbehalt wurde auf Verlangen Bresaolas am 30. August 1960 in Wil, am Wohnort Webers, eingetragen; als Weber in der Folge seinen Wohnsitz nach Thun verlegte, veranlasste Bresaola den Eintrag des Eigentumsvorbehalts in das dortige Register. Zur Bezahlung des Kaufpreises für die beiden Maschinen aufgefordert, nahm Weber mit Erklärungen vom 11. und 22. Juni 1960 den Standpunkt ein, er habe die Kaufverträge nicht für sich abgeschlossen, sondern als Vertreter der Inhaberin des Café Domino, Frau Hollaus-Weisser, und deren Mutter Frau Weisser, welche ihrer Tochter die Mittel zur Einrichtung des Cafés zur Verfügung gestellt hatte. Am 23. Juni 1960 stellte Bresaola für die gelieferten Maschinen Rechnung an Frau Hollaus-Weisser. Diese BGE 90 II 285 S. 287 lehnte jedoch die Bezahlung ab mit der Begründung, Weber habe die beiden Kaufverträge nicht als ihr Stellvertreter, sondern als Selbstkäufer abgeschlossen. Für die Forderung aus dem Weiterverkauf der Maschinen an sie sei er durch Frau Weisser befriedigt worden. Versuche Bresaolas, die Frauen Hollaus und Weisser zur Anerkennung der Kaufpreisschuld für die Maschinen zu veranlassen, verliefen erfolglos. Auch nochmalige Zahlungsaufforderungen an Weber führten zu keinem Ergebnis. Ein von Bresaola am 24. November 1960 im Besitzesschutzverfahren unter Berufung auf den Eigentumsvorbehalt gegen Frau Hollaus gestelltes Begehren auf Herausgabe der gelieferten Apparate wurde von den zuständigen thurgauischen Instanzen abgewiesen. B.- Am 30. September 1961 reichte Bresaola beim Bezirksgericht Kreuzlingen gegen Frau Weisser und Frau Hollaus Klage ein mit dem Begehren, die Beklagten seien unter solidarischer Haftung zu verpflichten, 1. ihm eine Olympia-Kaffeemaschine Modell "De Luxe III Hydro" mit allem Zubehör im Werte von Fr. 7050.--, sowie eine Kaffeemühle Modell "Standard" mit elektrischem Motor und allem Zubehör im Werte von Fr. 1280.-- unbeschwert herauszugeben; 2. ihm für die Zeit ab 1. Mai 1960 bis zur erfolgten Herausgabe der Maschinen und Apparate pro Monat Fr. 249.90 zu bezahlen. Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage. C.- Das Bezirksgericht Kreuzlingen und das Obergericht des Kantons Thurgau, dieses mit Urteil vom 2. April 1964, wiesen die Klage ab. D.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht ergriffen, mit welcher er die vor den kantonalen Instanzen gestellten Begehren erneuert. Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. BGE 90 II 285 S. 288 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Zwischen den Parteien ist streitig, ob Weber die Kaufverträge vom 4. und 26. April 1960 als Vertreter der Beklagten abgeschlossen hat, wie der Kläger behauptet, oder ob er gemäss der Darstellung der Beklagten selber Käufer gewesen ist. Die Vorinstanz hat das Vorliegen einer Stellvertretung bejaht. Die Beklagten halten in der Berufungsantwort daran fest, dass Weber Selbstkäufer gewesen sei. a) Ein Vertretungsverhältnis setzt in erster Linie voraus, dass Weber von den Beklagten ermächtigt war, für sie die Kaufverträge vom 4. und 26. April 1960 abzuschliessen. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts, die sich auf die von ihm beigezogenen Akten der gegen Weber geführten Strafuntersuchung, insbesondere auf die darin enthaltenen Aussagen Webers und der Frau Weisser stützen, hat Weber von den Beklagten den Auftrag erhalten, die für die Einrichtung des Café Domino notwendigen Maschinen und Apparate zu kaufen, da er vorgab, er könne dank seinen Beziehungen diese den Beklagten zu günstigeren Bedingungen verschaffen. Bei dieser Auftragserteilung hatte es gemäss der eigenen Darstellung der Beklagten Frau Weisser die Meinung, dass Weber das für die Bezahlung der Apparate nötige Geld "vorstrecke", d.h. dass er die Apparate für die Beklagten bezahle, um auf diese Weise seine Schuld aus verschiedenen Darlehen im Betrage von insgesamt Fr. 46'000.--, die ihm Frau Weisser vorher gewährt hatte, zum Teil abzutragen. Ob auf diese Aussagen Webers abgestellt werden dürfe und wie die Aussagen der Frau Weisser aufzufassen seien, ist als Frage der Beweiswürdigung der Nachprüfung durch das Bundesgericht entzogen. Auf die von den Beklagten in der Berufungsantwort vorgebrachte Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist daher nicht einzutreten. Der Weber von den Beklagten erteilte Auftrag schloss BGE 90 II 285 S. 289 nach Art. 396 Abs. 2 OR auch die Ermächtigung zu den Rechtshandlungen in sich, die für die Ausführung des Auftrags notwendig waren, insbesondere also auch die Vollmacht, die Kaufverträge über die Kaffeemaschine und die Kaffeemühle mit Wirkung für die Beklagten abzuschliessen. Weber hat dann allerdings den ihm erteilten Auftrag schlecht erfüllt. Er hat zwar die Kaufverträge abgeschlossen. Aber statt die gekauften Apparate zur Abtragung seiner Darlehensschulden gegenüber Frau Weisser selber zu bezahlen, liess er die Rechnung des Klägers unbezahlt. Diese teilweise Nichterfüllung des übernommenen Auftrags war jedoch ohne Einfluss auf die ihm erteilte Ermächtigung zum Abschluss der Kaufverträge. b) Die Kaufverträge vom 4. und 26. April 1960 sind von Weber als Käufer unterzeichnet. Er hat sich also beim Vertragsabschluss nicht ausdrücklich als Vertreter zu erkennen gegeben. Gemäss Art. 32 Abs. 2 OR konnten daher die Beklagten als Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt und verpflichtet werden, "wenn der andere (hier also der Kläger) aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse". Wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, ist auf jeden Fall die erste dieser beiden Voraussetzungen erfüllt, da der Kläger nach den gesamten Umständen der Auffassung sein durfte und musste, dass Weber als Vertreter der Beklagten auftrete. Nach der übereinstimmenden Darstellung beider Parteien besichtigten die Eheleute Hollaus-Weisser zusammen mit Weber und dem Architekten, der die Einrichtung des Cafés besorgte, im Verkaufsbüro des Klägers in Zürich die Apparate. Dem Kläger war somit von Anfang an bekannt, dass die Apparate für das von Frau Weisser finanzierte und von Frau Hollaus betriebene Café Domino in Kreuzlingen bestimmt waren; sie wurden denn auch, wie der Kaufvertrag ausdrücklich vorsah. direkt dorthin geliefert. BGE 90 II 285 S. 290 Die Vertreterstellung Webers war für den Kläger aber vor allem auch daraus ersichtlich, dass Weber ihn ersuchte, auf den Fakturen den Barzahlungsskonto von 3% nicht zu erwähnen. Der Kläger erklärte sich bereit, diesem Wunsche zu entsprechen; er brachte auf dem Vertrag vom 4. April 1960 betreffend die Kaffeemaschine einen entsprechenden Vermerk an und stellte Weber in der Auftragsbestätigung vom gleichen Tage in Aussicht, dass im Falle des Kaufes der Kaffeemühle auch auf der Rechnung für diese der Barzahlungsskonto nicht aufgeführt werde. Dieses Vorgehen Webers zeigte dem Kläger, dass Weber die Rechnungen für die Abrechnung mit den Beklagten benötigte und somit das Geschäft nicht als Selbstkäufer abschloss, um die Apparate nachher an die Beklagten weiterzuverkaufen. Denn es ist nicht üblich, dass der selbständige Zwischenhändler seine Abnehmer über seinen Einstandspreis unterrichtet. Die Willfährigkeit des Klägers hätte Weber ermöglicht, den Beklagten die Gewährung des Skontos, der richtigerweise diesen hätte zugute kommen müssen, zu verschweigen und den entsprechenden Betrag für sich zu behalten, sofern er gemäss der mit den Beklagten getroffenen Abrede die Apparate zur teilweisen Tilgung seiner Darlehensschuld selber bezahlt hätte. Das Verhalten sowohl Webers wie auch des Klägers war somit den Beklagten gegenüber unkorrekt. Aber das ändert nichts an der im vorliegenden Zusammenhang allein massgebenden Tatsache, dass das Vertretungsverhältnis zwischen den Beklagten und Weber für den Kläger erkennbar war. Dieser hat denn auch im Prozess schon in der Klageschrift ausführen lassen, es sei für ihn von Anfang an klar gewesen, dass Weber nur Vertreter der Frau Weisser gewesen sei. Sind somit schon aus diesem Grunde die Beklagten als Partei der Kaufverträge über die Apparate zu betrachten, so braucht nicht geprüft zu werden, ob dies auch deshalb anzunehmen wäre, weil es dem Kläger gleichgültig war, mit wem er den Vertrag abschliesse, wie die Vorinstanz BGE 90 II 285 S. 291 mit Rücksicht auf den in den Kaufverträgen vorgesehenen Eigentumsvorbehalt entschieden hat. c) Dass beim Vorliegen eines Vertretungsverhältnisses Weber als Vertreter beider Beklagten anzusehen ist, haben diese weder im kantonalen Verfahren noch vor Bundesgericht in Abrede gestellt. Mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass Frau Weisser und ihre Tochter Frau Hollaus solidarisch als Partei an den Kaufverträgen beteiligt und somit dem Kläger gegenüber aus ihnen als Solidarschuldner verpflichtet sind. 2. Der Kläger vertritt die Auffassung, der in den Kaufverträgen vereinbarte Eigentumsvorbehalt, der in den Registern der Betreibungsämter von Wil und Thun, d.h. am jeweiligen Wohnsitz des als Käufer aufgeführten Weber, eingetragen wurde, wirke kraft des Vertretungsverhältnisses auch gegenüber den Beklagten; das gegen diese gerichtete Begehren auf Herausgabe der Apparate sei daher zu schützen. Die Vorinstanz hat das Bestehen eines solchen Herausgabeanspruches verneint, weil der Kläger sowohl das Vertretungsverhältnis als auch die Personalien und den Wohnsitz der Vertretenen gekannt habe, weshalb der Eintrag des Eigentumsvorbehalts in den Registern von Wil und Thun rechtlich unwirksam gewesen sei. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben; denn selbst wenn dem angefochtenen Entscheid in dieser Hinsicht beizupflichten wäre, ist auf jeden Fall das Herausgabebegehren entgegen der Auffassung der Vorinstanz aus dem Gesichtspunkte des vom Kläger ebenfalls angerufenen Art. 214 OR begründet. a) Die Beklagten, die kraft des Vertretungsverhältnisses Partei der von Weber für sie abgeschlossenen Kaufverträge sind, haben die ihnen gelieferten Apparate nicht bezahlt, obwohl sie dazu durch Zustellung der Rechnung gemahnt wurden. Sie befinden sich deshalb im Schuldnerverzug. Beim Kaufvertrag ist für die Folgen des Zahlungsverzugs des Käufers in Art. 214 eine Sonderregelung vorgesehen. BGE 90 II 285 S. 292 Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung hat der Verkäufer, wenn die Kaufsache gegen Vorausbezahlung des Preises oder Zug um Zug zu übergeben ist, das Recht, ohne weiteres vom Vertrag zurückzutreten; will er von diesem Recht Gebrauch machen, so muss er dies jedoch gemäss Art. 214 Abs. 2 OR dem Käufer sofort anzeigen. Auf den vorliegenden Fall ist indessen Art. 214 Abs. 1 entgegen der Meinung des Klägers nicht anwendbar. Denn da der Kaufpreis "innert 10 Tagen nach Montage" zu bezahlen war, lag weder ein Pränumerando- noch ein Barkauf, sondern ein Kreditgeschäft vor. Bei einem solchen kann gemäss Art. 214 Abs. 3 OR der Verkäufer beim Verzug des Käufers vom Vertrag nur zurücktreten, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich vorbehalten hat. Die Vorinstanz ist der Ansicht, dem Kläger sei die Berufung auf Art. 214 Abs. 3 OR verwehrt, weil es am erforderlichen Vorbehalt des Rücktrittsrechts fehle. Diese Auffassung ist unrichtig. Gemäss ständiger Rechtsprechung und Lehre hat bei Verabredung eines Eigentumsvorbehalts das einseitige Rücktrittsrecht des Verkäufers immer als miteingeschlossen zu gelten, auch wenn dies nicht besonders hervorgehoben worden ist ( BGE 88 II 85 Erw. 3 a, BGE 78 III 168 , BGE 60 II 413 , BGE 51 II 138 ; HAAB/SIMONIUS, ZGB Art. 715/16 N. 46). Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentumsvorbehalt zwar vereinbart, aber nicht eingetragen worden und darum das Eigentum an der Sache auf den Käufer übergangen ist. In diesem Falle hat der Verkäufer zwar keinen dinglichen Herausgabeanspruch, wohl aber ein obligatorisch wirkendes Recht auf Rückgabe der Kaufsache (HAAB/SIMONIUS, ZGB Art. 715/16 N. 73, N. 103 am Ende). Selbst wenn also der auf den Namen und am Wohnort Webers eingetragene Eigentumsvorbehalt gegenüber den Beklagten nicht gültig sein sollte, lag in seiner Vereinbarung doch ein wirksamer Vorbehalt des Rücktrittsrechts zugunsten des Klägers. b) Der Kläger hat sein Rücktrittsrecht entgegen der BGE 90 II 285 S. 293 von der Vorinstanz geschützten Auffassung der Beklagten nicht dadurch verwirkt, dass er diesen die Absicht, es auszuüben, nicht sofort nach der fruchtlos gebliebenen Zahlungsaufforderung angezeigt hat. Im Gegensatz zu der für den Vorauszahlungs- und den Barkauf gemäss Art. 214 Abs. 1 OR in Abs. 2 angeordneten Pflicht zur sofortigen Anzeige des Rücktritts ist in Abs. 3 von einer solchen Pflicht des Verkäufers nicht die Rede. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, der Verkäufer, der sich beim Kreditkauf das Rücktrittsrecht vorbehalten hat, dürfe den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nach seinem Belieben wählen. Der Vorbehalt des Rücktrittsrechts hat lediglich zur Folge, dass an Stelle der für den Kreditkauf grundsätzlich geltenden Sonderregelung (Ausschluss des Rücktrittsrechtes) die allgemeinen Rechtsgrundsätze von Art. 107 ff. OR anwendbar sind. Auch nach dem somit massgebenden Art. 107 Abs. 2 OR hat aber der Gläubiger, der vom Vertrag zurücktreten will, dies unverzüglich nach Ablauf der Nachfrist zu erklären. Dass der Vorbehalt des Rücktrittsrechtes im Falle des Art. 214 Abs. 3 dem Verkäufer nicht die Befugnis verleihen kann, den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nach Gutfinden zu wählen, leuchtet auch deshalb ein, weil nicht einzusehen ist, weshalb er kraft des Vorbehaltes besser gestellt sein sollte, als es nach den allgemeinen Regeln über den Schuldnerverzug der Fall wäre. Auch auf ihn trifft, gleich wie in den Fällen von Art. 214 Abs. 1 und 107 Abs. 2 OR, die Überlegung zu, dass es ihm verwehrt sein soll, bei der Ausübung des Rücktrittsrechts auf Kosten des säumigen Schuldners zu spekulieren. Im vorliegenden Falle hat nun allerdings der Kläger den Rücktritt vom Vertrag erst dadurch geltend gemacht, dass er am 24. November 1960 beim Bezirksgerichtspräsidium Kreuzlingen von der Beklagten Frau Hollaus die Herausgabe der Apparate verlangte. Der Einwand der Beklagten, diese Rücktrittserklärung sei wegen Verspätung unwirksam, verstösst jedoch gegen Treu und Glauben. Denn wenn BGE 90 II 285 S. 294 der Kläger nicht sofort gegen die Beklagten vorging, sondern zunächst nochmals von Weber Zahlung zu erhalten versuchte, tat er dies aus Entgegenkommen gegenüber den Beklagten, die den Standpunkt einnahmen, Weber habe die Apparate aus den Darlehen zu bezahlen, die er ihnen schuldete. 3. Nach dem auf den Kreditkauf mit Vorbehalt des Rücktrittsrechtes anwendbaren Art. 109 Abs. 1 OR ist der Kläger befugt, das Geleistete zurückzufordern, hier also die Rückgabe der gelieferten Maschinen zu verlangen. Nach Art. 109 Abs. 2 OR hat er überdies Anspruch auf Ersatz des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens, sofern der Schuldner nicht nachweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. Den Nachweis, dass sie am Verzug in der Zahlung des Kaufpreises kein Verschulden treffe, vermögen die Beklagten nicht zu erbringen. Sie haben zu Unrecht ihre Zahlungspflicht aus den Kaufverträgen bestritten, die Weber in ihrem Auftrag und als ihr Stellvertreter mit dem Kläger abschloss. Unter dem Schaden aus dem Dahinfallen des Vertrages ist nach Rechtsprechung und Lehre das negative Interesse zu verstehen ( BGE 61 II 256 und dort erwähnte Literatur). Danach hat der Kläger Anspruch auf die Herstellung derjenigen Vermögenslage, in der er sich befände, wenn er die Kaufverträge mit den Beklagten nicht abgeschlossen hätte. Dem Kläger steht deshalb ein Entschädigungsanspruch dafür zu, dass die Beklagten seit Ende April 1960 die Maschinen benutzt und diese infolgedessen eine Wertverminderung erlitten haben. Der Kläger fordert unter diesem Gesichtspunkt eine Entschädigung von Fr. 249.90 pro Monat. Da die Vorinstanz sich zu diesem Punkte nicht ausgesprochen hat, ist die Sache zur Entscheidung darüber an sie zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 2. April 1964 wird aufgehoben, und es wird erkannt: BGE 90 II 285 S. 295 a) Die Beklagten werden solidarisch verpflichtet, dem Kläger eine Olympia-Kaffeemaschine, Modell "De Luxe III Hydro" mit allem Zubehör im Werte von Fr. 7050.--, sowie eine Kaffeemühle, Modell "Standard", mit elektrischem Motor und allem Zubehör im Werte von Fr. 1280.-- unbeschwert herauszugeben. b) Die Beklagten werden solidarisch verpflichtet, dem Kläger eine Entschädigung für Benützung und Abnützung der in lit. a) genannten Maschinen vom 1. Mai 1960 bis zur Herausgabe zu bezahlen. c) Die Sache wird zur Festsetzung der Entschädigung gemäss lit. b) an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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22e2b03f-36a0-4fd8-8c31-545461d0e00f
Urteilskopf 106 Ib 330 50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Oktober 1980 i.S. Gebrüder Thomann & Co. gegen Gemischte Gemeinde Röschenz und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 30 GSchG und Art. 22ter BV ; Entschädigung für Nutzungsbeschränkungen infolge Grundwasserschutzzone. Aufgrund von Art. 30 GSchG mit Schutzzonenplan angeordnetes Verbot einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung, ohne jedoch die bisherige Nutzung zu untersagen. Art. 30 Abs. 2 GSchG ordnet keine Entschädigungspflicht an, sondern legt nur fest, wen eine solche allenfalls trifft (E. 3). Abgrenzung zwischen materieller Enteignung und entschädigungslos zulässiger Eigentumsbeschränkung (Bestätigung von BGE 96 I 359 ). Mögliche Ausnahmen vom Grundsatz der Entschädigungslosigkeit von Eigentumsbeschränkungen polizeilicher Natur im engern Sinne (E. 4).
Erwägungen ab Seite 331 BGE 106 Ib 330 S. 331 Aus den Erwägungen: 3. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, Art. 30 GSchG gebe ihr einen Entschädigungsanspruch unabhängig davon, ob sie durch die Nutzungsbeschränkungen materiell enteignet werde, geht fehl. Abgesehen davon, dass sie das Verfahren zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen wegen materieller Enteignung eingeleitet hat und ihre Behauptung bereits aus diesem Grunde widersprüchlich ist, geht aus dem Wortlaut von Art. 30 GSchG unmissverständlich BGE 106 Ib 330 S. 332 hervor, dass er keine Entschädigungspflicht für Grundwasserschutzzonen anordnet, sondern einzig festlegt, wer allfällige Entschädigungen für Nutzungsbeschränkungen auszurichten hat. Die Gesetzesmaterialien bestätigen diesen Zweck des Art. 30 Abs. 2. Der Berichterstatter der Mehrheit der ständerätlichen Kommission (Hofmann) legte dar, der dem heutigen Art. 30 Abs. 2 entsprechende Art. 29 Abs. 2 des Entwurfes behandle das Problem der Entschädigung; diese treffe grundsätzlich die Eigentümer der Grundwasserfassungen, sofern eine Entschädigungspflicht bestehe. Ausdrücklich hielt dieser Berichterstatter fest: "Wann eine Entschädigungspflicht besteht, wird in diesem Gesetz nicht bestimmt." Der Berichterstatter der Minderheit (Rohner) wünschte unter Hinweis auf die Praxis des Bundesgerichtes, wonach Eingriffe polizeilicher Natur zum Schutze der öffentlichen Gesundheit nicht entschädigungspflichtig seien, eine andere Gliederung des Artikels, "weil sonst leicht der Eindruck entstehen wird, dass die Ausscheidung von Schutzzonen in jedem Fall entschädigungspflichtig sei". Bundesrat Tschudi antwortete hierauf, dass keine materielle Differenz bestehe. Auch aus der Zustimmung zum Antrag der Mehrheit und des Bundesrates könne nicht geschlossen werden, dass damit alle Nutzungsbeschränkungen entschädigungspflichtig wären. Die Meinung gehe durchaus dahin, "dass auch in Zukunft gemäss der Praxis des Bundesgerichts, die von Herrn Ständerat Rohner zitiert wurde, gehandelt werden soll" (Amtl.Bull. 1971 S 147 f.). Im Nationalrat gab die Bestimmung zu keinen weiteren Diskussionen Anlass (Amtl. Bull. 1971 N 715 f.). Der Artikel wurde in der Fassung der Mehrheit angenommen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergibt sich hieraus eindeutig, dass Art. 30 GSchG die Frage der Entschädigungspflicht nicht regelt, da es der Gesetzgeber bei der bundesgerichtlichen Praxis bewenden lassen wollte. In dieser Hinsicht hat somit die Rechtslage gegenüber dem früheren Gewässerschutzgesetz vom 16. März 1955 keine Änderung erfahren. Der Ausgang der Beschwerdesache hängt somit davon ab, ob die Nutzungsbeschränkungen eine materielle Enteignung der Beschwerdeführerin zur Folge haben. 4. Das Bundesgericht ist in steter Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Ausübung jedes verfassungsmässigen Rechts unter dem Vorbehalt staatlicher Massnahmen zur Wahrung BGE 106 Ib 330 S. 333 der öffentlichen Ordnung stehe. Es hat daraus geschlossen, dass sich die Frage der Entschädigungspflicht des Gemeinwesens für Eigentumsbeschränkungen dann nicht stelle, wenn der Eingriff in das Grundeigentum zum Schutze von Polizeigütern, insbesondere zur Gewährleistung von Leben, Gesundheit, Ruhe und öffentlicher Sicherheit, erfolge. Dabei hat es der Abgrenzung zwischen entschädigungsloser Eigentumsbeschränkung und materieller Enteignung einen engen Polizeibegriff zugrunde gelegt. In BGE 96 I 359 führte es aus: "Von einer entschädigungslos zulässigen Eigentumsbeschränkung muss ... dann gesprochen werden, wenn mit der gegen den Störer gerichteten Massnahme eine als Folge der beabsichtigten Grundstücksbenutzung zu erwartende konkrete, d.h. ernsthafte und unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit abgewendet werden soll und wenn die zuständige Behörde zu diesem Zweck ein von Gesetzes wegen bestehendes Verbot konkretisiert und in Bezug auf die in Frage stehende Grundstücksnutzung bloss die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit festsetzt." Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht dem Grundsatze nach wiederholt bestätigt ( BGE 105 Ia 335 E. 3b und BGE 103 Ib 214 E. 1c; Urteil Stalder vom 14. Februar 1979, in BVR 77/1979 S. 381 E. 4b und c). ANDRE GRISEL (Juridiction constitutionnelle de demain, in ZBl 72/1971 S. 224) meldet dagegen einen Vorbehalt an, weil die Abgrenzung des engen Polizeibegriffs schwierig sei. Dieser Umstand allein bildet aber keinen genügenden Grund zur Aufgabe des Grundsatzes, dass Beschränkungen, welche die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit festsetzen, entschädigungslos zu dulden sind. Das von A. GRISEL angeführte Beispiel - gänzliches Bauverbot zur Sicherung der Verkehrsübersicht - vermag deshalb nicht zu überzeugen, weil ein entsprechendes, regelmässig mit planerischen Mitteln wie einer Baulinienziehung erfolgendes Verbot, das eine an sich zur Überbauung geeignete, einer Bauzone zugewiesene erschlossene Parzelle betrifft, keineswegs bloss die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit festsetzt. Im Vordergrund steht vielmehr eine Massnahme der Strassenplanung, die ein dem Eigentümer grundsätzlich zustehendes Recht entzieht. Es ist denn auch kennzeichnend, dass das positive Recht vielfach BGE 106 Ib 330 S. 334 ausdrücklich die Möglichkeit der Entschädigung, allenfalls in Form der Gewährung des sogenannten Heimschlagsrechts, für entsprechendes, zufolge der Baulinien nicht mehr überbaubares Land vorsieht. Auch die Kritik von BLAISE KNAPP (La garantie de la propriété - l'expropriation matérielle, in: Le droit suisse en évolution, veröffentlicht von der Faculté de droit de l'université de Lausanne, 1978 S. 12) spricht nicht gegen den genannten Entscheidungsgrundsatz, da das von ihm angeführte Beispiel der Bauvorschriften zur Beschränkung der Geschosszahl auch nach der Auffassung des Bundesgerichts keinen Anwendungsfall des Polizeibegriffes im engeren Sinne darstellt. Das zweite Beispiel - Verschärfung von Sicherheitsvorschriften, die zur Folge haben können, dass bewilligte Installationen geändert werden müssen - berührt Fragen der Bestandesgarantie, auf die sich der angeführte Entscheidungsgrundsatz nicht ohne weiteres bezieht, hat doch das Bundesgericht die Frage, wie zu entscheiden wäre, wenn eine bereits bestehende Nutzung untersagt wird, ausdrücklich offen gelassen ( BGE 96 I 359 unten). ULRICH ZIMMERLI schliesslich (Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur materiellen Enteignung, ZBl 75/1974 S. 152 f.) möchte den Grundsatz des Ausschlusses der Entschädigungspflicht bei polizeilichen Eigentumsbeschränkungen im engeren Sinne dahin präzisieren, dass jedenfalls solche Eigentumsbeschränkungen entschädigungslos zuzulassen sind, "die der konkreten Gefahrenabwehr dienen und mit denen vermieden werden soll, dass der Eigentümer von seinem Grundstück aus andere Bürger ernsthaft und unmittelbar gefährdet oder schädigt oder dass der Grundeigentümer sich selber erheblichen Gefahren aussetzt". Diese Formulierung entspricht durchaus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, umfasst sie doch die in BGE 96 I 128 E. b angeführten Beispiele sowie das mit Rücksicht auf eine Grundwasserfassung angeordnete Verbot der Kiesausbeutung, das dem Entscheid BGE 96 I 350 ff. zugrunde liegt. An dieser Rechtsprechung ist daher festzuhalten. Es ist indes hervorzuheben, dass nach ihr nur solche polizeilichen Verbote entschädigungslos zu dulden sind, welche "in bezug auf die in Frage stehende Grundstücksnutzung bloss die stets zu beachtenden polizeilichen Schranken der Eigentumsfreiheit" festsetzen. Stets zu beachten sind nur die im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzipes BGE 106 Ib 330 S. 335 notwendigen Beschränkungen, nicht auch Anordnungen, welche weiter gehen, als zur Abwendung der ernsthaften und unmittelbaren Gefahr erforderlich ist. Bei den mit Gewässerschutzzonen verbundenen Nutzungsbeschränkungen ist es sehr wohl denkbar, dass z.B. anstelle blosser Baubeschränkungen (wie sie das Bundesrecht in der Verordnung vom 19. Juni 1972 zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung durch wassergefährdende Flüssigkeiten vorsieht) Bauverbote angeordnet werden, etwa weil ausser dem Grundwasserschutz auch allgemeine raumplanerische Erwägungen für eine Freihaltezone sprechen. In solchen Fällen lässt sich der Ausschluss der Entschädigungspflicht nicht von vornherein mit der blossen Verweisung auf den (auch) polizeilich motivierten Charakter der entsprechenden Anordnungen begründen. Weiter hat das Bundesgericht die Frage, wie zu entscheiden wäre, wenn nicht eine geplante, sondern eine bereits bestehende Nutzung untersagt wird, ausdrücklich offen gelassen ( BGE 96 I 359 unten). Schliesslich sind die Fälle vorzubehalten, in denen die Schaffung einer Schutzzone nach Art. 30 GSchG eine Auszonung baureifen oder grob erschlossenen Landes bewirkt (vgl. BGE 105 Ia 338 E. 3d) oder einer solchen Auszonung gleichkommt; dabei stellt sich die Frage der Auszonung aber nur, wo sich die Schutzzone mit der Zone der Grundnutzung nicht verträgt. 5. (Im vorliegenden Fall stellen die angeordneten Nutzungsbeschränkungen eine gegen den Störer gerichtete Massnahme dar, mit der eine konkrete, d.h. ernsthafte und unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit abgewendet werden soll, nämlich die Gefahr der Verschmutzung der von der Gemeinde seit langem betriebenen Trinkwasserfassung "Kächbrunnen", von deren Bestehen die Beschwerdeführerin beim Erwerb des fraglichen Landwirtschaftsbetriebes Kenntnis haben musste.) BGE 106 Ib 330 S. 336
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22e628dd-c259-4eb7-a541-f3747b56da7f
Urteilskopf 115 IV 189 43. Urteil des Kassationshofes vom 8. November 1989 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 117 und 125 StGB ; Verkehrssicherungspflicht der Bergbahn- und Skiliftunternehmen. Für Piste und Pistenrand einerseits sowie für Nebenflächen andererseits trifft die Verantwortlichen eine unterschiedliche Verkehrssicherungspflicht (Präzisierung der Rechtsprechung). Vor Gefahren auf Nebenflächen sind Skifahrer durch eine unmissverständliche Signalisation zu schützen, die sicherstellt, dass sie wissen, wo die offiziellen, gesicherten Pisten verlaufen (E. 3). Anforderungen an diese Signalisation, wenn "wilde Pisten" entstehen und auf diesen Lawinengefahr herrscht (E. 3d u. 5). "Abtretungsversuche" als ungenügende Vorkehrungen gegen die Lawinengefahr (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 190 BGE 115 IV 189 S. 190 A.- X. war im Jahre 1985 bei den Sportbahnen Elm AG für die Pistensicherung verantwortlich. Sowohl bei der Tal- als auch bei der Bergstation der Pleusbahn warnten anfangs Februar 1985 Tafeln vor der "lokalen Schneebrettgefahr". Weitere Hinweisschilder mahnten bei der Bergstation, dass der Fahrer an den entsprechenden Stellen das markierte und kontrollierte Skigebiet verlasse. Nach der Behebung eines technischen Defektes gab X. die Pleusbahn am 3. Februar 1985, um ca. 13.00 Uhr, für den Betrieb frei. Um 14.45 Uhr löste sich am Südwesthang zwischen dem Schabellgipfel und dem Gelb Chopf auf einer Länge von ca. 500 m eine Lawine, die die Pleus-Skipiste auf einer Breite von ca. 300 m verschüttete. Mehrere Skifahrer, die sich teilweise auf der präparierten und markierten Piste, teilweise aber auch im Lawinenhang oberhalb der Piste befanden, wurden erfasst. Einer dieser Variantenfahrer war A., der sich vom Plateau bei der Bergstation in den Neuschnee begeben hatte und der am Abend nur mehr tot aus den Schneemassen geborgen werden konnte. Zunächst auf, dann aber ab dem Doppelmast 12/13 ebenfalls oberhalb der Piste war B. gefahren, der sich leichte Körperverletzungen zuzog. Die übrigen Verschütteten blieben unverletzt. B.- Das Polizeigericht des Kantons Glarus büsste X. am 7. April 1987 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung mit Fr. 400.--. In Gutheissung einer Appellation hob das Obergericht des Kantons Glarus den erstinstanzlichen Entscheid am 7. März 1988 auf und sprach X. von Schuld und Strafe frei. BGE 115 IV 189 S. 191 Dagegen richtet sich die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung des Angeklagten an die Vorinstanz zurückzuweisen. Vorinstanz und Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Erwägungen: 1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner bei der Pleusbahn für die Pistensicherung verantwortlich war. Die Vorinstanz ging jedoch davon aus, ihm könne keine Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden und es fehle überdies am Kausalzusammenhang zwischen seinem Verhalten und dem Tod bzw. der Verletzung der beiden Skifahrer. 2. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung setzt voraus, dass der Betroffene die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat; pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit dann, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist ( Art. 18 Abs. 3 StGB ). Ein fahrlässiges Erfolgsdelikt kann auch durch Unterlassung verübt werden; Voraussetzung ist in diesem Fall erstens eine Rechtspflicht zur Vornahme der unterlassenen Handlung (Garantenstellung) und zweitens die Möglichkeit, diese Handlung vorzunehmen. Zwischen der Unterlassung und dem Erfolg besteht dann ein Kausalzusammenhang, wenn bei Vornahme der gebotenen Handlung der Erfolg mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre; die blosse Möglichkeit des Nichteintrittes des Erfolges bei Vornahme der gebotenen Handlung reicht zur Bejahung dieses hypothetischen Zusammenhanges nicht aus ( BGE 109 IV 139 E. 2, BGE 108 IV 7 E. 2, je mit Hinweisen; vgl. auch BGE 113 IV 72 E. 5a; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Zürich 1989, N. 41 zu Art. 1). 3. a) Es ist allgemein anerkannt, dass Bergbahn- und Skiliftunternehmen eine Verkehrssicherungspflicht trifft. Wer Skipisten erstellt und diese für den Skilauf öffnet, ist grundsätzlich verpflichtet, zur Gefahrenabwehr die zumutbaren Vorsichts- und Schutzmassnahmen vorzukehren (vgl. PADRUTT, Grenzen der Sicherungspflicht für Skipisten, ZStR 103/1986, S. 385 mit Hinweisen). BGE 115 IV 189 S. 192 Diese Sicherungspflicht erstreckt sich zunächst auf die eigentliche Pistenfläche und den Pistenrand (vgl. dazu BGE 113 II 247 E. 3, BGE 111 IV 16 E. 2, je mit Hinweisen). Soweit Gefahren drohen, haben die Verantwortlichen durch geeignete Sicherungs- bzw. Warnungsmassnahmen dafür zu sorgen, dass Skifahrer im Pisten- und Pistenrandbereich nicht zu Schaden kommen (vgl. dazu PADRUTT, a.a.O. S. 391 ff. mit Hinweisen). Was insbesondere die Lawinengefahr betrifft, muss der Verantwortliche diese beheben oder allenfalls die Piste sperren; hat er alles in seiner Möglichkeit Stehende vorgekehrt und verwirklicht sich die Gefahr dennoch, obwohl dies nicht vorhergesehen werden konnte, kann er nicht zur Rechenschaft gezogen werden (PADRUTT, a.a.O. S. 395 unten mit Hinweisen). b) Nebenflächen einer Skipiste fallen nicht in gleicher Weise unter die Verkehrssicherungspflicht wie die Piste und der Pistenrand selber (vgl. dazu PADRUTT, a.a.O. S. 400 ff.). In bezug auf Variantenfahrer trifft die für die Sicherung Verantwortlichen ebenfalls nicht dieselbe Pflicht zur Gefahrenabwehr wie hinsichtlich der Pistenbenützer. Wer eine nicht gekennzeichnete Abfahrt befährt, tut dies in aller Regel in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko (PADRUTT, a.a.O. S. 406 und S. 387 mit Hinweisen). Es muss jedoch durch eine unmissverständliche Signalisation sichergestellt werden, dass die Skifahrer wissen, wo die offiziellen, gesicherten Pisten verlaufen. Sie müssen davor geschützt werden, irrtümlich Routen für die Talfahrt zu wählen, auf denen sie sich vor Gefahren sicher wähnen. Dies kann z.B. durch eine Hinweistafel geschehen, die die Aufschrift trägt: "Achtung, hier verlassen Sie das markierte und kontrollierte Skigebiet" (vgl. dazu PADRUTT, a.a.O. S. 406 ff.; vgl. auch Ziff. 6 der Mindestsicherheitsvorschriften für Wintersportorte der FIS, zitiert in STIFFLER, Schweizerisches Skirecht, 1978, S. 443). Zu der Signalisationspflicht gehört es, die Benützer des Skilifts in hinreichender Weise vor besonderen oder aussergewöhnlichen Gefahren zu warnen. Wenn das Verlassen der Skipisten mit solchen speziellen Gefahren verbunden ist, müssen auch besonders hohe Anforderungen an die Signalisationspflicht gestellt werden. So bestimmt Ziff. 19 der Richtlinien der Schweizerischen Kommission für Unfallverhütung auf Skiabfahrten (SKUS) für Anlage und Unterhalt von Skiabfahrten vom September 1976 beispielsweise, dass im Falle von Gletscherpisten der Skifahrer auf den Orientierungs- und Panoramatafeln "strikte" (d.h. besonders BGE 115 IV 189 S. 193 eindringlich) davor zu warnen ist, die Pisten zu verlassen, "unter deutlichem Hinweis darauf, dass ausserhalb der Pisten die Gefahr von Absturz in Gletscherspalten besteht" (zitiert in STIFFLER, a.a.O. S. 446). c) Ein besonderes Problem bilden in diesem Zusammenhang die sogenannten "wilden Pisten". Wenn diese auch nicht in gleicher Weise wie eine markierte Piste und deren Rand der Verkehrssicherungspflicht unterworfen werden können, so ist es doch insbesondere wegen der weniger erfahrenen und ortsunkundigen Skiläufer geboten, im Bereich von abzweigenden wilden Abfahrten mit einer ausdrücklichen Warntafel oder einer Wimpelschnur das Ausscheren in eine nicht gesicherte Strecke mit atypischen Gefahren zu verhindern (PADRUTT, a.a.O. S. 407). Die Grenze dieser Pflicht bildet die Zumutbarkeit, wobei ein Mindeststandard an Schutz und Markierungsmassnahmen immer gewährleistet sein muss (vgl. PADRUTT, a.a.O. S. 388 f. mit Hinweis). Wenn sich z.B. im Fall der obengenannten Gletscherpiste durch regelmässiges weisungswidriges Verhalten der Benützer eine eigentliche "wilde Piste" bildet und dies den Verantwortlichen bekannt ist, so genügt es nicht, eine strikte Warnung auf den Orientierungs- und Panoramatafeln anzubringen, sondern muss verlangt werden, dass die Warnung (nach Möglichkeit verbunden mit einer Absperrung) an der Stelle wiederholt wird, wo die "wilde" Piste von der offiziellen abzweigt. Nach PADRUTT (a.a.O. S. 408) ist eine entsprechende Warnung oder Absperrung sogar immer geboten, wenn "eine wilde Piste entsteht" und diese nicht in eine offizielle umgewandelt wird. Im in BGE 109 IV 99 ff. beurteilten Fall stiess ein Skifahrer 90 m ausserhalb der präparierten Piste, wo sich immer wieder Skiläufer aufhielten, mit einem quer zum Hang gespannten Heuseil zusammen; das Bundesgericht ging bei dieser Unfallstelle von einer Nebenfläche der Piste aus, für die wie für die Skipiste eine Verkehrssicherungspflicht der Bahnunternehmung bestehe. Die Begründung dieses Entscheides stiess in der Literatur auf Kritik (SCHULTZ, ZBJV 121/1985 S. 38 ff.; PADRUTT, a.a.O. S. 400 f.; BODENMANN, Nicht mehr erfüllbare Anforderungen an die Sicherung von Skipisten und Abfahrten?, Referat anlässlich der Generalversammlung der Walliser Vereinigung der Seilbahn- und Skilift-Unternehmungen vom 10. Juni 1985). Es ist einzuräumen, dass die damals vertretene Betrachtungsweise zu einer zu starken Ausweitung der Begriffe "Piste" und "Pistenrand" bzw. BGE 115 IV 189 S. 194 "unmittelbare Nebenfläche" führt, die abzulehnen ist. Vielmehr ist im Sinne der obigen Ausführungen von einer unterschiedlichen Verkehrssicherungspflicht des Bergbahnunternehmens für Piste und Pistenrand einerseits sowie für Nebenflächen andererseits auszugehen. Auch danach ist der zitierte Entscheid im Ergebnis aber zutreffend, wie in der Kritik anerkannt wird. Das Heuseil bildete ein atypisches künstliches Hindernis und eine heimtückische Gefahrenquelle, die sich für den ahnungslosen Fahrer als eigentliche Falle entpuppte (PADRUTT, a.a.O. S. 390); es befand sich zudem an einer Stelle, die häufig von Skiläufern befahren wurde, also im Bereich einer "wilden Piste". Unter diesen Umständen wären die Verantwortlichen verpflichtet gewesen, durch eine seitliche Abschrankung das Verlassen der Piste zu unterbinden oder, wenn dies unmöglich gewesen wäre, das atypische und heimtückische Hindernis in hinreichender Weise zu kennzeichnen (SCHULTZ, a.a.O. S. 38). Dies wäre mit geringem Aufwand möglich gewesen ( BGE 109 IV 102 ). d) Für den Fall akuter Lawinengefahr hat grundsätzlich folgendes zu gelten: Ist den Verantwortlichen einer Bergbahn oder eines Skiliftes bekannt, dass im Bereich der von ihnen betriebenen Skipisten befindliche und von Lawinen akut bedrohte Hänge regelmässig von den Skiliftbenützern befahren werden, so haben sie diese Hänge durch am Pistenrand aufgestellte Tafeln zu sperren. Ein solches Schild kann z.B. analog dem Strassenverkehrssignal "Allgemeines Fahrverbot" mit dem Zusatz "Akute Lawinengefahr" ausgestaltet werden. Sofern zumutbar, sind überdies Zugangssperren (z.B. durch gekreuzte Gefahrenstangen oder Fähnchen an einer Schnur) zu errichten. Es genügt nicht, nur durch generelle Hinweistafeln in der Talstation und am Ende des Skilifts vor der generellen Lawinengefahr im gesamten Skigebiet zu warnen (vgl. das Beispiel aus dem Kanton Wallis bei PADRUTT, a.a.O. S. 408). 4. a) Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist zunächst davon auszugehen, dass dem Beschwerdegegner das vom Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung Weissfluhjoch-Davos am 1. Februar 1985 herausgegebene Lawinenbulletin bekannt war. Danach bestand (insbesondere auch in der hier interessierenden Region) "eine grosse, örtliche Schneebrettgefahr, und zwar im allgemeinen für Hänge oberhalb 1500 m, wobei alle Hangexpositionen als kritisch einzustufen waren". Die erhebliche Gefahr war den Verantwortlichen offenbar auch bewusst, da sie am 1. Februar BGE 115 IV 189 S. 195 1985 "im Gegenhang des nachmaligen Lawinenhanges durch Rakrohrbeschiessung zwei Lawinen und im Schabell durch Abtreten eine Lawine" auslösten. Unerheblich ist, dass am 3. Februar 1985 keine Anhaltspunkte für eine "noch kritischere Beurteilung der Lawinensituation" vorlagen; entscheidend ist, dass die Situation ganz allgemein kritisch war. b) Die Vorinstanz stellte fest, der Lawinenhang sei am Unfalltag "im hinteren Teil" vom erfahrenen und ortskundigen Pistenchef Y. nochmals durch "Abtretungsversuche" geprüft worden, die jedoch negativ verlaufen seien. Das "Abtreten" stelle eine geeignete und verbreitete Sicherungsmassnahme dar, weshalb Pistenchef Y. und der Beschwerdegegner "im Rahmen eines seit Jahren angewandten und bewährten Sicherungsdispositivs" gehandelt hätten und kein Anlass bestanden habe, am Unfalltag davon abzuweichen. Mit dieser Annahme stellte die Vorinstanz eine Behauptung auf, von deren Richtigkeit sie aufgrund der - von ihr angenommenen - allgemeinen Erfahrung überzeugt war. Ein solcher Erfahrungssatz ist zwischen Tatsache und Rechtsnorm einzuordnen und kann im vorliegenden Verfahren grundsätzlich überprüft werden (vgl. RAPHAEL VON WERRA, Die tatsächliche Feststellung im Sinne von BStP Art. 277bis Abs. 1 Satz 2, ZStR 1984/101, S. 273 ff., insbes. S. 276 f.). Zunächst fällt auf, dass Pistenchef Y. nur "im hinteren Teil" des Lawinenhanges Abtretungsversuche unternahm; im angefochtenen Entscheid wird nicht ausgeführt, warum dies nach der Auffassung der Vorinstanz genügte. Diese scheint zur Hauptsache darauf abstellen zu wollen, dass die von den Verantwortlichen gewählte Sicherungsmethode seit Jahren schon angewendet worden und deshalb bewährt sei; eine solche Überlegung wäre schon deshalb verfehlt, weil eine Methode auch dann fehlerhaft sein kann, wenn sie üblicherweise angewandt wird und es aus irgendwelchen Gründen während Jahren nie zu Unfällen kam ( BGE 88 II 421 mit Hinweis). Indem sich die Vorinstanz einfach auf die angeblich bewährte Übung bezog, setzte sie sich kurzerhand über die bei den Akten befindlichen und in ihren Aussagen und Schlussfolgerungen deutlichen Expertisen des Eidg. Institutes für Schnee- und Lawinenforschung hinweg. Dieses Institut wies bereits anlässlich der Begutachtung des Konzessionsgesuches am 26. Mai 1981 darauf hin, bei Lawinengefahr bestehe einerseits "zur Sicherung BGE 115 IV 189 S. 196 des Gastes auf dem Skilift oder auf der Abfahrt die passive Methode der Betriebseinstellung bzw. der Pistensperrung" und als prophylaktische Massnahme nach Schneefall- oder Triebschneeperioden sowie im Frühling eventuell auch nach Wärme- und Strahlungseinfluss sei "in erster Linie das Mittel der künstlichen Auslösung gefährlicher Schneemassen" (d.h. "die Handsprengung und das Rak.Rohr") gegeben; für die hier interessierenden Hänge vom Schabellgipfel bis Punkt 2132 seien "Versuche zur künstlichen Auslösung sowohl mit Handsprengungen vom Grat als auch mit dem Rak.Rohr von der Bergstation aus möglich", wobei die Erfahrung zeigen werde, "welcher Methode der Vorzug zu geben" sei. Das Gutachten schliesst mit der Feststellung, sofern die vorgeschlagenen Schutzmassnahmen ausgeführt und vor allem der operationelle Lawinenschutz (d.h. Handsprengung oder Einsatz des Rakrohrs) seriös betrieben werde, "sollten sich im neu zu erschliessenden Skigebiet im Bereich von Bahn- und Skiabfahrten keine Lawinenunglücke zutragen". Das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement erteilte seine Konzession denn auch am 29. Oktober 1981 mit der Auflage, die Bahn sei gemäss dem eben zitierten Gutachten zu schützen (Art. 6 Ziff. 2), wofür die Konzessionärin verantwortlich sei (Art. 14 Ziff. 2). Davon, dass das "Abtreten" eine geeignete Sicherungsmassnahme darstelle, ist nirgends die Rede. Dies wird denn auch durch das nach dem Lawinenunglück erstellte Gutachten desselben Institutes vom 15. November 1985 bestätigt. Die Experten führten aus, die in der obenerwähnten Expertise vorgeschlagenen Handsprengungen hätten bei der herrschenden grossen Lawinengefahr (s. oben E. 4a) "vom Grat aus an verschiedenen Stellen des nachträglichen Lawinenhanges" durchgeführt werden müssen; demgegenüber sei "die Sicherungsmassnahme mit Abtreten durch Patrouilleure ungenügend, - dies speziell für einen rund 600 m langen und gegliederten Hang". Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Vorinstanz von einem unrichtigen "Erfahrungssatz" ausging. Es genügte nicht, im hinteren Teil des Lawinenhanges "Abtretungsversuche" vorzunehmen, sondern der Beschwerdegegner hätte veranlassen müssen, dass die nach der Erfahrung einzig richtige Methode der Handsprengung angewendet worden wäre. Indem er einerseits dies unterliess und andererseits den Betrieb der Pleusbahn auch nicht einstellte, verletzte er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB . BGE 115 IV 189 S. 197 5. a) Im vorliegenden Fall steht nun aber fest, dass sich die beiden geschädigten Skifahrer zum Unfallzeitpunkt weder auf der Piste noch in deren Randbereich, sondern ausserhalb derselben, d.h. oberhalb im eigentlichen Lawinenhang aufhielten. Es wäre nicht zweifelhaft, dass der Beschwerdegegner für verletzte oder getötete Pistenbenützer einzustehen hätte. Zu prüfen ist, welche sorgfaltswidrigen Unterlassungen dem Beschwerdeführer in bezug auf die Variantenfahrer angelastet werden können. b) Wie in E. 3d dargelegt, trifft den Verantwortlichen für die Pistensicherung die Pflicht, die Benützer einer Bergbahn durch eine deutliche und klare Signalisation vor der Lawinengefahr an einem nicht zur Piste gehörenden, aber regelmässig von Bahnbenützern mit den Skiern befahrenen Hang zu schützen. Die Vorinstanz äussert sich nicht darüber, ob und gegebenenfalls von welchen Stellen aus der Südwesthang zwischen dem Schabellgipfel und dem Gelb Chopf häufig von Variantenfahrern benützt wurde. Dies wird sie noch nachzuholen haben (vgl. immerhin Urteil Polizeigericht S. 15: "Das Befahren der Schabellhänge ist ... eine alltägliche Situation, die von der Bahn seit eh und je toleriert wurde ..."). c) Nach den Feststellungen der Vorinstanz waren sowohl bei der Tal- als auch bei der Bergstation Warntafeln angebracht, die auf "lokale Schneebrettgefahr" hinwiesen. Dem entsprechenden Bild bei den Akten ist zu entnehmen, dass es sich dabei um recht kleine Schilder handelte, wobei dasjenige bei der Bergstation überdies nur von den Sesseln der Pleusbahn aus ersichtlich war. Diese Warnung war ungenügend. Zum einen waren die Tafeln zu unscheinbar, um einen genügenden Eindruck zu machen, sofern sie überhaupt zur Kenntnis genommen wurden. Zum anderen standen sie nicht an Stellen, an denen der Bahnbenützer dringend auf die bestehende Gefahr aufmerksam gemacht werden musste, nämlich dort, wo er sich beim Verlassen der offiziellen Skipiste der Lawinengefahr aussetzte. Bei der Einfahrt in den Lawinenhang wurde durch eine weitere Warntafel darauf hingewiesen, dass der Fahrer hier das markierte und kontrollierte Skigebiet verlasse. Diese Tafel war zwar am richtigen Ort plaziert und grösser, auffälliger und farbig ausgestaltet. Bei Beachtung der Tafel wurde dem Fahrer jedoch nur bewusst, dass er das dahinter befindliche Gelände im Hinblick auf die fehlende Pistenpräparierung und -markierung auf eigene Gefahr befahre. Auf die akute Lawinengefahr wurde er demgegenüber BGE 115 IV 189 S. 198 nicht aufmerksam gemacht. Auch diese Hinweistafel muss als ungenügend bezeichnet werden. Wenn am fraglichen Hang zum Unfallzeitpunkt trotz der Abtretungsversuche mit akuter Lawinengefahr gerechnet werden musste (vgl. E. 4), wäre jedenfalls dann, wenn dem Beschwerdegegner das häufige Auftreten von Variantenfahrern bekannt war (s. E. 5b), eine eigentliche Sperrung des gefährdeten Gebietes im oben in E. 3d umschriebenen Sinn unerlässlich gewesen. Aufgrund der in den Akten befindlichen Bilder ist anzunehmen, dass bei der Bergstation eine eigentliche Abschrankung z.B. durch fähnchenbewehrte Seile oder gekreuzte Stangen durchaus möglich und zumutbar gewesen wäre. Wie sich dies weiter unten (z.B. im Bereich des Doppelmastes 12/13) verhielt, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den Akten. d) Ein Schuldspruch verlangt schliesslich, dass Zwischen der Unterlassung und dem eingetretenen Erfolg ein Kausalzusammenhang besteht. Nach dem in E. 2 Gesagten ist dies zu bejahen, wenn A. und B. mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit nicht getötet bzw. verletzt worden wären, sofern das gefährdete Gebiet in rechtsgenügender Weise abgesperrt worden wäre. Nach der allgemeinen Erfahrung steht ausser Zweifel, dass bei der zu verlangenden Signalisation und Absperrung mit Sicherheit weit weniger Skifahrer einen lawinengefährdeten Hang befahren. Es darf deshalb auch mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, A. hätte die verhängnisvolle Fahrt unterlassen, wenn er zu Beginn der wilden Piste bei der Bergstation unmissverständlich auf die Gefahr aufmerksam gemacht worden wäre. Wie es sich damit bei B. verhält, der die Piste erst beim Doppelmast 12/13 verliess, steht nicht fest. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch er durch hinreichende Signalisations- und Sperrungsmassnahmen bei der Bergstation bereits hinreichend gewarnt gewesen wäre, so dass er auf seine Variantenfahrt verzichtet hätte. Die Vorinstanz wird sich dazu noch aussprechen müssen. Sie wird im Lichte der obigen Ausführungen auch zu prüfen haben, ob sich für den Beschwerdegegner allenfalls sogar im Bereiche des Doppelmastes 12/13 eine Absperrung hätte aufdrängen sollen. Was die Vorinstanz in bezug auf den Kausalzusammenhang ausführt, geht an der Sache vorbei. Ob die verhängnisvolle Lawine spontan oder durch Variantenfahrer ausgelöst wurde, ist nicht von Belang, da angesichts der erheblichen Lawinengefahr mit beidem in gleicher Weise gerechnet werden musste; dem Gutachten des BGE 115 IV 189 S. 199 Eidg. Institutes für Schnee- und Lawinenforschung vom 15. November 1985 ist diesbezüglich zu entnehmen, die Wahrscheinlichkeit, dass es trotz einiger Handsprengungen entlang dem Hang zu einem Lawinenniedergang komme, liege bei negativer Sprengung höchstens bei etwas mehr als einem Prozent und bei Lawinenauslösung sei die Wahrscheinlichkeit noch wesentlich kleiner. Im übrigen stellen weder das Variantenfahren an sich noch die durch ein solches Verhalten verursachte Auslösung einer Lawine derart aussergewöhnliche Umstände dar, die den Kausalzusammenhang unterbrechen würden (vgl. 115 IV 102). Der Bereich der Eigenverantwortung eines Skifahrers beginnt schliesslich erst dann, wenn er sich über klare Signalisationen und Absperrungen (die in casu jedoch fehlten) hinwegsetzt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom 29. Februar/7. März 1988 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
22e8beee-6d39-4aba-82b8-65d9f9d02fc5
Urteilskopf 138 III 746 113. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_160/2012 vom 17. Oktober 2012
Regeste Herabsetzung einer Konventionalstrafe, die im Wegfall einer Forderung besteht ( Art. 163 Abs. 3 OR ); Verzugszinsen. Rechtsnatur der Herabsetzung. Verzugszinsen für die Forderung, die bei Verfall der Konventionalstrafe hätte wegfallen sollen und die teilweise bestehen bleibt, sind nicht erst ab dem Entscheid über den Umfang der Herabsetzung geschuldet. Das Vertrauen in den Bestand der ungekürzten, mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Konventionalstrafe wird nicht geschützt. Es kommt der gewöhnliche Zinssatz zur Anwendung (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 747 BGE 138 III 746 S. 747 Für den Sachverhalt vgl. BGE 135 III 433 Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Die Vorinstanz hat dem Beschwerdegegner auf dem geschuldeten Betrag Zins zu 5 % seit dem 16. April 2002 zugesprochen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, aufgrund von Ziffer 3.2 der Vereinbarung vom 19. Juli 2001 und den feststehenden Vertragsverletzungen des Beschwerdegegners sei die letzte Rate vollständig untergegangen. Soweit die Vorinstanz dem Beschwerdegegner in Anwendung der Grundsätze der Konventionalstrafe dennoch einen Betrag zusprechen wolle, fälle sie ein Gestaltungsurteil, das eine neue Forderung begründe. Auf dieser könne erst ab dem Urteil der Vorinstanz Verzugszins geschuldet sein. Zudem sei der Zinssatz von 5 % wesentlich höher als die Renditen, die auf einem Sparkonto im Zeitraum, für den die Zinsen zugesprochen wurden, hätten erzielt werden können. So profitiere der Beschwerdegegner und würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt. 6.1 Die rechtliche Qualifikation der Herabsetzung ist in der Lehre umstritten (vgl. MIGUEL SOGO, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile des materiellen Rechts und ihre Auswirkungen auf das Verfahren, 2007, S. 84; GASPARD COUCHEPIN, La clause pénale, 2008, S. 186 f. Rz. 928 ff.; MEHMET ERDEM, La clause pénale, Ankara 2006, S. 150 ff.; BENTELE, Die Konventionalstrafe nach Art. 160-163 OR , 1994, S. 51 und 123 f.; je mit Hinweisen). Die wohl vorherrschende Lehre qualifiziert die Herabsetzung zwar in der Tat als Gestaltungsurteil (vgl. die Hinweise bei COUCHEPIN, a.a.O., S. 187 Rz. 932; BENTELE, a.a.O., S. 123), analog der in Deutschland zu § 343 BGB herrschenden Lehre (VOLKER RIEBLE, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Berlin 2004, N. 39 und 45 zu § 343 BGB mit Hinweisen, wobei dem Urteil Rückwirkung zuerkannt wird; vgl. zum Einfluss von § 343 BGB auf die schweizerische Rechtsprechung: WALTER SCHOCH, Begriff, Anwendung und Sicherung der Konventionalstrafe [...], 1935, S. 65 f.; ROGER SECRÉTAN, Étude sur la clause pénale en droit suisse [...], 1917, S. 128 f.). Im Gegensatz zur entsprechenden Regel in § 343 BGB, die bestimmt, dass eine unverhältnismässig hohe Strafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann, erwähnt BGE 138 III 746 S. 748 Art. 163 Abs. 3 OR , dessen Wurzeln auf aArt. 182 OR und damit vor die Schaffung von § 343 BGB zurückgehen (SECRÉTAN, a.a.O., S. 119; SCHOCH, a.a.O., S. 65; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 25 zu Art. 163 OR ; zu aArt. 182 OR vgl. FRANCIS MAULER, De la nature de la clause pénale, 1898, S. 48 ff.; MAX STAHEL, Die Conventionalstrafe mit specieller Berücksichtigung des schweizerischen Obligationenrechtes, 1898, S. 115 ff.), aber weder das Antragserfordernis, noch dass die Herabsetzung durch Urteil erfolge. 6.1.1 Die Diskussion um die richterliche Herabsetzung einer Konventionalstrafe drehte sich historisch um die Frage, ob es dem Richter zukomme, Privatverträge abzuändern (vgl. schon BLUNTSCHLI, Das zürcherische Obligationenrecht, mit Erläuterungen, 1855, S. 49 f. zu § 970 des zürcherischen Obligationenrechts; MAULER, a.a.O., S. 85 ff.; SECRÉTAN, a.a.O., S. 119 ff.; STAHEL, a.a.O., S. 115). Aus der Tatsache, dass der Richter mit der Herabsetzung in die Privatautonomie der Parteien eingreift und das zwischen ihnen vertraglich "fest und unzweifelhaft Vereinbarte" abändert (so zu aArt. 182 OR schon BGE 21 640 E. 4 S. 645), folgt indes nicht zwingend, dass es sich bei der Herabsetzung um ein Gestaltungsurteil handelt. So stützt das Bundesgericht in BGE 41 II 138 E. 1 S. 143 seinen Entscheid auf eine Lehrmeinung, wonach die Befugnis des Richters zur Ermässigung der Busse als ein von dem sittlichen Bewusstsein gefordertes Ausgleichsmittel gegen den Missbrauch des formalen Rechts erscheine (HERMANN HABICHT, Die Einwirkung des bürgerlichen Gesetzbuchs auf zuvor entstandene Rechtsverhältnisse, 3. Aufl., Jena 1901, S. 250). Dies spricht eher dafür, die Herabsetzung der Konventionalstrafe als einen im Gesetz ausdrücklich geregelten Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchsverbots nach Art. 2 ZGB anzusehen, auf den das Bundesgericht auch die Anpassung von Verträgen zufolge veränderter Verhältnisse ("clausula rebus sic stantibus") abgestützt hat ( BGE 107 II 343 E. 2 S. 348 mit Hinweisen; in der jüngeren Rechtsprechung wurde die dogmatische Grundlage für die Vertragsanpassung allerdings offengelassen: BGE 127 III 300 E. 5b S. 304). 6.1.2 Betrachtet man die Möglichkeit der Herabsetzung als Ausfluss der Pflicht zum Handeln nach Treu und Glauben, greift der Richter nicht gestaltend in den Vertrag ein, sondern stellt lediglich im Streitfall fest, ob sich das Festhalten an der gesamten vereinbarten Konventionalstrafe mit Treu und Glauben (beziehungsweise mit Recht und Billigkeit) noch vereinbaren lässt. Damit ist die BGE 138 III 746 S. 749 Konventionalstrafe von Anfang an nur im reduzierten Masse geschuldet, da der Vertragspartner aufgrund der gesamten Umstände bei Verfall der Konventionalstrafe nach Treu und Glauben nicht den vollen Betrag verlangen darf. 6.1.3 Das Bundesgericht hat die Auffassung, der Ermässigung durch den Richter dürfe keine rückwirkende Kraft zukommen, bereits in einem zu aArt. 182 OR ergangenen Entscheid verworfen und erkannt, das Vertrauen auf den Bestand der Konventionalstrafe könne den Konventionalstrafgläubiger nicht vor den Verzugsfolgen schützen, wenn er seinen Anspruch aus der Konventionalstrafe zur Verrechnung mit einer Schuld verwendet und dieser nachträglich reduziert wird (Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juni 1905 i.S. Trüb & Cie gegen Burgy E. 7, auszugsweise publ. in: Revue der Gerichtspraxis im Gebiete des Bundescivilrechts 24/1906 Nr. 23 S. 50 f.; vgl. auch BECKER, Berner Kommentar, 1. Aufl. 1917 [Vorauflage], N. 16 zu Art. 163 OR ; SCHOCH, a.a.O., S. 70 Fn. 3). Es trifft daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die letzte Rate zunächst untergegangen ist. Vielmehr blieb zufolge des Übermasses der Konventionalstrafe die letzte Rate im Umfang von Fr. 170'000.- geschuldet. Damit hat der Beschwerdegegner Anspruch auf Verzugszins. 6.2 Auch die Höhe des Verzugszinses von 5 % ist nicht zu beanstanden. Dass sich diese für den Gläubiger je nach Marktlage als mehr oder weniger vorteilhaft erweist, ist eine Folge der gesetzlichen Fixierung ( Art. 104 Abs. 1 OR ). Diese kann durchaus dazu führen, dass die Konventionalstrafe für den Beschwerdegegner faktisch gemildert wird. Dass aber überhaupt Verzugszins geschuldet ist, hat die Beschwerdeführerin zu vertreten, die in einem mit Recht und Billigkeit nicht mehr vereinbaren Masse an der Konventionalstrafe festhielt. Der Einwand, durch die Höhe der Verzugszinsen würden die Grundsätze der Konventionalstrafe in ihr Gegenteil verkehrt, ist nicht stichhaltig.
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2,012
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22f2205a-a1c6-49a8-9d52-429dafaac9e6
Urteilskopf 124 IV 258 43. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Dezember 1998 i.S. X. gegen Y. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 122 StGB und 123 StGB; ärztliche Behandlung. Ärztliche Eingriffe erfüllen, auch wenn sie medizinisch indiziert und kunstgerecht durchgeführt worden sind, jedenfalls insoweit den objektiven Tatbestand der Körperverletzung, als sie entweder in die Körpersubstanz eingreifen (z.B. bei Amputationen) oder mindestens vorübergehend die körperliche Leistungsfähigkeit oder das körperliche Wohlbefinden des Patienten nicht nur unerheblich beeinträchtigen oder verschlechtern. Solche Eingriffe können durch die ausdrückliche oder mutmassliche Einwilligung des Patienten gerechtfertigt werden (E. 2). In casu mutmassliche Einwilligung verneint (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 124 IV 258 S. 258 Dr. med. X. wird vorgeworfen, er habe als verantwortlicher Arzt Frau Y. unter anderem auch an der zweiten Zehe des rechten Fusses operiert, obschon er für diesen Eingriff keine Einwilligung der Patientin besessen habe. Die II. Strafkammer des Obergericht des Kantons Zürich sprach Dr. X. am 1. Juli 1997 im Berufungsverfahren der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 2 Abs. 2 StGB schuldig und bestrafte ihn mit sieben Tagen Gefängnis, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. BGE 124 IV 258 S. 259 Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am 3. August 1998 eine dagegen gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Dr. X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Operation an der Beschwerdegegnerin ein Face-Hals-Lifting sowie eine Mittelgelenksresektion an der zweiten und an der dritten Zehe des rechten Fusses vorgenommen. Für das Lifting und für die Operation der dritten Zehe lag vor dem Eingriff die ausdrückliche Einwilligung der Beschwerdegegnerin vor. Während der Operation entschloss sich der Beschwerdeführer, auch die zweite Zehe zu operieren. Die Frage, ob die zweite Zehe auch operiert werden sollte, war vor der Operation ein Gesprächsthema zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin. Die Vorinstanz stellt dazu fest, es bestünden keine relevanten Zweifel daran, dass - im Anschluss an diese Diskussionen - weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Einwilligung für die Operation vorgelegen habe, und ebensowenig habe ein Einverständnis der Beschwerdegegnerin dafür vorgelegen, erst im Verlaufe der Operation zu entscheiden, ob die zweite Zehe ebenfalls einem chirurgischen Eingriff zu unterziehen sei. Der Beschwerdeführer hat schliesslich - trotz der fehlenden Einwilligung - die zweite Zehe doch operiert, weil er "von der medizinischen Notwendigkeit dieses Eingriffs immer überzeugt gewesen ist". Nach Auffassung der Vorinstanz ist dies jedoch unerheblich; selbst wenn die Meinung des Beschwerdeführers über die Notwendigkeit oder Zweckmässigkeit des Eingriffs an der zweiten Zehe objektiv richtig gewesen sein sollte, ersetze dies nicht die notwendige Zustimmung der Beschwerdegegnerin zum Eingriff, zumal es nicht um die Behebung einer lebensbedrohlichen Gesundheitsgefährdung gegangen sei. Da "das Selbstbestimmungsrecht der Patientin zur Frage nach einer Behandlung überhaupt und der Art derselben medizinischen Zweckmässigkeitsüberlegungen vorgeht", sei auf die Einholung eines entsprechenden Gutachtens zu verzichten; BGE 124 IV 258 S. 260 dasselbe gelte für die Frage nach der Schwere des vorgenommenen Eingriffs. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, ein gelungener und kunstgerecht ausgeführter medizinischer Eingriff verbessere die Gesundheit des Patienten, weshalb der objektive Tatbestand der Körperverletzung von vornherein nicht erfüllt sein könne. Das Bundesgericht hielt in BGE 99 IV 208 unter Berufung auf verschiedene Autoren fest, dass jede ärztliche, die körperliche Integrität berührende Massnahme den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfülle. Nach Auffassung anderer Autoren erfüllt der ärztliche Heileingriff, wenn lege artis ausgeführt, den Tatbestand der Körperverletzung von vornherein nicht, da der Sinn des Eingriffs gerade nicht die Schädigung der Gesundheit sei (vgl. die Nachweise bei STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., 1997, N. 6 vor Art. 122; ferner bei PHILIPPE WEISSENBERGER, Die Einwilligung des Verletzten bei den Delikten gegen Leib und Leben, Bern 1996, S. 145 ff.; ROBERT FRANCKE, Aerztliche Berufsfreiheit und Patientenrechte, Stuttgart 1994, S. 94 ff.). An BGE 99 IV 208 ist festzuhalten. Zutreffend nimmt die Vorinstanz an, das Abstellen auf den Heilzweck sei kein taugliches Abgrenzungskriterium; denn es leuchte ohne weiteres ein, dass der Begriff des Heilzwecks keine allgemein gültige feste Grösse sei, sondern durchaus unterschiedlich definiert und interpretiert werden könne; nicht alles, was medizinisch angezeigt sein könne, müsse vom betreffenden Patienten als für ihn gut und richtig betrachtet werden. Dem ist beizupflichten. Der professionelle Massstab des Arztes und die Wertewelt des Patienten führen nicht zwangsläufig zu denselben Entscheidungen über Gesundheit und Krankheit, zumal es "bei einer Vielzahl von Erkrankungen ... um die Frage nach etwas mehr Gesundheit oder etwas weniger Krankheit (geht), bei deren Beantwortung vielfältige, subjektiv geprägte Abwägungen vorzunehmen sind" (vgl. FRANCKE a.a.O. S. 43 f., 104 f.). Mit anderen Worten kann das Wohl des Patienten nicht ohne Weiteres mit der ärztlich indizierten Behandlung gleichgesetzt werden, und insbesondere kann zum Patientenwohl gerade auch die Ablehnung einer vom Arzt für indiziert gehaltenen Behandlung durch den Patienten gehören (vgl. DIETER GIESEN, Zwischen Patientenwohl und Patientenwille, JZ 42/1987, S. 282, 288 f.; ebenso schon EUGEN BUCHER, Die Ausübung der Persönlichkeitsrechte, insbesondere die Persönlichkeitsrechte des Patienten als Schranken der ärztlichen Tätigkeit, Zürcher Dissertation 1956, S. 25 f.). Ausschlaggebend für die Frage, BGE 124 IV 258 S. 261 nach seinem Wohl ist also der Wille des Patienten und nicht das, was nach Auffassung des Arztes im Interesse des Patienten angezeigt ist. Deshalb erfüllen ärztliche Eingriffe, auch wenn sie nach Auffassung des Arztes medizinisch indiziert und kunstgerecht durchgeführt worden sind, jedenfalls insoweit den Tatbestand der Körperverletzung, als sie entweder in die Körpersubstanz eingreifen (z.B. bei Amputationen) oder mindestens vorübergehend die körperliche Leistungsfähigkeit oder das körperliche Wohlbefinden des Patienten nicht nur unerheblich beeinträchtigen oder verschlechtern. Solche Eingriffe können nur durch die Einwilligung des Patienten gerechtfertigt werden. Im vorliegenden Fall geht es um die Verkürzung einer Zehe, also um einen Eingriff, der die körperliche Unversehrtheit der Beschwerdegegnerin dauerhaft tangiert. Der objektive Tatbestand der Körperverletzung ist somit erfüllt, und von einer blossen "Tätlichkeit", wie der Beschwerdeführer meint, kann nicht die Rede sein. 3. Unbegründet ist der Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe nicht in Betracht gezogen und nicht geprüft, ob der Rechtfertigungsgrund der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. der mutmasslichen Einwilligung der Patientin vorgelegen habe. Mit seinen Ausführungen wendet sich der Beschwerdeführer jedenfalls teilweise gegen die verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Danach wurde die Frage, ob die zweite Zehe auch operiert werden sollte, vor der Operation ausdrücklich zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin besprochen. Die Beschwerdegegnerin gab dabei weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Einwilligung zur Operation und war folglich klarerweise und für den Beschwerdeführer erkennbar damit nicht einverstanden. Es kann also keine Rede davon sein, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt (z.B. während der Operation) hätte davon ausgehen dürfen, die Beschwerdegegnerin würde dem Eingriff an der zweiten Zehe "mutmasslich" eventuell nachträglich doch noch zustimmen. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass Arzt und Patientin vor der Operation persönlich befreundet waren und ein langjähriges Patientenverhältnis bestand. Was die behauptete nachträgliche Einwilligung der Beschwerdegegnerin betrifft, so ist zunächst festzuhalten, dass die Patientin grundsätzlich vor dem Eingriff in diesen einzuwilligen hat (TRECHSEL a.a.O. Art. 32 N. 10). Im Übrigen wäre es ohnehin fragwürdig, aus dem Umstand, dass die Beschwerdegegnerin sich nach der beanstandeten BGE 124 IV 258 S. 262 Operation vom Beschwerdeführer nachbehandeln liess und erst nach geraumer Zeit Strafanzeige erstattete, darauf zu schliessen, sie habe nachträglich in die Operation eingewilligt.
null
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de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
22f96374-c2e3-4536-8d4a-1e928dc4330c
Urteilskopf 103 II 307 50. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Oktober 1977 i.S. Granax S.A. gegen Allgemeine Rheintransport AG und Mitbeteiligte
Regeste Kartellabrede, Rechtfertigungsgründe. 1. Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 KG . Kartellrechtliche Auseinandersetzung zwischen einer Handelsfirma, die keine eigenen Transportmittel besitzt, und Schiffahrtsunternehmen wegen angeblicher Behinderung im Transport von Getreide. Offen gelassen, ob die Firma behindert worden und klageberechtigt sei (E. 2). 2. Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 KG . Schutzwürdige Interessen, welche die angefochtene Massnahme jedenfalls zulässig machten (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 308 BGE 103 II 307 S. 308 A.- Die Granax S.A. wurde 1957 von einer ausländischen Gesellschaft, die ihrerseits von einem amerikanischen Unternehmen kontrolliert wird, mit Sitz in Genf gegründet. Im Jahre 1958 eröffnete sie in Zürich eine Zweigniederlassung. Sie bezweckt u.a. den Handel mit Agrarprodukten und Nahrungsmitteln und erledigt auch Transportgeschäfte, besitzt jedoch keine eigenen Transportmittel. Die Granax S.A. erhielt eine Einfuhrbewilligung für Brotgetreide und Fischmehl, aber keine für Futtermittel, deren Einfuhr durch Zuteilung von Kontingenten geregelt ist. Seit Mai 1972 verkaufte sie vor allem amerikanisches Futtergetreide franko Schweizergrenze an Firmen, die über ein Einfuhrkontingent verfügten. Sie liess das Futtergetreide mit Blockzügen der französischen Staatsbahnen zu besonderen Frachtansätzen von Gent über Frankreich nach Basel und Vallorbe befördern, womit der Transport auf dem Rhein konkurrenziert und dessen Tarif unterboten wurde. Dieser Bahntransport entwickelte sich für die Granax S.A. zunächst günstig; vom Mai 1972 bis Februar 1973 verkaufte sie nach ihren Angaben rund 73'000 Tonnen überseeisches Getreide franko Schweizergrenze. Anfangs 1973 gingen ihre Verkäufe stark zurück und kamen schliesslich, trotz unverändertem Angebot, nicht mehr zustande. Der Grund dafür lag angeblich in einem neuen "Meistbegünstigungsabkommen" (MBA) von 13 in der Schweizer Rheinschiffahrts-Konvention zusammengeschlossenen Reedereien mit ihren Kunden. Nach diesem Abkommen, das am 1. Januar 1973 in Kraft getreten ist, verpflichten sich die "meistbegünstigten Transportvergeber", alles zwischen Zeebrugge BGE 103 II 307 S. 309 und Hamburg eingekaufte Getreide den Konventions-Reedereien zum Transport zu übergeben und hiefür keine andern Verkehrsträger zu benutzen (Ziff. 12a Abs. 1 MBA). Die Reedereien gewähren ihnen dafür die jeweils günstigsten Transportbedingungen und nebst dem gewöhnlichen Mengenrabatt eine Regelmässigkeitsprämie von Fr. 5.-- je Tonne; sie verzichten ferner auf einen Niederwasserzuschlag und stellen den Auftraggebern ihren Lagerraum in Basel und Umgebung zur Verfügung. Am 13. September 1974 wurde das Abkommen dahin abgeändert, dass die Auftraggeber nur noch 75% ihrer Transportmenge den Konventions-Reedereien zu überlassen haben; den Rest dürfen sie anderen Transporteuren, z.B. den deutschen oder französischen Staatsbahnen anvertrauen, ohne Vorteile aus dem Abkommen zu verlieren. Wer auf diese Möglichkeit verzichtet, erhält jedoch eine zusätzliche Prämie; wer das nicht tut, bezahlt dagegen für jede nicht auf dem Rhein transportierte Tonne Fr. 5.-- an den Niederwasserfonds. B.- Die Granax S.A. bemühte sich umsonst, die Anwendung von Ziff. 12a MBA durch eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 10 des Kartellgesetzes (KG) aussetzen zu lassen. Im Dezember 1974 klagte sie gegen die in der Schweizer Rheinschiffahrts-Konvention zusammengeschlossenen 13 Reedereien mit den Begehren: 1. festzustellen, dass Ziff. 12a Abs. 1 des seit 1. Januar 1973 geltenden MBA widerrechtlich sei; 2. die Beklagten anzuweisen, die Anwendung dieser Bestimmung sofort auszusetzen; 3. die Beklagten bei Strafe zur umgehenden Mitteilung an die "meistbegünstigten Transportvergeber" zu verpflichten, dass diese ab sofort frei seien, Getreide auch über andere Verkehrswege als den Rhein zu beziehen; 4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Fr. 50'000.-- Schadenersatz im Monat nebst Zins zu bezahlen. Die Beklagten bestritten nicht nur, dass Ziff. 12a Abs. 1 MBA eine unzulässige Vorkehr im Sinne des Kartellgesetzes enthalte, sondern auch, dass sie mit der Klägerin im Wettbewerb stehen; die Behinderung sei jedenfalls nicht erheblich und die getroffene Vorkehr übrigens durch überwiegende schutzwürdige Interessen an einer lebensfähigen Rheinschiffahrt gerechtfertigt. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die Klage am 26 April 1977 ab. BGE 103 II 307 S. 310 C.- Auf Berufung der Klägerin, die an ihren Rechtsbegehren festhielt, bestätigte das Bundesgericht dieses Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Appellationsgericht sagt nicht, weshalb es die Granax S.A. im Sinne von Art. 6 Abs. 1 KG für klageberechtigt hält; es schweigt sich insbesondere darüber aus, inwiefern die Klägerin selber durch die angebliche Wettbewerbsbehinderung betroffen wird und in welcher Eigenschaft sie an deren Unterlassung interessiert ist. Dem angefochtenen Urteil Ist dazu bloss zu entnehmen, dass die Klägerin, die keine eigenen Transportmittel besitzt, aber über solche einer Schwesterfirma verfügen will, das Getreide in Blockzügen der französischen Staatsbahnen (SNCF) von Gent nach Basel und Vallorbe befördern liess, während die Beklagten für den Transport des Getreides von der Nordsee nach Basel den Rhein benützen. Die Vorinstanz erblickt in diesen Transportmöglichkeiten mit verschiedenen Frachtansätzen einen Markt, auf dem beide Parteien die Beförderung von Getreide anböten und sich als Konkurrenten gegenüberständen. Dass die Klägerin Getreidehändlerin ist und die Transporte nicht selber ausführt, ändert nach der Auffassung des Appellationsgerichtes nichts an der Gleichartigkeit der angebotenen Leistung und des damit befriedigten Bedürfnisses. Die Beklagten bestreiten diese Auffassung, weil die kartellrechtliche Auseinandersetzung in Fällen wie hier nur zwischen Transportunternehmen, nicht aber zwischen einer Handelsfirma ohne eigene Transportleistung und reinen Transportunternehmen stattfinden könne; die Klägerin habe als Händlerin keinen Anspruch auf freien Wettbewerb im Transport von Getreide. Das Appellationsgericht nimmt sodann an, dass die Beklagten sich durch das MBA zu einem Kartell zusammengeschlossen haben und den Transportmarkt zwischen der Nordsee und der Schweiz durch die in Ziff. 12a MBA enthaltene Abrede beeinflussen; sie hätten das Abkommen offenbar mit dem Ziel revidiert, um der aus ihrer Sicht unerwünschten Konkurrenzierung durch die von der Klägerin benutzte Bahnachse begegnen zu können. Von einem Ausschluss oder einem Boykott der Klägerin könne aber nicht gesprochen werden, weil diese ihr Getreide weiterhin mit der Bahn befördern könne und ihr BGE 103 II 307 S. 311 auch der Transport auf dem Rhein uneingeschränkt offen stehe. Nach den Auswirkungen des Abkommens auf ihre Verkäufe sei dagegen nicht zu verkennen, dass die Klägerin durch die Vorkehren der Beklagten im Wettbewerb behindert werde; ihre Handlungsfreiheit, Struktur und Geschäftsentwicklung würden dadurch jedoch nicht in einem Masse beeinträchtigt, dass von einer erheblichen Behinderung im Transportsektor die Rede sein könne. Ob die Granax S.A. klageberechtigt sei; ob sie durch das MBA im Wettbewerb behindert werde und ob die Behinderung erheblich sei, kann indes offen bleiben, wenn mit der Vorinstanz anzunehmen ist, dass schutzwürdige Interessen der Beklagten die angefochtene Massnahme jedenfalls zulässig machten. 3. Nach Art. 5 Abs. 1 KG ist die Wettbewerbsbehinderung ausnahmsweise zulässig, wenn sie durch überwiegende schutzwürdige Interessen gerechtfertigt ist und wenn sie die Freiheit des Wettbewerbes weder im Verhältnis zum angestrebten Ziel noch nach der Art und Durchführung der Vorkehr übermässig beeinträchtigt. Solche Interessen liegen gemäss Abs. 2 insbesondere vor, wenn das Kartell einen lauteren und unverfälschten Wettbewerb gewährleistet (lit. a), angemessene berufliche und betriebliche Voraussetzungen verwirklicht (lit. b) oder eine im Gesamtinteresse erwünschte Struktur eines Wirtschaftszweiges oder eines Berufes fördert (lit. c). a) Das Appellationsgericht hält für erwiesen, dass die SNCF u.a. auf Bahnlinien nach der Schweiz besonders günstige Tarife für Getreidetransporte anwendet, insgesamt aber mit Verlusten arbeitet und jährlich erhebliche Zuschüsse aus der Staatskasse erhält. Die Vorinstanz folgert daraus mit Recht, dass solche Zuschüsse auf eine Verbilligung der Bahntransporte hinauslaufen und den Wettbewerb zwischen französischen Bahnlinien mit Frachtvergünstigungen und der Rheinschiffahrt verfälschen, weil die Reedereien nicht mit Subventionen oder anderen Verbilligungen der Transporte zu Lasten des Staates rechnen können. Das veranlasste die Beklagten nach dem angefochtenen Urteil denn auch, sich zu einem Kartell zusammenzuschliessen und Gegenmassnahmen zu ergreifen, sich von ihren Kunden feste Transportmengen zusichern zu lassen und ihnen dafür erhebliche Gegenleistungen zu gewähren, um die Konkurrenzfähigkeit gegenüber der SNCF wieder herzustellen. BGE 103 II 307 S. 312 Die Klägerin meint freilich, es gehe hier nicht um die Konkurrenz zwischen der SNCF und den Reedereien, sondern um den Wettbewerb unter den Parteien, der durch besondere Bahntarife in Frankreich nicht verfälscht werden könne, gleichviel ob die SNCF Subventionen erhalte oder ob ihre jährlichen Verluste durch den Staat gedeckt würden. Damit verkennt die Klägerin, dass sie selber kein Transportunternehmen führt, sondern Kundin der mit den Beklagten wetteifernden SNCF ist, aber von deren Transportvergünstigungen im Verkauf von überseeischem Getreide franko Schweizergrenze profitieren konnte. In dieser Eigenschaft ist sie denn auch an der Unterlassung der angeblichen Wettbewerbsbehinderung, der sich die SNCF seitens der Beklagten ausgesetzt sieht, interessiert. Wenn sie sich gegen die Behinderung wehrt, muss sie sich daher entgegenhalten lassen, was die Beklagten zu deren Rechtfertigung gegen die SNCF vorbringen können. Es lässt sich auch nicht sagen, dass die Beklagten die Freiheit des Wettbewerbs übermässig beeinträchtigen, weil sie mit dem MBA bloss ihr Monopol für Getreideeinfuhren auf dem Rhein sichern wollten. Der Einwand scheitert schon an der Feststellung der Vorinstanz, dass diese Einfuhren seit Jahren ständig zurückgehen und 1974 noch knapp die Hälfte des gesamtschweizerischen Getreideimportes ausmachten. Dazu kommt, dass jeder Transportvergeber dem MBA beitreten und es jeweils auf Jahresende kündigen kann, wenn er die Bahntarife trotz der beachtlichen Gegenleistungen der Reedereien, wie Mengenrabatt, Treueprämie, Angebot von Lagerraum und Erlass von Zuschlägen bei Niederwasser, für günstiger hält. Diese Gegenleistungen zeigen ferner, wie sehr die Reedereien an einer gleichmässigen Auslastung ihrer Flotte und damit an einer konkurrenzfähigen Rheinschiffahrt interessiert sind. b) Das Appellationsgericht hält der Klägerin sodann entgegen, dass die Beklagten mit ihren Vorkehren auch eine im Gesamtinteresse erwünschte Struktur eines Wirtschaftszweiges fördern. Es begründet dies mit der Bedeutung einer leistungsfähigen Rheinschiffahrt für die Landesversorgung, insbesondere mit Getreide und Futtermitteln. Eine spürbare Verminderung der Getreideeinfuhren auf dem Wasserwege könnte diese Schiffahrt nicht nur gefährden, sondern in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Angesichts dieser Gefahr sei als zulässig zu BGE 103 II 307 S. 313 betrachten, dass die Beklagten mit dem MBA ihren bisherigen Anteil am Getreideimport nach Möglichkeit sicherstellen wollen und die besonderen Vorteile nur jenen Transportvergebern gewähren, die mindestens 75% der Bezüge ihnen zur Beförderung überlassen. Die Klägerin anerkennt, dass der Rhein eine bedeutsame Zufuhrmöglichkeit für die Schweiz bildet und dass insofern eine leistungsfähige Rheinschiffahrt auch im Landesinteresse liegt. Gleichwohl versucht sie eine zulässige Ausnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. c KG zu bestreiten, weil das Appellationsgericht aus dem von ihm festgestellten Sachverhalt zu Unrecht auf eine echte Gefährdung der Rheinschiffahrt schliesse. Eine solche Gefährdung lässt sich indes im Ernst nicht bestreiten, wenn von den Feststellungen der Vorinstanz ausgegangen wird, dass die Getreideeinfuhren auf dem Rhein seit Jahren abnehmen, schon heute mehr als die Hälfte davon auf die Bahn entfällt, die Rheinschiffahrt notleidend ist und Massnahmen erfordert. Was die Klägerin vorbringt, richtet sich übrigens zum Teil gegen diese Feststellungen und ist als unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht zu hören. Das gilt insbesondere von den Vorbringen, die Schwierigkeiten der Rheinschiffahrt seien nicht auf die Konkurrenz durch die Klägerin, sondern auf Fehldispositionen, Misswirtschaft und ein Überangebot an Schiffsraum zurückzuführen. Das Appellationsgericht begründete die von den Beklagten befürchtete Verminderung zudem nicht bloss mit der Getreidemenge, welche die Klägerin allein 1972 mit der Bahn transportieren liess; es führte ausdrücklich aus, dass die Konkurrenzierung der Rheinschiffahrt durch die SNCF auch anderen Unternehmen offen stehe. Nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, ist die Auffassung des Appellationsgerichtes über die in Ziff. 12a MBA enthaltene Kartellabrede weder unter dem Gesichtspunkt des damit angestrebten Zieles, noch nach den Verpflichtungen, die den Transportvergebern auferlegt werden, zu beanstanden. Die Vorkehren der Beklagten sind durch überwiegende schutzwürdige Interessen, insbesondere an einer leistungs- und konkurrenzfähigen Rheinschiffahrt, gerechtfertigt und verletzen auch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht. Ihre Auswirkungen sind selbst für Aussenseiter tragbar; diese werden nicht ausgeschlossen und können ihre Ware BGE 103 II 307 S. 314 weiterhin mit der Bahn befördern lassen. Von einer Verletzung des Art. 5 KG kann umsoweniger die Rede sein, als die angefochtene Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. b auch geeignet ist, angemessene berufliche und betriebliche Voraussetzungen zu schaffen, wenn die Schiffe entsprechend dem Zweck des Abkommens möglichst ständig und gleichmässig ausgelastet werden. Das eine wie das andere liegt nicht nur im Interesse einer gesunden Rheinschiffahrt, sondern auch der Landesversorgung.
