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Urteilskopf 108 II 143 29. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Mai 1982 i.S. F. gegen Genfer Lebensversicherungsgesellschaft (Berufung)
Regeste Versicherungsvertrag, Anzeigepflicht ( Art. 4, 6 VVG ). Das Bestehen anderer Lebens- oder Invaliditätsversicherungen oder die Stellung eines Versicherungsantrages bei einer andern Gesellschaft stellt beim Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags grundsätzlich eine erhebliche Gefahrstatsache dar. Das Verschweigen solcher Versicherungen oder solcher Anträge berechtigt deshalb in der Regel den Versicherer, vom Versicherungsvertrag zurückzutreten.
Sachverhalt ab Seite 144 BGE 108 II 143 S. 144 A.- F. unterzeichnete am 17. Januar 1978 als zu versichernde Person ein Antragsformular der Genfer Lebensversicherungsgesellschaft für eine kombinierte Lebensversicherung, das der Vertreter der Versicherungsgesellschaft nach seinen Angaben ausgefüllt hatte. Gegenstand des Antrages waren eine Lebensversicherung von Fr. 50'000.-- mit Gewinnanteil sowie zusätzlich eine temporäre Todesfallversicherung von ebenfalls Fr. 50'000.--, eine Rente bei Arbeitsunfähigkeit von jährlich Fr. 30'000.-- mit einer Wartefrist von 24 Monaten und die Prämienbefreiung bei Invalidität mit einer Wartefrist von drei Monaten; als Dauer der Versicherung waren 32 Jahre vorgesehen. Der Antrag wurde von der Versicherungsgesellschaft angenommen, und der Versicherungsvertrag kam mit Wirkung ab 1. Februar 1978 zustande. Es wurde eine Police mit der Nummer 727 397 ausgestellt. Das Antragsformular enthielt nach einem Hinweis auf die Anzeigepflicht und die Folgen von deren Verletzung ein Frageschema. Die erste Frage lautete dahin, ob ein Versicherungsantrag auf das Leben des Antragstellers bereits bei einer andern Lebensversicherungsgesellschaft gestellt worden sei. Für den Fall der Bejahung dieser Frage standen vier Zeilen zur Verfügung, auf denen die erforderlichen Angaben in vier Kolonnen eingetragen werden konnten. Diese waren wie folgt überschrieben: "Jahr?" "Welche Gesellschaft?" "Versicherungskapital?" "IV-Rente?" In drei Unterfragen wurde sodann danach gefragt, ob der Versicherungsantrag zu den gewöhnlichen Bedingungen angenommen worden, ob er zu erschwerten Bedingungen angenommen, abgelehnt oder zurückgestellt worden sowie ob er noch unerledigt sei. F. bejahte die Hauptfrage und gab auf der ersten der hiefür vorgesehenen Zeilen an, im Jahre 1967 bei der "Patria" einen Antrag für eine Versicherung über ein Kapital von Fr. 15'000.-- und mit einer Invalidenrente von ca. Fr. 1'200.-- gestellt zu haben. Die Unterfragen nach der Annahme des Antrages zu erschwerten Bedingungen, bzw. Ablehnung oder Zurückstellung BGE 108 II 143 S. 145 des Antrages sowie danach, ob der Antrag noch unerledigt sei, verneinte er. B.- Am 20. Februar 1978 soll F. angeblich einen Unfall erlitten haben. Als einziger Angestellter der Firma Ewis, E. Wildi, mechanische Werkstätte, Schafisheim, will er beim Wechseln einer defekten Fluoreszenzröhre rücklings von einer Leiter zu Boden gefallen sein. Dieser Schadenfall löste die Frage nach der Leistungspflicht der Genfer Lebensversicherungsgesellschaft auf Grund des kurz vorher in Kraft getretenen Versicherungsvertrages aus. Im Zusammenhang mit internen Abklärungen erhielt die Gesellschaft am 25. Oktober 1979 davon Kenntnis, dass F. am 28. Februar 1977 bei der Union des Assurances de Paris Vie (UAP) eine Risikoversicherung von Fr. 100'000.-- mit Invalidenrente von Fr. 30'000.-- abgeschlossen habe. Gestüzt auf diese Mitteilung erklärte die Genfer Lebensversicherungsgesellschaft mit Schreiben an F. vom 15. November 1979 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen Verletzung der Anzeigepflicht, weil er ihr die Versicherung bei der UAP verschwiegen habe. C.- Am 19. April 1980 liess F. gegen die Genfer Lebensversicherungsgesellschaft beim Amtsgericht Olten-Gösgen Klage einreichen. Er stellte das Begehren, es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte weiterhin an den mit ihm abgeschlossenen Versicherungsvertrag, bzw. die Police Nr. 727 397, gebunden sei. Mit Urteil vom 17. Dezember 1980 wies das Amtsgericht die Klage ab. Am 20. Oktober 1981 wies das Obergericht des Kantons Solothurn eine Appellation des Klägers gegen dieses Urteil ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. D.- Gegen das obergerichtliche Urteil hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, seine Klage sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils zu schützen. Die Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 4 VVG hat der Antragsteller dem Versicherer an Hand eines Fragebogens oder auf sonstiges schriftliches Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm beim Vertragsabschlusse bekannt sind oder bekannt sein müssen, schriftlich mitzuteilen. Als erheblich gelten jene Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss BGE 108 II 143 S. 146 des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben. Die Gefahrstatsachen, auf welche die schriftlichen Fragen des Versicherers in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet. Gefahrstatsachen sind alle Tatsachen, die bei Beurteilung der Gefahr in Betracht fallen und den Versicherer demzufolge über den Umfang der zu deckenden Gefahr aufklären können; dazu sind nicht nur jene Tatsachen zu rechnen, welche die Gefahr verursachen, sondern auch solche, die bloss einen Rückschluss auf das Vorliegen von Gefahrenursachen gestatten ( BGE 99 II 77 unten/78 oben mit Hinweisen). Hat der Antragsteller beim Abschluss einer Versicherung eine für ihn erkennbare erhebliche Gefahrstatsache im soeben dargelegten Sinn, nach der er ausdrücklich und in unzweideutiger Art gefragt worden war, unrichtig beantwortet oder verschwiegen, so steht dem Versicherer nach Art. 6 VVG das Recht zu, binnen vier Wochen seit Kenntnis der Verletzung der Anzeigepflicht vom Vertrag zurückzutreten. 2. In der Berufung wird das Vorliegen einer Verletzung der Anzeigepflicht zunächst mit der Begründung verneint, dass der Kläger im Antragsformular der Beklagten nur eine einzige Zeile zur Verfügung gehabt habe, um einen bei einer andern Versicherungsgesellschaft gestellten Versicherungsantrag auf sein Leben unter den Rubriken "Jahr?/Welche Gesellschaft?/Versicherungskapital?/IV-Rente?" einzutragen. Allein schon auf Grund dieser Gestaltung des Antragsformulars stehe fest, dass die Beklagte bloss habe wissen wollen, ob früher bei einer (gemeint einzigen) andern Lebensversicherungsgesellschaft ein Versicherungsantrag gestellt worden sei. Sodann habe sich die Frage auf einen Versicherungsantrag in der Einzahl bezogen, was ebenfalls zeige, dass sich die Beklagte damit habe begnügen wollen, im Falle einer Mehrzahl solcher Anträge nur von einem einzigen derselben Kenntnis zu erhalten. In Anbetracht der klaren, unzweideutigen Fragestellung im Antragsformular sei es auch völlig unerheblich, ob ein Agent der Beklagten den Kläger allenfalls nach dem Vorliegen weiterer Versicherungsverträge gefragt habe. Eine Verletzung der Anzeigepflicht könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kläger in der Absicht, die Beklagte zu täuschen, einen nach Abschluss der Versicherung mit der "Patria" gestellten Versicherungsantrag verschwiegen hätte, der abgelehnt worden sei. 3. Der Betrachtungsweise des Klägers kann nicht gefolgt BGE 108 II 143 S. 147 werden. Wie im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt wird, konnte das Wörtchen "ein" in der von der Beklagten gestellten Frage ("Wurde ein Versicherungsantrag auf Ihr Leben bereits bei einer andern Lebensversicherungsgesellschaft gestellt?") vernünftigerweise nicht im Sinne eines Zahlwortes, sondern nur als unbestimmter Artikel verstanden werden. Die Annahme, die Beklagte wünsche im Falle der Stellung mehrerer Lebensversicherungsanträge nur von einem einzigen derselben Kenntnis zu erhalten, würde dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr widersprechen. Mit Recht hat die Vorinstanz auch darauf hingewiesen, dass die ganze Ausgestaltung des Frageschemas im Antragsformular gegen die klägerische Auffassung spricht. Es wäre in der Tat nicht einzusehen, weshalb für die Eintragungen in den verschiedenen Kolonnen insgesamt vier Zeilen zur Verfügung standen, wenn es nicht die Meinung gehabt haben sollte, dem Antragsteller auf diese Weise zu ermöglichen, mehrere von ihm bei andern Gesellschaften gestellte Anträge anzugeben. Von einer zweideutigen Fassung der Frage nach andern Versicherungsanträgen, die zu Zweifeln über den Sinn dieser Frage hätte Anlass geben können, kann deshalb keine Rede sein. Im übrigen zeigt die Schilderung im angefochtenen Urteil darüber, wie die Antragstellung durch den Kläger seinerzeit erfolgte, dass dieser durch die Formulierung der betreffenden Frage im Antragsformular in keiner Weise irregeführt wurde. Die Vorinstanz hat in dieser Hinsicht beweismässig festgestellt, dass der Kläger vom Agenten Gerber der Beklagten tatsächlich nach mehreren bestehenden Versicherungen gefragt worden war. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger durch die Verschweigung des mit der Gesellschaft UAP geschlossenen Versicherungsvertrages die ihm gestellte Frage unrichtig beantwortet hat. Mit Recht wird in diesem Zusammenhang die Behauptung nicht wieder aufgenommen, der verschwiegene Versicherungsvertrag habe auch deshalb nicht angegeben werden müssen, weil er ursprünglich von der F. AG und nicht vom Kläger persönlich abgeschlossen worden sei. 4. Das angefochtene Urteil erweist sich sodann auch insofern als richtig, als die Frage nach bei andern Lebensversicherungsgesellschaften gestellten Versicherungsanträgen als eine solche nach einer erheblichen Gefahrstatsache betrachtet wurde. Zwar bezieht sich diese Frage nicht unmittelbar auf die zu versichernde Gefahr als solche. Trotzdem kann sie dem Versicherer einen Rückschluss BGE 108 II 143 S. 148 erlauben, ob möglicherweise eine Gefahrstatsache in diesem engeren Sinn vorhanden sei. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der bei einer andern Gesellschaft gestellte Antrag abgelehnt oder nur zu erschwerenden Bedingungen angenommen worden ist ( BGE 55 II 58 f.). Aber auch abgesehen davon kann das Bestehen anderer Versicherungen gleicher Art oder die Stellung eines Versicherungsantrages bei einer andern Gesellschaft als Hilfstatsache für die Abschätzung des zu deckenden Risikos von Bedeutung sein. Es können sich daraus Rückschlüsse auf Absichten oder Eigenschaften der zu versichernden Person ergeben, die für die Risikobewertung nicht gleichgültig sind ( BGE 68 II 331 ; KOENIG, Schweiz. Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., S. 171; ROELLI/KELLER, Kommentar zum VVG, Bd. I, S. 101 f.). So kann z.B. der Abschluss verschiedener hoher Lebens- und Invaliditätsversicherungen unter Umständen einen Anhaltspunkt für Suizidgedanken oder für ein erhöhtes Invaliditätsrisiko des zu Versichernden bilden. Das Verschweigen solcher Versicherungen berechtigt deshalb den Versicherer, gemäss Art. 6 VVG vom Versicherungsvertrag zurückzutreten. Ein solches Ergebnis wäre allerdings stossend, wenn der Antragsteller die Angabe eines einzigen von mehreren Versicherungsverträgen vergisst, insbesondere wenn der Abschluss des Vertrags viele Jahre zurückliegt und die Versicherungssumme verhältnismässig klein ist. So verhielt es sich im vorliegenden Fall indessen nicht. Der Kläger vermochte sich nämlich sehr wohl an die bereits im Jahre 1967 bei der "Patria" abgeschlossene Versicherung mit einem Versicherungskapital von bloss Fr. 15'000.-- und einer Invaliditätsrente von Fr. 1'200.-- zu erinnern. Die zehn Jahre später abgeschlossene, viel bedeutendere Versicherung mit der Versicherungsgesellschaft UAP mit einem Kapital von Fr. 100'000.-- und einer Invaliditätsrente von Fr. 30'000.-- verschwieg er jedoch. Diese Versicherung vermochte den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, viel eher zu beeinflussen als diejenige mit der "Patria". Die Verschweigung dieses Versicherungsvertrags war deshalb zweifellos geeignet, das Rücktrittsrecht der Beklagten auszulösen. 5. Dass die Beklagte den Vertragsrücktritt rechtzeitig erklärt hat, ist nicht bestritten. Die Vorinstanz hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. BGE 108 II 143 S. 149 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (Zivilkammer) des Kantons Solothurn vom 20. Oktober 1981 bestätigt.
public_law
nan
de
1,982
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CH_BGE_004
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Federation
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Urteilskopf 99 II 176 26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. September 1973 i.S. Steffan gegen Artella AG.
Regeste Haftung aus Aktienrecht. 1. Art. 722 Abs. 1 und 754 Abs. 1 OR. Ersatzpflicht eines Verwaltungsrates, der einen grossen Teil des Grundkapitals für hochspekulative Aktienkäufe verwendet (Erw. 1). 2. Art. 43 Abs. 1, 44 und 99 Abs. 2 OR. Keine Ermässigung der Ersatzpflicht, wenn der eingetretene Schaden in vollem Umfange die Folge pflichtwidrigen Verhaltens ist und die Gesellschaft kein Mitverschulden trifft (Erw. 2). 3. Die Verurteilung zu Schadenersatz gegen Aushändigung der gekauften Aktien verletzt das Gesetz nicht (Erw. 3). 4. Entgangener Zins als Schaden der Gesellschaft (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 99 II 176 S. 177 A.- 1) Der in Italien wohnende Sambucci beauftragte am 30. März 1965 die in Zürich niedergelassene Verwaltungs-, Finanz- und Treuhand-Gesellschaft Mandatropa AG, die Aktiengesellschaft Artella AG mit einem von ihm voll einbezahlten Grundkapital von Fr. 50'000.-- und Sitz in Zug zu gründen. Der Zweck der Artella AG wurde im schriftlichen Auftrag Sambuccis nicht angegeben, im Handelsregister jedoch wie folgt umschrieben: "Beteiligung an andern Unternehmungen; Verwaltung von Vermögenswerten aller Art; Verwaltung von Patenten aller Art; Erwerb, Verwaltung und Veräusserung von Grundstücken; Handel mit Waren aller Art." Einziger Verwaltungsrat wurde der Vizepräsident des Verwaltungsrates der Mandatropa Dr. Bruno Steffan. Im Jahre 1966 gingen die Artella-Aktien auf den in Italien wohnenden Ciucci über. Am 11. Februar 1969 starb Steffan. An seiner Stelle wurde am 18. März 1969 der Geschäftsführer der Mandatropa, Hans Schmidig, einziger Verwaltungsrat der Artella AG. 2) Zwischen dem 21. und dem 31. August 1968 kaufte Steffan für sich selbst und weitere Beteiligte, darunter die Artella AG, 31'900 Aktien der in Kanada niedergelassenen Moneta Porcupine Mines Ltd. und bezahlte dafür durchschnittlich c$ 2.27 je Stück. Der Artella AG belastete er für ihren Anteil Fr. 40'000.--. Die erwähnten Moneta-Aktien wurden von der Anstalt Omnipol Establishment in Vaduz verwaltet. Deren Abrechnungen vom 11. März 1970 und 27. November 1970 ist zu entnehmen, dass am 17 Oktober 1968 400 Stück zu c$ 2.80 das Stück weiterverkauft wurden, dass von den verbleibenden 31'500 Aktien 4331 auf die Artella AG entfielen und dass vom Erlös aus den verkauften 400 nach Abzug aller Kosten c$ 671.20 übrig blieben, wovon der Artella AG c$ 92.28 zukamen. 3) Der Kurs der Moneta-Aktien sank. Im Jahre 1969 schwankte er zwischen c$ 2.15 und 0.80. Im März 1969 ging er von c$ 1.80 auf 1.45 zurück und im April 1969 auf 1.35. Im Jahre 1970 schwankte er zwischen c$ 1.35 und 0.70 und im Jahre 1971 zwischen c$ 1.05 und 0.52. Im Juni/Juli 1972 erreichte er c$ 1.20. Wegen der Kursverluste dieser Papiere beschloss die Artella AG in der Generalversammlung vom 5. Dezember 1970, Steffan für seine Tätigkeit als Verwaltungsrat nicht zu entlasten. Am 24. Februar 1971 setzte sie dem Vollstrecker des letzten BGE 99 II 176 S. 178 Willens Steffans Frist bis 10. März 1971, um ihr zulasten der Erbmasse Fr. 40'000.-- nebst 5% Zins seit 1. September 1968 zu überweisen und dafür die 4331 Moneta-Aktien zu übernehmen. B.- Nach erfolgloser Sühneverhandlung vom 23. September 1971 beantragte die Artella AG dem Bezirksgericht Zürich, die Erbin Sibylle Steffan zu verpflichten, ihr gegen Aushändigung von 4331 Aktien der Moneta Porcupine Mines Ltd. Fr. 40'000.-- mit 5% Zins seit 1. September 1968 zu zahlen. Das Bezirksgericht wies die Klage ab, das Obergericht des Kantons Zürich hiess sie dagegen am 20. Februar 1973 gut. Das Obergericht sieht wie die Klägerin in deren Beteiligung am Kauf der Moneta-Aktien eine hochspekulative Anlegung von Gesellschaftsvermögen. Es führt insbesondere aus, Steffan habe nach den eigenen Angaben der Beklagten eine kurzfristige Anlage vornehmen wollen und eine Wertsteigerung erwartet, die durch eine Integration der Moneta Porcupine Mines Ltd. und anderer Gesellschaften in die Charter Oil Ltd. eintreten sollte. Die Beklagte berufe sich auf ein Exposé Schmidigs vom 5. November 1968, das nach ihren Ausführungen die Überlegungen wiedergebe, die Steffan in der kritischen Zeit angestellt habe. Aus dem Exposé ergebe sich aber, dass die Moneta Porcupine Mines Ltd. vorwiegend oder doch stark an der Silbererzeugung beteiligt war. Auch sei die Integration nicht sicher gewesen und die Wertsteigerung auf jeden Fall ausgeblieben. Dazu komme, dass dort, wo rasche Wertsteigerungen möglich seien, in der Regel auch eine Gefahr gleich grosser Verluste bestehe. C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt in erster Linie, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es ist eine Tatfrage, aus welchen Beweggründen Steffan die Klägerin am Kauf von Moneta-Aktien beteiligte. Das Bundesgericht ist deshalb an die vorinstanzliche Feststellung gebunden, wonach er die gleichen Überlegungen machte, die Schmidig später im Exposé vom 5. November 1968 darlegte. Die Beklagte bestreitet diese Beweggründe nicht. Sie bringt BGE 99 II 176 S. 179 zwar vor, es entspreche nicht ihrer Darstellung und sei unbewiesen, dass das Exposé die Überlegungen wiedergebe, die Steffan in der kritischen Zeit anstellte, vielmehr enthalte es die Argumente, mit denen Schmidig Steffan für das Moneta-Geschäft gewonnen habe. Das ist jedoch ein blosser Streit um Worte. Wenn Steffan sich von Schmidig mit diesen Argumenten für das Geschäft gewinnen liess, machte er die gleichen Überlegungen wie Schmidig im Exposé. Zu überprüfende Rechtsfrage ist dagegen, ob die spekulativen Beweggründe Steffans den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns und der Fahrlässigkeit rechtfertigen. Die Beklagte hat nicht behauptet, der einzige Aktionär der Klägerin, Ciucci, habe dem Erwerb der Moneta-Aktien zugestimmt. Auch aus dem Auftrag zur Gründung der Klägerin, den sein Vorgänger Sambucci erteilt hatte, ergab sich nicht, dass mit ihrem Grundkapital spekulative Geschäfte getätigt werden durften. Der statutarische Zweck der Klägerin schloss solche nicht von vornherein aus, legte sie aber auch nicht nahe. Eine Geschäftstätigkeit im Sinne ihres Zweckes hatte die Klägerin noch nicht aufgenommen, obschon seit der Gründung schon mehr als drei Jahre verflossen waren. Eine Praxis, mit ihrem Vermögen zu spekulieren, bestand nicht und wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Steffan musste nach den Umständen voraussetzen, es sei Ciucci wie seinem Vorgänger daran gelegen, in der Schweiz angelegte sichere Vermögenswerte zu besitzen. Er hatte auch im Interesse der Gesellschaftsgläubiger für die Erhaltung des einbezahlten Kapitals besorgt zu sein. Mit dieser Sorgfaltspflicht vertrug es sich nicht, bei einem Grundkapital von Fr. 50'000.-- und beim Fehlen weiteren Vermögens Fr. 40'000.-- in Aktien einer kanadischen Gesellschaft anzulegen, deren Wert sehr stark vom schwankenden Silberpreis abhing. Dass Steffan diese Anlage nur für kurze Zeit vornehmen wollte, weil er mit einem baldigen Steigen des Kurswertes der Moneta-Aktien rechnete, ändert nichts. Der Beklagten hilft auch nicht der Hinweis darauf, dass Steffan mit dreimal höherem Aufwand auch für sich selber solche Aktien kaufte. Art. 722 Abs. 1 OR verpflichtete ihn zu aller Sorgfalt, nicht nur zur Vorsicht, die er in eigenen Geschäften anzuwenden pflegte. Wie die Beklagte selber ausführt, war er ein erfahrener Geschäftsmann. Er durfte daher nicht nur die Gewinnmöglichkeit BGE 99 II 176 S. 180 im Auge haben, sondern hätte sich sagen sollen, dass die Spekulation auch fehlschlagen könnte und die Klägerin dadurch mangels jeglicher Risikoverteilung erheblich geschädigt würde. Dass ihm der Erwerb der Moneta-Aktien nachdrücklichst von Schmidig empfohlen worden sein soll, dass dieser angeblich von einem befreundeten Bankfachmann beraten war und dass auch ein Generaldirektor einer schweizerischen Grossbank sich am Kauf der Moneta-Aktien beteiligte, entschuldigt ihn nicht. Steffan hätte sich sagen sollen, dass diese Umstände an der rein spekulativen Natur des Geschäftes nichts zu ändern vermochten. Auch befand er sich in anderer Lage als Schmidig, der im Herbst 1970 und seither vom Wiederverkauf der Moneta-Aktien absah, weil, wie die Klägerin behauptet, Fachkreise der Meinung gewesen sein sollen, der Silberpreis werde bald nicht mehr sinken und der Tiefstand der Moneta-Aktien sei erreicht. Steffan spekulierte freiwillig und bei höherem Kurse, während Schmidig als neuer Verwaltungsrat sich unfreiwillig und bei tieferem Kurse vor die Wahl gestellt sah, entweder die Aktien zu verkaufen und sich dadurch dem möglichen Vorwurf mangelhafter Wahrung der Interessen beider Parteien auszusetzen, oder der Beklagten die Papiere anzubieten und damit die Wahl des günstigen Zeitpunktes des Verkaufes ihr zu überlassen. Unter diesen Umständen lässt sich auch nicht sagen, Schmidig habe die Aktienkäufe durch sein Verhalten nachträglich genehmigt. Gemäss Art. 754 Abs. 1 OR ist der Verwaltungsrat gegenüber der Aktiengesellschaft verantwortlich, wenn er ihr durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung seiner Pflichten Schaden verursacht. Wie die Beklagte unter Hinweis auf BGE 89 II 252 Erw. 10 zutreffend geltend macht, erfordert Fahrlässigkeit, dass das schädigende Ereignis für den Schädiger voraussehbar gewesen sei. Das bedeutet indessen nicht, er habe seines Eintrittes sicher sein müssen. Es genügt, wenn er sich nach der ihm zuzumutenden Aufmerksamkeit und Überlegung hätte sagen sollen, es bestehe eine konkrete Gefahr der Schädigung. Mit dieser Gefahr musste Steffan rechnen, als er zulasten der Klägerin die hochspekulativen Aktienkäufe tätigte. Die Beklagte als seine Erbin ist daher grundsätzlich schadenersatzpflichtig. 2. Die Beklagte beantragt eventualiter, der Klägerin nur eine "nach richterlichem Ermessen reduzierte Schadenersatzsumme" BGE 99 II 176 S. 181 zuzusprechen. Ein solcher Antrag genügt an sich nicht, weil Art. 55 Abs. 1 lit. b OG nach der Rechtsprechung ( BGE 75 II 334 , BGE 79 II 255 , BGE 86 II 193 , BGE 88 II 207 , BGE 89 II 414 , BGE 91 II 283 ) die genaue Angabe des zuzusprechenden Betrages verlangt. In der Begründung zum Eventualantrag führt die Beklagte jedoch aus, dass ohne das Mitverschulden der Klägerin der Schaden "weniger als sFr. 10'000.--" bzw. "knapp sFr. 10'000.--" betragen hätte. Es kann deshalb angenommen werden, dass sie den Schadenersatz subsidiär auf den Betrag von Fr. 10'000.-- herabgesetzt wissen will. a) Der Auffassung der Beklagten, das Verschulden Steffans sei jedenfalls leicht und daher die Ersatzpflicht gemäss Art. 43 Abs. 1 OR herabzusetzen, ist nicht beizupflichten. Das unsorgfältige Verhalten Steffans ist nicht einer augenblicklichen Unachtsamkeit oder einer im Drang der Geschäfte unterlaufenen geringfügigen Fehlüberlegung zuzuschreiben. Steffan hatte genügend Zeit, die allfälligen Folgen der Spekulation zu überdenken und den möglichen Umfang des Schadens abzuwägen, und war als erfahrener Geschäftsmann dazu auch fähig. Dass er sich auf Fachkundige verlassen haben will, mindert sein Verschulden nicht. Auch wenn deren Auffassung seine Hoffnung auf ein Ansteigen der Kurse erhöht haben mag, durfte sie ihn jedenfalls nicht in den Glauben versetzen, das Geschäft sei nicht spekulativer Natur. Ein Herabsetzungsgrund im Sinne des Art. 43 Abs. 1 OR liegt auch nicht darin, dass Steffan, wie die Beklagte geltend macht, nur gegen das Gebot der Risikoverteilung verstossen habe und die Anlegung von 20-30% des Grundkapitals in Moneta-Aktien angesichts des statutarischen Zweckes der Klägerin vertretbar gewesen wäre. Es kommt nichts darauf an, ob die Klägerin auch durch eine nicht zu beanstandende Anlegung ihres Vermögens hätte zu Schaden kommen können. Entscheidend ist, dass der eingetretene Schaden in vollem Umfange die Folge pflichtwidrigen Verhaltens ist. Die Beklagte verkennt zudem, dass nicht jedes Geschäft, das im Rahmen des statutarischen Zweckes bleibt, als "mit aller Sorgfalt" abgeschlossen gelten kann. Die spekulative Anlegung von 20-30% des Grundkapitals in Moneta-Aktien ohne Zustimmung Ciuccis wäre nicht notwendigerweise pflichtgemäss gewesen. Sie hätte jedenfalls eine Risikoverteilung erfordert, damit Aussicht bestanden hätte, allfällige Verluste durch Gewinne BGE 99 II 176 S. 182 auf andern Posten ausgleichen zu können. Eine Risikoverteilung aber hat Steffan vollständig unterlassen. Auch die Auffassung der Beklagten, die Ersatzpflicht sei gemäss Art. 99 Abs. 2 OR herabzusetzen, weil Steffan mit der Moneta-Investition für sich keinerlei Vorteil bezweckt habe, hält nicht stand. Entscheidend ist nicht, ob er mit diesem Geschäft auf eigenen Vorteil ausging, sondern ob er seine Stellung als Verwaltungsrat, in deren Ausübung er das Geschäft zulasten der Klägerin abschloss, uneigennützig inne hatte. Die Beklagte behauptet nicht, dass das zugetroffen habe. b) Die Beklagte sieht im Sinne des Art. 44 OR ein Mitverschulden der Klägerin darin, dass Schmidig nach seiner Ernennung zum Verwaltungsrat die Moneta-Aktien nicht sofort weiterverkaufte. Sie macht geltend, sie könne für die nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Kursverluste nicht verantwortlich gemacht werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob Schmidig sich unsorgfältig verhielt, indem er die Aktien im März oder April 1969 nicht verkaufte. Wenn ja, wäre er der Klägerin für das Anwachsen des Schadens mitverantwortlich. Sein Verhalten würde indes die Beklagte nur entlasten, wenn es den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Unsorgfalt Steffans und dem weiteren Schaden als inadäquat erscheinen liesse ( BGE 97 II 343 Erw. 3 und dort zitierte Urteile). Das trifft nicht zu. Es lag nicht ausserhalb des gewöhnlichen Laufes der Dinge, dass Schmidig mit einem Wiederansteigen der Kurse rechnete und die Aktien daher nicht sofort weiterveräusserte. Es war umsomehr zu erwarten, dass er sie trotz der Kurseinbussen vorläufig behalten werde, als der Kurs schwankte und daher jederzeit wieder steigen konnte. Am 10. Januar 1969 z.B. waren Moneta-Aktien zu c$ 1. 10 bis 1.40 erhältlich, wogegen der Kurs am 1. März 1969 wieder c$ 1.55-1.65 erreichte. Steffan selber hatte den Stand vom 10. Januar 1969 nicht zum Anlass genommen, die Papiere abzusetzen. Die Klägerin könnte die Nichtveräusserung der Aktien erst vom Zeitpunkt an verschuldet haben, als ihr Aktionär Ciucci erfuhr, dass Steffan sie angeschafft hatte. Diese Kenntnis erhielt er spätestens am 10. März 1970. Ciucci verhielt sich indessen nicht schuldhaft, indem er den Verkauf nicht sofort anordnete. Es steht nicht fest, dass damals ein weiteres Sinken des Kurses wahrscheinlicher gewesen sei als ein Wiederansteigen. BGE 99 II 176 S. 183 Durch den Verkauf hätte sich die Klägerin dem Vorwurf aussetzen können, sie habe ihn im ungünstigsten Zeitpunkt getätigt. Im Jahre 1971 war sie übrigens bereit, der Beklagten die Aktien gegen Ersetzung des Einstandspreises herauszugeben. Die Beklagte hätte dieses Angebot annehmen und die Aktien zur Verhütung weiteren Schadens selber veräussern können. Sie hat das nicht getan. Sie schlug der Klägerin auch nicht etwa vor, die Aktien ohne Präjudiz für den Ausgang des Prozesses zu verkaufen. 3. Die Beklagte ist der Auffassung, sie dürfe nicht zum Ersatz von Fr. 40'000.-- gegen Herausgabe von 4331 Moneta-Aktien, sondern nur zur Zahlung des Unterschiedes zwischen den Fr. 40'000.-- und dem Kurswert der Aktien verpflichtet werden. Art. 43 Abs. 1 OR legt indessen die Bestimmung der Art des Ersatzes in das Ermessen des Richters. InBGE 41 II 89wurde daher eine Bank verhalten, einem Aktienkäufer, dem sie eine irreführende Auskunft erteilt hatte, den ihrer Verantwortlichkeit entsprechenden Teil des Preises zu ersetzen und einen entsprechenden Teil der Aktien abzunehmen. InBGE 71 II 86ff. sodann verpflichtete das Bundesgericht einen Antiquar, der durch einen Mittelsmann gefälschte Bilder hatte verkaufen lassen, dem Käufer gegen Rückgabe der Bilder deren Preis zu ersetzen. In beiden Fällen war der Ersatzpflichtige nicht Partei des mit dem Willensmangel behafteten Vertrages. Auch in der vorliegenden Sache kommt nichts darauf an, ob die Klägerin die Moneta-Aktien dem Steffan oder direkt einem Dritten abgekauft hat. Selbst wenn letzteres zutrifft, kann die Beklagte als Erbin Steffans verpflichtet werden, der Klägerin den für die Aktien ausgelegten Preis zu ersetzen und dafür von ihr die Aktien zu übernehmen. Es kommt auch nichts darauf an, dass Steffan nicht eine unerlaubte Handlung begangen, sondern seine Pflichten als Verwalter der Klägerin verletzt hat, denn gemäss Art. 99 Abs. 3 OR ist Art. 43 Abs. 1 auch auf die Schadenersatzpflicht aus Vertrag anzuwenden. Die angefochtene Art des Schadenersatzes widerspricht weder dem Gesetz, noch ist sie unangemessen. Sie macht die ziffermässige Berechnung des Schadens überflüssig und bringt das Vermögen der Klägerin nicht nur wertmässig, sondern auch hinsichtlich seiner Zusammensetzung in die gleiche Lage, in der es sich befände, wenn Steffan das pflichtwidrige Geschäft BGE 99 II 176 S. 184 nicht abgeschlossen hätte. Der Klägerin wird das Risiko abgenommen, beim Verkauf der Aktien nach der Ausfällung des Urteils wegen Schwankens des Kurses einen Verlust zu erleiden. Es ist billig, dass die Beklagte dieses Risiko trage. 4. Die Beklagte macht geltend, die Verantwortlichkeit Steffans könne weder aus der Vereinbarung mit Sambucci vom 30. März 1965 noch aus der bestrittenen Vereinbarung mit Ciucci vom Jahre 1966 betreffend zinstragende Anlegung des Grundkapitals abgeleitet werden, weshalb die Klägerin nur Anspruch auf Verzugszinsen habe. Solche ständen ihr seit der Einreichung der Klage vom 14. Dezember 1971, eventuell seit der Fristansetzung an den Willensvollstrecker vom 24. Februar 1971 zu. Das Gebot des Art. 722 Abs. 1 OR , die Geschäfte der Gesellschaft mit aller Sorgfalt zu leiten, verpflichtete indes Steffan als Verwalter der Klägerin, deren einbezahltes Grundkapital auch ohne ausdrückliche Weisung seitens des Aktionärs an Zins zu legen, solange und soweit es nicht zum Abschluss erlaubter anderer Rechtsgeschäfte benötigt wurde. Indem Steffan statt dessen Fr. 40'000.-- für den pflichtwidrigen Erwerb von Moneta-Aktien ausgab, von denen die Beklagte nicht behauptet, sie hätten einen Ertrag abgeworfen, schädigte er die Klägerin um den entgangenen Zins. Die Vorinstanz hat daher der Klägerin zu Recht 5% Schadenszins vom 1. September 1968 an zugesprochen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts - II. Zivilkammer - des Kantons Zürich vom 20. Februar 1973 bestätigt.
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nan
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1,973
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b3cc9e32-2ff0-4b27-bcc0-a877f1f329fb
Urteilskopf 120 IV 260 43. Urteil der Anklagekammer vom 26. September 1994 i.S. Bankinstitute der Städte Zürich und Genf sowie des Kantons Tessin gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft
Regeste Art. 101bis und 105bis Abs. 2 BStP ; Ersuchen um Auskünfte. Ein Ersuchen der Bundesanwaltschaft um Auskunft über das Bestehen eines Bankkontos oder -depots stellt ein Auskunftsbegehren gemäss Art. 101bis BStP dar und ist weder eine Zwangsmassnahme noch eine damit zusammenhängende Amtshandlung im Sinne von Art. 105bis Abs. 2 BStP , weshalb dagegen nicht Beschwerde bei der Anklagekammer geführt werden kann (E. 3).
Erwägungen ab Seite 261 BGE 120 IV 260 S. 261 Erwägungen: 1. Mit Verfügungen vom 5. September 1994 verlangt die Schweizerische Bundesanwaltschaft im Verfahren Ref. No. 126/94, welches bezwecke, aus dem Betäubungsmittelhandel stammende Gelder aufzuspüren, zu beschlagnahmen und einzuziehen, von allen Bankinstituten der Stadt Zürich, der Stadt Genf sowie des Kantons Tessin zu überprüfen, ob Bankkonten, Depots bzw. Vermögenswerte in der Verfügbarkeit von 60 namentlich aufgeführten Personen bestünden, wobei abzuklären sei, ob diese Inhaber, Bevollmächtigte, Gesellschaftsorgane oder wirtschaftlich Berechtigte seien; das Ergebnis der Überprüfung sei unverzüglich der Schweizerischen Bundesanwaltschaft bekanntzugeben. Den Banken wird untersagt, die Verfügung den Kunden zur Kenntnis zu bringen; das Beschwerderecht werde durch die anschliessende Beschlagnahmeverfügung gewahrt sein. 2. a) Die Adressaten der Verfügung, verschiedene Bankinstitute in Zürich, Bern und im Kanton Tessin, wenden sich mit Beschwerde gemäss Art. 105bis Abs. 2 BStP an die Anklagekammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, die Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 5. September 1994 aufzuheben. b) Die meisten Adressaten der angefochtenen Verfügung haben gleichzeitig die Kopie einer Beschwerde an den Bundesrat gemäss Art. 14 Abs. 1 BStP in Verbindung mit Art. 72 lit. b VwVG (SR 172.021) beigelegt oder darauf hingewiesen, dass eine solche ebenfalls erhoben worden sei. c) Die angefochtenen drei Verfügungen haben denselben Inhalt; es handelt sich um dieselbe Verfügung in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Die Identität des Anfechtungsgegenstandes rechtfertigt es, die Beschwerden in einem Urteil zu erledigen. In Anwendung von Art. 37 Abs. 3 OG wird das Urteil in einer der Amtssprachen verfasst; da eine der BGE 120 IV 260 S. 262 Verfügungen auch in deutscher Sprache verfasst ist und davon ausgegangen werden darf, dass alle Parteien bzw. deren Vertreter diese Sprache verstehen, wird das Urteil deutsch abgefasst. d) Auf eine Vernehmlassung der Bundesanwaltschaft wird verzichtet, da sich die Beschwerden als offensichtlich unzulässig erweisen. 3. a) Die angefochtenen Verfügungen stützen sich ausdrücklich auf Art. 101bis BStP . Nach dieser Bestimmung kann die gerichtliche Polizei (vgl. dazu Art. 17 Abs. 2 BStP ), die unter der Leitung des Bundesanwalts steht ( Art. 17 Abs. 1 BStP ) mündliche und schriftliche Auskünfte einholen. Die Bestimmung entspricht Art. 40 VStrR (SR 313.0) (vgl. BBl 1990 III 1232). Auskunftsersuchen unterliegen, wie andere Amtshandlungen der gerichtlichen Polizei, der Beschwerde an den Bundesanwalt ( Art. 105bis Abs. 1 BStP ). Stellt wie im vorliegenden Fall der Bundesanwalt selber das Auskunftsbegehren, so entfällt diese Beschwerdemöglichkeit; die angefochtenen Verfügungen enthalten denn auch keine Rechtsmittelbelehrung, sondern den Hinweis, dass das Beschwerderecht durch eine anschliessende Beschlagnahmeverfügung gewahrt sein werde. Es ist zu prüfen, ob solche Amtshandlungen dennoch der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts unterliegen. b) Gemäss Art. 105bis Abs. 2 BStP kann gegen Zwangsmassnahmen und damit zusammenhängende Amtshandlungen, die der Bundesanwalt angeordnet oder bestätigt hat, innert 10 Tagen bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde geführt werden. Die Bezeichnung des möglichen Anfechtungsobjektes deckt sich mit derjenigen von Art. 26 Abs. 1 VStrR . Dass dies kein Zufall ist, sondern vielmehr der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus der bundesrätlichen Botschaft vom 16. Oktober 1990, nach welcher "wie im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 26 Abs. 1 VStrR ) auch mit Zwangsmassnahmen zusammenhängende weitere Amtshandlungen bei der Anklagekammer angefochten werden können" (BBl 1990 III 1235). Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich die Überprüfung der Massnahmen und Handlungen im Bundesstrafprozess gleich regeln, wie dies bereits im Verwaltungsstrafverfahren geschehen ist. Als Zwangsmassnahmen werden in der bundesrätlichen Botschaft ausdrücklich erwähnt: Verhaftung, vorläufige Festnahme, Beschlagnahme, Untersuchung und Durchsuchung sowie die Einziehung (BBl 1988 II 505, vgl. auch BBl 1990 III BGE 120 IV 260 S. 263 1226 und 1235). Auch nach der Gesetzessystematik des Verwaltungsstrafrechts zählen zu den Zwangsmassnahmen (Dritter Titel, zweiter Abschnitt, zweiter Unterabschnitt, Buchstabe F) die Beschlagnahme (II.), die Durchsuchung von Personen, Räumen (III.) und Papieren (IV.), die vorläufige Festnahme (V.) und die Verhaftung (VI.). Dies ergibt sich schon aus Art. 45 VStrR , welcher als allgemeine Bestimmung für die Zwangsmassnahmen diese ausdrücklich aufführt, sowie aus dem klaren Wortlaut von Art. 26 Abs. 1 VStrR , welcher dem Begriff Zwangsmassnahmen in Klammern den Verweis auf Art. 45 ff. beifügt. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass nur die gemäss Art. 45 ff. VStrR verfügten Massnahmen als - der Beschwerde an die Anklagekammer unterliegende - Zwangsmassnahmen zu betrachten sind. Da entsprechend einem allgemeinen Grundsatz in verschiedenen Bundesgesetzen verwendete identische Begriffe auch gleich auszulegen sind, sind zu den Zwangsmassnahmen gemäss Art. 105bis BStP nur die in den Art. 45 ff. VStrR aufgeführten zu zählen. c) Nicht zu den Zwangsmassnahmen in diesem Sinne sind Auskunftsbegehren gemäss Art. 101bis BStP zu zählen. Denn diese Bestimmung "ist die gesetzliche Umschreibung einer bereits vorher geübten Praxis und entspricht im übrigen Artikel 40 des Verwaltungsstrafrechts" (BBl 1990 III 1232). Art. 40 VStrR , welcher im Wortlaut mit Art. 101bis BStP übereinstimmt, findet sich indessen gesetzessystematisch - unter Buchstabe C "Einvernahmen, Auskünfte" - vor der Regelung der Zwangsmassnahmen (Buchstabe F, Art. 45 ff.) und kann schon deshalb nicht zu diesen gezählt werden. d) Es bleibt zu prüfen, ob ein Ersuchen um Auskunft als eine mit einer Zwangsmassnahme zusammenhängende Amtshandlung zu betrachten ist. Solange noch keine Zwangsmassnahme angeordnet wurde, kann grundsätzlich auch nicht von einer damit zusammenhängenden Amtshandlung gesprochen werden. Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn gegenüber dem verhafteten Beschuldigten dessen Anspruch auf Besuch durch seinen Anwalt beschränkt wird; denn eine solche Massnahme hängt mit der - bereits angeordneten - Zwangsmassnahme der Verhaftung zusammen (unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer vom 15. September 1993 i.S. G. gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft, E. 3, in welchem Verfahren in bezug auf die Zuständigkeit ein Meinungsaustausch mit dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement durchgeführt wurde). Andererseits BGE 120 IV 260 S. 264 bildet die Beschlagnahme von bei einer Bank befindlichen Gegenständen, verbunden mit der Einräumung einer Frist für deren Herausgabe, eine blosse Aufforderung, diese bereitzustellen und damit weder eine Zwangsmassnahme noch eine damit zusammenhängende Massnahme, da noch nicht feststeht, ob überhaupt eine Beschlagnahme erfolgen wird und welche Gegenstände davon betroffen sein werden (unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer vom 12. März 1993 i.S. Schweiz. Volksbank gegen Direktion des I. Zollkreises, E. 2). Gleich verhält es sich mit einer Verfügung, in welcher eine Bank aufgefordert wird, Belege über die geschäftlichen Beziehungen von namentlich bezeichneten Kunden vorzulegen, verbunden mit der Ankündigung, dass schliesslich nur jene Dokumente beschlagnahmt würden, die als Beweismittel in Frage kämen; da weder eine Durchsuchung erfolgte noch Papiere beschlagnahmt wurden, sondern bloss angekündigt wurde, dass solche Zwangsmassnahmen bevorstünden, liegt darin keine Zwangsmassnahme oder eine damit zusammenhängende Amtshandlung (Verfügung des Präsidenten der Anklagekammer vom 16. Juni 1994 i.S. A. gegen Oberzolldirektion). e) Die angefochtene Verfügung verlangt gemäss Art. 101bis BStP Auskünfte bei den betreffenden Banken über Bankkonti, Depots und Vermögenswerte von 60 namentlich erwähnten Personen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass auf entsprechende Benachrichtigung durch die Bank, wonach Vermögenswerte bestünden, ein Einziehungsverfahren mit Ausstellen eines begründeten Beschlagnahmebefehls eingeleitet werde. Ein solches Ersuchen um Auskünfte über Konti, Depots und Vermögenswerte ist keine mit Beschwerde an die Anklagekammer anfechtbare Zwangsmassnahme - wie die eigentliche Beschlagnahmeverfügung -, sondern die blosse Aufforderung, die entsprechenden Informationen mitzuteilen. Damit steht aber noch gar nicht fest, ob überhaupt eine eigentliche Zwangsmassnahme verfügt wird und welche Gegenstände und Vermögenswerte davon betroffen sein werden. Das Ersuchen um Auskünfte kann nach dem oben Gesagten auch nicht als mit einer Zwangsmassnahme zusammenhängende Amtshandlung bezeichnet werden, die mit Beschwerde an die Anklagekammer angefochten werden könnte. 4. Das vorliegende Urteil erübrigt einen Entscheid über die Gesuche um aufschiebende Wirkung.
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Urteilskopf 121 V 181 28. Auszug aus dem Urteil vom 13. November 1995 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Bern gegen S. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 8 AHVG , Art. 19 und 21 AHVV . Einkommen aus nebenberuflich ausgeübter selbständiger Erwerbstätigkeit eines im Hauptberuf Unselbständigerwerbenden. Die Verwaltungsweisung, wonach der Beitrag in Anwendung des niedrigsten Ansatzes der sinkenden Skala zu erheben sei, ist gesetz- und verordnungswidrig. Vielmehr ist der Mindestbeitrag gemäss Art. 8 Abs. 2 AHVG in Verbindung mit Art. 21 AHVV zu erheben.
Sachverhalt ab Seite 181 BGE 121 V 181 S. 181 A.- S. arbeitete bei der Eidg. Steuerverwaltung. Daneben übte er eine selbständige Erwerbstätigkeit als Rechts- und Steuerberater aus. Am 22. Dezember 1992 erliess die Ausgleichskasse des Kantons Bern eine Beitragsverfügung für die Periode vom 1. Januar bis 31. Dezember. Sie legte dieser Verfügung das selbstdeklarierte, mutmassliche Jahreseinkommen aus BGE 121 V 181 S. 182 selbständiger Erwerbstätigkeit im Nebenerwerb von Fr. 4'000.-- zugrunde und erhob den Mindestbeitrag gemäss Art. 8 Abs. 2 AHVG in Verbindung mit Art. 21 AHVV von Fr. 360.-- plus Verwaltungskosten. B.- Mit Beschwerde beantragte S., seine persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit für das Jahr 1992 seien auf Fr. 241.25 festzusetzen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 19. April 1993 gut. Es berief sich auf Rz. 1312 der Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und der Nichterwerbstätigen (WSN) und wies die Sache an die Ausgleichskasse zurück mit der Weisung, es sei nicht der Mindestbeitrag, sondern ein persönlicher AHV-Beitrag unter Anwendung des niedrigsten Ansatzes der sinkenden Beitragsskala gemäss Art. 21 AHVV zu verfügen. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse des Kantons Bern die Aufhebung des Entscheides des Verwaltungsgerichts und die Wiederherstellung der Verfügung vom 22. Dezember 1992. Sie begründet ihren Antrag mit der Gesetzwidrigkeit der Rz. 1312 WSN. S. und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Nach Randziffer 1312 (in der seit 1. Januar 1992 gültigen Fassung; seit 1. Januar 1995 Rz. 1315) der Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) ist der Beitrag in Anwendung des niedrigsten Ansatzes der sinkenden Skala zu erheben, wenn das Jahreseinkommen weniger als Fr. 7'200.-- beträgt und es sich dabei nachgewiesenermassen um Einkommen aus nebenberuflich ausgeübter Tätigkeit eines im Hauptberuf Unselbständigerwerbenden oder einer Hausfrau handelt. Im vorliegenden Text ist einzig die Frage zu entscheiden, ob Rz. 1312 WSN mit den anwendbaren Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen vereinbar ist. b) Gemäss Art. 8 AHVG in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung 92 über Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV vom 21. August 1992 (V 92) wird vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ein Beitrag von 7,8% (für die AHV allein) erhoben. Beträgt das Einkommen weniger als Fr. 43'200.--, aber mindestens Fr. 7'200.-- im Jahr, so vermindert BGE 121 V 181 S. 183 sich der Beitragssatz nach einer vom Bundesrat aufzustellenden, sinkenden Skala bis auf 4,2% (für die AHV allein). Der Bundesrat hat die sinkende Beitragsskala für Selbständigerwerbende in Art. 21 AHVV normiert. Diese bezieht sich ausschliesslich auf Einkommen zwischen Fr. 7'200.-- und Fr. 43'200.-- pro Jahr. Auf tiefere Einkommen ist die Skala - unter Vorbehalt der hier nicht anwendbaren Spezialbestimmung von Art. 21 Abs. 2 AHVV - nach ihrem klaren Wortlaut und in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 1 AHVG nicht anwendbar. c) Die Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, die den Betrag von Fr. 7'200.-- nicht erreichen, werden in Art. 8 Abs. 2 AHVG geregelt. Beträgt das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit Fr. 7'100.-- oder weniger im Jahr, so ist der Mindestbetrag von Fr. 299.-- (für die AHV allein) zu entrichten (Satz 1). Der Bundesrat kann anordnen, dass von geringfügigen Einkommen aus einer nebenberuflich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit nur auf Verlangen des Versicherten Beiträge erhoben werden (Satz 2). Satz 1 von Art. 8 Abs. 2 AHVG unterscheidet nicht zwischen haupt- und nebenberuflich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeiten. Somit ist - unter Vorbehalt von Satz 2 - auf allen selbständigen Erwerbseinkommen unter Fr. 7'200.-- pro Jahr der Mindestbeitrag zu erheben. Der Bundesrat hat - wiederum unter Vorbehalt von Satz 2 - keine Kompetenz, von dieser Regelung abzuweichen. Insbesondere hat die Verwaltung keine Kompetenz, die sinkende Beitragsskala gemäss Art. 8 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 AHVV auf Einkommen unter Fr. 7'200.-- pro Jahr anzuwenden. Satz 2 von Art. 8 Abs. 2 AHVG ist eine Ausnahmebestimmung zu Satz 1. Die Norm betrifft nur nebenberuflich erzielte selbständige Erwerbseinkommen. Der Bundesrat kann geringfügige Einkommen aus nebenberuflich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeiten vom Beitragsobligatorium ausnehmen, was er in Art. 19 AHVV für Einkommen unter Fr. 2'000.-- pro Jahr getan hat. Indessen gibt auch Art. 8 Abs. 2 Satz 2 AHVG dem Bundesrat nicht die Kompetenz, die nebenberuflich verdienten selbständigen Erwerbseinkommen unter Fr. 7'200.-- pro Jahr, oder geringfügige Einkommen im Sinn von Satz 2, der Beitragspflicht nach der sinkenden Beitragsskala zu unterstellen. Dies hat er in Art. 21 AHVV denn auch nicht getan. Rz. 1312 WSN ist somit nicht nur gesetz-, sondern auch verordnungswidrig. BGE 121 V 181 S. 184 4. a) Der Beschwerdegegner und die Vorinstanz wenden ein, dass der Wortlaut von Art. 8 AHVG nicht dessen wirklichem Sinne entspreche. Sie verweisen auf die Botschaft zur neunten AHV-Revision (BBl 1976 III 1 ff., 25 f.). Daraus gehe klar hervor, dass der Mindestbeitrag gemäss Art. 8 Abs. 2 Satz 1 AHVG einzig den Zweck verfolge, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dem - ausschliesslich - Selbständigerwerbenden auch dann ein volles Beitragsjahr angerechnet werden könne, wenn dieser in einem Jahr kein oder nur ein geringfügiges Erwerbseinkommen erziele. Dieses Problem bestehe aber nur für jene Beitragspflichtigen, die im Hauptberuf selbständigerwerbend seien. Die nebenberuflich Selbständigerwerbenden würden schon auf ihrem massgebenden Lohn Beiträge leisten; die ratio legis entfalle. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 AHVG meine in Wirklichkeit nur die hauptberuflich Selbständigerwerbenden. b) Diese Argumentation trifft indessen aus mehreren Gründen nicht zu. aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Botschaft nur unvollständig zitiert wird. Der Bundesrat hat das Problem der nebenberuflich Selbständigerwerbenden mit einem Erwerbseinkommen von (damals) Fr. 4'000.-- (heute Fr. 7'200.--) nämlich durchaus gesehen. Er diskutierte in seiner Botschaft insbesondere die Frage, ob die Freigrenze gemäss Art. 8 Abs. 2 Satz 2 (in Verbindung mit Art. 19 AHVV ) nicht auf den unteren Grenzwert von (damals) Fr. 4'000.-- (heute Fr. 7'200.--) angehoben werden sollte. Eine solche Freigrenze fiel jedoch nach der Auffassung des Bundesrats "ausser Betracht, ist doch die Entrichtung des Mindestbeitrags von Einkommen dieser Grössenordnung aus einer nebenberuflichen, selbständigen Erwerbstätigkeit zumutbar" (Botschaft zur neunten AHV-Revision, a.a.O. S. 26). Daraus geht unzweideutig hervor, dass die Verpflichtung der nebenberuflich Selbständigerwerbenden (mit einem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit über der Freigrenze nach Art. 19 AHVV und unter dem unteren Grenzbetrag) zur Bezahlung des Mindestbeitrags nicht aus Irrtum erfolgte, sondern auf einer klaren Wertung des Gesetzgebers beruhte. Dies auch dann, wenn sich der Mindestbeitrag in Einzelfällen als reiner Solidaritätsbeitrag erweisen sollte. Die Auffassung der Vorinstanz lässt sich somit aufgrund der Entstehungsgeschichte nicht begründen. bb) Die Vorinstanz unterscheidet zwischen haupt- und nebenberuflich Selbständigerwerbenden. Sie will die letzteren von der Bezahlung des Mindestbeitrags mit der Begründung befreien, dass sie bei hauptberuflich BGE 121 V 181 S. 185 unselbständiger Erwerbstätigkeit schon auf dem massgebenden Lohn AHV/IV/EO-Beiträge bezahlten. Indessen kann auch ein hauptberuflich Selbständigerwerbender im Nebenberuf unselbständigerwerbend sein und auf dem massgebenden Lohn Beiträge bezahlen. Die Auslegung der Vorinstanz löst somit das von ihr aufgeworfene Problem nicht. cc) Das BSV hätte Rz. 1312 WSN selbst dann nicht erlassen dürfen, wenn die Auslegung der Vorinstanz richtig wäre. Bezieht sich Art. 8 Abs. 2 Satz 1 AHVG nämlich nur auf die hauptberuflich Selbständigerwerbenden, besteht für die nebenberuflich Selbständigerwerbenden mit Erwerbseinkommen zwischen Fr. 2'100.-- und Fr. 7'200.-- keine Regelung und mithin eine echte Lücke. Diese wäre nicht vom BSV, sondern in erster Linie vom Bundesrat zu schliessen (RHINOW/KRÄHENMANN, Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 23 B VI b, S. 75). Dem BSV fehlt die Zuständigkeit. Dies umso mehr, als der Bundesrat Art. 8 Abs. 1 Satz 1 AHVG nach dem Wortlaut ausgelegt und damit das Vorliegen einer echten Lücke verneint hat.
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Urteilskopf 104 V 146 33. Auszug aus dem Urteil vom 4. Oktober 1978 i.S. Grand gegen Kantonale Ausgleichskasse des Wallis und Versicherungsgericht des Kantons Wallis
Regeste Art. 41 IVG . Die Bestimmungen über die Rentenrevision gemäss Art. 88a IVV finden auch im Falle von Schubkrankheiten Anwendung.
Erwägungen ab Seite 146 BGE 104 V 146 S. 146 Aus den Erwägungen: 1. ... Laufende Renten sind für die Zukunft zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Invaliditätsgrad in einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert ( Art. 41 IVG ). Gemäss dem ab 1. Januar 1977 gültigen Art. 88a IVV ist die anspruchsbeeinflussende Änderung bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird; sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung 3 Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (Abs. 1). Bei einer Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit ist die Änderung zu berücksichtigen, sobald sie ohne wesentliche Unterbrechung 3 Monate angedauert hat; Art. 29bis IVV ist jedoch sinngemäss anwendbar (Abs. 2). Nach dieser Bestimmung werden bei der Berechnung der Wartezeit gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG früher zurückgelegte Zeiten angerechnet, wenn der Invaliditätsgrad innert 3 Jahren nach Aufhebung der Rente wegen einer auf dasselbe Leiden zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit erneut rentenbegründendes Ausmass erreicht. BGE 104 V 146 S. 147 2. Die Regelung gemäss Art. 88a der Verordnungsnovelle vom 29. November 1976 hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ordnung und ist geeignet, eine rechtsgleiche und den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Festsetzung der Renten zu gewährleisten. Es stellt sich indessen die Frage, ob sie auch im Falle von Schubkrankheiten Anwendung finden kann. Nach der rechtlichen Praxis ( BGE 99 V 98 ) ist bei diesen Leiden, bei welchen sich Perioden der Arbeitsfähigkeit und solche der vollen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit oft kurzfristig ablösen, für die revisionsweise Invaliditätsbemessung nach Variante II des Art. 29 Abs. 1 IVG auf die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit innerhalb eines längeren Zeitabschnittes (2 Jahre) abzustellen. Es soll damit vermieden werden, dass die Rente einzig deshalb herabgesetzt oder aufgehoben werden muss, weil die auf längere Sicht erhebliche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit von kurzen Perioden gesteigerter Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit unterbrochen wird; der Versicherte könnte alsdann dauernd vom Genuss einer Rente ausgeschlossen sein, wenn die einzelnen, die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden Krankheitsschübe regelmässig weniger als 360 Tage andauern. Im Rahmen der neuen Regelung besteht zwar weiterhin (sogar in zunehmendem Masse) die Möglichkeit, dass die Rente wegen kurzfristiger Verbesserungen der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit herabgesetzt oder aufgehoben werden muss. Nach Art. 88a Abs. 2 und Art. 29bis IVV kann die Rente jedoch ohne Verzug wieder zugesprochen werden, sobald die Arbeitsunfähigkeit erneut rentenbegründendes Ausmass annimmt. Der Auffassung des Bundesamtes für Sozialversicherung, wonach die Rente auf Grund der neuen Verordnungsbestimmung auch bei Schubkrankheiten herabgesetzt oder aufgehoben werden muss, falls die Verbesserung der Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit ohne wesentlichen Unterbruch 3 Monate angedauert hat, kann daher beigepflichtet werden. Mit Bezug auf die schubweise verlaufende Schizophrenie lässt sich dies umso eher rechtfertigen, als praxisgemäss Variante I von Art. 29 Abs. 1 IVG zur Anwendung gelangt, wenn angenommen werden kann, die durchschnittliche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit werde sich über längere Zeit voraussichtlich nicht mehr wesentlich ändern.
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Urteilskopf 111 V 342 64. Arrêt du 28 octobre 1985 dans la cause Borel et consorts contre Fédération vaudoise des caisses-maladie et consorts et Tribunal arbitral des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 25 KUVG , Art. 103 lit. a und 129 Abs. 1 lit. c OG. - Zuständigkeit des Schiedsgerichts: Begriff der Streitigkeit zwischen Ärzten und Krankenkassen (Erw. 1b). - Aktiv- und Passivlegitimation im Verfahren vor dem Schiedsgericht (Erw. 1c). - Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde: schutzwürdiges Interesse; Begriff der Zuwendung, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (Erw. 2). Art. 16 Abs. 1 Satz 1 KUVG . Das Recht der Krankenkassen, die Behandlung ihrer Versicherten ausschliesslich den Ärzten anzuvertrauen, mit denen sie einen Vertrag abgeschlossen haben, ist eine Befugnis, welche das Gesetz einzig an das Bestehen eines Vertrages knüpft. Daraus folgt, dass die Krankenkassen - unter Vorbehalt allfälliger gegenteiliger Abmachungen mit den Vertragsärzten - beschliessen können, die Behandlungen nicht zu übernehmen, welche von Ärzten vorgenommen werden, die dem Vertrag nicht beigetreten sind, selbst wenn eine entsprechende - ausdrückliche oder stillschweigende - Vertragsklausel fehlt (Erw. 4, 5).
Sachverhalt ab Seite 343 BGE 111 V 342 S. 343 A.- La Fédération vaudoise des caisses-maladie (ci-après: FVCM) et la Société vaudoise de médecine ont conclu, le 6 juillet 1982, une "Convention des traitements ambulatoires". Celle-ci règle les rapports entre les caisses-maladie membres de la FVCM d'une part, et les médecins vaudois signataires de la convention d'autre part, notamment en ce qui concerne les tarifs médicaux applicables et de nombreux problèmes d'ordre administratif. De même que les conventions passées antérieurement entre la FVCM et la Société vaudoise de médecine (en 1969 et 1976), et comme celle qui l'a remplacée dès le 1er juillet 1983, elle précise - entre autres engagements des parties - que les caisses-maladie s'engagent à prendre en charge les traitements effectués ou prescrits par les médecins qui ont adhéré à la convention (ch. 4). Pour mettre fin à la pratique de la plupart des caisses-maladie du canton de Vaud, qui remboursaient généralement les notes d'honoraires de tous les médecins vaudois, même non conventionnés, l'assemblée des délégués de la FVCM a pris, le 23 mars 1983, la décision suivante: "1. Les caisses membres de la FVCM prennent en charge uniquement les traitements effectués ou prescrits par les médecins ayant adhéré à la convention médicale vaudoise et excluent la prise en charge de ceux des médecins non conventionnés. 2. Cette mesure entre en vigueur le 1er juillet 1983. 3. Une exception est faite pour les contrats dits "patients privés" (ambulatoires), uniquement pour ce type précis de couverture avec prescription d'un examen pour les caisses concernées d'une modification de leurs statuts en vue de l'extension de la mesure à la totalité des contrats. BGE 111 V 342 S. 344 4. La décision de l'assemblée des délégués est contraignante pour toutes les caisses membres de la FVCM en application des statuts, article 5 al. 2 lettre d et alinéa 5 lettre c." Cette mesure, ainsi qu'une liste de quinze médecins pratiquant dans le canton de Vaud, touchés par cette exclusion parce que non conventionnés, ont été communiquées aux caisses-maladie membres de la FVCM et à leurs assurés. B.- Quatorze de ces médecins ont demandé la constitution du tribunal arbitral prévu par l' art. 25 LAMA et par la loi vaudoise du 2 décembre 1959 sur le Tribunal des assurances. La conciliation ayant été tentée sans succès entre les demandeurs et la FVCM, lesdits médecins ont demandé au tribunal de prononcer que la décision prise par l'assemblée des délégués de la FVCM le 23 mars 1983 est "illégale, soit nulle ou annulée", que les médecins ayant adhéré à la convention ne bénéficient pas de l'exclusivité du traitement des assurés des caisses-maladie membres de la FVCM, au sens de l' art. 16 LAMA , et que celles-ci sont en conséquence tenues de rembourser à leurs assurés les prestations statutaires pour les traitements donnés ou prescrits par eux. Ils ont demandé, par ailleurs, que le jugement à venir soit publié et communiqué aux assurés dans les mêmes formes que la décision attaquée. A l'appui de leurs conclusions, les demandeurs ont fait valoir, en substance, que seule une clause conventionnelle expresse - qui faisait défaut en l'occurrence - aurait permis aux caisses-maladie défenderesses de confier exclusivement aux médecins conventionnés le traitement de leurs assurés, comme le prévoit l' art. 16 al. 1 LAMA . Les demandeurs soutenaient que la mesure prise par la FVCM n'avait son fondement ni dans la loi, ni dans la convention conclue avec la Société vaudoise de médecine, et pénalisait lourdement non seulement les assurés, qui s'exposaient à payer à la fois leurs cotisations d'assurance et les frais du traitement administré ou ordonné par un médecin non conventionné, mais aussi eux-mêmes dans la mesure où elle les privait de leur clientèle, la très grande majorité des habitants du canton de Vaud étant affiliée à une caisse-maladie membre de la FVCM. Après avoir procédé à diverses mesures d'instruction, le Tribunal arbitral des assurances du canton de Vaud a rejeté pour l'essentiel les conclusions des demandeurs par jugement du 7 février 1984. Il a considéré, en résumé, ce qui suit: Selon l'interprétation littérale de l' art. 16 al. 1 LAMA , la faculté de BGE 111 V 342 S. 345 conclure des conventions et celle de confier le traitement des assurés aux seuls médecins conventionnés sont indissolublement liées, et la conclusion d'une convention entre caisses-maladie et médecins entraîne "ex lege" l'exclusion du droit des médecins non conventionnés de traiter les assurés aux frais des caisses conventionnées. Cette conséquence résulte aussi du système légal qui tend à donner la primauté au régime conventionnel et donc à favoriser les médecins ou autres personnes amenées à fournir des prestations assurées qui acceptent de se lier par convention avec les caisses-maladie reconnues. Les caisses conventionnées ne peuvent pas renoncer à la clause d'exclusivité en faveur des médecins non conventionnés, car cela viderait en bonne partie de son sens le système conventionnel tel qu'il a été institué par la loi. Au demeurant, la convention vaudoise contient bel et bien une telle clause, contrairement à l'affirmation des demandeurs. La légitimité de la mesure décidée par l'assemblée des délégués de la FVCM le 23 mars 1983 doit donc être admise. Toutefois, il convient de prévoir trois exceptions. La première concerne le cas des assurés qui doivent être traités par un médecin spécialiste, et qui n'en trouveraient aucun parmi les médecins conventionnés. La seconde a trait au principe de la protection de la bonne foi, la nouvelle pratique des caisses-maladie nécessitant l'aménagement de règles de droit transitoire pour les cas des assurés encore en traitement auprès d'un médecin non conventionné. La troisième réserve les règles statutaires permettant aux assurés d'obtenir la prise en charge par leur caisse-maladie des frais du traitement prodigué par un médecin non conventionné. C.- Les quatorze médecins précités interjettent recours de droit administratif contre ce jugement, dont ils demandent la réforme dans le sens des mêmes conclusions que celles qu'ils avaient prises devant la juridiction cantonale. La FVCM et les caisses-maladie membres de celle-ci concluent principalement à l'irrecevabilité du recours et subsidiairement à son rejet. Les motifs des parties seront repris, autant que besoin, dans les considérants ci-dessous. L'Office fédéral des assurances sociales, qui estime que le recours est recevable, propose son rejet pour les motifs exposés par le tribunal arbitral. BGE 111 V 342 S. 346 Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Selon la jurisprudence, le Tribunal fédéral des assurances examine d'office les conditions dont dépend la qualité pour recourir et les conditions formelles de validité et de régularité de la procédure administrative, soit en particulier le point de savoir si c'est à juste titre que la juridiction cantonale est entrée en matière sur le recours ou, comme en l'espèce, sur l'action. Aussi, lorsque l'autorité de première instance a ignoré qu'une condition mise à l'examen du fond du litige par le juge faisait défaut et a statué sur le fond, c'est un motif pour le tribunal, saisi de l'affaire, d'annuler d'office le jugement en question ( ATF 110 V 129 consid. 2 et 149 consid. 2b, ATF 107 V 248 consid. 1b; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2e éd., p. 73 ch. 3, ainsi que les arrêts cités par cet auteur). De plus, le Tribunal fédéral des assurances vérifie d'office la qualité pour agir et pour défendre des parties (Sachlegitimation) dans l'action dont la juridiction inférieure a été saisie, question qui relève du droit applicable au fond ( ATF 110 V 348 consid. 1; GYGI, op.cit., p. 176). b) D'après l' art. 25 LAMA , les contestations entre caisses, d'une part, et médecins, pharmaciens, chiropraticiens, sages-femmes, personnel paramédical, laboratoires ou établissements hospitaliers, d'autre part, sont jugées par un tribunal arbitral dont la juridiction s'étend à tout le canton (al. 1). Le tribunal compétent est celui du canton dont le tarif est appliqué ou du canton dans lequel se trouve l'installation permanente du médecin, du chiropraticien ou du membre du personnel paramédical, ou la pharmacie, ou l'établissement hospitalier ou le laboratoire, ou dans lequel la sage-femme a son domicile (al. 2). Le tribunal arbitral est également compétent lorsque les honoraires sont dus par l'assuré (al. 3). Les contestations au sens de l' art. 25 LAMA ne sont pas définies par la loi. Bien que la procédure arbitrale prévue par cette disposition porte, le plus souvent, sur des litiges relatifs à l'application de tarifs médicaux - en particulier dans le cadre de la notion de traitement économique des assurés ( art. 23 LAMA ) -, elle vise cependant, d'une manière très générale, tous les litiges opposant les caisses-maladie aux médecins et autre personnel soignant ou établissements médicaux énumérés par la loi, dans lesquels sont en cause des rapports juridiques fondés sur la LAMA, soit également ceux qui concernent par exemple le libre BGE 111 V 342 S. 347 choix du médecin ( art. 15 LAMA ), les conventions entre caisses et médecins au sens de l' art. 16 LAMA , ou encore l'exclusion d'un médecin pour des motifs tirés de sa personne ou de son activité professionnelle, prévue par l' art. 24 LAMA (BERTSCHINGER, Das direkte Forderungsrecht des Arztes gegen die anerkannten Krankenkassen, thèse Zurich 1965, p. 51 ss; SCHWEIZER, Die kantonalen Schiedsgerichte für Streitigkeiten zwischen Ärzten oder Apothekern und Krankenkassen, Zurich 1957, p. 32 ss; voir aussi les précédents cités par ces auteurs, ainsi que la jurisprudence rendue avant le 1er janvier 1965 par le Conseil fédéral, en particulier JAAC 1961 No 57 p. 98, 1953 No 12 p. 25, 1951 No 118 p. 176). Par ailleurs, comme l'a précisé la Cour de céans ( ATF 97 V 22 ), les dispositions de la LAMA sur le tribunal arbitral constituent, par rapport aux dispositions qui instituent la compétence générale des tribunaux cantonaux des assurances, une "lex specialis" qui y déroge; lorsqu'une caisse a une contestation avec un tiers selon l' art. 30bis LAMA et que ce tiers est un médecin, c'est l' art. 25 LAMA qui est seul applicable. Il importe peu, à cet égard, qu'il s'agisse d'un médecin conventionné ou non, la contestation pouvant porter, précisément, sur le statut du médecin à l'égard des caisses (SCHÄREN, Die Stellung des Arztes in der sozialen Krankenversicherung, thèse Zurich 1973, p. 362; cf. p.ex. ATF 97 V 13 et la jurisprudence administrative précitée), ni que la contestation oppose le médecin à une caisse en particulier ou, comme dans le cas présent, à une fédération de caisses-maladie (JAAC 1961 No 57 p. 98, déjà cité). Il résulte de ce qui précède que, en l'occurrence, la contestation opposant les médecins vaudois à la FVCM, ou aux caisses qui en sont membres, entrait dans la compétence du Tribunal arbitral des assurances du canton de Vaud. c) Autre est la question de la qualité des parties pour agir et pour défendre devant le tribunal arbitral, qui porte sur le fond du litige, et celle de savoir si les demandeurs peuvent justifier d'un intérêt suffisant pour agir. La qualité des médecins demandeurs pour intenter l'action prévue par l' art. 25 LAMA découle de leur situation de médecins non conventionnés directement concernés par la mesure litigieuse. Il y a lieu d'admettre par ailleurs, pour les motifs qui seront exposés au considérant 2b ci-dessous, que les demandeurs possèdent en l'occurrence un intérêt digne de protection. Leur action est donc recevable. BGE 111 V 342 S. 348 Quant aux défenderesses, il y a lieu de relever que si la jurisprudence dénie aux fédérations de caisses-maladie la qualité pour faire valoir, par la voie de la procédure arbitrale, des créances pécuniaires découlant d'un traitement non économique au sens de l' art. 23 LAMA , c'est parce que seules les caisses sont, en principe, titulaires de telles créances ( ATF 110 V 347 , ainsi que les arrêts cités). Mais en l'espèce, c'est la légalité d'une décision de la Fédération vaudoise des caisses-maladie, prise par son assemblée des délégués, qui est contestée par les médecins demandeurs et recourants. Il ne fait pas de doute que, en tant qu'auteur de la mesure incriminée, ladite fédération a qualité pour défendre à l'action de ces derniers. Cette qualité doit être reconnue, par ailleurs, également aux caisses membres de la FVCM, lesquelles sont liées par ladite décision aux termes des statuts de la FVCM ( art. 5 al. 2 let . d) et, partant, contraintes d'appliquer cette mesure. C'est ainsi à bon droit que - indépendamment de leurs rapports de représentation fondés sur les statuts de la FVCM - la Fédération vaudoise des caisses-maladie d'une part, et les caisses-maladie affiliées à celle-ci d'autre part, sont intervenues en l'espèce comme parties défenderesses dans la procédure arbitrale. 2. a) D'après l' art. 30ter LAMA , les jugements des tribunaux arbitraux ou des tribunaux cantonaux des assurances peuvent faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral des assurances. Le recours n'est toutefois pas recevable, notamment, contre des décisions concernant des tarifs ( art. 129 al. 1 let. b OJ ) ni contre des décisions concernant l'octroi ou le refus de prestations pécuniaires auxquelles la législation fédérale ne confère pas un droit, à l'exception des décisions concernant l'octroi d'un sursis ou la remise de cotisations d'assurance ( art. 129 al. 1 let . c OJ). En l'espèce, la contestation ne porte pas - contrairement à ce que paraît admettre la juridiction cantonale - sur un tarif médical ou sur l'application d'un tel tarif, mais sur le droit des médecins demandeurs et recourants de traiter les assurés des caisses affiliées à la FVCM aux frais de l'assurance-maladie. Les défenderesses font valoir, en revanche, que le recours est irrecevable en application de l' art. 129 al. 1 let . c OJ, parce que "la couverture des notes d'honoraires des médecins non conventionnés constitue une prestation à bien plaire, soit une prestation à laquelle la législation fédérale ne confère aucun droit". Cet argument est dénué de pertinence. D'une part, le procès ne concerne pas, en BGE 111 V 342 S. 349 l'occurrence, le refus d'une prestation pécuniaire; le jugement entrepris représente bien plutôt une décision ayant pour objet de rejeter une demande tendant à constater des droits ou obligations, au sens de l' art. 5 al. 1 let . c PA. D'autre part, ce qui est déterminant pour l'irrecevabilité éventuelle du recours en application de l' art. 129 al. 1 let . c OJ, ce n'est pas de savoir si, subjectivement, les recourants ont droit à la prise en charge de leurs honoraires, question qui relève du fond du litige, ni si leur qualité de médecins non conventionnés les empêche ou non de faire reconnaître ce droit par la voie du recours de droit administratif, ce point ayant trait à la qualité pour recourir. Il faut - et il suffit - que, de par leur nature, les prestations en question soient de celles auxquelles la législation fédérale confère un droit, c'est-à-dire que leur octroi par l'autorité compétente ne dépende pas essentiellement de l'appréciation de celle-ci (cf. ATF 106 V 96 consid. 1a, ATF 96 V 126 ; RJAM 1981 No 468 p. 278, ainsi que les références; GYGI, op.cit., p. 108-111). Tel est le cas des prestations fournies par les caisses-maladie - dans les limites des conditions légales et statutaires - pour les soins donnés par un médecin, notamment pour les soins ambulatoires ( art. 12 al. 2 LAMA ). Les défenderesses invoquent, par ailleurs, la jurisprudence du Tribunal fédéral ( ATF 103 Ib 154 ) selon laquelle le recours de droit administratif n'est pas recevable contre un refus d'adjudication de travaux par la collectivité publique à une entreprise soumissionnaire, situation qu'elles considèrent comme analogue à celle des recourants, dès lors que la décision attaquée revient à refuser de confier le soin des assurés comme tels aux médecins non conventionnés. Ce point de vue des défenderesses est erroné. C'est en raison de leur caractère de droit privé que - selon la doctrine dominante et le Tribunal fédéral (GRISEL, Traité de droit administratif, p. 119, ainsi que la jurisprudence citée) - certains actes de l'administration tels que l'adjudication de travaux publics ne peuvent constituer des décisions sujettes à recours au sens de l' art. 97 OJ , en corrélation avec l' art. 5 PA . Mais les rapports entre médecins et caisses dans l'assurance-maladie, litigieux en l'espèce, sont régis par la LAMA et non par le droit civil même si - formellement - les contrats sur lesquels ils se fondent sont considérés par une partie de la doctrine comme des contrats sui generis de droit privé (SCHÄREN, op.cit., p. 172; contra: MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, vol. I, p. 144). Ils ressortissent au droit fédéral des assurances sociales, et relèvent de BGE 111 V 342 S. 350 ce fait de la compétence juridictionnelle du Tribunal fédéral des assurances en vertu des art. 128 OJ et 30ter LAMA. b) Aux termes de l' art. 103 let. a OJ , a qualité pour recourir quiconque est atteint par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit annulée ou modifiée. La jurisprudence considère comme intérêt digne de protection, au sens de cette disposition, tout intérêt pratique ou juridique à demander la modification ou l'annulation de la décision attaquée que peut faire valoir une personne atteinte par cette dernière. L'intérêt digne de protection consiste ainsi en l'utilité pratique que l'admission du recours apporterait au recourant ou, en d'autres termes, dans le fait d'éviter un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre que la décision attaquée lui occasionnerait ( ATF 110 V 150 consid. 2c, ATF 109 V 59 , ATF 108 Ib 93 , 106 V 188 consid. 1; DTA 1980 No 30 p. 62). Ces principes déterminent également la recevabilité de l'action ouverte par les médecins recourants devant l'autorité de première instance. En vertu de la force dérogatoire du droit fédéral et conformément au principe de l'unité de la procédure, en effet, la qualité pour agir devant les autorités administratives et juridictionnelles cantonales dont les décisions sont sujettes au recours de droit administratif ne peut être subordonnée à des conditions plus strictes que celles qui régissent la qualité pour recourir au sens de l' art. 103 let. a OJ et de l' art. 48 let. a PA , de même contenu ( ATF 110 V 150 consid. 2c précité, ATF 108 Ib 94 et 250, ATF 104 Ib 248 , ATF 103 Ib 147 , ATF 102 V 12 , ATF 101 V 123 , ATF 99 V 167 , ATF 98 V 54 ; RCC 1979 p. 124; DTA 1983 No 9 p. 41 consid. 2b; GRISEL, op.cit., p. 901; GYGI, op.cit., p. 151 ch. 2.2). Les recourants allèguent que la mesure qu'ils contestent, prise par la FVCM et appliquée par les caisses-maladie vaudoises, leur préjudicie gravement en ce sens qu'elle conduit nécessairement à les priver d'une partie importante de leur clientèle dès l'instant où les soins qu'ils prodiguent ne sont plus pris en charge par l'assurance-maladie. Il est indiscutable que, en cela, les recourants ont - à tout le moins de fait - un intérêt notable à l'annulation de ladite mesure et du jugement qui les déboute. Cela suffit pour leur conférer la qualité pour recourir et, comme on l'a vu, pour justifier l'entrée en matière par la juridiction cantonale. Il convient de noter, à cet égard, que la notion d'intérêt spécial et direct - qui constitue un des aspects de l'intérêt digne de protection d'un tiers, étranger aux rapports juridiques qui forment l'objet de la contestation BGE 111 V 342 S. 351 (v. p.ex. ATF 110 V 149 ss, ATF 104 Ib 249 consid. 5c, ATF 101 V 123 ; DTA 1983 No 9 p. 38; RCC 1979 p. 124; GYGI, op.cit., p. 132-133) - est sans portée pratique en l'espèce, car elle se confond, dans le cadre d'une contestation au sens de l' art. 25 LAMA , avec la qualité pour agir quant au fond. Le recours est ainsi recevable. 3. (Pouvoir d'examen limité.) 4. Aux termes de l' art. 15 al. 1 LAMA , si la caisse assure les soins médicaux, tout malade doit pouvoir choisir un médecin parmi ceux qui pratiquent dans son lieu de séjour ou dans les environs. Cependant, l' art. 16 al. 1 LAMA dispose que les caisses peuvent, sur la base des tarifs, passer des conventions avec des médecins ou des associations de médecins et confier exclusivement à ces médecins le traitement des assurés (1re phrase). Les médecins qui pratiquent régulièrement, depuis un an au moins, dans le territoire de la caisse, peuvent adhérer à ces conventions (2e phrase). Du point de vue des assurés, cette réglementation institue le système dit du "libre choix conditionnel": leur droit de choisir librement un médecin est, en principe, limité aux médecins qui pratiquent à leur lieu de séjour d'une part, et qui ont adhéré à une convention au sens des dispositions précitées, s'il en existe une, d'autre part. Est réservé, toutefois, le cas de l'assuré qui doit suivre un traitement spécial auquel aucun médecin conventionné exerçant à son lieu de séjour ou dans les environs n'est en mesure de procéder (art. 20 Ord. III LAMA; ATFA 1968 p. 178). A l'égard des caisses-maladie, le principe du libre choix du médecin prévu par l' art. 15 al. 1 LAMA constitue une restriction importante de la liberté de celles-ci d'organiser à leur gré les rapports avec leurs membres et avec les médecins, exprimée par l' art. 1er al. 2 LAMA ; en ce sens, la faculté que leur accorde l' art. 16 al. 1 LAMA de confier le traitement des assurés exclusivement à certains médecins représente la suppression partielle de cette restriction (EGLI, Die rechtliche Stellung des Arztes in der Krankenversicherung, 1938, p. 60-61). 5. a) Selon les recourants, la décision prise par la FVCM le 23 mars 1983 est illégale dans la mesure où la loi exige que le droit des caisses-maladie de confier le traitement des assurés exclusivement aux médecins conventionnés fasse l'objet d'une clause conventionnelle, laquelle doit en outre être formulée en termes exprès, ce qui n'est, d'après eux, pas le cas en l'occurrence. BGE 111 V 342 S. 352 b) Le point de savoir si le droit des caisses-maladie de confier le traitement de leurs assurés aux seuls médecins avec lesquels elles ont passé une convention est subordonné à une telle condition n'a jamais été abordé par le Tribunal fédéral des assurances. Ainsi ne peut-on rien déduire à ce propos des principaux arrêts rendus dans le cadre de l' art. 16 al. 1 1 re phrase LAMA ( ATF 101 V 65 , ATF 97 V 9 ; ATFA 1968 p. 178; RAMA 1984 No K 593 p. 228; RJAM 1976 No 254 p. 123, 1969 No 49 p. 106). Cependant, la doctrine - qui, précédemment, ne s'était guère arrêtée à cette question qu'accessoirement, sans l'examiner de manière explicite (p.ex. MAURER, op.cit., vol. II, p. 356; EGLI, op.cit., p. 65) - s'est intéressée de près à ce problème à l'occasion du litige même qui oppose en l'espèce les recourants à la FVCM. Selon PFLUGER (avis de droit No 1413 publié dans Schweizerische Krankenkassen-Zeitung 1984, p. 52), l'existence d'une convention entre médecins et caisses-maladie ne permet pas à elle seule de refuser le traitement des assurés par des médecins non conventionnés; il faut bien plutôt que cette exclusivité des médecins conventionnés résulte, au moins tacitement, de la convention. Prenant le contre-pied de cette opinion, DUC (Revue LAMM/LAA 1984, p. 35 ss) déduit en revanche du texte de l' art. 16 al. 1 LAMA que l'existence d'une convention autorise les caisses à confier unilatéralement aux seuls médecins signataires ou adhérents le traitement de leurs assurés malades. Il renvoie aux avis de GIORGIO (Les assurances sociales en Suisse, in: La Suisse économique et sociale, Einsiedeln 1926, p. 685) et PELET (Les relations juridiques entre médecins et caisses d'assurance-maladie d'après la LAMA du 13 juin 1911, thèse Lausanne 1925, p. 52 et p. 88-89) et relève, en résumé, que cette interprétation résulte également du système de la loi, en précisant notamment ce qui suit: "La conclusion d'une convention, qui peut prévoir le système du tiers payant, présente de l'intérêt pour les deux partenaires en présence, à condition toutefois qu'il ne soit pas possible d'obtenir les mêmes avantages en demeurant en dehors du régime conventionnel. Ainsi, les médecins qui s'accommodent des contraintes inhérentes à une convention doivent-ils jouir en principe d'un monopole en matière de traitement des assurés des caisses signataires, faute de quoi ils verront leurs confrères non liés bénéficier des avantages du système sans avoir à en supporter les inconvénients. Aussi bien le législateur a-t-il aménagé un large droit d'adhésion aux conventions existantes, dans le dessein évident nous semble-t-il de supprimer les conséquences de ce monopole, s'agissant des médecins prêts à collaborer conformément à la loi à l'application de l'assurance-maladie sociale (article 16 alinéa 1 dernière phrase LAMA). BGE 111 V 342 S. 353 Mais il est patent également que les caisses ont le plus haut intérêt à pouvoir refuser de verser leurs prestations pour les traitements effectués ou ordonnés par des médecins n'ayant pas signé la convention, afin de ne pas inciter ces derniers à demeurer en marge du régime conventionnel, ce qui serait contraire au but avoué du législateur." c) Si le texte de la loi n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, il y a lieu de rechercher quelle est la véritable portée de la norme, en la dégageant de tous les éléments à considérer, soit notamment du but de la règle, de son esprit ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose. Le sens qu'elle prend dans son contexte est également important ( ATF 110 V 122 , ATF 109 V 33 , ATF 108 V 240 consid. 4b, ATF 107 V 215 consid. 2b). Comme le Tribunal fédéral des assurances a eu l'occasion de l'exposer récemment ( ATF 111 V 362 consid. 3a/bb), les travaux préparatoires du Parlement relatifs au texte des actuels articles 15 et 16 LAMA (qui n'a pas été modifié depuis la promulgation de la loi) montrent que ces dispositions représentent le fruit d'un compromis entre les revendications du corps médical - qui réclamait la reconnaissance du libre choix du médecin - et celles des caisses, qui exigeaient qu'on leur accordât le droit d'exercer une influence sur l'application des tarifs et de confier le traitement de leurs assurés à certains médecins seulement (BSt. 1910 CE 86 et 91). Ces deux exigences des caisses étaient étroitement liées. Pour le législateur, comme d'ailleurs dans l'esprit des caisses, elles paraissent même n'en avoir constitué qu'une seule: celle de donner aux caisses la possibilité de se protéger contre les effets du libre choix absolu du médecin - tel qu'il avait été prévu initialement par le Conseil national - au moyen de conventions sur l'application des tarifs étatiques, leur permettant de parer aux risques d'une pratique abusive de la part des médecins, préjudiciable à leurs intérêts. De leur côté, ces derniers craignaient que ces conventions soient conclues avec quelques médecins seulement, et qu'elles instituent ainsi le système du "médecin de caisse", dont la plupart d'entre eux seraient exclus (BSt. CE 1910 412-414). En définitive, la réglementation qui a été adoptée représente un consensus fondé sur l'idée qu'il convenait "d'entourer le libre choix du médecin d'un certain nombre de garanties qui se trouveraient prescrites par un contrat", étant entendu que "tous les médecins peuvent être médecins de caisse à la condition cependant qu'ils adhèrent au contrat" (BSt. CE 1911 40-41). BGE 111 V 342 S. 354 Il s'avère ainsi que l'exclusivité du traitement des assurés par les médecins conventionnés a été conçue comme une conséquence naturelle de la convention, et son utile corollaire. En revanche, elle n'en constitue pas un élément objectivement indispensable, ainsi que l'exprime le texte de l' art. 16 al. 1 1 re phrase LAMA, qui énonce deux possibilités distinctes: celle de passer des conventions d'une part, et celle de confier le traitement des assurés exclusivement aux médecins conventionnés d'autre part. Il n'y a pas, en effet, de raisons d'exiger des parties, contre leur gré, que leurs relations conventionnelles soient exclusives. Aussi bien la loi n'impose-t-elle pas le monopole des médecins conventionnés, ni ne contraint caisses et médecins à se lier par une convention. Le droit des caisses-maladie de ne confier le traitement de leurs assurés qu'aux médecins conventionnés se présente donc, en premier lieu, comme une faculté légale des caisses. Aussi ne peut-on souscrire entièrement à l'opinion de la juridiction cantonale, selon laquelle la conclusion d'une convention entraîne ipso jure l'exclusion des médecins non conventionnés du droit de traiter les assurés des caisses, soit que la convention emporte un effet légal auquel les parties ne peuvent pas se soustraire. d) Cela ne signifie pas, toutefois, que le législateur ait voulu faire dépendre le droit de confier le traitement des assurés uniquement aux médecins conventionnés d'un accord spécial des parties à la convention. A l'appui de leur conclusion, les recourants arguënt, d'une part, du fait que les médecins conventionnés ont accepté, en l'occurrence, le principe du remboursement par les caisses-maladie des traitements fournis par les médecins non signataires de la convention, et ne réclament donc pas l'exclusivité du traitement des assurés, de sorte que la mesure contestée de la FVCM revient à accorder aux "principaux intéressés" un avantage dont ceux-ci ne veulent pas. Il est exact, au vu du dossier, que la Société vaudoise de médecine ne s'est pas opposée - du moins lors de l'établissement des conventions qui se sont succédé dès 1969 - à la prise en charge des traitements prodigués par les médecins non conventionnés, sous réserve du respect par ceux-ci des tarifs en vigueur. On ne peut toutefois rien en déduire qui soit en faveur des recourants. Certes, les médecins qui ont adhéré à une convention sont intéressés par la question de l'exclusivité du traitement des assurés, tout particulièrement lorsque l'on évoque, comme dans le cas d'espèce auquel se réfèrent les recourants BGE 111 V 342 S. 355 (RJAM 1973 No 177 p. 156), leur droit éventuel de s'opposer à une pratique de la caisse consistant à prendre en charge - en violation de ses engagements conventionnels à l'égard des médecins - le traitement fourni par un médecin non conventionné, problème qui excède le cadre du présent litige. Il n'en demeure pas moins que, comme on l'a vu, l'intérêt des caisses en cette matière est, par définition, également essentiel. Aussi bien, le fait que la jurisprudence ( ATF 101 V 68 in initio) a discerné, parmi les buts de l' art. 16 al. 1 LAMA , notamment celui de permettre aux caisses-maladie d'accorder un avantage aux médecins en échange de l'engagement qu'ils prennent de soigner les assurés à certaines conditions, n'y change rien. Les recourants sont, au demeurant, malvenus à invoquer les intérêts réciproques des parties à une convention à laquelle ils refusent d'adhérer. Les recourants font valoir ensuite que le libre choix du médecin, qui devait demeurer la règle aux yeux du législateur, est un droit constitutionnel non écrit, et que l'exclusivité accordée aux médecins conventionnés est une exception pour laquelle on doit faire preuve "des mêmes exigences que pour les dérogations apportées aux droits fondamentaux". Cependant, contrairement à ce que les recourants voudraient déduire de la jurisprudence qu'ils invoquent sur ce point (ATFA 1968 p. 181 consid. 2), il est inexact d'élever le droit au libre choix absolu du médecin - dont le législateur n'a précisément pas voulu - au rang d'une véritable garantie constitutionnelle non écrite. Aussi ne s'agit-il pas, en l'espèce, d'examiner si et dans quelle mesure l' art. 16 al. 1 LAMA respecte ou non les normes constitutionnelles protégeant les libertés fondamentales, ce que la Cour de céans n'aurait d'ailleurs pas la compétence de faire, mais de dégager l'intention du législateur quant aux modalités d'application du principe du libre choix conditionnel tel qu'il a été consacré par les art. 15 et 16 LAMA . En outre, les recourants invoquent le fait que les conventions doivent, pour être valables, être approuvées par le gouvernement cantonal, lequel examine si les taxes prévues et les autres dispositions de la convention sont conformes à la loi et à l'équité ( art. 22 al. 3 LAMA ). On ne voit pas, cependant, en quoi l'obligation de soumettre les conventions à l'examen des autorités cantonales pourrait conduire à exiger des parties qu'elles s'expriment formellement sur le droit d'utiliser une faculté qui découle de la loi. BGE 111 V 342 S. 356 Enfin, les recourants soutiennent qu'il est contraire au système de la LAMA et au statut des caisses-maladie - tenues de prendre leurs décisions en toute indépendance - que la FVCM impose à toutes les caisses qui lui sont affiliées la mesure qu'elle a prise le 23 mars 1983, laquelle représente au surplus, en raison de sa gravité, une violation du principe de la proportionnalité. Cette objection, à supposer que les recourants puissent invoquer à leur profit les relations internes entre les caisses et la fédération à laquelle elles appartiennent, est sans fondement, car la législation fédérale en matière d'assurance-maladie ne restreint nullement la liberté d'association des caisses. Par ailleurs, le principe de la proportionnalité est une règle qui régit l'activité administrative, et non celle du législateur; il ne permet donc pas de contester une mesure qui s'inscrit dans le cadre strict de la loi. e) Ainsi, parmi les arguments des recourants, on n'en distingue aucun qui permette de se convaincre du bien-fondé de la thèse de PFLUGER, citée plus haut. Il faut relever, au demeurant, que l'avis de droit de cet auteur se fonde moins sur une analyse du point de savoir si, en principe, le fait de confier le traitement des assurés aux médecins conventionnés exclusivement doit être exprimé dans la convention - ce que l'auteur admet comme une prémisse - que sur l'examen des termes de la convention applicable en l'espèce et du sens qu'il convient de leur donner, question qui s'avère, en réalité, subsidiaire. La juridiction cantonale a rappelé à juste titre que le régime des conventions constitue le régime normal dans l'assurance-maladie, que la LAMA vise à favoriser celui-ci, et qu'il s'agit donc de ne pas affaiblir ce système (cf. p.ex. ATF 97 V 13 -14; FF 1962 II 1258). Or, la solution que les recourants préconisent, consistant à soumettre à l'existence d'une clause conventionnelle expresse le droit des caisses de confier le traitement des assurés aux seuls médecins conventionnés - outre qu'une telle restriction n'est pas nécessaire à la protection des intérêts des parties signataires de la convention - n'est guère conciliable avec ces buts du législateur. En conséquence, et compte tenu de ce qui a été exposé plus haut (consid. 5c), il convient de se rallier à l'avis pertinent de DUC (loc.cit., p. 36) selon lequel "la loi présume l'effet d'exclusion des conventions". Il faut admettre, en d'autres termes, que l'existence même d'une convention constitue la condition suffisante de l'exercice par la caisse de sa faculté légale de confier le traitement de ses assurés aux médecins conventionnés exclusivement, la caisse BGE 111 V 342 S. 357 étant libre, en revanche, de ne pas faire usage de cette faculté, sous réserve de ses obligations éventuelles à l'égard des médecins conventionnés. 6. Dès lors que la décision contestée de la FVCM trouve son fondement dans l'existence même d'une convention, il n'est pas nécessaire de se prononcer sur le point de savoir si le ch. 4 de la convention du 6 juillet 1982, selon lequel les caisses-maladie s'engagent à prendre en charge les traitements effectués ou prescrits par les médecins qui ont adhéré à la convention, constitue ou non une clause excluant - expressément ou tacitement - le traitement des assurés par les médecins non conventionnés. Il n'y a pas lieu non plus d'examiner, en l'espèce, quelles sont les éventuelles restrictions au droit des caisses intimées de refuser la prise en charge d'un traitement en application de la décision de la FVCM, cette question relevant des rapports entre les caisses et leurs assurés, qui sont réglés notamment par les statuts des caisses-maladie concernées (cf. en particulier RAMA 1984 No K 593 p. 228 consid. 2), et qui ne forment pas l'objet de la présente contestation. Ainsi, dans la mesure où il constate que la décision prise par la FVCM en date du 23 mars 1983 est conforme au droit fédéral, le jugement entrepris n'est pas critiquable, de sorte que le recours est mal fondé. 7. (Frais.) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté.
null
nan
fr
1,985
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b3d146a4-c3a3-49b3-a287-c4f9b3d8e45e
Urteilskopf 123 II 256 30. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. April 1997 i.S. Schweizer Heimatschutz gegen Pilatus-Bahn-Gesellschaft und Gemeinderat Hergiswil sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 22 Abs. 1 RPG und 24 RPG; Art. 6 NHG . Raumplanung und Umweltschutz - Bewilligung der Beleuchtungsanlage auf den Pilatusgipfeln (BLN-Objekt Nr. 1605). Die Beleuchtungskörper stellen eine bewilligungspflichtige Anlage im Sinne von Art. 22 Abs. 1 RPG dar (E. 3). Die Scheinwerfer sind nicht als geringfügige Änderung der Bergstation zu betrachten, weshalb sie nicht gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG bewilligt werden können (E. 4). Standortgebundenheit der Anlage bejaht (E. 5a). Bei der Beurteilung der ungeschmälerten Erhaltung eines BLN-Objekts ist von der Umschreibung von dessen Schutzgehalt auszugehen (E. 6a). Wird die Bewilligung der Beleuchtung an Bedingungen und Auflagen geknüpft, wird vom Grundsatz der ungeschmälerten Erhaltung der Landschaft nicht wesentlich abgewichen. Die vom Inventarschutz auch erfassten Aspekte der Sagenumwobenheit und der Aussichtsfunktion des Pilatus werden durch die Beleuchtung hervorgehoben (E. 6d). Vom Bundesgericht verfügte zusätzliche Einschränkungen der Beleuchtungszeit (E. 6e). Keine präjudizielle Wirkung für die grossflächige Beleuchtung anderer Berggipfel, da sich der Pilatus in verschiedener Hinsicht wesentlich von solchen unterscheidet (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 123 II 256 S. 258 Die Pilatus-Bahn-Gesellschaft beleuchtet seit 1991 zeitweise die beiden Pilatusgipfel "Esel" und "Oberhaupt" grossflächig mit neun Scheinwerfern. Aufgrund verschiedener Reaktionen sah sich die Baudirektion des Kantons Nidwalden veranlasst, ein ordentliches Baubewilligungsverfahren für diese Beleuchtungsanlage zu verlangen, in welchem u.a. der Schweizer Heimatschutz Einsprache erhob. Am 17. August 1993 erteilte die Baudirektion der Pilatus-Bahn-Gesellschaft unter den folgenden Bedingungen und Auflagen nachträglich die raumplanerische Ausnahmebewilligung für die Erstellung und den Betrieb der Anlage: "Der Beginn der Beleuchtung ist der jeweiligen Dämmerungszeit anzupassen. Die Dauer der Beleuchtung ist auf maximal 2 Stunden pro Nacht zu begrenzen. Zwischen der Betriebseinstellung der Zahnradbahn, spätestens jedoch ab Ende November, und bis Mitte März darf die Beleuchtung nur an Samstagen und Sonntagen sowie an einzelnen ausserordentlichen Anlässen betrieben werden. Bei Nebel und tiefhängenden Wolken darf nicht beleuchtet werden. Der Beleuchtungsbeginn und das Ende haben in gestaffelter zeitlicher Reihenfolge innerhalb minimum 5 Minuten zu erfolgen. Sollten wider Erwarten auf die Tierwelt negative Auswirkungen festgestellt werden, wird auf vorliegende Bewilligung zurückgekommen. Veränderungen der Beleuchtung (Lichtstärke, Farbe, Intensität, Zeitdauer, Flächenbestrahlung) sind nicht erlaubt resp. müssten wiederum raumplanerisch beurteilt werden. Die Baudirektion behält sich das Recht vor, bei Nichteinhaltung obiger Bedingungen und Auflagen vorliegende Bewilligung zu entziehen." Gegen diese Bewilligung erhob der Schweizer Heimatschutz Beschwerde an den Nidwaldner Regierungsrat. Dieser wies am BGE 123 II 256 S. 259 30. Mai 1994 die Beschwerde ab und führte aus, die Beleuchtungsanlage beinhalte nur teilweise Änderungen in der nach kantonalem Richtplan als "touristische Kopfstation" ausgewiesenen Region der Pilatusgipfel, so dass eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 2 RPG grundsätzlich in Frage komme (Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung [RPG; SR 700]). Weiter entschied der Regierungsrat, die Voraussetzungen für eine solche Ausnahmebewilligung seien gegeben, da die Beleuchtung - angesichts der Auflagen und Bedingungen - mit den Bestimmungen der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung vereinbar sei. Mit Urteil vom 12. Dezember 1994 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden die vom Schweizer Heimatschutz gegen diesen Regierungsratsbeschluss erhobene Beschwerde ab. Gegen dieses Urteil reichte der Schweizer Heimatschutz am 14. Februar 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Beleuchtung des Pilatus sowie die dazu erforderliche Anlage seien als unzulässig zu bezeichnen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 3. Die Beschwerdegegnerin vertritt die Ansicht, bei der Beleuchtungsanlage handle es sich nicht um eine bewilligungspflichtige Anlage. Sie begründet dies damit, die Beleuchtungskörper seien nicht fest mit dem Boden verbunden und liessen sich ohne weiteres kurzfristig entfernen. Bauten und Anlagen im Sinne von Art. 22 Abs. 1 RPG sind jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen ( BGE 120 Ib 379 E. 3c mit Hinweisen). Dazu gehören gemäss bundesgerichtlicher Praxis auch Fahrnisbauten, welche über nicht unerhebliche Zeiträume ortsfest verwendet werden ( BGE 119 Ib 222 E. 3a; BGE 118 Ib 1 E. 2c je mit Hinweis[en]). Die Baubewilligungspflicht soll der Behörde ermöglichen, das Bauprojekt - in bezug auf seine räumlichen Folgen - vor seiner Ausführung auf die Übereinstimmung mit der raumplanerischen Nutzungsordnung und der übrigen einschlägigen Gesetzgebung zu überprüfen ( BGE 119 Ib 222 E. 3a). Obwohl die BGE 123 II 256 S. 260 insgesamt neun Scheinwerfer nicht fest im Boden verankert, sondern auf Sockeln, an Wänden und Seilen mit Schrauben festgemacht und innert kürzester Zeit demontierbar sind, ist die Beleuchtungsanlage auf Dauer angelegt. Sie ist daher sowohl mit Blick auf die bauliche Anlage (Scheinwerfer) wie auch mit Blick auf deren Einsatz als grossflächige Beleuchtung von wesentlicher räumlicher Bedeutung. Die von der Anlage ausgehende zeitweise Beleuchtung ist geeignet, den angestrahlten Raum - insbesondere das Landschaftsbild - vorübergehend zu verändern. Die kantonalen Instanzen haben daher zu Recht die Bewilligungspflicht der Anlage bejaht. 4. Die Beleuchtungsanlage liegt ausserhalb einer Bauzone, weshalb eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG erforderlich ist. Daran ändert nichts, dass der Richtplan des Kantons Nidwalden den Bereich der Pilatusgipfel als "touristische Kopfstation", d.h. als eng beschränkten Bereich für standortgebundene touristische Bauten ausweist. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin kann dieses Gebiet auch nicht als "weitgehend überbautes Gebiet" im Sinne von Art. 15 lit. a bzw. Art. 36 Abs. 3 RPG gelten. Zu prüfen ist zunächst, ob die Anlage unter Art. 24 Abs. 1 oder Abs. 2 RPG fällt. Gemäss Art. 24 Abs. 1 RPG können abweichend von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Nach Art. 24 Abs. 2 RPG kann das kantonale Recht gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern, teilweise zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Wie der Regierungsrat festhielt, hat der Kanton Nidwalden in Art. 207 BauG von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht. Während die Baudirektion ihre Bewilligungserteilung auf Art. 24 Abs. 1 RPG gestützt hatte, vertrat der Regierungsrat die Ansicht, beim vorliegenden marginalen Beleuchtungsbau handle es sich um eine bloss teilweise Änderung der bestehenden Anlage, so dass eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 2 RPG grundsätzlich in Frage komme, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen den Regierungsratsentscheid ab, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Bewilligung auf Abs. 1 oder Abs. 2 von Art. 24 RPG zu stützen sei. Fünf Scheinwerfer der Beleuchtungsanlage sind an der Aussenfassade der Bergstation, zwei auf einer Felsrippe und zwei an einem Fliegermarkierseil montiert. Es mag zutreffen, dass diese BGE 123 II 256 S. 261 Scheinwerfer baulich nicht besonders hervorstechen. Entgegen der Ansicht des Regierungsrats geht es dabei jedoch nicht um eine nur teilweise Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG , bei welcher es sich um einen bundesrechtlichen Begriff handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts werden als teilweise Änderungen nebst Um- und Anbauten auch Erweiterungen und Zweckänderungen verstanden. Sie gelten als teilweise, wenn sie Umfang und Erscheinung, also die Identität der Baute, in den wesentlichen Zügen wahren und keine wesentlich neuen Auswirkungen auf die Nutzungsordnung, die Erschliessung und die Umwelt verursachen. Gemessen an der bestehenden Anlage muss die Änderung von untergeordneter Bedeutung sein ( BGE 118 Ib 497 E. 3a mit Hinweisen). Da es sich bei der Beleuchtungsanlage um etwas Neues handelt, das vom Zweck der Bergstation nicht erfasst wird und das wesentlich neue Auswirkungen auf die Umwelt hat, können die an der Aussenfassade der Bergstation montierten Scheinwerfer nicht als eine geringfügige Änderung der Bergstation, bzw. als eine Art Beiwerk zu dieser betrachtet werden. Für die an der Felsrippe und am Fliegermarkierseil angebrachten Scheinwerfer kommt dies - angesichts der we-sentlichen Zweckänderung - ohnehin nicht in Betracht. Die Bewilligung kann daher nicht auf Art. 24 Abs. 2 RPG gestützt werden, sondern ist unter dem Gesichtspunkt von Art. 24 Abs. 1 RPG zu prüfen. 5. Die umstrittene Beleuchtungsanlage und deren Betrieb dürfen nach Art. 24 Abs. 1 RPG nur bewilligt werden, wenn der Zweck der Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. a) Die Standortgebundenheit darf nach der bundesgerichtlichen Praxis zu Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG nur dann bejaht werden, wenn eine Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist, oder wenn ein Werk aus bestimmten Gründen in einer Bauzone ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen beurteilen sich nach objektiven Massstäben, auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des einzelnen kommt es dabei nicht an ( BGE 119 Ib 442 E. 4a; BGE 118 Ib 17 E. 2b, je mit Hinweisen). Die umstrittenen Scheinwerfer sind standortgebunden, d.h. aus technischen Gründen auf einen Standort auf dem Pilatusgipfel und somit ausserhalb der Bauzone angewiesen ( Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG ). Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beleuchtung der Pilatusgipfel auf den Standort in und um die Installationen der in der touristischen BGE 123 II 256 S. 262 Kopfstation der Pilatusgipfel bereits bestehenden Infrastrukturanlagen angewiesen ist. Die erste Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung ist somit erfüllt. b) aa) Zu prüfen ist, ob der Beleuchtungsanlage überwiegende Interessen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG entgegenstehen. Als solche kommen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen des Naturschutzes in Betracht. Er rügt, durch die Beleuchtung würden das Landschaftsbild und die Flora beeinträchtigt. Abgesehen davon, dass der zweite Einwand den Begründungsanforderungen gemäss Art. 108 Abs. 3 OG kaum genügt, erweist er sich im übrigen als unbegründet. Zum einen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, die bereits seit 1991 betriebene Beleuchtung der beiden felsigen Gipfel habe zu Schäden der Flora geführt; solche ergeben sich auch nicht aus den Akten oder dem Augenschein. Zum andern insistiert auch das BUWAL in seiner Beschwerdevernehmlassung in diesem Punkt nicht, genausowenig wie hinsichtlich einer Beeinträchtigung der Fauna. bb) Der Beschwerdeführer beruft sich weiter auf die Schutzwürdigkeit der Landschaft des Pilatusgipfels und macht geltend, diese werde durch die Abend- und Dämmerbeleuchtung vom frühen Frühlingsbeginn bis zum Spätherbst beeinträchtigt. Da der Pilatus als Objekt Nr. 1605 im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (Verordnung vom 10. August 1977 über das BLN-Inventar [VBLN; SR 451.11], Anhang Ziffer 1605) verzeichnet ist, holte die Baudirektion gemäss Art. 7 NHG (SR 451) ein Gutachten bei der ENHK ein. Diese beantragte, die Beleuchtung sei nicht zu bewilligen. Die Baudirektion setzte sich in ihrem Bewilligungsentscheid mit dem Gutachten auseinander und räumte ein, die grossflächige Erhellung des Pilatus könne als Fremdkörper in Erscheinung treten. Sie erachtete es auch als problematisch, wenn der Pilatus in Winternächten zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr beschienen werde, da dieses Konzept den natürlichen Gegebenheiten (jahreszeitlicher Verlauf; Übergang Dämmerung/Nacht usw.) und den Lebensgewohnheiten von Menschen und Tieren nicht gerecht werde. Anderseits anerkannte die Baudirektion den Pilatus als touristisches Wahrzeichen für die Stadt und Region Luzern, dessen Beleuchtung aus der Sicht des Tourismus eine Bereicherung darstelle. Um zwischen den sich widerstreitenden Interessen einen Ausgleich zu finden, knüpfte sie die Bewilligung an verschiedene Auflagen und Bedingungen, wonach insbesondere der Beginn der Beleuchtung der jeweiligen Dämmerungszeit BGE 123 II 256 S. 263 anzupassen und die Dauer der Beleuchtung auf maximal zwei Stunden pro Nacht zu begrenzen sei. Ferner dürfe die Beleuchtung ab Ende November bis Mitte März nur an Samstagen und Sonntagen sowie an einzelnen ausserordentlichen Anlässen betrieben werden. Bei Nebel und tiefhängenden Wolken dürfe nicht beleuchtet werden. 6. a) Der Pilatus ist - wie gesagt - im BLN-Inventar aufgeführt. Gemäss Art. 6 Abs. 1 NHG wird durch die Aufnahme eines Objekts von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung oder jedenfalls grösstmögliche Schonung verdient. Nach der Botschaft zum NHG ist der Begriff der "ungeschmälerten Erhaltung" so zu verstehen, "dass der im Inventar angestrebte Schutz vollumfänglich zur Geltung gelangen und allfälligen Bedrohungen begegnet werden soll. Die Aufnahme eines Objektes in ein Verzeichnis bedeutet anderseits nicht, dass sich am bestehenden Zustand überhaupt nichts mehr ändern darf. Der Zustand eines Objektes soll aber gesamthaft betrachtet unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes nicht verschlechtert werden. Allfällige geringfügige Nachteile einer Veränderung müssen durch anderweitige Vorteile mindestens ausgeglichen werden." (BBl 1965 III S. 103). Zur Beurteilung der Problematik der ungeschmälerten Erhaltung eines BLN-Objekts ist von der jeweiligen Umschreibung des Schutzgehalts auszugehen (vgl. BGE 114 Ib 81 E. 2a), d.h. die möglichen Beeinträchtigungen sind an den verschiedenen Schutzzielen zu messen, die in den gesondert veröffentlichten Beschreibungen zu den Gebieten des Inventars umschrieben sind (vgl. BGE 115 Ib 472 E. 2e/dd mit Hinweisen). Die Bedeutung des BLN-Objekts Nr. 1605 "Pilatus" wird wie folgt dargelegt: "Unvermittelt aus dem Flachland aufragende Felsbastion der nördlichen Kalkalpen. Vielfältige Pflanzenwelt verschiedener Höhenstufen mit Hochmooren, Bergföhrenwäldern und reicher Felsflora. Sagenumwobenes Gebiet. Aussichtsberg von internationalem Ruf." An diesen Komponenten des Schutzgehalts hat sich die Gewichtung des vorliegend zu beurteilenden Eingriffs durch die Beleuchtung zu orientieren. b) Das Bundesgericht hatte sich schon verschiedentlich mit dem für BLN-Objekte verlangten Schutz der ungeschmälerten Erhaltung zu befassen. In BGE 114 Ib 81 ging es um eine Wasserskianlage mit Sprungschanze in der Chamer Bucht des Zugersees. Nach Ansicht des Bundesgerichts wäre mit der Bewilligung dieser Anlage von der von BGE 123 II 256 S. 264 Art. 6 Abs. 1 NHG geforderten ungeschmälerten Erhaltung abgewichen worden (E. 2a S. 85). In BGE 115 Ib 472 stand ein Projekt zur Sanierung der Thur in einem BLN-Gebiet in Frage. Das Bundesgericht gelangte zum Ergebnis, dass das durch das Vorhaben betroffene BLN-Objekt bei Berücksichtigung verschiedener Auflagen, Bedingungen und Anregungen insgesamt keine wesentliche Beeinträchtigung erleiden werde, das Gebot der ungeschmälerten Erhaltung somit gesamthaft betrachtet gewahrt sei. In BGE 115 Ib 131 erlaubte das Bundesgericht von der ungeschmälerten Erhaltung des bewaldeten Kammes des Höhronens im Hinblick auf den Leistungsauftrag der PTT und dem nationalen Interesse an dessen Erfüllung abzuweichen, um eine Richtstrahlantenne zu erstellen (E. 5hc S. 145). In BGE 119 Ib 463 E. 4b erachtete es den Verzicht auf Lärmschutzwände und andere bauliche Massnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf das Landschaftsbild bei der Sanierung der im BLN-Objekt "Zugersee" gelegenen Schiessanlage Risch im Hinblick auf die gebotene ungeschmälerte Erhaltung des Gebiets für zulässig. c) Allen diesen Entscheiden ist gemeinsam, dass es um bauliche Massnahmen ging, mit welchen in ein BLN-Objekt eingegriffen werden sollte. Einmal bewilligt, waren bzw. wären diese Landschaften mit dem betreffenden Eingriff nicht mehr in ihrem natürlichen Erscheinungsbild sicht- bzw. erlebbar. Eine nächtliche Beleuchtung unterscheidet sich wesentlich von solchen baulichen Veränderungen. Einerseits wird in das geschützte Objekt körperlich nicht eingegriffen und anderseits ist bei Tageslicht das Erscheinungsbild des geschützten Objekts in keiner Weise tangiert. Durch die Beleuchtung wird nur das natürliche Landschaftsbild des Pilatusgipfels im Anschluss an die Dämmerung akzentuiert und in der Dunkelheit zeitweise sichtbar gemacht. d) Die Beleuchtung der beiden Pilatusgipfel tritt, wie der Augenschein vom 30. September 1996 gezeigt hat, deutlich in Erscheinung. Es ist nachvollziehbar, dass das Licht, das sich von den vielen andern Beleuchtungen in der Luzerner Bucht und auf den umliegenden Bergen u.a. durch seine weisse, kalte Farbe unterscheidet, als störend empfunden, bzw. als "Verdinglichung der Natur" im Gegensatz zum Eigenwert der Landschaft betrachtet werden kann. Bei der Beurteilung der Beleuchtung ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die ursprünglichen Konturen der Berggipfel während den Beleuchtungszeiten nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form hervortreten, sondern vielmehr als künstlich wirkende, etwas gespensterhafte BGE 123 II 256 S. 265 Lichterscheinung aus der Dunkelheit herausleuchten. Würde das künstliche Betonen der Gipfellandschaft generell bei schönem Wetter zugelassen, so wäre es kaum mehr möglich, bei klaren Witterungsverhältnissen die nächtliche Berglandschaft in ihrer natürlichen Ausstrahlung zu betrachten. Um eine solche Denaturierung der Landschaft zu verhindern, ist die Beleuchtung derart einzuschränken, dass eine Ansicht des ursprünglichen Landschaftsbildes gewährleistet bleibt. Die Baudirektion verkannte als Bewilligungsbehörde nicht, dass die grossflächige Erhellung des Pilatus als Fremdkörper empfunden werden könnte. Insbesondere stellte sie fest, die Beleuchtung könnte dann als problematisch empfunden werden, wenn sie ohne Bezug auf die Dämmerung in der Nacht plötzlich eingeschaltet würde. Aus diesen Gründen knüpfte sie die Bewilligung an die genannten Bedingungen und Auflagen. Wie die Beschwerdegegnerin am Augenschein darlegte, wurde im regenreichen Sommer 1996 die Beleuchtung von Mai bis 30. September nur ca. fünfmal eingeschaltet. Als wesentlich erscheint, dass die Beleuchtung eher eine Ausnahme und nicht die Regel darstellen darf. Mit einer entsprechend restriktiven zeitlichen Beschränkung kann gewährleistet werden, dass auch im Sommer in schönen und (mond)klaren Nächten die Silhouette der Gipfellandschaft sowie die natürliche Dämmerung ohne Beleuchtung erlebbar bleiben. Wird diese Möglichkeit gewahrt, so wird von der ungeschmälerten Erhaltung der Landschaft des Pilatus, insbesondere von dem auch zum natürlichen Landschaftsbild gehörenden Wechsel von Tag und Nacht, nicht wesentlich abgewichen. Bei klar eingeschränkten Betriebszeiten für die Beleuchtung kann somit nicht von einer gemäss Art. 6 NHG massgeblichen Beeinträchtigung des BLN-Schutzzwecks die Rede sein. Die zeitweise Beleuchtung der beiden Pilatusgipfel hat keinen nennenswerten Einfluss auf Fauna und Flora. Sie schmälert auch weder die Aussichtsfunktion des Pilatus noch dessen Sagenumwobenheit. Die letzten beiden Aspekte des Inventarschutzes werden durch die Beleuchtung vielmehr noch hervorgehoben bzw. in Erinnerung gerufen. Abgesehen davon würden als allfällige geringfügige Nachteile betrachtete Veränderungen wohl ausgeglichen durch anderweitige Vorteile, vorliegend v.a. durch das Hervorheben der ebenfalls im Schutzziel genannten kulturgeschichtlich bedeutsamen Sagenhaftigkeit sowie der touristischen Bedeutung des Pilatus als Aussichtsberg und den mit dieser Attraktion verbundenen Impulsen für den Fremdenverkehr. Der Pilatus ist im übrigen seit Jahrzehnten dem Tourismus erschlossen BGE 123 II 256 S. 266 und keineswegs mehr eine unberührte Naturlandschaft. Seit Jahrzehnten ist auf dem Pilatusgipfel auch bereits eine Beleuchtung in Form von fünf Lampen vorhanden, welche den Fussweg auf dem Pilatus-Kulm beleuchten und von Luzern aus gut sichtbar sind. Wird jedoch gesamthaft betrachtet der Zustand des BLN-Objekts unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes nicht verschlechtert, liegt kein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung vor. Somit ist nicht erforderlich, dass gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung ins Feld geführt werden können ( Art. 6 Abs. 2 NHG ), sondern es genügen anderweitige Vorteile. e) Die bereits von der Bewilligungsbehörde vorgenommene In-teressenabwägung ist aufgrund der obgenannten Argumente nicht grundsätzlich anders zu gewichten: Hingegen ist durch eine zusätzliche Beschränkung der Häufigkeit der Beleuchtung eine tägliche Beleuchtung zu verhindern. Dass die Beleuchtung nicht an jedem schönen Abend eingeschaltet und das unbeleuchtete Panorama weiterhin erlebbar sein soll, kann wie folgt gewährleistet werden: Zusätzlich zu den bereits verfügten Bedingungen und Auflagen wird angeordnet, dass während der Sommersaison nicht häufiger als an drei Abenden pro Woche beleuchtet werden darf, wobei sich nicht zwei Abende mit Beleuchtung folgen dürfen. Bei zwei aufeinander folgenden schönen Abenden bleibt somit einmal die unbeleuchtete Silhouette des Pilatus sichtbar. Im übrigen ist klar festzulegen, dass die Scheinwerfer nur im Anschluss an die (abgeschlossene) Dämmerung und nur in gestaffelter Reihenfolge (innerhalb von minimal fünf Minuten) eingeschaltet werden dürfen. Mit diesen Auflagen wird gewährleistet, dass das Naturschauspiel der Dämmerung, insbesondere der farblichen Veränderungen der Berggipfel während den Dämmerungsphasen nicht beeinträchtigt wird sowie dass es nicht zu einer störenden schockartigen Erhellung des Pilatusgipfels kommt, die Beleuchtung vielmehr "sanft" an die Dämmerung anschliesst. 7. Entgegen der Auffassung der ENHK, des BUWAL und des Bundesamtes für Raumplanung hat eine Bewilligungserteilung keine präjudizielle Wirkung für die grossflächige Beleuchtung anderer Berggipfel. Genügend Besonderheiten unterscheiden den Pilatus von anderen Bergen in ebenfalls touristisch erschlossenen Gebieten ganz erheblich. Dies ergibt sich vorab bereits aus dem Schutzzweck, der neben der schützenswerten Flora und der besonderen Felsformation des Pilatus ebenso dessen Sagenumwobenheit sowie dessen touristische Bedeutung nennt (E. 6a hievor). Als besonderes weiteres Merkmal ist die Nähe des Pilatus zur Stadt Luzern zu nennen. BGE 123 II 256 S. 267 Schon diese Eigenheiten grenzen den Pilatus von anderen charakteristischen Bergen (z.B. Rochers de Naye, Corvatsch, etc.) ab. Wie der Gutachter Dr. André Meyer aufgezeigt hat, handelt es sich beim Pilatus um ein Naturobjekt mit ganz besonderer kulturgeschichtlicher Bedeutung innerhalb der "Tourismus-Landschaft" um den Vierwaldstättersee. Von dieser Epoche des Frühtourismus in der Region zeugen noch heute zahlreiche Bauten (Hotels, Quaianlagen, Dampfschiffe mit ihren Salons, Tal- und Bergstationen der nahen Ausflugsziele, Bergrestaurants auf der Rigi, dem Bürgenstock und dem Stanserhorn, etc.). In dieses Gesamtbild der kulturgeschichtlich relevanten touristischen Erschliessungen gehören auch die Merkpunkte, die dieser besonderen Tourismus-Landschaft auch bei Dunkelheit ihr Gepräge verleihen. Deren zeitweise Hervorhebung durch die Beleuchtung des Luzerner "Hausbergs" kann in dem Sinne als Fortsetzung einer langen historischen Tradition betrachtet werden. Die Situation des Pilatusgipfels unterscheidet sich schliesslich von vielen andern Berggipfeln auch durch die in die Zeit der Anfänge des Tourismus zurückgehende Zahnradbahn. Der Erteilung der Ausnahmebewilligung ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ) stehen somit - in Anbetracht der speziellen Situation des Pilatus sowie der genannten Auflagen und Bedingungen - keine überwiegenden Interessen entgegen.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b3d3cfe6-3a68-448a-addd-f7b7fe418ad9
Urteilskopf 126 III 59 13. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 7 décembre 1999 dans la cause dame B. contre dame D. (recours en réforme)
Regeste Kaufvertrag; Beschränkung der Sachgewährleistung des Verkäufers ( Art. 197 und 199 OR ). Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Stellvertretung (E. 1). Die Wegbedingung der Gewährleistung verbietet es dem Käufer, als notwendige Grundlage des Vertrages das Vorhandensein von Sacheigenschaften anzusehen, für die keine Haftung übernommen wurde (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2 und 3). Gültigkeit einer Freizeichnungsklausel unter dem Gesichtspunkt von Art. 199 OR (E. 4). Auslegung einer die Gewährleistung des Verkäufers einschränkenden Klausel nach dem Vertrauensprinzip (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 126 III 59 S. 60 A.- a) Dame B. exploite une galerie d'arts et d'antiquités spécialisée dans les objets d'Art nouveau et d'Art déco; elle est en particulier considérée comme une spécialiste des oeuvres du célèbre verrier Emile Gallé. Au début du mois de novembre 1990, dame B. a été approchée par un marchand d'art, lequel l'a informée qu'un vase de Gallé se trouvait à la galerie Z., et que cette galerie avait été chargée, moyennant une commission de 10'000 fr., de vendre l'objet. Il s'agissait d'une pièce de couleur noire et bleue, taillée à la meule et translucide, d'une hauteur d'environ 42 cm, provenant de la série des vases dits "de tristesse", fabriquée par cet artiste en 1903. Quelques jours avant son décès, survenu le 7 mai 1990, dame S. avait donné cette oeuvre à sa soeur dame D., dans l'idée que le vase soit vendu et que le produit de sa réalisation serve à payer les frais d'éducation de ses deux fils alors mineurs, Y. et C.S. A la mi-novembre 1990, dame B., accompagnée de deux de ses collaborateurs, s'est rendue dans les locaux de la galerie Z., où elle a examiné minutieusement le vase au moyen d'une lampe à quartz. A cette occasion, un responsable de la galerie, après avoir indiqué à dame B. qu'aucune documentation écrite concernant la provenance et l'authenticité du vase n'avait été délivrée, lui a proposé avec insistance de soumettre l'objet à un expert; cette dernière a refusé de donner suite à cette suggestion, estimant être elle-même experte en matière de vases de Gallé. Le 29 novembre 1990, dame D. a mandaté par écrit la galerie Z. afin qu'elle vende son vase pour le prix de 400'000 fr., déclarant BGE 126 III 59 S. 61 qu'il s'agissait d'une oeuvre garantie originale qui, durant le temps où elle avait été en sa possession, n'avait été ni endommagée ni réparée. Le même jour, elle a encore attesté par écrit notamment ce qui suit: "Je donne la garantie que ce vase est authentique et en parfait état, qu'il n'est ni volé, ni gagé, que personne d'autre que moi n'a des droits sur ce vase". Le 4 décembre 1990, dame B. est revenue à la galerie Z.; elle y a procédé avec grand soin à un nouvel examen de l'objet considéré à l'aide d'une lampe à quartz. Après quoi, dame B. a discuté les termes de l'accord à conclure, en particulier le libellé de la garantie pour les défauts, avant de signer, à l'instar d'un responsable de la galerie, un contrat de vente daté du 4 décembre 1990, dactylographié par une collaboratrice de ladite galerie. Il était stipulé dans ce document qu'il lui était vendu un "vase de tristesse" de Gallé d'ordre et pour le compte d'une cliente connue de la galerie, que cet objet se trouvait dans un état exempt de défauts et était "vendu ferme tel qu'examiné"; le détenteur du vase confirmait en outre que, pendant la période où il l'avait possédé, l'objet n'avait été ni endommagé ni réparé, toute garantie antérieure étant exclue; le prix convenu de 400'000 fr. devait être réglé par deux acomptes. Dame B. a versé les deux acomptes prévus. Le 4 février 1991, dame D. a remis à la galerie Z. quittance pour le versement en sa faveur de 315'000 fr., représentant le second acompte sous déduction de la commission de 10'000 fr. encaissée par la galerie. Conformément au voeu exprimé par sa soeur défunte, dame D. a consacré le produit de la vente du vase au financement des études de ses deux neveux. b) Aussitôt après en avoir pris possession le 31 janvier 1991, dame B. a entrepris des démarches pour revendre le vase; il n'a toutefois pas trouvé acquéreur, un amateur potentiel ayant constaté, sur la base d'une photographie, qu'il avait été modifié dans sa hauteur. Par courrier du 5 juillet 1991, dame B. a informé la galerie Z. du fait que le vase était vraisemblablement affecté d'un important défaut caché, de sorte qu'elle annonçait vouloir soumettre l'objet à des experts afin d'être en mesure de décrire dans les détails les défauts apparus. Le 20 août 1991, A., auteur d'un ouvrage de référence sur les oeuvres de Gallé, a informé l'acheteuse qu'il était parvenu à la conclusion que le vase qu'elle avait acquis était bien à l'origine un vase de Gallé, qu'il devait être vendu aux enchères en 1984 à Genève par Christie's, mais qu'il avait été retiré de la vente après qu'un tiers eut signalé l'existence d'une fente d'environ 1,5 cm au niveau BGE 126 III 59 S. 62 du col; par la suite, le vase avait été raccourci de 2,6 cm pour faire disparaître la lézarde, ce qui avait eu pour résultat d'en modifier le décor par des changements de dessin et d'intensité des couleurs. D'après ce connaisseur, les modifications ainsi apportées au vase avaient une nette incidence sur sa valeur, la composition initiale de l'artiste n'étant plus respectée. La coupe effectuée avait porté atteinte à l'harmonie de l'oeuvre au niveau de l'équilibre des formes. A l'en croire, le vase original, même avec une fente, aurait présenté une valeur plus grande. Par pli du 4 septembre 1991 adressé à la galerie Z., dame B., invoquant les art. 2 CC , 24 al. 1 ch. 4, 28 et 199 CO, a déclaré invalider le contrat de vente tant pour dol que pour erreur essentielle et, le cas échéant, le résoudre en raison des défauts de l'objet vendu, la galerie étant mise en demeure de lui rembourser 400'000 fr. contre restitution du vase. Le 30 janvier 1992, dame B. a écrit à dame D. pour confirmer sa déclaration d'invalidation du contrat de vente pour vices du consentement. B.- Dame B. a fait notifier des poursuites à dame D., puis a ouvert action à son encontre le 3 décembre 1993, concluant au versement de 400'000 fr. plus intérêts à 5% dès le 1er décembre 1990, moyennant restitution du vase. La défenderesse s'est opposée à la demande; elle a excipé de la prescription. Une expertise a été ordonnée en cours d'instance. Il en résulte que le vase litigieux exempt de défauts était bien susceptible de valoir 400'000 fr. Toutefois, dans l'état actuel de l'objet, on ne pouvait parler que "des restes d'un vase de Gallé", sans valeur sur le marché de l'art. Au cas où un amateur s'y intéresserait malgré tout, il était possible d'envisager un prix de 20'000 fr. A moins de recourir à la documentation spécialisée, laquelle existait, il était extrêmement difficile de constater si un vase de Gallé avait été modifié ou non, surtout pour les pièces les plus complexes de cet artiste, dont faisait partie l'oeuvre litigieuse; en effet, celles-ci pouvaient présenter pour le même modèle des variations importantes et inattendues même pour un connaisseur averti. De l'avis de l'expert, l'examen à l'aide d'une lampe à quartz, utile pour découvrir d'éventuelles fentes masquées, ne pouvait servir à déceler l'altération de forme subie par le vase, car le travail de restauration avait été particulièrement bien exécuté au point de faire oublier le vase dans son apparence première. BGE 126 III 59 S. 63 Par jugement du 27 mai 1998, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a rejeté les conclusions de la demande. En substance, l'autorité cantonale a tout d'abord examiné la position juridique de la demanderesse sous l'angle de l'action en garantie des défauts de la chose vendue. Admettant que l'action était prescrite, elle a retenu que, à supposer que la prescription ait été valablement interrompue, dame B. devait se laisser opposer la clause d'exclusion de garantie insérée dans le contrat du 4 décembre 1990, du moment qu'aucune fraude ne pouvait être reprochée à la défenderesse, qui ignorait de bonne foi l'existence du vice. Au plan des vices du consentement, la cour cantonale, après avoir relevé que la demanderesse n'invoquait désormais plus le dol de sa partie adverse, a reconnu que l'acheteuse avait été victime d'une erreur essentielle au moment de conclure la vente, dès lors que l'absence de toute altération du vase depuis sa création constituait subjectivement et objectivement, vu la valeur de l'oeuvre et la réputation de l'artiste, la base du contrat. Pourtant, la demanderesse ne pouvait invoquer son erreur pour se soustraire à l'effet du contrat, car, en ayant consenti à la clause d'exclusion de garantie figurant dans le contrat, l'acheteuse avait accepté le risque que l'oeuvre ait pu être endommagée et réparée antérieurement à la période pendant laquelle la défenderesse en avait eu la maîtrise. C.- Dame B. exerce un recours en réforme au Tribunal fédéral contre le jugement précité en reprenant ses conclusions d'instance cantonale. Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme le jugement attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) La qualité pour agir et la qualité pour défendre appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse. Elles se déterminent selon le droit au fond et leur défaut conduit au rejet de l'action, qui intervient indépendamment de la réalisation des éléments objectifs de la prétention litigieuse. Ainsi, la reconnaissance de la qualité pour défendre signifie que le demandeur peut faire valoir sa prétention contre le défendeur ( ATF 125 III 82 consid. 1a et l'arrêt cité). Cette question doit en particulier être examinée d'office et librement ( ATF 114 II 345 consid. 3d; ATF 108 II 216 consid. 1 et les références). La cour cantonale, en retenant que les parties sont liées par un contrat de vente au sens des art. 184 ss CO , a implicitement admis BGE 126 III 59 S. 64 que la galerie Z., dans le cadre de la vente du vase de Gallé, avait agi comme simple intermédiaire au sens de l' art. 32 al. 1 CO , autrement dit en qualité de représentante directe de la défenderesse, et non comme partie contractante. C'est ce qu'il convient maintenant d'examiner plus en détail. b) L' art. 32 al. 1 CO dispose que les droits et les obligations dérivant d'un contrat fait au nom d'une autre personne par un représentant autorisé passent au représenté. Il s'ensuit que le représentant n'est pas lié par l'acte accompli. Les effets de la représentation ne naissent que si le représentant dispose du pouvoir de représentation, c'est-à-dire s'il est habilité à faire naître des droits et des obligations directement en faveur et à la charge du représenté, et si le représentant a la volonté d'agir comme tel (arrêt du 26 mars 1996 dans la cause 4C.296/1995, consid. 5c publié in: SJ 1996 p. 556/557 et les références citées). La représentation directe suppose que le représentant agisse expressément ou tacitement au nom du représenté (cf. art. 32 al. 2 CO ). Lorsque le représentant agit en son propre nom, mais pour le compte d'une autre personne, la représentation est dite indirecte ( ATF 100 II 200 consid. III/8a p. 211); le contrat ne lie alors que les parties et ne déploie aucun effet direct sur le représenté, lequel ne peut acquérir de droits ou d'obligations qu'en vertu d'une cession de créance ou d'une reprise de dette postérieure à la conclusion du contrat (cf. art. 32 al. 3 CO ; ATF 100 II 200 consid. III/8a). Si le représentant, comme c'est le cas en l'espèce, a révélé à son cocontractant qu'il n'agissait pas pour son propre compte, la distinction entre la représentation directe et indirecte peut s'avérer délicate. Il y aura représentation directe si le représentant a manifesté son intention d'intervenir pour ou au nom d'un tiers, alors que si le représentant a seulement exprimé sa volonté d'intervenir pour le compte d'un tiers, mais en son propre nom, la représentation sera indirecte, à moins qu'il soit indifférent au tiers de traiter avec le représentant ou le représenté. Comme, l'expression "pour le compte d'un tiers" n'est pas forcément claire dans la pratique, elle doit être interprétée en application du principe de la confiance (arrêt du 12 novembre 1997 dans la cause 4C.206/1997 consid. 2b publié in: SJ 1998 p. 224/225 et les références). c) Selon l'état de fait déterminant, le contrat de vente du 4 décembre 1990, signé par la demanderesse et un responsable de la galerie Z., stipule en préambule que celle-ci agit d'ordre et pour le compte d'une cliente connue de la galerie. La galerie d'arts en question BGE 126 III 59 S. 65 ne s'est toutefois pas immiscée dans la transaction en négociant en son nom le contrat de vente précité. Elle s'est bornée à encaisser, au nom de la défenderesse, le prix de vente de 400'000 fr. auquel cette dernière avait souhaité parvenir et à livrer le vase à la demanderesse le jour même du paiement du second acompte, soit le 31 janvier 1991. La galerie Z. a donc prêté son concours à l'intimée pour passer la vente en cause, cela sans disposer d'aucune autonomie. Partant, il apparaît que la galerie d'arts n'a agi qu'en tant que représentante directe de la personne propriétaire du vase, laquelle doit assumer toutes les obligations du vendeur. La demanderesse pouvait donc valablement s'en prendre à la défenderesse, qui a la légitimation passive. 2. a) Saisi d'un recours en réforme, le Tribunal fédéral doit conduire son raisonnement sur la base des faits contenus dans la décision attaquée, à moins que des dispositions fédérales en matière de preuve n'aient été violées, qu'il y ait lieu à rectification de constatations reposant sur une inadvertance manifeste ( art. 63 al. 2 OJ ) ou qu'il faille compléter les constatations de l'autorité cantonale parce que celle-ci n'a pas tenu compte de faits pertinents et régulièrement allégués ( art. 64 OJ ; ATF 119 II 353 consid. 5c/aa; ATF 117 II 256 consid. 2a). Il ne peut être présenté de griefs contre les constatations de fait, ni de faits ou de moyens de preuve nouveaux ( art. 55 al. 1 let . c OJ). Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties, mais il n'est pas lié par les motifs qu'elles invoquent ( art. 63 al. 1 OJ ), ni par ceux de la décision cantonale ( art. 63 al. 3 OJ ; ATF 123 III 246 consid. 2; ATF 122 III 150 consid. 3). b) Invoquant une violation des art. 18, 197 et 199 CO , la recourante reproche à la cour cantonale d'avoir apprécié de manière erronée les clauses du contrat de vente; singulièrement, les magistrats vaudois se seraient mépris sur la portée de la clause "concernant une garantie dite antérieure", qu'ils n'auraient pas mise en relation avec la déclaration de la défenderesse du 29 novembre 1990, selon laquelle le vase était authentique et en parfait état. La recourante allègue qu'elle a été victime d'une erreur sur la base nécessaire du contrat, ce qui justifierait l'annulation de la vente en vertu de l' art. 24 al. 1 ch. 4 CO . En outre, le vase qui lui a été livré constituerait un aliud, en sorte qu'elle serait également en droit de se prévaloir de l'erreur sur la chose au sens de l' art. 24 al. 1 ch. 2 CO . La demanderesse fait encore grief à la Cour civile d'avoir été beaucoup trop exigeante à son endroit en ce qui concerne l'attention requise de l'acheteur au sens de l' art. 200 CO , puisque l'expertise a établi que l'altération de BGE 126 III 59 S. 66 la forme du vase était très difficile à déceler. Enfin, à suivre la demanderesse, le contexte de l'affaire montrerait clairement qu'elle ne se prévaut pas de son erreur contrairement aux règles de la bonne foi, ce qui exclurait toute application de l' art. 25 CO . 3. L'issue du litige dépend de la portée qu'il convient d'attribuer à la clause d'exclusion de garantie adoptée par les parties dans le contrat de vente du 4 décembre 1990, laquelle stipule que "toute garantie antérieure est exclue". En effet, l'exclusion conventionnelle de certaines qualités déterminées de la chose vendue, à supposer qu'elle soit admissible à la lumière de l' art. 199 CO , fait obstacle aux droits que l'acheteur peut déduire du régime légal de la garantie pour les défauts ( art. 197 ss CO ). En outre, selon une jurisprudence déjà ancienne ( ATF 91 II 275 consid. 2b) approuvée par la doctrine (cf. HANS GIGER, Commentaire bernois, n. 25 ad art. 199 CO ; HEINRICH HONSELL, Commentaire bâlois, n. 5 ad art. 199 CO ), l'acheteur qui accepte de conclure la vente malgré la présence d'une clause de ce type assume le risque que soient absentes les qualités de la chose pour lesquelles il n'a pas obtenu de garantie, de sorte que la loyauté commerciale ne lui permet plus de considérer la présence de telles qualités comme un élément nécessaire du contrat et d'invoquer sur ce point l'erreur de base instaurée par l' art. 24 al. 1 ch. 4 CO . Il n'y a pas lieu de revenir sur cette jurisprudence, sous peine de retirer tout effet pratique aux clauses d'exclusion de garantie, auxquelles l'acheteur pourrait toujours échapper (cf. HANS GIGER, op. cit., n. 24 ad art. 199 CO ). Autrement dit, selon ce que recouvre l'exclusion de garantie susmentionnée, la demanderesse ne pourra ni faire valoir les droits spécifiques que les art. 205 à 209 CO reconnaissent à l'acheteur ni invalider la vente pour erreur qualifiée sur les motifs. Quant à l'erreur sur la chose (error in corpore; art. 24 al. 1 ch. 2 CO ), quoi qu'en pense la recourante, elle n'entre pas en ligne de compte in casu, dès lors que le vase qu'elle a acheté était réellement, comme il était spécifié dans le contrat, une oeuvre authentique de Gallé appartenant à la série dite "vase de tristesse". Or, seule la méprise portant sur l'identité de la chose constitue ce cas d'erreur (par. ex. livraison d'un aliud à l'acheteur), mais nullement celle afférente à certaines qualités ou propriétés d'une chose individualisée ( ATF 57 II 284 consid. 2 p. 288; BRUNO SCHMIDLIN, Commentaire bernois, n. 410 à 412 ad art. 23/24 CO; INGEBORG SCHWENZER, Commentaire bâlois, n. 12 ad art. 24 CO ). BGE 126 III 59 S. 67 4. a) A propos de la validité des clauses exclusives ou limitatives de la responsabilité, l' art. 199 CO prévoit que toute clause qui supprime ou restreint la garantie est nulle si le vendeur a frauduleusement dissimulé à l'acheteur les défauts de la chose. La controverse sur le point de savoir si de telles clauses doivent également respecter la règle générale de l' art. 100 al. 1 CO n'a pas à être tranchée en l'espèce (cf. HANS GIGER, op. cit., n. 6 ad art. 199 CO ). De plus, ces clauses ne sauraient être invoquées à l'encontre d'un défaut de la chose vendue totalement étranger aux éventualités qu'un acheteur raisonnable doit prendre en compte ( ATF 107 II 161 consid. 6d; ATF 72 II 267 consid. 3 p. 269). b) En l'occurrence, il a été constaté définitivement ( art. 63 al. 2 OJ ) que la défenderesse n'a pas eu connaissance de l'altération subie par le vase avant qu'elle en devienne propriétaire. Profane en matière d'art en général, elle n'avait en outre aucune raison de douter des qualités de l'objet que lui avait donné sa soeur. Partant, l'intimée n'a pas sciemment celé des vices rédhibitoires. Elle n'a pas non plus délibérément attribué à la chose vendue des qualités inexistantes, puisque le vase acquis par la demanderesse, décrit dans le contrat comme "vase de tristesse", est bel et bien une oeuvre du verrier Gallé. La clause d'exclusion convenue par les parties est donc valable au regard de l' art. 199 CO . c) On ne saurait en outre considérer que les altérations de forme qui résultent des travaux réalisés sur le vase de Gallé afin de faire disparaître une fissure ne pouvaient être raisonnablement attendues par l'acheteuse. De fait, il s'agissait d'un vase conçu en 1903, dont on ignorait combien de personnes, avant la soeur de la défenderesse, en avaient eu la maîtrise effective ainsi que les conditions dans lesquelles l'objet avait été entreposé. Dans ces circonstances, la clause restreignant la garantie figurant dans le contrat de vente ne saurait être déclarée non-valable en raison de la nature du défaut. 5. a) La détermination de la portée d'une clause excluant ou limitant la responsabilité du vendeur ressortit à l'interprétation du contrat ( ATF 109 II 24 consid. 4). Dans la mesure où la volonté réelle et commune des parties n'a pas pu être constatée, la clause en question doit être interprétée selon la théorie de la confiance (HANS GIGER, op. cit., n. 10 ad art. 199 CO ). Comme la clause doit exprimer clairement la volonté des parties, elle doit être interprétée restrictivement ( ATF 109 II 24 ibidem ; ATF 91 II 344 consid. 2a). b) En l'espèce, la cour cantonale n'a en aucun cas déterminé la volonté réelle des parties au sujet de la portée de la clause limitative BGE 126 III 59 S. 68 de responsabilité litigieuse; elle s'est manifestement efforcée d'interpréter les déclarations faites, telles qu'elles pouvaient et devaient être comprises de bonne foi par leur destinataire en fonction de l'ensemble des circonstances (application du principe de la confiance: ATF 123 III 16 consid. 4b, 165 consid. 3a). Une telle interprétation est une question de droit, que le Tribunal fédéral peut revoir librement dans le cadre d'un recours en réforme ( ATF 123 III 165 consid. 3a; ATF 122 III 106 consid. 5a, 420 consid. 3a). c) L'exclusion de garantie stipulée dans le contrat du 4 décembre 1990 a la teneur suivante: "Toute garantie antérieure est exclue". L'adjectif "antérieure" se rapporte manifestement à la phrase précédente de la convention, par laquelle la venderesse déclare confirmer que, pendant la période où elle a détenu le vase, celui-ci n'a été ni endommagé ni réparé. En d'autres termes, la défenderesse a exclu toute garantie pour un endommagement ou une réparation qui seraient survenus avant qu'elle ait eu la maîtrise effective de l'objet. Le sens de la déclaration de volonté de l'intimée ne pouvait, de bonne foi, qu'être compris de la sorte; il n'est en aucune façon infirmé par une constatation ou un élément ressortant du contexte de l'espèce ni par des circonstances permettant de dire qu'il ne correspondrait pas à la volonté commune des parties. Il résulte des faits retenus souverainement en instance cantonale que le vase n'a pas été endommagé ou réparé pendant les quelque neuf mois où il a été détenu par la défenderesse ou sa mandataire, la galerie Z. Mais, auparavant, à des dates indéterminées, l'objet a subi une détérioration en ce sens qu'une fissure est apparue au niveau du col et qu'un tiers a fait disparaître la lézarde en coupant le vase de 2,6 cm dans sa partie supérieure. Selon le sens ordinaire des mots, avant que le vase n'entrât dans le patrimoine de l'intimée, il a été endommagé puis réparé, même si cette dernière opération a fait perdre à l'oeuvre d'art la quasi-totalité de sa valeur marchande. Les parties devaient avoir envisagé ces circonstances lorsqu'elles sont convenues que la garantie de la venderesse ne s'appliquerait pas dans cette hypothèse. Cette façon de voir est corroborée par l'attitude de la demanderesse, laquelle est intervenue pour faire modifier le texte de la clause limitative de responsabilité. En donnant son assentiment à la clause telle qu'elle a été finalement stipulée dans le contrat de vente, la recourante, qui a refusé de s'entourer de l'avis d'un expert, s'est fiée à ses propres connaissances en matière d'Art nouveau. Partant, elle a pris le risque que le vase ait pu subir une réparation quand la défenderesse n'en était pas encore propriétaire. Il ne change rien à l'affaire que le contrat précisait que l'objet vendu se trouvait "dans un état exempt de défauts". Il s'agissait là uniquement de la manifestation d'une représentation que la venderesse se faisait de bonne foi du vase. Or, cette dernière était en droit d'exclure sa garantie pour le cas où cette représentation se révélerait ultérieurement inexacte (cf. PIERRE CAVIN, La vente - L'échange - La donation, in: Traité de droit privé suisse, Tome VII, 1, p. 86).
null
nan
fr
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b3d80211-da29-41cf-94d8-18f32e46b894
Urteilskopf 114 II 361 68. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. September 1988 i.S. M. gegen Einwohnergemeinde Oberburg (Berufung)
Regeste Art. 14 und 15 Abs. 1 BMM . Anpassung des Mietzinses an das orts- oder quartierübliche Niveau. 1. Ermittlung des orts- oder quartierüblichen Mietzinses. Grundsätze (E. 3). Deren Anwendung auf den konkreten Fall (E. 4). 2. Verhältnis von Art. 14 zu Art. 15 Abs. 1 BMM . Umstände, die einen orts- oder quartierüblichen Mietzins - entgegen der Vermutung - als missbräuchlich erscheinen lassen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 361 BGE 114 II 361 S. 361 A.- Seit 1976 ist M. Mieter einer zum Finanzvermögen der Gemeinde gehörenden Wohnung in Oberburg. Mit Schreiben vom 17. Januar 1986 kündigte die Vermieterin dem Mieter folgende gestaffelte Mietzinserhöhung an: Der bisherige Nettomietzins von monatlich Fr. 308.-- sollte ab dem 1. Mai 1986 Fr. 392.--, ab dem 1. November 1986 Fr. 476.-- sowie ab dem 1. Mai 1987 Fr. 560.-- betragen. Gegen diese Ankündigung erhob der Mieter Einsprache beim Mietamt Oberburg. Die Schlichtungsverhandlung vom 7. April 1986 blieb ohne Erfolg. B.- In der Folge ersuchte die Gemeinde Oberburg den zuständigen Gerichtspräsidenten um gerichtliche Feststellung, dass die geltend gemachte Mietzinserhöhung zulässig sei. Der Mieter widersetzte BGE 114 II 361 S. 362 sich dem Gesuch, soweit der von ihm zu leistende Mietzins Fr. 392.-- übersteige, zudem wandte er sich gegen die Erhöhung der Garagenmiete von Fr. 45.-- auf Fr. 50.-- monatlich. Mit Entscheid vom 8. Oktober 1987 stellte der Gerichtspräsident von Burgdorf im Verfahren nach Art. 28 BMM fest, die geltend gemachte Erhöhung des Mietzinses sei nicht missbräuchlich. Auf Appellation des Gesuchsgegners bestätigte der Appellationshof des Kantons Bern am 4. Januar 1988 das erstinstanzliche Urteil. Den erst vor oberer Instanz gestellten Antrag, es sei festzustellen, dass es sich beim Mietobjekt um eine 3 1/2-Zimmer-Wohnung handle, wies er ab. C.- Mit Berufung beantragt M. dem Bundesgericht festzustellen, "dass die Mietzinserhöhung vom 17. Januar 1986 missbräuchlich ist, soweit diese ab dem 1. Mai 1986 einen Mietzins von Fr. 392.-- übersteigt" (Ziff. 1) sowie "dass es sich beim Mietobjekt um eine 3 1/2-Zimmer-Wohnung handelt" (Ziff. 2). Eventuell sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Gemeinderat Oberburg trägt auf Abweisung der Berufung an. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Gebäude, in dem sich die Wohnung des Gesuchsgegners befindet, ist gemäss den Feststellungen der Vorinstanz 175-200 Jahre alt. Bis vor ungefähr 20 Jahren diente es als Schulhaus. Im dritten Stock der Liegenschaft ist eine Abwartswohnung eingebaut. In den unteren Etagen sind eine Brockenstube, ein Kindergarten und ein Theoriesaal mit angegliederter Küche. Die Wohnung ist alt, hat keine ideale Raumaufteilung und ist schlecht isoliert; auffallend ist ausserdem eine starke Neigung des Fussbodens im Wohnzimmer. Die Wohnung, insbesondere Küche und Bad, ist 1976 modernisiert worden. 3. Die angefochtene Mietzinserhöhung wird einzig mit der Anpassung an die ortsüblichen Mietzinse vergleichbarer Wohnungen begründet. Gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. a BMM ist bei der Bestimmung des orts- oder quartierüblichen Mietzinses von vergleichbaren Wohnungen und Geschäftsräumen unter Berücksichtigung der Lage, der Ausstattung, des Zustandes der Mietsache und der Bauperiode auszugehen. Was als orts- oder quartierüblicher Mietzins zu gelten hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine im Berufungsverfahren BGE 114 II 361 S. 363 überprüfbare Rechtsfrage. Die kantonale Instanz hat deshalb genau anzugeben, welche Elemente sie verglichen hat. Sie muss konkrete Vergleiche anstellen und sich mit den im zitierten Artikel und durch die Praxis festgelegten Kriterien auseinandersetzen. Dabei sind die bei den Vergleichsobjekten verlangten Mietzinse auch auf deren neuere Entwicklung hin zu überprüfen. In der Regel genügt es nicht, wenn nur eine vergleichbare Liegenschaft vorhanden ist. Der Rückgriff auf Statistiken ist nur zulässig, wenn zuverlässiges und nach Lage, Ausstattung, Zustand und Bauperiode der Mietsache genügend differenzierendes Zahlenmaterial vorgelegt werden kann. Die Beweislast trägt der Vermieter. Der verlangte Vergleich kann nicht durch ein Gutachten über den Ertragswert des Grundstückes ersetzt werden. Sind vergleichbare Räume weder im Quartier noch in der Ortschaft vorhanden, scheinen gewisse Entscheide die Anwendbarkeit dieser Bestimmung zu verneinen (so die Zusammenfassung der Rechtsprechung durch EGLI in: ZBJV 124/1988 S. 56 mit Hinweisen auf die einschlägigen Bundesgerichtsentscheide). 4. Der Appellationshof stellt in seinem Entscheid fest, es sei nicht möglich gewesen, zum Vergleich geeignete Objekte und deren Mietzinse zu eruieren, weil die Wohnung des Gesuchsgegners von der Lage, Anordnung der Räume und Ausstattung her in der Gemeinde Oberburg offenbar einmalig sei. In der Folge stellt er aber trotzdem auf ein Gutachten ab, das unter anderem die Wohnung des Gesuchsgegners mit fünf in der Gemeinde Oberburg gelegenen 4-Zimmer-Wohnungen vergleicht. a) Gegen dieses Vorgehen wendet der Gesuchsgegner in der Berufung vorab ein, bei der von ihm benutzten Wohnung handle es sich lediglich um eine 3 1/2-Zimmer-Wohnung, wie das im Mietvertrag vom 25. August 1976 ausdrücklich festgehalten sei. Ohne dass in der Zwischenzeit bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien, sei die gleiche Wohnung im Formular für die Mitteilung der Mietzinserhöhung vom 17. Januar 1986 als 4-Zimmer-Wohnung bezeichnet worden. Das gehe nicht an, da einer der Räume den Mindestmassen der kantonalen Baugesetzgebung nicht entspreche. Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, unter Vorbehalt der Berichtigung von offensichtlich auf Versehen beruhenden Feststellungen, gebunden ( Art. 63 Abs. 2 OG ; BGE 111 II 74 E. a, 301 E. 3). Wie viele Zimmer bewohnt werden, ist eine solche, für das Bundesgericht BGE 114 II 361 S. 364 verbindliche Feststellung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das fragliche vierte Zimmer den Vorschriften des geltenden Baupolizeirechts für Neubauten entspricht, sondern allein darauf, ob es Wohnzwecken dient. Zudem ist dem Bundesgericht die Überprüfung der Anwendung des kantonalen Rechts im Berufungsverfahren ohnehin entzogen ( Art. 43 Abs. 1 OG ). Hingegen sind die Grösse der Wohnung und die Raumaufteilung Kriterien, die bei der Festsetzung einer Vergleichsmiete zu beachten sind. b) Die Vorinstanz erachtet die absolute Zinshöhe, die Wohnlage, die Bauperiode und die Zimmerzahl für wesentliche Vergleichskriterien. Was die Ausstattung und den Zustand der Wohnung anbelange, müsse man sich mit verhältnismässig generellen Angaben begnügen, ansonsten das Kriterium der Orts- und Quartierüblichkeit allein schon wegen der Beweisschwierigkeiten nicht mehr praktikabel sei. Mit den fünf vom Experten als Vergleichsobjekte genannten Wohnungen setzt sich die Vorinstanz nicht auseinander. Die dort verlangten Mieten variieren zwischen Fr. 378.-- und Fr. 800.-- monatlich. Einzig bezüglich der Abwartswohnung im Kirchgemeindehaus wird ausgeführt, sie entspreche bezüglich des Ausbaustandards und der Höhe des Mietzinses noch am ehesten dem vom Gesuchsgegner bewohnten Objekt. Nach der Rechtsprechung muss eine gewisse Anzahl zum Vergleich geeigneter Objekte konkret mit den von der Mietzinsanpassung betroffenen Räumen verglichen werden. Unter Berücksichtigung der in der Literatur vertretenen Auffassungen und um eine einigermassen zuverlässige Aussage zu erhalten, dürften in der Regel etwa fünf vergleichbare Objekte zu fordern sein. Dabei hat sich der Richter mit den im zitierten Artikel genannten und durch die Praxis daraus abgeleiteten Kriterien konkret auseinanderzusetzen. Diese Prüfung ist im angefochtenen Entscheid unterblieben. Nicht einmal die angeblich noch am ehesten vergleichbare Abwartswohnung im Kirchgemeindehaus wird in rechtsgenüglicher Weise anhand der im Gesetze genannten und von der Praxis entwickelten Kriterien mit der Wohnung des Gesuchsgegners in Beziehung gesetzt. Einziges übereinstimmendes Merkmal sind die vier bewohnten Zimmer, wobei auf die Grösse der Wohnung - die ein wesentliches Vergleichskriterium ist - und die Aufteilung der Räume nicht eingegangen wird. Was den angeblich ungefähr gleich hohen Ausbaustandard betrifft, steht laut Feststellung der Vorinstanzen einer "alten, 1976 renovierten, schlecht isolierten, BGE 114 II 361 S. 365 nicht ideal aufgeteilten Wohnung, deren Fussboden z.T. stark geneigt ist" eine "neuzeitlich eingerichtete und bis auf die Raumhöhe den heutigen Anforderungen entsprechende" Wohnung gegenüber. Dabei liegt der Mietzins noch knapp unter dem neu für die Wohnung im alten Schulhaus geforderten. Auf die andern massgebenden Vergleichselemente geht die Vorinstanz nicht ein. Die Feststellungen der Vorinstanz bezüglich der zum Vergleich gestellten Wohnungen lassen die Überprüfung der Rechtsfrage nicht zu, ob der geforderte Mietzins im Sinne des BMM vergleichbar sei oder nicht. Die Sache wäre deshalb an den Appellationshof zurückzuweisen, damit er den Sachverhalt bundesrechtskonform ergänze. Darauf kann indessen verzichtet werden, wenn sich aus andern Überlegungen ergeben sollte, dass der von der Gesuchstellerin geforderte Mietzins zu einem übersetzten Ertrag führt, selbst wenn er den orts- und quartierüblichen Rahmen nicht übersteigen würde (vgl. dazu insb. E. 5). c) Die Schwierigkeiten, aufgrund von Vergleichsobjekten zuverlässig einen orts- oder quartierüblichen Mietzins zu bestimmen, haben den Gerichtspräsidenten veranlasst, hilfsweise das Gutachten über den Mietwert der fraglichen Wohnung beizuziehen. Der Experte hat sich dabei vom Zeitbauwert des Gebäudes leiten lassen und davon für Alter, Zustand, Lage des Gebäudes und Disposition der Räume 30% in Abzug gebracht; aufgerechnet hat er hingegen einen Landanteil. Dieses Vorgehen verbietet schon der klare Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 lit. a BMM , der einen Vergleich des angefochtenen Mietzinses mit den Mietzinsen anderer Wohnungen im Quartier oder am Ort verlangt. Es geht nicht an, dieses Kriterium durch Schätzung der Liegenschaft nach freiem Ermessen und des sich daraus ergebenden Mietwertes einer Liegenschaft oder einzelner Wohnungen zu ersetzen. Der Verkehrswert - besonders auch alter Liegenschaften - beruht ja wesentlich auf den erzielbaren Mietzinseinnahmen. Auf die Expertise kann deshalb nicht abgestellt werden, soweit sie von einem Gebäudeschatzungswert ausgeht (EGLI, a.a.O. S. 56 mit Hinweis u.a. auf den nicht publ. Bundesgerichtsentscheid vom 24. September 1985 i.S. Himstedt c. Tschanz E. 1). 5. Ergibt der Vergleich mit andern Mietobjekten, dass der vom Vermieter geforderte erhöhte Mietzins im orts- und quartierüblichen Rahmen liegt, ist nach der Praxis des Bundesgerichts weiter zu entscheiden, ob gewichtige Indizien dafür bestehen, dass die angekündigte Mietzinserhöhung der Vermieterin einen übersetzten BGE 114 II 361 S. 366 Ertrag im Sinne von Art. 14 BMM verschafft. Art. 15 BMM enthält eine Reihe von Beispielen, bei denen zu vermuten ist, die Miete sei in der Regel nicht missbräuchlich. Diese Vermutung kann aber umgestossen werden, wenn bestimmte Hinweise darauf bestehen, dass die Miete dem Vermieter einen übersetzten Ertrag im Sinne von Art. 14 BMM verschafft, wofür der Mieter die Beweislast trägt ( BGE 112 II 151 E. 1a; 108 II 137 ; 103 II 47 E. 3a; vgl. auch nicht publ. Bundesgerichtsentscheid vom 11. Oktober, 1983 i.S. Restobourg S.A.). a) Der Gesuchsgegner macht denn auch geltend, es lägen gewichtige Indizien für die Missbräuchlichkeit einer Mietzinserhöhung über Fr. 392.-- hieraus vor. Einerseits sei der Mietzins seit Oktober 1976 um 115% oder seit Mai 1982 um 82% erhöht worden; demgegenüber sei der stadtbernische Mietpreisindex - der stärker anziehen dürfte als jener in der Gemeinde Oberburg - in der Zeit vom Mai 1981 bis Mai 1987 lediglich um 32,4% angestiegen. Die angekündigte Heraufsetzung der Miete um 81% liege deshalb, wie das Gericht selber feststelle, massiv über der Entwicklung des Mietpreisindexes. Anderseits habe die Gesuchstellerin Hypothekarzinssenkungen nie weitergegeben, bei -erhöhungen den Mietzins jedoch nach oben angepasst. Beide Argumente hat der Gesuchsgegner bereits den kantonalen Instanzen vorgetragen. Sie sind nach der Rechtsprechung grundsätzlich geeignet, die Vermutung der Angemessenheit des Mietzinses umzustossen ( BGE 112 II 152 E. 1b; BGE 108 II 137 E. 1a). Sie haben die Vorinstanz veranlasst, die angefochtene Mietzinserhöhung noch unter dem Gesichtspunkt des Nettoertrages des von der Gemeinde investierten Eigenkapitals zu würdigen. Diese führt aus, es sei im vorliegenden Fall schlechthin ausgeschlossen, das massgebliche Eigenkapital zu bestimmen oder zu schätzen. Gestützt auf die Expertise geht sie in der Folge von einer 7 1/2%igen Bruttorendite des Verkehrswertes aus. Das Gesetz sieht die Bruttorendite als Berechnungsgrundlage jedoch nur bei neueren Bauten vor ( Art. 15 Abs. 1 lit. c BMM ). Es ist somit nicht zulässig, bei älteren Liegenschaften auf diesem Umweg wieder auf eine Schätzung zurückzugreifen. Das Bundesgericht hat sich bei Mietzinsanpassungen für die "relative" Methode entschieden, das heisst, ausgehend von der letzten Mietzinsanpassung, von der vermutet wird, sie habe die Kosten des Vermieters gedeckt und ihm einen angemessenen Ertrag aus dem investierten Eigenkapital verschafft, wird die Forderung des Gesuchstellers BGE 114 II 361 S. 367 mit der seitherigen Kosten- und Preisentwicklung verglichen (EGLI, a.a.O. S. 60, mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung). b) Die angekündigte Mietzinserhöhung beträgt Fr. 252.-- pro Monat. Im Vergleich zum bisherigen Mietzins von Fr. 308.-- bedeutet das eine Erhöhung um rund 80%. Laut einer Feststellung der Vorinstanz erfolgte die letzte Anpassung des Mietzinses am 1. Mai 1981, während der Gesuchsgegner sowohl eine Erhöhung auf den 1. Mai 1981, wie eine weitere auf den 1. Mai 1982 erwähnt. Der Mieter darf mangels eines Vorbehaltes der Vermieterin nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass der Mietpreis im Zeitpunkt der letzten Erhöhung deren Kosten gedeckt und ihr einen angemessenen Ertrag verschafft hat, was von der Vermieterin, die sich nur auf Art. 15 Abs. 1 lit. a BMM beruft, auch nicht in Abrede gestellt wird. Es genügt deshalb, die seit der letzten Anpassung des Mietzinses eingetretenen Änderungen der Berechnungsgrundlage heranzuziehen, um den höchstens zulässigen Mietzins zu bestimmen ( BGE 112 II 151 mit weiteren Hinweisen). Der einzige von der Vorinstanz für die Zeit seit der letzten Anpassung festgestellte Erhöhungsfaktor ist die Preis- resp. Mietindexentwicklung. Im Formular zur Mitteilung der Mietzinserhöhung vom 17. Januar 1986 will die Vermieterin die Teuerung lediglich bis zum 31. Dezember 1985 ausgeglichen haben. Zur Preisentwicklung hat die Vorinstanz festgestellt, seit der letzten Mietzinserhöhung am 1. Mai 1981 ergebe sich bis zum 31. Dezember 1985 nach stadtbernischem Mietpreisindex eine Steigerung um rund 28%, was vorliegend Fr. 86.-- entsprechen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass die Mietpreisentwicklung in der ländlichen Gemeinde Oberburg hinter jener der Bundesstadt zurückgeblieben ist. Noch geringer wäre die allgemeine Erhöhung der Mietkosten, wenn die Vorinstanz zu Unrecht vom 1. Mai 1981 ausgegangen und die letzte Mietzinsanpassung wie vom Gesuchsgegner behauptet tatsächlich auf den 1. Mai 1982 wirksam geworden sein sollte. Da sich der Gesuchsgegner einer monatlichen Mietzinserhöhung um Fr. 84.-- von bisher Fr. 308.-- auf Fr. 392.-- unterzieht, kann offen bleiben, ob überhaupt und unter welchen Voraussetzungen gestützt auf diese Preissteigerung der Mietzins angehoben werden könnte. Eine über diese Entwicklung hinausgehende Mietzinserhöhung würde der Gesuchstellerin jedenfalls einen übersetzten Ertrag verschaffen. Die Berufung ist demnach gutzuheissen, soweit darauf eingetreten wird.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b3e25165-56b0-442d-a9aa-e97ca94ced1f
Urteilskopf 126 III 278 47. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 9 mars 2000 dans la cause X. contre Y. Assurances Générales (recours en réforme)
Regeste Art. 46 Abs. 1 VVG ; Beginn der Verjährung der Ansprüche des Versicherten bei Diebstahl. Bei der Diebstahlversicherung beginnt die Verjährung gemäss Art. 46 Abs. 1 VVG ab dem Schadenereignis und nicht ab dessen Kenntnis zu laufen.
Sachverhalt ab Seite 278 BGE 126 III 278 S. 278 Le 15 décembre 1978, X. a conclu avec Y. Assurances Générales un contrat d'assurance portant sur des tapis dont il était propriétaire et qui étaient entreposés au Port-Franc de Genève. Aux termes de ce contrat, l'assureur répondait notamment de la perte et du dommage résultant du feu ou du vol par effraction. Les conditions générales annexées au contrat excluaient l'application de l'art. 46 de la loi fédérale sur le contrat d'assurance (LCA; RS 221.229.1) et prévoyaient que les droits contre l'assureur s'éteindraient si on ne les faisait pas valoir en justice dans les deux ans dès la survenance du sinistre. Le 8 octobre 1993, la police a procédé à un constat de vol des tapis en question, vol vraisemblablement commis entre le 15 juin 1992 et le 8 octobre 1993. Le sinistre a été annoncé le 12 octobre 1993 à l'assureur, mais ce dernier a refusé d'entrer en matière sur la demande BGE 126 III 278 S. 279 d'indemnisation de son assuré, motif pris que le dommage ne résultait pas d'un vol avec effraction et que les tapis n'étaient plus entreposés dans un local hermétiquement fermé. Par assignation déposée le 5 octobre 1995 devant le Tribunal de première instance de Genève, X. a réclamé à l'assureur l'indemnisation de son dommage. L'assureur s'y est opposé en faisant valoir principalement que l'action était périmée. Le tribunal ayant néanmoins fait droit à la demande d'indemnisation, l'assureur a fait appel auprès de la Cour de justice du canton de Genève qui, par arrêt du 18 juin 1999, a annulé le jugement de première instance et débouté X. de toutes ses conclusions au motif que son action était périmée. Saisi d'un recours en réforme de l'assuré, le Tribunal fédéral l'a rejeté dans la mesure où il était recevable et a confirmé l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 7. Le recourant soutient enfin que la cour de justice a violé l' art. 46 al. 1 LCA en retenant comme début du délai le jour de la survenance du sinistre. Selon lui, le délai légal en cause ne commence à courir qu'au moment où l'assuré a ou devait avoir connaissance du vol. a) Le Tribunal fédéral ne s'est jamais prononcé sur le dies a quo de la prescription des prétentions de l'assuré dans l'assurance vol. Il n'a donc jamais déterminé si le "fait d'où naît l'obligation" de l'assureur de fournir la prestation promise est la seule survenance du vol ou s'il faut en plus, comme le soutient le recourant, que l'assuré ait connaissance du cas de sinistre. Dans certains domaines, le Tribunal fédéral a retenu que la prescription de l' art. 46 al. 1 LCA ne commençait pas à courir dès la survenance du sinistre, mais ultérieurement. Ainsi, dans l'assurance responsabilité civile, le "fait d'où naît l'obligation" n'est pas l'événement dommageable, mais la condamnation définitive et exécutoire de l'assuré à verser une indemnité au lésé, ce afin que les prétentions contre l'assureur ne se prescrivent pas pendant la durée du procès entre l'assuré et le lésé ( ATF 61 II 197 ). Dans l'assurance accidents, la prescription relative aux prestations dues en cas de décès ne commence à courir qu'à partir du décès de l'assuré ( ATF 100 II 42 consid. 2) et la prescription des prestations dues en cas d'invalidité ne débute que dès la survenance de celle-ci ( ATF 118 II 447 consid. 2b p. 454 s.). Dans ces deux arrêts, la cour a précisé que si le "fait d'où naît l'obligation" était l'accident et que le décès, respectivement BGE 126 III 278 S. 280 l'invalidité, survînt plus de deux ans après celui-ci, l'action serait prescrite avant d'être née, ce qui serait inadmissible. En matière d'assurance de protection juridique, en revanche, le "fait d'où naît l'obligation" est la réalisation du risque, qui correspond à l'apparition du besoin d'assistance, ce point de départ de la prescription n'exposant pas l'assuré aux inconvénients relevés dans les arrêts cités ci-dessus (ATF ATF 119 II 468 consid. 2c p. 470). Il en va de même dans l'assurance incendie: le délai de prescription de l' art. 46 al. 1 LCA commence à courir avec la survenance de l'incendie ( ATF 75 II 227 consid. 2). Dans l'ensemble, cette jurisprudence montre que le "fait d'où naît l'obligation" ne se confond pas avec la survenance du sinistre lorsque cet événement ne donne pas à lui seul droit à la prestation de l'assureur, celle-ci n'étant due que si le sinistre engendre un autre fait précis, à savoir: dans l'assurance accident, le décès ou l'invalidité; dans l'assurance responsabilité civile, la détermination de la dette de l'assuré envers le lésé. Tel n'est pas le cas en matière d'assurance vol: l'obligation de l'assureur naît au moment de la survenance du sinistre, le vol. La jurisprudence ne permet pas de conclure que, dans cette assurance, la prescription ne commencerait à courir que dès le moment où l'assuré a connaissance du cas de sinistre. b) On admet en doctrine que le début de la prescription prévue par l' art. 46 al. 1 LCA ne dépend pas de la connaissance du "fait d'où naît l'obligation", soit du sinistre, par l'ayant droit (HANS ROELLI, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, vol. 1, 1914, n. 3b ad art. 46; MAX KELLER/KARL TÄNNLER, Kommentar zum schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Vol. I, p. 668 s.). SPIRO défend ce point de vue en matière d'assurance contre les dommages (KARL SPIRO, Zur Verjährung des Ersatzanspruchs aus Schadensversicherung, in: Mélanges Pierre Engel, Lausanne 1989, p. 371 ss., spéc. 374 s.; cf. aussi ALFRED MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd., p. 292, qui ne prend pas position). SUTER soutient, en matière d'assurance vol, l'avis de ROELLI, KELLER et SPIRO (HANS RUDOLF SUTER, Allgemeine Bedingungen der Diebstahl-Versicherung, Berne 1978, p. 203 s.). Il y a toutefois des avis divergents. Ainsi THALMANN, s'il préconise, en matière d'assurance contre le vol avec effraction, que la prescription commence à courir le jour de l'effraction, qui peut être facilement constatée en général, estime déterminante, en cas de doute, la date à laquelle l'effraction a été découverte; de même en matière BGE 126 III 278 S. 281 de vol simple, le dies a quo est le jour du vol et, en cas de doute, la date de la découverte de celui-ci (ERNST A. THALMANN, Die Verjährung im Privatversicherungsrecht, thèse Zurich 1940, p. 160). Selon PÉTERMANN, le "fait d'où naît l'obligation" ne peut être considéré comme réalisé avant que l'ayant droit n'ait connu ou tout au moins dû connaître non seulement le sinistre, mais encore ses effets, soit l'étendue approximative du dommage qui en est résulté (P. PÉTERMANN, La prescription des actions, in: RSA 1959/60, p. 299, 353, 395, spéc. p. 305 ss., 353, 396). Concernant l'assurance choses, MEUWLY estime que la prescription biennale de l' art. 46 al. 1 LCA commence à courir au moment où l'assuré a effectivement connaissance ou aurait pu ou dû avoir connaissance de sa qualité d'ayant droit, de l'existence du sinistre particulier ainsi que de l'importance - même sommaire - de son dommage (JEAN BENOÎT MEUWLY, La durée de la couverture d'assurance privée, Fribourg 1994, p. 344, 440). Ces derniers auteurs, comme le recourant, interprètent la notion de "fait d'où naît l'obligation" de manière à éviter que le droit au dédommagement de l'assuré envers l'assureur puisse se prescrire avant que le vol n'ait été découvert ou connu de l'assuré. On relève toutefois, d'une part, qu'une telle interprétation est contraire à la volonté du législateur selon laquelle le délai de prescription ne devait commencer à courir ni avec l'échéance de la prestation de l'assureur selon l' art. 41 LCA , ni avec l'échéance selon les principes du CO, ni avec la connaissance des faits décisifs pour la naissance de la prétention, mais à un moment plus précis (cf. ATF 118 II 447 consid. 2b p. 455 et les références; ATF 68 II 106 ); d'autre part, l'interprétation traditionnelle, selon laquelle la prescription commence à courir dès la survenance du sinistre, n'empêche pas l'assuré diligent d'éviter que sa créance se prescrive avant qu'il en ait connaissance. Il suffit en effet qu'il contrôle ou fasse contrôler régulièrement l'état des biens assurés, ce qui lui permet de constater un éventuel vol avant que son droit à l'indemnité découlant du contrat d'assurance vol ne soit prescrit ou périmé. Ainsi, il y a lieu de retenir qu'il incombe à l'assuré ou à l'ayant droit de vérifier régulièrement l'état des objets assurés afin de découvrir un éventuel vol. S'il néglige cette incombance, il s'expose à la prescription ou péremption de ses droits découlant du contrat d'assurance. En conclusion, il y a lieu de retenir que la prescription de l' art. 46 al. 1 LCA en matière d'assurance vol commence à courir dès la survenance du sinistre. BGE 126 III 278 S. 282 c) En l'espèce, la clause de péremption stipulée prévoit que les droits contre l'assureur s'éteignent si on ne les fait pas valoir en justice dans les deux ans qui suivent la survenance du sinistre. Cette clause indique sans équivoque que le dies a quo de la péremption se situe au moment du vol. Le délai de péremption contractuel et le délai de prescription légal commençant à courir simultanément, la clause de péremption contractuelle est valable au regard de l' art. 46 al. 2 LCA . La cour de justice n'a dès lors pas violé le droit fédéral en appliquant cette clause et en jugeant que l'action du recourant était périmée.
null
nan
fr
2,000
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b3e2d96c-7a6e-4a01-8783-d97971558812
Urteilskopf 123 V 193 36. Urteil vom 23. Juli 1997 i.S. Betriebliche Altersvorsorge Wirte gegen R. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 26 Abs. 2 BVG , Art. 24 Abs. 2 BVV2, Art. 40 UVG . Taggelder der Unfallversicherung sind bei der Berechnung der Überentschädigung zu berücksichtigen. Art. 24 Abs. 1 und 5 BVV2 - Eine Leistungsanpassung von 10% gilt grundsätzlich als wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2. - Frage offengelassen, ob Kinderzulagen zum mutmasslich entgangenen Verdienst zählen und ob dieser der Teuerungs- und Reallohnentwicklung anzupassen ist.
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 123 V 193 S. 194 A.- R. (geboren 1960) war ab 1982 bei K., Hotel D., als Hausbursche, später als Hilfskoch tätig und dadurch der Betrieblichen Altersvorsorge Wirte (nachfolgend BAV Wirte) angeschlossen. Am 22. April 1988 erlitt er einen schweren Verkehrsunfall und war in der Folge ganz oder teilweise arbeitsunfähig. Die Basler-Versicherungs-Gesellschaft richtete ihm als obligatorische Unfallversicherung bis zum 28. Februar 1992 Taggeldleistungen und ab 1. März 1992 bei einem Invaliditätsgrad von 75% eine UVG-Invalidenrente aus, beide Leistungen wegen Selbstverschuldens um 20% gekürzt. Von der Ausgleichskasse Wirte bezog er ab 1. April 1989 eine halbe einfache und ab 1. Februar 1990 eine ganze einfache Invalidenrente nebst Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten. Die gleichzeitig verfügte Rentenkürzung um 20% hob die Ausgleichskasse ab 1. April 1991 auf. In der Zeit vom 4. März bis 3. Juni 1991 und vom 2. bis 6. September 1991 sprach ihm die Ausgleichskasse während Eingliederungsmassnahmen Taggeldleistungen zu. Im Oktober 1993 liess R. gegenüber der BAV Wirte die Ausrichtung von Invalidenleistungen beantragen. Die Vorsorgeeinrichtung lehnte dieses Begehren ab, weil die Leistungen der Invalidenversicherung und der obligatorischen Unfallversicherung mehr als 90% des massgebenden Verdienstes erreichten. BGE 123 V 193 S. 195 B.- Am 19. November 1994 liess R. beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Klage einreichen mit dem Begehren, es seien ihm die obligatorischen Leistungen für Invalidität zuzusprechen. Nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels hiess das Versicherungsgericht mit Entscheid vom 27. Juni 1995 die Klage gut und verpflichtete die BAV Wirte, dem Kläger Invalidenleistungen für das Jahr 1989 von Fr. 1'120.50, für 1990 von Fr. 2'863.50, für die Jahre 1991 und 1992 von je Fr. 2'988.-- und für die Jahre 1993 und 1994 von je Fr. 3'465.-- sowie für das Jahr 1995 von Fr. 3'607.-- nebst Zins zu 5% auszurichten. C.- Die BAV Wirte führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass der Beschwerdegegner für die Jahre 1989 bis 1991 und 1993 sowie 1994 keinen Anspruch auf Invalidenleistungen habe. R. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) äussert sich zur Sache, ohne einen Antrag zu stellen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Zuständigkeit) 2. (Kognition) 3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner nach Art. 23 ff. BVG und Art. 9 des Reglementes der BAV Wirte in der ab 1. Januar 1985 gültigen und auf den 1. Januar 1989 geänderten Fassung Anspruch zunächst auf eine halbe und anschliessend auf eine ganze Invalidenrente hat. Unbestritten ist nunmehr auch, dass der Beginn der halben Rente auf den 1. April 1989 und derjenige auf eine ganze Rente auf den 1. Februar 1990 festzusetzen ist. Die Parteien stimmen schliesslich darin überein, dass von einem koordinierten Lohn von Fr. 4'980.-- auszugehen ist, so dass sich die versicherte Invalidenrente auf Fr. 1'992.-- jährlich und die zwei Kinderrenten auf je Fr. 498.-- jährlich, somit auf insgesamt Fr. 2'988.--, belaufen. Streitig und im folgenden zu prüfen ist, inwieweit die dem Beschwerdegegner im Zeitraum vom 1. April 1989 bis 31. Dezember 1995 an und für sich zustehende Leistung zufolge Überentschädigung entfällt. 4. a) Nach Art. 34 Abs. 2 BVG erlässt der Bundesrat Vorschriften zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Die Bestimmung hält des weitern u.a. fest, BGE 123 V 193 S. 196 dass beim Zusammentreffen von Leistungen nach diesem Gesetz mit solchen nach dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Militärversicherung vom 19. Juni 1992 grundsätzlich die Leistungen der Unfallversicherung oder der Militärversicherung vorgehen. Unter dem Titel "Ungerechtfertigte Vorteile" hat der Bundesrat in Art. 24 BVV2 nähere Vorschriften zur Überentschädigung in der beruflichen Vorsorge erlassen. Nach Abs. 1 der Bestimmung kann die Vorsorgeeinrichtung die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. Als anrechenbare Einkünfte gelten gemäss Abs. 2 (in der bis Ende Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung) Renten- oder Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert in- und ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. Nach Abs. 3 (in der bis Ende Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung) dürfen Ehepaar-, Kinder- und Waisenrenten der AHV/IV nur zur Hälfte, Zusatzrenten für die Ehefrau überhaupt nicht angerechnet werden. Die Einkünfte der Witwe und der Waisen werden zusammengerechnet. Laut Art. 25 Abs. 1 BVV2 (in der ursprünglichen Fassung) kann die Vorsorgeeinrichtung die Gewährung von Hinterlassenen- oder Invalidenleistungen ausschliessen, wenn die Unfallversicherung oder die Militärversicherung für den gleichen Versicherungsfall leistungspflichtig ist. Diese Bestimmung hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 116 V 189 für gesetzwidrig erklärt. b) Mit Verordnungsänderung vom 28. Oktober 1992, in Kraft seit 1. Januar 1993, hat der Bundesrat die Absätze 2 und 3 von Art. 24 BVV2 sowie die Absätze 1 und 2 von Art. 25 BVV2 neu gefasst. Nach Art. 24 Abs. 2 BVV2 gelten nunmehr als anrechenbare Einkünfte Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung, die der anspruchsberechtigten Person aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgerichtet werden, wie Renten oder Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert in- und ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. Nach Abs. 3 dürfen BGE 123 V 193 S. 197 Ehepaarrenten der AHV/IV nur zu zwei Dritteln angerechnet werden. Die Einkünfte der Witwe und der Waisen werden zusammengerechnet. Gemäss Art. 25 Abs. 1 BVV2 kann die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen nach Art. 24 kürzen, wenn die Unfallversicherung oder die Militärversicherung für den gleichen Versicherungsfall leistungspflichtig ist. c) Das Reglement der beschwerdeführenden Vorsorgeeinrichtung enthält in Art. 12 Bestimmungen über das "Verhältnis zu anderen Versicherungen". Nach Abs. 1 dieser Vorschrift gehen die Leistungen der AHV/IV, der Unfallversicherung und der Militärversicherung vor. Gemäss Abs. 2 entfällt ein Anspruch aus der Basisversicherung der Vorsorgeeinrichtung, wenn die Leistungen der Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen Verdienstes erreichen. Abs. 3 bestimmt, dass die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen herabsetzt, soweit die Leistungen aus der Basisversicherung zusammen mit Leistungen von anderer Seite 90% des entgangenen Verdienstes übersteigen. 5. a) Streitig ist zunächst, was unter dem Begriff "mutmasslich entgangener Verdienst" im Sinne von Art. 24 Abs. 1 BVV2 zu verstehen ist. Die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung stellt sich in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf den Standpunkt, mit diesem Begriff sei der AHV-Lohn im Zeitpunkt des Eintritts des versicherten Ereignisses gemeint. Demgegenüber interpretieren ihn Beschwerdegegner und Vorinstanz als dasjenige Einkommen, welches der Versicherte erzielt hätte, wenn er gesund geblieben und das versicherte Ereignis nicht eingetreten wäre. Inzwischen hat sich das Eidg. Versicherungsgericht eingehend mit dieser Streitfrage auseinandergesetzt und entschieden, dass sich der Begriff seinem wörtlichen Sinn entsprechend auf das hypothetische Einkommen bezieht, welches der Versicherte ohne Invalidität erzielen könnte ( BGE 122 V 151 und 316 Erw. 2a), und zwar im Zeitpunkt, in welchem sich die Kürzungsfrage stellt (nicht veröffentlichtes Urteil M. vom 28. Mai 1996, SZS 1997 S. 469 Erw. 2c). Als ein Faktor der Überversicherungsberechnung kann der mutmasslich entgangene Verdienst im Rahmen von Art. 24 Abs. 5 BVV2 im übrigen jederzeit neu festgelegt werden (nicht veröffentlichtes Urteil F. vom 22. Januar 1997 und erwähntes Urteil M. vom 28. Mai 1996). b) Das kantonale Gericht zieht im angefochtenen Entscheid die Rechtmässigkeit der vom Bundesrat in Art. 24 Abs. 1 BVV2 auf 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes festgelegten Grenze BGE 123 V 193 S. 198 für die Überentschädigungsberechnung in Zweifel. Bei der konkreten Überentschädigungsberechnung ist es allerdings von der Grenze von 90% ausgegangen. Der Beschwerdegegner lässt in der Vernehmlassung unter Hinweis auf SCHLAURI (Beiträge zum Koordinationsrecht der Sozialversicherungen, St. Gallen 1995, S. 57) geltend machen, die auf 90% festgelegte Beschränkung sei gesetzwidrig und die Koordination der Leistungen der Vorsorgeeinrichtung habe bei 100% des mutmasslich entgangenen Verdienstes stattzufinden. Unlängst hat indessen das Eidg. Versicherungsgericht auch diese Streitfrage beurteilt und die vom Bundesrat in Art. 24 Abs. 1 BVV2 festgesetzte Überentschädigungslimite von 90% als gesetzmässig erachtet ( BGE 122 V 306 , insbesondere 314 Erw. 6). c) Streitig ist des weitern, ob die vom Beschwerdegegner bis zum 28. Februar 1992 bezogenen Taggeldleistungen der Unfallversicherung in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen sind. aa) Das kantonale Gericht vertritt die Auffassung, die Rechtsprechung, wonach die Vorsorgeeinrichtungen in Nachachtung des Urteils des Eidg. Versicherungsgerichts vom 31. August 1990 zu altArt. 25 Abs. 1 BVV2 ( BGE 116 V 189 ) verpflichtet seien, ab 1. November 1990 Invalidenleistungen zu erbringen ( BGE 120 V 319 und 337), sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Beschwerdeführerin in ihrem Vorsorgereglement vom 1. Januar 1985 keinen Leistungsausschluss bei Leistungen durch die Unfallversicherung statuiert habe. Aus diesem Grund stelle sich die intertemporalrechtliche Frage auch nicht, ab welchem Zeitpunkt die Gesetzwidrigkeit von altArt. 25 Abs. 1 BVV2 zu beachten sei. Die Taggeldleistungen der Unfallversicherung seien im übrigen angesichts des Wortlautes von altArt. 24 Abs. 2 BVV2, der nur von Renten spreche, nicht anrechenbar. bb) Der Auffassung der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. In einem analogen Fall, in welchem der Beschwerdeführer ebenfalls unter der Geltung der alten Fassung von Art. 24 Abs. 2 BVV2 Taggeldleistungen der Unfallversicherung bezogen hatte, hielt das Eidg. Versicherungsgericht fest, ein theoretischer Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der Vorsorgeeinrichtung ab 1. Dezember 1991 komme nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer nebst der Rente der Invalidenversicherung Taggelder der Unfallversicherung bezogen habe. Nach der Koordinationsregel des Art. 40 UVG würden die Taggeldleistungen gekürzt, soweit sie BGE 123 V 193 S. 199 zusammen mit der Rente der Invalidenversicherung den mutmasslich entgangenen Verdienst überstiegen. Im Rahmen der von Art. 24 Abs. 1 BVV2 gezogenen Grenzen bestehe daher kein Raum für die Ausrichtung einer Rente der beruflichen Vorsorge ( BGE 122 V 317 Erw. 2b). cc) Des weitern ist in diesem Zusammenhang Art. 26 Abs. 2 BVG zu beachten, wonach die Vorsorgeeinrichtung in ihren reglementarischen Bestimmungen vorsehen kann, dass der Anspruch auf Invalidenleistungen aufgeschoben wird, solange der Versicherte den vollen Lohn erhält. Bei Art. 26 Abs. 2 BVG handelt es sich, wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 120 V 61 Erw. 2b festgehalten hat, um eine Koordinationsnorm in zeitlicher Hinsicht, die verhindern soll, dass - aufgrund von Lohnzahlungen oder der Ausrichtung von Ersatzleistungen, die den Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreien - dem Versicherten nach Eintritt der Invalidität mehr Geldmittel zur Verfügung stehen als zur Zeit seiner Erwerbsfähigkeit (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 233). Der Anspruch auf eine Invalidenrente kann jedoch nur aufgeschoben werden, wenn die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung dies ausdrücklich vorsehen (MOSER, Die Zweite Säule und ihre Tragfähigkeit, Diss. Basel 1992, S. 206; NEF, Die Leistungen der Beruflichen Vorsorge in Konkurrenz zu anderen Versicherungsträgern sowie haftpflichtigen Dritten, SZS 1987 S. 30). Eine solche Bestimmung ist in Art. 12 des Reglementes der Beschwerdeführerin zu erblicken. Dieser Artikel hält u.a. die Priorität der Leistungen der Unfallversicherung fest (Abs. 1) und bestimmt, dass die Leistung aus der Basisversicherung der Vorsorgeeinrichtung entfällt, wenn durch Leistungen der Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen Verdienstes erreicht werden (Abs. 2). Damit setzen die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung erst ein, wenn die Leistungen der Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen Verdienstes nicht decken. Die Koordinationsbestimmung von Art. 12 des Reglementes, die generell von Leistungen der Unfallversicherung spricht, erfasst auch die Taggeldleistungen, wie insbesondere die Erwähnung der Krankentaggeldversicherung in Abs. 2 deutlich macht. Damit liegt die nach Art. 26 Abs. 2 BVG für den Aufschub der Invalidenleistungen erforderliche reglementarische Grundlage vor. Auch aus diesem Grunde BGE 123 V 193 S. 200 sind die Taggelder der Unfallversicherung in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen. dd) Schliesslich kann sich die Beschwerdeführerin entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts im Zusammenhang mit BGE 116 V 189 auf Art. 50 Abs. 3 BVG berufen. Sie hat trotz des in Art. 25 Abs. 1 BVV2 ursprünglich statuierten Leistungsausschlusses eine für die Versicherten günstigere Lösung getroffen und Leistungen der Vorsorgeeinrichtung unter Anrechnung der Leistungen der Unfallversicherung vorgesehen (Art. 12 Abs. 1 und 2 des Reglementes). Bis zum Urteil BGE 116 V 189 durfte sie davon ausgehen, dass Art. 12 Abs. 1 und 2 ihres Reglementes gesetzes- und verordnungsgemäss ist. Sie kann sich unter diesen Umständen bis zum Stichtag gemäss BGE 120 V 319 , d.h. bis 1. November 1990 (vgl. BGE 120 V 337 Erw. 11), ebenfalls auf den Gutglaubensschutz gemäss Art. 50 Abs. 3 BVG berufen. Selbst wenn die Anrechnung der Taggelder der Unfallversicherung nicht zulässig wäre, müssten diese daher im vorliegenden Fall bis 31. Oktober 1990 bei der Berechnung der Überentschädigung berücksichtigt werden. Ab diesem Zeitpunkt hat sie sich auch die von ihr nicht mehr bestrittene Erhöhung der Grenze gemäss Art. 12 Abs. 2 des Reglementes von 80% auf 90% gefallen zu lassen. d) Ebenfalls im Streit liegt die Höhe des mutmasslich entgangenen Verdienstes. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, der von der Vorinstanz angenommene Ausgangslohn von Fr. 2'800.-- pro Monat sei unzutreffend, richtig seien Fr. 2'500.-- pro Monat. Der Lohn von Fr. 2'800.-- pro Monat als Hilfskoch ist durch die Bestätigung der Arbeitgeberin in der Unfallmeldung vom 6. Juni 1988 ausgewiesen. Darin werden ein jährlicher Grundlohn von Fr. 33'600.--, Kinderzulagen von Fr. 2'640.-- und eine Gratifikation/13. Monatslohn von Fr. 1'000.--, somit total Fr. 37'240.--, angegeben. Auf diese Bestätigung der Arbeitgeberin ist mit dem kantonalen Gericht und dem Beschwerdegegner grundsätzlich abzustellen. Nicht entscheidend ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die AHV-Abrechnung für das Jahr 1988, weil die kurz vor dem Unfall auf den 1. April 1988 erfolgte Lohnerhöhung im Rahmen des mutmasslich entgangenen Verdienstes, welcher ein hypothetisches, frühestens im Zeitpunkt des Rentenbeginns liegendes Einkommen darstellt, zu berücksichtigen ist. Mit einzubeziehen ist ferner mit dem kantonalen Gericht und dem BSV der 13. Monatslohn, auf welchen der Beschwerdegegner BGE 123 V 193 S. 201 nach Art. 34 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages des Gastgewerbes von 1992 spätestens ab 1. Januar 1992 Anspruch gehabt hätte. Was die Anpassung des Ausgangslohnes für die Folgezeit betrifft, so ist folgendes festzuhalten. Gemäss Art. 24 Abs. 5 BVV2 kann die Vorsorgeeinrichtung die Voraussetzungen und den Umfang einer Kürzung jederzeit überprüfen und ihre Leistungen anpassen, wenn die Verhältnisse sich wesentlich ändern. Nach dem Bericht vom Sommer 1983, welchen das BSV zum Entwurf vom 2. August 1983 der Verordnung 2 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV2) erstellt hat, soll eine Anpassung jederzeit möglich sein, vorausgesetzt sie erreicht ein Ausmass von gewisser Bedeutung. Die Expertenkommission habe dabei an eine Grössenordnung von 10% gedacht (Bericht S. 39). Eine solche Leistungsanpassung in der Grössenordnung von 10% zugunsten oder zuungunsten des Rentenbezügers ist grundsätzlich als wesentliche Änderung der Verhältnisse zu betrachten. Des weitern ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die Renten nach Massgabe der gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen der Teuerung angepasst werden ( Art. 36 BVG ; Verordnung über die Anpassung der laufenden Hinterlassenen- und Invalidenrenten an die Preisentwicklung vom 16. September 1987, SR 831.426.3). Als ein Faktor der Überentschädigungsberechnung ist daher der einmal bestimmte mutmasslich entgangene Verdienst in der Folgezeit nur dann neu festzulegen, wenn hinreichender Grund für die Annahme besteht, dass sich die Verhältnisse im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2 wesentlich geändert hätten (vgl. BGE 122 V 154 Erw. 3c). Die Berechnungsweise der Vorinstanz, wonach der mutmasslich entgangene Verdienst für jedes einzelne Jahr um die jeweilige Teuerungs- und Reallohnentwicklung zu erhöhen ist, lässt sich mit Art. 24 Abs. 5 BVV2 nicht vereinbaren. Nicht anders zu entscheiden ist, wenn die Leistungen wie im vorliegenden Fall erst Jahre später retrospektiv festgesetzt werden. e) Schliesslich wendet die Beschwerdeführerin noch ein, es gehe für die Zeit bis 1. Februar 1990 bei einem Invaliditätsgrad von 50% nicht an, die mit einer zumutbaren Verwertung der Restarbeitsfähigkeit erzielbaren Einkünfte ausser Rechnung zu lassen. Im Rahmen von Art. 24 Abs. 2 BVV2 ist jedoch, dem klaren Wortlaut der Bestimmung entsprechend, nur das effektiv erzielte, nicht auch das zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen Teilinvalider anzurechnen ( BGE 123 V 88 ). BGE 123 V 193 S. 202 6. In Berücksichtigung der vorstehend in Erw. 5 gemachten Ausführungen ist im folgenden zu prüfen, ob für die einzelnen Jahre eine Überentschädigung vorliegt oder nicht. a) Der Beschwerdegegner hat bis zum 28. Februar 1992 Taggelder der Unfallversicherung bezogen, teilweise für eine Arbeitsunfähigkeit von 50% und für eine solche von 100%. Der Unfallversicherer hat mit Verfügung vom 4. Februar 1992 im Verhältnis zur Invalidenversicherung gestützt auf Art. 40 UVG , welcher als Grenze den mutmasslich entgangenen Verdienst (d.h. 100%) vorsieht, die Koordination vorgenommen. Für die Zeit vom 22. April 1988 bis 31. Dezember 1991 ergaben sich nach Abzug einer 20%igen Leistungskürzung von Fr. 16'006.40 wegen schuldhafter Herbeiführung des Unfalles (vgl. dazu auch Art. 25 Abs. 2 BVV2 und BGE 122 V 306 ) ausbezahlte Sozialversicherungsleistungen in Höhe von Fr. 122'279.10 bei einem entgangenen Verdienst von Fr. 109'785.85 in dieser Periode. Aus dieser Rechnung resultierte auf der Basis des mutmasslich entgangenen Verdienstes von 100% eine Überentschädigung zugunsten des Unfallversicherers gegenüber der Invalidenversicherung in Höhe von Fr. 12'493.25. Daraus ergibt sich bei inhaltlich gleicher Umschreibung des mutmasslich entgangenen Verdienstes nach Art. 40 UVG und Art. 24 Abs. 1 BVV2 (vgl. BGE 122 V 154 Erw. 3c) ohne weiteres, dass bis Ende Dezember 1991 die anrechenbaren Einkünfte des Beschwerdegegners aus Invaliden- und Unfallversicherung den massgeblichen Grenzwert von 90% übersteigen. Die Beschwerdeführerin ist daher für den Zeitraum vom 1. April 1989 bis 31. Dezember 1991 nicht leistungspflichtig. b) Die vom kantonalen Gericht für das Jahr 1992 als geschuldet betrachteten Invalidenleistungen in Höhe von Fr. 2'988.-- hat die Beschwerdeführerin mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich nicht angefochten. Wiewohl der vorliegende Prozess einen Streit um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG darstellt, besteht vorliegend kein Grund, die richterliche Prüfungspflicht auf die nicht mehr bestrittene Invalidenleistung für das Jahr 1992 auszudehnen. Dazu besteht weder nach der Aktenlage noch den Vorbringen der Parteien Anlass ( BGE 110 V 53 ff.). c) Bei der Berechnung der Überentschädigung für die Jahre 1993 bis 1995 ist zu beachten, dass nach Art. 24 Abs. 2 und 3 BVV2 in der geänderten, ab 1. Januar 1993 gültigen Fassung auch die Zusatzrente für die Ehefrau sowie die ganzen Kinderrenten der Invalidenversicherung anrechenbar sind. Diese Änderungen sind auch auf bereits laufende Invalidenleistungen ab Inkrafttreten am BGE 123 V 193 S. 203 1. Januar 1993 anwendbar ( BGE 122 V 319 Erw. 3c). Sie rechtfertigen auch eine Neufestlegung des mutmasslich entgangenen Verdienstes per 1. Januar 1993, zumal die massgeblichen Leistungen der Invalidenversicherung und der Unfallversicherung in der Zwischenzeit verschiedentlich der Lohn- und Preisentwicklung ( Art. 33ter AHVG ) sowie der Teuerung ( Art. 34 UVG ) angepasst worden sind. Das kantonale Gericht hat die anrechenbaren Sozialversicherungsleistungen für das Jahr 1993 auf Fr. 29'785.-- (Fr. 28'152.-- IV-Leistungen, Fr. 1'633.-- UV-Rente) festgelegt, was aufgrund der Akten erstellt ist und wovon auch die Parteien ausgehen. Der Beschwerdegegner hat ab 1. April 1988 Fr. 2'800.-- im Monat als Hilfskoch verdient. Gestützt auf Art. 34 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages des Gastgewerbes kommt für das Jahr 1993 noch ein ganzer 13. Monatslohn dazu. Ohne Berücksichtigung der seit 1988 eingetretenen Teuerung und Reallohnentwicklung sowie ohne Einbezug der Kinderzulagen ergibt sich für das Jahr 1993 ein mutmasslich entgangener Jahresverdienst von Fr. 32'760.-- (90% von Fr. 36'400.-- [13 x Fr. 2'800.--]). Bei anrechenbaren Sozialversicherungsleistungen von Fr. 29'785.-- resultiert eine Differenz von Fr. 2'975.-- im Jahr bei jährlichen Invalidenleistungen der Beschwerdeführerin von Fr. 2'988.--. Da der mutmasslich entgangene Verdienst das hypothetische Einkommen darstellt, welches der Versicherte ohne Invalidität im Zeitpunkt, in welchem sich die Kürzungsfrage stellt, erzielen könnte (Erw. 5a hievor) und sich wegen der durch die Änderung von Art. 24 Abs. 2 und 3 BVV2 für das Jahr 1993 erfolgten Neuberechnung auch die Anpassung des mutmasslich entgangenen Verdienstes rechtfertigt, sind die auf den Angaben des Arbeitgebers für das Jahr 1988 beruhenden Verdienstzahlen zumindest teilweise teuerungsbedingt auf das Jahr 1993 hochzurechnen. Daraus folgt ohne weiteres, dass für das Jahr 1993 - auf die Invalidenleistungen von Fr. 2'988.-- bezogen - keine Überentschädigung vorliegt. Da kein Grund zur Annahme besteht, dass sich die Verhältnisse für die Jahre 1994 und 1995 im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2 wesentlich geändert hätten, sind die Invalidenleistungen auch für diese beiden Jahre geschuldet. Bei diesem Ergebnis kann daher offenbleiben, ob und in welchem Umfang die Teuerungs- und Reallohnentwicklung sowie die Kinderzulagen beim mutmasslich entgangenen Verdienst zu berücksichtigen sind. d) Die von der Vorinstanz für die Zeitspanne 1993 bis 1995 ermittelten Invalidenleistungen von Fr. 3'465.-- (1993 und 1994) und BGE 123 V 193 S. 204 Fr. 3'607.-- (1995) basieren auf einer Anpassung des ursprünglichen Rentenbetrages von Fr. 2'988.-- an die Preisentwicklung gemäss Art. 36 Abs. 1 BVG . Eine solche Anpassung kommt jedoch für die Jahre 1993 bis 1995 nicht in Betracht, weil der Beschwerdegegner erst ab 1. Januar 1992 Invalidenleistungen beanspruchen kann. Deren Laufzeit hat am 1. Januar 1995 - wie von Art. 36 Abs. 1 BVG vorausgesetzt - drei Jahre noch nicht überschritten, weshalb eine Teuerungsanpassung entfällt. Entsprechend sieht die durch das BSV am 1. November 1995 bekanntgegebene "Anpassung der laufenden BVG-Hinterlassenen- und Invalidenrenten an die Preisentwicklung auf den 1. Januar 1996" eine erstmalige Anpassung der im Verlaufe des Jahres 1992 zum ersten Mal ausgerichteten Invalidenleistungen erst auf den 1. Januar 1996 vor. e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner für die Jahre 1992 bis und mit 1995 jährliche Invalidenleistungen von je Fr. 2'988.-- auszurichten hat.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b3e350fb-ca2c-4c25-82cc-0a21329ceca9
Urteilskopf 119 IV 5 2. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 février 1993 dans la cause S. c. Commission de libération du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 38 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ; bedingte Entlassung. 1. Es genügt, dass das Verhalten des Verurteilten während des Strafvollzugs nicht gegen die vorzeitige Entlassung spricht. Man kann sich fragen, ob das Verhalten während des Strafvollzugs überhaupt noch ein selbständiges Entscheidungskriterium oder nicht vielmehr bloss ein Umstand sei, der bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten im Gesamtzusammenhang mitzuberücksichtigen ist (E. 1). 2. Die bedingte Entlassung ist die Regel, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden kann. Die Behörde hat ihre Gründe für die Verweigerung der bedingten Entlassung anzugeben (E. 2). 3. Fall eines zu einer langjährigen Freiheitsstrafe Verurteilten, der sich im Strafvollzug zunächst während mehr als fünf Jahren sehr schlecht verhalten, in der Folge aber während vier Jahren bis zum Entscheid über die bedingte Entlassung anhaltend günstig entwickelt hat (E. 3a).