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Urteilskopf 139 I 189 18. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause X. contre Office fédéral de l'aviation civile (recours en matière de droit public) 2C_293/2013 du 21 juin 2013
Regeste Art. 29 Abs. 2 BV , Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; Art. 55 Abs. 3 VwVG ; Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Entscheid über die aufschiebende Wirkung. Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf vorsorgliche Massnahmen. Art. 29 Abs. 2 BV hat in Bezug auf das Replikrecht die gleiche Bedeutung wie Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 3.1). Zusammenfassung der Praxis zum Replikrecht im Sinne der Art. 29 Abs. 2 BV und 6 Ziff. 1 EMRK (E. 3.2). Tragweite dieses Rechts im Falle von vorsorglichen Massnahmen mit dringlichem Charakter, wie dies Art. 55 Abs. 3 VwVG für die aufschiebende Wirkung vorsieht (E. 3.3-3.5).
Sachverhalt ab Seite 190 BGE 139 I 189 S. 190 X. est titulaire, depuis 1981, d'une licence de pilote professionnel d'avion et, depuis 1991, d'une licence de pilote de ligne. Depuis de nombreuses années, il possède également une licence de pilote privé d'avion avec extensions d'instructeur FI (Flight Instructor), IRI (Instrument Rating Instructor) et TRI (Type Rating Instructor). Par décision du 28 décembre 2012, l'Office fédéral de l'aviation civile (ci-après: l'Office fédéral) a retiré avec effet immédiat et pour une durée indéterminée les extensions d'instructeur FI, IRI et TRI détenues par X. Compte tenu de l'intérêt de sécurité publique en jeu, cette décision prévoyait que tout recours serait privé de l'effet suspensif. Il était en substance reproché à X., alors qu'il agissait comme commandant de bord et instructeur, d'avoir procédé à l'atterrissage d'un avion alors que la visibilité en vol et sur la piste était inférieure à 500 mètres. A l'encontre de la décision du 28 décembre 2012, X. a déposé un recours auprès du Tribunal administratif fédéral, concluant à la restitution immédiate de l'effet suspensif au recours. A la demande du Tribunal, l'Office fédéral s'est déterminé le 15 février 2013 au sujet de l'effet suspensif. Le 27 février 2013, X. a demandé si des déterminations avaient été fournies et, le cas échéant, à pouvoir se prononcer à leur sujet. BGE 139 I 189 S. 191 Par décision incidente du 4 mars 2013, le Tribunal administratif fédéral a rejeté la requête en restitution de l'effet suspensif formée par X., sans donner suite à sa requête du 27 février. A l'encontre de cette décision, X. dépose un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral en concluant à l'admission du recours et à la réforme de la décision attaquée en ce sens que l'effet suspensif est restitué à son recours dirigé contre la décision du 28 décembre 2012. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 3. Dans un grief d'ordre formel qu'il convient d'examiner en premier lieu, le recourant se prévaut d'une violation de son droit d'être entendu au sens des art. 29 Cst. et 6 CEDH. Il reproche en substance au Tribunal administratif fédéral de ne pas lui avoir communiqué la prise de position de l'Office fédéral du 15 février 2013 en matière d'effet suspensif et de ne pas l'avoir laissé se déterminer sur son contenu, bien qu'il l'ait demandé dans un courrier du 27 février 2013. 3.1 Selon la jurisprudence constante, l' art. 29 al. 2 Cst. trouve application dans le cadre d'une procédure concernant des mesures provisoires (cf. arrêts 2C_598/2012 du 21 novembre 2012 consid. 2.3; 2C_631/2010 du 8 septembre 2010 consid. 3.2; 2P.103/2006 du 29 mai 2006 consid. 3.1). Depuis l'arrêt de la Grande Chambre de la CourEDH Micallef contre Malte du 15 octobre 2009, il en va de même pour l' art. 6 CEDH , à condition, d'une part, que le droit en jeu tant dans la procédure principale que dans la procédure d'injonction soit de "caractère civil" au sens de l' art. 6 CEDH et, d'autre part, que la mesure provisoire soit déterminante pour le droit ou l'obligation de caractère civil (arrêt Micallef, § 83 ss; cf. FRÉDÉRIC KRENC, L'assujettissement du référé aux garanties du procès équitable, Revue trimestrielle des droits de l'homme [RTDH] 2011 p. 295 ss). En l'occurrence, il n'est pas nécessaire d'examiner si ces conditions sont réunies puisque l' art. 29 al. 2 Cst. a la même portée que l' art. 6 par. 1 CEDH s'agissant du droit à la réplique (cf. ATF 133 I 100 consid. 4.3-4.6 p. 102-104). 3.2 Conformément aux art. 29 al. 2 Cst. et 6 CEDH, les parties ont le droit d'être entendues. Compris comme l'un des aspects de la notion générale de procès équitable, le droit d'être entendu comprend en particulier le droit, pour une partie à un procès, de prendre connaissance de toute argumentation présentée au tribunal et de se BGE 139 I 189 S. 192 déterminer à son propos, que celle-ci contienne ou non de nouveaux éléments de fait ou de droit, et qu'elle soit ou non concrètement susceptible d'influer sur le jugement à rendre. Il appartient en effet aux parties, et non au juge, de décider si une prise de position ou une pièce nouvellement versée au dossier contient des éléments déterminants qui appellent des observations de leur part. Toute prise de position ou pièce nouvelle versée au dossier doit dès lors être communiquée aux parties pour leur permettre de décider si elles veulent ou non faire usage de leur faculté de se déterminer ( ATF 138 I 484 consid. 2.1 p. 485; ATF 137 I 195 consid. 2 p. 197; ATF 133 I 100 consid. 4.3 p. 102; ATF 132 I 42 consid. 3.3.2 p. 46; arrêt 1C_458/2011 du 29 février 2012 consid. 3.1 et les arrêts cités). 3.3 L' art. 29 al. 2 Cst. n'a, dans le cadre d'une procédure concernant des mesures provisoires, pas la même portée que s'agissant de la procédure au fond (arrêts 2C_598/2012 du 21 novembre 2012 consid. 2.3; 2C_215/2011 du 26 juillet 2011 consid. 3.4; 2C_631/2010 du 8 septembre 2010 consid. 3.2; 2P.103/2006 du 29 mai 2006 consid. 3.1). Ainsi, les décisions judiciaires concernant l'effet suspensif doivent par nature être rendues rapidement et sans de longues investigations complémentaires (ce que prévoit du reste expressément l' art. 55 al. 3 PA [RS 172.021]). La Cour européenne des droits de l'homme admet d'ailleurs que "dans des cas exceptionnels - par exemple lorsque l'effectivité de la mesure sollicitée dépend de la rapidité du processus décisionnel - il peut se révéler impossible de respecter dans l'immédiat toutes les exigences prévues à l'article 6. Ainsi, dans certaines hypothèses précises, tandis que l'indépendance et l'impartialité du tribunal ou du juge concerné constituent des garanties indéniables qu'il est indispensable de respecter dans pareille procédure, d'autres garanties procédurales peuvent ne s'appliquer que dans la mesure où le permettent la nature et le but de la procédure provisoire considérée" (arrêt Micallef, § 86). L'autorité qui statue peut donc, sauf circonstances spécifiques, se dispenser d'entendre de manière détaillée les intéressés ou de procéder à un second échange d'écritures. Le droit d'être entendu du requérant est en principe déjà garanti par le dépôt de sa demande en matière d'effet suspensif (cf. arrêts 2C_215/2011 du 26 juillet 2011 consid. 3.4; 2C_631/2010 du 8 septembre 2010 consid.3.2; 2D_40/2008 du 19 mai 2008 consid. 2.3; 2A.619/2002 du 10 mars 2003 consid. 3, non publié in ATF 129 II 232 ). 3.4 En l'espèce, le recourant, à l'appui de sa demande de restitution de l'effet suspensif adressée au Tribunal administratif fédéral, a pu BGE 139 I 189 S. 193 expliquer en quoi il contestait les actes qui lui étaient reprochés par l'Office fédéral. Invité à se déterminer, l'Office fédéral a présenté sa position le 15 février 2013. Par lettre du 27 février 2013, le mandataire du recourant, à qui ces déterminations n'avaient pas été transmises, a demandé au Tribunal si l'Office fédéral s'était déterminé et, le cas échéant, a sollicité de pouvoir faire valoir son droit à la réplique. Le Tribunal administratif fédéral n'a pas donné suite à cette requête et a statué le 4 mars 2013. Au consid. 3 de sa décision, il a indiqué qu'il convenait de statuer rapidement en matière d'effet suspensif (cf. art. 55 al. 3 PA ), sur la base d'un examen sommaire et après avoir entendu les parties; or, le recourant s'était exprimé dans sa requête et il n'y avait pas lieu d'ordonner un second échange d'écritures sur cette question. 3.5 Contrairement à ce que prétend le recourant, un tel procédé ne constitue pas une violation du droit d'être entendu déduit de l' art. 29 Cst. Il ne faut pas perdre de vue que la procédure porte sur une mesure provisoire, et non sur une décision au fond. Or, tant la jurisprudence du Tribunal fédéral que celle de la Cour européenne des droits de l'homme reconnaissent que, si elles ont une portée étendue s'agissant des procédures au fond, les garanties découlant du droit d'être entendu peuvent connaître quelques aménagements dans le cas d'une procédure concernant des mesures provisoires. Le caractère d'urgence des mesures provisoires implique que le juge statue sans délai. Inhérent à la nature même de "mesure provisionnelle" et exprimé à l' art. 55 al. 3 PA in fine, ce devoir de célérité exige que, dans certaines circonstances, l'autorité se dispense de procéder à un second échange d'écritures, sous peine de compromettre l'efficacité de la mesure provisoire. En d'autres termes, il ne peut être question, s'agissant de mesures provisoires, d'un droit absolu à une réplique découlant du droit d'être entendu. Le cas échéant, si la réponse de l'autorité précédente contient des éléments nouveaux décisifs sur lesquels le juge entend se fonder, un droit de réplique peut alors se justifier. Cette solution constitue une mise en oeuvre pragmatique de l' art. 6 CEDH (cf. ATF 132 I 42 consid. 3.3.2 p. 47). Elle se justifie à plus forte raison que la décision sur mesures provisoires, par ses effets, se distingue nettement de la décision au fond. Contrairement à la décision au fond, la décision sur effet suspensif n'est revêtue que d'une autorité de la chose jugée limitée et peut être facilement modifiée. La partie concernée par l'effet suspensif peut en effet demander en tout temps, en cas de changement de circonstances, que BGE 139 I 189 S. 194 l'ordonnance d'effet suspensif soit modifiée par l'autorité dont elle émane ou par l'instance de recours (cf. HANSJÖRG SEILER, in VwVG, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, n° 139 ad art. 55 PA ; THOMAS MERKLI, Vorsorgliche Massnahmen und die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelengenheiten und subsidiären Verfassungsbeschwerden, ZBl 109/2008 p. 421; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, 1984, p. 923). Il est vrai que dans un arrêt non publié du 13 février 2012 (1C_568/2011), le Tribunal fédéral a jugé qu'une décision en matière d'effet suspensif prise par l'instance cantonale contrevenait aux exigences du droit d'être entendu. Les faits de cet arrêt se distinguent toutefois de ceux de la présente affaire: contrairement au cas d'espèce, l'autorité cantonale avait donné aux recourants l'occasion de répliquer, ce qu'ils avaient fait. Or, pour des raisons inconnues, l'autorité cantonale n'avait pas tenu compte de la réplique produite par les recourants. Ainsi, au vu des circonstances particulières de cet arrêt, le raisonnement qui soutient sa solution n'est pas transposable au cas d'espèce. 3.6 Il suit des considérations qui précèdent que le Tribunal administratif fédéral n'était pas tenu de communiquer les observations de l'Office fédéral au recourant. Certes, la décision attaquée fait référence à "un rapport critique sur le mauvais niveau d'un de ses élèves" qui ne figurait pas dans la décision de l'Office fédéral du 28 décembre 2012. Ce fait n'a toutefois pas été à lui seul déterminant; il n'a été utilisé que pour confirmer la vraisemblance des actes reprochés au recourant. Pour justifier le retrait de l'effet suspensif, l'instance précédente s'est surtout fondée sur l'appréciation par l'Office fédéral de l'incident du 26 novembre 2012. Le Tribunal administratif fédéral a considéré à cet égard que l'argumentation de l'autorité inférieure était convaincante et que celle-ci avait procédé à une juste mise en balance des intérêts en présence. Le Tribunal de céans constate du reste que le recourant n'a demandé ni à l'Office fédéral ni à l'instance précédente de modifier l'ordonnance d'effet suspensif en raison notamment de circonstances nouvelles. Partant, le grief de violation du droit d'être entendu n'est pas fondé et doit être rejeté.
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2,013
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230573ce-42a0-449a-92d7-6e6aa3b1a312
Urteilskopf 122 III 40 8. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral du 26 janvier 1996 dans la cause P. (recours LP)
Regeste Abschlagsverteilung des Erlöses aus der Verwertung einer pfandbelasteten Liegenschaft; Zuteilung der vom Ersteigerer ab dem Tag der Steigerung bis zu jenem der Bezahlung geschuldeten Zinsen im Falle der Gewährung eines Zahlungstermins. Allein den Grundpfandgläubigern - entsprechend ihren Forderungen - stehen die zwischen der Leistung der Akontozahlung und der aufgeschobenen Bezahlung des Restzuschlagspreises anwachsenden Zinsen zu.
Sachverhalt ab Seite 40 BGE 122 III 40 S. 40 Dans le cadre d'une faillite, un immeuble a été vendu le 25 novembre 1994 pour le prix de 91'000'000 fr. Conformément aux conditions de vente, l'adjudicataire s'est acquitté du montant de l'acompte prévu, soit 9'310'000 fr., le jour de la vente et du solde du prix de vente, soit 81'690'000 fr., le 25 mai 1995, au terme du délai de six mois qui lui avait été consenti. L'office des poursuites et des faillites a ensuite établi un décompte immobilier provisoire faisant état d'un produit global de réalisation de 104'149'520 fr. 65, composé des montants suivants: 1. Prix d'adjudication fr. 91'000'000.- 2. Intérêts à 5% du 25.11.94 au 25.5.95 sur la somme de fr. 81'690'000.- fr. 2'042'250.- 3. Solde reporté du produit locatif fr. 11'078'270.65 4. Produit des placements fr. 29'000.- Compte tenu des frais d'administration et de deux créances privilégiées, P., au bénéfice d'une hypothèque inscrite en 2ème rang, s'est vu attribuer BGE 122 III 40 S. 41 une somme correspondant en tous points à sa production pour le capital et les intérêts conventionnels jusqu'au jour de la vente, telle qu'elle avait été admise à l'état des charges. Le décompte prévoyait en outre le paiement intégral des créanciers hypothécaires de 3ème rang et le règlement partiel de celui bénéficiant d'une hypothèque en 4ème rang, le découvert subi par ce dernier et les autres créanciers gagistes inscrits à l'état des charges devant en conséquence être colloqué en 5ème classe. Par la voie d'une plainte, P. a demandé que les intérêts moratoires (2'042'250 fr.) soient attribués, après répartition du produit de la vente et du produit locatif, à l'ensemble des créanciers hypothécaires, proportionnellement à leurs créances. Elle a requis en outre une rectification du montant du produit du placement de l'acompte versé le jour de la vente (29'000 fr.), et sa répartition entre les divers intéressés. L'autorité cantonale de surveillance a ordonné la rectification sollicitée en invitant l'office à retenir 130'650 fr. au lieu de 29'000 fr., et a rejeté la plainte pour le surplus. Sur recours de P., la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral a réformé la décision attaquée en ce sens qu'il fût ordonné à l'office d'attribuer, après répartition du prix d'adjudication et du produit locatif, les montants de 2'042'250 fr., représentant les intérêts moratoires, et de 130'650 fr., représentant le produit du placement de l'acompte, aux seuls créanciers hypothécaires, proportionnellement à leurs créances. Erwägungen Extrait des considérants: 2. La décision attaquée se fonde sur une jurisprudence ( ATF 89 III 41 et ATF 94 III 50 ) prévoyant que les intérêts moratoires payés par l'adjudicataire d'un immeuble vendu aux enchères ne sont pas un accessoire du prix de l'adjudication sur lequel les créanciers hypothécaires sont payés par préférence, mais un fruit du produit de la réalisation forcée qui doit être réparti entre tous les créanciers. Cette jurisprudence abandonnait sans motivation une jurisprudence antérieure ( ATF 35 I 850 ss, ATF 37 I 610 ) qui admettait que c'est aux créanciers hypothécaires seuls que doivent revenir les intérêts dus par l'acquéreur du gage dès le jour des enchères jusqu'au jour du paiement, ces intérêts ayant le caractère d'un accessoire du produit du gage et revenant comme tels à tous les créanciers qui ont droit à être couverts par ce produit, au prorata de leurs créances garanties. BGE 122 III 40 S. 42 Dans un arrêt du 28 mars 1979 concernant un concordat par abandon d'actif ( ATF 105 III 88 ), le Tribunal fédéral est revenu aux principes de sa jurisprudence antérieure en jugeant, s'agissant d'intérêts sur des acomptes qui avaient été retenus en raison d'un procès en contestation de l'état de collocation pendant, qu'il était conforme à l'égalité de traitement des créanciers du même rang de disposer des intérêts afférents au produit de la réalisation en faveur des créanciers qui, sans aucune faute de leur part, ont dû attendre plus longtemps que les autres de même rang pour que leurs créances soient éteintes (consid. 2 p. 90). Plus récemment, en 1982, le Tribunal fédéral a dit que les deux arrêts publiés aux ATF 89 III 41 et ATF 94 III 50 n'étaient pas une raison de modifier à nouveau la jurisprudence antérieure - que ces arrêts ne discutaient même pas - et qu'il fallait au contraire maintenir que dans un cas où, à la suite de procès ou pour d'autres raisons, un paiement immédiat n'est pas possible, mais où des montants encaissés doivent être consignés, les intérêts éventuels, qui constituent un accessoire du produit de la réalisation, doivent revenir en premier lieu à ceux d'entre les créanciers qui ont un droit sur le produit de la réalisation: il y a là un dédommagement du fait que ces créanciers n'ont pas pu disposer tout de suite de leur part au produit de la réalisation ( ATF 108 III 26 consid. 3a p. 30; ATF 108 III 31 consid. 2 p. 32). Ainsi, dans la mesure où le paiement ne peut intervenir immédiatement, l'office a le devoir de procéder au placement du produit de l'adjudication, qui vise à garantir au créancier une situation analogue à celle dans laquelle il se serait trouvé s'il avait été désintéressé sans tarder; c'est pourquoi le produit de ce placement doit profiter exclusivement au créancier qui est temporairement privé des fonds qui lui reviennent ( ATF 108 III 31 consid. 3 p. 32). Reposant sur une jurisprudence isolée, formellement remise en cause, et consacrant donc une solution contraire aux règles en vigueur, la décision attaquée ne peut qu'être réformée dans le sens des conclusions de la recourante, dans la mesure où celles-ci ne sont pas dépourvues d'objet.
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230a78e7-027b-4b02-948a-82bfb79c07ef
Urteilskopf 103 IV 162 48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Juni 1977 i.S. J. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
Regeste Art. 186 StGB , Hausfriedensbruch. 1. Begriff (Erw. 1 und 2). 2. Nach geltendem Zivilrecht kann der Ehemann gegen den Willen der Ehefrau einer Drittperson das Haus verbieten; die Ehefrau kann nicht durch eigene Einladung das vom Ehemann erlassene Hausverbot unwirksam machen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 162 BGE 103 IV 162 S. 162 A.- S. schickte am 2. Februar 1976 dem Geliebten seiner Frau, J., einen eingeschriebenen Brief folgenden Inhalts: "Hausverbot Ich verbiete hiermit Herrn J. ab sofort das auf meinen Namen im Grundbuch eingetragene Grundstück und das sich darauf befindliche Haus in O. zu betreten. Bei Zuwiderhandlung werde ich Strafanzeige einreichen." S. traf am 2. April 1976 abends, als er überraschend aus dem Militärdienst zurückkehrte, J. zusammen mit seiner Ehefrau in seinem Hause an. Er erstattete Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs. J. machte geltend, er habe sich auf Einladung BGE 103 IV 162 S. 163 der Ehefrau S. bei ihr aufgehalten, was diese als zutreffend bestätigte. B.- Das Bezirksgericht Bremgarten erklärte J. des Hausfriedensbruchs schuldig und auferlegte ihm Fr. 120.-- Busse. Eine Berufung des J. wies das Obergericht des Kantons Aargau am 16. März 1977 ab. C.- J. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Freisprechung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Des Hausfriedensbruchs gemäss Art. 186 StGB macht sich insbesondere schuldig, wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus unrechtmässig eindringt. Art. 186 StGB schützt das Hausrecht, nämlich die Befugnis, über das Haus ungestört zu herrschen und in ihm den eigenen Willen frei zu betätigen. Träger dieses Rechts ist derjenige, dem die Verfügungsgewalt über das Haus zusteht, gleichgültig, ob sie auf einem dinglichen oder obligatorischen oder auf einem öffentlichrechtlichen Verhältnis beruht ( BGE 90 IV 76 ). Es unterliegt keinem Zweifel, dass sowohl der Ehemann wie die Ehefrau gegenüber einem Störer das Hausrecht ausüben können, gleichgültig, wer Eigentümer oder Mieter ist. Jedes von ihnen könnte z.B. gegenüber einem aufsässigen Vertreter oder lästigen Nachbarn ein Hausverbot erlassen und bei dessen Verletzung gültig Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs stellen. 2. Das Hausrecht garantiert die Unverletzlichkeit des eigenen Heims, nicht wie in der Beschwerde behauptet den Anspruch darauf, nicht mit einem bestimmten Dritten konfrontiert zu werden. Der Hauseigentümer, der jedem Bettler und Hausierer durch Anschlag an der Tür seines Wohnblocks das Betreten verbietet, wohnt möglicherweise in einer andern Stadt und begibt sich nur alle paar Jahre in sein Haus; das Hausverbot gilt gleichwohl, bei Übertretung kann - auch durch den abwesenden Eigentümer - Strafantrag gestellt werden. Abwegig ist die These des Beschwerdeführers, ein an sich gültiges Hausverbot des Ehemannes gegen einen Ehestörer entfalte nur Wirkung für die Zeit, wo normalerweise der Ehemann zuhause sei, nicht aber bei dessen längerer Abwesenheit. BGE 103 IV 162 S. 164 Das Gegenteil ist richtig: Für die Zeit des Aufenthalts zuhause bedürfte es nicht eines schriftlichen Hausverbots, hier könnte der Hausherr selbst zum Rechten sehen. Um sich dagegen zu schützen, dass während längerer Abwesenheit des Hausherrn der unerwünschte Hausfreund sich im Heim niederlässt, war das Hausverbot das zweckmässige Mittel; bei dessen Übertretung konnte der Hausherr auch dann Strafantrag stellen, wenn er sie gar nicht persönlich feststellte, sondern z.B. durch Nachbarn informiert wurde. 3. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob ein Ehegatte gegen den Willen des andern einer Drittperson wirksam das Haus verbieten kann und ob dieser durch eigene Einladung das vom Ehegatten erlassene Hausverbot unwirksam machen kann. a) Wie Vorinstanz und Beschwerdeführer mit Recht feststellen, sind die sachen- und obligationenrechtlichen Verhältnisse nicht entscheidend. Das Hausrecht steht wie erwähnt an sich beiden Ehegatten zu, gleichgültig, wer von ihnen Eigentümer bzw. Mieter der Räume ist. b) Nach geltendem Recht ist der Mann das Haupt der Gemeinschaft ( Art. 160 Abs. 1 ZGB ). Er vertritt sie nach aussen ( Art. 162 Abs. 1 ZGB ). Stehen Rechte Mann und Frau gleichermassen zu, so entscheidet im Streitfall der Wille des Mannes (so ausdrücklich für die Ausübung der elterlichen Gewalt Art. 274 Abs. 2 ZGB ). Bei Meinungsverschiedenheiten darüber, ob eine Drittperson das eheliche Heim aufsuchen darf oder ihm fernbleiben muss, kommt es auf die Willensäusserung des Mannes an. Diese heute noch geltende Ordnung wird sich mit dem neuen Eherecht ändern, das die Gleichberechtigung der Ehegatten bringt. Wie dannzumal über ein streitiges Hausverbot zu entscheiden ist, kann hier offen bleiben. c) Alle Rechte gelten nur unter Vorbehalt des Missbrauchs ( Art. 2 ZGB ; BGE 94 I 520 E. 4a). Erlässt ein Ehemann ohne schutzwürdiges Interesse gegenüber einem Dritten ein Hausverbot und beeinträchtigt er dadurch eine angemessene persönliche Beziehung des andern Ehegatten, so kann dieser die Hilfe des Eheschutzrichters anrufen. Der Beschwerdeführer (und die Ehefrau des Beschwerdegegners) behauptet nicht, S. habe das Hausverbot ohne triftigen Grund erlassen. Zwischen dessen Ehefrau und dem Beschwerdeführer BGE 103 IV 162 S. 165 bestand ein ehebrecherisches Verhältnis. Dass die Ehefrau bei dieser Sachlage sich nicht beim Eheschutzrichter über das Hausverbot gegenüber dem Beschwerdeführer beklagte, ist verständlich. d) Man könnte sich fragen, ob ein Hausverbot und eine Bestrafung wegen Hausfriedensbruchs die geeigneten Mittel zur Verteidigung der verletzten Rechte eines Ehegatten sind, oder ob hiefür einzig die Rechtsbehelfe des Ehe- und des Scheidungsrechts eingesetzt werden dürfen. Es bedeutet indessen nicht einen übermässigen Eingriff in die höchstpersönlichen Rechte eines Ehegatten auf freie Gestaltung seiner Beziehungen zu Dritten, wenn ihm durch Strafdrohung gegenüber dem Dritten verunmöglicht wird, mit diesem im ehelichen Heim in ehewidrigen Kontakt zu treten. Was im gemeinsamen Haus geschieht, ist nicht ausschliesslich die höchstpersönliche Angelegenheit jedes Ehegatten, sondern berührt auch den anderen, solange die eheliche Gemeinschaft nicht aufgehoben ist.
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Urteilskopf 125 IV 213 33. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. August 1999 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Peter Rothenbühler und Ringier AG (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 1 LG , Art. 38 LG und Art. 56 Abs. 2 LG ; Art. 43 Ziff. 2 LV . Ein Wettbewerb, bei dem die Lösung von allen Teilnehmern mit gleichen Gewinnaussichten sowohl über eine 156er-Telefonnummer mit Anbieteranteil als auch durch Einsendung einer Postkarte übermittelt werden kann, ist keine lotterieähnliche Unternehmung (E. 1-3).
Sachverhalt ab Seite 213 BGE 125 IV 213 S. 213 A.- In der Zeitschrift "Schweizer Illustrierte" wurde in der Zeit von Juni 1994 bis Dezember 1996 jede Woche ein Kreuzworträtsel-Wettbewerb durchgeführt. Das Lösungswort konnte entweder unter Benützung einer 156er-Telefonnummer zum angegebenen Preis von Fr. 0.86/Min. oder durch Einsendung einer Postkarte an die Postfach-Adresse der Teleworld (Schweiz) AG in Luzern übermittelt werden. Zu gewinnen waren jede Woche drei Goldvreneli. Das Statthalteramt des Bezirks Zürich verurteilte Peter Rothenbühler mit Entscheid vom 14. Mai 1998 wegen Widerhandlung BGE 125 IV 213 S. 214 gegen die Lotteriegesetzgebung (Art. 38 Abs. 1 i.V.m. Art. 1, 4 und 45 des Bundesgesetzes vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten [LG; SR 935.51] sowie Art. 43 Ziff. 2 der Vollziehungsverordnung vom 27. Mai 1924 zum Bundesgesetz über die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten [LV; SR 935.511]) zu einer Busse von 700 Franken. Es erkannte zudem gestützt auf Art. 59 Ziff. 2 Abs. 1 StGB gegen die Ringier AG auf eine Ersatzforderung des Staates im Betrag von Fr. 27'000.--. Peter Rothenbühler erhob Einsprache. B.- Die Einzelrichterin in Strafsachen des Bezirks Zürich sprach Peter Rothenbühler am 29. Oktober 1998 vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz frei, soweit die Gegenstand der Strafverfügung bildenden Übertretungen nicht ohnehin absolut verjährt waren. Von einer Einziehung von Vermögenswerten bzw. einer staatlichen Ersatzforderung gegen die Ringier AG wurde abgesehen. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die vom Statthalteramt des Bezirks Zürich erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 19. April 1999 ab, soweit es darauf eintrat. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gemäss Art. 38 Abs. 1 LG wird bestraft, wer eine durch dieses Gesetz verbotene Lotterie ausgibt oder durchführt. Als Lotterie gilt nach Art. 1 Abs. 2 LG jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird. Untersagt sind gemäss Art. 4 LG die Ausgabe und die Durchführung einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie. Werden Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder Gesellschaft begangen, so sind nach Art. 45 LG die handelnden Organe oder Gesellschafter strafbar. Gemäss Art. 56 Abs. 2 LG ist der Bundesrat befugt, auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche BGE 125 IV 213 S. 215 Unternehmungen den in diesem Gesetz über die Lotterien enthaltenen Bestimmungen zu unterwerfen. Nach Art. 43 Ziff. 2 LV sind den Lotterien gleichgestellt Preisausschreiben und Wettbewerbe jeder Art, an denen nur nach Leistung eines Einsatzes oder nach Abschluss eines Rechtsgeschäfts teilgenommen werden kann und bei denen der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten Gewinne wesentlich vom Zufall oder von Umständen abhängig ist, die der Teilnehmer nicht kennt. a) Die Legaldefinition der Lotterie in Art. 1 Abs. 2 LG enthält vier Merkmale, nämlich (1.) den Einsatz des Teilnehmers oder den Abschluss eines Rechtsgeschäfts, (2.) die Aussicht auf einen Gewinn, (3.) die Planmässigkeit, (4.) das aleatorische Moment. Auch die den Lotterien gleichgestellten Wettbewerbe im Sinne von Art. 43 Ziff. 2 LV setzen einen Einsatz und die Aussicht auf Gewinn sowie die Planmässigkeit voraus; hingegen genügt es, dass der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten Gewinne "wesentlich" vom Zufall oder von Umständen abhängig ist, die der Teilnehmer nicht kennt ( BGE 123 IV 175 E. 1a S. 178, mit Hinweisen). b) aa) Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung ist der Vermögenswert, den der Einleger als Gegenleistung für die Teilnahme an der Verlosung der in Aussicht gestellten Gewinne erbringen muss. Unerheblich ist, ob die Einsätze letztlich dem Veranstalter oder einem Dritten zufliessen und ob aus der Veranstaltung ein Gewinn resultiert. Auch ganz kleine Beträge von einigen Rappen stellen einen Einsatz dar. Der Einsatz kann in einer anderen Leistung von Vermögenswert verborgen sein ( BGE 123 IV 175 E. 2a S. 178 f., mit Hinweisen). Kein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung sind die Kosten der Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung, d.h. die "Transportkosten"; denn nicht "gegen" diese Leistung werden den Teilnehmern die Gewinne in Aussicht gestellt. Kein Einsatz ist somit das gewöhnliche Briefporto bei postalischer Einsendung der Wettbewerbs-Lösung (siehe LUCAS DAVID, Schweizerisches Werberecht, 1977, S. 203; CHRISTIAN KLEIN, Die Ausnützung des Spieltriebes durch Veranstaltungen der Wirtschaftswerbung und ihre Zulässigkeit nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1970, S. 92). Kein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung ist folgerichtig auch die normale Telefongebühr bei telefonischer Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung ( BGE 123 IV 175 E. 2a/bb S. 179). bb) Hingegen ist jedenfalls der in der Gebühr für die Benützung einer 156er-Telefonnummer (Telekiosk) enthaltene so genannte BGE 125 IV 213 S. 216 Anbieteranteil, welcher dem Abonnenten der Telefonnummer überwiesen wird, ein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung ( BGE 123 IV 175 E. 2a/bb S. 179 f.; kritisch URS SAXER, Die Lotterie mit der Lotterie: Sind Telefongebühren Lotterieeinsätze? medialex 1997, S. 187 f.). Daran ist de lege lata aus den im zitierten Entscheid genannten Gründen festzuhalten. Es ist Sache des Gesetzgebers bzw. des Verordnungsgebers, den Anwendungsbereich des Gesetzes resp. der darin enthaltenen Strafbestimmungen für Lotterien im Allgemeinen oder für Wettbewerbe im Besonderen allenfalls etwa durch Festlegung von bestimmten Mindesteinsätzen oder durch eine Bagatellklausel einzuschränken (siehe JENNY, ZBJV 134/1998 S. 634 f.; GERHARD FIOLKA, AJP 1998 S. 356 ff., 361). c) Ein Wettbewerb ist aber bloss dann eine lotterieähnliche Unternehmung im Sinne von Art. 43 LV und damit den im Lotteriegesetz enthaltenen Bestimmungen unterworfen (siehe Art. 56 Abs. 2 LG ), wenn daran "nur nach Leistung eines Einsatzes oder nach Abschluss eines Rechtsgeschäfts" teilgenommen werden kann ( Art. 43 Ziff. 2 LV ). Kann dagegen auch ohne Leistung eines Einsatzes bzw. ohne Abschluss eines Rechtsgeschäfts am Wettbewerb teilgenommen werden, dann liegt keine lotterieähnliche Unternehmung im Sinne von Art. 56 Abs. 2 LG und Art. 43 Ziff. 2 LV vor. Voraussetzung ist allerdings, dass der Wettbewerb gemäss seiner Ankündigung unmissverständlich als Veranstaltung erscheint, an der mit oder ohne Einsatz mit gleichen Gewinnaussichten teilgenommen werden kann ( BGE 99 IV 25 ff.). Gemäss den Erwägungen in diesem Entscheid ist ein Werbe-Gewinnspiel grundsätzlich keine lotterieähnliche Unternehmung, wenn jeder Interessent die Wahl hat, zu kaufen oder nicht zu kaufen, d.h. wenn er die Möglichkeit hat, mit oder ohne Einsatz mit gleichen Gewinnaussichten am Wettbewerb teilzunehmen. Dies gilt aber nur, wenn das Unternehmen nach seiner Ankündigung für den Interessenten ohne weiteres und unmissverständlich als Gratisveranstaltung erscheint. Massgebend ist dabei nicht, ob ein vorgängiger Geschäftsabschluss objektiv gefordert wird oder nicht, sondern ob die Teilnehmer subjektiv der Meinung sind, eine Leistung erbringen oder nicht erbringen zu müssen, wobei von der Merkfähigkeit des durchschnittlichen Publikums auszugehen ist ( BGE 99 IV 25 E. 4a S. 29). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Sie gilt, wie sich aus dem zitierten Entscheid selbst ergibt, nicht nur für die darin konkret beurteilte Teilnahme an einem Werbe-Gewinnspiel mit oder ohne Abschluss eines Rechtsgeschäfts, sondern auch und ganz allgemein BGE 125 IV 213 S. 217 für die Teilnahme an Wettbewerben mit oder ohne Leistung eines lotterierechtlich relevanten Einsatzes mit gleichen Gewinnaussichten. d) Im vorliegenden Fall konnte die Wettbewerbs-Lösung einerseits unter Benützung der genannten 156er-Telefonnummer zum angegebenen Preis von 86 Rp./Min. oder andererseits durch Einsendung einer Postkarte an die angegebene Adresse übermittelt werden. Auf diese beiden Möglichkeiten wurde nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil klar und unmissverständlich hingewiesen. Gemäss den Ausführungen der Vorinstanz fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass objektiv oder nach der subjektiven Vorstellung der Wettbewerbsteilnehmer die Gewinnaussichten im Falle der Übermittlung der (richtigen) Wettbewerbs-Lösung über die angegebene 156er-Telefonnummer grösser gewesen seien als bei Übermittlung durch Einsendung einer Postkarte. Demnach ist davon auszugehen, dass an den fraglichen Kreuzworträtsel-Wettbewerben gemäss deren Ankündigung nach dem Verständnis der Durchschnittsleser sowohl durch Übermittlung der Lösung unter Benützung der 156er-Telefonnummer als auch durch Übermittlung der Lösung mittels einer Postkarte mit den gleichen Gewinnaussichten teilgenommen werden konnte. Wer die erste Möglichkeit - 156er-Telefonnummer - wählte, leistete damit einen Einsatz im lotterierechtlichen Sinne in Form des in der Telefongebühr enthaltenen Anbieteranteils; wer die zweite Möglichkeit - Postkarte - wählte, leistete keinen Einsatz im lotterierechtlichen Sinne, da das Porto (unstreitig) kein relevanter Einsatz ist. Da in beiden Fällen die Gewinnaussichten gemäss den (unangefochtenen) Ausführungen der Vorinstanz gleich waren, sind die fraglichen Veranstaltungen nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz keine lotterieähnlichen Unternehmungen im Sinne der Lotteriegesetzgebung. 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Durchschnittsleser kümmere sich nicht um die juristische Definition des Einsatzes. Er wähle die für ihn angenehmere Lösung. Dabei wisse er nicht, dass er im Falle des Telefonates dem Veranstalter einen Anbieteranteil überweise. Mit andern Worten entlocke der Veranstalter diesem Mitspieler einen die reinen Transportkosten von 36 Rp./Min. übersteigenden Betrag im Umfang des Anbieteranteils, was als Einsatz gelte. Für den Teilnehmer bleibe kein Raum, wo er sich für oder gegen eine Gratisteilnahme zu entscheiden hätte; denn für ihn erschienen derartige Veranstaltungen prima vista als gratis. Der Durchschnittsbenützer gehe davon aus, dass er, insbesondere da beide BGE 125 IV 213 S. 218 Varianten für ihn praktisch gleich teuer seien, bei beiden Übermittlungsmöglichkeiten lediglich die von ihm in Anspruch genommenen Dienstleistungen der PTT bzw. der Swisscom bezahle. Ausschliesslich die Transportkosten bezahle er aber lediglich bei der postalischen Variante. Bei Benützung der 156er-Nummer hingegen bezahle der Teilnehmer über die Transportkosten hinaus den Anbieteranteil, der vom Veranstalter zur Deckung von Unkosten etc. verwendet werden könne. Es lasse sich nicht mit dem grundsätzlich geltenden Lotterieverbot vereinbaren, dass es möglich und legal sein soll, einem Teil der Mitspieler Geld zu entlocken, ohne dass ihnen dies bewusst sei und ohne dass sie eine Gegenleistung dafür erhielten. Dieser Teil der Mitspieler werde im Glauben gelassen, gleich wie beim Postporto lediglich die Transportkosten für die Übermittlung aufbringen zu müssen, was in Tat und Wahrheit nicht zutreffe. Auch Veranstaltungen, bei denen nur einzelne Teilnehmer oder Teilnehmerkategorien von der Leistungspflicht befreit seien, seien Lotterien im Sinne des Gesetzes. Zu diesem Ergebnis sei auch das Bundesgericht in BGE 99 IV 25 E. 4b S. 31 unter Hinweis auf BGE 69 IV 125 gelangt. Die vorliegend eröffnete Möglichkeit der Teilnahme am Wettbewerb auch mittels Postkarte stelle letztlich einen untauglichen Versuch der Gesetzesumgehung dar. a) Wohl dürfte die Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung unter Benützung der 156er-Telefonnummer für viele Teilnehmer bequemer sein als die Übermittlung der Lösung durch Einsendung einer Postkarte. Zudem ist erstere bei der angegebenen Telefongebühr von 86 Rp./Min. auch kostengünstiger als letztere, jedenfalls dann, wenn das zur Übermittlung der Lösung erforderliche Telefonat insgesamt nicht länger als eine Minute dauert. Daher darf und muss angenommen werden, dass die Mehrheit der Teilnehmer aus dem einen und/oder anderen Grunde die Lösung über die 156er-Telefonnummer übermittelt, womit auch die für die Veranstaltung und Durchführung des Wettbewerbs Verantwortlichen gerechnet haben dürften. Dies ist jedoch unerheblich. Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre sind einerseits auch ganz geringe Vermögenswerte ein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung und sind andererseits die reinen "Transportkosten" etwa zur Übermittlung einer Wettbewerbs-Lösung kein Einsatz. Sind die Transportkosten für verschiedene Transportmittel unterschiedlich hoch, so kann sich daraus ergeben, dass der Betrag, den der Teilnehmer zu zahlen hat, welcher das günstigere Transportmittel wählt, selbst im Falle eines darin enthaltenen BGE 125 IV 213 S. 219 Zuschlags niedriger ist als die blossen Transportkosten für das teurere Transportmittel. Die Transportkosten als solche aber fallen nicht in den Verantwortungs- und Einflussbereich der für die Ankündigung und die Durchführung eines Wettbewerbs Verantwortlichen. Diesen darf es nicht zum Nachteil gereichen, dass die Wettbewerbsteilnehmer in ihrer Mehrheit von der angebotenen Möglichkeit, die Lösung mit gleichen Gewinnaussichten durch Einsendung einer Postkarte, also auf dem bis vor kurzem üblichen Wege, zu übermitteln, aus Kostengründen und/oder aus Bequemlichkeit keinen Gebrauch machen und stattdessen die andere Möglichkeit, d.h. die 156er-Telefonnummer, wählen. Massgebend ist allein, dass die Interessenten mit oder ohne Leistung eines lotterierechtlich relevanten Einsatzes mit gleichen Gewinnaussichten am Wettbewerb teilnehmen konnten. Aus diesem Grunde ist der vorliegende Wettbewerb, entsprechend den in BGE 99 IV 25 ff. entwickelten Grundsätzen, keine lotterieähnliche Unternehmung. Unerheblich ist, dass bei Teilnahme ohne Leistung eines lotterierechtlich relevanten Einsatzes allenfalls höhere Transportkosten anfielen. Weder ergibt sich daraus, dass die hier zu beurteilende Veranstaltung, abweichend von den in BGE 99 IV 25 ff. entwickelten Grundsätzen, als lotterieähnliche Unternehmung zu qualifizieren sei, noch folgt aus der vorliegenden Konstellation, dass selbst eine Veranstaltung, bei welcher die Wettbewerbs-Lösung allein über eine 156er-Telefonnummer mit Anbieteranteil übermittelt werden könnte, abweichend von BGE 123 IV 175 ff. keine lotterieähnliche Unternehmung sein kann. b) Es ist ohne Bedeutung, ob der Wettbewerbsteilnehmer weiss, dass ein Teil der ihm belasteten Gebühr von 86 Rp./Min. als Anbieteranteil dem Abonnenten der fraglichen Telefonnummer überwiesen wird. Auch der in einer andern Leistung verborgene und daher für den Teilnehmer nicht als solcher erkennbare Einsatz ist lotterierechtlich relevant ( BGE 123 IV 175 E. 2a/bb S. 180). c) Wohl unterscheidet sich der in BGE 99 IV 25 ff. beurteilte Fall ("Merkur-Kaffee-Roulette") in tatsächlicher Hinsicht vom vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt. Hier wie dort stellt sich aber unter anderem dieselbe Rechtsfrage, wie ein Wettbewerb lotterierechtlich zu beurteilen ist, an welchem, bei gleichen Gewinnaussichten, sowohl mit als auch ohne Leistung eines lotterierechtlich relevanten Einsatzes teilgenommen werden kann. Gemäss BGE 99 IV 25 ff. ist ein Wettbewerb keine lotterieähnliche Veranstaltung, wenn er nach seiner Ankündigung unmissverständlich als BGE 125 IV 213 S. 220 Unternehmung erscheint, an der mit oder ohne Einsatz mit gleichen Gewinnaussichten teilgenommen werden kann. Diese Voraussetzung war in jenem Fall nach der Auffassung des Kassationshofes deshalb nicht erfüllt, weil ein Teil des Publikums, nämlich diejenigen Interessenten, welche nicht durch die Zeitungsinserate, sondern durch die Werbung in den Ladengeschäften auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht wurden, in Anbetracht der Ankündigungen in den Ladengeschäften zur Vorstellung gelangen mussten, dass die für eine in Aussicht gestellte Gewinnverdoppelung erforderlichen Symbole nur gegen Kauf eines Pakets Merkur-Kaffee erworben werden könnten. Die Teilnahme an der Veranstaltung sei damit "für einen Teil des Publikums - und das genügt nach Art. 1 LG und Art. 43 Ziff. 2 LV ( BGE 69 IV 125 ) - vom vorgängigen Abschluss eines Kaufgeschäfts abhängig gemacht" worden ( BGE 99 IV 25 E. 4b S. 30 f.). In jenem Fall war mithin nicht allen Interessenten unmissverständlich angekündigt worden, dass am Werbe-Gewinnspiel mit oder ohne Leistung eines Einsatzes (Abschluss eines Rechtsgeschäfts) mit gleichen Gewinnaussichten teilgenommen werden könne. Im vorliegenden Fall wurde demgegenüber den Interessenten unmissverständlich angekündigt, dass die Wettbewerbs-Lösung sowohl über die angegebene 156er-Telefonnummer als auch mittels einer Postkarte übermittelt werden konnte. Die Beschwerdeführerin behauptet selber nicht, ein Teil des Publikums habe die - begründete oder irrtümliche - Vorstellung gehabt, dass die Wettbewerbs-Lösung nur über die 156er-Telefonnummer übermittelt werden könne oder dass in diesem Fall jedenfalls die Gewinnaussichten besser oder grösser seien als bei Versendung einer Postkarte. Damit sind vorliegend aber die Voraussetzungen erfüllt, unter denen gemäss BGE 99 IV 25 ff. ein Wettbewerb keine lotterieähnliche Unternehmung ist. d) Allerdings hat der Kassationshof in BGE 69 IV 121 ff., auf den BGE 99 IV 31 hinweist, erkannt, eine Lotterie liege auch dann vor, wenn nicht alle Teilnehmer die Berechtigung zur Teilnahme durch einen Einsatz oder den Abschluss eines Rechtsgeschäfts erkaufen. Art. 43 Ziff. 2 LV gehe vom Normalfall aus, dass die Bedingungen für die Teilnahme an der Preisverteilung für alle gleich seien, dass entweder alle ohne Einsatz (bzw. Abschluss eines Rechtsgeschäfts) oder alle nur nach Leistung eines Einsatzes teilnehmen. Über den Ausnahmefall, dass sowohl Teilnehmer der einen wie solche der anderen Art vorhanden seien, sage Art. 43 Ziff. 2 LV dem Wortlaut nach BGE 125 IV 213 S. 221 nichts. Dem Sinne nach könne diese Bestimmung jedoch diese Fälle nicht anders behandeln wollen als den Normalfall, in welchem sämtliche Teilnehmer einen Einsatz leisten. Sonst könnte der Veranstalter das Gesetz umgehen, indem er einige Personen ohne Erfüllung dieser Bedingung teilnehmen liesse. Lotterien und ähnliche Unternehmungen seien der Einsätze wegen verboten. Dieser Grund des Verbots sei bei Veranstaltungen, an welchen nur ein Teil der Teilnehmer Einsätze leisteten, nicht hinfällig ( BGE 69 IV 125 /126). Diese Erwägungen betreffen indessen den Fall, in dem ein Teil des Publikums nur gegen Leistung eines Einsatzes bzw. nach Abschluss eines Rechtsgeschäfts am Wettbewerb teilnehmen kann, während ein anderer Teil des Publikums ohne Erfüllung dieser Bedingung am Wettbewerb teilnehmen darf. In dieser Konstellation muss in der Tat eine lotterieähnliche Unternehmung bejaht werden, da andernfalls der Veranstalter das Lotterieverbot auf einfache Weise dadurch umgehen könnte, dass er einige Personen ohne Leistung eines Einsatzes bzw. ohne Abschluss eines Rechtsgeschäfts an der Veranstaltung teilnehmen lässt. Im vorliegenden Fall aber stellte es der Veranstalter den Interessenten frei, ob sie die Wettbewerbs-Lösung über die 156er-Telefonnummer oder aber durch Einsendung einer Postkarte übermitteln wollten. Niemand wurde vom Veranstalter nur unter der Bedingung zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen, dass er die Lösung über die 156er-Telefonnummer übermittle und damit in Form des in der Gebühr enthaltenen Anbieteranteils einen Einsatz leiste. Dass viele Teilnehmer aus unterschiedlichen Gründen, etwa aus Bequemlichkeit oder zwecks Kosteneinsparung, diesen Weg wählten, womit der Veranstalter wohl rechnete, ist aus den bereits genannten Gründen belanglos. 3. Die vorliegend zu beurteilenden Wettbewerbe sind somit keine lotterieähnlichen Unternehmungen im Sinne von Art. 56 Abs. 2 LG und Art. 43 Ziff. 2 LV , weil für den Durchschnittsleser unmissverständlich erkennbar die Wettbewerbs-Lösung nicht nur unter Benützung der angegebenen 156er-Telefonnummer mit Anbieteranteil, sondern, mit gleichen Gewinnaussichten, auch durch Einsendung einer Postkarte an die angegebene Adresse übermittelt werden konnte. Der Freispruch des Beschwerdegegners 1 vom Vorwurf der Widerhandlung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 LG verstösst demnach nicht gegen Bundesrecht. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist daher abzuweisen.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
230b559b-8dba-4567-a104-ccf5a225b194
Urteilskopf 103 IV 59 15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. Februar 1977 i.S. D. SA und S. SA gegen W
Regeste Art. 268 Ziff. 1 BStP ; Begriff des Urteils. Urteil im Sinne dieser Bestimmung ist einzig der Entscheid über den Ausgang der Sache oder über eine dafür präjudizielle Frage, nicht auch eine Verfügung über den Gang des Verfahrens (hier: prozessleitende Verfügung über die Durchführung von Beweismassnahmen).
Erwägungen ab Seite 59 BGE 103 IV 59 S. 59 Aus den Erwägungen: 2. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist gemäss Art. 268 Abs. 2 Ziff. 1 BStP gegen Urteile der Gerichte gegeben, die nicht durch ein kantonales Rechtsmittel wegen Verletzung eidgenössischen Rechtes angefochten werden können. Unter einem Urteil im Sinne dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung ( BGE 96 IV 7 E 1 und dort angeführte frühere Entscheide) einzig der Entscheid des erkennenden Richters über den Ausgang der Sache (Freisprechung, Schuldspruch, Strafe, Widerruf des bedingten Strafvollzuges usw.) oder über eine für diesen präjudizielle Frage (Strafantrag, Verjährung, Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten usw.) zu verstehen, nicht BGE 103 IV 59 S. 60 auch eine Verfügung über den Gang des Verfahrens (prozessleitende Verfügung), z.B. über die Zulassung der Anklage oder die Anordnung bzw. Nichtanordnung einer psychiatrischen Begutachtung. Der von den Beschwerdeführerinnen angefochtene Entscheid ist kein solcher über den Ausgang der Strafsache gegen den Beschwerdegegner oder über eine diesen präjudizierende Frage. Vor der Vorinstanz war nicht mehr streitig, ob der Beschwerdegegner zum Beweis gemäss Art. 173 Ziff. 2 StGB zuzulassen sei, und sie hat demzufolge hierüber nicht befunden. Zu entscheiden war einzig, ob weitere, von diesem beantragte und vom Kreisgerichtsausschuss Chur abgelehnte Beweismassnahmen durchzuführen seien oder nicht. Welche Beweise in einem Verfahren zu erheben sind und namentlich mit welchen Mitteln sie geführt werden können, ist aber ausschliesslich eine Frage der Prozessleitung, der Entscheid hierüber demnach ein solcher über den Gang des Verfahrens, der den Ausgang der Sache nicht präjudiziert. Mangels Vorliegen eines Urteils im Sinne von Art. 268 Abs. 2 Ziff. 1 BStPO kann auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten werden. Ein Eintreten auf die Nichtigkeitsbeschwerde wäre entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners nicht dadurch verwehrt gewesen, dass der angefochtene Entscheid offenbar in Anwendung kantonalen Verfahrensrechtes erging, sofern nur, wie das die Beschwerdeführerinnen rügen, durch diesen Normen des eidgenössischen Rechtes oder aus ihnen sich ergebende Prinzipien verletzt worden sind.
null
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
230d0327-0196-4b67-b609-1707417c32a3
Urteilskopf 138 I 356 32. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Universitätsspital Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_844/2011 vom 23. August 2012
Regeste Art. 9 Abs. 1 lit. b, Art. 13 und 71 lit. b ArG ; §§ 2 und 10 des kantonalzürcherischen Gesetzes über die ärztlichen Zusatzhonorare (Honorargesetz); derogatorische Kraft des Bundesrechts. Die Entschädigungen, welche ein dem ArG unterstellter Oberarzt des Universitätsspitals Zürich aus Honorarpools nach dem Honorargesetz und dem Regierungsratsbeschluss 4094/1990 bezogen hat, sind nicht an den Lohn für geleistete Überzeit (d.h. über die Arbeitszeit von 50 Stunden gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b ArG hinausgehende Tätigkeit) anzurechnen. Das gegenteilige Verständnis von Spital und kantonalem Verwaltungsgericht verstösst gegen Art. 13 und 71 lit. b ArG und damit gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 357 BGE 138 I 356 S. 357 A. A.a X. war bis 31. Mai 2009 als Oberarzt am Universitätsspital Zürich (USZ) in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis angestellt. Das USZ wurde per 1. Januar 2007 in eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt umgewandelt. Gleichzeitig stellte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich in einer Verfügung vom 24. Januar 2007 zuhanden des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärzte fest, das USZ sei mit der Verselbstständigung den Arbeits- und Ruhezeitvorschriften des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11) unterworfen, unter Vorbehalt von Art. 71 lit. b ArG . Diese Feststellungsverfügung wurde von der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. März 2008 bestätigt, nachdem das USZ dagegen Rekurs erhoben hatte. Damit galt für die Oberärzte ab 1. Januar 2007 eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b ArG von 50 Stunden. BGE 138 I 356 S. 358 A.b X. leistete in den Jahren 2007 und 2008 unbestrittenermassen 2002 Stunden Überzeit. Dies entspricht einem Überzeitlohn, einschliesslich des Zuschlags von 25 % gemäss Art. 13 Abs. 1 ArG , von Fr. 131'957.-. Im gleichen Zeitraum erhielt X. Entschädigungen von Fr. 157'785.- aus den Honorarpools ausbezahlt. A.c Am 1. Januar 2008 trat das kantonalzürcherische Gesetz vom 12. Juni 2006 über die ärztlichen Zusatzhonorare (LS 813.14; nachfolgend: Honorargesetz) in Kraft. Gestützt darauf - und für die Zeit bis Ende 2007 gestützt auf einen Beschluss des Regierungsrates vom 19. Dezember 1990 (RRB 4094/1990) - verfügte die Spitaldirektion des USZ am 9. Oktober 2009, der Betrag von Fr. 157'785.- werde an die Entschädigung für geleistete Überzeit angerechnet. A.d Hiegegen rekurrierte X. - wie 26 weitere Oberärzte und Oberärztinnen als Adressaten vergleichbarer Verfügungen - an den Spitalrat des USZ. Dieser fällte am 20. Oktober 2010 folgenden Grundsatzentscheid: "1. Oberärztinnen und Oberärzten mit Bewilligung zur privatärztlichen Tätigkeit wird das Überzeitguthaben der Jahre 2007 und 2008 unter Anrechnung der in derselben Zeitperiode ausbezahlten Honorare bzw. Leistungsprämien aus den Honorarpools ausbezahlt. Vom anrechenbaren Betrag ist das von der Spitalleitung für die Jahre 2007 und 2008 festgesetzte und gemäss Anstellungsgrad und -dauer berechnete Minimal-Honorar gemäss Beschluss über die Verwendung des Oberarzt-Gemeinschaftspools vom 27.8.2003, Ziffer 2b, abzuziehen. 2. Oberärztinnen und Oberärzten ohne Bewilligung zur privatärztlichen Tätigkeit, welche als Honorare ausschliesslich das Minimal-Honorar aus dem Oberarzt-Gemeinschaftspool gemäss Beschluss über die Verwendung des Oberarzt-Gemeinschaftspools vom 27.8.2003, Ziffer 2b, erhalten haben, wird das Überzeitguthaben der Jahre 2007 und 2008 ohne Anrechnung von Honoraren ausbezahlt. 3. Dieser Beschluss ist den Rekursentscheiden betreffend Abrechnung Mehrzeitguthaben und Anrechnung der Honorarauszahlungen als Begründung beizulegen." Mit Entscheid vom gleichen Tag und unter Hinweis auf den oben genannten Grundsatzentscheid wies der Spitalrat den Rekurs von X. im Grundsatz ab und wies die Sache zur Neuberechnung der Minimal-Honorare an die Vorinstanz zurück. B. X. reichte Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ein mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Spitalrats vom BGE 138 I 356 S. 359 20. Oktober 2010 aufzuheben und das USZ zur Zahlung von Fr. 131'957.- nebst Zins zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 7. Oktober 2011 ab. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt X. - unter Aufrechterhaltung seiner vorinstanzlichen Rechtsbegehren - die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2011 beantragen. Eventuell sei die Sache zur Abnahme weiterer Beweise und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das USZ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, soweit darauf eingetreten werden könne. D. Am 23. August 2012 hat das Bundesgericht eine publikumsöffentliche Beratung durchgeführt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.1 Der Beschwerdeführer rügt sodann einen Verstoss gegen Art. 13 und 71 lit. b ArG und damit eine Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts ( Art. 49 Abs. 1 BV ). Gemäss Art. 13 ArG hat der Arbeitgeber für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 % auszurichten (...) (Abs. 1); wird Überzeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, ist kein Zuschlag geschuldet (Abs. 2). Art 71 lit. b ArG enthält einen allgemeinen Vorbehalt zugunsten der Vorschriften des Bundes, der Kantone und der Gemeinden über das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis; von den Vorschriften über den Gesundheitsschutz und über die Arbeits- und Ruhezeit dürfen aber auch diese nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen. 5.2 Die Vorinstanz prüfte aufgrund des Vorbehaltes von Art. 71 lit. b ArG , ob die Regelungen gemäss Honorargesetz und RRB 4094/1990 gleichwertig zur Lösung des Arbeitsgesetzes sind. Sie hat dies bejaht, denn das Arbeitsgesetz regle nicht, auf welche Weise die von Art. 13 ArG verlangte Entschädigung zu erfolgen habe. Erforderlich sei lediglich eine Zahlung, welche erkennbar der Entschädigung der geleisteten Überzeit diene. Der kantonale Gesetzgeber sei daher frei zu bestimmen, ob mit den Honoraren für privatärztliche Tätigkeit BGE 138 I 356 S. 360 - auf die von Bundesrechts wegen kein Anspruch bestehe - die über der Höchstarbeitszeit liegende Arbeitsleistung abgegolten werden sollte. 5.3 Nach Auffassung des Beschwerdeführers widerspricht diese Auslegung dem Zweck von Art. 13 ArG . Diese Bestimmung wolle, dass die Überzeitarbeit den Arbeitgeber teurer zu stehen komme als die im Rahmen der normalen Höchstarbeitszeit geleistete Arbeit. Die Mehrarbeit müsse die Ausnahme bleiben, solle der Schutzzweck der Norm eingehalten werden. Angesichts dieses Zwecks sei eine Verrechnung oder Anrechnung mit anderen Forderungen, die dem Arbeitnehmer aus anderen Titeln zustünden, absolut unzulässig. Art. 13 ArG lasse also zum Beispiel eine Verrechnung mit einem Anteil am Geschäftsergebnis ( Art. 322a OR ), einer Gratifikation ( Art. 322d OR ) oder einem Bonus nicht zu. Genau solches sei jedoch das Ergebnis der vorinstanzlichen Vorgehensweise. Nach dem Willen des Gesetzgebers hätten die Zahlungen an die Ärzte aus den Honorarpools verschiedene Zwecke erfüllen sollen. Die Leistung von Überzeit sei jedoch kein für die Auszahlung massgebliches Kriterium gewesen. Vielmehr seien die Honorarauszahlungen als Leistungsprämie konzipiert. Eine Gleichwertigkeit kantonaler Lösungen gegenüber den Vorschriften von Art. 13 ArG müsse zudem für alle Personen in allen denkbaren Fällen eine Gleichwertigkeit beinhalten. Dies sei aber hier nicht der Fall. Indem der Beschwerdegegner die Abgeltung der Überzeit durch Kompensation mit den Honorarentschädigungen gewählt habe, sei er schlechtergestellt, als er es im Fall einer zeitlichen Kompensation gewesen wäre. 5.4 5.4.1 Im vorinstanzlichen Verfahren präzisierte der Beschwerdeführer, seine Überzeit sei nicht durch privatärztliche Tätigkeit entstanden, sondern durch Einhaltung des Dienstplanes. Dies blieb unbestritten. Entsprechend hielt die Vorinstanz fest, die privatärztliche Tätigkeit des Beschwerdeführers sei während der durch den Klinikbetrieb notwendigen Präsenzzeit entstanden. Von diesem unbestrittenen Sachverhalt ist auszugehen. 5.4.2 Der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine Rechtssetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht BGE 138 I 356 S. 361 beeinträchtigen oder vereiteln. Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden. Das Bundesgericht prüft mit freier Kognition, ob die kantonale Norm mit dem Bundesrecht im Einklang steht ( BGE 137 I 31 E. 4.1 S. 40 mit Hinweis; vgl. auch BGE 133 I 110 E. 4 S. 115 ff.; BGE 133 II 64 E. 5.3 S. 67; BGE 130 I 279 E. 2.2 S. 283; BGE 129 I 346 E. 3.1 S. 350; Urteil 2C_804/2010 vom 17. Mai 2011 E. 5.3.3; ALEXANDER RUCH, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 17 zu Art. 49 BV ; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. I, 2. Aufl. 2006, Rz. 1064). Um zu entscheiden, ob ein Konflikt zwischen einer bundesrechtlichen Bestimmung und einer kantonalen Norm vorliegt, sind diese Regeln vorerst auszulegen (vgl. AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., Rz. 1056). 5.4.3 Gemäss Honorargesetz findet keine direkte Entschädigung von Überzeit statt. Grundgedanke des Gesetzes war vielmehr das Entfallen des Anspruchs auf finanzielle oder zeitliche Kompensation von Überzeit als Bedingung für eine Bewilligungserteilung beziehungsweise als Folge von Bezügen aus den Honorarpools. Entsprechend diesem grundsätzlichen Konnex unterscheidet die Arbeitszeitregelung zwischen Bewilligungsinhabern und sonstigen Bezügern von Poolgeldern einerseits und den übrigen Ärzten anderseits (§ 10 Honorargesetz; vgl. auch Antrag des Regierungsrates vom 18. August 2004 zum "Gesetz über die ärztlichen Zusatzhonorare" [ABl 2004 871 ff.]S. 875 ff., S. 882 zu § 2 und S. 884 zu § 9). Dieser vom Gesetzgeber gewollte Konnex wurde durch das Unterstellen der Oberärzte unter das Arbeitsgesetz - als systemfremder Faktor, der den Verzicht auf Überzeitentschädigung nicht zulässt - gestört (Schreiben der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich vom 12. Februar 2010 an den Spitalrat, lit. A.c). Entsprechend dieser Konzeption des Gesetzes wurde auch nicht vorgesehen, dass die in den Pool fallenden Honorare direkt entsprechend den geleisteten Überzeitenverteilt werden. Vielmehr sollte das Poolsystem der leistungsorientierten Verteilung der Honorareinnahmen dienen (Antrag des Regierungsrates, a.a.O., S. 884 zu § 8). Gemäss § 5 Honorargesetz werden solche Leistungsprämien namentlich an Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber ausgerichtet (Abs. 1), wobei insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen sind: Einsatzbereitschaft, Mitwirkung bei der Erbringung von Mehrleistungen für Patientinnen und Patienten im Privatpatientenstatus, Übernahme von Aufgaben im übergeordneten BGE 138 I 356 S. 362 Klinik- oder Institutsinteresse sowie Erfüllung von qualitativen und quantitativen Leistungsvorgaben (Abs. 2). Die Mitwirkung bei der Honorargenerierung ist damit ein leistungsbezogener Faktor; daneben sind aber noch andere massgeblich. Die Honorarpools sollten daher als Führungsinstrument eingesetzt werden (Antrag des Regierungsrates, a.a.O., S. 883 zu §§ 4 und 5). Gemäss Wortlaut sowie Systematik des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers ist es also nicht so, dass ein Entschädigungsanspruch für Überzeit entsteht, der dann durch einen anderen Anspruch getilgt wird. Vielmehr soll gar kein Entschädigungsanspruch entstehen, weil gleichzeitig ein anderer Anspruch eingeräumt wird. Dem entspricht, dass das Honorargesetz keinen Mindestanspruch auf Leistungsprämien in Höhe der Überzeitentschädigung gewährt. 5.4.4 Die Regelung gemäss RRB 4094/1990 entspricht in der Systematik jener des Honorargesetzes. Zwar kann Überzeit über 70 Wochenstunden in Ausnahmefällen entschädigt werden. Grundsätzlich entfällt aber gegenüber honorar- und gebührenberechtigten Oberärzten für die Überzeit bis 70 Stunden ein Entschädigungsanspruch. Die im RRB getroffene Regelung ist im Übrigen nur rudimentär. Wie aber bereits der Spitalrat im Entscheid vom 20. Oktober 2010 festgehalten hat, galten auch bei Auszahlungen von Poolgeldern aus dem Oberarzt-Klinikpool gemäss Beschluss des Regierungsrates von 1999 über die Oberarztpools als massgebliche Kriterien in erster Linie die Einsatz- und Leistungsbereitschaft für allgemeine Interessen und Aufgaben der Klinik, zweitens das von den Oberärzten tatsächlich erzielte Honorar und drittens die Obergrenze von indexiert Fr. 50'000.- gemäss RRB 4094/1990. Schliesslich diente gemäss dem spitalrätlichen Entscheid vom 20. Oktober 2010 der Oberarzt-Gemeinschaftspool der Weiterbildung und für Aufwendungen, welche der Attraktivität des USZ im Allgemeinen zugutekommen sollten. Auch diesbezüglich lässt sich somit festhalten, dass die Mitwirkung bei der Honorargenerierung ein leistungsbezogener Faktor war, aber nicht der einzige. Unter der Regelung des RRB gab es zudem auch noch die Möglichkeit, dass die Honorareinnahmen nicht in die Pools flossen, sondern vom privat tätigen Arzt direkt in Rechnung gestellt wurden und teilweise an das Spital weiterzugeben waren. Der Beschwerdeführer selber erhielt aber unbestrittenermassen die ganzen hier zur Diskussion stehenden Entschädigungen von Fr. 157'785.- aus Pools ausbezahlt. Im Übrigen waren aber auch solche Honorareinnahmen BGE 138 I 356 S. 363 nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Pra 1999 Nr. 3 S. 11, 2P.158/1997) als Leistungslohn mit Gewinnbeteiligung zu qualifizieren, worauf der Regierungsrat in seinem Antrag zum Honorargesetz (a.a.O., S. 877) zu Recht hingewiesen hat. Zusammenfassend war es somit im Geltungsbereich des RRB ebenfalls so, dass keine direkte Entschädigung von Überzeit stattfand resp. stattfinden sollte. Vielmehr wurde, wie der Beschwerdegegner in der Beschwerdeantwort auch selber anführt, ein Anspruch auf Leistungsprämien "unter Berücksichtigung der Mehrleistungen und der weiteren Kriterien" eingeräumt. 5.4.5 Die entscheidende Frage ist deshalb, ob das Arbeitsgesetz zulässt, dass in öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen nach kantonalem Recht Überzeit nicht direkt entschädigt, dafür aber ein zusätzlicher (Leistungs-)Lohnanspruch gewährt wird. Dies hängt vorerst davon ab, ob eine Entschädigung im Sinn von Art. 13 ArG auch dann vorliegt, wenn diese nur in Form eines pauschalen Leistungslohns erfolgt (nachfolgend E. 5.4.5.1). Ist dies zu verneinen, stellt sich zweitens die Frage, ob die kantonale Regelung aufgrund des Vorbehalts von Art. 71 lit. b ArG trotzdem zulässig ist (nachfolgend E. 5.4.5.2). 5.4.5.1 Die Vorinstanz begründete ihre Auffassung damit, das Arbeitsgesetz regle nicht, auf welche Weise die Überzeit zu entschädigen sei. Erforderlich sei lediglich eine Zahlung, welche erkennbar der Entschädigung der geleisteten Überzeit dienen solle. Dies sei mit den Zahlungen aus dem Honorarpool der Fall. Das kantonale Gericht übernahm damit die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegegners in dessen vorinstanzlicher Vernehmlassung, welche sich ihrerseits auf STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR , 6. Aufl. 2006, N. 10 zu Art. 321c OR , sowie einen kantonalen Entscheid stützte. Dem ist nicht zu folgen. Die zitierte Lehrmeinung bezieht sich - zu Recht - nur auf die Entschädigung von Über stunden . Art. 321c Abs. 3 OR sieht ausdrücklich vor, dass von der (gesonderten) Überstundenentschädigung abweichende Vereinbarungen getroffen werden dürfen. Neben dem schlichten Verzicht ist die wohl häufigste Abweichung die Pauschalierung beziehungsweise die Vertragsbestimmung, Überstunden seien im Lohn inbegriffen (STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 5 zu Art. 321c OR ; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR , 7. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 321c BGE 138 I 356 S. 364 OR ; REHBINDER/STÖCKLI, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2010, N. 11 zu Art. 321c OR ). Wieweit solche Abreden im Hinblick auf Überstunden zulässig sind (vgl. zu den kontroversen Lehrmeinungen, insbesondere zum vollständigen Verzicht: STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 5 zu Art. 321c OR ), ist hier nicht zu entscheiden. Nachdem jedoch mit BGE 126 III 337 anerkannt wurde, dass Art. 13 Abs. 1 ArG zwingend ist, schliesst dies jede abweichende Vereinbarung betreffend Überzeit aus, auch eine solche, wonach die Überzeit im Lohn inbegriffen sei oder durch andere Sonderleistungen abgegolten werde. Das entspricht auch dem Zweck des Arbeitsgesetzes. Wäre es zulässig zu vereinbaren, die Entschädigung für Überzeitarbeit sei im Lohn bereits enthalten oder durch gewisse Sonderleistungen pauschal entschädigt, bestünde für den Arbeitgeber keinerlei Anreiz, auf Überzeitarbeit zu verzichten oder die geleistete Überzeit mit Freizeit auszugleichen ( BGE 136 III 539 E. 2.5.3 S. 543). Dem Beschwerdeführer ist somit zuzustimmen, wenn er im Hinblick auf den privatrechtlichen Arbeitsvertrag geltend macht, Abreden, mit denen Überzeitansprüche mit einem Anteil am Geschäftsergebnis, einer Gratifikation oder einem Bonus abgegolten oder verrechnet würden, seien nach Art. 13 Abs. 1 ArG nicht zulässig. 5.4.5.2 Zu prüfen ist somit weiter, nach welchen Kriterien sich die Gleichwertigkeit im Sinn von Art. 71 lit. b ArG bestimmt. Es geht mit anderen Worten darum, ob der kantonale öffentlich-rechtliche Arbeitgeber im Rahmen dieser Bestimmung eine Pauschalentschädigung vorsehen kann, obwohl diese allgemein nach Art. 13 ArG nicht zulässig wäre. Zweifellos ging der kantonale Gesetzgeber davon aus, indem er einerseits von den Oberärzten einen Verzicht auf Überstundenentschädigung verlangte, ihnen aber gleichzeitig die Möglichkeitzur privatärztlichen Tätigkeit zugestand, habe er eine gleichwertige Lösung getroffen. Gemäss dem Wortlaut des Art. 71 lit. b ArG darf "von den Bestimmungen über den Gesundheitsschutz und über die Arbeits- und Ruhezeit (...) nur zu Gunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden" ("toutefois, les prescriptions en matière de protection de la santé, de temps de travail et de repos ne peuvent faire l'objet de dérogations qu'en faveur des travailleurs"; "le prescrizioni in materia di protezione della salute e sulla durata del lavoroe del riposo possono tuttavia essere oggetto di deroghe solo nell'interesse dei lavoratori"). Art. 13 ArG gehört zu den Bestimmungen über die Arbeits- und Ruhezeit. Art. 71 lit. b ArG wurde mit der Änderung des Arbeitsgesetzes vom 22. März BGE 138 I 356 S. 365 2002 (in Kraft seit 1. Januar 2005; AS 2002 2547) eingeführt. Die Gleichwertigkeit bezieht sich nach dem klaren Wortlaut auf die Bereiche Gesundheitsschutz sowie Arbeits- und Ruhezeit. Das kantonale Recht darf daher in diesen Bereichen mehr, aber nicht weniger als das Arbeitsgesetz bieten. In der Lehre ist unklar, wie weit der Vergleich innerhalb dieser Bereiche gezogen werden darf. Es fragt sich beispielsweise, ob die in Art. 71 lit. b ArG erwähnten beiden Bereiche Gesundheitsschutz resp. Arbeits- und Ruhezeiten isoliert voneinander zu betrachten sind oder ob etwa mit grosszügigeren Vorschriften zum Gesundheitsschutz eine nachteiligere Arbeitszeitregelung kompensiert werden kann. Aufgrund des Wortlauts, der Systematik und auch des Zweckes des Arbeitsgesetzes ist aber zu schliessen, dass jedenfalls eine Kompensation mit anderen Leistungen, die im Arbeitsgesetz nicht geregelt sind, nicht zulässig ist (MAHON/BENOÎT [MICHÈLE TIEGERMANN], in: Arbeitsgesetz, Geiser/von Kaenel/Wyler [Hrsg.], 2005, N. 15 zu Art. 71 ArG ; CHRISTOPH SENTI, Arbeitsrechtliche Vorschriften für Pflegeberufe in öffentlichen Spitälern, Mitteilungen des Instituts für Schweizerisches Arbeitsrecht [ArbR] 2005S. 67 ff., 81, 84), zumal der Gestaltungsspielraum, der den Kantonen im Arbeitsschutzrecht gemäss Art. 110 Abs. 1 lit. a BV bleibt, ohnehin nicht zu weit interpretiert werden darf (THOMAS GÄCHTER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2.Aufl. 2008, N. 21 zu Art. 110 BV ). Das Arbeitsgesetz regelt die Entlöhnung nicht resp. nur marginal. Ein Ausgleich mit Leistungsprämien ist daher auch gestützt auf Art. 71 lit. b ArG nicht zulässig. 5.4.6 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die kantonalen Bestimmungen, nach welchen bei Überzeit kein Anspruch auf Überzeitentschädigung besteht, gegen Bundesrecht verstossen. Zu prüfen bleibt, welche Rechtsfolge dies hat. Der Spitalrat hat im Entscheid vom 20. Oktober 2010 festgehalten, bei Einführung der hier umstrittenen Regelung habe das ausbezahlte Honorar - unabhängig von seiner Höhe - eine Art "Pauschalentschädigung für erbrachte Mehrleistungen" und damit nichts anderes als eine Form Überzeitlohn dargestellt. Mit der Unterstellung unter das Arbeitsgesetz sei diese "doppelte" Pauschalierung, bestehend darin, dass "jegliche Ansprüche aus Mehrleistungen, unabhängig der Höhe der Mehrleistung und unabhängig der Höhe der Honorareinnahmen, ausgeschlossen" worden seien, nicht mehr tragbar. Das ist insoweit richtig. Der Spitalrat zog dann aber den Schluss, es BGE 138 I 356 S. 366 genüge, wenn nun anstelle der allgemeinen Pauschalierung konkret im Einzelfall die Überzeit ausgerechnet und der entsprechende Überzeitlohn dann mit den ausbezahlten Poolgeldern verrechnet werde. Das kantonale Gericht hat dies bestätigt und erwogen, § 10 Honorargesetz verstosse nur insofern gegen Art. 13 ArG , als die Bestimmung nach ihrem Wortlaut auch finanzielle Kompensationen von Überzeit wegbedinge, die im Einzelfall nicht durch die Höhe der erhaltenen Honorare gedeckt sei. Dem ist nicht zu folgen. Die Bundesrechtswidrigkeit kantonaler Normen hat deren Nichtanwendbarkeit im Einzelfall zur Folge (AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., Rz. 1070; ARNOLD MARTI, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 273 Vorb. Art. 5 und 6 ZGB ; GIOVANNI BIAGGINI, in: Staatsrecht, Biaggini/Gächter/Kiener [Hrsg.], 2011, S. 108; BGE 135 V 134 E. 4.5 S. 140; BGE 129 I 346 E. 3.1 S. 350). Es bleibt daher beim bundesrechtlichen Anspruch auf Überzeitentschädigung. Eine Kompensation dieses Anspruchs im Einzelfall durch andersartige Entschädigungen schliesst das Arbeitsgesetz wie dargelegt aus. Der Beschwerdeführer hat somit Anspruch auf den geltend gemachten Überzeitlohn von Fr. 131'957.- zusätzlich zu den erhaltenen Poolgeldern.
public_law
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
2312eabb-0745-4d4c-b35f-cf0476362ba7
Urteilskopf 112 II 512 88. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. November 1986 i.S. Von Moos Stahl AG und Mitbeteiligte gegen Ferrowohlen AG (Berufung)
Regeste Art. 48 ff., Art. 68, Art. 84 OG : Kantonaler Rechtsmittelentscheid über einen Schiedsspruch; Weiterziehung an das Bundesgericht. Bedeutung des Vorbehalts gemäss Art. 15 Abs. 1 KG . 1. Gegen kantonale Rechtsmittelentscheide im Schiedsgerichtsverfahren ist ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde gegeben, auch wenn sie Zwischenentscheide über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts betreffen (E. 1). Umdeutung der unzulässigen Berufung in eine staatsrechtliche Beschwerde; Kognition des Bundesgerichts (E. 2a). 2. Tragweite des Vorbehalts des ordentlichen Rechtswegs nach Art. 15 Abs. 1 KG (E. 2b, 2c).