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 119 IV 5 S. 6 S. a été incarcéré le 10 avril 1979 aux Etablissements de la Plaine de l'Orbe. Il s'est évadé à cinq reprises entre 1979 et 1985. Après avoir été détenu dans plusieurs établissements pénitentiaires, il a été transféré aux Etablissements de la Plaine de l'Orbe le 14 mars 1988. Il parviendra aux termes de ses peines le 14 mai 1998; il en a subi les deux tiers le 14 juillet 1992. Dans sa séance du 10 juin 1992, la Commission de libération du canton de Vaud a refusé d'accorder à S. la libération conditionnelle. Contre cette décision, S. a déposé en date du 1er septembre 1992 un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Il y fait notamment valoir l'amélioration de son comportement depuis quatre ans, sa bonne conduite en section ouverte et des projets précis de mariage, de vie de famille et de travail. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'article 38 chiffre 1 alinéa 1 CP dispose que, lorsqu'un condamné à la réclusion ou à l'emprisonnement aura subi les deux tiers de sa peine, mais au moins trois mois en cas de condamnation à l'emprisonnement, l'autorité compétente pourra le libérer conditionnellement si son comportement pendant l'exécution de la peine ne s'oppose pas à son élargissement et s'il est à prévoir qu'il se conduira bien en liberté. Il n'est pas contesté que le recourant a subi les deux tiers de sa peine privative de liberté depuis le 14 juillet 1992. Il convient donc de décider s'il a eu, pendant l'exécution de la peine, un comportement qui ne s'oppose pas à son élargissement et s'il peut faire l'objet d'un pronostic favorable pour sa vie future en liberté. a) aa) L'article 38 du code pénal, dans sa version originelle de 1937, disposait que l'autorité compétente pouvait libérer le détenu si, outre la réparation du dommage, il s'était bien comporté dans l'établissement et s'il était à prévoir qu'il se comporterait bien en liberté. Si le détenu ne s'était pas bien comporté dans l'établissement, la faveur de la libération conditionnelle était exclue (SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch, p. 175). Les deux exigences, celle du bon comportement et celle du pronostic favorable, étaient évidemment cumulatives. Lors de la révision du code pénal, en 1971, l'accent a été mis sur le pronostic favorable (cf. Bull.stén. CE 1970, BGE 119 IV 5 S. 7 p. 92; P. LOGOZ, Commentaire du Code Pénal Suisse, Partie générale, ad art. 38, p. 217). L'exigence relative au comportement dans l'établissement a été atténuée; on se contente d'exiger un comportement du détenu qui ne s'oppose pas à son élargissement. On peut même se demander si le comportement en détention représente encore un critère indépendant ou s'il n'est pas, selon les circonstances, un simple élément supplémentaire d'appréciation pour établir le pronostic. En effet, selon la doctrine récente, des entorses à la discipline pénitentiaire, voire une évasion ne peuvent sans autre faire obstacle à un pronostic favorable (STRATENWERTH, Allg. Teil II p. 91 no 55; ALEXANDER BÖHM, Strafvollzug, 2. Aufl. Frankfurt 1986 p. 234 s.; EISENBERG, Neue Zeitschrift für Strafrecht 1989 p. 366; HORSTKOTTE, Leipziger Kommentar, 10. Aufl. 1983 § 67 c no 58 ss; KAISER/KORNER/SCHÖCH, Strafvollzug, 4. Aufl. Heidelberg 1992 p. 545 § 20 No 4; WOLFGANG FRISCH, Dogmatische Grundfragen der bedingten Entlassung und der Lockerungen des Vollzuges von Strafen und Massregeln, Zeitschrift für Strafrechtwissenschaft 1990 p. 707 ss, 740 s.), car celui-ci est en fin de compte le seul critère déterminant en matière de libération anticipée. bb) L'accent que le législateur a voulu mettre en 1971 sur la fonction de réinsertion sociale de la libération conditionnelle, et donc la priorité donnée au pronostic favorable, doivent néanmoins être pris en considération dans l'interprétation de la notion de "comportement s'opposant à l'élargissement". Seuls peuvent dispenser l'autorité d'examiner les conditions relatives au pronostic les comportements qui, soit portent une atteinte grave au fonctionnement de l'établissement ou à d'autres intérêts dignes de protection (par exemple, voies de fait ou menaces graves contre le personnel ou des codétenus, participation à des mutineries), soit dénotent en eux-mêmes une absence d'amendement (évasion, refus systématique ou obstiné de fournir un travail convenable, abus grave de substances toxiques, etc.). Si les comportements reprochés au détenu n'atteignent pas le degré de gravité qui interdise d'emblée d'envisager la libération conditionnelle, ils peuvent encore être pris en considération dans l'établissement du pronostic. b) Pour le pronostic à émettre, il faut bien se contenter d'une certaine probabilité, un risque de récidive étant inhérent à toute libération, conditionnelle ou à la fin de l'exécution ( ATF 98 Ib 107 ; LOGOZ, Commentaire du Code Pénal Suisse, Partie générale, ad art. 38, no 4a). L'autorité qui n'accepte de libérer conditionnellement un détenu que si elle est absolument convaincue qu'il se conduira bien en liberté BGE 119 IV 5 S. 8 fait preuve d'une rigueur excessive. Il suffit de pouvoir raisonnablement conjecturer que, compte tenu des règles de comportement qui lui sont imposées, le condamné se conduira bien ( ATF 98 Ib 107 ). Dans l'appréciation globale du cas - à laquelle il faut procéder pour être en mesure de former un pronostic -, il convient, à côté des antécédents et de la personnalité de l'intéressé, de prendre en considération avant tout le degré de son éventuel amendement ainsi que les conditions dans lesquelles il est à prévoir qu'il vivra ( ATF 104 IV 281 ). La nature de l'infraction qui a motivé la condamnation n'a pas à jouer de rôle dans l'appréciation de l'amendement de l'auteur. En revanche, les conditions dans lesquelles il a agi peuvent être considérées comme un indice sérieux dans la mesure où elles renseignent sur sa personnalité et son comportement probable en liberté ( ATF 103 Ib 27 ). Enfin, il ne faut pas oublier que la libération conditionnelle peut prévenir les séquelles parfois irrémédiables d'une incarcération, surtout si elle est de plusieurs années comme dans le cas particulier (FRISCH, ZStW 1990 p. 717 et cit.). 2. En cette matière, l'autorité cantonale dispose d'un pouvoir d'appréciation dont l'usage n'est censuré par le Tribunal fédéral qu'en cas d'excès ou d'abus ( art. 104 lettre a OJ ), par exemple si la décision entreprise repose sur des considérations étrangères au but de l'institution ( ATF 98 Ib 107 ). La libération conditionnelle, telle qu'elle est prévue à l' art. 38 CP , est une des modalités de l'exécution de la peine. Comme telle, elle constitue la règle, de laquelle il ne convient de s'écarter que si de bonnes raisons laissent à penser qu'elle sera inefficace. Lorsque l'autorité s'écarte de la règle, elle doit, pour que le contrôle du Tribunal fédéral soit possible, indiquer de manière circonstanciée les motifs qui justifient sa décision (cf. ATF 117 IV 113 par analogie, en matière de fixation de la peine). Elle ne satisfait notamment pas à cette obligation lorsqu'elle déclare que l'une des conditions cumulatives et, partant, essentielle, mise par le législateur à la libération conditionnelle n'est pas remplie, sans que le cheminement du raisonnement qui l'a conduite à cette conclusion puisse être suivi par l'autorité de recours (arrêt du Tribunal fédéral du 23 septembre 1992 en la cause R.O.K.W. c. Commission de libération du canton de Vaud). On ne saurait certes exiger des autorités administratives qu'elles motivent leurs décisions d'une manière aussi précise que des autorités judiciaires ou de recours. Il faut cependant que les explications, bien que succinctes, permettent de saisir les éléments sur lesquels l'autorité s'est fondée ( ATF 96 I 608 , ATF 98 Ib 194 ). BGE 119 IV 5 S. 9 Lorsqu'il ressort de la décision que l'autorité compétente s'est fondée sur une conception juridique correcte de la libération conditionnelle, qu'elle a pris en considération l'ensemble des éléments pertinents, qu'elle a tiré de ces prémisses des conclusions conformes à la raison et qu'elle est arrivée à une solution globalement défendable, sa décision échappe à la censure lors même que l'autorité de recours, si elle avait eu à trancher le cas en première instance, eût peut-être été encline à une autre solution. Un réexamen plus strict de l'appréciation faite par l'autorité de première instance reviendrait à faire du juge administratif une autorité de libération conditionnelle. 3. En l'espèce, la Commission de libération du canton de Vaud estime que ni l'une, ni l'autre des deux exigences cumulatives posées par l'article 38 CP n'est remplie, soit un comportement en détention qui ne s'oppose pas à l'élargissement du détenu, ainsi qu'un pronostic favorable quant à sa vie future en liberté. a) En ce qui concerne le comportement du recourant en détention, la Commission admet qu'il a été satisfaisant depuis 1988 mais, selon elle, cette évolution ne permet pas encore d'effacer le mauvais comportement antérieur à cette date. Il est juste d'établir un bilan global du comportement, en tenant compte des deux périodes, l'une antérieure, l'autre postérieure à 1988, et c'est d'abord à l'autorité compétente d'examiner si le bénéfice prépondérant d'une évolution positive et d'un bon comportement actuel peut être annihilé par un mauvais comportement initial. Cependant, il est regrettable que l'autorité cantonale n'ait pas examiné de plus près les circonstances exactes de la mutinerie de détenus, éventuellement accompagnée d'une prise d'otages - commise le 10 octobre 1982 -, qui ont notamment provoqué la condamnation du recourant en date du 18 juin 1987 à quatre ans de réclusion et à une expulsion à vie du territoire par le Tribunal cantonal valaisan - dont le jugement ne figure pas au dossier. Des précisions relatives à la chronologie eussent aussi été utiles, car celle-ci joue un rôle non négligeable dans cette appréciation. En ce qui concerne la période entre 1985 et 1988 en particulier, le dossier ne laisse pas apparaître clairement quand et dans quelles circonstances le recourant a été détenu. Le seul fait qu'il ait été incarcéré entre 1985 (ou était-ce 1987?) et 1988 dans divers établissements pénitentiaires ne permet pas encore de conclure à un mauvais comportement. Certes, les atteintes du recourant à l'ordre pénitentiaire durant les premières années de sa détention sont très graves. Mais, d'une part, BGE 119 IV 5 S. 10 ce comportement a été déjà sanctionné par une condamnation et, d'autre part, cela ne dispense pas pour autant l'autorité cantonale d'indiquer de manière circonstanciée les motifs qui justifient sa décision. L'évolution positive et ininterrompue du recourant pendant les quatre dernières années - ce qui constitue une longue période - et le préavis favorable du directeur de l'établissement et du Service pénitentiaire cantonal devaient l'inciter à rendre une motivation plus développée, car une telle circonstance conduit naturellement à admettre un amendement durable et, partant, à un pronostic favorable.
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CH_BGE_006
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Federation
b3e3eb73-1587-4e91-8b3c-1a0f6ffa2a1e
Urteilskopf 98 Ia 356 59. Urteil vom 4. Oktober 1972 i.S. Dr. X. gegen Anwaltskammer des Kantons Bern.
Regeste Art. 4 und 58 BV , Art. 5 Üb. Best. BV; Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt. 1. Keine Verletzung von Art. 5 Üb. Best. BV, wenn Basler Anwalt in Bern diszipliniert wird (Erw. 1). 2. Zuständigkeit der Berner Anwaltskammer gegenüber Basler Rechtsanwalt, der im Kanton Bern Prozesse führt und sich auf einem dort gelegenen Grundstück Grundpfandtitel ausstellen lässt (Erw. 2). 3. Die Berner Anwaltskammer durfte ohne Willkür die Standesregeln des bernischen Anwaltsverbandes nebst dem Advokatengesetz als Grundlage für den Disziplinarentscheid heranziehen (Erw. 3 a). 4. Wann verletzt der Rechtsanwalt durch finanzielle Bindungen zu seinem Klienten seine Pflicht zur Unabhängigkeit (Erw. 3 b)?
Sachverhalt ab Seite 357 BGE 98 Ia 356 S. 357 A.- Dr. X. ist Anwalt der Frau L. Er hat sie u.a. in ihrem Scheidungsprozess vertreten. Im Anschluss an die Scheidung übernahm Frau L. in der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Liegenschaft in Bern mit den darauf lastenden Grundpfandschulden. Gegenwärtig sind zwischen ihr und ihrem früheren Ehemann noch sieben Prozesse hängig, die von Dr. X. geführt werden. Da eine Bank die Rückzahlung einer Grundpfandschuld BGE 98 Ia 356 S. 358 von Fr. 120'000.-- verlangte und Frau L. in Basel ein Geschäft eröffnete, brauchte sie Geld. Dr. X. gewährte und vermittelte ihr Darlehen in der Höhe von rund Fr. 210'000.--. Diese sind durch die genannte Berner Liegenschaft pfandgesichert. Verschiedene Schuldbriefe, die zugunsten von Dr. X. auf der Liegenschaft lasten, sichern zum Teil auch Honorarforderungen des Anwalts, von denen einzelne noch nicht fällig sind. An das fällige Honorarguthaben von rund Fr. 43'000.-- hat Frau L. Vorschüsse im Betrage von rund Fr. 29'000.-- geleistet (Stand 31. Dezember 1971). B.- Die Anwaltskammer des Kantons Bern belegte Dr. X. am 18. April 1972 "wegen Verletzung von Ziff. 3 Abs. 1 der Standesregeln (Beschränkung der Unabhängigkeit des Anwaltes durch Gewährung von Darlehen und Annahme grundpfändlicher Sicherheit für Darlehens- und Honorarforderungen gegenüber der Klientschaft)" mit einer Disziplinarbusse von Fr. 200.--. Zur Begründung führte die Kammer u.a. aus, indem Dr. X. seiner Klientin Darlehen gewährt und sich zur Sicherung seiner Darlehens- und Honorarforderungen Schuldbriefe auf der Liegenschaft der Klientin habe geben lassen, sei er wirtschaftliche Bindungen eingegangen, die weit über das Mandatsverhältnis hinaus gingen. Als Darlehens- wie als Grundpfandgläubiger habe er zwangsläufig eigene Rechte gegenüber der Klientin zu wahren, und seine Interessen könnten damit den ihrigen entgegenstehen. Wenn er beispielsweise in die Lage käme, zur Verwirklichung seiner Ansprüche die ihm eingeräumten Pfandrechte geltend zu machen und die Verwertung der Liegenschaft der Mandantin zu verlangen, würde dies unter Umständen ihren Interessen zuwiderlaufen. Ein Anwalt, der eigene Interessen und eigene Rechte gegenüber der Klientin zu verfechten habe, könne die ihm anvertrauten Mandate nicht unabhängig und desinteressiert führen. Er laufe Gefahr, in eine offene Interessenkollision zu seiner Auftraggeberin zu geraten, was gerade im genannten Beispiel der Pfandverwertung der Fall sein könnte. Der Anwalt aber, der seine Unabhängigkeit nicht wahre, mache sich nach ständiger Praxis der Kammer disziplinarisch verantwortlich. C.- Gegen den Entscheid der Anwaltskammer hat Dr. X. gestützt auf Art. 4 und 58 BV sowie Art. 5 der Übergangsbestimmungen der BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er verlangt damit die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. BGE 98 Ia 356 S. 359 D.- Die Anwaltskammer des Kantons Bern beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Eine Verletzung des Art. 5 der Übergangsbestimmungen der BV liegt nicht vor, da dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Entscheid nicht untersagt wird, weiterhin im Kanton Bern als Anwalt zu praktizieren. Er hat dabei bloss die Standesregeln zu beachten, wie sie in diesem Kanton gelten. 2. Der Beschwerdeführer behauptet, der angefochtene Entscheid verstosse gegen Art. 58 BV . Frau L. wohne in Basel, und er selber führe am nämlichen Ort sein Anwaltsbüro. Die Anwaltskammer leite ihre Zuständigkeit davon ab, dass Schuldbriefe im Kanton Bern errichtet worden seien und Honorare für in diesem Kanton geführte Prozesse in Frage stünden. Keiner dieser Umstände vermöge eine Zuständigkeit der Anwaltskammer des Kantons Bern zu begründen. Ob Art. 58 BV auch für Disziplinarverfahren gilt, kann dahingestellt sein. Die Verfassungsregel wäre auf jeden Fall nur verletzt, wenn sich die Anwaltskammer eine Entscheidkompetenz angemasst hätte, die ihr nach dem geltenden Recht oder nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht zukommt ( BGE 83 I 85 , BGE 91 I 401 ; FAVRE, Droit constitutionnel suisse, S. 397). Da die Anwendung kantonalen Gesetzesrechts in Frage steht, könnte das Bundesgericht nur eingreifen, wenn die Annahme der Zuständigkeit auf einer willkürlichen oder die Rechtsgleichheit missachtenden Rechtsanwendung beruhte ( BGE 91 I 401 /02). Insofern fällt die Rüge der Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV mit der Willkürbeschwerde zusammen (FAVRE, a.a.O., S. 397; vgl. auch BGE 91 I 402 f.). Der Beschwerdeführer besitzt die Bewilligung zur Berufsausübung im Kanton Bern, und er hat dort Prozesse für eine Klientin geführt, mit der er als Darlehensgeber und Grundpfandgläubiger finanziell eng verbunden ist. Zudem sind die zu seinen Gunsten ausgestellten Grundpfandtitel, die zum Teil Honorarforderungen sicherstellen, auf einer in Bern gelegenen Liegenschaft der Klientin errichtet worden. Was dem Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren zur Last gelegt wurde, hat sich demnach zu einem wesentlichen Teil im Kanton Bern abgespielt. Wenn sich bei dieser Sachlage die Anwaltskammer für zuständig hielt, als Disziplinarbehörde das Verhalten des BGE 98 Ia 356 S. 360 Beschwerdeführers zu beurteilen, so bildet dies weder einen offensichtlichen Verstoss gegen kantonale Vorschriften noch einen solchen gegen allgemeine Rechtsgrundsätze (vgl. dazu DUBACH, Das Disziplinarrecht der freien Berufe, ZSR 1951, S. 104 a). Im übrigen hat das Appellationsgericht Basel-Stadt, das in seinem Kanton die Disziplinaraufsicht über die Rechtsanwälte ausübt, sich nicht nur damit einverstanden erklärt, dass die bernische Anwaltskammer das Disziplinarverfahren durchführe, sondern es hat das sogar empfohlen (Schreiben an die Anwaltskammer vom 6.12.1971). Von einer Verletzung des Art. 58 BV kann keine Rede sein. 3. a) Nach der Ansicht des Beschwerdeführers hat die Anwaltskammer Art. 4 BV verletzt, indem sie ihm eine Disziplinarbusse auferlegte. Willkür erblickt er zunächst darin, dass der Disziplinarbusse "die privatrechtlichen Standesregeln des Bernischen Anwaltsverbandes" zugrunde gelegt worden seien, von denen im Dekret über die Anwaltskammer gar nicht die Rede sei. Das bernische Gesetz über die Advokaten von 1840 zählt die Berufspflichten nur stichwortartig auf. Wie in andern Kantonen werden auch in der bernischen Praxis in Disziplinarfällen seit langem die Standesregeln des Anwaltsverbandes herangezogen (DUBACH, a.a.O., S. 51 a ff.). Das Bundesgericht hat das schon bisher für zulässig gehalten, und es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Auch wenn der Beschwerdeführer selber nicht dem Bernischen Anwaltsverband angehört, steht nichts entgegen, dass die Disziplinarbehörde die Standesregeln dieses Verbandes anwendet. In ihnen ist im einzelnen ausgeprägt, was in den gesetzlichen Normen allgemein bestimmt ist, und sie haben in diesem Sinne über den privaten Kreis der Vereinsmitglieder hinaus Bedeutung für die Anwaltstätigkeit im Kanton Bern im allgemeinen. Der angefochtene Entscheid ist somit nicht deshalb unhaltbar, weil er sich auf die erwähnten Standesregeln stützt. b) Die Anwaltskammer nahm an, der Beschwerdeführer habe gegen Ziff. 3 der Standesregeln verstossen, wonach der Fürsprech in seinem Beruf unabhängig zu bleiben hat. Der Beschwerdeführer bezeichnet diese Annahme als willkürlich. Die Kammer hielt dafür, der Beschwerdeführer sei seiner Klientin gegenüber deswegen nicht mehr unabhängig, weil er deren Darlehens- und Grundpfandgläubiger sei und sich seine (verfallenen BGE 98 Ia 356 S. 361 und laufenden) Honorarforderungen zum Teil grundpfändlich habe sicherstellen lassen. Es versteht sich, dass es nicht schlechthin standeswidrig ist, wenn ein Anwalt für einen Klienten, dessen Gläubiger er ist, Prozesse führt. Wie der Beschwerdeführer mit Recht ausführt, wird zum Beispiel ein Anwalt und Hauseigentümer für einen Mieter, der ihm den Mietzins schuldet, ohne weiteres Prozesse führen dürfen. Ob ein Anwalt, der ausserhalb des Mandatsverhältnisses finanzielle Bindungen zu seinem Klienten hat, deshalb seine Unabhängigkeit verliert, ist eine Frage des Masses. Nach den Akten verfügt Frau L. nur über bescheidene flüssige Mittel; in verschiedenen Prozessen wurde für sie der unentgeltliche Rechtsbeistand verlangt. Wird einerseits berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer seiner Klientin Darlehen in der Höhe von über Fr. 200'000.-- teils gewährte, teils - offenbar durch nahe Verwandte - vermittelte, und anderseits in Rechnung gestellt, dass nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers noch immer sieben von ihm geführte Prozesse zwischen Frau L. und ihrem früheren Ehemann hängig sind, so ist die Annahme nicht unhaltbar, durch diese weitgehende Kreditgewährung in Verbindung mit grundpfändlicher Sicherstellung von Darlehens- und Honorarforderungen sei ein Verhältnis zwischen Klientin und Anwalt entstanden, in welchem dieser nicht mehr unabhängig und desinteressiert sei. Am 31. Dezember 1971 belief sich die gesamte Honorarforderung (inkl. Auslagen) auf Fr. 43'000.--, und bis zum Abschluss der sieben noch hängigen Prozesse wird sich der Betrag noch um einiges erhöhen. Kann die Klientin die nicht bereits durch Vorschüsse beglichenen Honorarrechnungen nicht bezahlen, was bei ihren sehr bescheidenen Verhältnissen sehr wohl möglich ist, so könnte Dr. X. versucht sein, seine Pfandrechte geltend zu machen und die Verwertung der Berner Liegenschaft zu verlangen. Käme es dazu, was wiederum im Bereich realer Möglichkeit liegt, so geriete er in eine bedeutende Interessenkollision. Die Akten zeigen, dass der Beschwerdeführer als Anwalt der Frau L. insbesondere darnach zu trachten hat, seiner Klientin die Liegenschaft zu erhalten und eine Zwangsverwertung zu verhindern. Bei dieser Sachlage sind die eigenen Interessen, die er im Verhältnis zu seiner Klientin zu wahren hat, derart gewichtig, dass die Anwaltskammer mit sachlichen Gründen annehmen durfte, der Beschwerdeführer sei bei der BGE 98 Ia 356 S. 362 Führung der Prozesse nicht mehr so unabhängig, wie es ein Fürsprech seinem Klienten gegenüber nach den Standesregeln sein sollte. Die Dinge würden wohl in einem etwas andern Lichte erscheinen, wenn feststünde, dass Dr. X. einer bedrängten Klientin ganz uneigennützig und aus reinem Helferwillen beigesprungen wäre. Die Anwaltskammer hat indessen unwidersprochen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich für einzelne Darlehen einen Zins von 12% versprechen lassen und sei "auf die Wahrung seiner finanziellen Ansprüche offenbar recht bedacht" gewesen, weshalb die Gefahr der Interessenkollision nicht rein theoretisch sei. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint die Annahme, Dr. X. habe durch sein Vorgehen seine Standespflichten verletzt, insbesondere gegen Ziff. 3 der bernischen Standesregeln verstossen, nicht unhaltbar. 4. Der Beschwerdeführer kritisiert schliesslich den angefochtenen Entscheid auch deswegen, weil die ausgesprochene Busse von Fr. 200.-- die höchste vom Gesetz vorgesehene Strafe darstelle. Er sagt jedoch nicht, inwiefern die Anwaltskammer mit der Bemessung der Busse die Verfassung verletzt haben sollte. Da somit die Rüge den Anforderungen des Art. 90 OG nicht genügt, ist in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten. Immerhin sei beigefügt, dass die höchste vom Gesetz zulässige Busse Fr. 300.-- beträgt (vgl. Gesetz über die Advokaten vom 10.12.1840, Art. 17, in Verbindung mit dem Dekret über die Umwandlung der Bussen von der alten in die neue Währung vom 2.3.1853) und dass als strengere Disziplinarstrafen noch die Einstellung in der Berufsausübung und der Entzug des Patentes vorgesehen sind. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Urteilskopf 111 IV 124 32. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 4 octobre 1985 dans la cause R. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 68 Ziff. 1, 123 Ziff. 1 Abs. 1 und 128 StGB. Wer jemandem vorsätzlich Verletzungen, die nicht ganz geringfügiger Natur sind, zufügt und das Opfer ohne die erforderliche Hilfe lässt, macht sich der einfachen Körperverletzung und des Im Stiche lassens eines Verletzten (in Realkonkurrenz) schuldig.
Erwägungen ab Seite 125 BGE 111 IV 124 S. 125 Extrait des considérants: 2. a) L' art. 128 CP prévoit que se rend coupable d'abandon d'un blessé (im Stiche lassen, omissione di soccorso ad un ferito) celui qui sans la secourir aura abandonné une personne blessée par lui, par un véhicule ou par un animal dont il se servait. Selon la jurisprudence, cette disposition ne suppose pas que l'abandon compromette la santé ou la vie du blessé ni que ce dernier soit privé de tout secours ( ATF 75 IV 60 ). Une lésion bénigne ne suffit pas et la victime doit avoir besoin d'aide (LOGOZ, Commentaire du CPS, partie spéciale I, Neuchâtel 1955, p. 66 n. 3; NOLL, Schweiz. Strafrecht, Bes. Teil I, Zurich 1983, p. 58). En l'espèce, selon le rapport médical du 21 février 1984, un spécialiste des traumatismes de la main a qualifié les lésions subies par l'épouse du condamné de "traumatisme important"; trois doigts ont été écrasés à leur extrémité distale, les os de la dernière phalange de ces trois doigts ont été tous brisés; l'extrémité du médius a subi une amputation subtotale et pendait, tenu par un morceau de peau; il a pu être suturé ensuite à l'hôpital. La cour cantonale a constaté que le recourant ne pouvait prétendre ne pas avoir eu conscience des blessures qu'il avait causées à sa femme. C'est là une constatation de fait qui lie la Cour de céans saisie d'un pourvoi en nullité. Dès lors, force est d'admettre que dans ces circonstances il incombait au condamné de secourir la personne à laquelle il avait causé des blessures plus que bénignes et qui avait besoin d'aide. Le délit d'abandon d'un blessé est ainsi réalisé. Demeure la question de savoir si cette infraction peut être commise en concours réel avec les lésions corporelles simples retenues à sa charge. b) Selon la jurisprudence, celui qui blesse une personne au cours d'une tentative ou d'un délit manqué de meurtre doit être puni seulement de ce chef et non pas également pour abandon d'un blessé ( ATF 87 IV 7 = JdT 1961 IV 127). En effet, le Tribunal fédéral a considéré que le concours réel entre les infractions prévues aux art. 111 et 128 CP était exclu car l'intention de tuer implique nécessairement le refus d'assistance, que l'auteur abandonne ou non sa victime après avoir commis son acte. BGE 111 IV 124 S. 126 Fondé sur le principe d'après lequel celui qui est puni en raison de la lésion ne peut pas être en plus réprimé pour la mise en danger, le recourant soutient ici que déjà reconnu coupable de lésions corporelles simples par dol éventuel ( art. 123 ch. 1 al. 1 CP ) il ne pouvait être condamné encore pour abandon d'un blessé au sens de l' art. 128 CP . Certains auteurs ont examiné la question du concours entre ces deux infractions. Pour SCHUBARTH, il y a un concours réel entre le délit de lésions corporelles simples commis intentionnellement et l'abandon d'un blessé pour autant que le blessé soit exposé à subir des lésions corporelles graves ou soit en danger de mort (M. SCHUBARTH, Kommentar zum Schweiz. Strafrecht, Bes. Teil, vol. 1, Berne 1982, p. 238 n. 37). STRATENWERTH semble partager les vues de SCHUBARTH (G. STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht, Bes. Teil I, 3e éd., Berne 1983, p. 86 n. 66). NOLL admet sans réserve le concours réel entre les lésions corporelles, intentionnelles ou par négligence, et l'abandon d'un blessé (op.cit., p. 59). LOGOZ et THORMANN-VON OVERBECK sont du même avis (P. LOGOZ, Commentaire du CPS, partie spéciale I, Neuchâtel 1955, p. 67 ch. 6; THORMANN-VON OVERBECK, Das Schweiz. Strafgesetzbuch, vol. 2, Zurich 1941, p. 49). Cette dernière interprétation paraît la plus proche du texte légal. En effet, la volonté d'un meurtrier est de tuer; le résultat recherché par l'auteur est la mort de la victime; il n'a pas atteint son but si celle-ci n'est que blessée; la volonté criminelle implique en conséquence l'abandon du lésé si ce dernier ne souffre que de blessures. Au contraire, celui qui intentionnellement porte atteinte à la santé ou à l'intégrité corporelle d'une personne obtient le résultat recherché dès que la victime est blessée; sa volonté délictuelle - réprimée par l' art. 123 CP - est pleinement assouvie par la survenance des blessures qu'il a causées. Si, en plus, il abandonne la victime qui a besoin d'aide, il va au-delà de ce résultat. Il commet un délit supplémentaire de mise en danger et tombe aussi sous le coup de l' art. 128 CP . Cette dernière disposition ne prévoit nullement, contrairement à ce que l'on pourrait déduire de l'interprétation de SCHUBARTH, que l'abandon punissable ait présenté un risque qualifié - de lésions corporelles graves ou de mort - pour la victime. BGE 111 IV 124 S. 127 En l'espèce, la gravité des blessures subies par l'épouse du recourant (écrasement des doigts par une porte d'ascenseur ayant occasionné la fracture des os de la dernière phalange de trois doigts, l'extrémité de l'un deux pendant, retenue par un morceau de peau) et les circonstances dans lesquelles ces lésions se sont produites permettent, on l'a vu, de considérer le délit de l' art. 128 CP comme réalisé. L' art. 123 ch. 1 al. 1 CP étant également applicable au recourant, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral lorsqu'elle a admis le concours réel de ces deux dispositions.
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Urteilskopf 97 I 596 81. Sentenza del 26 marzo 1971 nella causa X. SA contro Commissione federale delle banche
Regeste Bundesgesetz über die Anlagefonds und Vollziehungsverordnung. 1. In welchem Grade muss die Revisionsstelle von der Verwaltung und der Geschäftsleitung des Fonds unabhängig sein (Art. 32 der Verordnung)? (Erw. 4). 2. Das Erfordernis der Unabhängigkeit, das für die Revisionsstelle, die Mitglieder ihrer Verwaltung und Geschäftsleitung und ihre leitenden Revisoren aufgestellt ist, gilt auch für ihre untergeordneten Angestellten, seien sie Buchhalter oder Kanzlisten (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 597 BGE 97 I 596 S. 597 Riassunto della fattispecie: A.- Con decisione del 30 luglio 1970 la Commissione federale delle banche invitò la X. SA in Lugano a rinunciare, entro il termine di 60 giorni, al mandato di ufficio di revisione per i fondi d'investimento W. e S. o a fare in modo che i suoi organi ed impiegati avessero ad astenersi da ogni attività rientrante nei compiti delle direzioni dei fondi da controllare. La Commissione delle banche minacciò, in caso di inosservanza della decisione, il ritiro dell'autorizzazione a operare quale ufficio di revisione per fondi d'investimento. La decisione della Commissione si fondava sulla circostanza, accertata successivamente, per cui il delegato del consiglio di amministrazione della X. SA era contemporaneamente presidente del consiglio di amministrazione della G. SA, ossia della direzione del fondo S., mentre un procuratore della stessa X. SA era membro del consiglio di amministrazione della G. SA Infine, la decisione della Commissione delle banche poggiava sulla costatazione che la X. SA, sotto la sorveglianza del suo condirettore, si occupava della contabilità del fondo W. e provvedeva ai lavori di segretariato di quest'ultimo. B.- Contro tale decisione la X. SA interpone ricorso di diritto amministrativo chiedendone in via principale l'annullamento; in subordine essa domanda la riforma dell'impugnato giudizio, nel senso di essere obbligata entro determinati termini o a rinunciare al mandato di ufficio di revisione dei citati fondi, o a provvedere perchè essa o membri della sua amministrazione e direzione o suoi revisori-dirigenti si astengano da ogni attività che attiene ai compiti delle direzioni dei fondi da controllare. BGE 97 I 596 S. 598 Erwägungen Estratto dai considerandi: 4. L'art. 31 cpv. 4 del regolamento d'esecuzione della legge federale sulle banche e le casse di risparmio del 26 febbraio 1935 stabiliva che "una società fiduciaria riconosciuta dalla Commissione delle banche non deve verificare una banca, quando questa sia rappresentata nel consiglio di amministrazione di essa società da un membro della direzione ovvero dal presidente, vicepresidente o da un delegato dell'organo incaricato della direzione superiore, della vigilanza e del controllo." Secondo questa norma era ammissibile che una persona siedesse contemporaneamente nel consiglio di amministrazione della banca e della società di revisione. L'articolo venne tuttavia modificato durante la revisione del regolamento d'esecuzione del 30 agosto 1961 (ciò che omette di considerare BÜRGI nel Commentario all'art. 727 CO, N. 19) ed è ora del seguente tenore: "Una società fiduciaria riconosciuta, in cui una banca sia rappresentata da un membro della direzione o dell'organo incaricato della direzione superiore, della vigilanza e del controllo, non deve verificare quella banca." (art. 30 cpv. 3). A stregua di tale norma una stessa persona non può più ora appartenere come semplice membro al consiglio di amministrazione della banca e nel contempo della società fiduciaria (REIMANN, Kommentar zum Bankengesetz, 3. ed. 1963, Art. 30 VV N. 6). Per contro, in detta norma non è detto niente circa l'indipendenza del personale ausiliario. L'art. 4 cpv. 2 dell'ordinanza d'esecuzione della legge federale sulla navigazione marittima sotto bandiera svizzera, del 20 novembre 1956 (RU 1956, p. 1473), va più oltre. Secondo tale norma il proprietario di navi svizzere deve sottomettersi al controllo di un sindacato di revisione o di una società fiduciaria riconosciuti a questo scopo dal Consiglio federale (art. 26 cpv. 1 della legge sulla navigazione marittima del 23 settembre 1953); essa prescrive che: "Gli uffici di revisione e le società fiduciarie riconosciuti, nonché i loro organi e i loro impiegati, non possono dipendere dalla direzione o dall'amministrazione dell'impresa da controllare, né avervi una partecipazione." BGE 97 I 596 S. 599 L'art. 32 dell'ordinanza d'esecuzione della LFI prevede criteri che non concordano nè con le disposizioni del regolamento d'esecuzione della legge federale sulle banche né con quelle dell'ordinanza di esecuzione della legge federale sulla navigazione marittima. Un'incompatibilità viene prevista per: a) l'ufficio di revisione stesso, b) i membri della sua amministrazione, c) i membri della sua direzione, d) i revisori-dirigenti. Essi non possono partecipare al capitale della direzione dei fondi da controllare e devono essere indipendenti dall'amministrazione e dalla direzione di quest'ultima. A ciò si aggiunga un altro criterio, nel senso che gli onorari annuali percepiti in virtù del contratto di revisione non devono superare, in condizioni normali, il 10% degli onorari annuali dell'ufficio di revisione. Questa norma dell'ordinanza d'esecuzione della LFI va più in là dell'art. 30 del regolamento di esecuzione della legge sulle banche. Ambedue le norme hanno in comune il fatto che nessuno può siedere nel medesimo tempo nel consiglio di amministrazione o nella direzione dell'ufficio di revisione e dell'ente da controllare. L'art. 32 dell'ordinanza di esecuzione della LFI precisa che i revisori-dirigenti sono parificati ai membri della direzione. Queste persone, vale a dire membri dell'amministrazione, della direzione e revisori-dirigenti non possono partecipare al capitale della direzione del fondo. Il testo tedesco non par la in modo specifico di una partecipazione al capitale, usando l'espressione "beteiligt sein". Questa espressione può assumere diversi significati: da un lato essa può significare una partecipazione finanziaria alla società di direzione del fondo e dall'altro lato una partecipazione di ordine personale all'amministrazione o alla direzione. La Commissione delle banche può certamente, nell'ambito dell'ordinanza, escludere entrambe le modalità di partecipazione. Inoltre, le medesime persone non possono dipendere dall'amministrazione o dalla direzione della società di direzione del fondo e non possono quindi appartenere alla cerchia dei suoi impiegati poiché anche in tale caso l'indipendenza necessaria non sarebbe garantita. Nel caso in esame costituisce indubbiamente violazione dell'art. 32 dell'ordinanza d'esecuzione il fatto che il dottor A. sia contemporaneamente amministratore-delegato della ricorrente e presidente del consiglio di amministrazione della G. SA Egli deve rinunciare a questo mandato, cosi come in precedenza BGE 97 I 596 S. 600 aveva rinunciato alla carica di consigliere d'amministrazione della direzione del fonds W. Tuttavia, anche il procuratore B., membro della direzione della ricorrente, non può far parte della direzione della G. SA L'art. 717 cpv. 2 CO designa i terzi cui viene affidata la gestione degli affari o di alcune categorie di essi e la rappresentanza della società anonima quali direttori, ma la prassi ha riconosciuto da tempo che anche i procuratori partecipano alla gestione degli affari e, tramite le loro decisioni, alla formazione in modo preponderante della volontà della società anonima; di conseguenza anche essi rivestono la qualità di organo (RU 68 II 301, 72 I 66, 81 II 225, 87 II 187; BÜRGI, op.cit. art. 717 CO, N.27). Entrambe le persone suddette devono quindi, qualora la ricorrente intenda mantenere il mandato di revisione della G. SA, uscire dal consiglio di amministrazione della società. Per ciò che riguarda il condirettore C. è da rilevare che dall'iscrizione a registro di commercio non risulta che egli sia direttore o procuratore della direzione del fondo W. o della G. SA Tuttavia, egli ha firmato diverse lettere di queste società ed è da ritenere che abbia apposto la sua firma in virtù di un potere di rappresentenza accordatogli espressamente o tacitamente. Egli prende parte de facto alla gestione degli affari di entrambe le società, contravvenendo con ciò all'art. 32 dell'ordinanza di esecuzione. Nella misura in cui la Commissione delle banche esige che i suddetti tre membri dell'amministrazione o della direzione della ricorrente cessino le loro relazioni con le società di direzione dei fondi, la sua decisione si muove nell'ambito dell'ordinanza di esecuzione e pertanto anche nell'ambito della LFI. 5. La Commissione delle banche esige inoltre che anche i dipendenti, vale a dire i semplici impiegati della ricorrente, si astengano da ogni attività che rientri nei compiti delle direzioni dei fondi da controllare. Secondo l'opinione della Commissione delle banche deve esservi una separazione chiara e netta anche fra il personale della società di revisione e quello della direzione del fondo. Non può quindi sussistere una comune cancelleria per il personale dell'una e dell'altra; non è nemmeno consentito che il personale della società di revisione si occupi di lavori di segretariato o della tenuta della contabilità a favore delle società di revisione dei fondi, e ciò anche nel caso in cui questo personale, limitatamente a tali lavori, sia sotto la sorveglianza BGE 97 I 596 S. 601 e gli ordini degli organi della direzione dei fondi. Nel caso in esame, il personale lavora sotto la vigilanza del condirettore C. Il dispositivo della decisione impugnata deve però essere inteso nel senso che è pure fatto divieto al medesimo personale di eseguire dei lavori sotto la sorveglianza di un organo della direzione del fondo. Sebbene un simile stato di cose non ricorra al momento presente, appare evidente l'interesse della ricorrente a sapere se sia autorizzata a mettere a disposizione il suo personale alle società di direzione dei fondi che essa stessa verifica e controlla, alla condizione che per questi lavori il personale riceva ordini unicamente dagli organi della direzione del fondo. Una tale possibilità deve tuttavia essere negata. È vero che il testo dell'art. 32 dell'ordinanza di esecuzione non ha la medesima portata e la medesima estensione dell'art. 4 cpv. 2 dell'ordinanza d'esecuzione sulla navigazione marittima. Se il Consiglio federale non ha ripreso letteralmente nell'ordinanza relativa ai fondi di investimento il citato disposto dell'ordinanza sulla navigazione marittima, ciò non significa tuttavia che esso, a livello di personale, abbia voluto tollerare una collaborazione fra gli impiegati preposti a diversi compiti nel settore dei fondi di investimento. Anche se l'esigenza di una netta separazione del personale non è dettata in modo esplicito dall'art. 32 dell'ordinanza, essa è deducibile in via interpretativa e dall'ordinanza e dalla legge stessa. È intuibile che la messa a disposizione a favore della direzione del fondo di personale appartenente all'ufficio di revisione costituisce un notevole pericolo. Non è infatti possibile operare una distinzione fra il personale che prende parte alla revisione e quello che ne è escluso. Nell'ambito di una cancelleria si può infatti difficilmente mantenere una separazione netta e marcata fra il personale subalterno, essendovi la possibilità di un aiuto reciproco fra i diversi settori. Il principio dell'indipendenza dei revisori dall'aministrazione e dalla direzione dei fondi da controllare deve essere esteso al personale, sia esso contabile o di cancelleria. Soltanto un allargamento della incompatibilità prevista dall'art. 32 dell'ordinanza può consentire ad un ufficio di revisione di fondi d'investimento di svolgere la sua pubblica funzione conformemente allo spirito della legge. L'art. 32 dell'ordinanza pone il principio della indipendenza dell'ufficio di revisione in quanto tale, ragione per la quale è implicito che l'indipendenza deve ricorrere BGE 97 I 596 S. 602 sia a livello dirigenziale che a livello di personale subalterno. Una diversa interpretazione condurrebbe ad eludere il senso della norma, soprattutto quando si consideri che anche un impiegato di cancelleria può svolgere delle mansioni di rilevante importanza. Una maggiore chiarezza nella formulazione dell'art. 32 sarebbe stata certamente consigliabile: l'insufficienza del testo non deve però far concludere per una esclusione del personale dal principio dell'incompatibilità. Interpretando in maniera estensiva l'art. 32 dell'ordinanza ci si ispira ai principi sia della legge che delle ordinanze di esecuzione. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto e la decisione impugnata è confermata.
public_law
nan
it
1,971
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
b3f3cbbf-ec5d-4cfb-a184-ca4a070d82f2
Urteilskopf 140 IV 67 8. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Strafsachen) 6B_715/2012 vom 6. Februar 2014
Regeste Rassendiskriminierung (Herabsetzung; Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB). Tatbestandsmässigkeit der Äusserungen "Sauausländer" und "Dreckasylant" verneint (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 140 IV 67 S. 68 A. Der Polizist X. nahm am 16. April 2007 gemeinsam mit einem Kollegen im Eingangsbereich der Internationalen Uhren- und Schmuckmesse in Basel einen Mann wegen des Verdachts des Taschendiebstahls zum Nachteil eines russischen Messegastes fest. Er legte dem Mann Handfesseln an und stellte anhand des Ausweises fest, dass es sich um einen algerischen Asylbewerber handelte. Er beschimpfte den Festgenommenen lautstark in Anwesenheit einer anwachsenden Menschenmenge mit verschiedenen Ausdrücken, unter anderem als "Sauausländer" und "Dreckasylant". B. Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, sprach X. am 25. Oktober 2011 der Rassendiskriminierung ( Art. 261 bis Abs. 4 StGB ) schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 200.-, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs sprach es ihn frei. X. beantragte mit Berufung, er sei freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung und beantragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils im Schuldpunkt und eine Erhöhung der Strafe. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, bestätigte mit Urteil vom 21. September 2012 den erstinstanzlichen Entscheid. C. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und er sei freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D. Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet und beantragt unter Hinweis auf das angefochtene Urteil die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB). BGE 140 IV 67 S. 69 2.1 2.1.1 Die Strafbestimmung bezweckt unter anderem, die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen zu schützen. Im Lichte dieser Zielsetzung erscheinen als Herabsetzung oder Diskriminierung im Sinne der Norm alle Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt wird. Der Tatbestand im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB schützt unmittelbar die Würde des einzelnen Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion. Der öffentliche Friede wird mittelbar geschützt als Folge des Schutzes des Einzelnen in seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe ( BGE 133 IV 308 E. 8.2 mit Hinweisen). 2.1.2 Für die strafrechtliche Beurteilung einer Äusserung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich der Sinn massgebend, welchen ihr der unbefangene durchschnittliche Dritte unter den gesamten konkreten Umständen beilegt. Eine Äusserung in der Öffentlichkeit erfüllt den Tatbestand von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB, wenn sie von einem unbefangenen durchschnittlichen Dritten unter den gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne verstanden wird und der Beschuldigte eine Interpretation seiner Äusserung in diesem Sinne in Kauf genommen hat ( BGE 133 IV 308 E. 8.5.1). Zu den für die Interpretation einer Äusserung wesentlichen Kriterien gehören auch die in der Person des Beschuldigten und in der Person des Betroffenen liegenden Umstände sowie die Tatumstände als solche ( BGE 133 IV 308 E. 8.8). 2.2 2.2.1 Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB setzt voraus, dass der Täter eine Person oder eine Gruppe von Personen "wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion" ("en raison de leur race, de leur appartenance ethnique ou de leur religion"; "per la loro razza, etnia o religione") herabsetzt oder diskriminiert. Erforderlich ist somit, dass der Täter den Betroffenen deshalb herabsetzt, weil dieser einer bestimmten Rasse, Ethnie oder Religion angehört. Eine Herabsetzung oder Diskriminierung aus anderen Gründen, etwa wegen des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, wegen körperlicher oder geistiger Auffälligkeiten oder wegen der politischen Gesinnung, erfüllt den Tatbestand nicht. 2.2.2 Bei Äusserungen wie beispielsweise "schwarze Sau", "Dreckjugo", "Saujude" ist der Bezug zu einer bestimmten Rasse, Ethnie BGE 140 IV 67 S. 70 oder Religion offensichtlich ohne Weiteres gegeben. Solche Äusserungen fallen unter den Anwendungsbereich von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB. Sie erfüllen diesen Tatbestand, wenn auch die übrigen Tatbestandsmerkmale gegeben sind, der Betroffene also dadurch in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabgesetzt wird. 2.2.3 Bei Äusserungen wie "Sauausländer" oder "Dreckasylant" fehlt demgegenüber ein Bezug zu einer bestimmten Rasse, Ethnie oder Religion. Der Begriff "Ausländer" erfasst alle Personen, die nicht Schweizer Staatsbürger sind, und somit eine Vielzahl beziehungsweise gleichsam alle Rassen, Ethnien und Religionen. "Ausländer" können derselben Rasse, Ethnie oder Religion angehören wie Schweizer Staatsbürger, zumal in der heutigen Zeit Menschen ganz unterschiedlicher Rassen, Ethnien und Religionen Schweizer Staatsbürger sind. Ähnliches gilt für den Begriff "Asylant", der die Asylbewerber und Asylberechtigten erfasst. Zwar rekrutieren sich die Personen, die zurzeit in der Schweiz Asyl beantragen beziehungsweise erhalten, vorwiegend aus bestimmten Herkunftsgebieten und erfasst der Begriff "Asylant" daher deutlich weniger Rassen, Ethnien und Religionen als der Begriff "Ausländer". Gleichwohl können darunter ganz unterschiedliche Personengruppen fallen. 2.2.4 Nach der wohl herrschenden Lehre werden Begriffe wie "Ausländer" und "Asylant" von Art. 261 bis StGB erfasst, wenn sie synonym für bestimmte Rassen oder Ethnien oder als Sammelbegriffe für eine Mehrzahl konkreter einzelner Rassen oder Ethnien verwendet werden (NIGGLI, Rassendiskriminierung, Ein Kommentar zu Art. 261 bis StGB und Art. 171c MStG [...], 2. Aufl. 2007, N. 605, 732 ff. zu Art. 261 bis StGB ; SCHLEIMINGER METTLER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 17 zu Art. 261 bis StGB ; TRECHSEL/VEST, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 11 zu Art. 261 bis StGB ; DONATSCH/WOHLERS, Delikte gegen die Allgemeinheit, Strafrecht IV, 4. Aufl. 2011, S. 226). 2.3 2.3.1 Die Vorinstanz stimmt mit dem Beschwerdeführer darin überein, dass die "Ausländer" und "Asylanten" a priori nicht zu den durch Art. 261 bis StGB geschützten Personengruppen gehören. Wenn aber die Begriffe "Ausländer" und "Asylant" im Zusammenhang mit den und stellvertretend für die Angehörigen einer oder mehrerer geschützter Gruppen verwendet würden, fielen sie unter den BGE 140 IV 67 S. 71 Anwendungsbereich der Strafnorm. Die Vorinstanz führt unter Hinweis auf die Lehre aus, zur Erfüllung des Tatbestands sei es nicht erforderlich, dass eine bestimmte Rasse etc. angeprangert werde. Es genüge eine kollektive Schmähung aller Andersrassigen, z.B. der Nichteuropäer, sogar der Ausländer oder Asylanten schlechthin. Denn es soll nicht straflos ausgehen, wer sich unter einem Sammelbegriff gegen mehrere Ethnien und Rassen gleichzeitig wende, statt die geschützten Gruppen einzeln zu bezeichnen. Die Vorinstanz erwägt, wenn ein Mensch ersichtlich aussereuropäischer Herkunft als "Dreckasylant" oder "Sauausländer" bezeichnet werde, so seien dies Sammelbegriffe für andere Rassen oder Ethnien, die als Synonyme für die geschützten Gruppen verwendet würden, weshalb sie unter den Anwendungsbereich von Art. 261 bis StGB fielen. Mit den inkriminierten Beschimpfungen "Sauausländer" und "Dreckasylant" sei nicht lediglich eine Rechtsstellung respektive die Gruppe der "Ausländer" beziehungsweise "Asylbewerber" gemeint gewesen. Vielmehr habe sich die Herabsetzung im konkreten Zusammenhang (der Betroffene ist nordafrikanischer Herkunft) zumindest gegen aussereuropäische Rassen und Ethnien gerichtet. In Verbindung mit dem Zusatz "Sau" beziehungsweise "Dreck" sei diese Gruppe in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabgesetzt und als minderwertig dargestellt worden. 2.3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 261 bis StGB sei keine Ausländerschutzbestimmung. Die Begriffe "Ausländer" und "Asylant" bezeichneten eine Rechtsstellung und seien keine Sammelbegriffe für mehrere konkrete Rassen oder Ethnien. 2.3.3 Die Vorinstanz scheint der Auffassung zu sein, dass die Bezeichnungen "Ausländer" und "Asylant" im vorliegenden Fall als Sammelbegriffe beziehungsweise Synonyme für aussereuropäische Rassen und Ethnien zu verstehen sind, da der Adressat der inkriminierten Äusserungen, ein Nordafrikaner (Algerier), ersichtlich aussereuropäischer Herkunft sei, und dass der Beschwerdeführer durch die inkriminierten Äusserungen "Sauausländer" und "Dreckasylant" die aussereuropäischen Rassen respektive Ethnien herabgesetzt habe. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Sie läuft auf eine Auslegung und Anwendung von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB hinaus, die mit dem strafrechtlichen Legalitätsprinzip ( Art. 1 StGB ) und der Maxime in dubio pro reo ( Art. 10 StPO ) nicht vereinbar ist. 2.4 Unter dem Gesichtspunkt der vorliegend allein zur Diskussion stehenden Tatbestandsvariante von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB BGE 140 IV 67 S. 72 ist entscheidend, ob der Beschwerdeführer den Betroffenen "wegen" der Rasse oder Ethnie, welcher dieser tatsächlich oder vermeintlich angehört, als "Sauausländer" und "Dreckasylant" beschimpfte. Dies kann nicht schon deshalb bejaht werden, weil der Betroffene, ein algerischer Staatsangehöriger, offenbar ersichtlich aussereuropäischerbeziehungsweise nordafrikanischer Herkunft ist. Zwar mag der eine oder andere Zeuge des Geschehens den Eindruck gewonnen haben, dass der Beschwerdeführer den Betroffenen gerade deshalb als "Sauausländer" und "Dreckasylant" beschimpfte, weil dieser dem Anschein nach ein Nordafrikaner ist und damit einer Rasse oder Ethnie angehört, die hierzulande von einem zumindest latenten Rassismus bedroht sein mag. Eine solche Interpretation der inkriminierten Äusserungen drängt sich jedoch mangels weiterer dafür sprechender Umstände nicht auf. Ebenso gut möglich ist, dass nach dem Eindruck des unbefangenen Dritten der Beschwerdeführer die inkriminierten Äusserungen unabhängig von der Rasse, Ethnie oder Religion des Betroffenen deshalb tat, weil der Betroffene Ausländer und Asylbewerber ist. Der rechtliche Status als Ausländer und Asylant, d.h. als Asylbewerber und Asylberechtigter, fällt indessen unstreitig nicht unter den Schutzbereich von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB, der in einer abschliessenden Aufzählung einzig Rassen, Ethnien und Religionen erfasst. Die schweizerische Strafnorm unterscheidet sich darin beispielsweise vom Straftatbestand der "Volksverhetzung" im Sinne des deutschen Strafgesetzbuches, nach dessen § 130 Abs. 1 Ziff. 2 bestraft wird, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet. 2.5 Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Beschwerdeführer durch die inkriminierten Äusserungen den Betroffenen im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB wegen dessen Rasse, Ethnie oder Religion beschimpfte, wäre der Tatbestand aus nachstehenden Gründen nicht erfüllt. 2.5.1 Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB setzt voraus, dass der Täter eine Person oder eine Gruppe von Personen "in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise" ("d'une façon qui porte atteinte à la dignité humaine"; "lesivo de la dignità umana") herabsetzt oder diskriminiert. Ähnlich war die Regelung gemäss Art. 261 bis Abs. 4 des bundesrätlichen Entwurfs, wonach sich strafbar machte, wer öffentlich eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen BGE 140 IV 67 S. 73 ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe "in ihrer Menschenwürde angreift". Dieses Erfordernis hat offensichtlich den Zweck, den Anwendungsbereich der Strafnorm einzuschränken. Laut Botschaft handelt es sich im Unterschied zu den Ehrverletzungsdelikten nicht um einen Angriff auf die Ehre des Verletzten. Dem Opfer werde vielmehr seine Qualität als Mensch schlechthin abgesprochen (Botschaft des Bundesrates vom 2. März 1992 über den Beitritt der Schweiz zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung und über die entsprechende Strafrechtsrevision, BBl 1992 III 269 ff., 314 Ziff. 636.2). Diese Auslegung ist indessen zu eng, wie auch die herrschende Lehre annimmt. Eine Herabsetzung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB ist zu bejahen, wenn der Angegriffene als Mensch zweiter Klasse behandelt wird (siehe TRECHSEL/VEST, a.a.O., N. 34 zu Art. 261 bis StGB ). 2.5.2 Begriffe wie "Sau", "Dreck" und ähnliche werden im deutschen Sprachraum seit jeher häufig und verbreitet im Rahmen von Unmutsäusserungen und Missfallenskundgebungen verwendet, um einen anderen zu beleidigen, etwa wegen des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder wegen körperlicher oder geistiger Auffälligkeiten. Derartige Äusserungen werden als blosse Beschimpfungen und nicht als Angriffe auf die Menschenwürde empfunden. Nichts anderes gilt bei der Verwendung von Begriffen wie "Sau", "Dreck" und ähnliche in Verbindung mit bestimmten Nationalitäten beziehungsweise Ethnien. Solche Äusserungen werden, jedenfalls soweit sie gegen konkrete einzelne Personen gerichtet sind, vom unbefangenen durchschnittlichen Dritten als mehr oder weniger primitive fremdenfeindlich motivierte Ehrverletzungen, aber nicht als rassistische Angriffe auf die Menschenwürde aufgefasst. Sie erfüllen daher den vorliegend einzig zur Diskussion stehenden Tatbestand von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB nicht. 2.5.3 Der Beschwerdeführer tat die inkriminierten Äusserungen allerdings nicht als Privatperson im Rahmen einer Auseinandersetzung, sondern als Polizist bei Gelegenheit der Festnahme eines Tatverdächtigen. Die Äusserungen sind daher in einem besonderen Masse deplatziert und inakzeptabel. Dies betrifft indessen nicht die Frage der Tatbestandsmässigkeit im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB, sondern das Mass des Verschuldens bei der Beschimpfung gemäss Art. 177 StGB . BGE 140 IV 67 S. 74 2.6 Der Beschwerdeführer erfüllte somit durch die Äusserungen "Sauausländer" und "Dreckasylant" den Straftatbestand von Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB nicht, da er dadurch den Betroffenen nicht wegen dessen Rasse, Ethnie oder Religion und jedenfalls nicht in einer gegen die Menschwürde verstossenden Weise herabsetzte. Ob der Beschwerdeführer wegen Beschimpfung im Sinne von Art. 177 StGB verurteilt werden kann, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
b40179ca-0b1f-4107-be02-dff66ca67f34
Urteilskopf 98 II 9 3. Arrêt de la IIe Cour civile du 9 mars 1972 dans la cause Merenda contre Berset.
Regeste Art. 152 ZGB . Der Ehegatte, dessen leichtes Verschulden bei der Zerrüttung eine untergeordnete Rolle gespielt hat, ist im Sinne von Art. 152 ZGB als schuldloser Ehegatte zu betrachten (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 98 II 9 S. 10 A.- Romano Merenda, né en 1935, et Odile Berset, née en 1934, se sont mariés à Neuchâtel le 23 décembre 1954. Le lendemain 24 décembre 1954, naissait un premier enfant, Mario, suivi d'un second, Marc, né le 17 novembre 1957. Les jeunes époux ne possédaient absolument rien. Ils trouvèrent de toute urgence un logement assez misérable. Ils ont toujours eu des difficultés financières. Dès les premiers temps du mariage, il y eut des difficultés entre les époux. A Neuchâtel d'abord, puis à Cousset et enfin à Yverdon, où les époux ont vécu successivement, le mari sortait, s'attardant avec des camarades, parfois au café, et surtout s'adonnant activement et de façon suivie à la pratique du football. Cela a créé un état de tension entre les époux. En automne 1962, Merenda invita une demoiselle Biedermann à danser lors d'un bal à L'Isle. Il a revu cette personne ensuite à Yverdon et s'est rendu quelquefois chez elle. A la demande de dame Merenda, le Juge de paix d'Yverdon est intervenu par lettre auprès de dlle Biedermann. En automne 1968, Merenda est parti seul en vacances quelques jours au Tessin. En présence des difficultés financières de Merenda, ses employeurs, à la demande de la femme, versèrent directement à cette dernière la plus grande partie du salaire du mari, dans l'idée que dame Merenda, qui s'occupait d'une conciergerie et qui leur inspirait confiance, s'en tirerait mieux. Ce ne fut pas le cas. Après un an et demi de ce régime, les employeurs ont pris la chose en main et amorti directement les dettes du ménage par des retenues de salaire. La situation paraît dès lors, sinon assainie, du moins nettement améliorée. Dame Merenda a souvent travaillé en dehors du ménage, à temps partiel surtout. Elle tenait convenablement son ménage, elle a bien élevé ses enfants. Elle a pris l'habitude dès 1968 de passer fréquemment ses soirées chez une voisine. Puis, à plusieurs reprises, en été et en automne 1969, elle a quitté momentanément le domicile conjugal, s'absentant plusieurs jours. BGE 98 II 9 S. 11 En octobre 1969, son mari trouva, dans la boîte aux lettres, une lettre d'amour adressée à sa femme. Enfin un soir de décembre 1969, Merenda, qui s'était rendu seul à la patinoire, finit la soirée au Casino d'Yverdon, accompagné d'un homme et trois femmes. Il y rencontra sa femme, attablée avec un nommé Schwertfeger. Les époux se sont salués, restant à des tables différentes. Peu après, dame Merenda est partie en compagnie de Schwertfeger. Elle est rentrée chez elle, à une heure trente du matin, après son mari. Employé dans un commerce, le mari gagne 1290 fr. par mois, allocations familiales en sus. La femme, dont la santé est délicate et qui pour cette raison ne travaille pas à plein temps, gagne environ 550 fr. Il n'est pas certain qu'elle pourra le faire régulièrement. B.- Par prononcé du 2 décembre 1969, donnant suite à une requête de dame Merenda du 17 novembre, le Président du Tribunal d'Yverdon a autorisé les époux à vivre séparés jusqu'au 31 mars 1970. Dame Merenda a ouvert action en séparation de corps le 20 avril 1970. Le mari a conclu reconventionnellement au divorce. Par jugement du 21 avril 1971, le Tribunal civil du district d'Yverdon, admettant l'action principale et l'action reconventionnelle, a prononcé le divorce, attribué les enfants à la mère, prononcé une interdiction de remariage de deux ans pour les deux époux et refusé à la femme toute rente, pension ou indemnité. Le Tribunal a jugé que la désunion était imputable par parts égales aux deux époux. C.- Sur recours de la femme, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois, par arrêt du 29 octobre 1971, a réformé ce jugement en ce sens qu'elle a déclaré sans objet la demande en séparation de corps dès lors que la demande en divorce était accueillie. Elle a de plus condamné le mari à payer à la demanderesse une pension alimentaire mensuelle de 150 fr. jusqu'à la majorité de l'enfant Marc, de 300 fr. dès lors. Cet arrêt est motivé en substance comme il suit: Sur le vu des faits retenus par les premiers juges, les torts des époux paraissent sensiblement égaux. S'il est certain que le mari a eu un comportement contraire aux obligations du mariage, la femme, par la suite, s'est mise à vivre d'une manière aussi BGE 98 II 9 S. 12 indépendante que son mari, portant elle aussi atteinte au lien conjugal. Aussi bien la désunion n'est pas surtout imputable au mari, dont les torts ne sont pas prépondérants. Cela justifie que la demande en divorce du mari soit accueillie, ce qui rend sans objet la demande en séparation de corps. Quant à la pension alimentaire, alors que le mari, dès le début du mariage, a eu une attitude critiquable, qu'en automne 1962, il a eu une relation suspecte avec dlle Biedermann, dame Merenda ne se voit rien reprocher jusqu'en 1968 au plus tôt, époque dès laquelle elle a mené une vie par trop indépendante. On ne saurait lui faire grief d'avoir mal géré les deniers du ménage, aucun fait n'autorisant une telle déduction. Commis à un moment où les parties vivaient déjà en mauvaise entente, ses manquements n'ont joué qu'un rôle secondaire. Ils apparaissent d'ailleurs manifestement comme la réaction d'une épouse frustrée à la provocation constituée par l'attitude à la fois indifférente et frivole du mari. La cour cantonale a jugé ainsi réunies les conditions de l'art. 152 CC. D.- Romano Merenda a formé contre cet arrêt un recours en réforme dans lequel il conclut à la suppression de la pension alimentaire. L'intimée conclut au rejet du recours. Les deux parties ont été mises au bénéfice de l'assistance judiciaire. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 152 CC, le juge peut accorder à l'époux innocent qui tomberait dans le dénuement par suite de la dissolution du mariage une pension alimentaire proportionnée aux facultés de l'autre conjoint, même si ce dernier n'a pas donné lieu au divorce. Selon la jurisprudence (RO 95 II 290 in fine et les arrêts cités), les manquements même graves aux devoirs découlant du mariage, qui sont sans relation de causalité avec le divorce, n'entraînent pas la perte du droit à une pension alimentaire basée sur l'art. 152 CC, ni même une réduction de cette pension. En revanche, l'époux dont la faute est en rapport de cause à effet avec la rupture du lien conjugal ne peut obtenir une pension alimentaire, à moins que son manquement n'ait joué qu'un rôle tout à fait secondaire dans la désunion ou ne soit que BGE 98 II 9 S. 13 la réaction à de graves provocations; le juge lui accordera alors une pension alimentaire, mais en réduira le montant, s'il l'estime opportun (RO 85 II 11, 90 II 71). Cette jurisprudence a été critiquée par les professeurs MERZ (RJB 1960 p. 402 s.) et HINDERLING (Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3e éd., p. 141 s.), qui la jugent trop sévère et proposent de ne pas refuser une pension alimentaire à l'époux dans le besoin qui a certes contribué à la rupture du lien conjugal, mais dont la faute, sans être tout à fait secondaire au point qu'elle soit négligeable, apparaît comme relativement légère. Ces remarques ne manquent pas de pertinence. Certes, sur le vu du texte légal, la jurisprudence actuelle constitue déjà une application très extensive de la notion d'époux innocent. Elle apparaît cependant encore trop rigide et conduit à des solutions inéquitables lorsque, en présence d'une faute caractérisée de l'autre époux, la faute du conjoint qui prétend à la pension, sans être "tout à fait secondaire" (völlig untergeordnet), est légère et n'a pas en soi de répercussions graves sur l'union conjugale. La préoccupation d'ordre social à la base de l'art. 152 CC commande une solution plus nuancée, qui n'exclue pas toute pension dès qu'une faute, même légère, est en relation de causalité avec la désunion. Il convient de renoncer à voir dans la causalité entre la faute et la désunion un critère aussi absolu, ce d'autant plus que l'application de ce critère, dans la pratique, dépend d'appréciations difficiles, dont le résultat est parfois incertain. Il se justifie de tempérer la portée de ce facteur et de reconnaître la qualité d'époux innocent au conjoint dont la faute, légère, a joué un rôle secondaire (untergeordnete Rolle) dans la désunion. En pareil cas, le juge doit jouir d'un large pouvoir d'appréciation pour allouer une pension, éventuellement réduite, si les circonstances de la cause font apparaître inéquitable de laisser le conjoint divorcé dans le dénuement, lui faisant payer trop durement des manquements légers qui, en soi, et sans la faute prépondérante de l'autre conjoint ou l'existence de graves facteurs objectifs de désunion, n'auraient pas conduit au divorce. 2. En l'espèce, l'intimée, mariée très jeune, a affronté pendant quatorze ans les difficultés d'une union peu heureuse dès le début. Elle a bien élevé ses enfants. Elle a coopéré en travaillant au dehors à mettre à flot une situation financière BGE 98 II 9 S. 14 fort précaire. Il serait choquant de lui refuser toute pension parce que, lassée par l'inconsistance d'un mari léger, frivole et égoïste, inconsistance qui s'est manifestée dès le début du mariage et a duré quatorze ans, elle a à son tour fait preuve d'indépendance et de légèreté. A cet égard, il convient de relever qu'il est assez normal qu'une femme dont le mari sort et lui manifeste une indifférence constante prenne, après quatorze ans, l'habitude de passer fréquemment ses soirées chez une voisine. En revanche, les absences de l'intimée en été et en automne 1969 sont la manifestation d'un détachement et d'un parti pris d'indépendance qui constituent des manquements aux devoirs conjugaux. Quant à l'incident de décembre 1969, où l'intimée a été vue dans un établissement public avec Schwertfeger, il se situe après qu'a été rendu le prononcé de mesures protectrices de l'union conjugale autorisant les parties à vivre séparées, procédure qui en soi est la manifestation d'une mésentente sérieuse entre les époux. Sur le vu de l'ensemble des circonstances, et notamment de l'indifférence et des manquements durables du mari, de son attitude frivole dès le début du mariage, on doit considérer que les fautes de l'intimée sont légères. Commises à une époque où la mésentente est patente, ces fautes paraissent peu de chose en comparaison du comportement égoïste du mari. Elles ne sauraient donc faire perdre à l'intimée la qualité d'épouse innocente au sens de l'art. 152 CC. 3. Atteinte dans sa santé, l'intimée sera exposée à la détresse à la suite du divorce. Le recourant ne le conteste pas. 4. L'arrêt déféré a alloué à l'intimée une pension mensuelle de 150 fr. jusqu'à la majorité de Marc en novembre 1977 et de 300 fr. dès lors. Compte tenu de la diminution du pouvoir d'achat de la monnaie, du salaire du mari qui est de 1290 fr. net selon une attestation du 1er février 1971, cette pension est modeste eu égard encore au fait que l'intimée, pour des raisons de santé, ne travaille qu'à temps partiel, sans que l'on sache si elle pourra le faire régulièrement. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: Le recours est rejeté et l'arrêt rendu le 29 octobre 1971 par la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois est confirmé.
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Urteilskopf 108 II 398 77. Arrêt de la Ire Cour civile du 7 octobre 1982 dans la cause Fondation X. contre Y. et consorts (recours en réforme)
Regeste Auf das Personalstatut einer juristischen Person anwendbares Recht. Überprüfung der Parteifähigkeit im Berufungsverfahren (E. 2a). Das Personalstatut beurteilt sich nach dem Recht des Staates, wo die juristische Person ihren statutarischen Sitz hat und inkorporiert ist. Vorbehalten bleibt das Recht des tatsächlichen Verwaltungssitzes, wenn der statutarische Sitz fiktiv ist (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3). Anwendung schweizerischen Rechts, des Rechts am tatsächlichen Sitz, auf eine sogenannte Unterhaltsstiftung mit Sitz in Liechtenstein. Verneinung ihrer Rechtspersönlichkeit wegen Verstosses gegen Art. 335 ZGB (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 398 BGE 108 II 398 S. 398 A.- R., qui réside à Genève, a décidé de constituer à Vaduz, pour des motifs d'ordre fiscal, une fondation de famille selon le BGE 108 II 398 S. 399 droit liechtensteinois, ayant pour but de servir son entretien et celui de sa famille. Au bénéfice d'une cession de créance, la fondation a ouvert action en paiement d'une somme d'argent contre Y. et consorts. Les défendeurs ont contesté à la demanderesse toute capacité civile en faisant valoir que la fondation était nulle et ne pouvait être reconnue en Suisse, d'une part, parce que son siège est fictif, d'autre part, parce que sa création constitue une fraude à la loi suisse. Ils ont en outre invoqué la nullité de la cession de créance. B.- Par jugement du 13 novembre 1980, le Tribunal de première instance de Genève a admis la capacité pour agir de la demanderesse, mais l'a déboutée de toutes ses conclusions pour cause de nullité de la cession de créance. La Cour de justice du canton de Genève a annulé ce jugement par arrêt du 12 mars 1982, dit que la demanderesse n'a pas la personnalité juridique et déclaré la demande irrecevable. C.- La fondation demanderesse ayant recouru en réforme, en reprenant ses conclusions de première instance, le Tribunal fédéral a rejeté le recours et confirmé l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. Constatant d'une part que le siège réel de l'administration de la fondation demanderesse est à Genève, et non pas au Liechtenstein, d'autre part que l'existence de ladite fondation constitue une fraude à la loi, notamment fiscale, la cour cantonale admet que cette fondation doit être déclarée nulle et qu'étant dépourvue de la personnalité juridique, elle n'a pas la capacité d'agir en justice. La Cour de justice considère subsidiairement que la demande devrait de toute façon être rejetée par le motif que la cession de créance litigieuse est nulle en vertu de l' art. 29 al. 1bis LB . 2. a) La capacité d'être partie, comme la capacité d'ester en justice, relève théoriquement du droit de procédure. Mais ces questions sont inséparables de l'exercice des droits civils et de l'existence de la personne qui entend agir, questions qui relèvent généralement du droit privé fédéral. Le Tribunal fédéral peut donc les examiner dans le cadre d'un recours en réforme ( ATF 77 II 9 consid. 1; WURZBURGER, La violation du droit fédéral dans le recours en réforme, in RDS 94 (1975) II p. 91 s. et les références citées). BGE 108 II 398 S. 400 b) Sont irrecevables en instance de réforme, selon l'art. 55 al. 1 lettre c OJ, les griefs dirigés contre les constatations de fait, ainsi que les faits, dénégations et preuves nouveaux. C'est dès lors en vain que la recourante s'en prend aux constatations de l'arrêt attaqué touchant à la résidence de fait de R. à Genève, à l'absence de preuve d'un domicile ailleurs et au lieu où s'est exercée l'activité de la fondation, et qu'elle produit une nouvelle pièce, soit un "document de voyage" délivré à R. par les autorités italiennes. 3. a) La législation suisse ne contient pas de disposition indiquant selon quel critère ou quelle règle de rattachement doit être déterminé, en droit international privé, le statut personnel des personnes juridiques. La doctrine est divisée entre deux tendances principales, l'une fondée sur la théorie dite du siège réel et l'autre sur la théorie dite de l'incorporation. La première théorie soumet le statut personnel au droit du lieu où s'exerce effectivement l'administration de la personne morale. Selon la théorie de l'incorporation, en revanche, la personne morale est régie par le droit du lieu où les formalités de constitution ont été accomplies. Une troisième théorie, dite du siège social (ou statutaire), soumet la personne morale au droit du lieu où elle a fixé statutairement son siège; pour certains, cette théorie est assimilée, au moins quant à ses effets, à la théorie de l'incorporation; pour d'autres, elle revêt un caractère un peu différent en raison d'effets particuliers dans certaines situations spécifiques (cf. sur ces diverses théories: VISCHER, Droit international privé, Traité de droit privé suisse I, 4, p. 65; PERRIN, La reconnaissance des sociétés étrangères et ses effets, thèse Genève 1969, p. 46-53 et 91-94; BÜRGI/NORDMANN, Kommentar, n. 127 s. ad art. 753/754; RIEMER, Berner Kommentar, Die Stiftungen, Systematischer Teil, n. 538; NIEDERER, Einführung in die allgemeinen Lehren des internationalen Privatrechts, 3e éd., p. 170 ss; SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, 4e éd., I, p. 311-313; FORSTMOSER, Schweizerisches Aktienrecht, I, 1, p. 113-115, VISCHER/VON PLANTA, Internationales Privatrecht, 2e éd., p. 60 ss). Alors que la tendance des pays européens continentaux reste favorable à la théorie du siège réel, la doctrine suisse dominante soutient toujours davantage la théorie de l'incorporation, et cela dans l'intérêt des relations et de la sécurité juridique et pour des raisons pratiques. La commission d'experts qui a élaboré le projet de loi sur le droit international privé a résolument opté pour le BGE 108 II 398 S. 401 principe de l'incorporation, et a recueilli jusqu'ici l'approbation du Conseil fédéral (Projet de loi fédérale sur le droit international privé de la commission d'experts, art. 152 ss; cf. aussi rapport écrit du Conseil fédéral à diverses interpellations touchant au statut des personnes juridiques étrangères, in Bull.stén. Conseil national 1979 II p. 944 ss, en particulier p. 946, ch. II, 4; JAAC 1980, n. 104, consid. 5). b) La jurisprudence du Tribunal fédéral se dégage des arrêts suivants: Un arrêt de 1950 ( ATF 76 III 62 ) se bornait à relever que la condition juridique d'une personne morale est déterminée par le droit du pays auquel elle appartient. Dans l'arrêt Vernet et consorts ( ATF 76 I 150 ss), rendu presque simultanément, le Tribunal fédéral a précisé (p. 159) qu'en droit international privé suisse le domicile d'une personne morale - lequel est décisif pour fixer sa nationalité - n'est à son siège statutaire que si celui-ci n'est pas un siège fictif, c'est-à-dire sans rapport avec la réalité des choses et choisi uniquement pour échapper aux lois du pays où la personne morale exerce en fait son activité; s'il se révèle que tel est le cas, la personne morale sera domiciliée dans le pays où elle a son véritable siège, c'est-à-dire où se situe le centre principal de son administration. Cet arrêt adopte ainsi le critère du siège statutaire, avec une importante réserve en faveur du siège réel si le siège statutaire se révèle fictif et a été choisi pour frauder la loi du siège réel. Dans des arrêts ultérieurs où ne s'est pas posé le problème d'un siège fictif, le Tribunal fédéral a déclaré se fonder sur le droit du lieu du siège ( ATF 79 II 90 , ATF 91 II 125 consid. 2). Dans deux arrêts il a pu se borner à constater que le droit applicable était le même, dans les espèces examinées, aussi bien selon la théorie du siège réel que selon celle de l'incorporation ( ATF 80 II 59 , ATF 99 II 260 consid. 8). Il a précisé dans d'autres arrêts que le statut personnel était déterminé par le droit de l'Etat dans lequel la personne morale a son siège et auquel elle doit sa personnalité ( ATF 95 II 448 consid. 1, ATF 102 Ia 580 consid. 7a). Se référant à l'arrêt Vernet et consorts, l'arrêt ATF 102 Ia 410 consid. 2b déclare que le Tribunal fédéral s'en tient au critère du siège social, et que l'on ne fait exception à ce principe que s'il s'agit d'un siège fictif. Enfin, dans un arrêt Srouji du 17 mars 1982 ( ATF 108 II 122 ), le Tribunal fédéral relève que le droit international privé soumet BGE 108 II 398 S. 402 en principe le statut de la société anonyme à la loi selon laquelle elle est organisée, et que le siège social n'est pas nécessairement le centre principal de son activité; mais il se réfère expressément à la réserve du siège fictif telle qu'exprimée dans l'arrêt Vernet et consorts. c) Il ressort de cette jurisprudence que le Tribunal fédéral rattache le statut personnel de la personne morale au droit de l'Etat du siège statutaire et de l'incorporation. Les cas soumis au Tribunal fédéral n'ayant pas révélé de dissociation entre l'Etat du siège statutaire et celui de l'incorporation, la jurisprudence n'a pas eu à dire auquel des deux critères devait être donnée la préférence. Pour la même raison, on peut aussi se dispenser de trancher la question ici. Quoi qu'il en soit, la jurisprudence du Tribunal fédéral se distingue tant de la théorie de l'incorporation que de celle du siège statutaire par le maintien de la réserve du siège fictif telle qu'elle a été posée dans l'arrêt Vernet et consorts. En effet, le caractère fictif du siège ne joue aucun rôle dans l'application pure de ces deux théories (cf. SCHÖNLE, Die Anerkennung liechtensteinischer juristischer Personen in Deutschland, in NJW 1965, p. 1116). La jurisprudence du Tribunal fédéral tempère ce que celles-ci peuvent avoir de trop absolu en réservant de rattacher le statut personnel de la personne morale au lieu du siège réel de l'administration, si le siège statutaire est fictif. Il y a ainsi présomption que la personnalité morale acquise conformément aux règles du droit de l'Etat où la personne s'est constituée et où elle a son siège social est reconnue en droit suisse ( ATF 105 III 111 ); mais cette présomption peut être renversée en cas de siège fictif. Selon la jurisprudence de l'arrêt Vernet et consorts, le siège est fictif lorsqu'il est sans rapport avec la réalité des choses et qu'il a été choisi uniquement pour échapper aux lois du pays où la personne morale, en fait, exerce son activité et a le centre de son administration (cf. VAUCHER, Le statut des étrangers en Suisse, in RDS 86 (1967) II p. 523); il faut donc d'une part dissociation entre le siège statutaire et le siège réel et d'autre part fraude à la loi (cf. PERRIN, op.cit., p. 102 ss), la conséquence d'une telle situation étant l'application du droit du siège effectif pour déterminer le statut personnel de la personne morale. Il n'y a pas de raison de revenir sur cette jurisprudence, en tout cas lorsqu'il est nettement établi qu'aucun acte d'administration n'est accompli au siège statutaire, et que la fiction adoptée a pour BGE 108 II 398 S. 403 but de tourner des dispositions importantes et impératives du droit matériel normalement applicable (cf. MEIER/BOESCHENSTEIN, Die Nichtanerkennung der liechtensteinischen Anstalt in Italien, in RSJ 71 (1975), p. 361). Les difficultés pratiques qui peuvent découler du fait que l'on dénie la personnalité juridique à la personne morale créée fictivement ne sont pas déterminantes. Ainsi que le relève la cour cantonale, ces difficultés ne doivent en effet pas empêcher le juge de respecter la volonté du législateur et le texte de la loi. 4. En l'espèce, il ressort des constatations de fait que la fondation demanderesse (Stiftung) que R. a statutairement créée et établie au Liechtenstein, conformément au droit de ce pays, n'y exerce aucune activité, qu'elle n'y a ni siège réel, ni même de "boîte aux lettres". Toute l'activité de cette fondation s'est exercée à Genève. Au surplus, son but est de servir l'entretien de R. et de sa famille, et son unique activité, exercée par R. seul, a été de faire des placements spéculatifs de liquidités auprès de la défenderesse. Le siège liechstensteinois de la demanderesse constitue donc bien un siège fictif, au sens de la jurisprudence. Ce siège statutaire est sans rapport avec la réalité, à savoir une activité et une administration totalement centrées à Genève. Par ailleurs, la création de la fondation, avec siège statutaire au Liechtenstein, a non seulement été réalisée en vue d'éluder la loi fiscale suisse, mais elle a aussi tourné les importantes restrictions posées par la loi suisse quant au but des fondations. Les fondations dites d'entretien sont illicites en droit suisse; ce sont en effet des fondations qui accordent à une personne ou à des membres de la famille la jouissance de la fortune de la fondation ou de ses revenus; elles offrent des prestations qui sortent du cadre de l' art. 335 CC et de l'énumération exhaustive des buts possibles figurant dans cette disposition, et elles ont pour effet d'éluder l'interdiction de constituer des fidéicommis de famille ( ATF 93 II 448 ss, consid. 4). Les conditions jurisprudentielles de la dissociation entre le siège réel et le siège statutaire de la fondation, d'une part, de la fraude à la loi, d'autre part, sont ainsi réalisées en l'espèce. C'est par conséquent le droit suisse, soit le droit du siège effectif, qui doit être appliqué pour déterminer le statut personnel de la fondation litigieuse. La fondation demanderesse étant illicite au regard du droit suisse, puisque son but n'est pas conforme aux exigences strictes BGE 108 II 398 S. 404 et exhaustives de l' art. 335 CC , elle doit être déclarée nulle, soit inexistante et dépourvue de la personnalité juridique ( art. 52 al. 3 CC ; ATF 93 II 448 ss, 73 II 81). La cour cantonale n'a dès lors pas violé le droit fédéral en prononçant que la demanderesse n'a pas la personnalité juridique, et le recours doit être rejeté sans qu'il soit nécessaire d'examiner si la demanderesse devrait de toute façon être déboutée en raison de la nullité de la cession de créance litigieuse.
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Urteilskopf 126 III 156 27. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 8 février 2000 dans la cause S. contre X. en liquidation et Cour de justice du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG ; Arrestierung von Vermögenswerten eines im Ausland wohnenden Schuldners. Begriff des "vollstreckbaren gerichtlichen Urteils".
Sachverhalt ab Seite 156 BGE 126 III 156 S. 156 Par jugement du 31 mars 1998, la Cour civile d'Oslo a condamné S. à verser à X. en liquidation la somme de 2'962'226 NOK (couronnes norvégiennes), avec suite d'intérêts et dépens (ch. 1 et 2); le chiffre 3 du dispositif indique que "(l)e délai autorisé pour l'exécution décrite aux points 1 et 2 est de 2 semaines dès le prononcé du présent jugement". Le 4 juin suivant, le défendeur s'est pourvu en appel. Se fondant sur ce jugement, X. en liquidation a, le 3 mars 1999, requis le Président du Tribunal de première instance de Genève d'autoriser, en application de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP , un séquestre au préjudice de S. Ordonnée le même jour, la mesure a été, sur opposition du séquestré, révoquée par ce magistrat le 4 mai suivant. Statuant le 8 juillet 1999 sur appel de la requérante, la Cour de justice du canton de Genève a annulé cette décision et confirmé l'ordonnance de séquestre. BGE 126 III 156 S. 157 Le Tribunal fédéral a admis le recours de droit public formé par S. et annulé l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 2. En l'espèce, il est constant que la créance invoquée par l'intimée ne repose sur aucune reconnaissance de dette et n'a pas davantage de lien suffisant avec la Suisse; il reste donc à examiner si elle découle d'un jugement exécutoire au sens de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP , seule condition litigieuse dans le cas présent. a) Lorsque la créance alléguée à l'appui de la requête de séquestre se fonde, comme ici, sur une décision étrangère, certains auteurs tiennent cette exigence pour réalisée même si la décision en cause n'est pas susceptible d'exequatur en Suisse en vertu des dispositions de la LDIP (RS 291; art. 25 ss) ou d'un traité international - en l'occurrence la Convention de Lugano concernant la compétence judiciaire et l'exécution des décisions en matière civile et commerciale, du 16 septembre 1988 (RS 0.275.11; CL) -, pour autant qu'elle soit exécutoire dans l'Etat où elle a été rendue (GAILLARD, Le séquestre des biens du débiteur domicilié à l'étranger, in: Le séquestre selon la nouvelle LP, p. 26 n. 22; GANI, Le "lien suffisant avec la Suisse" et autres conditions du séquestre lorsque le domicile du débiteur est à l'étranger, RSJ 92/1996 p. 228 et n. 8); la doctrine dominante exprime, cependant, l'opinion opposée (BREITSCHMID, Übersicht zur Arrestbewilligungspraxis nach revidiertem SchKG, AJP 1999 p. 1018; JEANNERET, Aperçu de la validation du séquestre sous l'angle de la nouvelle LPDF, in: Le séquestre selon la nouvelle LP, p. 102; KLEINER, Ausländerarrest - Kompromiss zwischen Schuldnerverfolgung und Schädigung der eigenen Wirtschaft, in: Centenaire de la LP, p. 373; MEIER-DIETERLE, Der "Ausländerarrest" im revidierten SchKG - eine Checkliste, AJP 1996 p. 1422; STOFFEL, Das neue Arrestrecht, AJP 1996 p. 1406; TERRACINA/MAUGUÉ/PÉTREMAND, Le nouveau droit du séquestre en Suisse, International Business Law Journal No 7/1996 p. 877 n. 19), que paraît suivre aussi le Conseil fédéral (FF 1991 III 188). En recherchant si le jugement norvégien était exécutoire au regard de l' art. 31 al. 1 CL , la Cour de justice s'est implicitement ralliée au courant majoritaire. Or, il ressort clairement des avis de droit versés au dossier que, à teneur du droit de l'Etat d'origine (cf. DONZALLAZ, La Convention de Lugano, vol. II, §§ 3521 ss), cette décision ne l'est pas. On ne saurait non plus l'assimiler à un jugement BGE 126 III 156 S. 158 exécutoire par provision (sur cette notion: DONZALLAZ, op. cit., §§ 3526 ss et les références citées) ou à un référé provision (sur cette notion: KAUFMANN-KOHLER, L'exécution des décisions étrangères selon la Convention de Lugano, SJ 1997 p. 565; NORMAND, note in: RCDIP 1999 p. 353 ss; par exemple: arrêts de la CJCE du 27 avril 1999, Mietz, aff. C-99/96, Rec. 1999 I 2299ss, et du 17 novembre 1998, Van Uden, aff. C-391/95, Rec. 1998 I 7122ss; voir aussi l' ATF 125 III 451 consid. 3b p. 455 ss, avec d'autres références), puisqu'elle n'a pas été déclarée provisoirement exécutoire nonobstant appel, ni n'emporte de condamnation pécuniaire à titre provisionnel préalablement au procès au fond. Les magistrats précédents n'ont, apparemment, retenu aucune de ces qualifications; ils ont considéré que la requérante avait rendu vraisemblable le caractère exécutoire de la partie du dispositif ouvrant la possibilité d'obtenir une saisie conservatoire à l'expiration du délai d'exécution prévu dans le jugement (ch. 3), faute de pièces établissant que l'appel du défendeur s'étendrait également à ce point du dispositif ou qu'il entraînerait de plein droit la suspension de son caractère exécutoire. b) Les juristes norvégiens consultés dans la présente affaire s'accordent à dire que le jugement dont se prévaut l'intimée, même s'il n'est pas revêtu de la force exécutoire d'après le droit norvégien, peut être "utilisé pour garantir une créance", en autorisant la demanderesse victorieuse (en première instance) à requérir une "saisie conservatoire", ou un "séquestre", frappant "tous actifs que le défendeur a en Norvège ou dans tout autre pays selon le droit international privé et/ou les traités". S'appuyant sur ces avis, l'autorité cantonale paraît avoir admis que ce jugement, à défaut d'être exécutoire sur le fond, jouit de cette qualité en tant qu'il emporte le droit, pour l'intimée, de procéder à des mesures conservatoires sur les biens du recourant, même localisés à l'étranger. Il est vrai que la Convention de Lugano n'exclut pas que des mesures conservatoires, ordonnées dans l'Etat d'origine à la suite d'une procédure contradictoire, soient reconnues et exécutées aux conditions posées par les art. 25 ss CL (sur ce point: DONZALLAZ, op. cit., §§ 2149 ss et les références); de telles mesures pourraient ainsi justifier un séquestre fondé sur l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP (cf. MEIER-DIETERLE, op. cit., p. 1423/1424 n. 63; voir, à titre d'exemple, l'ordonnance du Tribunal du district de Zurich, rapportée et commentée par STOLL, Die britische Mareva-Injunction als Gegenstand eines Vollstreckungsbegehrens unter dem Lugano-Übereinkommen, RSJ 92/1996 p. 104 ss, avec d'autres citations). Toutefois, force est de BGE 126 III 156 S. 159 constater que, dans le cas particulier, aucune mesure de blocage des avoirs du recourant n'a été ordonnée par les juridictions norvégiennes sur la base du jugement de la Cour civile d'Oslo. La cour cantonale s'est méprise sur la portée du "caractère exécutoire" du chiffre 3 du dispositif de cette décision; le point en question ne signifie manifestement pas que le jugement serait provisoirement exécutoire sur le fond par le seul fait qu'il autorise une saisie conservatoire pour garantir une créance pécuniaire, mais uniquement qu'il permet à la partie victorieuse de requérir une telle mesure dans les deux semaines dès le prononcé du jugement. Faute de décision exécutoire, tant sur le fond que sur la saisie conservatoire elle-même, la réquisition de séquestre ne pouvait, dans ces circonstances, qu'être rejetée. On peut, certes, discuter la solution consacrée par la novelle du 16 décembre 1994, dans la mesure où elle accorde plus de poids, sous l'angle de la vraisemblance (cf. art. 272 al. 1 ch. 2 LP ), à une simple reconnaissance de dette qu'à un jugement non (encore) exécutoire d'un tribunal étatique (voir les critiques de GAILLARD, op. cit., p. 26 ch. 15; GILLIÉRON, Une alerte centenaire: La volonté de restreindre le cas de séquestre de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP , RSJ 82/1986 p. 125; OTTOMANN, Der Arrest, RDS 115/1996 I p. 249); mais le texte légal est clair et reflète la volonté du législateur (FF 1991 III 188; cf. EGLI, Deux aspects internationaux du séquestre, de lege ferenda, in: Premier Séminaire de droit international et de droit européen, Etudes suisses de droit international, vol. 46, p. 127). c) Nonobstant l'exclusion du forum arresti ( art. 3 CL ), rien ne s'oppose à ce que les tribunaux suisses accordent, en vertu de l' art. 24 CL , des mesures conservatoires prévues par la loi suisse - en l'occurrence un séquestre (FF 1990 II 320 ch. 229.3 in fine; DONZALLAZ, op. cit., vol. I, §§ 1712 ss et les références) -, même si, aux termes de la convention, les autorités d'un autre Etat contractant sont compétentes pour connaître du fond (ibidem, §§ 1679 ss). On ne peut toutefois rien tirer de cette norme conventionnelle, pour le motif déjà qu'il appartient au droit national de prévoir les conditions, le contenu et les effets de la mesure (ibidem, § 1592); aussi bien, lorsque la Convention de Lugano trouve application, les restrictions de l' art. 271 al. 1 ch. 4 LP subsistent-elles si le requérant sollicite du juge helvétique une ordonnance de séquestre (FF 1991 III 190/191; GILLIÉRON, Le séquestre dans la LP révisée, BlSchK 1995 p. 128/129).
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Urteilskopf 136 III 123 18. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause Association X. contre A. (recours en matière civile) 5A_795/2009 du 10 mars 2010
Regeste Art. 598 ff. ZGB ; Feststellungsklage verbunden mit einer Erbschaftsklage; Passivlegitimation. Die von einem Verein erhobene Klage, seine Einsetzung als Erbe der Erblasserin festzustellen und ihn als Eigentümer mehrerer Parzellen im Grundbuch einzutragen, ist als Feststellungsklage verbunden mit einer Erbschaftsklage zu qualifizieren (E. 4.3). Diese Klage muss sich gegen die zwei gesetzlichen Erbinnen der Erblasserin als notwendige materielle Streitgenossinnen richten. Sollte allerdings eine förmlich erklären, sich im Voraus dem Ergebnis des Prozesses zu unterwerfen, oder die Klage ohne weiteres förmlich anerkennen, ist ihre Teilnahme am Prozess nicht erforderlich (E. 4.4).
Sachverhalt ab Seite 124 BGE 136 III 123 S. 124 A. A.a B., née le 20 novembre 1918, est décédée le 12 février 2006. Elle avait deux soeurs, A. et C., ainsi qu'un cousin, D. B. était propriétaire de plusieurs biens-fonds dans la commune de Y., dont la valeur vénale totale a été estimée en 2006 à 5'136'400 fr., à savoir les parcelles n os 5 sise en zone bois et forêts, 41 et 123 sises en zone agricole, 58 et 174 sises en zone 4B protégée, 177 sise principalement en zone 4B protégée et 178 sise à raison de 8/9 en zone 4B protégée et 1/9 en zone agricole. Elle était en outre propriétaire de biens mobiliers d'une valeur totale de 616'925 fr. A.b B. a rédigé un testament olographe le 10 août 1990, dont la teneur est la suivante: "Je lègue à Madame C. de Y. et Madame A. de Y. La maison de famille et terrains agricoles Monsieur D. aura la jouissance d'un appartement et terrains agricoles ceci jusqu'à sa mort. Je lègue également Hôpital de E. deux cent mille francs 200'000.- Communauté de F. cent mille francs 100'000.- BGE 136 III 123 S. 125 Paroisse de G. cent mille francs 100'000.- Paroisse de H. cinquante mille francs 50'000.- Paroisse de I. cinquante mille francs 50'000.- Le reste de mes biens au foyer X. Le présent testament annule l'ancien déjà déposé". Un litige est né entre l'Association X. et A. au sujet de l'interprétation de ce testament, chacune d'elles soutenant avoir été instituée héritière de la défunte. A.c Par acte du 22 mai 2007, l'Association X. a assigné A. devant le Tribunal de première instance de Genève, concluant à la constatation qu'elle est instituée unique héritière des biens de la succession de B. et à son inscription au Registre foncier en qualité de propriétaire des parcelles n os 41, 58, 174, 177 et 178 de la commune de Y. A. a conclu au déboutement de l'Association de toutes ses conclusions; pour le cas où il serait admis que celle-ci est héritière instituée, elle a conclu à la constatation de sa qualité de co-légataire avec C. des parcelles n os 5, 41, 58, 123, 174, 177 et 178 de la commune de Y., ainsi que de la totalité du matériel d'exploitation agricole dépendant de la succession de ce domaine. B. B.a Par jugement du 29 janvier 2009, le Tribunal de première instance de Genève a débouté l'Association X. de ses conclusions, après avoir procédé à l'interprétation du testament de la défunte. B.b Statuant sur appel de la demanderesse, la Cour de justice du canton de Genève a confirmé cette décision par arrêt du 16 octobre 2009, pour défaut de légitimation passive, opérant ainsi une substitution de motifs. C. L'Association X. interjette le 23 novembre 2009 un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre cet arrêt, concluant à son annulation et au renvoi de la cause à la cour cantonale pour qu'elle statue sur le fond. Elle fait grief aux juges précédents d'avoir considéré que A. n'avait pas la légitimation passive, dans la mesure où sa soeur C. avait la qualité de consort nécessaire, et se plaint également d'une violation de son droit d'être entendue. L'intimée n'a pas été invitée à se déterminer. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. BGE 136 III 123 S. 126 Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.3 Il convient de qualifier l'action de la recourante afin de déterminer qui a la légitimation passive. 4.3.1 Selon la jurisprudence, l'objet du litige est déterminé par les conclusions de la demande et par les faits invoqués à l'appui de celle-ci, à savoir par le complexe de faits sur lequel les conclusions se fondent ( ATF 116 II 738 consid. 2 p. 743; ATF 105 II 268 consid. 2 p. 270; ATF 97 II 390 consid. 4 p. 396). En l'espèce, la demanderesse a conclu à la constatation de sa qualité d'héritière instituée unique de la défunte - le testament n'attribuant, selon elle, aux soeurs de celle-ci que les parcelles sises en zone agricole ainsi que le bâtiment sis sur la parcelle n° 177 - et requis son inscription au registre foncier en qualité de propriétaire des parcelles n os 41, 58, 174, 177 et 178, à savoir celles sises en zone protégée. Elle invoque la teneur du testament, soutenant que, puisqu'elle se voit attribuer le reste des biens de la défunte, elle serait héritière instituée, alors que les soeurs ne seraient que légataires. Pour sa part, la défenderesse conteste que la demanderesse soit héritière instituée aux termes du testament et invoque que sa soeur et elle-même sont les héritières instituées de la défunte, la demanderesse n'étant que légataire; à titre subsidiaire, pour le cas où la demanderesse serait reconnue héritière, elle conclut à sa qualité de co-légataire avec sa soeur des parcelles n os 5, 41, 58, 123, 174, 177 et 178 de la commune de Y. Dans ces circonstances, sur la base des conclusions de la demanderesse, l'action doit être qualifiée d'action en constatation de droit assortie d'une action en pétition d'hérédité. Tout d'abord, son action tend à la constatation de sa qualité d'héritière unique aux termes mêmes du testament, tel qu'il est rédigé et doit être, selon elle, compris et interprété. Ainsi, elle n'a pas pour objet l'annulation d'une disposition pour cause de mort au sens de l' art. 519 CC , laquelle n'a pas à être introduite contre tous les héritiers en qualité de consorts nécessaires, ni à l'inefficacité d'une telle disposition. Ensuite, l'action tend à ce que, pour une partie des biens, à savoir les parcelles non agricoles, elle soit inscrite comme propriétaire au registre foncier. 4.3.2 L'action en constatation de droit est recevable, puisque la constatation de la qualité d'héritière unique a une portée propre ( ATF 131 III 319 consid. 3.5 p. 324 s.; ATF 123 III 414 consid. 7b p. 429; BGE 136 III 123 S. 127 ATF 120 II 20 consid. 3a p. 22; ATF 110 II 352 consid. 2 p. 357). En effet, au- delà de l'inscription au registre foncier en tant que propriétaire des immeubles, la recourante a un intérêt à ce que soit constatée sa qualité d'héritière en relation avec le solde des biens meubles, dont elle ne demande pas la mise en possession dans le cadre de la présente procédure. Quant à l'inscription en qualité de propriétaire des immeubles en cause, c'est à tort que la recourante soutient qu'il ne s'agit pas d'une action en pétition d'hérédité. En effet, dans la mesure où elle se prétend seule héritière instituée, son action n'est pas ouverte contre un ou des co-héritiers comme elle le prétend; elle n'agit pas non plus en partage, mais elle veut obtenir que soit jugée une prétention qui exclut l'intimée et sa soeur de la succession ( ATF 91 II 264 consid. 2 p. 268). Or, les héritiers légaux étant possesseurs provisoires des biens de la succession (STEINAUER, Le droit des successions, 2006, n° 885 p. 434), la recourante doit nécessairement agir contre eux pour obtenir son inscription au registre foncier comme propriétaire. 4.4 Il y a donc lieu d'examiner si la recourante a valablement ouvert son action en constatation de droit et en pétition d'hérédité en la dirigeant contre l'intimée seule ou si elle devait agir contre les deux soeurs de la défunte, en qualité de consorts nécessaires. 4.4.1 Il y a consorité matérielle nécessaire en vertu du droit fédéral lorsque plusieurs personnes sont ensemble le titulaire (consorité active) ou le sujet passif (consorité passive) d'un seul droit, de sorte que chaque co-titulaire ne peut pas l'exercer seul ou être actionné seul en justice ( ATF 118 II 168 consid. 2b p. 169/170). Il y a également consorité matérielle nécessaire lorsque l'action est formatrice et tend à la suppression d'un rapport de droit qui touche plusieurs personnes; ainsi, l'action en partage contre un héritier doit être en principe ouverte par tous les autres héritiers, comme consorts nécessaires ( ATF 86 II 451 consid. 3 p. 455; ATF 100 II 440 consid. 1 p. 441). Fait exception l'action (formatrice) en nullité du testament des art. 519 ss CC ; la jurisprudence admet que le jugement rendu dans une telle procédure n'a d'effets qu'entre les parties au procès, car elle ne met en jeu aucun intérêt public pouvant exiger que le jugement qui la déclare fondée produise ses effets envers chacun. Il est, en effet, loisible aux intéressés de décider si et, le cas échéant, dans quelle mesure, ils entendent admettre la validité d'une disposition de dernière volonté ( ATF 81 II 33 consid. 3 p. 36 et les autres arrêts cités). BGE 136 III 123 S. 128 Les consorts matériels nécessaires doivent donc agir ensemble ou être mis en cause ensemble. Toutefois, selon la jurisprudence, si un membre de la communauté déclare autoriser les autres à agir ou déclare formellement se soumettre par avance à l'issue du procès, ou encore reconnaît d'emblée formellement la demande, sa participation au procès n'est pas nécessaire ( ATF 116 Ib 447 consid. 2a p. 449; ATF 86 II 451 consid. 3 p. 455). 4.4.2 En l'espèce, la recourante a allégué que, puisque la soeur de l'intimée n'avait pas contesté son interprétation du testament, elle ne dirigeait son action que contre l'intimée. Or, la disposition testamentaire par laquelle la défunte a attribué à ses deux soeurs la maison de famille et les terrains agricoles - dont l'interprétation est litigieuse - est indivisible entre elles. Elles sont co-titulaires (propriété commune) des droits de propriété sur ces biens; la clause ne peut pas valoir pour l'une et pas pour l'autre. La recourante ne le conteste d'ailleurs pas; elle prétend seulement qu'elle n'avait pas à ouvrir action contre la soeur de l'intimée car celle-ci n'aurait pas contesté son interprétation du testament. Ce n'est toutefois que si le co-titulaire du droit déclare formellement se soumettre par avance à l'issue du procès ou reconnaît d'emblée la demande que sa participation au procès n'est pas nécessaire. Or, ces conditions ne sont pas remplies dans le cas d'espèce, comme l'a constaté la cour cantonale. La recourante ne démontre pas l'arbitraire de cette constatation; elle se borne à affirmer que la soeur de l'intimée "se désintéressait du sort de ce litige et s'en remettait à un accord des intéressés ou à une décision de justice", mais ne prétend pas avoir prouvé ceci devant les instances cantonales. Quant à l'argument tiré du fait que l'intimée n'aurait pas contesté que sa soeur était d'accord avec l'interprétation du testament, il est sans pertinence. En effet, l'admission de ce fait ne saurait pallier à l'absence de déclaration formelle de la soeur de l'intimée. 4.4.3 Enfin, la pièce nouvelle produite par la recourante, à savoir une déclaration légalisée de la soeur de l'intimée, datée du 7 novembre 2009, aux termes de laquelle celle-ci déclare se soumettre par avance au jugement définitif qui sera rendu dans l'affaire opposant les parties au sujet de l'interprétation du testament de la défunte, est irrecevable. Selon l' art. 99 al. 1 LTF , aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut, en effet, être présenté devant le Tribunal fédéral, à moins de BGE 136 III 123 S. 129 résulter de la décision de l'autorité précédente. Sont visés par cette exception les faits qui sont rendus pertinents pour la première fois par la décision attaquée. C'est ainsi que les critiques relatives à la régularité de la procédure devant l'instance précédente (par exemple une violation du droit d'être entendu lors de mesures probatoires) doivent pouvoir être soutenues par des faits qui n'ont pas été invoqués devant cette instance. De même, lorsque la décision de l'instance précédente a été fondée sur un nouvel argument juridique auquel les parties n'avaient pas été confrontées précédemment, les recourants peuvent avancer devant le Tribunal fédéral les faits nouveaux qui démontrent que l'argumentation de l'instance précédente est contraire au droit. S'y ajoutent encore les faits qui ne pouvaient pas être invoqués devant l'autorité précédente, à savoir, par exemple, le respect du délai pour recourir au Tribunal fédéral (Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4000 ss, 4137). En revanche, ne peuvent être allégués devant le Tribunal fédéral les faits que le recourant a négligé de présenter devant les autorités cantonales et qui, par conséquent, n'ont pas pu être examinés par les instances inférieures. Le recourant ne peut ainsi démontrer, par de nouvelles allégations de faits qu'il aurait pu invoquer auparavant, que les faits retenus par l'autorité inférieure sont manifestement erronés ou procèdent d'une appréciation arbitraire des preuves (arrêt 4A_36/2008 du 18 février 2008 consid. 4.1 et les références citées). Il en va ainsi, en l'espèce, de la nouvelle pièce produite par la recourante, laquelle ne peut réparer de cette façon la négligence qu'elle a commise en omettant d'alléguer et de prouver la déclaration de la soeur de l'intimée, consort nécessaire, de se soumettre au jugement à intervenir.
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Urteilskopf 104 IV 167 40. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 29 septembre 1978 dans la cause R. et Cst. contre Groupe Sanglier
Regeste Art. 177 StGB . Beschimpfung. Wer der Aufnahme eines Transparentes in eine Kundgebung zustimmt, die er selbst organisiert, wer seinen Inhalt als den Ausdruck seiner eigenen Meinung betrachtet und zu verstehen gibt, dass seine Aufschrift einen wesentlichen Bestandteil der Kundgebung ausmacht, nimmt an der Beschimpfung teil, die das Aufstellen des Transparentes darstellen kann. Gegebenenfalls wird er bei der Deliktsbegehung als Mittäter betrachtet (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 104 IV 167 S. 167 A.- Le 3 mai 1977, le président du Tribunal II de Moutier a déclaré R. et 12 consorts coupables d'injures commises au préjudice du Groupe Sanglier et les a condamnés chacun à une BGE 104 IV 167 S. 168 amende de 100 fr., avec délai d'épreuve et de radiation de deux ans. Statuant sur appel des 13 condamnés le 9 mars 1978, la Première Chambre pénale de la Cour suprême du canton de Berne a rendu le même jugement en ce qui concerne 10 prévenus, dont R., mais elle en a libéré trois. Les faits qui ont motivé ces condamnations sont en bref les suivants: Les 21 et 22 février 1976, Jeunesse-Sud a organisé une grève de la faim à Moutier. Seul un petit groupe de quelques dizaines de personnes réunies dans l'espace limité de la cour de l'école primaire de Moutier y a pris part. Diverses pancartes ont été appuyées durant les deux jours contre le mur de l'école, parmi lesquelles une pancarte portant l'inscription "Sangliers plus police = SS". Les dix condamnés sont membres du comité directeur de Jeunesse-Sud. Ils ont admis leur responsabilité quant à l'organisation de la grève de la faim, mais ils ont nié être les auteurs ou les complices de la présence de la pancarte susmentionnée. L'administration des preuves n'a pas permis d'établir que la pancarte incriminée avait été rédigée par les condamnés. En revanche elle a révélé ceci: "Certaines pancartes ont été enlevées à la suite de l'intervention du préfet et de Me Steullet. Les organisateurs ont cependant opposé un refus catégorique à une prière du préfet d'enlever la pancarte incriminée. Les condamnés ont tous vu la pancarte et la cour cantonale a admis qu'ils se sont associés intimement à l'idée qu'elle contenait, qu'ils se sont identifiés à son contenu, qu'ils ont approuvé son intégration parmi les autres inscriptions, considérant son contenu comme l'expression de leur propre opinion, qu'ils ont manifesté leur intention que l'inscription incriminée fasse partie intégrante de tous les slogans et expressions utilisés lors de la grève de la faim." Le Groupe Sanglier est une association au sens des art. 60 ss. CC, et par l'entremise de deux de ses représentants il a déposé plainte pénale pour injures. B.- Les 10 condamnés se sont pourvus en nullité au Tribunal fédéral; ils concluent à libération. Erwägungen Considérant en droit: 1. Les recourants se plaignent d'une violation des principes généraux du droit pénal; selon eux, l'autorité n'aurait pas BGE 104 IV 167 S. 169 entendu les prévenus d'une manière suffisamment approfondie se limitant à se référer au procès-verbal d'audition de l'un d'entre eux, que les autres ont seulement contresigné. En outre ils soutiennent que, sur la base des procès-verbaux, il n'y avait aucune raison de libérer trois d'entre eux en appel. Ces moyens portent sur l'administration des preuves et sur l'appréciation de celles-ci. A ce titre ils ne concernent pas l'application du droit fédéral et sont irrecevables dans un pourvoi en nullité ( ATF 81 IV 130 ; art. 269 al. 1 et 273 al. 1b PPF). Il en va de même pour les autres griefs articulés dans le pourvoi et visant les constatations de fait de l'autorité cantonale en ce qui concerne notamment la présence des recourants sur les lieux et à leur adhésion au contenu de la pancarte incriminée. 2. a) Les recourants considèrent ensuite qu'ils ne peuvent être tenus pour pénalement responsables de l'inscription litigieuse. Le seul fait qu'elle se soit trouvée à proximité de la manifestation organisée par Jeunesse-Sud ne saurait selon eux suffire à établir leur culpabilité. Cette pancarte, qu'ils n'ont pas rédigée, a pu être apportée par n'importe quel spectateur. On devrait écarter en l'espèce l'hypothèse d'une injure par omission, car on ne saurait considérer que le comité directeur de Jeunesse-Sud était juridiquement tenu de contrôler la teneur de toutes les pancartes brandies au cours de cette manifestation. Il est exclu, quelle que soit l'ampleur d'une manifestation de ce genre, de faire supporter aux organisateurs la responsabilité du trouble causé par certains participants. b) Se rend coupable d'injure, selon l' art. 177 CP , celui qui, de toute autre manière que celles visées aux art. 173 et 174 CP , aura attaqué autrui dans son honneur, notamment par l'écriture ou par l'image. L'inscription incriminée constitue bien, ce n'est ni contesté, ni contestable, une atteinte à l'honneur du Groupe Sanglier, au sens de cette disposition. La seule question à examiner est donc celle de savoir si les recourants peuvent être considérés comme les auteurs de cette infraction. Au vu des constatations de l'autorité cantonale et sur lesquelles il n'y a pas à revenir ( art. 277bis al. 1 PPF ), la réponse à cette question ne fait aucun doute. Comme seuls organisateurs de la manifestation qui s'est déroulée durant deux jours, dans un lieu bien circonscrit, et qui comportait à côté d'une grève de la faim l'apposition de pancartes, les recourants avaient tous BGE 104 IV 167 S. 170 pouvoirs de fixer le contenu de ladite manifestation. Ils ne prétendent d'ailleurs pas que quiconque ait organisé ou pu organiser quoi que ce soit, au même lieu, sur lequel il n'aurait eu aucune prise. Dans ces conditions, l'apposition d'une pancarte, non pas momentanément ou de manière imprévue, mais de façon constante et durable, dépendait exclusivement de leur acceptation ou de leur bon vouloir. Or non seulement ils ont accepté la pancarte dans leur manifestation, mais ils ont refusé catégoriquement de l'enlever. Il s'agit là, non pas seulement d'une omission comme ils l'allèguent, mais bien d'un acte positif, semblable à celui de l'organisateur d'une exposition qui accepte ce qui y sera exposé. En se comportant de la sorte ils ont participé étroitement à l'acte d'exposition de la pancarte, acte réalisant l'attaque à l'honneur constitutive de l'injure. Approuver l'intégration de la pancarte parmi les autres inscriptions, considérer son contenu comme l'expression de leur propre opinion et manifester leur intention que l'inscription incriminée fasse partie intégrante de tous les slogans et expressions utilisés lors de la manifestation organisée par eux, ne constitue pour les recourants rien d'autre qu'un acte de participation et d'association à l'attaque injurieuse réalisée par l'exposition de la pancarte. Et comme les recourants ont joué, en qualité d'organisateurs, un rôle de premier plan dans l'exposition de toutes les pancartes, leur participation et leur association à l'acte commis par celui qui a placé la pancarte au milieu des autres les font apparaître à tout le moins comme des participants principaux à l'infraction, c'est-à-dire comme des coauteurs (cf. ATF 98 IV 259 consid. 5; ATF 77 IV 91 ). C'est donc à juste titre que les recourants ont été reconnus coupables d'injures; et leur pourvoi doit être rejeté.
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Urteilskopf 111 Ib 26 6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Mai 1985 i.S. Blust und 18 Mitb. gegen Kanton Thurgau und Regierungsrat des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 98 und 99 lit. c OG ; Landumlegungsverfahren gemäss Art. 30 ff. NSG ; Pflicht zum Beitritt zu einer Landumlegungskorporation, Art. 36 NSG . 1. Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Bundesrates über die Genehmigung einer generellen Nationalstrassenprojektierung (E. 3a). 2. Die Verpflichtung der Grundeigentümer zum Beitritt zu einer Landumlegungskorporation ist Folge der der kantonalen Regierung bundesrechtlich verliehenen Kompetenz, für den Strassenbau notwendige Landumlegungen von Amtes wegen zu verfügen. Das Umlegungsverfahren kann vor Rechtskraft des Ausführungsprojektes eingeleitet, jedoch erst nach dessen Genehmigung abgeschlossen werden (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 111 Ib 26 S. 26 Die Kantone Thurgau und St. Gallen planen seit langem in Zusammenarbeit mit dem Bund den Zubringer Arbon zur Autobahn N 1. Dieser Zubringer soll u.a. Arbon und die Wohngebiete BGE 111 Ib 26 S. 27 der Umgebung vom starken Durchgangsverkehr entlasten und einen flüssigen Anschluss an die Autobahn sicherstellen. In den siebziger Jahren stand das sogenannte Projekt "Grenzstrasse" im Vordergrund, doch stiess es auf heftige Opposition, da es Wohnquartiere berührte. Schon damals hatte der Regierungsrat des Kantons Thurgau ein Landumlegungsverfahren für den Landerwerb vorgesehen. Die Eigentümer der innerhalb des Perimeters gelegenen Grundstücke stimmten am 5. Juli 1974 der Gründung einer Umlegungskorporation zu. Um den Einwendungen gegen das Projekt "Grenzstrasse" Rechnung zu tragen, wurde eine neue Linienführung gewählt, die in grösserer Entfernung von den Wohngebieten verläuft. Mit Beschluss vom 2. November 1982 stimmte der Regierungsrat dem neuen generellen Projekt des im Kanton Thurgau gelegenen Teilstückes des Zubringers Meggenhus-Arbon-Wiedehorn zu. Mit Beschluss vom 14. September 1983 genehmigte der Bundesrat das entsprechende Projekt. Gegen das in der Folge verfasste Ausführungsprojekt, das vom 5. April bis 4. Mai 1984 öffentlich auflag, führten zahlreiche Grundeigentümer Einsprache, so auch die jetzigen Beschwerdeführer. Die Einspracheverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Um die Arbeiten für die Ausführung des Projektes voranzutreiben, beschloss der Regierungsrat des Kantons Thurgau am 13. August 1984 die Erweiterung der Landumlegung zur Ausscheidung des Trassees des Zubringers Arbon zur N 1 im Umfang gemäss Plan vom 1. August 1984, und er verpflichtete die Eigentümer der im Plangebiet liegenden Grundstücke zum Beitritt zur Landumlegungskorporation Arbon. Eugen Blust und 18 weitere Grundeigentümer führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, mit der sie beantragen, der Beschluss vom 13. August 1984 sei aufzuheben; eventuell sei der Beschluss aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, zunächst die Rechtskraft der Entscheide über die Einsprachen gegen das Ausführungsprojekt betreffend den streitigen Zubringer zur N 1 abzuwarten und danach, falls das vorliegende oder ein abgeändertes Ausführungsprojekt in Rechtskraft erwachsen sollte, zunächst zu versuchen, das notwendige Land auf dem Wege der freiwilligen Güterzusammenlegung zu erwerben. Zur Begründung ihrer Beschwerde machen sie im wesentlichen geltend, der Bundesrat habe seine Kompetenzen überschritten, als er das über 8 km lange Strassenstück BGE 111 Ib 26 S. 28 Meggenhus-Arbon-Wiedehorn als Zubringer zur Autobahn und damit als eine der Nationalstrassengesetzgebung unterstehende Strasse anerkannt habe. Da dies nicht richtig sei, könne keine Landumlegung gestützt auf das Nationalstrassenrecht angeordnet werden. Auch sehe weder das Bundesrecht noch das kantonale Recht die Möglichkeit vor, die Eigentümer zum Beitritt zu einer Umlegungskorporation zu verpflichten. Es könne den Eigentümern überdies nicht zugemutet werden, sich auf ein Umlegungsverfahren einzulassen, solange nicht feststehe, ob das Ausführungsprojekt rechtskräftig werde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Die Einwendung der Beschwerdeführer, beim umstrittenen Zubringer Arbon handle es sich um eine Kantonsstrasse und nicht um einen zur Nationalstrasse gehörenden Anschluss im Sinne von Art. 6 NSG , richtet sich in Wirklichkeit gegen den Beschluss des Bundesrates vom 14. September 1983 über die Genehmigung des generellen Zubringers Meggenhus-Arbon-Wiedehorn. Der Bundesratsbeschluss über die Genehmigung des generellen Projektes ist jedoch nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar ( BGE 110 Ib 402 E. 3; BGE 106 Ib 31 E. 12b; BGE 99 Ib 206 ff. E. 3; BGE 97 I 578 E. 1a). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Einsprachen gegen die generelle Linienführung grundsätzlich ausgeschlossen sein. Auch soll mit der Genehmigung des Projektes die Linienführung im wesentlichen endgültig feststehen ( BGE 99 Ib 207 f. E. 3). Was für die Linienführung zutrifft, hat auch für die Anerkennung einer Strasse als Anschlussbauwerk, welches der Nationalstrassengesetzgebung untersteht, zu gelten, bildet diese Anerkennung doch Voraussetzung für die Planung solcher Anschlüsse im Rahmen der generellen Nationalstrassenprojektierung. Die Frage, wo und welche Anschlüsse vorzusehen sind, ist im Rahmen der generellen Projektierung zu prüfen ( BGE 106 Ib 29 E. 12a). Diese ist vom Bundesamt für Strassenbau (früher Eidg. Amt für Strassen- und Flussbau) in Zusammenarbeit mit den interessierten Bundesstellen und Kantonen durchzuführen ( Art. 12 und 13 NSG ). Sie findet ihren Abschluss mit der Projektgenehmigung durch den Bundesrat ( Art. 20 NSG ). BGE 111 Ib 26 S. 29 In den Beschluss der Bundesversammlung über das Nationalstrassennetz sind derartige Anschlussbauwerke nicht aufzunehmen. Die Bundesversammlung hat einzig über die allgemeine Linienführung und die Art der zu errichtenden Nationalstrassen zu entscheiden ( Art. 11 NSG ). Zur technisch richtigen Ausgestaltung der Nationalstrassen als Verkehrsverbindungen von gesamtschweizerischer Bedeutung gehören hingegen die Anschlüsse mitsamt den erforderlichen Zufahrtsstrecken, vermöchten doch sonst die Nationalstrassen ihren Auftrag, hohen verkehrstechnischen Anforderungen zu genügen und eine sichere sowie wirtschaftliche Abwicklung des Verkehrs zu gewährleisten ( Art. 5 NSG ), nicht zu erfüllen. Kann im Einspracheverfahren gemäss Art. 26 ff. NSG gegen das Ausführungsprojekt die generelle Linienführung als solche nicht beanstandet werden, so ist ein Einsprecher mit der Einwendung, ein als Anschlussbauwerk anerkanntes Strassenstück sei nicht nationalstrassenbedingt, auch nicht bei seiner Einsprache gegen die Anordnung einer Landumlegung, die dem Landerwerb für den Strassenbau dient ( Art. 30 ff. NSG ), zu hören. Der Regierungsrat durfte daher mit Recht vom Bundesratsbeschluss über die Genehmigung des generellen Projektes ausgehen, welches mit erfolgter Genehmigung grundsätzlich verbindlich geworden ist. Er war deshalb nicht verpflichtet, auf die Einwendung der Beschwerdeführer, die umstrittene Zufahrtsstrasse sei nicht nationalstrassenbedingt, näher einzugehen. Auch das Bundesgericht ist nicht befugt zu prüfen, ob der Bundesrat das Strassenstück Meggenhus-Arbon-Wiedehorn zu Recht als Teil der Nationalstrasse N 1 anerkennen durfte. Die dem Bundesrat zugewiesene Plangenehmigungskompetenz ist nicht dem Erlass einer unselbständigen Verordnung des Bundesrates gleichzusetzen, die vom Bundesgericht daraufhin überprüft wird, ob sie den Rahmen der im Gesetz delegierten Kompetenzen sprenge oder aus anderen Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig sei ( BGE 103 Ib 139 E. 4a mit Verweisungen). Sie stellt vielmehr eine dem Bundesrat zugewiesene Kompetenz des Gesetzesvollzuges im Nationalstrassenrecht dar, die der bundesgerichtlichen Kontrolle entzogen ist ( Art. 98 OG ). Die Einwendung der Beschwerdeführer, der Zubringer Arbon sei nicht nationalstrassenbedingt, richtet sich - wie erwähnt - nicht eigentlich gegen das Ausführungsprojekt. Es handelt sich dabei nicht um eine Einwendung, welche ein Eigentümer vortragen kann, um darzutun, das BGE 111 Ib 26 S. 30 Ausführungsprojekt verstosse im Bereich seines Grundstückes gegen Bundesrecht. Einzig eine solche Einwendung kann er indessen vorbringen, auch wenn ihre Gutheissung eine begrenzte Änderung der generellen Linienführung zur Folge haben sollte. Doch kann er sich nicht darauf beschränken, unter Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen die generelle Linienführung als solche zu beanstanden ( BGE 99 Ib 209 E. 3). Nur dies tragen die Beschwerdeführer aber in Wirklichkeit vor, wenn sie sich dagegen zur Wehr setzen, dass der Bundesrat das umstrittene Strassenstück als Teil der Nationalstrasse anerkannt hat, womit dem Kanton der entsprechende hohe Bundesanteil an die Erstellungskosten zukommt. Auf die Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten, als die Beschwerdeführer geltend machen, der Bundesratsbeschluss über die Genehmigung des generellen Projektes verletze das Nationalstrassengesetz. b) Somit kann sich einzig fragen, ob der Regierungsrat im Hinblick auf die Realisierung des umstrittenen Strassenprojektes die Erweiterung der bereits 1974 eingeleiteten Landumlegung beschliessen und die Beschwerdeführer zum Beitritt zur Landumlegungskorporation verpflichten durfte, bevor das Ausführungsprojekt rechtskräftig wurde, oder ob er damit bis zur Genehmigung des Ausführungsprojektes hätte zuwarten müssen, wie dies für die Beschlussfassung über eine allfällige Enteignung zutrifft. Soll der Landerwerb für eine Nationalstrasse im Enteignungsverfahren erfolgen, so ersetzt die Genehmigung des Ausführungsprojektes den Entscheid über Einsprachen gegen die Enteignung ( Art. 35 lit. a und 55 EntG ; BGE 108 Ib 507 E. 2). Das Enteignungsverfahren beschränkt sich auf die Behandlung der angemeldeten Forderungen; Einsprachen gegen die Enteignung sowie Begehren, die eine Planänderung bezwecken, sind ausgeschlossen ( Art. 39 Abs. 2 NSG ). Die Genehmigung des Ausführungsprojektes muss deshalb vorliegen, bevor das auf die Behandlung der Forderungen beschränkte Enteignungsverfahren eingeleitet werden kann ( BGE 109 Ib 133 E. 2b; BGE 99 Ib 490 E. 2). Für die Einleitung eines Umlegungsverfahrens gilt dies hingegen nicht. Dieses Verfahren wickelt sich im Rahmen der Grundsatzbestimmungen des Nationalstrassengesetzes nach kantonalem Recht ab ( Art. 32 Abs. 2 NSG ; vgl. BGE 105 Ib 96 ff. E. 5 und 6 sowie 109 ff. E. 2 und 3). Soweit Güterzusammenlegungen in Aussicht genommen werden - wie dies im vorliegenden Falle zutrifft -, sind gemäss bundesrechtlicher Anordnung Vorprojekte hiefür BGE 111 Ib 26 S. 31 wenn möglich gleichzeitig mit den generellen Strassenprojekten aufzustellen ( Art. 33 NSG ). Dass zu diesem Zwecke nach kantonalem Recht Umlegungskorporationen gebildet werden können, liegt im Interesse der betroffenen Eigentümer, wird doch damit deren Mitsprache gewährleistet. Die von den Beschwerdeführern beanstandete Verpflichtung der Eigentümer zum Beitritt zur Korporation ist Folge der der kantonalen Regierung bundesrechtlich verliehenen Kompetenz, für den Strassenbau notwendige Landumlegungen von Amtes wegen zu verfügen ( Art. 36 NSG ; vgl. BGE 105 Ib 99 f. E. 6a und 109 f. E. 2a). Zur Klarstellung ist freilich festzuhalten, dass der Abschluss des Umlegungsverfahrens mit der Neuzuteilung der einbezogenen Grundstücke erst nach der Genehmigung des Ausführungsprojektes erfolgen kann. Die Ausscheidung und Abtretung des für den Strassenbau benötigten Landes setzt die Verbindlichkeit der im Ausführungsprojekt festgesetzten Strassengrenzen voraus. Die Vorarbeiten für die neue Grundstückseinteilung - die Aufnahme des Altbestandes und die Ausarbeitung des Neuzuteilungsentwurfs einschliesslich der Ermittlung allfälliger Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen ( Art. 31 Abs. 2 und 35 NSG ) - können hingegen vorher ausgeführt werden. Mit Rücksicht auf den erfahrungsgemäss erheblichen Zeitaufwand, der für die Neuordnung der Grundstücke aufgewendet werden muss, ist ein solches Vorgehen zweckmässig, auch wenn es das Risiko einschliesst, dass im Falle der Nichtgenehmigung eines Projektes oder von Änderungen, welche die Genehmigungsbehörde verfügt, gewisse Arbeiten hinfällig werden. Wird im vorliegenden Falle ausserdem berücksichtigt, dass die Erweiterung des Umlegungsperimeters erst nach der durch den Bundesrat erfolgten Genehmigung des generellen Projektes beschlossen worden ist und dass dieses - wie dargelegt - die Linienführung im wesentlichen endgültig festlegen soll, so ergibt sich auch, dass die Wahrscheinlichkeit einer unnützen Inanspruchnahme der Eigentümer gering und ihnen deshalb in ihrem eigenen Interesse zuzumuten ist, sich an den Vorarbeiten zu beteiligen. Ihre Mitwirkung in der Korporation schliesst auch eine Einigung über die Neuzuteilung auf freiwilliger Basis nicht aus. Das Vorgehen der Regierung führt daher nicht zu einem Verstoss gegen die Regel des Art. 30 NSG über die Landerwerbsarten. Wird die Grösse des Perimeters berücksichtigt, und werden ebenfalls die Vorteile des Umlegungsverfahrens für den Landerwerb beachtet - es verteilt BGE 111 Ib 26 S. 32 die Last der Landabtretung auf zahlreiche Eigentümer und führt in der Regel zu einer für die Bewirtschaftung rationelleren Grundstückseinteilung ( BGE 105 Ia 326 E. 2c mit Verweisungen; 105 Ib 109 E. 2a) -, so ist auch die Annahme des Regierungsrates nicht zu beanstanden, ein freihändiger Erwerb des für die Strasse benötigten Landes falle ausser Betracht.
public_law
nan
de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
b4119c86-afda-4838-bca6-f214ef85df2c
Urteilskopf 122 II 49 7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Mai 1996 i.S. C. gegen Fremdenpolizei und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (Haftrichter) (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 13b Abs. 1 lit. c und Art. 13c Abs. 3 in Verbindung mit Art. 13d Abs. 2 ANAG ; Untertauchensgefahr und Haftbedingungen bei der Ausschaffungshaft. Konkrete Umstände, die auf eine Untertauchensgefahr schliessen lassen (Zusammenfassung der Rechtsprechung; E. 2a). Untertauchensgefahr bejaht bei einem Ausländer, der bereits einmal untergetaucht bzw. einer Vorladung der Fremdenpolizei grundlos nicht nachgekommen ist und die Beschaffung der Reisepapiere aktiv erschwert hat (E. 2b). Bundesrechtliche Anforderungen an die Haftbedingungen (Zusammenfassung der Rechtsprechung, E. 5a); Prüfung der Haftbedingungen im konkreten Fall (E. 5b).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 122 II 49 S. 50 Der nach eigenen Angaben aus Liberia stammende C. (geb. 15. Mai 1970) reiste am 10. Oktober 1995 in die Schweiz ein und ersuchte hier tags darauf um Asyl. Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte am 23. November 1995 sein Gesuch ab, wies ihn aus der Schweiz weg und forderte ihn auf, diese bis zum 7. Dezember 1995 zu verlassen. In der Folge verschwand C. ohne Adressangabe. Am 13. Dezember 1995 wurde C. in Zürich angehalten und wegen 12 Gramm Kokain, die er auf sich trug, in Untersuchungshaft genommen. Am 27. März 1996 verurteilte ihn der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich unter anderem wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu vier Monaten Gefängnis bedingt und ordnete seine sofortige Haftentlassung und Zuführung an die Fremdenpolizei Zürich an. Diese überstellte C. am 29. März 1996 zuständigkeitshalber der Fremdenpolizei des Kantons Luzern, die ihn in Ausschaffungshaft nahm. Noch gleichentags prüfte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Haftanordnung und bestätigte diese bis zum 26. Juni 1996. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Das Verwaltungsgericht hat die Ausschaffungshaft gestützt auf Art. 13b Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20; in der Fassung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, AS 1995 I 146ff.) genehmigt. Danach kann ein Ausländer in Haft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Erforderlich sind konkrete Anhaltspunkte, dass der Ausländer sich der Ausschaffung entziehen und untertauchen will. Der Vollzug der Wegweisung muss erheblich gefährdet erscheinen (vgl. BGE 119 Ib 193 E. 2b S. 198). Dass der Betroffene einer Ausreiseanordnung nicht Folge geleistet hat und sich illegal in der Schweiz aufhält, genügt hierfür allein ebensowenig wie BGE 122 II 49 S. 51 die Tatsache, dass er keine Papiere besitzt und nur mangelhaft an deren Beschaffung mitwirkt (statt vieler: unveröffentlichtes Urteil vom 25. März 1996 i.S. M.M., E. 2a). Die Passivität des Ausländers kann jedoch, gleich wie das Fehlen eines festen Aufenthaltsorts oder die Mittellosigkeit, ein weiterer Hinweis dafür sein, dass er sich der Ausschaffung entziehen will (unveröffentlichte Urteile vom 20. Juni 1995 i.S. M., E. 4a, vom 14. Juli 1995 i.S. M., E. 2a, und vom 4. Oktober 1995 i.S. B., E. 4d). Je länger die passive Haltung andauert und je beharrlicher sie ist, desto stärker ist sie als Indiz zu gewichten, welches - zusammen mit andern Umständen - zur Bejahung des Haftgrunds von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG führen kann. Nicht bloss passiv verhält sich der Ausländer, der erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben über Herkunft, Einreise, Unterkunft, Verbleib von Reisepapieren und dergleichen macht; wer auf diese Weise die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert, scheint eher bereit, sich der Ausschaffung zu entziehen. Liegen eigentliche Täuschungsmanöver vor, um die Identität zu verschleiern bzw. die Papierbeschaffung zu erschweren (z.B. Verwendung gefälschter Papiere, Auftreten unter mehreren Namen), ist die Gefahr des Untertauchens regelmässig zu bejahen. Das gleiche gilt bei strafrechtlich relevantem Verhalten, ist bei einem straffällig gewordenen Ausländer doch eher als bei einem unbescholtenen davon auszugehen, er werde in Zukunft behördliche Anordnungen missachten (vgl. BGE 119 Ib 193 E. 2b S. 198, unveröffentlichtes Urteil vom 9. Januar 1996 i.S. K.K., E. 2). Auf der Hand liegt die Untertauchensgefahr, wenn der Ausländer bereits einmal untergetaucht ist oder er es bei seinem Verhalten darauf anlegt, behördliche Kontrollen zu umgehen; in diesem Fall bietet er kaum Gewähr dafür, dass er sich zu gegebener Zeit, wenn die Reisepapiere vorliegen, für den Vollzug der Ausschaffung zur Verfügung halten wird. b) Gestützt auf die verschiedenen Indizien durften die kantonalen Behörden das Vorliegen einer Untertauchensgefahr hier ohne weiteres bejahen: Die Fremdenpolizei des Kantons Luzern händigte dem Beschwerdeführer am 1. Dezember 1995 den Entscheid des Bundesamts für Flüchtlinge aus. Gleichzeitig forderte sie ihn auf, sich für die Ausreise die nötigen Papiere zu beschaffen und sich am 6. Dezember 1995, 16.00 Uhr, bei ihr zu melden. Der Beschwerdeführer kam dieser Auflage nicht nach, sondern verschwand ohne Adressangabe, womit er eine behördliche Anordnung missachtete. Am 13. Dezember 1995 wurde er in der Zürcher Drogenszene BGE 122 II 49 S. 52 angehalten; dabei trug er (in handelsüblichen Portionen abgepackt bzw. eine grössere Menge in einem separaten Plastiksack) 12 Gramm Kokain auf sich. Seine Erklärung, er habe sich am 7. Dezember 1995 einzig "ferienhalber während ein paar Tagen aus dem Zentrum Sonnenhof in Emmenbrücke entfernt", erscheint unter diesen Umständen abwegig. Der Beschwerdeführer hat sich bei der Abklärung seiner Identität und der Beschaffung der Papiere überdies nicht nur passiv verhalten, sondern diese aktiv erschwert: Im Asylverfahren reichte er nach den Feststellungen des Bundesamts für Flüchtlinge die Kopie einer gefälschten Flüchtlingsbestätigung des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) ein. Trotz seinen wiederholten Beteuerungen, aus Liberia zu stammen, vereitelte er am 21. März 1996 die Ausstellung eines liberianischen "Laissez-Passer", indem er sich weigerte, die von ihm behauptete Staatsangehörigkeit unterschriftlich zu bestätigen, weil der Konsul "auf der Seite der Polizei" stehe. Am 29. März 1996 erklärte er sich der Fremdenpolizei gegenüber erneut nicht bereit, seine Behauptung, liberianischer Staatsangehöriger zu sein, schriftlich zu bestätigen; am 15. April 1996 erklärte er, auf keinen Fall nach Liberia zurückkehren zu wollen. Vor diesem Hintergrund erscheinen seine Beteuerungen vor dem Verwaltungsgericht, sich beim liberianischen Konsul die nötigen Papiere zu beschaffen und sich an eine Meldepflicht zu halten, unglaubwürdig. c) Ist der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG dargetan, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob der Beschwerdeführer auch jenen von Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG (in Verbindung mit Art. 13a lit. e ANAG ) erfüllt. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch ein Kleindealer Leib und Leben von Personen im Sinne dieser Bestimmung erheblich gefährden kann (vgl. ANDREAS ZÜND, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht [im weitern: Rechtsprechung des Bundesgerichts], in ZBJV 132/1996 S. 81 ff., unveröffentlichtes Urteil vom 3. November 1995 i.S. O.S., E. 5). 5. a) Bei der Überprüfung des Entscheids über die Anordnung der Ausschaffungshaft hat die richterliche Behörde schliesslich auch die Umstände des Haftvollzugs zu berücksichtigen ( Art. 13c Abs. 3 ANAG ). Die Haft ist in geeigneten Räumlichkeiten zu vollziehen, wobei die Zusammenlegung mit Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug vermieden werden soll. Soweit möglich ist den Inhaftierten geeignete Beschäftigung anzubieten ( Art. 13d Abs. 2 ANAG ). Das Bundesgericht hat BGE 122 II 49 S. 53 diese Anforderungen gestützt auf die Ausführungen in der Botschaft des Bundesrats (BBl 1994 I 326) und den parlamentarischen Beratungen in mehreren Entscheiden inzwischen konkretisiert: Bei der ausländerrechtlichen Haft geht es einzig um die Sicherung des Wegweisungsverfahrens und den Vollzug des entsprechenden Entscheids. Die Trennung von Ausländern in Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft von andern Häftlingen soll äusserlich zeigen, dass die Haft nicht wegen des Verdachts einer Straftat angeordnet wurde, sondern einen rein administrativen Hintergrund hat. Diesem Gebot entsprechen am besten spezifisch auf die Bedürfnisse der ausländerrechtlichen Haft eingerichtete Gebäulichkeiten. Eine Trennung auf der Ebene der Zellen genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, wohl aber die Unterbringung in getrennten Abteilungen derselben Anstalt, wenn die getroffene Lösung dem Zweck der getrennten Unterbringung Rechnung trägt und ein abweichendes freieres Haftregime (Gemeinschaftsräumlichkeiten, Besuchsausübung, Freizeitaktivitäten) zulässt (unveröffentlichte Urteile vom 11. Dezember 1995 i.S. M., E. 2 u. 3, vom 27. Februar 1996 i.S. S.A., E. 3, und vom 18. April 1996 i.S. S.A., E. 4). Gewisse unvermeidliche Überschneidungen bei der Benützung der Infrastruktur müssen sich dabei auf ein Minimum beschränken. Unbedenklich ist die zeitlich verschobene Benützung der gleichen Räumlichkeiten (z.B. beim Spaziergang) durch verschiedene Häftlingskategorien. Bauliche, organisatorische und personelle Gegebenheiten sind trotz der sich allenfalls aus den Erfordernissen des Anstaltsbetriebs oder aus Sicherheitsgründen ergebenden Sachzwänge anzupassen, soweit dies die verfassungsrechtlichen Minimalforderungen an den Haftvollzug gebieten (unveröffentlichtes Urteil vom 23. August 1995 i.S. M.; ANDREAS ZÜND, Rechtsprechung des Bundesgerichts, a.a.O., S. 90 ff.). Dem Häftling muss in diesem Sinn nebst einer geeigneten Unterbringung ein täglicher einstündiger Spaziergang im Freien gewährt werden, ohne dass er dabei mit Untersuchungshäftlingen in Kontakt kommt. Zudem ist ihm "soweit möglich", d.h. im Rahmen der den Behörden zur Verfügung stehenden Beschäftigungsmöglichkeiten, eine geeignete Tätigkeit anzubieten, wenn er sich um diese aktiv bemüht (vgl. unveröffentlichtes Urteil vom 18. April 1996 i.S. S.A., E. 4c); bei kurzer Haftdauer kann hiervon abgesehen werden (BBl 1994 I 326 f.; unveröffentlichtes Urteil vom 27. Februar 1996 i.S. S.A., E. 3b). b) aa) Der Beschwerdeführer kritisiert in erster Linie die Hausordnung für das Amtsgefängnis Willisau im Zusammenhang mit der Besuchsregelung, dem BGE 122 II 49 S. 54 Postverkehr, der Benützung eines Fernsehapparats und den Beschäftigungsmöglichkeiten. Die entsprechenden Regelungen gingen über die für die Ausschaffungshaft nötigen Einschränkungen hinaus und gewährten der inhaftierten Person nicht die dem Zweck der Haft entsprechende im kantonalen Recht geforderte "grösstmögliche Freiheit" (vgl. § 13k der luzernischen Verordnung zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und zum Asylgesetz [Fassung vom 23. Januar 1995]). bb) Die Kritik ist nicht stichhaltig, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob und wieweit die Rüge einer Verletzung des kantonalen Vollzugsrechts vorliegend zu berücksichtigen ist: Gegenstand der Haftprüfung bilden nicht einzelne Bestimmungen der Hausordnung für das Amtsgefängnis Willisau, sondern die konkreten Haftbedingungen des Beschwerdeführers. Diese entsprechen nach dem angefochtenen Entscheid und dem vom Bundesgericht eingeholten Bericht des Militär-, Polizei- und Umweltschutzdepartements den dargelegten bundesrechtlichen Minimalanforderungen. Vom Samstag, 30. März 1996, 09.45 Uhr, bis zum Montag, 1. April 1996, 08.45 Uhr, befand sich der Beschwerdeführer im Ausschaffungsgefängnis Schüpfheim, das dann wegen Umbauarbeiten bis Pfingsten geschlossen wurde. In der Folge bezog er eine vollständig sanierte Einzelzelle im Amtsgefängnis Willisau. Dort ist er mit anderen Ausschaffungshäftlingen im zweiten Stock untergebracht, während sich die Straf- und Untersuchungsgefangenen im ersten Stock befinden. Für die Vorbereitungs- und Ausschaffungshäftlinge stehen bis zur Eröffnung des eigentlichen Ausschaffungsgefängnisses Schüpfheim (Ende Mai 1996) fünf Einzelzellen, ein Duschraum, ein Aufenthaltsraum mit Kochnische und ein grosser Gang zur Verfügung. Der tägliche einstündige Spaziergang im Freien erfolgt - von Untersuchungs- und Strafgefangenen getrennt - auf dem Gefängnisdach. Das Verwaltungsgericht verband seine Haftgenehmigung ausdrücklich mit der Auflage, dem Beschwerdeführer sei täglich mindestens ein einstündiger Spaziergang zu gewähren; überdies sei ihm eine geeignete Arbeit zu ermöglichen. Seit dem 11. April 1996 stellt er seiner Ausbildung entsprechend Entwürfe für die Farbgebung der Wände und Türen des neuen Amtsgefängnisses Willisau her, wofür er ein Peculium von Fr. 15.-- pro Tag erhält; weitere Arbeiten hält das Zeughaus Luzern für ihn zur Verfügung. Zwar wird seine Post gemäss der allgemeinen Hausordnung geöffnet, doch dient die Kontrolle nicht der Zensur der Briefe selber; sie stellt vielmehr bloss sicher, dass auf diesem Weg (mit Blick auf die Beziehungen des BGE 122 II 49 S. 55 Beschwerdeführers zur Zürcher Szene) keine Drogen eingeschmuggelt werden. Sollte, wie der Beschwerdeführer in seiner Replik geltend macht, auch seine ausgehende Post kontrolliert werden, wäre dies künftig zu unterlassen, soweit hierfür keine besondere Veranlassung besteht. Ebenfalls der Verhinderung des Drogenschmuggels dient die Beaufsichtigung der Privatbesuche. Diese erfolgt locker und den Umständen angemessen, indem lediglich die Verbindungstür zwischen dem Besuchsraum und dem angrenzenden Büro offengelassen wird. Eine inhaltliche Kontrolle der Gespräche ist meist bereits aus sprachlichen Gründen nicht möglich. Besuche von Anwälten und Amtspersonen werden nicht überwacht. Der Beschwerdeführer kann schliesslich im Gemeinschaftsraum, zu dem er grundsätzlich freien Zutritt hat, kostenlos fernsehen; zu bezahlen wäre lediglich die Miete für ein Zusatzgerät in der eigenen Zelle. Telefongespräche werden ihm grosszügig gestattet; dass er Privatgespräche dabei selber zu begleichen hat, ist nicht zu beanstanden, solange der Kontakt mit seinem Anwalt sichergestellt bleibt. Das Vorbringen, er habe nicht, wie er dies gewünscht habe, mit einem Seelsorger sprechen können, ist neu und deshalb im vorliegenden Verfahren an sich unbeachtlich. Dennoch rechtfertigt sich die Feststellung, dass keinerlei Veranlassung bestehen dürfte, ihm dies zu verweigern. cc) Zusammenfassend ergibt sich, dass die bestehende Gefängnisordnung im Einzelfall ohne weiteres ein den bundesrechtlichen Anforderungen entsprechendes Haftregime zulässt; die Lösung hat mit Blick auf die Eröffnung des Ausschaffungsgefängnisses Schüpfheim zudem nur provisorischen Charakter, weshalb sich eine weitergehende spezifische Regelung der Haftbedingungen für Ausschaffungshäftlinge im Amtsgefängnis Willisau zurzeit nicht aufdrängt. Wie das Bundesgericht ausgeführt hat, ist den Kantonen, wenn sie die bundesrechtlichen Minimalanforderungen erfüllen, eine gewisse Frist zur Verwirklichung der übrigen Besonderheiten bei den Haftbedingungen für die administrativen Einsperrungen zuzugestehen (unveröffentlichtes Urteil vom 18. April 1996 i.S. S.A., E. 4c).
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Urteilskopf 121 V 80 14. Urteil vom 16. August 1995 i.S. W. H. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 9 Abs. 1 AHVG , Art. 17 lit. c und Art. 20 Abs. 3 AHVV . Bedeutung des Handelsregistereintrags bei Personengesellschaften für die Beitragspflicht von Teilhabern: Lässt die Eintragung klar auf die Verfolgung eines erwerblichen Zwecks schliessen, bedarf es zur Umstossung der daraus fliessenden Vermutung, es handle sich um eine Erwerbsgesellschaft und die von den Gesellschaftern bezogenen Anteile bildeten Erwerbseinkommen, des Nachweises, dass der Eintrag im Handelsregister offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entspricht (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 121 V 80 S. 80 A.- Die Kollektivgesellschaft W. H. und E. H., Inhaber W. H. Erben und E. H., bezweckt gemäss Eintrag im Handelsregister des Kantons Zürich den Betrieb eines Säge- und Hobelwerkes sowie die Verwaltung von Immobilien. Ihr gehört eine Liegenschaft in Y die seit 1976 Gegenstand eines Baurechtsvertrages ist. BGE 121 V 80 S. 81 Gestützt auf zwei Meldungen des kantonalen Steueramtes Zürich vom 9. November 1990, betreffend die 23. und 24. Periode der direkten Bundessteuer, erliess die Ausgleichskasse des Kantons Zürich am 25. Februar 1991 vier Nachtragsverfügungen, womit sie die von W. H. als Mitglied einer Erbengemeinschaft, die ihrerseits Gesellschafterin der Kollektivgesellschaft ist, für die Jahre 1986-1989 auf den Baurechtszinsen geschuldeten persönlichen Sozialversicherungsbeiträge festsetzte. B.- Beschwerdeweise beantragte W. H. die Aufhebung der Nachtragsverfügungen. Er machte geltend, die Baurechtszinsen seien als Vermögensertrag zu qualifizieren. Die Kollektivgesellschaft habe 1976 den Geschäftsbetrieb aufgegeben und die einzige Liegenschaft einem Dritten im Baurecht zur Verfügung gestellt. Seither übe sie keine Erwerbstätigkeit mehr aus. Die Verwaltung der ehemaligen Geschäftsliegenschaft stelle kein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe dar. Die Steuerbehörde habe die Liegenschaft als Privatvermögen qualifiziert. Mit Entscheid vom 15. März 1994 wies die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich die Beschwerde ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt W. H. die Aufhebung des kantonalen Entscheides und der Beitragsverfügungen sowie die Entlassung aus der Mitgliedschaft bei der Ausgleichskasse beantragen. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. a) Gemäss Art. 9 Abs. 1 AHVG gilt als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt. Dazu gehören nach Art. 17 lit. c (in der bis Ende 1994 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 AHVV auch die Anteile der Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von andern auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit, soweit sie den gemäss Art. 18 Abs. 2 AHVV zum Abzug zugelassenen Zins übersteigen. BGE 121 V 80 S. 82 Nach der geltenden Regelung sind sämtliche Teilhaber von Kollektivgesellschaften für ihre Anteile am Einkommen der Personengesamtheit der Beitragspflicht aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterstellt. Wie das Eidg. Versicherungsgericht entschieden hat, hält sich die generelle Beitragspflicht der Teilhaber von Kollektivgesellschaften im Rahmen des Gesetzes; denn wer sich als Teilhaber einer Kollektivgesellschaft anschliesst, nimmt nicht in erster Linie eine private Vermögensanlage vor ( BGE 105 V 7 Erw. 2b; ZAK 1985 S. 316 Erw. 1). Die Beitragspflicht setzt nicht voraus, dass der Gesellschafter persönliche Arbeitsleistungen erbringt ( BGE 105 V 7 Erw. 2; ZAK 1988 S. 456 Erw. 4b, 1986 S. 460 Erw. 4a, 1985 S. 317 Erw. 1 am Ende und S. 524 Erw. 2d, 1981 S. 519 Erw. 2b). b) Nach der Rechtsprechung ist bei der Kollektivgesellschaft von der Vermutung auszugehen, sie sei ein auf Erwerb gerichtetes Unternehmen und die vom Gesellschafter bezogenen Anteile bildeten Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit und nicht (beitragsfreien) Kapitalertrag ( BGE 101 V 8 Erw. 1a; EVGE 1964 S. 149 Erw. 1, 1959 S. 43 Erw. 3). Die Vermutung kann im Einzelfall widerlegt werden, indem nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft ausnahmsweise einem nicht erwerblichen Zweck dient ( Art. 553 OR ). Der Vermutung ist anderseits zusätzliche Bedeutung beizumessen, wenn aus dem Eintrag im Handelsregister klar hervorgeht, dass die Gesellschaft einen erwerblichen Zweck verfolgt. Trifft dies zu, so muss sich der Gesellschafter diesen Umstand auch hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht entgegenhalten lassen. Die von ihm bezogenen Anteile gelten demnach grundsätzlich als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, ohne dass geprüft werden müsste, welche Art von Tätigkeit die Gesellschaft im jeweils massgebenden Zeitraum tatsächlich ausgeübt hat. Hievon kann nur abgewichen werden, wenn nachgewiesen ist, dass der Eintrag im Handelsregister offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und dass triftige Gründe gegen eine Änderung des Eintrags vorliegen ( BGE 101 V 7 ff.; ZAK 1985 S. 317 Erw. 2). c) Entsprechend der ihm durch Art. 9 Abs. 4 AHVG eröffneten Möglichkeit hat der Bundesrat in Art. 23 Abs. 1 AHVV angeordnet, es obliege den kantonalen Steuerbehörden, das für die Berechnung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen aufgrund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb arbeitende Eigenkapital aufgrund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der Vorschriften über die direkte Bundessteuer zu BGE 121 V 80 S. 83 ermitteln. Die Angaben der kantonalen Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich ( Art. 23 Abs. 4 AHVV ). Das Eidg. Versicherungsgericht geht indes in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die in Art. 23 Abs. 4 AHVV angeordnete Bindungswirkung sich nur auf die Bemessung des massgebenden Einkommens und des im Betrieb investierten Eigenkapitals bezieht. Demgegenüber wird die beitragsrechtliche Qualifikation des Einkommens bzw. des Einkommensbezügers, etwa die Frage, ob überhaupt Einkommen aus Erwerbstätigkeit vorliegt, von der Bindungswirkung des Art. 23 Abs. 4 AHVV nicht erfasst. Die Ausgleichskasse hat also selbständig zu entscheiden, ob ein von der Steuerbehörde gemeldetes Einkommen als beitragspflichtiges Erwerbseinkommen oder beitragsfreier Kapitalertrag zu qualifizieren ist (BGE BGE 110 V 371 Erw. 2a). Allerdings hat die Rechtsprechung auch entschieden, dass sich die Ausgleichskassen bei der Qualifikation gemeldeter Einkünfte in der Regel auf die Steuermeldungen verlassen und eigene nähere Abklärungen nur dann vornehmen sollen, wenn sich ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Steuermeldung ergeben ( BGE 111 V 294 Erw. 3c, BGE 110 V 86 Erw. 4 und 370 Erw. 2a; AHI 1993 S. 223). 3. a) Im vorliegenden Fall geht es um die Streitfrage, ob die Baurechtszinsen, die vom Beschwerdeführer als Mitglied einer an der Kollektivgesellschaft beteiligten Erbengemeinschaft bezogen wurden, als Erträge des privaten Vermögens oder als Erwerbseinkommen zu qualifizieren sind. b) Im Handelsregister des Kantons Zürich ist als Geschäftszweck der betreffenden Kollektivgesellschaft seit 1972 eingetragen: "Betrieb eines Säge- und Hobelwerkes sowie Verwaltung von Immobilien". Rechtsprechungsgemäss wird daher die Vermutung, die Kollektivgesellschaft verfolge einen erwerblichen Zweck, durch diesen Handelsregistereintrag verstärkt. Und eine Entkräftung dieser Vermutung setzt den Nachweis voraus, dass der Eintrag offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und überdies triftige Gründe gegen eine Änderung des Eintrags vorliegen (vgl. Erw. 2b hievor). c) Nach den unbestrittenen tatsächlichen, das Eidg. Versicherungsgericht bindenden Feststellungen der Vorinstanz sind der Sägereibetrieb und das Hobelwerk liquidiert und ist aufgrund der Steuerakten erwiesen, dass die Kollektivgesellschaft seit 1976 nur die Verwaltung der Betriebsliegenschaft besorgt hat, obschon sie sich aufgrund der Zweckeintragung im Handelsregister jederzeit in der Lage sieht, die Verwaltungen von fremden BGE 121 V 80 S. 84 Liegenschaften zu übernehmen. Mit der Vorinstanz kann als erstellt gelten, dass der im Handelsregister eingetragene Haupt- und Nebenzweck der Kollektivgesellschaft offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entspricht. Dies wird denn auch von den Parteien anerkannt. Umstritten ist indes, ob im Hinblick auf die Entkräftung der durch den Handelsregistereintrag geschaffenen Vermutung triftige Gründe vorliegen, die gegen eine Änderung des unrichtigen Eintrags sprechen. 4. a) Die Vorinstanz hat erkannt, dass die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Baurechtsvertrages vorgebrachten Argumente die hier entscheidende Frage nicht zu beantworten vermöchten, ob triftige Gründe gegen eine Richtigstellung des bestehenden, aber offensichtlich und seit längerer Zeit nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Handelsregistereintrags vorliegen. Der Beschwerdeführer mache im übrigen keine Angaben darüber, warum der unrichtige Gesellschaftszweck im Handelsregister nicht in "Verwaltung der gesellschaftseigenen Liegenschaften" oder - wie er selber vorschlage - in "nichtkaufmännische Gesellschaft zum Besitze der Liegenschaft Grundregister R. Blatt 251 etc." umgeändert wurde. Damit wäre kein wirtschaftlicher Zweck mehr vorgesehen und infolgedessen der Nachweis für die AHV, dass die Kollektivgesellschaft nicht auf einen Erwerbszweck ausgerichtet ist, einfach zu erbringen gewesen. Weil sich an der ursprünglichen Situation faktisch wohl nichts geändert hätte, erweise sich die Betrachtungsweise nicht als formalistisch. Denn diese gründe in der Formulierung von Art. 17 lit. c AHVV in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 AHVV wie auch im öffentlichen Glauben, der in beschränktem Masse dem Handelsregister zukomme, und entspreche der konstanten höchstrichterlichen Rechtsprechung, an der festzuhalten sei. Der Nachweis dafür, dass triftige Gründe gegen eine Änderung des Handelsregistereintrags vorliegen würden, sei nicht erbracht worden. Was ferner die steuerrechtliche Qualifikation der Liegenschaft der Kollektivgesellschaft "W. H. und E. H., Inhaber W. H. Erben und E. H." als Privatvermögen betreffe, so sei darauf hinzuweisen, dass sich weder die Ausgleichskasse noch der Sozialversicherungsrichter daran gebunden sähen. Schliesslich könne der Beschwerdeführer daraus, dass in anderen Bereichen der Rechtsprechung zur AHV den wirtschaftlichen Gegebenheiten vor den formellen zivilrechtlichen der Vorrang gegeben werde, nichts zu seinen Gunsten ableiten. BGE 121 V 80 S. 85 b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dem kantonalen Gericht vorgeworfen, es halte aus formalistischen Erwägungen an einer vermeintlich unumstösslichen Vermutung fest, obwohl die Kollektivgesellschaft offensichtlich keine erwerbliche Tätigkeit mehr ausübe und die Baurechtszinsen als privater Kapitalertrag zu qualifizieren seien. Im weiteren wird die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach eine Änderung des offensichtlich und seit längerem nicht mehr den Gegebenheiten entsprechenden Zweckeintrags aus triftigen Gründe unterblieben sein musste, insofern in Zweifel gezogen, als damit das Umstossen einer durch den Handelsregistereintrag geschaffenen Vermutung schlechthin verunmöglicht werde. Vielmehr solle sich die beitragsrechtliche Qualifikation allein danach richten, ob das erzielte Einkommen erwerblicher Art sei, wie das vermutungsweise bei einer Kollektivgesellschaft zutreffe, und ob sich diese Vermutung umstossen lasse. 5. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der im Handelsregister eingetragene Haupt- und Nebenzweck der Kollektivgesellschaft offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entspricht. Die Kollektivgesellschaft hatte die einzige Betriebsliegenschaft im Baurecht abgetreten und bezieht nur mehr die Baurechtszinsen. Mit dem Beschwerdeführer ist in Anwendung der Praxis betreffend Abgrenzung zwischen Erwerbseinkommen und Vermögensertrag bei Liegenschaften (AHI 1993 S. 227 mit Hinweisen) davon auszugehen, dass der Anteil an diesen Baurechtszinsen - wirtschaftlich betrachtet - nicht Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit darstellt, sondern privaten Vermögensertrag, obschon er im Rahmen der Tätigkeit einer Kollektivgesellschaft erzielt worden ist. Die Widerlegung der Vermutung, die vom Beschwerdeführer bezogenen Anteile bildeten Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, misslingt indes nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz deshalb, weil keine triftigen Gründe gegen eine Änderung des Eintrags nachgewiesen wurden. Im folgenden bleibt zu prüfen, ob auf das Erfordernis des Nachweises triftiger Gründe zu verzichten ist und statt dessen - wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angeregt - in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise Platz zu greifen hat. 6. a) Sprechen keine entscheidenden Gründe zugunsten einer Praxisänderung, ist die bisherige Praxis beizubehalten. Gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich nur BGE 121 V 80 S. 86 begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 119 V 260 Erw. 4a mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu ändern, wenn sie als unrichtig erkannt oder wenn deren Verschärfung wegen veränderter Verhältnisse oder zufolge zunehmender Missbräuche für zweckmässig gehalten wird ( BGE 119 V 260 Erw. 4a mit Hinweis). b) Die hier in Frage stehende Rechtsprechung ( BGE 101 V 7 ) gründet in der seinerzeitigen Überlegung des Gesamtgerichts, dass es für die Annahme von Kapitaleinkommen nicht genüge, wenn eine Kollektivgesellschaft, deren Zweck im Handelsregister als erwerblich ausgewiesen ist, faktisch während längerer Zeit nicht mehr in diesem Sinne tätig war. Vielmehr bedürfe es des Nachweises, dass der Handelsregistereintrag unrichtig sei, der angegebene Zweck mithin dem wahren Zweck nicht entspreche. Zusammen mit dem weiteren Erfordernis des Nachweises triftiger Gründe gegen eine Anpassung des Zweckeintrags sollte dabei vor allem verhindert werden, dass eine solche Kollektivgesellschaft jederzeit wieder erwerblich tätig würde und für die Beitragserhebung ein unpraktikables Hin und Her entstehen könnte (vgl. BGE 101 V 10 Erw. 2). In der Folge hat das Eidg. Versicherungsgericht bis heute davon abgesehen, sich über das Erfordernis der triftigen Gründe in allgemeingültiger Form näher auszusprechen. Zum einen fehlte es in den bislang beurteilten Fällen schon am Nachweis, dass der Eintrag im Handelsregister offensichtlich und seit längerer Zeit den tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr entsprach ( BGE 101 V 10 Erw. 2). Zum andern wurde das Vorliegen triftiger Gründe kurzerhand verneint, ohne dass in diesem Zusammenhang eine objektive, über den Anwendungsfall hinausgreifende Umschreibung erfolgt wäre (ZAK 1985 S. 318; unveröffentlichtes Urteil S. vom 27. September 1991). Auch im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, wie es sich im einzelnen damit verhält. Eine erneute Prüfung ergibt nämlich, dass am kumulativen Erfordernis des Vorliegens triftiger Gründe gegen eine Änderung des Eintrags nicht weiter festzuhalten ist. Denn mit dieser zweiten Voraussetzung entsteht die Gefahr, dass die Entkräftung der aus dem Handelsregistereintrag fliessenden Vermutung generell verhindert wird. Zu Recht wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sogar die Frage aufgeworfen, ob es angesichts der bisherigen Rechtsprechung überhaupt triftige Gründe geben könne, die einer formellen Zweckänderung entgegenstünden. BGE 121 V 80 S. 87 Wie dem auch sei - fest steht jedenfalls, dass mit dem fraglichen Erfordernis eine durch allgemeine beweisrechtliche Grundsätze - namentlich auch Art. 9 Abs. 2 ZGB ( BGE 101 V 9 Erw. 1b) - nicht abgestützte Erschwerung des Beweises der Unrichtigkeit des Registereintrags einhergeht, für die ein sachlicher Grund nicht auszumachen ist. Insofern bietet bereits die erste Voraussetzung des offensichtlich und seit längerer Zeit nicht mehr den Gegebenheiten entsprechenden Handelsregistereintrags hinreichend Gewähr für die erforderliche Konstanz der beitragsrechtlichen Grundlagen. Selbst wenn sich die Kollektivgesellschaft, deren Zweckeintrag beibehalten wurde, infolgedessen jederzeit zur erneuten Ausübung einer Geschäftstätigkeit in der Lage sieht, vermag dies im Gegensatz zu der in BGE 101 V 10 Erw. 2 geäusserten Befürchtung nichts zu ändern. Die AHV-Organe sind nicht überfordert, in einem solchen nicht allzu häufig auftretenden Fall die rechtliche Qualifikation des von der Steuerverwaltung gemeldeten Einkommens vorzunehmen. c) Nach dem Gesagten erweist sich die bisherige Rechtsprechung als unrichtig, so dass mit Blick auf die bessere Erkenntnis der ratio legis und der zu regelnden Materie nicht daran festgehalten werden kann. Vielmehr ist für die Entkräftung der bei Personengesellschaften aus dem Handelsregistereintrag fliessenden Vermutung fortan nur noch erforderlich, dass die Eintragung den tatsächlichen Verhältnissen offensichtlich und seit längerer Zeit nicht mehr entspricht. Lässt sich die Vermutung auf diese Weise umstossen, bleibt nach den üblichen wirtschaftlichen Kriterien zu prüfen (vgl. AHI 1993 S. 227), ob die in Frage stehenden Entgelte als Erwerbseinkommen zu qualifizieren sind. - Am Rande sei schliesslich erwähnt, dass diese Grundsätze gleichermassen unter der Herrschaft der ab 1. Januar 1995 in Kraft stehenden revidierten Fassung von Art. 17 AHVV gelten. 7. Aufgrund des in Erw. 5 Gesagten steht fest, dass die dem Beschwerdeführer als Teilhaber einer Kollektivgesellschaft zukommenden Baurechtszinsen kein beitragspflichtiges Erwerbseinkommen, sondern beitragsfreien Kapitalertrag darstellen (AHI 1994 S. 135 Erw. 2c), wie dies im übrigen auch die Steuerbehörde anerkannt hat. Die Beitragsverfügungen und der kantonale Entscheid sind daher aufzuheben.
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b42c22bc-b907-4976-a7ca-e73373b6405b
Urteilskopf 108 II 184 38. Arrêt de la Ire Cour civile du 13 septembre 1982 dans la cause Carlin S.A. contre Etat de Vaud (recours en réforme)
Regeste Art. 58 OR ; Haftung des Werkeigentümers. 1. Der Eigentümer einer Strasse haftet aus Art. 58 OR wie für jedes andere Werk, wenn er, während die Strasse gebaut oder instandgestellt wird, deren ordentliche Benützung zulässt (E. 1). 2. Verschulden des Lenkers, der eine Strasse befährt, die sich im Umbau befindet; Ausschluss der Haftung des Werkeigentümers (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 184 BGE 108 II 184 S. 184 A.- En août 1979, l'Etat de Vaud procédait à des travaux de correction et de réfection de la route cantonale de 3e classe du Mollendruz, au lieu dit "Crêt-Blanc". En descendant, la route y décrit un léger tournant à gauche. La chaussée - d'ordinaire goudronnée - avait alors été modifiée et se trouvait recouverte de tout-venant roulé; sa largeur était alors réduite à 6,5 m et elle était bordée à droite en descendant par trois barrières de chantier et par un talus en contrebas. Les travaux s'étendaient sur une longueur d'environ 1 km. Aux deux extrémités du tronçon, une signalisation BGE 108 II 184 S. 185 fixe avait été mise en place. Les travaux se sont déroulés sans interruption notable du trafic; un passage alterné était organisé en cas de nécessité. L'aménagement de la chaussée était ainsi conforme aux normes de l'Union suisse des professionnels de la route. Dans le tournant mentionné ci-dessus, la chaussée a été rehaussée par l'apport de tout-venant. Dans le cadre de ces travaux, Carlin S.A. effectuait pour l'Etat de Vaud des transports de matériaux au moyen de son camion dit "à deux essieux" (mais en comportant en réalité trois) portant plaques VD 3393. Le 17 août 1979, le chauffeur Dupraz conduisait ce camion chargé de pierre, sur ledit tronçon, à la descente en direction de L'Abbaye. Arrivé au lieu dit "Crêt-Blanc", il dut croiser un train routier chargé de billes. Dans des conditions qui n'ont pas pu être établies avec précision, la chaussée céda à l'extrême droite du camion de Carlin S.A., qui bascula dans le talus et se renversa sur le flanc; il était irréparable et le dommage s'élève à 70'000 francs; la location d'un véhicule de remplacement a en outre coûté 3'850 francs. B.- Carlin S.A. a actionné l'Etat de Vaud en paiement de 73'850 francs avec intérêt à 5% dès le 18 octobre 1979. Par arrêt du 5 février 1982, la Cour civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté la demande. C.- Carlin S.A. a ensuite interjeté un recours en réforme contre cet arrêt; admettant une minime faute concurrente, elle a conclu au paiement de 59'080 francs avec intérêt à 5% dès le 18 octobre 1979. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Selon une jurisprudence constamment suivie, quels que soient les critères généraux distinguant le droit public du droit privé, les collectivités publiques assument la responsabilité de droit privé fondée sur l' art. 58 CO pour les routes ouvertes à la circulation qui dépendent d'elles, même si ces routes relèvent du domaine public ( ATF 106 II 204 , ATF 102 II 344 et arrêts cités). Aussi l'Etat de Vaud répond-il, en principe, comme propriétaire de la route cantonale du Mollendruz. b) L' art. 58 CO présuppose un vice de construction ou un BGE 108 II 184 S. 186 défaut d'entretien d'un ouvrage terminé et utilisé conformément à sa destination; il n'est pas applicable aux conséquences d'une imperfection passagère due à sa construction ou à sa réparation ( ATF 96 II 341 et arrêts cités). Cependant, comme le relève à juste titre la recourante, le propriétaire répond selon l' art. 58 CO dans la mesure où il affecte l'ouvrage en construction ou en réparation, à son usage normal ( ATF 94 II 154 , ATF 63 II 147 , 46 II 257). Il n'y a point de raison de soustraire les routes de l'application de ce principe général. Il ne saurait en aller autrement lorsque le propriétaire affecte l'ouvrage à son usage normal, mais seulement de manière restreinte, en raison de travaux de construction ou de réfection. Quand l'usager peut se rendre compte de cette restriction, le propriétaire répond selon l' art. 58 CO de ce qui représente un défaut de construction ou d'entretien en fonction de cet usage restreint. Aussi le "propriétaire" d'une route en réfection, mais laissée ouverte à la circulation publique, répond-il selon l' art. 58 CO de ce qui doit être considéré comme un défaut de construction ou d'entretien pour une telle route; le propriétaire doit maintenir la route dans un état offrant une sécurité suffisante aux usagers eu égard à la circulation restreinte à laquelle elle est affectée (cf. ATF 102 II 345 /346); en revanche, il n'est donc point responsable d'inconvénients inhérents à de tels travaux, dont peuvent se rendre compte des usagers normalement attentifs. Ceux-ci, tenus de s'adapter aux conditions de la route et de la circulation ( art. 31 et 32 LCR ), sont astreints à une prudence particulière lorsqu'ils parcourent une route en réfection; ils doivent prendre en considération l'état de la chaussée en réfection, notamment en ce qui concerne sa largeur, son profil, son revêtement, la résistance de son sol, et s'efforcer de l'utiliser sans qu'il en résulte de dommage ( ATF 102 II 345 , 98 II 44). 2. La preuve d'un vice de construction ou d'un défaut d'entretien selon l' art. 58 CO incombe à celui qui invoque cette cause de responsabilité ( art. 42 al. 1 CO , 8 CC). Or la cour cantonale constate que l'on n'a établi ni le déroulement exact de l'accident ni l'existence d'un vice de construction ou défaut d'entretien; aussi attribue-t-elle l'accident exclusivement au comportement fautif du chauffeur de camion. La recourante objecte que son chauffeur n'a pas commis de faute et que, partant, l'accident ne peut être attribué qu'à un défaut de l'ouvrage. Ces considérations relèvent en partie du fait - ce qui exclut un BGE 108 II 184 S. 187 réexamen par le Tribunal fédéral en dehors d'hypothèses non réalisées en l'occurrence ( art. 63 et 64 OJ ) - et en partie du droit, soumis à la revision du Tribunal fédéral. Il n'est pas indispensable de faire, en l'occurrence, le départ exact de l'un et l'autre. Le Tribunal fédéral examine librement au regard du droit si le chauffeur Dupraz a respecté les règles de circulation. Or, les explications que la recourante donne elle-même dans son recours, jointes aux constatations de l'arrêt attaqué, démontrent que tel n'était pas le cas. Tout d'abord, le chauffeur pouvait et devait se rendre compte que le sol en réfection, constitué de tout-venant non enrobé de bitume, nouvellement mis en place, ne présentait pas la même résistance que celle d'une route goudronnée, spécialement en bordure de route; conduisant un gros camion, particulièrement lourd lorsqu'il est chargé, il devait être spécialement attentif à cet élément, en parcourant la route en réfection. Il devait aussi tenir compte du rétrécissement de la route et des difficultés qui en résultaient pour le croisement d'autres véhicules; il devait y attacher d'autant plus d'attention qu'en raison de la résistance amoindrie du sol, l'usage de l'extrême bord de la route pouvait apparaître dangereux et que son camion était large et chargé près de la limite autorisée. De surcroît, la ridelle à l'arrière ayant été arrachée, la charge de pierres qu'il transportait avait été avancée sur l'avant du pont, ce qui déplaçait le centre de gravité à l'avant et augmentait la charge sur l'essieu avant. Il pouvait s'attendre qu'en cas de freinage, il en résulterait une force supérieure sur les roues avant et ne devait pas méconnaître non plus qu'il s'engageait à la descente, de sorte que le freinage exigeait une force supérieure qui se traduit sur les roues et la route. Enfin, il ne devait pas oublier qu'il s'engageait sur un tracé comportant un léger virage à gauche et prévoir qu'un freinage dans le tournant pouvait le déporter à droite et créer une force accrue sur les roues droites. Dans ces conditions, la vitesse de 42 km/h avec laquelle il s'est engagé sur cette route en réfection, rétrécie, à la descente et à proximité d'un léger tournant à gauche, était évidemment excessive; apparemment surpris par le croisement d'un poids lourd auquel - à tort - il ne s'attendait pas, selon les constatations déterminantes de l'arrêt attaqué, il fut "forcé, lors du croisement, à freiner brusquement, et son véhicule s'est trouvé de ce fait déporté vers la droite. C'est ainsi que (...) l'extrême bord de la chaussée (...) a pu céder". Il saute aux yeux que cette manoeuvre intempestive de Dupraz est due exclusivement à ce qu'il n'a point BGE 108 II 184 S. 188 pris en considération les éléments ci-dessus qui auraient dû lui dicter sa conduite; s'il l'avait fait, il n'aurait pas eu besoin de freiner brusquement - ce qui a déporté son véhicule à l'extrême droite -, le freinage intempestif n'aurait pas accumulé au lieu de l'accident la force élevée qui a fait céder la chaussée et celle-ci aurait vraisemblablement résisté. Que d'autres véhicules aient aussi circulé à cet endroit à une allure de 40 à 50 km/h est sans portée. En effet, d'une part on ignore dans quelles conditions exactes ils l'ont fait et par ailleurs la faute éventuelle d'autres chauffeurs ne saurait rendre licite le comportement du chauffeur Dupraz. Aussi est-ce à tort que la recourante entend déduire de la conduite prétendument correcte de son chauffeur que l'accident serait dû exclusivement à un vice de construction ou un défaut d'entretien. Ceux-ci ne sont par ailleurs établis par aucun élément.
public_law
nan
fr
1,982
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b42f0ff4-c49c-41fa-8638-2a88c47e6819
Urteilskopf 91 I 364 60. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. September 1965 i.S. Spross gegen Spross und Mitbeteiligte sowie Direktion des Innern des Kantons Zürich.