Sachverhalt ab Seite 512 BGE 112 II 512 S. 512 A.- Die Ferrowohlen AG ist seit 1976 mit der Von Moos Stahl AG, Monteforno Acciaierie e Laminatori SA und Von Roll AG durch einen sogenannten Poolvertrag verbunden, der für Bereiche des schweizerischen Stahlmarktes eine gemeinsame Absatz- und Preispolitik vorsieht. Die Ferrowohlen AG wirft ihren Partnern vor, durch eigenmächtige, den Grundsatz der Einstimmigkeit verletzende Preisfestsetzung gegen den Poolvertrag verstossen zu haben. B.- Am 29. Oktober 1984 klagte die Ferrowohlen AG beim im Poolvertrag vorgesehenen Schiedsgericht gegen die drei Partnerfirmen BGE 112 II 512 S. 513 auf Zahlung einer Konventionalstrafe von je einer Million Franken nebst Zins. Die Beklagten bestritten aufgrund von Art. 15 KG die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, das die Unzuständigkeitseinrede jedoch mit Beschluss vom 21. Februar 1985 verwarf. Ein Rekurs der Beklagten wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 23. Juli 1985 abgewiesen, ebenso eine Nichtigkeitsbeschwerde vom Kassationsgericht am 17. März 1986, soweit auf sie eingetreten werden konnte. C.- Die Beklagten haben gegen den Entscheid des Obergerichts Berufung an das Bundesgericht eingereicht und beantragen, den angefochtenen Entscheid und den Beschluss des Schiedsgerichts aufzuheben und dessen Unzuständigkeit festzustellen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung. Nach dem Entscheid des Kassationsgerichts haben die Beklagten sowohl diesen als auch den Entscheid des Obergerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 58 BV angefochten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Mit der Berufung machen die Beklagten geltend, die Vorinstanz habe in Verletzung von Art. 15 KG die Gültigkeit der Schiedsabrede angenommen und deshalb zu Unrecht die Zuständigkeit des ordentlichen Richters verneint. Nach der genannten Bestimmung ist eine Schiedsgerichtsvereinbarung nichtig, wenn sie künftige Streitigkeiten über die Entstehung, Gültigkeit oder Beendigung von Kartellverpflichtungen oder eine Massregelung nach Art. 15 KG betrifft und nicht jedem Beteiligten das Recht gibt, im Einzelfall beim ordentlichen Richter zu klagen oder binnen 30 Tagen seit Zustellung der Klage die Entscheidung des ordentlichen Richters zu verlangen. Der Schiedsvertrag der Parteien sieht diese Möglichkeit nicht vor, doch haben die Beklagten von ihr bereits Gebrauch gemacht und den ordentlichen Richter angerufen. Die Beklagten gehen stillschweigend davon aus, dass der Rekursentscheid des Obergerichts mit Berufung an das Bundesgericht angefochten werden kann; die Klägerin anerkennt das ausdrücklich unter Hinweis auf Art. 49 OG . a) Wenn Art. 15 KG die Nichtigkeit der Schiedsklausel vorsieht, liegt darin sinngemäss eine bundesrechtliche Vorschrift über die sachliche Zuständigkeit des ordentlichen Richters oder des BGE 112 II 512 S. 514 Schiedsgerichts (JOLIDON, Commentaire du Concordat suisse sur l'arbitrage, N. 42 zu Art. 8 Konkordat, S. 187; N. 51 und N. 52 lit. a zu Art. 4 Konkordat, S. 127 f.). Die Missachtung einer bundesrechtlichen Zuständigkeitsnorm kann beim Bundesgericht mit Berufung angefochten werden ( Art. 43 und 49 OG ); wie die Berufung gegen einen Endentscheid ( Art. 48 OG ) setzt dabei auch diejenige gegen einen Zwischenentscheid ( Art. 49 und 50 OG ) eine berufungsfähige Streitsache im Sinne von Art. 44 bis 47 OG voraus ( BGE 85 II 281 Nr. 43, BGE 84 II 464 f.; WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, Diss. Lausanne 1964, S. 213 Ziff. 292). Ob ein kantonaler Rechtsmittelentscheid über ein Schiedsgerichtsurteil mit Berufung angefochten werden kann, ist teils kontrovers. Das Bundesgericht hat in zwei neueren publizierten Urteilen kantonale Rechtsmittelentscheide, mit denen die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts bejaht worden ist, aufgrund von Art. 49 OG überprüft; es ist jedoch in beiden Fällen nicht auf die Berufung eingetreten, weil keine Verletzung von Bundesrecht in Frage stand, mithin nicht untersucht zu werden brauchte, ob es auch sonst an der Berufungsfähigkeit fehlte ( BGE 103 II 75 ff., BGE 101 II 168 ff.). In der Literatur ist teils auf die Problematik dieses Vorgehens hingewiesen und eine nähere Prüfung als wünschbar bezeichnet worden (WIGET in STRÄULI/MESSMER, N. 3 zu § 241 ZPO /ZH; HINDERLING, Ausgewählte Schriften, Nachtrag S. 330). Dazu besteht nunmehr Anlass. b) Eine direkte Anfechtung von Schiedsgerichtsurteilen durch Berufung an das Bundesgericht war stets ausgeschlossen ( BGE 34 II 803 oben mit Hinweisen). Auch gegenüber der Anfechtbarkeit von Entscheiden einer staatlichen Rechtsmittelinstanz über Schiedsgerichtsurteile zeigte sich die frühere Rechtsprechung ablehnend. In älteren Entscheiden nahm das Bundesgericht an, mit der Schiedsgerichtsvereinbarung werde auf die Berufung an das Bundesgericht verzichtet; es sei nur schwer einzusehen, wie der nämliche Streit nacheinander von privaten Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten behandelt werden könnte ( BGE 65 II 37 f., BGE 64 II 230 f.). Immerhin wurde in diesen Entscheiden die Anfechtung beim Bundesgericht für Fälle ausgeschlossen, in denen der Weiterzug an ein kantonales Gericht entweder auf Parteivereinbarung beruhte oder nach kantonalem Recht nur fakultativ vorgesehen war; für den Fall einer vom Gesetz vorgesehenen Weiterziehungsmöglichkeit mittels eines eigentlichen kantonalen Rechtsmittels BGE 112 II 512 S. 515 wurde in noch älteren Urteilen eine abweichende Beurteilung vorbehalten ( BGE 34 II 803 unten, 26 II 431 E. 1). Im Anschluss an die Rechtsprechung, wie sie in BGE 64 II 230 und BGE 65 II 37 f. zum Ausdruck kommt, nimmt offenbar eine herrschende Lehre an, eine Berufung entfalle auch dann, wenn nach kantonalem Recht ein staatliches Gericht als Rechtsmittelinstanz entschieden habe (BIRCHMEIER, N. 2 lit. d zu Art. 43 OG , S. 76; WIGET in STRÄULI/MESSMER, N. 6 zu § 255 ZPO /ZH; POUDRET/WURZBURGER, Code de procédure civile vaudois et Concordat sur l'arbitrage, 2. Aufl. 1980, N. 8 zu Art. 36 Konkordat, S. 403). Im übrigen beschränkt sich die neuere Literatur darauf, teils eine Berufung gegen den Schiedsspruch selbst auszuschliessen (GULDENER, Zivilprozessrecht, S. 615 Anmerkung 113; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, S. 307 N. 79; ebenso schon WEISS, Die Berufung an das Bundesgericht in Zivilsachen, S. 29 Ziff. 1 lit. b, sowie LEUCH, N. 1 zu Art. 393 ZPO /BE, S. 375), teils nur die Anfechtung des Rechtsmittelentscheids mit staatsrechtlicher Beschwerde zu erwähnen (WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1983, S. 511 Anmerkung 46; WALDER-BOHNER in Das schweizerische Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit, S. 27 Ziff. 59; RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, S. 332 oben; WENGER in Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz (1979), S. 73 Ziff. 10) oder die Möglichkeit, den kantonalen Rechtsmittelentscheid weiterzuziehen, auszuklammern (JOLIDON, N. I1 Vorbem. vor Art. 36-43 Konkordat, S. 496). Ein Teil der älteren Literatur befürwortet freilich die Berufungsfähigkeit solcher Rechtsmittelentscheide (SACHS, Die Voraussetzungen für die Berufung an das Bundesgericht gegen Entscheide nach Art. 48-50 OG , Diss. Bern 1951, S. 42) und sodann wird auf den Widerspruch hingewiesen, dass gegen solche Rechtsmittelentscheide die staatsrechtliche Beschwerde zugelassen sei (WURZBURGER, a.a.O. S. 176 Ziff. 242 und Anmerkung 39). c) Die Gründe, die ganz allgemein für die Zulassung privater Schiedsgerichte angeführt werden können, stehen auch einer umfassenden Überprüfung ihrer Urteile durch ordentliche staatliche Rechtsmittelinstanzen entgegen. Das steht auch für die Berufung an das Bundesgericht ausser Frage, soweit diese sich gegen Sachentscheide von Schiedsgerichten und anschliessende kantonale Rechtsmittelentscheide richtet. Dann kann es sich aber auch für Zuständigkeitsentscheide nicht anders verhalten, mögen sie als Endentscheid ( Art. 48 OG ) oder Zwischenentscheid ( Art. 49 OG ) BGE 112 II 512 S. 516 ergehen (vgl. vorstehende E. 1a), selbst wenn eine Verletzung von Bundesrecht behauptet wird. d) Ist auf die Berufung nicht einzutreten, muss geprüft werden, ob diese als zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung einer bundesrechtlichen Vorschrift über die sachliche Zuständigkeit ( Art. 68 Abs. 1 lit. b OG ) umzudeuten ( BGE 95 II 294 E. 2, BGE 93 II 217 E. 3) und als solche zulässig sei. Die Überlegungen, die zum Ausschluss der Berufung führen, gelten jedoch auch für die Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht. Dass vereinzelt in der Literatur das Gegenteil verfochten wird, beruht auf der nach dem Gesagten unzutreffenden Annahme, es sei auch eine Berufung möglich (THOUVENIN, Die bundesrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen, Diss. Zürich 1978, S. 113 f. und 158 Anmerkung 390 mit Hinweisen auf Sachs und Wurzburger; ebenso schon zur früheren zivilrechtlichen Beschwerde GIESKER-ZELLER, Die zivilrechtliche Beschwerde an das schweizerische Bundesgericht, S. 181). e) Als Rechtsmittel gegen Entscheide kantonaler Instanzen über einen Zuständigkeits- oder Sachentscheid eines Schiedsgerichts fällt demnach einzig noch die staatsrechtliche Beschwerde in Betracht. Für diese Lösung sprechen nicht zuletzt praktische Gründe. Sie stellt klar, dass im Schiedsgerichtsverfahren das Bundesgericht ausschliesslich auf diesem Weg angerufen werden kann, und sie vermeidet unnötige Sonderregelungen für Zuständigkeitsstreitigkeiten. Freilich bleibt nach Massgabe der Art. 48 und 49 OG die Berufung (allenfalls die Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 lit. b OG ) möglich, wenn im Prozess vor einem staatlichen Gericht bundesrechtliche Zuständigkeitsregeln wie der hier angerufene Art. 15 KG streitig sind. Das liegt aber in der grundlegenden Verschiedenheit der Verfahren begründet und führt konkret auch nicht zu Unzukömmlichkeiten, weil dem Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin ebenfalls eine freie Rechtsprüfung zukommt (vgl. nachstehend E. 2a). 2. Die Beklagten haben jedoch im Anschluss an den Entscheid des Obergerichts keine staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie haben das zwar im Anschluss an den Entscheid des Kassationsgerichts nachgeholt, doch erweist sich das als unstatthaft, wie dem Entscheid über diese Beschwerde zu entnehmen ist. Das schliesst indes nicht aus, dass gegebenenfalls die vorliegende Berufung als staatsrechtliche Beschwerde behandelt werden könnte. BGE 112 II 512 S. 517 Nach der Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die Formen und Fristen des Beschwerdeverfahrens gewahrt sind ( BGE 96 I 390 E. 1 mit Hinweisen). Den inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerdeschrift genügt die Berufung, wird doch eine Verletzung der bundesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift von Art. 15 KG und damit der Beschwerdegrund von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG geltend gemacht. Insoweit brauchten die Beklagten den kantonalen Instanzenzug nicht auszuschöpfen ( Art. 86 Abs. 3 OG ). Auch wenn man den Fristenstillstand berücksichtigt, erweist sich die Eingabe jedoch als verspätet, weil der Entscheid des Obergerichts am 7. August 1985 zugestellt, die Berufung am 16. September beim Obergericht erklärt und erst am 24. September an das Bundesgericht weitergeleitet worden ist ( BGE 103 Ia 53 ). Unter den gegebenen Umständen kann jedoch über diesen Mangel hinweggesehen werden, wären doch offensichtlich die Voraussetzungen einer Wiederherstellung ( Art. 35 OG ) erfüllt, da die Beklagten aufgrund der publizierten Bundesgerichtsurteile von 1975 und 1977 die Berufung als zulässig betrachten durften. a) Ob das Obergericht Art. 15 KG zutreffend ausgelegt hat, prüft das Bundesgericht auch im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde frei. Obwohl es sich nicht um eine Konkordatsbeschwerde nach Art. 84 Abs. 1 lit. b OG handelt, weil der Kanton Zürich erst mit Wirkung ab 1. Juli 1986 dem Schiedsgerichtskonkordat beigetreten ist und die in diesem Zeitpunkt hängigen Schiedsgerichtsverfahren noch nach dem bisherigen kantonalen Recht behandelt werden (Übergangsbestimmung Art. III in Zürcher Gesetze, Bd. 49 S. 386), ist das Bundesgericht als Beschwerdeinstanz auch bei bloss sinngemässen Zuständigkeitsvorschriften ( BGE 97 I 56 ) im Rahmen von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG nicht auf Willkürprüfung beschränkt (KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 201; ebenso bei Anwendung von Art. 58 BV : BGE 110 Ia 107 E. 1 mit Hinweis). b) Nach Ansicht des Obergerichts ist streitig, ob die Kartellvereinbarung, die bei der Preisfestsetzung ein gemeinsames Vorgehen verlangt, Einstimmigkeit voraussetzt; das sei eine blosse Frage der Auslegung des Poolvertrags, die, wie auch immer sie entschieden werde, erst im Hauptprozess massgeblich sei und nur einen allenfalls ergänzender Auslegung zugänglichen Teilaspekt darstelle. Ob ein Mehrheitsbeschluss gegen den Poolvertrag verstosse und die Beklagten diesen verletzt hätten, sei eine Streitigkeit aus und nicht um den Vertrag und werde daher nicht von Art. 15 Abs. 1 erfasst. BGE 112 II 512 S. 518 Die schiedsgerichtliche Zuständigkeit sei daher eine ausschliessliche. Die Beklagten rügen das zutreffend als bundesrechtswidrig. Zwar fällt der Streit darüber, ob eine bestimmte Kartellverpflichtung verletzt worden ist, nicht unter den Vorbehalt von Art. 15 Abs. 1 KG . Ist aber der Bestand einer Kartellverpflichtung streitig, vorliegend das Erfordernis einer Preispolitik nach einstimmig zu fassenden Beschlüssen, so fällt das unter den Vorbehalt, den das Kartellgesetz für die Entstehung einer Kartellverpflichtung anbringt. Welche Verpflichtung mit dem Kartellvertrag begründet worden ist, lässt sich nicht losgelöst von seiner Auslegung beantworten. Gleich verhält es sich mit der eventuell ebenfalls bestrittenen Gültigkeit einer solchen Verpflichtung. Das Obergericht hat daher Art. 15 Abs. 1 KG verletzt, indem es die Bestimmung nicht auf den vorliegenden Auslegungsstreit angewandt hat. c) Für die Beklagten folgt aus Art. 15 Abs. 1 KG , dass die Schiedsvereinbarung als Ganzes nichtig sei, weil sie den vom Gesetz verlangten Vorbehalt nicht enthalte. Nach Auffassung des Obergerichts erfordert der Normzweck keine solche absolute Nichtigkeit; die Schiedsklausel sei vielmehr im zulässigen Umfang aufrechtzuerhalten. Das braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Beklagten haben den ordentlichen Prozess bereits eingeleitet. In diesem wird zu beurteilen sein, welches der Inhalt der Kartellverpflichtung ist (Frage der Entstehung), aber auch, ob sich die Schiedsabrede wegen Nichtbeachtung von Art. 15 Abs. 1 KG insgesamt als ungültig erweise (Frage der Gültigkeit). Sollte der ordentliche Richter zum Schluss gelangen, die Schiedsabrede sei gültig und der Poolvertrag im Sinne der Klägerin dahin auszulegen, dass er die Einstimmigkeit voraussetze, wäre es dann Sache des Schiedsgerichts, über die Verletzung der damit festgestellten Vertragspflicht und die Konventionalstrafen zu entscheiden (HINDERLING in SJZ 75 (1979) S. 324 f.). Weil das Obergericht die Zuständigkeitsvorschrift des Art. 15 Abs. 1 KG missachtet hat, ist die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheissen und der Rekursentscheid des Obergerichts aufzuheben. Da die Klägerin infolge einer für sie unerwarteten Umdeutung der Berufung unterliegt, sind Kostenfolgen unangemessen. BGE 112 II 512 S. 519 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten. Dagegen wird die Berufung als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen, als solche gutgeheissen und der Beschluss des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 23. Juli 1985 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
2312f9a9-b08e-496f-8ce5-8738035006fe
Urteilskopf 99 Ia 402 46. Auszug aus dem Urteil vom 10. Oktober 1973 i.S. Schiesser gegen Gemeinde Mollis und Regierungsrat des Kantons Glarus.
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Kantonales Initiativrecht, Wiedererwägungsantrag. 1. Das glarnerische Gesetz über das Gemeindewesen lässt einen Wiedererwägungsantrag zu, ungeachtet ob damit die Aufhebung eines Verwaltungsaktes positiven oder negativen Inhaltes angestrebt wird (Erw. 4 a und b). 2. Ausnahmen im Falle, da der Antrag dem Recht des Bundes oder des Kantons zuwiderläuft oder rechtsmissbräuchlich ist, ferner wenn praktische Gründe die Rückgängigkeit ausschliessen (Erw. 4 b und c).
Sachverhalt ab Seite 403 BGE 99 Ia 402 S. 403 A.- Das glarnerische Gesetz über das Gemeindewesen vom 6. Mai 1956 (GG) bestimmt in § 2: "Jeder stimmberechtigte Angehörige einer Wahlgemeinde, eines Tagwens, einer Orts-, Schul-, Fürsorge- oder Kirchgemeinde des Kantons Glarus hat das Recht, an deren Versammlungen Anträge zu stellen. Die am Versammlungstag selbst gestellten Anträge dürfen indes erst an der nächsten ordentlichen oder ausserordentlichen Versammlung behandelt werden. Schriftliche Anträge, welche der betreffenden Vorsteherschaft mindestens 20 Tage vor Abhaltung einer ordentlichen Versammlung eingereicht werden, sind dieser zur Behandlung zu unterbreiten." § 6 Abs. 1 lautet: "Gemeindegesetze und Beschlüsse werden an ordentlichen oder ausserordentlichen Versammlungen beraten und erlassen" und § 6 Abs. 4: "Einmal erlassene Gesetze dürfen binnen Jahresfrist nicht abgeändert werden, es sei denn, sie würden sich zum offensichtlichen Nachteil der betreffenden Gemeinde auswirken." Falls an Tagwen- oder Gemeindeversammlungen Anträge gestellt oder Beschlüsse gefasst werden wollen, welche bestehenden Bundes- oder Landgesetzen zuwiderlaufen würden, hat der Vorsitzende die Pflicht, eine Abstimmung zu verweigern, unter Vorbehalt des auf 14 Tage beschränkten Beschwerderechtes an den Regierungsrat (§ 8). Im weitern besteht ein Beschwerderecht bei Regelwidrigkeiten, die an den Versammlungen vorkom men (§ 9). B.- Die Ortsgemeindeversammlung Mollis beschloss am 20. September 1972 auf Antrag des Gemeinderates mit 69 gegen 61 Stimmen den Ausbau der Baumgartenstrasse in Mollis und weitere verkehrstechnische Sanierungen. An der Gemeindeversammlung hatte sich vor allem Heinrich Schiesser-Zweifel, der für den Ausbau dieser Strasse Land abtreten müsste, dem Antrag widersetzt. Auf den 19. Januar 1973 war eine weitere Gemeindeversammlung vorgesehen. Heinrich Schiesser stellte am 6. Dezember 1972 beim Gemeinderat zu Handen der Gemeindeversammlung BGE 99 Ia 402 S. 404 einen Wiedererwägungsantrag; danach sei der Gemeindebeschluss vom 20. September 1972 bezüglich Erstellung einer Strasse Baumgarten-Jordan aufzuheben, da die Strasse weder einem Bedürfnis entspreche noch dringlich sei und die Baukosten viel zu hoch zu stehen kämen. Der Gemeinderat trat auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein und unterbreitete es der Gemeindeversammlung nicht mit der Begründung, der Antragsteller führe keine neuen Argumente an; mit den betroffenen Grundeigentümern seien schon Verhandlungen aufgenommen und über den Landerwerb Verträge abgeschlossen worden. Eine Beschwerde Schiessers wies der Regierungsrat des Kantons Glarus am 19. Februar 1973 ab, im wesentlichen mit der Begründung, wenn einmal ein Gemeindebeschluss in Rechtskraft erwachsen sei, müsse er von den Behörden auch vollzogen werden; es würde zu unhaltbaren Zuständen führen, wenn derartige Entescheide immer wieder späteren Gemeindeversammlungen zum Beschluss vorgelegt werden müssten. Unter Anträgen im Sinne von § 2 GG, die jeder Bürger an die Versammlung stellen könne, seien deshalb nicht Anträge auf Wiedererwägung zu verstehen. Ein negativer Gemeindeversammlungsbeschluss, d.h. der Beschluss, es sei nichts zu unternehmen, könne zwar nicht unabänderlich sein. Dagegen treffe das auf einen positiven Beschluss nicht zu. Das GG weise hier eine Lücke auf. Hier habe das Antragsrecht dem demokratischen Grundsatz zu weichen, dass sich die Minderheit der Mehrheit fügen müsse, allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass sich in der Zwischenzeit nicht wesentliche neue Elemente ergeben hätten, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Behörde noch nicht bekannt gewesen seien. In diesem Falle müsse allerdings das Gebot der Rechtssicherheit demjenigen nach der sachlich richtigen Entscheidung weichen. Der Gemeindeversammlungsbeschluss vom 20. September 1972 sei ein solcher Beschluss gewesen. Der Beschwerdeführer könne zur Stützung seines Antrages keine neuen Momente vorbringen. C.- Gegen den Beschwerdeentscheid des Regierungsrates führt Schiesser staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Beschlüsse des Gemeinderates Mollis und des Regierungsrates seien unter Kosten- und Entschädigungsfolge aufzuheben und der Gemeinderat Mollis anzuweisen, den Antrag des Beschwerdeführers unverzüglich der Gemeindeversammlung BGE 99 Ia 402 S. 405 vorzulegen. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen. D.- Der Regierungsrat des Kantons Glarus und die Gemeinde Mollis beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 4. a) § 2 GG räumt dem Stimmbürger das Recht ein, an der Gemeindeversammlung oder zu ihren Handen Anträge zu stellen. Über die Art der Anträge, die gestellt werden können, enthält das Gesetz keine Bestimmungen. Es ist deshalb anzunehmen, dass das Antragsrecht ein umfassendes ist, auf den Erlass, die Abänderung oder die Aufhebung eines Gemeindegesetzes sowie die Vornahme, die Abänderung oder die Aufhebung eines Verwaltungsaktes gehen kann, letzteres mindestens, soweit die Gemeindeversammlung zuständig ist, selber Verwaltungsakte zu setzen. Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit der Gemeindeversammlung enthält § 6 GG insofern, als sie die Aufhebung eines beschlossenen Gemeindegesetzes innert Jahresfrist grundsätzlich untersagt. Es dürfte deshalb zulässig sein, einen Antrag, der auf Aufhebung eines solchen Gesetzes vor Ablauf der Jahresfrist geht, nicht in Behandlung zu ziehen, sofern nicht anzunehmen ist, das Gesetz wirke sich offensichtlich zum Nachteil der Gemeinde aus. Doch braucht diese Frage hier nicht entschieden zu werden. Es ist unbestritten, dass es sich bei dem Beschluss, den der Beschwerdeführer in Wiedererwägung gezogen sehen möchte, nicht um ein Gemeindegesetz, sondern um einen Verwaltungsakt, nämlich den Beschluss zur Erstellung einer Strasse, handelt. Das weit gefasste Antragsrecht des GG schliesst auch das Stellen von Wiedererwägungsanträgen nicht aus. Die Möglichkeit, Wiedererwägungsanträge stellen zu können, ist im schweizerischen Staats- und Gemeinderecht weithin anerkannt, wenn auch gelegentlich von der Erfüllung besonderer Erfordernisse, wie z.B. der Erreichung eines qualifizierten Mehrs, abhängig gemacht. Das GG kennt solche Erfordernisse nicht. Insbesondere verlangt es nicht, ein Antragsteller müsse sich auf neue Tatsachen berufen können. b) Das umfassende Recht in § 2 GG lässt eine Unterscheidung zwischen Anträgen, die auf Wiedererwägung eines positiven und solchen, die auf Wiedererwägung eines negativen Verwaltungsaktes gehen, nicht zu. Es mag freilich zutreffen, dass BGE 99 Ia 402 S. 406 der Gesetzgeber bei der Einräumung des weitgefassten Antragsrechtes in erster Linie an neue Anträge materieller Art gedacht hat und nicht an Anträge auf Wiedererwägung von Verwaltungsakten. Dennoch geht es nicht an, eine Lücke im Gesetz anzunehmen. Das verbietet sich schon durch den Umstand, dass § 6 es ausdrücklich untersagt, Gesetze, abgesehen von dem in der Bestimmung genannten Sonderfall, innert Jahresfrist in Wiedererwägung zu ziehen, aber keine solche Einschränkung trifft bezüglich der andern Beschlüsse. Daraus ist zu folgern, dass alle Beschlüsse der Gemeindeversammlung in Wiedererwägung gezogen werden können und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie einen positiven oder negativen Inhalt im dargelegten Sinne haben. Freilich ist diese Folge unter Umständen der Rechtssicherheit und wirksamem Verwaltungshandeln abträglich. Jedoch ist nicht zu befürchten, dass die zweckmässige Tätigkeit der Verwaltung durch das immer erneute Stellen von Wiedererwägungsanträgen dauernd zum Stillstand gebracht wedern könnte. Damit eine Initiative als gültig behandelt werden kann, darfsie nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung einmal dem Recht des Bundes oder des Kantons nicht zuwiderlaufen, was § 8 GG noch ausdrücklich festhält und was hier nicht behauptet wird; sie darf ferner auch nicht rechtsmissbräuchlich sein ( BGE 94 I 126 E. 3). Ein solcher Rechtsmissbrauch könnte allenfalls angenommen werden, wenn Wiedererwägungsanträge gestellt würden, obwohl die Gemeindeversammlung mehr als einmal ihren Willen klar kundgetan hat. Ein erstmaliger Wiedererwägungsantrag, besonders bei knappem Abstimmungsausgang, ist jedoch noch nicht rechtsmissbräuchlich. Mit der Einräumung eines umfassenden Antrags- bzw. Initiativrechtes hat der Gesetzgeber es in Kauf genommen, dass unter Umständen die Verwaltungstätigkeit durch Stimmbürger, die von diesem Recht einen ausgiebigen Gebrauch machen, erschwert wird. Es muss aber hier in erster Linie dem gesunden Bürgersinn anheimgegeben werden, Auswüchse der Versammlungsdemokratie zu verhindern. c) Eine Ausnahme von der Möglichkeit, einen Wiedererwägungsantrag zu stellen, wäre sodann vorzusehen, wenn es praktisch undurchführbar wäre, einen getroffenen Beschluss wieder rückgängig zu machen, z.B. weil das beschlossene Werk schon ganz oder zum grossen Teil ausgeführt ist. Von einer solchen Undurchführbarkeit kann aber unter den gegebenen Umständen BGE 99 Ia 402 S. 407 nicht die Rede sein. Es sind bisher einzig Verhandlungen über die Landabtretung geführt und eine gewisse Anzahl von Verträgen über den Landerwerb durch die Gemeinde geschlossen worden. Mit den Bauarbeiten ist hingegen noch nicht begonnen worden. Die Verträge lassen sich vermutlich wieder rückgängig machen. Selbst wenn das aber nicht der Fall wäre, würde der einzige Nachteil für die Gemeinde darin bestehen, dass sie Land erwerben müsste, das für sie vorderhand wertlos ist. Ob sie allenfalls nutzlose Aufwendungen im Interesse des Widerrufs des beschlossenen Strassenbaus auf sich nehmen will, hat nicht das Bundesgericht, sondern der Stimmbürger zu entscheiden ( BGE 94 I 126 E. 4 b). Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, der Beschluss des Regierungsrates des Kts. Glarus vom 19. Februar 1973 aufgehoben und der Gemeinderat Mollis angewiesen, den Wiedererwägungsantrag der Gemeindeversammlung zu unterbreiten.
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1,973
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2317e249-47d7-4a22-a9c1-61c76d220089
Urteilskopf 107 II 231 33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Juni 1981 i.S. Frischknecht gegen Auto Stutz AG (Berufung)
Regeste Art. 210 Abs. 3 OR . Gewährleistungsanspruch wegen Sachmängeln. Bei absichtlicher Täuschung gilt die 10jährige Verjährungsfrist (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 231 BGE 107 II 231 S. 231 Aus den Erwägungen: 3. Streitig ist, ob Art. 210 OR in Abs. 3 wie in Abs. 1 eine einjährige Verjährungsfrist vorsehe, wie das Obergericht annimmt, oder ob der Verkäufer sich bei absichtlicher Täuschung die ordentliche Verjährungsfrist von 10 Jahren entgegenhalten lassen müsse, wie der Kläger mit der Berufung geltend macht. Nach Abs. 1 verjähren Gewährleistungsansprüche des Käufers nach einem Jahr; die Frist beginnt spätestens mit der Ablieferung der Ware zu laufen und wird auch bei heimlichen Mängeln, die der Käufer selbst bei sorgfältiger Prüfung nicht entdecken konnte, nicht verlängert. Gemäss Abs. 3 kann der Verkäufer dagegen "die mit Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung" nicht geltend machen, wenn er den Mangel gekannt und den Käufer darüber absichtlich getäuscht hat. a) Das Obergericht ist der Meinung, der Wortlaut des Art. 210 OR lasse offen, ob im Fall von Abs. 3 die zehnjährige Frist des Art. 127 OR oder eine einjährige analog Art. 31 und 60 OR gelte; in Lehre und Rechtsprechung würden dazu denn auch gegenteilige Auffassungen vertreten. Es hält im Falle einer Täuschung die kürzere Frist für anwendbar, die aber nicht mit der Ablieferung der Ware, sondern erst mit der Entdeckung der Täuschung zu laufen beginne. Eine absichtliche Täuschung sei stets auch ein zivilrechtliches Delikt mit Schadenersatzfolgen; die alternative Anwendung der Rechtsbehelfe aus Gewährleistung einerseits und unerlaubter Handlung anderseits erfordere, dass sie hinsichtlich der Verjährung gleich behandelt werde. Dies entspreche auch dem BGE 107 II 231 S. 232 Zweck des Gesetzes, das die Verhältnisse rasch abgeklärt wissen wolle, weil der Beweis mit der Zeit immer schwieriger zu erbringen sei. Die Systematik von Art. 210 OR spreche ebenfalls für die einjährige Frist. Die Beklagte teilt diese Auffassung, der Kläger lehnt sie dagegen ab. Das Bundesgericht hat Art. 210 Abs. 1 OR stets als Ausnahme von der auf zehn Jahre lautenden allgemeinen Verjährungsvorschrift ( Art. 127 OR ) verstanden und aus Abs. 3 geschlossen, dass es im Falle einer Täuschung bei der Regel bleibe. Es äusserte sich dazu ausführlich insbesondere in den Entscheiden 58 II 147/8, 81 II 143/4, 89 II 409 und 96 II 184. Das Obergericht findet, diese Rechtsprechung überzeuge nicht; es anerkennt aber, dass die kantonalen Gerichte ihr durchwegs gefolgt sind. Abweichend entschied das Handelsgericht des Kantons Aargau schon im Jahre 1918 (SJZ 15/1918 S. 392). Diesem Entscheid haben BECKER (N. 4 zu Art. 210 OR ), VON BÜREN (OR Bes. Teil S. 48), SPIRO (Bd. I S. 85, 700 und 711) sowie GUHL/MERZ/KUMMER (OR S. 345, vgl. jedoch S. 353 und 452) zugestimmt. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist dagegen insbesondere gebilligt worden von OSER/SCHÖNENBERGER (N. 9 zu Art. 210 OR ), VON THUR/PETER (OR S. 321 Anm. 15 und S. 460 Anm. 26), GAUTSCHI (N. 5c zu Art. 371 OR ), CAVIN (in Schweiz. Privatrecht Bd. VII/1 S. 108), PEDRAZZINI (ebendort S. 530), GIGER (N. 73 zu Art. 210 OR ) und GAUCH (Der Unternehmer im Werkvertrag, Nr. 458/9). b) Es besteht kein triftiger Grund, von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen, auch wenn sich für die Auffassung des Obergerichts ebenfalls Argumente anführen lassen. Gewiss kann die aus Art. 2 Abs. 1 ZGB abgeleitete Pflicht zur loyalen Rechtsausübung ausnahmsweise dazu führen, dass ein Geschädigter seinen Anspruch schon vor Eintritt der Verjährung verwirkt ( BGE 95 II 115 E. 4, BGE 94 II 40 E. 6). Daraus auf eine allgemeine Anwendung der kürzeren Verjährungsfrist zu schliessen, geht entgegen der Annahme des Obergerichts jedoch nicht an. Art. 2 ZGB setzt die Bestimmungen des Zivilrechts nicht allgemein für bestimmte Arten von Fällen ausser Kraft, sondern weist den Richter nur an, besonderen Umständen des einzelnen Falles Rechnung zu tragen ( BGE 91 II 9 E. 1 e mit Hinweisen). Der systematische Zusammenhang zwischen Abs. 1 und 3 von Art. 210 OR sodann spricht eher gegen als für die Auffassung der Vorinstanz, heisst es doch, der Verkäufer könne "die mit Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung" nicht geltend machen, wenn er den Käufer absichtlich BGE 107 II 231 S. 233 getäuscht hat. Wäre die Abweichung von Abs. 1, wie das Obergericht meint, nur auf den Beginn, nicht aber auf die Dauer der Frist zu beziehen, so hätte der Gesetzgeber dies ausdrücklich gesagt. Schliesslich darf nicht übersehen werden, dass Art. 210 OR dem Vertragsrecht angehört und die Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschrift schon deshalb näher liegt, mag eine Angleichung an die Verjährungsordnung für Ansprüche aus Delikten auch wünschbar sein. Bleibt es im Falle der Täuschung somit bei der zehnjährigen Frist, so ist der Anspruch des Klägers nicht verjährt. Seine Berufung ist daher grundsätzlich gutzuheissen, gleichviel ob das Obergericht zu Recht angenommen habe, die Täuschung sei spätestens im April 1973 entdeckt worden.
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1,981
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231aa733-c9d7-4599-b353-bea59c36abed
Urteilskopf 113 Ib 411 63. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Dezember 1987 i.S. X. AG gegen Einwohnergemeinde Bürchen und Burgergemeinde Bürchen (beteiligte Parteien) und gegen Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 31 Abs. 1 FPolG , Art. 24 und 26 FPolV . Interessenabwägung gemäss Art. 26 FPolV . Verweigerung der Rodungsbewilligung für die Anlage einer neuen Skipiste sowie einer Sesselbahn und eines Skiliftes, die Bestandteil des Ausbaukonzeptes bilden. Besondere Verhältnisse, wie sie im Fall Crans-Montana ( BGE 112 Ib 195 ff.) gegeben waren, liegen hier nicht vor.
Sachverhalt ab Seite 411 BGE 113 Ib 411 S. 411 Das Skigebiet der Gemeinde Bürchen erstreckt sich vom Raum Zenhäusern bis ins Gebiet Arb. Es umfasst vier Skilifte und einen Kinderschlepplift. Mit Eingabe vom 13. April 1984 stellte die X. AG mit Zustimmung der Burgergemeinde Bürchen als Waldeigentümerin das Gesuch um Rodung einer Fläche von 26980 m2 im Bawald, nämlich für einen im wesentlichen parallel zum oberen Teil des bestehenden Ronalpliftes verlaufenden Skilift 1680 m2, für eine Sesselbahn auf das Plateau der Moosalpe 5600 m2 und für eine von der Sesselbahn bediente, östlich der bestehenden Anlagen geplante Skipiste 19700 m2. Der Staatsrat und das Departement für Umwelt des Kantons Wallis beantragten dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI), das ihm überwiesene Gesuch zu bewilligen. Aufgrund einer Abänderung der Linienführung der Sesselbahn wurde die dafür benötigte Rodungsfläche im Laufe des Verfahrens BGE 113 Ib 411 S. 412 um etwa 700 m2 reduziert, sodass sich die beantragte Rodungsfläche letztlich auf insgesamt 26280 m2 belief. Anstelle einer Ersatzaufforstung wurde ein für Landschaftsschutzmassnahmen vorgesehener Geldersatz beantragt. Zum Rodungsgesuch haben die kantonale Kommission für Natur-, Landschafts- und Heimatschutz, das kantonale Büro für Tourismus, das kantonale Planungsamt, das Kantonsforstamt und das Kreisforstamt eine positive Vormeinung abgegeben. Mit Verfügung vom 23. Juni 1986 wies das EDI das Rodungsgesuch ab. Die X. AG hat mit Eingabe vom 24. Juli 1986 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie rügt eine Verletzung von Art. 26 der Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965 (FPolV) und beantragt, die angefochtene Verfügung des EDI vom 23. Juni 1986 aufzuheben und die nachgesuchte Rodungsbewilligung zu erteilen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid, mit welchem die Rodung von 26280 m2 Wald für die Anlage eines Skiliftes, eines Sesselliftes und einer Skipiste verweigert wurde, verletze Bundesrecht, indem das EDI zu Unrecht angenommen habe, die in Art. 26 FPolV genannten Voraussetzungen für die Bewilligung von Rodungen seien im vorliegenden Falle nicht erfüllt. a) Gemäss Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG) soll das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden. Jede Rodungsbewilligung bedeutet somit eine Ausnahme, weshalb Zurückhaltung geboten ist bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen hiefür vorliegen (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Band I, Nr. 37 B II/III S. 226 f.; BGE vom 20. Juni 1979 in ZBl 80/1979 S. 591). Gestützt auf die Kompetenzdelegation in Art. 50 FPolG erliess der Bundesrat die Bestimmungen gemäss Art. 24 ff. FPolV , welche die Tragweite des Grundsatzes der Erhaltung des Waldareals der Schweiz und die Richtlinien für die Behandlung von Rodungsgesuchen festlegen. Nach Art. 24 Abs. 1 FPolV ist der Wald im Hinblick auf seine Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsaufgabe in seinem Bestand und seiner BGE 113 Ib 411 S. 413 regionalen Verteilung zu erhalten. Das Gebot der Walderhaltung gilt ohne Rücksicht auf Zustand, Wert und Funktion des konkreten Waldes (Urteil des Bundesgerichts vom 18. Februar 1987 in ZBl 88/1987 S. 501 E. 3b; s. auch BGE 112 Ib 559 f. E. 3). Es bezieht sich auch auf kleine oder vernachlässigte Waldgrundstücke. Dementsprechend kann es nicht entscheidend sein, ob nur für eine kleine Fläche eines grösseren Waldes eine Rodung verlangt wird, sonst könnte in kleinen Stücken nach und nach Wald in erheblichem Ausmass seinem Zweck entfremdet werden (HANS DUBS, Rechtsfragen der Waldrodung in der Praxis des Bundesgerichts, Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 1974, S. 285). Rodungen dürfen somit nur mit Bewilligung der zuständigen eidgenössischen oder kantonalen Behörde vorgenommen werden. Art. 26 FPolV , vom Bundesgericht in konstanter Praxis als gesetzeskonform anerkannt ( BGE 112 Ib 200 E. 2 mit Hinweisen), definiert die Voraussetzungen, unter denen eine Rodung bewilligt werden darf. Dabei ist zu beachten, dass die Bereitschaft zur Vornahme von Ersatzaufforstungen oder bereits ausgeführte Aufforstungen keinen Anspruch auf Rodung geben ( Art. 26bis Abs. 5 FPolV ). aa) Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn sich hiefür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt ( Art. 26 Abs. 1 FPolV ; BGE 112 Ib 204 ff., 559 ff.; BGE 108 Ib 268 f. E. 3a), was nur zutrifft, wenn das Werk, wofür die Rodung begehrt wird, auf den vorgesehenen Standort angewiesen ist; finanzielle Interessen, wie die möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder die preisgünstige Beschaffung von Land, gelten nicht als gewichtige Bedürfnisse ( Art. 26 Abs. 3 FPolV ; BGE BGE 108 Ib 174 ff. E. 5b und 6; BGE 104 Ib 224 E. 3). Das Erfordernis der Standortgebundenheit ist dabei nicht absolut aufzufassen, besteht doch fast immer eine gewisse Wahlmöglichkeit; indessen fallen die Gründe der Wahl eines Standortes bei der Interessenabwägung ins Gewicht ( BGE 112 Ib 200 E. 2a, 570 E. 6d, mit Hinweisen). bb) Der Rodung dürfen sodann keine polizeilichen Gründe - wie Gewässerschutz, Lawinen-, Erdrutsch- und Steinschlaggefahr - entgegenstehen ( Art. 26 Abs. 2 FPolV ; BGE 108 Ib 172 E. 4). cc) Schliesslich muss die Bewilligungsbehörde dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes gebührend Rechnung tragen ( Art. 26 Abs. 4 FPolV ; BGE 113 Ib 344 E. 3; Wasserverbund Region Bern AG c. EDI, zur Veröffentlichung bestimmt; BGE 112 Ib 569 E. 6c; BGE 108 Ib 183 E. 5c). BGE 113 Ib 411 S. 414 b) Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob die Vorinstanz die Interessenabwägung richtig vorgenommen hat ( Art. 104 lit. a OG ); es ist an die Feststellung des Sachverhaltes nicht gebunden, wenn der angefochtene Entscheid wie im vorliegenden Fall weder von einem kantonalen Gericht noch von einer Rekurskommission, sondern von einer Verwaltungsstelle gefällt worden ist ( Art. 105 Abs. 2 OG ; BGE vom 18. Februar 1987 in ZBl 88/1987 S. 500 f. E. 2c; 112 Ib 200 f. E. 2b; 108 Ib 181 E. 1a). c) Früher billigte die Rechtsprechung dem öffentlichen Interesse an der touristischen Entwicklung ein beträchtliches Gewicht zu ( BGE 98 Ib 499 E. 7), während die heutige Rechtsprechung zurückhaltender ist, vor allem wenn eine Rodung wesentliche bewaldete Flächen betrifft und einen schweren, meist nicht rückgängig zu machenden Eingriff in den Wald und in die Landschaft bewirkt. Damit die Tragweite von Art. 31 FPolG nicht ausgehöhlt wird, muss Zurückhaltung geübt werden bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen für dem Tourismus dienende Anlagen, wenn das Interesse an der Erhaltung des Waldes und ein geltend gemachtes wichtiges Interesse des Tourismus einander gegenüberstehen ( BGE 112 Ib 201 E. 2c, 558 E. 2b; BGE 108 Ib 175 E. 6, 268 E. 3). Diese strengere Betrachtungsweise, welche seit etlichen Jahren Eingang gefunden hat und insbesondere auch im Kanton Wallis schon öfters angewendet wurde, entspricht dem gewandelten Verständnis für die Umweltschutzprobleme bei Behörden und in der Öffentlichkeit und fand auch Niederschlag in der Gesetzgebung (s. BGE 112 Ib 201 f. E. 2c mit Hinweisen). So hat die Rechtsprechung in jüngerer Zeit Rodungsbewilligungen nur insoweit als zulässig erkannt, als es sich darum handelte, eine bestehende Abfahrt mit einem begrenzten Holzschlag zu verbessern, gefährliche Stellen zu eliminieren, die Zugänglichkeit von Pisten mit entsprechenden Fahrzeugen zu ermöglichen, eine Verbindung zwischen bestehenden Abfahrten herzustellen oder im Rahmen einer generellen Planung mit vernünftigem Kostenaufwand das Betriebskonzept grundsätzlich zu verbessern (s. BGE 112 Ib 202 E. 2d mit Hinweisen; BGE 106 Ib 138 ff. E. 2 und 3). Anderseits hat sich das Bundesgericht in neueren Entscheiden vor allem dagegen ausgesprochen, dass ausgedehnte, bedeutende Waldbestände zerstört werden sollten, um abseits von Ortschaften gänzlich neue Skiabfahrten zu erschliessen. In solchen Fällen erscheint eine Waldrodung weder unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region noch unter dem Gesichtspunkt der Standortgebundenheit der Anlage als gerechtfertigt BGE 113 Ib 411 S. 415 ( BGE 112 Ib 202 E. 2d; BGE 108 Ib 174 E. 5b). Dieselbe Zurückhaltung hat das Bundesgericht in zwei Fällen aus dem Kanton Wallis geübt, wo es sich darum handelte, breite Schneisen in einen geschlossenen Wald zu schlagen, um für einen zwar bestehenden Kurort eine einzige Skipiste abseits der voraussehbaren baulichen Entwicklung des Ortes mit einer Skiliftanlage zu erschliessen (nicht publ. Urteil Visperterminen vom 6. Mai 1981), und wo im Hinblick auf die Erstellung von Anlagen für den Wintersport bereits früher umfangreiche Rodungen hatten vorgenommen werden müssen (Grächen, BGE 106 Ib 136 ff.). 3. Das EDI hat die Verweigerung der Rodungsbewilligung für die von der Beschwerdeführerin vorgesehene Skipiste nur mit dem kurzen Hinweis auf die Rodungsfläche und die von ihm dargelegte Bewilligungspraxis für Rodungen im Zusammenhang mit dem Ausbau von Wintersportanlagen begründet und die weiteren Rodungsvorhaben wegen des Zusammenhangs der Gesuche abgelehnt. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber ein überwiegendes Bedürfnis für die Rodung geltend, wie sie auch die übrigen Voraussetzungen für eine Rodungsbewilligung als gegeben erachtet. Mit dem Bau einer Sesselbahn und einer neuen Skipiste will die Beschwerdeführerin das Plateau der Moosalpe für Ski- und Nichtskifahrer als Erholungsgebiet besser zugänglich machen und eine neue, schneesichere Abfahrt über ein bisher nicht erschlossenes, östlich der bestehenden Anlagen befindliches Gebiet anlegen. Mit einem Schlepplift parallel zum oberen Teil des bestehenden Ronalpliftes I soll die heutige Anlage entlastet und zur Nutzung des Skipistenangebotes in den oberen Regionen im Frühling beigetragen werden. Gemäss Darstellung der Beschwerdeführerin dient das vorgesehene Projekt der Lösung der in den letzten Jahren festgestellten Unzulänglichkeiten, welche sich in der Hochsaison mit Wartezeiten von bis zu 30 Minuten und in schneearmen Wintern mit zu wenig Schnee im unteren Trasseebereich und einem Engpass in der bestehenden Abfahrt ausgedrückt hätten. Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass das Projekt einer auf die Bedürfnisse der Region ausgerichteten touristischen Entwicklung entspreche. Polizeiliche Gründe, aus welchen die Rodungsbewilligung verweigert werden müsste, bestünden nicht; die Transportanlage und die neue Skipiste seien auf den nachgesuchten Standort angewiesen, und die Anliegen des Natur- und Heimatschutzes würden berücksichtigt. BGE 113 Ib 411 S. 416 a) Umstritten ist vorab, ob das für die neue Skipiste und die zudienende Sesselbahn sprechende Interesse gegenüber dem Interesse an der Walderhaltung überwiege. Diese einander gegenüberstehenden Interessen sind nicht direkt vergleichbar, sondern sie müssen aufgrund selbständiger Gewichtung gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass im vorliegenden Fall für die Walderhaltung nicht besondere forstpolizeiliche Gründe wie Lawinen-, Rutsch- und Windwurfgefahr von Bedeutung sind. Nebstdem trägt die beabsichtigte Anlage dem Landschaftsbild Rechnung, indem Rodungen grundsätzlich schräg zum Hang erfolgen sollen und so vom Dorf Bürchen aus gesehen nicht als vertikale Schneisen in Erscheinung treten würden. Der Standort der Skipiste kann aus allen diesen Gründen in topographischer Hinsicht nicht als ungünstig bezeichnet werden, wie dies auch der von der bundesgerichtlichen Delegation vorgenommene Augenschein gezeigt hat. Mit dieser Beurteilung ist ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis aber noch nicht ausgewiesen. Denn dass einem Gelände eine Eignung als Standort für eine touristische Anlage nicht abgesprochen werden kann und keine unmittelbar forstpolizeilichen Gründe einer Rodung entgegenstehen, könnte letztlich in so vielen ähnlichen Fällen geltend gemacht werden, dass die Rodung nicht mehr nur ausnahmsweise zu bewilligen wäre, sondern der Schutzgedanke von Art. 31 Abs. 1 FPolG generell durchlöchert würde. Für die Rodung müsste deshalb auch im vorliegenden Fall ein besonders gewichtiges Bedürfnis geltend gemacht werden können. Nach den vorliegenden Unterlagen ist davon auszugehen und wird auch vom EDI nicht in Abrede gestellt, dass für einen gewissen Ausbau des bestehenden Skigebietes in Bürchen ein massgebliches Interesse besteht. So dienen die geplanten Anlagen dazu, den Wintertourismus zu fördern. Damit stehen sie im Interesse der touristischen Entwicklung, welche für Bürchen bedeutsam ist. Das genügt aber zusammen mit den geltend gemachten Unzulänglichkeiten hinsichtlich Wartezeiten und Schneemangel im unteren Abfahrtsbereich nicht, um ein hinreichendes Bedürfnis an der Rodung zu begründen. Würden schon Wartezeiten in der Hochsaison bis zu 30 Minuten und die angestrebte Entlastung eines Skigebietes als hinreichendes Bedürfnis BGE 113 Ib 411 S. 417 genügen, so müsste jede vernünftig geplante Rodung in einer waldreichen, stark besuchten Ortschaft des Wintertourismus bewilligt werden. Das aber wäre mit dem Sinn der heute geltenden Forstpolizeigesetzgebung nicht verträglich (s. vorstehende E. 2c; BGE 112 Ib 201 f. E. 2c und d; BGE 108 Ib 174 E. 5b). Die Beschwerdeführerin behauptet im übrigen - zu Recht - nicht, dass die Gemeinde Bürchen oder allenfalls die gesamte Region Bürchen-Eischoll durch eine Verweigerung der Rodungsbewilligung in ihrer Existenzgrundlage gefährdet würde (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 112 Ib 558 E. 2b). Dazu kommt, dass nach dem Gesuch der Beschwerdeführerin nicht nur eine kleinräumige Verbesserung einer bestehenden Abfahrt oder Verbindung innerhalb eines Skigebietes geschaffen, sondern eine neue Skipiste in einem bisher nicht erschlossenen Gebiet angelegt werden soll. Die Erteilung einer Rodungsbewilligung widerspräche deshalb der vom Bundesgericht bei neuen Skiabfahrten geübten Zurückhaltung ( BGE 112 Ib 202 E. 2d; BGE 108 Ib 174 E. 5b). Das Bundesgericht hat denn auch im Fall Crans-Montana Gewicht auf den Verzicht auf die Anlage einer neuen Piste gelegt ( BGE 112 Ib 202 f. E. 3). Im übrigen hat es damals eine Rodungsbewilligung nur aufgrund der durch die Skiweltmeisterschaften und die besonderen Verhältnisse bedingten Ausnahmesituation bestätigt. Derart besondere Verhältnisse, wie sie im Einzelfall Crans-Montana gegeben waren, liegen hier aber nicht vor, so dass sich dieser Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichen lässt und die Beschwerdeführerin daraus nichts zu ihren Gunsten abzuleiten vermag. Weder lassen sich besondere Gründe für die Schneesicherheit im unteren Bereich der vom bestehenden Skilift Ronalp I aus zu befahrenden Piste namhaft machen, noch geht es darum, dass mit Anpassungen und Verbesserungen von bestehenden Skipisten der aussergewöhnlichen Entwicklung einer ganzen Skiregion und den Interessen mehrerer Gemeinden ein für allemal Rechnung getragen werden kann. Festzustellen ist auch, dass die vorgesehene neue Skipiste in ihrem unteren Bereich auf dem oberhalb des Dorfes Bürchen gelegenen offenen Hang über mehrere hundert Meter wie die alte Piste verläuft und deshalb zumindest in diesem Bereich bei schlechten Schneeverhältnissen ebenfalls beeinträchtigt ist. Die Überbrückung der bestehenden Piste könnte im übrigen mit dem Ersatz des bestehenden Ronalpliftes I durch eine Sesselbahn erreicht werden. Das EDI hat unter diesen Umständen ein das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis für die Rodung zugunsten BGE 113 Ib 411 S. 418 einer neuen Skipiste zu Recht verneint. Dass - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - die Vegetation im allgemeinen und das Waldareal im besonderen in den letzten 30 Jahren in wesentlichem Umfang zugenommen habe, ist aufgrund der Bedeutung, die die Forstgesetzgebung dem Wald beimisst (s. vorstehende E. 2a), unerheblich. Verhält es sich aber so, so kann die Ablehnung des Rodungsgesuches auch dann nicht in Frage gestellt werden, wenn keine polizeilichen Gründe gegen die Rodung sprechen und dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes an sich gebührend Rechnung getragen werden könnte. b) Sowohl das seinerzeitige Rodungsgesuch als auch die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde bringen zum Ausdruck, dass es der Beschwerdeführerin bei den dem Gesuch zugrundeliegenden verschiedenen Anlagen um ein einheitliches Konzept geht. Als ein wesentlicher Zweck der Sesselbahn erscheint danach die Zudienung zur geplanten neuen Skipiste. Kann diese aber nach den vorstehenden Erwägungen nicht realisiert werden, so ist ebenfalls der Sinn für den Bau der Sesselbahn in Frage gestellt, wie das EDI zutreffend ausgeführt hat und was denn auch von seiten der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird. Auch mit Bezug auf den Bau der Sesselbahn hat das EDI dem Rodungsgesuch somit zu Recht nicht stattgegeben. c) Wie der im angefochtenen Entscheid zitierten Stellungnahme des Bundesamtes für Verkehr zu entnehmen ist, wäre als mögliche Erschliessungsalternative der Bau einer Sesselbahn als Ersatz des bestehenden Skiliftes Ronalp I und der Bau einer zusätzlichen Beschäftigungsanlage oberhalb der Waldgrenze denkbar. Da der Parallel-Skilift Teil des Ausbaukonzeptes bildet und dieses aufgrund der Ablehnung der Rodungen für Skilift und Sesselbahn neu zu überdenken ist, wobei auch die erwähnte Erschliessungsalternative zu prüfen sein dürfte, hat das EDI die Rodungsbewilligung für den Bau des Parallel-Skiliftes zumindest als im jetzigen Zeitpunkt verfrüht bezeichnet und ebenfalls abgelehnt. Gegen die betreffenden vorinstanzlichen Erwägungen werden von der Beschwerdeführerin zu Recht keine Gründe namhaft gemacht, welche eine teilweise Bewilligung des Rodungsgesuches, bezogen nur auf den Parallel-Skilift, zu rechtfertigen vermöchten. Inwieweit die vom Bundesamt für Verkehr ins Spiel gebrachte Erschliessungsalternative den finanziellen Möglichkeiten der Beschwerdeführerin entspricht oder ein mit grösseren Rodungen verbundenes Projekt finanziell günstiger zu stehen käme, braucht vom Bundesgericht hier nicht geprüft zu BGE 113 Ib 411 S. 419 werden, kann doch den finanziellen Interessen bei der Frage, ob an einer Rodung ein überwiegendes Bedürfnis besteht, von vornherein kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden (s. vorstehende E. 2a/aa; BGE 108 Ib 176 ). Die Ablehnung des Rodungsgesuches ist somit auch bezüglich des Schleppliftes in jeder Hinsicht zu Recht erfolgt.
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Urteilskopf 95 I 347 51. Estratto della sentenza 28 maggio 1969 su ricorso G. Ruvioli e c.ti contro Consiglio di Stato del Cantone Ticino.
Regeste Die auf einer klaren gesetzlichen Grundlage beruhende Verordnungsbestimmung, welche die Zahl der Spielapparate in den Wirtschaften beschränkt, verstösst nicht gegen Art. 31 BV .
Sachverhalt ab Seite 347 BGE 95 I 347 S. 347 Il 19 novembre 1968, il Consiglio di Stato del Cantone Ticino ha promulgato il regolamento di applicazione della legge sugli esercizi pubblici (RLEP), il cui art. 148 dispone quanto segue: BGE 95 I 347 S. 348 "Art. 148. Il titolare è autorizzato ad installare nel suo esercizio al massimo due apparecchi da gioco a meno che non disponga di una sala principale destinata a tali apparecchi, nel qual caso il numero degli stessi, non può superare le quattro unità. Gianni Ruvioli e 12 altri commercianti, tutti possessori o noleggiatori di apparecchi da gioco, membri dell'Associazione svizzera imprenditori giochi automatici, hanno tempestivamente interposto un ricorso di diritto pubblico al Tribunale federale, chiedendo che, fra altro, l'articolo suesposto venga annullato, come lesivo dell'art. 31 CF. Il Consiglio di Stato ha interposto le sue osservazioni di risposta, proponendo di respingere il ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 4. L'art. 148 RLEP concerne soltanto il numero degli apparecchi da gioco ed è fondato sull'art. 52 LEP il quale stabilisce il principio di tale limitazione e conferisce al Consiglio di Stato, in modo esplicito, la competenza di precisarla. A giusta ragione, quindi, i ricorrenti non propongono a questo proposito la censura di violazione del principio della separazione dei poteri. Essi si limitano ad impugnare la relativa disposizione come inadeguata e sproporzionata. a) Per stabilire se una disposizione regolamentare è adeguata agli scopi perseguiti dalla norma di legge su cui si fonda, è determinante anzitutto il testo legale. Solo se il medesimo fosse oscuro od ambiguo occorrerebbe procedere ad altri modi di interpretazione. Nell'art. 52 LEP è stabilito chiaramente che il numero degli apparecchi da gioco deve essere limitato. Procedendo alla determinazione di tale numero a due, rispettivamente a quattro, il Consiglio di Stato si è mantenuto nei limiti delle sue competenze regolamentari. Il fatto che il relatore della Commissione di legislazione abbia proposto di adeguare il numero degli apparecchi "alle caratteristiche di ogni singolo ristorante, bar, ecc." non poteva obbligare il Consiglio di Stato a stabilire caso per caso il numero degli apparecchi. Se avesse proceduto in tal senso, avrebbe anzi agito in contrasto con il testo letterale dell'art. 52 cpv. 1 LEP, che gli imponeva di limitare tale numero "per regolamento", e quindi in modo uniforme. Del resto, il Consiglio di Stato ha tenuto adeguatamente conto delle caratteristiche dell'esercizio pubblico, stabilendo la limitazione in modo diverso a dipendenza BGE 95 I 347 S. 349 del fatto che sia o non sia disponibile uno speciale locale per gli apparecchi da gioco. Infine, essendo pacifico che lo scopo della limitazione di cui all'art. 52 LEP è quello di tutelare la tranquillità dei clienti dell'esercizio, non si vede come il Consiglio di Stato avrebbe potuto soddisfare il precetto legale altrimenti che determinando il numero degli apparecchi. b) Per esercizi pubblici ai quali è applicabile l'impugnata limitazione s'intendono (art. 1 LEP): "gli stabili, i locali e le aree dove a titolo professionale o a scopo di lucro, si alloggiano ospiti, si vendono cibi o bevande da consumare sul posto oppure, al minuto, bevande spiritose fermentate da trasportare in quantità non superiore a 10 litri." L'autorità competente deve pertanto vegliare che siano perseguiti anzitutto gli scopi ivi descritti. La comunità è intensamente interessata all'esistenza di esercizi, nei quali l'ospite che vuol mangiare o bere qualcosa, possa farlo in un'atmosfera di quiete e di tranquillità. I rumori, ai quali l'individuo è attualmente sottoposto, accentuano questa esigenza; ed è comprensibile che del soddisfacimento di tale bisogno sia particolarmente preoccupata l'autorità di un cantone, della cui economia il turismo costituisce un importante elemento. A giusta ragione l'art. 37 LEP stabilisce - come nelle simili leggi degli altri cantoni - che il titolare è responsabile dell'ordine e della quiete nell'esercizio. In tali condizioni si deve ammettere che, di regola, gli apparecchi da gioco costituiscono, negli esercizi pubblici, degli elementi perturbatori, specie se in numero esagerato. La contestazione del ricorrente nel senso che il provvedimento di limitare rigorosamente gli apparecchi da gioco sarebbe comunque incostituzionale, anche se conforme all'art. 52 LEP, è quindi evidentemente infondata. c) Contrariamente a quanto affermano i ricorrenti, non si può neppure ammettere che il Consiglio di Stato abbia abusato delle sue competenze regolamentari. La determinazione del numero degli apparecchi da gioco ammissibili era lasciata al suo apprezzamento. Certamente, due siffatti apparecchi nel locale normalmente adibito all'esercizio, già costituiscono un elemento di disturbo. Considerando che tale numero non deve essere superato, il Consiglio di Stato non può pertanto aver abusato del suo potere. BGE 95 I 347 S. 350 Esso ha anche fatto un'eccezione per gli esercizi pubblici che dispongono di un locale separato, destinato a detti apparecchi, concedendo a tale condizione di aumentare il numero a quattro. Anche questa distinzione non è priva di ragionevole fondamento, perchè è evidente che in tal caso il gioco in questione non disturba nella stessa misura gli altri clienti dell'esercizio. Si deve però ritenere che detto locale per apparecchi da gioco si trovi nello stabile adibito all'esercizio e comunque in relazione con il medesimo. La limitazione di cui all'art. 148 RLEP non avrebbe senso se si riferisse a locali estranei. d) Ciò stante, e contrariamente a quanto affermano i ricorrenti, questi non possono invocare contro l'art. 148 RLEP la protezione di loro interessi privati alla vendita e al noleggio di apparecchi da gioco. La disposizione restrittiva essendo stata promulgata nell'interesse pubblico, l'interesse privato dev'esservi subordinato. I ricorrenti non possono pretendere che l'autorità rinunci a perseguire i suoi scopi di ordine pubblico per permettere a un determinato gruppo economico di dar libero corso ai suoi intenti speculativi. D'altronde, come fatto rilevare dal Consiglio di Stato, il commercio degli apparecchi da gioco non ne è oltremodo ostacolato, dal momento che l'art. 148 RLEP concerne solo gli esercizi pubblici e che anche in circa 2000 di questi, detti apparecchi possono ancora essere collocati, sia pure in numero limitato.
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Urteilskopf 141 IV 55 7. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) 6B_840/2014 vom 6. Februar 2015
Regeste Widerruf einer bedingten Entlassung. Der Widerruf einer als ursprünglich fehlerhaft erkannten Verfügung betreffend bedingte Entlassung hat sich jedenfalls an den zeitlichen Grenzen von Art. 89 Abs. 4 StGB zu orientieren (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 55 BGE 141 IV 55 S. 55 A. Das Bezirksgericht Hinwil verurteilte X. am 12. Mai 2005 u.a. wegen mehrfachen Diebstahls und mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten. X. verbüsste diese Strafe zusammen mit diversen anderen Freiheitsstrafen im Umfang von insgesamt 46 Monaten und 16 Tagen in der Strafanstalt Saxerriet seit dem 2. Juli 2004. Am 16. August 2007 entliess ihn das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich per 12. September 2007 bedingt aus dem Strafvollzug bei einer der Reststrafe entsprechenden Probezeit von 645 Tagen bis 18. Juni 2009. BGE 141 IV 55 S. 56 Am Tag der bedingten Entlassung wurde X. wegen Verdachts auf sexuelle Handlungen mit einem Kind vorübergehend in Untersuchungshaft genommen. Das Kreisgericht Obertoggenburg-Neutoggenburg verurteilte ihn am 11. September 2008 wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind und mehrfacher Schändung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 12. Mai 2005. Das Kantonsgericht St. Gallen wies die dagegen gerichtete Berufung am 8. Juni 2010 ab. Die kantonalen Gerichte hielten für erstellt, dass X. seine Tochter während des Strafvollzugs anlässlich von Hafturlauben zwischen dem 12. September 2004 und dem 2. November 2006 mehrfach sexuell missbrauchte. Das Bundesgericht wies die von X. dagegen erhobene Beschwerde am 14. April 2011 ab (Verfahren 6B_793/2010). Am 25. Mai 2011 verurteilte das Bezirksgericht Hinwil X. u.a. wegen mehrfachen Diebstahls, begangen von April bis August 2010, zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 8. Juni 2010. X. verbüsst derzeit die Freiheitsstrafen gemäss den Urteilen des Kantonsgerichts St. Gallen vom 8. Juni 2010 und des Bezirksgerichts Hinwil vom 25. Mai 2011 (vgl. Verfahren 6B_715/2014). B. Am 11. September 2013 widerrief das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich die bedingte Entlassung vom 16. August 2007 und ordnete den Vollzug der Reststrafe von 645 Tagen an. Den dagegen erhobenen Rekurs von X. hiess die Justizdirektion des Kantons Zürich am 6. Februar 2014 teilweise gut. Sie bestätigte den Widerruf der bedingten Entlassung, hob den Entscheid des Amts für Justizvollzug aber insofern auf, als damit der Vollzug der Reststrafe angeordnet wurde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hiess die dagegen gerichtete Beschwerde am 28. Juli 2014 teilweise gut, soweit es darauf eintrat. In Abänderung des Entscheids vom 6. Februar 2014 verpflichtete es die Justizdirektion, den Rechtsvertreter von X. für seine Bemühungen mit Fr. 3'819.90 aus der Staatskasse zu entschädigen. Im Übrigen wies es die Beschwerde in Bestätigung des Entscheids der Justizdirektion ab. C. X. wendete sich mit einer übermässig weitschweifigen Beschwerde an das Bundesgericht. Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 8. Oktober 2014 wurde er zu deren Verbesserung aufgefordert. Am BGE 141 IV 55 S. 57 13. Dezember 2014 reichte er fristgerecht eine verbesserte Beschwerdeeingabe ein. Er beantragt im Wesentlichen, es sei vom Widerruf der bedingten Entlassung abzusehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht überdies um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D. Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Amt für Justizvollzug schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB ist der Gefangene, der zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst hat, durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Dem bedingt Entlassenen wird eine Probezeit auferlegt, deren Dauer dem Strafrest entspricht. Sie beträgt jedoch mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre ( Art. 87 StGB ). Begeht der bedingt Entlassene während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen, so ordnet das für die Beurteilung der neuen Tat zuständige Gericht die Rückversetzung an ( Art. 89 Abs. 1 StGB ). 3.2 Nach dem klaren Wortlaut von Art. 89 Abs. 1 StGB kann eine neue Straftat nur dann zum Widerruf der bedingten Entlassung und zur Rückversetzung in den Strafvollzug führen, wenn sie in die Probezeit fällt. Für Taten, die vor Beginn oder nach Ablauf der Probezeit verübt wurden, enthält Art. 89 StGB keine Regelung. Das geltende Recht beschränkt den Widerruf wegen erneuter Straffälligkeit somit ausschliesslich auf Straftaten, die innerhalb der dem bedingt Entlassenen auferlegten Bewährungszeit liegen. Ein Widerruf nach Art. 89 Abs. 1 StGB kommt mit anderen Worten nicht in Betracht, wenn der bedingt Entlassene ausserhalb des massgebenden Zeitraums der Probezeit straffällig wird. 3.3 Der Beschwerdeführer beging die Straftaten, welche Anlass zum Widerruf der bedingten Entlassung vom 6. August 2007 gaben, nicht während der ihm auferlegten Probezeit, sondern anlässlich von BGE 141 IV 55 S. 58 Hafturlauben während des Strafvollzugs zwischen dem 12. September 2004 und dem 2. November 2006. Es geht hier folglich nicht um ein zu sanktionierendes Bewährungsversagen während des massgebenden Zeitraums der Probezeit und damit offensichtlich nicht um einen Widerruf der bedingten Entlassung im Sinne von Art. 89 Abs. 1 StGB . Die Vorinstanz stellt sich unter diesen Umständen grundsätzlich zu Recht auf den Standpunkt, dass die für den Widerruf der bedingten Entlassung massgebenden Bestimmungen im StGB nicht zur Anwendung kommen. 3.4 3.4.1 Der Sache nach geht es vorliegend um die Frage der Zulässigkeit des Widerrufs einer als ursprünglich fehlerhaft erkannten Verfügung. Nach dem Dafürhalten der Vorinstanz wäre der Beschwerdeführer nicht bedingt entlassen worden, wenn man im Verfügungszeitpunkt um seine Straftaten gewusst hätte, die er während des Strafvollzugs verübte. Damit lägen revisionsähnliche Gründe vor, die es auch ohne ausdrückliche Gesetzesregelung erlaubten, auf die zu Unrecht gewährte bedingte Entlassung zurückzukommen. Dass bis zum Widerruf der bedingten Entlassung vom 11. September 2013 mehr als sechs Jahre vergangen seien, stehe einer Rücknahme der Verfügung nicht entgegen. 3.4.2 Verfügungen werden nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist oder nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens formell rechtskräftig und damit grundsätzlich unabänderlich. Nach Lehre und Rechtsprechung des Bundesgerichts kann auf eine als materiell fehlerhaft erkannte Verfügung dennoch insbesondere wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung, fehlerhafter Rechtsanwendung oder nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage zurückgekommen werden, sofern wichtige öffentliche Interessen berührt sind. Fehlen positivrechtliche Bestimmungen über die Möglichkeit einer Änderung einer Verfügung, so ist darüber anhand einer Interessenabwägung zu befinden, bei welcher das Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechts dem Interesse am Vertrauensschutz gegenüberzustellen ist (vgl. BGE 127 I 69 E. 2.2 ff.; BGE 127 II 306 E. 7a; BGE 120 Ib 42 E. 2b-c; siehe ANNETTE GUCKELBERGER, Der Widerruf von Verfügungen im schweizerischen Verwaltungsrecht, ZBl 6/2007 S. 293 ff.; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 712; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 994 ff. und Rz. 997 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 287). BGE 141 IV 55 S. 59 3.4.3 Die Vorinstanz stützt ihre Entscheidung auf diese Grundsätze. Beim Widerruf einer Verfügung über die bedingte Entlassung handelt es sich indessen nicht um eine reine Administrativmassnahme. Es geht um die Strafvollstreckung, wobei über die für den Betroffenen folgenschwere Frage entschieden wird, ob ihm die Freiheit erneut entzogen wird und er die Strafe doch noch verbüssen muss. Es geht damit um schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht der persönlichen Freiheit. Ob vor diesem Hintergrund ein Widerruf der bedingten Entlassung auf der Grundlage von allgemeinen verwaltungsrechtlichen Prinzipien überhaupt zulässig ist bzw. insofern nicht vielmehr eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage mit expliziter Verfahrensregelung notwendig wäre, ist fraglich, kann hier allerdings offenbleiben, weil sich der zu beurteilende Verfügungswiderruf aus dem nachfolgenden Grund als unzulässig erweist. 3.4.4 Der Widerruf einer Verfügung, gestützt auf welche ein Verurteilter bedingt entlassen wird, hat weitreichende Konsequenzen. Er führt wie der Widerruf einer bedingten Entlassung nach Art. 89 Abs. 1 StGB im Ergebnis zu einer Rückversetzung in den Strafvollzug. Der Betroffene ist mit einem erneuten Freiheitsentzug konfrontiert. Im Hinblick auf die Bedeutung des Entscheids für den Betroffenen ist ein Widerruf daher nicht unbeschränkt zuzulassen, es sind ihm vielmehr feste zeitliche Grenzen zu setzen. Das legen Rechtssicherheitserwägungen und Vertrauensschutzgesichtspunkte, aber auch Überlegungen zum Legalitäts- und Verhältnismässigkeitsprinzip nahe. Der Betroffene soll nicht über Gebühr mit der Ungewissheit eines Widerrufs belastet bleiben. Es ist darüber sobald wie möglich innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu entscheiden. Angesichts derselben einschneidenden Konsequenzen, die ein Verfügungswiderruf und ein Widerruf der bedingten Entlassung nach Art. 89 Abs. 1 StGB zur Folge haben, rechtfertigt es sich deshalb, die Fristenregelung, wie sie das StGB für den Widerruf bzw. die Rückversetzung in den Strafvollzug vorsieht, analog anzuwenden. 3.4.5 Das StGB in der Fassung von 1937 hat die Rückversetzung in den Strafvollzug zeitlich unbeschränkt zugelassen. Aufgrund der daraus sich ergebenden offenkundigen Härten für die Betroffenen hat die Teilrevision von 1971 die Möglichkeit des Widerrufs auf eine Maximalfrist von 5 Jahren seit Ablauf der Probezeit beschränkt. Die jetzige Revision des StGB hat diese Zeit auf drei Jahre verkürzt ( Art. 89 Abs. 4 StGB ; vgl. GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, 2. Aufl. 2006, § 4 Rz. 92; CORNELIA KOLLER, in: Basler Kommentar, BGE 141 IV 55 S. 60 Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 8 zu Art. 89 StGB ; vgl. auch Art. 46 Abs. 2 StGB , welcher für den Widerruf des bedingten Strafvollzugs die gleiche Fristenregelung kennt). 3.4.6 Der Widerruf einer Verfügung, mit welcher einem Verurteilten die bedingte Entlassung gewährt wird, hat sich somit an der zeitlichen Grenze von Art. 89 Abs. 4 StGB zu orientieren (vgl. zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des neuen Rechts über das Vollzugsregime für Täter, die nach bisherigem Recht verurteilt wurden: BGE 133 IV 201 E. 2.1; Urteil 6B_303/2007 vom 6. Dezember 2007; Art. 388 Abs. 3 StGB und Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen der Änderungen vom 13. Dezember 2002). Danach kommt ein Widerruf bzw. eine Rückversetzung in den Strafvollzug drei Jahre nach Ablauf der Probezeit nicht mehr in Frage. In diesem Zeitraum muss ein entsprechender Entscheid vorliegen, andernfalls ein Widerruf unzulässig wird (vgl. BGE 113 IV 49 E. 5b). Es handelt sich dabei um einen Zeitraum, welcher ausreichend Gelegenheit zur Korrektur einer als ursprünglich fehlerhaft eingestuften Verfügung gibt. Diese zeitliche Grenze wurde vorliegend nicht eingehalten. Die dem Beschwerdeführer mit der Entlassungsverfügung vom 16. August 2007 auferlegte Probezeit von 645 Tagen endete am 18. Juni 2009. Gestützt auf die analog anwendbare Fristenregelung von Art. 89 Abs. 4 StGB war ein Widerruf folglich bis am 18. Juni 2012 möglich und zulässig. Der Beschwerdegegner kam erst am 11. September 2013 auf seine Verfügung betreffend bedingte Entlassung zurück. Weshalb er mit dem Widerruf derart lange zuwartete, ist nicht ersichtlich. Das Strafverfahren, welches wegen der während des Strafvollzugs begangenen Straftaten des Beschwerdeführers durchgeführt wurde, war in diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig abgeschlossen (vgl. Urteil 6B_793/2010 vom 14. April 2011). Dass der Beschwerdegegner davon keine Kenntnis gehabt hat, stellt die Vorinstanz nicht fest. Sie geht im Gegenteil davon aus, dieser habe nach Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung ungerechtfertigterweise zwei Jahre bis zum Widerruf verstreichen lassen, und wirft ihm insofern eine Rechtsverzögerung vor. Die Entscheidung über den Widerruf wurde damit ungebührlich lange hinausgezögert und erfolgte (zudem) nicht innerhalb des massgebenden Zeitraums von drei Jahren seit Ablauf der Probezeit. Der Widerruf der bedingten Entlassung erweist sich daher als bundesrechtswidrig.
null
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Urteilskopf 102 III 109 19. Entscheid vom 21. Januar 1976 i.S. B.
Regeste Betreibungshandlungen während der Nachlassstundung ( Art. 297 SchKG ). 1. Während der Dauer der Nachlassstundung darf eine Betreibung auf Faustpfandverwertung nicht fortgesetzt werden (Erw. 1). 2. Werden in einer Betreibung für Mietzinsforderungen die auf Begehren des Vermieters retinierten Gegenstände während der Stundung durch ein Bardepot ersetzt, so darf dieses Depot dem betreibenden Vermieter einstweilen nicht ausbezahlt werden (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 110 BGE 102 III 109 S. 110 A.- In der Betreibung Nr. 9228/Retention Nr. 391 retinierte das Betreibungsamt Seftigen auf Begehren des Mietzinsgläubigers G. am 13. August/9. September 1975 bei der Schuldnerin X. AG diverse Gegenstände im Schätzungswert von Fr. 63'692.--. Am 9. September 1975 wurde der Schuldnerin der Zahlungsbefehl zugestellt. Rechtsvorschlag wurde nicht erhoben. Mit Verfügung vom 10. September 1975 bewilligte der Gerichtspräsident von Seftigen der Schuldnerin für die Dauer von vier Monaten eine Nachlassstundung. Am 9. Oktober 1975 leisteten Drittpersonen beim Betreibungsamt Seftigen ein Bardepot in der Höhe von Fr. 58'000.--. Hierauf verfügte das Betreibungsamt, dieser Betrag trete an die Stelle der retinierten Gegenstände. B.- Mit Schreiben vom 21. Oktober 1975 verlangte der Mietzinsgläubiger vom Betreibungsamt die Auszahlung der Betreibungsforderung aus dem geleisteten Bardepot. Das Betreibungsamt wies das Begehren mit Verfügung vom 18. November 1975 ab mit der Begründung, gemäss Art. 297 SchKG dürften während der Dauer der Stundung gegen den Schuldner Betreibungen weder angehoben noch fortgesetzt werden. Mit Entscheid vom 23. Dezember 1975 bestätigte die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern diese Verfügung. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts stellt B., dem die in Betreibung gesetzte Forderung abgetreten worden ist, folgenden Antrag: BGE 102 III 109 S. 111 "Das Betreibungsamt Seftigen in Belp sei anzuweisen, dem Rekurrenten die Forderungssumme nebst Zins und Kosten gemäss unbestrittenem Zahlungsbefehl Nr. 9228 BA Seftigen in Belp, ausmachend Fr. 56'069.40 nebst Zins zu 5% seit 8.9.75, Fr. 54.-- Retentionskosten und Fr. 40.-- Zahlungsbefehlskosten, aus dem in Retention Nr. 391 BA Seftigen in Belp geleisteten Bardepot von Fr. 58'000.-- auszubezahlen." Erwägungen Die Schulbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Der Rekurrent macht vor allem geltend, entgegen der Ansicht der Vorinstanz könne eine Betreibung auf Faustpfandverwertung während der Nachlassstundung fortgesetzt werden. Das Betreibungsamt dürfe daher die Verteilung des deponierten Betrages nicht verweigern. Diese Auffassung widerspricht indessen dem klaren Wortlaut von Art. 297 SchKG . Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung kann während der Nachlassstundung gegen den Schuldner eine Betreibung weder angehoben noch fortgesetzt werden. Grundsätzlich ist demnach während der Stundung jede Betreibungshandlung verboten (vgl. auch Art. 56 Ziff. 4 SchKG ). Der erst anlässlich der Revision von 1949 ins Gesetz aufgenommene Art. 297 Abs. 2 SchKG enthält die Ausnahmen von diesem Grundsatz. Danach ist auch während der Stundung die Betreibung auf Pfandverwertung für grundpfändlich gesicherte Forderungen zulässig. Die Betreibung auf Faustpfandverwertung wird dagegen in der Ausnahmebestimmung nicht erwähnt und füllt daher unter das Verbot von Abs. 1. Diese unterschiedliche Behandlung von Grund- und Faustpfandforderungen lässt sich dadurch rechtfertigen, dass es den Grundpfandgläubigern gestattet sein muss, auch während der Stundung die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- und Pachtzinsforderungen ( Art. 806 ZGB ) zu erreichen. Angesichts der langen Verwertungsfristen bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung erscheint es zudem als sinnvoll, dass die Gläubiger durch die Stundung nicht daran gehindert werden, die spätere Verwertung der Pfandliegenschaft durch das Betreibungsamt in die Wege zu leiten ( BGE 84 III 111 ). Dieser Gesichtspunkt spielt bei der Faustpfandbetreibung nicht die gleiche Rolle. 2. In zweiter Linie bringt der Rekurrent vor, die Verteilung des an die Stelle der retinierten Gegenstände getretenen Bardepots sei keine durch Art. 297 SchKG verbotene Betreibungshandlung. BGE 102 III 109 S. 112 wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben. Denn dieses Depot wurde erst am 9. Oktober 1975, also nach Bewilligung der Nachlassstundung, geleistet. Im Zeitpunkt der Stundungsbewilligung war demnach die Retentionsbetreibung noch nicht so weit gefördert, dass sie im Sinne von BGE 83 III 135 ff. ohne weitere Förmlichkeit durch Ausbezahlung der an die Stelle der retinierten Gegenstände getretenen Summe hätte beendet werden können. War aber in jenem Zeitpunkt die Verwertung noch nicht durchgeführt bzw. das Depot noch nicht geleistet, so durfte die Betreibung auf jeden Fall nicht fortgesetzt werden. Die spätere Ersetzung der retinierten Gegenstände durch einen Barbetrag ändert daran nichts. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 90 III 79 18. Entscheid vom 5. November 1964 i.S. Monney.
Regeste Verlustschein ( Art. 149 SchKG ): Er bescheinigt, dass das gesamte der schweizerischen Vollstreckung unterworfene Vermögen des Schuldners nicht genügt hat, um den Gläubiger zu befriedigen. Kein Verlustschein ist daher auszustellen in einem am besondern Betreibungsort der Arrestlegung ( Art. 52 SchKG ) durchgeführten Pfändungsverfahren, das nur die gemäss Angabe des Gläubigers arrestierten Gegenstände erfasste und nicht zur amtlichen Ermittlung weiteren Vermögens, insbesondere auch nicht zu einer Nachpfändung führen konnte. (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 79 BGE 90 III 79 S. 79 A.- André Monney erwirkte im Jahre 1960 in Zürich einen Arrestbefehl gegen Dr. A. Ch. de Guttenberg, der sich damals im Tessin aufhielt, die Schweiz dann aber verliess und heute unbekannten Aufenthaltes ist. In der anschliessenden Arrestbetreibung Nr. 2522 stellte das Betreibungsamt Zürich 1 dem Gläubiger eine "Verlustbescheinigung infolge Arrest und Pfändung" aus. Danach ist für die gesamte Forderung von Fr. 26'532.10 ein Erlös von Fr. 8258.75 erzielt worden, so dass sich ein Verlust von Fr. 18'273.35 ergibt. Anschliessend wird in der Bescheinigung bemerkt: "Da es sich in dieser Arrestbetreibung um BGE 90 III 79 S. 80 einen Schuldner handelt, der in der Schweiz kein ordentliches Betreibungsdomizil hat, sondern nur Arrestdomizil, so kann gemäss konstanter Praxis ein Verlustschein gemäss Art. 149 SchKG nicht ausgestellt werden." B.- Der Gläubiger will sich mit dieser Bescheinigung nicht begnügen. Er verlangt einen förmlichen Verlustschein im Sinne von Art. 149 SchKG und hat auf dem Beschwerdeweg ein dahingehendes Begehren gestellt. In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält er mit vorliegendem Rekurs gegen den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 29. September 1964 am Beschwerdebegehren fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Die auf einen Arrest gestützte Betreibung wird nach Art. 280 SchKG je nach der Person des Schuldners auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt. Geht die Betreibung auf Pfändung, und wird sie gemäss Art. 52 SchKG an dem (nicht zufällig mit dem allenfalls vorhandenen allgemeinen Betreibungsort des schweizerischen Wohnsitzes zusammenfallenden) Orte der Arrestlegung durchgeführt, so können nach ständiger Rechtsprechung nur die arrestierten Gegenstände gepfändet werden und zur Verwertung gelangen, und es ist alsdann kein Verlustschein im Sinne des Art. 149 SchKG auszustellen (vgl. BGE 25 I 588 , BGE 31 I 371 , BGE 34 I 405 , BGE 39 II 384 E. 3 - Sep. Ausg. 2 S. 288, 8 S. 163, 11 S. 95, 16 S. 242; BGE 51 III 122 , wo namentlich dargelegt wird, dass in einer solchen Arrestbetreibung keine Nachpfändung oder Ergänzungspfändung nicht arrestierter Gegenstände zulässig ist; BGE 47 III 27 ff. und BGE 73 III 26 /27, wonach auch beim sog. Ausländerarrest, Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG , kein Verlustschein auszustellen ist; JAEGER, N. 3 zu Art. 52 SchKG ; FRITZSCHE, SchK II 221). Hat der Schuldner seinen Wohnsitz in der Schweiz, so steht dem Gläubiger frei, vom speziellen Betreibungsort des Art. 52 SchKG keinen Gebrauch BGE 90 III 79 S. 81 zu machen und den Arrest statt dessen am allgemeinen Betreibungsorte zu prosequieren. Alsdann geht die Vollstreckung in das ganze pfändbare Vermögen des Schuldners, und wenn sie keine genügende Deckung ergibt, so ist sie durch Ausstellung eines Verlustscheines im Sinne von Art. 149 SchKG mit allen dieser Urkunde zukommenden gesetzlichen Wirkungen abzuschliessen ( BGE 77 III 129 , BGE 88 III 66 /67). Im vorliegenden Falle hat man es dagegen mit einer am speziellen.Betreibungsorte der Arrestlegung durchgeführten, nur auf Pfändung und Verwertung der Arrestgegenstände gerichteten Betreibung zu tun. Wenn das Betreibungsamt es abgelehnt hat, das dabei erzielte, zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreichende Ergebnis in einem Verlustschein zu verurkunden, und wenn die Vorinstanzen diesem Standpunkt beigetreten sind, so steht dies im Einklang mit der erwähnten Rechtsprechung. Der Rekurrent ist sich dessen denn auch bewusst. Er will es jedoch nicht bei den von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen bewenden lassen, sondern setzt sich für eine Anwendung des Art. 149 SchKG auch in der am speziellen Arrestorte durchgeführten Betreibung ein. a) Grundsätzlich ist indessen festzuhalten, was auch der Rekurrent anerkennt, dass die am Spezialbetreibungsstand des Art. 52 SchKG durchgeführte Arrestbetreibung nur einen vom Gläubiger ausgewählten Teil des Schuldnervermögens umfasst, während der Verlustschein bezeugt, dass das gesamte der schweizerischen Vollstreckung unterworfene Vermögen zur Gläubigerbefriedigung nicht ausreicht. Der Rekurrent hält die Ausstellung eines Verlustscheines dennoch auch bei einer bloss auf Verwertung von Arrestgegenständen gerichteten Betreibung mit ungenügendem Ergebnis für gerechtfertigt, wenn der Schuldner sich durch Flucht ins Ausland samt seinem übrigen Vermögen der vollständigen Auspfändung entzogen hat. So verhalte es sich hier: Auf Vermögenswerte Guttenbergs in Zürich habe nicht nur er, sondern noch eine Gläubigergruppe aus Hamburg einen Arrest erwirkt. Guttenberg sei BGE 90 III 79 S. 82 dann aus der Schweiz verschwunden, und es sei von den beiden Betreibungen das gesamte in der Schweiz greifbare Vermögen erfasst worden. Den Rest habe der Schuldner ins Ausland gebracht oder unter dem Schutz des Bankgeheimnisses versteckt. Der Arrest sei eine blosse Sicherungsmassnahme; in den darauf gestützten Betreibungen könnten dem Gläubiger nicht die Rechte vorenthalten werden, die jedem betreibenden Gläubiger zustehen. Dieser Betrachtungsweise ist nicht zu folgen. Schuldenflucht ist nach Art. 271 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG lediglich ein Arrestgrund. Kommt es zu einer auf Verwertung arrestierter Gegenstände beschränkten Betreibung am speziellen Betreibungsorte des Art. 52 SchKG , so ist es in keinem Falle zulässig, dem Gläubiger einen Verlustschein auszustellen, der das Ungenügen des gesamten der schweizerischen Vollstreckung unterworfenen Vermögens zur Befriedigung des Gläubigers amtlich bescheinigen würde. In einer solchen Betreibung ist das Betreibungsamt weder verpflichtet noch auch nur berechtigt, alle in der Schweiz gelegenen Vermögensstücke des Schuldners zur Vollstreckung heranzuziehen. Vielmehr war es Aufgabe des Gläubigers, die Gegenstände. die er zur Befriedigung für seine Forderung in Anspruch nehmen wollte, zu bezeichnen ( Art. 274 Ziff. 4 SchKG ). Hierauf hatte das Betreibungsamt keine Feststellung über das Vorhandensein oder Fehlen weiteren Vermögens des Schuldners zu treffen. Die Behauptung des Gläubigers, ausser den von ihm bezeichneten Arrestgegenständen wäre in der Schweiz kein anderes Vermögen des Schuldners greifbar gewesen, vermag eine amtliche Feststellung hierüber nicht zu ersetzen und auch nicht etwa hinterher zu veranlassen, da für einen Zugriff auf solches weiteres Vermögen in der reinen Arrestbetreibung eben kein Raum ist. b) Somit muss es bei der Bescheinigung, wie sie das Betreibungsamt Zürich 1 ausgestellt hat, sein Bewenden haben. Die Rechtsstellung eines Verlustscheinsgläubigers kommt dem Rekurrenten nach dem Gesagten nicht zu, BGE 90 III 79 S. 83 weshalb in der Abweisung seines Begehrens auch keine ungerechtfertigte Benachteiligung liegt. Im Gegenteil wäre es unangebracht, beim Fehlen einer in das ganze Schuldnervermögen gerichteten Betreibung dem Gläubiger insbesondere das Recht zur Erhebung einer Anfechtungsklage nach Art. 285 ff. zuzugestehen ( BGE 47 III 29 ). c) Endlich kann dem Rekurrenten nicht zugegeben werden, dass die bestehende Praxis zu "Absurditäten", d.h. zu Widersprüchen. führe. Er bringt folgendes Beispiel an: "Ein Schuldner trifft gleich nach der Zustellung des Zahlungsbefehls Anstalten zur Verschiebung seines Vermögens ins Ausland. Wenn ihm das restlos gelingt, so erhält der Gläubiger eine leere Pfändungsurkunde, der die volle Wirksamkeit eines Verlustscheins zukommt ( Art. 115 SchKG ; Fritzsche I 230). Gelingt es jedoch dem Gläubiger, einen auch noch so minimen Teil des schuldnerischen Vermögens vor der Abwanderung mit Arrest zu belegen, so liegt Arrestbetreibung vor. Der Gläubiger erhält keinen Verlustschein, und jedes weitere, wirksame Vorgehen gegen den Schuldner ist ihm versagt." Dazu ist zu bemerken: Wird in einer am allgemeinen Betreibungsort durchgeführten Betreibung kein pfändbares Vermögen vorgefunden, so erhält der Gläubiger freilich eine leere Pfändungsurkunde mit den Wirkungen eines Verlustscheins ( Art. 115 Abs. 1 SchKG ). Kann in einer solchen Betreibung Vermögen gepfändet werden, das aber nach der Schätzung des Beamten zur Befriedigung des Gläubigers nicht genügt - etwa auch Vermögensstücke, die der Gläubiger wegen Schuldenflucht des Betriebenen arrestieren liess -, so dient ihm die Pfändungsurkunde nach Art. 115 Abs. 2 SchKG als provisorischer Verlustschein, womit das Recht zu (weiterer) Arrestierung und zur Erhebung einer Anfechtungsklage verbunden ist. Ohne Durchführung einer auf Erfassung des ganzen pfändbaren Schuldnervermögens gerichteten Betreibung am allgemeinen Betreibungsort erhält der Gläubiger aber keinen Verlustschein. Ist ein solcher schweizerischer Betreibungsort nicht vorhanden, und vermag der Gläubiger auch kein auf Schweizergebiet liegendes Vermögen des Schuldners zu BGE 90 III 79 S. 84 entdecken, so kann er in der Regel keine Betreibungsvorkehren treffen. Gelingt es ihm dagegen, einzelne Vermögensstücke des Schuldners mit Arrest zu belegen und verwerten zu lassen, so wird er daraus immerhin eine mindestens teilweise Befriedigung erlangen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 126 I 133 17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Juni 2000 i.S. Stadt Zürich gegen Scientology Kirche Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 aBV ( Art. 27 BV ); Art. 49 aBV ( Art. 15 BV ); Handels- und Gewerbefreiheit; Religionsfreiheit; Gemeindeautonomie ( Art. 50 BV ); Benützung des öffentlichen Grundes zu Sonderzwecken; gesteigerter Gemeingebrauch. Gemeindeautonomie und Prüfungsdichte (E. 2). Wer entgeltliche Leistungen vertreiben will und das damit allenfalls verbundene Missionierungsziel gegenüber dem anvisierten Publikum nicht klar zu erkennen gibt, muss in Kauf nehmen, dass seine Werbeaktionen nicht unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit gewürdigt, sondern als wirtschaftlich motiviert angesehen und nach den hiefür geltenden Regeln behandelt werden (E. 3). Ob die Handels- und Gewerbefreiheit ihre Schutzwirkung entfaltet, hängt nicht davon ab, ob und wieweit ein Gewerbetreibender auf die Benützung des öffentlichen Grundes angewiesen ist. Dies spielt erst bei der Interessenabwägung eine Rolle (E. 4d).