Regeste Verwaltungsgerichtsbeschwerde ( Art. 97 ff. OG ), insbesondere in Zivilstandssachen ( Art. 99, I, c OG ). Der Vollzug der Entscheidung, die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegt, hindert die Beschwerdeführung nicht. (Erw. 1). Solange die Beschwerde offen steht oder hängig ist, soll die Entscheidung (hier: die Bewilligung zur Eintragung einer im Ausland geschlossenen Ehe) wenn möglich nicht oder nur mit Vorbehalt vollzogen werden. (Erw. 2). Lauf der Beschwerdefrist gegenüber einer den persönlich betroffenen Personen nicht mitgeteilten Eintragungsbewilligung nach Art. 137 ZStV . (Erw. 3). Welches ist die Rechtslage bei Bewilligung der Eintragung in mehreren Kantonen in verschiedenen Zeitpunkten? (Erw. 4). Von Art. 7f Abs. 1 NAG verpönte Umgehungsabsicht: Kann die Aufsichtsbehörde die Eintragung der im Ausland geschlossenen Ehe bei Annahme einer solchen von den Eheleuten bestrittenen Absicht verweigern? (Erw. 5). Die Bewilligung zur Eintragung einer Eheschliessung greift der Eheungültigkeitsklage nicht vor. (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 366 BGE 91 I 364 S. 366 A.- Josef Hugo Spross, geboren 1894, von und wohnhaft in Zürich, und Bertha Schnider, geboren 1897, von Basel und Langenbruck BL, wohnhaft in Zürich, meldeten am 8. November 1963 beim Zivilstandsamte Zürich ihr Eheversprechen an. Dagegen erhob ein Sohn aus erster Ehe des Bräutigams, Werner Hansjörg Spross, Einspruch mit der Erklärung, der Bräutigam sei geisteskrank und daher nicht ehefähig. Da die Verlobten den Einspruch nicht gelten liessen, erhob er beim Bezirksgericht Zürich Klage auf Untersagung des Eheabschlusses. Während der Hängigkeit dieser Klage reisten die Brautleute nach England und liessen sich am 19. Juni 1964 vor dem Zivilstandsamt des Bezirks von Thanet, Grafschaft Kent, trauen. Die englische Heiratsurkunde wurde durch Vermittlung des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandsdienst den Aufsichtsbehörden der Kantone Zürich, Basel-Stadt und Basel-Landschaft zugestellt. In diesen zwei Kantonen wurde die Ehe hierauf mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörden im Juli und August 1964 in den Familienregistern eingetragen. Die Direktion des Innern des Kantons Zürich schob dagegen den Entscheid über die Eintragung mit Rücksicht auf den Eheuntersagungsprozess einstweilen auf. Sie ordnete die Eintragung im Zivilstandsregister von Zürich dann aber am 15. März 1965, zwei Tage nach dem Tode des Ehemannes, an. Die Klage auf Untersagung des Eheabschlusses war vom Bezirksgericht Zürich am 9. Oktober 1964 angesichts der im Ausland erfolgten Eheschliessung als gegenstandslos geworden abgeschrieben worden. Das Obergericht des Kantons Zürich hatte diesen vom Kläger weitergezogenen Beschluss am 24. Februar 1965 bestätigt. Auf die Berufung des Klägers trat das Bundesgericht am 12. Juli 1965 nicht ein ( BGE 91 II 81 ). B.- Gegen die Eintragungsbewilligung vom 15. März 1965 erhob der Eheeinsprecher, dem die Verfügung mit entsprechender Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde, binnen gesetzlicher Frist die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und damit der verlangte Eintrag einer Eheschliessung zwischen den beiden Beschwerdegegnern (gemeint sind die Eheleute Spross-Schnider) im Familienregister zu verweigern. C.- Die kantonale Behörde stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde, ebenso der Vertreter der Eheleute Spross-Schnider. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragt, BGE 91 I 364 S. 367 auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Ausländische Urkunden (betreffend Erklärungen und Entscheidungen, welche den Zivilstand berühren, also Heirats-, Kindesanerkennungs- und Adoptionsurkunden ebenso wie Ehescheidungsurteile und dergleichen) dürfen nach Art. 137 Abs. 1 ZStV nur mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörde in schweizerische Register eingetragen werden. Diese Eintragungsbewilligung und ihre Ablehnung unterstehen (als "Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Zivilstandssachen"; Art. 99, I, c OG ) der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ( BGE 64 II 76 Erw. 1; BGE 87 I 470 Erw. 4). In der zuletzt erwähnten Entscheidung wurde jedoch mit Hinweis auf ein Urteil vom 27. Juni 1946 i.S. Weber erklärt, dieses Rechtsmittel könne nach Vollzug der bewilligten Eintragung nicht mehr ergriffen werden. Hieran anknüpfend, hält das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die vorliegende Beschwerde für unzulässig, "sofern das Bundesgericht an der in BGE 87 I 464 (besonders 470/71) festgelegten Praxis... festhält". Das Departement weist darauf hin, dass die von der kantonalen Behörde bewilligte Eintragung im vorliegenden Falle sofort vollzogen wurde, und ist der Ansicht, das sei notwendig gewesen; denn als Ausweis für die Bestattung des Josef Hugo Spross habe es eines Todesscheines mit Angabe des Zivilstandes des Verstorbenen bedurft. Auch für Notare, Versicherungsgesellschaften usw. seien solche Registerauszüge unerlässlich. Indessen kann es nicht bei der in den angeführten Präjudizien umschriebenen Abgrenzung des Anwendungsgebietes der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und der Berichtigungsklage bleiben. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat zwar nicht von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung ( Art. 106 OG ). Doch kann nicht zugegeben werden, dass dieses Rechtsmittel durch den Vollzug der auf diesem Wege anfechtbaren Entscheidung ausgeschaltet werde, also trotz noch offenstehender Frist nicht mehr ergriffen werden könne oder, wenn bereits eingereicht, durch nachträglichen Vollzug dahinfalle, sofern der Vollzugshandlung keine vorsorgliche Verfügung zuvorkam. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Eintragungsbewilligung der kantonalen Behörde, solange die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht, und BGE 91 I 364 S. 368 weiterhin während der Hängigkeit einer solchen Beschwerde, gar nicht mit endgültiger Wirkung, sondern nur einstweilen vollstreckbar ist. So verlangt es der Rechtsschutz, den die Verwaltungsgerichtsbarkeit bieten soll (vgl. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 5. Auflage, S. 184/85; KIRCHHOFER, Die Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht, ZSR NF 49, S. 64: "Wird ein Entscheid vollstreckt, gegen den die verwaltungsgerichtliche Beschwerde erhoben wird, so muss die Vollstreckung, wenn dann der Entscheid vom Verwaltungsgericht aufgehoben wird, wieder rückgängig gemacht werden, so gut dies noch möglich ist"). Die vollzogene Eintragung eines im Ausland erfolgten Eheabschlusses steht somit dem Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht entgegen. Bei deren Gutheissung hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Löschung der zu Unrecht angeordneten Eintragung gemäss Art. 51 Abs. 2 ZStV zu verfügen, und es sind die mittlerweile mit Angabe des ehelichen Standes des Verstorbenen erstellten Registerauszüge durch entsprechende Anzeige an die Empfänger zu berichtigen. 2. Der Ansicht, infolge des Todes des in England getrauten Ehemannes habe die Ehe sogleich, und zwar ohne Vorbehalt, eingetragen werden müssen, ist übrigens nicht beizutreten. Da die kantonale Eintragungsbewilligung noch der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterlag, war sie noch nicht voll rechtskräftig (vgl. FLEINER, a.a.O.) und durfte daher nicht vorbehaltlos, sondern nur einstweilen, mit entsprechendem Vorbehalt vollzogen werden, sofern man es nicht überhaupt vorzog, vor jeder Eintragung die allfällige Einreichung und den Erfolg einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuwarten. In beiden Fällen war zwar in Registerauszügen auf den Eheschluss als solchen hinzuweisen, aber eben mit der Bemerkung, die Eintragungsbewilligung unterstehe noch der verwaltungsgerichtlichen Anfechtung. Wieso ein dahin lautender (die wahre Rechtslage bescheinigender) Registerauszug nicht als Ausweis für die Bestattung hätte dienen können, ist nicht zu finden. Und ebensowenig ist einzusehen, wieso dem für die Ausstellung von Erbbescheinigungen zuständigen Notar, einer Versicherungsgesellschaft oder andern Interessenten der eheliche Stand des Verstorbenen voreilig und ohne Vorbehalt hätte bescheinigt werden müssen oder auch nur dürfen, auf die Gefahr eines spätern Widerrufes solcher Bescheinigungen hin. In der Literatur ist denn auch die Erwartung ausgesprochen worden, trotz fehlendem BGE 91 I 364 S. 369 gesetzlichem Suspensiveffekt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werde die Verwaltung von sich aus mit Vollstreckungsmassnahmen zurückhalten, "wo nicht Gefahr im Verzug ist" (KIRCHHOFER, a.a.O. 63/64, Fussnote 90). Wo es um die Eintragung einer ausländischen Urkunde geht, die den Zivilstand betrifft, ist somit entweder in den Akten des in Frage stehenden Zivilstandsamtes statt des eigentlichen Eintrages vorerst bloss eine Notiz mit entsprechendem Vorbehalt aufzunehmen oder der einstweilen bereits vorgenommenen Eintragung wie auch allfälligen Registerauszügen ein solcher Vorbehalt beizufügen. 3. Das in BGE 87 I 464 ff. gefällte Urteil erweist sich damit nicht etwa als unrichtig. Es handelte sich damals um eine im Ausland ausgesprochene Ehescheidung, die schon fünf Jahre vor Einleitung des Beschwerdeverfahrens mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörde im Familienregister des schweizerischen Heimatortes der Parteien eingetragen worden war. Diese Bewilligung konnte in der Tat nicht mehr durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, auch wenn sie seinerzeit der geschiedenen Ehefrau nicht eröffnet worden war. Allerdings schreibt Art. 107 OG vor, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei "innert 30 Tagen vom Eingang der schriftlichen Ausfertigung des Entscheides an" beim Bundesgericht einzureichen. Die Frist zur Beschwerde wird danach durch die Zustellung des Entscheides in Lauf gesetzt. Das Gesetz hat dabei jedoch eben nur Entscheide im Auge, die den Beteiligten (d.h. den unmittelbar Betroffenen wie auch allenfalls in rechtlichen Interessen mitbetroffenen Dritten) zugestellt werden müssen. Das trifft namentlich für Beschwerdeentscheide zu; in dieser Hinsicht verweist auch Art. 20 ZStV im Anschluss an jenen Gesetzestext auf das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Bewilligung zur Eintragung einer ausländischen Urkunde gemäss Art. 137 ZStV , und ebenso die Ablehnung einer solchen Bewilligung, also die Verweigerung der Eintragung, stellt nun aber keinen Beschwerdeentscheid dar. Es liegt dieser Verfügung kein Antrag einer beteiligten Privatperson und kein kontradiktorisches Verfahren zu Grunde. Vielmehr hat die kantonale Aufsichtsbehörde von Amtes wegen über die Bewilligung zur Eintragung einer ihr durch Vermittlung eines eidgenössischen Amtes nach völkerrechtlicher Norm oder Gepflogenheit aus dem Ausland übermittelten Urkunde zu entscheiden. Hiebei besteht, jedenfalls grundsätzlich, keine Pflicht zur Ausfertigung BGE 91 I 364 S. 370 eines mit Begründung versehenen Entscheides und zu dessen Zustellung an Privatpersonen. Darf sich die kantonale Aufsichtsbehörde daher in der Regel darauf beschränken, eine Eintragungsbewilligung im Sinne von Art. 137 ZStV dem in Frage stehenden Zivilstandsamte zu eröffnen, so ist zwar damit eine Anfechtung dieser Bewilligung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde einer beteiligten Privatperson nicht ausgeschlossen; doch muss in diesem Falle um der Rechtssicherheit willen die Beschwerdefrist durch die eben einzig erforderliche Mitteilung an das Zivilstandsamt in Lauf gesetzt werden. Dieses Amt darf, wenn ihm nichts anderes mitgeteilt wird, annehmen, entweder sei es einziger Zustellungsadressat, oder eine allfällige Benachrichtigung Privater sei gleichzeitig erfolgt. Es hat daher keine Veranlassung, mit der vorbehaltlosen Eintragung länger als bis zum Ablauf der auf solche Weise berechneten Beschwerdefrist zuzuwarten, und infolge der dem Eintrage zukommenden Beweiskraft ( Art. 9 ZGB ) kann nach Ablauf der erwähnten Frist eine Anfechtung der Eintragungsbewilligung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht mehr zugelassen werden. Im vorliegenden Fall aber hat die zürcherische Aufsichtsbehörde, mit Rücksicht auf den ihr bekannten Eheeinspruch und die ihn zur Geltung bringende Eheuntersagungsklage, die am 15. März 1965 erteilte Eintragungsbewilligung mit Recht in schriftlicher Ausfertigung, ausser dem Zivilstandsamte Zürich (unter Beilage der englischen Heiratsurkunde mit Übersetzung), auch der Frau Bertha Spross-Schnider und dem Anwalt des Eheeinsprechers und Untersagungsklägers zugestellt. Die hierauf binnen gesetzlicher Frist eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde war formell gültig, und das Interesse eines Sohnes aus erster Ehe des Bräutigams am Eheeinspruch ( Art. 108 ZGB ) lässt ihn auch zur vorliegenden Beschwerde als legitimiert erscheinen. 4. Eine Frage für sich ist es, ob die vorliegende Beschwerde nicht mehr habe erhoben werden dürfen, nachdem die Eintragung der Eheschliessung auch schon in andern Kantonen, wenn auch ohne Benachrichtigung des Beschwerdeführers, bewilligt und auch vollzogen worden war. Weder das ZGB noch die ZStV (Art. 137) regeln den Fall, wo die Aufsichtsbehörden mehrerer Kantone über die Eintragung einer ausländischen Zivilstandsurkunde zu befinden haben. Es wäre wohl angezeigt, jeweilen seitens des eidgenössischen Amtes für Zivilstandsdienst in solchen Fällen dahin zu wirken, dass sich die verschiedenen BGE 91 I 364 S. 371 Aufsichtsbehörden auf eine übereinstimmende Entscheidung und auf eine gleichartige und gleichzeitige Mitteilung einigen (vgl. auch GÖTZ, Die neue Zivilstandsverordnung, 1954, S. 48, über die Notwendigkeit einer Vereinbarung zwischen den jeweils zuständigen Kantonen). Dies, um den in ihren rechtlichen Interessen berührten Personen Gelegenheit zu gleichzeitiger Anfechtung der an mehreren Orten ergangenen Entscheidungen zu bieten und zum vorneherein einen einheitlichen Registerstand zu schaffen. Im Unterschied zu einem auf kantonalem Rechte beruhenden Exequatur soll ja die in der Eintragungsbewilligung nach Art. 137 ZStV liegende Anerkennung einer ausländischen Zivilstandsurkunde für das ganze Gebiet der Schweiz gelten ( BGE 64 II 76 /77). Mit dieser rechtlichen Bedeutung der Eintragungsbewilligung verträgt es sich nicht, dass ausländische Zivilstandsurkunden für das Gebiet einzelner Kantone als rechtsverbindlich anerkannt werden, für das übrige Gebiet der Schweiz dagegen nicht. Entweder müssen die in Basel-Stadt und Basel-Landschaft erteilten Bewilligungen für die ganze Schweiz gelten - in diesem Falle muss die vorliegende Beschwerde an einer solchen auch für den Kanton Zürich rechtskräftig bestehenden Anerkennung des Eheabschlusses (unter Vorbehalt gerichtlicher Klagen) scheitern -, oder die Anfechtung der im Kanton Zürich erteilten, dem Eheeinsprecher in schriftlicher Ausfertigung mitgeteilten Bewilligung mit der vorliegenden Beschwerde blieb ihm ungeachtet jener anderswo ohne Mitteilung an ihn erfolgten Eintragungsbewilligungen vorbehalten; in diesem Falle wird sich die Gutheissung der vorliegenden Beschwerde auf das ganze Gebiet der Schweiz auswirken, und es werden die gegenteiligen Einträge auch in jenen andern Kantonen zu löschen sein; denn das Nebeneinanderbestehen widersprechender Einträge zweier oder mehrerer Zivilstandsregister über den Stand der gleichen Person wäre ein unhaltbarer Zustand. Zur Bedeutung der in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft ohne Mitteilung an den Beschwerdeführer bewilligten und vorgenommenen Eintragungen braucht indessen hier nicht näher Stellung genommen zu werden. Denn die Beschwerde erweist sich auf alle Fälle als unbegründet, so dass es bei den in den drei Kantonen gleichermassen erfolgten Eintragungen (unter Vorbehalt gerichtlicher Klagen) bleiben kann. 5. Da keine staatsvertraglichen Abmachungen in Betracht fielen, war beim Entscheid über Bewilligung oder Ablehnung der Eintragung des im Ausland erfolgten Eheabschlusses von Art. 7 f BGE 91 I 364 S. 372 NAG auszugehen. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung wird eine im Ausland nach dem dort geltenden Recht geschlossene Ehe in der Schweiz als gültig betrachtet, wenn ihr Abschluss nicht in der offenbaren Absicht, die Nichtigkeitsgründe des schweizerischen Rechtes zu umgehen, ins Ausland verlegt worden ist. Der durch die amtliche englische Heiratsurkunde mit summarischer Übersetzung und mit Beglaubigung der schweizerischen Botschaft in London ausgewiesene Eheabschluss gilt somit auch für die Schweiz, sofern nicht eine offenkundige Umgehungsabsicht im Sinne der angeführten Gesetzesnorm entgegensteht. Es ist fraglich, ob es der kantonalen Aufsichtsbehörde im Bewilligungsverfahren nach Art. 137 ZStV zusteht, über das Vorliegen einer solchen Absicht vorfrageweise zu befinden und im Falle der Bejahung die Eintragung abzulehnen. Während einzelne Autoren zu dieser Frage nicht Stellung nehmen (vgl. STAUFFER, N 13-15 zu Art. 7 f NAG ), ziehen andere nur eine "vom Richter" mit Sicherheit feststellbare Gesetzesumgehung in Betracht (so BECK, N 82 zur nämlichen Gesetzesnorm), und vollends spricht sich GÖTZ (N 6 zu Art. 132 ZGB ) für die ausschliessliche Zuständigkeit des Richters und gegen eine Prüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde im Bewilligungsverfahren aus. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Bewilligung zu versagen sei, wenn eine Umgehungsabsicht im Sinne des Art. 7 f Abs. 1 NAG klar zu Tage liegt. Denn das ist hier nicht der Fall. Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Bräutigam, wie es der Beschwerdeführer behauptet, geisteskrank und daher eheunfähig war. Gewiss liegt es nahe anzunehmen, die Brautleute hätten sich zur Trauung nach England begeben, um der hängig gewordenen Eheuntersagungsklage auszuweichen. Das kann aber sehr wohl einfach deshalb geschehen sein, weil sie sich nicht länger an der Verwirklichung ihres Ehevorhabens durch die nach ihrer Ansicht unbegründete Klage hindern lassen wollten. Es liegt nichts dafür vor, dass sie, oder auch nur der Bräutigam oder die Braut, die behauptete Eheunfähigkeit des Bräutigams als gegeben betrachteten und nun, eben um den Folgen eines vorauszusehenden ungünstigen Urteils zu entgehen, die Trauung ins Ausland verlegten. Bei dieser Sachlage war der im Ausland abgeschlossenen Ehe die Anerkennung ebensowenig zu versagen, wie wenn die Brautleute von vornherein, ohne ihr Ehevorhaben in der Schweiz anzumelden, zur Trauung nach England gereist wären. Gänzlich unbegründet ist der vom Beschwerdeführer erhobene BGE 91 I 364 S. 373 Vorwurf, die Aufsichtsbehörde des Kantons Zürich sei dem gerichtlichen Entscheid im Eheuntersagungsprozess zuvorgekommen; durch die Bewilligung der Eintragung der Ehe habe sie das gerichtliche Urteil ausgeschaltet. Wie sich aus BGE 91 II 81 ergibt, war die Eheuntersagungsklage durch den in England erfolgten Eheabschluss gegenstandslos geworden, und die mit dieser Klage befassten Gerichte waren nicht verpflichtet, die Umwandlung dieser Klage in eine Eheungültigkeitsklage zuzulassen. Anderseits steht der Eintrag der Ehe einer solchen Klage keineswegs entgegen, auch dann nicht, wenn er auf einer Bewilligung durch die Aufsichtsbehörde nach Art. 137 ZStV beruht. Diese Bewilligung greift dem gerichtlichen Entscheid über die Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Ehe (Art. 120 ff., insbesondere Art. 132 ZGB ) nicht vor. Weist eine zur Klage berechtigte Behörde oder Person im Ehenichtigkeitsprozess nach, dass ein Ehenichtigkeitsgrund bestand ( Art. 120 ZGB ) und dass die Brautleute zu dessen Umgehung die Trauung ins Ausland verlegten (nach dem bereits erwähnten Art. 7 f Abs. 1 NAG ), so hat der Richter die Ehe als ungültig zu erklären und das Urteil den Zivilstandsämtern zur Eintragung mitzuteilen (Art. 130 Abs. 1 Ziff. 4 in Verbindung mit Art. 52 Ziff. 3, Art. 115 Abs. 1 Ziff. 3 und Art. 117 Abs. 2 Ziff. 1 ZStV ). Es steht dem Beschwerdeführer frei, gemäss Art. 121 Abs. 2 ZGB beim zuständigen Richter eine Eheungültigkeitsklage einzureichen. Der Tod seines Vaters bildet nach Art. 122 Abs. 1 ZGB kein Hindernis. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
b430ef37-0fba-42a8-9f2b-fd44268a53c3
Urteilskopf 102 Ia 355 51. Extrait de l'arrêt du 10 novembre 1976 en la cause William Magnin et consorts contre Conseil d'Etat du canton du Valais
Regeste Art. 4 BV .; formelle Rechtsverweigerung. Baubewilligung für Flugfeld mit besonderen Merkmalen (Höhenflugplatz). Die aufgrund von Art. 37 LFG vom Eidgenössischen Luftamt erteilte Baubewilligung für ein Flugfeld befreit den Ersteller nicht von der Einholung einer Baubewilligung gemäss kantonalem und kommunalem Recht.
Sachverhalt ab Seite 355 BGE 102 Ia 355 S. 355 La société anonyme Téléverbier S.A., à Martigny, a adressé le 6 mars 1970 à l'Office fédéral de l'air une demande d'autorisation en vue de la construction d'un "altiport" au lieu dit Croix-de-Coeur, au-dessus de la station de Verbier, sur le territoire de la commune de Riddes. BGE 102 Ia 355 S. 356 Après avoir suivi la procédure prescrite par la législation fédérale sur la navigation aérienne, l'Office fédéral de l'air, section des aérodromes, a accordé à la requérante, le 8 juillet 1971, l'autorisation prévue par l'art. 37 al. 2 LNA, précisant que cette autorisation ne dispensait pas la bénéficiaire de l'obligation de demander l'accord de la commune ou du canton, selon les prescriptions locales, avant d'entreprendre tout travail. Publication de l'autorisation a été faite dans le "Bulletin officiel du canton du Valais" du 16 juillet 1971, avec la mention suivante: "Dans les trente jours dès la notification, la présente décision peut être attaquée par voie de recours au Département fédéral des transports et communications et de l'énergie, 3003 Berne. Le mémoire de recours sera adressé en deux exemplaires et contiendra les conclusions et leurs motifs. Un recours éventuel n'aura pas d'effet suspensif." L'autorisation ainsi délivrée à Téléverbier S.A. n'a pas fait l'objet de recours. Le 15 avril 1976, Téléverbier S.A. a formé auprès de l'Administration communale de Riddes une demande d'autorisation de construire à Croix-de-Coeur un "aérodrome à trouée unique", demande visant exclusivement les terrassements. L'Administration communale a mis cette demande à l'enquête publique par publication au "Bulletin officiel" du 23 avril 1976. Dans le délai réglementaire de dix jours, un grand nombre d'oppositions, émanant surtout de propriétaires de chalets sis aux Mayens de Riddes et à Verbier, ont été déposées au greffe communal. Le 7 mai 1976, l'Administration communale a préavisé favorablement la demande. Le 18 mai, elle a transmis à la Commission cantonale des constructions (ci-après: CCC) les oppositions formées contre la demande d'autorisation de construire. La CCC a soumis le dossier aux différents offices cantonaux intéressés puis, le 22 juillet 1976, a décidé qu'elle n'était pas habilitée à se déterminer au sujet de la demande d'autorisation des travaux de terrassement de l'aérodrome, de même qu'au sujet de celle qui concernait la construction d'un baraquement de chantier en vue de cette construction; elle considérait qu'en vertu des art. 42 ss de l'ordonnance sur la navigation aérienne (ONA) du 14 novembre 1973, il incombait à l'Office fédéral de l'air d'accorder les autorisations de ce BGE 102 Ia 355 S. 357 genre. Elle transmettait en conséquence les dossiers accompagnés des oppositions à l'Office fédéral de l'air pour statuer sur les oppositions. Téléverbier S.A. a été informée par télégramme de cette décision dans la matinée du 22 juillet et a commencé les travaux de terrassement le même jour. Le 3 août 1976, le Département cantonal des travaux publics et des forêts a informé les opposants de la décision de la CCC du 22 juillet 1976 et leur a fait savoir qu'il transmettait le même jour les dossiers à l'Office fédéral de l'air. Mais, par actes des 28 et 30 juillet 1976, ayant appris par un communiqué de presse la décision de la CCC et le début des travaux de terrassement, un certain nombre d'opposants avaient déjà attaqué la décision de la CCC devant le Conseil d'Etat, requérant son annulation. Par deux décisions du 4 août 1976, le Conseil d'Etat a déclaré les recours irrecevables. Il a considéré que l'octroi du permis d'aménager un aéroport relève de la compétence exclusive de l'Office fédéral de l'air, qu'en l'espèce l'autorisation donnée par ledit office en date du 8 juillet 1971 n'avait pas été attaquée et était devenue définitive et exécutoire; enfin que le projet avait été examiné et admis, à l'époque, par le Conseil d'Etat et qu'il n'y avait pas lieu de reprendre l'enquête. Divers propriétaires fonciers et l'Association pour la sauvegarde de la région de la Croix-de-Coeur forment un recours de droit public fondé sur l' art. 4 Cst. (déni de justice) et tendant à l'annulation des décisions du Conseil d'Etat du 4 août 1976. Erwägungen Extrait des considérants: 5. Les recourants se plaignent essentiellement d'être victimes d'un déni de justice du fait que les oppositions qu'ils ont formées contre la demande de permis de construire pour l'aérodrome de Croix-de-Coeur n'ont pas été tranchées quant au fond. Selon les décisions entreprises, l'octroi du permis d'aménager un aéroport (recte: un aérodrome) relèverait de la compétence exclusive de l'Office fédéral de l'air (OFA), en vertu de l'art. 37 de la loi sur la navigation aérienne (LNA). Il s'agirait d'un acte formel et définitif, marquant l'aboutissement de la procédure d'autorisation applicable, et cette procédure supposerait BGE 102 Ia 355 S. 358 le respect des conditions que la commune et le canton peuvent exiger en vertu de leur législation en matière de constructions lors de leur consultation préalable: en l'espèce, le Conseil d'Etat aurait approuvé le projet de construction le 2 juin 1971. Ayant publié dans le "Bulletin officiel" du 16 juillet 1971 son autorisation du 8 juillet, l'OFA aurait donné ainsi à tous les justiciables éventuellement touchés dans leurs intérêts juridiquement protégés la possibilité de consulter les plans et de s'y opposer en attaquant cet acte par un recours au Département fédéral des transports et de l'énergie. Cet acte n'ayant fait l'objet d'aucun recours, il serait entré en force et serait exécutoire. Il n'y aurait pas lieu de recommencer l'enquête au sujet d'un projet déjà examiné et définitivement admis par la dernière instance cantonale. Alors que, dans ses décisions du 4 août 1976, le Conseil d'Etat a ainsi considéré que la décision fédérale avait fait suite à une véritable décision cantonale de dernière instance, il a modifié son argumentation dans ses réponses aux recours: il a déclaré qu'il n'existait pas, en la matière, de procédure sur le plan cantonal, que la compétence de l'OFA excluait celle des autorités cantonales et que le canton du Valais, à l'instar de la commune, n'intervenait qu'à titre consultatif. 6. La loi fédérale sur la navigation aérienne distingue deux catégories d'aérodromes: les aérodromes ouverts à la navigation publique, qui ne peuvent être créés et exploités qu'en vertu d'une concession octroyée par le Département fédéral des transports et communications et de l'énergie, et les autres aérodromes, pour la création et l'exploitation desquels une autorisation de l'OFA est nécessaire (art. 37 LNA); l'ordonnance sur la navigation aérienne du 14 novembre 1973 (ONA), tout comme le règlement d'exécution du 5 juin 1950 (RENA) qui l'a précédée, qualifient les premiers d'aéroports et les seconds de champs d'aviation (art. 31 ONA, 45 RENA). Pour les deux catégories d'aérodromes, les gouvernements des cantons intéressés doivent être entendus avant l'octroi de la concession ou la délivrance de l'autorisation (art. 37 al. 3 LNA). a) L'aérodrome dont la construction est présentement en cause est un champ d'aviation au sens de la LNA et de l'ONA. A l'époque où l'autorisation de construire a été délivrée par l'OFA, les conditions de délivrance de cette autorisation BGE 102 Ia 355 S. 359 étaient régies par le RENA, dans sa teneur modifiée le 30 octobre 1968. L'art. 60 de ce règlement était ainsi conçu: "L'Office fédéral de l'air soumet la demande au Département militaire fédéral et aux gouvernements des cantons intéressés. S'il ressort du projet que les conditions minimums requises pour un aérodrome de la classe prévue sont remplies et s'il n'y a pas lieu de craindre que la construction et l'exploitation projetées ne nuisent à d'importants intérêts publics, en raison notamment du bruit escompté des avions, l'Office fédéral de l'air délivre l'autorisation de construire. Est réservé le rejet de la demande dans l'intérêt de la défense nationale." Dans l'ONA, en vigueur depuis le 1er janvier 1974, la disposition correspondant à l'art. 60 al. 2 RENA est l'art. 43 al. 4, ainsi conçu: "L'Office fédéral de l'air délivre l'autorisation si les exigences minimales requises pour un aérodrome de la classe prévue sont remplies et si la construction et l'exploitation ne nuisent pas à l'intérêt public, compte tenu notamment de la sécurité de la navigation aérienne, de l'aménagement du territoire, de la défense nationale, de la protection de l'environnement et de la protection de la nature et du paysage." b) Il n'existe pas, dans le droit fédéral, de disposition expresse réglant la question de savoir si et dans quelle mesure l'autorité fédérale saisie d'une demande d'autorisation de créer un champ d'aviation est tenue de prendre en considération, au cours de la procédure suivie à cet effet, la réglementation cantonale et communale applicable en matière de police des constructions, ou encore si la procédure fédérale d'autorisation est indépendante des procédures cantonale et communale, ne pouvant se substituer à celles-ci. La question doit alors se résoudre par l'interprétation de la loi et au regard de la jurisprudence fédérale, voire de la doctrine. c) Le Conseil d'Etat se fonde, dans ses réponses aux recours, sur l'art. 37 (recte: 37ter) Cst., aux termes duquel "la législation sur la navigation aérienne est du domaine de la Confédération", et en tire la conclusion que la compétence fédérale en la matière est exclusive de toute compétence cantonale. Mais le seul fait que la Confédération soit compétente pour légiférer en matière de navigation aérienne ne signifie pas que, par là, le canton et la commune aient perdu toute compétence en matière d'autorisation de construire un aérodrome, pas plus qu'on ne peut tirer de l' art. 36 Cst. la conclusion que, parce que les postes et télégraphes sont du domaine fédéral, le BGE 102 Ia 355 S. 360 canton et la commune auraient perdu toute compétence pour accorder ou refuser à l'entreprise des PTT une autorisation de construire un bâtiment pour ses besoins ( ATF 92 I 210 ). d) Il a été jugé que lorsque le droit fédéral, le droit cantonal et le droit communal règlent chacun un domaine différent, ces différents ordres juridiques constituent en principe un tout unique; dès lors, la Confédération doit, pour ses propres constructions, respecter les règles établies par le droit cantonal et communal des constructions, dans la mesure en tout cas où l'application de ce droit ne rend pas impossible ou beaucoup plus difficile l'accomplissement des tâches constitutionnelles de la Confédération. C'est ainsi que lorsque l'entreprise des PTT entend édifier des bâtiments pour les besoins de ses services, elle doit se soumettre au droit cantonal et solliciter un permis de construire des autorités cantonales ou communales compétentes ( ATF 92 I 210 ). L'on ne s'écarte de ce principe que dans les cas où le droit fédéral y apporte une exception expresse, prévoyant la compétence exclusive des organes de la Confédération. Il y a exception notamment en cas de travaux servant à la défense nationale, qui ne peuvent être soumis par les cantons à une autorisation préalable ( art. 164 OM ; cf. ATF 101 Ia 315 ). Il y en a une autre pour les chemins de fer: la loi fédérale sur les chemins de fer, du 20 décembre 1957, dit dans quelle mesure l'autorité fédérale, qui est appelée à octroyer une concession pour l'exploitation d'un chemin de fer et qui approuve les projets d'installation après avoir consulté les autorités cantonales intéressées (les cantons devant eux-mêmes consulter les communes), doit tenir compte elle-même de la réglementation cantonale; selon l'art. 18 al. 3 de la loi, les propositions faites par les cantons sur la base de leur législation, notamment en ce qui concerne la police des constructions, du feu et de l'hygiène publique, doivent être retenues dans la mesure où elles sont compatibles avec la législation fédérale et les nécessités de la construction et de l'exploitation des chemins de fer. Dans le cas, en revanche, de la loi fédérale sur l'utilisation pacifique de l'énergie atomique et la protection contre les radiations, du 23 décembre 1959, le législateur a, tout en prévoyant qu'une autorisation de la Confédération est requise pour la construction et l'exploitation d'une installation atomique, réservé expressément les attributions de police de la Confédération et des cantons, en BGE 102 Ia 355 S. 361 particulier en ce qui concerne les constructions, le feu, les eaux et la surveillance du matériel de guerre (art. 4 al. 3), cela alors même que le canton intéressé est appelé à donner son avis (art. 7 al. 2); l'obligation pour celui qui entend construire une installation atomique de requérir une autorisation de la Confédération n'exclut donc pas celle de se soumettre à la procédure cantonale d'autorisation; la réglementation cantonale subsiste dans la mesure où elle n'est pas incompatible avec le sens et le but de la loi de 1959 et avec les autres dispositions du droit fédéral ( ATF 99 Ia 257 s.; cf. ULRICH FISCHER, Die Kompetenzordnung bei der Bewilligung von Kernkraftwerken, ZBl 1973, p. 89 ss, not. 96). e) La législation fédérale ne contient aucune norme dont il résulterait, expressément ou implicitement, qu'il n'y aurait pas lieu, en matière d'autorisation de construire un champ d'aviation, de tenir compte des règles cantonales et communales. Une telle norme ne résulte notamment pas de l'art. 37 LNA, qui se borne, à cet égard, à prévoir qu'une autorisation de l'Office fédéral de l'air est nécessaire. Sans qu'il soit besoin d'examiner si, à défaut de la loi, le règlement d'exécution pourrait permettre à la Confédération de s'attribuer en la matière une compétence qui ne dérive pas de la loi - ce qui paraît pour le moins fort douteux - il convient de constater que le règlement d'exécution ne prévoit rien de semblable. D'après l'art. 60 RENA, l'OFA est tenu de délivrer l'autorisation dès que les conditions minimums requises pour un aérodrome de la classe prévue sont remplies et sous la seule réserve qu'il n'y ait pas lieu de craindre que la construction et l'exploitation projetées ne se heurtent à d'importants intérêts publics, en raison notamment du bruit escompté des avions, le rejet de la demande n'étant réservé, en pareil cas, que dans l'intérêt de la défense nationale. Si, par ces dispositions, on avait entendu conférer une compétence exclusive à l'autorité fédérale, tout au moins aurait-on alors prévu que cette autorité doit se préoccuper de la réglementation cantonale et communale, ainsi que des droits des voisins; Or il n'a été prévu que la consultation du gouvernement cantonal, sans même exiger, comme le législateur fédéral l'a fait en matière de chemin de fer, celle des communes. f) Il est d'ailleurs difficile de concevoir que, tandis que les constructions fédérales - à l'exception des installations militaires - BGE 102 Ia 355 S. 362 sont en principe soumises au droit cantonal et communal en matière de police des constructions, la construction de champs d'aviation privés, pour la création desquels la présence d'un intérêt public n'est pas exigée, soit soustraite à l'application de la réglementation cantonale et communale. Les champs d'aviation ne sont pas des constructions effectuées par la Confédération pour ses besoins, comme c'est le cas pour les PTT ou pour les constructions militaires. Ce sont des installations qui sont en principe construites et exploitées sur la base du droit privé, mais qui doivent, afin de pouvoir être construites et exploitées, être au bénéfice d'une autorisation fédérale. Pour que cette autorisation soit délivrée, il n'est pas nécessaire, aux termes du règlement d'exécution, que l'existence d'un intérêt public soit démontrée; il suffit qu'il n'y ait pas lieu de craindre que la construction et l'exploitation ne nuisent à d'importants intérêts publics (art. 60 al. 2 RENA, texte du 30 octobre 1968), ou qu'elles "ne nuisent pas à l'intérêt public" (texte actuel). Si, pour les aérodromes publics, la loi autorise le Conseil fédéral à imposer aux propriétaires voisins des restrictions du droit de bâtir, cette disposition ne s'applique pas aux aérodromes privés: dans ce dernier cas, toute zone de sécurité doit être aménagée par l'achat de terrains et les servitudes constituées dans les formes du droit privé, l'autorisation d'exploiter devant être refusée s'il n'est pas possible d'aboutir de cette façon à une solution entièrement satisfaisante (art. 43 et 44 LNA dans la teneur primitive de celle-ci, applicable à l'époque; actuellement, il est précisé que les restrictions de la propriété foncière ne s'appliquent pas aux aérodromes ne servant pas au trafic public, les mesures exigées par l'exploitation devant être prises dans ce cas dans les formes du droit privé; voir l'art. 44ter dans la teneur de la loi du 17 décembre 1971). Les droits, à l'égard des voisins, du propriétaire d'un champ d'aviation sont donc essentiellement régis par le droit privé, de sorte qu'ils ne se distinguent guère de ceux des autres propriétaires fonciers (cf. BAI, Luftrecht und Grundeigentum, thèse Zurich 1955, p. 91 s.). En définitive, il est évident que la délivrance de l'autorisation fédérale ne pouvait dispenser les constructeurs de l'obligation de requérir un permis de construire selon la législation cantonale et communale applicable. Le Tribunal fédéral n'a pas BGE 102 Ia 355 S. 363 ici à examiner si et dans quelle mesure l'application des dispositions de fond de cette législation est restreinte par le droit fédéral. Il se borne à constater que la procédure cantonale a été éludée.
public_law
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
b436e3de-b779-4363-994a-704b75c3e2bc
Urteilskopf 102 Ia 19 4. Extrait de l'arrêt du 11 février 1976 dans la cause R. contre D. et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Begriff des missbräuchlichen Mietzinses im Sinne der Art. 14 und 15 des BB über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen. Die Erfüllung einer der Voraussetzungen von Art. 15 lit. a bis e BB schliesst das Vorliegen eines Missbrauchs nicht aus, sondern begründet diesbezüglich nur eine Vermutung. Der eine dieser Voraussetzungen anrufende Vermieter ist nicht davon befreit, Belege einzureichen, die zu bestimmen erlauben, ob der streitige Mietzins auf die Erzielung eines unangemessenen Ertrages geht.
Sachverhalt ab Seite 20 BGE 102 Ia 19 S. 20 D. a pris à bail, dès le 1er mai 1972, un appartement de 4 pièces et 2 chambrettes dans un immeuble de la société R. Le loyer annuel, sans les charges, a été fixé aux montants suivants: 4'302 fr. pour l'année 1972, 5'580 fr. pour l'année 1973, 6'030 fr. pour l'année 1974, 6'450 fr. dès le 1er janvier 1975. Le 19 juillet 1972, D. s'est adressé à la Commission de conciliation en matière de baux à loyers d'appartements du canton de Genève en déclarant abusives les hausses de loyer prévues dès le 1er janvier 1973. Aucun accord n'étant intervenu devant cette commission, D. a déposé auprès de la Chambre des baux et loyers une requête en annulation des hausses de loyer. Par jugement du 19 mars 1974, la Chambre a autorisé une augmentation de loyer de 8% pour l'année 1973 et fixé en conséquence le loyer pour cette année à 4'646 fr. par an ou 387 fr. par mois, charges non comprises. La société R. a appelé de ce jugement devant la Cour de justice. Elle a conclu à son annulation, ainsi qu'à celle d'un jugement préparatoire du 5 février 1974 lui ordonnant de communiquer toutes pièces utiles à la détermination du capital propre investi. Par arrêt du 10 avril 1975, la Cour de justice a déclaré l'appel irrecevable. La société R. forme un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst. Elle conclut à l'annulation de l'arrêt de la Cour de justice et du jugement de la Chambre des baux et loyers du 19 mars 1974. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 4. ... a) La Chambre des baux avait invité par son jugement préparatoire du 5 février 1974 la recourante à déposer au greffe notamment "toute pièce utile à déterminer le montant des fonds propres investis par elle dans la construction de l'immeuble 29, avenue de Vaudagne". La société immobilière a refusé de donner suite à cette injonction. Dans son jugement du 19 mars 1974, la Chambre a considéré qu'aucun des critères définis à l'art. 15 de l'arrêté fédéral du 30 juin 1972 BGE 102 Ia 19 S. 21 instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif (AMSL) ne pouvait justifier les majorations de loyer litigieuses et qu'il convenait dès lors de se reporter à la règle générale de l'art. 14 AMSL et d'examiner si les loyers contestés avaient pour effet de procurer à la bailleresse un rendement inéquitable. Elle a abouti à la conclusion qu'il y avait lieu de confronter les majorations litigieuses, pour juger si elles étaient abusives ou non, avec le rendement net du capital investi par la défenderesse. Celle-ci n'ayant pas produit les pièces demandées, la Chambre a effectué un calcul fondé sur les éléments qu'elle connaissait. Elle en a conclu qu'il convenait d'augmenter, pour l'année 1973, le loyer litigieux de 8%, au lieu des 29,7% prévus par le bail. De son côté, la Cour de justice a considéré que vu le principe général posé par l'art. 14 AMSL, selon lequel "sont abusifs les loyers visant à un rendement inéquitable", les autorités judiciaires doivent pour apprécier le rendement pouvoir examiner les bilans, comptes de pertes et profits et états locatifs. L'art. 15 AMSL n'excluant nullement l'examen du rendement de l'immeuble sur la base de l'art. 14, c'est à bon droit que le jugement attaqué a déclaré nulles et abusives les hausses de loyer prévues en avril 1972, en l'absence des justifications demandées; la Cour va à cet égard plus loin que la Chambre, puisqu'elle affirme que "le refus par l'appelante de remettre à la Chambre des baux les documents demandés aurait pu entraîner le rejet pur et simple de sa requête du 16 novembre 1972, sans autre examen". b) Le litige porte essentiellement sur le point de savoir si le juge saisi d'une contestation du montant du loyer au sens de l'AMSL doit reconnaître automatiquement le caractère non abusif du loyer dès que l'une des conditions prévues à l'art. 15 AMSL est réalisée. C'est ce qu'affirme la recourante, qui en déduit qu'elle peut refuser de produire les pièces qui permettraient de connaître le rendement qu'elle tire concrètement de l'immeuble. Aux termes de l'art. 14 al. 1 AMSL, "sont abusifs les loyers visant à obtenir un rendement inéquitable du logement ou du local commercial loué". Selon l'art. 15 AMSL, ne sont pas abusifs, en règle générale, les loyers qui répondent notamment à l'une des cinq conditions énumérées sous lettres a à e. Il y a donc lieu de rechercher quels sont les rapports entre ces deux dispositions. L'art. 14 est la disposition générale, qui BGE 102 Ia 19 S. 22 pose le principe et donne la définition du loyer abusif. D'après le message du Conseil fédéral du 24 avril 1972, la définition de l'abus est rédigée en termes aussi généraux que possible. Elle se fonde "sur les critères de l'exploitation de la pénurie des logements et de la recherche d'un rendement ou d'un gain inéquitable. Il est très difficile d'exprimer de façon positive ce qui est abus en général ou dans un cas particulier. C'est la raison pour laquelle le projet énumère à l'art. 15 les hypothèses dans lesquelles, généralement, un loyer n'est pas abusif. Chacune d'elles constitue pour ainsi dire un motif d'exculpation que peut invoquer le bailleur à qui l'on reproche d'exiger un loyer abusif" (FF 1972 I 1224). En déclarant que ne sont pas abusifs, "en règle générale" (in der Regel), les loyers qui répondent à certaines conditions, l'art. 15 AMSL signifie que les règles qu'il pose ne sont pas applicables dans tous les cas, mais dans la plupart d'entre eux. En d'autres termes, la réalisation de l'un des motifs d'"exculpation" n'exclut pas automatiquement l'existence d'un abus. Elle constitue une présomption dans ce sens, mais il appartient au juge saisi de dire si, compte tenu des conditions particulières du cas, la réalisation de cette condition suffit à l'exculpation, ou si l'on doit néanmoins admettre, pour d'autres raisons, que le loyer vise à obtenir un rendement inéquitable. Le juge doit donc être mis en mesure de connaître la situation exacte et d'obtenir du bailleur tous éléments utiles à cette fin. Si le législateur avait entendu lier le juge d'une façon absolue par les conditions d'exclusion énumérées à l'art. 15 AMSL, il n'aurait pas fait précéder cette énumération des mots "en règle générale". En refusant de déférer au jugement préparatoire qui l'invitait à produire les pièces utiles à déterminer le montant des fonds investis, et notamment les bilans de la société, la recourante n'a pas permis au juge de savoir s'il était en présence d'un cas où la règle générale devait être observée, ou s'il s'agissait d'un cas exceptionnel. c) La recourante tient pour arbitraire le refus de la Cour de justice d'annuler le jugement préparatoire lui enjoignant de produire toutes pièces utiles, "dès lors que le rendement des fonds propres est irrelevant pour la détermination du caractère abusif ou non d'un loyer". C'est en outre à bon droit, dit-elle, qu'elle a invoqué le secret des affaires pour refuser la BGE 102 Ia 19 S. 23 production des pièces réclamées par la Chambre, dès lors que celle-ci ne pouvait garantir leur usage aux seules fins de la procédure. Mais en refusant de produire ces pièces, la recourante a pu laisser supposer qu'elle craignait de permettre au juge de constater qu'elle réalisait un gain inéquitable et qu'elle ne pouvait partant pas invoquer les motifs d'"exculpation" de l'art. 15 AMSL. Elle n'a pas rendu plausible l'existence d'un intérêt digne de protection, telle la crainte de la concurrence de la part de tiers, à tenir secrètes les données de ses bilans. Il n'était dès lors pas arbitraire de déclarer que vu le refus de la recourante de remettre les documents demandés, la Chambre aurait pu rejeter purement et simplement sa requête, et qu'elle n'avait pas excédé son pouvoir d'appréciation en fixant une augmentation de 8% du loyer.
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Urteilskopf 138 II 169 14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abtei- lung i.S. X. gegen Steuerverwaltung des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_137/2011 vom 30. April 2012
Regeste Art. 120 Abs. 4 und Art. 152 Abs. 3 DBG ; direkte Bundessteuer; Veranlagungsverjährung; Eintritt der Verjährung während des bundesgerichtlichen Verfahrens. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als ein ordentliches, devolutives und grundsätzlich reformatorisches Rechtsmittel hemmt den Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Entscheids, weshalb die Veranlagungsverjährung im bundesgerichtlichen Verfahren weiterläuft. Die während des bundesgerichtlichen Verfahrens eingetretene Veranlagungsverjährung ist von Amtes wegen zu berücksichtigen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 170 BGE 138 II 169 S. 170 X. wurde am 23. März 1998 für die direkte Bundessteuer 1995/96 rechtskräftig veranlagt. Am 23. Juli 2002 fanden bei X. und weiteren Beteiligten Hausdurchsuchungen statt, die der Untersuchungsrichter wegen Verdachts auf Pfändungsbetrug, Gläubigerschädigung u.a. angeordnet hatte. Mit Schreiben vom 15. November 2004 leitete die Steuerverwaltung des Kantons Bern, welcher die beschlagnahmten Akten übergeben worden waren, ein Nachsteuer- und Steuerhinterziehungsverfahren gegen X. ein. Am 9. Januar 2009 erliess die Steuerverwaltung des Kantons Bern, Abteilung Erbschafts-, Schenkungs- und Nachsteuern, eine Nachsteuerverfügung u.a. für die direkte Bundessteuer 1995/96. Eine Beschwerde des Steuerpflichtigen gegen den Einspracheentscheid wies die Steuerrekurskommission des Kantons Bern mit Entscheid vom 14. Dezember 2010 in Bezug auf die direkte Bundessteuer 1995/96 ab. Hiergegen führte X. am 4. Februar 2011 rechtzeitig Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Mit Eingabe vom 9. Januar 2012 teilte er dem Bundesgericht mit, dass hinsichtlich der direkten Bundessteuer 1995/96 per Ende 2011 die absolute Verjährung eingetreten sei, was von Amtes wegen zu berücksichtigen sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und stellt fest, dass das Recht zur Veranlagung der Nachsteuer für die direkte Bundessteuer 1995/96 verjährt ist. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Grundsätzlich läuft eine Verjährungsfrist auch während eines gerichtlichen Verfahrens. Anders verhält es sich nur, wenn das Gesetz ausdrücklich anordnet, dass die Verjährung ruht ( BGE 123 III 213 E. 3 S. 216), was aber für die absolute Verjährung nach Art. 120 Abs. 4 und 152 Abs. 3 DBG (SR 642.11) nicht der Fall ist. Fraglich ist, ob die Verjährung auch dann zu berücksichtigen ist, wenn sie nicht im kantonalen Verfahren, sondern erst während des bundesgerichtlichen Verfahrens eintritt. 3.1 Im Zivilrecht, wo die Verjährung nur auf Einrede hin zu berücksichtigen ist, ist deren rechtzeitige Abgabe eine Sachverhaltsfrage (Urteil 5A_586/2008 vom 22. Oktober 2008 E. 5). Eine erst im bundesgerichtlichen Verfahren erhobene Einrede der Verjährung ist, ob als neue Tatsache ( Art. 99 Abs. 1 BGG ) oder als neues Rechtsbegehren ( Art. 99 Abs. 2 BGG ), nicht zulässig ( BGE 134 V 223 E. 2.2.1 und 2.2.2; Urteil 9C_614/2007 vom 19. Juni 2008 E. 5). Trotzdem BGE 138 II 169 S. 171 kann auch dort die Verjährung vor Bundesgericht geltend gemacht werden, wenn sie erst nach dem angefochtenen Entscheid eingetreten ist ( BGE 134 V 223 E. 2.2.2 S. 227; BGE 123 III 213 E. 5b S. 218; Urteile 9C_566/2007 vom 3. Januar 2008 E. 3.1; 4A_56/2008 vom 8. Oktober 2009 E. 9.4). 3.2 Das muss erst recht im öffentlichen Recht gelten, wo die Verjährung von Amtes wegen zu beachten ist. Dass der Sachverhalt für das Bundesgericht durch den vorinstanzlichen Entscheid grundsätzlich bindend festgelegt ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ) und das Novenverbot sowohl für neue Tatsachen wie auch Rechtsbegehren gilt, steht dem nicht entgegen. Es bedarf hier keiner Einrede. Es gibt folglich auch keine Sachverhaltsfeststellung darüber, ob eine solche vorliegt. Der Zeitablauf selbst bedarf als allgemein bekannte Tatsache keines besonderen Beweises. Weitere Tatfragen sind im Zusammenhang mit Art. 152 Abs. 3 und Art. 120 Abs. 4 DBG nicht zu beantworten: Für jede Steuerperiode kann abstrakt, ohne jegliche Sachverhaltsfeststellungen, beurteilt werden, wann die absolute Verjährung eintritt. Das ist eine reine Rechtsfrage. Neue Rechtsvorbringen sind vor Bundesgericht möglich, wenn die letzte kantonale Instanz volle Rechtskognition hatte und das Recht von Amtes wegen anzuwenden war ( Art. 110 BGG ; MEYER/DORMANN in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 23 zu Art. 99 BGG ; Urteil 6B_1099/ 2010 vom 28. März 2011 E. 2.1 mit Hinweis auf BGE 131 I 31 E. 2.1.1 S. 33). Das trifft hier zu. 3.3 Der Eintritt der Veranlagungsverjährung ist zu berücksichtigen, bis die Steuer im Sinne von Art. 120 Abs. 4 und Art. 152 Abs. 3 DBG veranlagt oder festgesetzt ist. Die Steuer oder Nachsteuer ist dann veranlagt bzw. festgesetzt, wenn der letztinstanzliche Entscheid in Rechtskraft erwachsen ist. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist ein ordentliches, devolutives und grundsätzlich reformatorisches ( Art. 107 Abs. 2 BGG ) Rechtsmittel (Urteil 8C_741/2009 vom 11. Mai 2010 E. 4.2.1). Die Rechtskraft tritt daher erst mit dem bundesgerichtlichen Urteil ein. Anders verhielt es sich noch bei der staatsrechtlichen Beschwerde als einem ausserordentlichen und prinzipiell kassatorischen Rechtsmittel, das dem Eintritt der Rechtskraft des kantonalen Entscheides nicht entgegenstand und bei welcher folglich die Veranlagungsverjährung nicht weiter lief (Urteile 2P.296/2006 vom 28. März 2007 E. 2, in: StR 62/2007 S. 472; 2P.3/1995 vom 21. März 1995 E. 4b, in: StR 52/1997 S. 41). BGE 138 II 169 S. 172 Der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kommt zwar in der Regel keine aufschiebende Wirkung zu ( Art. 103 Abs. 1 BGG ). Doch wirkt diese nur der sofortigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheids entgegen. Auf den Eintritt der Rechtskraft hat eine Verfügung über die aufschiebende Wirkung grundsätzlich keinen Einfluss, ausser es ist ausdrücklich angeordnet worden oder ergibt sich aus der Natur der Sache (MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, N. 5 und 6 zu Art. 103 BGG ; BGE 106 Ia 155 E. 4 f. S. 158 f.; s. auch Urteile 5A_3/2009 vom 13. Februar 2009 E. 2.3; 6B_440/2008 vom 11. November 2008 E. 3.3; 5A_613/ 2007 vom 29. November 2007 E. 3). 3.4 Tritt die Verjährung erst während des bundesgerichtlichen Verfahrens ein, ist sie daher auch ohne diesbezügliche Einrede zu berücksichtigen. In diesem Sinn hat das Bundesgericht bereits entschieden (Urteile 2C_88/2011 vom 3. Oktober 2011 E. 2.3.1; 2C_724/2010 vom 27. Juli 2011 E. 6.1, in: StR 66/2011 S. 871). Anders verhält es sich, wenn sich die Verjährung ausschliesslich auf kantonales Recht stützt (Urteil 2C_790/2008 vom 18. November 2009 E. 7), was hier nicht zutrifft. 3.5 Anzumerken bleibt, dass in Steuerhinterziehungsverfahren - anders als im Nachsteuerverfahren - aufgrund der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (StGB) eine Verfolgungsverjährung nicht mehr eintritt, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist (Botschaft des Bundesrats vom 2. März 2012 zum Bundesgesetz über eine Anpassung des DBG und des StHG an die Allgemeinen Bestimmungen des StGB, BBl 2012 2869 Ziff. 1.2.2 und S. 2884 ad Art. 189 Abs. 2 DBG und Art. 60 Abs. 2 StHG ). 4. Der vorliegend angefochtene Entscheid betrifft die Nachsteuer für die direkte Bundessteuer der Periode 1995/96. Die Frist gemäss Art. 152 Abs. 3 DBG von 15 Jahren ist somit am 31. Dezember 2011 abgelaufen. Das angefochtene Urteil datiert vom 14. Dezember 2010 und wurde dem Beschwerdeführer am 5. Januar 2011 zugestellt. Am 4. Februar 2011 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesgericht. Die absolute Verjährung trat somit nach dem Urteil der Steuerrekurskommission des Kantons Bern und vor der Rechtshängigkeit des Verfahrens beim Bundesgericht ein. Sie ist im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen. Die Beschwerde ist folglich gutzuheissen, und es ist festzustellen, dass das Recht zur Festsetzung der Nachsteuer für die direkte Bundessteuer 1995/96 verjährt ist.
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Urteilskopf 126 II 192 18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. März 2000 i.S. X. gegen Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 16 Abs. 2 SVG , Art. 4 Abs. 2 und Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV , Art. 31 Abs. 2 VZV ; Führerausweisentzug, Abgrenzung des leichten vom mittelschweren Fall. Wer innerorts in einer leichten Kurve eine mit Schneematsch bedeckte Strasse mit 50 km/h befährt, den trifft mindestens ein mittelschweres Verschulden (E. 2b). Bei diesem Verschulden ist die Annahme eines leichten Falles im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG selbst dann ausgeschlossen, wenn ein langjähriger unbescholtener automobilistischer Leumund mitzubeurteilen ist (E. 2c; Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 126 II 192 S. 192 A.- X. fuhr am Nachmittag des 31. Dezember 1996 mit ihrem Personenwagen in Obfelden auf der Dorfstrasse von Muri kommend in Richtung Affoltern am Albis. In einer leichten Linkskurve geriet ihr Fahrzeug auf der mit Schneematsch bedeckten Fahrbahn ins Schleudern und stiess mit einem auf der Gegenfahrbahn in Richtung Muri fahrenden Personenwagen zusammen. Durch die Kollision wurde dieses Fahrzeug nach rechts zum Trottoir bzw. Liegenschaftsvorplatz geschoben, wo es seitlich gegen einen dort parkierten Personenwagen prallte. An allen Fahrzeugen entstand Sachschaden. BGE 126 II 192 S. 193 B.- Das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau entzog X. am 6. März 1997 den Führerausweis wegen Nichtanpassens der Geschwindigkeit an die Strassenverhältnisse, Nichtbeherrschens des Fahrzeugs und Verursachens eines Verkehrsunfalls innerorts mit Sachschaden für die Dauer eines Monats. Eine Verwaltungsbeschwerde der Betroffenen wies das Departement des Innern des Kantons Aargau am 19. November 1998 ab. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen diesen Entscheid wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 7. September 1999 ab. C.- X. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei eine Verwarnung auszusprechen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin hat weder im Strafverfahren noch im Beschwerdeverfahren oder im vorinstanzlichen Verfahren den Sachverhalt bestritten. Hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit zitiert das Departement des Innern die Aussage der Beschwerdeführerin im Polizeirapport, wonach sie ungefähr mit 60 km/h gefahren sei, und ihre Angabe in der Verwaltungsbeschwerde, wonach ihre Geschwindigkeit mit 50 km/h ermittelt worden sei. Diese Geschwindigkeitsangabe hat sie im kantonalen Verfahren nicht in Frage gestellt. Mit ihrer jetzigen Behauptung, sie sei mit einer Geschwindigkeit von bloss ca. 35-40 km/h gefahren, vermag sie gerade angesichts ihrer eigenen Angaben im kantonalen Verfahren nicht darzulegen, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt haben sollte ( Art. 105 Abs. 2 OG ). Dasselbe gilt für die Bestreitung der vorinstanzlichen Feststellung, die Strasse sei mit Schneematsch bedeckt gewesen. Denn gemäss Polizeiprotokoll war die Strasse "schneebedeckt", laut Aussagen der Beschwerdeführerin und des Unfallgegners hatte es "Schneepflotsch" und in ihrer Eingabe vom 14. Februar 1997 an das Strassenverkehrsamt gibt die Beschwerdeführerin selbst an, fünf Minuten nach dem Unfall seien der Schneepflug und der Salzwagen vorbeigefahren und hätten "die Strasse von Schneematsch und Eis" befreit. 2. a) Bei der Anordnung von Administrativmassnahmen unterscheidet die Vorinstanz zwischen dem besonders leichten, dem leichten, dem mittelschweren und schweren Fall. Die wesentlichen BGE 126 II 192 S. 194 Kriterien für die Zuordnung seien das Mass der Verkehrsgefährdung und die Schwere des Verschuldens; bei der Beurteilung, ob es sich um einen leichten Fall handle, sei ausserdem der automobilistische Leumund zu berücksichtigen. Die in Anwendung von Art. 16 Abs. 2 SVG (SR 741.01) vorgesehenen Massnahmen müssten sich stets als verhältnismässig erweisen. Die Vorinstanz erachtet die Gefährdung, die die Beschwerdeführerin durch ihre Fahrweise hervorgerufen hat, als schwer. Das Verschulden wiege zumindest mittelschwer, da sie sich vorhalten lassen müsse, die Umstände falsch eingeschätzt und ihre Fahrweise nur ungenügend den konkreten Verhältnissen angepasst zu haben. Zudem weist die Vorinstanz auf eine Alkoholisierung (0,4 Promille) der Beschwerdeführerin hin, weil bereits ab Blutalkoholkonzentrationen von 0,3 bis 0,4 Promille verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbussen nachgewiesen seien. b) Kürzlich hat das Bundesgericht die Rechtsprechung zur Beurteilung des leichten Falles gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG geändert: Neben dem Verschulden der Fahrzeuglenkerin und deren automobilistischen Leumund ist die Schwere der Verkehrsgefährdung nur insoweit von Bedeutung, als sie auch verschuldensmässig relevant ist ( BGE 125 II 561 E. 2b). Wie die Vorinstanzen zutreffend festhalten, hat die Beschwerdeführerin, indem sie innerorts mit 50 km/h ins Schleudern geriet und so ihr Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle halten konnte, eine schwere Verkehrsgefährdung verursacht. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht in solchen Situationen, gerade auch innerorts, ein grosses Risiko von Folgeunfällen, weil das Verhalten eines solchen Fahrzeugs unberechenbar ist. Weder kann eine Automobilistin situationsgerecht auf den übrigen Verkehr reagieren, noch können die anderen Verkehrsteilnehmer das Verhalten eines ins Schleudern geratenen Wagens abschätzen. Zu prüfen bleibt, in welchem Mass die Beschwerdeführerin die Gefährdung auch verschuldet hat. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h darf nur unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen ausgefahren werden (Art. 4a Abs. 1 lit. a der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Die Fahrzeugführerin hat unter anderem langsam zu fahren, wo die Strasse verschneit und vereist ist ( Art. 4 Abs. 2 VRV ). Das Wissen darum, dass die Schleudergefahr und damit die Unfallgefahr auf verschneiten Strassen gross ist, kann allgemein vorausgesetzt werden. BGE 126 II 192 S. 195 Ebenso bekannt ist der Umstand, dass sich diese Gefahr mit zunehmender Geschwindigkeit und insbesondere beim Kurvenfahren drastisch erhöht. Inwiefern die Beschwerdeführerin diese Zusammenhänge nicht gekannt haben sollte, ist nicht ersichtlich. Gemäss Polizeiprotokoll besitzt das benutzte Fahrzeug keinen Vierradantrieb, oder er war nicht eingeschaltet. Zu Gunsten der Beschwerdeführerin könnte höchstens berücksichtigt werden, dass die Strasse im fraglichen Zeitpunkt nicht mit Schnee, sondern mit Schneematsch bedeckt war. Doch entlastet dies die Beschwerdeführerin nicht wesentlich, weil bei Schneematsch auf Strassen immer auch mit vereisten Stellen gerechnet werden muss. Jedenfalls erlaubten die konkreten Strassenverhältnisse kein Ausfahren der Innerortshöchstgeschwindigkeit und dies erst recht nicht in einer - wenn auch bloss leichten - Kurve. Da die Beschwerdeführerin die schwere Verkehrsgefährdung zum grossen Teil hätte voraussehen können und müssen, hat sie die Gefährdung auch verschuldet. Deshalb ist jedenfalls von einem mittelschweren Verschulden der Beschwerdeführerin auszugehen. c) Unter diesen Umständen ist eine blosse Verwarnung, wie sie die Beschwerdeführerin beantragt, auf Grund der klaren Regelung von Gesetz ( Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG ) und Verordnung ( Art. 31 Abs. 2 der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr [VZV; SR 741.51] ) nicht möglich. Denn auch ein langjähriger ungetrübter automobilistischer Leumund kann nur bei leichtem Verschulden zur Anordnung einer Verwarnung anstelle eines Ausweisentzuges führen. Dies mag in Fällen wie hier, wo die Fahrzeugführerin auf Grund des von ihr verschuldeten Unfalls genügend gewarnt sein dürfte, als Härte empfunden werden. Diese Rechtslage kann nur der Gesetzgeber ändern, sei es, dass er für derartige Fälle auch den bedingten Ausweisentzug vorsieht oder den Anwendungsbereich der Verwarnung bei gutem automobilistischem Leumund ausweitet auf den Bereich des mittelschweren Verschuldens. d) Auch die geltend gemachte berufliche Angewiesenheit auf den Führerausweis rechtfertigt es nicht, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit auf einen Führerausweisentzug zu verzichten. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Im Übrigen kann auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden ( Art. 36a Abs. 3 OG ).
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Urteilskopf 101 Ia 332 57. Auszug aus dem Urteil vom 26. November 1975 i.S. Walther gegen Staatsanwaltschaft und Kassationsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 4 BV , rechtliches Gehör. Wer in einer Eingabe an ein Gericht verschiedene Adressen angibt, hat nicht Anspruch darauf, dass die Zustellung der Gerichtsurkunden an alle aufgeführten Adressen erfolgen muss, sondern nur, dass sie an eine derselben vorzunehmen ist.
Erwägungen ab Seite 332 BGE 101 Ia 332 S. 332 Aus den Erwägungen: 3. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer Inhaber des Postfaches 3304, 8023 Zürich, ist und in seinen Eingaben diese Adresse angegeben hat. Es trifft auch zu, dass er in den Eingaben an die Bezirksanwaltschaft Zürich vom 20. und 25. September 1973 neben seiner Postfachadresse noch die Adresse seiner Mutter angegeben hat. In allen späteren Eingaben an die Bezirksanwaltschaft und das Bezirksgericht wurde jedoch nur noch die Postfachadresse genannt. Wer in einer Eingabe an ein Gericht eine bestimmte Adresse angibt, bekundet, dass ihm sämtliche gerichtlichen Schriftstücke an diese Adresse gesandt werden können. Wer gleichzeitig verschiedene Adressen nennt, hat nicht Anspruch darauf, dass die Zustellung an alle aufgeführten Adressen erfolgen muss, sondern nur, dass sie an eine derselben vorzunehmen ist. Der Adressat hat dafür zu sorgen, dass ihn die Sendungen über die angegebenen Adressen erreichen, und die Behörden dürfen sich darauf verlassen, dass er die hiefür erforderlichen Vorkehren trifft, insbesondere dann, wenn er in absehbarer Zeit mit einer Zustellung rechnen muss ( BGE 101 Ia 8 /9 E. 2, BGE 91 II 152 , BGE 90 I 275 ). Der Beschwerdeführer BGE 101 Ia 332 S. 333 musste, nachdem er die Durchführung des ordentlichen Verfahrens beantragt hatte, damit rechnen, in nächster Zeit Zustellungen, welche dieses ordentliche Verfahren betrafen, zu erhalten. Er hatte somit entsprechende Vorkehren zu treffen, damit er über die von ihm angegebene Postfachadresse auch ständig erreicht werden konnte. Nachdem der Beschwerdeführer seit dem 4. April 1974 in seinen Eingaben an die Bezirksanwaltschaft und an das Bezirksgericht stets nur die Postfachadresse Zürich angegeben hatte, war nicht nach weiteren Zustellungsmöglichkeiten zu forschen. Mit der zusätzlichen öffentlichen Vorladung hat die zustellende Gerichtsinstanz alles getan, was ihr zuzumuten war. Eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, und die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet.
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Urteilskopf 94 I 1 1. Urteil vom 6. März 1968 i.S. Industrie-Vereinigung Schaffhausen und Mitbeteiligte gegen Kanton Schaffhausen.
Regeste Kantonales Feriengesetz; Rückwirkungsklausel. Ein kantonales Gesetz, nach welchem den Arbeitnehmern mindestens drei Wochen Ferien zu gewähren sind, ist privatrechtlicher Natur. Soll die in einem solchen Erlass enthaltene Rückwirkungsklausel nicht gegen Art. 4 BV verstossen, muss sie sich auf beachtenswerte (triftige) Gründe stützen lassen.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 94 I 1 S. 1 A.- In einer Abstimmung vom 3. Dezember 1967 nahm das Schaffhauser Volk folgendes Gesetz an: I Art. 2 des Feriengesetzes vom 5. Dezember 1960 wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 2 neu Der Arbeitgeber hat dem Dienstpflichtigen pro Jahr mindestens drei Wochen bezahlte Ferien zu gewähren. BGE 94 I 1 S. 2 II Dieses Gesetz tritt nach der Annahme durch das Volk auf den 1. Januar 1967 in Kraft. Aus der Entstehungsgeschichte ist hervorzuheben: Der ursprüngliche Art. 2 des Feriengesetzes hatte gelautet: Der Arbeitgeber hat dem Dienstpflichtigen pro Jahr bezahlte Ferien von mindestens folgender Dauer zu gewähren: a) Jungendliche bis zum vollendeten 20. Altersjahr 3 Wochen b) vom 21. bis zum vollendeten 40. Altersjahr 2 Wochen c) vom 41. bis zum vollendeten 50. Altersjahr 21/2 Wochen d) vom 51. Altersjahr an 3 Wochen (Lit. b war durch Art. 73 Abs. 1 lit. b des eidg. Arbeitsgesetzes aufgehoben worden.) Am 29. Juli 1966 reichte W. Stamm eine Initiative mit dem eingangs angeführten Wortlaut ein, die innert Frist die nötige Zahl von Unterschriften auf sich vereinigte und am 3. November 1966 vom Regierungsrat des Kantons Schaffhausen als zustande gekommen erklärt wurde. Ihre weitere Behandlung verzögerte sich durch die Aufstellung eines Gegenvorschlags, worin der Anspruch auf mindestens drei Wochen bezahlte Ferien gegenüber der Initiative beschränkt wurde ("bis zum 20. und nach dem vollendeten 30. Altersjahr oder nach acht Dienstjahren...") und das Inkrafttreten auf den 1. Januar 1968 vorgesehen wurde. Nachdem der Grosse Rat diesem Gegenvorschlag zugestimmt hatte, wurde er am 3. September 1967 der Volksabstimmung unterbreitet, aber darin verworfen. Hierauf fand am 3. Dezember 1967 die Volksabstimmung über den Initiativtext statt und führte zu dessen Annahme. Das neue Gesetz wurde im Amtsblatt vom 8. Dezember 1967 veröffentlicht. B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen die Industrie-Vereinigung Schaffhausen und 19 Arbeitgeberfirmen, die Ziffer II dieses Gesetzes aufzuheben und festzustellen, dass die Novelle am 8. Dezember 1967 mit ihrer Publikation in Kraft getreten sei. Die Beschwerdeführer machen geltend, Art. 77 des kantonalen Wahlgesetzes vom 15. März 1904 sehe für die Behandlung von Initiativen Fristen vor, die im Falle eines Gegenvorschlages zusammen 21 Monate vom Ablauf der Initiativfrist bis zur Volksabstimmung ausmachten. Es sei deshalb von Anfang an ersichtlich gewesen, dass das neue Gesetz niemals auf den 1. Januar 1967 zur Abstimmung gebracht werden könne und BGE 94 I 1 S. 3 dass die Bestimmung, es müsse dann in Kraft treten, eine Rückwirkungsklausel darstelle. In den Beratungen habe man sich denn auch hieran gestossen und im Gegenvorschlag das Inkrafttreten auf den 1. Januar 1968 vorgesehen; den Text der Initiative aber habe man nicht ändern können. Die Rückwirkung beruhe nicht auf beachtenswerten Gründen, sondern auf einer unsorgfältigen, die Termine des Wahlgesetzes missachtenden Redaktion durch die Initianten. Der Zweck der Minimalferien, die Gesundheit und Arbeitskraft der Arbeitnehmer zu erhalten und zu heben, könne nur erreicht werden, wenn die Ferien während des Arbeitsjahres gewährt würden, nicht aber bei späterer Nachholung oder bei Abgeltung in Geld. Hier seien für das Jahr 1967 nur noch diese Lösungen möglich, weil das Gesetz erst am 8. Dezember erlassen worden sei. Die Nachholung würde bedeuten, dass im Jahre 1968 vier Wochen Ferien zu gewähren seien, was betrieblich höchst unerwünscht und vom gesundheitlichen Standpunkt aus unnötig wäre. Letzteres treffe auch für die Abgeltung in Geld zu, die auf eine versteckte Lohnerhöhung hinauslaufen würde. Die Rückwirkung hätte stossende Ungleichheiten zur Folge. Eine Umfrage bei den 64 der Industrie-Vereinigung angeschlossenen Firmen habe ergeben, dass bisher 45% der Beschäftigten (d.h. rund 7500 Personen) keinen dreiwöchigen Ferienanspruch gehabt hätten; neun Unternehmen hätten schon vorher drei Wochen bezahlte Ferien gewährt; dagegen habe in zehn Betrieben bisher mehr als die Hälfte der Belegschaft (im Extremfall sogar 84%) nur zwei Wochen Ferien erhalten. Die Rückwirkung würde deshalb die einzelnen Unternehmen sehr verschieden treffen. Nach der gleichen Erhebung seien vom 1. Januar bis zum 15. November 1967 2695 Arbeitnehmer ausgetreten. Ihnen könnte nur noch ein Ersatz in Geld gewährt werden; aber auch das wäre vielfach nicht möglich, weil ihre Adressen den Unternehmungen nicht bekannt seien. So ergäben sich Ungleichheiten auch bei den Arbeitnehmern. Manchmal seien beim Austritt Saldoquittungen erteilt worden; würde darauf abgestellt, so wären die betreffenden Arbeitnehmer gegenüber den anderen benachteiligt; wenn sie nicht massgeblich wären, so würden wohlerworbene Rechte verletzt. Rechtlich berufen sich die Beschwerdeführer auf ein Gutachten von Professor Imboden, das sie zum integrierenden Bestandteil der Beschwerde erklären. Darin wird auf Grund ähnlicher Erwägungen BGE 94 I 1 S. 4 ausgeführt, die durch die angefochtene Bestimmung angeordnete Rückwirkung erfülle die Voraussetzungen nicht, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Rückwirkung eines Gesetzes mit Art. 4 BV vereinbar sei. Zwar sei sie klar gewollt und zeitlich mässig; doch fehle es an triftigen Gründen dafür, weil sich das Ziel der Minimalferien damit nicht erreichen lasse, und liege im Eingriff in bereits abgewickelte Vertragsverhältnisse, denen dadurch ein anderer Inhalt gegeben werde, eine Verletzung wohlerworbener Rechte und damit der Eigentumsgarantie. Zudem verstiessen die schon von den Beschwerdeführern erwähnten Ungleichheiten zwischen verschiedenen Unternehmen und zwischen verschiedenen Arbeitnehmern gegen Art. 4 BV . Endlich hätte die Rückwirkungsklausel zur Folge, dass allen Arbeitnehmern, denen bisher nur zwei Wochen Ferien zugestanden hätten, nach dem neuen Recht aber drei Wochen zustünden, im Jahr 1968 zur Nachholung vier Wochen bezahlte Ferien gewährt werden müssten; damit würde aber direkt Art. 341 bis Abs. 2 OR und indirekt Art. 2 ÜbBest. BV (d.h. der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts) verletzt. C.- Für den Kanton Schaffhausen hat der Regierungsrat auf die Einreichung von Gegenbemerkungen zu der Beschwerde verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführer 2 - 20 sind schaffhausische Firmen, die im Jahre 1967 zahlreiche Arbeitnehmer beschäftigten, welche nur auf zwei oder zweieinhalb Wochen Ferien Anspruch hatten und diese bezogen haben. Wenn das neue Gesetz auf den 1. Januar 1967 in Kraft tritt, werden sie diesen für das Jahr 1967 nachträglich noch die restlichen Ferien oder einen Ersatz in Geld zu gewähren haben. Sie werden also durch die darim liegende Rückwirkung betroffen und, falls sie verfassungswidrig ist, wie sie geltend machen, in ihren Rechten verletzt, sind mithin gemäss Art. 88 OG zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Die Beschwerdeführerin 1 ist ein Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB , der nach Art. 2 seiner Statuten den Zweck hat, die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder zu wahren. Sie ist deshalb, weil viele ihrer Mitglieder durch die angefochtene Bestimmung betroffen werden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ebenfalls zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ( BGE 88 I 175 , BGE 81 I 120 /1). BGE 94 I 1 S. 5 2. Da sich die Beschwerde gegen ein kantonales Gesetz bzw. gegen eine Bestimmung desselben richtet, erscheint der Kanton Schaffhausen als beschwerdebeklagte Partei. Zu seiner Vertretung im bundesgerichtlichen Verfahren ist mangels einer besonderen Vorschrift der Regierungsrat als oberste Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde befugt (Art. 61 KV; BGE 81 I 195 E. 1 a.E., nicht publizierte Urteile vom 20. September 1967 i.S. Union technique suisse lit. D und vom 20. Mai 1959 i.S. Union des associations patronales genevoises lit. B a.E.). Das ist im vorliegenden Falle insofern nicht glücklich, als sich der Regierungsrat offensichtlich nicht berufen fühlt, die angefochtene Bestimmung zu verteidigen; denn er selbst - wie übrigens auch der Grosse Rat - hat sie ja nicht gewollt, vielmehr in seinem Gegenvorschlag das Inkrafttreten auf den 1. Januar 1968 vorgesehen, "um die Rückwirkung und weitere Komplikationen zu vermeiden". Er scheint sogar die dagegen gerichtete Beschwerde als begründet zu erachten; hat er doch auf die Einreichung von Gegenbemerkungen verzichtet. Es ist nicht ersichtlich, wer sonst zur Vertretung des Kantons legitimiert wäre - auf jeden Fall nicht das Initiativkomitee. Übrigens hat das Bundesgericht auch ohne Gegenbemerkungen und Antrag seitens des Kantons zu prüfen, ob die angefochtene Bestimmung den dagegen erhobenen Rügen der Verfassungswidrigkeit standhält. 3. Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich ausschliesslich gegen Ziffer II der Gesetzes-Novelle vom 3. Dezember 1967. Gemäss dieser Bestimmung soll der genannte Erlass auf den 1. Januar 1967 in Kraft treten. Nach Ansicht der Beschwerdeführer liegt darin eine Rückwirkung, die aus verschiedenen Gründen unzulässig sei. a) Die Beschwerdeführer machen einmal eine Verletzung von Art. 4 BV geltend. Unter diesem Gesichtspunkt lassen Rechtsprechung und Lehre eine Rückwirkung von Verwaltungsgesetzen, die den Bürger belasten, nur zu, wenn sie - ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist; - in zeitlicher Beziehung mässig ist; - zu keinen stossenden Rechtsungleichheiten führt; - sich durch beachtenswerte (triftige) Gründe rechtfertigen lässt; - nicht in wohlerworbene Rechte eingreift ( BGE 92 I 233 E. 5 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). BGE 94 I 1 S. 6 Bei dem vom Schaffhauser Volk gutgeheissenen Erlass, nach welchem den Arbeitnehmern mindestens drei Wochen bezahlte Ferien zu gewähren sind, handelt es sich indessen nicht um öffentliches, sondern um (kantonales) Privatrecht. Gemäss Art. 341 bis Abs. 2 OR in der Fassung von Art. 64 Ziffer 2 des BG über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) vom 13. März 1964 können nämlich die Kantone die von Bundesrechts wegen festgesetzte Feriendauer von 2 auf 3 Wochen verlängern (F. W. BIGLER, Komm. zum Arbeitsgesetz, Bem. 2c zu Art. 64, Bem. 2a zu Art. 73; vgl. auch H. HUBER, Komm. zu Art. 6 ZGB N. 218). Ob sie ausserdem befugt sind, übergangsrechtliche Bestimmungen zu erlassen, brauchte hier selbst dann nicht entschieden zu werden, wenn es die Beschwerdeführer ausdrücklich bestritten hätten. Denn die angefochtene Rückwirkungsklausel ist schon aus einem anderen Grunde unzulässig. b) Wie im Verwaltungsrecht gilt auch im Bereich des Zivilrechts die Regel der Nichtrückwirkung eines Gesetzes. Die im Schlusstitel zum ZGB enthaltenen Ausnahmen von dieser Regel betreffen das eidgenössische und nicht das kantonale Zivilrecht. Die entsprechenden Bestimmungen, insbesondere Art. 2 SchlT/ZGB, sind deshalb im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es stellt sich aber die weitere Frage nach der Anwendbarkeit der in lit. a hievor erwähnten, für das Verwaltungsrecht entwickelten Grundsätze. Sie ist jedenfalls insoweit zu bejahen, als sich auch die Rückwirkungsklausel eines kantonal-privatrechtlichen Ferienerlasses, soll sie nicht gegen Art. 4 BV verstossen, auf beachtenswerte oder triftige Gründe stützen lassen muss. Auch solche Ferienbestimmungen bewirken eine Belastung des Bürgers (als Arbeitgeber). Sie unterscheiden sich vom früheren öffentlichen Recht gleichen Inhalts wesentlich nur dadurch, dass sie auf einem echten Vorbehalt beruhen ( Art. 341 bis Abs. 2 OR ), den der Bundesgesetzgeber infolge des "Vorprellens" einiger Kantone auf diesem Gebiet (vgl. H. HUBER a.a.O.) in das Arbeitsgesetz aufnehmen musste. Ob die weiteren, für die Rückwirkung im Verwaltungsrecht geltenden Voraussetzungen im Zivilrecht ebenfalls anzuwenden sind, kann dahingestellt bleiben; die angefochtene Rückwirkungsklausel verletzt Art. 4 BV schon deshalb, weil sie sich nicht mit beachtenswerten Gründen rechtfertigen lässt. c) Die gesetzlichen Mindestferien dienen unbestrittenermassen BGE 94 I 1 S. 7 dazu, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu erhalten und zu fördern. Sie sind demzufolge grundsätzlich im betreffenden Arbeitsjahr zu beziehen. Die im vorliegenden Fall angeordnete Rückwirkung auf das bereits abgelaufene Jahr 1967 verunmöglicht das. Sie hat zur Folge, dass der entstandene Anspruch auf zusätzliche Ferien nur noch durch Geldersatz oder durch Nachgewährung der dritten Ferienwoche in einem späteren Zeitpunkt abgegolten werden kann. Mit einer Entschädigung in Geld ist das eingangs genannte gesetzgeberische Ziel der Mindestferien von vornherein nicht zu erreichen. Ob sich gleiches auch mit Bezug auf die nachträgliche Gewährung der Ferien sagen liesse, mag hier offen bleiben. Selbst wenn die Nachholung dem genannten Zweck nicht widerspräche, hätten diesbezügliche Interessen der Arbeitnehmer gleichwohl zurückzutreten gegenüber den Rechten derjenigen Arbeitgeber, die im Vertrauen auf die damals geltenden Ferienvorschriften für 1967 mit ihren Dienstvertragspartnern weniger als drei Wochen Ferien vereinbart haben. Die angefochtene Rückwirkungsklausel greift in diese Rechte ein, weil sie den Inhalt jener rechtsgültig abgeschlossenen und erfüllten Verträge nachträglich abändert. Das Interesse daran, dass ein solcher Eingriff unterbleibe, verdient deshalb geschützt zu werden. Triftige Gründe, die ein Abweichen vom Grundsatz der Nichtrückwirkung rechtfertigen würden, liegen somit nicht vor, weshalb die angefochtene Ziffer II der Gesetzes-Novelle vom 3. Dezember 1967 wegen Verletzung des Art. 4 BV aufzuheben ist. Damit erübrigt sich die Prüfung der weiteren, im Gutachten Imboden erhobenen und von den Beschwerdeführern übernommenen Rügen. 4. Ausser der Aufhebung von Ziffer II des Gesetzes vom 3. Dezember 1967 beantragen die Beschwerdeführer, es sei festzustellen, dass dieses am 8. Dezember 1967, dem Datum seiner Publikation, in Kraft getreten sei. Auf dieses Begehren kann wegen der rein kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden. Vielmehr wird die zuständige kantonale Behörde nun das Datum des Inkrafttretens des neuen Gesetzes festsetzen müssen. Wenn sie auch den Wortlaut der formulierten Initiative nicht abändern durfte, so hat sie doch die Lücke auszufüllen, welche infolge der Aufhebung von Ziffer II durch das Bundesgericht BGE 94 I 1 S. 8 entsteht. Dabei steht es ihr frei, eine vernünftige und einfach zu handhabende Lösung zu treffen. An das Datum der Publikation ist sie nicht gebunden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass Ziffer II der Gesetzesnovelle vom 3. Dezember 1967 über die Abänderung des Feriengesetzes vom 5. Dezember 1960 aufgehoben wird.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
b4660392-f593-480e-8492-49a4b1f860ee
Urteilskopf 138 III 489 71. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und A.B. gegen B.A. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_473/2011 vom 29. Mai 2012
Regeste Art. 19 und 95 IPRG ; Erbvertragsstatut und ausländisches Erbvertragsverbot. Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses und nicht im Zeitpunkt des Todes (E. 3). Im zu beurteilenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend anzuwenden ist und damit den nach schweizerischem Recht gültig abgeschlossenen Erbvertrag als nichtig erscheinen lässt (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 490 BGE 138 III 489 S. 490 X. (Ehemann), Jahrgang 1918, und Y. (Ehefrau), Jahrgang 1923, heirateten 1958 in São Paolo, Brasilien. Ihre Ehe blieb kinderlos. Die Ehegatten X. und Y. liessen am 11. November 1992 an ihrem Wohnsitz in Appenzell einen Erbvertrag beurkunden, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben ihres ganzen Nachlasses einsetzten (Ziff. I). Jeder Ehegatte setzte für den Fall, dass er den anderen überleben sollte, die Geschwisterkinder und deren Nachkommen zu gleichen Teilen als Erben ein, d.h. zu einem Viertel die Kinder des Bruders A. von Y. sowie zu je einem Viertel die Kinder der beiden Schwestern B. und C. und des Bruders D. von X. (Ziff. II/2). Die Ehegatten erklärten, dass auf den Nachlass beider Ehegatten das schweizerische Recht anwendbar sein solle (Ziff. III des Erbvertrags). Am 10. Juni 2003 verstarb X. in Frankreich. Er war brasilianischer und deutscher Staatsangehöriger. Y. errichtete am 5. Januar 2005 in Paris, am 2. Februar 2005 in Paris und am 20. April 2005 in São Paolo letztwillige Verfügungen und setzte die beiden Kinder ihres Bruders A. als ihre universellen Rechts nachfolger ein. Sie schenkte ihnen am 1. Februar 2005 Liegenschaften in Paris und am 28. Oktober 2005 Liegenschaften in São Paolo. Am 19. November 2005 starb Y. (Erblasserin) in São Paolo. Sie war brasilianische Staatsangehörige. Mit Klage vom 8. Februar 2007 beantragten die Kinder der Geschwister B., C. und D. von X. (Beschwerdegegner), die letztwilligen Verfügungen und die Schenkungen der Erblasserin für ungültig zu erklären, eventualiter herabzusetzen, soweit dadurch der Erbvertrag zwischen der Erblasserin und ihrem vorverstorbenen Ehemann verletzt sei. Die Kinder des Bruders A. der Erblasserin (Beschwerdeführer) schlossen auf Abweisung der Klage. Das Bezirksgericht BGE 138 III 489 S. 491 Appenzell wies die Klage ab. Auf Berufung der Beschwerdegegner hin setzte das Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin vom 5. Januar 2005, vom 2. Februar 2005 und vom 20. April 2005 herab, soweit dadurch die Erbenstellung der Beschwerdegegner zu insgesamt 3⁄4 am in der Schweiz gelegenen Nachlass der Erblasserin verletzt ist. Die Beschwerdeführer beantragen dem Bundesgericht, die Klage der Beschwerdegegner abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. (...) 2.3 Streitig und zu prüfen ist, welchem Recht der Erbvertrag der Ehegatten untersteht. Weil die Schweiz das Haager Übereinkommen vom 1. August 1989 über das auf die Erbfolge anzuwendende Recht (Convention du premier août 1989 sur la loi applicable aux successions à cause de mort) lediglich unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat, und weil zur vorliegenden Frage zwischen der Schweiz und Brasilien keine völkerrechtlichen Verträge bestehen, beurteilt sich das anzuwendende Recht nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht ( Art. 1 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 IPRG [SR 291]). Die kantonalen Gerichte haben schweizerisches Erbrechtfür anwendbar erklärt. Die Beschwerdeführer machen geltend, anwendbar sei nicht schweizerisches, sondern brasilianisches Recht. Danach bestehe ein absolutes Erbvertragsverbot, so dass die von der Erblasserin am 20. April 2005 in São Paolo errichtete letztwillige Verfügung gültig sei und sie gestützt darauf als Alleinerben zu gelten hätten. 3. Im Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags am 11. November 1992 hatten die Erblasserin und ihr Ehemann den Wohnsitz in der Schweiz. Am 19. November 2005 starb die Erblasserin mit letztem Wohnsitz in Brasilien. Aus den Wohnsitzverhältnissen schliessen die Beschwerdeführer, nach Art. 95 IPRG sei zwar schweizerisches Recht anwendbar, doch werde diese Ausnahmebestimmung aufgrund der getrennten Zuständigkeit der für den Nachlass zuständigen Gerichte ( Art. 88 IPRG ) durch Art. 91 Abs. 1 IPRG verdrängt, so dass brasilianisches Recht anzuwenden sei. 3.1 Das auf "Erbverträge und gegenseitige Verfügungen von Todes wegen" (Marginalie) anwendbare Recht wird in Art. 95 IPRG BGE 138 III 489 S. 492 geregelt. Der Erbvertrag untersteht danach dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses (Abs. 1). Unterstellt ein Erblasser im Vertrag den ganzen Nachlass seinem Heimatrecht, so tritt dieses an die Stelle des Wohnsitzrechts (Abs. 2). Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen dem Wohnsitzrecht jedes Verfügenden oder dem von ihnen gewählten gemeinsamen Heimat recht entsprechen (Abs. 3). Vorbehalten bleiben in Abs. 4 die Bestimmungen über die Form und die Verfügungsfähigkeit ( Art. 93 und 94 IPRG ). 3.2 Gemäss Art. 95 IPRG besteht keine freie, sondern eine nur beschränkte Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers (Abs. 2) bzw. des gemeinsamen Heimatrechts der Verfügenden (Abs. 3). Die weitergehende Regelung in Ziff. III des Erbvertrags zwischen der Erblasserin und ihrem Ehemann, wonach auf den Nachlass beider Ehegatten Schweizer Recht zur Anwendung kommen soll, hat deshalb keine Bedeutung und kann lediglich als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Verfügenden nicht die Anwendung des brasilianischen Rechts als ihr gemeinsames Heimatrecht vereinbart haben. Ob schweizerisches Recht anwendbar ist, beurteilt sich somit allein nach dem "Recht am Wohnsitz" bzw. dem "Wohnsitzrecht" im Sinne von Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG . 3.3 Massgebend für den Erbvertrag ist das Recht am Wohnsitz des Erblassers bzw. der Verfügenden zur Zeit des Vertragsabschlusses. 3.3.1 Die Regelung in Art. 95 IPRG weicht mit Bezug auf den Anknüpfungszeitpunkt vom Erbstatut ab, das sich grundsätzlich nach dem letzten Wohnsitz, d.h. nach dem Wohnsitz im Zeitpunkt des Todes einer Person richtet ( Art. 90 Abs. 1 und Art. 91 Abs. 1 IPRG ). Die Abweichung ist bewusst erfolgt. Aus Gründen der Verkehrssicherheit und im Interesse der Aufrechterhaltung der im Vertrag getroffenen Anordnungen soll ein späterer Wohnsitzwechsel ohne Einfluss auf die Rechtsanwendung bleiben (vgl. Botschaft vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht [IPR-Gesetz], BBl 1983 I 263, 391 Ziff. 264.1). 3.3.2 Die gesetzgeberische Absicht kommt zwar nur im Wortlaut von Art. 95 Abs. 1 IPRG ("am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses") unzweideutig zum Ausdruck, ist jedoch auch im Fall von Art. 95 Abs. 3 IPRG zu beachten. Das Gesetz unterscheidet in Abs. 1 den Erbvertrag, in dem bloss eine Partei als Erblasser auftritt ("des Erblassers"), und in Abs. 3 den Erbvertrag, der gegenseitige BGE 138 III 489 S. 493 Verfügungen von Todes wegen enthält und damit mehrere Erblasser umfasst ("jedes Verfügenden"; vgl. Botschaft, a.a.O., S. 392). Die Unterscheidung ändert indessen nichts an den in beiden Fällen gleichermassen bestehenden Bindungswirkungen des Erbvertrags, die durch den Wohnsitzwechsel des Erblassers oder auch nur eines der Verfügenden nicht hinfällig werden dürfen. Dass sich das anzuwendende Recht sowohl beim einseitigen Erbvertrag als auch beim zwei- oder mehrseitigen Erbvertrag nach dem Wohnsitz des bzw. jedes Erblassers im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses richtet, ist in der Lehre - soweit sie sich dazu äussert - anerkannt (vgl. GERARDO BROGGINI, Aspetti del nuovo diritto internazionale privato svizzero. Diritto matrimoniale e diritto successorio, in: Repertorio di giurisprudenza patria [Rep] 121/1988 S. 191 ff., 212; HEINI, in: Zürcher Kommentar, 2004, N. 3 und N. 9; DUTOIT, Droit international privé suisse, 4. Aufl. 2005, N. 4, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2007, N. 1 und 7, je zu Art. 95 IPRG ). 3.3.3 Im Zeitpunkt des Abschlusses ihres Erbvertrags hatten die Erblasserin und ihr Ehemann einen gemeinsamen Wohnsitz in der Schweiz, so dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anzuwenden ist. 3.4 Die gegenteilige Ansicht, die die Beschwerdeführer auf die von ihnen eingeholten Rechtsgutachten stützen, kann nicht geteilt werden. Sie weisen allerdings zutreffend darauf hin, dass hier die schweizerischen Gerichte gemäss Art. 88 Abs. 1 IPRG deshalb zuständig sind, weil die Erblasserin eine Brasilianerin mit letztem Wohnsitz in Brasilien war und weil die brasilianischen Behörden sich mit dem im Ausland - hier: in der Schweiz und in Frankreich - gelegenen Nachlassvermögen nicht befassen. Richtig ist auch, dass sich in diesem Fall einer Nachlassspaltung nach verschiedenen Lehrmeinungen das anwendbare Recht grundsätzlich nach Art. 91 Abs. 1 IPRG bestimmen soll, um dadurch - soweit als möglich - eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen (vgl. HEINI, a.a.O., N. 10, und SCHNYDER/LIATOWITSCH, a.a.O., N. 7, je zu Art. 88 IPRG ). Gegenüber dem Grundsatz in Art. 90 und 91 IPRG ("Letzter Wohnsitz") bleiben jedoch die Sonderanknüpfungen für die Form letztwilliger Verfügungen ( Art. 93 IPRG ), für die Verfügungsfähigkeit ( Art. 94 IPRG ) und für die Erbverträge und gegenseitigen Verfügungen von Todes wegen ( Art. 95 IPRG ) vorbehalten. Weshalb das allgemeine Erbstatut dem besonderen Erbvertragsstatut vorgehen soll, vermögen die Beschwerdeführer BGE 138 III 489 S. 494 nicht nachvollziehbar zu begründen. Gerade weil die Sonderanknüpfung gemäss Art. 95 IPRG eine Beeinträchtigung der erbvertraglichen Bindungswirkungen durch Wohnsitzwechsel zu verhindern bezweckt, muss sie dem Erbstatut vorgehen und auch im Fall einer Nachlassspaltung berücksichtigt werden, die ihrerseits auf einen Wechsel des Wohnsitzes in einen Staat mit entsprechender Zuständigkeitsregelung zurückzuführen ist. Das Erbvertragsstatut gemäss Art. 95 IPRG hat als Spezialvorschrift gegenüber den übrigen erbrechtlichen Kollisionsnormen zu gelten (zur ähnlichen Regelung in Deutschland: STAUDINGER/DÖRNER, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2007, N. 62 ff. zu Art. 26 EGBGB; vgl. zum Vorrang der spezielleren gegenüber der generelleren Vorschrift: FURRER/GIRSBERGER/SIEHR, Allgemeine Lehren, SPR Bd. XI/1: Internationales Privatrecht, 2008, § 5 N. 389 S. 131). 3.5 Insgesamt ist das Kantonsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass gemäss Art. 95 Abs. 1 und 3 IPRG das schweizerische Recht anwendbar ist. 4. Unter Hinweis auf das Erbvertragsverbot im brasilianischen Recht machen die Beschwerdeführer eine Sonderanknüpfung im Sinne von Art. 19 IPRG geltend. 4.1 Eine "Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts" (Marginalie) lässt Art. 19 IPRG insofern zu, als anstelle des Rechts, das durch dieses Gesetz bezeichnet wird, die Bestimmung eines andern Rechts, die zwingend angewandt sein will, berücksichtigt werden kann, wenn nach schweizerischer Rechtsauffassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen einer Partei es gebieten und der Sachverhalt mit jenem Recht einen engen Zusammenhang aufweist (Abs. 1). Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entscheidung (Abs. 2). Die Berücksichtigung zwingender Bestimmungen eines ausländischen Rechts gestützt auf Art. 19 IPRG soll nach der Rechtsprechung die Ausnahme bleiben (vgl. BGE 136 III 392 E. 2.2 S. 395). Sie betrifft vor allem das internationale Wirtschaftsrecht, kann aber auch auf dem Gebiet des Erbrechts nicht ausgeschlossen werden (vgl. BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, 2011, N. 4 zu Art. 19 IPRG ). BGE 138 III 489 S. 495 4.2 Das Kantonsgericht hat die drei Voraussetzungen gemäss Art. 19 Abs. 1 IPRG geprüft und als nicht erfüllt betrachtet. Es hat einerseits angenommen, es sei unklar, ob das brasilianische Erbvertragsverbot zwingend im internationalen Verhältnis anzuwenden sei, wenn die Vertragsparteien den Erbvertrag wie vorliegend an ihrem Wohnsitz in der Schweiz geschlossen hätten. Die Rechtsgutachter hätten festgehalten, dass der in der Schweiz abgeschlossene Erbvertrag die brasilianische Rechtsordnung nicht verletze und Erbverträge voraussichtlich mit ihrer Anerkennung in Brasilien rechnen könnten. Andererseits seien, so hat das Kantonsgericht dafürgehalten, keine schützenswerten und überwiegenden Interessen erkennbar, die die Nichtbeachtung des Erbvertrags zwingend erforderten. Schliesslich fehle dem vorliegenden Sachverhalt auch der enge Zusammenhang zum brasilianischen Recht. 4.3 Unter Hinweis auf die von ihnen bestellten Rechtsgutachten machen die Beschwerdeführer geltend, das Erbvertragsverbot sei nach brasilianischem Recht zwingend und ein Erbvertrag nach brasilianischer Rechtsauffassung ordre-public-widrig und damit nichtig. Entgegen ihrer Annahme ist es dem Bundesgericht versagt, die Anwendung des ausländischen Rechts in der vorliegend vermögensrechtlichen Angelegenheit frei zu überprüfen ( Art. 96 lit. b BGG ; vgl. BGE 131 III 418 E. 3.2.1 S. 425 f.; BGE 136 III 392 E. 2.3.1 S. 396). Zulässig ist hier lediglich die Rüge willkürlicher Anwendung des ausländischen Rechts ( Art. 9 BV i.V.m. Art. 95 lit. a BGG ; vgl. BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447/448; BGE 135 III 614 E. 4.1.3 S. 616). 4.4 Dass das brasilianische Recht ein Erbvertragsverbot kennt, steht unangefochten fest. Für dessen Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG ist indessen entscheidend, ob das Erbvertragsverbot brasilianischen Rechts auch auf den zu beurteilenden Sachverhalt zwingend angewendet werden will. Ungeachtet der fehlenden Verfassungsrügen ( Art. 106 Abs. 2 BGG ; vgl. BGE 136 I 332 E. 2.1 S. 324) darf die Frage unter Willkürgesichtspunkten verneint werden. Das brasilianische Erbvertragsverbot zählt nach überwiegender Meinung nicht oder nicht mehr zum ordre public, soweit der Erbvertrag - wie hier - nach dem Recht am Ort des Vertragsabschlusses zulässig ist. Der Anwendungsbereich des ordre public im Erbrecht ist insoweit eingeschränkt (vgl. FERID/FIRSCHING/DÖRNER/HAUSMANN, Internationales Erbrecht, 9 Bde, 4. Aufl., Stand: Mai 2008, N. 48 und N. 103 für Brasilien). Der Befund entspricht offenbar einer allgemeinen BGE 138 III 489 S. 496 Tendenz, die für andere Staaten mit einem ausdrücklichen Erbvertragsverbot festgestellt wird (vgl. ANDREA BONOMI, Les pactes successoraux en droit international privé - Remarques comparatives à la lumière des droits français, italien, espagnol et suisse, in: Les pactes successoraux en droit comparé et en droit international privé, 2008, S. 11 ff., 23 ff.). 4.5 Aus den dargelegten Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Erbvertragsverbot nach brasilianischem Recht international zwingend anzuwenden ist. Seine Berücksichtigung gemäss Art. 19 IPRG fällt deshalb ausser Betracht. Es bleibt somit bei der Anwendbarkeit schweizerischen Rechts.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b46adc80-59d6-49d1-9c53-4616a213c7b9
Urteilskopf 89 IV 94 19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Mai 1963 i.S. Schmid gegen Erbengemeinschaft Fischer und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB , BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung. § 37 des luzernischen EG StGB, der die Verunreinigung fremden Eigentums mit Übertretungsstrafe bedroht, verstösst nicht gegen Bundesrecht (Erw. 4). Die Bestimmung ist auch auf Handlungen anwendbar, die zugleich den Tatbestand der Verunreinigung eines Gewässers oder dessen Umgebung nach Art. 4 und 15 GSchG erfüllen (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 89 IV 94 S. 94 Aus dem Tatbestand: A.- Schmid bewirtschaftete bis anfangs September 1961 eine Liegenschaft in Kriens, die an den Rand des Streuibachtobels grenzt. Ein Teil dieses Tobels gehört zu BGE 89 IV 94 S. 95 einem Grundstück der Erben Fischer. Beim Wegzug von der Liegenschaft beförderte Schmid verschiedene wertlose Gegenstände, deren er sich entledigen wollte, so Bretter, leere Fässer, Kanister, Blechdosen usw., in das Tobel auf das Grundstück der Erben Fischer. Diese stellten daher gegen Schmid Strafantrag wegen Verunreinigung des Tobels. B.- Am 19. März 1963 erklärte das Obergericht des Kantons Luzern Schmid der vorsätzlichen Verunreinigung von Gewässern (Art. 4 Abs. 1 und 2 BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955) und der vorsätzlichen Verunreinigung von fremdem Eigentum (§ 37 luz. EG StGB) schuldig und verurteilte ihn zu Fr. 300.-- Busse. C.- Schmid führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nicht wegen Verunreinigung fremden Eigentums im Sinne des § 37 luz. EG StGB verurteilt werden dürfen, weil der Kanton diese vom Strafgesetzbuch nicht erfasste Tat nicht unter Strafe stellen dürfe. a) Art. 335 Ziff. 1 StGB behält den Kantonen die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht soweit vor, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist (Abs. 1), und erlaubt ihnen ausserdem, die Übertretung kantonaler Verwaltungs- und Prozessvorschriften mit Strafe zu bedrohen (Abs. 2). Nach der Rechtsprechung des Kassationshofes ( BGE 68 IV 41 , 110, BGE 70 IV 85 , 132, BGE 71 IV 47 , BGE 81 IV 126 , 165) dürfen die Kantone nicht schon dann eine Handlung zur Übertretung erheben, wenn sie nicht vom eidgenössischen Gesetz mit Strafe bedroht ist. Die Nichtaufnahme eines Tatbestandes in das Strafgesetzbuch kann bedeuten, dass er überhaupt straflos zu bleiben habe. Das trifft dann zu, wenn das Strafgesetzbuch die Angriffe auf ein Rechtsgut BGE 89 IV 94 S. 96 durch ein geschlossenes System von Normen regelt. Behandelt es dagegen ein bestimmtes strafrechtliches Gebiet überhaupt nicht, oder stellt es nur einen Teil der Tatbestände daraus unter Strafe, um den von Kanton zu Kanton wechselnden Ansichten über die Strafwürdigkeit einer Handlung Rechnung zu tragen, so bleibt Raum für kantonales Übertretungsstrafrecht. b) Nach § 37 luz. EG StGB ist mit Haft oder Busse zu bestrafen, wer aus Bosheit oder Mutwillen öffentliche Denkmäler, öffentliche Gebäude und anderes öffentliches Eigentum oder fremdes Privateigentum verunreinigt, sofern nicht Sachbeschädigung vorliegt. Die Bestimmung richtet sich, wie auch im Randtitel hervorgehoben wird, gegen die Verunreinigung fremden Eigentums schlechthin. Geschütztes Rechtsgut ist offenbar das Vermögen, was auch daraus zu schliessen ist, dass die Bestimmung, wie aus dem ausdrücklichen Hinweis auf ihren subsidiären Charakter hervorgeht, jene über die Sachbeschädigung ( Art. 145 StGB ) ergänzen will. Das solothurnische EG StGB reiht denn auch den mit § 37 luz. EG StGB wörtlich übereinstimmenden § 8 in den Titel über die "Übertretungen gegen das Vermögen" ein. Dasselbe gilt auch für das schwyzerische Recht, das den Tatbestand der Verunreinigung fremden Eigentums in § 14 EG StGB regelt. Fragen könnte sich höchstens, ob das luzernische EG, das die einzelnen Übertretungen nicht nach verletzten Rechtsgütern gruppiert, neben dem Vermögen nicht zugleich noch andere Güter schütze wie z.B die öffentliche Ordnung (so Art. 51 des st. gallischen EG StGB). Die Frage kann jedoch offen bleiben, denn auch wenn sie zu bejahen wäre, würde sich dadurch am Ergebnis nichts ändern. c) Ist nämlich davon auszugehen, dass das luzernische Recht in der Verunreinigung fremden Eigentums jedenfalls auch einen Angriff auf das Vermögen sieht, so verstösst § 37 EG nicht gegen Bundesrecht. Zwar enthält das Strafgesetzbuch einen ziemlich umfangreichen Titel über "strafbare Handlungen gegen das Vermögen" (Art. BGE 89 IV 94 S. 97 137-172). Im Entwurf des Bundesrates waren auch eine Reihe von Bestimmungen betreffend "Übertretungen gegen das Vermögen" vorgesehen (Art. 298-312). Mehrere davon wurden in der Bundesversammlung in den Titel über die "strafbaren Handlungen gegen das Vermögen" versetzt, zunächst auch die Bestimmung über "geringfügige Sachbeschädigung" (Art. 301 E; StenBull, Sonderausgabe NatR 505 ff., StR 233 f.), die dann aber später überhaupt unterdrückt wurde, weil man fand, bei geringem Schaden könne schon auf Grund des Art. 126 E ( Art. 145 StGB ) auf Busse erkannt werden (StenBull, Sonderausgabe NatR 692, StR 321). Andere Bestimmungen betreffend Übertretungen gegen das Vermögen wurden jedoch in der Bundesversammlung zum vornherein gestrichen mit der Begründung, sie könnten wegen ihrer geringfügigen Natur besser in den kantonalen Polizeigesetzen behandelt werden (StenBull, Sonderausgabe NatR 506, StR 235), so die Bestimmungen über Wald- und Holzfrevel (Art. 299 E; vgl. hiezuBGE 72 IV 53), über Ausbeutung der Leichtgläubigkeit (Art. 304 E) und über die Verletzung von Vorschriften über Aktiengesellschaften und Genossenschaften (Art. 312 E). Der eidgenössische Gesetzgeber wollte also die Angriffe auf das Vermögen nicht abschliessend regeln. Unter diesem Gesichtspunkt steht somit einer kantonalen Übertretungsstrafe wegen Verunreinigung fremden Eigentums nichts im Wege, obschon dieser Tatbestand im Entwurf zum StGB nicht erwähnt war. Anders verhielte es sich nur, wenn anzunehmen wäre, der Entwurf habe die Verunreinigung fremden Eigentums als "geringfügige Sachbeschädigung" (Art. 301 E) erfassen wollen. Diesfalls fiele sie heute unter Art. 145 StGB , der nach der Meinung der eidgenössischen Räte auch die geringfügige Sachbeschädigung deckt. Dem steht aber entgegen, dass § 37 luz. EG StGB Fälle von Sachbeschädigung, so geringfügig der an der Sache entstandene Schaden auch sein mag, ausdrücklich nicht erfassen will, also nur für Handlungen gilt, auf die Art. 145 StGB nicht anwendbar BGE 89 IV 94 S. 98 ist. Der Bundesgesetzgeber kann den Kantonen diesen zusätzlichen Schutz fremden Eigentums nicht haben verwehren wollen. 6. Eine andere Frage ist, ob § 37 luz. EG StGB auf Handlungen angewendet werden dürfe, die gemäss Art. 4 und 15 GSchG den Tatbestand einer eidgenössischen Übertretung erfüllen, weil durch sie ein Gewässer oder dessen Umgebung verunreinigt wird. Diese Frage ist zu bejahen, denn das Bundesgesetz vom 16. März 1955 hat es nicht auf den Schutz fremden Vermögens abgesehen, sondern wahrt die Interessen der Öffentlichkeit an sauberem Wasser und einem gefälligen Landschaftsbild ( Art. 2 GSchG ).
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Urteilskopf 125 IV 9 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Dezember 1998 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft für das Oberwallis (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 117 StGB und Art. 237 Ziff. 2 StGB ; Verkehrssicherungspflicht der Bergbahn- oder Skiliftunternehmen. Der Verantwortliche eines Bergbahn- oder Skiliftunternehmens ist verpflichtet, ein ausreichendes Sicherheitsdispositiv aufzustellen, welches verhindert, dass sich auf den Pisten Lawinenunfälle ereignen. Aufzählung einiger Elemente, die zu einem solchen Dispositiv gehören.
Sachverhalt ab Seite 9 BGE 125 IV 9 S. 9 A.- a) Die Rothornbahn AG betreibt in Zermatt die Luftseilbahn von Blauherd aufs Unterrothorn und zudem weitere Skilifte und Sesselbahnen in diesem Gebiet. Unter anderem unterhält sie die Rotweng- und Kummenpiste, welche beide vom Unterrothorn aus wegführen. Im Bereich «Col» verzweigen sich diese Pisten, indem die Kummenpiste nach Nordwesten unter der Westflanke des Oberrothorns vorbeiführt, während die Rotwengpiste nach rechts abzweigt und unter der Südwestflanke des Oberrothorns entlang führt. Am Montag, 18. April 1994, ca. 14.30 Uhr, fuhr der Skilehrer A. mit sechs Gästen auf der zu diesem Zeitpunkt geöffneten Piste in Richtung Blauherd. Bei der Verzweigung im Bereich «Col» befuhr er eine Traverse, um in die Rotwengpiste zu gelangen. In diesem Moment löste sich eine Lawine an der Südwestflanke des Oberrothorns und verschüttete die Traverse. A. setzte zu einer Schussfahrt an und entging der Gefahr. Der hinter ihm fahrende B. wurde erfasst und ungefähr 100 m mitgerissen, ohne verletzt zu werden. Der an dritter Stelle fahrende C. sah die Lawine rechtzeitig und fuhr aus dem Gefahrenbereich. D., E. und F., die an der vierten, fünften BGE 125 IV 9 S. 10 und sechsten Stelle fuhren, wurden erfasst und mitgerissen. Der zuhinterst fahrende G. war schon vor der Unfallstelle aus anderen Gründen gestürzt. D. verstarb am folgenden Tag an den erlittenen schweren Verletzungen. b) Nach den ersten Ermittlungen eröffnete das Untersuchungsrichteramt Oberwallis am 17. Juli 1995 gegen X. und Y. eine Strafuntersuchung. X. ist Direktor der Rothornbahn AG und als solcher verantwortlich für den Pistendienst. Ab dem 16. April 1994 und somit auch zum Zeitpunkt des Unfalls am 18. April 1994 war er wegen eines Spitalaufenthaltes abwesend. Y. ist Pistenchef und hatte am Morgen des Unfalltags seine Arbeit wieder aufgenommen, nachdem er vorher eine Woche abwesend gewesen war. B.- Das Bezirksgericht I von Visp verurteilte X. und Y. am 3. September 1997 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs zu Bussen von Fr. 1'000.-- bzw. Fr. 800.--. Am 6. Mai 1998 wies das Kreisgericht Oberwallis für den Bezirk Visp eine Berufung des X. ab. Eine Berufung des Y. hiess das Gericht gut und sprach ihn frei. C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Kreisgerichts Oberwallis aufzuheben. Das Bundesgericht hat diese abgewiesen, soweit es darauf eintrat. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass im März 1994 schönes und warmes Wetter herrschte. Anfangs April schlug die frühlingshafte Witterung in stark spätwinterliche Verhältnisse um. Es wurde kalt, und vom 14. auf den 15. April waren bedeutende Niederschläge zu verzeichnen, die auf die Altschneedecke fielen. Die Lawine löste sich, als die neuen Schneeschichten auf der harten, anfangs April wieder gefrorenen Altschneedecke abglitten. Dabei spielte eine erneute Erwärmung in den drei dem Unfall vorangegangenen Tagen eine Rolle. Diese wurde eventuell noch durch eine diffuse Strahlung, die infolge Streuung an der das Oberrothorn umgebenden Wolkenschicht entstanden war, verstärkt. BGE 125 IV 9 S. 11 Nach Auffassung der Vorinstanz ist es offensichtlich, dass die rechtzeitige Sperrung der Piste oder die künstliche Auslösung der Lawine den eingetretenen Erfolg vermieden hätte. b) In Bezug auf die persönliche Verantwortung stellte die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer bei der Rothornbahn als deren Direktor betreffend Öffnung oder Schliessung einer Piste das letzte Wort hat, wobei darüber in einem Team, bestehend aus ihm, dem Pistenchef und allenfalls noch einem dritten erfahrenen Mitarbeiter, entschieden wird. In Abwesenheit des Beschwerdeführers wird ebenfalls in einem Team entschieden, dem der Pistenchef, der Rettungschef und allenfalls ein weiterer erfahrener Mitarbeiter angehören. Am 16. und 17. April waren nun aber weder der Beschwerdeführer noch der Pistenchef anwesend, und für den Fall der Abwesenheit dieser beiden Personen war überhaupt nichts in Bezug auf die Zuständigkeit für die Pistensicherung geregelt. Insbesondere war für die beiden Abwesenden kein Stellvertreter bestimmt. Statt dessen vertraute der Beschwerdeführer auf die Eigeninitiative seiner Untergebenen. Die Vorinstanz warf dem Beschwerdeführer vor, er habe es unterlassen, eine klare und straffe Organisation aufzuziehen. c) Den Verantwortlichen der Bahn war die Gefahr von Lawinenniedergängen im fraglichen Gebiet bekannt. Der Beschwerdeführer wusste, dass in der Südwestflanke des Oberrothorns verschiedentlich künstlich Lawinen ausgelöst worden waren, die die zu diesen Zeitpunkten jeweils geschlossene Traverse zur Rotwengpiste verschüttet hatten. Nachdem vom 14. auf den 15. April grössere Neuschneemengen gefallen waren, begab er sich denn auch mit zwei Mitarbeitern ins Skigebiet Unterrothorn, und es wurden Handsprengungen vorgenommen und Lawinen ausgelöst. Entgegen dem üblichen Vorgehen wurde allerdings die auf die Kummen- und Rotwengpiste hinunterführende West- und Südwestflanke des Oberrothorns nicht gesprengt, da dies für gewöhnlich aus einem Helikopter heraus geschieht und am 15. April kein Flugwetter herrschte. Die Vorinstanz kam zum Schluss, unter den gegebenen Umständen hätte für die Verantwortlichen eine Sperrung der gefährdeten Piste auf der Hand gelegen. d) Da diese Sperrung unterblieben ist, hat der Beschwerdeführer seine Mitarbeiter nach Auffassung der Vorinstanz «in eine falsche Sicherheit gewiegt». Zudem stellte er trotz der unsicheren Wetterlage BGE 125 IV 9 S. 12 nicht sicher, dass die täglich anfallenden Informationen für die Beurteilung der Lawinengefahr aufgezeichnet und weitergeleitet wurden. Dasselbe unterliess er in Bezug auf die getroffenen Massnahmen. Der Pistenchef, der seine Arbeit am Morgen des 18. April nach einer einwöchigen Abwesenheit wieder aufnahm, erhielt denn auch von seinen Mitarbeitern nur unvollständige Auskünfte (z.B. über die Orte, an denen Sprengungen vorgenommen oder solche unterlassen worden waren), und es fehlten ihm deshalb wichtige Indizien, die für die Beurteilung der Lawinensituation von Bedeutung gewesen wären. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dem Pistenchef könne nicht vorgeworfen werden, die Piste am Unglückstag geöffnet zu haben, weil er an den Vortagen abwesend war und aufgrund der mangelhaften Organisation keine eigentliche Übergabe der Verantwortung mit detaillierten Informationen über die Situation und die Vorkommnisse an den Vortagen erfolgte. e) Gesamthaft gesehen warf die Vorinstanz dem Beschwerdeführer vor, aufgrund der Umstände hätte er die Kummen- und Rotwengpiste an den Tagen vor dem Unfall nicht öffnen dürfen. Hätte er zudem eine klare und straffe Organisation aufgezogen und die Weitergabe der anfallenden Informationen sichergestellt, hätte der Pistenchef am 18. April 1994 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Pisten nicht geöffnet. Aufgrund der mangelnden Organisation und fehlenden Verantwortlichkeitsregelung sei es schliesslich zum Lawinenunfall gekommen. 2. Die Verurteilung des Beschwerdeführers verletzt kein Bundesrecht. a) Eine Unternehmung wie die Rothornbahn AG ist verpflichtet, für die Sicherheit der hier in Frage stehenden Piste zu sorgen. Sie hat deshalb alle Sicherheitsvorkehren zu treffen, die einen Unfall wie den vorliegenden verhindern. Dazu gehört insbesondere die Pflicht, ein ausreichendes Sicherheitsdispositiv aufzustellen (vgl. BGE 122 IV 103 E. VI S. 126; BGE 121 IV 10 und 109 E. 3; MARTIN SCHUBARTH, Sicherheitsdispositiv und strafrechtliche Verantwortlichkeit im Eisenbahnverkehr, SJZ 1996, S. 37 ff.; THOMAS KOLLER, Das Von-Roll-Urteil und die Organisationshaftung - Rezeption einer genuin zivilistischen Betrachtungsweise im Strafrecht? SJZ 1996, S. 409 ff.; HANS SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1996, ZBJV 1997, S. 403 ff.; HEINZ HAUSHEER, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts in den Jahren 1995 und 1996, Haftpflicht- und Privatversicherungsrecht, ZBJV 1997, S. 438 ff.). BGE 125 IV 9 S. 13 Zu einem ausreichenden Sicherheitsdispositiv gehört die Bestimmung der Person, die für die Sicherheit der Piste zuständig und verantwortlich ist. Eine solche Person ist insbesondere auch für den Fall zu bezeichnen, dass die primär Verantwortlichen (z.B. der Direktor und sein Stellvertreter) abwesend sind. Es ist mangelhaft, sich darauf zu verlassen, dass in einem solchen Fall andere erfahrene Mitarbeiter von sich aus die Verantwortung übernehmen und das Notwendige vorkehren. Damit die verantwortliche Person die genannten Fragen prüfen und Entscheidungen treffen kann, muss sie über die notwendigen Informationen verfügen. Zu einem ausreichenden Sicherheitsdispositiv gehört, dass diese Informationen laufend aufgezeichnet, gesammelt, soweit nötig ausgewertet und weitergegeben werden. Es ist unhaltbar, wenn ein für die Sicherheit Verantwortlicher nach einer mehrtägigen Abwesenheit nicht über alle zur Einschätzung der Gefahrensituation notwendigen Umstände informiert wird. Selbstverständlich muss schliesslich klar geregelt sein, dass Skipisten nur geöffnet werden dürfen, wenn ihre Sicherheit hinreichend abgeklärt werden kann und auch abgeklärt worden ist. Im Zweifelsfall muss eine lawinengefährdete Piste geschlossen bleiben. Die Vorinstanz kam zu Recht zum Schluss, der Beschwerdeführer habe unterlassen, durch die Ausarbeitung eines hinreichenden Sicherheitsdispositivs sicherzustellen, dass am Unglückstag die richtigen Massnahmen zur Verhinderung des Unfalls getroffen wurden. b) Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt nicht durch. Entgegen seiner Ansicht besteht zwischen dem mangelhaften Sicherheitsdispositiv und dem eingetretenen Unglück ein Kausalzusammenhang. Nach der Feststellung der Vorinstanz hätte der Pistenchef am 18. April die Piste nicht geöffnet, wenn ihm die während seiner Abwesenheit angefallenen Informationen mitgeteilt worden wären. Durch ein genügendes Sicherheitsdispositiv mit organisierter Weitergabe aller relevanten Informationen wäre der Unfall also vermieden worden. Eine lückenlose Verantwortlichkeitsregelung und eine umfassende Sammlung und Weitergabe von relevanten Informationen sind auch generell geeignet, dass lawinengefährdete Pisten gesperrt und Unfälle verhindert werden. Dies entspricht der allgemeinen Erfahrung und steht ausser Zweifel.
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Urteilskopf 113 Ia 362 56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Dezember 1987 i.S. X. AG gegen Regierung des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22ter BV ; Planungszone gemäss Art. 27 Abs. 1 RPG . - Die Unterstellung unter eine Planungszone bewirkt eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung, die mit der Eigentumsgarantie nach Art. 22ter BV nur vereinbar ist, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, verhältnismässig ist, die Institutsgarantie nicht verletzt sowie voll entschädigt wird, sofern sie einer Enteignung gleichkommt (E. 2). - Das öffentliche Interesse an einer Planungszone bedingt eine begründete Planungsabsicht und setzt voraus, dass die Vorstellung über die künftige Planung zulässig ist (E. 2a und b). - Verhältnismässigkeit der Planungszone im konkreten Fall (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 363 BGE 113 Ia 362 S. 363 Die X. AG ist Eigentümerin einer Parzelle im Gebiet Tschüchas/Piz Sura in der Gemeinde Silvaplana. Sie beabsichtigt seit längerer Zeit, dieses Land zu überbauen. Am 15. März 1985 beschloss die Gemeinde Silvaplana, ihre aus dem Jahre 1976 stammende Ortsplanung zu überarbeiten. Die Regierung des Kantons Graubünden genehmigte am 6. Oktober 1986 die abgeänderten Bestimmungen des kommunalen Baugesetzes sowie die neuen Zonen- und Generellen Gestaltungspläne jedoch nur teilweise und beauftragte das Departement des Innern und der Volkswirtschaft, im Sinne von Art. 12 der Verordnung über Bewilligungen für Bauten ausserhalb der Bauzonen und über Planungszonen vom 28. Januar 1980 (BAB) ein Verfahren zum Erlass von Planungszonen unter anderem für das Gebiet Tschüchas/Piz Sura in der Gemeinde Silvaplana einzuleiten. Das Departement stellte die betroffenen Gebiete in zwei Plänen von 1:1000 dar und legte diese vom 20. Februar bis zum 11. März 1987 in der Gemeinde Silvaplana öffentlich auf. BGE 113 Ia 362 S. 364 Dagegen erhoben die X. AG und andere Grundeigentümer Einsprache. Die Regierung des Kantons Graubünden wies diese Rechtsmittel am 17. August 1987 ab und entschied unter anderem, es werde für das Gebiet Tschüchas/Piz Sura eine Planungszone im Sinne von Art. 27 des BG über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) bestimmt. Diese Anordnung gelte ab sofort und bleibe bis zum Vorliegen einer den Anforderungen des übergeordneten Rechts entsprechenden Ortsplanung, längstens aber für 5 Jahre, in Kraft. Innerhalb der Planungszone dürfe nichts unternommen werden, was die beabsichtigte Planung erschweren könnte. Es dürften insbesondere keine Hochbauten erstellt und keine Erschliessungsmassnahmen getroffen werden. Die X. AG beantragt mit staatsrechtlicher Beschwerde, der Entscheid der Regierung des Kantons Graubünden sei, soweit er sich auf das Gebiet Tschüchas/Piz Sura beziehe, vollumfänglich aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Müssen Nutzungspläne angepasst werden, so kann die zuständige Behörde für genau bezeichnete Gebiete Planungszonen bestimmen. Innerhalb der Planungszonen darf nichts unternommen werden, was die Nutzungsplanung erschweren könnte ( Art. 27 Abs. 1 RPG ). Die Unterstellung unter eine Planungszone bewirkt also eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung. Sie ist mit der Eigentumsgarantie nur vereinbar, sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt, verhältnismässig ist, die Institutsgarantie nicht verletzt sowie voll entschädigt wird, sofern sie einer Enteignung gleichkommt ( BGE 111 Ia 26 f. E. 3, 96 E. 2; je mit Hinweisen; vgl. auch JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, Grundrechte. Besonderer Teil, Bern 1985, S. 292 ff.). Bestritten ist, dass ein ausreichendes öffentliches Interesse besteht und dass die Massnahme verhältnismässig sei. Das Bundesgericht darf jedoch die Regelung von Art. 27 RPG nicht überprüfen, sondern nur ihre Anwendung ( Art. 113 Abs. 3 BV ). BGE 113 Ia 362 S. 365 a) Die Planungszone setzt eine begründete Planungsabsicht voraus; darin besteht das öffentliche Interesse an der Massnahme (vgl. BGE 105 Ia 229 E. 2d). aa) Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, der angefochtene Entscheid lasse jegliche Angaben darüber vermissen, warum die Bauzone zu gross sei. Jedenfalls sei daraus nicht ersichtlich, warum die Reduktion gerade das Gebiet Tschüchas/Piz Sura betreffen müsse. Das sei weder rechtlich noch sachlich gerechtfertigt. Das Gebiet sei mit fünf Häusern teilweise überbaut, voll erschlossen sowie in ein separates Quartierplanverfahren einbezogen worden, das nur am Widerstand egoistischer Nachbarn gescheitert sei. Ihre Parzelle sei im übrigen so klein, dass deswegen eine Überschreitung der Baulandreserve nicht besonders schwer ins Gewicht falle. Belanglos sei, dass das Grundstück peripher liege, denn das Gebiet Tschüchas/Piz Sura sei sowohl im östlichen wie im westlichen Teil teilweise bereits überbaut; es sei deshalb auch nicht einsichtig, wo die von der Regierung geltend gemachte landschaftliche Bedeutung des Gebietes liegen solle; die Gefahr einer Zersiedlung bestehe nicht. Das Land in Tschüchas sei auch nur beschränkt zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignet. bb) Zu Recht bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, dass schon eine klar umrissene Willenserklärung auf Planänderung, wie sie die Regierung in ihrem Beschluss vom 6. Oktober 1986 ausgesprochen hat, eine Planungszone begründen kann ( BGE 110 Ia 165 E. 6 mit Hinweisen). Eine einigermassen konkretisierte Absicht genügt, denn die Planung soll ja nicht in diesem Verfahren verwirklicht werden. Ziel ist vielmehr, die Entscheidungsfreiheit der Planungsorgane zu sichern. Folglich muss ausgeschlossen werden, was immer die Planungsabsicht behindern könnte ( BGE 110 Ia 165 E. 6; BGE 105 Ia 228 E. 2d). Es gilt, jede negative Präjudizierung zu verhindern. Dementsprechend dürfen die Anforderungen an den Erlass einer Planungszone nicht zu hoch angesetzt werden. Die Planungsabsicht kann vor allem dann nicht konkreter gefasst werden, wenn die Planungszone von der Exekutive erlassen wird, während das Planungsorgan, dessen Handlungsmöglichkeiten gewahrt werden sollen, Volk und Parlament sind. Da es gilt, die bundesgesetzlich gebotene demokratische Mitwirkung ( Art. 4 Abs. 2 RPG ) zu erhalten, kann das Bundesgericht nur einschreiten, wenn die Massnahme offensichtlich rechtswidrig oder sinnlos ist (vgl. BGE 105 Ia 228 f. E. 2d; nicht veröffentlichtes Urteil des BGE 113 Ia 362 S. 366 Bundesgerichts vom 3. November 1982 i.S. M. gegen Kanton Basel-Stadt, E. 6a). Schliesslich bezieht sich die Planungsabsicht auf "Räume". Bezweckt ist eine auf ein ganzes Gebiet gerichtete, gesamthafte Überprüfung. Die Verhältnisse auf einzelnen Parzellen sind soweit von Belang, als dadurch der Charakter des Planungsgebietes insgesamt wesentlich beeinflusst wird. Soweit die Beschwerdeführerin somit allein mit dem Überbauungs- und Erschliessungszustand ihrer Parzelle argumentiert, kann dies von vornherein nicht zu einer Gutheissung der Beschwerde führen. Das Gesetz orientiert sich nicht daran, ob Häuser, Leitungen oder Strassen auf einzelnen Parzellen vorhanden sind, sondern ob "Land" insgesamt "weitgehend überbaut" ist ( Art. 15 lit. a RPG ). Begründeter Anlass für eine Planungszone besteht, wenn sich die Eigentümerin wie hier intensiv um die Überbauung eines Gebietes bemüht, das ernstlich für eine Bauzonenreduktion in Frage kommt. cc) Die Planungsabsicht muss ferner in einem Planungsbedürfnis begründet sein. Das ist jedenfalls zu bejahen, wenn die gegenwärtige Regelung der räumlichen Ordnung dem Raumplanungsauftrag widerspricht, wie er sich aus Verfassung, Gesetz und übergeordneten Plänen ergibt. Dann verlangt sogar das Gesetz eine Anpassung (vgl. Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG ). Unbegründet ist der Vorwurf, der angefochtene Regierungsentscheid enthalte keine genügenden Angaben. Er fasst mit ausdrücklichem Hinweis auf den Beschluss vom 6. Oktober 1986, der sich bei den Akten befindet, das Ergebnis zusammen, wonach die Gemeinde Silvaplana auch nach der Ortsplanungsrevision über Bauzonen verfüge, welche das bundesrechtlich zulässige Mass um etwa das Doppelte überstiegen, und dass in erster Linie nicht oder nur teilweise überbaute und nicht genügend erschlossene Baugebiete zu redimensionieren seien, darunter Tschüchas/Piz Sura. Es hätte an der Beschwerdeführerin gelegen, sich damit und mit den Angaben im Entscheid vom 6. Oktober 1986 näher auseinanderzusetzen (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Eine nochmalige Überprüfung der Ortsplanung Silvaplana im Blick auf eine Bauzonenreduktion ist somit hinlänglich begründet. b) Die Vorstellung über die künftige Planung, welcher die Planungszone dient, muss - soweit dies überhaupt zu untersuchen ist (vgl. E. 2a/bb) - zulässig sein (vgl. BGE 105 Ia 229 E. 2d). Die Beschwerdeführerin vertritt im Grunde die Auffassung, ihre Parzelle müsse auf jeden Fall der Bauzone zugewiesen werden. BGE 113 Ia 362 S. 367 Hier irrt sie sich offensichtlich. Auch Parzellen mit Erschliessungsanlagen oder Gebäuden dürfen oder müssen allenfalls einer Nichtbauzone zugeteilt werden ( BGE 107 Ia 243 E. 3b und c; BGE 105 Ia 233 E. 3c/aa; BGE 103 Ia 256 E. 3d). Mit dem Begriff der weitgehenden Überbauung ( Art. 15 lit. a RPG ) meint das Gesetz nicht die Qualität einzelner Parzellen, sondern ganzer Gebiete. Zudem ist auch der an die Strasse angrenzende Teil der Parzelle Nr. 1005 nach der Untersuchung von Marcel H., Raumplaner BSP, vom 30. Oktober 1985 kanalisationsmässig nicht erschlossen. Auch die Quartierplanverfahren sind gar nicht durchgeführt worden. c) Die Planungszone darf nicht weiter gehen, als es ihr Zweck erfordert. aa) Die Beschwerdeführerin macht unter sinngemässer Anrufung des Verhältnismässigkeitsprinzips geltend, es gehe um eine derart kleine Fläche, dass eine Überschreitung der Baulandreserve nicht besonders schwer ins Gewicht falle; dem Gebot des Natur- und Landschaftsschutzes könne zudem mit anderen, zweckmässigeren Mitteln Nachachtung verschafft werden; die Massnahme bedeute eine übermässige Härte. bb) Soweit die Beschwerdeführerin die Massnahme an sich, bzw. das öffentliche Interesse an ihr, auch hier wiederum in Frage stellt, ist auf die Erwägungen in Ziffer 2a und b zu verweisen. Lässt sich die Planungszone mit einem hinreichenden öffentlichen Interesse rechtfertigen, so kann diese Raumplanungsmassnahme nicht allein für eine bestimmte Parzelle wiederum in Frage gestellt werden, indem vorgebracht wird, die fragliche Fläche falle nicht ins Gewicht. Auf die Grösse eines betroffenen Grundstückes kommt es nicht an, weil - wie dargetan - das fragliche Gebiet gesamthaft zu betrachten ist. Auch eine mildere Massnahme als ein Verbot von Hochbauten ist nicht angezeigt, solange die Möglichkeit einer Umzonung in das Nichtbaugebiet zur Diskussion steht. Die Frage, ob die auf dem Spiele stehenden Landschaftsschutzzinteressen nicht auch mit einer weniger weitgehenden Anordnung hinreichend geschützt werden könnten, ist deshalb gar nicht entscheidend; sie kann offenbleiben.
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Urteilskopf 120 IV 199 35. Urteil des Kassationshofes vom 22. August 1994 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Bern gegen S. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 Ziff. 1, Art. 253, Art. 21 ff. StGB ; Art. 701, Art. 702 Abs. 2 OR ; inhaltlich unrichtiges Protokoll einer Universalversammlung, Falschbeurkundung, Erschleichung einer falschen Beurkundung, Versuch/Wahndelikt. Ein Universalversammlungsprotokoll hat insoweit Urkundeneigenschaft, als es Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet (E. 3c). Wer an einer Universalversammlung die Erklärung des Vorsitzenden, es seien sämtliche Aktien vertreten, im Wissen um deren Unwahrheit protokolliert, ist, sofern nebst dem Vorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, wegen Falschbeurkundung strafbar (E. 3d). Sind sämtliche Aktien vertreten, rechnet der Protokollführer aber damit, es verhalte sich anders, und nimmt er das in Kauf, kommt ein eventualvorsätzlicher Versuch der Falschbeurkundung in Betracht, nicht ein strafloses Wahndelikt (E. 3e). Wer die gültige Wahl eines Verwaltungsrates beim Handelsregister anmeldet und dabei deren Ungültigkeit in Kauf nimmt, ist wegen eventualvorsätzlichen Versuchs der Erschleichung einer falschen Beurkundung strafbar (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 120 IV 199 S. 200 A.- S., Fürsprecher und Notar, wurde am 15. Juli 1985 von der Vormundschaftskommission der Stadt Bern gemäss Art. 392 ZGB zum Vertretungsbeistand von W. ernannt. Am 11. Oktober 1985 führte W., damals in Untersuchungshaft, im Bezirksgefängnis Bern eine ausserordentliche Generalversammlung der P. AG durch. S. nahm daran als Protokollführer teil. Er protokollierte folgendes: "Der Vorsitzende stellt fest, dass sämtliche Aktien vertreten sind und keine Einwendungen gegen die Abhaltung einer Universalversammlung im Sinne von Art. 701 OR erhoben werden." S. ging dabei davon aus, dass möglicherweise ein Teil der Aktien an der Generalversammlung nicht vertreten war. Tatsächlich waren alle Aktien vertreten. Im Anschluss an diese Universalversammlung wirkte S. mit an der Übermittlung einer Handelsregisteranmeldung an das Handelsregisteramt BGE 120 IV 199 S. 201 Bern, wonach bei der P. AG anstelle des bisherigen Verwaltungsrates B. neu W. einzutragen sei. B.- Das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern sprach S. am 20. November 1992 frei von allen gegen ihn erhobenen Anklagen, unter anderem von der Anklage der Urkundenfälschung, angeblich begangen am 11. Oktober 1985 in Bern anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung der P. AG, sowie von der Anklage der Erschleichung einer Falschbeurkundung, angeblich begangen im Anschluss an diese ausserordentliche Generalversammlung. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil in den beiden erwähnten Anklagepunkten aufzuheben. D.- Das Wirtschaftsstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. S. beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Gemäss Art. 701 OR kann die Generalversammlung einer Aktiengesellschaft in der Form einer Universalversammlung durchgeführt werden. Danach können die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien, falls kein Widerspruch erhoben wird, eine Generalversammlung ohne Einhaltung der für die Einberufung vorgeschriebenen Formvorschriften abhalten (Abs. 1). An einer Universalversammlung kann über alle in den Geschäftskreis der Generalversammlung fallenden Gegenstände gültig verhandelt und Beschluss gefasst werden, solange die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien anwesend sind (Abs. 2). Eine Universalversammlung ist somit nur gültig, wenn sämtliche Aktien vertreten sind. In der Universalversammlung ist, wie in jeder Art von Generalversammlung, ein Protokoll zu führen. Das Protokoll hat unter anderem über die Beschlüsse und Wahlergebnisse Aufschluss zu geben ( Art. 702 Abs. 2 OR n.F., ebenso Art. 702 Abs. 2 OR a.F.). Das Protokoll über eine Generalversammlung, bei der eine Neuwahl des Verwaltungsrates erfolgt, braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Auch hier hat keine öffentliche Beurkundung stattgefunden. 2. a) Die Vorinstanz legt dar, die Feststellung, es seien alle Aktien vertreten und es finde eine Universalversammlung statt, sei objektiv richtig gewesen. Es sei jedoch umstritten gewesen, wer Aktionär der P. AG gewesen sei. Der Beschwerdegegner habe das gewusst. Er habe in Kauf BGE 120 IV 199 S. 202 genommen, dass für den Fall, dass die F. AG Aktionärin der P. AG war, keine gültige Vollmacht für W. vorgelegen habe. Damit habe er in Kauf genommen, dass im Protokoll eine unwahre Tatsache - es finde eine Universalversammlung statt - beurkundet werde. Da der Beschwerdegegner keine öffentliche Urkunde erstellt habe, habe er keine Rechtsbelehrungspflicht gehabt. Als Protokollführer sei er grundsätzlich nur dafür verantwortlich gewesen, dass das Protokoll mit den tatsächlichen Vorgängen übereinstimme, was der Fall gewesen sei. Der Beschwerdegegner sei aber zugleich rechtskundiger Beistand von W. gewesen. Als Beistand habe er weitergehend analog die Pflichten gehabt, die er hätte beachten müssen, wenn er als Notar gehandelt hätte. Er habe in Kauf genommen, die Feststellung, es finde eine Universalversammlung statt, stimme nicht und er verurkunde etwas Unrichtiges. Dass es objektiv anders gewesen sei, habe er nicht gewusst. Er habe somit ein, wie sich nachträglich herausgestellt habe, erlaubtes Verhalten als möglicherweise unzulässig in Kauf genommen. Dies stelle ein strafloses Wahndelikt dar, nicht einen strafbaren untauglichen Versuch. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Beschwerdegegner habe sich des untauglichen Versuchs der Falschbeurkundung schuldig gemacht. 3. a) Eine Falschbeurkundung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt. Urkunden sind unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen ( Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB ; BGE 101 IV 278 ). b) Bei der Falschbeurkundung geht es allein darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung nicht mit der Wahrheit übereinstimmt, wobei nach allgemeiner Ansicht die einfache schriftliche Lüge keine Falschbeurkundung darstellt. Nach Lehre und Rechtsprechung darf eine Falschbeurkundung, also eine Art qualifizierte schriftliche Lüge, nur dann angenommen werden, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten, wie sie u.a. in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson und in gesetzlichen Vorschriften gefunden werden können, die, wie etwa die Bilanzvorschriften der Art. 958 ff. OR , gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der BGE 120 IV 199 S. 203 Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt ( BGE 120 IV 122 E. 4c, BGE 119 IV 54 E. 2c/bb mit Hinweisen). In seiner neueren Rechtsprechung hat das Bundesgericht deshalb eine Falschbeurkundung in folgenden Fällen verneint: Erstellen einer Rechnung für nicht ausgeführte Arbeiten ( BGE 117 IV 35 ); zuhanden einer Anlegerin ausgestellte inhaltlich unrichtige Bestätigung, wonach der Aussteller einen von der Anlegerin einem Dritten übergebenen Geldbetrag auf treuhänderischer Basis verwalte und einen bestimmten Jahreszins entrichten werde ( BGE 117 IV 168 mit Hinweis); Erstellen von inhaltlich unwahren Regierapporten ( BGE 117 IV 165 ); Ausstellung von Lohnabrechnungen auf den Namen einer Person, die nicht mit dem wirklichen Arbeitnehmer identisch war ( BGE 118 IV 363 ); Errichtung einer inhaltlich falschen einfach-schriftlichen Vertragsurkunde ( BGE 120 IV 25 ). Demgegenüber erfüllt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Arzt, der einen unrichtigen Krankenschein erstellt, den Tatbestand der Falschbeurkundung. Mit einem Krankenschein macht der Arzt gegenüber der Krankenkasse Leistungen für sich oder den Patienten geltend. Aufgrund seiner besonderen Stellung ist er zur wahrheitsgetreuen Angabe verpflichtet und deshalb besonders glaubwürdig ( BGE 117 IV 169 f. mit Hinweis auf BGE 103 IV 184 ). Dem Krankenschein kommt somit eine über eine einfache schriftliche Erklärung hinausgehende qualifizierte Funktion zu. In BGE 103 IV 184 f. wurde dies im wesentlichen begründet mit dem besonderen Vertrauensverhältnis, in welchem der Arzt zur Krankenkasse steht, sowie damit, dass sich die Ärzte vertraglich verpflichtet hatten, jeder unberechtigten Inanspruchnahme der Kasse entgegenzuwirken. Eine Falschbeurkundung begeht nach der neueren Rechtsprechung auch der bauleitende Architekt, der überhöhte Rechnungen der Unternehmer prüft und schriftlich genehmigt. Soweit er die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat, befindet er sich in einer garantenähnlichen Stellung in bezug auf das Vermögen des Bauherrn. Die in der schriftlichen Genehmigung der Unternehmerrechnung liegende Erklärung des Architekten, die genehmigte Rechnung sei inhaltlich richtig, unterscheidet sich deshalb erheblich von einer einfachen schriftlichen Lüge ( BGE 119 IV 54 E. 2d). Den Tatbestand der Falschbeurkundung erfüllt auch BGE 120 IV 199 S. 204 der Grossist, der afrikanisches Antilopenfleisch als europäisches Wildfleisch bezeichnet. Das Gesetz verlangt eine korrekte Bezeichnung von Wildfleisch bereits im Grosshandel. Der Grossist befindet sich damit in einer garantenähnlichen Stellung zum Schutz der Konsumenten vor Täuschungen ( BGE 119 IV 289 E. 4). Wegen Falschbeurkundung strafbar ist ferner, wer einen inhaltlich unwahren, bei der Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft nach dem Verfahren der Simultangründung freiwilligen Emissionsprospekt herausgibt. Der Prospekt ist ein Mittel zur Werbung von Drittpersonen für die Aktienzeichnung. Er bildet Grundlage für den Investitionsentscheid des Anlegers, der sich auf die Wahrheit der Angaben soll verlassen können und nicht in der Lage ist, die Angaben zu überprüfen ( BGE 120 IV 122 E. 4). c) Die Veränderung in der Zusammensetzung des Verwaltungsrates ist in das Handelsregister einzutragen ( Art. 641 Ziff. 9 OR n.F., der Sache nach identisch mit Art. 641 Ziff. 8 OR a.F.). Ein von einer Urkundsperson zu beglaubigender Auszug aus dem Protokoll ist als Beleg zur Handelsregisteranmeldung einzureichen ( Art. 28 Abs. 2 HRegV ). Der Beleg nimmt an der Öffentlichkeit des Handelsregisters teil ( Art. 930 OR ). Das hier angefertigte Protokoll über die Universalversammlung, bei der von der Demission des einzigen Verwaltungsrates B. Kenntnis genommen und an dessen Stelle W. als einziges Mitglied des Verwaltungsrates gewählt wurde, war in erster Linie bestimmt als Grundlage für den Handelsregistereintrag. Der Handelsregisterführer darf von der inhaltlichen Richtigkeit der ihm eingereichten Erklärungen und Belege ausgehen und hat nur im Zweifelsfall eine beschränkte Nachprüfungspflicht. Er hat einen durch die ihm vorgelegten Unterlagen als gültig ausgewiesenen Beschluss der Aktionäre entgegenzunehmen und nicht die dem Zivilrichter vorbehaltene Frage zu prüfen, ob die Universalversammlung ordnungsgemäss einberufen und zusammengesetzt war ( BGE 114 II 68 E. 2 mit Hinweis). Der Registerführer darf und muss somit darauf vertrauen, dass das Protokoll über die Abhaltung einer Universalversammlung und die dabei getroffenen Beschlüsse und Wahlen keine falschen Angaben enthält. Der Protokollführer befindet sich damit gegenüber dem Handelsregisterführer in einer Vertrauensstellung. Diese Vertrauensstellung ist vergleichbar mit jener des Arztes gegenüber der Krankenkasse oder des bauleitenden Architekten gegenüber dem Bauherrn (oben E. 3b). Die Urkundeneigenschaft eines Universalversammlungsprotokolls ist BGE 120 IV 199 S. 205 deshalb jedenfalls insoweit zu bejahen, als es Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet. d) W. sollte gestützt auf das Universalversammlungsprotokoll vom 11. Oktober 1985 als Verwaltungsrat der P. AG im Handelsregister eingetragen werden. Der Zweck des Protokolls lag somit nicht nur darin zu beweisen, was an der Versammlung gesagt wurde. Zweck des Protokolls war vielmehr auch und in erster Linie, im Hinblick auf den Handelsregistereintrag zu beweisen, dass eine gültige Universalversammlung stattgefunden habe und dabei eine gültige Wahl vorgenommen worden sei. Bei den in das Universalversammlungsprotokoll der P. AG aufgenommenen Erklärungen handelte es sich deshalb nicht nur um solche zu Protokoll, bei denen die Erklärungsabgabe als äusserer Vorgang festgehalten wird und der Protokollführer sich um den wirklichen inneren Willen des Erklärenden nicht kümmert, sondern um solche zu Urkund, bei denen der wirkliche innere Wille des Erklärenden zum Ausdruck kommt oder zumindest kommen sollte (vgl. CHRISTIAN BRÜCKNER, Schweizerisches Beurkundungsrecht, Zürich 1993, N. 57 ff.). Der Protokollführer einer Universalversammlung hat damit eine andere Stellung als etwa der einer Zeugeneinvernahme, der einfach das aufzuschreiben hat, was der Zeuge gesagt hat, und zwar auch dann, wenn er weiss, dass der Zeuge lügt. Weiss der Protokollführer der Universalversammlung, dass die Aussage des Vorsitzenden über die Vertretung sämtlicher Aktien und die Abhaltung einer gültigen Universalversammlung falsch ist, muss er die Protokollierung ablehnen. Protokolliert er gleichwohl, erstellt er eine inhaltlich unwahre Urkunde und macht sich, sofern nebst dem Vorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, nach Art. 251 StGB strafbar. Der Protokollführer haftet strafrechtlich auch dann, wenn er, wie hier, nur die Aussagen des Vorsitzenden wiedergibt. Die indirekte Formulierung entlastet ihn nicht. Der Protokollführer wirkt mit an einem Unterfangen, dessen Ziel darin besteht, den Handelsregisterführer über die Abhaltung einer gültigen Universalversammlung und die Vornahme einer gültigen Wahl zu täuschen. Für den Handelsregisterführer ist es aber unwesentlich, ob die Aussage über die Vertretung sämtlicher Aktien in direkter oder in indirekter Form im Protokoll enthalten ist; er darf und muss sich in jedem Fall darauf verlassen, dass die Aussage den Tatsachen entspricht. Weiss sowohl der Protokollführer wie auch der Vorsitzende, dass die Feststellung über die Vertretung sämtlicher Aktien falsch ist, ist Mittäterschaft anzunehmen. Der Tatbeitrag des Vorsitzenden besteht dabei in der Abgabe der unwahren BGE 120 IV 199 S. 206 Erklärung, der des Protokollführers in der Erstellung der Urkunde. Weiss nur der Protokollführer, dass die Erklärung des Vorsitzenden falsch ist, und benützt er den gutgläubigen Vorsitzenden als Werkzeug, ist der Protokollführer als mittelbarer Täter strafbar. Das hier Gesagte gilt grundsätzlich für jeden Protokollführer, unabhängig davon, ob er, wie der Beschwerdegegner, juristisch gebildet und ob er Beistand des Vorsitzenden ist. Bei juristisch nicht gebildeten Protokollführern, insbesondere bei solchen, die der Versammlung als untergeordnete Schreibkraft beiwohnen, dürfte allerdings regelmässig die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes fraglich sein. e) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) waren an der Universalversammlung alle Aktien vertreten. Der Beschwerdegegner beurkundete deshalb objektiv keine unwahre Tatsache. Er war jedoch im unklaren darüber, wer Aktionär der P. AG war. Er nahm in Kauf, dass nicht alle Aktien vertreten waren und die beurkundete Feststellung, es seien alle Aktien vertreten, falsch war. Bei dieser Sachlage kommt entgegen der Ansicht der Vorinstanz ein strafbarer Versuch in Betracht, nicht ein strafloses Wahndelikt. Ein Versuch ist gegeben, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht wären. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale müssen vollständig erfüllt sein, in erster Linie der Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt; ferner müssen die tatbestandsmässigen Absichten, Gesinnungsmerkmale usw. gegeben sein (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, vor Art. 21, N. 1 f.). Ausbleiben können, ganz oder zum Teil, die objektiven Tatbestandsmerkmale (SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 1. Band, 4. Aufl., S. 269). Beim Versuch ist der Vorsatz des Täters auf die Herbeiführung eines Sachverhalts gerichtet, der einen Straftatbestand erfüllt. Anders verhält es sich beim Wahndelikt, das begeht, wer irrigerweise meint, eine in Wahrheit straflose Handlung sei strafrechtlich verboten. Der Wille des "Täters" ist beim Wahndelikt auf die Verwirklichung eines Sachverhalts gerichtet, der keinen Straftatbestand erfüllt (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, § 12 N. 21). Im vorliegenden Fall nahm der Beschwerdegegner eventualvorsätzlich die unrichtige Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache in Kauf. Sein (Eventual)-Vorsatz war BGE 120 IV 199 S. 207 somit gerichtet auf die Verwirklichung eines Sachverhalts, bei dem der Tatbestand der Falschbeurkundung eingreift, nicht auf die Verwirklichung eines Sachverhalts, der keinen Straftatbestand erfüllt. War neben dem Eventualvorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht nach Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gegeben und damit der subjektive Tatbestand vollständig erfüllt, hat sich der Beschwerdegegner nach dem Gesagten der versuchten Falschbeurkundung schuldig gemacht. f) Die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen. Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Entscheid nicht abschliessend dazu geäussert, ob die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben war. Sie wird dazu bei der Neubeurteilung die notwendigen Feststellungen zu treffen und ausgehend von der hier gegebenen Rechtsauffassung neu über die Sache zu befinden haben ( Art. 277ter Abs. 2 BStP ). 4. Die Beschwerdeführerin macht im weiteren geltend, der Beschwerdegegner habe sich auch des Versuchs des Erschleichens einer falschen Beurkundung schuldig gemacht. a) Gemäss Art. 253 StGB ist strafbar, wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet. b) Die Universalversammlung der P. AG und die Wahl von W. zum Verwaltungsrat waren rechtsgültig. Der objektive Tatbestand der Erschleichung einer Falschbeurkundung scheidet deshalb aus. Indessen kommt aus den oben (E. 3e) dargelegten Gründen auch hier die Annahme eines Versuchs in Betracht. Meldete der Beschwerdegegner die Wahl von W. beim Handelsregister an, rechnete er dabei mit der Möglichkeit, dass die Wahl nicht gültig war, und nahm er damit in Kauf, dass der Handelsregisterführer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunde, machte er sich des eventualvorsätzlichen Versuchs der Erschleichung einer falschen Beurkundung schuldig. Die Vorinstanz wird bei der Neubeurteilung zunächst im einzelnen festzustellen haben, welche Handlungen der Beschwerdegegner im Zusammenhang mit der Handelsregisteranmeldung vorgenommen hat. Sodann wird sie sich zum subjektiven Tatbestand zu äussern haben. Gestützt darauf wird sie unter Zugrundelegung der hier gegebenen Rechtsauffassung neu zu urteilen haben.
null
nan
de
1,994
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CH_BGE_006
CH
Federation
b47f7ccf-3336-41fc-a815-017d443b22c0
Urteilskopf 116 IV 125 24. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 22 février 1990 dans la cause S. c. Procureur général du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 231 StGB (Verbreiten menschlicher Krankheiten). Die Infektion mit einem HIV-Virus (Seropositivität, die im allgemeinen zu AIDS führt) ist eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit (E. 1-4). Art. 122 (schwere Körperverletzung) und Art. 231 StGB ; Idealkonkurrenz. Diese beiden Bestimmungen sind anwendbar auf denjenigen, welcher vorsätzlich ein HIV-Virus auf einen andern überträgt (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 125 BGE 116 IV 125 S. 125 A.- Le 6 avril 1989, S. a été reconnu coupable, par le Tribunal correctionnel du district de Lausanne, notamment de propagation intentionnelle d'une maladie de l'homme (par dol éventuel); il avait entretenu des relations sexuelles, sans précautions, avec une jeune fille alors qu'il se savait séropositif (c'est-à-dire infecté par un virus HIV, Himmunodeficiency Virus, en français VIH: soit virus de l'immunodéficience humaine); sa partenaire a de la sorte été infectée. Compte tenu d'autres infractions (dont une infraction BGE 116 IV 125 S. 126 grave à la LStup), de condamnations précédentes, surtout pour vols, et d'une responsabilité légèrement diminuée, la peine a été fixée à 3 ans et demi d'emprisonnement, sous déduction de la détention préventive subie. B.- S. et le Procureur général du canton de Vaud ont tous deux recouru à la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois. L'accusé s'en est pris à sa condamnation du chef de propagation d'une maladie de l'homme au sens de l' art. 231 CP . Le Ministère public a soutenu que le délinquant s'était, de plus, rendu coupable de lésions corporelles graves prévues à l' art. 122 CP , ce qui devait entraîner une peine de 4 ans d'emprisonnement, sous déduction de la détention préventive subie. Statuant le 3 juillet 1989, la Cour de cassation du Tribunal cantonal vaudois a condamné S. à une peine de 4 ans d'emprisonnement (sous déduction de 267 jours de détention préventive) notamment pour lésions corporelles graves intentionnelles et propagation intentionnelle d'une maladie de l'homme. Cette autorité a constaté en bref les faits suivants. Au mois de février 1987, S. purgeait une peine de prison. Il a écrit à une jeune fille qu'il connaissait depuis une dizaine d'années. Une correspondance s'est établie. En mars 1987, dès ses premiers congés, il a entretenu des relations sexuelles avec cette personne. En février 1987, celle-ci s'était soumise à un test de dépistage du sida (Syndrome d'immunodéficience acquis; en anglais AIDS, soit Acquired Immunodeficiency Syndrome) qui était négatif. En juillet 1988, un nouveau test s'est révélé positif. Or, la partenaire de S. n'a eu de relations intimes, durant cette période, qu'avec lui et elle ne s'est pas piquée au moyen d'une seringue infectée. Il ne lui avait jamais laissé entendre qu'il pouvait être atteint d'un virus de cette nature, quand bien même il le savait. En effet, un rapport médical du 10 mars 1987 atteste que S., ancien toxicomane, était séropositif pour HIV. Une information complète relative aux mesures prophylactiques d'usage lui a été communiquée. Il avait été longuement informé de sa séropositivité VIH et des mesures à prendre, notamment lorsqu'il sortirait du pénitencier. Ainsi, dès mars 1987, l'accusé savait pertinemment qu'il était atteint d'un virus du sida. Il a caché ce fait à sa partenaire et lui a transmis ce virus. C.- S. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il demande principalement l'annulation de l'arrêt du 3 juillet 1990 et le renvoi BGE 116 IV 125 S. 127 de la cause à l'autorité cantonale afin d'être libéré des chefs d'accusation découlant des art. 122 et 231 CP , sous suite de dépens; subsidiairement, il conclut à sa libération uniquement de la prévention de lésions corporelles graves. Il a requis l'assistance judiciaire. D.- L'instance cantonale de recours a déclaré n'avoir pas d'observations à présenter. Invité à se déterminer, le Procureur général du canton de Vaud a conclu au rejet du pourvoi, avec suite de frais. Le Tribunal fédéral rejette le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) D'après le recourant, l' art. 231 CP aurait été appliqué à tort car le virus du type VIH ne constituerait pas une maladie, au contraire du sida; cela serait corroboré par le fait que le virus VIH, pris pour lui-même, ne nécessite aucun traitement et n'entraîne aucune incapacité de travail. Même un risque élevé de devenir malade ne serait pas assimilable à une maladie. Le condamné rejette la notion de l'Organisation mondiale de la santé, citée dans la décision attaquée, d'après laquelle le renoncement à toute relation sexuelle sans préservatif ainsi qu'à la possibilité d'avoir des enfants équivaudrait à une maladie; il admet certes que la séropositivité représente une atteinte à la santé d'une certaine importance. Il affirme toutefois qu'une disposition pénale nouvelle réprimant le risque créé par le comportement dangereux d'un séropositif, tel que la sexualité non protégée, serait nécessaire si on voulait punir l'acte qui lui est reproché. b) Subsidiairement, le recourant soutient que, même si l'on admettait qu'il a commis l'infraction prévue à l' art. 231 CP , il serait contraire au droit fédéral de retenir à sa charge - concurremment - les lésions corporelles graves au sens de l' art. 122 CP . Selon lui, il serait nécessaire que la maladie soit transmise pour que l'infraction soit consommée; ainsi, la propagation de la maladie de l'homme comprendrait forcément la lésion corporelle grave; dès lors, le fait de retenir les deux dispositions en concours aboutirait à punir l'auteur deux fois pour le même acte, ce qui serait inacceptable. A l'appui de son argumentation, l'accusé invoque l'avis d'une partie de la doctrine. Le recourant trace encore un parallèle avec la jurisprudence relative au concours entre les violations des règles de la circulation BGE 116 IV 125 S. 128 routière et l'homicide par négligence ou les lésions corporelles par négligence ( art. 90 LCR et 117 ou 125 CP). Dans ces cas, l'infraction de circulation est réputée entièrement absorbée par ces dispositions du Code pénal, ce qui exclut le concours idéal. 2. a) La notion de maladie se prête difficilement à une définition stricte car les états et les processus morbides peuvent revêtir des formes très diverses. La notion juridique de la maladie ne se confond pas nécessairement avec celle qui prévaut dans le domaine des sciences médicales ( ATF 114 V 155 consid. 2a, 163 consid. 1a). Toutefois, en matière d'assurances sociales, le Tribunal fédéral des assurances a jugé qu'on ne saurait parler de maladie, dans un cas concret, s'il n'existe aucun trouble dû à des phénomènes pathologiques. Mais il a reconnu, par exemple, que l'infertilité consécutive à un état pathologique équivalait à une maladie au sens juridique du terme ( ATF 113 V 44 consid. b). Ces considérations générales sur la maladie paraissent applicables en droit pénal bien que les buts poursuivis dans ce domaine ne soient pas ceux du droit des assurances. b) Si l'infection par le ou les virus VIH en tant que telle ne constitue pas une maladie au sens de l' art. 231 CP , le recourant a été condamné à tort de ce chef. Il est dès lors nécessaire d'examiner les conséquences de ce virus sur la santé; on se fondera sur les données médicales actuellement disponibles, quand bien même chacun espère que les intenses recherches entreprises permettront rapidement des progrès décisifs. c) On connaît plusieurs stades cliniques de l'infection par le virus VIH, lui-même à l'origine du sida. Le premier stade (après le contact sexuel ou intraveineux, notamment) est marqué par une primo-infection aiguë. Dans un délai de 2 semaines à trois mois, dès la date de pénétration du virus VIH dans l'organisme, 20% à 50% des individus contaminés développent une maladie fébrile aiguë. Celle-ci guérit d'elle-même et aucun traitement ne modifie son évolution. Vers la fin de cette phase, le système immunitaire de la personne infectée produit des anticorps, anti-VIH, décelables dans le sang. Dès ce moment, le sujet est devenu séropositif. Le deuxième stade est celui de la séropositivité anti-VIH, dont les porteurs sont appelés asymptomatiques ou porteurs dits sains du virus. Pendant les 5 ans qui suivent la primo-infection aiguë du premier stade, près de 50% des sujets ne présentent aucun BGE 116 IV 125 S. 129 symptôme ou signe clinique de la maladie. Cependant, le virus est toujours présent dans l'organisme de la plupart d'entre eux. Ils constituent une source potentielle d'infection; ils sont susceptibles d'être atteints du sida ultérieurement. Leur séropositivité peut être détectée par des analyses de sang visant à déceler la présence d'anticorps anti-VIH. Le troisième stade est caractérisé par le fait que 30% des personnes séropositives développent un syndrome de malaise chronique (perte de poids, diarrhées, fièvres), sans présenter toutefois les infections opportunistes graves ou les cancers propres au sida. Cette période est désignée par l'abréviation ARC (AIDS-Related-Complex). Elle peut durer plusieurs années. Certains sujets développeront ultérieurement un sida déclaré. Le quatrième stade constitue celui du sida proprement dit. On assiste à l'apparition d'infections opportunistes sévères ou à des cancers, le cumul étant possible. Le sida affecte aussi le système nerveux central. Le virus VIH peut vivre et se multiplier dans les cellules du cerveau. Certains sujets présentent des symptômes de dégénérescence cérébrale en l'absence de toute infection opportuniste ou de cancer. L'issue est fatale (DOMINIQUE BERTRAND, Sida, droit pénal et médecine pénitentiaire, in Bulletin de criminologie 1989 p. 29 ss). On doit ajouter que certains porteurs asymptomatiques (stade II) passent directement au stade IV, soit à celui du sida. En résumé, après une durée moyenne et une période d'incubation de 6 à 10 ans (les extrêmes sont de quelques mois à 15 ans), 75 sujets sur 100 tombent malades à coup sûr; mais il est probable que près de 100% des séropositifs atteindront le point culminant du développement infectieux, c'est-à-dire les stades III et IV. La durée de l'incubation dépend de l'âge du sujet et d'affections concomitantes qui l'abrègent (toxicomanie, etc.). Passé le stade le plus grave, la durée moyenne de survie n'est que de 12 mois, malgré tous les efforts thérapeutiques parfois couronnés de succès momentanés. Quoi qu'il en soit, la quasi-totalité des sidéens meurent en l'espace de trois ans (Concept SIDA de la FMH, in Bulletin des médecins suisses, 1989 p. 1997/1998). 3. Lié par les constatations de l'autorité cantonale, le Tribunal fédéral doit se fonder sur l'état de fait, dont les éléments essentiels sont ici les suivants ( art. 273 al. 1 let. b et 277bis PPF ). Entre le mois de février 1987 et celui de juillet 1988, la partenaire du recourant ne s'est pas piquée avec une seringue infectée et n'a BGE 116 IV 125 S. 130 pas entretenu de relations intimes avec un autre homme. Or, elle avait subi un test de dépistage du sida, qui s'était révélé négatif au début de cette période; en juillet 1988, au contraire, un nouveau test de cette nature s'est révélé positif. Il est également établi que l'accusé savait dès le mois de mars 1987 qu'il était séropositif VIH, qu'il avait été longuement informé des mesures à prendre, qu'il n'avait pas pris de précautions avec sa partenaire et ne lui avait pas parlé de l'état de santé dans lequel il se trouvait. 4. a) L' art. 231 CP , relatif à la propagation d'une maladie de l'homme, figure en tête du titre huitième du Code pénal intitulé "Crimes ou délits contre la santé publique". Il est rédigé en ces termes: "1. Celui qui, intentionnellement, aura propagé une maladie de l'homme dangereuse et transmissible sera puni de l'emprisonnement d'un mois à cinq ans. La peine sera la réclusion pour cinq ans au plus si le délinquant a agi par bassesse de caractère. 2. La peine sera l'emprisonnement ou l'amende si le délinquant a agi par négligence." Déjà dans son message du 23 juillet 1918 à l'appui d'un projet de Code pénal (FF 1918 IV 1 ss), le Conseil fédéral relevait que l'hygiène publique avait fait, au cours des dizaines d'années antérieures, de très grands progrès et avait atteint de beaux résultats en ce qui concerne soit la lutte contre les facteurs qui produisent la maladie, soit les efforts faits pour combattre la propagation des maladies transmissibles. La santé humaine y était désignée comme le bien juridique protégé. Le Conseil fédéral ajoutait que l'article en question (à l'époque l'article 196) visait le fait de propager une maladie humaine, dangereuse et transmissible, et que la Confédération avait fait usage du pouvoir que lui conférait la Constitution fédérale en édictant la loi du 2 juillet 1886 concernant les mesures à prendre contre les épidémies; ces dispositions avaient une portée générale et visaient aussi la propagation de maladies non prévues par la loi fédérale du 2 juillet 1886 concernant les mesures à prendre contre les épidémies. Certes, en 1918 le sida n'était pas encore identifié. Il ne l'était pas non plus en 1970 lorsque le Conseil fédéral a présenté un message à l'appui d'une loi sur la lutte contre les maladies transmissibles de l'homme, dite aussi loi sur les épidémies (message du 11 février 1970, FF 1970 I 389 ss; loi: RS 818.101, entrée en BGE 116 IV 125 S. 131 vigueur le 1er juillet 1974). Le Conseil fédéral y exprime la volonté de tenter de prévoir et de prévenir l'approche d'une épidémie par l'analyse de tous les éléments qui la précèdent, l'accompagnent, la facilitent, la provoquent ou l'empêchent (FF 1970 I 398); il précise aussi que le concept de "lutte" englobe bien entendu non seulement le traitement de la maladie lorsqu'elle s'est déclarée mais encore sa prévention qu'il n'est pas nécessaire de mentionner (p. 413; ad art. 1er du projet de loi). Le message contient aussi des considérations historiques sur la peste, le typhus, la variole et sur les moyens de vaincre ces maladies. Il est mentionné que la découverte de nouveaux médicaments permet d'espérer la disparition prochaine des maladies transmissibles mais que les maladies à virus ne sont en général pas influencées par ces nouveaux produits (p. 392). La difficulté de dépister les porteurs d'infection, par exemple du choléra, qui excrètent ses agents sans manifester les symptômes de la maladie, est expressément citée (p. 394/395). Le Conseil fédéral relève encore que la disparition d'Europe des grandes épidémies a précédé l'apparition d'une série de maladies transmissibles autrefois inconnues, mal connues ou méconnues, dont les dangers s'ajoutent à ceux, toujours latents, d'une grande épidémie classique (p. 397). En 1987, alors que l'existence du sida était connue, le Conseil fédéral s'est fondé sur l'art. 27 de la loi fédérale sur les épidémies pour prendre une ordonnance concernant la déclaration des maladies transmissibles de l'homme (Ordonnance sur la déclaration, RS 818.141.1). De ces dispositions, il ressort que les médecins sont tenus de déclarer au médecin cantonal notamment le sida. Les laboratoires doivent déclarer la mise en évidence de certains agents pathogènes dont le virus de l'immunodéficience humaine (HIV); le médecin a l'obligation de faire de même lorsque la mise en évidence d'agents pathogènes n'a pas été effectuée par un laboratoire tenu de déclarer. b) Sur le plan spécifiquement pénal, les premiers commentateurs admettent que les maladies, auxquelles les dispositions concernant les épidémies s'appliquent, constituent aussi des maladies au sens du Code pénal (par exemple: LOGOZ, Partie spéciale II, Neuchâtel 1956, p. 460 ch. 2; HAFTER, Bes. Teil II, Berlin 1943 p. 538 n. 3; THORMANN/VON OVERBECK, Zurich 1941, ad Art. 231 n. 2 p. 278). De l'avis des auteurs actuels, les maladies transmissibles et dangereuses, au sens de l' art. 231 CP , sont celles citées dans la loi sur les épidémies et dans l'Ordonnance sur la BGE 116 IV 125 S. 132 déclaration (RS 818.101, 818.141.1; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Zurich 1989, ad art. 231 n. 1; BERTRAND, op.cit. p. 37; VICTOR ROTH, Staatliche Zwangsmassnahmen zur Bekämpfung von AIDS?, in Recht gegen AIDS, Berne 1987 p. 18). En matière de virus VIH cependant, la question est controversée dans les cas où, comme ici, l'auteur est un porteur dit sain de ce virus; il se trouve au stade II décrit au consid. 2c ci-avant, c'est un porteur asymptomatique. D'après l'autorité cantonale, un séropositif VIH doit être considéré comme atteint d'une maladie. Le Tribunal fédéral ne s'est pas encore prononcé sur ce problème. Dans le domaine des assurances sociales, le Tribunal fédéral des assurances n'a pas encore statué à ce jour. D'un examen de la doctrine sur ce point précis, il ressort que seul Schwander admet que l'infraction prévue à l' art. 231 CP n'est pas consommée par la simple transmission des bacilles causant l'infection mais seulement par le déclenchement de la maladie chez la personne infectée (SCHWANDER, Das schweiz. Strafgesetzbuch, 2e éd., Zurich 1964 p. 443 n. 675); à l'époque, le sida était inconnu. Au contraire, pour THORMANN/VON OVERBECK et HAFTER, qui ne parlent pas non plus du sida, la transmission des agents pathogènes semble suffire (THORMANN/VON OVERBECK, op.cit., ad art. 231 n. 3 p. 279; HAFTER, op.cit., p. 539 et 540). TRECHSEL ne prend pas une position catégorique (TRECHSEL, op.cit., ad art. 231 n. 5 ss). Le cas du sida est cité par HAUSER et REHBERG; selon ces auteurs, exiger que la maladie se soit déclarée chez la personne infectée serait contraire à la ratio legis de l' art. 231 CP (HAUSER/REHBERG, Strafrecht IV, Zurich 1989 p. 125). Un arrêt zurichois va dans ce sens (arrêt du Tribunal cantonal du canton de Zurich du 9 septembre 1988, publié in RSJ 1988 p. 400). CHRISTIAN HUBER souligne notamment combien la simple infection, comme telle et considérée objectivement, porte atteinte à l'état normal d'une personne; il se réfère aussi à l'évolution de la jurisprudence allemande et cite l'avis de l'Académie des sciences des Etats-Unis d'Amérique; il relate un cas où il a été admis que l'infection HIV, à son stade asymptomatique déjà, constitue une atteinte à la santé (RSJ 1989 p. 149 ss, en particulier p. 156 cas 6). En réponse à la question ordinaire Longet du 6 octobre 1989 sur la prévention du sida, le Conseil fédéral a notamment indiqué que conformément à la doctrine et à la jurisprudence l' art. 231 CP s'appliquait également à la transmission du virus VIH; cette BGE 116 IV 125 S. 133 autorité a aussi admis qu'en l'état actuel des connaissances, l'infection VIH aboutissait généralement, plus ou moins rapidement, à la mort du malade. En conséquence, les dispositions en vigueur paraissaient satisfaire, selon le Conseil fédéral, aux exigences de la lutte contre le sida (BO-CN 1989 p. 2303). L'Office fédéral des assurances sociales a admis que, face à une infection congénitale VIH établie avec certitude, le caractère d'infirmité congénitale au sens de l'Ordonnance concernant les infirmités congénitales (RS 831.232.21) pouvait être reconnu. D'après cet office fédéral, il n'est pas nécessaire que des symptômes soient apparus ou que le sujet suive un traitement; il est précisé que dans les cas dus à des infections VIH, dont la prise en charge doit être assurée par l'Assurance Invalidité en vertu de l' art. 11 LAI , l'obligation de fournir des prestations court dès le moment où l'infection à VIH est constatée sans qu'il y ait lieu d'attendre l'apparition de symptômes (Bulletin de l'AI No 283, du 30 novembre 1988, à l'intention des organes d'exécution de l'AI, p. 4 ch. 1857). c) Des citations qui précèdent, il ressort que les avis exprimés dans différents domaines (médical, assurances sociales, parlementaire) conduisent à admettre le caractère de maladie à la séropositivité VIH déjà. On ne discerne pas de motifs propres à imposer une autre solution en droit pénal, même si la doctrine ne paraît pas unanime. A cela s'ajoute le fait qu'en présence de l'augmentation actuelle du nombre de sidéens le rôle de prévention générale, conféré aussi au droit pénal, ne doit pas être négligé. Dès lors, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en considérant que le virus VIH, transmis par le recourant, constituait une maladie au sens de l' art. 231 CP . 5. a) A titre subsidiaire, le condamné s'en prend à l'application de l' art. 122 CP (lésions corporelles graves) en concours idéal avec l' art. 231 CP . Il ne soutient pas que les éléments constitutifs de l'infraction prévue à l' art. 122 CP feraient ici défaut mais il estime que, s'il doit être condamné du chef de l' art. 231 CP , il n'y a pas lieu de retenir concurremment l' art. 122 CP à sa charge. b) Entre les deux infractions précitées, certains auteurs admettent le concours imparfait; pour eux, seule serait applicable la disposition la plus sévère (LOGOZ, op.cit. p. 465 ch. 8; THORMANN/VON OVERBECK, op.cit. ad art. 231 p. 279 n. 8; LOB, in RSJ 1987 p. 163). BGE 116 IV 125 S. 134 Selon un autre courant de doctrine, les lésions corporelles graves n'absorbent pas la mise en danger générale qu'implique l' art. 231 CP ; il y aurait ainsi un concours idéal (TRECHSEL, op.cit. ad art. 231 n. 4; SCHWANDER, op.cit., p. 443 n. 675; HUBER, op.cit., p. 153). c) Cette dernière opinion est la plus convaincante. En effet, l' art. 231 CP réprime une infraction contre la santé publique; cela implique non seulement un délit de résultat dans la mesure où l'infection d'une seule personne suffit (mise en danger concrète de celle-ci) mais encore une mise en danger d'un nombre indéterminé d'êtres humains, mise en danger de caractère abstrait. Les lésions corporelles graves au sens de l' art. 122 CP ne contiennent pas cette double mise en danger. Le bien protégé n'est pas le même. Ainsi, on doit écarter l'argumentation tendant à faire admettre le concours imparfait entre les art. 122 et 231 CP . L'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en retenant ces deux infractions, en concours idéal, à la charge du recourant. Aux termes de l' art. 113 al. 3 Cst. , le Tribunal fédéral doit appliquer les lois votées par l'Assemblée fédérale. Il ne lui appartient donc pas d'apprécier si, en matière d'infection au VIH, la répression pénale doit être abandonnée au profit exclusif de l'éducation et de la prévention. On ne saurait oublier cependant que le droit pénal constitue aussi un moyen de prévention, comme ultima ratio (voir HUBER, op.cit. p. 150).
null
nan
fr
1,990
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CH_BGE_006
CH
Federation
b482591a-4ec5-4048-8d70-f9a94a746f14
Urteilskopf 117 Ib 502 59. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 26 novembre 1991 dans la cause Fondation World Wildlife Fund (WWF) Suisse contre B. (recours de droit administratif).
Regeste Raumplanung (Ausnahmebewilligung). Bauten für eine bodenunabhängige Geflügelzucht sind grundsätzlich in einer Landwirtschaftszone nicht zonenkonform (E. 4). Eine solche Baute kann indessen im Sinne von Art. 24 Abs. 1 RPG bewilligt werden, wenn es sich um eine Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes handelt, welche für dessen Erhaltung nötig ist. Im vorliegenden Fall ist der Zweck der Anlage standortgebunden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 502 BGE 117 Ib 502 S. 502 B. exploite un domaine agricole de 10,5 ha; il a en outre 18 bovins et une quarantaine de porcs. Le 25 janvier 1989, il a obtenu de l'Office fédéral de l'agriculture une autorisation pour la construction d'une halle d'engraissement d'une surface de 300 m2 pour 5500 poulets de chair (autorisation fondée sur l'art. 13 de l'ordonnance instituant le régime de l'autorisation pour la construction d'étables, du 13 avril 1988 - OCE, RS 916.016). Il a ensuite demandé à la Direction des travaux publics du canton de Fribourg (ci-après: la direction) un permis de construire pour une halle de type "Optigal", en zone agricole et à proximité des bâtiments de son exploitation. Le 10 août 1989, la direction a délivré l'autorisation spéciale, en application de l' art. 24 al. 1 LAT (construction dont l'implantation est imposée par sa destination). La Fondation WWF Suisse (ci-après: la fondation) s'est pourvue devant le Conseil d'Etat, en alléguant qu'une halle d'engraissement n'avait pas sa place en zone agricole. Le 11 décembre 1990, le BGE 117 Ib 502 S. 503 Conseil d'Etat a rejeté le recours, au motif que la construction était conforme à la destination de cette zone ( art. 22 al. 2 let. a LAT ). Le Tribunal fédéral a rejeté le recours de droit administratif formé par la fondation. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Dans la décision attaquée, le Conseil d'Etat retient que la halle d'engraissement pour 5500 poulets est conforme à la destination de la zone agricole. La recourante conteste cette interprétation et elle estime qu'une telle installation ne peut être autorisée dans cette zone, que ce soit en application de l' art. 22 LAT ou de l' art. 24 LAT , et qu'elle n'aurait sa place que dans la zone artisanale et industrielle. Selon l' art. 22 al. 2 let. a LAT , la délivrance d'une autorisation de construire est subordonnée à la condition, notamment, que le bâtiment ou l'installation soient conformes à l'affectation de la zone. Si la conformité n'est pas admise, il convient d'examiner si la construction nécessite, en raison de ses dimensions et de ses incidences sur l'environnement, l'élaboration d'un plan d'affectation spécial, en vertu d'une obligation d'aménager résultant du droit fédéral ( art. 2 LAT ; cf. ATF 116 Ib 53 consid. 3a; ATF 115 Ib 513 consid. 6a, ATF 114 Ib 315 consid. 3a). Si tel n'est pas le cas, il reste à examiner si une autorisation exceptionnelle au sens de l' art. 24 LAT peut être accordée ( ATF 116 Ib 229 s. consid. 2 et les arrêts cités). Il faut alors déterminer si les conditions pour la délivrance d'une autorisation en application de l' art. 24 al. 2 LAT et du droit cantonal auquel cette disposition renvoie sont réunies; dans la négative, le projet doit être examiné au regard de la réglementation de droit fédéral de l' art. 24 al. 1 LAT ( ATF 108 Ib 132 consid. 1a et les arrêts cités). 4. a) Selon l' art. 16 LAT , les zones agricoles comprennent les terrains qui se prêtent à l'exploitation agricole ou horticole du sol et ceux qui, dans l'intérêt général, doivent être utilisés pour l'agriculture. Seules les constructions dont la destination correspond à la vocation agricole du sol peuvent y être autorisées en application de l' art. 22 al. 2 let. a LAT . Le sol doit être le facteur de production primaire et indispensable. Les modes d'exploitation dans lesquels le sol ne joue pas un rôle essentiel ne sont pas agricoles au sens de l' art. 16 LAT ( ATF 116 Ib 134 consid. 3a, ATF 115 Ib 297 consid. 3a). BGE 117 Ib 502 S. 504 Les constructions et installations pour l'élevage de bétail ne peuvent être jugées conformes et partant autorisées en application de l' art. 22 LAT que si une part prépondérante des fourrages provient de la production propre à l'exploitation (LEO SCHÜRMANN, Admissibilité d'exploitations en développement dans la zone agricole, Avis de droit, Office fédéral de l'aménagement du territoire, Berne 1990, p. 4). La fonction du sol pour la mise en valeur du purin n'est plus déterminante: le fait que les engrais de ferme puissent être épandus sur les terres ne suffit pas à qualifier l'élevage d'activité conforme à la destination de la zone agricole ( ATF 115 Ib 298 consid. 2c). Une exploitation dont les activités sont en relation étroite avec la culture du sol peut disposer de locaux accessoires se trouvant dans une relation fonctionnelle directe avec la production agricole (grange, hangar à machines, par exemple). L'admission de la conformité d'un projet de bâtiment ou d'installation doit résulter d'une appréciation globale du système d'exploitation, analysé à long terme, et des moyens mis en oeuvre pour sa réalisation ( ATF 116 Ib 137 consid. 3d). b) Les offices fédéraux de l'aménagement du territoire et de l'agriculture ont constitué un groupe de travail qui, dans un rapport intermédiaire du 29 mai 1991, a émis l'opinion selon laquelle une halle d'engraissement sans base d'affouragement propre pourrait être qualifiée de conforme à la destination de la zone agricole dans la mesure où elle permet d'assurer, par le revenu complémentaire qu'elle procure, l'existence de l'exploitation. Il en serait ainsi lorsque la part de la production non dépendante du sol représenterait 30%, voire jusqu'à 40%, du revenu total de l'exploitant, le solde provenant de la production directement liée au sol. c) Dans un arrêt récent (arrêt du 18 septembre 1991 dans la cause WWF et consorts c. X., commune de Steinen et canton de Schwyz, ATF 117 Ib 278 consid. 3), le Tribunal fédéral a jugé que les halles pour l'engraissement de la volaille ne pouvaient être qualifiées de constructions conformes à la destination de la zone agricole. Il n'a pas retenu à cet égard les critères économiques proposés par le groupe de travail des offices fédéraux de l'aménagement du territoire et de l'agriculture. En la présente espèce, dans la décision attaquée, le Conseil d'Etat a reconnu qu'une installation d'engraissement de volailles dont le fourrage ne provient pas de l'exploitation agricole et dont les engrais de ferme ne peuvent être épandus sur les terres de l'exploitant n'est pas conforme à la destination de la zone agricole. Il a toutefois admis, pour la halle BGE 117 Ib 502 S. 505 litigieuse, la conformité selon l' art. 22 al. 2 let. a LAT , en ce sens que cette activité accessoire procurerait un revenu supplémentaire permettant le maintien de l'exploitation. L'autorité cantonale a invoqué l'ordonnance sur la construction d'étables (OCE) à l'appui de son interprétation. Au vu cependant de la jurisprudence précitée, c'est à tort que le Conseil d'Etat a admis que le projet de halle d'engraissement présenté par B. pouvait être autorisé en application de l' art. 22 LAT . d) Au demeurant, le projet litigieux n'est pas tel, dans ses incidences sur la planification locale ou sur l'environnement, qu'il ne puisse être élaboré que par le biais d'un plan d'affectation spécial ( ATF 116 Ib 53 consid. 3a, 115 Ib 513 consid. 6a). Il reste donc à examiner si une autorisation exceptionnelle au sens de l' art. 24 LAT peut être accordée. 5. Le projet litigieux concerne une construction nouvelle: l' art. 24 al. 2 LAT n'entre pas en considération. Quant à l' art. 24 al. 1 LAT , il soumet la délivrance d'une autorisation exceptionnelle à la condition que l'implantation de la construction hors de la zone à bâtir soit imposée par sa destination (let. a) et à ce qu'aucun intérêt prépondérant ne s'y oppose (let. b). Ces deux conditions sont cumulatives ( ATF 116 Ib 230 consid. 3). a) Pour satisfaire à la première des conditions ( art. 24 al. 1 let. a LAT ), l'implantation de l'ouvrage à l'emplacement prévu doit être justifiée par des motifs objectifs; les seuls motifs personnels - la commodité de l'exploitation - ou financiers ne suffisent pas ( ATF 116 Ib 230 consid. 3a, ATF 115 Ib 299 consid. 3a). aa) B. exploite un petit domaine. Il cultive des céréales (sur une surface d'environ 5 ha), des pommes de terre (1 ha) et des pois (0,7 ha); le revenu annuel global de ces cultures représente environ 22'000 francs. Son bétail lui procure en outre un revenu de l'ordre de 30'000 francs. Ces activités sont agricoles au sens de la jurisprudence relative à l' art. 22 LAT (cf. consid. 4a supra). L'Office fédéral de l'agriculture estime le revenu annuel tiré de l'engraissement de poulets à 3 fr. 50 l'unité; en l'espèce, avec 5500 têtes, B. réaliserait un revenu supplémentaire de 19'250 francs. bb) Le maintien des petites exploitations agricoles répond à un intérêt public important. Cela résulte notamment de l' art. 31bis al. 3 let. b Cst. , qui permet de déroger au principe de la liberté du commerce et de l'industrie pour conserver une forte population paysanne, assurer la productivité de l'agriculture et consolider la propriété rurale. Ces objectifs correspondent à ceux de l' art. 22quater BGE 117 Ib 502 S. 506 Cst. , aux termes duquel l'aménagement du territoire doit tendre à assurer une utilisation judicieuse du sol et une occupation rationnelle du territoire. Les mesures d'aménagement ont notamment pour but de protéger les bases naturelles de la vie, de favoriser la vie sociale, économique et culturelle des diverses régions et de garantir des sources d'approvisionnement suffisantes dans le pays (art. 1er al. 2 let. a, c et d LAT). Les autorités doivent alors veiller à préserver le paysage, à réserver à l'agriculture suffisamment de bonnes terres cultivables et à conserver les sites naturels et les territoires servant au délassement ( art. 3 al. 2 LAT ). Les mesures qui contribuent à assurer l'existence et le maintien de petites exploitations agricoles sont en accord avec ces buts et principes ( ATF 117 Ib 282 consid. 4b/bb). cc) L'ordonnance sur la construction d'étables soumet à une procédure d'autorisation la construction d'installations pour l'engraissement et l'élevage dans diverses branches de production, en particulier pour les poulets à l'engrais ( art. 1 et 2 OCE ). Lorsqu'une exploitation adopte une nouvelle branche de production au sens de l' art. 6 OCE ("accroissement des effectifs"), l'octroi de l'autorisation est soumis aux conditions de l' art. 13 OCE . Ainsi, le revenu de l'exploitation ne doit pas dépasser le montant de 85'000 francs par année, après l'accroissement des effectifs ( art. 13 al. 1 let. a OCE ), l'exploitation doit comporter une proportion raisonnable de terres ouvertes ( art. 13 al. 1 let. b OCE ) et, après l'accroissement des effectifs, 50% au moins du revenu de l'exploitation doit provenir de branches de production purement agricoles ( art. 13 al. 1 let . c OCE). Cette disposition est conforme à un des objectifs de la politique agricole de la Confédération, qui met l'accent sur le "développement interne" - soit l'introduction ou l'intensification de la production animale dans les petites exploitations, sans augmentation de la surface cultivée (cf. SCHÜRMANN, op.cit., p. 8; Sixième rapport sur l'agriculture, FF 1984 III p. 737 ss). Il faut tenir compte de ces éléments dans l'examen, au regard de l' art. 24 al. 1 let. a LAT , d'un projet d'installation d'engraissement: ils peuvent justifier l'octroi d'une autorisation, pour un accroissement des effectifs modéré, lorsque cette solution s'impose, pour des motifs d'économie d'entreprise, afin d'assurer le maintien d'une exploitation existante ( ATF 117 Ib 283 consid. 4b/cc). dd) En l'espèce, l'autorisation fondée sur l' art. 13 OCE a été délivrée à B., dont l'exploitation remplit les conditions requises. Il BGE 117 Ib 502 S. 507 ne pourrait pas être exigé que la halle d'engraissement, nécessaire pour assurer le maintien de l'exploitation, soit édifiée à un emplacement plus éloigné des bâtiments existants; en effet, cette activité nécessite la présence d'un personnel de surveillance. L'implantation prévue pour cette construction est donc imposée par sa destination au sens de l' art. 24 al. 1 let. a LAT . b) L' art 24 al. 1 let. b LAT exige encore qu'aucun intérêt prépondérant ne s'oppose à la délivrance de l'autorisation. La fondation n'a pas établi, ni même invoqué précisément, l'existence de tels intérêts, que ce soit dans son recours adressé au Conseil d'Etat ou dans le présent recours de droit administratif. Dans sa décision du 10 août 1989 prise en application de l' art. 24 al. 1 LAT , la direction avait retenu qu'aucun intérêt prépondérant ne s'opposait à la construction. Cette décision était fondée sur les préavis favorables de divers services spécialisés, dont l'Office cantonal de la protection de l'environnement. Dans les circonstances de l'espèce, il se justifie donc d'admettre que l'exigence de l' art. 24 al. 1 let. b LAT est remplie.
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Urteilskopf 108 Ia 281 52. Arrêt de la IIe Cour de droit public du 28 mai 1982 dans la cause Affolter et Rohrbach contre Commune municipale de Moutier et Berne Conseil-exécutif (recours de droit public)
Regeste Art. 84 Abs. 1 lit. a, 85 lit. a und 88 OG. Gegen die angebliche Verletzung der Rechte einer Minderheit bei der Wahl der Mitglieder des Büros durch den grossen Gemeinderat ist nicht die Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG sondern jene gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG (Verletzung verfassungsmässiger Rechte) zu erheben; die Legitimation richtet sich entsprechend nach Art. 88 OG . Im konkreten Fall sind die Beschwerdeführer, die ausschliesslich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des grossen Gemeinderates von Moutier Beschwerde führen, zur Beschwerde gegen den Entscheid dieser Behörde nicht legitimiert.
Sachverhalt ab Seite 281 BGE 108 Ia 281 S. 281 Le 5 mars 1980, Paul Affolter et Jean-Pierre Rohrbach, tous deux conseillers de ville de Moutier, ont requis le Préfet du district de Moutier, par la voie d'une plainte en matière communale, de casser l'élection complémentaire au bureau du Conseil de ville du deuxième vice-président, intervenue lors de la séance du 25 février 1980. Au cours de ce scrutin, Alain Coullery - du Parti socialiste BGE 108 Ia 281 S. 282 autonome (PSA) - avait obtenu 20 voix, alors que Ronald Lerch - membre de l'Union démocratique du centre (UDC) - avait recueilli 21 suffrages et avait donc été élu à la deuxième vice-présidence. Les plaignants faisaient valoir que l'élection en cause contrevenait à l'art. 7 al. 3 du règlement du Conseil de ville de Moutier instituant une représentation équitable des minorités au sein du bureau; en outre, selon une coutume établie à Moutier, la deuxième vice-présidence du Conseil de ville aurait dû revenir de droit au Parti socialiste autonome (PSA), quatrième parti selon les résultats obtenus aux dernières élections. Par décision du 1er octobre 1980, le Préfet du district de Moutier a rejeté la plainte, après avoir considéré que ni les droits de la minorité ni la coutume n'avaient été violés dans le cas particulier. Saisi d'un recours des plaignants, le Conseil-exécutif du canton de Berne est arrivé à la même conclusion que le Préfet, quoique avec une motivation quelque peu différente, et a donc confirmé le rejet de la plainte, par arrêté rendu le 25 février 1981. Agissant par la voie du recours de droit public, pour violation de l' art. 4 Cst. , de la constitution cantonale bernoise ainsi que des droits politiques, et se fondant sur les art. 84 et 85 lettre a OJ , Paul Affolter et Jean-Pierre Rohrbach requièrent le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêté du Conseil-exécutif du 25 février 1981. Le Conseil-exécutif, par l'intermédiaire de la Direction des affaires communales du canton de Berne, conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l' art. 85 lettre a OJ , le Tribunal fédéral connaît des recours concernant le droit de vote des citoyens et de ceux qui ont trait aux élections et aux votations cantonales, quelles que soient les dispositions de la constitution cantonale et du droit fédéral régissant la matière. Selon la jurisprudence, la violation du droit de vote des citoyens présuppose qu'un tel droit est - ou aurait dû être - exercé lors d'un vote populaire, c'est-à-dire d'un vote avec participation directe des citoyens. Tel n'est pas le cas d'une élection au second degré, par exemple de l'élection des membres d'une commission communale par la municipalité. Pour se plaindre de la violation des droits des minorités lors d'une telle élection, ce n'est pas la voie du recours de l' art. 85 lettre a OJ qui est ouverte, mais celle du BGE 108 Ia 281 S. 283 recours fondé sur l' art. 84 al. 1 lettre a OJ (violation des droits constitutionnels), et la qualité pour recourir se détermine selon l' art. 88 OJ ( ATF 105 Ia 369 consid. 2 et arrêts cités, ATF 104 Ia 228 consid. a, ATF 99 Ia 448 consid. 1). En l'espèce, le Conseil de ville de la commune municipale de Moutier se constitue lui-même et procède à l'élection de son bureau chaque année (art. 2 al. 1 et 3, 7 al. 2 de son règlement). L'on est donc en présence d'une élection au second degré et il ne saurait être question d'une violation du droit de vote des citoyens. Dans cette mesure, le présent recours est donc d'emblée irrecevable. 2. a) Selon l' art. 88 OJ , le recours de droit public est ouvert aux particuliers et aux collectivités lésés par des arrêtés ou des décisions qui les concernent personnellement ou qui sont de portée générale. D'après la jurisprudence, la qualité pour former un recours de droit public ne peut découler que de la loi fédérale d'organisation judiciaire et non pas du fait que le recourant avait ou non la qualité de partie dans la procédure cantonale. Ce qui est déterminant, c'est de savoir si celui-ci est lésé dans sa situation juridique, autrement dit, s'il peut faire valoir un intérêt juridiquement protégé. Le Tribunal fédéral examine d'office et avec plein pouvoir si cette condition est remplie ( ATF 104 Ia 159 consid. 2b, ATF 102 Ia 94 consid. 1, ATF 101 Ia 544 et arrêts cités). Ouvert aux seuls particuliers ou collectivités qui peuvent faire valoir la violation de leurs intérêts juridiquement protégés, le recours de droit public ne l'est donc ni pour la sauvegarde d'intérêts de pur fait, ni pour la défense d'intérêts publics généraux. Le Tribunal fédéral a cependant atténué quelque peu la portée de cette règle en admettant que l'intérêt juridiquement protégé peut aussi trouver son fondement dans des dispositions qui, outre l'intérêt général, sont destinées à servir également des intérêts particuliers ( ATF 106 Ia 59 , 63 consid. 2; ATF 105 Ia 46 ; ATF 97 I 265 et arrêts cités). b) Le Tribunal fédéral reconnaît la qualité pour recourir et invoquer la violation de l' art. 4 Cst. à un parti politique constitué en association lorsqu'un arrêté ou une décision le touche dans sa situation juridique, par exemple l'empêche de poursuivre son but statutaire ( art. 56 Cst. ), ou lorsque le droit cantonal lui garantit certains droits, notamment en protégeant les minorités lors de l'élection des autorités ou des commissions ( ATF 99 Ia 449 consid. 2 et les références). BGE 108 Ia 281 S. 284 Ce même arrêt - rendu à propos d'un cas analogue à la présente espèce - laisse en revanche indécise la question de savoir si les membres du comité du parti peuvent, eux aussi, s'en prendre personnellement à la prétendue violation du droit des minorités en défaveur de leur parti (consid. 2 in fine). c) En l'espèce, Paul Affolter et Jean-Pierre Rohrbach recourent non pas comme organes ou au nom de leur parti (PSA), mais expressément en tant que conseillers de ville. Leur personne même n'est pas en jeu, puisqu'ils n'ont pas brigué le poste litigieux. D'ailleurs, de leur propre avis, c'est leur parti (PSA) qui constitue la minorité injustement désavantagée et qui aurait subi une atteinte au droit que lui conférerait sa quatrième place aux dernières élections. Il est manifeste, dans ces conditions, qu'en leur seule qualité de conseillers de ville, c'est-à-dire comme membres de l'autorité qui a pris la décision contestée, les recourants ne sont pas personnellement lésés par la violation du droit constitutionnel qu'ils invoquent ( ATF 104 Ia 353 consid. 1b et arrêts cités), pas plus qu'ils ne sont habilités à sauvegarder l'intérêt public et général à ce que le bureau du Conseil de ville soit régulièrement composé ( ATF 106 Ia 334 consid. 1, ATF 105 Ia 189 , 355 consid. 3 et arrêts cités). Conformément à la jurisprudence ci-dessus rappelée, Affolter et Rohrbach n'ont donc pas qualité pour recourir au sens de l' art. 88 OJ ; leur recours de droit public est dès lors irrecevable.