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 126 I 133 S. 134 Mit Beschluss vom 16. Juni 1972 hat der Stadtrat der Stadt Zürich Vorschriften über die vorübergehende Benützung des öffentlichen Grundes zu Sonderzwecken (VBöGS) erlassen. Die Werbung auf dem öffentlichen Grund wird darin wie folgt geregelt: Art. 20 Verteilen von Werbematerial Das Verteilen von Druckerzeugnissen, die Erwerbszwecken dienen, und von Werbeartikeln auf dem öffentlichen Grund ist untersagt. Art. 21 Werbeveranstaltungen 1 Werbeveranstaltungen mit Motorfahrzeugen und Tieren sind auf dem ganzen öffentlichen Grund untersagt. 2 Werbeveranstaltungen mit einzelnen Fussgängern können in beschränktem Umfang bewilligt werden. Sie sind jedoch nur auf dem Trottoirgebiet zugelassen. Die beteiligten Personen dürfen nicht stehenbleiben. Mit Verfügung vom 30. November 1994 untersagte der Chef Verwaltungspolizei der Stadt Zürich der Scientology Kirche Zürich ab sofort "das Verteilen des Persönlichkeitstestes 'Oxford Capacity Analysis' und des Handzettels 'Warum Glücklichsein kein Zufall ist' (....) auf dem öffentlichen Grund der Stadt Zürich". Zur Begründung führte er an, aufgrund von neuen Erkenntnissen würden den auf der Strasse angeworbenen Passanten anschliessend im Scientology Zentrum "teils unter fraglichen Methoden, Bücher zum Kauf oder Bestellen und kostenpflichtige Seminarien angeboten." Fragen religiösen Inhalts fehlten bei den Persönlichkeitstests. Das Verteilen BGE 126 I 133 S. 135 der Tests und ihre Anwendung könnten "deshalb nicht als religiöse Tätigkeit oder als Werbung für eine Religion angesehen werden". Das Verteilen des Persönlichkeitstestes und des Handzettels 'Warum Glücklichsein kein Zufall ist' sei daher als unerlaubtes Verteilen von Werbematerial im Sinne von Art. 20 VBöGS einzustufen. Der Polizeivorstand der Stadt Zürich wies die hiegegen gerichtete Einsprache am 1. Juni 1995 ab. Dabei beschränkte er das Verfahren auf die Frage, ob der Scientology Kirche Zürich das Verbreiten von Persönlichkeitstests und Handzetteln auf öffentlichem Grund untersagt werden könne. Unerheblich sei, ob es sich bei der Scientology Kirche um eine Religionsgemeinschaft handle oder nicht, da auch religiöse Vereinigungen auf dem öffentlichen Grund nicht Werbeaktionen zu Erwerbszwecken durchführen dürften. Die verteilten Blätter hätten mittelbar vor allem zum Ziel, die damit bedienten Personen zum Kauf von Büchern bzw. zum Belegen der gegen ein fixes Entgelt angebotenen Kurse zu bewegen. Infolgedessen liege eindeutig eine Veranstaltung zu Erwerbszwecken auf dem öffentlichen Grund vor, wofür gemäss Art. 20 und 21 VBöGS Bewilligungen grundsätzlich nicht erteilt werden könnten. Die von der Scientology Kirche Zürich dagegen erhobenen Rechtsmittel wurden am 6. März 1996 vom Stadtrat von Zürich, am 28. Januar 1997 vom Statthalteramt des Bezirks Zürich und schliesslich am 21. April 1999 vom Regierungsrat des Kantons Zürich abgewiesen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) hiess die gegen den Entscheid des Regierungsrats erhobene Beschwerde mit Urteil vom 28. September 1999 im Sinne der Erwägungen teilweise gut. Zwar stellte es ebenfalls fest, dass die Verteilung der fraglichen Druckschriften auf öffentlichem Grund der Stadt Zürich nicht unter dem Schutz der Religionsfreiheit stehe. Das Handeln der Scientology Kirche, die mit professionellen Marketing-Methoden versuche, ihre Leistungen an ein breites Publikum zu verkaufen, werde hauptsächlich durch wirtschaftliche Erwägungen bestimmt und falle somit als Werbetätigkeit unter Art. 20 VBöGS. Für ein völliges Verbot biete diese Bestimmung im Lichte der Handels- und Gewerbefreiheit allerdings keine rechtmässige Grundlage; die Stadt Zürich sei aber berechtigt, den - hier gegebenen - gesteigerten Gemeingebrauch öffentlicher Strassen einer Bewilligungspflicht zu unterstellen. Entsprechend hob das Verwaltungsgericht die vorangegangenen Entscheide auf und wies BGE 126 I 133 S. 136 die Streitsache zu neuer Entscheidung an den Stadtrat Zürich zurück. Die hiegegen von der Stadt Zürich eingereichte staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt ( BGE 124 I 223 E. 2b S. 226 f.; BGE 122 I 279 E. 8b S. 290, je mit Hinweisen). Gemäss Art. 48 der Verfassung des eidgenössischen Standes Zürich vom 18. April 1869 (RS 131.211) sind die Gemeinden befugt, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der Verfassung und Gesetze selbständig zu ordnen. Die Vorschriften der Stadt Zürich über die vorübergehende Benutzung des öffentlichen Grundes (VBöGS) stützen sich (seit 1983) auf § 39 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 27. September 1981 über den Bau und den Unterhalt der öffentlichen Strassen (Strassengesetz). Diese Bestimmung handelt von den strassenpolizeilichen Vorschriften und lautet wie folgt: Staat und Gemeinden stellen, soweit ein Bedürfnis besteht und das Planungs- und Baugesetz keine abschliessende Ordnung trifft, Polizeivorschriften über das Strassengebiet selbst, seine Benützung sowie über das an die öffentlichen und privaten Strassen im Gemeingebrauch grenzende Gebiete auf.>Vorbehalten bleiben die verkehrspolizeilichen Vorschriften. Den Gemeinden ist somit überlassen, über das Strassengebiet und seine Benutzung in eigener Kompetenz (Polizei-)Vorschriften zu erlassen, und es kommt ihnen dabei eine erhebliche Entscheidungsfreiheit zu. Unter Vorbehalt der allgemeinen verfassungsrechtlichen Schranken geniessen die Gemeinden daher in diesem Bereich Autonomie. Sie können sich folglich dagegen zur Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde in einem Rechtsmittelverfahren ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder die den betreffenden Sachbereich ordnenden kommunalen, kantonalen oder bundesrechtlichen Vorschriften falsch anwendet. Soweit es um die Handhabung von eidgenössischem oder kantonalem Verfassungsrecht geht, prüft das Bundesgericht das Vorgehen der kantonalen Behörden mit freier Kognition, sonst nur auf Willkür hin ( BGE 122 I 279 E. 8c S. 291; BGE 120 Ia 203 E. 2a S. 204, mit Hinweisen). Die Gemeinden können in BGE 126 I 133 S. 137 diesem Rahmen auch geltend machen, die kantonalen Instanzen hätten die Tragweite eines Grundrechts verkannt und dieses zu Unrecht als verletzt betrachtet ( BGE 114 Ia 168 E. 2a S. 170; BGE 112 Ia 59 E. 3a S. 63; Urteil des Bundesgerichts vom 12. Oktober 1992, publiziert in ZBl 94/1993 S. 133 E. 2c, mit Hinweisen). 3. a) Nach dem angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts können vorliegend die Testbogen und Handzettel an sich wie auch ihre Verteilung und die Auswertung der Tests nicht als unmittelbarer Ausdruck religiöser oder weltanschaulicher Auffassung gelten; entsprechend handle es sich nicht um religiöse Handlungen. Folglich stehe das Verteilen der betreffenden Druckschriften auf dem öffentlichen Grund der Stadt Zürich nicht unter dem Schutz der Religionsfreiheit (vgl. Art. 49 a BV und Art. 15 BV ). Anderseits sei der Inhalt der Schriften an sich nicht kommerzieller Natur, doch werde damit das Ziel verfolgt, den interessierten Passanten anschliessend weitere Güter und Dienstleistungen gegen Entgelt anzubieten. Die Werbetätigkeit falle daher unter Art. 20 VBöGS, denn es bestehe zumindest das gleiche Schutzbedürfnis wie bei einer eigentlichen kommerziellen Werbung. b) Diese Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Verteilung der fraglichen Druckschriften dient nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts primär dem entgeltlichen Vertrieb von Kursen und Büchern, ohne dass das Ziel einer religiösen Missionierung aus dem Inhalt der Druckschriften (direkt) erkennbar ist. Wer - wie vorliegend die Beschwerdegegnerin - entgeltliche Leistungen vertreiben will und das damit allenfalls verbundene religiöse Missionierungsziel gegenüber dem anvisierten Publikum nicht klar zu erkennen gibt, muss in Kauf nehmen, dass seine Werbeaktionen als wirtschaftlich motiviert angesehen und nach den hiefür geltenden Regeln behandelt werden. 4. a) Weiter ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich beim Verteilen der erwähnten Schriften in der Zürcher Innenstadt um gesteigerten Gemeingebrauch handle. Hieraus könne aber nicht auf die "Zulässigkeit des Verbots der Verteilung von Druckschriften und Werbeartikeln zu kommerziellen Zwecken" geschlossen werden, weil sich aus den Freiheitsrechten ein 'bedingter Anspruch' auf Gewährung gesteigerten Gemeingebrauchs an öffentlichem Grund ergebe. Dies gebiete, dass die Behörden nur dann ein Gesuch ablehnen dürften, wenn die der beabsichtigten Nutzung im konkreten Fall entgegenstehenden Gesichtspunkte überwögen. BGE 126 I 133 S. 138 Ein öffentliches Interesse, die Verteilung von Werbung auf öffentlichem Grund zu Erwerbszwecken von vornherein zu verbieten, bestehe nicht. Insbesondere könne es nicht mit dem Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr begründet werden, da die verbotenen Verhaltensweisen nicht generell dagegen verstiessen. Die hauptsächliche Begründung des Verbots durch den Stadtrat, eine Freigabe der Verteilung von Druckschriften und Werbematerial würde eine übermässige Belastung öffentlichen Grundes und Belästigungen von Passanten bewirken, lasse dessen Unverhältnismässigkeit erkennen: Milderes Mittel im Verhältnis zu einem Verbot stelle seit jeher eine blosse Bewilligungspflicht dar, was sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Vorinstanz ausser Acht gelassen hätten. b) Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass Personen, die den öffentlichen Grund für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benutzen, sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 aBV ; vgl. auch Art. 27 BV ) berufen können, soweit der Zweck des öffentlichen Bodens es gestattet. Hingegen rügt sie als willkürlich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich aus den Freiheitsrechten auch für rein kommerzielle Zwecke ein sog. bedingter Anspruch auf Gewährung gesteigerten Gemeingebrauchs am öffentlichen Grund ergebe; dies gehe ungerechtfertigterweise über die herrschende Lehre und Rechtsprechung hinaus, die einen solchen Anspruch nur einräumten, wenn die Ausübung der Erwerbstätigkeit zwingend mit der Benutzung öffentlichen Grundes verbunden sei. Das generelle Verbot, in der Stadt Zürich Druckerzeugnisse zu verteilen, die Erwerbszwecken dienen, sei bereits deshalb nicht zu beanstanden. Da dieses Verbot die Beschwerdegegnerin bei ihrer Erwerbstätigkeit, wenn überhaupt, nur unwesentlich beeinträchtige und im öffentlichen Interesse liege, erweise es sich auch als verhältnismässig; die gegenteilige Interpretation der geltenden Lehre und Rechtsprechung sei willkürlich. Die vom Verwaltungsgericht angeordnete Einführung einer Bewilligungspflicht werde in der Praxis zudem kaum zu bewerkstelligen sein. Die Bewilligungserteilung und die Kontrolle über deren Einhaltung wäre mit einem unverhältnismässigen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Beschwerdeführerin rügt, dass das Verwaltungsgericht mit seinem Entscheid in ungerechtfertigter Weise in die Gemeindeautonomie eingegriffen habe, indem es der Beschwerdegegnerin ohne jede Grundlage in Lehre und Rechtsprechung und insbesondere ohne sachliche Rechtfertigung und damit willkürlich einen BGE 126 I 133 S. 139 grundsätzlichen Anspruch auf Benützung des öffentlichen Grundes zu ausschliesslich kommerziellen Zwecken einräume. Die praktischen Auswirkungen des angefochtenen Entscheids seien für die Stadt unhaltbar. Durch das Verbot, auf öffentlichem Grund Werbematerial zu verteilen, werde die gewerbliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin nur in einem geringfügigen Nebenaspekt untersagt: Der eigentliche Kernbereich der Handels- und Gewerbefreiheit werde vom Verbot nicht im Geringsten tangiert. Das gegen die Beschwerdegegnerin ausgesprochene Verbot, auf dem öffentlichen Grund Persönlichkeitstests und Handzettel zu verteilen, erweise sich daher als verhältnismässig und zum Schutz der Bevölkerung als notwendig. c) Strassen sind öffentliche Sachen im Gemeingebrauch, d.h. sie stehen der Allgemeinheit zur Benutzung offen; diese kann mehr oder weniger intensiv sein. Verwaltungsgericht und Stadtrat sind sich darüber einig, dass das Verteilen von Druckschriften in der Zürcher Innenstadt über den schlichten Gemeingebrauch hinausgeht und gesteigerten Gemeingebrauch darstellt. Ein gesteigerter Gemeingebrauch liegt vor, wenn die Benützung einer öffentlichen Sache entweder nicht bestimmungsgemäss oder nicht gemeinverträglich ist (vgl. BGE 122 I 279 E. 2e/cc S. 286; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl. 1998, Rz. 1867 ff., S. 471 ff.; TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, in ZBl 93/1992 S. 151; ders., Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, Rz. 2434, S. 221). Auf die Abgrenzung können auch örtliche Gegebenheiten Einfluss haben ( BGE 122 I 279 E. 2e/aa S. 286 mit Hinweis). Die von den Stadtbehörden und vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung erscheint zwar streng, lässt sich aber für die Stadt Zürich vertreten, zumal die Aktionen der Beschwerdegegnerin, wie das Verwaltungsgericht mit Recht festhält, über das blosse Verteilen von Druckschriften hinausgehen und die Mitarbeiter darauf angewiesen sind, bereits auf dem öffentlichen Grund Gespräche mit Passanten zu führen, um deren Interesse für die angebotenen Leistungen zu wecken. Entsprechend können etwa Ausweichbewegungen von Passanten, Menschenansammlungen, Diskussionen oder gar Auseinandersetzungen in stark frequentierten Lagen zu Störungen des Verkehrsflusses führen. d) Gesteigerter Gemeingebrauch bedarf grundsätzlich der Bewilligung. Diese ist als Bewilligung sui generis von der Polizeierlaubnis und von der Konzession zu unterscheiden. Sie dient nicht BGE 126 I 133 S. 140 nur dem Schutz der Polizeigüter, sondern der Koordination und Prioritätensetzung zwischen verschiedenen Nutzungen der öffentlichen Sachen (vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, a.a.O., Rz. 1878, S. 474; TOBIAS JAAG, in ZBl 93/1992 S. 157; URS SAXER, Die Grundrechte und die Benutzung öffentlicher Strassen, Diss. Zürich 1988, S. 249 ff.; vgl. auch BGE 124 I 267 E. 3a S. 268 f.; BGE 109 Ia 208 E. 4a S. 210 f.). Wer zur Ausübung eines Gewerbes öffentlichen Grund beansprucht, kann sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen; es besteht insoweit ein "bedingter Anspruch" auf Bewilligung des gesteigerten Gemeingebrauchs ( BGE 121 I 279 E. 2a S. 282 mit Hinweisen). Die Verweigerung einer entsprechenden Bewilligung kann einem Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit gleichgestellt werden und unterliegt daher bestimmten Schranken: Sie muss im öffentlichen Interesse notwendig sein, wobei freilich nicht nur polizeilich motivierte Einschränkungen zulässig sind, auf sachlich vertretbaren Kriterien beruhen und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit wahren; die Bewilligung darf zudem die Freiheitsrechte weder allgemein noch zu Lasten einzelner Bürger aus den Angeln heben ( BGE 121 I 279 E. 2a S. 282; 108 Ia 135 E. 3 S. 137). Kommunale Autonomie kann demnach nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grundsätze bestehen. "Bedingter Anspruch" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Behörde im Rahmen der auf ein Bewilligungsgesuch hin vorzunehmenden Interessenabwägung dem institutionellen Gehalt der Handels- und Gewerbefreiheit Rechnung trägt und die Interessen der Beteiligten an der Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit angemessen berücksichtigt (vgl. BGE 117 Ib 387 E. 6d S. 395; nicht veröffentlichter Entscheid des Bundesgerichts vom 21. November 1995 i.S. Untere Mühle Bottighofen AG, E. 4a). Als öffentliches Interesse steht die Gewährleistung des möglichst ungestörten Gemeingebrauchs durch die Allgemeinheit im Vordergrund, bei den privaten Interessen ist zwischen ideellen und anderen, namentlich kommerziellen Interessen zu unterscheiden. Bei der Ausübung ideeller Grundrechte ist eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs oder anderer öffentlicher Interessen eher in Kauf zu nehmen als bei sonstigen Aktivitäten. Bei nicht ideellen Motiven für die Beanspruchung von öffentlichem Grund darf das öffentliche Interesse am ungestörten Gemeingebrauch stärker veranschlagt werden, und es widerspricht unter anderem nicht der Handels- und Gewerbefreiheit, wenn rein kommerzielle weniger stark gewichtet werden als ideelle Interessen (TOBIAS JAAG, in ZBl 93/1992 S. 158 f.). Ob die Handels- und Gewerbefreiheit ihre BGE 126 I 133 S. 141 Schutzwirkung überhaupt entfaltet, hängt allerdings nicht davon ab, ob und wieweit ein Gewerbetreibender jeweils auf die Benützung des öffentlichen Grundes angewiesen ist. Ist dies nach der Art des Gewerbes zwingend der Fall, werden seine privaten Interessen bei der vorzunehmenden Abwägung entsprechend höher zu gewichten sein als etwa dann, wenn der gewünschte gesteigerte Gemeingebrauch zwar Vorteile bringt, aber nicht geradezu betriebsnotwendig ist. Das Mass der Notwendigkeit der Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes durch den Betroffenen ist nicht für den Umfang des Schutzbereiches, sondern für das Ergebnis der vorzunehmenden Interessenabwägung von Bedeutung. Hiervon ausgehend erscheint die Vorschrift der Beschwerdeführerin, wonach die Verteilung von Werbematerial auf öffentlichem Grund generell verboten ist (Art. 20 VBöGS), als unverhältnismässige Beschränkung. Damit ist der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts im Lichte der Verfassung und namentlich der Handels- und Gewerbefreiheit zu bestätigen und eine Verletzung der Gemeindeautonomie zu verneinen. Zwar besteht ein öffentliches Interesse daran, dass möglichst keine Werbeaktionen auf den Strassen stattfinden, weil sie den Fussgängerverkehr beeinträchtigen und einen zusätzlichen Reinigungsaufwand verursachen können. Zudem ist ein Gewerbetreibender auf die Verteilung von Flugblättern und dergleichen auf öffentlichem Grund normalerweise auch nicht angewiesen. In der Regel werden derartige Werbematerialien in die Briefkästen verteilt. Gleichwohl sind besondere Situationen denkbar, wo das Interesse eines einzelnen Gewerbetreibenden die erwähnten öffentlichen Anliegen überwiegen kann, z.B. wenn es darum geht, Passanten auf eine in der Nähe stattfindende Veranstaltung aufmerksam zu machen. Wie vom Verwaltungsgericht angeordnet, muss daher eine Interessenabwägung vorgenommen und gestützt hierauf entschieden werden, ob und gegebenenfalls mit welchen Auflagen eine Bewilligung zu erteilen ist. Dass dies nicht bloss vermehrten Aufwand erfordert, sondern in der praktischen Handhabung auch gewisse Probleme bringen mag, entbindet das Gemeinwesen nicht von der Pflicht zu rechtsstaatlichem Vorgehen; dazu gehört die Beachtung der Grundrechte und, bei deren Einschränkung, des Verhältnismässigkeitsprinzips.
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nan
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CH_BGE_001
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Federation
2339bba8-581e-4762-a13c-e2c2d2eb5cfe
Urteilskopf 83 II 126 21. Arrêt de la IIe Cour civile du 15 mars 1957 dans la cause Blandin contre Banque cantonale vaudoise.
Regeste Verpfändung von Inhaberpapieren. Guter Glaube des Pfanderwerbers? (Art. 3, 884 Abs. 2, 899 Abs. 2, 901, 935 ZGB ; 41, 44 OR ). 1. Welcher Grad von Aufmerksamkeit ist vom Bankier zu verlangen, der Inhaberpapiere zu Pfand erwirbt? (Erw. 1). 2. Bedeutung der Bankusanzen (Erw. 2). 3. Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen dem Pfandgläubiger und dem unbekannten Eigentümer der Wertpapiere. Keine unerlaubte Handlung des gutgläubigen Pfanderwerbers (Erw. 3). 4. Besondere Umstände, die den Pfanderwerber hätten misstrauisch machen müssen? (Erw. 4). 5. Für die Würdigung des guten oder bösen Glaubens des Pfanderwerbers massgebender Zeitpunkt. Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Bankiers, wenn ihm ein normales Geschäft vorgeschlagen wird (Erw. 5). 6. Im Rahmen von Art. 44 OR ist die grobe Nachlässigkeit desjenigen zu berücksichtigen, dem Inhaberpapiere gestohlen wurden (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 127 BGE 83 II 126 S. 127 A.- Dans la soirée du 3 novembre 1947, alors que François Blandin et sa femme étaient absents, un coffre métallique a été volé dans leur appartement à Genève. Il contenait des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, d'une valeur totale de 115 525 fr., appartenant à Joseph Blandin pour une somme de 79 275 BGE 83 II 126 S. 128 fr. et à son fils François Blandin pour un montant de 36 250 fr. Les certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève, laquelle a le caractère d'une banque cantonale selon la loi fédérale sur les banques et fait partie tant de l'Union des banques cantonales suisses que de l'Association suisse des banquiers, sont des obligations au porteur; ce sont des titres de premier ordre qui rentrent dans la catégorie des valeurs pupillaires et qui peuvent être assimilés aux obligations de caisse des grandes banques suisses; ils sont cotés en bourse et facilement négociables. Le 4 novembre 1947, François Blandin a déposé, auprès du chef de la police de Genève, une plainte pénale contre inconnu pour vol, sans préciser cependant le nombre des titres dérobés ni indiquer leurs numéros. Le même jour, il a signalé la disparition des valeurs à la Caisse hypothécaire de Genève. Une procédure pénale dirigée contre Louis Pittet, frère de dame François Blandin, qui était soupçonné d'être l'auteur du vol, a abouti à son acquittement par la Cour d'assises de Genève, le 8 mai 1952. Le 14 novembre 1947, François Blandin a demandé à la Caisse hypothécaire de Genève d'établir un état des certificats de dépôt souscrits par lui-même et son père en vue d'une procédure d'annulation judiciaire et l'a priée de ne donner aucune publicité à l'affaire, les titres n'ayant pas été déclarés au fisc. La Caisse hypothécaire lui a proposé de se charger d'introduire la procédure d'annulation, mais il a décliné cette offre, disant vouloir s'en occuper personnellement. Par la suite, elle a réitéré à de nombreuses reprises sa proposition et, les lésés l'ayant rejetée, elle a conseillé plusieurs fois à François Blandin d'entreprendre les démarches nécessaires pour faire annuler les titres volés; celui-ci lui a cependant déclaré qu'il entendait différer l'ouverture de la procédure judiciaire d'annulation, parce qu'il n'excluait pas la possibilité d'un arrangement avec Louis Pittet et qu'il désirait ne pas éveiller l'attention des autorités fiscales. La Caisse hypothécaire s'en est tenue BGE 83 II 126 S. 129 aux instructions qu'elle avait reçues et a remis, le 22 janvier 1948, à François Blandin les listes de titres demandées. Les lésés n'ont toutefois pas communiqué au juge d'instruction l'état détaillé des valeurs qui leur avaient été volées. Le 30 avril 1948, un homme d'âge moyen, présentant bien et ayant toutes les apparences d'un homme d'affaires sérieux, est venu à la Banque cantonale vaudoise, à Lausanne, vers 16 h. 30, peu avant la fermeture des guichets. Il a déclaré qu'il se nommait Antoine Hegertswyler et a demandé à voir la direction en vue de l'ouverture d'un compte de crédit. Il a été conduit auprès du sous-directeur Gustave Monnard, auquel il a indiqué qu'il s'appelait Antoine Hegertswyler et qu'il était domicilié à Genève, rue Marignac 1; il lui a exposé qu'il avait besoin immédiatement de 100 000 fr., a sollicité un prêt de ce montant en présentant comme garantie le nantissement de certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève d'une valeur totale de 115 000 fr. environ, dont il était porteur, et a déposé les titres offerts en gage sur le bureau de Monnard. Répondant à une question de celui-ci, il lui a expliqué que ces 100 000 fr. étaient destinés à l'achat d'un tea-room et que l'opération devait être conclue le jour même; il a cependant refusé d'indiquer de quel établissement il s'agissait, faisant valoir qu'une indiscrétion pourrait faire échouer le marché. Monnard, qui ne connaissait pas son interlocuteur, ne lui a pas demandé de justifier son identité; après s'être entretenu avec lui pendant dix minutes environ, il l'a informé, en présence du chef du service des prêts, Francis Yaux mandé dans son bureau par téléphone, que le crédit sollicité serait ouvert et les formalités nécessaires, immédiatement accomplies. Chargé par Monnard de s'occuper de cette affaire, Yaux a soumis les formules imprimées du contrat d'ouverture de crédit et de l'acte de nantissement à Antoine Hegertswyler, qui les a signées en sa présence. Bien que la première lettre fût un "A", la signature, qui était illisible, ne permettait BGE 83 II 126 S. 130 pas de déterminer le nom de son auteur. Yaux a ensuite conduit Hegertswyler auprès d'Alfred Landry, qui était attaché au service des titres. Avant d'établir les reçus énumérant les valeurs au porteur remises en gage, les employés du service des titres, en particulier Landry, se sont assurés qu'elles ne figuraient pas sur les listes de contrôle dont disposent les banques. Landry a notamment vérifié si elles étaient mentionnées sur la liste des titres frappés d'opposition; constatant que ce n'était pas le cas, il a dressé des reçus détaillés des titres nantis. Ces opérations terminées, Hegertswyler a touché la somme de 100 000 fr. Il a donné l'ordre à la banque de pourvoir au remboursement des certificats de dépôt engagés, au für et à mesure de leur échéance, et de porter les montants encaissés en diminution de son compte, puis il a quitté l'établissement entre 17 h. et 17 h. 15, soit environ trois quarts d'heure après son arrivée. A l'époque où ces faits se sont passés, aucune personne portant le nom d'Antoine Hegertswyler n'était inscrite au contrôle des habitants du canton de Genève. Les avis adressés par l'Association suisse des banquiers à ses membres, les communications que les banques se font directement et celles auxquelles procèdent les sociétés, les listes d'opposition établies par le Contrôle fédéral des finances et leurs compléments, les publications relatives aux titres disparus figurant dans la Feuille officielle suisse du commerce ne contenaient, jusqu'au 30 avril 1948, aucune mention de la disparition ou du vol des certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire du canton de Genève offerts en gage à la Banque cantonale vaudoise, aucune sommation de les produire en justice, aucun avis d'annulation ni aucune opposition. Ce n'est que le 7 juin 1948 que Joseph et François Blandin ont introduit la procédure tendante à l'annulation des titres qui leur avaient été volés le 3 novembre 1947. La première sommation du président du Tribunal de première instance de Genève ordonnant leur production a BGE 83 II 126 S. 131 paru dans la Feuille officielle suisse du commerce le 14 juin 1948. A la suite des publications faites par le juge, la Banque cantonale vaudoise a déposé au greffe du Tribunal de première instance de Genève tous les titres visés par la demande d'annulation, dont la valeur en capital s'élevait à 103 075 fr. Elle a en outre informé la police de sûreté de Genève, par lettre du 6 octobre 1948, qu'elle détenait encore trois certificats de dépôt qui n'étaient pas compris dans la procédure d'annulation, savoir les numéros 89 534, 89 995 et 719 115, d'un montant total de 12 450 fr. Dans le délai qui leur avait été fixé, Joseph et François Blandin ont introduit action contre la Banque cantonale vaudoise devant la Cour civile du Tribunal du canton de Vaud, par acte déposé le 10 septembre 1952, et conclu à ce qu'il fût prononcé avec dépens que: I. Joseph Blandin est propriétaire de 35 certificats de dépôt de la Caisse hypothécaire de Genève, pour une valeur totale de 79 275 fr., dont la liste détaillée mentionnant les numéros des titres figure dans la demande; II. François Blandin est propriétaire de 15 certificats de dépôt du même établissement, pour un montant de 36 250 fr., également énumérés dans la demande; III. La défenderesse n'a acquis aucun droit de gage sur les titres appartenant aux demandeurs; IV. La défenderesse est tenue de délivrer immédiatement à Joseph Blandin tous les certificats énumérés dans le premier chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons; V. La défenderesse est tenue de délivrer à François Blandin tous les certificats énumérés dans le deuxième chef de conclusions ou, le cas échéant, tous les titres créées en renouvellement de ces valeurs, avec les coupons; VI. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à Joseph Blandin 79 275 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952; VII. A défaut de restitution en nature des titres réclamés, la défenderesse doit payer à François Blandin 36 250 fr., ainsi que les intérêts courus ou restant à courir, à compter des derniers coupons encaissés par le demandeur, le tout avec intérêt moratoire à 5% dès le 20 juin 1952. La Banque cantonale vaudoise a conclu à libération avec dépens. BGE 83 II 126 S. 132 Par jugement du 18 septembre 1956, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a prononcé ce qui suit: "I. Les conclusions I et II des demandeurs sont admises partiellement en ce sens que: A. Joseph Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 35 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire). B. François Blandin est propriétaire des titres désignés ci-après:... (suit la liste des 15 certificats de dépôt dont il est reconnu propriétaire). II. Est réservé en faveur de la Banque cantonale vaudoise le droit de gage sur ces titres résultant du nantissement du 30 avril 1948. III. Les conclusions III à VII des demandeurs sont rejetées, les conclusions libératoires de la défenderesse étant admises dans cette mesure. IV. Les frais et dépens sont mis à la charge des demandeurs." B.- Contre ce jugement, les demandeurs ont recouru en réforme au Tribunal fédéral. Ils concluent à la confirmation de la décision entreprise en tant qu'elle accueille partiellement leurs chefs de conclusions I et II et demandent que, pour le reste, elle soit réformée dans le sens de l'admission de leurs chefs de conclusions III à VII. La Banque cantonale vaudoise conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. La Cour cantonale a admis le droit de propriété des demandeurs sur les titres donnés en nantissement à la Banque cantonale vaudoise le 30 avril 1948 et son jugement n'est pas attaqué sur ce point. La seule question litigieuse est dès lors celle de savoir si la défenderesse a acquis un droit de gage valable sur les titres qui lui ont été remis, et sa solution dépend de la bonne ou de la mauvaise foi de la banque au moment où elle a reçu les valeurs: en effet, selon l'art. 884 al. 2 CC qui est applicable à l'engagement des titres au porteur (art. 899 al. 2 et 901 CC), celui qui, de bonne foi, reçoit une chose en nantissement y acquiert un droit de gage même si l'auteur du nantissement n'avait pas qualité d'en disposer; l'art. 935 CC protège également l'acquéreur de bonne foi de titres BGE 83 II 126 S. 133 au porteur et le met à l'abri d'une revendication, même si le possesseur en a été dessaisi contre sa volonté. En vertu de l'art. 3 CC, la bonne foi est présumée lorsque la loi en fait dépendre la naissance ou les effets d'un droit (al. 1); toutefois, nul ne peut invoquer sa bonne foi, si elle est incompatible avec l'attention que les circonstances permettaient d'exiger de lui (al. 2). Il n'est pas allégué en l'espèce que le sous-directeur et les employés de la défenderesse auraient su que celui qui s'est donné pour Antoine Hegertswyler n'avait pas qualité pour disposer des titres mis en gage, de sorte que tout le débat porte sur le point de savoir s'ils pouvaient s'en rendre compte en usant de l'attention commandée par les circonstances. Il est de jurisprudence constante (RO 25 II 846, 35 II 587, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251/252) que, s'agissant de déterminer quel est le degré d'attention exigé par les circonstances, on ne peut admettre que, d'une façon générale, le banquier qui achète ou reçoit en nantissement des titres au porteur ait l'obligation de s'enquérir au préalable de leur provenance ou de vérifier si son cocontractant a le droit d'en disposer; à moins de circonstances spéciales de nature à éveiller sa méfiance, il est fondé à considérer que le porteur du titre a le droit d'en disposer, la simple possession du titre créant une présomption dans ce sens, sur laquelle il peut s'appuyer. Appliquant ces principes, l'autorité cantonale a estimé avec raison que, au vu des faits de la cause, la bonne foi de la Banque cantonale vaudoise devait être admise. Les motifs de sa décision sont pertinents et la Cour de céans ne peut que s'y rallier. 2. Dans leur recours en réforme, les demandeurs reprochent à l'autorité cantonale d'avoir tenu compte des avis des experts concernant les opérations d'ouverture de crédit et d'engagement de titres au porteur auprès des banques, et prétendent que dans l'appréciation du degré d'attention commandé par les circonstances "aucun usage ne saurait prévaloir contre la loi". Ce moyen n'est pas BGE 83 II 126 S. 134 fondé. Certes, il appartient au juge de déterminer le degré d'attention requis pour que la bonne foi d'une partie puisse être admise, et un usage commercial notoirement abusif ne saurait l'empêcher d'établir des exigences plus strictes que celles qui correspondraient à la pratique en vigueur dans les milieux d'affaires. En l'espèce, la Cour cantonale ne s'en est cependant nullement remise aux usages bancaires pour apprécier le comportement du personnel de l'intimée. Elle a, en revanche, avec raison fait état de l'avis des experts pour démontrer que les prétendus usages des banques invoqués par les demandeurs pour tenter d'établir que la défenderesse n'avait pas usé de la diligence imposée par les circonstances n'existaient pas. Selon le rapport de l'expert Hegetschweiler commis à la requête des recourants, il n'y a pas, contrairement à ce qu'ils alléguaient, "d'usage bancaire selon lequel un crédit ne peut pas être ouvert à un inconnu, même lorsque ledit crédit est entièrement garanti par des titres de premier ordre, sans que la banque ait pris au préalable des informations sur le débiteur et se soit assurée, en particulier, de son identité et de son adresse exacte ..." et "il n'y a rien d'extraordinaire à ce qu'une banque traite avec des inconnus". Le second expert Graf, désigné également à la demande des recourants, partage cette opinion; il estime que "l'ouverture d'un crédit à un inconnu dépend en premier lieu des garanties offertes" et déclare que, "lorsque ces dernières consistent en titres au porteur de premier ordre, l'avance peut être faite sans formalités autres que la signature des actes nécessaires, pour autant que lesdits titres ne figurent pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition", l'opportunité de mesures de précaution supplémentaires étant une affaire d'appréciation; à ce sujet "il n'existe ... aucun usage établi, ni aucune ligne de conduite admise de façon générale, ni aucun règlement". Contrairement aux allégations des demandeurs qui, dans la procédure cantonale, ont reproché à la défenderesse de ne pas avoir observé les usages bancaires, il résulte de ces avis que le comportement BGE 83 II 126 S. 135 de son personnel a été en tout cas conforme à la pratique des banques et n'avait rien d'insolite. 3. Les recourants citent les art. 328, 364, 398 et 420 CO qui définissent la diligence requise de l'employé, de l'entrepreneur, du mandataire et du gérant d'affaires dans l'exécution de leurs obligations contractuelles, et en déduisent que "la loi exige ... que tout acte générateur d'effets soit accompli avec un minimum d'attention et de précautions". Ces références à des dispositions qui régissent les droits et les obligations de parties liées par un contrat sont cependant sans pertinence en l'espèce, car il n'existe aucun rapport contractuel entre le créancier gagiste et le propriétaire inconnu de titres au porteur remis en nantissement sans son consentement. Les demandeurs invoquent également l'art. 41 CO. Cette disposition, qui pourrait en principe entrer en ligne de compte, ne saurait toutefois s'appliquer lorsque le créancier gagiste a, de bonne foi, reçu une chose en nantissement et acquis sur elle un droit de gage (art. 884 al. 2 CC). 4. Les demandeurs font valoir que le personnel de la défenderesse ne pouvait se contenter de vérifier si les titres offerts en gage n'étaient pas frappés d'opposition, mais qu'il devait prendre d'autres précautions. A leur avis, les circonstances spéciales de l'affaire étaient de nature à éveiller la méfiance de la créancière gagiste et à l'obliger de recueillir de plus amples renseignements avant d'accor der un crédit à celui qui se donnait pour Antoine Hegertswyler et d'accepter les titres qu'il offrait en nantissement. a) Ils estiment tout d'abord que le nom sous lequel le constituant s'est présenté est courant en Suisse et que ce fait aurait dû attirer l'attention du personnel de la banque "plus que s'il s'était agi d'un nom rare ou compliqué". Toutefois, selon la publication "Les noms de famille suisses" éditée en 1940, le patronymique "Hegertswyler" n'existe pas en Suisse; les noms qui lui ressemblent, tels que Hegersweiler, Hegetschweiler, Eggenschwiler, Eggenschwyler, Eggenschweiler ou Eggertswyler ne sont pas BGE 83 II 126 S. 136 répandus au point d'être aussi courant que Meier ou Müller. Cela étant, il est inexact de prétendre que le nom indiqué aux employés de la banque devait éveiller leur méfiance. b) Contrairement à l'opinion des demandeurs, le fait que le constituant est arrivé à la banque peu avant la fermeture des guichets, vers 16 h. 30, n'était pas non plus, en soi, de nature à mettre particulièrement en garde le personnel de la défenderesse. Des opérations peuvent encore être faites après la fermeture des guichets d'un établissement bancaire, laquelle ne marque nullement la fin de son activité journalière. Au demeurant, en raison de son importance, l'affaire proposée par le prétendu Hegertswyler n'était pas de celles qui se traitent au guichet, mais exigeait que le client fût mis en rapport avec la direction, comme cela a d'ailleurs été effectivement le cas. De même, le désir du client de la défenderesse d'obtenir rapidement le crédit sollicité n'avait rien d'insolite puisque, selon ses allégations qui étaient parfaitement plausibles, il avait besoin de la somme demandée pour pouvoir acheter le jour même un tea-room. c) C'est à tort également que les recourants prétendent que le refus du constituant d'indiquer au sous-directeur Monnard de quel tea-room il s'agissait devait faire naître des soupçons. S'il était normal qu'avant de décider l'octroi d'un crédit de 100 000 fr. la direction de la banque voulût connaître sa destination, il était aussi compréhensible qu'ayant répondu qu'il l'utiliserait pour acheter un tearoom, le client ait estimé ne pas pouvoir donner d'autres renseignements par crainte que l'affaire ne lui échappât. Lors même que les banques sont tenues au secret professionnel, le sous-directeur de la défenderesse était en droit d'admettre le motif invoqué par le client avec lequel il traitait et de renoncer à exiger plus de précision, de peur de l'indisposer. d) Il n'était pas insolite, contrairement à ce qu'allèguent les recourants, que le constituant demandât l'ouverture BGE 83 II 126 S. 137 d'un crédit à une banque de Lausanne alors qu'il disait être domicilié à Genève. Comme le tea-room qu'il déclarait vouloir acheter était à Lausanne, il était normal qu'il traitât avec une banque lausannoise et ne songeât pas à retourner à Genève pour se procurer l'argent nécessaire, d'autant plus que, selon ses dires, l'affaire revêtait une certaine urgence. Par ailleurs, il n'était pas étonnant qu'il ne se fût pas procuré la somme voulue auprès d'un établissement financier de Genève avant de se rendre à Lausanne pour procéder à l'achat du tea-room: il pouvait, en effet, ne pas être sûr que l'affaire se conclurait et avoir ainsi une raison valable de ne pas se faire ouvrir un crédit dans une banque genevoise, sur lequel il aurait dû payer des intérêts, avant l'aboutissement des pourparlers. Pour que le secret qu'il désirait garder fût tenu, il n'était en outre pas nécessaire qu'il s'adressât à une banque située en dehors de Lausanne et qu'il se procurât à Genève l'argent dont il avait besoin, mais il suffisait qu'il ne révélât pas au prêteur le tea-room dont il s'agissait. e) Les recourants tirent également argument du caractère illisible de la signature apposée par le constituant sur les actes que lui avait soumis la banque et prétendent qu'il y avait là une circonstance susceptible de faire naître des soupçons, en particulier sur l'identité de son auteur. Ce moyen ne saurait être retenu. De nombreuses personnes se composent en effet une signature où il est très difficile et même impossible de retrouver leur nom. Le fait relevé par les demandeurs est d'autant plus dénué d'importance que le constituant a signé les documents dans les locaux mêmes de la banque et en présence d'un employé du service des titres. Conformément aux instructions imprimées sur l'acte d'ouverture de crédit, il n'y avait par ailleurs pas lieu de faire légaliser les signatures du prétendu Hegertswyler, puisqu'il les avait apposées devant un représentant de la banque et dans les bureaux de celle-ci. f) Les recourants ne sauraient faire valoir non plus que, envisagées dans leur ensemble et non seulement isolément, BGE 83 II 126 S. 138 les circonstances qui ont entouré l'ouverture du crédit au prétendu Hegertswyler et le nantissement des titres litigieux étaient de nature à éveiller des soupçons. Il n'y avait rien d'insolite à ce qu'une personne domiciliée à Genève sollicitât auprès d'une banque lausannoise un prêt garanti par des titres de premier ordre pour pouvoir conclure le même jour l'achat d'un tea-room à Lausanne. g) De l'avis des demandeurs, il n'était pas suffisant de vérifier si les titres offerts en gage ne figuraient pas sur les listes des valeurs frappées d'opposition, car ils pouvaient avoir été volés peu de temps avant leur engagement et alors que leur propriétaire n'avait même pas eu connaissance de leur disparition. Ce moyen n'est toutefois pas décisif. Les titres au porteur sont par leur nature des valeurs dont le porteur doit être reconnu comme l'ayant droit, sans qu'il ait à établir sa qualité pour en disposer, à moins que des circonstances particulières ne fassent apparaître des doutes sur les droits du détenteur. L'argument des recourants est d'ailleurs d'autant moins pertinent en l'espèce qu'ils ont attendu jusqu'au 7 juin 1948 pour introduire la procédure d'annulation, alors que le vol s'était produit le 3 novembre 1947, et qu'il s'est écoulé plus de six mois entre la disparition des titres et la première sommation publiée par ordre du juge dans la Feuille officielle suisse du commerce du 14 juin 1948. S'ils avaient pris les mesures propres à assurer la protection de leurs droits immédiatement après avoir reçu les listes des certificats de dépôt dérobés établies par la Caisse hypothécaire, l'intimée n'aurait certainement pas accepté le nantissement de ces titres et ne pourrait de toute façon pas invoquer sa bonne foi. 5. Pour apprécier la bonne ou la mauvaise foi du créancier qui se fait remettre un gage, il faut se reporter à l'époque de la constitution du gage (RO 72 II 251) et ne tenir compte que des circonstances qui étaient alors connues ou reconnaissables, aucune inférence ne pouvant être tirée de faits postérieurs ou qui se sont révélés après coup. BGE 83 II 126 S. 139 En l'espèce, les opérations conclues le 30 avril 1948 par la défenderesse avec le prétendu Hegertswyler ne présentaient rien d'insolite: elles étaient conformes à la pratique des banques et ont été accomplies selon les usages bancaires, et les circonstances de l'affaire n'étaient pas de nature à éveiller la méfiance de la défenderesse. A l'encontre de ce que prétendent les recourants, on ne saurait exiger d'une banque qu'elle se livre à une véritable enquête lorsqu'une personne lui propose une affaire normale et courante. Son souci légitime est alors de servir le client le mieux et le plus rapidement possible, et elle est en droit de présumer que celui-ci est un homme honorable avec lequel elle peut traiter, sauf si des circonstances particulières font naître des doutes à ce sujet. On ne saurait notamment exiger qu'elle se méfie d'emblée de ses clients et qu'elle les indispose, au risque de les perdre, par des demandes de renseignements qui apparaîtraient comme la manifestation d'une certaine suspicion à leur égard. En l'espèce, la Cour cantonale a constaté en fait que le contrôle des habitants de Genève ne donne pas de renseignements par téléphone et qu'il exige par ailleurs le versement préalable des frais à son compte de chèques postaux. Si la défenderesse s'y était adressée, elle n'aurait dès lors pas pu obtenir une réponse immédiate et aurait dû renvoyer la tractation de l'affaire. S'agissant de l'ouverture d'un crédit garanti par des titres sûrs qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, elle n'avait aucun motif de se livrer à une enquête, d'autant moins que le prêt sollicité était non seulement largement couvert par les valeurs remises en nantissement mais que le montant nominal de celles-ci dépassait de quelque 15 000 fr. celui du crédit. Ce serait méconnaître les exigences du rythme et du déroulement normal des affaires que d'imposer aux banques de recueillir des renseignements complets et approfondis, dont la réunion demande du temps, avant de conclure une opération courante et ne présentant pas de risque. BGE 83 II 126 S. 140 Les circonstances de l'espèce sont, d'une façon générale, semblables à celles des cas dans lesquels la jurisprudence a admis la bonne foi du créancier gagiste et la validité du nantissement (cf. notamment RO 25 II 846, 35 II 587/588, 36 II 358, 38 II 190/191, 70 II 106-109, 72 II 251 ss.): il s'agissait d'une opération de crédit normale garantie par des titres de premier ordre qui ne figuraient pas sur les listes d'opposition, et aucun fait particulier n'était propre à faire naître des soupçons. Elles sont en revanche totalement différentes de celles des causes où le Tribunal fédéral a jugé que le créancier gagiste était de mauvaise foi, parce que certains faits étaient de nature à éveiller la méfiance, soit que le cocontractant fût connu comme une personne avec laquelle il ne fallait traiter qu'avec une très grande prudence, soit que les conditions mêmes de l'affaire fussent en soi insolites (cf. notamment RO 36 II 357, 38 II 468/469, 47 II 264-266, 70 II 109/110, 80 II 242). 6. Les recourants ne sauraient exiger que le comportement de l'intimée soit apprécié avec rigueur alors qu'ils ont fait preuve d'une négligence grave dans la défense de leurs droits. Ils ont omis de prendre les mesures nécessaires pour empêcher la vente ou la mise en gage des titres volés sitôt leur disparition découverte; ils n'ont pas indiqué à la police le nombre et les numéros des valeurs dérobées; ils ont différé pendant quelque six mois l'introduction de la procédure d'annulation, bien que la Caisse hypothécaire leur eût proposé de s'en charger et leur eût conseillé plusieurs fois, après le refus de cette offre, d'y pourvoir eux-mêmes sans tarder. Celui qui n'a rien entrepris en temps utile pour protéger ses droits sur des titres au porteur qui lui ont été volés ne peut ensuite en réclamer la restitution à l'acquéreur ou au créancier gagiste qui est entré en leur possession dans des conditions normales, en lui reprochant sans motifs fondés une prétendue mauvaise foi. Cela étant, conformément à l'art. 44 CO, une action en dommages-intérêts contre la défenderesse ne saurait être admise, le préjudice subi par les demandeurs étant BGE 83 II 126 S. 141 la conséquence de leur propre négligence (OFTINGER, note 380 à l'art. 884 CC). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: Le recours est rejeté et le jugement attaqué est confirmé.
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Urteilskopf 80 IV 193 39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. September 1954 i.S. Fetz gegen Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden.
Regeste Art. 46 Abs. 1 Ziff. 7 BG betr. die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 ist auch auf Abholzungen anzuwenden, die das kantonale Recht in Ausführung der in Art. 29 dieses Gesetzes enthaltenen Weisungen verbietet.
Erwägungen ab Seite 194 BGE 80 IV 193 S. 194 Aus den Erwägungen: Der Beschwerdeführer hat die Tat in einem privaten Schutzwald begangen. Kahlschlag (Art. 27 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 5 FPolG ) wird ihm nicht vorgeworfen. Wenn er sich nach eidgenössischem Recht strafbar gemacht hat, kann es daher nur nach Art. 29 FPolG (in Verbindung mit Art. 46 Ziff. 7) geschehen sein. Die Auffassung des Kleinen Rates, auf Abholzungen gemäss Art. 29 könne Art. 46 Ziff. 7 FPolG überhaupt nicht angewendet werden, weil erstere Bestimmung nur eine Weisung an die Kantone enthalte, hält nicht stand. Gewiss ist Art. 29 in Form einer Weisung an die Kantone abgefasst, indem er sie "verpflichtet, zur Erhaltung der privaten Schutzwaldungen und zur Sicherung ihres Zweckes jeweilen das Nötige anzuordnen" (Satz 1), und indem er ihnen gebietet, "insbesondere darüber zu wachen, dass in Schutzwaldungen ohne Bewilligung seitens der zuständigen kantonalen Behörde keine Kahlschläge in Hochwaldungen und keine erheblichen Holznutzungen zum Verkaufe oder für ein eigenes industrielles Gewerbe, zu dessen Betrieb hauptsächlich Holz verwendet wird, vorgenommen werden" (Satz 2). Das schliesst aber nicht aus, dass die Übertretung eines zur Ausführung dieser Bestimmung erlassenen kantonalen Verbotes Strafe nach eidgenössischem Recht zur Folge habe, ähnlich wie die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz (JVG) anwendbar sind auf Handlungen, deren Widerrechtlichkeit von Normen abhängt, welche die Kantone entsprechend der ihnen in Art. 1 JVG erteilten Weisung erlassen, z.B. von kantonalen Normen über die Jagdberechtigung (Art. 1 Abs. 2), die Jagdzeit (Art. 7), das Jagdgebiet (Art. 7 letzter Abs.). Fragen könnte sich daher lediglich, ob Art. 46 Ziff. 7 FPolG Strafe auch auf jene Abholzungen BGE 80 IV 193 S. 195 androht, die das kantonale Recht in Ausführung des Art. 29 FPolG verbietet, oder bloss auf die durch Art. 18 Abs. 5, 27, 30 Abs. 2 FPolG unmittelbar verbotenen Kahlschläge und ihnen in der Wirkung gleichkommenden Holznutzungen in öffentlichen und privaten Schutzwäldern und nichtgeschützten privaten Hochwäldern. Da Art. 46 Ziff. 7 ohne Einschränkung von "verbotenen Abholzungen" spricht, ist jedoch nicht zu bezweifeln, dass darunter auch alle Abholzungen fallen, die den kantonalen Ausführungsbestimmungen zu Art. 29 FPolG (unmittelbar oder kraft der Verweisung des Art. 49 Abs. 2) zuwiderlaufen. Wäre das nicht der Wille des Gesetzes, so hätte auf die Art. 18 Abs. 5, 27 und 30 Abs. 2 verwiesen oder statt von Abholzungen von Kahlschlägen und ihnen in der Wirkung gleichkommenden Nutzungen gesprochen werden müssen. Schon Art. 27 Ziff. 6 des BG vom 24. März 1876 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge drohte auf alle "gesetzwidrigen Abholzungen in sämtlichen der eidgenössischen Oberaufsicht unterstellten Waldungen" Busse an, obschon Art. 18 gleichzeitig bestimmte, die Regelung der Holznutzungen in den Privatwäldern sei innerhalb der Schranken dieses Gesetzes Sache der Kantone. Daran wollte durch die Revision des Gesetzes im Jahre 1902 nichts geändert werden (BBl 1898 III 558). Dass die bundesrechtliche Strafnorm auch die durch kantonale Ausführungsvorschriften verbotenen Abholzungen erfassen wollte, erhellt deutlich daraus, dass sie im Entwurfe des Bundesrates zum neuen Gesetze in der gleichen Ziffer und im gleichen Satze enthalten war wie die Strafbestimmung gegen "Nichtbeachtung kantonaler Vorschriften mit Bezug auf private Schutzwaldungen" (Art. 32 Ziff. 5 des Entwurfes; BBl 1898 III 569). Die Trennung wurde in der Bundesversammlung auf Antrag der Kommission des Ständerates beschlossen mit einer Begründung, aus der hervorgeht, dass am sachlichen Geltungsbereich der Bestimmung (damals Art. 44 Ziff. 6) nichts geändert werden wollte (StenBull 1901 578, 623). Es ist denn auch BGE 80 IV 193 S. 196 nicht zu ersehen, was den Bundesgesetzgeber hätte bewegen können, eine Strafbestimmung zwar gegen "Nichtbeachtung kantonaler Vorschriften mit Bezug auf private Schutzwaldungen (Art. 29)" ( Art. 46 Ziff. 6 FPolG ), aber nicht auch gegen die ebenfalls in kantonalen Ausführungsbestimmungen zu Art. 29 umschriebenen verbotenen Abholzungen zu erlassen. Auch im Vollmachtenbeschluss des Bundesrates vom 23. Februar 1917 (aufgehoben am 22. Januar 1924), der in Erweiterung des Art. 30 FPolG eine dem Art. 29 entsprechende Bestimmung für private Nichtschutzwaldungen erliess und die von den Kantonen in Ausführung des Art. 29 erlassenen Vorschriften auf diese Waldungen anwendbar erklärte, wurden die Übertretungen dieser Ausführungsvorschriften (und des Bundesratsbeschlusses) der Strafandrohung von Art. 46 Ziff. 7 FPolG unterstellt (AS 1917 87).
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Urteilskopf 100 Ib 293 49. Auszug aus dem Urteil vom 13. November 1974 i.S. Fischer gegen Staat Aargau.
Regeste Enteignungsverfahren Die in Art. 41 EntG vorgesehenen Säumnisfolgen treten für den geschädigten Mieter nur ein, wenn eine öffentliche Auflage in der Gemeinde der gelegenen Sache erfolgte oder ihm durch den Vermieter von der Enteignung Mitteilung gemacht wurde. Der Vermieter ist im Enteignungsverfahren nicht Vertreter des Mieters.
Sachverhalt ab Seite 293 BGE 100 Ib 293 S. 293 A.- Am 1. Juli 1970 beschloss der Grosse Rat des Kantons Aargau den Bau der Schweizerischen Hauptstrasse T 5 Brugg I.O., Ausbau Zollplätzli. Gestützt auf § 4 des kantonalen BGE 100 Ib 293 S. 294 Strassenbaugesetzes und Art. 11 des BB über die Verwendung des für den Strassenbau bestimmten Anteils am Treibstoffzollertrag vom 23.12.1959 (SR 725.116.2 S. 4) wurde zum Zwecke der Landbeschaffung u.a. gegen E. Baumann, Eigentümer der Wohn- und Geschäftsliegenschaft GB Brugg Nr. 1115, das bundesrechtliche Enteignungsverfahren eingeleitet. Baumann hatte mit Vertrag vom 21. Januar 1972 in der genannten Liegenschaft befindliche Räumlichkeiten für die Dauer von fünf Jahren an Coiffeurmeister Peter Fischer vermietet. Der Mietvertrag war im Grundbuch nicht vorgemerkt worden. Für die Durchführung der Enteignung wurde das abgekürzte Verfahren nach Art. 33 f. EntG bewilligt. Am 3. März 1973 wurde Baumann die Enteignung persönlich angezeigt mit dem Bemerken, dass neben ihm als Grundeigentümer "Dienstbarkeits- und Nutzniessungsberechtigte des betreffenden Grundstücks" befugt seien, Eingaben einzureichen, und dass er allenfalls Berechtigten, deren Rechte durch die Enteignung beeinträchtigt werden könnten, sofort von der persönlichen Anzeige Kenntnis zu geben habe. Baumann teilte seinem Mieter Fischer die Enteignungsanzeige erst am 2. Juni 1973 mit. Am 10. desselben Monats machte Fischer jenem gegenüber schriftlich eine Schadenersatzforderung von ca. Fr. 30 000.-- geltend, und nachdem der Staat Aargau dem genannten Mieter am 18. Juni 1973 die Auflösung des Mietverhältnisses auf Ende 1973 angekündigt hatte, reichte dieser am 29. Juni 1973 die vorgenannte Schadenersatzforderung beim Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission (ESchK), 8. Kreis, ein. B.- Am 29. März 1974 trat die ESchK auf das Forderungsbegehren Fischers wegen Verspätung nicht ein bzw. wies dieses ab. Zur Begründung führte sie aus, Baumann sei der ihm als Vermieter obliegenden Pflicht zur sofortigen Benachrichtigung des Mieters Fischer nicht rechtzeitig nachgekommen; er habe diesem von der Enteignungsanzeige, die er am 3. März 1973 erhalten habe, erst am 2. Juni 1973 Meldung gemacht. Die Eingabe Fischers vom 29. Juni 1973 sei daher nicht innert der gesetzlichen Frist von 30 Tagen gemäss Art. 30 und 37 EntG eingereicht worden. Eine nachträgliche Eingabe der Entschädigungsforderung sei ausgeschlossen, weil Fischer die Geltendmachung seiner Ansprüche nicht wegen BGE 100 Ib 293 S. 295 unverschuldeter Hindernisse verunmöglicht gewesen noch der Bestand seines Rechtes erst später zu seiner Kenntnis gelangt sei; die Voraussetzungen der Art. 41 Abs. 1 lit. a und b EntG seien deshalb nicht erfüllt. C.- Fischer ficht diesen Entscheid mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Er rügt eine Verletzung von Art. 19 VO für die ESchK sowie von Art. 41 lit. a und Art. 38 EntG . Die ESchK hat sich ausdrücklich, das Baudepartement des Kantons Aargau sinngemäss mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 41 Abs. 1 lit. a EntG können Entschädigungsforderungen auch nach Ablauf der Eingabefrist noch geltend gemacht werden, wenn ein Berechtigter den Nachweis leistet, dass ihm oder seinem Vertreter die Geltendmachung seiner Ansprüche wegen unverschuldeter Hindernisse unmöglich war oder ihm der Bestand seines Rechts erst später zur Kenntnis gelangt ist. Fischer macht geltend, er sei durch ein unverschuldetes Hindernis, nämlich durch die Säumnis Baumanns in der Benachrichtigung von der rechtzeitigen Geltendmachung seiner Forderung abgehalten worden. Weder Baumann noch dessen Anwalt seien seine Vertreter gewesen, so dass deren Verhalten ihm nicht angerechnet werden könne. Nachdem er vom Enteignungsverfahren Kenntnis erhalten habe, habe er seine Forderung innerhalb von 30 Tagen angemeldet. 3. a) Art. 41 EntG ist nur anwendbar, wenn ein Enteignungsverfahren stattgefunden hat und dem Geschädigten im Laufe dieses Verfahrens Gelegenheit geboten wurde, seine Forderung rechtzeitig anzumelden. Diese Gelegenheit erhält er dann, wenn eine öffentliche Auflage in der Gemeinde der gelegenen Sache erfolgt oder ihm - im abgekürzten Verfahren - eine persönliche Anzeige zugeht ( BGE 92 I 178 , BGE 100 Ib 200 ). Wird der Geschädigte nicht in dieser Weise in das Enteignungsverfahren einbezogen und ihm damit keine Eingabefrist angesetzt, so kann er diese auch nicht versäumen. Dann aber stellt sich auch die Frage der Anwendung von Art. 41 EntG nicht (vgl. auch BGE 67 I 172 ff., BGE 71 I 300 , BGE 100 Ib 203 f.). BGE 100 Ib 293 S. 296 b) Ist der Geschädigte Mieter, so wird ihm gemäss Art. 32 EntG die Enteignung durch den Vermieter angezeigt. Es stellt sich damit die Frage, ob die Benachrichtigung des Mieters durch den Vermieter lediglich die persönliche Anzeige des Enteigners ersetzt, der Vermieter somit als Hilfsperson des Enteigners handelt, oder ob der Vermieter auf Grund seiner gesetzlichen Mitteilungspflicht als Vertreter des Mieters anzusehen sei; letztere Überlegung scheint dem angefochtenen Entscheid zugrunde zu liegen. Nach Art. 32 EntG hat der Vermieter, wo durch die Enteignung in Mietverträge eingegriffen wird, die nicht im Grundbuch vorgemerkt sind, seinem Mieter davon sofort nach Empfang der Enteignungsanzeige Mitteilung zu machen, und nach Art. 34 Abs. 1 lit. g EntG hat die an den Vermieter ergangene persönliche Anzeige die Aufforderung zur Benachrichtigung des Mieters gemäss Art. 32 EntG zu enthalten. Zur Anmeldung von Forderungen aber ist der Mieter selber verpflichtet ( Art. 37 EntG ). Bei dieser Rechtslage kann nicht gesagt werden, der Vermieter vertrete den Mieter in der Enteignungssache (s. BGE 96 I 472 E. 2a). Es obliegt ihm von Gesetzes wegen eine Meldepflicht, ohne dass ihm auch das Recht zustünde, für den Mieter mit Wirkung für ihn im Enteignungsverfahren Rechtshandlungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Solches würde auch nicht aus dem Mietverhältnis folgen. Vielmehr erscheint der Vermieter hier praktisch als Hilfsperson des grundsätzlich anzeigepflichtigen Enteigners, der vom Gesetzgeber im Falle nicht im Grundbuch eingetragener Mieten von dieser Pflicht nur deswegen befreit wurde, weil er in den wenigsten Fällen, selbst wenn er von der Vermietung Kenntnis hat, wissen kann, wieweit die Rechte der Mieter gehen und ob diese zu den Entschädigungsberechtigten gehören (BBl 1926 II S. 44). Allgemeiner darf sogar gesagt werden, dass es unter den heutigen Verhältnissen dem Enteigner überhaupt nicht mehr zumutbar wäre, in allen Fällen die bloss obligatorisch berechtigten Mieter auch nur ausfindig zu machen. Ersetzt demnach die Mitteilung des Vermieters an den Mieter die persönliche Anzeige des Enteigners, so läuft auch die Eingabefrist für den Mieter erst vom Empfang der Mitteilung des Vermieters an. BGE 100 Ib 293 S. 297 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit auf sie einzutreten ist, und die Sache an die Eidgenössische Schätzungskommission, 8. Kreis, zur Anhandnahme des vom Beschwerdeführer am 29. Juni 1973 eingereichten Forderungsbegehrens zurückgewiesen.
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1,974
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Urteilskopf 104 V 103 24. Auszug aus dem Urteil vom 5. Juli 1978 i.S. Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, St. Gallen, gegen Weder und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Anrechenbarer Verdienstausfall ( Art. 23 Abs. 1 AlVV ). Hat ein Arbeitnehmer aus wirtschaftlichem Zwang eine blosse Halbtagsstelle angenommen, so entspricht diese zeitliche Belastung nicht der normalen Arbeitszeit.
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 104 V 103 S. 103 A.- Barbara Weder trat nach dem Diplomabschluss am Kindergärtnerinnenseminar am 25. April 1977 eine Halbtagsstelle am Vorkindergarten B. an, wo sie für 10 Arbeitsstunden pro Woche entschädigt wurde. Am 9. Mai 1977 machte sie Arbeitslosenentschädigung seit April 1977 geltend. Die Angelegenheit wurde von der kantonalen Arbeitslosenversicherungskasse St. Gallen als Zweifelsfall dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) unterbreitet. Dieses verneinte mit Verfügung vom 29. Juni 1977 einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, weil die wöchentliche Normalarbeitszeit von Fräulein Weder 10 Stunden und die tägliche Normalarbeitszeit 1,66 Stunden betrage ( Art. 23 Abs. 2 AlVV vom 14. März 1977). B.- Gegen diese Verfügung beschwerte sich Barbara Weder beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, welches die Beschwerde am 27. Oktober 1977 in dem Sinne guthiess, dass BGE 104 V 103 S. 104 die Arbeitszeit von 10 Stunden nicht der normalen Arbeitszeit im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AlVV entspreche, sondern vielmehr die Pflichtstundenzahl von zwanzig die normale Arbeitszeit darstelle. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das KIGA die Aufhebung des Entscheides des kantonalen Versicherungsgerichtes. Während Barbara Weder sinngemäss die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, erachtet das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit eine Anspruchsberechtigung grundsätzlich als gegeben. Erwägungen Erwägungen: 1. Nach Art. 24 Abs. 2 lit. c AlVG setzt der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung u.a. voraus, dass der Versicherte einen anrechenbaren Verdienstausfall erlitten hat. Gemäss Art. 23 Abs. 1 AlVV ist der Verdienstausfall anrechenbar, wenn er durch einen Ausfall an normaler Arbeitszeit entsteht. Vorliegend geht es um die Auslegung dieses Begriffes. Das KIGA begründete seine Verfügung zur Hauptsache damit, dass nur der Ausfall der persönlichen Arbeitszeit Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gebe. Als solche gelte die Arbeitszeit, während welcher der Versicherte üblicherweise beschäftigt werde. Wenn Barbara Weder vereinbarungsgemäss 10 Wochenstunden unterrichte, so gelte die auf dieser Abmachung beruhende Arbeitszeit als normale Arbeitszeit im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AlVV . Zu dieser Argumentation nahm das Bundesamt in seinem Schreiben vom 24. Oktober 1977 an die Vorinstanz wie folgt Stellung: "Vom formalen Gesichtspunkt aus ist der Hinweis des KIGA auf Art. 23 Abs. 1 AlVV zutreffend. Wenn die Rekurrentin nur eine Halbtagsbeschäftigung annehmen wollte, hat sie in der Tat keinen anrechenbaren Verdienstausfall erlitten, da in diesem Fall die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit ihrer "normalen" Arbeitszeit entspricht. Sofern jedoch die Rekurrentin nachweisen kann, dass sie die Halbtagsstelle nur deshalb angenommen hat, weil sie trotz ernsthafter Bemühungen keine Ganztagsstelle finden konnte und sie somit die Halbtagsstelle zur Vermeidung von Ganzarbeitslosigkeit akzeptiert hat, kommt die zitierte Norm nicht zum Zuge. Hinter der förmlichen Vereinbarung der Halbtagstätigkeit steht der wirtschaftliche Zwang, nicht der freie BGE 104 V 103 S. 105 Wille der Rekurrentin." Die Vorinstanz ging von dieser differenzierteren Betrachtungsweise aus und vertrat die Auffassung, dass Barbara Weder die Halbtagsstelle nur zur Vermeidung von Ganzarbeitslosigkeit akzeptiert habe. Die Arbeitszeit von 10 Stunden entspreche daher nicht der normalen Arbeitszeit im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AlVV . Vielmehr müsse die Pflichtstundenzahl von 20 Stunden als normale Arbeitszeit betrachtet werden, so dass Barbara Weder während 10 Stunden einen anrechenbaren Verdienstausfall erleide. Das KIGA wirft nun Barbara Weder vor, sie habe sich gemäss Art. 9 Abs. 1 AlVV zu wenig um eine zumutbare Arbeit, unter der auch eine ausserberufliche Tätigkeit verstanden werden müsse, bemüht. Als Beweis dafür legt es die Stellenbulletins vom 6. und 20. April 1977 vor und verweist auf die damals offenen Stellen als Bürogehilfin, Kontrolleurin und Textilarbeiterin. Überdies sei Art. 26 Abs. 1 AlVG verletzt, wonach für die Bezugsberechtigung auch noch die Vermittlungsfähigkeit erforderlich sei, die ihrerseits eine genügende Vermittlungsbereitschaft voraussetze. Diese sei nicht mehr gewährleistet gewesen, nachdem Barbara Weder die Halbtagsstelle angenommen habe. 2. Mit Recht beharrt das KIGA nicht mehr auf seinem anfänglichen formalen Standpunkt. Es begründet seine Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem materiellen Argument, dass sich Barbara Weder zu wenig um eine zumutbare Arbeit bemüht habe und dass sie nicht vermittlungsfähig bzw. vermittlungsbereit gewesen sei. Nach Art. 9 AlVV gilt eine Arbeit als zumutbar, wenn sie den berufs- und ortsüblichen Bedingungen entspricht, den Fähigkeiten und dem Gesundheitszustand des Versicherten angemessen ist und ihn sittlich nicht gefährdet. Überdies darf die Arbeit die künftige berufliche Tätigkeit des Versicherten nicht wesentlich erschweren, es sei denn, dass in absehbarer Zeit keine Aussicht auf Wiederbeschäftigung in seinem Beruf besteht. Die Annahme einer ausserberuflichen Tätigkeit in einem Büro oder als Textilarbeiterin wäre hier aber, insbesondere wegen des offenbar grossen Andranges, für das Bestreben Barbara Weders, als Kindergärtnerin eine Stelle zu finden, hinderlich gewesen. Allerdings muss eingeräumt werden, dass für Pädagogen eine berufsfremde Arbeit während einer beschränkten Zeit durchaus wertvoll sein kann und gewissenorts sogar BGE 104 V 103 S. 106 vorgeschrieben ist. Daneben ist es aber bei Stellenbewerbungen von besonderem Vorteil, wenn der Bewerber auch über praktische Erfahrungen in seinem Beruf verfügt. Es ist daher verständlich, dass Barbara Weder die Gelegenheit, wenigstens halbtags in einem Kindergarten tätig zu sein, benutzte, um damit erste Erfahrungen zu gewinnen und dadurch die Chancen zu verbessern, in ihrem Beruf eine volle Beschäftigung zu finden. Mithin ist hier die Situation nicht mit jener zu vergleichen, in welcher ein Lehrer nur deshalb kurzdauernde Vikariate übernimmt, weil er ein freies Leben führen will (ARV 1977 Nr. 15). Abgesehen davon besteht die Sanktion bei Nichtbemühen um zumutbare Arbeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. f AlVG lediglich in der Einstellung in der Anspruchsberechtigung für eine bestimmte Zeit und nicht in der gänzlichen Verweigerung von Arbeitslosenentschädigung. Das Vorgehen Barbara Weders ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil sie sich für die übrige Zeit dem Arbeitsamt zur Verfügung hielt und selber eine weitere Halbtagsstelle suchte. In einer Halbtagsbeschäftigung kann nicht zum vornherein eine Vermittlungsunfähigkeit im Sinne von Art. 26 Abs. 1 AlVG erblickt werden. Vielmehr bedarf es der Prüfung aller Umstände, wobei der persönlichen Situation Rechnung zu tragen ist ( BGE 99 V 114 , insbesondere 116-117 mit Hinweisen; unveröffentlichtes Urteil Meylan vom 1. April 1976). In ihrer Vernehmlassung vom 18. März 1978 weist Barbara Weder glaubhaft darauf hin, dass sie sich beim Arbeitsamt bereit erklärt habe, jede zugewiesene Halbtagsstelle für den Nachmittag (vormittags arbeitete sie im Vorkindergarten in B.) anzunehmen; Herr D., Verwalter des Arbeitsamtes X., habe aber für sie keine solche Beschäftigung finden können. Es wird denn auch nicht geltend gemacht, sie selbst habe sich zu wenig um eine zusätzliche Halbtagsstelle bemüht. In ihrer besonderen Situation kann ihr weder vorgeworfen werden, sie habe keine Vermittlungsbereitschaft gezeigt noch sich zu wenig um zumutbare Arbeit bemüht. Das Vorgehen Barbara Weders erwies sich überdies als zweckmässig, konnte sie doch ab 23. Oktober 1977 den Vorkindergarten B. ganztägig führen und wurde sie ab April 1978 von der Evangelischen Schulgemeinde B. als Kindergärtnerin fest angestellt. Damit wird auch der Hinweis des KIGA auf den letzten Satz von Art. 9 Abs. 1 AlVV gegenstandslos. BGE 104 V 103 S. 107 Somit kann nicht behauptet werden, die vereinbarte halbtägige Arbeitszeit entspreche der "normalen" Arbeitszeit. Da die Halbtagsbeschäftigung nur aus wirtschaftlichem Zwang übernommen wurde, muss die Pflichtstundenzahl von 20 Stunden pro Woche als normale Arbeitszeit angesehen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 115 V 4 2. Auszug aus dem Urteil vom 13. März 1989 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen S. und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste Art. 18 Abs. 2 AHVG , Art. 1 Abs. 1 und Art. 3bis FlüB , Art. 24 Abs. 1 IPRG : Begriff des Flüchtlings und des Staatenlosen. Rz. 55 der ab 1. September 1985 gültigen Verwaltungsweisungen des BSV über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der AHV/IV, wonach zum Beweis der Flüchtlings- bzw. Staatenloseneigenschaft eine Bestätigung des Delegierten für das Flüchtlingswesen eingeholt werden muss, ist rechtmässig.
Erwägungen ab Seite 4 BGE 115 V 4 S. 4 Aus den Erwägungen: 1. a) Nach Art. 18 Abs. 2 AHVG sind Ausländer und ihre nicht das Schweizer Bürgerrecht besitzenden Hinterlassenen nur rentenberechtigt, solange sie ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz haben und sofern die Beiträge während mindestens zehn vollen Jahren entrichtet worden sind. Vorbehalten bleiben die besonderen bundesrechtlichen Vorschriften über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Staatenlosen sowie abweichende zwischenstaatliche Vereinbarungen, insbesondere mit Staaten, deren Gesetzgebung den Schweizer Bürgern und ihren Hinterlassenen BGE 115 V 4 S. 5 Vorteile bietet, die denjenigen dieses Gesetzes ungefähr gleichwertig sind. Gemäss Art. 1 Abs. 1 und Art. 3bis des Bundesbeschlusses über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 4. Oktober 1962 (FlüB; SR 831.131.11) haben in der Schweiz wohnhafte Flüchtlinge und Staatenlose unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf ordentliche Renten der AHV sowie auf ordentliche Renten und Hilflosenentschädigungen der Invalidenversicherung. b) Laut Verwaltungspraxis gelten als Flüchtlinge oder Staatenlose Personen, die von den zuständigen schweizerischen Behörden nach den schweizerischen Rechtsvorschriften als solche anerkannt worden sind, sowie ihre Angehörigen, sofern diese gleichfalls den Status von anerkannten Flüchtlingen oder Staatenlosen haben. Asylbewerber, Personen, deren Asylgesuch abgewiesen worden ist, die aber mangels Wegweisungsmöglichkeit in der Schweiz interniert werden, gelten nicht als Flüchtlinge. Desgleichen Schriftenlose nicht als Staatenlose. Diese Personen fallen daher nicht unter den Geltungsbereich der Verwaltungsweisungen des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der AHV/IV. Die Rechtsstellung von Asylbewerbern, Personen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, Internierten und Schriftenlosen richtet sich ausschliesslich nach ihrer Staatsangehörigkeit. Personen, die aus einem Land stammen, mit dem die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, gelten als Nichtvertragsausländer und haben somit nur dann einen Leistungsanspruch, wenn sie die Voraussetzungen der Art. 18 Abs. 2 AHVG oder Art. 6 Abs. 2 IVG erfüllen. Andernfalls ist das betreffende Sozialversicherungsabkommen massgebend (Rz. 2,3 und 6 der Verwaltungsweisungen des BSV über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der AHV/IV (gültig ab 1. September 1985), enthalten in der Wegleitung über die Stellung der Ausländer und Staatenlosen). Gemäss Rz. 55 der Verwaltungsweisungen wird bei den in der Schweiz wohnhaften Flüchtlingen oder Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft bzw. die Staatenlosigkeit durch die vom Delegierten für das Flüchtlingswesen ausgestellte "Bestätigung über die Eigenschaft als Flüchtling oder als Staatenloser" nachgewiesen. Das Ausstellungsdatum dieser Bestätigung darf im Zeitpunkt der Anmeldung nicht mehr als zwei Monate zurückliegen. Die Bestätigung ist vom Rentenansprecher beizubringen. Er ist allenfalls bei der Anmeldung darauf aufmerksam zu machen. BGE 115 V 4 S. 6 Diese von der Aufsichtsbehörde erlassenen Weisungen sind keine Rechtsnormen. Sie sind wohl für die Durchführungsorgane, nicht aber für den Richter verbindlich. Die Weisungen sind eine im Interesse der gleichmässigen Gesetzesanwendung abgegebene Meinungsäusserung der sachlich zuständigen Aufsichtsbehörde. Der Richter soll sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen ( BGE 112 V 233 Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch BGE 113 V 21 Erw. b, BGE 112 V 241 Erw. 2c; ARV 1987 Nr. 4 S. 65 Erw. 2b; GRISEL, Traité de droit administratif, S. 89 f.; SPIRA, Le contrôle juridictionnel des ordonnances administratives en droit fédéral des assurances sociales, in Mélanges André Grisel, S. 814 ff.; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 138 ff.; RYSER, Die Bedeutung der Verwaltungsweisungen für die Bemessung von Invalidität und Hilflosigkeit, Diss. Bern 1986, S. 59 ff.). 2. Zu prüfen ist, wer im Sinne von Art. 18 Abs. 2 AHVG und des FlüB als Flüchtling bzw. als Staatenloser gilt. a) Die Frage des Flüchtlingsstatus beurteilt sich nach dem Asylgesetz vom 5. Oktober 1979 (AsylG; SR 142.31). Gemäss Art. 3 Abs. 1 AsylG gelten als Flüchtlinge Ausländer, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Damit hat der Gesetzgeber im wesentlichen den Flüchtlingsbegriff aus alt Art. 21 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (AS 1949 I 228) und der hiezu ergangenen Rechtspraxis übernommen (vgl. Botschaft zum AsylG vom 31. August 1977, BBl 1977 III 116 f.), der weitgehend demjenigen des Internationalen Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (SR 0.142.30) in der für die Schweiz massgeblichen Fassung gemäss Protokoll vom 31. Januar 1967 (SR 0.142.301) entspricht (LIEBER, Das neue schweizerische Asylrecht, in: ZBl 82/1981, S. 49 ff., insbesondere S. 52; vgl. auch SCHÜRCH, Das schweizerische Asylrecht, in: ZBJV 104/1968, S. 241 ff., insbesondere S. 249). Der Entscheid darüber, ob eine um Asyl nachsuchende Person die Flüchtlingseigenschaft erfüllt, wird vom Bundesamt für Polizeiwesen getroffen (Art. 11 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 lit. b AsylG ). Der Ausländer, BGE 115 V 4 S. 7 dem die Schweiz Asyl gewährt hat, gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden als Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes sowie des Flüchtlingsabkommens ( Art. 25 AsylG ). Verwaltung und Richter sind mithin an den positiven Asylentscheid der zuständigen Behörden gebunden und können die Flüchtlingseigenschaft nicht erneut überprüfen (vgl. BGE 112 IV 119 Erw. 4a; LIEBER, a.a.O., S. 61). Umgekehrt entfaltet indessen die Asylverweigerung noch keine verbindliche Negierung des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft. Denn ein Asylgesuch kann beispielsweise auch dann abgelehnt werden, wenn der Ausländer zwar den Flüchtlingsbegriff erfüllt, sich aber vor der Einreise in die Schweiz länger als 20 Tage in einem Drittstaat aufgehalten hat ( Art. 6 Abs. 1 lit. a AsylG in Verbindung mit Art. 2 der Asylverordnung vom 25. November 1987, SR 142.311), wenn in einem Drittstaat, in welchen er ausreisen kann, nahe Verwandte bzw. andere Personen leben, zu denen er enge Beziehungen hat ( Art. 6 Abs. 1 lit. b AsylG ), oder wenn eine Ausweisung aus den in Art. 45 Abs. 1 AsylG genannten Gründen nicht möglich ist (vgl. Botschaft zum AsylG, a.a.O., S. 128 und 137 f.; LIEBER, a.a.O., S. 61; KÄLIN, Das Prinzip des non-refoulement, Diss. Zürich 1982, S. 270 f. und 275; siehe in diesem Zusammenhang auch SCHMID-WINTER, Die Rechtsstellung des Flüchtlings, insbesondere in der Sozialversicherung, Diss. Basel 1982, namentlich S. 30 ff.). Denkbar ist sodann, dass zwar die Flüchtlingseigenschaft erfüllt ist, aber nicht um Asyl nachgesucht wird (vgl. KÄLIN, a.a.O., S. 97 und 276). Es ist mithin zu unterscheiden zwischen dem sog. materiellen, auf Art. 3 Abs. 1 AsylG beruhenden und dem formellen, von der Asylgewährung abhängigen Flüchtlingsbegriff. Ob im Rahmen des Art. 18 Abs. 2 AHVG bzw. des FlüB der formelle oder materielle Flüchtlingsbegriff massgebend ist, lässt sich aufgrund des Wortlauts nicht ermitteln, da sowohl in Art. 18 Abs. 2 AHVG wie auch im FlüB lediglich von "Flüchtlingen" die Rede ist. Ebensowenig lässt sich den Materialien entnehmen. Nach der bundesrätlichen Botschaft zum FlüB vom 19. Januar 1962 (BBl 1962 I 237), mit welchem Bundesbeschluss das Flüchtlingsabkommen innerstaatlich ergänzt wurde, ist der FlüB allgemein anwendbar auf "alle Personen, die nach schweizerischer Gesetzgebung und Praxis als Flüchtlinge gelten", bzw. auf "alle Flüchtlinge im schweizerischen Rechtssinn" (a.a.O., S. 238 f.). Die Auslegung nach Sinn und Zweck (vgl. BGE 113 V 109 Erw. 4a mit Hinweisen) führt indessen zum Schluss, dass der Sozialversicherungsgesetzgeber BGE 115 V 4 S. 8 die Anwendbarkeit des Bundesbeschlusses nur auf diejenigen Flüchtlinge beschränkt wissen wollte, die in der Schweiz Asyl erhalten haben, d.h. anerkannt sind. Denn es ist kein Grund ersichtlich, weshalb abgewiesene Asylbewerber bessergestellt werden sollten als Ausländer aus Staaten, mit welchen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat. Zudem wären die Organe der AHV/IV weder fachlich noch personell in der Lage abzuklären, ob ein (abgewiesener) Asylbewerber die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 AsylG erfüllt. Dass im Rahmen der fraglichen Bestimmungen der formelle Flüchtlingsbegriff massgebend ist, ergibt sich im übrigen auch aus der Botschaft zum AsylG, wo der Bundesrat ausdrücklich darauf hinweist, dass der FlüB lediglich auf anerkannte Flüchtlinge Anwendung findet (a.a.O., S. 111; vgl. auch SCHMID-WINTER, a.a.O., S. 83). Nach dem Gesagten sind die bundesamtlichen Weisungen, welche den Status des Flüchtlings von dessen Anerkennung abhängig machen, nicht zu beanstanden. b) Gemäss Art. 24 Abs. 1 des vom Bundesrat auf den 1. Januar 1989 in Kraft gesetzten (AS 1988 II 1831) Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) gilt eine Person als staatenlos, wenn ihr diese Eigenschaft im Sinne des New Yorker Übereinkommens vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen (SR 0.142.40) zukommt oder wenn ihre Beziehung zum Heimatstaat so gelockert ist, dass dies einer Staatenlosigkeit gleichkommt. Laut Art. 1 Ziff. 1 des erwähnten, von der Schweiz ratifizierten Übereinkommens ist eine solche Person staatenlos, die kein Staat aufgrund seiner Gesetzgebung als seinen Angehörigen betrachtet. Staatenlosigkeit bedeutet nach dieser Begriffsumschreibung das Fehlen der rechtlichen Zugehörigkeit zu einem Staate (BURCKHARDT YVONNE, Die Rechtsstellung der Staatenlosen im Völkerrecht und schweizerischen Landesrecht, Diss. Bern 1977, S. 1 mit Hinweisen auf die Doktrin). Von dieser rechtlichen ist die in Art. 24 Abs. 1 in fine IPRG umschriebene faktische Staatenlosigkeit (Botschaft zum IPR-Gesetz vom 10. November 1982, BBl 1983 I 324) zu unterscheiden. Dabei handelt es sich um Personen, die zwar formell noch eine Staatsangehörigkeit besitzen, deren Heimatstaat sie aber faktisch nicht mehr anerkennt und sich weigert, ihnen Schutz zu gewähren (BURCKHARDT, a.a.O., S. 2; vgl. auch LIEBER, Die neuere Entwicklung des Asylrechts im Völkerrecht und Staatsrecht, Diss. Zürich 1973, S. 83). Desgleichen liegt eine tatsächliche BGE 115 V 4 S. 9 Staatenlosigkeit vor bei Schriftenlosigkeit oder bei Abbruch der Beziehungen mit dem früheren Heimatstaat ohne formelle Ausbürgerung ( BGE 98 Ib 83 ; vgl. auch BURCKHARDT, a.a.O., S. 2). Massgebend ist im vorliegenden Fall jedoch einzig die rechtliche Staatenlosigkeit. Denn mit dem von der Bundesversammlung am 27. April 1972 genehmigten und am 1. Oktober 1972 in Kraft getretenen Staatenlosenübereinkommen wurde eine rechtliche Besserstellung nur den de jure Staatenlosen gewährt (siehe Botschaft betreffend die Genehmigung des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen, BBl 1971 II 424 ff.; BURCKHARDT, a.a.O., S. 154). Entsprechend wurde durch die Aufnahme eines Art. 3bis im FlüB (per 1. Oktober 1972) den de jure Staatenlosen der gleiche AHV/IV-rechtliche Status wie den anerkannten Flüchtlingen zugebilligt. In gleicher Weise hat denn auch der Gesetzgeber den persönlichen Geltungsbereich der fürsorgerechtlichen Bestimmungen des Asylgesetzes ( Art. 31-40 AsylG ) nur auf die dem Übereinkommen unterstehenden, d.h. de jure Staatenlosen ausgeweitet (Bundesbeschluss vom 27. April 1972 betreffend die Genehmigung des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen (SR 855.1) in der Fassung gemäss Art. 52 Ziff. 1 AsylG ; vgl. auch Botschaft zum AsylG, BBl 1977 III 115). Der Status als rechtlich Staatenloser ist in dem Moment gegeben, da die hiezu notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die nachträgliche Anerkennung als Staatenloser hat daher rein feststellenden Charakter. Wem die Staatsangehörigkeit abgesprochen wird und kein Staat Schutz gewährt, wird nicht Staatenloser, weil er als solcher anerkannt wird, sondern seine Anerkennung erfolgt, weil er Staatenloser ist. Durch die formelle Anerkennung wird indessen die Grundlage für die Anwendbarkeit der speziell für Staatenlose bestehenden Vorschriften geschaffen. Grundsätzliches Erfordernis für die Anerkennung der Staatenlosigkeit eines Gesuchstellers bildet daher nach den zutreffenden Ausführungen des Bundesamtes die vorgängige Entlassung aus der betreffenden Staatsbürgerschaft. c) Der Vollzug der Staatsverträge über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Staatenlosen liegt beim Delegierten für das Flüchtlingswesen (Art. 7 Ziff. 11 lit. d der Verordnung vom 9. Mai 1979 über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter in der Fassung der Verordnung über die Änderung von Erlassen im Zusammenhang mit der Einsetzung des Delegierten für das Flüchtlingswesen vom 16. Dezember 1985, SR 172.010.15). Wenn BGE 115 V 4 S. 10 die erwähnten Verwaltungsweisungen in Rz. 55 zum Nachweis der Flüchtlingseigenschaft bzw. der Staatenlosigkeit von in der Schweiz wohnhaften Personen eine vom Delegierten für das Flüchtlingswesen ausgestellte Bestätigung über die Eigenschaft als anerkannter Flüchtling oder als Staatenloser verlangen, ist dies rechtmässig. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltungspraxis die Anwendbarkeit des FlüB vom Vorliegen einer formellen Voraussetzung, d.h. der Asylgewährung oder der Anerkennung des Status als Staatenloser durch die zuständigen Behörden, abhängig macht.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
23445cd8-d1cb-4498-b9b9-9b3e5db3cdc5
Urteilskopf 82 III 104 29. Entscheid vom 5. Oktober 1956 i.S. Frutiger.