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Urteilskopf 115 Ib 311 42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Januar 1989 i.S. Politische Gemeinde und Bürgergemeinde Ramosch, Schweizer Heimatschutz sowie Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege gegen Einfache Gesellschaft, bestehend aus Aare Tessin AG für Elektrizität (ATEL), Bernische Kraftwerke AG (BKW), Centralschweizerische Kraftwerke (CKW) und Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg AG (EGL), sowie Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste Erteilung des Enteignungsrechts für den Bau und Betrieb einer 380 kV-Leitung (Pradella-Martina), Art. 43 und 50 ElG , Art. 1 und 9 EntG ; NHG. 1. Voraussetzungen für die Erteilung des Enteignungsrechts (E. 4). Ob für ein konkretes Projekt das Enteignungsrecht erteilt werden kann oder nicht, ist in Abwägung der sich gegenüberstehenden privaten und öffentlichen Interessen zu entscheiden (E. 4b). Vornahme dieser Interessenabwägung; Bejahung des überwiegenden öffentlichen Interesses am Vorhaben (Anschluss an das europäische Verbundnetz, Versorgungssicherheit; E. 5a-c). 2. Festlegung des Trasses, Voraussetzungen gemäss Art. 50 Abs. 2 ElG . Hierbei handelt es sich zwar um bei der Enteignung besonders wichtige, aber nicht um die einzigen Kriterien für die Beurteilung des geplanten Werkes. Aus der genannten Bestimmung lässt sich daher kein Vorrang der technischen Trassewahl ableiten (E. 4b). Prüfung von Trassewahl und Varianten im vorliegenden Fall (E. 5d). Verkabelung kann hier nicht verlangt werden, weil ihr beim heutigen Stand der Technik erhebliche technische Inkonvenienzen im Sinne von Art. 50 Abs. ElG entgegenstünden; es würden schwerwiegende Risiken eintreten, welche nicht zu verantworten wären (E. 5f-h). 3. Bei der Verwirklichung der Anlage ist Art. 9 EntG zu beachten (E. 4b/c). Wird durch sie - wie hier - ein Schutzobjekt von nationaler Bedeutung beeinträchtigt, so müssen ihre Auswirkungen auf das Schutzziel an sich gewürdigt werden. Das anerkannt hohe Interesse am Schutz einer Landschaft von nationaler Bedeutung ist aber nur dann ungeschmälert zu erhalten, wenn ihr nicht bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen ( Art. 6 Abs. 2 NHG ). Die Interessen der Energieversorgung im vorliegenden Fall stellen solche dem Landschaftsschutz jedenfalls gleichgeordnete Interessen dar (E. 5e).
Sachverhalt ab Seite 313 BGE 115 Ib 311 S. 313 Im Namen und Auftrag der einfachen Gesellschaft hatte die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg im Jahre 1976 gestützt auf das Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz [ElG], SR 734.0) dem Eidgenössischen Starkstrominspektorat (EStI) die Planvorlage für die generelle Genehmigung der vorgesehenen Leitung eingereicht. Diese Leitung bezweckt, mit der österreichischen Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft (Verbundgesellschaft, ÖVG) einen Stromverbund zu schaffen. Auf die ursprüngliche Absicht, in dieses Verbundnetz auch die italienische Ente Nazionale per l'Energia Elettrica (ENEL) einzubeziehen, musste in der Folge freilich verzichtet werden. Dennoch wird mit der Leitung einerseits eine Verstärkung des Verbundnetzes und damit eine erhöhte Versorgungssicherheit angestrebt. Sie ermöglicht anderseits den Abtransport der - bisher nur über den Albula-Pass ins Domleschg abfliessenden - Stromproduktion der Engadiner Kraftwerke AG (EKW-AG) auf zwei Wegen sowie die Erhöhung der Sicherheit der Energieversorgung der EKW-Konzessionsgemeinden. Entsprechend ist eine zweisträngige 380 kV-Hochspannungsleitung von der Zentrale Pradella bei Scuol über ca. 13 km bis Martina zur Landesgrenze zu Österreich als Weitspannleitung mit Stahlgittermast-Tragwerken in getarnter Ausführung vorgesehen. Die Linienführung folgt dem bewaldeten Talboden auf der Südseite oberhalb des Inns. Sie verläuft zwischen den Höhenkoten 1100 bis 1300 m nach San Niclà/Mot in der Gemeinde Tschlin und steigt alsdann schräg an bis zum Anschlusspunkt an der Landesgrenze bei Palü Lunga auf ca. 1800 m Höhe. Mit Ausnahme einiger weniger Enklaven bei Pradella, Raschvella und Mot werden ausschliesslich geschlossene Waldgebiete überquert bzw. überspannt. Das Eidgenössische Starkstrominspektorat als Bewilligungsinstanz ( Art. 15 Abs. 2 ElG , Art. 2 und 72 der Verordnung über die Vorlagen für elektrische Starkstromanlagen (Planvorlageverordnung), SR 734.25) erteilte am 31. August 1979 die generelle Genehmigung BGE 115 Ib 311 S. 314 für die Ausführung des Projektes mit verschiedenen Bedingungen und Auflagen. Die Genehmigungsverfügung wurde den im Verfahren beteiligten eidgenössischen, kantonalen und Gemeinde- Instanzen zugestellt. Am 16. Dezember 1981 genehmigte das EStI die ihm am 30. März 1981 durch die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg eingereichten Detailpläne und eröffnete auch diese - mit verschiedenen Bedingungen und Auflagen versehene - Verfügung den im Verfahren beigezogenen Instanzen. Ausserdem stellte das Bundesamt für Forstwesen diese Genehmigung der Detailpläne gestützt auf Art. 11 Abs. 4 der zum Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451) erlassenen Vollziehungsverordnung (NHV, SR 451.1) den gesamtschweizerischen Vereinigungen im Sinne von Art. 12 NHG zu. Ob ihnen auch die Bewilligung des generellen Projekts zur Kenntnisnahme gebracht wurde, kann den Akten nicht entnommen werden. In der Folge bemühte sich die EGL in Verhandlungen mit den Bürgergemeinden von Scuol, Sent, Ramosch und Tschlin, in deren Eigentum die von der Leitungsführung beanspruchten Waldflächen liegen, um den Erwerb der erforderlichen Rechte. Da die Gemeinden Scuol und Ramosch die Durchleitungsrechte ablehnten, leitete die EGL gegen die Bürgergemeinden und die politischen Gemeinden von Scuol und Ramosch am 28. Mai 1982 das Enteignungsverfahren ein und stellte mit Eingabe vom 23. Juni 1982 beim zuständigen Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission des Kreises 12 das Gesuch um Eröffnung des abgekürzten Verfahrens. Mit Verfügung vom 8. Juli 1982 bewilligte der Präsident der Schätzungskommission des Kreises 12 der einfachen Gesellschaft gemäss Art. 33 des Bundesgesetzes über die Enteignung (EntG SR 711) die Durchführung des abgekürzten Verfahrens und ermächtigte die Enteignerin, die öffentliche Planauflage durch persönliche Anzeigen an die betroffenen Grundeigentümer zu ersetzen. Innerhalb von 30 Tagen erhoben die Bürgergemeinden und die politischen Gemeinden von Scuol und Ramosch Einsprache gegen die Enteignung. Sie verlangten, das Enteignungsrecht sei zu verweigern; eventuell seien die Leitungen zu verkabeln. Aufgrund weiterer Verhandlungen gelang es in der Folge der einfachen Gesellschaft, mit der Bürgergemeinde Scuol einen Dienstbarkeitsvertrag abzuschliessen, so dass deren Einsprache gegenstandslos wurde. BGE 115 Ib 311 S. 315 Mit Entscheid vom 3. Juni 1986 erteilte das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement der aus der Aare Tessin AG für Elektrizität, den Bernischen Kraftwerken AG, den Centralschweizerischen Kraftwerken und der Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg AG zusammengesetzten einfachen Gesellschaft das Enteignungsrecht zum Erwerb der erforderlichen Rechte für den Bau und den Betrieb der 380 kV-Leitung Pradella-Martina gemäss den vom Departement genehmigten Plänen. Die Dauer der Rechte setzte es auf 50 Jahre fest; ihr Umfang bestimmt sich nach der Enteignungstabelle und den persönlichen Anzeigen an die Enteigneten. Die gegen die Enteignung gerichteten Einsprachen der Bürgergemeinde Ramosch, der politischen Gemeinde Ramosch und der politischen Gemeinde Scuol wurden vom EVED abgewiesen. Sowohl die Gemeinde Ramosch als auch der Schweizer Heimatschutz (SHS) und die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege (SL) erhoben gegen den Entscheid des EVED vom 3. Juni 1986 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die Beschwerdegründe von Art. 104 OG und machen eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Unangemessenheit geltend. Sie bestreiten das für die Erteilung des Enteignungsrechtes nötige öffentliche Interesse, da eine einzig der Ausfuhr von Energie ins Ausland dienende Leitung vorliege, deren Bedürfnis nicht hinreichend abgeklärt worden sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit auf sie eingetreten werden kann. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 4. a) Die Beschwerdeführer werfen der Regierung vor, sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt sowie Bundesrecht verletzt. Zu diesen Rügen sind sie gemäss Art. 104 lit. a und b OG befugt. Da das EVED als Vorinstanz entschieden hat, kann das Bundesgericht die Feststellung des Sachverhalts ohne Bindung von Amtes wegen umfassend überprüfen. Die Rechtsfragen mit Einschluss der gebotenen Interessenabwägung überprüft das Bundesgericht grundsätzlich ebenfalls frei. Doch gesteht das Gericht den Verwaltungsbehörden bei der Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe einen gewissen Beurteilungsspielraum zu und hält sich insbesondere dort zurück, wo das BGE 115 Ib 311 S. 316 Departement - im Grenzbereich zwischen Rechts- und Ermessensausübung - gestützt auf die Berichte der ihm beigegebenen Fachinstanzen entschieden hat (vgl. BGE BGE 112 Ib 295 E. 8b, 428 E. 3, 549 E. 1d). Nimmt allerdings das Bundesgericht - wie hier - selbst einen Augenschein vor, so besteht kein Anlass, sich bei der Prüfung von Fragen, die eine Würdigung der örtlichen Verhältnisse voraussetzen, besondere Zurückhaltung aufzuerlegen ( BGE 109 Ib 300 E. 3). b) Gemäss Art. 43 ElG kann den Eigentümern von elektrischen Starkstromanlagen und den Bezügern von elektrischer Energie das Recht der Expropriation für die Einrichtungen zur Fortleitung und Verteilung der elektrischen Energie gemäss den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die Enteignung gewährt werden. Gemäss Art. 1 Abs. 2 EntG setzt die Erteilung des Enteignungsrechtes voraus, dass das Werk, für welches es verlangt wird, im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles des Landes liegt oder dass es anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken dient, welche durch ein Bundesgesetz anerkannt sind. Bei dessen Verwirklichung ist die - bereits erwähnte - Bestimmung des Art. 9 EntG zu beachten; Naturschönheiten sind soweit möglich zu erhalten und die Werke so auszuführen, dass sie das landschaftliche Bild möglichst wenig stören. Ist im Falle der Erstellung einer projektierten Starkstromleitung namentlich das Trasse umstritten, so präzisiert Art. 50 Abs. 2 ElG , dass das Expropriationsrecht gegen die Einsprecher bewilligt werden kann, wenn eine Änderung des Trasses ohne erhebliche technische Inkonvenienzen oder unverhältnismässige Mehrkosten oder ohne Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht möglich ist. Mit der genannten Bestimmung wird indes lediglich der schon in Art. 1 Abs. 2 EntG festgehaltene Grundsatz präzisiert, wonach das Enteignungsrecht nur geltend gemacht werden kann, wenn und soweit es zur Erreichung des Zweckes notwendig ist. Bei den in Art. 50 Abs. 2 ElG umschriebenen negativen Voraussetzungen handelt es sich somit nur um drei bei der Enteignung besonders wichtige, aber nicht um die einzigen Kriterien für die Beurteilung des geplanten Werkes. Ob für ein konkretes Projekt das Enteignungsrecht erteilt werden könne oder nicht, ist schliesslich in Abwägung der sich gegenüberstehenden privaten und öffentlichen Interessen zu entscheiden ( BGE 109 Ib 299 f. E. 3). Damit steht auch fest, dass sich aus Art. 50 Abs. 2 ElG kein Vorrang der technischen Trassewahl ableiten lässt. BGE 115 Ib 311 S. 317 c) Gemäss Art. 2 lit. b NHG ist die Bewilligung von Werken und Anlagen zur Beförderung von Energie eine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 24sexies Abs. 2 BV . Die Behörden und Amtsstellen des Bundes sind somit verpflichtet, dafür zu sorgen, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben ( Art. 3 Abs. 1 NHG ). Diese Pflicht gilt unabhängig von der Bedeutung des Objektes im Sinne von Art. 4 NHG ( Art. 3 Abs. 3 NHG ). Sie wird u.a. dadurch erfüllt, dass Bewilligungen nur unter Bedingungen oder Auflagen erteilt oder allenfalls verweigert werden ( Art. 3 Abs. 2 lit. b NHG ). Art. 4 NHG unterscheidet bei den zu schützenden Landschaften und Kulturstätten Objekte von nationaler und solche von regionaler oder lokaler Bedeutung. Für die Objekte von nationaler Bedeutung ist auf das gemäss Art. 5 NHG erstellte Bundesinventar zu verweisen. Wird ein Objekt von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes aufgenommen, so wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung oder jedenfalls grösstmögliche Schonung verdient ( Art. 6 Abs. 1 NHG ). Von der ungeschmälerten Erhaltung darf nur abgewichen werden, wenn gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung dies verlangen ( Art. 6 Abs. 2 NHG ; s. BGE 114 Ib 84 ff. E. 2, BGE 113 Ib 348 ff. E. 4c und 5). Könnte ein Objekt von nationaler Bedeutung beeinträchtigt werden, so hat obligatorisch eine Begutachtung durch die ENHK zu erfolgen ( Art. 7 NHG ). Im Unterengadin wurde das Gebiet Piz Arina unter Nr. 1909 in das Inventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung, das gemäss der bereits erwähnten Verordnung zu diesem Inventar (VBLN, SR 451.11) errichtet wurde, aufgenommen. Das Gebiet schliesst den Flusslauf des Inn im Abschnitt zwischen Sur En und Strada ein; seine Grenze verläuft auf der rechten Talseite des Innflusses. 5. Die Prüfung der in den Beschwerden erhobenen Einwendungen in Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmungen führt zu folgenden Ergebnissen: a) Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Enteignungsrechts gemäss Art. 1 EntG nicht erfüllt seien. Die geplante 380 kV-Leitung Pradella-Martina liege weder im nationalen noch im regionalen Interesse. Sie diene einzig kommerziellen Interessen der BGE 115 Ib 311 S. 318 Elektrizitätsgesellschaften, namentlich dem Interesse an Energieexport und dem hieraus zu erzielenden Gewinn sowie dem Interesse der Durchleitung von Energie von Österreich nach Italien. Diese Einwendungen erweisen sich als unbegründet. Die Schweiz ist Mitglied des Westeuropäischen Stromverbundes, der Union für die Koordinierung der Erzeugung und des Transportes elektrischer Energie (UCPTE). In dem bei den Akten liegenden Plan des europäischen Verbundnetzes vom Jahre 1982 ist die Leitung Pradella-Martina mit Fortsetzung in Österreich nach Kaunertal-Westtirol als geplante Leitung in Übereinstimmung mit dem bereits im Jahre 1976 vorgesehenen Verbundnetz enthalten (s. hiezu ERNEST SEYLAZ, Die schweizerische Elektrizitätswirtschaft und der Austausch elektrischer Energie mit den Nachbarländern, Verband Schweizerischer Elektrizitätswerke [VSE], Zürich, November 1978). Das EVED verweist auf das vom 13. September 1985 datierte Gutachten der Eidgenössischen Kommission für elektrische Anlagen, das betont, dass der Stromverbund und damit das gute Funktionieren des Energieverkehrs mit dem Ausland für die Schweiz zur lückenlosen Deckung des Stromverbrauchs zu jeder Jahreszeit von Bedeutung, sogar notwendig ist. Die Hauptvorteile des Verbundbetriebes und damit des Energieaustausches liegen in der erhöhten Versorgungssicherheit aller dem Verbundnetz angeschlossenen Staaten durch die gegenseitige Unterstützung z.B. beim Ausfall einzelner Produktionseinheiten und in der Möglichkeit der Ausnützung der wirtschaftlichsten Energiequelle. Die Versorgungssicherheit dient der Bedarfsdeckung auch in Spitzenlastzeiten, wie sie namentlich im Winter auftreten können. Auch wenn es den schweizerischen Elektrizitätsgesellschaften möglich ist, selbst im Winter Energie in die Nachbarländer zu exportieren, so heisst dies nicht, dass in einzelnen Monaten wegen ungünstiger hydraulischer Produktionsverhältnisse nicht eine Lage eintreten kann, welche die Einfuhr von Elektrizität erfordert. Der vom Bundesamt für Energiewirtschaft herausgegebenen Schweizerischen Elektrizitätsstatistik 1985 kann entnommen werden, dass die Landesproduktion in zwei Wintern (1978/79 und 1983/84) nicht ausreichte, um den Verbrauch zu decken. Dank Stromimporten konnte die kritische Versorgungslage überbrückt werden (S. 32 der Statistik). An der Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung besteht ein nationales Interesse. Es kommt ihm erhebliche Bedeutung auch mit Rücksicht auf die Unsicherheit in bezug auf die künftige Energieerzeugung BGE 115 Ib 311 S. 319 in Atomkraftwerken zu. Auch kann ein Atomkraftwerk während gewisser Zeit ausfallen, was zur Überbrückung ebenfalls einen Energieimport erfordern kann. Versorgungssicherheit bedingt, dass vorsorglich die entsprechenden Einrichtungen geschaffen werden; diese können im Falle eines Engpasses nicht improvisiert werden. b) Die Beschwerdeführer halten allerdings dafür, zur Sicherstellung eines allenfalls nötigen Energieimportes sei die Errichtung der geplanten Übertragungsleitung Pradella-Martina-Österreich nicht erforderlich; nach ihrer Meinung genügen die bereits bestehenden Anschlüsse an das Ausland. Doch bestreiten die Beschwerdeführer nicht, dass mit Österreich nur eine 220 kV-Leitung von Winkeln nach Dornbirn besteht. Diese vermag jedoch die Schaffung eines zusätzlichen leistungsfähigen Anschlusses nach Österreich nicht zu ersetzen, wie dies der Bundesrat bei der Beantwortung eines Postulates Affolter feststellte (Amtl.Bull. NR, 24. Juni 1982, S. 956 f.). Der Bundesrat legte in seiner Antwort dar, dass die genannte 220 kV-Leitung bei weitem nicht in der Lage wäre, die nötige Reserveleistung zu übertragen. Vorarlberg selbst sei erst seit einigen Jahren über eine 220 kV-Leitung mit dem übrigen Österreich direkt verbunden. Diese diene voll der Landesversorgung. Aus der Antwort ergibt sich ferner, dass das europäische Verbundnetz auf der 380 kV-Ebene zusammengeschlossen werden soll. Da von Pradella aus in die Hauptverteilzentren der Schweiz fast durchgehend 380 kV-Leitungen bestünden oder sich im Bau befänden, sei es offensichtlich, dass durch die kurze Verbindung von Pradella an die Landesgrenze bei Martina die Versorgungssicherheit der Schweiz erhöht würde. Die zuletzt genannten Ausführungen des Bundesrates weisen auch auf die bestehenden regionalen Versorgungsinteressen hin. Heute besteht nur ein 380 kV-Leitungsstrang von Pradella über den Albulapass nach der Verteilstation Sils im Domleschg. Dieser eine Leitungsstrang für die Abfuhr der Energieerzeugung aus dem leistungsfähigen Werk Pradella ist als ungenügend zu bezeichnen. Die Albulaleitung wurde im April 1986 wegen Lawinen beschädigt und blieb während sechs Wochen ausser Betrieb, was zur Folge hatte, dass grosse Energieverluste mit den damit verbundenen finanziellen Folgen in Kauf genommen werden mussten. Das EVED weist in seiner Vernehmlassung zutreffend darauf hin, dass kein anderes schweizerisches Speicherwerk von der gleichen Grösse und Bedeutung wie dasjenige der EKW-Zentrale Pradella nur BGE 115 Ib 311 S. 320 auf einen einzigen Transportweg abgestützt sei; ein wesentlicher Grund der geplanten Leitung bestehe daher in der Schaffung eines zweiten unabhängigen Transportweges der gleichen Spannungsebene. Auch wenn dieser ins Ausland führt, ändert dies am regionalen Interesse an der Vermeidung des Ausfalles der Energieerzeugung wegen Beschädigung einer Transportleitung nichts. Es geht somit nicht allein um den allgemeinen internationalen Stromverbund, sondern auch um die Ableitung der im Unterengadin produzierten Energie. Das Werk Pradella soll nicht nur von der einzigen Leitung über den Albulapass abhängig sein. c) Bei der dargelegten Sachlage ist das öffentliche Interesse als Voraussetzung der Enteignung eindeutig gegeben. Die Einwendungen der Beschwerdeführer vermögen nicht zu widerlegen, dass die Schweiz an einer Verstärkung der Verbindung mit Österreich ein berechtigtes Interesse besitzt; hinzu kommt - wie ausgeführt - das regionale Interesse an einer zweiten Abflussleitung für die Abfuhr der Energieerzeugung aus dem Werk Pradella, welche Energieausfälle wegen Beschädigung einer Transportleitung vermeiden helfen soll. Das ebenfalls gegebene Interesse der am europäischen Verbundnetz beteiligten Nachbarstaaten vermag das nationale öffentliche Interesse nicht auszuschliessen; es verstärkt dieses vielmehr, da sich das europäische Interesse am Betrieb eines leistungsfähigen Verbundnetzes mit dem Interesse der Schweiz an der Sicherstellung der Energieversorgung deckt. Dabei besteht keine greifbare, überzeugende Alternative für den Anschluss an das österreichische Hochspannungsnetz, was nach den von allen Beteiligten gemachten Angaben, auf die das Bundesgericht abstellen muss, für den gesamten Bereich der gemeinsamen Landesgrenze gilt. Selbst wenn - was momentan wahrscheinlich ist - die Verbindungsleitung Tirol-Dugale nicht zustandekommt, folgt daraus entgegen der Befürchtung der Beschwerdeführer nicht, dass der gesamte Stromaustausch zwischen Österreich und Italien einzig durch das Unterengadin erfolgt und damit die vorgesehene Leitung für das Verbundnetz nur diesen beiden Ländern dient: Eine zusätzliche Verbindung zwischen Österreich und Italien besteht über jugoslawisches Gebiet. Und auch wenn der genannte Transfer durch die Schweiz stattfindet, heisst das nicht, dass kein schweizerisches Interesse an der Leitung bestehe, ermöglicht doch diese - wie ausgeführt - einen Energieaustausch, wodurch die Versorgungssicherheit sämtlicher dem Westeuropäischen Stromverbund angeschlossenen Staaten, also auch der Schweiz, erhöht BGE 115 Ib 311 S. 321 wird. Ein solches Verbundnetz kann allerdings nur in internationaler Solidarität funktionieren. Nach dem Gesagten drängt sich der zweite, als zusätzliche Abflussleitung vorgesehene 380 kV-Strang unabhängig von einem Anschluss an das europäische Verbundnetz auf. Es versteht sich von selbst, dass diese zweite Abflussleitung aus Sicherheitsgründen nicht mit der bisherigen Abflussleitung ebenfalls über den Albulapass führen kann. Andererseits bedeutete eine zusätzliche Leitung über den Berninapass auch nach Auffassung der beschwerdeführenden Vereinigungen einen noch grösseren Eingriff in die Natur bzw. Landschaft als die Variante durch das Unterengadin, weshalb für sie ein Ausbau der bestehenden Leitung über den Berninapass nicht zur Diskussion stehen kann. Dasselbe gilt mit Bezug auf den Flüelapass, weshalb auch er keine Alternative darstellt, die sich für die zweite Abflussleitung ab Pradella besser eignen würde als der Weg durch das Unterengadin. Welcher andere Weg für diese Abflussleitung in Frage kommen könnte, ist nicht ersichtlich. d) Somit stellt sich als nächstes die Frage, ob im Sinne von Art. 50 Abs. 2 ElG eine Änderung des Trasses von Pradella bis Martina zum Anschlusspunkt an das österreichische Leitungsnetz in Frage kommen kann. Es müsste sich um eine Änderung handeln, die zu einem geringeren Eingriff in die Landschaft führen würde und die ausserdem ohne erhebliche technische Inkonvenienzen oder unverhältnismässige Mehrkosten realisiert werden könnte. Aus den Akten ergibt sich, dass die Vorinstanzen in Zusammenarbeit mit der ENHK mehrere Varianten geprüft haben. Die bundesgerichtliche Delegation hat am Augenschein die Variantenfrage nochmals aufgeworfen und sich ihrerseits davon überzeugt, dass an sich denkbare Leitungsführungen durch das Uinatal oder das Val S-Charl die Betriebssicherheit nicht zu gewährleisten vermöchten und ohnehin zu weit schwerwiegenderen Eingriffen in die Landschaft führen würden. Die Vertreter der beschwerdeführenden Vereinigungen haben dies bestätigt. Sie haben anerkannt, dass die von den Vorinstanzen genehmigte Leitungsführung das beste Trasse darstellt, wenn die Leitung gebaut werden muss und nicht verkabelt werden kann. Auf die Frage allfälliger Varianten ist demnach nicht weiter einzugehen. BGE 115 Ib 311 S. 322 e) Das Ausmass der Landbeanspruchung für die Errichtung der insgesamt 47 Tragmasten sowie für die Überspannung des Areales, bei dem es sich fast ausschliesslich um Waldflächen handelt, hält sich sodann an das unumgänglich erforderliche Mindestmass. Auch dies wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Gegen die Standorte der Masten haben sie ebenfalls nichts einzuwenden. Die Standorte sind - wie der Augenschein bestätigt hat - entsprechend den Auflagen der Bewilligungsbehörden sorgfältig ausgewählt worden, wobei sie ausserdem in dunkler Farbe gestaltet werden, um den Eingriff in das Landschaftsbild zu mildern. Dass ein Eingriff in die Landschaft verursacht wird, lässt sich allerdings nicht in Abrede stellen, auch wenn - was zwar zu begrüssen ist - die erforderlichen Leitungsmasten ausserhalb des Schutzobjektes Piz Arina erstellt werden sollen. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung eines Schutzobjektes von nationaler Bedeutung kommt es nicht in erster Linie darauf an, wo eine Anlage errichtet werden soll; vielmehr müssen die Auswirkungen dieser Anlage auf das Schutzziel an sich gewürdigt werden. Auch wenn der Leitungsverlauf unmittelbar ausserhalb der Grenze des Schutzgebietes verläuft, so ändert dies nichts daran, dass der Bereich der geschützten Flusslandschaft unterhalb Ramosch im Abschnitt der Masten Nrn. 16-33 bei Raschvella durch diese selber und durch die Leitungsführung beeinträchtigt wird. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass dank des Verlaufes der Leitung ausserhalb der Schutzgebietsgrenze Art. 6 NHG nicht zum Zuge käme, kann daher nicht gefolgt werden. Ein Schutzobjekt kann klarerweise auch durch Anlagen, die an seiner Grenze realisiert werden, erheblichen Schaden erleiden (vgl. BGE 112 Ib 297 E. 8c und BGE 108 Ib 368 E. 6a), wenn diese Anlagen - wie hier - den bis anhin freien Blick auf das geschützte Gebiet und dessen Unberührtheit beeinträchtigen. Doch schliessen die Vorschriften, welche den Schutz der Landschaft verlangen, die Erfüllung einer Bundesaufgabe auch dann nicht aus, wenn diese Aufgabe zu einer gewissen Beeinträchtigung der Landschaft führt. Verlangt wird vor allem eine umfassende Interessenabwägung zwischen mehreren unter sich im Widerstreit liegenden schutzwürdigen öffentlichen Interessen ( BGE 100 Ib 409 E. 2). Das anerkannt hohe Interesse am Schutz einer Landschaft von nationaler Bedeutung, wie sie der Flusslauf des Inns zwischen Sur En und Strada darstellt, ist nur dann ungeschmälert zu erhalten, BGE 115 Ib 311 S. 323 wenn ihr nicht bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen ( Art. 6 Abs. 2 NHG ; s. die in diesem Zusammenhang bereits genannten BGE 114 Ib 84 ff. E. 2 und BGE 113 Ib 348 ff. E. 4c und 5). Die dargestellten Interessen der Energieversorgung stellen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer solche dem Landschaftsschutz jedenfalls gleichgeordnete Interessen dar. Im übrigen wäre das blosse Wegfallen des für das europäische Verbundnetz nötigen 380 kV-Stranges hinsichtlich Beeinträchtigung von Natur bzw. Landschaft praktisch unerheblich, denn bei Realisierung einzig der sich aus Sicherheitsgründen aufdrängenden zweiten Abflussleitung ab Pradella, für deren Trasse aus den dargelegten Gründen nur das Unterengadin in Frage kommen kann, liesse sich die vom nötigen Waldabstand abhängige Typen- bzw. Gesamthöhe der erforderlichen Masten lediglich geringfügig reduzieren. Einzig eine Verkabelung bedeutete einen echten Gewinn für Natur und Landschaft. f) Demnach verbleibt die Frage zu prüfen, ob anstelle der oberirdischen Leitungsführung eine Verkabelung in Erwägung gezogen werden kann, wie dies die Beschwerdeführer fordern. Da sie anerkennen, dass eine abweichende Leitungsführung oder eine andere Gestaltung der Masten nicht in Betracht kommt, könnte der Eingriff in das Landschaftsbild einzig mit einer unterirdischen Leitungsführung vermieden werden. Die als Bauherrschaft auftretende einfache Gesellschaft, vertreten durch die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg AG, hat sich mit der Frage der Verkabelung eingehend befasst. Sie liess von der Câbles Cortaillod SA eine Studie für die Erstellung eines Kabeldruckstollens anfertigen. Aufgrund dieser Studie gelangte sie zum Ergebnis, dass die Gesamtkosten der Kabelanlage sich auf über Fr. 232 Mio. belaufen würden. Gemäss der Auffassung der Fachleute der Bundesbehörden, die auch an der Augenscheinsverhandlung bestätigt wurde, ist diese Kostenberechnung nicht zu beanstanden, vielleicht sogar zu niedrig. Die Beschwerdeführer ziehen sie demgegenüber in Zweifel und halten dafür, anstelle einer Ausführung mit einem Öldruckkabel in Niederdruckausführung und einem Gas-Aussendruck-Kabel könne eine neue Methode mit einem luftgekühlten Polyurethankabel gewählt werden. Sie beantragen, hierüber sei eine Expertise zu veranlassen. Das Bundesgericht hat sich bereits wiederholt mit der Frage der Verkabelung von Starkstromleitungen befasst. In BGE 100 Ib 404 ff. BGE 115 Ib 311 S. 324 hatte es eine geplante 50 kV-Leitung zu beurteilen. Aufgrund einer Expertise zog es in dieser im Jahre 1974 entschiedenen Sache die Schlussfolgerung, es müsse mindestens für 50 kV-Leitungen und noch höher gespannte Leitungen bei der Rechtsprechung gemäss BGE 99 Ib 70 bleiben, wonach sich aus dem NHG nur bei besonders schützenswerten Objekten aus dem Bundesrecht eine Verkabelungspflicht ergeben könne, und auch dann seien alle Umstände des Einzelfalles mit in Betracht zu ziehen ( BGE 100 Ib 417 E. 4b). Im vorliegenden Falle geht es - wie dargelegt - um ein besonders schützenswertes Objekt, um das Schutzgebiet Piz Arina, dessen geschützte Flusslandschaft des Inn durch die zu errichtende zweistrangige 380 kV-Leitung beeinträchtigt wird. Doch sind auch hier alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und in die geforderte umfassende Interessenabwägung einzubeziehen. Als erstes ist bei dieser umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Falle um eine hochgespannte 380 kV-Leitung geht, welche mit einem Strang Teil des europäischen Verbundnetzes bildet und für welche bereits aus diesem Grunde eine hohe Betriebssicherheit gefordert ist. Eine solche Leitung hatte das Bundesgericht in einem Entscheid vom 1. Oktober 1984 zu beurteilen (Umbau des letzten Abschnittes der Hochspannungsleitung Rothenbrunnen bis St. Gallen Ost der Kraftwerke Sernf-Niederenbach AG). Zu der auch in diesem Falle geforderten Verkabelung, für welche sich die Beschwerdeführer auf die neue Verkabelungstechnik beriefen, führte das Bundesgericht aus, dass sich diese Technik gemäss einem Bericht des Instituts für elektrische Energieübertragung und Hochspannungstechnik der ETH-Zürich noch in Entwicklung befinde und dass sich keine technischen Vorteile gegenüber den heutigen Methoden ergeben würden. Das EVED habe überdies zu Recht auf die bekannten Schwierigkeiten und Nachteile einer Verkabelung hingewiesen; es könne hiefür auf die zutreffenden Ausführungen in BGE 100 Ib 408 ff. verwiesen werden, die keineswegs überholt seien (BGE vom 1. Oktober 1984 in ZBl 86/1985 S. 117 E. 7). Es ist nicht auszuschliessen, dass sich angesichts der zum Teil rasanten Entwicklung der Technik in wenigen Jahren auch neue Erkenntnisse in bezug auf die Verkabelung von Hochspannungsleitungen ergeben können. Die bundesgerichtliche Delegation hat daher an der Augenscheinsverhandlung die Fachleute der Bundesbehörden, insbesondere den Vertreter des Starkstrominspektorates, BGE 115 Ib 311 S. 325 um eingehende Auskunft über die Verkabelungstechnik ersucht. Aus der Antwort des Vertreters des Starkstrominspektorates ergab sich, dass bis jetzt im europäischen Verbundnetz kein einziger Abschnitt einer 380 kV-Leitung verkabelt ist. Im vorliegenden Falle ergäben sich grösste technische Probleme. Alle 450 m müssten Verbindungsmuffen erstellt werden, wozu Muffenkammern von je 11 m Länge erforderlich wären. Die Erstellung solcher Muffen müsste mit äusserster Präzision erfolgen, weil kein Stäubchen eindringen dürfte, um Kurzschlüsse zu vermeiden; hunderte solcher Muffen wären erforderlich. Wollte man die Kabel in den Wasserstollen verlegen, welcher für die dritte Staustufe des Innkraftwerkes erstellt werde, so müsste eine spezielle Kammer für die Kabelrohre angebracht werden. Als Kabel wären insgesamt 12 Stahlrohre nötig, die ungeheure Korrosionsprobleme mit sich brächten. Vom Austritt aus dem Wasserstollen bis zum Anschluss an das österreichische Netz müsste sodann eine Höhendifferenz von 670 m überwunden werden, wozu Hochdruckölkabel nötig wären. Der Vertreter des Starkstrominspektorates ist der Meinung, dass sich die Schwierigkeiten und Risiken, die eintreten würden, nicht verantworten liessen. Im Falle einer Störung an einer einzigen Muffe müsste mit einem einmonatigen Ausfall des Kraftwerkes wegen der im Stollen vorzunehmenden Reparaturarbeiten gerechnet werden. Die Berichte über neue Verkabelungsmethoden bezeichnete der Vertreter des Starkstrominspektorates als unseriös. Walter Zaengl, Professor für Hochspannungstechnik an der ETH-Zürich, habe erklärt, die Technik luftgekühlter Polyurethankabel müsse noch während Jahren geprüft werden, bevor feststehe, ob und wie sie verwendbar sei; und selbst wenn ein solches Kabel verwendbar wäre, so brächte es gegenüber den heutigen Möglichkeiten keine Vorteile. Aus diesen fachmännischen Ausführungen ergibt sich, dass seit dem genannten Bundesgerichtsentscheid vom 1. Oktober 1984 keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der von den Beschwerdeführern genannten Methode eingetreten sind. Die Anordnung einer Expertise erübrigt sich unter diesen Umständen. Gemäss den Aussagen der Fachleute ist nicht auszuschliessen, dass völlig neue Techniken in bezug auf die Leitfähigkeit entwickelt werden können. Von praktischen Anwendungsmöglichkeiten kann hingegen noch lange nicht gesprochen werden. BGE 115 Ib 311 S. 326 g) Beim aufgezeigten Stand der Technik stünden der Verkabelung erhebliche technische Inkonvenienzen im Sinne von Art. 50 Abs. 2 ElG entgegen. Auch die über zehnfachen Mehrkosten müssten als unverhältnismässig bezeichnet werden. Zwar kann der Kostenfolge in einem Falle, in dem es um den Schutz eines Objektes von nationaler Bedeutung geht, für sich allein nicht entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Doch zeigen die fachmännischen Ausführungen, dass nicht nur mit erheblichen Mehrkosten gerechnet werden müsste, sondern dass auch überaus schwerwiegende Risiken eintreten würden, welche nicht zu verantworten wären. Die Beschwerdeführer weisen zwar mit Recht darauf hin, dass auch die Hochspannungsleitung dem Risiko der Beschädigung durch Lawinen ausgesetzt sei. Die Vertreter der Elektrizitätsgesellschaften stellen dies nicht in Abrede. Auch bestätigen die Erfahrungen mit der Albulaleitung die Möglichkeit eines Ausfalles wegen einer Beschädigung durch Lawinen. Die Vertreter der Beschwerdeführer haben überzeugend dargetan, dass Lawinenniedergängen in den Seitentälern, welche von der Leitung überspannt werden, grösste Gewalt zukommen kann. Es ist mit Baumwürfen bis zu 50 m Höhe zu rechnen, was zu einem Bruch der Leitungen führt. Doch wird die damit verbundene Gefahr der Auslösung eines Waldbrandes als gering bezeichnet. Auch weisen die Vertreter der Elektrizitätsgesellschaften darauf hin, dass Reparaturen oberirdischer Leitungen leichter und mit weniger grossem Aufwand möglich sind, als dies für die Reparaturen im Falle einer Störung der unterirdischen Kabel der Fall wäre. Aufgrund der Erfahrung, namentlich der Tatsache, dass nirgends Abschnitte einer 380 kV-Leitung des europäischen Verbundnetzes verkabelt sind, erscheinen diese Folgerungen als schlüssig. h) Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass eine Verkabelung der vorgesehenen zweistrangigen 380 kV-Leitung und selbst bei nur einem Strang nur dessen Verkabelung gestützt auf Art. 50 Abs. 2 ElG nicht verlangt werden kann und dass demgemäss zufolge des ausgewiesenermassen hohen öffentlichen Interesses an der Erstellung dieser Leitung von der ungeschmälerten Erhaltung des Schutzgebietes Piz Arina abgewichen werden darf. Die ausserhalb der Schutzgebietsgrenze verlaufende Leitung ist so angelegt, dass das Schutzobjekt an sich und die Unterengadiner Landschaft im allgemeinen zwar - wie ausgeführt - nicht unbeeinträchtigt bleiben, aber dennoch grösstmöglich geschont werden. BGE 115 Ib 311 S. 327 Den Anforderungen der Art. 3 und 6 NHG sowie Art. 9 EntG wird im dargelegten Sinne entsprochen, was der Augenschein bestätigt hat. Hieraus ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerden als unbegründet zu bezeichnen und demgemäss abzuweisen sind. Nicht im vorliegenden Verfahren ist zu prüfen, wie es sich mit der Linienführung und einer allfälligen Verkabelung der zu errichtenden 110 kV-Anschlussleitung der Zentrale Martina an die 380 kV-Leitung verhält.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
b49608dc-7db6-46ba-9a4c-64e7103f44f8
Urteilskopf 82 IV 175 37. Urteil des Kassationshofes vom 6. Juli 1956 i.S. Schumacher gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 272 Abs. 1 BStP . Anforderungen an die Erklärung der Nichtigkeitsbeschwerde.
Erwägungen ab Seite 175 BGE 82 IV 175 S. 175 Erwägungen: Das ordentliche eidgenössische Rechtsmittel gegen kantonale Urteile in Bundesstrafsachen ist die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts gemäss Art. 268 ff. BStP . Sie muss nach Art. 272 Abs. 1 und 2 BStP binnen zehn Tagen seit der nach kantonalem Recht massgebenden Eröffnung des angefochtenen Entscheides erklärt und binnen zwanzig Tagen seit Empfang der vollständigen Urteilsausfertigung begründet werden. Die Beschwerdeerklärung hat u.a. den Zweck, die kantonale Behörde zu veranlassen, dem Beschwerdeführer ohne Verzug von Amtes wegen eine schriftliche Ausfertigung des Entscheides zuzustellen, wenn es nicht schon von kantonalen Rechtes wegen geschehen ist (Art. 272 Abs. 1 a.E. BStP). Damit die kantonale Behörde weiss, ob sie so vorzugehen und nach Ablauf der Frist des Art. 272 Abs. 2 BStP die kantonalen Akten samt dem angefochtenen Entscheid, den Beschwerdeschriften und den Gegenbemerkungen dem Präsidenten des Kassationshofes einzusenden habe ( Art. 274 Abs. 1 BStP ), muss eine als Beschwerdeerklärung im Sinne des Art. 272 Abs. 1 BStP gedachte Eingabe ausdrücklich als solche bezeichnet oder darin wenigstens unzweideutig der Wille ausgedrückt sein, an BGE 82 IV 175 S. 176 das Bundesgericht oder doch an eine eidgenössische Gerichtsinstanz zu gelangen (nicht veröffentlichter Entscheid des Kassationshofes vom 9. Juni 1954 i.S. Fischer mit Zitaten und zahlreiche seitherige Entscheidungen, zuletzt vom 21. März 1956 i.S. Erb). Diesen Anforderungen entspricht die innert der Frist des Art. 272 Abs. 1 BStP eingereichte Eingabe des Beschwerdeführers vom 4. Juni 1956 nicht. Sie ist nicht als Nichtigkeitsbeschwerde, sondern als "Rekurs" bezeichnet, an den "Untersuchungsrichter von Burgdorf zu Handen der Anklagekammer des Obergerichtes des Kantons Bern" gerichtet und enthält nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass damit nicht diese, sondern eine eidgenössische Gerichtsinstanz, zumal das Bundesgericht, angerufen werden will. Selbst die in der Eingabe vorgebrachten Rügen weisen nicht auf die Anrufung des Bundesgerichtes hin; denn sie laufen ausschliesslich auf eine Beanstandung des kantonalen Verfahrens hinaus. Dieses richtet sich jedoch auch in Bundesstrafsachen nach kantonalem Recht ( Art. 247 Abs. 3 BStP , Art. 365 Abs. 1 StGB ), dessen Anwendung der Kassationshof des Bundesgerichts nicht nachzuprüfen hat ( Art. 269 Abs. 1 BStP ). Kann die Eingabe vom 4. Juni 1956 demnach nicht als Erklärung der Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne des Art.272 Abs. 1 BStP gelten, so ist sie zu Unrecht dem Präsidenten des Kassationshofes eingesandt worden und infolgedessen wieder jener kantonalen Behörde zuzustellen, an die sie gerichtet ist.
null
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
b496992d-86c1-4df9-b43f-bd97a2b07c8d
Urteilskopf 96 I 718 109. Auszug aus dem Urteil vom 25. November 1970 i.S. Grossert und Gemeinde Regensdorf gegen Jagdgesellschaft Niederhasli-Niederglatt, Gemeinde Niederhasli und Finanzdirektion des Kantons Zürich.
Regeste Verweigerung des rechtlichen Gehörs, Gemeindeautonomie, Eigentumsgarantie. Gehörsverweigerung: Inwieweit ist eine Behörde unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV verpflichtet, eine Verfügung zu begründen? (Erw. I/5). Gemeindeautonomie: Das Kriterium der "relativ erheblichen Entscheidungsfreiheit" gilt sinngemäss auch beim Entscheid darüber,ob der Gemeinde im konkreten Fall ein Anspruch auf autonome Rechtsanwendung zusteht. Das den zürcherischen Gemeinden nach dem kantonalen Jagdgesetz vorbehaltene Recht zur freien Gestaltung ihres Jagdreviers steht grundsätzlich unter dem Schutz der Gemeindeautonomie. Dieser Schutz reicht indessen nur soweit, als dieses Recht nicht durch die Vorschriften des Jagdgesetzes (z.B. § 2bis JG) selbst eingeschränkt wird (Erw. II). Eigentumsgarantie: Die Rechte des Jagdpächters aus dem öffentlichrechtlichen Jagdpachtvertrag stellen wohlerworbene Rechte dar und stehen unter dem Schutz der Eigentumsgarantie (Erw. IV/2).
Sachverhalt ab Seite 719 BGE 96 I 718 S. 719 A.- Das zürcherische Gesetz über Jagd- und Vogelschutz BGE 96 I 718 S. 720 vom 12. Mai 1929/1. Februar 1953/3. Oktober 1965 (JG) enthält u.a. folgende Bestimmungen: § 1 1 Das Jagdregal steht dem Kanton zu. 2 Die Verleihung der Jagdberechtigung erfolgt durch die politischen Gemeinden nach den Grundsätzen der Revierpacht. § 2 1 Das Gebiet jeder politischen Gemeinde bildet in der Regel ein Jagdrevier. 2 Den Gemeinden ist gestattet, ihr Gebiet in mehrere Reviere einzuteilen oder mit dem Gebiete benachbarter Gemeinden ganz oder teilweise zusammenzulegen oder einzelne Teile zur Abrundung der Reviere mit solchen benachbarter Gemeinden auszutauschen. Die Einteilung in Reviere mit weniger als 500 Hektaren Flächeninhalt ist nur ausnahmsweise und nur mit Bewilligung der Finanzdirektion zulässig. § 2bis 1 Verlangt eine Jagdgesellschaft oder eine Reviergemeinde eine Grenzbereinigung zur Erzielung jagdtechnisch befriedigender Reviergrenzen, sind die Pächter der beteiligten Reviere und die Gemeinden verpflichtet, auf Verhandlungen einzutreten. Kommt eine freiwillige Vereinbarung innert sechs Monaten nicht zustande, entscheidet die Finanzdirektion endgültig. 2 Die Finanzdirektion legt das Verfahren und die Bedingungen für Grenzbereinigungen und Gebietsaustausche fest. Die Jagdreviere werden von den Gemeinden auf acht Jahre verpachtet (§ 6 Abs. 1 JG). Die Verpachtung geschieht auf dem Wege der öffentlichen Versteigerung aufgrund einheitlicher, von der Finanzdirektion festzusetzender Bedingungen (§ 7 Abs. 1 JG). Die Weiterverpachtung eines Reviers oder einzelner Teile desselben ist untersagt; dagegen kann der Jagdpächter für die Dauer der Pacht einzelne Revierteile mit Zustimmung des Gemeinderats an benachbarte Pächter abtreten (§ 12 JG). B.- Die Gebiete der beiden benachbarten Gemeinden Niederhasli und Regensdorf bilden je ein Jagdrevier im Sinne von § 2 JG. Die Grenze zwischen den beiden Gemeindegebieten verläuft quer durch den nördlich von Regensdorf gelegenen Wald. Während 32 Jahren bestand zwischen den Pächtern der Jagdreviere Regensdorf und Niederhasli eine Vereinbarung im Sinne von § 12 JG, welche zuletzt für die Pachtperiode vom 1. April 1961 bis 31. März 1969 erneuert wurde. Danach wurde dem Jagdrevier Niederhasli ein Teil des Jagdreviers Regensdorf, BGE 96 I 718 S. 721 nämlich das östlich der Strasse Watt-Mettmenhasli und nördlich der Strasse Watt-Chatzenrüti liegende Gebiet "Watt-Oberdorf-Ost" (Gebiet A) zugeschlagen, während in das Jagdrevier Regensdorf jenes Gebiet der Gemeinde Niederhasli einbezogen wurde, das westlich der Strasse Watt-Mettmenhasli und südöstlich des Strässchens Mettmenhasli-Steinacher-Nassenwil-Punkt 484 der Strasse Adlikon-Dielsdorf liegt (sog. "Steinacherteil", Gebiet B). Pedro Grossert schloss am 15. März 1969 mit dem Gemeinderat von Regensdorf einen Pachtvertrag für die Zeit vom 1. April 1969 bis 31. März 1977 ab. Schon vor der Versteigerung hatte der Gemeinderat auf Anregung von Grossert beschlossen, die Vereinbarung über den Abtausch von Teilen des Jagdreviers mit der Jagdgesellschaft Niederhasli-Niederglatt nicht mehr zu erneuern. Die Grenzen des Jagdreviers wurden demzufolge wie folgt umschrieben: "Ganzes Gebiet der politischen Gemeinde Regensdorf mit Ausnahme eines ca. 28 ha messenden Gebiets, das zum Wildschutzgebiet der Stadt Zürich abgetreten wurde". Die Gemeinde Niederhasli schloss am 10. März 1969 mit dem bisherigen Jagdpächter, der Jagdgesellschaft Niederhasli-Niederglatt, einen neuen Pachtvertrag ab, wobei als Jagdrevier das ganze Gemeindegebiet abzüglich ein Areal nordwestlich der Strasse "von der Furtbachbrücke zwischen Kastelhof und Nassenwil bis zur Wehntalerstrasse im Schwenkelberg" bezeichnet wurde. C.- Am 28. März 1969 ersuchte der Bevollmächtigte der Jagdgesellschaft Niederhasli-Niederglatt den Pächter des Jagdreviers Regensdorf, den in den vier vorangegangenen Jagdperioden vereinbarten Grenzverlauf erneut anzuerkennen. Grossert lehnte dieses Begehren im Einvernehmen mit dem Gemeinderat Regensdorf ab. Da die direkten Verhandlungen zu keiner Einigung führten, verlangte der Gemeinderat von Niederhasli mit Eingabe vom 3. Juli 1969 gestützt auf § 2bis JG den Entscheid der Finanzdirektion. Diese führte am 24. September 1969 mit den Vertretern der beiden beteiligten Gemeinden und den beiden Jagdpächtern eine Aussprache durch und entschied hierauf am 1. Oktober 1969 wie folgt: "I. Als Jagdgrenze zwischen den Jagdrevieren Nr. 247, Niederhasli, und Nr. 253, Regensdorf, wird der Strassenzug von der Gemeindegrenze Regensdorf - Niederhasli nach Mas - Nassenwil - über Pkt. 434 nach Steinacher - Mettmenhasli - Oberdorf BGE 96 I 718 S. 722 - Watt - Pkt. 452 und über Pkt. 451 zur Gemeindegrenze Rümlang auf Grund der Landeskarte der Schweiz 1:25'000 bestimmt. II. Die zugeteilten Gebiete sind der abtretenden Gemeinde nach dem Prinzip des höheren Pachtzinses zu entschädigen. Die Wildschadenverhütungs-Massnahmen nach § 45bis des Gesetzes über Jagd und Vogelschutz vom 12. Mai 1929 sind grundsätzlich nach den höheren Ansätzen der beiden Gemeinden zu regeln". Der Entscheid enthält keine Begründung. In der Verfügung wird lediglich darauf hingewiesen, dass sich die Finanzdirektion auf § 2bis JG sowie auf eine Empfehlung der kantonalen Jagdkommission vom 22. August 1969 stützte. D.- Gegen diese Verfügung führen sowohl der Jagdpächter Grossert als auch die Gemeinde Regensdorf staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie bzw. der Gemeindeautonomie. Die Beschwerdeanträge und ihre Begründung ergeben sich aus den nachfolgenden Erwägungen. E.- Die Finanzdirektion des Kantons Zürich, die Jagdgesellschaft Niederhasli-Niederglatt und die Gemeinde Niederhasli beantragen in ihren Vernehmlassungen, die beiden Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. F.- Der Instruktionsrichter verfügte am 11. Februar 1970 die Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren und ordnete einen weiteren Schriftenwechsel an. Darin hielten sowohl die Beschwerdeführer als auch die Beschwerdegegner an ihren Anträgen fest; die Finanzdirektion beantragte ausserdem, es sei durch eine Expertise abklären zu lassen, ob die beiden Jagdreviere durch die angefochtene Verfügung sachgemäss abgegrenzt worden seien. Der Instruktionsrichter entsprach diesem Begehren und zog als Sachverständige Fürsprecher Dr. Wilhelm Gressly, Solothurn, Präsident des solothurnischen Jagdschutzverbandes, und Hans Rudolf Weber, Wildhüter der Stadt Zürich, bei. Wildhüter Weber wurde insbesondere beauftragt, das umstrittene Gebiet zu beobachten und sich Aufzeichnungen über den Wildbestand zu verschaffen. G.- Eine Instruktionskommission des Bundesgerichts führte am 7. Oktober 1970 einen Augenschein mit Instruktionsverhandlung durch, an welchem auch die beigezogenen Experten teilnahmen und ihre Gutachten erstatteten. Für das Ergebnis BGE 96 I 718 S. 723 des Augenscheins wird auf die nachfolgenden Erwägungen verwiesen. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, und zwar u.a. aufgrund folgender Erwägungen Erwägungen: I.5. Verweigerung des rechtlichen Gehörs I.5.- Ob eine kantonale Behörde ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen hat, ist vorab eine Frage des kantonalen Rechts (vgl. M. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 615 S. 632). Das zürcherische Verwaltungsrechtspflegegesetz sieht in § 10 - im Gegensatz zu den entsprechenden Erlassen einer Anzahl anderer Kantone - keine Begründungspflicht vor. Die zürcherische Rechtsprechung nimmt an, eine derartige Pflicht bestehe nur insoweit, als sie im positiven Recht vorgesehen sei (Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts vom 13. Juli 1961, Rechenschaftsbericht 1961, Nr.11). Dass die angefochtene Verfügung keine Begründung enthält, steht demnach nicht im Widerspruch zu einer Bestimmung des kantonalen Rechts. Zu prüfen bleibt somit bloss, ob sich eine Begründungspflicht selbst dann unmittelbar aus Art. 4 BV ableiten lässt, wenn das kantonale Recht sie nicht ausdrücklich vorsieht. Wohl entspricht es allgemeinen rechtsstaatlichen Prinzipien, dass dem Rechtssuchenden die Entscheidungsgründe eröffnet werden (vgl. K. REINHARDT, Das rechtliche Gehör in Verwaltungssachen, Diss. Zürich 1968, S. 230 ff.), denn ohne Kenntnis der für die urteilende Behörde massgeblichen Tatsachen und Rechtsnormen vermögen die Parteien einen Entscheid, der ihre Begehren abweist, nicht sachgemäss anzufechten (R. TINNER, Das rechtliche Gehör, ZSR 83/1964 II S. 356/7). Unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs dürfen indessen keine allzuhohen Ansprüche an die Begründung gestellt werden, wenn das kantonale Recht keine Begründungspflicht vorsieht (vgl. BGE 43 I 28 ; TINNER, a.a.O., S. 357). Insbesondere lässt sich nicht unmittelbar aus Art. 4 BV ableiten, in welcher Form der Betroffene über die Urteilsgründe ins Bild gesetzt werden muss. Das Bundesgericht hat es denn auch abgelehnt, den Parteien gestützt auf Art. 4 BV einen Anspruch auf schriftliche Begründung der sie betreffenden Entscheidung zuzuerkennen ( BGE 93 I 120 ; vgl. auch J. MEYLAN, La motivation des actes administratifs en droit BGE 96 I 718 S. 724 suisse, Recueil de travaux suisses, présenté au VIIIe congrès international de droit comparé, Bâle 1970, p. 329). Eine Verletzung von Art. 4 BV liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Entscheid oder die Verfügung keine schriftliche Begründung enthält, die Parteien jedoch auf andere Weise von den Entscheidungsgründen Kenntnis erhalten oder wenn ihnen aufgrund vorausgegangener Verhandlungen bzw. des offen zu Tage liegenden Beweisergebnisses zum vorneherein bekannt ist, weshalb die Behörde so und nicht anders entschieden hat. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Nach den vorausgegangenen Verhandlungen konnten bei den Beschwerdeführern keine Zweifel darüber bestehen, welche Erwägungen der angefochtenen Verfügung zugrunde lagen. Die Finanzdirektion ging offensichtlich davon aus, dass zwischen den beteiligten Gemeinden bzw. ihren Jagdpächtern während 32 Jahren eine Vereinbarung bestand, die der nunmehr gestützt auf § 2bis JG vorgenommenen Grenzbereinigung im wesentlichen entsprach, bis anhin zu keinen Klagen Anlass gab und darüberhinaus mit den Richtlinien im Einklang stand, welche sie in ihren "Grundsätzen für eine zweckmässige Revierbildung" vom 2. Dezember 1952 aufgestellt hatte. Unter diesen Umständen kann von einer Verletzung des unmittelbar aus Art. 4 BV fliessenden Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht die Rede sein. II.1. Autonomiebeschwerde II.1.- Nach Art. 48 der zürcherischen Kantonsverfassung sind die Gemeinden befugt, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der Verfassung und Gesetze selbständig zu ordnen. Ob und inwieweit die zürcherischen Gemeinden auf dem Gebiete des Jagdwesens zur autonomen Rechtssetzung und Rechtsanwendung befugt sind, geht indessen aus der Kantonsverfassung nicht hervor, sondern ergibt sich aus dem kantonalen Gesetzesrecht, welches vom Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüft wird ( BGE 96 I 153 , 383, je mit Verweisungen). II.2. Die Beschwerdeführer machen geltend, nach der kantonalen Jagdgesetzgebung stehe der Gemeinde auf dem Gebiete des Jagdwesens in beschränktem Umfang ein Recht auf autonome Verwaltungstätigkeit zu. Die Verleihung der Jagdberechtigung erfolge durch die Gemeinden (§ 1 Abs. 2 JG), BGE 96 I 718 S. 725 welche gemäss § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 JG befugt seien, ihr Gebiet als Jagdrevier zu versteigern, mit dem Gebiet benachbarter Gemeinden zusammenzulegen oder aber ganz oder teilweise auf die Verpachtung zu verzichten und das nicht verpachtete Land als Wildschongebiet zu erklären. Wohl sei die Finanzdirektion nach Massgabe von § 2bis JG befugt, eine Bereinigung der Reviergrenzen vorzunehmen; die Aufteilung der Jagdreviere Regensdorf und Niederhasli gehe jedoch über eine Grenzbereinigung hinaus, greife in unzulässiger Weise in das Recht der Gemeinde auf Gestaltung des Jagdreviers ein und verletze dergestalt die Gemeindeautonomie auf dem Gebiete der Rechtsanwendung. Die Beschwerdegegner wenden ein, das Jagdregal stehe nach § 1 JG dem Kanton zu. Wenn das Jagdgesetz den Gemeinden auch gewisse hoheitliche Befugnisse einräume, so gehörten diese jedenfalls zum sog. übertragenen Wirkungskreis, weshalb den Gemeinden insoweit zum vornherein keine Autonomie zukomme. Dieser Einwand geht fehl. Ob eine Gemeinde autonom ist, hängt nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr davon ab, ob die in Frage stehende Aufgabe zum eigenen oder übertragenen Wirkungskreis gehört. Zur autonomen Rechtsetzung ist die Gemeinde befugt, wenn ihr das kantonale Recht bei der Regelung ihrer Angelegenheiten eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit belässt ( BGE 93 I 160 , 432; BGE 94 I 65 , 456 f., 545; BGE 96 I 132 /3, 381). Dieses Kriterium gilt sinngemäss auch beim Entscheid darüber, ob der Gemeinde im konkreten Fall ein Anspruch auf autonome Rechtsanwendung zusteht. Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn entweder die Gemeinde nach der gesetzlichen Kompetenzordnung als berechtigt erscheint, gestützt auf eine Bestimmung des kantonalen Rechts ohne Kontrolle einer übergeordneten staatlichen Behörde einen Sachentscheid zu fällen oder wenn ihr bei der Anwendung ihres eigenen autonomen Rechts ein Beurteilungsspielraum offen steht (vgl. BGE 96 I 373 Erw. 4); im übrigen kommt der Gemeindeautonomie in diesem Zusammenhang auch insoweit Bedeutung zu, als sie die Gemeinde vor einer willkürlichen Anwendung ihres Rechts durch eine kantonale Behörde schützt ( BGE 95 I 37 /8, BGE 96 I 153 Erw. 3). Mit Recht machen demnach die Beschwerdeführer geltend, die der Gemeinde nach dem kantonalen Jagdgesetz zustehende Befugnis zur freien Gestaltung ihres Jagdreviers stehe grundsätzlich unter dem Schutz der Gemeindeautonomie. BGE 96 I 718 S. 726 Dieser Schutz reicht indessen nur soweit, als das erwähnte Recht der Gemeinde nicht durch Vorschriften des Jagdgesetzes selbst eingeschränkt wird, denn die Autonomie besteht - wie erwähnt - bloss innerhalb der durch Verfassung und Gesetzgebung gezogenen Schranken. Zu prüfen bleibt deshalb bloss, ob die Finanzdirektion die ihr gemäss § 2bis JG zustehende Kompetenz zur Grenzbereinigung willkürlich überschritten und damit in verfassungswidriger Weise in die ausdrücklich der Gemeinde vorbehaltenen Befugnisse eingegriffen hat. II.3. § 2bis JG räumt der Finanzdirektion eine umfassende Kompetenz zur Streiterledigung bei Meinungsverschiedenheiten über den Verlauf von jagdtechnisch befriedigenden Reviergrenzen ein. Da jedoch der Abtausch von Reviergebieten nach Massgabe von § 2 JG grundsätzlich den Gemeinden vorbehalten ist, sind Verfügungen der Finanzdirektion, welche gestützt auf § 2bis JG erlassen werden, mit der Gemeindeautonomie nur vereinbar, wenn sie ohne Willkür als Grenzbereinigungen angesehen werden können. In diesem Zusammenhang ist freilich zu beachten, dass jede Grenzbereinigung einen gewissen Gebietsabtausch mit sich bringt. Die Beweggründe, welche im Jahre 1965 zum Erlass des § 2bis JG geführt haben (vgl. dazu E. BAUR, Kommentar zum JG, 2. Aufl., S. 18), lassen es als vernünftig erscheinen, die Bestimmung von § 2bis JG mit einer gewissen Grosszügigkeit zu handhaben. Der Begriff der "Grenzbereinigung" darf demnach nicht zu eng ausgelegt werden; auch Arrondierungen und Umlegungen fallen darunter, sofern sich die in Frage stehenden Jagdreviere nicht mit weniger einschneidenden Massnahmen befriedigend abgrenzen lassen. Im vorliegenden Fall lässt sich ohne Willkür annehmen, der von der Finanzdirektion verfügte wechselseitige Gebietsabtausch zwischen Regensdorf und Niederhasli stelle eine Grenzbereinigung im Sinne von § 2bis JG dar. Die Gemeindegrenze verläuft in unregelmässiger Weise quer durch die Wälder nördlich und östlich von Regensdorf; nach Ansicht der beigezogenen Experten Dr. Gressly und Weber ist sie als Reviergrenze denkbar ungeeignet. Als Grenzbereinigung kam demnach zum vorneherein nur eine neue Aufteilung des Waldes (mit angemessener Austrittsfläche) in Betracht. Gerade dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Von einer Kompetenzüberschreitung BGE 96 I 718 S. 727 seitens der Finanzdirektion kann deshalb keine Rede sein. Die Autonomiebeschwerde erweist sich daher als unbegründet. IV.2. Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie IV.2.- Neben dem Eigentum stehen auch alle privaten Vermögensrechte unter dem Schutz der Eigentumsgarantie, sofern sie den Charakter von wohlerworbenen Rechten haben ( BGE 91 I 419 ; A. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Eigentum, systematischer Teil, N. 215 a in Verbindung mit N. 215 c; F. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, no. 2173 p. 758; A. GRISEL, Droit administratif suisse, p. 358/9). Dies trifft namentlich auch zu für Rechte, die heute unzweifelhaft dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind, zur Zeit der Entstehung der Eigentumsgarantie jedoch dem Privatrecht angehörten. Die Rechte des Jagdpächters aus dem (öffentlichrechtlichen) Jagdpachtvertrag stellen in diesem Sinne wohlerworbene Rechte dar (M. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 341 VI S. 216) und stehen demnach unter dem Schutz der nunmehr in Art. 22ter BV verankerten Eigentumsgarantie. Beschränkungen der verliehenen Jagdberechtigung sind somit - gemäss der für öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen geltenden Regel - nur zulässig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und, sofern sie in ihren Wirkungen einer Enteignung gleichkommen, gegen Entschädigung erfolgen. Die Vorschriften über die Bereinigung von Jagdreviergrenzen stellen derartige Beschränkungen dar; Eingriffe in bestehende Pachtverhältnisse sind daher in diesem Zusammenhang nur unter den erwähnten Voraussetzungen mit der Eigentumsgarantie vereinbar. Die Bereinigung von Jagdreviergrenzen wirkt ähnlich wie eine Landumlegung, zumal wie bei dieser versucht werden soll, einen Abtausch von wertmässig gleichen Gebieten vorzunehmen. Die Beteiligten haben demnach - wie bei der Landumlegung - grundsätzlich Anspruch auf Realersatz, wobei das Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüfen kann, ob die abgetauschten Gebiete gleichwertig sind (vgl. BGE 95 I 372 /3). Freilich wird es nicht immer möglich sein, Grenzbereinigungen ohne wesentliche wertmässige Beeinträchtigungen des einen oder andern Jagdreviers durchzuführen. In derartigen Fällen BGE 96 I 718 S. 728 stellt sich unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie die Frage, gegen wen, in welcher Höhe und in welchem Verfahren die betreffenden Jagdpächter Entschädigungsansprüche geltend machen können, wenn der Pachtvertrag - wie im vorliegenden Fall - vor der Grenzbereinigung und ohne Vorbehalt abgeschlossen worden ist. Was den Beschwerdeführer Grossert und die umstrittene Grenzbereinigung zwischen Regensdorf und Niederhasli anbelangt, so mag diese Frage jedoch offen bleiben, denn die abgetauschten Revierteile erweisen sich mindestens unter dem Gesichtspunkt der Willkür als gleichwertig...
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Urteilskopf 121 III 301 61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. August 1995 i.S. B.S. gegen P.S. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Aufteilung eines allfälligen Fehlbetrages bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages im Eheschutzverfahren ( Art. 4 BV ; Art. 159, 163, 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Eine Unterhaltsregelung gemäss Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB , welche dem erwerbstätigen, unterhaltspflichtigen Ehegatten auf jeden Fall das betreibungsrechtliche Existenzminimum belässt und einen allfälligen Fehlbetrag einzig beim Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten berücksichtigt, ist nicht willkürlich (E. 5b).
Sachverhalt ab Seite 302 BGE 121 III 301 S. 302 A.- Im Eheschutzverfahren zwischen B. S. und P. S. hielt der Gerichtspräsident II von K. fest, dass der gemeinsame Haushalt der Eheleute seit dem 13. November 1993 aufgehoben sei. Der angerufene Richter stellte ferner die beiden Kinder D., geb. am 2. Mai 1991, und A., geb. am 7. August 1993, unter die Obhut der Mutter und räumte dem Vater ein Besuchsrecht ein. Den vom erwerbstätigen Ehemann an Frau und Kinder zu bezahlenden Unterhaltsbeitrag setzte der Richter auf einen Betrag von monatlich Fr. 2'360.-- fest, wobei dieser zu je Fr. 503.-- für die beiden Kinder und Fr. 1'354.-- für die Ehefrau gedacht war. B.- Auf Appellation des Ehemannes verurteilte der Appellationshof des Kantons Bern diesen mit Entscheid vom 5. April 1995 dazu, seiner Ehefrau und den beiden Kindern insgesamt Fr. 2'000.-- monatlich zu bezahlen (je Kind Fr. 450.--). C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 15. Mai 1995 wegen Verletzung von Art. 4 BV ersucht die Ehefrau um Aufhebung des Entscheids der II. Zivilkammer des Appellationshofs. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Die Beschwerdeführerin erblickt alsdann im Umstand, dass die letzte kantonale Instanz den sich nach Abzug beider Existenzminima vom Gesamteinkommen der Eheleute ergebenden Fehlbetrag ihr allein überbunden hat, eine willkürliche Auslegung der Art. 159, 163 und 176 ZGB . .... b) (Darlegung der Regelung, wie sie aufgrund der Rechtsprechung für die vorsorglichen Massnahmen nach Art. 145 Abs. 2 ZGB gilt) .... Im vorliegenden Fall geht es zwar nicht um die Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen für die Dauer des Scheidungsverfahrens. Wie Art. 145 Abs. 2 ZGB enthält indes auch Art. 176 Abs. 1 ZGB Regeln für den Fall, dass der gemeinsame eheliche Haushalt trotz bestehender Ehe aufgelöst wird. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Art. 145 Abs. 1 ZGB nach BGE 121 III 301 S. 303 Einreichung der Scheidungs- bzw. Trennungsklage einen unbedingten Anspruch auf Auflösung des gemeinsamen Haushalts verleiht, während Art. 175 ZGB einen Ehegatten einzig dann zur Auflösung des Haushalts berechtigt, wenn eine "ernstliche Gefährdung" gegeben ist. Liegt aber eine solche vor und wird der Haushalt deswegen aufgelöst, so zieht dies die gleichen Konsequenzen nach sich: Der Richter hat in diesem Fall wie bei den vorsorglichen Massnahmen nach Art. 145 Abs. 2 ZGB Regelungen hinsichtlich Wohnung, elterliche Obhut über die Kinder, Unterhaltsbeiträge sowie güterrechtliche Anordnungen zu treffen. Dass Art. 145 Abs. 2 und Art. 176 ZGB die gleiche Situation beschlagen, wird sodann auch dadurch bestätigt, dass bei der Revision des Eherechts auch Art. 145 ZGB eine Änderung erfahren hat und an den Wortlaut von Art. 163 und Art. 176 ZGB angepasst worden ist, obwohl die erstgenannte Bestimmung nicht zum engeren Gegenstand der Revision gehörte. Schliesslich wird in der Literatur nicht unterschieden, ob die Unterhaltsbeiträge nach Art. 145 Abs. 2 ZGB oder Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zuzusprechen sind. Unter diesen Umständen aber ist es nicht unhaltbar, bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages im Rahmen von Eheschutzmassnahmen dem rentenpflichtigen Ehegatten das volle Existenzminimum zu belassen und den negativen Saldo allein dem rentenberechtigten Partner zu überbinden. Von einer willkürlichen Auslegung der Art. 159, 163 bzw. Art. 176 ZGB kann demnach keine Rede sein. Daran vermag auch die Kritik, welche GEISER an BGE 121 I 97 geübt hat (AJP 7/95, S. 939 f.), nichts zu ändern: Wie dieser Autor selber einräumt, entfällt im Fall von Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB die Problematik, dass allfällige Rückforderungen des Sozialamtes aus nachehelichem Einkommen zu bezahlen wären (GEISER, a.a.O. S. 940), zumal die Ehe hier nach dem Dahinfallen der Eheschutzmassnahmen noch andauert, und eine Pflicht zur Rückleistung in jedem Fall Auswirkungen auf die Mittel beider Ehegatten hat. Nicht zu bestechen vermögen schliesslich auch die Bedenken, welche die Beschwerdeführerin gegen eine Berücksichtigung des Arguments der Erhaltung der Arbeitskraft beim selbständigen Bauern vorbringt. Die Erhaltung der Arbeitskraft wird generell und nicht bezogen auf bestimmte Berufsgattungen verstanden und ist bei selbständiger Tätigkeit zudem besonders stark zu gewichten, zumal freiberuflich tätige Personen ihr Einkommen viel flexibler variieren können als Angestellte; von daher ist es sogar besonders naheliegend, dass sich auch bei jener Berufskategorie die in das Existenzminimum eingreifenden Unterhaltsbeiträge BGE 121 III 301 S. 304 spürbar auf Arbeitsmotivation und Einkommen auswirken. In bezug auf diesen Punkt ist die Beschwerde mithin als unbegründet abzuweisen.
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Urteilskopf 89 I 483 69. Extrait de l'arrêt du 25 septembre 1963 dans la cause Nyfeler contre Cantons de Vaud et de Neuchâtel
Regeste Verantwortlichkeit der Kantone für die Handlungen ihrer Beamten; Bundesgesetz vom 13. Juni 1917 über die Bekämpfung der Tierseuchen. Art. 42 OG . 1. Zulässigkeit der Schadenersatzklage eines Privaten gegen Kantone (Erw. 1). 2. Anwendbarkeit des kantonalen Rechts, das auf Art. 41 ff. OR verweist (Erw. 2). Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP . 3. Verbindung zweier je gegen einen Kanton gerichteten Klagen (Erw. 3). Anwendung des waadtländischen und neuenburgischen Rechts. 4. Fahrlässigkeit kantonaler Beamten als Ursache der Ansteckung des Klägers durch an Brucellose erkrankte Schafe (Erw. 6). 5. Wegfall oder Herabsetzung der Ersatzpflicht der Beklagten wegen Umständen, für welche der Kläger einstehen muss? (Erw. 7). 6. Gründe und Mass der Ermässigung der Entschädigung (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 484 BGE 89 I 483 S. 484 Résumé des faits: A. - Au mois d'avril 1956, Nyfeler, propriétaire de moutons aux Verrières (Neuchâtel), en a confié 15 à Vanay, BGE 89 I 483 S. 485 à La Tour-de-Peilz (Vaud), pour l'estivage. Le troupeau d'environ 180 bêtes, constitué par Vanay, paissait dans la région d'Yvorne lorsque l'administration vaudoise le soumit à un examen en vue de déceler la brucellose. Plus de 15% des bêtes gardées par Vanay réagirent positivement au test; du point de vue vétérinaire, il fallait en conclure qu'il y avait, parmi elles, des sujets contagieux; toutes furent marquées d'un trou à l'oreille. Le Dr Jaccotet, vétérinaire cantonal vaudois, ordonna alors la dislocation du troupeau avec retour des bêtes, y compris les sujets malades, à leurs propriétaires. L'expédition fut faite par Vanay, sous le contrôle d'un gendarme, les 1er, 2 et 3 juin 1956. Pour les bêtes dont les propriétaires résidaient hors du canton de Vaud, le Dr Jaccotet chargea Charbon, fonctionnaire subalterne de son service, d'aviser par téléphone les offices vétérinaires des cantons où on les renvoyait. C'est ainsi que le service vétérinaire neuchâtelois, en la personne d'une employée subalterne Joséphine Bianchi, reçut la communication téléphonique, le vendredi 1er juin. Elle prit l'initiative de transmettre le message, par téléphone également, aux quatre propriétaires qui résidaient dans le canton de Neuchâtel, y compris Nyfeler. Sur le contenu de ces communications, les témoignages ne concordent pas. Il est tout au moins constant que le retour des animaux fut annoncé. Les moutons destinés à Nyfeler arrivèrent à la gare des Verrières le même soir. Nyfeler, venu les chercher, constata qu'il ne s'agissait pas des siens et refusa d'en prendre livraison. Sur un ordre de Vanay, les bêtes furent renvoyées à un propriétaire d'Evionnaz (Valais). Le lendemain soir, samedi 2 juin, Vanay en amena d'autres chargées sur un camion. Nyfeler déclara que celles-ci non plus n'étaient pas les siennes, mais il se décida néanmoins à en garder quinze, de peur de ne plus recevoir ni moutons, ni argent. Il savait que les animaux ainsi acceptés étaient infectés de brucellose ou, tout au moins, pouvaient l'être. Le vétérinaire BGE 89 I 483 S. 486 Fleury, appelé par lui, en fut informé. Il signala le cas à Loew, inspecteur du bétail des Verrières, et l'invita à en informer le vétérinaire cantonal. De plus, il conseilla à Nyfeler de vendre ces moutons pour la boucherie ou de les abattre et lui interdit de les remettre dans le commerce. Au cours de l'enquête pénale qui fut ouverte, par la suite, contre Urfer, alors remplaçant momentané du vétérinaire cantonal neuchâtelois, le magistrat informateur posa à Fleury la question suivante: "Avez-vous vous-même attiré l'attention de M. Léo Nyfeler sur la nature de la maladie dont ses moutons étaient atteints et sur les dangers que cette maladie pouvait présenter?" Le témoin répondit simplement: "Oui". Loew, qui avait vu les moutons arrivés par le second transport, téléphona effectivement à l'office vétérinaire cantonal, le lundi 4 juin 1956. Il par la à Joséphine Bianchi. Il reçut en tout cas pour instructions de séquestrer les bêtes acceptées par Nyfeler. Postérieurement au 4 juin, le service vétérinaire neuchâtelois ne s'occupa plus de ces animaux jusqu'au moment où Nyfeler lui-même fut atteint de brucellose. Nyfeler prétend qu'au mois de septembre 1956 il a senti que sa santé était altérée. Le 30 octobre suivant, il a consulté son médecin, le Dr Schmidt, aux Verrières. Ce praticien estima qu'il s'agissait d'une maladie de Bang et en avisa le médecin cantonal, qui, à son tour, avertit le service vétérinaire cantonal. Urfer se rendit alors sur place et ordonna l'examen des moutons détenus par Nyfeler au moyen du test à l'abortine. 8 bêtes sur 18 ayant présenté une réaction positive, il ordonna l'abattage de tout le troupeau aux frais de l'Etat. Le 8 novembre 1957, Nyfeler requit deux poursuites pour une somme de 100 000 fr., l'une contre le canton de Vaud, l'autre contre le canton de Neuchâtel. Sous la rubrique "Titre et date de la créance, cause de l'obligation", il avait indiqué qu'il s'agissait de dommages-intérêts pour atteinte à la santé physique, respectivement lésions BGE 89 I 483 S. 487 corporelles, de dommages subis par suite de la négligence de fonctionnaires de l'Etat (service vétérinaire). Les débiteurs firent l'un et l'autre opposition totale aux commandements de payer. Entre-temps, le 6 mars 1957, Nyfeler avait déposé, devant le Procureur général du canton de Neuchâtel, une dénonciation pénale contre inconnu; il invoquait les art. 231, 232 et 122 CP (propagation d'une maladie de l'homme, propagation d'une épizootie, lésions corporelles graves) et les dispositions de la loi fédérale sur les épizooties du 13 juin 1917 et de l'arrêté du Conseil fédéral du 3 février 1956 sur la lutte contre la brucellose des moutons et des chèvres. Par suite de cette dénonciation, Urfer, vétérinaire cantonal remplaçant, fut renvoyé devant le Tribunal de police de Neuchâtel. Condamné par cette autorité, le 15 mars 1960, à 100 fr. d'amende pour avoir enfreint par négligence les art. 231 et 232 CP, Urfer a recouru devant la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel, qui a cassé le jugement, le 25 mai 1960, et ordonné l'acquittement du prévenu. B.- Le 20 octobre 1959, Nyfeler a ouvert, devant le Tribunal fédéral, une action dirigée cumulativement contre les cantons de Vaud et de Neuchâtel; il a pris les conclusions suivantes: 1. A titre principal, condamner les défendeurs solidairement à payer au demandeur une somme de 100 000 fr. ou ce que justice dira, avec 5% d'intérêts annuels à compter du 2 juin 1956. 2. A titre subsidiaire, condamner l'un ou l'autre des défendeurs individuellement ou les deux dans une proportion déterminée à payer au demandeur une somme de 100 000 fr. ou ce que justice dira, avec 5% d'intérêts annuels à compter du 2 juin 1956. 3. En tout état de cause, réserver une revision du jugement pendant un délai de deux ans. Le demandeur allègue que le dommage subi serait une conséquence de la brucellose dont il souffrirait encore; BGE 89 I 483 S. 488 qu'il aurait contracté cette maladie par contact avec les moutons infectés, renvoyés chez lui lors de la dislocation du troupeau de Vanay et que ce contact n'aurait pas eu d'effets dommageables si les services vétérinaires vaudois et neuchâtelois avaient fait en sorte qu'il fût averti du danger et des précautions à prendre, comme ils en avaient le devoir. Les cantons de Vaud et de Neuchâtel concluent à libération avec suite de frais et dépens. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il s'agit d'une action en responsabilité dirigée par un particulier cumulativement contre deux cantons, en raison de fautes qu'auraient commises des fonctionnaires dans l'exercice de leurs fonctions. La valeur litigieuse dépasse de beaucoup la somme de 8000 fr. Une telle demande peut être portée devant le Tribunal fédéral comme action de droit civil, conformément à l'art. 42 OJ (RO 79 II 432 et les arrêts cités). 2. La responsabilité d'un canton pour les actes illicites de ses fonctionnaires ne peut être instituée que par le droit cantonal (art. 59 CC; RO 79 II 433). Pour le canton de Vaud, la loi du 29 novembre 1904 (art. 1er) disposait que l'Etat est tenu de réparer le dommage causé sans droit par ses fonctionnaires dans l'exercice de leurs fonctions, soit à dessein, soit par négligence ou imprudence. Elle a été abrogée expressément et sans aucune réserve par la loi du 16 mai 1961 sur la responsabilité de l'Etat, des communes et de leurs agents (art. 22), entrée en vigueur le 2 juin 1961. Selon l'art. 4 de cette loi, l'Etat répond du dommage que ses agents causent à des tiers d'une manière illicite. Vu l'abrogation pure et simple de l'ancienne loi, la nouvelle s'applique, même lorsqu'il s'agit d'un dommage survenu avant son entrée en vigueur. Elle a du reste confirmé, pour l'essentiel, le régime précédent, de sorte qu'il n'y avait pas lieu de prévoir un régime transitoire. BGE 89 I 483 S. 489 Outre quelques dispositions particulières, elle prescrit (art. 8) que les art. 41 ss. CO, relatifs aux obligations résultant d'actes illicites, s'appliquent au surplus et par analogie à titre de droit cantonal. Pour le canton de Neuchâtel, la loi du 2 décembre 1903 sur la responsabilité de l'Etat et des communes prévoit aussi (art. 1er) que l'Etat est tenu de réparer le dommage résultant d'actes illicites commis par les fonctionnaires dans l'exercice de leurs fonctions et (art. 2) que les actions civiles fondées sur ladite loi sont au surplus soumises aux règles du Code fédéral des obligations. Le Tribunal fédéral doit par conséquent examiner si la présente action est fondée, à l'égard du canton de Vaud, en vertu du droit vaudois et, à l'égard du canton de Neuchâtel, en vertu du droit neuchâtelois. Dans la mesure où les lois applicables ne contiennent pas de dispositions topiques, il appliquera les art. 41 ss. CO, qu'il interprétera, au besoin, selon sa propre jurisprudence. 3. L'art. 24 al. 2 lit. b PCF permettait au demandeur de cumuler, dans une seule et même demande, son action contre chacun des deux cantons défendeurs. D'une part, les prétentions élevées contre chacun d'eux sont de même nature et reposent sur une cause matérielle et juridique qui est aussi essentiellement de même nature. Car il s'agit de dommages-intérêts réclamés en raison de fautes imputées à des fonctionnaires des défendeurs, fautes qui seraient intervenues à l'occasion d'un même fait: le transfert et le séquestre des moutons chez le demandeur. D'autre part, le dommage dont réparation est requise est identique: c'est celui que la maladie du demandeur a causé. 4. ..... (La prescription a été interrompue et n'est pas acquise.) 5. ..... (Il existe un rapport de causalité adéquate entre les contacts que le demandeur a eus avec ses moutons et la maladie qu'il a contractée.) 6. Le demandeur ayant été contaminé par ses moutons, il faut examiner si c'est là une conséquence d'actes BGE 89 I 483 S. 490 illicites commis par des fonctionnaires, soit du canton de Vaud, soit du canton de Neuchâtel. Le demandeur estime que tel est le cas, parce que les services vétérinaires de ces cantons l'ont laissé dans l'ignorance du danger de contagion que créait le contact avec les bêtes infectées et ne l'ont pas instruit des mesures préventives qui lui auraient permis de rester indemne. a) Nyfeler affirme avoir ignoré que la brucellose constatée chez ses moutons était transmissible à l'homme. Rien ne permet de croire qu'il en ait été autrement. Cette maladie, dont jusqu'alors le canton de Neuchâtel était resté indemne, y était inconnue du public. Nyfeler a cherché à se renseigner à son sujet, notamment par un téléphone au vétérinaire Christen, à Fleurier, mais sans l'atteindre lui-même. La transmission à l'homme des affections épizootiques étant plutôt rare, on ne peut guère lui reprocher de ne pas avoir fait en sorte d'obtenir l'avis d'un spécialiste. Il n'apparaît pas que le vétérinaire Fleury, qui a vu les bêtes après leur arrivée et a pris sur lui d'en ordonner le séquestre sans délai, ait comblé cette lacune. Le juge pénal, qui l'a entendu comme témoin, lui a demandé s'il avait attiré l'attention de Nyfeler sur la nature de la maladie et les dangers qu'elle pouvait présenter; il a simplement répondu: "Oui". S'il avait averti son client du danger de transmission à l'homme et des précautions propres à y parer, il n'aurait sans doute pas manqué de le dire. Son laconisme et la situation où il se trouvait permettent de conclure qu'il n'a pas donné cette information. Le Tribunal fédéral a d'autant moins jugé nécessaire de l'entendre à nouveau que les faits remontent de plusieurs années en arrière et qu'il s'agit d'un homme très âgé. On peut, de plus, admettre comme très vraisemblable, selon le cours normal des choses, que si le demandeur avait reçu les avertissements et les instructions nécessaires, il aurait pris les précautions voulues pour prévenir la contagion et n'aurait pas été infecté. Il y a donc un rapport de causalité adéquate entre l'ignorance BGE 89 I 483 S. 491 où il s'est trouvé et sa maladie. Il faut dès lors chercher s'il incombait aux services vétérinaires vaudois et neuchâtelois de l'informer et, dans l'affirmative, si leur omission est assimilable à un acte illicite. b) La fièvre de Malte a fait son apparition en Suisse, dans les cantons du Valais et de Vaud, vers l'année 1950. En 1955, elle s'est à nouveau manifestée avec une certaine gravité en Valais, où plusieurs personnes ont été atteintes, puis dans le canton de Vaud, où un cas de transmission à l'homme s'est également produit. Le 18 mai 1955, le directeur de l'office vétérinaire fédéral a réuni une conférence à laquelle les vétérinaires cantonaux valaisan et vaudois ont pris part. Les cas de transmission à l'homme y ont été signalés et on y a discuté des mesures à prendre. Par la suite, l'office vétérinaire fédéral a adressé à tous les vétérinaires cantonaux trois circulaires sur les mesures à prendre contre la brucellose des moutons et des chèvres. La première, du 20 mai 1955, précise: "Les troupeaux de moutons et de chèvres trouvés infectés de mélitococcie seront abattus dans des conditions qu'il faut encore déterminer". La seconde, du 18 août 1955, prévoit que les moutons et les chèvres des troupeaux infectés de mélitococcie ne peuvent être cédés, sauf pour l'abattage immédiat; elle oblige à informer des dangers d'infection toute personne occupée au transport, au déchargement et à l'abattage des animaux et décrit dans le détail les mesures préventives qui s'imposent. La troisième enfin, du 5 octobre 1955, soumet aux destinataires un projet d'arrêté du Conseil fédéral sur la lutte contre la brucellose des moutons et des chèvres. Le 21 octobre 1955, le service vétérinaire vaudois a adressé à tous les inspecteurs du bétail et à tous les propriétaires de moutons et de chèvres du canton un avis qui prévoit les mesures à prendre en cas d'avortement d'un de ces animaux, signale le danger de contagion pour l'homme et recommande certaines mesures de précaution pour écarter ce risque. BGE 89 I 483 S. 492 Le 15 février 1956 est entré en vigueur l'ACF du 3 février précédent sur la lutte contre la brucellose des moutons et des chèvres. En vertu des pouvoirs que lui confère l'art. 1er al. 2 de la loi fédérale du 13 juin 1917 sur les mesures à prendre contre les épizooties, le Conseil fédéral, à l'art. 1er, fait rentrer la brucellose des.moutons et des chèvres au nombre des maladies offrant un danger général selon l'art. 1er de la loi précitée et l'art. 140 de l'ordonnance d'exécution du 30 août 1920; il déclare en outre applicables à cette brucellose "les prescriptions concernant la lutte contre les épizooties, en particulier la loi fédérale du 13 juin 1917 et l'ordonnance du 30 août 1920", sauf les exceptions prévues par l'arrêté lui-même ou les ordonnances qui lui feraient suite. L'ordonnance d'exécution du Département fédéral de l'économie publique sur la lutte contre la brucellose des moutons et des chèvres, du 9 juillet 1956, est entrée en vigueur le 1er août de la même année, postérieurement aux faits intéressant la présente cause. Le 2 juin 1956, au moment où le demandeur a pris possession des animaux que lui renvoyait Vanay, la situation était donc la suivante, du point de vue administratif: Tous les vétérinaires cantonaux avaient été informés que la brucellose des moutons et des chèvres était apparue en Suisse, qu'elle était transmissible à l'homme et que toute personne en contact avec des animaux malades devait prendre certaines mesures précisées pour éviter la contagion. De plus, le Conseil fédéral avait déclaré en général applicables à cette maladie la loi fédérale du 13 juin 1917 et ses ordonnances d'exécution. c) Il est constant que les services vétérinaires, tant vaudois que neuchâtelois, avaient séquestré chez le demandeur quinze moutons qui pouvaient être considérés comme porteurs de germes, parce qu'ils provenaient d'un troupeau dont plus de 15% des bêtes étaient infectées de brucellose. Nyfeler fut informé que ses moutons ne devaient plus être vendus qu'à la boucherie. Mais il avait la faculté, dans son propre intérêt, de les conserver chez lui, hors de BGE 89 I 483 S. 493 tout contact avec d'autres animaux, jusqu'à ce qu'ils se trouvent dans de meilleures conditions et puissent mieux se vendre. Une telle mesure avait été prévue par les circulaires de l'office vétérinaire fédéral. Elle était conforme à la loi fédérale du 13 juin 1917 (art. 20 al. 2 ch. 3) et à son ordonnance d'exécution du 30 août 1920 (art. 161), que l'ACF du 3 février 1956 avait en principe déclarées applicables par analogie à la brucellose des moutons et des chèvres. L'ordonnance du 9 juillet 1956 l'a ensuite autorisée expressément (art. 5). Elle était donc licite. d) De même, le transport que nécessitait le séquestre des animaux chez leur détenteur pouvait encore être considéré comme licite en lui-même vu l'art. 60 de l'ordonnance d'exécution du 30 août 1920 (cf. art. 72 de la même ordonnance et 5 al. 2 de l'ordonnance du 9 juillet 1956). Le canton de Vaud a établi que l'office vétérinaire fédéral en avait autorisé un semblable: il s'agissait du renvoi à leur propriétaire, dans le canton de Berne, en 1959, de moutons suspects de brucellose, qui avaient été amenés à Lausanne. Il est sans conséquence, dans la présente espèce, que le transport ait ou non eu lieu avec des précautions suffisantes. Car, en tout cas, le demandeur n'a été contaminé que postérieurement. e) Nyfeler n'ayant pas connu le danger de transmission à l'homme, la seule faute qui pourrait être retenue à l'encontre des fonctionnaires vaudois et neuchâtelois serait de n'avoir pas fait en sorte qu'il soit renseigné sur ce point et aussi sur les mesures de précaution qu'il devait prendre. L'office qui ordonne le séquestre, chez le détenteur d'animaux atteints d'une maladie transmissible à l'homme, crée un danger pour autrui. Il est dès lors tenu, en vertu d'un principe général du droit, admis par la doctrine et la jurisprudence constante, de prendre les mesures qui s'imposent pour prévenir un dommage; une abstention, lorsqu'elle est fautive, peut entraîner la responsabilité de l'auteur (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, t. I, p. 70; BGE 89 I 483 S. 494 RO 53 I 356; 79 II 69 et les arrêts cités). De plus, selon l'art. 20 al. 1 de la loi fédérale sur les épizooties, aux fins de combattre les maladies contagieuses et en prévenir la propagation, on prendra toutes mesures utiles pour protéger les hommes notamment. Le 2e alinéa du même article charge le Conseil fédéral d'édicter les prescriptions destinées à assurer l'application de ce principe. Sans doute, l'ordonnance d'exécution du 30 août 1920 n'oblige-t-elle pas expressément l'autorité à renseigner les personnes en contact avec des animaux atteints de maladies transmissibles à l'homme sur le danger de contagion et les mesures préventives qui s'imposent. L'ordonnance du 9 juillet 1956 ne le fait (art. 6 al. 3) que pour le personnel qui s'occupe de l'abattage. Mais cette obligation découle, on l'a dit, des principes généraux du droit; sa nécessité est évidente, s'agissant surtout de la fièvre de Malte, qui est particulièrement dangereuse pour les humains. Aussi bien l'office vétérinaire fédéral l'avait-il prévue dans sa circulaire du 18 août 1955, adressée à tous les vétérinaires cantonaux. f) Le vétérinaire cantonal vaudois connaissait le danger qu'il créait par la dislocation du troupeau de Vanay et le séquestre des animaux chez leurs détenteurs. Car, depuis 1955 particulièrement, son service luttait contre l'extension de la brucellose dans le canton de Vaud. Il a été conscient de ce danger, puisqu'il a décidé d'informer les services vétérinaires des autres cantons, où il renvoyait des moutons ou des chèvres. Mais au lieu de le faire par écrit ou tout au moins d'entrer en communication par téléphone avec ses collègues personnellement, puis de s'assurer qu'il avait été compris et que les mesures efficaces qui s'imposaient seraient ordonnées, il s'est contenté de charger un fonctionnaire subalterne de téléphoner, notamment au service vétérinaire, à Neuchâtel, où le message a aussi été reçu par un fonctionnaire subalterne. C'est dans la mesure où ils n'ont pas pleinement accompli leur devoir de renseigner les autorités neuchâteloises que les fonctionnaires vaudois ont commis une négligence illicite. BGE 89 I 483 S. 495 g) Sur le contenu de la communication téléphonique du vendredi 1er juin 1956, il y a contradiction entre les témoignages de Joséphine Bianchi, du service vétérinaire neuchâtelois, et de Charbon, secrétaire au service vétérinaire vaudois, recueillis au cours de la procédure pénale. Mais il n'est pas nécessaire d'élucider ce point. Il est en effet constant que, le lundi 4 juin, Loew, inspecteur du bétail aux Verrières, instruit par le vétérinaire Fleury, a avisé le service vétérinaire neuchâtelois que les moutons ramenés à Nyfeler étaient infectés ou suspects de brucellose. Aussi bien, ledit service a-t-il ordonné le séquestre de ces animaux, mesure que la loi ne prévoit que pour les maladies épizootiques, c'est-à-dire dangereuses (art. 20 al. 2 ch. 3 de la loi du 13 juin 1917 et 161 de l'ordonnance d'exécution du 30 août 1920). Mais il n'a pris aucune autre mesure jusqu'au moment où le demandeur est tombé malade. Le séquestre étant ordonné, Urfer, alors remplaçant du vétérinaire cantonal, avait l'obligation de se rendre immédiatement sur place et de procéder à une enquête approfondie (art. 142 al. 1 de la loi du 13 juin 1917). Il ne l'a pas fait. Peut-être ne connaissait-il pas exactement les dangers de la brucellose, qui n'était pas, jusqu'alors, apparue sur le territoire neuchâtelois. Mais, dans ce cas, il aurait dû se renseigner et il le pouvait d'autant mieux que son service avait reçu les circulaires de l'office vétérinaire fédéral, que l'arrêté du Conseil fédéral du 3 février 1956 était en vigueur et que le Bulletin vétérinaire fédéral, adressé notamment à tous les inspecteurs du bétail, renseignait sur la brucellose. En omettant d'informer le demandeur des dangers de contamination et des précautions à prendre pour y parer, les fonctionnaires neuchâtelois ont donc aussi commis une négligence illicite. 7. Il suit de là que, selon la loi applicable à chacun d'eux, les défendeurs répondent en principe du dommage qu'ont entraîné ces fautes de leurs agents. Cependant, l'indemnité qu'ils doivent ainsi pourrait être réduite ou BGE 89 I 483 S. 496 même supprimée si des faits dont le demandeur était responsable avaient contribué à créer le dommage, à l'augmenter, ou avaient aggravé sa situation (art. 44 al. 1 CO). a) Nyfeler, on l'a dit, savait que ses moutons étaient malades. Même si, vu le séquestre, il s'était rendu compte qu'il s'agissait d'une affection épizootique, il n'aurait été astreint qu'aux mesures de propreté qu'exige l'ordonnance du 30 août 1920. L'art. 193 de cette ordonnance prescrit que toute personne qui a donné des soins aux animaux malades ou est entrée en contact avec eux doit se laver soigneusement la tête, les mains et les bras. Mais cette simple précaution ne suffit pas, s'agissant de la brucellose. La circulaire de l'office vétérinaire fédéral du 18 août 1955 en indique d'autres que rend indispensables la possibilité d'une contamination, même par la peau et, à plus forte raison, par les blessures, enfin par l'appareil digestif. Il n'a donc pas commis de faute en ne prenant pas de précautions spéciales. b) Les défendeurs ont allégué que le demandeur aurait engagé sa responsabilité en acceptant de prendre chez lui des moutons malades et qu'il savait n'être pas les siens. Il aurait pu, à la vérité, les refuser. Mais, en les acceptant, il n'a très vraisemblablement pas augmenté le risque. Parmi les quinze têtes qu'il avait remises à Vanay, il est fort probable qu'il se serait trouvé des porteurs de germes. Au surplus, quels que soient les moutons renvoyés à Nyfeler, les fonctionnaires vaudois avaient les mêmes obligations. Il en va de même des fonctionnaires neuchâtelois; de plus, au moment où ils ont prononcé le séquestre, ils savaient que Nyfeler n'avait pas reçu ses propres moutons ou, tout au moins, ils l'auraient appris s'ils avaient procédé à l'enquête prescrite. 8. Cependant, du fait qu'aucune faute concomitante ne peut être retenue à la charge du demandeur, il ne suit pas encore que les défenseurs doivent la réparation intégrale du dommage. L'art. 43 al. 1 CO, applicable en l'espèce comme règle BGE 89 I 483 S. 497 de droit cantonal, dispose que le juge détermine le mode et l'étendue de la réparation d'après les circonstances et la gravité de la faute. a) Appliquant cette disposition, le Tribunal fédéral a jugé, tout d'abord, que l'indemnité peut être réduite si la faute n'est pas grave et notamment si elle relève de la négligence (RO 82 II 31 et les arrêts cités). Tel est le cas en l'espèce; les fonctionnaires vaudois et neuchâtelois n'ont pas enfreint de prescriptions légales explicites, mais seulement le principe général, énoncé dans la loi fédérale sur les épizooties et qui ordonne de prendre toutes les mesures propres à protéger les hommes et les animaux. Le service vétérinaire vaudois a bien avisé l'administration neuchâteloise compétente, mais les mesures qu'il a prises sur ce point étaient insuffisantes. Quant au service vétérinaire neuchâtelois, alors qu'il avait prononcé le séquestre, il n'a rien fait pour protéger la santé de celui qui avait la garde des animaux. L'un et l'autre ont agi par négligence. Il ne s'agit donc pas de fautes graves, ni volontaires. b) Il faut en outre retenir que si l'autorité a ordonné le séquestre au lieu de l'abattage immédiat, c'était principalement dans l'intérêt de Nyfeler, afin qu'il puisse soigner ses animaux et attendre le moment favorable pour les vendre au boucher. Cela permet de réduire légèrement l'étendue de la réparation (RO 52 II 457; 59 II 465 ; 69 II 269 ). c) Enfin, selon la doctrine (OSER/SCHÖNENBERGER, comm. ad art. 43 CO, n. 6; OFTINGER, Das schweizerische Haftpflichtrecht, t. I, p. 246 ch. 4) et la jurisprudence (v. spécialement RO 45 II 315; 47 II 431 ), l'intervention du hasard ou de la fatalité dans la production ou l'aggravation du dommage peut aussi justifier une réduction. Tel est le cas, en l'espèce. Toutes les personnes qui soignent des moutons porteurs de germes ne sont pas contaminées, même si elles ne prennent point de précautions. Selon le procès-verbal de la conférence convoquée par le vétérinaire fédéral, à Lausanne, BGE 89 I 483 S. 498 le 18 mai 1955, lorsque la brucellose est apparue pour la seconde fois en Suisse, on a signalé, en Valais, avant que des mesures prophylactiques fussent prises, plusieurs cas de transmission de la maladie à l'homme, mais un seul dans le canton de Vaud. Aussi bien l'épouse de Nyfeler est-elle restée indemne. De plus, le Dr Troillet, médecin à Orsières, a déclaré, le 20 mai 1961, après avoir soigné 50 cas de fièvre de Bang et de Malte, que les cas où la maladie présente des complications ne sont pas nombreux. Il y a lieu de tenir compte de ces circonstances en l'espèce. d) Cependant, vu l'absence de faute concomitante de la victime, on ne réduira pas le montant de la réparation due à une fraction arithmétique du dommage; on laissera bien plutôt à la charge du demandeur les éléments du dommage qui peuvent donner lieu à des doutes et l'on mettra à la charge des défendeurs ceux dont l'existence est certaine. 9.-14. - ..... Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet partiellement la demande en ce sens que chacun des défendeurs est condamné à payer au demandeur une somme de 14 500 fr. avec 5% d'intérêts à compter du 1er juillet 1959; rejette la demande pour le surplus.