Regeste Unpfändbarkeit ( Art. 92 Ziff. 1 SchKG ). Die massgebenden tatsächlichen Verhältnisse sind von Amtes wegen abzuklären; Art. 8 ZGB gilt hier nicht. Ist die Einrichtung einer seit längerer Zeit nicht mehr oder nur noch selten benutzten Wohnung für den Schuldner unentbehrlich? Berücksichtigung allfälliger künftiger Bedürfnisse? Gehört ein Verwandter, der hin und wieder die Ferien beim Schuldner verbringt, zu dessen Familie?
Sachverhalt ab Seite 104 BGE 82 III 104 S. 104 Am 5. September 1956 arrestierte das Betreibungsamt Murten in der Wohnung von Frau Frutiger in Löwenberg u.a. ein Bett, einen Nachttisch, eine Waschkommode, einen dreiteiligen Schrank, zwei Stühle, einen Lampenschirm, einen Petrolkocher und eine Küchenwaage sowie drei Herrenhemden und eine Herrensportweste. In der Wohnung des Ehemanns der Schuldnerin in Murten arrestierte es ausserdem u.a. 24 Sterilisiergläser, 8 kg Reis und 3 kg Maisgries. Mit Beschwerde vom 13. September 1956 beantragte die Schuldnerin, diese Gegenstände seien vom Arrestbeschlag zu befreien, weil sie unpfändbar seien. Die Herrenhemden und die Herrensportweste bezeichnete sie als Eigentum ihres Neffen Royer in Nancy, der die Ferien bei ihr verbracht habe. Am 18. September 1956 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab mit der Begründung, aus dem Berichte des Betreibungsamts ergebe sich, dass die Schuldnerin die eheliche Wohnung in Murten vor mehr als drei Jahren verlassen und dann für einige Zeit in Löwenberg ein separates Domizil bezogen habe und BGE 82 III 104 S. 105 nun seit längerer Zeit in Suhr wohne, wo sie bei einem Arzt in Dienst stehe: nach der Auffassung des Betreibungsamtes seien die von ihr in Murten und Löwenberg zurückgelassenen Gegenstände nicht unpfändbar, weil sie diese seit ca. drei Jahren nicht mehr benutze und nicht behaupte, sie in naher Zukunft zu benötigen; diese Auffassung sei richtig, da die in Art. 92 Ziff. 1 SchKG erwähnten Gegenstände nicht als dem Schuldner unentbehrlich angesehen werden könnten, wenn er sie dauernd nicht im Gebrauch habe; die nach den Angaben der Schuldnerin im Dritteigentum stehenden Gegenstände könnten nicht einfach freigegeben werden; dagegen sei das Widerspruchsverfahren gemäss Art. 106-109 SchKG zu eröffnen. Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht erneuert die Schuldnerin ihr Beschwerdebegehren. Sie macht geltend, sie brauche die von ihr als Kompetenzstücke beanspruchten Gegenstände wenn auch nicht täglich, so doch in ziemlich regelmässigen Abständen (während der Ferien und dann, wenn sie zu Gerichtsverhandlungen in ihrem Scheidungsprozess und drei anderen Zivilprozessen nach Murten komme); ferner sei zu berücksichtigen, dass sie in ihrem vorgerückten Alter (63 Jahre) zufolge Schwindens ihrer körperlichen Kräfte ihre derzeitige, für sie sehr strenge Stelle in absehbarer Zeit verlieren könnte und dann darauf angewiesen wäre, die streitigen Gegenstände wieder täglich zu gebrauchen; die Herrenhemden und die Herrensportweste seien Kompetenzstücke ihres Neffen, der im Sinne von Art. 92 Ziff. 1 SchKG zu ihrer Familie zu rechnen sei, da er während seiner Ferienaufenthalte in der Schweiz in ökonomischer Beziehung eine Gemeinschaft mit ihr gebildet habe; der angefochtene Entscheid sei auch deshalb gesetzwidrig, weil die Vorinstanz die tatsächliche Behauptung des Betreibungsamtes, dass sie (die Rekurrentin) die arrestierten Gegenstände seit drei Jahren nicht mehr gebrauche, ohne Überprüfung als wahr hingenommen und ihrem Entscheid zugrunde gelegt habe, was gegen Art. 8 ZGB verstosse. BGE 82 III 104 S. 106 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Rekursschrift enthält neue tatsächliche Behauptungen, die gemäss Art. 79 OG unzulässig sind, da die Rekurrentin Gelegenheit und Anlass gehabt hätte, diese Behauptungen schon in der Beschwerde an die Vorinstanz vorzubringen, wenn sie daraus etwas zu ihren Gunsten ableiten wollte. 2. Es kann keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz Art. 8 ZGB verletzt habe, indem sie die Angabe des Betreibungsamtes, dass die Rekurrentin die arrestierten Einrichtungsgegenstände seit drei Jahren nicht mehr benutze, ohne weitere Beweiserhebungen als richtig betrachtete und ihrem Entscheid zugrunde legte. Art. 8 ZGB ist hier überhaupt nicht anwendbar, weil die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der Frage der Unpfändbarkeit von Bedeutung sind, nicht von den Beteiligten zu beweisen, sondern von Amtes wegen abzuklären sind ( BGE 77 III 108 , BGE 79 III 73 ). Zudem sind die tatsächlichen Angaben, die das Betreibungsamt in seiner Vernehmlassung machte, nicht Parteibehauptungen, sondern amtliche Feststellungen. Auf diese konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung abstellen, da keine Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, dass sie unrichtig sein könnten. Hatte die Rekurrentin die arrestierten Einrichtungsgegenstände seit drei Jahren nicht mehr im Gebrauch, so muss der Vorinstanz darin Recht gegeben werden, dass nicht angenommen werden kann, sie seien für die Rekurrentin im Sinne von Art. 92 Ziff. 1 SchKG unentbehrlich. Bei diesem Schlusse müsste es im übrigen auch bleiben, wenn man die neue Behauptung der Rekurrentin berücksichtigen wollte, dass sie diese Gegenstände bei gelegentlichen Besuchen in Murten (während der Ferien und bei Anlass von Gerichtsverhandlungen) benutze. Unentbehrlich sind zwar, wie in BGE 61 III 144 festgestellt, nicht nur solche Gegenstände, die Tag für Tag gebraucht werden. Auch "mehr oder weniger gelegentliche Verwendungen" können BGE 82 III 104 S. 107 nach Art. 92 Ziff. 1 SchKG in Betracht kommen, aber nur, wenn sie notwendig sind. Diese Voraussetzung ist hier anders als im Falle BGE 61 III 144 nicht erfüllt. Dass die Rekurrentin für die recht seltenen Gelegenheiten, bei denen sie nach Murten kommt, eine eingerichtete Wohnung zur Verfügung habe, kann nicht als notwendig anerkannt werden. Die unbestimmte Möglichkeit, dass sie gezwungen sein könnte, ihre Stelle in Suhr aufzugeben, kann die Freigabe der in Frage stehenden Einrichtungsgegenstände ebenfalls nicht rechtfertigen, weil beim Entscheid über die Unpfändbarkeit grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen ist, die im Zeitpunkt der Pfändung bestehen ( BGE 48 III 185 , BGE 53 III 71 , BGE 54 III 62 ). 4. Hinsichtlich der Sterilisiergläser und des Reis- und Maisvorrates ist auf den Rekurs nicht einzutreten, weil in der Rekursschrift nicht dargelegt wird, wieso der angefochtene Entscheid in diesem Punkte bundesrechtswidrig sei ( Art. 79 Abs. 1 OG ). Im übrigen liegt auf der Hand, dass die Rekurrentin diese Gegenstände nicht als Kompetenzstücke beanspruchen kann. 5. Zur Familie im Sinne von Art. 92 Ziff. 1 SchKG gehören nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur solche Personen, die in häuslicher und ökonomischer Gemeinschaft mit dem Schuldner leben ( BGE 35 I 795 , BGE 39 I 300 = Sep. ausg. 12 S. 253, 16 S. 115; BGE 82 III 22 ). Dies kann vom Neffen der Rekurrentin, der hin und wieder die Ferien bei ihr verbringt und dann jeweilen nach Nancy heimkehrt, nicht gesagt werden. Schon aus diesem Grunde können die Herrenhemden und die Sportweste, die diesem Neffen gehören sollen, nicht als Kompetenzstücke freigegeben werden. Der Behauptung, dass es sich bei diesen Gegenständen um Dritteigentum handle, kann nur durch Einleitung des Widerspruchsverfahrens Rechnung getragen werden. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen, soweit daraufeinzutreten ist.
null
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
23451b65-50ce-4e08-a8c0-4b52bfd5b135
Urteilskopf 95 I 167 24. Urteil vom 28. Mai 1969 i.S. Mani gegen Kreienbühl & Gen., Gemeinderat Chur und Grosser Rat von Graubünden.
Regeste Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Fehlen derselben zur Anfechtung eines Entscheides, mit dem die Genehmigung eines durch die Gemeindebehörde abgeschlossenen Kaufvertrages seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden verweigert wird.
Erwägungen ab Seite 167 BGE 95 I 167 S. 167 1. Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist nach Art. 88 OG befugt, wer durch einen allgemein verbindlichen Erlass oder BGE 95 I 167 S. 168 eine Anwendungsverfügung in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt, in seinen persönlichen, rechtlich geschützten Interessen verletzt wird. Das Erfordernis solcher Verletzung schliesst die Zulassung der Beschwerde gegen Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde aus, auf die der Dritte keinen Rechtsanspruch, sondern ein bloss tatsächliches Interesse hat oder die dem Schutz des öffentlichen Interesses dienen. Die Rechtsprechung lässt deshalb die Beschwerde nicht zu, wenn im Adoptionsverfahren die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde die nach Art. 265 Abs. 2 und Art. 422 Ziff. 1 ZGB erforderliche Zustimmung zur Adoption verweigert (BIRCHMEIER, Organisationsgesetz zu Art. 88 S. 373 f. und das hier zitierte nicht veröffentlichte Urteil). Ebenso fehlt es am Erfordernis des rechtlichen Betroffenseins bezüglich der Frage, ob die Vormundschaftsbehörde verpflichtet ist, einen vom Mündel mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrag der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung zu unterbreiten ( BGE 79 I 49 Erw. 2) und ob diese die Genehmigung auszusprechen hat. Denn die Genehmigung dient nicht dem Schutz des Vertragsgegners, der sich über die Nichtgenehmigung beschwert, sondern sie wird im Interesse des Mündels verlangt. Behält sich eine Behörde oder deren Vertreter beim Abschluss eines Vertrages mit dem Bürger die Zustimmung oder Genehmigung einer andern (Ober-) Behörde vor, so besteht zwar ebenfalls ein Interesse des Vertragsgegners an solcher Genehmigung, doch ist es bloss tatsächlicher Art, eine blosse Erwartung, ähnlich der Rechtslage desjenigen, dessen privater Vertragsgegner sich die endgültige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft vorbehält. Die Rechtslage ist nicht wesentlich anders, wenn die für die Genehmigung eines Rechtsverhältnisses (privat-oder öffentlichrechtlichen Vertrages) zuständige oder vorgesehene Behörde diese zwar erteilt, die Genehmigung aber nicht endgültig ist, sondern der Anfechtung durch eine Oberbehörde unterliegt. Der Vorbehalt soll dazu dienen, die Übereinstimmung mit dem Interesse des Gemeinwesens zu überprüfen und damit dem öffentlichen Interesse zu dienen. Dessen Wahrung ist nie Sache des Vertragsgegners. 2. Die vorliegende Beschwerde richtet sich dagegen, dass der Grosse Rat von Graubünden den vom Gemeinderat mit der Beschwerdeführerin abgeschlossenen, aber bereits vom Kleinen Rat von Graubünden nicht genehmigten Kauf- und Tauschvertrag BGE 95 I 167 S. 169 über ihre Liegenschaft in Chur nicht genehmigt hat. Die Beschwerdeführerin hat nach dem bereits Ausgeführten auf das definitive Zustandekommen des für sie günstigen Vertrages keinen Rechtsanspruch. Der Vorbehalt der Genehmigung war dazu bestimmt, die Interessen der Gemeinde zu wahren; ob der Vertrag diese Voraussetzung erfüllt, hatte der Gemeinderat und allenfalls an seiner Stelle der Kleine und der Grosse Rat als Behörden, die über die Gemeindeverwaltung zu wachen haben, ohne Rücksicht auf die privaten, bloss tatsächlichen Interessen der Beschwerdeführerin zu untersuchen und zu entscheiden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
public_law
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
23496f5b-e1d4-473b-a9b4-457aed49fd68
Urteilskopf 91 II 100 15. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Januar 1965 i.S. Tanner gegen Loder.
Regeste Verantwortlichkeit des Grundeigentümers. Art. 679 ZGB . Ausfüllung einer Lücke des Gesetzes durch den Richter. Art 1 Abs. 2 und 3 ZGB . Führen Bauarbeiten und -vorrichtungen (auch solche auf öffentlichem Boden) zu beträchtlicher Schädigung eines Nachbars infolge vonEinwirkungen, welche die Grenzen des ordentlichen Nachbarrechts ( Art. 684 ZGB ) überschreiten, jedoch als unvermeidlich während der Bauzeit zu dulden sind, so hat der bauende Eigentümer nach richterlichem Ermessen Ersatz zu leisten.
Sachverhalt ab Seite 101 BGE 91 II 100 S. 101 A.- Der Kläger Ernst Loder betrieb von Mitte 1955 bis Mitte 1961 als Mieter die Bäckerei-Konditorei, die sich in einem Eckhaus der Innenstadt von Biel, auf der Westseite der Nidaugasse, bei der Einmündung der Unionsgasse, und zwar auf deren Südseite, befindet. Diesem Grundstück (Nr. 1329) gegenüber, auf der Nordseite der Unionsgasse, liegt das Grundstück Nr. 1322 der Beklagten Frau Elsa Tanner-Sigwart, das sich in westlicher Richtung von der Nidaugasse bis zur A. F. Molz-Gasse erstreckt. Hier liess die Beklagte in den Jahren 1958 bis 1960 ein modernes Geschäftshaus errichten. Vom August 1958 an wurde die Baustelle abgeschrankt und dabei der Strassenboden der Unionsgasse in den Werkplatz einbezogen. Die Abschlusswand liess längs der Bäckerei des Klägers nur einen 1,70 m breiten Trottoirstreifen frei, so dass die Bäckerei auf der Seite der Unionsgasse nur durch diesen schmalen Durchgang betreten werden konnte. Der andere Ladeneingang, an der Nidaugasse, blieb zwar frei; doch war der Bauplatz auch gegen die Nidaugasse abgeschrankt, und es war längs der nach Osten vorstehenden Bretterwand lediglich ein 1,lo m breiter Wegstreifen BGE 91 II 100 S. 102 mit einem strassenseitigen Röhrengeländer angelegt worden. Auf dem Bauplatz war südseits ein Kran aufgestellt. Auf den Abbruch des alten Gebäudes folgten die Tiefbauarbeiten. Sie wurden durch den Erdaushub eingeleitet und im Januar 1960 mit dem Rückzug der Larssenwände abgeschlossen. Am 1. August 1960 war der Rohbau mit der Decke über dem Attikageschoss vollendet; im Oktober 1960 trat der Kran ausser Betrieb, und im folgenden Monat fiel auch die Bauabschrankung an der Nidaugasse weg, während diejenige an der Unionsgasse wegen städtischer Kanalisations- und Hausanschlussarbeiten noch bis anfangs Februar 1961 stehen blieb. In der ersten Dezemberwoche 1960 hatte bereits ein Ladengeschäft des Neubaues bezogen werden können. B.- Schon im Sommer 1959 wies der Kläger die Beklagte auf die nachteiligen Auswirkungen der Bauvorrichtungen und -arbeiten auf die benachbarten Liegenschaften hin. Mit der am 16. November 1961 beim Appellationshof des Kantons Bern eingereichten Klage belangte er die Beklagte auf Schadenersatz in einem gerichtlich zu bestimmenden, von ihm auf 66'500.-- bemessenen Betrage. Er machte geltend, bei der Neuüberbauung des Nachbargrundstückes sei sein Gewerbebetrieb in mannigfacher Weise beeinträchtigt worden, und es sei ihm dadurch ein von der Beklagten zu ersetzender Schaden erwachsen. Die Beklagte lehnte es ab, für einen allfälligen Schaden solcher Art aufzukommen. Der Appellationshof führte eine Buchexpertise durch, die ergab, dass der Kläger in der Zeit vom 6. August 1958 bis zum 10. November 1960 eine Gewinneinbusse von etwa Fr. 14'500.-- erlitten hat. Zum Teil ist aber der Rückgang des Geschäftsumsatzes auf die Eröffnung von Konkurrenzgeschäften zurückzuführen. Den Auswirkungen des Baubetriebes und der dazu angebrachten Vorrichtungen ist, wie der Appellationshof "nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungen sowie der gesamten Verumständungen des Falles" feststellt, ein Schadenbetrag von Fr. 6000.-- zuzuschreiben. Diesen Betrag hat der Appellationshof dem Kläger durch Urteil vom 27. April 1964 nebst Verzugszins zugesprochen. Er begründet sein Urteil damit, dass es bei den Bauarbeiten anlässlich der Neuüberbauung des Grundstückes der Beklagten zu übermässigen Einwirkungen auf die benachbarten Liegenschaften gekommen sei. Zwar sei die gewiss recht lange Bauzeit von zwei Jahren und drei Monaten nicht, wie der Kläger behaupte, übermässig BGE 91 II 100 S. 103 gewesen. Die Sichtbehinderung, der Baulärm, der Staub und die Abschrankungen hätten sich aber auf den Gang des Geschäftes des Klägers nachteilig ausgewirkt. Zeugen hätten beobachtet, dass viele Leute dem Baustaub unmittelbar um den Bäckereiladen des Klägers herum ausgewichen seien. Der auf die Bauarbeiten und -vorrichtungen zurückzuführende Schaden sei beträchtlich. Für den auf die erwähnte Weise festgestellten Betrag sei die Beklagte verantwortlich. C.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das angefochtene Urteil stellt fest, welchen Beeinträchtigungen der Geschäftsbetrieb des Klägers während der Bauzeit ausgesetzt war. Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse, Vorgänge und Kausalzusammenhänge; sie binden das Bundesgericht ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Die Beklagtschaft macht zwar geltend, es beruhe auf einem offenkundigen, vom Bundesgericht zu berichtigenden Versehen, wenn das angefochtene Urteil auf Seite 2 feststellt, der Bäckereiladen des Klägers habe an der Nidaugasse "ohne Beeinträchtigung der Käufer durch Bauabschrankungen nur auf dem westseitigen Trottoir von Süden her oder vom ostseitigen Trottoir aus erreicht werden" können. Diese Urteilsstelle will aber zweifellos nichts anderes sagen, als was sich aus dem von der Beklagtschaft angerufenen Augenscheinsprotokoll in Verbindung mit den Zeugenaussagen, so wie sie der Appellationshof gewürdigt hat, ergibt: der Ladeneingang an der Nidaugasse war zwar durch die Abschrankung des Bauplatzes nicht versperrt, aber den Augen der von Norden her, längs des Bauplatzes mit der hohen Abschlusswand, daherkommenden Fussgänger verdeckt; und manche von ihnen zogen es vor, gar nicht den schmalen Weg längs der Baustelle zu benützen, sondern sich auf die andere Strassenseite zu begeben. 2. In rechtlicher Hinsicht will die beklagte Partei nicht gelten lassen, dass die von einer Baustelle ausgehenden Einwirkungen auf Nachbargrundstücke - Lärm, Staub, Erschütterung, Sicht- und Zugangserschwerungen - eine Verantwortlichkeit des bauenden Eigentümers nach Art. 679 ZGB zu begründen vermögen, wenn das Baugeschehen in jeder Hinsicht einwandfrei war und BGE 91 II 100 S. 104 sich die in Frage stehenden Einwirkungen samt und sonders nicht vermeiden liessen. Unter diesen Umständen - und so verhalte es sich nach den vom Appellationshofe festgehaltenen Ergebnissen der Beweisführung - könne von einer "Überschreitung des Eigentumsrechts" im Sinne von Art. 679 ZGB nicht gesprochen werden. Es trifft zu, dass der Appellationshof die vom Kläger als übermässig lang bezeichnete Bauzeit von zwei Jahren und drei Monaten als angemessen befunden hat; die Bauarbeiten seien tunlich rasch ausgeführt und nicht über Gebühr verzögert worden. Das Urteil betrachtet ferner die Werkplatzanlagen, namentlich auch diejenigen, welche mit behördlicher Bewilligung auf dem Strassen- und Trottoirboden aufgestellt wurden, als technisch notwendig und die in Frage stehenden Einwirkungen auf die Nachbargrundstücke als unvermeidlich. Dennoch gelangt das Urteil zur Gutheissung der Klage. Es hält dafür, von den Bauarbeiten und -vorrichtungen ausgehende Einwirkungen hätten nach Art, Stärke und Dauer das dem Kläger zumutbare Mass überschritten. Die Vorinstanz folgt dabei der Betrachtungsweise des bundesgerichtlichen Urteils vom 19. September 1957 i.S. Perrin gegen Vitra SA ( BGE 83 II 375 ff.). Dort wird mit näherer Begründung ausgeführt, die Unzukömmlichkeiten, die sich aus den Werkplatzanlagen und den Bauarbeiten für ein Nachbargrundstück ergeben, dürften gewisse Grenzen nicht überschreiten. Der Richter habe das zulässige Mass zu bestimmen und zu diesem Zweck die gesamten Umstände zu berücksichtigen und die beidseitigen Interessen abzuwägen. Im vorliegenden Falle hält der Appellationshof dafür, Schädigungen, wie sie der Kläger infolge der Errichtung des Neubaues der Beklagten während der Bauzeit erlitten hat, seien ihm als Nachbar nicht zuzumuten gewesen. Somit habe die Beklagte ihr Eigentumsrecht überschritten und sei nach Art. 679 ZGB schadenersatzpflichtig. Die Beklagte betrachtet diese Argumentation als widerspruchsvoll. Einerseits werde ihr keinerlei rechtswidriges Verhalten bei der Projektierung und Ausführung ihres Neubaues vorgeworfen; anderseits solle die dem Kläger erwachsene Schädigung dann gleichwohl auf eine "Überschreitung des Eigentumsrechts" zurückgeführt werden. Für die Folgen einer rechtmässigen Ausübung des Eigentums könne aber der Bauende nicht verantwortlich gemacht werden. Ein solches Verhalten falle nicht BGE 91 II 100 S. 105 unter die Haftungsnorm des Art. 679 ZGB . Was das von der Vorinstanz herangezogene Präjudiz ( BGE 83 II 375 ff.) betrifft, so verweist die Beklagte auf die kritischen Bemerkungen von P. LIVER (ZbJV 95 S. 20 ff.). Dieser Autor nimmt Anstoss daran, dass jene Entscheidung Massnahmen, ohne welche die unerlässlichen Bauarbeiten auf einem Grundstück überhaupt nicht durchgeführt werden können, als widerrechtlich betrachtet, weshalb der Bauende zu Schadenersatz verpflichtet sei, wenn die Beeinträchtigung eines Nachbars während der Bauzeit ein gewisses Mass überschreitet. Er bemerkt dazu, die Ablenkung des Passantenverkehrs von einem bestimmten Geschäftslokal stelle jedenfalls keine unmittelbare Einwirkung in den Grundstücksraum des Nachbars dar. Es handle sich um eine mittelbare Einwirkung, eine sog. Immission, und zwar eine negative, wozu auch positive wie namentlich der Baulärm treten können. Hiefür den bauenden Grundeigentümer als haftbar zu erklären, erscheine bedenklich. Dies namentlich, weil die Frage, ob und wie aufeinem Grundstück gebaut werden dürfe, wie das Bundesgericht entschieden habe ( BGE 40 II 335 ), gar nicht nach Art.684 ZGB zu beurteilen sei. Eher käme eine Haftung des Gemeinwesens in Frage, welches im Interesse eines privaten Bauherrn ein Strassenstück vorübergehend dem Verkehr entzieht. Allerdings könne mitunter der Neubau, der Umbau oder die notwendige Reparatur gar nicht ohne Benutzung des Strassenareals durchgeführt werden. Darin liege aber gerade die von der besprochenen Entscheidung ungelöst gelassene Problematik der Haftung sowohl des Gemeinwesens wie auch des privaten Grundeigentümers. Das Urteil möge "als blosses Billigkeitsurteil seine Anerkennung finden". Indessen ergibt sich bei näherer Prüfung der gewiss problematischen Haftungsfrage, dass die in BGE 83 II 375 ff. für richtig befundene Lösung der rechtlichen Grundlage nicht entbehrt. Freilich lässt sich die Haftung des bauenden Grundeigentümers für unvermeidliche Immissionen nicht einfach auf Art. 679 ZGB stützen. Diese Norm macht den Grundeigentümer in der Tat bloss für "Überschreitungen" seines Eigentumsrechts, also nicht für die Folgen einer in allen Teilen rechtmässigen Eigentumsausübung verantwortlich. Zu beachten ist jedoch, dass es bei Ausführung einer Baute zu Immissionen kommen kann, die zwar unvermeidlich sind und daher hingenommen werden müssen, jedoch das ordentlicherweise bei der Benutzung und Bewirtschaftung BGE 91 II 100 S. 106 des Grundstückes nach den allgemeinen Grundsätzen des Nachbarrechts ( Art. 684 ZGB ) Zulässige nach Art, Stärke und Dauer weit übersteigen. Vor und nach Errichtung des Neubaues wären Einwirkungen, wie sie hier die Bauzeit mit sich brachte, schlechthin unzulässig gewesen; denn es steht einem Grundeigentümer inmitten eines städtischen Quartiers keineswegs zu, bei der gewöhnlichen Benutzung und Bewirtschaftung seines Grundstückes die Nachbarschaft mehr als zwei Jahre lang mit geringen Unterbrechungen auf solche Weise mit Lärm- und Staubeinwirkungen zu belästigen und zu schädigen und dabei erst noch die Zugangswege zum nachbarlichen Ladengeschäft durch Belegung und Abschrankung des öffentlichen Strassenbodens (wenn auch mit behördlicher Bewilligung) zu verschlechtern. All dies entgeht dem Vorwurf der Rechtswidrigkeit nur eben wegen des dem bauenden Grundeigentümer zuzuerkennenden Privilegs, wonach er an die Regeln des ordentlichen Nachbarrechts ( Art. 684 ZGB ) nicht unbedingt gebunden ist, sondern, soweit es sich bei der Bauausführung nicht vermeiden lässt, in den Rechtsbereich der Nachbarn eingreifen darf (was auch P. Liver, mit Hinweis auf BGE 40 II 335 , erwähnt). Mit dieser Rechtslage rechnet Art. 679 ZGB gar nicht. Er will vornehmlich der Verwirklichung der nachbarrechtlichen Regeln des Art. 684 ZGB dienen (vgl. BGE 88 II 263 ) und fasst nur den Fall ins Auge, dass diese Regeln den gegebenen Sachverhalt beherrschen. Welche Rechtsfolgen eintreten, wenn ausnahmsweise, bei der Bauerrichtung, Übergriffe in den ordentlichen Rechtsbereich der Nachbarn erlaubt sind, wird vom Gesetze nicht bestimmt. Es besteht also eine Gesetzeslücke, die der Richter auszufüllen hat. Hiebei fallen vorbeugende Massnahmen mit verhindernder Wirkung, wie sie Art. 679 in erster Linie vorsieht, ausser Betracht; denn die dem Privileg des Bauenden entsprechende Duldungspflicht der Nachbarn schliesst dem Begriffe nach das Recht zur Verhinderung aus. Eine Schadenersatzpflicht verträgt sich dagegen mit dem Vorrecht, ausnahmsweise in fremde Rechtsbereiche einzugreifen, sehr wohl; ja sie ist dessen angemessenes Gegenstück. Die in Frage stehende Gesetzeslücke - die beim Erlass des ZGB noch kaum erkennbar war, jedoch dann im Lauf der Jahrzehnte infolge der Entwicklung der maschinellen Baumethoden und der häufigen Inanspruchnahme öffentlichen Bodens immer mehr erkennbar geworden ist - soll nicht in der Weise ausgefüllt werden, dass sich eine reine Billigkeitsentscheidung ergibt. Vielmehr ist nach BGE 91 II 100 S. 107 gesetzgeberischer Methode zu verfahren (vgl. MEIER-HAYOZ, zu Art. 1 ZGB N. 41 und zu Art. 4 N. 74), also eine Lösung zu suchen, die sich folgerichtig in das Gefüge der gesetzlichen Bestimmungen einreihen lässt. Unter dem Gesichtspunkt des gerechten Interessenausgleichs, der auch dem Art. 679 ZGB zu Grunde liegt, erscheint es nun als angezeigt, die Schadenersatzpflicht im Anschluss an die soeben erwähnte Haftungsnorm grundsätzlich auch dann zu bejahen, wenn die Überschreitung der Schranken des Nachbarrechts mit Rücksicht auf das besondere Interesse des bauenden Grundeigentümers und auf die Erfordernisse der Bauausführung ausnahmsweise zu dulden war. Diese Lösung steht im Einklang mit Gesetzesbestimmungen, welche an die Zuerkennung von Sonderrechten, insbesondere von Befugnissen zum Eingriff in fremde Rechtsbereiche, gleichfalls eine Entschädigungspflicht knüpfen (vgl. Art. 694 und 701 ZGB ; ferner Art. 5 des Bundesgesetzes über die Enteignung, wonach die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte den Gegenstand einer - naturgemäss mit Entschädigungspflicht verbundenen - Enteignung bilden können). 3. Bei der Beurteilung solcher Ansprüche ist dem Richter (etwa entsprechend dem Grundsatz des Art. 52 Abs. 2 OR ) ein weiter Spielraum zu belassen. Blosse Unzukömmlichkeiten, wie sie sich bei der Errichtung eines Baues gewöhnlich für die Nachbarschaft ergeben, vermögen einen Anspruch auf Ausgleich in Geld nicht zu rechtfertigen. Führen die ausserordentlichen Einwirkungen aber zu einer beträchtlichen Schädigung von Nachbarn (seien es Eigentümer oder Besitzer aus beschränktem dinglichem oder persönlichem Recht; BGE 83 II 379 Erw. 1), so ist die Ersatzpflicht grundsätzlich zu bejahen. So verhält es sich hier. Die Beklagte wendet zwar ein, die dem Kläger für die ganze Bauzeit zugesprochene Entschädigung ergebe für den einzelnen Werktag einen zu deckenden Schaden von bloss etwa 9 Franken, was nicht als beträchtlich erscheine. Allein ein Schaden von mehreren tausend Franken ist nicht minder beträchtlich, wenn er im Lauf einer langen Bauzeit angewachsen ist, als wenn er auf einmal oder binnen einer kurzen Bauperiode eingetreten wäre. Im übrigen beruht das angefochtene Urteil auf einer rechtlich einwandfreien Ausübung richterlichen Ermessens. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 27. April 1964 bestätigt.
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nan
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Urteilskopf 102 III 94 18. Entscheid vom 2. März 1976 i.S. W. H.
Regeste Arrestierung des Anspruchs gegen eine inländische Bank auf Herausgabe von im Ausland verwahrten Wertpapieren. 1. Ansprüche auf Übertragung des Eigentums können beim Drittschuldner arrestiert werden, sofern ihr Inhaber im Ausland wohnt (Erw. 2). 2. Frage des Eigentums an den im Ausland verwahrten Papieren (Erw. 3). 3. Der Anspruch des Bankkunden gegen die inländische Depotbank auf Herausgabe von Wertpapieren, die in deren Namen bei ausländischen Korrespondenzbanken hinterlegt sind, ist bei der Depotbank arrestierbar, sofern der Kunde im Ausland wohnt (Erw. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 95 BGE 102 III 94 S. 95 A.- B. H., Berlin, erwirkte am 12. Juni 1975 beim Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Zürich für eine Forderung von Fr. 350'000.-- gegen ihren ebenfalls in Deutschland wohnhaften, geschiedenen Ehemann W. H. einen Arrest auf "Guthaben des Arrestschuldners bei der Bank Julius Bär & Co. AG, Bahnhofstrasse 36, 8001 Zürich, insbesondere Wertschriften und Depotkonten Nr. 13111 und 16212 und Konten, soweit sie Werte enthalten, die der Arrestschuldner seit dem 24. März 1969 aus den erwähnten Konten übertragen hat". Die Bank Bär weigerte sich zunächst, über allenfalls vorhandene Vermögenswerte Auskunft zu erteilen, so dass der Arrestvollzug nur provisorisch und unter gattungsmässiger Bezeichnung der Arrestgegenstände erfolgen konnte (Arresturkunde Ziff. 1-4). Mit Schreiben vom 4. Juli 1975 BGE 102 III 94 S. 96 übersandte sie dem Betreibungsamt Zürich 1 indessen Fotokopien der Depotverzeichnisse der Konten Nr. 13111 und 16212. Dabei wies die Bank darauf hin, dass mit Ausnahme der Anteilscheine "Bärbond, Anlagefonds für Obligationen" sämtliche in den Depotverzeichnissen aufgeführte Wertpapiere - es handelt sich um BMW-Aktien sowie um auf verschiedene ausländische Währungen lautende Obligationen - von ausländischen Korrespondenzbanken verwahrt würden. Ferner machte sie das Betreibungsamt darauf aufmerksam, dass sie an den Titeln der erwähnten Konten ein Faustpfandrecht geltend mache. Das eine Konto weise einen Saldo von Fr. 1'621.91, das andere einen solchen von Fr. 15'408.95 zu ihren Gunsten auf. Gestützt auf diese Angaben der Bank Bär ergänzte das Betreibungsamt Zürich 1 am 18. Juli 1975 den Arrestvollzug, indem es die in den Depotverzeichnissen aufgeführten Wertpapiere in einem Nachtrag unter Ziff. 5-11 in die Arresturkunde aufnahm. B.- Gegen den Arrestvollzug erhob der Arrestschuldner beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass der Arrest hinsichtlich der im Ausland deponierten Wertpapiere (Arrestgegenstände Nrn. 6-10) nichtig sei, und das Betreibungsamt sei anzuweisen, diese Gegenstände aus der Arresturkunde zu streichen; das Betreibungsamt sei ferner anzuweisen, auch die Gegenstände Nrn. 1-4 aus der Arresturkunde zu streichen. Er machte geltend, die bei ausländischen Korrespondenzbanken verwahrten Titel könnten in der Schweiz nicht mit Arrest belegt werden, da Wertpapiere nur am Ort ihrer Lage arrestierbar seien. Ebensowenig könne der Herausgabeanspruch gegen die Bank Bär arrestiert werden. Für die Arrestierung der bloss gattungsmässig bezeichneten Arrestgegenstände Nrn. 1-4 bleibe kein Raum mehr, nachdem die Bank Bär über die bei ihr vorhandenen Vermögensstücke Auskunft erteilt habe und die Arresturkunde entsprechend ergänzt worden sei. - Das Bezirksgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 22. Oktober 1975 ab. Gegen diesen Beschluss rekurrierte der Arrestschuldner an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde. Mit Entscheid vom 28. Januar 1976 hiess das Obergericht den Rekurs teilweise gut, hob den Arrestvollzug BGE 102 III 94 S. 97 in bezug auf die in Ziff. 6-10 der Arresturkunde bezeichneten Gegenstände auf und wies das Betreibungsamt an, statt dessen die Ansprüche des Arrestschuldners gegen die Bank Bär auf Herausgabe der betreffenden Wertpapiere mit Arrest zu belegen. Im übrigen wies es den Rekurs ab. Zur Begründung führte die Aufsichtsbehörde aus, als Sachen seien die in Ziff. 6-10 der Arresturkunde bezeichneten Titel nicht arrestierbar, da sie im Ausland lägen. Wäre der Arrestschuldner Eigentümer der Papiere, so wäre der Arrest insoweit definitiv ins Leere gefallen. Eigentümerin der im Ausland deponierten Titel sei aber die Bank Bär, die sie als Kommissärin im eigenen Namen erworben habe. Dem Arrestschuldner stehe nur ein obligatorischer Herausgabeanspruch gegen die Bank zu. Dieser Anspruch könne arrestiert werden. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt W. H., es sei festzustellen, dass auch keine Herausgabeansprüche an den in Ziff. 6-10 der Arresturkunde aufgeführten Wertpapieren arrestierbar seien, und diese Gegenstände seien dementsprechend aus der Arresturkunde zu streichen; ferner seien auch die bloss gattungsmässig bezeichneten Positionen Nrn. 1-4 aus der Arresturkunde zu streichen. Ein Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Verfügung vom 13. Februar 1976 abgewiesen. Die Arrestgläubigerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Rekurses. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. In erster Linie ist streitig, ob die im Namen der Bank Bär auf Rechnung und Gefahr des Rekurrenten bei ausländischen Korrespondenzbanken deponierten Wertpapiere (Ziff. 6-10 der Arresturkunde) bei der Bank Bär arrestiert werden können. Dabei steht fest, dass diese Papiere als Sachen in der Schweiz nicht mit Arrest belegt werden können, denn Sachen sind nur am Ort ihrer Lage arrestierbar ( Art. 272 SchKG ; BGE 99 III 20 , BGE 90 II 162 , je mit Hinweisen). Der Streit dreht sich einzig darum, ob der Anspruch des Rekurrenten gegen die Bank Bär auf Herausgabe der Titel vom Arrest erfasst werden könne. BGE 102 III 94 S. 98 Wie das Bundesgericht mehrfach entschieden hat, können Vindikationsansprüche als solche nicht arrestiert werden, sondern es ist die Sache selbst beim unmittelbaren Besitzer mit Arrest zu belegen ( BGE 90 II 163 , BGE 61 III 152 , 60 III 232, BGE 44 III 19 ). Dies ergibt sich aus der Regelung des Widerspruchverfahrens im Gesetz; Art. 109 SchKG setzt nämlich voraus, dass Gegenstände des Schuldners, die sich im Gewahrsam eines Dritten befinden bei diesem gepfändet werden müssen, um ihm zu ermöglichen, seine Rechte geltend zu machen. Auch bei der Verwertung geht das Gesetz davon aus, dass der Ersteigerer die Sache selbst und nicht bloss den Herausgabeanspruch erwirbt. In BGE 60 III 229 ff. hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung über die Unpfändbarkeit des dinglichen Herausgabeanspruchs des Eigentümers auf den obligatorischen Herausgabeanspruch des Hinterlegers aus Hinterlegungsvertrag ausgedehnt. Werde die Sache vom Eigentümer hinterlegt, so falle der obligatorische Herausgabeanspruch gegen den Aufbewahrer mit dem dinglichen zusammen und sei aus dem gleichen Grund unpfändbar wie jener. Hinterlege aber der Nichteigentümer für einen Dritten, so sei fraglich, ob das Rückforderungsrecht des Hinterlegers überhaupt ein Vermögensstück desselben darstelle. Jedenfalls sei unerfindlich, wie ein obligatorischer Herausgabeanspruch aus Hinterlegungsvertrag verwertet werden könne. Der Ersteigerer des Anspruchs werde nicht ohne weiteres Eigentümer der an ihn herauszugebenden Sache. Er müsse daher wie bei der Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse im Konkurs (vgl. Konkursformular Nr. 7; Ziff. 3 der Abtretungsbedingungen) die herausgegebene Sache zunächst dem Betreibungsamt zur Pfändung aushändigen, worauf mit der Geltendmachung von Drittansprüchen im Widerspruchsverfahren zu rechnen sei. Bei dieser Perspektive sei aber ein vernünftiges Verwertungsergebnis nicht zu erwarten. Es sei auch nicht nötig, den Umweg über die Verwertung des Herausgabeanspruches zu machen, da die Sache ja beim Gewahrsamsinhaber selber gepfändet werden könne. 2. Nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanz kann sich diese Rechtsprechung nicht auf diejenigen Fälle beziehen, in denen der Bankkunde gegen die Bank einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren hat. In diesen Fällen besteht kein dinglicher Herausgabeanspruch und BGE 102 III 94 S. 99 auch die Sache selbst kann nicht gepfändet und arrestiert werden. Der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums ist dagegen sehr wohl pfändbar. Das Bundesgericht hat denn auch die Arrestierung des Anspruches des Käufers auf Verschaffung des Eigentums an der gekauften Sache als zulässig erklärt ( BGE 78 III 68 ff.). Die Verwertung eines solchen Anspruches bietet ebensowenig Schwierigkeiten wie diejenige einer Geldforderung. Wird behauptet, der Anspruch stehe einem Dritten zu, so ist das Widerspruchsverfahren durchzuführen (vgl. BGE 97 III 64 , BGE 88 III 115 ). Insbesondere kann in diesem Verfahren abgeklärt werden, ob der Anspruch gemäss Art. 401 Abs. 1 OR auf den Dritten übergegangen sei, auf dessen Rechnung der Bankkunde - etwa als Vermögensverwalter - die Wertpapiere allenfalls verwahren lässt. Der Rekurrent macht allerdings geltend, ein allfälliger Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren sei in der Schweiz nicht arrestierbar. Die Arrestierung unkörperlicher Rechte habe grundsätzlich am Wohnsitz ihres Inhabers, im vorliegenden Fall also in Deutschland, zu erfolgen. Nur Geldforderungen könnten bei ausländischem Wohnsitz ihres Titulars beim Drittschuldner arrestiert werden. Der Rekurrent stützt sich dabei auf BGE 90 II 163 . In der Tat hat das Bundesgericht in diesem Entscheid in einer beiläufigen Erwägung ausgeführt, die Ausnahme vom Grundsatz, dass nicht in einem Wertpapier verkörperte Rechte bei ihrem Inhaber zu pfänden seien, gelte nur für Geldforderungen, ohne allerdings diese Ansicht näher zu begründen. Aus den zitierten Entscheiden der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer (vgl. BGE 80 III 126 , BGE 76 III 19 , BGE 75 III 26 , BGE 56 III 50 , 230) ergibt sich indessen nichts Derartiges. Das Bundesgericht hat im Gegenteil auch die Arrestierung von andern als Geldforderungen beim Drittschuldner gebilligt, sofern deren Titular im Ausland wohnt. So wurde im bereits erwähnten BGE 78 III 68 ff. ein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums aus Kaufvertrag in der Schweiz als arrestierbar erklärt, obwohl der Käufer und Arrestschuldner im Ausland Wohnsitz hatte. Ferner entschied das Bundesgericht in BGE 91 III 22 /23, der Anspruch auf den Liquidationsanteil an einer ungeteilten Erbschaft sei grundsätzlich am Wohnsitz des betriebenen Miterben gelegen (vgl. Art. 2 der Verordnung über die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen; BGE 56 III 230 ); BGE 102 III 94 S. 100 wohne dieser jedoch im Ausland, so könne der Anteil am letzten Wohnsitz des Erblassers in der Schweiz arrestiert werden, da die Erbschaft selbst gewissermassen als Drittschuldnerin des Liquidationsanteils zu gelten habe. Diese Beispiele zeigen, dass das Bundesgericht die Arrestierung von Ansprüchen beim Drittschuldner bei ausländischem Wohnsitz des Titulars nicht auf Geldforderungen hat beschränken wollen. Für eine unterschiedliche Behandlung von Geldforderungen und anderen Ansprüchen besteht in dieser Hinsicht denn auch kein vernünftiger Grund. 3. Die Vorinstanz geht in ihrem Entscheid davon aus, die Bank Bär habe die streitigen Wertpapiere als Kommissionärin im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Rekurrenten erworben und sei dadurch deren Eigentümerin geworden. Der Kommittent erwerbe das Eigentum an den gekauften Titeln erst dann, wenn diese in sein Depot bei der Kommissionärin gelegt würden. Lasse die Bank die Papiere jedoch in einem auf ihren Namen lautenden Depot bei einer ausländischen Korrespondenzbank verwahren, so behalte sie das Eigentum. Der Rekurrent sei daher nicht Eigentümer der im Ausland verwahrten Papiere - diesfalls wäre der Arrest ins Leere gefallen -, sondern er habe bloss einen obligatorischen Anspruch gegen die Bank Bär auf Verschaffung des Eigentums an den Titeln. Dieser Anspruch sei bei der Bank Bär arrestierbar. Bei ihrer summarischen Prüfung der Eigentumsverhältnisse hat die Vorinstanz indessen übersehen, dass sich die Frage des Eigentums an den im Ausland liegenden Papieren nach ausländischem Recht beurteilt ( BGE 96 II 150 , BGE 94 II 303 , BGE 93 II 375 , mit Hinweisen). Da der Ort der Lage nur für einen Teil der Papiere bekannt ist, ist die Ermittlung des Eigentümers nur zum Teil möglich. Zudem steht in keiner Weise fest, dass die Wertpapiere tatsächlich von der Bank Bär für den Rekurrenten gekauft worden sind. Der Rekurrent hat schon im kantonalen Verfahren behauptet, sie seien ihm von einem andern Bankkunden durch Besitzanweisung übertragen worden. Abgesehen davon ist die Frage umstritten, auf welche Weise bei der Einkaufskommission das Eigentum an der gekauften Sache vom Verkäufer bzw. vom Kommissionär auf den Kommittenten übergeht. Die Vorinstanz stützt ihre Ansicht einzig auf GAUTSCHI, N. 39/40 zu Art. 396, N. 10a zu Art. 401 und N. 4b vor Art. 472 ff. OR (Gl.M. HAAB/SIMONIUS, N. 37 zu Art. 714 BGE 102 III 94 S. 101 ZGB ). In der ältern Lehre wird aber auch die Meinung vertreten, der Kommissionär könne direkt für den Kommittenten Eigentum erwerben, wenn es dem Verkäufer im Sinne von Art. 32 Abs. 2 OR gleichgültig ist, an wen er das Eigentum überträgt (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 12 zu Art. 401 OR ; BECKER, N. 1/2 zu Art. 434 OR ; HOMBERGER, N. 13 zu Art. 923 ZGB ; VON TUHR/SIEGWART, OR, I, S. 334/335. vgl. auch BGE 84 II 262 ). Sodann wäre nicht undenkbar, dass das Eigentum an den im Ausland liegenden Wertpapieren durch Besitzanweisung auf den Rekurrenten übergegangen wäre. GAUTSCHI (Im Ausland hinterlegte Wertpapiere im Konkurs, bei Arrestlegung oder Pfändung gegenüber Depotkunden einer Schweizer Bank, SJZ 1969 S. 250/251, sowie N. 5e vor Art. 472 ff. OR ) ist zwar der Auffassung, die Bank bleibe stets (fiduziarische) Eigentümerin der Titel, die sie im eigenen Namen, aber auf Rechnung ihres Kunden bei einem ausländischen Korrespondenten verwahren lasse (vgl. ihm folgend auch KLEINER, Bankdepot - auswärtsliegende Titel und deren Pfändung bzw. Verarrestierung, SJZ 1968 S. 212). Diese Auffassung ist jedoch nicht die einzig mögliche. Auch der Nichteigentümer kann Sachen im eigenen Namen hinterlegen. Es ist daher nicht unbedingt erforderlich, dass die Bank das Eigentum an den Papieren erwerben oder behalten muss, wenn sie diese im Ausland verwahren lassen will. So geht z.B. die Bank Bär in ihrem Depotreglement gerade von der gegenteiligen Annahme aus, der Hinterleger verliere sein Eigentum an den hinterlegten Wertpapieren bei auswärtiger Verwahrung nicht. Gemäss Ziff. 11 des Reglementes behält er vielmehr auch bei auswärtiger Sammelverwahrung einen entsprechenden Miteigentumsanteil am Sammelbestand. Im deutschen Recht wird sogar vermutet, dass bei der Zwischenverwahrung die Wertpapiere nicht dem Zwischenverwahrer gehören (§ 4 des Depotgesetzes vom 4. Februar 1937; vgl. SCHÖNLE, Bank- und Börsenrecht, München 1971, S. 264). Es ist daher unsicher, wer Eigentümer der im Ausland verwahrten Papiere ist. Diese Frage kann von den Betreibungsbehörden zudem gar nicht rechtskräftig entschieden werden. Es bliebe dem Zivilrichter unbenommen, allfällige dingliche Herausgabeansprüche des Rekurrenten gegen die Bank Bär zu schützen (nach der Lehre kann sich die Vindikationsklage auch gegen den bloss mittelbaren Besitzer richten; vgl. MEIER-HAYOZ, BGE 102 III 94 S. 102 N. 42 zu Art. 641 ZGB ), auch wenn die Betreibungsbehörden diesem das Eigentum an den Papieren abgesprochen hätten. Würde der Arrest nur die obligatorischen Ansprüche erfassen, so müsste dies zur absurden Konsequenz führen, dass zwischen dem Gläubiger und dem Arrestschuldner ein Widerspruchsprozess über die Natur des Herausgabeanspruchs durchzuführen wäre. Wie sich im folgenden ergeben wird, kann indessen die Vollziehbarkeit des Arrestes nicht von der Frage des Eigentums an den Papieren abhängen. Vielmehr muss in Abweichung von der bisherigen Praxis angenommen werden, der Anspruch des Bankkunden gegen die Bank auf Herausgabe von im Ausland verwahrten Wertpapieren sei selbst dann arrestierbar, wenn gegenüber der Bank kein Eigentumsverschaffungsanspruch besteht, sondern der Bankkunde selbst oder allenfalls ein Dritter Eigentümer der Papiere ist. 4. a) Zunächst ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die in BGE 60 III 234 anvisierte Alternative zwischen der Pfändung der Sache selbst und derjenigen des Herausgabeanspruchs nicht besteht, weil die Titel im Ausland liegen. Die Arrestierbarkeit des Herausgabeanspruchs kann also nicht mit der an sich zutreffenden Begründung abgelehnt werden, die Arrestierung der Sache selbst sei der normale, vom Gesetz vorgesehene Weg, der die Interessen der Beteiligten am besten wahre. b) In BGE 60 III 229 ff. hat das Bundesgericht die Arrestierbarkeit und Pfändbarkeit des Herausgabeanspruches aus Hinterlegungsvertrag vor allem deswegen verneint, weil die Verwertung des Anspruches kein vernünftiges Ergebnis erwarten lasse. Bei der Prüfung der Frage, wie es sich damit verhalte, ist vorerst zu untersuchen, wie bei der Arrestierung und Verwertung eines solchen Anspruchs vorzugehen ist. Nach Art. 275 SchKG wird der Arrest nach den für die Pfändung massgebenden Vorschriften vollzogen. Im Pfändungsverfahren hat das Betreibungsamt gemäss Art. 100 SchKG für die Erhaltung der gepfändeten Rechte zu sorgen und Zahlung für fällige Forderungen zu erheben. Der Anspruch des Depotkunden auf Erstattung der für ihn im Ausland verwahrten Titel ist jederzeit fällig. Das Betreibungsamt kann daher von der Bank die Auslieferung der Titel verlangen. Liefert die Bank die Papiere aus, so treten diese an die BGE 102 III 94 S. 103 Stelle des Herausgabeanspruches ( BGE 78 III 71 ). Das weitere Vorgehen richtet sich nach den ordentlichen Vorschriften, wie wenn von Anfang an die Sache selbst gepfändet worden wäre. Insbesondere kann das Widerspruchsverfahren durchgeführt werden. Weigert sich die Bank, die Titel auszuliefern, so ist sie entsprechend dem Formular Nr. 9 aufzufordern, ihre Weigerung zu begründen. Macht sie darauf geltend, dass sie für ihre Gegenforderungen ein Retentionsrecht an den Titeln habe, so kann der betreibende Gläubiger die Gegenforderungen bezahlen, um die Auslieferung der Papiere an das Betreibungsamt zu veranlassen, wobei dem Gläubiger diese Auslagen aus dem Verwertungserlös vorweg zu erstatten sind ( BGE 78 III 71 ). Behauptet die Bank dagegen, Titular des Depotkontos sei in Wirklichkeit ein Dritter, so ist über diese Frage wie bei der Pfändung von Geldforderungen das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Gleich verhält es sich, wenn die Weigerung der Bank darauf beruht, dass ein Dritter die Eigentumsklage anhängig gemacht habe ( Art. 479 OR ). Auch diese Frage kann im Widerspruchsverfahren geklärt werden. Obsiegt der Gläubiger in diesen Widerspruchsprozessen, so ist die Bank wiederum aufzufordern, die Titel dem Amt abzuliefern, so dass das Verfahren seinen normalen Fortgang nehmen kann. In allen diesen Fällen bieten sich keinerlei Probleme. c) Die von der Praxis befürchteten Schwierigkeiten können nur dann eintreten, wenn es dem Betreibungsamt nicht gelingt, sich die Titel aushändigen zu lassen. In diesem Fall ist der Herausgabeanspruch zu verwerten. Dabei ist allerdings richtig, dass der Ersteigerer des Anspruchs nicht ohne weiteres Eigentümer der Wertpapiere wird, wenn diese ihm von der Bank herausgegeben werden. Die Bank kann ihm nicht mehr Rechte verschaffen, als sie selber hat. Ist sie bloss Besitzerin der Papiere und dem Arrestschuldner nicht zur Verschaffung des Eigentums verpflichtet, so kann auch der Ersteigerer bloss den Besitz an den Titeln erwerben. War der Arrestschuldner nicht Eigentümer, so kann es daher diesfalls auch der Ersteigerer nicht werden. Dieser kann sich nicht darauf berufen, er habe das Eigentum gutgläubig erworben, da er die Titel von der Bank nicht "zu Eigentum übertragen" erhalten hat ( Art. 714 Abs. 2 und 933 ZGB ). Er muss somit in der Tat damit rechnen, dass die Titel nachträglich vom wahren Eigentümer vindiziert werden könnten. BGE 102 III 94 S. 104 Die Gefahr einer erfolgreichen Vindikation ist indessen dermassen gering, dass nicht zu befürchten ist, es lasse sich deswegen kein vernünftiges Verwertungsergebnis erzielen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist entweder die Bank zur Übertragung des Eigentums an den Kunden verpflichtet oder ist der Kunde (mindestens fiduziarischer) Eigentümer der im Depot befindlichen Papiere. In der Regel ist der Ersteigerer des Anspruchs, der die Papiere von der Bank ausgehändigt erhält, somit in seinem Erwerb geschützt. Lässt der Arrestschuldner fremde Werte verwahren (diesen Fall hat BGE 60 III 233 im Auge), so ist über die Frage des Eigentums das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Wohl verwirkt nach dem Gesagten der Eigentümer an sich sein Eigentum bei Unterlassen des Widerspruches nicht. Er muss aber damit rechnen, dass die Wertpapiere vom Ersteigerer nach Erhalt sogleich veräussert werden, so dass er nicht mehr auf sie greifen kann. Der Eigentümer ist deshalb interessiert daran, dass seine Rechte im Widerspruchsverfahren angemeldet werden. Ein Interesse an der rechtzeitigen Anmeldung von Drittansprüchen hat aber auch der Arrestschuldner selbst, da er dem Eigentümer schadenersatzpflichtig werden könnte, wenn er dessen Rechte verschweigt. In aller Regel dürften somit allfällige Drittansprüche auch bei der Verwahrung von Werten, die dem Arrestschuldner von Dritten anvertraut wurden, ordnungsgemäss noch vor der Verwertung des Herausgabeanspruchs abgeklärt werden. Entgegen der in BGE 60 III 234 vertretenen Ansicht besteht daher kein Anlass, den Ersteigerer des Anspruchs zu verpflichten, die herausgegebene Sache dem Betreibungsamt zur Pfändung und zur nachträglichen Durchführung des Widerspruchsverfahrens abzuliefern. Praktisch beschränkt sich die Gefahr nachträglicher Vindikationen auf die Fälle, in denen die Wertpapiere ihrem Eigentümer wider Willen abhanden gekommen sind. In derartigen Fällen ist aber auch der Ersteigerer der Sache selbst nicht absolut geschützt, behält doch Art. 108 SchKG die Art. 934 ff. ZGB ausdrücklich vor. Jedenfalls dürfte die äusserst geringe Wahrscheinlichkeit, dass ein Bankdepot abhanden gekommene Wertpapiere enthält, den Wert des Herausgabeanspruches kaum wesentlich vermindern. Im übrigen hat es der Arrestschuldner in der Hand, seine Bank zur Auslieferung der Wertpapiere BGE 102 III 94 S. 105 an das Betreibungsamt zu veranlassen, wenn er wirklich befürchtet, durch die Verwertung des Herausgabeanspruches geschädigt zu werden. d) Der Rekurrent macht geltend, der Anspruch auf reale Verschaffung der im Ausland liegenden Papiere könne ohne Mitwirkung der ausländischen Behörden in der Schweiz nicht durchgesetzt werden. Dieser Einwand ist an sich zutreffend, macht jedoch den Herausgabeanspruch nicht wertlos. Erweist es sich im Vollstreckungsverfahren als unmöglich, die Herausgabe einer Sache zu erzwingen, so kann der Berechtigte statt dessen Geldersatz verlangen (vgl. § 376 zürch. ZPO; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 608). Denkbar ist allerdings, dass die Bank ohne ihr Verschulden gar nicht in der Lage ist, die Papiere herauszugeben, etwa weil sie im Ausland blockiert sind. In einem solchen Fall ist der Herausgabeanspruch jedoch auch für den Arrestschuldner prekär, und es ist nur folgerichtig, wenn seine Verwertung zu einem ungünstigen Ergebnis führt. So verhält es sich immer, wenn bestrittene Ansprüche verwertet werden müssen. e) Die Realisierung des Anspruches könnte schliesslich auch daran scheitern, dass es dem Rekurrenten gelingen könnte, die Titel im Ausland zu vindizieren, wie er es androht. Die schweizerischen Betreibungsbehörden können nicht verhindern, dass die Titel derart der Zwangsvollstreckung entzogen werden. Indessen ist fraglich, ob das ausländische Recht eine solche Vindikation zulassen würde. Abgesehen von der materiell-rechtlichen Frage wäre sie jedenfalls schon aus praktischen Gründen ohne Mitwirkung der Schweizer Bank kaum denkbar. Der Bankkunde weiss in der Regel nicht, bei welcher Korrespondenzbank die Titel verwahrt werden. Im vorliegenden Fall kennt der Rekurrent offenbar nicht einmal für alle Papiere das Aufbewahrungsland. Der Verwahrerbank ist sodann der Name des Kunden nicht bekannt, sondern sie kennt nur den Namen der Schweizer Bank, für die sie eine Anzahl Titel verwahrt. Dazu kommt, dass gewisse Arten von Wertpapieren in verschiedenen Ländern mehr und mehr in zentralen Wertpapiersammelbanken verwahrt werden. Nur Banken und allenfalls Börsenmakler sind bei diesen Sammelbanken als Deponenten zugelassen (für Deutschland vgl. SCHÖNLE, a.a.O. S. 267 ff.). Ob das entsprechende ausländische BGE 102 III 94 S. 106 Recht den direkten Zugriff des Bankkunden auf die Wertpapiersammelbank gestatten würde, ist äusserst zweifelhaft. Ermöglicht aber die Schweizer Bank dem Arrestschuldner, im Ausland über die dort liegenden Papiere zu verfügen, so muss sie damit rechnen, dem Ersteigerer des Herausgabeanspruches schadenersatzpflichtig zu werden. Abgesehen davon hätte es der Rekurrent sich selber zuzuschreiben, wenn das Verwertungsergebnis durch solche Vindikationsversuche geschmälert würde. Er kann deshalb nicht geltend machen, der Herausgabeanspruch dürfe deswegen nicht arrestiert werden. f) Alle diese geschilderten, an sich denkbaren Ausnahmefälle dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Ersteigerer des Herausgabeanspruchs in aller Regel gelingen wird (allenfalls nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens), die Titel unbeschwert von der Bank herauszuerhalten. Es ist daher nicht zu befürchten, der Herausgabeanspruch lasse sich nicht zu vernünftigen Bedingungen verwerten. Da durch die Verwertung des Anspruchs auch die Rechte Dritter nicht geschmälert werden, halten die in BGE 60 III 229 ff. gegen die Arrestierbarkeit des Anspruchs auf Herausgabe von im Ausland verwahrten Wertpapieren bei der Depotbank angeführten Gründe einer erneuten Prüfung nicht stand. 5. Dagegen lassen sich gewichtige Gründe für die Arrestierbarkeit derartiger Ansprüche beim Drittschuldner anführen: a) So entspricht es zunächst der Verkehrsanschauung, dass ein Wertpapierdepot bei derjenigen Bank gelegen ist, die das Depotkonto führt, wo immer sich die einzelnen Papiere befinden. Der Bankkunde kann in der Regel nur über die kontoführende Bank auf seine Wertpapiere greifen. Hier erteilt er seine Börsenaufträge, und hier lässt er auch die mit der offenen Verwahrung von Wertpapieren üblicherweise verbundenen Verwaltungsarbeiten, wie Inkasso von Coupons und dergleichen, vornehmen. Die Depotbank führt sodann für den Kunden regelmässig ein Kontokorrent, auf welchem sie ihm die Erlöse aus Börsengeschäften und die Erträgnisse der verwahrten Papiere gutschreibt (vgl. BGE 96 II 149 , BGE 94 II 169 , BGE 78 II 254 , BGE 63 II 242 /243). Auch der Bankkunde selbst geht davon aus, sein Vermögen sei in der Schweiz gelegen, wenn er bei einer Schweizer Bank Wertpapiere hinterlegt hat. Er weiss BGE 102 III 94 S. 107 normalerweise nicht, wo sich die Papiere tatsächlich befinden. Solange er bei der kontoführenden Bank jederzeit über die Wertpapiere verfügen kann, mag ihm diese Frage auch gleichgültig sein. Ist das Depot aber in der Schweiz gelegen, so sollen die Gläubiger auch in der Schweiz darauf greifen können, soll doch die Zwangsvollstreckung das gesamte in der Schweiz liegende Vermögen des Schuldners erfassen. b) Dazu kommt, dass eine Vollstreckung praktisch nicht möglich oder doch sehr erschwert wäre, wenn die Wertpapiere nur am Orte ihrer Lage arrestiert und gepfändet werden könnten. Die Gläubiger wissen noch viel weniger als der Bankkunde, wo sich die Titel befinden. Schon an dieser Ungewissheit über den Aufbewahrungsort müssten allfällige Arrestbegehren scheitern. Gelänge es den Gläubigern, den Aufbewahrungsort ausfindig zu machen, so wären sie gezwungen, in den verschiedensten Ländern Vollstreckung zu verlangen. Dadurch würde das Vollstreckungsverfahren ausserordentlich kompliziert. Auch für den Schuldner wäre es von Nachteil, wenn er sich an mehreren Orten gegen Arrestprosequierungsklagen verteidigen müsste. Im übrigen ist zweifelhaft, ob das ausländische Zwangsvollstreckungsrecht den direkten Zugriff der Gläubiger auf im Namen der Schweizer Bank deponierte Wertpapiere zulassen würde, zumal wenn die ausländische Bank die Papiere ihrerseits durch eine Wertpapiersammelbank verwahren lässt. Nimmt man mit GAUTSCHI an (vgl. Erw. 3), die Depotbank sei fiduziarische Eigentümerin der im Ausland hinterlegten Wertpapiere, so wäre die Zwangsvollstreckung im Ausland auch aus Gründen des materiellen Rechtes aussichtslos. c) Würde man die Arrestierbarkeit des Anspruches auf Herausgabe der im Ausland verwahrten Wertpapiere bei der Depotbank verneinen, wären diese Werte somit praktisch der Zwangsvollstreckung entzogen. Ein Schuldner könnte sein Vermögen daher auf einfache Weise vor seinen Gläubigern in Sicherheit bringen; er müsste nur bei einer schweizerischen Bank ausländische Wertpapiere in ein Wertpapierdepot einliefern und die Bank beauftragen, die Papiere im eigenen Namen im Ausland zu hinterlegen. Ein solches Ergebnis wäre untragbar. Wer sein Vermögen durch eine Schweizer Bank, wenn auch im Ausland, verwahren lässt, soll sich auch hier belangen lassen müssen. BGE 102 III 94 S. 108 d) Aus all diesen Gründen ist in Abweichung von der bisherigen Praxis davon auszugehen, der Anspruch des Bankkunden gegen die Depotbank auf Herausgabe der bei ausländischen Korrespondenten liegenden Wertpapiere sei bei der Depotbank pfänd- und arrestierbar, sofern der Kunde im Ausland wohnt. In diesem Sinne spricht sich mehrheitlich auch die Lehre aus (KLEINER, SJZ 1968 S. 211 ff.; GAUTSCHI, SJZ 1969 S. 249 ff.; ENGEL, Quelques problèmes relatifs au contrat de dépôt bancaire, in Mémoires publiées par la faculté de droit de Genève, No 24, S. 31/32; PIOTET, JdT 1964, I, S. 630 ff.; HAAB, ZBJV 1935 S. 743 ff.; GERWIG, ZSR 1934 S. 128/129; a.M. lediglich HARALD HUBER, Verarrestierbarkeit von Wertpapieren, welche durch inländische Banken im Ausland verwahrt werden, SJZ 1969 S. 149 ff.; sowie, aber ohne Begründung, FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Auflage, II, S. 214). Der angefochtene Entscheid ist daher im Ergebnis in diesem Punkt zu bestätigen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann es jedoch nicht darauf ankommen, ob die Bank Bär oder der Rekurrent Eigentümer der streitigen Titel sei und wie der Anspruch gegen die Bank qualifiziert werden müsse. Sollte der Rekurrent auch dingliche Ansprüche gegen die Bank Bär haben, so müssten diese ebenfalls als arrestiert gelten. Insoweit ist der angefochtene Entscheid zu präzisieren. Einer Abänderung des Dispositives bedarf es deswegen jedoch nicht, da dort ganz allgemein von den Ansprüchen des Rekurrenten gegen die Bank Bär auf Herausgabe der fraglichen Wertpapiere die Rede ist. Diese Formulierung umfasst auch Herausgabeansprüche, die sich auf allfällige dingliche Rechte des Rekurrenten stützen. Anderseits genügt die Umschreibung des Arrestgegenstandes dem in BGE 78 III 70 aufgestellten Erfordernis, dass ein Herausgabeanspruch für sich allein der Pfändung und Arrestierung nicht unterliegt, sondern stets auf das ihm zugrundeliegende (dingliche oder obligatorische) Vermögensrecht gegriffen werden muss. Er ist klar, dass der Arrest die Herausgabeansprüche des Rekurrenten gegen die Bank Bär aus dem Depotvertrag erfassen soll. 6. Der Rekurrent macht geltend, die nachträgliche Aufnahme des Herausgabeanspruches in die Arresturkunde sei nicht zulässig, weil derartige Ansprüche im Arrestbefehl nicht genannt seien. Indessen sind im Arrestbefehl als Arrestgegenstände nicht nur Wertpapiere angeführt, sondern ganz allgemein BGE 102 III 94 S. 109 Guthaben des Arrestschuldners bei der Bank Bär, insbesondere Wertschriften und Depotkonten Nr. 13.111 und 16.212. Die Arrestierung der Depotkonten erfasst auch die Ansprüche auf Herausgabe der zu diesen Konten gehörenden, aber auswärts verwahrten Wertpapiere, Abgesehen davon werden mit dem allgemeinen Begriff "Guthaben" entgegen der Ansicht des Rekurrenten nicht nur Geldforderungen bezeichnet. 7. Der Rekurrent beantragt schliesslich, die bloss gattungsmässig bezeichneten Arrestgegenstände Ziff. 1-4 seien aus der Arresturkunde zu streichen, nachdem die Bank Bär am 4. Juli 1975 über seine Guthaben Auskunft erteilt habe und die Arrestgegenstände dementsprechend spezifiziert worden seien. Aus dem Schreiben der Bank Bär vom 4. Juli 1975 an das Betreibungsamt ergibt sich indessen nur, welche Wertpapiere die Depotkonten Nr. 13.111 und 16.212 enthielten. Dagegen steht in dieser Mitteilung nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, der Rekurrent habe bei der Bank Bär keine andern Guthaben, Konten usw. Die Arrestgegenstände Ziff. 1-4 wurden deshalb zu Recht in der Arresturkunde belassen. Dem Rekurrenten erwächst daraus kein Nachteil nachdem der Arrest im übrigen ohnehin aufrecht erhalten bleibt. Bestehen ausser den Ansprüchen aus den beiden Depotkonten keine andern Guthaben bei der Bank Bär, so ist der Arrest diesbezüglich gegenstandslos. Sollten jedoch solche Werte bestehen, so bleiben sie zu Recht arrestiert. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_005
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2358fb2e-51d7-4363-a010-49a63a76d36a
Urteilskopf 84 IV 105 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. September 1958 i.S. Steiner gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 25 Abs. 1 MFG. Wann ist die Geschwindigkeit den Strassen- und Verkehrsverhältnissen angepasst?
Sachverhalt ab Seite 105 BGE 84 IV 105 S. 105 A.- Am Nachmittag des 19. Oktober 1957 fuhr Steiner mit seinem Personenauto Peugeot von Meggen Richtung Luzern die obere Kreuzbuchstrasse hinunter, die ein Gefälle von 6% hat. In der unübersichtlichen, 5,3 m breiten Linkskurve oberhalb der Villa Vallaster stiess sein Wagen, der eine Geschwindigkeit von 40 km/Std hatte, mit einem in langsamem Tempo (10-15 km/Std) entgegenkommenden "Plymouth" zusammen, der ca. 40 cm links der Strassenmitte fuhr. Der Führer des Plymouth, Keller, hatte nach einem kurz vorher eingeschalteten Halt auch noch während des Anfahrens seinen Blick auf den See und die Stadt gerichtet und deshalb den herannahenden Wagen Steiners erst im letzten Augenblick BGE 84 IV 105 S. 106 bemerkt. Beide Fahrzeuge wurden vorne links so stark beschädigt, dass sie abgeschleppt werden mussten. B.- Das Amtsgericht Luzern-Stadt erklärte am 19. Juni 1958 beide Fahrzeugführer der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Ziff. 2 StGB schuldig und verurteilte Keller zu einer Busse von Fr. 60.-, Steiner zu einer solchen von Fr. 30.-. Diesem legte es Verletzung von Art. 25 Abs. 1 MFG wegen zu schnellen und unvorsichtigen Fahrens zur Last. C.- Steiner ficht dieses Urteil mit der Nichtigkeitsbeschwerde an und beantragt, er sei freizusprechen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 25 Abs. 1 MFG hat der Fahrzeugführer die Geschwindigkeit den gegebenen Strassen- und Verkehrsverhältnissen anzupassen. Nach ständiger Rechtsprechung genügt er dieser Pflicht, wenn er die Geschwindigkeit jederzeit so bemisst, dass er innerhalb der als frei erkannten Strecke anhalten kann. Frei ist diejenige Strecke, auf der weder ein Hindernis sichtbar ist, noch mit dem Auftauchen eines solchen gerechnet werden muss ( BGE 60 II 284 , BGE 65 I 199 , BGE 77 IV 102 , BGE 79 IV 66 , BGE 84 II 129 ). Nach der Feststellung des Amtsgerichtes betrug die Sichtweite des Beschwerdeführers nahezu 40 m, wenn er die Linkskurve weit nahm, und rund 30 m, wenn er in der Strassenmitte fuhr. Sowohl im einen wie im andern Falle konnte er sein Fahrzeug innerhalb der überblickbaren Strecke anhalten; denn bei einer Geschwindigkeit von 40 km/Std und einer mittleren Verzögerung von 5 bis 6 m/sec.2 benötigte er zum Anhalten eine Strecke, die zwischen 22 und 25 m liegt, darin eingerechnet die durch das Gefälle bewirkte Verlängerung des Bremsweges um annähernd 1 m. Damit, dass ihm in einer über 5 m breiten Kurve auf seiner eigenen rechten Strassenhälfte ein anderes Fahrzeug entgegenkomme, musste der Beschwerdeführer nicht rechnen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz würde dazu führen, dass unübersichtliche BGE 84 IV 105 S. 107 Kurven überhaupt nur noch im Schrittempo befahren werden könnten. Dass der Beschwerdeführer mit dem Auftauchen einer anderen Gefahr zu rechnen hatte, ist nicht festgestellt und auch aus den Akten nicht ersichtlich. Seine Geschwindigkeit war daher der Sichtweite angepasst und infolgedessen nicht übersetzt. 2. (Ausführungen darüber, dass der Beschwerdeführer die drohende Gefahr eines Zusammenstosses rechtzeitig hätte erkennen können, daher gehalten gewesen wäre, die zur Verhütung eines Unfalles geeigneten Vorkehrungen zu treffen, insbesondere sofort zu bremsen, und dass er durch Missachtung dieser Pflicht sich der Nichtbeherrschung des Fahrzeuges gemäss Art. 25 Abs. 1 MFG schuldig gemacht hat, die auch rechtserhebliche Ursache der Störung des öffentlichen Verkehrs war.) Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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de
1,958
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
23675bc0-8b2b-4fbd-856d-a298b4fc0f1e
Urteilskopf 105 Ia 243 47. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Mai 1979 i.S. Bauert gegen Gemeinde Richterswil und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; kant. Volksabstimmung. Es verletzt das politische Stimmrecht nicht, wenn eine Gemeinde in einen kantonalen Abstimmungskampf eingreift, an dessen Ausgang sie ein unmittelbares und besonderes Interesse hat (E. 4). Im vorliegenden Fall kann auch die Art des Eingreifens nicht beanstandet werden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 243 BGE 105 Ia 243 S. 243 Mit Beschluss vom 4. September 1978 bewilligte der Zürcher Kantonsrat einen Kredit von 27 Mio. Franken für den Bau der Seestrasse zur Umfahrung des Dorfkerns von Richterswil. Die Volksabstimmung wurde auf den 3. Dezember 1978 angesetzt. Am 25. September 1978 bewilligte die Gemeindeversammlung von Richterswil einen Kredit von Fr. 73'000.- für "sachliche Aufklärungsarbeit im Gebiet des Kantons Zürich" zur kantonalen Volksabstimmung vom 3. Dezember 1978. Mit dem Kredit wurden in der Folge eine Tonbildschau sowie zwei Inserate finanziert, die in 21 zürcherischen Tageszeitungen zwei- bis dreimal veröffentlicht wurden. Insgesamt erschienen 71 Inserate. Die Tonbildschau wurde auf Verlangen allen Personen und Vereinigungen für deren Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Rolf Bauert rekurrierte gegen den Kreditbeschluss der Gemeindeversammlung Richterswil an den Bezirksrat Horgen und anschliessend an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Der Regierungsrat wies den Rekurs mit Entscheid vom 15. November 1978 ab. Er verwarf unter anderem den Einwand, die BGE 105 Ia 243 S. 244 Gemeinde sei nicht befugt, mit Steuergeldern einseitig in die Auseinandersetzung vor der kantonalen Abstimmung einzugreifen. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Im vorliegenden Fall hat der Gemeinderat von Richterswil in einen kantonalen Abstimmungskampf eingegriffen. Er hat zur Unterstützung des kantonsrätlichen Kreditbeschlusses für die Umfahrung des Dorfkerns von Richterswil eine Tonbildschau erstellen lassen, die zum Ausdruck bringen sollte, dass der Bau der Umfahrungsstrasse im Interesse der Gemeinde liege. Ferner hat er in 21 zürcherischen Tageszeitungen insgesamt 71 Inserate erscheinen lassen, mit denen das gleiche Ziel verfolgt wurde. Die Kosten dieser Aktion beliefen sich auf Fr. 65'000.-; der von der Gemeindeversammlung bewilligte Kredit wurde demnach nicht vollständig ausgeschöpft. Es kann nicht gesagt werden, dass das vom Bundesrecht gewährleistete politische Stimmrecht eine solche Intervention der Gemeinde in einen kantonalen Abstimmungskampf verbiete. Die Stimmbürger des Kantons Zürich hatten sich in der Volksabstimmung vom 3. Dezember über einen Kreditbeschluss des Kantonsrates auszusprechen, der dem obligatorischen Finanzreferendum unterlag und der zur Sanierung der Verkehrsverhältnisse in Richterswil bestimmt war. Es ist offenkundig, dass für die Gemeinde Richterswil und ihre Stimmbürger ein unmittelbares und besonderes Interesse am Ausgang der Abstimmung bestand, das jenes der übrigen zürcherischen Gemeinden bei weitem überstieg. Bei dieser Sachlage verletzte es das politische Stimmrecht nicht, wenn der Gemeinderat im kantonalen Abstimmungskampf namens der Gemeinde für die Annahme der Vorlage eintrat und zuhanden der kantonalen Stimmbürger darlegte, weshalb der Vorlage aus der Sicht der direkt interessierten Gemeinde zuzustimmen sei. Aus den Akten geht übrigens hervor, dass derartige kommunale Interventionen in einen kantonalen Abstimmungskampf schon verschiedentlich vorgekommen sind, so z.B. beim Entscheid über den Bau des Waffenplatzes im Reppischtal oder im Zusammenhang mit dem Flughafen Zürich. Auch in der Literatur werden Beispiele kommunaler BGE 105 Ia 243 S. 245 Interventionen genannt, die dem vorliegenden Fall entsprechen (vgl. STRASSER, Rechtliche Probleme der öffentlichen Meinungsbildung vor Volksentscheiden, Diss. Basel 1971, S. 109: Verteilung einer kommunalen Informationsbroschüre zur kantonalen Volksabstimmung über den Bau einer Umfahrungsstrasse für Riehen). Es mag fraglich erscheinen, ob das Eingreifen einer Gemeinde in den kantonalen Abstimmungskampf mit der bundesrechtlichen Garantie des politischen Stimmrechts auch dann vereinbar wäre, wenn die kantonale Vorlage die Interessen der Gemeinde weniger direkt berühren würde, als das hier der Fall ist, und wenn namentlich nicht eine Abstimmung über einen Kreditbeschluss, sondern über eine Verfassungs- oder Gesetzesvorlage in Frage stände. Wie es sich damit verhält, kann jedoch dahingestellt bleiben, da einer Intervention der Gemeinde jedenfalls unter den hier zu beurteilenden Umständen nichts entgegensteht. 5. Im vorliegenden Fall kann auch die Art des Eingreifens in den Abstimmungskampf nicht als unzulässige Beeinflussung der Stimmbürger erachtet werden. a) Die kommunale Behörde, die den Standpunkt der Gemeinde zu einer sie besonders betreffenden kantonalen Volksabstimmung darlegt, ist befugt, jene Mittel der Meinungsbildung einzusetzen, die in einem Abstimmungskampf von den Befürwortern und Gegnern der Vorlage üblicherweise verwendet werden. Es steht der Gemeinde deshalb zu, ihre Auffassung durch Flugblätter, besondere Broschüren, Zeitungsinserate oder durch Plakate zum Ausdruck zu bringen. Auch die Darstellung ihrer Meinung in einer Tonbildschau sprengt diesen Rahmen nicht. Die Behörde ist aber gehalten, die kommunalen Interessen in objektiver und sachlicher Weise zu vertreten. Dabei darf von ihr ein höherer Grad an Objektivität und Sachlichkeit erwartet werden als von privaten politischen Gruppierungen. Das heisst aber nicht, dass die Gemeindebehörde bei ihrer Intervention an die gleich strengen Grundsätze gebunden sei, die sie bei der Abgabe eines erläuternden Berichts zu einer kommunalen Abstimmung zu beachten hätte. Schon bei der Abfassung eines solchen Berichts darf sich die Gemeinde darauf beschränken, diejenigen Gründe darzulegen, die für die Mehrheit des Gemeindegesetzgebers massgebend waren, und sie ist von Bundesrechts wegen nicht gehalten, sämtliche für und gegen die Vorlage sprechenden Gründe darzulegen. Das gilt noch vermehrt, BGE 105 Ia 243 S. 246 wenn sie die Auffassung der Gemeinde zu einer kantonalen Abstimmungsvorlage zum Ausdruck bringt. b) Diesen Anforderungen wurde im vorliegenden Fall Genüge getan. Die Gemeindeversammlung von Richterswil bewilligte den für das Eingreifen in den kantonalen Abstimmungskampf bestimmten Kredit mit 338 zu 87 Stimmen. Die Inserate wurden mit dem Vermerk versehen, dass sie aufgrund eines Kreditbeschlusses der Gemeindeversammlung finanziert worden seien. Dabei wurde nicht der Eindruck erweckt, die Gemeinde stehe einhellig hinter der Vorlage. Ferner bestand aufgrund der Tatsache, dass die Gemeindeversammlung den Kredit zwar mit grosser Mehrheit, aber dennoch nicht einstimmig bewilligt hatte, keine Verpflichtung des Gemeinderates, in der Tonbildschau und in den Inseraten auch die gegen die Vorlage sprechenden Argumente aufzuführen oder gar, wie der Beschwerdeführer verlangt, einen Teil des Kredits den Gegnern der Vorlage zur Verfügung zu stellen.
public_law
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1,979
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Federation
2368074e-2f37-4abc-90db-9cd465a800ae
Urteilskopf 126 IV 60 10. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 27 janvier 2000 dans la cause X. contre Procureur général du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 8 Abs. 1 lit. d und 19 Ziff. 1 BetmG; Verkauf von Hanfpflanzen zur Betäubungsmittelgewinnung. Art. 19 Ziff. 1 BetmG ist nicht nur auf Betäubungsmittel im Sinne von Art. 1 BetmG , sondern auch auf jene Betäubungsmittel anwendbar, die - wie die gesamte Cannabispflanze - in Art. 8 Abs. 1 BetmG erwähnt werden. Folglich fällt unter Art. 19 Ziff. 1 BetmG der Verkauf oder das Inverkehrbringen von Hanfpflanzen, sofern die Gewinnung von Betäubungsmitteln beabsichtigt ist. Diese Bedingung ist verwirklicht, wenn der Täter weiss, dass der in dieser Art von ihm verkaufte Hanf als Betäubungsmittel konsumiert wird, und er den Hanf dennoch verkauft und dabei den Konsum in Kauf nimmt (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 61 BGE 126 IV 60 S. 61 A.- Par jugement du 22 février 1999, le Tribunal de police de Genève, statuant sur opposition à une ordonnance de condamnation du Procureur général, a condamné X., pour infraction à l'art. 19 ch. 1 de la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants et les substances psychotropes (LStup; RS 812.121), à la peine de 6 mois d'emprisonnement avec sursis pendant 3 ans, pour avoir, entre novembre 1996 et mars 1997, vendu sans droit dans son commerce des sachets de fleurs de chanvre en vue de permettre la consommation de leur contenu comme stupéfiants. Saisie d'un recours de X., la Chambre pénale de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 22 novembre 1999, a confirmé le jugement qui lui était déféré. B.- Cet arrêt retient, en résumé, ce qui suit. Au début novembre 1996, l'accusé a ouvert à Genève un commerce; il y vendait, outre des boissons énergétiques, des habits et des petits gadgets, des huiles ou parfums aux senteurs de chanvre, des pâtes alimentaires à base de chanvre et des "pots-pourris" composés de fleurs de chanvre séchées ainsi que certains articles utilisés habituellement par les personnes qui fument de la drogue, notamment des shiloms et des paquets de papier à rouler des cigarettes. Il s'est d'abord approvisionné en chanvre auprès de la société Z., qui fournissait sous forme de "coussins thérapeutiques" du chanvre séché à des commerces spécialisés dans la vente du chanvre et de ses dérivés, puis auprès d'autres fournisseurs dès 1997, après l'arrestation du gérant de la société Z., Y. Il triait le chanvre fourni, dont il n'utilisait que les fleurs, qu'il conditionnait dans des sachets de 10 à 20 grammes, vendus environ 20 fr. pièce. Il apposait sur les sachets un autocollant indiquant "Pot-pourri de fleurs de chanvre suisse. Ne doit pas être utilisé comme stupéfiant. Interdit aux mineurs". L'accusé a vendu des centaines de sachets de "pots-pourris" de fleurs de chanvre, réalisant, durant les seuls mois de décembre 1996 à février 1997, soit en l'espace de trois mois, un chiffre d'affaires avoisinant 30.000 fr., ce qui équivalait à plus de 65 % des recettes comptabilisées durant cette période. Il s'est efforcé de ne vendre que des fleurs de chanvre, soit la partie de la plante contenant la plus forte concentration de substance hallucinogène, ce qu'il ne pouvait ignorer en tant qu'ancien consommateur de marijuana et de haschisch. Il a pris la précaution d'éviter la vente de ses produits à BGE 126 IV 60 S. 62 des mineurs et a apposé sur les sachets mis en vente des autocollants indiquant que leur contenu ne devait pas être utilisé comme stupéfiants. Il a manifestement été en contact avec d'autres commerçants de chanvre de la place, qui ont admis que leurs produits étaient fumés par une partie des clients; ce n'était d'ailleurs un secret pour personne que les produits vendus sous forme de tisane et de coussins thérapeutiques par Y. équivalaient en réalité à de la marijuana. Le recourant vendait en outre des articles, tels que shiloms et paquets de papier à rouler des cigarettes, employés habituellement par les personnes qui fument de la drogue. Sur la base de l'ensemble de ces éléments, il a été retenu que l'accusé était parfaitement conscient de proposer une marchandise susceptible d'avoir des effets de type cannabinique et qu'il ne pouvait ignorer que le chanvre vendu était en réalité consommé comme des stupéfiants; il y avait en tout cas lieu d'admettre qu'il avait envisagé l'usage illicite pouvant être fait du chanvre vendu et qu'il s'en était accommodé. L'accusé avait ainsi intentionnellement, à tout le moins par dol éventuel, vendu le chanvre litigieux en vue de l'extraction de stupéfiants, de sorte que son comportement tombait sous le coup de l' art. 19 ch. 1 LStup . C.- X. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Contestant que son comportement puisse tomber sous le coup de l' art. 19 ch. 1 LStup , il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision, sollicitant par ailleurs l'assistance judiciaire. Le Tribunal fédéral a rejeté le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 2. Invoquant une violation de l' art. 8 al. 1 let . d LStup en relation avec l' art. 19 ch. 1 LStup , le recourant soutient que le dol éventuel, même s'il est réalisé, ne suffit pas pour admettre la réalisation de l'infraction retenue. a) Dans un arrêt non publié du 16 novembre 1994 (6S.546/1994), auquel se réfère la cour cantonale en renvoyant à sa décision incidente du 13 septembre 1999, il a été jugé que la mise dans le commerce de la plante de chanvre, même sans ses sommités florifères ou fructifères, tombe sous le coup de l' art. 19 LStup pour autant que l'auteur ait en vue d'en extraire des stupéfiants. Certes, les feuilles de la plante de chanvre, non accompagnées de sommités florifères ou fructifères, ne sont pas des stupéfiants au sens de l'art. 1 de la BGE 126 IV 60 S. 63 Convention unique sur les stupéfiants de 1961 et de l' art. 1 LStup . Cette convention oblige cependant les Etats à empêcher l'abus des feuilles de la plante de cannabis. Selon l' art. 8 al. 1 let . d LStup, le chanvre en vue d'en extraire des stupéfiants et la résine de ses poils glanduleux (haschisch) ne peuvent être ni cultivés, ni importés, ni fabriqués ou mis dans le commerce. Le comportement interdit par cette disposition est sanctionné par l' art. 19 ch. 1 LStup , qui réprime donc non seulement la culture mais également l'importation, la fabrication et la mise dans le commerce du chanvre, autant que ces comportements visent l'extraction de stupéfiants. Il en résulte que l'interdiction de mettre dans le commerce du chanvre en vue d'en extraire des stupéfiants touche la plante dans son entier. Ainsi, l' art. 19 ch. 1 LStup s'applique non seulement aux stupéfiants visés à l' art. 1 LStup mais aussi à ceux mentionnés à l' art. 8 al. 1 LStup , dont la plante de cannabis dans son entier. Cette conclusion découle également de l' art. 2 let . e de l'Ordonnance du 29 mai 1996 sur les stupéfiants et les substances psychotropes (OStup; RS 812.121.1) et de l'appendice 5 de l'Ordonnance de l'Office Fédéral de la Santé Publique (OFSP) (RS 812.121.2). En l'occurrence, l'auteur avait distribué des tracts, accompagnés de sachets contenant des feuilles de chanvre, éloignées des sommités florifères et fructifères, alors qu'il était conscient qu'un certain nombre de destinataires allaient tenter de fumer ou de distiller les feuilles ou d'en obtenir davantage selon les indications contenues dans les tracts; la distribution qui lui était reprochée, alliée à la volonté de promouvoir l'usage des feuilles de chanvre en vue d'en extraire des stupéfiants, tombait donc sous le coup de l' art. 19 ch. 1 LStup . En l'espèce, il est établi que le recourant a vendu, donc mis dans le commerce, des sachets de fleurs de chanvre, lesquelles, comme il l'admet lui-même, sont au demeurant une des parties de la plante à plus forte teneur en THC. Ainsi qu'il ressort de l'arrêt précité, un tel comportement tombe sous le coup de l' art. 19 ch. 1 LStup lorsqu'il vise l'extraction de stupéfiants. Cela n'est du reste pas contesté. b) Contrairement à ce que tente de faire admettre le recourant, la cour cantonale a clairement retenu qu'il avait agi avec dol direct; ce n'est qu'à titre subsidiaire qu'elle a tenu à ajouter qu'"au demeurant (...) le dol éventuel suffit" et que le recourant avait "pour le moins" envisagé l'usage illicite pouvant être fait du chanvre vendu et s'était accommodé de ce résultat au cas où il se produirait. Il y a dol direct lorsque l'auteur est conscient que le résultat illicite se produira et agit néanmoins, acceptant ainsi qu'il se réalise (cf. BGE 126 IV 60 S. 64 ATF 105 IV 12 consid. 4 p. 14). En l'espèce, cela pouvait être déduit sans violer le droit fédéral des faits retenus. Sur la base d'une appréciation des preuves, il a été retenu que le recourant a vendu le chanvre litigieux en étant parfaitement conscient du fait que celui-ci était en réalité consommé comme des stupéfiants. Cette constatation relève du fait ( ATF 123 IV 155 consid. 1a p. 156; ATF 122 IV 156 consid. 2b p. 160 et les arrêts cités) et ne peut donc être remise en cause dans un pourvoi en nullité. Il en résulte que le recourant savait que le chanvre litigieux serait consommé comme des stupéfiants et qu'il l'a néanmoins vendu, acceptant qu'il en soit fait un tel usage. Il a donc bien agi par dol direct. L'argumentation du pourvoi, qui tend exclusivement à faire admettre que, s'agissant de l'infraction en cause, le dol éventuel ne suffirait pas, est donc vaine. c) Les conditions de l'infraction retenue étant réalisées, la condamnation du recourant de ce chef ne viole pas le droit fédéral.
null
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23682043-bfb9-495c-a3d5-b73d8e57caa7
Urteilskopf 105 IV 197 53. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. September 1979 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 201 Abs. 1 StGB . Zuhälterei. Begriff der Ausbeutung.
Erwägungen ab Seite 197 BGE 105 IV 197 S. 197 Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 201 Abs. 1 StGB ist wegen Zuhälterei zu bestrafen, "wer sich von einer Person, die gewerbsmässig Unzucht treibt, unter Ausbeutung ihres unsittlichen Erwerbs BGE 105 IV 197 S. 198 ganz oder teilweise unterhalten lässt". Eine aktive Unterstützung der Gewerbsunzucht wird dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt. Es geht hier ausschliesslich um die Interpretation der sogenannten passiven Zuhälterei. Der Gesetzgeber hat mit diesem Tatbestand ein Verhalten unter Strafe gestellt, das in der materiellen Ausnützung einer Tätigkeit besteht, welche an sich nicht strafbar ist, aber als unsittlich qualifiziert wird. Mit der rechtspolitischen Problematik einer solchen Strafnorm hat sich der Richter nicht auseinanderzusetzen; er muss sich auf die korrekte Anwendung der geltenden Bestimmung beschränken. Entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Meinung handelt es sich bei Art. 201 um einen gesetzlichen Tatbestand, der in verschiedener Hinsicht der Auslegung bedarf. Davon, dass nach dem Wortlaut die Straflosigkeit des Beschwerdeführers evident wäre, kann keine Rede sein. Der näheren Abklärung bedürfen im vorliegenden Fall zwei Tatbestandselemente: Einerseits ist zu beurteilen, ob der inkriminierte Sachverhalt als (teilweises) Unterhaltenlassen zu qualifizieren ist, und anderseits muss die Tragweite des Begriffs "Ausbeutung" näher bestimmt werden. a) Unter den Begriff des Unterhalts fällt nach der Rechtsprechung nicht nur der eigentliche Notbedarf des Täters, sondern alles, was zu seiner tatsächlichen Lebenshaltung gehört ( BGE 97 IV 29 /30). Daher vermag der Umstand, dass der eigene Verdienst des Täters genügt hätte, um dessen notwendigen Unterhalt zu bestreiten, den Vorwurf der Zuhälterei nicht zu widerlegen. Auch wer den unsittlichen Erwerb der Dirne zur Grundlage einer kostspieligeren, sein eigenes Einkommen übersteigenden Lebenshaltung macht, kann nach der Praxis des Kassationshofes wegen Zuhälterei bestraft werden. Obschon der Wortlaut des Gesetzes eine engere Interpretation nicht ausschliessen würde, besteht nach der ratio der Strafnorm kein Anlass, in Abweichung vom erwähnten Präjudiz anzunehmen, nur wer unter Verzicht auf eigene Arbeit seinen Notbedarf ganz oder teilweise aus dem Verdienst einer Dirne decke, lasse sich im Sinne von Art. 201 Abs. 1 StGB aushalten. Zwischen dem Arbeitsscheuen, der den unerlässlichen täglichen Aufwand schmarotzerisch auf diese Weise deckt, und demjenigen, der zwar selber ein regelmässiges Arbeitseinkommen erzielt, aber für die Kosten eines höhern Lebensstandards (Luxuswohnung, Auto usw.) regelmässige Zuschüsse aus dem BGE 105 IV 197 S. 199 Dirnenlohn beansprucht, besteht in bezug auf die Strafwürdigkeit kein entscheidender Unterschied. Eine Auslegung, welche nur den arbeitsscheuen Schmarotzer erfasst, jenen Täter aber, der sich aus Dirneneinkünften nicht den (durch eigenen Verdienst gedeckten) Notbedarf, sondern einen teureren Lebensstil finanziert, von vornherein straflos lassen würde, entbehrt der sachlichen Begründung. Es ist daher an der bisherigen Praxis festzuhalten: Wer seinen laufenden Aufwand ganz oder teilweise aus den Einkünften einer Dirne finanziert und damit den Erwerb der Dirne zu seiner Einkommensquelle macht, lässt sich im Sinne von Art. 201 Abs. 1 StGB unterhalten. Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ), hat der Beschwerdeführer in der Zeit vom Mai 1976 bis Ende Februar 1977 in einem gewissen, nicht genau erfassbaren Ausmass vom Einkommen, das seine Freundin mit Gewerbsunzucht erzielte, regelmässig profitiert. Er benutzte die aus dieser Verdienstquelle finanzierten Möbel der gemeinsamen Wohnung, und es flossen ihm aus dem Zusammenleben mit Irene H. Geldwerte, durch die Verwendung seines Lohnes nicht ausgeglichene Vorteile in der Grössenordnung von ca. Fr. 550.- pro Monat zu. Aus den vom Kassationshof nicht zu überprüfenden Feststellungen der Vorinstanz ergibt sich der Schluss, dass der Beschwerdeführer im erwähnten Umfang seinen etwas gehobeneren Lebensunterhalt aus dem durch Gewerbsunzucht erzielten Verdienst seiner Freundin bestritt. b) Strafbar ist gemäss Art. 201 Abs. 1 StGB nicht jede Annahme von Leistungen, die als Unterhalt zu qualifizieren sind, sondern der Straftatbestand setzt voraus, dass der Täter sich unter Ausbeutung des unsittlichen Erwerbes unterhalten lässt. aa) Sowohl der deutsche Begriff "Ausbeutung" als auch die entsprechenden Termini in den romanischen Gesetzestexten - "en exploitant", "sfruttando" - lassen sich entweder pejorativ oder in einem wertfreien Sinne (z.B. Kiesausbeutung) verwenden. In Art. 201 Abs. 1 StGB wurden diese Ausdrücke seit jeher als Umschreibung eines verwerflichen Verhaltens, also im pejorativen Sinne verstanden nicht etwa als blosse Angabe der Herkunft der Mittel. "Unter Ausbeutung" ist in diesem Zusammenhang nicht gleichbedeutend mit dem neutralen BGE 105 IV 197 S. 200 "unter Verwendung", sondern der Begriff der Ausbeutung bringt eine negative ethische Wertung zum Ausdruck "und besagt, dass bloss der mit dem Makel des Verwerflichen behaftete Unterhaltsbezug aus dem Dirnenlohn unter das Gesetz fallen soll" ( BGE 97 IV 29 mit Hinweis auf BGE 88 IV 67 ). Diese den Straftatbestand begrenzende, eine ethische Wertung des Verhaltens des Täters erfordernde Bedeutung des Tatbestandselementes der "Ausbeutung" ist unbestritten. bb) Ausbeutung im Sinne einer verwerflichen Entgegennahme von geldwerten Leistungen einer Dirne wurde angenommen: bei einem Ehemann, der beinahe vollständig aus dem Dirnenlohn seiner Ehefrau lebte, selber nichts oder sehr wenig an den gemeinsamen Haushalt beisteuerte und sich nicht einmal bemühte, einen nennenswerten Beitrag zu leisten ( BGE 88 IV 67 , vgl. auch BGE 75 IV 121 ); bei einem Täter, der unter Ausnützung der Rivalität zwischen drei Dirnen sich während eines Monates von einer der Rivalinen für Bedürfnisse seines Lebensunterhaltes (Hotelübernachtungen, Essen, Taschengeld) ungefähr Fr. 1'000.- zuwenden liess, so dass er in dieser Zeit seinen eigenen Verdienst grösstenteils anderweitig verwenden oder zur Seite legen konnte ( BGE 97 IV 30 ); bei einem Ehemann, der sich ohne Erwerbstätigkeit in Spanien aufhielt und ausschliesslich von den durch seine in Genf als Dirne und Kupplerin tätige Frau an ihn überwiesenen Geldbeträgen lebte ( BGE 101 IV 133 f.); bei einem Ehemann, der während zwei Jahren aus dem Unzuchtserlös seiner Ehefrau wöchentlich ca. Fr. 1'200.- entgegennahm und das Geld zur Seite legte, um eine Wohnung oder ein Haus zu erwerben, und überdies die Ehefrau für ihren eigenen Unterhalt und den Unterhalt des gemeinsamen Kindes selber aufkommen liess (zu veröffentlichendes Urteil vom 20. November 1978 i.S. S.). cc) In der neuem Rechtsprechung wird zum Teil das einschränkende Erfordernis der Ausbeutung mit dem Tatbestandsmerkmal des Unterhaltsbezugs direkt "gekoppelt". So lässt sich die E. 2a in BGE 97 IV 29 dahin verstehen, dass jeder, der (ohne Rechtsanspruch) von einer Dirne Unterhaltsleistungen entgegennehme, die Unzucht der Dirne als Einkommensquelle benütze und daher verwerflich, d.h. ausbeuterisch handle. Eine klare Trennung der beiden Voraussetzungen ist aber angezeigt, wobei der Unterhaltsbegriff im Sinne der bisherigen Rechtsprechung weit zu fassen und beim Kriterium der BGE 105 IV 197 S. 201 Ausbeutung eine der gesetzlichen Strafdrohung entsprechende Begrenzung des Anwendungsbereiches dieser Strafnorm anzustreben ist. Abweichend von Ausserungen in einzelnen Präjudizien (vgl. BGE 75 IV 121 ) ist nicht jede Annahme von Unterhaltsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, bereits als ausbeuterisch zu betrachten, sondern Ausbeutung setzt ein moralisch verwerfliches Verhalten des Täters voraus. Dass er auf die Dirne irgendeinen Druck ausübt, sie zur Gewerbsunzucht direkt veranlasst oder zu finanziellen Leistungen zwingt, ist nicht erforderlich ( BGE 97 IV 30 ). Häufig wird allerdings das Verwerfliche der Haltung des Täters gerade darin liegen, dass seine Forderung oder zumindest seine Erwartung regelmässiger finanzieller Zuwendungen ein nicht unwesentliches Motiv der Dirnentätigkeit bildet. Verwerflich in diesem Sinne ist die arbeitsscheue Passivität des Ehemannes oder Freundes, der für den Unterhalt der Familie schuldhaft nicht aufkommt oder an die Kosten des gemeinsamen Haushaltes keinen (bzw. keinen genügenden) Beitrag leistet und sich auf die Einkünfte aus Gewerbsunzucht "verlässt". Als Ausbeutung wird aber auch die Haltung jenes Partners einer Dirne zu qualifizieren sein, der zwar selber ein regelmässiges Einkommen erzielt, aber für den von ihm gewünschten und praktizierten Lebensstandard laufend Zuwendungen aus dem Dirnenlohn benötigt und auf diese Weise vorsätzlich die Gewerbsunzucht zu seiner Einkommensquelle macht. dd) Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer, der schon vor Beginn der unsittlichen Erwerbstätigkeit der Irene H. mit dieser befreundet war und mit ihr zusammenlebte, die Partnerin weder zur gewerbsmässigen Unzucht veranlasst, noch irgendeinen Druck auf sie ausgeübt. Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, er habe planmässig aus der Gewerbsunzucht Vorteile gezogen, sei es durch geringere eigene Arbeitsleistung, durch grössere persönliche Ausgaben oder durch Ersparnisse vom eigenen Verdienst infolge des Zusammenlebens mit Irene H. Der Beschwerdeführer ging stets einer geregelten Arbeit nach und stellte sein Erwerbseinkommen, soweit er es nicht für Kreditrückzahlung und Autospesen benötigte, vollständig für den gemeinsamen Haushalt zur Verfügung. Die Kosten des gemeinsamen Haushaltes (inkl. BGE 105 IV 197 S. 202 Vergnügungen) waren aber nach den auf Schätzungen beruhenden Berechnungen der Vorinstanz so hoch, dass im Ergebnis aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen des Beschwerdeführers weniger als die Hälfte gedeckt werden konnte. Aus diesen Schätzungen und Berechnungen der Vorinstanz ergibt sich der Schluss, der unsittliche Erwerb der Irene H. sei dem Beschwerdeführer insofern zugute gekommen, als er durch die Partnerschaft mit ihr in den Genuss eines Aufwandes kam, der seine eigenen finanziellen Mittel überstiegen hätte. Es wird ihm nicht zur Last gelegt, er habe diesen erhöhten Aufwand gewünscht, gesucht oder gefördert. Wohl kann dem Beschwerdeführer unter moralischen Aspekten vorgeworfen werden, er habe seine Freundin nicht vom unsittlichen Erwerb abgehalten und das Zusammenleben mit ihr in Kenntnis der Herkunft ihrer Mittel fortgesetzt. Dieses Verhalten erfüllt jedoch das Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung nicht. Der Beschwerdeführer hat keine materiellen Vorteile angestrebt, er machte die Gewerbsunzucht der Freundin nicht zu einer Einkommensquelle. Dass er sich von Irene H. nicht trennte und so in der Folge zwangsläufig auch an ihrem den Einkünften aus Gewerbsunzucht entsprechenden grössern Aufwand (für Wohnung, Essen in Restaurants, Vergnügungen) teilhatte, lässt sich unter den gegebenen Umständen nicht als verwerfliche Ausbeutung qualifizieren. ee) Die gesetzliche Mindeststrafe von 6 Monaten Gefängnis in Art. 201 StGB zeigt deutlich, dass mit der "Ausbeutung des unsittlichen Erwerbs" ein Verhalten von erheblichem Unrechtsgehalt erfasst werden soll; dies muss bei der Auslegung beachtet werden (vgl. Germann, Interpretation gemäss den angedrohten Strafen, ZStR 54/1940, 345). Der Straftatbestand der passiven Zuhälterei behält eine bedeutende praktische Tragweite, auch wenn seine Anwendung konsequent auf die wirklich strafwürdigen Fälle ausbeuterischen Schmarotzertums beschränkt bleibt. Gegenüber der bisherigen Rechtsprechung liegt hierin keine Änderung der grundsätzlichen Wertung. Klarzustellen ist lediglich, dass aus der Regel, die Annahme von Zuwendungen, auf welche der Unterhaltene einen Rechtsanspruch habe, sei keine Ausbeutung (vgl. BGE 75 IV 121 ), nicht durch Umkehrung die Entscheidungsnorm abgeleitet werden darf, bei jeder Entgegennahme irgendwelcher Unterhaltsleistungen ohne Rechtsanspruch und Gegenleistung liege das BGE 105 IV 197 S. 203 Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung vor. Ob der aus dem unzüchtigen Erwerb Unterhaltene ausbeuterisch handelt, ist nach den Umständen des konkreten Falles zu beurteilen. Der Makel des Verwerflichen muss in Art und Ausmass des Unterhaltsbezuges selber liegen. Dass die Zuwendungen aus der Gewerbsunzucht stammen und dass der Empfänger die Dirne nicht vom unsittlichen Erwerb abhält, vermag an sich den schweren Vorwurf der Ausbeutung des unsittlichen Erwerbes noch nicht zu begründen. Ausbeuterisch handelt, wer als Schmarotzer egoistisch darauf ausgeht, aus den Einkünften der Dirne eine Einkommensquelle zu machen. Im vorliegenden Fall kann dem Beschwerdeführer weder subjektiv noch objektiv Ausbeutung vorgeworfen werden. Gewisse Leistungen an eine etwas teurere Lebenshaltung, welche ihm bei genauer Abrechnung im Rahmen der Partnerschaft mit Irene H. zugeflossen sein mögen, erfüllen den Tatbestand der ausbeuterischen Zuhälterei nicht.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
236a5725-2da6-4800-b23f-01b2346561ae
Urteilskopf 115 II 193 33. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Juni 1989 i.S. Burghartz Schnyder und Schnyder gegen Kanton Basel-Stadt (Berufung)
Regeste Namensänderung ( Art. 30 ZGB ). 1. Art. 44 lit. a OG : Die Möglichkeit der Berufung besteht auch gegen die Verweigerung der Namensänderung aus achtenswerten Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 2 ZGB (E. 1). 2. Keine rückwirkende Anwendbarkeit von Art. 30 Abs. 2 ZGB auf Ehepaare, die bei Inkrafttreten des revidierten Eherechts bereits verheiratet waren (E. 2, 3). 3. Vereinheitlichung des Familiennamens im internationalen Verhältnis: aufgrund der konkreten Umstände als wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB anerkannt; allgemeine Voraussetzungen (E. 5). 4. Wird der bisherige Name der Ehefrau zum Familiennamen ( Art. 30 ZGB ), besteht keine entsprechende Möglichkeit des Ehemannes, seinen früheren Namen analog zu Art. 160 Abs. 2 ZGB und 8a SchlT voranzustellen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 115 II 193 S. 194 A.- Susanna Maria Simone Burghartz, deutsche Staatsangehörige, und Albert Johann Schnyder, Bürger von Binningen und Horw, heirateten 1984 in Deutschland. Gemäss deutschem Recht bestimmten sie dabei den Namen der Frau zum Familiennamen; Albert Johann Schnyder erklärte überdies, er stelle seinen Namen dem Familiennamen voran. Hierzulande erfolgte die Eintragung in das Zivilstandsregister nach schweizerischem Recht; als Familienname wurde demnach der Name des Ehemannes vermerkt. Ihren Wohnsitz begründeten die Eheleute in Basel. Am 6. November 1984 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft ein Namensänderungsgesuch der Ehegatten Schnyder ab. Nach Inkrafttreten des revidierten Eherechts erklärte Susanna Maria Simone Schnyder, sie stelle ihren ursprünglichen Namen dem Familiennamen voran. B.- Mit Gesuch vom 26. Oktober 1988 verlangten Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder, es sei ihnen die Führung des Namens Burghartz als Familienname sowie dem Ehemann die Voranstellung seines Geburtsnamens zu bewilligen. Am 12. Dezember 1988 wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt das Gesuch ab. C.- Dagegen haben Susanna Maria Simone Burghartz Schnyder und Albert Johann Schnyder mit Eingabe vom 13. Januar 1989 beim Bundesgericht Berufung erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des Entscheides vom 12. Dezember 1988. Des weiteren verlangen sie, dass der Ehefrau die Änderung ihres Namens und die Führung des Namens Burghartz als Familienname zu gestatten sei, so dass sie fortan den Namen Susanna Maria Simone Burghartz trage. Ferner sei auch dem Ehemann die Führung des Namens Burghartz als Familienname unter Voranstellung seines Geburts- und bisherigen Familiennamens zu bewilligen, so dass er künftig den Namen Albert Johann Schnyder Burghartz trage. Eventualiter wird um Rückweisung an die Vorinstanz ersucht. BGE 115 II 193 S. 195 Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt schliesst in seiner Vernehmlassung auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Gemäss Art. 44 lit. a OG ist die Berufung gegen die Verweigerung der Namensänderung ( Art. 30 Abs. 1 ZGB ) zulässig. Ob dieser Rechtsweg auch gegen die Abweisung eines Gesuches im Sinne von Art. 30 Abs. 2 ZGB offensteht, ist hingegen unklar. Der Wortlaut der geltenden Fassung des Bundesrechtspflegegesetzes spricht nicht ausdrücklich für die Zulässigkeit der Berufung, weshalb mitunter die Meinung vertreten wird, abgewiesene Gesuche könnten beim Bundesgericht lediglich mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (HEGNAUER, ZZW 51/1983, S. 274, HEGNAUER in Grundriss des Eherechts, 2. A. 1987, S. 131 Rz. 13.25). Demgegenüber glaubt freilich eine Mehrheit von Autoren, dass Art. 44 lit. a OG zufolge eines gesetzgeberischen Versehens unvollständig geblieben sei (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, N. 60 zu Art. 160 ZGB mit Hinweisen; sinngemäss auch DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, 1987, S. 42 f.). Diese Annahme findet sich in den Materialien bestätigt (Amtl.Bull. NR 1983, 639 sowie Amtl.Bull. SR 1981, 69 ff., 76). Mit der gegenwärtigen Revision der Bundesrechtspflege soll diese Unklarheit behoben werden (vgl. BBl 1989 II S. 877). Da indessen auch nach geltendem Recht keine zwingenden Gründe ersichtlich sind, die im Falle von Art. 30 Abs. 2 ZGB gegen die Zulässigkeit der Berufung sprächen, ist es gerechtfertigt, Art. 44 lit. a OG gleicherweise auf beide Tatbestände des Art. 30 ZGB anzuwenden. Auf die Berufung ist daher einzutreten. 2. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt hat das Gesuch um Änderung des Familiennamens abgewiesen, da es an wichtigen Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB fehle. Dass die Gesuchsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen anderen Familiennamen führten und ihnen daraus Unannehmlichkeiten erwachsen können, genüge zum Nachweis des erforderlichen ernsthaften und dauerhaften Nachteils nicht. Die rückwirkende Anwendung von Art. 30 Abs. 2 ZGB auf diejenigen Ehepaare, deren Ehe noch unter der Geltung des alten Rechts geschlossen BGE 115 II 193 S. 196 worden sei, stehe ausser Frage. Desgleichen gewährte Art. 160 Abs. 2 ZGB nach seinem klaren Wortlaut bloss der Ehefrau - nicht aber dem Mann - das Recht, den bisherigen Namen dem Familiennamen voranzustellen. Die Berufungskläger halten dafür, das Justizdepartement habe Art. 30 Abs. 2 ZGB , Art. 160 Abs. 2 ZGB und Art. 8a SchlT ZGB , alle in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 BV , missachtet. Gleichzeitig wird auch die Verletzung von Art. 30 Abs. 1 ZGB gerügt. 3. a) Der Name der Familie richtet sich auch nach dem revidierten Eherecht vom 5. Oktober 1984, in Kraft seit dem 1. Januar 1988, grundsätzlich nach demjenigen des Ehemannes ( Art. 160 Abs. 1 ZGB ). Gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB kann jedoch die Braut gegenüber dem Zivilstandsbeamten erklären, sie wolle ihren bisherigen Namen dem Familiennamen voranstellen. Diese Möglichkeit bot sich nach Art. 8a SchlT während Jahresfrist ab Inkrafttreten des revidierten Eherechts auch denjenigen Frauen, die sich unter altem Recht verheiratet hatten. Überdies wurde mit Art. 30 Abs. 2 ZGB eine Bestimmung ins Gesetz aufgenommen, die es den Brautleuten erlaubt, von der Trauung an den Namen der Ehefrau als Familiennamen zu führen; ein solches Gesuch ist zu bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen. b) In den Übergangsbestimmungen zum revidierten Eherecht fehlt es an einer Bestimmung, die auch bereits verheirateten Paaren die Möglichkeit eröffnen würde, den Familiennamen nach Art. 30 Abs. 2 ZGB zu ändern. Diese Regelung beruht auf einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers, weshalb die Annahme einer Gesetzeslücke nicht gerechtfertigt ist. Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck sprechen gegen die von den Berufungsklägern verlangte Anwendung des Art. 30 Abs. 2 ZGB auf ihre noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts geschlossene Ehe. Die gegenüber Art. 30 Abs. 1 ZGB erleichterte Möglichkeit, aus achtenswerten Gründen von der allgemeinen Namensgebung abzuweichen, findet ihre Rechtfertigung im wesentlichen darin, dass die Heirat ohnehin einen Ehegatten zur Aufgabe seines Namens zwingt, weshalb das öffentliche Interesse an der Unveränderlichkeit des Namens geringer einzustufen ist als bei der Änderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 27 zu Art. 160 ZGB ; vgl. auch THOMAS GEISER, Der Name und das Bürgerrecht im neuen Eherecht, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse, St. Gallen 1987, S. 88). Dass der Entschluss zur Namensänderung von den Brautleuten, mithin noch vor der BGE 115 II 193 S. 197 Verheiratung, gefasst werden muss, ist in der parlamentarischen Beratung insbesondere im Ständerat ausdrücklich festgehalten worden (Amtl.Bull. SR 1981, 68). Ist demnach Art. 30 Abs. 2 ZGB auf die besondere Situation des Eheschlusses zugeschnitten, kann dem Begehren um sinngemässe Anwendung auf bereits bestehende Ehen nicht stattgegeben werden. In diesen Fällen verlangen Verkehrs- und Rechtssicherheit, dass die Änderung des ehelichen Namens nur unter den Voraussetzungen des Art. 30 Abs. 1 ZGB , demnach bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, zugestanden werden darf. Diese Auffassung ist auch dem Schrifttum zu entnehmen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 28 zu Art. 8a SchlT, vgl. auch THOMAS GEISER, Die Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB unter dem Einfluss des neuen Eherechts, ZZW 57/1989, S. 34 ff., insb. S. 42, sinngemäss auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 42). Abgesehen davon, dass es bei altrechtlich geschlossenen Ehen, denen Kinder oder gar Kindeskinder entsprossen sind, durch die erleichterte Zulassung der Familiennamensänderung zu kaum überschaubaren Schwierigkeiten kommen könnte, findet die von den Berufungsklägern vorgeschlagene Lösung keine Stütze im Gesetz. Entstehungsgeschichte und unmissverständlicher Wortlaut des Gesetzes, insbesondere die abschliessende Regelung des Übergangsrechts (Art. 8a und 8b, 9a SchlT), lassen eine Ausdehnung der Rückwirkung nicht zu. Auch für die Berufung auf Art. 4 Abs. 2 BV bleibt unter diesen Umständen kein Raum. Zwar liegt auf der Hand, dass die folgerichtige Durchsetzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes nach einer anderen Ausgestaltung des Namensrechts verlangt hätte, doch kann sich das Bundesgericht deswegen nicht dazu veranlasst sehen, durch ausdehnende Auslegung eine vom Gesetzgeber klar verworfene Namensregelung einzuführen ( Art. 113 Abs. 3 BV ). Bestand somit für die Vorinstanz keine Veranlassung, das Gesuch der Berufungskläger auch im Lichte von Art. 30 Abs. 2 ZGB zu prüfen, erweist sich die Berufung insofern als unbegründet, als damit eine Verletzung von Art. 30 Abs. 2 ZGB und Art. 8a SchlT geltend gemacht wird. 5. Noch unter der Herrschaft des alten Eherechts hatte sich das Bundesgericht wiederholt mit Fällen zu befassen, in denen die Gesuchsteller ihren schweizerischen Familiennamen an den im Ausland registrierten, abweichenden Namen angleichen wollten. Das Bundesgericht vertrat dabei die Auffassung, dass Art. 30 ZGB nicht dazu benützt werden dürfe, die zwingende Ordnung des BGE 115 II 193 S. 198 Art. 161 Abs. 1 altZGB, wonach die Ehefrau stets den Familiennamen des Ehemannes erhielt, zu umgehen ( BGE 108 II 164 mit Hinweisen). Mit der Revision des Eherechts hat diese Begründung ihre wesentliche Grundlage verloren. Wie bereits dargelegt, richtet sich heute der Familienname nicht mehr ausschliesslich nach demjenigen des Ehemannes; zumindest hat das früher absolut geltende Prinzip durch Art. 30 Abs. 2 ZGB eine erhebliche Lockerung erfahren. Wird jedoch die rückwirkende Anwendung des Art. 30 Abs. 2 ZGB auf die bei Inkraftsetzung des geltenden Rechts bereits verheirateten Ehepaare ausgeschlossen, kann eine gewisse Benachteiligung dieser Paare tatsächlich nicht von der Hand gewiesen werden. Dem soll bei der Auslegung des Art. 30 Abs. 1 ZGB Rechnung getragen werden, indem verhältnismässig jung, aber noch unter der Geltung des alten Rechts verheirateten Paaren, die sich mit der Wahl des Frauennamens zum Familiennamen um dessen Angleichung im internationalen Verhältnis bemühen, ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 30 Abs. 1 ZGB zuerkannt wird; zu verlangen ist freilich, dass das Gesuch der Eheleute, in Anlehnung an die Übergangsfrist gemäss Art. 8a SchlT, binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des revidierten Eherechts gestellt worden ist (in diesem Sinne auch THOMAS GEISER, ZZW, a.a.O., S. 42). All diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Das baselstädtische Justizdepartement hat demgegenüber den zeitlichen und räumlichen Besonderheiten des Falles zuwenig Beachtung geschenkt. Die vorinstanzliche Beurteilung ist ausschliesslich mit Blick auf die innerhalb der Schweiz bestehende Rechts- und Sachlage erfolgt. Unter diesem Blickwinkel lässt sich ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 30 Abs. 1 ZGB in der Tat nicht begründen. Diese Sichtweise - so verständlich sie sein mag - wird der durch die uneinheitliche Namensführung im zwischenstaatlichen Verhältnis geschaffenen Situation jedoch nicht gerecht. Nicht zuletzt auch wegen der Nähe der Grenzstadt Basel zur Bundesrepublik Deutschland wirkt sich die hier gegebene Sachlage weit nachteiliger aus als in anderen Fällen. Wird überdies das ohne weiteres den Akten zu entnehmende Alter sowie das berufliche Wirkungsfeld der Eheleute in Betracht gezogen, vermag der angefochtene Entscheid nicht zu befriedigen. In Berücksichtigung sämtlicher Umstände sind deshalb die Gründe der Berufungskläger als hinreichend wichtig im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB zu werten, weshalb ihnen zugestanden werden kann, fortan den Namen Burghartz als Familiennamen zu tragen. Was hingegen die erst nach Einreichung BGE 115 II 193 S. 199 des Namensänderungsgesuchs geborenen Kinder anbelangt, muss für diese aus formellen Gründen ein gesondertes Gesuch gestellt werden ( Art. 55 lit. b und c OG ); die zuständige Behörde wird dabei nicht umhin können, einem solchen Gesuch stattzugeben. 6. Die Berufungskläger halten auch vor Bundesgericht an ihrer Auffassung fest, wonach die in Art. 160 Abs. 2 ZGB in Verbindung mit Art. 8a SchlT für die Ehefrau vorgesehene Möglichkeit, den früheren Namen dem Familiennamen voranzustellen, auch zugunsten des Ehemannes zuzulassen sei. Ob das Gesetz in diesem Sinne, mithin entgegen seinem Wortlaut auszulegen ist, gilt es abschliessend zu erwägen. a) Die Lehre ist sich in der Beantwortung dieser Frage nicht einig (eine Auslegung gegen den Gesetzeswortlaut lehnen HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34 zu Art. 160 ZGB , THOMAS GEISER, in Veröffentlichungen, a.a.O., S. 92; THOMAS GEISER, ZZW, a.a.O., S. 35 ab, auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 43 Fn. 12 wollen das Voranstellen des bisherigen Namens durch den Ehemann nur ausserhalb des offiziellen Registernamens zulassen; anders hingegen HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., S. 132, Rz. 13.28). b) Mit Art. 160 Abs. 2 ZGB und Art. 8a SchlT sollte ein Ausgleich zugunsten der Frau geschaffen werden, weil ihr - von der Ausnahme nach Art. 30 Abs. 2 ZGB abgesehen - mit der Eheschliessung auch nach dem revidierten Recht der Verzicht auf den eigenen Namen zugemutet wird. Demgegenüber wird der Mann durch die Heirat nicht zur Namensänderung gezwungen; ohne besondere Vorkehren seinerseits wird sein Name zwangsläufig zu demjenigen der Familie (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34 zu Art. 160 ZGB ). Infolgedessen gewährt der Gesetzestext die Möglichkeit des Voranstellens des bisherigen Namens ausdrücklich nur der Braut ( Art. 160 Abs. 2 ZGB ) oder der Frau (Art. 8a SchlT). Dass dieser Wortlaut des Gesetzes nicht zufällig, sondern bewusst geschlechtsspezifisch ausgefallen ist, erhellt auch aus der Entstehungsgeschichte. c) Es trifft zu, dass der Gesetzgeber mit der Revision des Eherechts den in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau auch im Familienrecht verwirklichen wollte. Die Gesetzesmaterialien zeigen aber, dass dieses Bestreben in den Bereichen des Namens- und Bürgerrechts an Grenzen stiess: Das Prinzip der Familieneinheit für Name und Bürgerrecht erwies sich vorerst aufgrund der in der Bundesverfassung verankerten Regelung des Bürgerrechts als BGE 115 II 193 S. 200 unüberwindbar, weshalb auch eine Lösung, die der Heirat jegliche Auswirkung auf die Namensführung versagt hätte, nicht in Frage kam. Bereits der Entwurf des Bundesrates hielt daher weiterhin am Grundsatz der Namenseinheit in der Familie fest. Die verheiratete Frau sollte grundsätzlich den gleichen Namen wie der Ehemann und die Kinder tragen. Ein freies Wahlrecht zwischen dem Namen des Mannes und demjenigen der Frau hätte zwar der Forderung nach Gleichberechtigung der Ehegatten entsprochen, wurde indessen vom Bundesrat verworfen, weil damit ganz wesentlich von der Tradition abgewichen und ein Ehegatte gleichwohl zur Aufgabe seines angestammten Namens gezwungen worden wäre (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht] vom 11. Juli 1977, Ziff. 212.1, S. 51 ff.). Der bundesrätliche Entwurf wurde vom Ständerat übernommen, der aber mit der Neufassung von Art. 30 Abs. 2 ZGB den Brautleuten zugleich die Möglichkeit einräumen wollte, anlässlich der Eheschliessung mit einer erleichterten Namensänderung den Namen der Braut anzunehmen (Amtl.Bull. SR 1981, 69 ff., 76). Der geltende Art. 30 Abs. 2 ZGB ist auf diese ständerätliche Fassung zurückzuführen. Eine Änderung erfuhr ferner Art. 160 Abs. 2 ZGB , indem der Ständerat das der Frau zugestandene Recht ohne Rücksicht auf das Geschlecht stets jenem Ehegatten zuerkennen wollte, dessen Name nicht Familienname würde. In der nationalrätlichen Kommission stiess diese Anregung freilich nicht auf Zustimmung; die Kommission unterbreitete dem Ratsplenum vielmehr den Vorschlag eines Wahlrechts, wonach die Braut zwischen dem Namen des Mannes oder dem Voranstellen ihres bisherigen bzw. angestammten Namens wählen könnte. Dieses Recht wurde ausdrücklich nur der Frau - nicht aber dem Mann, der seinen Namen nach Art. 30 Abs. 2 ZGB ändern würde - zugestanden (Prot. Komm. NR, S. 1398). Im Nationalrat vermochte sich dieser Vorschlag zumindest vorläufig nicht durchzusetzen; den Vorzug erhielt ein Antrag, der es der Braut gestattet hätte, den Namen des Mannes anzunehmen oder aber ihren bisherigen Familiennamen beizubehalten (Amtl.Bull. NR 1983, 624 ff., 638, 640). Diesem Beschluss widersetzte sich wiederum der Ständerat, weil damit die Einheit des Namens in der Familie preisgegeben worden wäre (Amtl.Bull. SR 1984, 124 ff.). Er übernahm die bereits von der nationalrätlichen Kommission vorgeschlagene Fassung, die schliesslich Gesetz wurde (vgl. zur BGE 115 II 193 S. 201 Entstehungsgeschichte HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., NN. 6-11 zu Art. 160 ZGB ). d) Sowohl Sinn und Zweck als auch die Entstehungsgeschichte des Art. 160 Abs. 2 ZGB sprechen gegen eine dem Wortlaut zuwiderlaufende Auslegung und somit gegen dessen sinngemässe Anwendung auf den Mann, welcher der Wahl des Frauennamens zum Familiennamen zugestimmt hat. Zwar ist verständlich, dass sich die Berufungskläger auf den Grundsatz der Rechtsgleichheit berufen und einer verfassungskonformen Auslegung das Wort reden (vgl. auch HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., S. 132, Rz. 13.28). Überdies lässt sich kaum übersehen, dass auch der Mann, der seinen angestammten Namen durch die Wahl gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB oder die Abänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB verliert, ebenfalls aus Gründen des Persönlichkeitsrechts am Voranstellen seines bisherigen Namens interessiert ist. Das vermag aber daran nichts zu ändern, dass die ursprünglich im Ständerat vertretene Auffassung, wonach Art. 160 Abs. 2 ZGB geschlechtsunabhängig ausgestaltet werden sollte, trotz eingehender Diskussion in beiden Räten nicht mehr aufgegriffen worden ist. Hat sich der Gesetzgeber mit der Aufnahme des Art. 160 Abs. 2 ZGB in seiner heutigen Formulierung letztlich eindeutig für eine geschlechtsspezifische Lösung entschieden, kommt eine in erster Linie von Art. 4 Abs. 2 BV ausgehende Auslegung nicht in Frage.
public_law
nan
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1,989
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CH
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Urteilskopf 102 Ia 317 45. Extrait de l'arrêt du 14 juillet 1976 dans la cause Lanusse contre Ministère public fédéral.
Regeste Auslieferung. Vertrag vom 9. Juli 1869 zwischen der Schweiz und Frankreich über gegenseitige Auslieferung von Verbrechern. 1. Da die Staatsverträge dem Landesrecht - selbst wenn sie älter als dieses sind - vorgehen, sind grundsätzlich die Bestimmungen des schweizerisch-französischen Staatsvertrages und nicht jene des schweizerischen Auslieferungsgesetzes vom 22. Januar 1892 anwendbar (E. 1). 2. Der erste Artikel des genannten Staatsvertrages verpflichtet die Schweiz dazu, die Auslieferung der von Frankreich nach der Schweiz Geflüchteten ungeachtet deren Grundes und des Umstandes, ob sie frei- oder unfreiwillig in der Schweiz weilen, zu bewilligen (E. 2a). 3. Ein Amnestiegesuch beim ersuchenden Staat bildet keinen Einsprachegrund gegen die Auslieferung (E. 2b).
Erwägungen ab Seite 318 BGE 102 Ia 317 S. 318 Considérant en droit: 1. Jusqu'à ce jour, la France n'a pas adhéré à la Convention européenne d'extradition signée à Paris le 13 décembre 1967 (Ro 1967 p. 854 ss, 1968 p. 1524, 1970 p. 105, 1971 p. 1351). L'extradition des délinquants entre la Suisse et la France est donc encore aujourd'hui réglée par le Traité franco-suisse sur l'extradition réciproque des malfaiteurs, du 9 juillet 1869 (ci-après en abrégé: Traité franco-suisse; BGE 102 Ia 317 S. 319 voir RS vol. 12 p. 118 ss), à l'exception toutefois des art. 12 à 15 qui ont été abrogés ou modifiés par la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale, signée à Strasbourg le 20 avril 1959 (art. 26 al. 1; voir Ro 1967 p. 871 ss, 1208). En effet, en matière d'extradition comme dans les autres domaines, les traités internationaux ont le pas sur la loi nationale, même s'ils lui sont antérieurs; en cas de contradiction entre les dispositions de la loi et celles d'un traité, celles-ci l'emportent sur celles-là; les dispositions de la loi ne s'appliquent que sur les points qui n'ont pas été réglés expressément ou tacitement par le Traité ( ATF 100 Ia 407 ss consid. 1b). Il en résulte, selon la jurisprudence, que la loi fédérale sur l'extradition aux Etats étrangers, du 22 janvier 1892 (LEXtr.), ne s'applique en principe pas lorsque le pays requérant est la France. Il n'en est autrement que dans certaines hypothèses, notamment si la loi peut être appliquée concurremment avec le Traité franco-suisse ou pour en combler une lacune, à la condition qu'elle ne conduise pas à une solution contraire ( ATF 87 I 134 ss consid. 1 et les références citées). 2. a) L'art. 1er du Traité franco-suisse institue pour la Suisse l'obligation d'accorder l'extradition des individus "réfugiés de France en Suisse". Selon la jurisprudence, la cause, le caractère volontaire ou involontaire de la présence du délinquant en Suisse importe peu; si les conditions auxquelles l'extradition est subordonnée sont réalisées, l'Etat requis ne saurait la refuser par le seul fait que ce n'est pas de son plein gré que l'individu en question a pénétré dans le pays ( ATF 91 I 127 ss consid. 3a). En l'espèce, il est donc inutile de rechercher les causes de la présence en Suisse de Bernard Lanusse et d'examiner, en particulier, si les circonstances l'ont contraint à se réfugier de France en Suisse ou s'il avait décidé librement de quitter son pays pour s'installer à Vevey avec sa famille. D'ailleurs, l'opposant ne conteste pas que son extradition serait possible dans la mesure où les conditions matérielles seraient réalisées. b) Dans son mémoire du 11 octobre 1974, Bernard Lanusse soutient que même si la demande d'extradition était jugée recevable au regard des dispositions du traité franco-suisse, il y aurait lieu de suspendre la procédure jusqu'à droit connu sur les deux demandes d'amnistie formées en sa faveur. Mais BGE 102 Ia 317 S. 320 ni le Traité franco-suisse, ni la loi fédérale ne prévoient le cas d'une demande d'amnistie présentée aux autorités de l'Etat requérant. Et selon la jurisprudence, il ne s'agit pas là d'un motif d'opposition à l'extradition tiré du traité ou de la loi, mais de la question de savoir si une poursuite pénale est admissible en l'espèce; Or cette question ne peut être résolue que par les autorités de l'Etat requérant lui-même; le Tribunal fédéral n'a donc pas la compétence de l'examiner ( ATF 34 I 533 ss consid. 1; voir aussi HANS SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, p. 335, note 134 et les références citées). Au surplus, il ressort clairement d'un exposé adressé le 30 juillet 1974 par le Procureur de la République près le Tribunal de Grande instance d'Auch au Consul Général de France à Lausanne que la demande d'amnistie de Bernard Lanusse ne pourrait être examinée, voire partiellement, qu'au moment où les condamnations seront définitives, c'est-à-dire après que l'intéressé aura fait opposition au jugement par défaut du 12 octobre 1971 et appelé du jugement réputé contradictoire du 10 octobre 1972; selon l'art. 6 de la loi française d'amnistie du 16 juillet 1974, "cette amnistie de droit suppose en effet que la poursuite soit conduite à son terme, puisque le bénéfice de l'amnistie dépend de la gravité de la sanction qui sera infligée au requérant". La première conclusion subsidiaire de l'opposant ne peut donc pas être retenue: le Tribunal fédéral n'a pas à surseoir à toute décision jusqu'à droit connu sur les deux demandes d'amnistie formées en faveur de Bernard Lanusse.
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1,976
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Urteilskopf 97 IV 242 46. Urteil des Kassationshofes vom 23. September 1971 i.S. Gisi gegen Mack und Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 26 und 33 Abs. 3 SVG . 1. Allgemeine Vorsichtspflicht von Fahrzeugführern gegenüber Fussgängern; Vertrauensgrundsatz (Erw. 1). 2. Beim Kreuzen mit einem in der Gegenrichtung haltenden Omnibus trifft den Fahrzeugführer eine erhöhte Sorgfaltspflicht; dieser muss sich nach den Umständen auf die Fahrbahn betretende Fussgänger einstellen und seine Geschwindigkeit entsprechend herabsetzen (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 97 IV 242 S. 242 A.- Gisi fuhr am 2. Mai 1969 um 18.35 Uhr mit seinem Personenwagen von Baden herkommend auf der Allmendstrasse gegen die Baldegg. Vor dem Haus Nr. 47 hatte an dem für Gisi linken Fahrbahnrand in entgegengesetzter Fahrtrichtung ein Postautobus gehalten. Als Gisi, der mit einer unverminderten Geschwindigkeit von 50 km/h fuhr, in dessen Nähe gelangt war, rollte der Omnibus wieder an. In diesem Augenblick lief der damals 7 Jahre alte Alain Mack hinter der Rückwand des Postautobusses hervor, um die Fahrbahn Richtung Widenweg zu überqueren. Gisi bremste sofort. Dennoch erfasste er das Kind mit der Vorderseite seines Wagens. Alain Mack wurde beim Zusammenstoss nach vorn geschleudert und erheblich verletzt. BGE 97 IV 242 S. 243 Bei der polizeilichen Tatbestandsaufnahme stellte sich heraus, dass die hintern Reifen von Gisis Personenwagen abgefahren waren. B.- Mit Urteil vom 29. Oktober 1970 sprach das Bezirksgericht Baden Gisi von der Anklage der fahrlässigen schweren Körperverletzung frei; dagegen verurteilte es ihn wegen Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges in Anwendung von Art. 93 Ziff. 2 SVG zu einer Busse von Fr. 50.-. C.- Auf Berufung der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau sprach das Obergericht dieses Kantons Gisi am 28. April 1971 der fahrlässigen schweren Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB und des Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 150.--. Die Probezeit setzte es auf ein Jahr fest. In den Urteilserwägungen wurde festgehalten, dass die abgefahrenen Reifen für den Unfall nicht kausal waren. D.- Gisi führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung von der Anklage der fahrlässigen schweren Körperverletzung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, dass der Fahrzeugführer der allgemein zu beobachtenden Unbesonnenheit von Personen, die aus einem öffentlichen Verkehrsmittel aussteigen, durch seine Fahrweise, vor allem durch entsprechende Herabsetzung seiner Geschwindigkeit, Rechnung zu tragen habe. Er sei regelmässig verpflichtet, seine Fahrweise darauf einzustellen, dass hinter einem haltenden öffentlichen Verkehrsmittel hervor Fussgänger unachtsam die Fahrbahn zu überqueren suchten. Diese Begründung beruht auf der Erwägung, dass die beschriebene Sorgfaltspflicht des Fahrzeugführers nicht nur beim Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für das Fehlverhalten anderer Strassenbenützer, sondern ganz allgemein zu fordern sei. Bei der Entscheidung der Frage, welche Sorgfalt der Fahrzeugführer bei der Vorbeifahrt an einem an der gegenüberliegenden Fahrbahnseite in Gegenrichtung haltenden oder eben anfahrenden Omnibus zu beobachten hat, ist davon auszugehen, dass der Verkehr sich nur noch dann abwickeln lässt, wenn ihm ein gewisses Mass an Zügigkeit gestattet ist. Diese BGE 97 IV 242 S. 244 wäre aber in Frage gestellt, wenn sich der Fahrzeugführer regelmässig auf jede denkbare Gefahr, die das verkehrswidrige Verhalten anderer Strassenbenützer hervorruft, so einzustellen hätte, dass er sie bannen kann. Nach der Grundregel von Art. 26 SVG kann ein Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgemäss verhält, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen, damit rechnen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährdet. Grundsätzlich gilt dieses Vertrauensprinzip auch für die Vorsicht, die Fahrzeugführer gegenüber Fussgängern anzuwenden haben. Im allgemeinen und ohne besonderen Anlass braucht ein Fahrzeugführer also, wenn es sich nicht um erkennbar verkehrsungewandte Personen, insbesondere um Kinder oder alte Menschen handelt, mit sinnlosem oder unerwartet verkehrswidrigem Benehmen nicht zu rechnen. Nur dann, wenn konkrete Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein anderer auf der Strasse nicht richtig verhalten wird ( Art. 26 Abs. 2 SVG ), ist der Führer verpflichtet, sich darauf einzurichten. Solche Anzeichen können sich aus einem sichtbaren Verhalten eines andern Strassenbenützers, aber auch aus der Unklarheit oder Ungewissheit einer bestimmten Verkehrslage ergeben, die nach allgemeiner Erfahrung die Möglichkeit fremden Fehlverhaltens unmittelbar in die Nähe rückt (VON WERRA, Du principe de la confiance dans le droit de la circulation routière, Zeitschrift für Walliser Rechtsprechung, 1970, S. 204). 2. Gemäss Art. 33 Abs. 3 SVG hat der Fahrzeugführer auf Personen Rücksicht zu nehmen, die an den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ein- und aussteigen. Diese besondere Sorgfaltspflicht erklärt sich nicht schon aus der abstrakten Möglichkeit, dass hinter einem haltenden oder eben anfahrenden öffentlichen Verkehrsmittel, insbesondere einem Linienomnibus, Fussgänger auf die Fahrbahn treten, sondern vielmehr aus der Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins solcher Personen. Damit ist freilich noch nicht gesagt, es sei zu befürchten, dass diese Fussgänger sich verkehrswidrig verhalten würden. Indessen pflegen Fussgänger, insbesondere ausgestiegene Fahrgäste des Omnibusses, sowohl vor als auch hinter diesem häufig eilig auf die Fahrbahn zu treten (BADERTSCHER/SCHLEGEL, SVG S. 92), um nach beiden Richtungen freie Sicht zu gewinnen. Da nach der Lebenserfahrung dieses Hinaustreten oft nicht mit der gebotenen Vorsicht erfolgt, indem Fussgänger BGE 97 IV 242 S. 245 einige Schritte weiter nach vorne treten, als es zur Erreichung eines freien Überblickes auf die Fahrbahn erforderlich wäre, muss der Fahrzeugführer, der an einem in der Gegenrichtung haltenden Omnibus vorbeifährt, sich darauf einstellen und seine Geschwindigkeit so herabsetzen, dass er notfalls noch rechtzeitig anhalten kann. Anders ist es nur, wenn die Breite der Strasse es ihm erlaubt, in derart weitem Abstand den haltenden Bus zu kreuzen, dass mit einer unmittelbaren Gefahr nicht zu rechnen ist. 3. An Hand dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die vom Obergericht festgestellte Verkehrslage den Angeklagten zu besonders vorsichtiger Annäherung an den haltenden Postautobus nötigte. Welchen Abstand Gisi vom eben anrollenden Omnibus einhielt, ist nicht ausdrücklich festgestellt. Aus den von der Kantonspolizei aufgenommenen Photographien sowie aus dem Unfallplan geht jedoch hervor, dass der Beschwerdeführer wegen der geringen Breite der Fahrbahn derart nahe am Postautobus vorbeifahren musste, dass er einen Zusammenstoss mit einem Fussgänger, der hinter dem öffentlichen Verkehrsmittel soweit hervortrat, dass er ausreichende Sicht hatte, nicht hätte vermeiden können. Nach dem in Erwägung 2 Ausgeführten hatte sich Gisi deshalb darauf einzustellen, dass Fussgänger unvorsichtig etwas zu weit hinter dem Postautobus hervor auf die Fahrbahn heraustreten könnten. Es bestand die Gefahr eines Zusammenstosses mit solchen Fussgängern infolge des ungenügenden seitlichen Abstandes zum öffentlichen Verkehrsmittel. Unter diesen Umständen aber war die vom Obergericht verbindlich festgestellte Geschwindigkeit Gisis von 50 km/h übersetzt. Dieser hat daher die in Art. 33 Abs. 3 SVG vorgesehene besondere Vorsichtspflicht verletzt. 4. Das Obergericht stellt verbindlich fest ( BGE 95 IV 142 Erw. 2 a), dass die natürliche Ursache der Körperverletzung des Kindes die zu hohe Geschwindigkeit Gisis war. Zwischen dessen pflichtwidrigem Verhalten und dem eingetretenen Unfall besteht auch ein rechtserheblicher Kausalzusammenhang. Hätte Gisi seine Geschwindigkeit auf Anhaltemöglichkeit herabgesetzt, wäre der Knabe Alain Mack nicht angefahren und verletzt worden. Die Rechtserheblichkeit des Kausalzusammenhanges würde nur fehlen, wenn das Verhalten des Knaben völlig ausserhalb des normalen Geschehens gelegen BGE 97 IV 242 S. 246 hätte. Davon kann keine Rede sein. Mit der Möglichkeit, dass aus dem nicht einsehbaren Raum hinter dem Postautobus Kinder oder verkehrsungewandte Personen unachtsam auf die Strasse treten könnten, war angesichts des ungenügenden seitlichen Abstandes vom Omnibus zu rechnen. Gisi ist daher zu Recht der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig befunden worden. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,971
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CH_BGE_006
CH
Federation
237de434-202a-4269-87f0-b680bc88510a
Urteilskopf 121 I 129 19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Juni 1995 i.S. Margot Knecht gegen Stadtrat von Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 und 31 BV ; Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (Wettbewerbsneutralität staatlicher Massnahmen) im Zusammenhang mit einer fiskalischen Belastung von Taxihaltern. Rechtsnatur einer als Gebühr bezeichneten Abgabe, die die Benützung öffentlichen Bodens durch Taxis entgelten und gleichzeitig durch einen unterschiedlichen Gebührensatz Taxis mit Funkanschluss fördern soll (E. 3a). Ableitung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen; Art. 31 BV bietet einen über Art. 4 BV hinausreichenden Schutz (E. 3b-d). Prüfung der fraglichen Gebührendifferenzierung auf Wettbewerbsneutralität beziehungsweise Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 130 BGE 121 I 129 S. 130 Der Stadtrat von Zürich beschloss am 19. Dezember 1990 eine Änderung der Gebührenordnung für das Taxiwesen (Stadtratsbeschluss Nr. 3994/1990). Sah die frühere Regelung im Abschnitt I eine einheitliche Benützungsgebühr für das Aufstellen von Taxifahrzeugen mit Betriebsbewilligung A auf öffentlichem Grund von Fr. 50.-- pro Fahrzeug und Monat vor, wird neu danach unterschieden, ob das Fahrzeug über einen Funkanschluss an eine Zentrale mit 24-Stunden-Betrieb verfügt; trifft dies zu, beträgt die Gebühr pro Fahrzeug und Monat Fr. 35.--, andernfalls beläuft sie sich auf Fr. 90.--. Dagegen erhoben verschiedene Taxiunternehmer, unter anderem Margot Knecht, erfolglos Rekurs an den Bezirksrat Zürich und im Anschluss daran an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 23. Juni 1993 an das Bundesgericht stellt Margot Knecht unter anderem den Antrag, der Beschluss des Regierungsrates vom 5. Mai 1993 sowie der Stadtratsbeschluss Nr. 3994/1990, Abschnitt I, seien aufzuheben. Zur Begründung ihres Antrages beruft sich Margot Knecht im wesentlichen darauf, die neue Gebührenordnung treffe willkürliche Unterscheidungen, weshalb sie gegen Art. 4 BV verstosse; sie verletze, weil der vorgesehenen Differenzierung kein zulässiges öffentliches Interesse zugrundeliege, auch die Handels- und Gewerbefreiheit nach Art. 31 BV . Weiter macht Margot Knecht geltend, der Regierungsrat habe ihr das rechtliche Gehör verweigert, indem er die von ihr angebotenen Beweise nicht abgenommen habe. Der Stadtrat von Zürich und der Regierungsrat des Kantons Zürich schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut BGE 121 I 129 S. 131 Erwägungen aus den folgenden Erwägungen: 3. a) Der Regierungsrat anerkennt unter Verweis auf den Stadtrat von Zürich, dass der angefochtenen Gebührendifferenzierung zwischen Taxis mit und solchen ohne Funkanschluss in erster Linie die Funktion zukomme, besonders im öffentlichen Interesse liegende Dienstleistungen zu honorieren. Damit hat die vorgesehene Abgabeordnung einen gewissen Förderungs- und Lenkungscharakter, auch wenn es, wie der Stadtrat von Zürich vor dem Regierungsrat geltend gemacht hat, jedem Taxihalter freigestellt bleibt, ob er sich einer Funkzentrale anschliessen will oder nicht. Die vorgesehene Abgabe stellt somit nur teilweise eine Gegenleistung für die Benützung der öffentlichen Strassen dar und ist nur insoweit eine Kausalabgabe. Es handelt sich um eine Abgabe, die sich teilweise aus einer kausalen, teilweise aus einer Lenkungskomponente zusammensetzt. Ob sie zu den sogenannten Gemengsteuern zu zählen ist (vgl. dazu BGE 118 Ib 60 E. 3a; BGE 103 Ia 85 E. 5a; Urteil des Bundesgerichts vom 8. August 1989 i.S. M., in: ZBGR 72/1991, S. 310, E. 2a; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. II, 6. Aufl., Basel/Stuttgart 1986, und RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel/Frankfurt a.M. 1990, jeweils Nr. 110 B I; HÄFLIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, Rz. 2091 ff.), kann ebenso offenbleiben wie die Fragen nach der Geltung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips (vgl. dazu BGE 120 Ia 171 ; ZBGR 72/1991, S. 310, E. 2a; HÄFLIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 2091) sowie des Vorliegens einer genügenden gesetzlichen Grundlage (vgl. dazu insbesondere ZBl 89/1988, S. 219 ff.). Die Beschwerdeführerin beruft sich nämlich nicht auf diese Grundsätze. Hingegen macht sie geltend, die vorgesehene Differenzierung bei der Abgabenhöhe beruhe nicht auf einem zulässigen öffentlichen Interesse und sei nicht wettbewerbsneutral, weshalb sie gegen die Handels- und Gewerbefreiheit verstosse; ausserdem erweise sich die Abgabeordnung als rechtsungleich und willkürlich. b) Die Kantone beziehungsweise Gemeinden sind befugt, unter Wahrung bestimmter Voraussetzungen die Handels- und Gewerbefreiheit von Taxihaltern in verschiedener Hinsicht zu beschränken. Ein Eingriff muss im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit sowie der Rechtsgleichheit wahren. Gemäss Art. 31 Abs. 2 BV dürfen zudem kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und BGE 121 I 129 S. 132 Gewerben den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. Zulässig sind polizeilich und sozialpolitisch motivierte Eingriffe ( BGE 120 Ia 126 E. 4a; BGE 119 Ia 59 E. 6a S. 68; BGE 118 Ia 175 E. 1 mit Hinweisen). Hingegen sind wirtschaftspolitische oder standespolitische Massnahmen, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen, unzulässig ( BGE 118 Ia 175 E. 1 mit Hinweisen). Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen sind Massnahmen verboten, welche den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren ( BGE 120 Ia 236 E. 1a) beziehungsweise nicht wettbewerbsneutral sind ( BGE 119 Ia 59 E. 6a). Als direkte Konkurrenten gelten die Angehörigen der gleichen Branche, die sich mit gleichen Angeboten an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen ( BGE 119 Ia 433 E. 2b S. 436; BGE 106 Ia 267 E. 5a S. 274 mit Hinweisen). Eine solche direkte Konkurrenz ist bei den im vorliegenden Fall wesentlichen verschiedenen Kategorien von Taxihaltern mit Betriebsbewilligung A in der Stadt Zürich gegeben. c) Fraglich ist indessen, ob es sich bei der angefochtenen Regelung um eine eigentliche wirtschaftspolitische Massnahme handelt oder nicht. Wohl verfolgt die vorgesehene Differenzierung nicht in erster Linie ein wirtschaftspolitisches Ziel, sie greift aber als fiskalische Lenkungsmassnahme doch in den freien Wettbewerb zwischen verschiedenen Kategorien von Taxihaltern ein, die miteinander in direkter Konkurrenz stehen. Ob eine eigentliche wirtschaftspolitische Massnahme vorliegt oder ob die Abgabe lediglich wirtschaftspolitische Nebenwirkungen zeitigt, kann aber offenbleiben. Selbst im letzteren Falle hätte sie jedenfalls das Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen zu wahren. Das Bundesgericht hat den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen in seiner früheren langjährigen Rechtsprechung entweder ausschliesslich aus Art. 31 BV (zum Beispiel BGE 108 Ia 135 E. 4; BGE 91 I 98 E. 2a; BGE 89 I 27 E. 2 S. 31 f.; BGE 73 I 97 E. 2 S. 101) oder sowohl aus dieser Bestimmung als auch aus Art. 4 BV (etwa BGE 88 I 231 E. 3 S. 236 f.; BGE 87 I 446 E. 6b; BGE 61 I 321 E. 2 S. 328 ; 49 I 228 E. 2b S. 230) abgeleitet. Aus der umfangreichen Praxis lassen sich vor allem folgende Fallkategorien unterscheiden: In etlichen Fällen war über Regelungen von Ladenöffnungszeiten und ähnliche Vorschriften zu entscheiden (so zum Beispiel BGE 91 I 98 ; BGE 89 I 27 ; BGE 88 I 231 ; BGE 87 I 446 ; BGE 73 I 97 ; BGE 49 I 228 ; 44 I BGE 121 I 129 S. 133 4 ). Vereinzelt ging es um Fragen der fiskalischen Belastung (so in BGE 61 I 321 ; 45 I 347 ) oder des gesteigerten Gemeingebrauchs (vgl. insbesondere BGE 108 Ia 135 ). In all diesen Fällen standen ähnlich wie im vorliegenden Regelungen oder Massnahmen zur Beurteilung, die Auswirkungen auf den freien Wettbewerb zeitigten, ohne dass sie in ihrer Hauptstossrichtung wirtschaftspolitisch motiviert waren. Gegen diese bundesgerichtliche Rechtsprechung erhob sich in der Lehre Kritik. Entgegengehalten wurde ihr vor allem, sie tendiere dazu, direkten Konkurrenten zu Chancengleichheit im wirtschaftlichen Wettbewerb zu verhelfen, was zu einer Überspannung der Handels- und Gewerbefreiheit führe. Zudem habe das Bundesgericht gestützt auf das Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen auf Strukturerhaltung ausgerichtete, somit wirtschaftspolitische und an sich verbotene, Massnahmen zugelassen (vgl. dazu HANS HUBER, Die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen, in: Festschrift für WALTHER HUG, Bern 1968, S. 454 ff.; HANS MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit der schweizerischen Bundesverfassung, Basel/Stuttgart 1976, S. 76 f.; RENÉ A. RHINOW, in Kommentar BV, N. 176 ff., insbesondere N 185, zu Art. 31 BV ; PETER SALADIN, Grundrechte im Wandel, Bern 1982, S. 220 ff.). Daran anschliessend folgerte ein Teil der Lehre, Art. 31 BV könne nicht einen weitergehenden Gleichheitsanspruch verschaffen als das allgemeine Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 BV (so insbesondere MARTI, a.a.O., S. 74; DANIEL WYSS, Die Handels- und Gewerbefreiheit und die Rechtsgleichheit, Zürich 1971, S. 36 f.). Vereinzelt fand sich auch der Standpunkt, der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen gehe zwar aus Art. 4 BV hervor, habe aber auf dem Gebiete der gewerblichen Konkurrenz eine besondere Bedeutung (so schon WALTHER BURCKHARDT, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, 3. Aufl., Bern 1931, S. 236; ANTOINE FAVRE, Droit constitutionnel suisse, 2. Aufl., Fribourg 1970, S. 382). In der Folge liess das Bundesgericht unter Hinweis auf die in der Literatur erhobene Kritik regelmässig offen, ob Art. 31 BV einen besonderen Anspruch auf Gleichbehandlung gewährleiste, der nicht schon aus dem allgemeinen, für den Bereich der Wirtschaftsfreiheit allenfalls sachbezogen zu konkretisierenden Gleichbehandlungsgebot von Art. 4 BV folgt (so insbesondere BGE 119 Ia 433 E. 2b S. 436 und 445 E. 3a S. 450; BGE 112 Ia 30 E. 3a S. 34 f.; BGE 106 Ia 267 E. 5a S. 275). In BGE 120 Ia 236 E. 1a und b hat sich das Bundesgericht seiner früheren Praxis jedoch wieder angenähert und erkennen lassen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der BGE 121 I 129 S. 134 Gewerbegenossen doch weiterreichen müsse als das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, ohne dies allerdings ausdrücklich festzustellen (vgl. dazu PAUL RICHLI, Bemerkungen zu BGE 120 Ia 236 , in AJP 1995, S. 222). In der neueren Literatur ist die Frage umstritten (für eine Ableitung aus Art. 31 BV : ETIENNE GRISEL, Liberté du commerce et de l'industrie, Bd. I, Bern 1993, Rz. 320 ff., S. 125 ff., und Bd. II, Bern 1995, Rz. 826, S. 157; PAUL RICHLI, Zur Leitung der Wirtschaftspolitik durch Verfassungsgrundsätze und zum Verhältnis zwischen Wirtschaftspolitik und Handels- und Gewerbefreiheit, Bern 1983, S. 108, Anm. 55; RENÉ A. RHINOW, a.a.O., N. 176 ff., insbesondere N. 183, zu Art. 31 BV ; für eine Abstützung auf Art. 4 BV : ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 239 f.; PIERRE MOOR, Droit administratif, Bd. I, Bern 1988, S. 392 f.; GEORG MÜLLER, in Kommentar BV, N. 29 zu Art. 4 BV ; LEO SCHÜRMANN, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bern 1994, S. 57; vgl. zur Problematik im übrigen auch FRITZ GYGI, Wirtschaftsverfassungsrecht, Bern 1981, S. 155; HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl., Zürich 1993, Rz. 1435 f.; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. II: Grundrechte, Zürich 1982, S. 187 f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl., Bern 1991, S. 362, Anm. 59). d) Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts verletzt ein Erlass, wie er im vorliegenden Fall zu beurteilen ist, das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot nach Art. 4 BV , wenn er Unterscheidungen trifft, für die kein vernünftiger, sachlicher Grund ersichtlich ist ( BGE 119 Ia 123 E. 2b S. 128) beziehungsweise - in anderer Formulierung - wenn er gleiche oder im wesentlichen gleichgelagerte Sachverhalte ohne ausreichende sachliche Begründung unterschiedlich regelt ( BGE 120 Ia 126 E. 6b S. 144 f. mit Hinweis). Für eine zulässige Unterscheidung genügen somit ernsthafte, sachliche Gründe, die unter anderem auch wirtschaftspolitisch ausgerichtet sein können. Mehr verlangt das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot nicht. Daher kann ihm ohne Rückgriff auf die Handels- und Gewerbefreiheit auch nicht entnommen werden, Ungleichbehandlungen dürften nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen beziehungsweise gegen die Wettbewerbsneutralität verstossen. Demgegenüber verbietet Art. 31 Abs. 2 BV staatliche Massnahmen, die dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit zuwiderlaufen. Staatliche BGE 121 I 129 S. 135 Hoheitsakte können somit Unterscheidungen treffen, die auf vernünftigen, sachlichen Gründen beruhen, und damit vor Art. 4 BV standhalten, aber gegen Art. 31 BV verstossen, weil die Differenzierung den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit beeinträchtigt. Insoweit dieser Gesichtspunkt beim Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen wesentlich ist, kann er sich nicht aus Art. 4 BV ergeben, sondern leitet er sich aus Art. 31 BV ab. In diesem Sinne ergänzt die Handels- und Gewerbefreiheit das allgemeine Gleichbehandlungsgebot und bietet einen darüber hinausreichenden Schutz. Der in der Literatur erhobenen Kritik ist zwar zugutezuhalten, dass dieser Grundsatz nicht zu einer staatlich gewährleisteten absoluten Chancengleichheit aller direkten Konkurrenten führen kann und auch nicht selbst als Mittel zu einer strukturerhaltenden Politik verwendet werden darf. Inhaltlich gewährt das Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen aber doch einen verfassungsrechtlichen Schutz vor staatlichen Ungleichbehandlungen, die an sich auf ernsthaften, sachlichen Gründen beruhen, gleichzeitig aber, ohne in der Hauptstossrichtung wirtschaftspolitisch motiviert zu sein, einzelne Konkurrenten namentlich durch unterschiedliche Belastungen oder staatlich geregelten Marktzugang beziehungsweise -ausschluss begünstigen oder benachteiligen. Der Staat darf insbesondere nicht bei der Benutzung öffentlichen Grundes einzelnen Gewerbetreibenden gegenüber ihren direkten Konkurrenten ungerechtfertigte wirtschaftliche Vorteile verschaffen (vgl. GRISEL, a.a.O., Bd. I, Rz. 325, S. 128; TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, in: ZBl 93/1992, S. 162; vgl. im Zusammenhang mit Taxistandplätzen insbesondere BGE 108 Ia 135 E. 3, bestätigt in einem unveröffentlichten Urteil des Bundesgerichts vom 2. Juni 1989 i.S. B.). Analoges gilt bei staatlichen Förderungsmassnahmen (GRISEL, a.a.O., Bd. II, Rz. 827 ff., S. 157 ff.; HÄFELIN/HALLER, a.a.O., Rz. 1454) sowie bei fiskalischen Belastungen (vgl. BGE 61 I 321 ; BGE 45 I 347 ; GRISEL, a.a.O., Bd. II., Rz. 910 ff., S. 193 f.; HANS MARTI, Die Handels- und Gewerbefreiheit nach den neuen Wirtschaftsartikeln, Bern 1950, S. 248 f.). Im vorliegenden Fall erlangt das Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen unter allen diesen drei Gesichtspunkten Bedeutung. e) Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob die Bedingungen für eine zulässige Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit vorliegen und insbesondere ob sie mit dem Gebot der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen zu vereinbaren sind. Bei der Gewährung von Betriebsbewilligungen A für BGE 121 I 129 S. 136 Taxifahrzeuge gesteht es allerdings den kommunalen und kantonalen Behörden aus verschiedenen Gründen, insbesondere im Hinblick auf Kapazitätsfragen oder örtliche Besonderheiten, einen Ermessensspielraum zu ( BGE 108 Ia 135 E. 3). Im Zusammenhang mit der unterschiedlichen abgabemässigen Belastung der Benützung von Taxistandplätzen sind einzelne dieser Gründe, insbesondere Kapazitätsfragen, jedoch nicht massgeblich. Das Bundesgericht hat sich daher nur insoweit eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen, als bei solchen Entscheidungen örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen sind, in welchen sich die kommunalen und kantonalen Behörden besser auskennen als das Bundesgericht. 4. a) Die städtischen und kantonalen Behörden berufen sich für die angefochtenen unterschiedlichen Ansätze der Abgaben für Taxis mit und solche ohne Funkanschluss unter anderem auf Gesichtspunkte wie die Intensität der Benützung der öffentlichen Taxistandplätze und die Anzahl von Leerfahrten auf der Suche nach Fahrgästen auf den öffentlichen Strassen. Im angefochtenen Entscheid wird zwar angeführt, das Ausmass der tatsächlichen Beanspruchung des öffentlichen Grundes sei für die Zulässigkeit der Abgabedifferenzierung nicht wesentlich. In der Vernehmlassung des Regierungsrates an das Bundesgericht wird aber auch geltend gemacht, für Halter von Taxis ohne Funkanschluss sei "der Bereitschaftsdienst auf öffentlichen Strassen in ausgeprägterem Masse conditio sine qua non für die Geschäftstätigkeit". Wären diese Kriterien tatsächlich ausschlaggebend, so wäre der Vorwurf der Beschwerdeführerin, es läge insofern eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vor beziehungsweise es sei ihr das rechtliche Gehör verweigert worden, weil ihre diesbezüglichen Beweisofferten nicht abgenommen worden seien, auch unter Berücksichtigung eines gewissen Ermessensspielraumes im Hinblick auf die örtlichen Besonderheiten nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Indessen waren diese Gesichtspunkte selbst für die unteren Instanzen nicht entscheidwesentlich, sondern sie wurden nur beiläufig aufgeführt. Insbesondere stützt sich der angefochtene Entscheid selber nicht darauf. Ebensowenig waren im vorliegenden Fall Kapazitätsfragen - wie das beschränkte Vorhandensein von Standplätzen - von Bedeutung, welche gewisse staatliche Differenzierungen, die sich für einzelne Konkurrenten zwangsläufig nachteilig auswirken würden, erfordern könnten. Ausschlaggebend war vielmehr das Ziel der Abgaberegelung, den Anschluss der Taxis an eine Funkzentrale zu fördern und den beträchtlichen BGE 121 I 129 S. 137 Anschlusskosten an eine Zentrale Rechnung zu tragen. Unter diesen Umständen erweisen sich die von der Beschwerdeführerin gerügten Mängel bei der Sachverhaltsfeststellung beziehungsweise bei der Beweisabnahme als unbegründet. b) Hingegen fragt es sich, ob das als massgeblich bezeichnete Unterscheidungskriterium zulässig ist. Mit der angefochtenen Abgaberegelung greift der Staat in den Wettbewerb ein, wie er zwischen den verschiedenen Taxifahrern mit Betriebsbewilligung A, die trotz der vorhandenen Unterschiede als direkte Konkurrenten auftreten, funktioniert. Es ist ein unternehmerischer Entscheid jedes einzelnen Taxihalters, ob er sich einer Zentrale anschliessen und dabei zwar gewisse Anschlusskosten in Kauf nehmen, gleichzeitig aber seine Erreichbarkeit und Marktpräsenz vergrössern will. Selbst der Regierungsrat anerkennt in seiner Vernehmlassung an das Bundesgericht, dass ein Funkanschluss höhere Verdienstmöglichkeiten eröffne. Insofern spielt der Markt bereits in die Richtung, die auch mit der angefochtenen Abgaberegelung verfolgt wird. Durch eine Abgabeordnung, welche diese Markttendenzen verstärkt, wird der Wettbewerb im Taxigewerbe zusätzlich beeinflusst. Die angefochtene Regelung greift somit in den Wettbewerb ein und hat insofern, auch wenn dies nicht ihre Hauptstossrichtung ist, wirtschaftspolitische Auswirkungen. Wohl scheint der Unterschied in der Belastung mit Fr. 660.-- pro Jahr absolut gesehen nicht ausgesprochen hoch zu sein. Taxis ohne haben im Vergleich mit solchen mit Funkanschluss aber doch rund den zweieinhalbfachen Betrag zu entrichten. Die Differenzierung fällt daher durchaus ins Gewicht. Die angefochtene Abgabeordnung rechtfertigt sich auch nicht dadurch, dass es im öffentlichen Interesse liegen mag, den Anschluss aller Taxis an Funkzentralen zu fördern. Zwar wird damit eine höhere Erreichbarkeit und schnellere Verfügbarkeit der Taxis für die Kundschaft angestrebt, was für die Konsumenten durchaus von Interesse sein könnte. Im Hinblick auf die fragliche Differenzierung bei der angefochtenen Abgabe genügt dies aber nicht. Die vorgesehene Unterscheidung verschafft vielmehr einer bestimmten Kategorie von Taxis mit Betriebsbewilligung A im Vergleich zu einer andern, mit welcher sie in direkter Konkurrenz steht, einen zusätzlichen Marktvorteil, der mit dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht vereinbar ist. Ist die Abgabeordnung in diesem Sinne nicht wettbewerbsneutral, verstösst sie gegen Art. 31 BV .
public_law
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
23802aec-0254-4bea-b35e-9b52d27ae99f
Urteilskopf 110 III 99 27. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Juni 1984 i.S. Konkursmasse Ruben Gabathuler AG gegen Schweizerischer Bankverein (Berufung)
Regeste Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG . Anfechtung einer Pfandbestellung Berechnung der Anfechtungsfrist, wenn dem Konkurs eine Nachlassstundung vorangegangen ist, auf die der nachmalige Gemeinschuldner vor Ablauf der Stundungsdauer von sich aus verzichtet hat: Die sechsmonatige Frist verlängert sich um die Zeitspanne, die zwischen der Bewilligung der Nachlassstundung und dem Tag liegt, an welchem der auf der Verzichtserklärung beruhende Abschreibungsbeschluss der Nachlassbehörde öffentlich bekannt gemacht wird.
Sachverhalt ab Seite 99 BGE 110 III 99 S. 99 Zur Sicherung seiner Forderungen gegenüber der Ruben Gabathuler AG liess sich der Schweizerische Bankverein am 7. August 1981 eine Grundpfandverschreibung von maximal Fr. 200'000.-- als Gesamtpfand auf drei der Schuldnerin gehörenden Liegenschaften einräumen. Am 14. Januar 1982 bewilligte das Bezirksgericht Werdenberg der Ruben Gabathuler AG für die Dauer von vier Monaten eine Nachlassstundung, die am 23. Januar 1982 im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert wurde. Mit Schreiben vom 18. Februar 1982 liess die Ruben Gabathuler AG das Bezirksgericht Werdenberg wissen, dass sie auf die Nachlassstundung verzichte. Die Nachlassbehörde schrieb am 25. Februar 1982 die Sache am Protokoll ab. Der Abschreibungsbeschluss wurde am 3. März 1982 im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert. Am 19. März 1982 wurde über die Ruben Gabathuler AG alsdann der Konkurs eröffnet. Im Konkursverfahren beanspruchte der Schweizerische Bankverein für eine Forderung von insgesamt Fr. 179'211.45 das ihm BGE 110 III 99 S. 100 am 7. August 1981 eingeräumte Grundpfandrecht. Durch Verfügung vom 2. September 1982 entschied die Konkursverwaltung jedoch, das Grundpfandrecht werde nicht anerkannt und die Forderung der Bank werde in der fünften Klasse kolloziert. Mit rechtzeitig eingereichter Kollokationsklage stellte der Schweizerische Bankverein das Rechtsbegehren, die erwähnte Forderung sei als grundpfandversichert zu kollozieren. Das Bezirksgericht Werdenberg wies die Klage durch Urteil vom 7./15. Juli 1983 ab. Es gelangte zum Schluss, das Grundpfandrecht sei innerhalb der Sechsmonatefrist des Art. 287 Abs. 1 SchKG begründet worden. Ein früheres Sicherstellungsversprechen seitens der Ruben Gabathuler AG habe nicht bestanden. Im Zeitpunkt der Errichtung des Grundpfandrechts sei das Unternehmen überschuldet gewesen und der Kläger habe nicht nachzuweisen vermocht, dass er die Überschuldung nicht gekannt habe. In Gutheissung der vom Kläger gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhobenen Berufung fällte das Kantonsgericht St. Gallen (II. Zivilkammer) am 12. Januar 1984 in der Sache selbst folgendes Urteil: "Das zu Gunsten der Klägerin errichtete Grundpfandrecht... gemäss Grundpfandverschreibung Nr. 171 vom 7. August 1981 wird anerkannt und die Forderung der Klägerin von Fr. 179'211.45 nebst Zins ab 19. März 1982 zu 8% auf Fr. 137'199.80 und zu 6% auf Fr. 42'011.65 ist als grundpfandversichert zu kollozieren." Die kantonale Berufungsinstanz hielt dafür, dass das Grundpfandrecht ausserhalb der Sechsmonatefrist des Art. 287 Abs. 1 SchKG errichtet worden sei. Die weiteren Voraussetzungen der Anwendung dieser Vorschrift (Überschuldung der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Pfanderrichtung; Fehlen eines früheren Sicherstellungsversprechens; Kenntnis der Vermögenslage der Gemeinschuldnerin auf seiten des Klägers) prüfte das Kantonsgericht nicht. Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt die Beklagte die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage; allenfalls sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Im Gegensatz zum erstinstanzlichen Verfahren hat sich die Beklagte vor Kantonsgericht nicht mehr auf den Anfechtungstatbestand BGE 110 III 99 S. 101 des Art. 288 SchKG (allgemeine Deliktspauliana) berufen. Sie kommt auch in der vorliegenden Berufung darauf nicht mehr zurück. 2. Anfechtbar ist gemäss Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG die Begründung eines Pfandrechts zur Sicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten, deren Erfüllung sicherzustellen der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war, sofern dieser sie innerhalb der letzten sechs Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat und in jenem Zeitpunkt bereits überschuldet war. Was die von der Vorinstanz einzig geprüfte Frage der Anfechtungsfrist betrifft, so wurde der Konkurs am 19. März 1982 eröffnet. Werden sechs Monate zurückgerechnet, ergibt dies den 19. September 1981. Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung (vgl. BGE 51 III 48 ff.; BGE 54 II 119 ), von der abzuweichen kein Anlass besteht, verlängert sich die Sechsmonatefrist indessen um die Dauer einer der Konkurseröffnung vorangegangenen Nachlassstundung. Im vorliegenden Fall wurde die Nachlassstundung am 14. Januar 1982 bewilligt. Der Verzicht der Ruben Gabathuler AG auf diese Stundung wurde nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz mit Schreiben vom 18. Februar 1982 erklärt. Der bezirksgerichtliche Abschreibungsbeschluss erging sodann am 25. Februar 1982 und wurde am 3. März 1982 im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert. Geht man vom 14. Januar aus, so ist der 18. Februar der 35., der 25. Februar der 42. und der 3. März der 48. Tag. Werden diese verschiedenen Zeitabschnitte vom Beginn der Sechsmonatefrist (19. September 1981) an zurückgerechnet, ergibt dies den 15. bzw. den 8. bzw. den 2. August 1981. Die Begründung der Grundpfandverschreibung vom 7. August 1981 liegt somit nur dann innerhalb der (verlängerten) Sechsmonatefrist des Art. 287 Abs. 1 SchKG , wenn als Dauer der Nachlassstundung die Zeit zwischen deren Bewilligung und der Publikation des Abschreibungsbeschlusses infolge Verzichts angesehen wird. In den beiden andern Fällen bestünde von vornherein kein Anfechtungsanspruch im Sinne von Art. 287 SchKG . Freilich möchte die Beklagte den 14. Januar 1982 mitgezählt wissen, was zur Folge hätte, dass der 25. Februar nicht der 42., sondern der 43. Tag wäre, so dass die verlängerte Anfechtungsfrist bei dieser Variante bis zum 7. August, und nicht nur bis zum 8. August, zurückreichen würde. Die Errichtung des strittigen Pfandrechts wäre somit auch dann anfechtbar, wenn auf das Datum des Abschreibungsbeschlusses abgestellt würde. BGE 110 III 99 S. 102 Der Berechnungsweise der Beklagten kann indessen nicht gefolgt werden. Sie steht mit Art. 31 Abs. 1 SchKG in Widerspruch, wonach dann, wenn eine Frist nach Tagen bestimmt ist, derjenige Tag nicht mitgerechnet wird, von welchem an die Frist zu laufen beginnt. Des weitern trägt die Betrachtungsweise der Beklagten der Tatsache keine Rechnung, dass wenigstens für einen Teil des 14. Januar 1982 Betreibungsmassnahmen noch möglich gewesen wären und dieser Tag deshalb ohnehin nicht voll in die Rechnung einbezogen werden könnte. 3. Einig sind sich die Parteien darüber, dass der Beginn der Zeitspanne, um welche die Sechsmonatefrist des Art. 287 SchKG zu verlängern ist, auf den 14. Januar 1982, das Datum der Bewilligung der Nachlassstundung durch die Nachlassbehörde, fällt. Dieser Auffassung ist beizupflichten, treten doch die Wirkungen einer Nachlassstundung in der Tat mit der Stundungsbewilligung, und nicht erst mit deren Bekanntmachung, ein (vgl. BGE 41 III 401 Nr. 89). Streitig ist hingegen, an welchem Tag die erwähnte Zeitspanne ihr Ende nahm (Datum der Erklärung des Verzichts auf die Nachlassstundung, des Abschreibungsbeschlusses oder der Publikation dieses Beschlusses). a) Das Bezirksgericht hatte in seinem Entscheid auf Art. 308 Abs. 2 SchKG verwiesen, wonach die Wirkungen der Stundung mit der öffentlichen Bekanntmachung der Nichtbestätigung eines Nachlassvertrages dahinfallen. Wo - wie im vorliegenden Fall - der Schuldner sein Nachlassstundungsgesuch zurückziehe, finde zwar ein eigentliches Nachlassvertragsverfahren nicht statt; doch sei auch ein Abschreibungsbeschluss gemäss Art. 308 Abs. 2 SchKG zu veröffentlichen. Es bestehe auch in einem solchen Fall ein Interesse daran, dass das Ende der Stundung in der üblichen Form und mit einem für alle gleichermassen gültigen Zeitpunkt kundgetan werde, zumal die Wirkungen die gleichen seien wie bei einem Widerruf oder bei einer Verwerfung des Nachlassvertrages (Möglichkeit neuer Betreibungen oder der Konkurseröffnung innert zehn Tagen). b) Unter Hinweis auf BGE 54 II 119 geht das Kantonsgericht demgegenüber davon aus, dass der Grund für die Rückwärtsverlängerung der Anfechtungsfrist um die Dauer eines Nachlassverfahrens im Ausschluss der Zwangsvollstreckung während dieser Zeit liege; deshalb sei denn auch in die Dauer des Nachlassverfahrens die Zeit von der Einreichung bis zur Erledigung des Nachlassstundungsgesuches nicht einzurechnen, zumal die BGE 110 III 99 S. 103 Zwangsvollstreckung erst von der Gewährung der Nachlassstundung an ausgeschlossen sei. Der gleiche Massstab müsse aber auch hinsichtlich der Beendigung der Nachlassstundung angelegt werden. Es komme somit auf den Zeitpunkt der Verzichtserklärung an, denn schon durch den Verzicht falle die Stundung dahin und werde die Zwangsvollstreckung wieder möglich. Die Nachlassbehörde sei in einem solchen Fall gehalten, das Verfahren rasch abzuschliessen und den Beschluss, dem selber keine materielle Bedeutung mehr zukomme, umgehend zu veröffentlichen. Auf entsprechende Anfrage hin habe die Nachlassbehörde einem Gläubiger vom Verzicht des Schuldners auf die ihm bewilligte Stundung Kenntnis zu geben. Die Gläubiger müssten möglichst bald erfahren, dass eine Zwangsvollstreckung wieder zulässig sei. Für das Abstellen auf den Zeitpunkt der Verzichtserklärung spricht nach Ansicht der Vorinstanz im übrigen auch die Überlegung, dass die Verlängerung der sechsmonatigen Anfechtungsfrist durch die Praxis eingeführt worden sei und Ausnahmecharakter habe, was eine zurückhaltende Handhabung nahelege. 4. a) Es trifft zu, dass die Verlängerung der Anfechtungsfrist um die Dauer einer Nachlassstundung durch die Rechtsprechung eingeführt worden ist. Wie das Kantonsgericht selbst festhält, wurde diese Praxis jedoch durch den Gesetzgeber eingeleitet (vgl. BGE 48 III 232 f. betreffend die Verlängerung der Anfechtungsfrist bei einer Notstundung im Sinne der Art. 317 a ff. SchKG ). Es ist unter diesen Umständen nicht einzusehen, weshalb die Verlängerung nur restriktiv zuzulassen wäre. b) Dass in die Dauer der Nachlassstundung nicht auch noch die Zeit von der Einreichung bis zur Erledigung des entsprechenden Gesuches einzurechnen ist, erscheint als selbstverständlich, denn solange die Stundung nicht bewilligt ist, treten ihre Wirkungen nicht ein und bleibt die Zwangsvollstreckung möglich. Daraus kann aber nicht ohne weiteres abgeleitet werden, mit dem Tag einer allfälligen Verzichtserklärung des Schuldners höre die Zeitspanne auf, um welche die Anfechtungsfrist zu verlängern ist. Richtig ist zwar, dass allein schon aufgrund des Verzichts die Zwangsvollstreckung sofort wieder möglich wird; anders als beim Beginn des Betreibungsverbots infolge Bewilligung der Stundung ist hier keine amtliche Feststellung des einmal erklärten Verzichts erforderlich. Solange jedoch das Dahinfallen der Stundung infolge Verzichts nicht öffentlich bekannt gemacht worden ist, bleibt es dem Zufall überlassen, ob ein Gläubiger von der Möglichkeit BGE 110 III 99 S. 104 Kenntnis erhält, Betreibungsmassnahmen einzuleiten und namentlich den sofortigen Konkurs herbeizuführen. Die Gläubiger, die vom Dahinfallen der Stundung keine Mitteilung erhalten, müssen sich - jedenfalls bis zum Ablauf der bewilligten Stundungsdauer - nach Treu und Glauben darauf verlassen können, dass ihre Anfechtungsansprüche nicht geschmälert werden. Es kann den Gläubigern eines Nachlassschuldners nicht zugemutet werden, sich bei der Nachlassbehörde in regelmässigen Abständen zu erkundigen, ob ein allfälliger Verzicht des Schuldners die Stundung habe unwirksam werden lassen. c) Würde der Auffassung des Klägers gefolgt, könnten die Gläubiger, deren Rechtsgeschäfte mit dem Gemeinschuldner von vornherein nur dann erfolgreich angefochten werden können, wenn sie innerhalb von sechs Monaten vor der Konkurseröffnung abgeschlossen wurden, unter Umständen dadurch ungerechtfertigt begünstigt werden, dass sich die Konkurseröffnung wegen der Unkenntnis des Dahinfallens der Nachlassstundung hinauszögert. Eine solche Bevorzugung wäre bei einer Verwerfung des Nachlassvertrages oder bei einem Widerruf der Stundung ausgeschlossen, da in diesen Fällen der Entscheid öffentlich bekannt zu machen ist, die Wirkungen der Stundung erst mit dieser Bekanntmachung dahinfallen und der Konkurs erst binnen zehn Tagen nach der Bekanntmachung verlangt werden kann ( Art. 308 Abs. 2 und Art. 309 SchKG ; vgl. dazu BGE 84 III 117 ff.). Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger gebietet, dass das Ende der Zeitspanne, um welche die Anfechtungsfrist zu verlängern ist, auch in einem Fall wie dem vorliegenden allen Betroffenen zur Kenntnis gelangt ist, was nur durch eine öffentliche Bekanntmachung gewährleistet wird. Es ist demnach weder auf den Zeitpunkt der Erklärung des Verzichts auf die Stundung noch auf den Tag des entsprechenden Abschreibungsbeschlusses der Nachlassbehörde abzustellen, sondern auf das Datum der Publikation dieses Entscheides. ... 5. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Errichtung des strittigen Grundpfandrechts in die um die Dauer der Nachlassstundung zu verlängernde Anfechtungsfrist des Art. 287 SchKG fällt. Da die Feststellungen im angefochtenen Urteil eine abschliessende Beurteilung des von der Beklagten geltend gemachten Anfechtungsanspruchs nicht zulassen, ist das kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, BGE 110 III 99 S. 105 damit diese die entsprechenden Abklärungen treffe und hierauf neu entscheide.
null
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
2393c717-d80c-4d4a-9d7f-dbef8aa30365
Urteilskopf 117 III 10 5. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 25. April 1991 i.S. Gruen Marketing Corporation (Rekurs)
Regeste Zustellung eines Zahlungsbefehls an eine juristische Person oder eine Gesellschaft im Ausland ( Art. 65 SchKG ). 1. Fehlt es an einer staatsvertraglichen Regelung der Zustellung und erfolgt diese auf diplomatischem oder konsularischem Weg, findet Art. 65 SchKG auch im Ausland wenigstens sinngemäss Anwendung (E. 4, 5). Zweck der Bestimmung (E. 5a). 2. Die Behörde trägt die Beweislast für die ordnungsgemässe Zustellung von Betreibungsurkunden; ihr obliegt insbesondere auch der Nachweis der Voraussetzungen für die Ersatzzustellung gemäss Art. 65 Abs. 2 SchKG (E. 5c-e).
Sachverhalt ab Seite 11 BGE 117 III 10 S. 11 In einer von der Jaques Bénédict SA gegen die Gruen Marketing Corporation angehobenen Betreibung liess das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl der Schuldnerin am 30. Mai 1990 durch einen Beamten des schweizerischen Generalkonsulates in New York zustellen. Der Empfang der Betreibungsurkunde wurde für die Schuldnerin von Edward Lau bestätigt. Nachdem die Gruen Marketing Corporation innert Frist keinen Rechtsvorschlag erhoben hatte, beschwerte sie sich gegen diese Zustellung bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern. Zur Begründung brachte sie vor, dass Edward Lau bei ihr weder die Stellung eines Mitgliedes der Geschäftsleitung noch diejenige eines Prokuristen bekleide; da sich im massgeblichen Zeitpunkt aber solche Personen in den Firmenräumen aufgehalten hätten, verstosse die Zustellung an den Angestellten Lau gegen das Gesetz. Die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern wies die Beschwerde am 9. Januar 1991 ab. Mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts verlangt die Gruen Marketing Corporation die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Anweisung an das Betreibungsamt, den Zahlungsbefehl neu zuzustellen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts heisst den Rekurs gut. Erwägungen Erwägungen: 4. Die Art und Weise der Zustellung eines schweizerischen Zahlungsbefehls im Ausland bestimmen sich nach Art. 66 Abs. 3 BGE 117 III 10 S. 12 SchKG . Wie im einzelnen zu verfahren ist, wenn sich die Betreibung gegen eine im Ausland ansässige juristische Person oder eine Gesellschaft richtet, lässt sich dieser Bestimmung freilich nicht entnehmen (vgl. BGE 109 III 100 a. E.). Fehlt es wie vorliegend an einer anwendbaren staatsvertraglichen Regelung, liesse sich gar fragen, ob für die im Ausland erfolgende Zustellung überhaupt eine besondere Form zu beachten sei; es scheint tatsächlich Autoren zu geben, die dies verneinen (vgl. ERNST JEKER, Berner Diss. 1943, S. 120). Auf diese nicht weiter begründete Meinung ist indessen nicht weiter einzugehen. Immerhin besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit, unter Umständen auch gegen den im Ausland wohnhaften Schuldner ein in der Schweiz ablaufendes Vollstreckungsverfahren einzuleiten. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hat denn auch in einem jüngeren Entscheid zur im Ausland erfolgten Zustellung die Auffassung vertreten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Zustellung (Art. 64 bis 66 SchKG) eine Einheit bilden ( BGE 109 III 100 f.). Damit hat sie die Voraussetzung als gegeben erachtet, unter anderem Art. 64 Abs. 1 zweiter Satz SchKG (Zustellung an eine zum Haushalt des Schuldners gehörende Person) wenigstens sinngemäss anzuwenden, wenn der Schuldner an seinem ausländischen Wohnsitz persönlich nicht angetroffen wird. Damit wird auch klar, dass die Anwendung der Art. 64 ff. SchKG mit den darin vorgesehenen Möglichkeiten der Ersatzzustellung in aller Regel durchaus auch im Interesse des Betreibungsamtes liegen dürfte. 5. Daraus folgt, dass Art. 65 SchKG auch bei Betreibungen gegen eine juristische Person oder eine Gesellschaft im Ausland wenigstens sinngemäss angewandt werden soll. Danach hat die Zustellung des Zahlungsbefehls an einen Vertreter derselben zu erfolgen. Als solcher gilt bei Aktiengesellschaften jedes Mitglied der Verwaltung sowie jeder Prokurist (Ziff. 2) oder - bei Kollektiv- oder Kommanditgesellschaften - jeder zur Vertretung befugte Gesellschafter und jeder Prokurist (Ziff. 4). Art. 65 Abs. 2 SchKG sieht sodann vor, dass die Zustellung auch an einen anderen Angestellten erfolgen könne, sofern die genannten Personen in ihrem Geschäftslokal nicht angetroffen würden. a) Der Zweck dieser Bestimmung besteht darin, dass die für eine betriebene juristische Person oder Gesellschaft bestimmte Betreibungsurkunde in die Hände jener natürlichen Personen gelangt, die in Betreibungssachen für sie handeln, insbesondere BGE 117 III 10 S. 13 Rechtsvorschlag erheben können. Um die Aufgabe der zustellenden Behörde nicht übermässig zu erschweren, lässt Art. 65 Abs. 2 SchKG ausnahmsweise die Zustellung an einen (andern) Angestellten zu, der bei der Wahrung der Interessen der Betriebenen aber nur eine Hilfsfunktion ausüben, d.h. die Urkunde an die zum Handeln berufene Person weiterleiten kann. Dieser Angestellte muss in den gleichen Räumlichkeiten wie der Vertreter der juristischen Person oder Gesellschaft arbeiten; nur so besteht die Wahrscheinlichkeit, dass er die Betreibungsurkunde unverzüglich an diesen weiterzuleiten vermag. Wie die Rechtsprechung betont hat, soll diese Ausnahme hingegen nicht zur Regel werden und die Zustellung an einen solchen untergeordneten Beamten oder Angestellten nur dann erfolgen dürfen, nachdem die Zustellung an ein Organ im Sinne von Art. 65 Abs. 1 SchKG erfolglos versucht worden ist ( BGE 88 III 17 f.; vgl. auch BGE 96 III 6 ). b) Damit eine juristische Person oder eine Gesellschaft betrieben werden kann, muss das Betreibungsamt den Namen eines berechtigten Vertreters kennen. Die blosse Angabe des Schuldners ohne Nennung eines berechtigten Vertreters auf dem Betreibungsbegehren vermag die ordnungsgemässe Zustellung nicht zu gewährleisten. Liegt ein Betreibungsbegehren vor, welches die Anforderungen von Art. 67 SchKG zwar erfüllt, die unverzügliche Zustellung nach Art. 65 SchKG aber nicht gestattet (wie dies offenbar vorliegend zutraf), hat das Betreibungsamt - so will es die Rechtsprechung - sich beim Betreibenden zu erkundigen, an welche natürliche Person der Zahlungsbefehl zu übergeben ist ( BGE 109 III 6 ; bestätigt in BGE 116 III 10 ). c) Mit der Vorinstanz muss davon ausgegangen werden, dass im Anfechtungsfall in erster Linie das Betreibungsamt die Beweislast für die ordnungsgemässe Zustellung von Betreibungsurkunden trägt (vgl. Amonn, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. Bern 1988, § 12 Rz. 19; BlSchK 49/1985, S. 184; BGE 50 III 183 ff.). Dazu dient ihm namentlich die gemäss Art. 72 Abs. 2 SchKG vorgeschriebene Bescheinigung des Zustellungsbeamten, an welchem Tage und an wen die Zustellung erfolgt ist; als öffentliche Urkunde im Sinne von Art. 9 ZGB kommt ihr, Gegenbeweis vorbehalten, für ihren Inhalt volle Beweiskraft zu (vgl. BGE 107 III 3 ; im übrigen BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 221). Auch im vorliegenden Fall liegt eine solche Bescheinigung vor, die den Empfang der Betreibungsurkunde durch den Angestellten BGE 117 III 10 S. 14 Edward Lau am 30. Mai 1990 bestätigt. Damit steht jedenfalls fest - zumal Gegenteilig auch gar nicht behauptet wird -, dass die Zustellung zumindest an einen Angestellten gemäss Art. 65 Abs. 2 SchKG erfolgt ist. Hingegen scheint in der Tat fraglich, ob es damit bereits sein Bewenden hat und damit das Fehlen der Voraussetzungen für die Ersatzzustellung im Sinne dieser Bestimmung von der Rekurrentin nachzuweisen wäre. d) Die Vorinstanz hat sich diese Auffassung zu eigen gemacht. Anders zu entscheiden würde im Ergebnis nach einer Auslegung von Art. 72 Abs. 2 SchKG verlangen, gemäss der die Bescheinigung im Falle einer Ersatzzustellung ( Art. 65 Abs. 2 SchKG ) zugleich Aufschluss über den erfolglosen Zustellungsversuch an eine nach Art. 65 Abs. 1 SchKG qualifizierte Person vermitteln müsste. Der Wortlaut der Bestimmung bietet indessen für eine solche Auslegung keinerlei Anhaltspunkte; soweit ersichtlich, haben auch weder die bisherige Rechtsprechung noch die Lehre dergleichen je vertreten. Auf der anderen Seite muss diese Bestimmung in ihrem gesamten Zusammenhang betrachtet werden. Hier gilt es die unmissverständliche Regelung des bei der Zustellung von Betreibungsurkunden gemäss Art. 65 SchKG zu beachtenden Vorgehens, insbesondere die klare Subsidiarität der Ersatzzustellung an "andere Angestellte", zu erwähnen, die von der bisherigen Rechtsprechung durchaus wörtlich genommen worden ist (vgl. BGE 88 III 17 f.). Wenn das Gesetz der Behörde zum Schutze des Schuldners die Einhaltung solcher Formen schon vorschreibt, so läge es an sich nahe, ihr auch den Nachweis für deren Einhaltung aufzuerlegen. Andernfalls wäre in der Tat zu befürchten, dass die ausnahmsweise zulässige Ersatzzustellung (Abs. 2) zur Regel werden könnte, was mit dem Schutzgedanken von Art. 65 SchKG nicht zu vereinbaren wäre. Gerade die bei juristischen Personen und Gesellschaften mitunter nur schwer überschaubaren Verhältnisse verlangen nach einer strengen Einhaltung der Form, denn anders als in Art. 64 SchKG ist hier die Gefahr ungleich grösser, dass eine Betreibungsurkunde verlorengehen und niemals in die Hände der zuständigen Person gelangen könnte. Zieht man endlich in Betracht, dass bereits das Betreibungsbegehren angeben sollte, an wen die Zustellung zu erfolgen hätte und der Gläubiger sich diese Information - sollte er nicht bereits aufgrund seiner geschäftlichen Beziehung über sie verfügen - in der Regel beim Handelsregister beschaffen kann, sieht sich der Zustellungsbeamte nicht einer unzumutbaren Aufgabe ausgesetzt. Es ist deshalb unter BGE 117 III 10 S. 15 allen Umständen darauf zu achten, dass es erst dann zur Ersatzzustellung gemäss Art. 65 Abs. 2 SchKG kommen soll, wenn die zum Empfang in erster Linie berechtigten Personen (vgl. Art. 65 Abs. 1 SchKG ) im Geschäftslokal nicht angetroffen werden. Um die Einhaltung dieser Form zu gewährleisten, drängt es sich auf, die Beweislast für die in diesem Sinne korrekte Zustellung dem Betreibungsamt aufzuerlegen, zumal den Schuldner auch nicht eine besondere Mitwirkungspflicht trifft, die eine gegenteilige Auffassung zu rechtfertigen vermöchte. e) Es ergibt sich somit, dass die Vorinstanz von der Rekurrentin zu Unrecht verlangt hat, den Nachweis der Anwesenheit von entsprechend qualifizierten Personen im massgeblichen Zeitpunkt der Zustellung zu erbringen. Soweit sie in diesem Zusammenhang tatsächliche Feststellungen getroffen hat, sind bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt worden. Nur am Rande sei abschliessend erwähnt, dass sich das Betreibungsamt nicht um die Klärung bemüht hat, wer auf seiten der Rekurrentin in erster Linie zum Empfang des Zahlungsbefehls befugt gewesen wäre ( BGE 116 III 10 ). Inwieweit es hier zu Nachfragen und die Gläubigerin zur Mitwirkung gehalten gewesen wäre, lässt sich angesichts der besonderen Umstände - namentlich des Zustellungsortes im Ausland - nicht leicht sagen. Es versteht sich indessen, dass sich allfällige Versäumnisse und Unklarheiten nicht zu Ungunsten der Rekurrentin auswirken dürften.
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Urteilskopf 103 Ib 110 20. Auszug aus dem Urteil vom 6. Mai 1977 i.S. Schoch gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Art. 20 GSchG / Art. 27 AGSchV . 1. Eine Baute, die zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört ( Art. 27 Abs. 2 AGSchV ), liegt nur dann vor, wenn sie in der Hauptsache für die agrarische Produktion verwendet wird. 2. a) Ist anzunehmen, dass ein neu zu errichtender Landwirtschaftsbetrieb weder existenzsichernd noch rentabel sein werde, so besteht kein sachlich begründetes Bedürfnis für die Errichtung einer Baute ausserhalb der Bauzone ( Art. 20 GSchG / Art. 27 Abs. 2 AGSchV ). b) Bauten, die zu bestehenden, nicht existenzsichernden Landwirtschaftsbetrieben gehören, dürfen erneuert oder ersetzt werden, wenn damit bezüglich Grösse und Nutzungsart keine erhebliche Änderung erfolgt.
Sachverhalt ab Seite 111 BGE 103 Ib 110 S. 111 Heinrich Schoch übernahm im Jahre 1947 den väterlichen Landwirtschaftsbetrieb mit der Fläche von ca. 5 Hektaren in Gattikon/Thalwil. Er führte diesen zunächst in herkömmlicher Weise weiter, stellte ihn aber in der Folge von der Grosstierhaltung auf Schweinezucht um. Im Jahre 1969 gab er auch die Schweinehaltung auf. In einem Quartierplanverfahren brachte er 2,3 Hektaren seines Landes in die Landumlegung ein und trat das bestehende Bauernhaus einem Nachbarn ab. Das durch die Quartierplanung gewonnene Bauland überbaute er mit Wohnhäusern, die er veräusserte oder vermietete. Er selbst bezog mit seiner Familie ein auf eigenem Land erbautes Zweifamilienhaus. Auf dem restlichen Land von 2,4 Hektaren, das ausserhalb des GKP im übrigen Gemeindegebiet von Thalwil liegt, beabsichtigte Schoch unter Hinzupachtung von ca. 2 Hektaren, einen Rindermastbetrieb für etwa 10 Mastrinder einzurichten und eine Obstkultur anzulegen. Im Jahre 1971 ersuchte er um die Bewilligung, für diesen Landwirtschaftsbetrieb ein Wohnhaus mit Nebenräumen errichten zu können. Am 24. September 1974 verweigerte das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau des Kantons Zürich die Bewilligung. Eine Beschwerde Schochs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 25. August 1976 ab, im wesentlichen mit der Begründung, es liege kein im Sinne von Art. 20 GSchG privilegierter Landwirtschaftsbetrieb vor. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt Schoch im wesentlichen, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass ein sachlich begründetes Bedürfnis für die Erstellung des projektierten Bauernhauses bestehe. Erwägungen Erwägungen: 1. (Feststellung, dass der geplante Landwirtschaftsbetrieb weder rentabel noch existenzsichernd sein würde und dass im projektierten Gebäude überwiegend Wohnräume vorgesehen sind.) BGE 103 Ib 110 S. 112 2. a) Nach Art. 20 GSchG dürfen Baubewilligungen für Gebäude und Anlagen ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojektes abgegrenzten Gebietes nur erteilt werden, sofern der Gesuchsteller dafür ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist. Die Baubewilligung wird auch bei Vorliegen eines solchen Bedürfnisses nur erteilt, wenn die Ableitung und Reinigung oder eine andere zweckmässige Beseitigung der Abwässer festgelegt ist und die Zustimmung der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz vorliegt. Der Begriff des sachlich begründeten Bedürfnisses wird in Art. 27 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972 näher umschrieben. Ein Bedürfnis für die Errichtung eines Gebäudes ausserhalb der Bauzone gilt dann als sachlich begründet, wenn dessen Zweckbestimmung den beanspruchten Standort ausserhalb der Bauzone bzw. des GKP bedingt und dem Bauvorhaben keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Als solche standortgebundene Bauten gelten unter anderem Landwirtschaftsbetriebe. Für Landwirtschaftsbetriebe, die nicht über die erforderlichen Gebäulichkeiten verfügen, ist das sachliche Bedürfnis für einen Neubau zu bejahen, wenn das bewirtschaftete Areal ausserhalb der Bauzone liegt und der Betrieb nicht von innerhalb des Baugebietes liegenden Gebäulichkeiten aus geleitet werden kann. In der Regel stehen einem solchen Neubau auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen, es sei denn, dass andere gewichtige Gründe, z.B. des Natur- und Landschafts- oder Heimatschutzes einen Neubau ausserhalb der Bauzone als unerwünscht erscheinen lassen ( BGE 102 Ib 70 , E. 5b). b) Das Bundesgericht hat in BGE 100 Ib 92 E. 5 und in einem nicht publizierten Entscheid Ottinger vom 8. März 1974 ausgeführt, ein Landwirtschaftsbetrieb müsse nicht unbedingt existenzsichernd sein, damit angenommen werden könne, es sei ein sachlicher Grund für ein dazugehöriges Wohnhaus im Sinne von Art. 20 GSchG gegeben. Es komme ferner nicht darauf an, ob ein Gesuchsteller die Landwirtschaft im Haupt- oder Nebenberuf betreiben wolle. Wie der Beschwerdeführer hervorhebt, weist der hier zu entscheidende Fall gewisse Parallelen zu den genannten Präjudizien auf. Die Ähnlichkeit beschränkt sich aber auf die Frage, ob ein Landwirtschaftsbetrieb existenzsichernd und BGE 103 Ib 110 S. 113 rentabel sein müsse, damit die Errichtung eines Wohnhauses ausserhalb der Bauzone bewilligt werden dürfe. Ein entscheidender Unterschied zwischen den genannten Entscheiden und dem vorliegenden Fall liegt aber darin, dass es dort um Ersatzbauten für baufällige Wohnhäuser ging, während der Beschwerdeführer ein neues Gebäude errichten will, das kein altes Wohnhaus auf dem selben Betrieb ersetzen soll. Ferner bestanden in den genannten, beurteilten Fällen die Landwirtschaftsbetriebe, deren Bewirtschaftung nicht ausschliesslich aus ökonomischen, sondern auch aus ideellen Gründen geplant war, bereits während längerer Zeit. Gemäss dem Projekt des Beschwerdeführers soll jedoch ein neuer, nicht existenzsichernder und unrentabler Landwirtschaftsbetrieb gegründet werden. (Im Fall von BGE 100 Ib 89 kann das neu zu erstellende Wohnhaus als Ersatzbaute betrachtet werden, weil die Bewilligung für dessen Bau mit der Auflage verbunden wurde, dass das zu ersetzende Haus, in dem noch die betagte Verkäuferin des Landwirtschaftsbetriebes wohnte, nach deren Ableben höchstens noch als Lagerraum und Keller benutzt werde.) Den beiden genannten Bundesgerichtsentscheiden liegt der Gedanke zugrunde, dass die Gewässerschutzgesetzgebung nicht bezweckt, bestehende Gebäude ausserhalb des GKP zum Verschwinden zu bringen ( BGE 102 Ib 215 ). Darum dürfen Wohnhäuser, die zu herkömmlichen landwirtschaftlichen Kleinbetrieben gehören, erneuert und ersetzt werden, selbst wenn diese Betriebe keine Grundlage für eine hauptberufliche Tätigkeit bieten und unrentabel sind. Voraussetzung ist nur, dass nicht geplant ist, mit dem Neubau bezüglich Grösse und Nutzungsart erheblich von der zu ersetzenden Baute abzuweichen. Eine andere Frage ist aber, ob das Gewässerschutzgesetz auch die Errichtung von Wohnhäusern auf neuen, nicht existenzsichernden und unrentabeln Landwirtschaftsbetrieben zulassen will. Bei der Schaffung von Art. 20 GSchG wurde unter anderem bewusst ein Ziel der Raumplanung verfolgt. Es sollte verhindert werden, dass ausserhalb des Baugebietes weit zerstreut zahlreiche Wohnhäuser, die nicht an einen solchen Standort gebunden sind, errichtet werden. Diese Zwecksetzung kann umgangen werden, wenn finanzkräftige Leute vorgeben, einen Landwirtschaftsbetrieb zu gründen und ein diesbezügliches BGE 103 Ib 110 S. 114 Projekt einreichen, sich aber in Wirklichkeit primär eine Wohnung ausserhalb des Baugebietes verschaffen wollen. An die Standortgebundenheit solcher Bauten sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen. Es stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Projekt als Landwirtschaftsbetrieb im Sinne der Gewässerschutzgesetzgebung anerkannt werden kann. Art. 27 AGSchV gibt darüber keine nähere Auskunft. Es kann aber kein Zweifel bestehen, dass die Errichtung einer Baute ausserhalb der Bauzone nur dann mit landwirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt werden kann, wenn gewährleistet ist, dass eine solche Baute primär landwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, die nur an einem solchen Standort sinnvoll verfolgt werden können. Eine Baute darf darum nur als landwirtschaftliche Baute im Sinne von Art. 27 AGSchV bezeichnet werden, wenn sie in der Hauptsache für die agrarische Produktion verwendet wird. Sobald die landwirtschaftliche Produktion aber zu einer Nebensache wird und andere Nutzungen wie insbesondere das Wohnen den Hauptzweck eines Gebäudes bilden, kann nicht mehr von einem Landwirtschaftsbetrieb im Sinne der Gewässerschutzgesetzgebung gesprochen werden. Dieser Begriff des Landwirtschaftsbetriebes ergibt sich auch aus dem Landwirtschaftsrecht. Die Verordnung über Investitionskredite und Betriebshilfe in der Landwirtschaft vom 15. November 1972 (SR 914.11) bezeichnet in Art. 1 Abs. 1 einen Betrieb im allgemeinen dann als landwirtschaftlich, "wenn seine organisierte Gesamtheit von Nutzland, Bauten und Inventar der Erzeugung oder der Erzeugung und Verwertung von Bodenprodukten dient". c) Im vorliegenden Fall ist der projektierte Landwirtschaftsbetrieb weder existenzsichernd noch rentabel. Es ist daher ausgeschlossen, dass die geplante Baute in der Hauptsache der landwirtschaftlichen Produktion dienen würde. Der Beschwerdeführer muss vielmehr zu einem grossen Teil seinen Lebensunterhalt aus anderen Quellen decken. Bei dieser Lage ist er aber nicht auf ein Wohnhaus ausserhalb der Bauzone angewiesen. Der Schluss, dass die geplante Baute zur Hauptsache nicht für landwirtschaftliche Zwecke verwendet würde, ergibt sich auch aus der Aufteilung der Räumlichkeiten. Im Projekt des BGE 103 Ib 110 S. 115 Beschwerdeführers überwiegen die Wohnräume eindeutig, während die für die landwirtschaftliche Nutzung bestimmten Teile eine untergeordnete Rolle spielen. Die Baute, für die der Beschwerdeführer um eine Bewilligung nachgesucht hat, kann somit nicht als landwirtschaftlich im Sinne von Art. 27 Abs. 2 AGSchV betrachtet werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 135 V 80 11. Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. U. und B. gegen Stiftung Auffangeinrichtung BVG und G. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_550/2008 vom 12. Dezember 2008
Regeste Art. 20a Abs. 1 und 2 BVG ; Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV ; Art. 26 Abs. 1 FZG ; Anwendbarkeit der Begünstigungsregelung nach BVG auf Freizügigkeitsleistungen. Die Begünstigungsregelungen bei Hinterlassenenleistungen der Vorsorgeeinrichtungen nach Art. 20a BVG und bei Freizügigkeitsleistungen nach Art. 15 FZV betreffen unterschiedliche Sachverhalte. Der in Art. 20a Abs. 2 BVG vorgesehene Ausschluss von Hinterlassenenleistungen bei Bezug einer Witwer- oder Witwenrente ist nicht auch auf Freizügigkeitsleistungen anzuwenden (E. 3.4).
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 135 V 80 S. 81 A. Der 1945 geborene A. verstarb am 31. Mai 2006. Er hinterliess als gesetzliche Erbinnen seine beiden volljährigen Töchter U. und B. Während rund sechs Jahren vor seinem Tod hatte er im Konkubinat mit G. gelebt. Der Versicherte hatte bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG (nachfolgend: Auffangeinrichtung) ein Freizügigkeitskonto unterhalten. Nach seinem Tod ersuchten die beiden Töchter die Auffangeinrichtung, ihnen das Freizügigkeitsguthaben auszuzahlen. Diese stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, anspruchsberechtigt sei G. als frühere Lebenspartnerin und verweigerte die Auszahlung an die Töchter. B. Die von U. und B. gegen die Auffangeinrichtung erhobene Klage auf Herausgabe des Freizügigkeitsguthabens wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern nach Beiladung der G. mit Entscheid vom 11. Juni 2008 ab. C. U. und B. erheben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei G. zu verpflichten, ihnen die Freizügigkeitsleistung aus dem bei der Auffangeinrichtung geführten Freizügigkeitskonto ihres verstorbenen Vaters auszurichten, nebst Zins ab 19. Juni 2007. Die Auffangeinrichtung und G. beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliesst auf deren Gutheissung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Es ist unbestritten, dass der Verstorbene bei der Auffangeinrichtung ein Freizügigkeitskonto im Sinne von Art. 10 Abs. 1 FZV BGE 135 V 80 S. 82 (SR 831.425) unterhalten hatte. Umstritten ist einzig die Rechtsfrage, ob das auf diesem Konto vorhandene Kapital den Töchtern des Verstorbenen oder seiner ehemaligen Lebenspartnerin zusteht. 1.2 Gestützt auf die Gesetzesdelegation von Art. 26 Abs. 1 FZG (SR 831.42) hat der Bundesrat in den Art. 10-19 FZV die Erhaltung des Vorsorgeschutzes geregelt, falls der Versicherte nicht in eine neue Vorsorgeeinrichtung eintritt ( Art. 4 Abs. 1 und 2 FZG ). Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV (nebst dem - soweit hier von Interesse - gleichlautenden Art. 8 Abs. 2 des Reglements der Stiftung Auffangeinrichtung BVG über die Führung der Freizügigkeitskonten), bezeichnet die begünstigten Personen im Todesfall des Versicherten. Begünstigt sind in erster Linie die (hier nicht vorhandenen) Hinterlassenen im Sinne von Art. 19, 19a und 20 BVG (SR 831.40), in zweiter Linie u.a. die Person, die mit der versicherten Person in den letzten fünf Jahren bis zu ihrem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat (was unbestritten auf die Beschwerdegegnerin 2 zutrifft), und in dritter Linie u.a. die Kinder des Verstorbenen, welche die Voraussetzungen von Art. 20 BVG nicht erfüllen. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 15 FZV hat somit die Beschwerdegegnerin 2 vor den Beschwerdeführerinnen Anspruch auf die Leistung. 1.3 Die Beschwerdeführerinnen berufen sich auf Art. 20a BVG , welcher die Begünstigung durch Hinterlassenenleistungen nach BVG regelt. Danach können u.a. die Person, die mit dem Versicherten in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat (Abs. 1 lit. a), beim Fehlen von in dieser Bestimmung genannten Personen u.a. die Kinder des Verstorbenen, welche die Voraussetzungen von Art. 20 BVG nicht erfüllen (Abs. 1 lit. b), als Begünstigte vorgesehen werden. Insoweit stimmt die Regelung in Art. 20a Abs. 1 BVG überein mit derjenigen in Art. 15 FZV . Indessen hat Art. 20a BVG noch einen zweiten Absatz mit folgendem Wortlaut: "Kein Anspruch auf Hinterlassenenleistungen nach Absatz 1 Buchstabe a besteht, wenn die begünstigte Person eine Witwer- oder Witwenrente bezieht." Es ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin 2 eine Witwenrente der AHV sowie der beruflichen Vorsorge bezieht und somit nach Art. 20a Abs. 2 BVG keinen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen hätte, mit der Konsequenz, dass dieser den Beschwerdeführerinnen zustünde. In Art. 15 FZV fehlt jedoch eine zu Art. 20a Abs. 2 BVG analoge Bestimmung. Die Beschwerdeführerinnen sind der Ansicht, BGE 135 V 80 S. 83 dass Art. 20a Abs. 2 BVG direkt oder analog auch für die Begünstigung im Rahmen von Freizügigkeitseinrichtungen anwendbar sei. 2. 2.1 Art. 20a BVG und Art. 15 Abs. 1 lit. b FZV haben insofern das gleiche Regelungsthema, als es bei beiden Bestimmungen darum geht, diejenigen Personen zu bezeichnen, denen beim Tod einer versicherten Person die Mittel aus der beruflichen Vorsorge zukommen sollen. Auch die Freizügigkeitseinrichtungen gehören zur beruflichen Vorsorge im weiteren Sinne (vgl. Art. 1 Abs. 1 FZG ; BGE 129 III 305 E. 3.3 S. 312). Das Bundesgericht hat denn auch im Zusammenhang mit Todesfallleistungen bisweilen gleichermassen die Bestimmungen von BVG und Reglement wie diejenigen von Art. 15 FZV herangezogen (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 92/04 vom 27. Oktober 2005 E. 2.2 und 5.1), eine Parallelität zwischen Art. 20a BVG und Art. 15 FZV angenommen ( BGE 134 V 369 E. 6.3 S. 376 ff., allerdings nicht mit Bezug auf den hier streitigen Abs. 2 von Art. 20a BVG ) oder mit Rücksicht auf die ähnliche Zielsetzung von BVG-Hinterlassenenvorsorge und Erhaltung des Vorsorgeschutzes durch Freizügigkeitseinrichtungen beide Situationen gleich behandelt ( BGE 129 III 305 E. 3.3 S. 312). Trotzdem regeln die beiden Bestimmungen unterschiedliche Sachverhalte. Art. 20a Abs. 2 BVG kann deshalb nicht direkt auf die in Art. 15 FZV geregelte Begünstigung im Rahmen von Freizügigkeitskonten angewendet werden. Dass die eine Bestimmung in einem formellen Gesetz, die andere jedoch nur in einer Verordnung steht, ändert daran nichts, da die Regeln der Normenhierarchie nur zum Tragen kommen, wenn überhaupt eine Kollision zwischen zwei Normen vorliegt. Dies setzt voraus, dass beide Normen die gleiche Rechtsfrage unterschiedlich beantworten (HANSJÖRG SEILER, Einführung in das Recht, 2. Aufl. 2004, S. 135). Das ist hier aufgrund der unterschiedlichen geregelten Sachverhalte nicht der Fall. Dass die Auffangeinrichtung in Art. 60 Abs. 1 BVG als Vorsorgeeinrichtung bezeichnet wird, ist unerheblich: Das bezieht sich nur auf den Umstand, dass sie gemäss Art. 60 Abs. 2 BVG Aufgaben wahrnimmt, die grundsätzlich von Vorsorgeeinrichtungen wahrzunehmen sind; davon sind die ihr durch Art. 4 Abs. 2 FZG übertragenen Aufgaben zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes zu unterscheiden. Insoweit ist die Auffangeinrichtung nicht als Vorsorge-, sondern als Freizügigkeitseinrichtung tätig ( Art. 4 Abs. 3 FZG ). BGE 135 V 80 S. 84 2.2 Vorliegend ist somit Art. 15 FZV anwendbar. Dessen Wortlaut ist in Bezug auf die Frage nach der Anspruchsberechtigung eindeutig (E. 1.2). Zutreffend hat die Vorinstanz auch erkannt, dass die Regelung von Art. 15 FZV diesbezüglich keine Lücke aufweist: Sie gibt auf die gestellte Frage eine klare Antwort, welche jedenfalls für sich allein nicht als sachlich unhaltbar betrachtet werden kann. Fragen kann sich höchstens, ob die Bestimmung - wie die Beschwerdeführerinnen und das BSV annehmen - richterlicher Korrektur bedarf, weil sie inhaltlich von der in Art. 20a Abs. 2 BVG getroffenen Regelung abweicht. 2.3 Zu Recht stellen die Beschwerdeführerinnen die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass von Art. 15 FZV nicht generell in Frage: Diese Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 26 Abs. 1 FZG (E. 1.2), welcher eine hinreichende formellgesetzliche Grundlage für die in Art. 15 FZV getroffene Regelung bildet ( BGE 129 III 305 E. 3.4 S. 313 f.). Fraglich ist, ob der Verordnungsgeber ermächtigt war, inhaltlich von derjenigen Regelung abzuweichen, welche der Gesetzgeber für die analoge Situation in Art. 20a Abs. 2 BVG getroffen hat. Wie ausgeführt, ist dies nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Gesetz höherrangig ist als die Verordnung (E. 2.1). So ist es z.B. nicht zu beanstanden, dass die in Art. 15 FZV getroffene Begünstigungsregelung nicht mit der im formellen Gesetz enthaltenen erbrechtlichen Regelung übereinstimmt ( BGE 129 III 305 E. 3.4 S. 314). Hingegen muss die Bestimmung von Art. 20a Abs. 2 BVG dann für den Verordnungsgeber massgebend sein, wenn aus ihrer Auslegung hervorgeht, dass sie in Wirklichkeit auch auf Freizügigkeitsleistungen anwendbar sein soll, oder wenn eine unterschiedliche Regelung dem verfassungsmässigen Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 8 Abs. 1 BV ) widerspricht. 3. Aus Entstehungsgeschichte und Systematik geht hervor, dass die Begünstigungsregelung nach BVG und diejenige nach FZV nicht völlig deckungsgleich waren und sind: 3.1 Das BVG kannte in seiner ursprünglichen Fassung im Obligatorium nur Witwen- und Waisenrenten ( Art. 19 und 20 BVG in der ursprünglichen Fassung). Die aArt. 27 ff. BVG gewährten einen Freizügigkeitsanspruch im Rahmen des BVG-Obligatoriums. Nach aArt. 29 Abs. 3 BVG war der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder in anderer gleichwertiger Form zu erhalten, wenn der Betrag weder einer neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen noch BGE 135 V 80 S. 85 in der alten belassen werden konnte. Gemäss aArt. 29 Abs. 4 BVG hatte der Bundesrat die Kompetenz, die Errichtung, den Inhalt und die Rechtswirkungen der Freizügigkeitspolicen und anderer Formen der Erhaltung des Vorsorgeschutzes zu regeln. Gestützt darauf erliess er die Verordnung vom 12. November 1986 über die Erhaltung des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit (aFZV; AS 1986 2008). Diese benannte in Art. 6 die begünstigten Personen, wozu im Todesfall des Versicherten nebst den Hinterlassenen gemäss den aArt. 18-22 BVG (Witwen und Waisen) auch weitere Personen gehörten, namentlich die übrigen Kinder sowie Personen, die vom Vorsorgenehmer in erheblichem Masse unterstützt worden sind (Abs. 1 lit. b Ziff. 2). Die Begünstigungsregelung bei Freizügigkeitsleistungen wich also erheblich von derjenigen nach BVG ab. Freilich konnten die Vorsorgeeinrichtungen reglementarisch auch Hinterlassenenleistungen an weitere Berechtigte vorsehen (vgl. BGE 117 V 309 ), doch brauchten solche Regelungen nicht zwingend mit derjenigen von Art. 6 aFZV übereinzustimmen. 3.2 Mit dem Inkrafttreten des FZG am 1. Januar 1995 wurden die aArt. 27-30 BVG aufgehoben. Die (jetzt für obligatorische und weitergehende Vorsorge geltende) Erhaltung des Vorsorgeschutzes wurde nunmehr in Art. 4 FZG geregelt und die Kompetenz zur näheren Regelung mit Art. 26 Abs. 1 FZG an den Bundesrat delegiert. Gemäss Art. 15 FZV in der ursprünglichen Fassung wurden die Hinterlassenen nach BVG sowie der Witwer und im Nachgang dazu die natürlichen Personen, die von den Versicherten in erheblicher Weise unterstützt worden sind, sodann die übrigen gesetzlichen Erben unter Ausschluss des Gemeinwesens als begünstigt erklärt. Auch hier wich also die Begünstigungsregelung nach FZV wesentlich von derjenigen nach BVG-Obligatorium ab. Von Gesetzes wegen hatten Kinder ohne Anspruch auf Waisenrenten sowie Konkubinatspartner keine Berechtigung hinsichtlich berufsvorsorgerechtlicher Hinterlassenenleistungen, während sie in Bezug auf die Leistungen aus einer Freizügigkeitseinrichtung begünstigt waren. Das Eidg. Versicherungsgericht erkannte, dass sich diese unterschiedliche Regelung mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot nicht beanstanden lässt (RKUV 2004 S. 578, U 104/03 E. 3.4). Freilich konnten die Vorsorgeeinrichtungen im überobligatorischen Bereich den Kreis der durch Hinterlassenenleistungen Begünstigten ausdehnen, doch waren sie in der Bezeichnung dieser Personen in den allgemeinen Schranken frei ( BGE 129 V 145 E. 3 und 4 S. 147 ff.; BGE 135 V 80 S. 86 SZS 2006 S. 359, B 103/04 E. 3.1.2) und die reglementarische bzw. vertragliche Regelung brauchte nach wie vor nicht zwingend mit derjenigen von Art. 15 FZV übereinzustimmen (vgl. BGE 131 V 27 E. 3.2 S. 30; SZS 2007 S. 563, B 117/05 E. 4.1; 2006 S. 358, B 92/04 E. 3.1; 1998 S. 72, B 34/96 E. 2a). 3.3 Mit der 1. BVG-Revision wurde Art. 20a BVG eingeführt. Damit sollten im Bereich des Überobligatoriums die Hinterlassenenleistungen für nicht verheiratete Lebenspartner verbessert und der Kreis der begünstigten Personen vereinheitlicht werden (Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des BVG, BBl 2000 2683 f. Ziff. 2.9.6). In diesem Zusammenhang führte der Bundesrat in der Botschaft aus: "Der Kreis der begünstigten Personen wird neu im Artikel 20a BVG definiert. Diese Definition soll einheitlich für die überobligatorische berufliche Vorsorge und für den Freizügigkeitsbereich gelten" (BBl 2000 2684 Ziff. 2.9.6.3). Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Art. 20a BVG am 1. Januar 2005 setzte der Bundesrat auch die geänderte Fassung von Art. 15 FZV sowie eine entsprechend geänderte Fassung von Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 13. November 1985 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3; SR 831.461.3) in Kraft (AS 2004 4649 f.). 3.4 Daraus lässt sich schliessen, dass eine Harmonisierung zwischen BVG und FZV angestrebt war (vgl. auch BRECHBÜHL/SCHNYDER, Änderungen bei den Leistungen der beruflichen Vorsorge, SZS 2005 S. 43). In diesem Lichte erschiene es in der Tat kohärenter, wenn der Bundesrat die Regelung von Art. 20a Abs. 2 BVG auch in Art. 15 FZV aufgenommen hätte. Dennoch erscheint es zweifelhaft, ob dies geradezu zwingend war. Trotz der angestrebten Harmonisierung unterscheidet sich nämlich die Begünstigungsregelung nach BVG nach wie vor in verschiedener Hinsicht gewollt von derjenigen nach FZV: So enthält Art. 20a Abs. 1 lit. c Ziff. 1 und 2 BVG eine betragsmässige Beschränkung, die in Art. 15 FZV weder in der bisherigen noch in der revidierten Fassung enthalten ist (vgl. MARKUS MOSER, Die Lebenspartnerschaft in der beruflichen Vorsorge nach geltendem und künftigem Recht, AJP 2004 S. 1510). Sodann betrifft die Begünstigungsregelung von Art. 20a BVG keine obligatorische BVG-Leistung (BBl 2000 2684 Ziff. 2.9.6.3; MOSER, a.a.O., S. 1510). Es ist den Vorsorgeeinrichtungen überlassen, ob sie eine solche Regelung vorsehen. Machen sie davon Gebrauch, ist zwar Art. 20a BVG insofern abschliessend, als der darin definierte BGE 135 V 80 S. 87 Begünstigtenkreis nicht erweitert und ihre Reihenfolge nicht verändert werden kann (vgl. Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG ; Art. 89 bis Abs. 6 Ziff. 3 ZGB ), doch kann davon abgewichen werden, indem die Vorsorgeeinrichtung die Begünstigung auf einzelne der in Art. 20a Abs. 1 genannten Gruppen beschränken kann (WILLI LÖTSCHER, Die neuen Begünstigungsmöglichkeiten in der beruflichen Vorsorge nach der 1. BVG- Revision, HAVE 2005 S. 163; MOSER, a.a.O., S. 1511; RIEMER/RIEMER-KAFKA, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, S. 119 f.; HANS-ULRICH STAUFFER, Überblick über die wesentlichen Neuerungen im Hinblick auf die juristische Alltagsarbeit, in: Die 1. BVG-Revision, 2005, S. 38; ISABELLE VETTER, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 81). Es ist also ohne weiteres möglich, dass nach Art. 15 FZV begünstigte Personen von Hinterlassenenleistungen der Vorsorgeeinrichtung ganz oder teilweise ausgeschlossen sind. Das trifft insbesondere auf volljährige Kinder - mithin auf den Fall der Beschwerdeführerinnen - zu. Dass solche überhaupt begünstigt sind, ist an sich vom Vorsorgegedanken der beruflichen Vorsorge her atypisch. Es lässt sich bei Freizügigkeitseinrichtungen dadurch rechtfertigen, dass diese im Unterschied zu den Vorsorgeeinrichtungen weder den Grundsätzen der Planmässigkeit und Angemessenheit noch dem Kollektivitätsprinzip unterstehen und insofern eine gewisse Nähe zur gebundenen Selbstvorsorge besteht, weshalb das Kapital beim Tod des Versicherten nicht bei der Freizügigkeitseinrichtung verbleibt ( BGE 129 III 305 E. 3.2 S. 312). Soweit erwachsene Nachkommen begünstigt sind, sind sie dies in den meisten Konstellationen nachrangig gegenüber der überlebenden Konkubinatspartnerin, nämlich in den Fällen von Art. 15 FZV sowie von Art. 20a BVG , sofern die Lebenspartnerin keine Witwenrente bezieht. Der in Art. 20a Abs. 2 BVG geregelte Fall ist damit im ganzen System eine Ausnahme, welche eine Kumulation von Hinterlassenenleistungen verhindern will (BBl 2000 2691); dies ist wiederum eine spezifisch vorsorgerechtliche (im engeren Sinne) Überlegung und muss für die Leistungen von Freizügigkeitseinrichtungen nicht zwingend gleichermassen gelten. Hinzu kommt, dass die Regelung von Art. 20a Abs. 2 BVG ihrerseits umstrittene Fragen aufwirft und unklar ist, wie weit sie überhaupt zwingend ist oder nicht doch gewisse Begünstigungen in Form einer Kapitalabfindung zulässt (REGINA AEBI-MÜLLER, Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, 2. Aufl. 2007, S. 256; LÖTSCHER, a.a.O., S. 164; MOSER, a.a.O., S. 1509 ff.; GÄCHTER/ BGE 135 V 80 S. 88 SCHWENDENER, Nichteheliche Lebensgemeinschaften im Sozialversicherungsrecht, Fampra.ch 2005 S. 858; RIEMER/RIEMER-KAFKA, a.a.O., S. 120; Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 79 des BSV vom 27. Januar 2005, S. 9 [ http://www.sozialversicherungen.admin.ch ]). Dies spricht ebenfalls dagegen, Art. 20a Abs. 2 BVG entgegen dem klaren Wortlaut von Art. 15 FZV auch auf Freizügigkeitseinrichtungen anzuwenden. Die unterschiedliche Regelung verstösst nach dem Gesagten auch nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 8 Abs. 1 BV ). 4. Die unterliegenden Beschwerdeführerinnen tragen die Kosten des Verfahrens ( Art. 66 Abs. 1 BGG ) und haben der Beschwerdegegnerin 2 eine dem Aufwand entsprechende Parteientschädigung auszurichten ( Art. 68 Abs. 2 BGG ). Die Beschwerdegegnerin 1 hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung ( Art. 68 Abs. 3 BGG ).
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
23997e22-7f27-48e6-a4d0-ffaeff3e013f
Urteilskopf 104 II 28 6. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Februar 1978 i.S. Aktiengesellschaft A. gegen X.
Regeste Art. 337 OR . Auflösung des Arbeitsvertrages aus wichtigen Gründen. 1. Die für eine fristlose Entlassung angerufenen Tatsachen müssen geeignet sein, das Vertrauen zwischen den Parteien so zu zerstören, dass die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar ist (E. 1). 2. Umstände, die einen Arbeitgeber berechtigen, einen Produktionsleiter fristlos zu entlassen (E. 2).
Erwägungen ab Seite 29 BGE 104 II 28 S. 29 Erwägungen: 1. Nach Art. 337 OR kann aus wichtigen Gründen sowohl der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen (Abs. 1). Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2. Nach diesen Bestimmungen, die inhaltlich den Abs. 1 und 2 von Art. 352 aOR entsprechen, ist die fristlose Auflösung des Vertrages aus wichtigen Gründen gerechtfertigt, wenn die dafür angerufenen Tatsachen geeignet sind, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder doch so zu erschüttern, dass die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zumutbar ist. Das gilt auch für die fristlose Entlassung des Arbeitnehmers. Welche Anforderungen an die Voraussetzungen und damit an die Rechtfertigung zu stellen sind, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere von der Stellung und Verantwortung des Arbeitnehmers, der Natur und Dauer des Vertragsverhältnisses sowie von der Art und Schwere der Vorwürfe. Ein auf die Dauer berechnetes Arbeitsverhältnis beruht normalerweise auf einem besonders grossen Vertrauen, zumal wenn der Angestellte eine führende Stellung innehat. Das Gesetz verpflichtet zudem jeden Arbeitnehmer, die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen BGE 104 II 28 S. 30 zu wahren ( Art. 321a Abs. 1 OR ), was für leitende Angestellte ebenfalls in erhöhtem Masse gilt. Eine Verletzung der Treuepflicht durch solche Angestellte wiegt deshalb schwerer und ist besonders dazu angetan, das gegenseitige Vertrauen zu zerstören ( BGE 101 Ia 548 E. c, BGE 97 II 145 E. 2 mit Hinweisen). 2. Nach dem angefochtenen Urteil hat der Kläger X. mit zwei höheren Angestellten der beklagten Aktiengesellschaft A. über die Möglichkeit einer künftigen Mitarbeit in einem von ihm zu gründenden Unternehmen gesprochen. In einem Gespräch mit der "Chef-Créatrice" B. ging es dem Kläger darum, dass diese für ihn bereits im Herbst 1975 nebenberuflich eine Kollektion Bébékleider für das folgende Frühjahr schaffen sollte, womit die Beklagte konkurrenziert worden wäre. Der Kläger redete zwar eher beiläufig davon, bat aber Frau B., darüber zu schweigen. Diese hielt die Angelegenheit jedoch für so wichtig, dass sie der Beklagten davon Kenntnis gab. Das Handelsgericht stellt ferner fest, dass der Kläger sich auch mit dem Chef-Vertreter F. mehrmals über die Gründung eines eigenen Unternehmens, in welchem F. den Verkauf leiten sollte, unterhalten hat. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ); die Parteien versuchen denn auch nicht, sie zu widerlegen. a) Die Vorinstanz fand, der Kläger habe dadurch keinen wichtigen Grund zur fristlosen Entlassung gesetzt, Obschon sein Vorgehen zu verurteilen sei, weil er die Beklagte konkurrenzieren und dafür auch zwei leitende Angestellte seines Arbeitgebers einspannen wollte. Sein Vorhaben, sich selbständig zu machen und ein Konkurrenzunternehmen aufzuziehen, habe sich erst im Vorbereitungsstadium befunden und eine wirkliche Schädigung der Beklagten habe noch in weiter Ferne gelegen, zumal er noch auf ein Jahr hätte kündigen müssen und eine konkurrenzierende Produktion vor dem Kündigungstermin offenbar nicht in Frage gekommen wäre. Diese Betrachtungsweise geht indes am Kern der Sache vorbei. Gewiss durfte der Kläger für die Zeit nach dem Ablauf des Vertrages ein eigenes Unternehmen ins Auge fassen, da der Vertrag dafür kein Konkurrenzverbot enthielt. Solange er im Dienste der Beklagten stand, war er aber gehalten, die Interessen der Beklagten getreu zu wahren, hatte folglich alles zu unterlassen, was sich damit nicht vertrug. Dazu wäre er selbst dann verpflichtet gewesen, wenn er sich damals bereits BGE 104 II 28 S. 31 in gekündigter Stellung befunden hätte. Indem er statt dessen während der Vertragsdauer an andere führende Angestellte herantrat, um sie für sein Vorhaben zu gewinnen, verstiess er in gröblicher Weise gegen seine Treuepflicht. Das erhellt vor allem daraus, dass er sich an den Chef-Vertreter und an die "Chef-Créatrice" wandte, deren Rolle für den Betrieb der Beklagten ihm so wenig entgehen konnte wie die Gefahr einer Schädigung, die seinem Arbeitgeber infolge der Abwerbung dieser Personen durch den Kläger drohte. Dazu kommt, dass Frau B. schon während der Vertragsdauer nebenbei und insgeheim eine Kollektion für das geplante Unternehmen hätte vorbereiten sollen. Das wird von der Vorinstanz zu Recht, wenn auch nur bei Würdigung des Mitverschuldens, als völlig unannehmbar bezeichnet. Damit hätte auch Frau B. gegen ihre gesetzlichen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstossen ( Art. 321a Abs. 3 OR ), was dem Kläger ebenfalls nicht entging, ermahnte er sie doch zur Verschwiegenheit. b) Das Verhalten des Klägers war nicht nur objektiv geeignet, das Vertrauen der Beklagten in sein Verantwortungsbewusstsein zu erschüttern, sondern hat nach dem angefochtenen Urteil tatsächlich dazu geführt, zumal der Direktor der Beklagten "grosse Stücke auf dem Kläger hielt". Der krasse Vertrauensmissbrauch lässt sich nicht damit verharmlosen, dass der Kläger sein Vorhaben wegen der von ihm einzuhaltenden einjährigen Kündigungsfrist nicht innert kurzer Zeit verwirklichen konnte, seine Pläne vielmehr noch in den Anfängen steckten und eine Schädigung der Beklagten noch nicht bevorstand. Die Vorinstanz übersieht, dass die Direktion der Beklagten von diesen Plänen gegen den Willen des Klägers Kenntnis erhalten hat. Ihre Auffassung hält umsoweniger stand, als der Kläger schon vor einer Kündigung Angestellte der Beklagten abzuwerben suchte und Frau B. bereits vor seinem Austritt für sich arbeiten lassen wollte, um selber Zeit zu gewinnen. Bei einer längeren Kündigungsfrist, wie hier, rechtfertigt sich übrigens eine fristlose Entlassung eher als bei einer kurzen, was das Handelsgericht unter Hinweis auf SCHWEINGRUBER (Kommentar zum Arbeitsvertrag, N. 8 zu Art. 337 OR ) denn auch anerkennt (vgl. ferner OSER/SCHÖNENBERGER, N. 11 zu Art. 352 OR ). Nach dem, was über die Absichten des Klägers feststeht, konnte von der Beklagten nicht verlangt werden, sich mit einer blossen Verwarnung zu begnügen (vgl. BGE 61 II 241 ). BGE 104 II 28 S. 32 Da der Kläger seine Pläne hinter dem Rücken des Arbeitgebers vorbereitete und sie zum Teil auch vorzeitig ausführen wollte, konnte die Beklagte sich nicht mehr darauf verlassen, dass er loyal für sie arbeiten werde; sie hatte auch keine Gewähr dafür, seinen vertragswidrigen Bemühungen wirksam begegnen zu können. Es war ihr folglich nicht zuzumuten, den Kläger noch während eines Jahres zu beschäftigen. Dass der Kläger wegen der Rezession und wegen Entlassungen oder Arbeitszeitverkürzungen bei der Beklagten verunsichert gewesen sein will, befreit ihn nicht; solche Umstände berechtigten ihn nicht, sich in Verletzung seiner Treuepflicht Vorteile zu verschaffen, seine eigenen geschäftlichen Interessen denjenigen des Arbeitgebers voranzustellen. Sein vertragswidriges Verhalten wird auch nicht dadurch ungeschehen gemacht, dass seine Pläne sich schliesslich nicht verwirklichen liessen; denn in Frage steht nicht, ob die Beklagte durch sein Vorgehen tatsächlich geschädigt worden sei, sondern nur, ob der Kläger das für eine weitere Zusammenarbeit notwendige Vertrauen zerstört habe. Das aber ist zu bejahen. Damit ist den vom Kläger erhobenen Lohnansprüchen die Grundlage entzogen.
public_law
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
2399cd3a-e517-4feb-83b0-0cd4004c8721
Urteilskopf 89 IV 201 40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Dezember 1963 i.S. K. gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste Art. 207 StGB . Belästigung durch gewerbsmässige Unzucht. Anwohner einer Strasse sind nicht Nachbarn einer Dirne, die dort nachts Freier anlockt, sie aber zur Ausübung der Unzucht in ein anderes Quartier führt.
Sachverhalt ab Seite 201 BGE 89 IV 201 S. 201 A.- Frau K. fuhr im Frühjahr 1962 häufig, oft sogar mehrmals in derselben Nacht, mit ihrem Personenwagen vom Rudenzweg in Zürich 9, wo sie wohnt, nach der als Marktstand von Dirnen bekannten Dienerstrasse in Zürich 4, um dort einen Freier aufzutreiben, ihn nach Hause zu führen und sich ihm gegen Bezahlung geschlechtlich hinzugeben. Zwei Anwohner der Dienerstrasse fühlten sich durch den Dirnenbetrieb vor ihrem Hause, insbesondere durch das Gebaren von Frau K. öfters belästigt und in ihrer Nachtruhe gestört. Sie erstatteten deswegen Strafanzeige. In ihren Einvernahmen warfen sie der Frau K. vor, sie befinde sich jede Nacht vor ihrem Hause an der Dienerstrasse auf dem Strichgang; wenn sie dann mit einem Freier wegfahre, mache sie Lärm, indem sie den Motor laut anspringen lasse und die Wagentüre zuschlage. Es sei auch schon vorgekommen, dass sie sich nachts um 01.00 Uhr, wenn der Dirnenbetrieb auf der Dienerstrasse seinen Höhepunkt erreiche, mit andern Dirnen gestritten habe. Habe man sie weggewiesen oder sich des Lärms wegen beschwert, so sei man von ihr ausgelacht, angerempelt oder beschimpft worden. B.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich und auf Einsprache hin am 9. Juli 1963 auch der Einzelrichter BGE 89 IV 201 S. 202 in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich verurteilten Frau K. wegen Anlockens zur Unzucht ( Art. 206 StGB ) und Belästigung durch gewerbsmässige Unzucht ( Art. 207 StGB ) zu Fr. 100.-- Busse. C.- Die Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde. Sie macht unter anderem geltend, der Belästigung durch gewerbsmässige Unzucht habe sie sich nicht schuldig gemacht, weil sie nicht an der Dienerstrasse wohne; jedenfalls habe sie die Anwohner dieser Strasse nicht durch die Ausübung gewerbsmässiger Unzucht, sondern höchstens durch das Anlocken dazu belästigt. Erwägungen Aus den Erwägungen: Nach Art. 207 StGB wird auf Antrag mit Haft oder mit Busse bestraft, wer die Mitbewohner eines Hauses oder die Nachbarschaft durch die Ausübung gewerbsmässiger Unzucht belästigt. Richtet sich Art. 206 gegen gewisse Auswüchse des Dirnenwesens in der Öffentlichkeit, so will Art. 207 StGB vor allem lästigen Begleiterscheinungen der Prostitution in Wohnhäusern entgegentreten. Die Gesetzesmaterialien lassen darüber keine Zweifel offen. In der 1. Expertenkommission vertrat eine Minderheit die Auffassung, die Mieter sollten sich bei Belästigung an den Vermieter wenden und, falls dieser nicht Abhilfe schaffe, nach den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Miete vorgehen; eine Bestrafung der Dirne sei folglich nicht notwendig. Die Mehrheit stellte sich dagegen auf den Standpunkt, dass die Dirne, "welche durch schamlose Ausübung ihres Gewerbes in ihrer Wohnung andere" belästige, bestraft werden sollte. Der Tatbestand wurde darauf beibehalten und neben den Hausbewohnern auch die Nachbarschaft in den Schutz einbezogen (Prot. 1. Exp. Komm., Bd. 2 S. 318 ff.). Dass Art. 207 im Gegensatz zu Art. 206 StGB nur einen bestimmten Personenkreis und auch diesen nicht vor irgendwelchen Belästigungen durch Dirnen schützen will, geht ferner aus den Beratungen der 2. Expertenkommission BGE 89 IV 201 S. 203 hervor, namentlich aus dem Votum Gautier, der zu den entsprechenden Bestimmungen des Vorentwurfes unter anderem wörtlich folgendes ausführte: "Si l'art. 260 vise les désordres que la débauche provoque dans la rue, l'art. 261 a pour objet les désordres dont la prostitution est la cause dans l'intérieur des habitations. Il ne s'agit pas, il est vrai, d'une protection absolue des voisins, et notamment pas de la protection de la paix domestique, mais le projet cherche à réprimer au moins les manifestations extérieures par lesquelles la prostitution importune les voisins et surtout les habitants des maisons où logent des prostituées... Il s'agit en particulier du tapage sous toutes ses formes, des cris, des allées et venues bruyantes, etc." (Prot. 2. Exp. Komm., Bd. 7 S. 79; vgl. ferner Votum Lang, ebenda S. 95 und HAFTER, Bes. Teil II S. 175). Die Auslegung von Art. 207 StGB führt zu keinem andern Ergebnis. Es gehört zum Tatbestand, dass "die Mitbewohner eines Hauses oder die Nachbarschaft" belästigt werden. Dass zu den Mitbewohnern nur Personen zu zählen sind, die im gleichen Hause wie die Dirne wohnen, liegt auf der Hand. Aber auch der Begriff der Nachbarschaft muss auf den Ort bezogen werden, wo die Dirne wohnt oder abzusteigen pflegt. Das macht vollends der französische Gesetzestext deutlich, der die Wendung "les habitants de la maison ou les voisins" gebraucht. Der italienische Text spricht von "altri abitanti" und "vicini", also ebenfalls von Mitbewohnern und Nachbarn. Der Einbezug der Nachbarn war notwendig, weil diese unter Umständen durch das Gebaren einer Dirne ebenso sehr belästigt werden können wie Hausbewohner. Man denke nur an aneinandergebaute oder nahe beieinanderstehende Häuser. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind jedoch unter Nachbarn bloss Nebenwohner oder Nahewohnende, nicht aber Personen zu verstehen, die sich nur gelegentlich oder vorübergehend auf einem benachbarten Grundstück aufhalten. Anwohner einer Strasse können deshalb nicht BGE 89 IV 201 S. 204 Nachbarn einer Dirne sein, die dort nachts zwecks Kundenfanges herumschlendert oder hinsteht, jedenfalls dann nicht, wenn sie, wie hier, ihre Freier zur Ausübung der Unzucht in ein anderes Quartier führt. Dies ist umsoweniger anzunehmen, als Art. 207 StGB nur Belästigungen ahnden will, die mit der Ausübung der gewerbsmässigen Unzucht, also in der Regel mit dem Absteigequartier, zusammenhängen. Auswüchsen, die mit dem öffentlichen Zumarktestehen von Dirnen verbunden sind, begegnet Art. 206 StGB in genügender Weise. Notfalls mögen in solchen Fällen noch die kantonalen Strafbestimmungen gegen Lärm und nächtliche Ruhestörung Platz greifen, was zudem den Vorteil hat, dass nicht nur die Dirne, sondern gegebenenfalls auch der Freier, der sich z.B. mit ihr auf der Strasse streitet, zur Verantwortung gezogen werden kann, und zwar nach der gleichen Bestimmung.
null
nan
de
1,963
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
239d61f4-8abe-4cb1-b44f-f57b1ac3a197
Urteilskopf 97 V 244 59. Arrêt du 10 décembre 1971 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre Cappelin et Tribunal cantonal valaisan des assurances
Regeste Art. 29 Abs. 1 IVG . Begriff der bleibenden Invalidität (Zusammenfassung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 244 BGE 97 V 244 S. 244 Noé Cappelin, né en 1912, souffre de polyvalvulite postrhumatismale, avec sténose et insuffisance aortique et sténose mitrale. Ces affections, déjà anciennes, ont handicapé l'assuré au point de le forcer à suspendre chaque année pendant quelques mois son activité de maçon puis, l'état de santé s'étant aggravé, à abandonner dès le 15 mars 1969 toute activité lucrative. Saisie en avril 1969 d'une demande de prestations, la Commission cantonale valaisanne de l'assurance-invalidité a refusé l'octroi de mesures médicales (décision entrée en force du 14 janvier 1970) puis, examinant la question du droit à la rente, a accordé une rente entière à compter du 1er mars 1970, selon variante 2 de l'art. 29 LAI (décision du 23 octobre 1970 de la Caisse cantonale valaisanne de compensation). L'assuré a recouru et requis l'octroi de la rente dès le 1er mars 1969, selon la variante 1. Le Tribunal cantonal des assurances lui a donné raison, par jugement daté du 16 décembre 1970. L'Office fédéral des assurances sociales attaque ce jugement et soutient que la variante 2 est applicable. Mais il fait courir la période de 360 jours dès le 21 octobre 1968 déjà et conclut dès lors à l'octroi de la rente à compter du 1er octobre 1969. L'intimé propose principalement de déclarer le recours irrecevable BGE 97 V 244 S. 245 parce que tardif, subsidiairement de le rejeter et de confirmer le jugement cantonal. Erwägungen Considérant en droit: 1. ... (Procédure). 2. Selon l'art. 29 al. 1er LAI, l'assuré a droit à la rente dès qu'il présente une incapacité permanente de gain de la moitié au moins ou dès qu'il a subi, sans interruption notable, une incapacité de travail de la moitié au moins en moyenne pendant 360 jours et qu'il présente encore une incapacité de gain de la moitié au moins. La jurisprudence a très tôt posé les critères permettant de distinguer les cas relevant de la variante 1 de ceux réglés par la variante 2 de l'art. 29 al. 1er LAI (ainsi que par les autres variantes "longue maladie" introduites par le tribunal de céans, sous l'empire de l'ancien art. 29 LAI). Le Tribunal fédéral des assurances a commencé par déclarer que la notion d'invalidité permanente présupposait l'existence d'un état de santé physique ou mental suffisamment stabilisé pour laisser prévoir que l'incapacité de gain s'étendrait vraisemblablement à toute la période normale d'activité et que la capacité de gain ne pourrait pas être rétablie entièrement ou dans une mesure notable par des mesures de réadaptation (v. p.ex. ATFA 1962 pp. 246, 353 et 357; RCC 1963 pp. 225 et 367; ATFA 1963 pp. 279, 290, 295; RCC 1964 p. 394). Puis la Cour de céans a précisé cette définition, en y faisant en outre entrer le concept d'irréversibilité. Elle a ainsi exposé que l'invalidité permanente n'était donnée que si l'on pouvait admettre avec une vraisemblance prédominante l'existence d'une atteinte à la santé en bonne partie stabilisée, ne conduisant pas inéluctablement au décès, essentiellement irréversible et de nature à diminuer probablement la capacité de gain d'une manière durable et dans une mesure suffisante pour ouvrir droit à une rente malgré d'éventuelles mesures de réadaptation. Le Tribunal fédéral des assurances a expliqué que seule était visée la stabilité de l'état de santé physique ou mental; qu'il fallait, dans ce domaine, se fonder sur le pronostic du médecin; que l'exigence de la stabilité ne se rapportait pas aux répercussions économiques de l'atteinte constatée; qu'un état largement stabilisé ne pouvait être réputé permanent que lorsqu'on pouvait admettre qu'il était essentiellement irréversible; BGE 97 V 244 S. 246 que la condition de permanence requise ne concernait que la période d'activité déterminante pour l'application de la LAI; que, par conséquent, s'agissant de personnes âgées, il suffisait qu'un état de santé en bonne partie stabilisé fût irréversible jusqu'à la fin de cette période pour que l'on puisse admettre l'application de la variante 1 de l'art. 29 al. 1er LAI (v. ATFA 1964 pp. 108 et 173; 1965 pp. 130, 270, 278; RCC 1965 pp. 333 et 431; RCC 1966 p. 258). Enfin, dans un troisième temps, le tribunal de céans a évoqué à de nombreuses reprises l'importance des deux critères de stabilité et d'irréversibilité dégagés par la jurisprudence. Il a alors insisté sur le fait que la condition première, pour que l'on puisse parler d'invalidité permanente, est l'existence d'un état en bonne partie stabilisé (largement stabilisé, dans les arrêts les plus récents); que la notion d'irréversibilité a été introduite parce qu'il est très rare de rencontrer, dans la réalité quotidienne, des états absolument stables; que ce critère accessoire est destiné à délimiter objectivement les cas d'invalidité permanente de ceux d'incapacité de gain de longue durée, seule pouvant être réputée permanente une atteinte, suffisamment stabilisée, essentiellement irréversible; que si, exceptionnellement, l'état peut être réputé absolument stable, le critère de l'irréversibilité est pratiquement sans intérêt, cette condition étant en général remplie dans une semblable hypothèse; qu'en revanche, en présence d'une atteinte relativement stabilisée seulement, il faut se montrer d'autant plus exigeant, pour admettre le caractère irréversible requis, que l'état de santé est moins nettement stabilisé. Le Tribunal fédéral des assurances a encore rappelé que les notions de stabilité et d'irréversibilité doivent être définies d'une manière purement médicale et ne concernent donc que l'état de santé. Il a toutefois admis que, s'il est établi qu'un assuré, présentant des séquelles stables et irréversibles, reprendra dans un proche avenir une activité excluant l'octroi d'une rente (à cause du phénomène de l'accoutumance à une amputation, p.ex.), le droit à la rente ne saurait naître en application de la variante 1 de l'art. 29 al. 1er LAI (v. ATFA 1966 p. 122; RCC 1968 p. 438; RCC 1970 pp. 121 et 289; RO 96 V 134; RCC 1971 pp. 365, 432 et 437). Cette jurisprudence mérite d'être confirmée. 3. L'état de santé de l'assuré était-il suffisamment stabilisé et essentiellement irréversible, en mars 1969, pour que l'on BGE 97 V 244 S. 247 puisse admettre se trouver alors en présence d'une invalidité permanente au sens de la variante 1 de l'art. 29 LAI? Sans doute l'affection était-elle demeurée apparemment stationnaire plusieurs années durant, et la santé s'était-elle dégradée fort lentement. Mais l'affection n'en était pas moins évolutive, de par sa nature même, et l'état était susceptible d'aggravation. On ne saurait guère admettre que la condition première de la variante 1 soit remplie. Pour adopter la thèse contraire, le juge cantonal relève que, de l'avis de tous les médecins, "l'état de santé de Noé Cappelin s'est définitivement stabilisé dans une incapacité totale de travail". Il est malheureusement certain, ou presque, que l'assuré ne pourra plus reprendre d'activité; mais la déduction qu'en tire le juge cantonal procède d'une confusion entre l'exigence de stabilité et d'irréversibilité de l'état - qui, la jurisprudence l'a maintes fois relevé, doit être définie d'une manière purement médicale - et la répercussion de l'affection sur la capacité de gain. De la première dépend la date d'ouverture éventuelle d'un droit; de la seconde, l'existence et la mesure de ce droit. Quant aux remarques du mandataire de l'intimé sur le caractère suffisant de la seule irréversibilité, même sans stabilité aucune, elles sont réfutées de longue date par la jurisprudence, comme cela ressort de ce qui a été exposé plus haut. 4. Sur le terrain de la variante 2 de l'art. 29 al. 1er LAI, la Cour de céans ne peut que se rallier aux propositions de l'Office fédéral des assurances sociales quant au point de départ et au cours de la période de 360 jours. 5. Vu ce qui précède, le recours doit être admis, sans frais (art. 134 OJ). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: I. Le recours est admis, dans ce sens que l'assuré a droit à une rente entière à partir du 1er octobre 1969, le jugement attaqué et la décision litigieuse étant annulés. II. La cause est renvoyée à l'administration pour qu'elle rende une nouvelle décision fixant l'étendue des prestations dues à l'intéressé.
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23a1dbfa-4c03-47ee-a84f-597d667f5d2b
Urteilskopf 96 III 4 2. Entscheid vom 4. April 1970 i.S. Sch.
Regeste Zustellung einer Betreibungsurkunde an eine betriebene Aktiengesellschaft. Art. 65 SchKG . Zunächst muss die Zustellung an ein Mitglied der Verwaltung oder einen Prokuristen versucht werden. Nur wenn ein solcher Vertreter der Gesellschaft in dem Lokal, wo er seine Tätigkeit für diese auszuüben pflegt, nicht angetroffen wird, darf die Zustellung an einen andern Angestellten erfolgen. Sie ist auch gültig, wenn der Angestellte nicht im Dienste der betriebenen, sondern einer andern, im gleichen Lokal tätigen Gesellschaft steht (Erw. 1). Rechtsstillstand wegen Verhaftung. Art. 60 SchKG findet auch Anwendung, wenn sämtliche Organe einer Gesellschaft (insbesondere der einzige Verwaltungsrat einer Einmannaktiengesellschaft) verhaftet worden sind, sofern diese Organe nicht in der Lage sind, rechtzeitig einen Vertreter zu bestellen (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 4 BGE 96 III 4 S. 4 A.- Sch. führt gegen die Firma X. AG eine Betreibung für eine Forderung von Fr. 175 000.-- nebst 5% Zins seit dem BGE 96 III 4 S. 5 1. Januar 1967. Das Betreibungsamt erliess den Zahlungsbefehl am 29. Dezember 1969. Dieser wurde am 6. Januar 1970 durch die Post zugestellt, wobei der Postbote in der Zustellungsbescheinigung vermerkte: "Büro-Fräulein M. hat Annahme verweigert. ZB im Büro hinterlassen". Die Firma X. AG erhob am 11. Februar 1970 Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde mit dem Begehren, die am 6. Januar 1970 erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls in der fraglichen Betreibung sei aufzuheben. B.- Die kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 24. Februar 1970 gut und hob die Zustellung des Zahlungsbefehls vom 6. Januar 1970 auf. Sie führte im wesentlichen aus, es sei fraglich, ob die Zustellung des Zahlungsbefehls an die Büroangestellte M. ungesetzlich sei, weil diese nicht für die Firma X. AG, sondern für die Y. AG tätig war. Die bundesgerichtliche Praxis spreche eher für die Wirksamkeit der Zustellung. Wie es sich damit verhalte, könne jedoch offen bleiben, weil die Zustellung des Zahlungsbefehls vom 6. Januar 1970 aus einem anderen Grunde aufgehoben werden müsse. X., der einzige Verwaltungsrat der Firma X. AG, habe vom 6. Januar bis zum 5. Februar 1970 eine Gefängnisstrafe verbüsst. Die betriebene Firma sei daher vom 6. Januar 1970 an in den Genuss des Rechtsstillstandes gemäss Art. 60 SchKG gekommen. Da das Betreibungsamt es unterlassen habe, eine Frist für die Bestellung eines Vertreters anzusetzen, habe der Rechtsstillstand jedenfalls bis zur Entlassung von X. am 5. Februar 1970 gedauert. Dieser habe am 9. Februar 1970 vom Zahlungsbefehl Kenntnis erhalten und am 11. Februar 1970 rechtzeitig Beschwerde erhoben. Die Zustellung des Zahlungsbefehls sei somit aufzuheben und das Betreibungsamt anzuweisen, sie nochmals ordnungsgemäss vorzunehmen. C.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 24. Februar 1970 erhebt der Gläubiger Sch. Rekurs an die Schuldbetreibungs-und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Beschwerde der Schuldnerin sei abzuweisen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 65 SchKG erfolgt die Zustellung von Betreibungsurkunden bei Betreibung einer juristischen Person oder BGE 96 III 4 S. 6 einer Gesellschaft an den Vertreter derselben. Als Vertreter einer Aktiengesellschaft gilt jedes Mitglied der Verwaltung sowie jeder Prokurist. Werden diese Personen in ihrem Geschäftslokal aber nicht angetroffen, so kann die Zustellung auch an einen anderen Angestellten erfolgen. Wie das Bundesgericht in BGE 88 III 18 Erw. 2 ausgeführt hat, kommt für die Ersatzzustellung nur ein Angestellter in Betracht, der in den gleichen Räumlichkeiten wie der Vertreter der Gesellschaft arbeitet und deshalb ohne weiteres in der Lage ist und aller Wahrscheinlichkeit nach nicht versäumen wird, die Betreibungsurkunde unverzüglich an den Vertreter weiterzuleiten, so dass dieser bei seiner Rückkehr ins Geschäftslokal davon Kenntnis erhält. Kein Hindernis für die Gültigkeit der Zustellung der Betreibungsurkunde wäre nach Auffassung des Bundesgerichts die Tatsache, dass der Angestellte nicht im Dienste der betriebenen, sondern einer anderen, im gleichen Lokal tätigen Gesellschaft steht ( BGE 88 III 18 Erw. 3). Im vorliegenden Fall war die Sekretärin M., welcher der Postbote den Zahlungsbefehl aushändigte, lediglich Angestellte der Firma Y. AG. Diese Gesellschaft und die betriebene Firma benützen aber ein gemeinsames Geschäftslokal. Zudem ist der Verwaltungsratspräsident der Y. AG, X., zugleich einziger Verwaltungsrat der X. AG. Die Büroangestellte M. war daher in den gleichen Räumlichkeiten tätig wie der Vertreter der betriebenen Firma und stand zu diesem in einem Unterordnungsverhältnis, wenn auch lediglich in seiner Eigenschaft als Verwaltungsratspräsident der Y. AG. Es war unter diesen Umständen zu vermuten, dass Frl. M. ohne weiteres in der Lage sein werde, den Zahlungsbefehl unverzüglich an X. weiterzuleiten. Damit ist aber der ratio legis von Art. 65 SchKG Genüge getan. Der Postbote brauchte nicht zu wissen, dass der einzige Verwaltungsrat der betriebenen Firma gegenwärtig im Gefängnis sass. Er war daher nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts berechtigt, den Zahlungsbefehl der Büroangestellten M. zu übergeben. Dass diese die Annahme der Urkunde verweigerte, schliesst die Rechtswirkungen des Zustellungsaktes nicht aus ( BGE 90 III 8 ). 2. Der einzige Vertreter der Schuldnerin hatte seine Freiheitsstrafe am 6. Januar 1970, dem Tage der Zustellung des Zahlungsbefehls, bereits angetreten. Dies wird zwar vom Rekurrenten bezweifelt, ist aber im angefochtenen Entscheid für BGE 96 III 4 S. 7 das Bundesgericht verbindlich festgestellt (Art. 81 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2 OG ). Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, ob die Firma X. AG sich auch auf Art. 60 SchKG berufen und für sich den Rechtsstillstand in Anspruch nehmen könne. Nach dem Wortlaut von Art. 60 SchKG kommt diese Rechtswohltat nämlich nur einer natürlichen Person, die während ihrer Verhaftung betrieben wird und keinen Vertreter hat, zu. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf BGE 65 III 122 angenommen, dass Art. 60 SchKG auch auf Aktiengesellschaften Anwendung finde, sofern deren Verwaltung einem einzigen Mann obliegt, der verhaftet worden ist. Im angeführten Urteil aus dem Jahre 1939 hat das Bundesgericht dargelegt, dass der damalige Art. 57 SchKG , welcher nur von Personen sprach, auch für Gesellschaften, deren sämtliche Vertreter sich im Militärdienste befinden, Geltung haben solle. Hiegegen wendet der Rekurrent ein, Art. 57 sei anlässlich der Teilrevision des SchKG vom 28. September 1949 geändert und mit den Art. 57 a-e ergänzt worden. In Art. 57 e SchKG habe die in BGE 65 III 122 enthaltene Auffassung Eingang gefunden. Indem der Gesetzgeber Art. 60 SchKG unverändert gelassen habe, habe er eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der Rechtsstillstand den Gesellschaften nur zukommen solle, wenn ihre Organe sich im Militärdienste befinden, nicht aber, wenn sie verhaftet worden sind. Dieser Argumentation kann indessen nicht beigepflichtet werden. Die Teilrevision des SchKG von 1949 hatte lediglich den Zweck, dem Abbau der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates zu dienen und das Notrecht auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung in das ordentliche Recht überzuführen (vgl. die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über eine Teilrevision des SchKG, BBl 1948 I S. 1220). Da Art. 57 SchKG durch Art. 16 der Verordnung des Bundesrates über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung vom 17. Oktober 1939 abgeändert worden war, drängte sich seine Revision und Ergänzung bei dieser Gelegenheit auf. Es bestehen aber gar keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber anlässlich dieser Teilrevision Art. 60 SchKG absichtlich unverändert gelassen und damit habe zum Ausdruck bringen wollen, der Rechtsstillstand komme nur solchen Gesellschaften zugute, deren Organe sich im Militärdienst befinden. Es mag BGE 96 III 4 S. 8 sein, dass dem Rechtsstillstand wegen Militärdienstes auch wehrpolitische Erwägungen zugrunde liegen (vgl. BGE 95 III 7 und BGE 66 III 50 Erw. 1). Trotzdem lassen sich auch genügend Gründe für die Ausdehnung der Schutzbestimmung von Art. 60 SchKG auf Gesellschaften, deren sämtliche Organe verhaftet sind, anführen; denn auch eine Gesellschaft ist in dieser Situation zur angemessenen Wahrung ihrer Rechte im Vollstreckungsverfahren nicht oder nur unter sehr erschwerten Umständen in der Lage (KILLER, Betreibungsferien und Rechtsstillstand, Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs, 1966 S. 2). Es soll daher nicht nur eine natürliche Person, die verhaftet worden ist, in den Genuss dieser Rechtswohltat gelangen, sondern auch eine Gesellschaft, deren sämtliche Organe verhaftet worden sind, insbesondere wenn es sich dabei um den einzigen Verwaltungsrat einer Einmannaktiengesellschaft handelt (solange dieses Gebilde von der Rechtsordnung geduldet wird). Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle würde sich nicht rechtfertigen, da der Grund, welcher den betriebenen Schuldner am Handeln hindert, in beiden der gleiche ist. Überdies kommt der Vorschrift von Art. 60 SchKG keine praktische Bedeutung zu, wenn die Freiheitsstrafe mindestens ein Jahr dauert; denn in diesem Fall muss die Vormundschaftsbehörde gemäss Art. 371 ZGB einen Vormund bestellen, und bis dahin werden die Betreibungsurkunden der Vormundschaftsbehörde zugestellt (KILLER, a.a. O., S. 7). 3. Art. 60 SchKG gilt indessen nur mit einer gewissen Einschränkung auch für Gesellschaften, deren sämtliche Organe verhaftet sind. Der Rekurrent macht nämlich für den Fall, dass das Bundesgericht diese Bestimmung grundsätzlich auch für Gesellschaften als anwendbar erklären sollte, geltend, der Schuldnerin sei es schon geraume Zeit vor dem 6. Januar 1970 bekannt gewesen, dass ihr einziger Verwaltungsrat eine Freiheitsstrafe zu verbüssen habe. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, ein neues Organ zu wählen oder für die Zeit der Abwesenheit von X. einen anderen Vertreter zu bestellen. Der Rekurrent verweist in diesem Zusammenhang auf BGE 71 III 26 . In diesem Urteil hat das Bundesgericht festgehalten, es könne von den Gesellschaften, deren Organe sich im Militärdienst befinden, ohne weiteres verlangt werden, dass sie während der Abwesenheit ihrer gewöhnlichen Vertreter neue Organe wählen oder Stellvertreter bestimmen; denn in normalen Zeiten würden die Wehrpflichtigen BGE 96 III 4 S. 9 nicht kurzfristig zu längeren Dienstleistungen einberufen. Der Gesetzgeber hat diesen Gedanken dann anlässlich der Teilrevision von 1949 in Art. 57 e SchKG aufgenommen. Danach finden die Bestimmungen über den Rechtsstillstand auch auf Gesellschaften Anwendung, deren Vertreter sich im Militärdienst befindet, solange sie nicht in der Lage sind, einen anderen Vertreter zu bestellen. Die gleichen Überlegungen besitzen aber auch ihre Gültigkeit für Gesellschaften, deren Organe eine Freiheitsstrafe zu verbüssen haben. Wenn das Datum des Strafantritts den betreffenden Organen schon längere Zeit zum voraus bekannt ist, so ist ihnen zuzumuten, für die Vertretung der Gesellschaft während ihrer Abwesenheit rechtzeitig die notwendigen Anordnungen zu treffen. Eine Gesellschaft soll sich daher - in Analogie zur Regelung in Art. 57 e SchKG - nur dann auf Art. 60 SchKG berufen können, wenn ihre Organe nicht in der Lage sind, rechtzeitig einen anderen Vertreter zu bestellen. Der Grundgedanke von Art. 60 SchKG , nämlich der Schutz des Schuldners, würde sonst zu fremden Zwecken missbraucht. 4. Es ist durchaus möglich, dass X., dem einzigen Verwaltungsrat der betriebenen Firma, der wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand verurteilt worden war, schon geraume Zeit zum voraus bekannt war, dass er vom 6. Januar bis 5. Februar 1970 eine Freiheitsstrafe zu verbüssen hatte. Der angefochtene Entscheid enthält darüber keine Feststellung. Es muss daher zuerst untersucht werden, wie es sich damit verhält, bevor die Frage, ob der Firma X. AG der Rechtsstillstand mit Recht gewährt worden ist oder nicht, entschieden werden kann. Der angefochtene Entscheid ist demgemäss aufzuheben, und die Sache ist zur entsprechenden Ergänzung des Tatbestandes an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ergeben die vorzunehmenden Abklärungen, dass X. für die Zeit seiner Abwesenheit vernünftigerweise einen Vertreter hätte bestellen können, so ist der betriebenen Gesellschaft der Rechtsstillstand nach Art. 60 Sch KG zu verweigern, und die Betreibung ist fortzusetzen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Tatbestandes im Sinne der Erwägungen und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 125 III 384 66. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurs-kammer von 18. Oktober 1999 i.S. O. AG (Beschwerde)
Regeste Art. 65 SchKG ; Zustellung von Betreibungsurkunden. Betreibungsurkunden können den in Art. 65 Abs. 1 SchKG als Vertreter genannten Personen auch ausserhalb des Geschäftslokals der betriebenen juristischen Person oder Gesellschaft zugestellt werden, ohne dass vorgängig versucht werden muss, sie im Geschäftslokal zuzustellen.
Sachverhalt ab Seite 384 BGE 125 III 384 S. 384 A.- Gegen die in Olten domizilierte O. AG ist von der O. GmbH (Deutschland) für eine Forderung von Fr. 1'818'296.80 (zuzüglich Zins und Kosten) die Betreibung Nr. x des Betreibungsamtes Olten-Gösgen und für eine Forderung von Fr. 564'109.30 (zuzüglich Zins und Kosten) die Betreibung Nr. xx desselben Amtes eingeleitet worden. Die Zahlungsbefehle in diesen beiden Betreibungen wurden am 30. April 1999 rechtshilfeweise der in Tägerwilen wohnhaften S.H., kollektiv zeichnungsberechtigte Prokuristin der Schuldnerin, zugestellt. Am 8. Juli 1999 beschwerte sich die O. AG bei der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn. Die Beschwerdeführerin erklärte, sie habe durch eine Kopie des Konkursbegehrens vom 28. Juni 1999, das ihr vom Vertreter der Gläubigerin zugestellt worden sei, erstmals von den Zahlungsbefehlen Kenntnis erhalten. Sie sei eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in Olten, wo während der Bürozeit auch Angestellte anzutreffen seien. Das Betreibungsamt habe die Zahlungsbefehle nie in Olten zugestellt, sondern direkt einer Prokuristin an deren Privatadresse. Das sei rechtswidrig; denn Betreibungsurkunden seien im Geschäftslokal der betriebenen Gesellschaft zuzustellen und könnten erst, wenn dort niemand anzutreffen sei, einem Vertreter an dessen privatem Wohnsitz zugestellt werden. BGE 125 III 384 S. 385 Die kantonale Aufsichtsbehörde erachtete die Beschwerde als verspätet und trat daher mit Urteil vom 18. August 1999 nicht darauf ein. B.- Die O. AG zog die Sache an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weiter, welche die Beschwerde abwies. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die im angefochtenen Urteil getroffene Feststellung, dass die Zahlungsbefehle in den Betreibungen Nrn. x und xx des Betreibungsamtes Olten-Gösgen am 30. April 1999 requisitorisch der in Tägerwilen wohnhaften S.H. zugestellt worden sind, wird von der Beschwerdeführerin ausdrücklich anerkannt. S.H. war im Zeitpunkt der Zustellung Prokuristin der Beschwerdeführerin, also eine Vertreterin der Schuldnerin, der nach Massgabe von Art. 65 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG Betreibungsurkunden zugestellt werden können. Die Zahlungsbefehle sind durch die Prokuristin in die Hände einer jener natürlichen Personen gelangt, die für die Gesellschaft handeln können ( BGE 118 III 10 E. 3a). b) Vergeblich versucht die Beschwerdeführerin, etwas zu ihren Gunsten daraus abzuleiten, dass die Zustellungsbefehle auf Anhieb der Prokuristin an ihrer Privatadresse zugestellt wurden und dass nicht vorgängig eine Zustellung im Geschäftslokal der Schuldnerin angestrebt wurde. Im angefochtenen Urteil wird zutreffend auf die Rechtsprechung ( BGE 72 III 71 ) verwiesen, wonach Betreibungsurkunden den in Art. 65 Abs. 1 SchKG als Vertreter genannten Personen auch ausserhalb des Geschäftslokals der betriebenen juristischen Person oder Gesellschaft gültig zugestellt werden können. Dass die Zustellung an juristische Personen oder an Gesellschaften, die ein Geschäftslokal haben, rechtswirksam nur an diesem Ort geschehen könne, folge aus Art. 65 Abs. 2 SchKG nicht, ist in diesem Entscheid erklärt worden, aus dessen Sachverhalt hervorgeht, dass der Zahlungsbefehl dem volljährigen Sohn eines Vertreters der betriebenen Genossenschaft - und ausserhalb von deren Geschäftslokal - ausgehändigt wurde. Wenngleich die Beschwerdeführerin einen Autor zu nennen weiss, nach dessen Auffassung Betreibungsurkunden grundsätzlich im Geschäftslokal der betriebenen Gesellschaft zuzustellen sind und dem Vertreter nur in seiner Wohnung zugestellt werden können, wenn dieser im Geschäftslokal nicht anzutreffen ist oder gar kein BGE 125 III 384 S. 386 Geschäftslokal existiert (ANGST, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel/Genf/München 1998, Art. 65 N. 9), schliessen sich andere Autoren der zitierten Rechtsprechung an, ohne daran Kritik zu üben (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Lausanne, 1999, Art. 65 N. 45; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage Zürich 1997, S. 280). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist auch von kantonalen Aufsichtsbehörden übernommen worden (BlSchK 1993, S. 140 ff.: Graubünden; BlSchK 1994, S. 185: Schaffhausen); und die Zustellung unmittelbar am Wohnort eines Vertreters der betriebenen Gesellschaft - womit dem Zweck der gesetzlichen Regelung nachgelebt wird - ist denn auch gang und gäbe (BlSchK 1994, S. 187). Durch die Gesetzesrevision vom 16. Dezember 1994 ist daran nichts geändert worden (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op.cit., Art. 65 N. 1).
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23a5762c-63aa-4471-b4c5-459e3ba8025f
Urteilskopf 107 IV 128 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. August 1981 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 251, 253 StGB . Realkonkurrenz? Wer eine wahrheitswidrige Bescheinigung der Depositenstelle erwirkt, wonach das einbezahlte Kapital der Aktiengesellschaft nach dem Eintrag im Handelsregister zur freien Verfügung steht, und diese inhaltlich unwahre Urkunde dann zur Täuschung im Sinne von Art. 253 StGB verwendet, erfüllt die Tatbestände von Art. 251 und 253 StGB in Realkonkurrenz.
Erwägungen ab Seite 128 BGE 107 IV 128 S. 128 Aus den Erwägungen: 3. b) Das Obergericht hat in allen diesen Fällen, die der Wahrheit nicht entsprechende Bescheinigung der Depositenstelle, das Kapital stehe der Aktiengesellschaft nach dem Eintrag im Handelsregister zur freien Verfügung, als Falschbeurkundung im BGE 107 IV 128 S. 129 Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (- "eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden lässt" -) qualifiziert und zudem das nachfolgende Erstellenlassen von Gründungsurkunden und Handelsregistereinträgen (öffentlicher Urkunden) gemäss Art. 253 StGB als Erschleichen einer Falschbeurkundung erfasst. In der Nichtigkeitsbeschwerde wird bestritten, dass Konkurrenz zwischen diesen beiden Tatbeständen anzunehmen sei, Art. 253 sei im Verhältnis zu Art. 251 StGB die allein anzuwendende Spezialnorm, bei der vorangehenden Beurkundung der Einzahlungsbestätigung handle es sich um eine straflose Vortat. Dieser Einwand ist unzutreffend. Wie der Kassationshof bereits in BGE 81 IV 248 entschieden hat, wird durch Art. 253 StGB die vorangehende Erstellung einer inhaltlich unwahren Urkunde, welche dann zur Erschleichung der falschen Beurkundung verwendet wird, nicht miterfasst. Die Täuschung des Beamten im Sinne von Art. 253 StGB muss nicht notwendigerweise mit einer inhaltlich unwahren Urkunde erfolgen. Geht aber eine gewöhnliche Falschbeurkundung voraus, so besteht kein sachlicher Grund, Art. 251 nicht in Konkurrenz zu Art. 253 ebenfalls anzuwenden. Dass im Falle der Scheineinzahlung des Aktienkapitals Gründungsurkunde und Handelsregistereintrag sich ohne inhaltlich unwahre Einzahlungsbestätitung kaum erreichen lassen, spricht nicht gegen die Zulässigkeit der Konkurrenz von Art. 251 Ziff. 1 und Art. 253 StGB . Die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf das Lehrbuch von STRATENWERTH beruht auf einem Irrtum: STRATENWERTH behandelt an der zitierten Stelle (Besonderer Teil II S. 199) nicht die Frage, ob eine vorangehende, die Täuschung des Beamten vorbereitende Falschbeurkundung eine straflose Vortat sei oder in Konkurrenz zu Art. 253 gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB geahndet werden müsse, sondern er äussert sich lediglich zur Möglichkeit einer Idealkonkurrenz zwischen mittelbarer Falschbeurkundung in einer öffentlichen Urkunde gemäss Art. 251 Ziff. 2 StGB und der Erschleichung einer Falschbeurkundung gemäss Art. 253 StGB und findet die Lösung zu Recht in der Spezialität von Art. 253, d.h. eine unter Art. 253 fallende Handlung kann nicht gleichzeitig gemäss Art. 251 Ziff. 2 StGB bestraft werden. Damit ist aber die hier in Frage stehende Realkonkurrenz zwischen einer vorangehenden mittelbaren Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 und der nachherigen Verwendung der inhaltlich unwahren Urkunde zur Täuschung im Sinne von Art. 253 StGB keineswegs ausgeschlossen.
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23a5ff20-e0e6-4606-8493-a2c625c0b8af
Urteilskopf 91 I 306 49. Estratto della sentenza 13 ottobre 1965 sui ricorsi Bianchi e diversi contro Consiglio di Stato del Cantone Ticino.
Regeste Art. 31 BV . Soweit Art. 37 des Tessiner Sanitätsgesetzes die Bewilligung zum Betrieb einer Apotheke davon abhängig macht, dass der sie leitende Apotheker ihr Eigentümer sei, und soweit er den Apothekern verbietet, Eigentümer mehrerer Apotheken zu sein, ist er mit dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit unvereinbar.
Sachverhalt ab Seite 307 BGE 91 I 306 S. 307 Il 18 dicembre 1954, il legislatore ticinese ha emanato una nuova legge sanitaria, con la quale ha fra altro disciplinato la gerenza delle farmacie. Il relativo art. 37 dispone quanto segue: "Nessuno può aprire una nuova farmacia od assumere la direzione di una farmacia già esistente senza l'autorizzazione del dipartimento. L'autorizzazione è strettamente personale e non può essere concessa che a un farmacista in possesso del libero esercizio nel Cantone e proprietario della farmacia da lui gerita. Un farmacista non può essere proprietario di più farmacie. In caso di decesso del titolare, la farmacia, quando non si intenda continuarne l'esercizio, deve essere ceduta entro il termine di cinque anni a un farmacista. Questo termine potrà essere congruamente prolungato dal dipartimento ove un figlio del defunto o un fratello o un nipote o un abiatico abbia nel frattempo iniziato gli studi accademici di farmacia o di chimica. Fino alla cessione la gerenza provvisoria dovrà essere affidata a un farmacista ammesso al libero esercizio. L'autorizzazione non può essere concessa a una associazione, fondazione o società commerciale, eccezion fatta per le società in nome collettivo i cui soci sono tutti in possesso del libero esercizio della farmacia." L'art. 39 prescrive: "Ogni farmacia deve essere personalmente e regolarmente gerita dal farmacista autorizzato. La preparazione dei medicamenti deve essere eseguita solo da farmacisti o da assistenti autorizzati." La situazione delle farmacie esistenti non in regola con le nuove norme è stata disciplinata nelle "disposizioni transitorie e finali" con l'art. 176 che dispone segnatamente quanto segue: "Le farmacie di proprietà di società commerciale o di non farmacisti all'entrata in vigore della presente legge, possono continuare la loro attività con la medesima ragione sociale, per un periodo di 10 anni..." La nuova legge è entrata in vigore il 10 luglio 1955. Il 30 luglio 1964, il Dipartimento delle opere sociali avvertiva i proprietari di farmacie non personalmente ammessi al libero BGE 91 I 306 S. 308 esercizio della professione di farmacista o non dirigenti personalmente la farmacia, che per il 10 luglio 1965, data di scadenza della validità dell'art. 176 LS, sarebbe stata decretata la chiusura delle farmacie in contrasto con l'art. 37 LS. Sette proprietari di farmacie provocarono una formale decisione del Dipartimento e, avuta conferma della diffida suesposta, interposero ricorso al Consiglio di Stato, facendo valere, in particolare, che la decisione del Dipartimento ledeva il principio costituzionale della libertà di commercio. Il Consiglio di Stato ha respinto i ricorsi, adducendo che ad esso non incombeva di esaminare la costituzionalità degli art. 37 e 176 cpv. 1 LS, ma di applicarli. D'altronde, la decisione impugnata corrispondeva alla lettera e allo spirito della legge. Ognuno dei sette proprietari di farmacie ha tempestivamente interposto al Tribunale federale un ricorso di diritto pubblico, chiedendo l'annullamento della decisione governativa che lo concerne. Il Consiglio di Stato ha presentato le sue osservazioni di risposta, proponendo che i ricorsi siano respinti. Esso ammette che gli art. 37 e 176 LS restringono la libertà di commercio, ma afferma che tale limitazione è stata disposta nell'ambito delle competenze riservate ai Cantoni in virtù dell'art. 31 cpv. 2 CF. Erwägungen Considerando in diritto: 5. La preparazione e la vendita di medicinali sono di carattere scientifico e commerciale e godono, pertanto, della libertà di commercio, garantita dall'art. 31 CF. La legislazione cantonale può tuttavia apportarvi restrizioni in due sensi: tali attività, in quanto si svolgano nell'esercizio di una professione liberale, possono essere subordinate dai Cantoni ad un certificato di abilitazione (art. 33 CF); in quanto oggetto di impresa commerciale, possono essere assoggettate a prescrizioni di polizia emanate a tutela dell'ordine, della salute e della sicurezza del pubblico (cfr. RU 79 I 121). Invece interessi di ordine sindacale o di categoria non giustificano una limitazione della libertà di commercio (RU 80 I 126 ultimo capoverso, 143/44). In concreto, le restrizioni concernenti l'abilitazione dei farmacisti non sono in discussione. Il Consiglio di Stato, nella sua risposta, si è infatti limitato a contestare i ricorsi in quanto intesi a dimostrare l'incostituzionalità delle disposizioni che non consentono, a chi non è personalmente ammesso all'esercizio della BGE 91 I 306 S. 309 professione di farmacista, di essere proprietario di una farmacia e anche a chi si trova in tali condizioni di averne più di una. Resta pertanto solo da stabilire se dette restrizioni alla libertà di commercio si mantengano nell'ambito di norme di polizia cantonale e se siano proporzionate, vale a dire se non siano limitative oltre quanto lo esige lo scopo perseguito (RU 88 I 67 consid. 2 e citazioni). 6. Il problema sollevato dalla legge ticinese, purnon essendo mai stato posto in termini così radicali, non è completamente nuovo alla giurisprudenza del Tribunale federale. La sentenza del 1919 (RU 45 I 141), citata dalle ricorrenti Chiappa, Viganello SA e sorelle Bianchi, non è stata fondata sull'art. 31, bensì sull'art. 4 CF in applicazione del § 58 della legge sanitaria del Cantone di Argovia, e non è perciò pertinente al caso di cui qui si tratta. Invece, in una sentenza del 1921, il Tribunale federale, pur riconoscendo che di regola la salute e la sicurezza pubbliche possono essere sufficientemente garantite affidando la farmacia alla direzione indipendente di un impiegato abilitato all'esercizio della professione di farmacista, ha ammesso che tali interessi pubblici sono anche più efficacemente protetti, esigendo che la farmacia sia gerita a nome del farmacista diplomato (RU 47 I 403/404). Esso ne ha concluso che la norma del diritto zurighese, in base alla quale l'autorità aveva negato la concessione della farmacia ad una cooperativa, non era incompatibile con gli art. 31 e 33 CF. In una sentenza inedita del 19 giugno 1931 (Scholz e Füssel & Zinn c. Regierungsrat Zurigo), sempre in relazione al § 26 della legge zurighese, il Tribunale federale ha confermato il precedente giudizio, nel senso che l'autorità cantonale poteva negare a delle società in nome collettivo l'esercizio di farmacie sotto la ragione sociale iscritta nel registro di commercio, ed esigere che nella ditta titolare della farmacia figurassero soltanto gli interessati in possesso della patente di farmacisti. Il Tribunale federale ha però aggiunto (pag. 19) che non dovevasi con ciò escludere la possibilità per altre persone di essere interessate al risultato economico della farmacia e al relativo inventario. Tale questione venne lasciata allora insoluta, così come anche in occasione di una nuova sentenza del 1933 (RU 59 I 193), nella quale le norme della legge sanitaria lucernese vennero giudicate compatibili con l'art. 31 CF, in quanto stabilivano l'esigenza "dass die Person, welche dem Betrieb tatsächlich vorsteht, ihn BGE 91 I 306 S. 310 "besorgt" (führt), zugleich auch diejenige sei, auf deren Namen und damit Verantwortung nach aussen es geht" (pag. 194). In tutti questi casi si trattava perciò di giudicare sulla validità di norme esigenti che responsabile di fronte allo Stato e ai terzi fosse sempre un farmacista diplomato, titolare di un'unica farmacia. Secondo la dottrina (MARTI, Handels- und Gewerbefreiheit, p. 144 e referto in atti del prof. Huber), la suesposta giurisprudenza non regge. La stessa non può, ad ogni modo, essere reputata vincolante per il giudizio sulla compatibilità con l'art. 31 CF delle controverse norme ticinesi, le quali pongono il problema in termini diversi. Comunque e contrariamente a quanto afferma il Consiglio di Stato nella risposta al ricorso, non si vede come la sicurezza e la salute pubbliche siano più efficacemente salvaguardate coll'esigere che il titolare responsabile della farmacia ne sia anche il proprietario. Con motivi almeno altrettanto validi, si potrebbe affermare, specie quando la proprietaria è una persona giuridica, che le farmacie appartenenti a persone diverse dal farmacista responsabile offrono maggior garanzie di corretto esercizio della professione, per effetto della reciproca sorveglianza fra le parti interessate e grazie alle maggiori possibilità di controllo offerte alla autorità di vigilanza. Ad ogni modo, anche se la tesi del Consiglio di Stato potesse essere condivisa, i vantaggi che la stessa potrebbe offrire sarebbero sproporzionati alla grave limitazione della libertà di commercio disposta dalla legge ticinese. Non si giustificherebbe, ad esempio, dato il rilevante impiego di danaro richiesto per l'acquisto o l'apertura di una farmacia, di negare ad un farmacista diplomato privo di mezzi la possibilità di dirigere una farmacia messa a disposizione da un terzo. In realtà, siffatte disposizioni possono essere dettate solo da motivi e considerazioni di politica economica e da interessi di categoria che non giustificano una restrizione della garanzia sancita all'art. 31 CF. Tale è certamente il caso della legge ticinese, perchè non risulta che le controverse restrizioni siano state giustificate da inconvenienti verificatisi nella applicazione della vecchia legge del 1924, la quale si limitava ad esigere la personale e continua gestione da parte del farmacista autorizzato (art. 26). Le parti non hanno prodotto una documentazione dei materiali legislativi, ma da una citazione - la cui esattezza non è contestata - esposta nel ricorso della Pharmaca Moretti SA e desunta dai BGE 91 I 306 S. 311 verbali del Gran Consiglio (1954, p. 347 e seg.), risulta la seguente dichiarazione fatta dalla Commissione parlamentare speciale al Gran Consiglio: "Allo scopo di far scomparire il pericolo di speculazioni commerciali in questo campo viene introdotto il principio che l'autorizzazione di aprire e gerire una farmacia non può essere concessa che a un farmacista in possesso del libero esercizio... Tale draconiana disposizione tende a proteggere i farmacisti." Questo scopo di tutela economica di una categoria è messo in evidenza anche nel rapporto per il 1964, inviato nel febbraio 1965 dall'Ordine dei farmacisti ai suoi membri, nel quale è detto fra altro quanto segue: "Rileveremo comunque con compiacimento come la legge, in questi due lustri, abbia contenuto e limitato il numero delle fondazioni di nuove farmacie, all'opposto di quanto verificatosi antecedentemente. Ciò ha contribuito a consolidare la posizione assai precaria di parecchie farmacie, evitandone un preoccupante peggioramento che, compromettendo la situazione economica delle singole farmacie, avrebbe anche pregiudicato lo stesso serio o coscienzioso servizio alla clientela." Le controverse norme della legge ticinese non sono pertanto compatibili con l'art. 31 CF. 7. L'obbligo di chiusura della farmacia motivato dal fatto che il farmacista gerente non ne è proprietario essendo incostituzionale, non si può neppure vietare a un farmacista di possederne più di una, a condizione naturalmente che ogni farmacista sia personalmente e regolarmente diretta da un farmacista autorizzato (art. 39 cpv. 1 LS). Altrettando dicasi della prescrizione dell'art. 37 cpv. 6, in quanto vieta le farmacie appartenenti a persone giuridiche. Infatti, entrambe queste ultime prescrizioni non sono altro che il corollario della regola principale suesposta e possono anch'esse essere dettate soltanto da motivi di politica economica. Le decisioni impugnate essendo fondate sulle suindicate norme incostituzionali, i sette ricorsi devono essere accolti.
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Urteilskopf 100 II 88 16. Arrêt de la IIe Cour civile du 9 mai 1974 dans la cause Richoz contre Fribourg, Tribunal cantonal.
Regeste Art. 395 ZGB Die Beistandschaft des Beirates unterscheidet sich von der Vormundschaft einzig in quantitativer Hinsicht. Sie wird angeordnet, wenn das Eingreifen der Behörde angezeigt ist, ohne dass indessen ein genügender Anlass für eine Entmündigung besteht. Hingegen soll kein Beirat bestellt werden, wenn eine Person wegen eines physischen Gebrechens - möglicherweise dauernd - des Beistandes und der Fürsorge bedarf.
Sachverhalt ab Seite 88 BGE 100 II 88 S. 88 A.- En novembre 1972, Albert Richoz, qui habitait en appartement à Bulle, a dû être transporté à l'Hôpital de Riaz pour y recevoir des soins urgents que nécessitait son état. Il s'est confirmé à cette occasion que Richoz, âgé de 76 ans, se négligeait complètement et menait une vie recluse dans un logement sale et insalubre. Il vivait de peu et ne jetait rien; il avait conservé dans son appartement un amoncellement d'objets divers, notamment des journaux. Il était parvenu à réaliser des économies de quelque 10 000 fr., sous forme d'un carnet d'épargne et de billets de banque qu'il cachait dans les poches de vieux vêtements inutilisables. B.- Sur dénonciation du Conseil communal de la ville de Bulle, le Tribunal de la Gruyère a pourvu Richoz d'un conseil BGE 100 II 88 S. 89 légal. Par arrêt du 19 décembre 1973, le Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg a rejeté le recours formé par Richoz contre ce jugement. La Cour cantonale a admis que les conditions des art. 369 et 370 CC n'étaient pas réalisées. Elle a cependant estimé, en se fondant sur les avis des médecins, que Richoz présentait des anomalies de caractère justifiant l'institution d'une curatelle de l'art. 395 CC. C.-- Richoz recourt au Tribunal fédéral en concluant implicitement à la levée de la mesure prise contre lui, dont il conteste la légalité. Le Conseil communal de la ville de Bulle conclut au maintien de la décision attaquée. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il ressort du dossier que l'état mental du recourant présente quelques altérations dues à 1,âge ou à la vie solitaire. Original, Richoz a quelque peine à s'adapter aux exigences du monde moderne. Néanmoins, sur le plan psychique, en dépit de l'âge, des infirmités physiques et de quelques traits de caractère préexistants légèrement paranoïaques, le recourant n'est que peu diminué; il dispose d'une bonne mémoire, d'une conscience parfaite, d'un raisonnement et d'un jugement sûrs. Il n'a pas fait preuve de mauvaise gestion, prodigalité ou ivrognerie. C'est avec raison, dans ces conditions, que la Cour cantonale n'a pas institué de tutelle au recourant, puisque les conditions d'application des art. 369 et 370 CC n'étaient pas remplies. 2. Les premiers juges ont admis que lorsqu'une anomalie de caractère - qui ne constitue ni une maladie mentale ni une faiblesse d'esprit - a sur le comportement et la vie d'un individu des conséquences comparables à celles que pourrait avoir une maladie mentale, l'institution d'une curatelle au sens de l'art. 395 CC se justifie. Introduit lors des débats parlementaires, l'art. 395 CC pose deux conditions à l'institution d'un conseil légal: il faut qu'il n'existe pas de cause suffisante d'interdiction et que la privation partielle de l'exercice des droits civils soit commandée par l'intérêt de la personne en cause. BGE 100 II 88 S. 90 3. La jurisprudence a parfois admis que la différence entre tuteur et conseil légal est essentiellement de nature quantitative (RO 38 II 437; 80 II 17 ; 81 II 259 ). L'institution d'une curatelle se justifie, selon cette conception, lorsqu'une personne n'est pas suffisamment malade pour qu'il y ait lieu de l'interdire, mais assez diminuée dans sa capacité pour que son intérêt commande une privation partielle de l'exercice des droits civils. Selon une autre conception, parfois implicitement approuvée par la jurisprudence (RO 58 II 12; 66 II 12 ), la tutelle se distingue de la curatelle sur un plan qualitatif. L'institution d'une tutelle se justifie si deux ordres d'éléments sont réunis: l'existence d'une cause générale d'interdiction - maladie mentale, par exemple - cette maladie ayant pour effet de créer un besoin de soins ou de secours permanents. Par contre, l'institution d'une curatelle est admissible déjà lorsque seul le second de ces éléments est établi, soit lorsque la personne considérée a simplement besoin d'assistance régulière et que ses intérêts commandent une privation partielle des droits civils (EGGER, Comm. ad art. 395, n. 28). Dans ce système, la distinction entre la tutelle et l'institution du conseil légal n'est ainsi pas uniquement quantitative. 4. En matière de mesures tutélaires, le législateur a entendu éviter de placer l'autorité devant l'alternative de devoir soit renoncer à prendre des mesures, soit imposer une tutelle (EGGER, Comm. ad art. 395, n.4). Il a adopté la solution nuancée de la curatelle de conseil légal, applicable lorsque l'intervention de l'autorité se justifie, sans qu'il existe cependant un motif suffisant de prononcer une interdiction. Cette préoccupation se retrouve dans le texte légal, qui prévoit l'institution d'un conseil légal lorsqu'il n'existe pas de "cause suffisante" de mise sous tutelle. Le législateur a ainsi introduit, par rapport à la tutelle, une notion quantitative, de degré d'incapacité, dans les conditions d'application de l'art. 395 CC. La curatelle de conseil légal apparaît comme une institution de même nature que la tutelle, mais applicable à des situations qui ne justifient pas une privation complète des droits civils. Admettre d'ailleurs que l'institution d'un conseil légal se justifie chaque fois que cette mesure serait commandée par l'intérêt de la personne en cause ouvrirait la porte à une application beaucoup trop large de la privation partielle des droits BGE 100 II 88 S. 91 civils et conduirait à multiplier par trop les cas dans lesquels il incomberait aux autorités tutélaires d'intervenir. Une curatelle peut certes être instituée sur une personne incapable d'agir elle-même dans une affaire urgente (art. 392 ch. 1 CC). Mais on ne peut, par analogie, instituer une curatelle de l'art. 395 CC à une personne qui s'y oppose, même si la maladie l'empêche durablement d'agir. En effet, d'une part l'institution d'un conseil légal est une interdiction partielle, essentiellement différente, dans sa nature et ses effets, de la curatelle ordinaire, et d'autre part on doit admettre que la personne qui ne réunit pas, même sous une forme atténuée, les conditions des art. 369 et 370 CC, est en mesure, cas urgents réservés, de gérer ses affaires, serait-ce en désignant un représentant. L'interprétation large de l'art. 395 CC conduirait à priver partiellement de sa capacité civile celui qui, bien qu'en état de le faire, ne veut pas adopter dans son genre de vie et dans la gestion de ses biens un comportement déterminé. Or la loi réglemente de façon exhaustive de tels comportements aux art. 370 et 395 CC, en exigeant à tout le moins une mauvaise gestion, pour que la privation partielle ou totale des droits civils se justifie. L'art. 395 CC ne doit pas être appliqué au cas où, par suite d'une infirmité physique, une personne a besoin de soins et d'assistance, même permanents. Une telle aide ressortit à l'assistance sociale mais non aux mesures tutélaires. En l'espèce, le recourant souffre d'infirmités physiques et présente quelques traits de caractère particuliers. Mais il n'est pas suffisamment diminué pour que l'application de l'art. 395 CC se justifie. L'institution d'un conseil légal s'impose d'autant moins qu'elle n'apparaît pas être nécessaire, soit commandée par l'intérêt du recourant. Celui-ci est hospitalisé pour une longue période; dans la mesure où il parvient à se rétablir, le conseil légal n'aurait pas le pouvoir de contraindre Richoz à adopter un mode de vie déterminé. Le soin par exemple de trouver un logement au recourant et d'y faire régner la propreté est un problème d'assistance sociale; il n'entre pas dans les fonctions du conseil légal, même si on y englobe le devoir d'assistance personnelle. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours.
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Urteilskopf 116 IV 50 10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. März 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 StGB . Urkundenfälschung. Urkundeneigenschaft einer in einem Lieferschein enthaltenen Quittung betreffend den Empfang der Ware trotz Unleserlichkeit der Unterschrift des für den angeblichen Warenbesteller auftretenden angeblichen Unterzeichners des Dokuments im konkreten Fall bejaht.
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 116 IV 50 S. 50 A.- Am 18. Februar 1986 ging auf das Postscheck-Konto ... der Fa. Y., Basel, deren Inhaber X. war, eine Zahlung von Fr. 23'500.-- der Fa. Z., Famille G., in B., ein. Zum Beweis dafür, dass diese Zahlung an die Fa. Y. entgegen der Darstellung von G. nicht irrtümlich, sondern zu Recht erfolgt war, legte X. einen Lieferschein betreffend die Lieferung von Acrylglas-Halbfabrikaten (Platten und Stäbe) zum Preis von Fr. 24'064.20 vor. Dieser enthielt den mit Schreibmaschine geschriebenen Vermerk: "Bez. Ware vollständig & einwandfrei erhalten, bestätigt: Für G ..., B ..." und darunter eine unleserliche Unterschrift. B.- Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte X. am 5. Mai 1988 wegen Urkundenfälschung zu neun Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Es verpflichtete ihn zur Zahlung von Fr. 23'500.-- Schadenersatz nebst 5% Zins ab 4. März 1987 an die Fa. Z. Der Appellationsgerichtsausschuss des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 26. April 1989 diesen Entscheid. C.- Der Verurteilte ficht den Entscheid des Appellationsgerichtsausschusses des Kantons Basel-Stadt vom 26. April 1989 sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an. Mit der letzteren beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz. BGE 116 IV 50 S. 51 Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der fragliche Lieferschein sei mangels Erkennbarkeit des Ausstellers nicht zum Beweis von darin genannten rechtlich erheblichen Tatsachen geeignet. Er wirft den kantonalen Instanzen vor, sie hätten sich mit dem nach der Lehre (vgl. STRATENWERTH, BT II, § 37, N. 20 ff. mit Hinweisen) erforderlichen Merkmal der Erkennbarkeit des Ausstellers des Dokuments nicht auseinandergesetzt. Er hält dafür, dass vorliegend nicht die Fa. Z. bzw. deren Inhaber G., sondern der (angebliche) Unterzeichner des Lieferscheins als Aussteller zu betrachten und dass dieser Aussteller infolge Unleserlichkeit der Unterschrift nicht erkennbar sei. a) Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Schriftstück nur dann eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 und 251 StGB sei, wenn der Aussteller erkennbar ist. Auch wenn man mit dem Beschwerdeführer davon ausgeht, dass vorliegend nicht der angeblich vertretene G., sondern der angebliche Vertreter als Aussteller der dem Lieferschein angefügten Empfangsbestätigung (Quittung) zu betrachten sei, ist dieser Aussteller trotz Unleserlichkeit der Unterschrift hinreichend erkennbar. Aussteller ist eine angeblich "für G ..., B ...", handelnde Person. Das reicht unter den gegebenen Umständen zur Bejahung der Erkennbarkeit des Ausstellers aus. b) Urkunden sind gemäss Art. 110 Ziff. 5 StGB unter anderem Schriften, die bestimmt und (vgl. BGE 101 IV 279 ) geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Ob und inwieweit einer Schrift Beweiseignung zukommt, bestimmt sich nach dem Gesetz und nach der Verkehrsübung. Der Lieferschein bzw. die Quittung mit dem darin enthaltenen Vermerk "für G ..., B ..." und der unmittelbar darunter angebrachten unleserlichen Unterschrift ist nach der Verkehrsübung jedenfalls geeignet zu beweisen, dass die darin genannte Ware irgendeiner Person übergeben wurde, die angeblich als für G. handelnd auftrat. Allein schon diese Tatsache ist von rechtlicher Bedeutung bzw. rechtlich erheblich; denn sie ist die erste, wenn auch allenfalls nicht die einzige Voraussetzung zur Begründung des Anspruchs der Unternehmung des Beschwerdeführers auf den ihr von der Fa. Z. überwiesenen Betrag von Fr. 23'500.--. Aus diesem Grunde ist es unerheblich, dass aus dem Lieferschein bzw. aus der Quittung infolge Unleserlichkeit der Unterschrift nicht erkennbar ist, welche angeblich für G. handelnde Person das Dokument unterzeichnete, und dass BGE 116 IV 50 S. 52 somit aus dem Dokument nicht hervorgeht, ob der (angebliche) Unterzeichner berechtigt gewesen wäre, für G. den Empfang der Ware zu bestätigen. Es kann in einem Fall der vorliegenden Art nicht darauf ankommen, ob die Unterschrift des (angeblichen) Unterzeichners leserlich ist oder nicht. Es gehörte gerade zum Tatplan des Beschwerdeführers, eine unleserliche Unterschrift anzufertigen; dadurch wurde es für G. schwieriger zu beweisen, dass der angeblich für ihn handelnde Unterzeichner des Dokuments in Tat und Wahrheit nicht für ihn gehandelt haben konnte. Der Lieferschein bzw. die Quittung ist demnach trotz der Unleserlichkeit der darauf angebrachten Unterschrift nach der Verkehrsübung geeignet, die rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen, dass eine angeblich für G. handelnde Person den Empfang der Ware bestätigte. Das Dokument war unbestrittenermassen bestimmt, unter anderem diese Tatsache zu beweisen. Es ist somit eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 und Art. 251 StGB .
null
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de
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Urteilskopf 88 III 125 18. Entscheid vom 30. November 1962 i.S. RST Revisions-, Steuerberatungs- und Treuhand AG
Regeste Widerspruchsverfahren ( Art. 106 ff. SchKG ) im Falle, dass ein Dritter die gepfändeten Forderungen als ihm zustehend beansprucht. Parteirollenverteilung. Massgebendes Kriterium. Die Betreibungsbehörden haben auf Grund einer summarischen Prüfung der Akten zu entscheiden. Stützt sich der Anspruch des Dritten auf eine Abtretung, so ist die Klagefrist nur dann dem Gläubiger anzusetzen, wenn die gepfändeten Forderungen nach ihrer Bezeichnung in der Pfändungsurkunde klarerweise unter die Umschreibung der abgetretenen Ansprüche in der Abtretungsurkunde fallen.
Sachverhalt ab Seite 126 BGE 88 III 125 S. 126 In den Betreibungen Nr. 3832 und 7238 der Frau von Wogau bezw. des Dr. Pelet gegen Frau von Grunelius pfändete das Betreibungsamt Zürich 7 ausser dem Liquidationsanteil der Schuldnerin am unverteilten Nachlass ihres am 29. Juli 1948 gestorbenen Ehemanns Oscar von Grunelius u.a. zwei Forderungen, die in der Pfändungsurkunde wie folgt umschrieben wurden: a) "Forderung der Betriebenen auf Frau Daniela von. Wogau ... im unermittelten Betrage, herrührend aus alleiniger Übernahme der PELA-Transaktion, ferner für Kostendeckung zwecks Vermeidung des drohenden Séquestre bezüglich die deutsche Besitzhälfte an der Liegenschaft in San Remo, ferner für Kostendeckung des Umzugs von San Remo nach Freiburg, ferner für Auslagen wie Unterhaltskosten, Steuern etc. im Haus in San Remo, vorbehalten allfällige Regressforderungen"; b) "Forderung der Betriebenen auf Frau Daphne Deichmann ..., herrührend aus schriftlich eingegangener Verpflichtung betreffend die Rückerstattung der in der Zeit zwischen 1945 bis 1948 gemachten Vorbezüge, ferner aus Pflichtteilsansprüchen am Familienvermögen der Grosseltern und des Alfred von Grunelius in Frankfurt, ferner aus Rückerstattung des anerkannten Darlehens (Übertragung des Bankkontos der Frau von Grunelius bei der Bank Heinz in Berlin auf die Dresdner Bank in München im Jahre 1944 zwecks Sicherstellung des Lebensunterhaltes der Drittschuldnerin), vorbehalten allfälliger Regressforderungen." Die RST Revisions-, Steurberatungs- und Treuhand AG in Basel sprach diese Forderungen wie den gepfändeten Erbanteil unter Berufung auf die in BGE 88 III 56 wiedergegebene Abtretungsurkunde als ihr zustehend an. Die Fristansetzung, mit welcher das Betreibungsamt den betreibenden Gläubigern gemäss Art. 109 SchKG Frist zur Klage auf Aberkennung des Anspruchs der RST BGE 88 III 125 S. 127 auf den gepfändeten Erbtaneil setzte'wurde vom Bundesgericht am 7. Mai 1962 bestätigt ( BGE 88 III 55 ff.). Hinsichtlich der erwähnten Forderungen setzte das Betreibungsamt den Gläubigern gemäss Art. 106 SchKG Frist zur Bestreitung des Anspruchs der RST. Nachdem diese Bestreitung erfolgt war, forderte es die RST mit Fristansetzung gemäss Art. 107 SchKG zur Klage auf Anerkennung ihres Anspruchs auf. Die RST leitete diese Klage vorsorglich ein, führte jedoch gegen die Fristansetzung Beschwerde mit dem Begehren, sie sei aufzuheben und es sei gemäss Art. 109 SchKG den Gläubigern Frist zur Klage zu setzen. In Übereinstimmung mit den kantonalen Aufsichtsbehörden weist das Bundesgericht diese Beschwerde ab. Erwägungen Erwägungen: Die Verteilung der Parteirollen im Widerspruchsverfahren, welche die Beweislast im Widerspruchsprozess nicht beeinflusst ( BGE 58 III 183 /84, BGE 83 III 30 oben, BGE 84 III 154 ), richtet sich dann, wenn gewöhnliche (nicht in einem Wertpapier verkörperte) Foderungen Gegenstand der Drittansprache sind, gemäss ständiger Rechtsprechung darnach, ob das Gläubigerrecht des betriebenen Schuldners oder dasjenige des Drittansprechers die grössere Wahrscheinlichkeit für sich habe: im ersten Fall ist gemäss Art. 107 SchKG dem Dritten, im zweiten Falle gemäss Art. 109 SchKG dem betreibenden Gläubiger Frist zur Klage zu setzen ( BGE 88 III 56 /57 und dortige Hinweise; BGE 88 III 115 ). Bei Anwendung dieses Kriteriums haben sich die Betreibungsbehörden, wie in BGE 88 III 57 ausgeführt, nicht in eine nähere Untersuchung der materiellen Rechtslage einzulassen. Vielmehr haben sie auf Grund einer summarischen Prüfung der Akten zu entscheiden. Bei solcher Prüfung kann, falls der Drittanspruch auf eine Abtretung gestützt wird, dem Gläubigerrecht des Dritten nur dann die grössere Wahrscheinlichkeit zugebilligt BGE 88 III 125 S. 128 werden, wenn der Dritte (- im Original oder in verlässlicher Abschrift -) eine Abtretungsurkunde vorzulegen vermag, von deren Wortlaut die gepfändete Forderung nach Massgabe ihrer Bezeichnung in der Pfändungsurkunde erfasst wird. Diese Voraussetzung war mit Bezug auf den bei Frau von Grunelius gepfändeten Erbteil erfüllt; nicht ohne weiteres liquid war dort nur die Tragweite des Vorbehalts etwaiger Rechte betreibender Gläubiger, dem die Abtretungsurkunde die Abtretung als solche unterstellt, der aber nicht dazu angetan ist, die Abtretung schon auf den ersten Blick als ungültig erscheinen zu lassen. Die Forderungen, um die es heute geht, lassen sich dagegen, wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, nach ihrer Bezeichnung in der Pfändungsurkunde mindestens zum grössten Teil nicht oder doch nicht ohne weiteres unter die Umschreibung der abgetretenen Ansprüche in der Abtretungsurkunde ziehen. Die Rekurrentin macht zu Unrecht geltend, das Betreibungsamt hätte vor seiner Entscheidung durch Befragen der Schuldnerin die Natur der gepfändeten Forderungen näher abklären sollen, statt sich einfach an deren Bezeichnung in der Pfändungsurkunde zu halten. Diese Ansicht findet an dem von ihr angerufenen Entscheide BGE 79 III 163 keine Stütze. Dort wurde im Gegenteil festgestellt, dass blosse Behauptungen des Schuldners oder des Dritten nicht genügen, um eine gültige Abtretung wahrscheinlich zu machen. Entsprechendes muss auch für die Frage gelten, ob die gepfändeten Forderungen unter die vorgelegte Abtretungsurkunde fallen. Hat demnach die Vorinstanz mindestens für den grössten Teil der gepfändeten Forderungen mit Recht angenommen, die Abtretung an die Rekurrentin sei nicht hinlänglich wahrscheinlich gemacht worden und die Klagefrist sei demgemäss nach Art. 107 SchKG dieser anzusetzen, so war es nicht geboten, im einzelnen zu ermitteln'ob vielleicht ein gewisser - zahlenmässig nicht bestimmbarer - Teil der gepfändeten Forderungen bei einlässlicher Prüfung der Akten doch zu den abgetretenen Ansprüchen BGE 88 III 125 S. 129 gerechnet werden könnte, und gegebenenfalls für diesen Teil eine Klagefristsetzung nach Art. 109 SchKG zu erlassen. Bei der vorhandenen Sachlage war es vielmehr gerechtfertigt, die Drittansprecherin die Folgen der auf jeden Fall bestehenden Unklarheit tragen zu lassen und demgemäss das Widerspruchsverfahren mit Bezug auf alle Forderungsposten nach Art. 107 SchKG durchzuführen.
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1,962
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23b246cb-4312-4e91-8318-f91577c2c50a
Urteilskopf 123 V 172 31. Extrait de l'arrêt du 21 octobre 1997 dans la cause Caisse cantonale valaisanne de compensation contre D. et W. et Tribunal cantonal des assurances, Sion
Regeste Art. 52 AHVG : Haftungsbeginn. Das Verwaltungsratsmitglied einer Aktiengesellschaft haftet für den einer Ausgleichskasse verursachten Schaden nach Art. 52 AHVG unabhängig vom Zeitpunkt des Handelsregistereintrags ab dem Tag des effektiven Eintritts in den Verwaltungsrat.
Erwägungen ab Seite 173 BGE 123 V 172 S. 173 Extrait des considérants: 2. b) Reste litigieux le point de savoir si la responsabilité des intimés court depuis la date de leur entrée effective dans le conseil d'administration, soit le 10 novembre 1993, ou seulement depuis celle de leur inscription au registre du commerce, publiée dans la Feuille officielle suisse du commerce (ci-après: FOSC) du 28 janvier 1994, soit le 19 janvier 1994. 3. a) La date effective de la nomination ou de la démission d'un administrateur n'a d'effet que dans les rapports internes ( ATF 104 Ib 324 consid. 3a). Dans les rapports externes avec les tiers de bonne foi, l'inscription au registre du commerce n'est opposable à ceux-ci que dès le jour ouvrable qui suit celui dont la date figure sur le numéro de la FOSC où est publiée l'inscription ( art. 932 al. 2 CO ; ATF 104 Ib 325 consid. 3b). Le moment déterminant en ce qui concerne la sortie du conseil d'administration a déjà fait l'objet d'un examen du Tribunal fédéral des assurances. C'est en effet la démission effective qui fixe en principe les limites temporelles de la responsabilité. L'administrateur démissionnaire ne peut plus alors influencer la gestion de la société ( ATF 112 V 4 , ATF 109 V 94 sv., 95 et les références; cf. également NUSSBAUMER, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG, PJA 1996 p. 1081; FRÉSARD, La responsabilité de l'employeur pour le non-paiement de cotisations d'assurances sociales selon l' art. 52 LAVS , RSA 55/1987 p. 11). b) Dans un arrêt récent, où il devait se prononcer sur la responsabilité d'un administrateur pour le dommage survenu avant son entrée au conseil d'administration de la société débitrice des cotisations impayées ( ATF 119 V 401 ), le Tribunal fédéral des assurances, sans examiner la question ici litigieuse, a pris en considération la date de l'inscription au registre du commerce ( ATF 119 V 406 consid. 4b). On ne saurait toutefois en déduire que c'est dans tous les cas cette date qui est déterminante. Au contraire, lorsque l'entrée effective au conseil d'administration - c'est-à-dire le début des fonctions d'administrateur - précède l'inscription au registre du commerce, c'est la première date qui marque le début de la responsabilité et non la seconde. Il n'y a pas de raison, en effet, sous l'angle de l' art. 52 LAVS , de choisir un autre critère pour le début et pour la fin de la période d'activité durant laquelle un organe de l'employeur en faillite peut être appelé à réparer le dommage causé à la caisse de compensation en raison de l'insolvabilité du débiteur des cotisations impayées. Ce BGE 123 V 172 S. 174 parallélisme entre les deux situations (début et fin de l'activité au sein de l'administration) répond à une exigence de la logique et permet d'éviter le risque qu'aucun organe de l'employeur insolvable ne puisse être recherché en responsabilité durant certaines périodes. La jurisprudence précitée doit dès lors être précisée en ce sens que, toutes autres conditions étant remplies, un administrateur répond du dommage causé à la caisse depuis le jour de son entrée effective au conseil d'administration, sans égard à la date de son inscription au registre du commerce.
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1,997
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23b51959-04cb-4376-825a-ce0ede8cdd18
Urteilskopf 99 III 51 11. Estratto della sentenza 13 dicembre 1973 nella causa Carminati
Regeste Betreibung einer Erbschaft. Art. 49 und 65 Abs. 3 SchKG . Das Betreibungsamt, das ein Betreibungsbegehren gegen eine Erbschaft erhält, hat sich zu vergewissern, ob diese bereits amtlich liquidiert worden sei. Ist dies der Fall, so hat es das Begehren zurückzuweisen. Dagegen hat es nicht von Amtes wegen abzuklären, ob die Erbteilung bereits auf andere Art erfolgt sei. Wird dies jedoch vom Empfänger des Zahlungsbefehls behauptet, so hat das Amt und auf Beschwerde hin die Aufsichtsbehörde die diesbezüglich vorgelegten Beweise zu berücksichtigen bzw. den Betroffenen aufzufordern, Beweise beizubringen.
Erwägungen ab Seite 51 BGE 99 III 51 S. 51 I presupposti per potere escutere un'eredità sono stabiliti dalla LEF (art. 49 LEF). Certo che per decidere se tali presupposti sono adempiuti, occorre anzitutto accertare delle situazioni di diritto civile, a sapere cioè se la successione non sia già stata divisa, se non sia stata stipulata una indivisione, o se non sia stata ordinata la liquidazione d'ufficio. Ma questo non è l'unico caso in cui le autorità d'esecuzione debbono esprimersi su questioni attinenti al diritto civile. È cosi, ad esempio, quando, dovendo stabilire il salario pignorabile del marito (art. 93 LEF), l'ufficiale d'esecuzione esige la contribuzione della moglie agli oneri dell'economia coniugale ( art. 242 e 246 CC). Nel caso dell'art. 49 LEF il potere decisorio dell'ufficio è anzi di minore BGE 99 III 51 S. 52 portata: si tratta solo di stabilire se una determinata situazione di diritto è stata regolata. Trattasi quindi di una norma non di diritto materiale, ma di diritto esecutivo applicabile d'ufficio (RU 38 I 247/248) e invocabile nel procedimento davanti all'autorità di vigilanza (JÄGER, n. 1 all'art. 69; indirettamente anche RU 72 III 34/35, 87 III 74). Ricevuta una domanda d'esecuzione contro un'eredità, l'ufficiale deve pertanto accertarsi se non sia stata effettuata una liquidazione d'ufficio (RU 72 III 34/35, 87 III 74) e in tal caso rifiutarsi di dar corso all'esecuzione (RU 87 III 74, 72 III 35), rispettivamente annullare l'esecuzione già notificata (RU 72 III 34/35.) Non si può invece pretendere che, per ogni domanda di esecuzione diretta contro un'eredità, l'ufficiale provveda ad accertarsi d'ufficio che la divisione non sia già avvenuta. Se la domanda precisa l'eredità e il rappresentante o l'erede al quale il precetto deve essere notificato (art. 65 cpv. 3 LEF), l'ufficio provvederà a redigere il precetto e a farlo notificare. Ma quando la persona a cui fu notificato fa valere che l'eredità, essendo stata divisa, più non esiste, l'ufficio e, in sede di reclamo, l'autorità di vigilanza, devono perlomeno tener conto delle prove prodotte dal reclamante e, in assenza di tali prove, invitare questo ultimo a produrle.
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1,973
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23b86c3c-3749-40d9-ae54-ec62ed82d81a
Urteilskopf 94 II 26 4. Sentenza 30 gennaio 1968 della I. Corte civile nella causa Cencini contro Van Paassen.
Regeste Automobilkauf. Begehren des Käufers um Rückgängigmachung, weil der Wagen ein anderes Herstellungsjahr als das ausdrücklich vereinbarte hat. 1. Art. 23 ff. OR betreffen ausschliesslich den Fall, dass sich eine Vertragspartei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine unzutreffende Vorstellung über einen wesentlichen Punkt desselben gemacht hat (Erw. 1). 2. Ist der Vertragsgegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so muss die gelieferte Sache sämtliche die Gattung kennzeichnenden Merkmale aufweisen. Fehlt eines von diesen, so entspricht der gelieferte Gegenstand nicht dem vereinbarten, und es liegt daher keine Erfüllung vor ( Art. 97 ff. OR ) (Erw. 2 a und b). Mahnung gemäss Art. 102 Abs. 1 OR zur Herbeiführung des Schuldnerverzuges; Fälle, in denen von einer förmlichen Aufforderung abgesehen werden kann (Erw. 3 a). 3. Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Gewährleistung wegen Mängeln der Kaufsache auf den vorliegenden Fall ( Art. 197 ff. OR ) (Erw. 4 a und b). Die Frist des Art. 210 OR ist eine Verjährungs-, nicht eine Verwirkungsfrist (Erw. 4 c).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 94 II 26 S. 27 Ritenuto in fatto: A.- Louise van Paassen, sul finire del 1963, ha concluso con Celestino Cencini, rappresentante delle vetture Jaguar nel Sottoceneri, un contratto di compravendita relativo ad una automobile Jaguar Mrk X, modello 1964. La compratrice ha particolarmente insistito sulla fornitura di un siffatto modello e il venditore l'ha completamente ed inequivocabilmente rassicurata a questo riguardo, garantendole "un ottimo modello 1964, completo di ogni accorgimento". In realtà, Cencini aveva comunicato i desideri dell'acquirente all'agenzia generale delle vetture Jaguar per la Svizzera romanda e il Cantone Ticino, sita a Ginevra, pregandola di ordinare direttamente dalla fabbrica la richiesta automobile. Questa è stata consegnata alla compratrice da Cencini il 31 marzo 1964. Contrariamente alle affermazioni dell'agenzia generale di Ginevra, che il 19 dicembre 1963 aveva scritto al rappresentante di Lugano di avere ordinato la vettura direttamente dalla fabbrica, l'automobile venduta a van Paassen era giunta in Svizzera già nel giugno 1963. Louise van Paassen ha circolato alcuni mesi con l'automobile, del cui funzionamento non sembra essere stata soddisfatta. Nel luglio 1965 ha fatto esaminare la vettura da un'autorimessa di Zurigo e, successivamente, da un esperto, il quale ha accertato che la Jaguar sottopostagli era dell'anno 1963, anzichè del 1964. Dopo uno scambio di corrispondenza con Celestino Cencini, Louise van Paassen il 20 settembre 1965 ha convenuto quest'ultimo BGE 94 II 26 S. 28 davanti alla Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino, chiedendo nella petizione il riconoscimento del proprio diritto di recedere dal contratto e la condanna del convenuto a versarle la somma di fr. 33'248.40 oltre interessi al 5% dal 26 luglio 1965. L'attrice ha invocato la garanzia per i difetti della cosa venduta, le regole sulla condizione nonchè l'errore essenziale ed il dolo; nel dibattimento finale ha inoltre invocato l'inadempienza contrattuale. Celestino Cencini ha domandato la reiezione integrale della petizione, asserendo che la vettura fornita all'attrice era del 1964. Solo alla fine dell'istruttoria ha riconosciuto, pur protestando la sua buona fede, che si tratava di un modello 1963. Ha tuttavia sostenuto che le differenze tra i due modelli erano esigue ed insistito di conseguenza nelle proprie domande liberatorie; quanto alle norme sulla garanzia per i difetti della cosa venduta, egli ha negato all'attrice il diritto di invocarle, essendo intervenuta la prescrizione. B.- Mediante sentenza del 19 settembre 1967 la Camera civile del Tribunale di appello ha accolto la petizione, riducendo la domanda pecuniaria alla somma di fr. 31'304.50. Essa ha riservato il diritto del convenuto di chiedere un'indennità per l'uso della vettura da parte dell'attrice, nessuna conclusione essendo stata formulata a tale riguardo nella procedura. La Corte cantonale ha accertato che la vettura fornita non corrispondeva al modello pattuito (1964) ed ha rilevato che Cencini, pur essendo in buona fede, non aveva dimostrato d'aver usato tutta la diligenza richiesta dal caso. La precedente istanza ha quindi considerato applicabili le norme sull'inadempimento contrattuale (art. 97 e segg. CO), e rifiutato di statuire, ai sensi dell'art. 205 CO, una semplice riduzione del prezzo, che non sarebbe stata giustificata dalle circostanze. Essa ha respinto inoltre gli argomenti dell'attrice là dove essa si riteneva vittima di un errore essenziale. Secondo la Corte cantonale, infine, l'eccezione di prescrizione ai sensi dell'art. 210 CO sollevata dal convenuto soltanto "in sede conclusiva", non poteva essere tenuta in linea di conto, data la sua tardività. C.- Celestino Cencini impugna questo giudizio davanti al Tribunale federale mediante un tempestivo ricorso per riforma. Egli chiede, in via principale, l'annullamento della sentenza e la reiezione integrale della petizione; in via subordinata, l'accoglimento della petizione limitatamente ad un importo di BGE 94 II 26 S. 29 fr. 1'700.--, e in via più subordinata, il rinvio degli atti alla Corte cantonale per nuovo giudizio. D.- L'intimata propone la reiezione del ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. L'attrice aveva invocato, a sostegno della sua domanda, la garanzia per i difetti della cosa venduta, l'inadempimento contrattuale del venditore e l'errore essenziale di cui sarebbe stata vittima. La Corte cantonale ha ritenuto inapplicabili alla fattispecie le norme sui vizi del consenso. A ragione. Gli art. 23 e segg. CO riguardano infatti unicamente il caso di una parte che, al momento di concludere il contratto, si è fatta una rappresentazione inesatta di uno dei suoi elementi. Tali norme si applicano, in particolare, quando l'acquirente di una cosa individualmente determinata non riscontra in essa quelle qualità che l'avevano risolto a comperarla (v. RU 82 II 418). Il caso presente è tuttavia diverso. L'oggetto della compravendita non è una cosa determinata, vale a dire una vettura ben definita che sarebbe stata presentata alla compratrice e che questa avrebbe acquistato sulla base di un tale esame. L'acquirente, d'altra parte, non sostiene d'essersi fatta una rappresentazione inesatta delle qualità della Jaguar Mrk X 1964 e di aver concluso il contratto vittima di un simile errore. Essa rimprovera semplicemente al venditore di non averle fornito la cosa promessa. Non ci si muove quindi sul terreno dei vizi della volontà, bensì su quello dell'inadempimento del contratto, o del suo adempimento difettoso. 2. Il contratto stipulato tra Cencini e van Paassen non ha per oggetto una cosa individualmente determinata. Esso si riferisce semplicemente ad una automobile Jaguar Mrk X 1964, nuova, vale a dire ad una cosa definita soltanto nella sua specie ai sensi dell'art. 71 CO. Il venditore poteva quindi liberarsi fornendo qualsiasi vettura corrispondente a quella convenuta (cfr., a questo riguardo, RU 84 II 160; 91 II 352 consid. 4; Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - vol. 69 p. 409). In realtà, egli ha consegnato a van Paassen una vettura Jaguar, nuova, dell'anno 1963. Occorre quindi esaminare se una simile fornitura equivale ad esecuzione del contratto oppure se l'automobile consegnata è un "aliud" rispetto a quella pattuita. BGE 94 II 26 S. 30 a) Quando l'oggetto contrattuale è definito solo nella specie, la determinazione di questa dipende dalla volontà delle parti, le quali possono precisare più o meno particolareggiatamente ciò che deve essere fornito, secondo l'importanza ch'esse attribuiscono a certe specificazioni. La nozione di "specie" è quindi relativa e sta in funzione con la determinazione più o meno precisa data all'oggetto da parte dei contraenti (cfr. RU 69 II 100/101; STAUDINGER, Kommentar zum BGB, 11. ed., N. 10 al § 243; Kommentar der Reichsgerichtsräte zum BGB - RGRK zum BGB - 11. ed., N. 4 /6 al § 243). Così, si può voler acquistare una vettura d'una data marca e d'un determinato modello senza annettere importanza a certi particolari (ad esempio, guida a sinistra o a destra, cambio automatico o normale) oppure, al contrario, specificare che la vettura dev'essere provvista di un meccanismo determinato. Gli elementi che caratterizzano la specie definita dalle parti devono però essere tutti presenti nell'oggetto fornito. Se uno di essi manca, la cosa consegnata non è più quella convenuta, ma costituisce una cosa diversa, un "aliud". In tal modo, la fornitura d'un vino di un'altra annata, o di un'altra origine o di un'altra botte che quelle pattuite è la fornitura di un "altro" vino: essa non comporta l'esecuzione del contratto e non libera il venditore dai suoi obblighi (v. RU 40 II 488; cfr. inoltre RGZ vol. 69, p. 409: tale sentenza è stata pronunciata sulla base del § 243 BGB, che corrisponde all'art. 71 del nostro CO). Questa soluzione trova conferma nella regola posta all'art. 206 CO, il quale accorda all'acquirente di cose fungibili difettose (che generalmente sono determinate dalla loro specie), oltre alle azioni fondate sulla garanzia per i difetti, il diritto di domandare "altre cose dello stesso genere". Il fondamento giuridico di un simile diritto sta in questo, che il venditore, fornendo un'"altra cosa", non ha adempiuto il contratto, e non si è quindi liberato dai suoi obblighi. L'azione speciale che l'art. 206 CO conferisce all'acquirente è, in realtà, un'azione tendente all'esecuzione del contratto, e non una modalità dell'azione di garanzia per le qualità promesse. È in questo corretto senso che il Tribunale federale, già nella sentenza pubblicata in RU 16 p. 159 e segg. ha interpretato l'art. 252 del vecchio CO (cfr., in particolare, p. 161; si trattava, nella fattispecie, di un caso in cui del grano dell'anno 1888 era stato fornito al posto di grano del 1887). BGE 94 II 26 S. 31 La giurisprudenza e la dottrina tedesche relative al § 480 BGB, che corrisponde al nostro art. 206 CO, seguono la stessa linea. Anche la citata norma del diritto germanico poggia infatti sull'idea che, dovendosi fornire una cosa determinata solo nella specie, la consegna d'un oggetto difettoso è assimilato ad inadempimento. Tale norma è stata istituita perchè la dottrina dominante negava la possibilità di proporre le azioni di garanzia nel caso di compravendita di una cosa determinata soltanto nella specie (WINDSCHEID, Pandekten, § 394, N. 5). Il § 480 BGB ha quindi risolto la controversia, accordando un concorso d'azioni fondate l'una sull'inadempimento, l'altra sulla garanzia per i difetti (ALFRED FISCHER, Jherings Jahrbücher, vol. 51, p. 214; STAUDINGER, op.cit., N. 59 al § 243 e N. 1 - 4 al § 480; RGRK zum BGB, N. 1 al § 480). b) Si potrebbe invero obiettare che, una volta eseguita la fornitura, la cosa è stata specificata, di guisa che sarebbe fuori posto parlare di mancato adempimento dell'obbligazione da parte del venditore. Ma una simile obiezione mancherebbe d'ogni fondamento, dal momento che la consegna di una cosa diversa da quella pattuita, di cui non presenti tutte le specificazioni convenute, non corrisponde per nulla ad un adempimento del contratto e non può quindi avere l'effetto di "concentrazione" (RGRK zum BGB, N. 20 al § 243; STAUDINGER, op.cit., N. 59 e 39 al § 243; RGZ, vol. 69 p. 409). La conclusione sarebbe diversa soltanto qualora il creditore avesse accettato per valida la fornitura. Ma questa eventualità non si avvera nella fattispecie, ove l'attrice è stata ingannata sull'identità della vettura consegnatale, che ha poi rifiutato non appena ebbe sicura conoscenza del suo difetto (cfr. WINDSCHEID, op.cit. § 394, nota 21, il quale dichiara che "dagegen bewirkt irrige Annahme nicht, dass Erfüllung sei, was Erfüllung nicht ist"). È quindi sulla base delle norme relative all'inadempimento del contratto che deve essere esaminata la presente vertenza, essendo stato accertato in modo vincolante dalla precedente istanza (art. 63 cpv. 2 OG) che la vettura fornita non corrispondeva al convenuto modello 1964 (sibbene al modello 1963). 3. Giusta l'art. 97 cpv. 1 CO, il debitore che non adempie l'obbligazione o che non la adempie nel debito modo è, di massima, tenuto al risarcimento del danno derivatone. Trattandosi di un contratto bilaterale, l'art. 107 cpv. 1 CO accorda poi al creditore della prestazione il diritto di fissare al debitore BGE 94 II 26 S. 32 messo in mora un congruo termine per l'adempimento. Se tale termine trascorre infruttuosamente, il creditore può ancora richiedere, l'adempimento e il risarcimento del danno causato dal ritardo ma può anche, purchè lo dichiari immediatamente, rinunciare alla prestazione tardiva e pretendere il danno derivante dall'inadempimento, oppure recedere dal contratto (art. 107 cpv. 2 CO). La Corte cantonale ha riconosciuto all'attrice il diritto di avvalersi di quest'ultima facoltà, e, quindi, il diritto di dipartirsi dal contratto litigioso. Il ricorrente fa però valere che van Paassen non l'ha mai messo in mora e che nemmeno gli ha fissato il termine supplementare previsto dall'art. 107 CO: egli contesta pertanto che siano riuniti in concreto i requisiti per uno scioglimento della compravendita fondato sull'inadempimento. a) Il contratto in questione non contiene alcuna clausola circa le conseguenze di un ritardo nell'adempimento. Sono quindi applicabili le norme legali degli art. 107-109 CO. Secondo la volontà delle parti, l'automobile doveva essere consegnata "il più presto possibile". Il giorno della fornitura non era quindi stato fissato di comune accordo, di modo che la mora del debitore, condizione prima del recesso per inadempimento, non poteva risultare che da una interpellazione del creditore ai sensi dell'art. 102 CO. L'esigenza di una simile diffida è tuttavia temperata quando, secondo le regole della buona fede, una interpellazione formale appare superflua, in particolare quando il debitore, attraverso il suo comportamento, ha chiaramente manifestato la ferma intenzione di non adempiere i suoi obblighi (cfr. OSER-SCHÖNENBERGER, N. 15 e 16 all'art. 102 CO, che invoca l'applicazione per analogia dell'art. 108 CO; una sentenza del Reichsgericht - Seuff Arch. 60 N. 28 - approvata dalla dottrina (ENNECCERUS-LEHMANN, Das bürgerliche Recht, 15. ed., II, p. 221; STAUDINGER, N. 25 al § 284; RGRK zum BGB, N. 30 al § 284) espone il principio che il semplice avviso del difetto riscontrato successivamente in una prestazione dapprima accettata, costituisce una messa in mora valida; la giurisprudenza tedesca - RGRK zum BGB, N. 30 al § 284 - ammette inoltre che, dovendo essere consegnata una cosa determinata solo nella specie, la richiesta dell'acquirente fondata sul § 480 BGB e volta all'ottenimento d'altre cose dello stesso genere, costituisce egualmente una messa in mora efficace). BGE 94 II 26 S. 33 Nella fattispecie, risulta dalla corrispondenza scambiata tra le parti, e alla quale la sentenza impugnata si riferisce esplicitamente, che il 6 luglio 1965 il legale dell'attrice ha informato il convenuto dell'inganno di cui la sua cliente era rimasta vittima e dell'intenzione di questa di recedere dal contratto, con la conseguente restituzione delle reciproche prestazioni; in via subordinata, il legale informava Cencini che l'attrice era disposta ad accettare una vettura Jaguar nuova del modello 1964 specificato nel contratto. Non v,è dubbio che questa lettera costituisce una messa in mora formale e perfettamente operante. Il 26 luglio successivo, d'altra parte, l'attrice ha restituito a Cencini le chiavi della vettura, che è stata così messa a disposizione del convenuto. Questi, rispondendo a tali misure, ha contestato le risultanze della perizia fatta eseguire dall'attrice, e ribadito che la vettura fornita a quest'ultima era dell'anno 1964. Dopo di che, con lettera del 17 agosto 1965, il legale ticinese dell'attrice ha fissato al convenuto un termine di dieci giorni per dare soddisfazione alla sua cliente, minacciando l'apertura di un procedimento giudiziario in caso di mancato accordo. Con successiva lettera del 6 settembre 1965, il legale informava Cencini che l'attrice aveva oramai depositato la vettura a Zurigo e che più non intendeva riprenderla; impartiva quindi al convenuto un ultimo termine scadente il 14 settembre 1964 per liquidare la vertenza. L'atteggiamento di Cencini susseguente alla lettera inviatagli il 6 luglio 1965 dal legale dell'attrice fa con tutta evidenza apparire inutile la fissazione del termine supplementare prescritto dall'art. 107 CO. Pertanto, la mora del convenuto, acquisita con la ricezione da parte di questo dello scritto del 6 luglio 1965, autorizzava l'attrice a recedere dal contratto. Quest'ultima ha fatto uso di tale facoltà, e il suo recesso risulta chiaramente dalla lettera con la quale restituiva al venditore le chiavi della vettura; siffatto recesso è stato poi confermato in modo inequivocabile da tre successive lettere del legale ticinese. I presupposti formali stabiliti dalla legge per lo scioglimento del contratto a causa di inadempimento sono quindi manifestamente dati. b) L'attrice ha quindi validamente rinunciato al contratto di compravendita per inadempimento del venditore. Essa ha pertanto diritto alla restituzione del prezzo versato, così come al rimborso delle spese che le ha causato tale inadempimento, e il cui ammontare non è litigioso (art. 97 cpv. 1 CO). Il venditore BGE 94 II 26 S. 34 inadempiente non ha del resto provato l'assenza di colpa da parte sua, ciò che avrebbe potuto escludere l'obbligo di risarcimento, giusta la norma citata. Comunque, non si vede come egli avrebbe potuto addurre una tale prova, quando ha dato la garanzia inesatta d'aver ordinato la vettura direttamente presso la fabbrica. La questione dell'indennità dovuta dall'attrice per l'uso dell'automobile dal 31 marzo 1964 al 26 luglio 1965 non è litigiosa ed è stata esplicitamente lasciata indecisa dalla Corte cantonale, il convenuto non avendo preso alcuna conclusione e non avendo richiesto alcuna misura d'istruttoria su tale punto. Tutte queste considerazioni impongono di respingere il ricorso e di confermare la sentenza impugnata. 4. Nella fattispecie, si potrebbe giungere alla medesima conclusione seguendo un'altra via, quella dell'art. 206 CO. Tale norma, che si riferisce alla vendita di cose fungibili, stabilisce che il compratore, quando sia dovuta la garanzia per i difetti, "può valersi, a sua scelta, dell'azione redibitoria o dell'estimatoria o domandare altre cose dello stesso genere scevre di difetti". a) È chiaro che l'art. 206 CO, secondo il suo tenore letterale, concerne la vendita di cose fungibili e non quella di cose determinate solo nella specie. Tuttavia VON TUHR, § 8 nota 7, approvato da OSER-SCHÖNENBERGER, N. 2 all'art. 206 CO, rileva che il termine di "cosa fungibile" è inesatto, mentre BECKER, N. 1 all'art. 206, estende l'applicazione di tale norma puramente e semplicemente alla vendita delle cose determinate solo nella specie. In realtà, non c'è alcun motivo di limitare la portata dell'art. 206 CO alle sole cose fungibili, quando la difficoltà ch'esso ha lo scopo di sciogliere è comune a tutte le vendite di oggetti determinati solo nella specie. Del resto, come ha giustamente rilevato VON THUR (loc. cit.), l'applicazione della suesposta norma secondo il termine "fungibili" è esclusa ogni volta che una vendita ha per oggetto un quantitativo completo di cose fungibili determinate (cfr. inoltre RU 41 II 436). Per l'applicabilità dell'art. 206 CO non è quindi determinante il fatto che la vendita porti su una cosa fungibile, bensì quello che essa si riferisca ad un oggetto non individualmente determinato. Il § 480 BGB, che manifestamente persegue lo stesso fine dell'art. 206 CO e che accorda al creditore un concorso di BGE 94 II 26 S. 35 azioni fondate l'una sull'esecuzione difettosa, l'altra sull'inadempimento, si riferisce esso pure a tutte le vendite di cose determinate solo nella specie. Le suesposte considerazioni permettono quindi di ravvisare nell'art. 206 CO una regola lata applicantesi tanto nel caso in cui l'oggetto fornito è inficiato da difetti ai sensi dell'art. 197 CO quanto nel caso in cui l'oggetto è di un'altra "specie". b) Intesa in questo senso lato la nozione di difetto secondo la norma citata, l'attrice era quindi in concreto legittimata a recedere immediatamente dal contratto, dal momento che aveva segnalato il vizio non appena ne ebbe conoscenza sicura. Certo, secondo l'applicabile art. 205 cpv. 2 CO, il giudice può, quando non trovi la chiesta risoluzione giustificata dalle circostanze, limitarsi a ridurre il prezzo contrattuale. Tuttavia, i requisiti per riconoscere una siffatta riduzione del prezzo in vece e luogo della risoluzione del contratto non sono adempiuti nella fattispecie e nessuna circostanza fa apparire il recesso ingiustificato. Da una parte, infatti, c'è la promessa speciale data dal convenuto nel senso che la vettura fornita era del modello 1964, dall'altra sta l'importanza che l'attrice annetteva all'acquisto di tale modello ad esclusione, precisamente, del modello 1963. A ragione la Corte cantonale ha voluto sottolineare queste circostanze e insistere sull'obbligo del giudice di imporre il rispetto degli impegni e della correttezza nei rapporti commerciali. È del resto pacifico che le parti hanno considerato come elemento essenziale la fornitura di un modello 1964, per la quale il venditore medesimo ha dato formali garanzie. Significherebbe pertanto mettersi in completa contraddizione con l'accordo dei contraenti considerare oggi, secondo quanto vorrebbe il convenuto, l'accennata specificazione come una modalità di scarso peso, di guisa che nella fornitura di un modello del 1963, anzichè del 1964, sarebbe ravvisabile soltanto un leggero difetto che una semplice riduzione del prezzo basterebbe a compensare. Non va infine dimenticato che l'attrice è stata vittima di un deliberato inganno e che il convenuto, quand'anche fosse in buona fede, non ha usato la diligenza richiesta riguardo alle promesse formali che ha dato. Anzi, egli stesso ha mentito quando, il 3 dicembre 1963, scriveva al legale dell'attrice di aver "passato direttamente l'ordine alla fabbrica", affinchè la signora van Paassen avesse "la certezza di un ottimo modello 1964, completo di ogni accorgimento". BGE 94 II 26 S. 36 In tali circostanze, si deve ammettere il diritto dell'attrice di chiedere la rescissione del contratto, indipendentemente dal fatto che essa ha usato la vettura durante più di un anno e che il modello 1964 non sembra rivoluzionario rispetto al modello 1963. c) Giusta l'art. 210 cpv. 1 CO, le azioni fondate sugli art. 205 e segg. CO si prescrivono, di massima, col decorso d'un anno dalla consegna della cosa al compratore. Il ricorrente rimprovera alla Corte cantonale di non aver tenuto conto della tardività dell'avviso dato dall'attrice e ritiene quindi che la domanda fatta valere con la petizione avrebbe dovuto essere respinta perchè prescritta. La sua opipione è tuttavia infondata. La Corte cantonale ha infatti accertato che l'eccezione di prescrizione non è stata sollevata nei limiti del contraddittorio giudiziale, ma solamente "in sede conclusiva", e pertanto tardivamente ai sensi delle norme della procedura ticinese. Essa si è di conseguenza rifiutata di tenerne conto. Questo punto di giudizio non può essere riveduto dal Tribunale federale quale giurisdizione di ricorso per riforma, cui sfugge l'esame delle disposizioni di diritto cantonale (v. RU 80 III 52 consid. 2). Nè si può sostenere, come vorrebbe il ricorrente, che l'eccezione avrebbe dovuto essere considerata d'ufficio giusta il diritto federale. Infatti, secondo quanto risulta chiaramente dal suo tenore, l'art. 210 CO istituisce una prescrizione e non una perenzione del diritto (v., in particolare, i cpv. 2 e 3; OSER-SCHÖNENBERGER, N. 2 all'art. 210 CO; BECKER, N. 1 all'art. 210 CO). Ora, giusta l'art. 142 CO, il giudice non può supplire d'ufficio l'eccezione di prescrizione, che deve essere invocata secondo le forme e nello stadio previsti dalla procedura cantonale. Del resto, secondo l'art. 210 cpv. 1 in fine CO, si deve prescindere dal termine annuale di prescrizione quando il venditore "abbia espressamente promesso la garanzia per un tempo più lungo". In concreto, il ricorrente ha formalmente garantito l'attrice quanto all'anno di costruzione della vettura fornita. In una lettera del dicembre 1963 egli le ha assicurato la fornitura di "un ottimo modello 1964, completo di ogni accorgimento". Date le particolari circostanze della fattispecie e la speciale importanza che le parti attribuivano a tale specificazione, una siffatta garanzia non porta su di un attributo BGE 94 II 26 S. 37 qualunque di cui il venditore afferma la presenza nell'oggetto venduto, bensì su di una qualità essenziale che ne determina persino l'identità. Una tale dichiarazione di garanzia, per l'oggetto che concerne e lo scopo cui mira, implica che l'acqui rente potrà prevalersene in ogni tempo, fino allo spirare del termine ordinario decennale della prescrizione. È quanto, del resto, il Tribunale federale ha già deciso in un caso in cui il venditore aveva garantito l'autenticità di un quadro d'autore (RU 56 II 430). Ne consegue che il diritto dell'attrice di chiedere lo sciogli mento del contratto secondo l'art. 206 CO non si è estinto per prescrizione. La domanda di van Paassen era quindi fondata anche ai sensi di tale disposizione. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto.
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