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Federation
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Urteilskopf 136 III 269 39. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre époux F. (recours en matière civile) 5A_413/2009 du 2 février 2010
Regeste Durchleitungsrecht ( Art. 691 Abs. 1 ZGB ). Voraussetzungen, unter denen der Grundeigentümer ein Notleitungsrecht erlangen kann. Für die Beurteilung der Frage, ob die Leitung ohne Inanspruchnahme des mit der Dienstbarkeit zu belastenden Grundstücks nur mit unverhältnismässigem Aufwand erstellt werden kann, muss das Gericht eine Abwägung der Parteiinteressen vornehmen. Es hat die Grösse der Last, die dem Grundeigentümer durch die Durchleitung entsteht, mit dem Vorteil zu vergleichen, den der benachbarte Eigentümer daraus erlangt (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 269 BGE 136 III 269 S. 269 A. En mai 1999, l'immeuble n° 3469 de la commune de X. a été partagé en trois nouvelles parcelles n os 4101, 4102 et 4103. A l'occasion de cette mutation parcellaire, le propriétaire de la parcelle n° 3469 qui souhaitait légaliser le passage des canalisations déjà en place, a demandé au géomètre officiel de constituer une servitude "canalisations chauffage de chaufferie" en faveur de la parcelle n° 4103 et à charge de la parcelle n° 4102. Le 1 er septembre 1999, une servitude de canalisations multiples grevant la parcelle n° 4102 a été portée au registre des servitudes; elle a toutefois été inscrite en faveur de la parcelle n° 4101 et non de la parcelle n° 4103. B. Le 4 avril 2000, les époux F. ont acquis, chacun pour moitié, la parcelle n° 4102. BGE 136 III 269 S. 270 C. Le 18 décembre 2002, B. a acheté la part de propriété par étages 4103-1 (426/1000) de la parcelle n° 4103. Le même jour, A. a acquis la seconde part de propriété par étages n° 4103-2 (574/1000) de cette parcelle. Selon l'acte d'achat-vente, l'immeuble de base n° 4103 est au bénéfice d'une servitude d'usage de chaufferie et d'une servitude de passage à pied permettant l'accès à cette chaufferie, toutes les deux à charge de la parcelle n° 4102. Jusqu'en 2005, les copropriétaires de l'immeuble n° 4103 ont utilisé les canalisations multiples (eau, gaz, électricité et mazout) passant sur l'immeuble n° 4102 bien qu'aucune servitude de canalisations ne soit inscrite en ce sens au registre foncier. D. Au cours de l'année 2005, la chaufferie commune sise sur la parcelle n° 4102 est tombée en panne. Les époux F. ont alors installé une chaufferie destinée à leur seul usage. Ils s'opposent depuis à ce que A. et B. utilisent les canalisations multiples reliant les deux immeubles pour le motif que cette utilisation ne fait pas l'objet d'une servitude inscrite au registre foncier. E. Le 6 octobre 2006, A. et B. ont ouvert action en rectification du registre foncier ( art. 975 CC ) contre les époux F. Ils ont conclu à l'inscription en faveur de la parcelle n° 4103 d'une servitude de canalisations multiples à charge de la parcelle n° 4102. Après enquêtes, ils ont persisté dans leurs conclusions, invoquant encore l' art. 691 CC (droit de conduite nécessaire) à l'appui de leur demande d'inscription. Les époux F. se sont opposés à l'inscription de la servitude sollicitée. Par jugement du 15 mai 2008, le Tribunal de première instance du canton de Genève a débouté les demandeurs de leurs conclusions. F. Le 15 mai 2009, la Cour de justice du canton de Genève a rejeté l'appel formé par A. et B. contre ce jugement. En bref, elle a considéré que l'action tendant à la rectification du registre foncier devait être rejetée. Elle a encore estimé que les conditions d'une inscription fondée sur l' art. 691 al. 1 CC n'étaient pas réunies, les demandeurs n'ayant pas établi que les travaux de raccordement et de pose d'une chaudière devant être réalisés en l'absence d'une servitude engendreraient des frais excessifs. G. Contre cet arrêt, A. et B. ont formé un recours en matière civile au Tribunal fédéral. Ils concluent à l'inscription au registre foncier BGE 136 III 269 S. 271 d'une servitude de canalisations multiples en faveur de la parcelle n° 4103 et à charge de la parcelle n° 4102. La Cour de justice s'est référée aux considérants de son arrêt. Quant aux intimés, ils ont conclu au rejet du recours. Le Tribunal fédéral a admis le recours, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 5. Les recourants estiment qu'ils ont droit à l'inscription de la servitude de conduites sur la base de l' art. 691 al. 1 CC (droit de conduite nécessaire). 5.1 Aux termes de cette disposition, le propriétaire est tenu, contre réparation intégrale et préalable du dommage, de permettre l'établissement, à travers son fonds, d'aqueducs, de drains, tuyaux de gaz et autres, ainsi que de conduites électriques aériennes ou souterraines; il n'y est toutefois obligé que s'il est impossible d'exécuter ces ouvrages autrement ou sans frais excessifs. La loi accorde au propriétaire le droit d'obtenir du voisin la constitution d'une servitude de conduite aux conditions suivantes. En premier lieu, le propriétaire demandant à être mis au bénéfice de la servitude ne doit pas se trouver dans un cas où il pourrait demander l'expropriation ( art. 691 al. 2 CC ). Par ailleurs, il n'est tenu de permettre l'établissement de la conduite à travers son fonds que s'il est impossible d'exécuter l'ouvrage autrement ou sans frais excessifs. Enfin, il a le droit d'obtenir la réparation intégrale du dommage qu'il subit. Pour juger si les coûts sont excessifs, il ne suffit pas d'examiner la valeur de la conduite. Il faut comparer la charge qu'entraînera la constitution de la servitude pour le propriétaire contraint de permettre le passage de la conduite sur son fonds et le bénéfice que le propriétaire voisin en tirera. Le juge doit par conséquent procéder à une pesée des intérêts des parties en présence pour décider si le propriétaire doit tolérer le passage des conduites sur son fonds ou s'il paraît plus équitable d'imposer une autre solution au propriétaire qui requiert l'établissement de la conduite (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Commentaire bernois, 3 e éd. 1975, n os 42-44 ad art. 691 CC ; FRANZ XAVER BRÜCKER, Das nachbarrechtliche Durchleitungsrecht unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung zum Notwegrecht, zum Überbaurecht und zum Notbrunnenrecht, 1991, p. 84; HEINZ REY, BGE 136 III 269 S. 272 Commentaire bâlois, CC, vol. II, 3 e éd. 2007, n° 7 ad art. 691 CC ; MICHEL PITTET, Les servitudes légales, 1967, p. 95-96; SAMUEL SCHATZMANN, Das nachbarrechtliche Durchleitungsrecht nach schweizerischem Privatrecht, 1986, p. 66; HAAB, Commentaire zurichois, 1977, n° 7 ad art. 691/3 CC). Il dispose d'une certaine marge d'appréciation ( art. 4 CC ; MEIER-HAYOZ, op. cit., n° 44 ad art. 691 CC ; REY, loc. cit.). 5.2 La cour cantonale a rejeté la conclusion tendant à la constitution d'une servitude de conduite nécessaire au motif que les recourants n'avaient pas établi le caractère excessif des frais qu'entraînerait l'ouvrage au cas où la servitude serait refusée. Pour juger de ce critère, ils ont tenu compte de la valeur vénale de l'immeuble des recourants, arrêtée à 457'746 fr., du coût des travaux (entre 10'000 et 15'000 fr. pour l'installation d'une chaudière indépendante) auxquels il faut ajouter les travaux de raccordement (60'000 fr. à 70'000 fr. plus 10 % pour tenir compte du fait que les travaux de génie civil dans la rue étaient terminés et que les bâtiments ne pouvaient ainsi plus en bénéficier) et de la plus-value de 20 % (91'550 fr.) qu'apporterait au fonds une conduite indépendante. Ils ont conclu que, puisque le coût des travaux d'installation d'une nouvelle conduite correspondait à la plus-value apportée au fonds, ils ne pouvaient être qualifiés d'excessifs. En procédant de cette manière, la cour s'est fondée sur un critère non déterminant à lui seul, à savoir le coût des travaux nécessaires à l'installation d'une conduite indépendante de celle des intimés. Contrairement à ce qu'exige le droit fédéral, elle n'a pas procédé à une pesée des intérêts respectifs des parties en examinant si les charges et inconvénients que subiront les intimés du fait de l'utilisation des conduites par les recourants - sans perdre de vue que les intimés ont droit à une compensation financière pour le dommage subi (cf. BRÜCKER, op. cit., p. 84-85) - avec l'intérêt des recourants. En l'espèce, au vu du dossier, il apparaît que l'intérêt des intimés consisterait principalement à éviter des conflits avec leurs voisins au sujet de l'encaissement des parts de consommation d'eau et d'électricité; en revanche, ils ne peuvent se prévaloir d'éventuels désagréments que leur causeraient les travaux d'installation de la conduite - celle-ci étant déjà en place - ou du fait que leur terrain serait plus difficilement constructible en raison de la présence de cette conduite. Quant aux recourants, l'octroi de la servitude sollicitée leur permettrait d'éviter le coût d'une conduite indépendante et d'utiliser la BGE 136 III 269 S. 273 servitude d'usage de chaufferie et de passage à pied pour accéder à cette chaufferie inscrite en faveur de leur fonds et grevant le fonds des intimés. Il n'appartient toutefois pas au Tribunal fédéral de procéder lui-même à la pesée d'intérêts qui doit être effectuée par le juge du fait et ne peut être contrôlée par le Tribunal fédéral qu'avec réserve ( ATF 130 III 28 consid. 4.1, ATF 130 III 571 consid. 4.3). En conséquence, le recours doit être admis et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants.
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Urteilskopf 110 V 36 7. Auszug aus dem Urteil vom 10. Januar 1984 i.S. Renner gegen Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO
Regeste Art. 84 AHVG : Ordnungsgemässe Zustellung. Rechtsgültige Zustellung einer eingeschriebenen Verfügung, die am Postschalter einem Dritten ausgehändigt wird, der bloss eine sich aus den Umständen ergebende stillschweigende Vollmacht besitzt (Erw. 3b). Art. 20 Abs. 3 VwVG : Berechnung der Frist. Diese Bestimmung ist abschliessend. Keine Verlängerung einer Frist, wenn deren letzter Tag auf den Vortag eines kantonal anerkannten Feiertags fällt (Erw. 3c).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 110 V 36 S. 36 Aufgrund einer Arbeitgeberkontrolle erliess die Ausgleichskasse HOTELA am 7. Mai 1982 gegenüber Felix und Silvan Renner, Inhaber des Hotels T., eine Nachzahlungsverfügung für die Jahre 1977 bis 1980. Auf die hiegegen eingereichte Beschwerde trat die Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO wegen Verspätung nicht ein (Entscheid vom 17. Februar 1983). BGE 110 V 36 S. 37 Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen Felix und Silvan Renner beantragen, der Entscheid der Rekurskommission und die Kassenverfügung seien aufzuheben und das Eidg. Versicherungsgericht habe über die Höhe der geschuldeten Beiträge zu urteilen bzw. die Sache zu neuer Verfügung an die Ausgleichskasse, eventualiter an die Rekurskommission zurückzuweisen. Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Instruktionsrichter hat beim Postamt A. eine Auskunft eingeholt und dem Rechtsvertreter von Felix und Silvan Renner Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dieser hält an den gestellten Anträgen fest. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 84 Abs. 1 AHVG kann gegen Verfügungen der Ausgleichskassen innert 30 Tagen seit der Zustellung Beschwerde erhoben werden. Läuft die Frist unbenützt ab, so erwächst die Verfügung in formelle Rechtskraft mit der Wirkung, dass der Richter auf die verspätet eingereichte Beschwerde nicht eintreten kann. In bezug auf die Berechnung, Einhaltung und Erstreckung der Fristen sowie die Säumnisfolgen und die Wiederherstellung einer Frist gelten dabei im kantonalen Beschwerdeverfahren ausschliesslich die Vorschriften der Art. 20 bis 24 VwVG, welche durch Art. 96 AHVG als direkt anwendbar erklärt werden ( BGE 105 V 106 , BGE 102 V 243 Erw. 2a; ZAK 1981 S. 523). 3. a) Die Vorinstanz stellt in ihrem Entscheid fest, dass die Kassenverfügung den Beschwerdeführern am 10. Mai 1982 zugestellt worden sei, dass die 30tägige Frist demnach am folgenden Tag zu laufen begonnen und am 9. Juni 1982 geendet habe. Die erst am 11. Juni 1982 der Post übergebene Beschwerde sei damit verspätet. Für den Beginn der Frist beruft sich die Vorinstanz dabei zu Unrecht auf kantonales Recht, was allerdings, da es mit dem Bundesrecht in diesem Punkt übereinstimmt, im Ergebnis ohne Bedeutung ist. b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bringen die Beschwerdeführer zunächst vor, die Kassenverfügung sei ihnen nicht ordnungsgemäss zugestellt worden; die Post habe die Verfügung am 10. Mai 1982 "einem gewissen Franz Lorber" ausgehändigt, der weder Angestellter des Hotels T. sei noch eine Zeichnungsberechtigung für den Betrieb besitze; die Beschwerdeführer hätten BGE 110 V 36 S. 38 die Verfügung nach mehrtägiger Abwesenheit in jener Zeit erst am 15. Mai 1982 erhalten. Damit ziehen sie die Richtigkeit der vorinstanzlichen Feststellung über den Zustellungszeitpunkt in Zweifel. Laut Akten übergab die Ausgleichskasse ihre Verfügung am 7. Mai 1982 eingeschrieben der Post in Montreux. Da der Postbote in A. beim Zustellungsversuch anscheinend keine empfangsberechtigte Person antraf, brachte er auf dem Briefumschlag den Vermerk "Frist 17.5." an und hinterliess eine Abholungseinladung (vgl. Art. 157 Verordnung 1 zum Postverkehrsgesetz, SR 783.01). Wie das Postamt A. auf Anfrage am 5. September 1983 mitteilte, habe Franz Lorber diese Abholungseinladung am 10. Mai 1982 am Schalter vorgewiesen und erklärt, von einem der Beschwerdeführer mit der Abholung der Sendung beauftragt worden zu sein, worauf ihm die Schalterbeamtin den Brief der Ausgleichskasse ausgehändigt habe. Das Postamt fügte bei, dass Franz Lorber "zeitweise Postkommissionen für das Hotel T." besorge. Dem halten die Beschwerdeführer im zweiten Schriftenwechsel entgegen, Franz Lorber sei nicht empfangsbevollmächtigt gewesen; zwar sei er in den Besitz der Abholungseinladung gekommen, doch sei ihm diese nicht von den Beschwerdeführern ausgehändigt worden. Die Einwendungen der Beschwerdeführer sind nicht stichhaltig. Ob Franz Lorber die Abholungseinladung von einem der Beschwerdeführer oder - in ihrer Abwesenheit - allenfalls von einem Angestellten des Betriebs erhalten hat, ist unerheblich; die Beschwerdeführer machen jedenfalls nicht geltend, Franz Lorber sei unbefugterweise in den Besitz der Abholungseinladung gelangt. Auch wird von ihnen nicht bestritten, dass Franz Lorber für ihren Betrieb zuweilen Postkommissionen besorgt und dass er in dieser Eigenschaft dem Personal des Postamtes in A. bekannt ist. Wenn die Schalterbeamtin unter diesen Umständen gegen die Vorweisung der Abholungseinladung die Sendung ohne schriftliche Vollmacht der Beschwerdeführer aushändigte, so kann darin kein Verstoss gegen einschlägige Vorschriften erblickt werden. Art. 149 Verordnung 1 zum Postverkehrsgesetz sieht die Schriftlichkeit nur als Regelfall vor und schliesst eine stillschweigende Bevollmächtigung aufgrund eines bestimmten Verhaltens des Adressaten nicht aus (TUASON/ROMANENS, Das Recht der Schweizerischen PTT-Betriebe, 3. Aufl., S. 75 f.). Demnach ist davon auszugehen, dass die Kassenverfügung vom 7. Mai 1982 den Beschwerdeführern am 10. Mai 1982 rechtsgültig zugestellt worden ist. c) Gemäss Art. 20 Abs. 1 VwVG begann die Frist im vorliegenden BGE 110 V 36 S. 39 Falle am 11. Mai 1982 zu laufen. Der 30. Tag fiel somit auf den Mittwoch, 9. Juni 1982. Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Frist habe erst am Freitag, 11. Juni 1982, geendet. Zur Begründung führen sie aus, der Donnerstag, 10. Juni 1982, sei ein kantonal anerkannter Feiertag (Fronleichnam) gewesen; der Vortag müsse darum wie ein ordentlicher Samstag behandelt, d.h. einem anerkannten Feiertag gleichgestellt werden, weil auch an solchen Vortagen Geschäfte, Postbetriebe sowie Industrie- und Gewerbebetriebe ebenso frühzeitig schlössen. Dabei berufen sie sich auf das Bundesgesetz über den Fristenlauf an Samstagen vom 21. Juni 1963 (SR 173.110.3). Laut dem hier gemäss Art. 96 AHVG anwendbaren Art. 20 Abs. 3 VwVG endigt eine Frist am nächsten Werktag, wenn ihr letzter Tag auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Wohnsitz oder Sitz der Partei oder ihres Vertreters vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag fällt. Nach seinem klaren Wortlaut, von dem bei der Auslegung in erster Linie auszugehen ist ( BGE 109 V 33 Erw. 2b, 108 V 240 Erw. 4b, je mit Hinweisen), zählt die erwähnte Gesetzesvorschrift die Tage abschliessend auf, bei welchen eine Fristverlängerung bis zum nächsten Werktag in Betracht kommt. Dabei werden die Vortage kantonal anerkannter Feiertage nicht genannt. An einem solchen Vortag ablaufende Fristen werden daher nicht von Gesetzes wegen verlängert. Etwas anderes lässt sich auch den Materialien des Bundesgesetzes über den Fristenlauf an Samstagen nicht entnehmen. Dieses Gesetz bezieht sich ausschliesslich auf Samstage und trägt nach seinem Sinn und Zweck dem Umstand Rechnung, dass bei einer Arbeitswoche von fünf Tagen Amtsstellen und private Unternehmen an Samstagen ihre Büros und Schalter in der Regel geschlossen halten (BBl 1962 II 982 f.). Auszugehen ist somit davon, dass die am 11. Mai 1982 eröffnete 30tägige Frist am 9. Juni 1982 ablief. Die erst am 11. Juni 1982 der Post übergebene Beschwerde erweist sich damit als verspätet, wie die Vorinstanz in ihrem Entscheid zutreffend ausführt.
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Urteilskopf 82 IV 65 14. Urteil des Kassationshofes vom 27. März 1956 i.S. Zistler gegen Zistler.
Regeste 1. Art. 264, 268 BStP . Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Einstellungsbeschluss der letzten kantonalen Instanz, durch den die Gerichtsbarkeit der Schweiz verneint wird. 2. Art. 3, 7, 346 StGB . Wo ist der Täter wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten ( Art. 217 StGB ) zu verfolgen, wenn er in der Schweiz, der Unterstützungsberechtigte dagegen im Auslande wohnt?
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 82 IV 65 S. 65 A.- Klara Zistler in Eismannsberg (Deutschland) stellte am 10. Oktober 1955 beim Bezirksamt Baden (Aargau) gegen ihren in Bergdietikon (Aargau) in der Landwirtschaft arbeitenden Ehemann, den deutschen Staatsangehörigen Josef Zistler, Strafantrag wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten im Sinne des Art. 217 StGB . Sie behauptete, er habe sie und sein Kind Josef, geb. 1948, verlassen und sich in die Schweiz begeben, nachdem im April 1954 seine Scheidungsklage vom Landgericht Regensberg abgewiesen worden sei. Am 18. Juli 1955 habe ihn das Amtsgericht Kötzting verpflichtet, wöchentlich an ihren Unterhalt DM 28.- und an den BGE 82 IV 65 S. 66 Unterhalt des Kindes DM 12.- beizutragen. Es sei ihr aber nur gelungen, von ihm anfangs September 1955 Fr. 60.- zu erhalten, worauf er ihr am 29. September 1955 mitgeteilt habe, dass er nichts mehr leisten werde. B.- Das Bezirksamt Baden überwies die Akten der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Diese verfügte am 24. Oktober 1955, die Strafanzeige werde mangels örtlicher Zuständigkeit der Behörden des Kantons Aargau nicht an die Hand genommen. Sie führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sei die Vernachlässigung von Unterstützungspflichten am Wohnsitze des Gläubigers als dem Erfüllungsort strafrechtlich zu verfolgen ( BGE 69 IV 129 ). Die Anzeigerin habe Wohnsitz in Deutschland und habe schon während der ganzen Zeit, für welche schuldhafte Nichtbezahlung der Unterhaltsbeiträge geltend gemacht werde, dort gewohnt. Eine Strafverfolgung am derzeitigen Wohnsitz des Angeschuldigten könnte gemäss Art. 6 und 348 StGB allenfalls dann stattfinden, wenn der Angeschuldigte Schweizerbürger wäre. Das treffe aber nicht zu. C.- Mit Gesuch vom 31. Oktober 1955 an die Anklagekammer des Bundesgerichts beantragt Klara Zistler, die Behörden des Kantons Aargau seien zur Verfolgung des Angeschuldigten berechtigt und verpflichtet zu erklären. Sie macht geltend, in BGE 69 IV 126 ff. habe sich das Bundesgericht nur aus Zweckmässigkeitsgründen für den Gerichtsstand des Wohnsitzes des Geschädigten entschieden. Diese Erwägungen fielen weg, wenn der Geschädigte in der Schweiz keinen Wohnsitz habe, der Täter aber hier arbeite. Es wäre stossend, wenn ein Ausländer seine Familie verlassen und in der Schweiz ungestört arbeiten könnte, ohne für die Vernachlässigung seiner Unterhaltspflicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Eine Strafanzeige in Deutschland wäre im vorliegenden Falle zwecklos, weil die deutschen Behörden ja in der Schweiz nicht gegen den Angeschuldigten vorgehen könnten. Mit Eingaben vom 2. November und 16. Dezember 1955 BGE 82 IV 65 S. 67 ersucht Klara Zistler das Bundesgericht, ihr Gesuch vom 31. Oktober 1955 als Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof zu behandeln. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Sie macht geltend, es treffe keine Sonderbestimmung des Strafgesetzbuches über die Zuständigkeit schweizerischer Gerichte zur Beurteilung im Auslande begangener Handlungen auf den vorliegenden Fall zu. Es bestehe kein Grund, von der Regel, dass die Tatbestände des Art. 217 StGB am Erfüllungsort zu verfolgen seien, abzuweichen. Die Strafverfolgung in Deutschland sei nicht unmöglich. Die schweizerischen Behörden hätten zur Erhebung von Beweisen, die nicht in Deutschland beigebracht werden könnten, Rechtshilfe zu leisten. Die Anzeigerin komme also nicht um ihr Recht, wenn sie auf dem Wege der Strafanzeige an die Behörden ihres Wohnortes verwiesen werde. E.- Josef Zistler bestreitet, sich strafbar gemacht zu haben. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Die Anklagekammer des Bundesgerichts hat nur Streitigkeiten über den interkantonalen Gerichtsstand zu beurteilen, sei es, dass dieser unter den Behörden verschiedener Kantone streitig ist, sei es, dass der Beschuldigte die Gerichtsbarkeit eines Kantons bestreitet ( Art. 351 StGB , Art. 264 BStP ). Im vorliegenden Falle wird indessen nicht darum gestritten, welcher Kanton zuständig sei, sondern darum, ob der Schweiz Gerichtsbarkeit zur Verfolgung des Josef Zistler zustehe. Dass, falls dies zutrifft, die aargauischen Behörden, nicht die eines anderen Kantons, die Strafverfolgung durchzuführen haben, steht ausser Frage. Dagegen sind die Voraussetzungen der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof erfüllt. Die angefochtene Verfügung der Staatsanwaltschaft ist Einstellungsbeschluss, und zwar solcher letzter Instanz ( Art. 268 BGE 82 IV 65 S. 68 Abs. 3 BStP ). Das ergibt sich aus einem Abschreibungsbeschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 17. November 1955, worin ausgeführt wird, Klara Zistler habe am 2. November 1955 unter Berufung auf § 10 des I. Ergänzungsgesetzes über die Strafrechtspflege Überweisung an das Gericht verlangt, doch habe dieses sie dahin belehrt, dass die Staatsanwaltschaft in Zuständigkeitsfragen endgültig entscheide, worauf die Beschwerdeführerin ihr Begehren zurückgezogen habe. Auch ist die Frage, ob dem Kanton Aargau in der vorliegenden Sache Gerichtsbarkeit zustehe, eine solche des eidgenössischen Rechts ( Art. 269 Abs. 1 BStP ). 2. Dem schweizerischen Strafgesetzbuch unterworfen ist unter anderem, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit, "wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt" ( Art. 3 Abs. 1 StGB ). Diese Norm steht unter den Bestimmungen über die räumliche Geltung des Gesetzes (Randtitel zu Art. 3 ff.) und wird daher ergänzt durch den ebenfalls daselbst untergebrachten Art. 7 Abs. 1, lautend: "Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt als da verübt, wo der Täter es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist." Darnach untersteht Josef Zistler dem schweizerischen Recht schon dann, wenn er das ihm vorgeworfene Vergehen in der Schweiz "ausgeführt" hat. Bei einem echten Unterlassungsdelikt wie der Vernachlässigung von Unterstützungspflichten ( Art. 217 StGB ) ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts "ausführen" gleichbedeutend mit "unterlassen" ( BGE 69 IV 129 ). Daran ist festzuhalten, nicht aber an der weiteren Überlegung, die Erfüllung werde im Falle der Nichtleistung aus bösem Willen am zivilrechtlichen Erfüllungsorte unterlassen, der sich gemäss Art. 74 OR für Geldleistungen regelmässig am Wohnsitze des Gläubigers befinde. Hier, am Erfüllungsorte, tritt lediglich der Erfolg ein, darin bestehend, dass der Unterhalts- oder Unterstützungsberechtigte die Leistung nicht erhält. Die Unterlassung selbst BGE 82 IV 65 S. 69 und das Wollen des Schuldners, auf dem sie beruht, spielen sich dagegen dort ab, wo der Schuldner im Zeitpunkt, da er erfüllen sollte, sich befindet. An seinem Aufenthaltsorte fasst er den massgebenden Entschluss und dauert sein böser Wille an, und hier unterlässt er das, was er unternehmen müsste, um dem Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit am Erfullungsorte die geschuldete Leistung zu verschaffen. Von seinem Aufenthaltsorte muss der Schuldner z.B. abreisen, um sich zur persönlichen Erbringung der Leistung an den Erfüllungsort zu begeben. Regelmässig wird er auch an seinem Aufenthaltsorte auf die Post gehen, wenn er sich ihrer bedienen will, um dem Gläubiger die Leistung anzuweisen. Ebenso wird er von hier aus den Verwalter seines anderswo liegenden Vermögens telephonisch, brieflich oder durch Boten beauftragen, dem Gläubiger die Leistung am Erfüllungsorte zur Verfügung zu stellen. Die rechtliche Lage ist gleich wie bei Nichtleistung aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit. Für diesen Fall hat das Bundesgericht schon bisher angenommen, das strafbare Verhalten trage sich nicht am Erfüllungsorte, sondern dort zu, wo der Arbeitsscheue oder Liederliche sich des Erwerbes oder der richtigen Verwaltung seiner Mittel enthält und in die Unmöglichkeit der Erfüllung setzt. Da Josef Zistler während der ganzen Zeit, da er die von der Beschwerdeführerin behauptete Unterhaltspflicht angeblich nicht erfüllt hat, in der Schweiz wohnte, beurteilt sich sein Verhalten somit nach schweizerischem Recht, und zwar unabhängig davon, ob die Ansprüche von Frau und Kind auch zivilrechtlich vom schweizerischen Recht beherrscht sind. 3. Für Handlungen, die materiell dem schweizerischen Recht unterstehen, muss in der Schweiz auch die Strafverfolgung eingeleitet werden können. Es wäre sonderbar, wenn der schweizerische Gesetzgeber nicht immer dann, wenn materiell schweizerisches Recht gilt, die schweizerischen Behörden auch zur Verfolgung des Täters hätte verpflichten wollen, unbekümmert darum, wo der Erfolg BGE 82 IV 65 S. 70 eingetreten ist. Art. 346 Abs. 1 Satz 1 StGB sieht denn auch den Gerichtsstand des Ortes vor, wo die strafbare Handlung ausgeführt wurde, ohne zu unterscheiden, ob auch der Erfolg in der Schweiz oder ob er im Auslande eingetreten sei. Das Gesetz geht sogar weiter, indem es in Art. 348 StGB einen schweizerischen Gerichtsstand auch für Fälle vorschreibt, in denen die strafbare Handlung im Auslande verübt worden ist, aber - nach den Bestimmungen der Art. 4-6 StGB - materiell schweizerisches Recht anwendbar ist. Josef Zistler muss daher in der Schweiz verfolgt werden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach Vernachlässigung von Unterstützungspflichten am Erfüllungsort zu verfolgen und zu beurteilen sind ( BGE 69 IV 126 ff.), ändert hieran nichts. Sie gilt nur, wenn ausser dem Ort der Ausführung auch der Ort des Erfolges (Erfüllungsort) in der Schweiz liegt. In diesem Falle sprechen Gründe der Zweckmässigkeit für den Gerichtsstand des Erfüllungsortes, wie im erwähnten Präjudiz näher ausgeführt ist. Diesen Grundsatz auch anzuwenden, wenn der Erfüllungsort im Auslande und nur der Ort der Begehung in der Schweiz liegt, hiesse auf die schweizerische Gerichtsbarkeit und die Anwendung des schweizerischen Strafrechts verzichten, wo das Gesetz sie verlangt. Das geht nicht an. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin gutgeheissen, dass die Verfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau vom 24. Oktober 1955 aufgehoben wird und die Behörden des Kantons Aargau zur Verfolgung und Beurteilung des Josef Zistler wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten berechtigt und verpflichtet werden.
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Urteilskopf 113 II 213 39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Juni 1987 i.S. Seiler gegen Verein "Aktion für freie Meinungsbildung" (Berufung)
Regeste Passivlegitimation beim Recht auf Gegendarstellung ( Art. 28g Abs. 1 ZGB ). Bei Inseraten, die als besonderer Meinungsträger gekennzeichnet sind und regelmässig in einer Vielzahl von Zeitungen erscheinen - sog. "Zeitung in der Zeitung" -, sind nicht nur die Verleger der einzelnen Zeitungen gegendarstellungspflichtig, sondern diese Pflicht trifft auch den entsprechenden Grossinserenten. Der Betroffene kann das Veröffentlichungsbegehren nach seiner Wahl an den Grossinserenten und/oder die einzelnen Zeitungsverleger richten, wobei es jedoch in jedem Publikationsorgan nur zu einer Veröffentlichung kommen kann.
Sachverhalt ab Seite 214 BGE 113 II 213 S. 214 A.- Am 29. Mai 1986 wandte sich Alexander Seiler an den Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Hinwil und verlangte, dem Verein "Aktion für freie Meinungsbildung" sei unter Androhung von Haft oder Busse gemäss Art. 292 StGB für den Fall der Widerhandlung zu befehlen, in seinem nächsten Inserat in allen Zeitungen, in denen das Inserat mit dem Titel "Totalverweigerer" erschienen sei, die folgende Gegendarstellung zu veröffentlichen, wobei derselbe Schriftgrad wie im beanstandeten Inserat zu verwenden sei: "Im 'Trumpf Buur' - Inserat 18/86 ist mir unter der Überschrift 'Totalverweigerung' vorgeworfen worden, ich gehöre zu den Führern derer, die den waffenlosen Zivilschutzdienst verweigert haben und profitiere von unserem Staat, sei aber nicht bereit, den von solchen Mitbürgern erwarteten Beitrag an die Gemeinschaft - etwa Hilfe in Katastrophenfällen wie den Überschwemmungen im Schwarzenburgerland oder dem Deckeneinsturz im Hallenbad von Uster - zu leisten. Diese Darstellung ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, dass ich über meine persönliche Kriegs-Zivilschutzverweigerung hinaus keinerlei Führerfunktionen in einer wie auch immer organisierten oder formierten Anti-Zivilschutzbewegung ausgeübt habe oder ausübe, und dass ich mich stets ausdrücklich bereit erklärt habe, im Rahmen der Vorbereitung von Hilfeleistung bei zivilen Katastrophen meiner Zivilschutzdienstpflicht nachzukommen, was vom Richter anerkannt worden ist. BGE 113 II 213 S. 215 Alexander J. Seiler." B.- Mit Verfügung vom 16. Juni 1986 wies der Einzelrichter das Gesuch um Gegendarstellung mangels Passivlegitimation des Vereins "Aktion für freie Meinungsbildung" ab. Dieser sei kein Medienunternehmen im Sinne von Art. 28g ff. ZGB . Hiegegen erhob Alexander Seiler Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich, der mit Beschluss vom 29. August 1986 abgewiesen wurde, soweit darauf einzutreten war. C.- Gegen diesen Entscheid hat Alexander Seiler Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des Beschlusses des Obergerichts vom 29. August 1986 sowie der Verfügung des Einzelrichters vom 16. Juni 1986 und wiederholt das vor den kantonalen Instanzen gestellte Gesuch auf Anordnung der Gegendarstellung. Der Verein "Aktion für freie Meinungsbildung" beantragt die Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 28g Abs. 1 ZGB hat Anspruch auf Gegendarstellung, wer durch Tatsachendarstellungen in periodisch erscheinenden Medien, insbesondere Presse, Radio und Fernsehen, in seiner Persönlichkeit unmittelbar betroffen ist. Die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen einer Gegendarstellung bilden nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Umstritten ist einzig, ob eine Gegendarstellung im Sinne von Art. 28g Abs. 1 ZGB auch gegenüber dem beklagten Verein verlangt werden kann, der seine Informationen als Grossinserent jeweils in einer Vielzahl von Zeitungen gleichzeitig veröffentlichen lässt. a) Die Umschreibung der vom Gegendarstellungsrecht betroffenen Medien ist in den gesetzlichen Bestimmungen allgemein gehalten. Gemäss Art. 28g Abs. 1 ZGB richtet sich der Gegendarstellungsanspruch gegen die "periodisch erscheinenden Medien, insbesondere Presse, Radio und Fernsehen". Diese weite Umschreibung der erfassten Medien wird auch in den weiteren Gesetzesbestimmungen nicht entscheidend eingegrenzt. In den Art. 28i, 28l und 28k ZGB ist nur vom "Medienunternehmen" die Rede. Ebensowenig ermöglicht der französischsprachige Gesetzestext eine nähere Begriffsklärung. Dieser verwendet gleicherweise wie der deutsche Wortlaut die Ausdrücke "médias à caractère périodique" BGE 113 II 213 S. 216 ( Art. 28g ZGB ), bzw. schlicht "entreprise" ( Art. 28i, 28k und 28l ZGB ). Demgegenüber wird in der italienischsprachigen Fassung der Art. 28i, 28k und 28l wesentlich enger von "impresa responsabile del mezzo di comunicazione" gesprochen, also vom Unternehmen, das für das Kommunikationsmittel verantwortlich ist. Bei der Gesetzesauslegung ist davon auszugehen, dass der Reformgesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, den Kreis jener, gegen die ein Anspruch auf Gegendarstellung bestehen kann, genau zu umschreiben. Die gesetzliche Aufzählung von Presse, Radio und Fernsehen soll nicht abschliessend sein. Es ist ungewiss, welche neuen Medienformen neben Presse, Radio und Fernsehen die zukünftige Entwicklung mit sich bringen wird. Unter gleichen Voraussetzungen soll aber der Anspruch auf Gegendarstellung gegenüber allen Medien Geltung haben, die Informationen verbreiten, unabhängig von der Technik der Verbreitung (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und 49 OR), BBl 1982, Bd. II, S. 673 sowie S. 645, Anm. 18). Allerdings ist davon auszugehen, dass die hier zu beurteilende Erscheinung im Pressewesen zur Zeit des Erlasses des Gesetzes bereits bekannt gewesen ist, der Reformgesetzgeber auf deren Regelung aber verzichtet hat. Fest steht ferner, dass das Gegendarstellungsrecht grundsätzlich auch gegen Äusserungen im Werbeteil einer Zeitung ausgeübt werden kann (Botschaft, a.a.O. S. 674). b) Dem Gesetzeswortlaut lässt sich auch deutlich entnehmen, dass das Gegendarstellungsrecht grundsätzlich nur gegenüber einem bestimmten Gegendarstellungsverpflichteten bestehen soll. Diese Regelung steht in einem offenkundigen Gegensatz zum allgemeinen Schutz der Persönlichkeit gegen widerrechtliche Verletzung. Im Falle der widerrechtlichen Verletzung kann der Verletzte gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB gegen jeden vorgehen, der an der Verletzung mitwirkt. Dies gilt auch dann, wenn die Verletzung durch die Presse oder ein anderes Medienunternehmen erfolgt. In einem solchen Falle ist es möglich, wahlweise den Autor eines Beitrages im redaktionellen Teil der Zeitung oder den Autor eines Inserates, den verantwortlichen Redaktor, den Zeitungsverleger oder unter Umständen jemanden anderen, der an der Verbreitung der Zeitung beteiligt gewesen ist, ins Recht zu fassen (vgl. hierzu BGE 106 II 99 ; BGE 103 II 165 E. 2; Botschaft, a.a.O. S. 656 f.; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 2. Aufl. BGE 113 II 213 S. 217 1986, Rz. 669 f.; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Rz. 856 ff.). Durch Klagehäufung ist es weiter möglich, dem Urteil eine weitere Wirkung als nur gegenüber Einzelnen zu verschaffen. Aus dieser Regelung lässt sich jedoch nichts für das Gegendarstellungsrecht ableiten. c) Auszugehen ist vom Zweck des Institutes. Im Unterschied zum allgemeinen Schutz der Persönlichkeit gemäss Art. 28 Abs. 1 ist das Gegendarstellungsrecht nicht an den Nachweis einer widerrechtlichen Verletzung gebunden. Es soll dem Betroffenen ermöglichen, unabhängig von einem solchen Nachweis und wenn immer möglich ohne Anrufung des Richters einer Tatsachendarstellung, die ihn in seiner Persönlichkeit berührt, eine eigene Version entgegenzustellen ( Art. 28g Abs. 1 ZGB ; Botschaft, a.a.O. S. 672; HAUSHEER, Verstärkter Persönlichkeitsschutz: Der Kampf ums Recht an verschiedenen Fronten, in: Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg 1977, S. 85-87; TERCIER, a.a.O. Rz. 1276-1279; TERCIER, Erste Erfahrungen mit dem neuen Persönlichkeitsrecht, ZSR NF 106/1987, 1. Halbbd., S. 193). Im Sinne des Rechtsschutzes durch Verfahren soll eine Art "Waffengleichheit" herbeigeführt werden (REHBINDER, Die Neuordnung des Gegendarstellungsrechts, in: recht 1985, S. 76). Gemäss Art. 28k Abs. 1 ZGB ist die Gegendarstellung daher vom Medienunternehmen sobald als möglich zu veröffentlichen, und zwar so, dass sie den gleichen Personenkreis wie die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht. Unter Medienunternehmen im Sinne dieser Bestimmung ist demnach - dem Zweck des Gegendarstellungsrechts entsprechend - jene Person oder jene Organisationseinheit zu verstehen, die in der Lage ist, die Gegendarstellung rasch und auf dem gleichen Weg an den gleichen Personenkreis wie die beanstandete Tatsachendarstellung heranzutragen. Dies ist im Falle der Presse in aller Regel der Zeitungsverleger. Dieser trägt die Verantwortung für die Publikationen, verfügt über das Publikationsorgan und kann daher im Normalfall die Veröffentlichung der Gegendarstellung in einer Form anordnen, welche die gleiche Wirkung wie die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 676 und 678; BUCHER, Natürliche Personen und Persönlichkeitsschutz, Rz. 680; TERCIER, Le nouveau droit, Rz. 1382). d) Von diesem Normalfall geht der italienische Wortlaut aus, wenn in den Art. 28i, 28k und 28l ZGB von "impresa responsabile del mezzo di comunicazione" gesprochen wird (vgl. auch Botschaft, BGE 113 II 213 S. 218 a.a.O. S. 676). Daran hat sich auch die Lehre für die Umschreibung des gegendarstellungspflichtigen Unternehmens orientiert. Nach TERCIER (Le nouveau droit, Rz. 1381 f.) ist dasjenige Unternehmen gegendarstellungspflichtig, das die Verantwortung für die Verbreitung der Informationen trägt. Diese Verantwortlichkeit setze das Recht voraus, letztlich über den Inhalt der verbreiteten Informationen zu entscheiden, nötigenfalls gegen den Willen der daran beteiligten Personen. Dies sei in der Regel der Verleger. BARRELET (Droit suisse des mass media, Rz. 667) fasst noch etwas enger zum vornherein nur den im Impressum angegebenen verantwortlichen Verleger ins Auge. Auch die Vorinstanz hat sich von dieser auf den Normalfall zugeschnittenen Umschreibung des Gegendarstellungsverpflichteten leiten lassen. Adressat des Gegendarstellungsgesuches sei das Unternehmen, das für die Veröffentlichung die Verantwortung trage, d.h. das Unternehmen, das letztlich darüber entscheide, welche Informationen verbreitet würden. Regelmässig sei dies der Verleger. Nicht massgebend sei dagegen, wer für den Inhalt der beanstandeten Mitteilung verantwortlich sei, weshalb der Gegendarstellungsanspruch gegenüber einem Inserenten nicht geltend gemacht werden könne (zustimmend: BARRELET, a.a.O., Rz. 667; TERCIER, Erste Erfahrungen, S. 194). e) Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt nun darin, dass der Beklagte seine Beiträge zur politischen Meinungsbildung - in der Regel - nicht durch ein eigenes Zeitungsorgan verbreitet. Er bedient sich vielmehr regelmässiger Inserate, die er in einer grossen Anzahl bestehender Zeitungen erscheinen lässt. Im Unterschied zu anderen politischen Inseraten, die z.B. vor Wahlen oder Abstimmungen veröffentlicht werden, zeichnen sich die Inserate des Beklagten neben ihrem regelmässigen Erscheinen durch die Kennzeichnung als besonderer Meinungsträger - "Trumpf Buur" - aus. Nicht zu Unrecht wird in diesem Zusammenhang von der "Zeitung in der Zeitung" gesprochen. Es liegt "Medienhuckepack" vor. Diese Verbreitungsform von politischen Stellungnahmen erlaubt den Zugang zu einem besonders breiten Leserkreis, der mit einem selbständigen Zeitungsorgan kaum erreicht werden könnte, da auf dem Inserateweg die Leserschaften verschiedener Zeitungsorgane addiert werden können. Gegen Inserenten, die sich in diesem Sinne als besonders gekennzeichnete Meinungsträger regelmässig an das Publikum wenden, ist ein Recht auf Gegendarstellung zu bejahen. Nur auf diese BGE 113 II 213 S. 219 Weise kann der wesentlichen, den Zweck des Gegendarstellungsrechts zum Ausdruck bringenden Vorschrift von Art. 28k Abs. 1 ZGB Nachachtung verschafft werden, wonach die Gegendarstellung rasch den gleichen Personenkreis erreichen muss wie die beanstandete Tatsachenfeststellung. Es ist davon auszugehen, dass der Betroffene - wenn überhaupt - nur unter erschwerten Bedingungen alle Publikationsorgane fristgerecht in Erfahrung bringen könnte, die den beanstandeten Text veröffentlicht haben. Würde Grossinserenten der vorliegenden Art keine Gegendarstellungspflicht treffen, so wäre nicht ersichtlich, wie sie nur schon dazu verhalten werden könnten, dem Betroffenen die fraglichen Publikationsorgane anzugeben. Aufgrund der kurzen Fristen von Art. 28i Abs. 1 ZGB für das Gegendarstellungsgesuch müsste der Betroffene damit rechnen, sich wegen Fristablaufs nicht in allen Publikationsorganen mit seiner eigenen Darstellung der Tatsachen zur Wehr setzen zu können. Der Betroffene besitzt somit nur dann die Möglichkeit, sich mit einer Gegendarstellung rasch und umfassend gegen eine Tatsachendarstellung zu wehren, wenn er Grossinserenten wie den Beklagten direkt ins Recht fassen kann. Diese Lösung ist für den Betroffenen zudem einfacher, als wenn er sich mit vielen Einzelverlegern auseinandersetzen müsste - soweit er sie überhaupt in Erfahrung brächte -, obwohl er diese gemäss Art. 28l Abs. 2 ZGB am gleichen Gerichtsstand einklagen könnte. Eine wirkungsmässig gleiche Verbreitung der Gegendarstellung erfordert zudem, dass sie wiederum als Inserat unter der bekannten Kennzeichnung des besonderen Medienträgers erscheint, da die Leserschaften der einzelnen Teile einer Zeitung durchaus verschieden sein können. So besteht eher Gewähr, dass die Leserschaft ohne weiteres den Zusammenhang zwischen der Gegendarstellung und der beanstandeten Tatsachenfeststellung herstellen kann. f) Wird der regelmässige Grossinserent im hier verstandenen Sinne direkt ins Recht gefasst, so bleibt allerdings zu beachten, dass dieser in der Regel keine Gewähr für die Veröffentlichung der Gegendarstellung bieten kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Verleger des Presseorgans gegenüber dem Inserenten eine entsprechende Verpflichtung eingegangen ist. Ansonsten verbleibt dem Verleger die Möglichkeit, die Veröffentlichung ungeachtet der Tatsache, dass der Inserent allenfalls sogar gerichtlich zu einer solchen verpflichtet worden ist, abzulehnen. Gleiches trifft indessen auch für die aufgrund von Art. 28 ff. ZGB erstrittene Urteilsveröffentlichung zu. Es rechtfertigt sich nicht, eine rasche und BGE 113 II 213 S. 220 gleich verbreitete Gegendarstellung zur beanstandeten Tatsachenfeststellung wegen dieser Gefahr auch in jenen - wohl grossmehrheitlichen - Fällen scheitern zu lassen, in denen der Verleger gegen die Gegendarstellung nichts einzuwenden oder sich gegenüber dem Grossinserenten zu deren Veröffentlichung verpflichtet hat. Hinzu kommt, dass der Verleger die Veröffentlichung - zumindest im Werbeteil - häufig ebenfalls nicht garantieren kann. Das trifft insbesondere zu, wenn der Zeitungs-Verleger die Verfügung über seinen Anzeigeteil durch einen Pachtvertrag einem Dritten überlassen hat. Im heutigen Pressewesen kann die Loslösung des Werbeteils sogar soweit gehen, dass mehrere Verleger ihren Werbeteil an den gleichen Dritten mit dem Ziel abtreten, in den entsprechenden Zeitungen die gleichen Inserate erscheinen zu lassen, um einen grösseren Marktanteil zu erreichen. Es erscheint daher kaum als sinnvoll, den Betroffenen für eine Gegendarstellung im Inserateteil gezwungenermassen statt an den Inserenten an den Verleger zu verweisen, der unter Umständen sowenig direkt über den Anzeigeteil verfügen kann wie dieser. Im Falle der Verpachtung des Anzeigenteils an einen Dritten kann der Verleger eine Gegendarstellung im wesentlichen nur unter den gleichen Voraussetzungen wie der hier in Frage stehende Grossinserent veröffentlichen, nämlich wenn er mit dem Werbeunternehmen eine Abrede über deren Veröffentlichung getroffen hat oder indem er selber ein Inserat aufgibt. Wegen dieser allfälligen Durchsetzungsschwierigkeiten wird aber zu Recht nicht verneint, dass an den Verleger gleichwohl ein Gegendarstellungsgesuch gerichtet werden kann. Ebensowenig rechtfertigt sich eine solche Folgerung für den Inserenten. Im übrigen obliegt es in erster Linie dem Betroffenen, sich über die allfälligen Durchsetzungsschwierigkeiten Rechenschaft zu geben und das Vorgehen entsprechend zu wählen. Er soll darüber entscheiden, ob er anstelle der "Zeitung in der Zeitung" die einzelnen Zeitungsverleger als Gegendarstellungsverpflichtete angehen will. g) Dass es dabei zu einer Überschneidung der Gegendarstellungsverfahren kommen kann, wenn sich der Betroffene sowohl an den Grossinserenten als auch an die Verleger der einzelnen Publikationsorgane wendet, fällt ebenfalls nicht entscheidend ins Gewicht. Es steht zum vornherein fest, dass es in jedem Publikationsorgan nur zu einer Gegendarstellung kommen kann. Durch den erfolgreichen Abschluss des einen Gegendarstellungsverfahrens BGE 113 II 213 S. 221 fällt das andere mangels Rechtsschutzinteresses dahin. Ein Festhalten am gegenstandslosen Verfahren müsste zudem als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden (BARRELET, a.a.O. Rz. 654). h) Es trifft zu, dass die "Zeitung in der Zeitung" selber wieder abzugrenzen bleibt. Sie lässt sich jedenfalls nicht mit den Nachrichten- und Werbeagenturen vergleichen. Eine "Zeitung in der Zeitung" im hier verstandenen Sinne liegt nur vor, wenn Inserate in einer Zeitung regelmässig als besonderer Meinungs- oder Informationsträger gekennzeichnet in Erscheinung treten. Dies trifft auf die in der Zeitung als Hilfsmittel der Redaktion verwendeten Beiträge von Nachrichtenagenturen, auch wenn diese als Informationsquelle genannt werden, sowenig zu wie auf irgendwelche Inserate, bei denen Werbeagenturen beteiligt sind. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es dennoch denkbar wäre, Nachrichten- und Werbeagenturen als gegendarstellungsverpflichtete Medienunternehmen zu betrachten, ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu entscheiden (für Nachrichtenagenturen grundsätzlich bejahend: BARRELET, a.a.O. Rz. 667). i) Zusammenfassend ergibt sich also, dass im Falle von Inseraten, die regelmässig in einer Vielzahl von Zeitungen als besonderer Meinungs- oder Informationsträger gekennzeichnet erscheinen, nicht nur die einzelnen Verleger gegendarstellungspflichtig sind, sondern auch der betreffende Grossinserent, wobei es indessen in jedem Publikationsorgan nur zu einer Gegendarstellung kommen kann. Nachdem diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, hat die Vorinstanz die Passivlegitimation des beklagten Vereins zu Unrecht verneint. 3. Zu prüfen bleibt, ob im vorliegenden Fall überhaupt ein Gegendarstellungsanspruch besteht. Über das Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen hat die Vorinstanz jedoch noch nicht befunden und auch keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Die Sache ist daher zur Vervollständigung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 OG ).
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Urteilskopf 138 III 689 104. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_234/2012 vom 28. September 2012
Regeste Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; Hinzurechnung zur Errungenschaft; unentgeltliche Zuwendung und Erfüllung einer sittlichen Pflicht. Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und Prüfung, ob Unterhaltszahlungen an die Mutter des nichtehelichen Kindes der Hinzurechnung unterliegen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 689 BGE 138 III 689 S. 689 A. X. (Ehemann, geb. 1955) und Y. (Ehefrau, geb. 1960) heirateten am 26. August 1983. Aus der Ehe ging die gemeinsame Tochter A. (geb. 1991) hervor. Im September 1999 bzw. August 2001 bewilligte das Bezirksgericht Muri den Ehegatten auf Antrag von Y. das Getrenntleben und traf die entsprechenden Regelungen. Am 3. Dezember 2007 machte die Ehefrau die Klage auf Scheidung beim Kantonsgericht Zug anhängig. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 des Kantonsgerichts Zug wurde die Ehe geschieden und wurden die Nebenfolgen geregelt. Dabei wurde u.a. Y. verpflichtet, X. in Abgeltung seiner güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 32'266.40 zu bezahlen. Zur Ermittlung der güterrechtlichen Ansprüche rechnete das Kantonsgericht der Errungenschaft von X. den Betrag von Fr. 116'000.- BGE 138 III 689 S. 690 hinzu, den er an B. geleistet hatte. B. ist die Mutter von C. (geb. 2000), den X. am 5. April 2005 als sein Kind anerkannte. B. Gegen das Urteil gelangte X. mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte u.a., dass Y. ihm aus Güterrecht Fr. 92'292.40 zu bezahlen habe. Zur Begründung führte er an, dass bei seiner Errungenschaft zu Unrecht der Betrag von Fr. 116'000.- als "unentgeltliche Zuwendung" (im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ) hinzugerechnet worden sei. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 28. Februar 2012 teilweise gut und verpflichtete Y., X. in Abgeltung güterrechtlicher Ansprüche den Betrag von Fr. 34'292.40 zu bezahlen. Im Übrigen wurde das erstinstanzliche Urteil (mit der erwähnten Hinzurechnung) bestätigt. C. Mit Eingabe vom 22. März 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug vom 28. Februar 2012 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung. Y. (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht schliesst ohne weitere Gegenbemerkungen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien, welche dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung unterstanden. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer (neben dem Kindesunterhalt) von Juli 2005 bis November 2007 monatliche Zahlungen von Fr. 4'000.- an B., die Mutter des von ihm anerkannten Kindes, geleistet hat. Einziger Streitpunkt ist die Hinzurechnung von insgesamt Fr. 116'000.- zur Errungenschaft des Beschwerdeführers, welche das Obergericht im Umfang der Geldzahlungen an die Mutter seines nichtehelichen Kindes vorgenommen hat. 3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Geldzahlungen seien entgegen der Auffassung des Obergerichts keine "unentgeltlichen Zuwendungen" im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB , weshalb die Hinzurechnung zu seiner Errungenschaft eine Rechtsverletzung darstelle. Sein überschüssiges Einkommen könne er rechtmässig verbrauchen, was er im Interesse seines nichtehelichen Kindes BGE 138 III 689 S. 691 getan habe, indem er diesem durch die Geldzahlungen an die Mutter eine gute mütterliche Fürsorge und Betreuung sichergestellt habe.Die Zahlungen an die Mutter des Kindes habe er gestützt auf eineverantwortungsvolle, soziale Entscheidung als sittliche Pflicht erfüllt. 3.2 Gemäss Art. 208 Abs. 1 ZGB werden zur Errungenschaft hinzugerechnet: die unentgeltlichen Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letzten fünf Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustimmung des anderen Ehegatten gemacht hat, ausgenommen die üblichen Gelegenheitsgeschenke (Ziff. 1), sowie Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes vorgenommen hat, um den Beteiligungsanspruch des andern zu schmälern (Ziff. 2). Zweck der Bestimmung ist, die Anwartschaft des Ehegatten auf Beteiligung am Vorschlag des anderen zu schützen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, N. 5 zu Art. 208 ZGB ). Der Beschwerdeführer hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, Errungenschaft zu bilden, zumal er seine Pflicht, Unterhalt an die Ehefrau und das gemeinsame Kind zu leisten, nicht verletzt habe und daher in guten Treuen auf das Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den Geldzahlungen habe schliessen dürfen. Damit und mit seinem Vorbringen, die Geltendmachung des Hinzurechnungsanspruchs komme einer "doppelten Alimentierung" der Beschwerdegegnerin gleich und sei rechtsmissbräuchlich, geht er fehl. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die grundsätzliche Dispositionsfreiheit der Ehegatten gemäss Art. 201 Abs. 1 ZGB nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gilt ( BGE 118 II 27 E. 4b S. 30 f.) und das Gesetz gewisse illoyale Vermögensverminderungen sanktioniert (HUWILER, Beiträge zur Dogmatik des neuen ordentlichen Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, in: Das neue Ehe- und Erbrecht [...], 1988, S. 98). Das Obergericht hat verneint, dass eine Vermögensentäusserung mit Schmälerungsabsicht im Sinne von Ziff. 2 von Art. 208 Abs. 1 ZGB vorliege. In Frage kommt daher nur eine Hinzurechnung gemäss Ziff. 1. 3.3 Unter einer unentgeltlichen Zuwendung (libéralité, liberalità) im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sind alle Arten von Vermögensentäusserungen ohne Gegenleistung zu verstehen, welche die Errungenschaft vermindert oder deren Zunahme verhindert haben (STEINAUER, in: Commentaire romand, Code civil, Bd. I, 2010, N. 11 zu Art. 208 ZGB ; vgl. Botschaft vom 11. Juli 1979 über die Änderung des ZGB [Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und BGE 138 III 689 S. 692 Erbrecht], BBl 1979 II 1191, 1317 Ziff. 222.532; Urteil 5C.111/2002 vom 26. August 2002 E. 2.1.3, in: FamPra.ch 2003 S. 388). Das Obergericht hat die Geldzahlungen des Beschwerdeführers als unentgeltliche Zuwendung erfasst und die Erfüllung einer sittlichen Pflicht verneint. 3.3.1 Laut der Botschaft (a.a.O.) fallen unter die unentgeltlichen Zuwendungen auch "Leistungen aufgrund einer moralischen Verpflichtung". Nach der Lehre soll der Begriff "unentgeltliche Zuwendungen" möglichst gleich wie in Art. 527 Ziff. 1 ZGB ausgelegt werden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 20 zu Art. 208 ZGB ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2. Aufl. 2009, Rz. 1319 S. 604). Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht unterliegt nach der Rechtsprechung der Herabsetzung gestützt auf Art. 527 ff. ZGB ( BGE 116 II 243 E. 4a und b S. 245; BGE 102 II 313 E. 4c S. 325 f.), weshalb die analoge Anwendung auf Art. 208 ZGB befürwortet wird (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, a.a.O., Rz. 1320 und Fn. 38 S. 604). Nach einem Teil der Lehre vermag eine bloss systematische Überlegung nicht zu begründen, warum das Recht eines Ehegatten beschränkt werden soll, eine sittliche Verpflichtung zu erfüllen. Eine Handlung soll demnach von der Herabsetzung ausgenommen werden, wenn ihr Unterlassen als unsittlich angesehen werden müsste, nicht jedoch, wenn die Vornahme moralisch bloss vertretbar erscheine (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 22 a.E. zu Art. 208 ZGB ). Inwieweit allgemein die Erfüllung einer sittlichen Pflicht von Art. 208 ZGB erfasst ist, kann mit Blick auf die konkret in Frage stehenden Zahlungen des Beschwerdeführers - wie sich aus dem Folgenden ergibt - offengelassen werden. 3.3.2 Das Gesetz gewährt der Mutter eines nichtehelichen Kindes lediglich einen Anspruch für die "Kosten des Unterhalts" für eine beschränkte Zeit vor und nach der Geburt ( Art. 295 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB ), welcher als eine Art Entschädigung verstanden wird (BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 295 ZGB ; MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 1111 S. 640 f. mit Hinweisen). Der Anspruch gemäss Art. 295 ZGB bedeutet jedoch keinen Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung, welcher de lege lata nicht besteht (im Gegensatz zum deutschen Recht, vgl. § 1651 l Abs. 2 BGB; vgl. RUMO-JUNGO, Betreuungsunterhalt bei getrennt lebenden nicht verheirateten Eltern - ein Denkanstoss, recht 26/2008 S. 31 ff.). Der Bundesrat hat auch kürzlich keinen hinreichenden Grund gesehen, um einen BGE 138 III 689 S. 693 status un abhängigen Betreuungsunterhalt vorzuschlagen (Botschaft vom 16. November 2011 zur Änderung des ZGB [Elterliche Sorge], BBl 20119077, 9096 Ziff. 1.5.5.2). Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann sich jedoch auf einen Vertrag mit dem Vater stützen (MEIER/STETTLER, a.a.O.). Vereinbarungen ausserhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht erscheinen grundsätzlich als Schenkungsversprechen ( Art. 239 OR ) oder als Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht (vgl. HAUSHEER/SPYCHER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, Rz. 06.201 S. 473; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 21.24 S. 162). 3.3.3 Der Beschwerdeführer und B. haben offenbar am 27. Juni 2005 eine schriftliche Vereinbarung betreffend Unterhalt getroffen. Darin kann jedoch nicht das Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht erblickt werden. Zu Recht hat das Obergericht erwogen, dass dem Beschwerdeführer kein unsittliches Verhalten vorzuwerfen gewesen wäre, wenn er keine Zahlungen an B. für die Betreuung des über 5-jährigen Kindes geleistet hätte, während er gleichzeitig mit der Beschwerdegegnerin im ordentlichen Güterstand lebte. Dass der Beschwerdeführer aufgrund der tatsächlichen konkreten Erziehungslasten (vgl. BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109, betreffend Nachscheidungssituation) oder aufgrund eines Konkubinatsverhältnisses (vgl. Urteil der Cour de Cassation Civile/NE vom 25. April 1979 E. 3, in: Recueil de jurisprudence neuchâteloise [RJN] 1979 S. 269) sittlich verpflichtet gewesen wäre, B. zu unterstützen, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen bzw. hat die Vorinstanz verneint, was nicht in Frage gestellt wird. Insoweit ist nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht zum Schluss gelangt ist, dass die Geldzahlungen des Beschwerdeführers an die Mutter seines nichtehelichen Kindes als "Zuwendung" gemäss Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB gelten. 3.4 Was der Beschwerdeführer weiter vorbringt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Entgegen seiner Darstellung konnte er nicht ein Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den erwähnten Geldzahlungen annehmen. Aus dem angefochtenen Urteil gehen in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte hervor, welche auf das Vorliegen einer sich aus den Umständen ergebenden Zustimmung der Beschwerdegegnerin schliessen lassen (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 33 zu Art. 208 ZGB ). Die Geldzahlungen des Beschwerdeführers fallen sodann unbestrittenermassen nicht unter "übliche Gelegenheitsgeschenke", und sie wurden innerhalb der letzten BGE 138 III 689 S. 694 fünf Jahre vor dem 3. Dezember 2007 (Einreichung des Scheidungsbegehrens), d.h. dem für die Auflösung des Güterstandes massgebenden Zeitpunkt ( Art. 204 Abs. 2 ZGB ), vorgenommen. Wenn das Obergericht die Geldzahlungen im Umfang von Fr. 116'000.- an B. gestützt auf Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Errungenschaft des Beschwerdeführers hinzugerechnet hat, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar. Somit bleibt es bei der im angefochtenen Urteil angeordneten güterrechtlichen Nebenfolge.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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Urteilskopf 121 II 53 9. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. März 1995 i.S. Diallo gegen Fremdenpolizei des Kantons Bern und Untersuchungsrichteramt 7 von Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft. Der bernische Untersuchungsrichter genügt den Anforderungen an eine "richterliche Behörde" im Sinne von Art. 13c Abs. 2 ANAG und an ein "Gericht" im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht.
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 121 II 53 S. 53 Badara Diallo, wie er sich gegenüber der Untersuchungsrichterin 7 von Bern nannte, ist zuvor gegenüber den Behörden unter verschiedenen anderen Namen aufgetreten. Vorerst stellte er am 28. November 1991 unter dem Namen Papa Amadou Diallo, senegalesischer Staatsangehöriger, ein Asylgesuch, auf welches mit Entscheid des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 3. Juni 1992 nicht eingetreten wurde, da der Gesuchsteller in der Zwischenzeit ohne Angabe einer Adresse verschwunden war. Ein zweites Asylgesuch reichte er am 16. Dezember 1993 ein, nunmehr unter dem Namen Dieudonné Occansey, Staatsangehöriger von Togo. Auf dieses Gesuch trat das Bundesamt für Flüchtlinge am 28. Februar 1994 wegen Verheimlichung der Identität nicht ein; es ordnete ferner die Wegweisung an und beauftragte den Kanton Bern mit dem Vollzug. Als Badara Diallo sodann am 8. Februar 1995 angehalten BGE 121 II 53 S. 54 werden konnte, wies er sich mit französischen Papieren aus, lautend auf den Namen Mamoudou Kaba, aufgrund derer er nach Frankreich ausgeschafft wurde. Die französischen Behörden stellten in der Folge die Fälschung fest und übergaben ihn wieder den schweizerischen Behörden. Am 10. Februar 1995 ordnete die Fremdenpolizei des Kantons Bern die Ausschaffungshaft an, welche von der Untersuchungsrichterin 7 von Bern am 14. Februar 1995 nach Durchführung einer Verhandlung bestätigt wurde. Gegen den Entscheid der Untersuchungsrichterin hat Badara Diallo am 27. Februar 1995 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Die Untersuchungsrichterin stellt in ihrer Vernehmlassung vom 2. März 1995 Antrag auf Abweisung der Beschwerde, während die Fremdenpolizei des Kantons Bern auf Stellungnahme verzichtet hat. Badara Diallo machte am 14. März 1995 von der Möglichkeit Gebrauch, sich nochmals zu äussern. Der Instruktionsrichter des Bundesgerichts unterbreitete am 7. März 1995 dem Regierungsrat des Kantons Bern die Frage, ob es sich beim Untersuchungsrichter nach Art. 18b der bernischen Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer um eine "richterliche Behörde" im Sinne von Art. 13c Abs. 2 ANAG und um ein "Gericht" im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK handelt. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement wurde ersucht, in seiner Vernehmlassung ebenfalls zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Regierungsrat und Departement erstatteten ihre Antworten am 17. März 1995. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Februar 1995 trat das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht in Kraft (AS 1995 151), mit welchem u.a. die im Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, SR 142.20) vorgesehenen Bestimmungen über den Vollzug ausländerrechtlicher Massnahmen grundlegend geändert wurden. In Art. 13a ANAG (neue Fassung) sind die Voraussetzungen der Vorbereitungshaft, in Art. 13b ANAG jene für die Ausschaffungshaft geregelt. Gemäss Art. 13c Abs. 2 ANAG sind die Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft spätestens nach 96 Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu prüfen. Art. 5 Ziff. 4 EMRK BGE 121 II 53 S. 55 bestimmt, dass jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft entzogen wird, das Recht hat, ein Verfahren zu beantragen, in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet wird. Art. 18b der vom Regierungsrat des Kantons Bern am 21. Dezember 1994 geänderten Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer setzt als richterliche Behörde, welche Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft überprüft, den Untersuchungsrichter ein. Es stellt sich vorliegend die Frage, ob der Untersuchungsrichter den Anforderungen von Gesetz und Konvention genügt. 2. a) Bezüglich des Begriffs der richterlichen Behörde im Sinne von Art. 13c Abs. 2 ANAG verweist die Botschaft des Bundesrates auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK (BBl 1994 I 325). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verlangt diese Konventionsbestimmung nicht notwendigerweise ein ordentliches Gericht klassischer Natur, das in die herkömmliche Justizorganisation integriert ist. Es muss aber von der Verwaltung und den Parteien unabhängig sein und ein justizförmiges Verfahren garantieren, das der konkreten Art des Freiheitsentzugs, der in Frage steht, angemessen ist (Urteil i.S. De Wilde, Ooms und Versyp, Série A vol. 12, Ziff. 78; Urteil i.S. Weeks, Série A, vol. 114, Ziff. 61). Die Anforderungen an ein Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK sind strenger als jene, welche im Rahmen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK gelten. Die letztgenannte Bestimmung verlangt, dass derjenige, der wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung festgenommen wird, unverzüglich einem Richter oder einem andern, gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt wird. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wurde angenommen, beim Bezirksanwalt des Kantons Zürich und dem Verhörrichter des Kantons Thurgau handle es sich um gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigte Beamte, die den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK genügen würden, nicht aber jenen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK für das Verfahren der gerichtlichen Haftprüfung ( BGE 115 Ia 56 E. 2b S. 59/60; Urteil vom 28. September 1989, E. 4a, in EuGRZ 1989 S. 441). Im Fall Jutta Huber hielt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass der richterliche Beamte im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK , der über die Haft entscheide, zwar auch andere Funktionen ausüben dürfe, dass aber seine Unparteilichkeit Anlass zu Zweifel geben könne, wenn er befugt sei, später als Vertreter der Anklage aufzutreten (Série A, vol. 188, Ziff. 43). Die BGE 121 II 53 S. 56 Vermischung mit der Anklagefunktion führte damit dazu, dass der Zürcher Bezirksanwalt auch den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 EMRK nicht mehr zu genügen vermochte. b) Im Unterschied zur Festnahme wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung ( Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ) verlangt die Konvention bei der Haft im Rahmen eines "schwebenden Ausweisungsverfahrens" ( Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK ) nicht, dass die festgenommene Person unverzüglich einem Richter oder einem richterlichen Beamten im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK vorgeführt wird. Gleich wie bei der Festnahme wegen des Verdachts auf eine strafbare Handlung hat der Betroffene aber gestützt auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK das Recht zu verlangen, dass von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird. Im Strafverfahren werden die beiden Konventionsgarantien von Art. 5 Ziff. 3 und 4 EMRK in den Kantonen regelmässig dadurch gewahrt, dass der Betroffene vorerst dem Untersuchungsrichter vorgeführt wird und er sich anschliessend mit einem Haftentlassungsgesuch an ein Gericht, im Kanton Bern an die Anklagekammer (vgl. Art. 128 Abs. 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1928 über das Strafverfahren des Kantons Bern, StrV), wenden kann. Zulässig ist aber auch, wie dies neuerdings für den Kanton Zürich zutrifft, dass ein von den Untersuchungs- und Anklagebehörden unabhängiger Haftrichter eingesetzt wird, der die Anforderungen von Art. 5 Ziff. 3 und 4 EMRK gleichzeitig erfüllt (vgl. dazu Urteil i.S. Blumer vom 7. Oktober 1992, in EuGRZ 1992 S. 553 ff.). c) Ob der bernische Untersuchungsrichter im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK als Richter oder aber als richterlicher Beamter zu bezeichnen ist, braucht vorliegend nicht näher untersucht zu werden. Es kommt darauf an, ob er Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK ist. Im Falle Schiesser (Urteil vom 4. Dezember 1979, Série A, vol. 34) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Terminologie der Konvention in diesem Zusammenhang Stellung genommen. Er hat dabei u.a. ausgeführt, dass sich die Kategorien des Richters und des Beamten ( Art. 5 Ziff. 3 EMRK ) voneinander unterscheiden würden, dass aber beide Behörden ähnliche Aufgaben wahrzunehmen hätten. Die Ausübung richterlicher Funktionen erschöpfe sich nicht notwendigerweise in urteilender Tätigkeit. In vielen Vertragsstaaten würden Beamte und sogar Richter solche Funktionen ausüben, ohne Recht zu sprechen, beispielsweise Mitglieder von Staatsanwaltschaften und Untersuchungsrichter BGE 121 II 53 S. 57 (zitiertes Urteil, Ziff. 27 f.). Den Unterschied zu einem Gericht ( Art. 5 Ziff. 4 EMRK ) sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorab darin, dass dessen Aufgaben Urteilscharakter (caractère juridictionnel) hätten (zitiertes Urteil, Ziff. 29 in fine). In Strafsachen ist es die Aufgabe des bernischen Untersuchungsrichters, die Voruntersuchung zu führen (Art. 91 Abs. 1 StrV) und dabei sowohl den belastenden als auch den entlastenden Tatsachen nachzugehen (Art. 89 Abs. 2 StrV). Der Untersuchungsrichter hat damit wohl richterliche, nicht aber rechtsprechende und urteilende Funktion; insoweit erscheint er nicht als Gericht im Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK . 3. a) Nun lässt sich freilich die Auffassung vertreten, in ausländerrechtlichen Fragen übe der Untersuchungsrichter ausschliesslich die Funktion des Richters aus, der die Haft überprüfe, er sei insoweit urteilender Richter, sei von der Verwaltung, insbesondere auch von der Fremdenpolizei unabhängig und entspreche daher den Anforderungen, welche Art. 5 Ziff. 4 EMRK an ein Gericht stelle. In diesem Sinne äussern sich sowohl der Regierungsrat des Kantons Bern wie auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement. Immerhin weist das Departement darauf hin, dass beim Haftgrund von Art. 13a lit. e ANAG Überschneidungen denkbar sind. Es führt überdies an, dass es weitgehend vom persönlichen Selbstverständnis des Untersuchungsrichters abhängen dürfte, ob er sich im Einzelfall von seinen untersuchungsrichterlichen Funktionen zu lösen vermöge und die beiden Aufgaben sorgsam zu trennen wisse. b) Nach dem vom Departement angeführten Haftgrund von Art. 13a lit. e ANAG kann Haft während der Vorbereitung des Entscheides über die Aufenthaltsberechtigung und auch nach Eröffnung eines erstinstanzlichen Weg- oder Ausweisungsentscheids ( Art. 13b lit. b ANAG ) dann angeordnet werden, wenn der Ausländer Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist. Bei diesem Haftgrund liegt auf der Hand, dass es zu einer Verflechtung mit der Strafverfolgungsfunktion des Untersuchungsrichters kommen kann. Aber auch bei anderen Haftgründen ist dies sehr wohl möglich. In seiner Botschaft zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht wies der Bundesrat mit Nachdruck auf die Problematik kriminellen und dissozialen Verhaltens von Asylbewerbern und anderen Ausländern und deren renitentes Verhalten im Asyl- und Wegweisungsverfahren hin (BBl 1994 I 306, 308, 315). Es ist darum naheliegend, dass auch bei den Haftgründen, die nicht auf strafbarem Verhalten beruhen, die Gefahr einer BGE 121 II 53 S. 58 Vermischung von Funktion und Aufgabe als Haftrichter für die ausländerrechtliche Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft droht, beispielsweise bei einem illegal anwesenden Ausländer, der in der Drogenszene aufgegriffen wird. c) Es ist zwar anzunehmen, dass es jeweils nicht derselbe Untersuchungsrichter sein wird, dem im Einzelfall die Verantwortung für die strafrechtliche Voruntersuchung und zugleich für die Haftprüfung obliegt. Entscheidend ist aber nicht dies. Wie schon dargelegt, muss ein Gericht, das den Anforderungen von Art. 5 Ziff. 4 EMRK genügen soll, ein Verfahren garantieren, das der konkreten Art des Freiheitsentzugs, der in Frage steht, angemessen ist. Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft haben zum Zweck, die Durchführung des Wegweisungsverfahrens und den Vollzug des Weg- oder Ausweisungsentscheids sicherzustellen. Sie dürfen nicht an die Stelle einer Untersuchungshaft treten, für welche die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Sie dürfen aber auch nicht davon entbinden, eine Voruntersuchung einzuleiten, wo eine solche angezeigt wäre. Ein Haftrichter, dessen vorrangige Aufgabe es ist, die Voruntersuchung in Strafsachen zu führen, läuft Gefahr, sich von dieser Funktion nicht vollständig zu lösen, und er bietet insoweit nicht die Garantien, welche für einen mit einem schwebenden Ausweisungsverfahren legitimierten Freiheitsentzug erforderlich sind. Ein Gericht, das über die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haft befindet, muss überdies nicht nur tatsächlich unabhängig und unparteilich sein, es muss nach aussen hin seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auch glaubwürdig vermitteln (MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, Zürich 1993, N. 366, S. 217 f.; vgl. ferner das zitierte Urteil Jutta Huber, Série A vol. 188, Ziff. 43, sowie Urteil vom 26. November 1992 i.S. Brincat, Série A, vol. 249-A, Ziff. 20). Mit dem Begriff des Untersuchungsrichters wird aber zu Recht die Vorstellung verbunden, dass er die Strafuntersuchung führt und dass er im Strafverfahren Untersuchungshaft anordnet. Eine Person, welche verhaftet wird, dürfte regelmässig annehmen, sie werde einer Straftat beschuldigt. Ein Ausländer, dem tatsächlich Straftaten zur Last gelegt werden, und der anderseits in Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen werden soll, kann nicht Vertrauen in die Unparteilichkeit des Untersuchungsrichters als Haftrichter haben, wenn er zur gleichen Zeit durch einen anderen Untersuchungsrichter in der Strafsache vernommen wird. Das Protokoll, das BGE 121 II 53 S. 59 im vorliegenden Fall über die Verhandlung vor der Untersuchungsrichterin aufgenommen wurde, ist wie folgt eingeleitet: "Aus der Ausschaffungshaft wird vorgeführt: ... Dieser deponiert als Angeschuldigter: ..." Auch wenn das ein Versehen sein dürfte, illustriert es doch, dass ein Untersuchungsrichter für die ausländerrechtliche Haftprüfung jedenfalls nach aussen nicht glaubwürdig seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu vermitteln vermag. 4. Aus diesen Gründen bietet der in Art. 18b der bernischen Verordnung über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer als Haftrichter eingesetzte Untersuchungsrichter nicht die Garantien, welche für die Überprüfung von Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft erforderlich sind. Die von der Fremdenpolizei gegen den Beschwerdeführer angeordnete Ausschaffungshaft entbehrt der Grundlage, weil sie nicht durch eine Behörde bestätigt wurde, welche den Anforderungen von Art. 13c Abs. 2 ANAG und von Art. 5 Ziff. 4 EMRK entspricht. Ob materiell die Haft begründet wäre, braucht nicht geprüft zu werden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und der Beschwerdeführer, der nach den Akten auch nicht etwa die öffentliche Sicherheit gefährdet, aus der Ausschaffungshaft zu entlassen.
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Urteilskopf 100 IV 132 33. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Juli 1974 i.S. Moser gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden
Regeste Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . Bedingter Strafvollzug bei Fahren in angetrunkenem Zustand. Erneute Straflälligkeit auf gleichem Gebiet nach früherer bedingter Verurteilung schafft für sich allein Grund zu ungünstiger Prognose.
Erwägungen ab Seite 132 BGE 100 IV 132 S. 132 Aus den Erwägungen: Die Vorinstanz geht unter Bezugnahme auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ( BGE 95 IV 52 Erw. 1/b und 57 Erw. 1, BGE 96 IV 103 Erw. 1, BGE 98 IV 160 ) richtigerweise davon aus, dass wegen der besonderen Natur des Tatbestandes des Fahrens in angetrunkenem Zustand von der Möglichkeit, den bedingten Strafvollzug zu gewähren, bloss mit grosser Zurückhaltung Gebrauch zu machen sei. Wenn dies schon gegenüber Ersttätern und sonst gut beleumdeten Motorfahrzeugführern gilt, so erst recht gegenüber solchen, die kurzfristig erneut wegen der gleichen Straftat zur Rechenschaft gezogen werden, d.h. die ihnen eingeräumte Bewährungsfrist nicht erfolgreich zu bestehen vermocht haben. Das aber ist beim Beschwerdeführer der Fall. Kaum einen Monat nach der am 27. Dezember 1972 erfolgten Verurteilung lenkte er wieder seinen Wagen in angetrunkenem Zustand. Damit offenbarte er die Wirkungslosigkeit des ihm vom Richter geschenkten Vertrauens und seine Unfähigkeit, sich nicht einmal unter dem Drucke des drohenden Widerrufs der Rechtswohltat des bedingten Strafvollzugs zu einer bessern Lebensführung zu bequemen. Es ist daher verständlich, wenn die Vorinstanz bei der Beurteilung BGE 100 IV 132 S. 133 der neuen Straftat keinen bessern Erfolg von einer nochmaligen Gewährung des bedingten Strafvollzugs erwarten zu können glaubte. Sie steht mit ihrer Verweigerung der genannten Rechtswohltat durchaus im Einklang mit der Rechtsprechung des Kassationshofes, der wiederholt die erneute Straffälligkeit auf gleichem oder ähnlichem Gebiet nach früherer bedingter Verurteilung für sich allein bereits als Grund für eine künftige ungute Prognose anerkannt hat. Von einer Ermessensüberschreitung in diesem Punkt kann deshalb nicht die Rede sein. An diesem Ergebnis ändert die Erklärung des Beschwerdeführers, er wolle auf das Autofahren verzichten, nichts. Für die Dauer von zwei Jahren wurde dem Beschwerdeführer der Führerausweis zwar administrativ entzogen. Insoweit kann daher von einem guten Willen und von Einsicht nicht gesprochen werden. Was nach Ablauf der administrativen Entzugsdauer geschieht, ist ungewiss. Es besteht keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer danach auf das Führen von Motorfahrzeugen verzichtet. Er behauptet denn auch nicht einmal, gegenüber der Administrativbehörde dauernd auf den Führerausweis verzichtet zu haben. Eine bloss unbestimmte Hoffnung, er werde sich künftighin wohlverhalten, genügt für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs nicht ( BGE 91 IV 1 ).
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Urteilskopf 80 I 60 12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Februar 1954 i.S. Amsler und A.-G. für Immobilien- und Hypothekarbesitz gegen Zürich, Direktion der Justiz.
Regeste Handelsregister, Löschung einer A.- G. wegen tatsächlicher Auflösung. Voraussetzungen, unter denen eine solche anzunehmen ist (Erw. 2). Bedeutung des Verdachts, es sei ein Verkauf des Aktienmantels beabsichtigt (Erw. 3) Art. 938 OR , 60, 89 HRV.
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 80 I 60 S. 60 A.- Im Handelsregister des Kantons Zürich ist seit 1937 die "A.-G. für Immobilien- und Hypothekarbesitz" (AGIH) eingetragen, mit einem Grundkapital von Fr. 600'000.--, eingeteilt in 1200 voll einbezahlte Inhaberaktien zu Fr. 500.--. Als Zweck der Gesellschaft ist angegeben der An- und Verkauf, sowie die Überbauung und Verwaltung von Liegenschaften für eigene oder fremde Rechnung, der An- und Verkauf und die Verwaltung von Schuldbriefen und die Beteiligung an Liegenschaften. Einziger Verwaltungsrat ist Amsler, in dessen Besitz sich sämtliche Aktien befinden. Über die Gesellschaft wurde am 5. August 1949 der Konkurs eröffnet. In der Folge geriet auch Amsler in Konkurs, in dessen Masse die sämtlichen Aktien der AGIH einbezogen wurden. Am 12. Mai 1953 wurde der Konkurs über die Gesellschaft infolge Rückzugs sämtlicher Konkurseingaben widerrufen. B.- Mit Schreiben vom 28. Mai 1953 forderte das Handelsregisteramt Zürich Amsler als einzigen Verwaltungsrat der AGIH unter Hinweis auf Art. 60 HRV auf, BGE 80 I 60 S. 61 innerhalb von 10 Tagen die Löschung der Gesellschaft wegen tatsächlicher Auflösung und Durchführung der Liquidation zur Eintragung anzumelden oder schriftlich nachzuweisen, dass die Gesellschaft nicht aufgelöst oder ihr Vermögen nicht liquidiert sei. Dieser Aufforderung leistete Amsler keine Folge. Erst am 11. Juni 1953, nach Ablauf der angesetzten Frist, teilte er dem Handelsregisteramt mit, er sei nicht gewillt und nicht verpflichtet, die Löschung der Gesellschaft zu veranlassen. Er bestritt, dass die Gesellschaft tatsächlich aufgelöst sei. Seit dem Konkurswiderruf habe sie zwar noch keine Geschäfte abgeschlossen, aber es bestehe die Absicht, auf ihren Namen eine Liegenschaft zu kaufen. Die Gesellschaft sei auch noch nicht liquidiert, da noch eine im Konkurs nicht eingegebene, aber nachträglich geltend gemachte Wechselforderung gegen sie bestehe. C.- Die Justizdirektion Zürich als kantonale Aufsichtsbehörde, der das Handelsregisteramt nach Art. 60 Abs. 2 HRV die Angelegenheit überwies, trat mit Verfügung vom 24. Juli 1953 auf die Eingabe Amslers vom 11. Juni 1953 wegen Verspätung nicht ein und ermächtigte das Handelsregisteramt, die AGIH im Handelsregister als tatsächlich aufgelöst zu löschen. D.- Mit der vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Beschwerde beantragt Amsler im eigenen Namen und in demjenigen der Gesellschaft die Aufhebung der Verfügung der Justizdirektion. Er beanstandet das vom Handelsregisteramt eingeschlagene Verfahren, da nicht nach Art. 60, sondern nach Art. 89 HRV vorzugehen gewesen wäre. In der Sache selbst hält er daran fest, dass die Voraussetzungen für die Löschung der A.-G. nicht gegeben seien. E. - Die Justizdirektion Zürich und das Eidgen. Justiz- und Polizeidepartement beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es kann offen bleiben, ob an Stelle des Verfahrens gemäss Art. 60 HRV dasjenige gemäss Art. 89 hätte BGE 80 I 60 S. 62 eingeschlagen werden sollen. Denn im einen wie im andern Falle erweist sich die Beschwerde materiell als begründet. 2. a) Nach ständiger Rechtsprechung muss eine A.-G. trotz dem Fehlen eines formellen Auflösungsbeschlusses der Generalversammlung im Sinne von Art. 736 Ziffer 2 OR im Handelsregister gelöscht werden, wenn sie tatsächlich aufgelöst, vollständig liquidiert und von den Beteiligten aufgegeben ist ( BGE 67 I 36 , BGE 65 I 145 und dort erwähnte Entscheide). Die Vorinstanz erachtet diese Voraussetzungen als erfüllt, weil gemäss den Mitteilungen der eidgen. Steuerverwaltung und des Konkursamtes Riesbach-Zürich die Gesellschaft seit vielen Jahren keine Tätigkeit mehr ausgeübt habe, praktisch über keine Aktiven mehr verfüge und mit Rücksicht darauf, dass der einzige Aktionär im Konkurs sei, jedenfalls für längere Zeit nicht erwarten könne, von Aktionären neue Mittel zu bekommen. b) Wie aus der angeführten Rechtsprechung hervorgeht, haben jedoch die Untätigkeit während längerer Dauer und das Fehlen von Mitteln lediglich die Bedeutung von Indizien für den entscheidenden Umstand, dass die Gesellschaft von den Beteiligten endgültig aufgegeben worden ist. Nur beim Feststehen dieser Tatsache ist es am Platze, im Interesse der Wahrheit des Handelsregisters die Löschung einer Gesellschaft zu veranlassen. Es muss daher den am Weiterbestehen des Gesellschaftseintrags Interessierten Gelegenheit geboten werden, die zunächst für eine Aufgabe der Gesellschaft sprechenden Anhaltspunkte zu widerlegen, die Untätigkeit mit stichhaltigen Gründen zu erklären und den ernstlichen Willen der Gesellschaft zum Weiterbestehen darzutun. Gelingt dieser Nachweis, so vermag selbst ein Ruhen der Tätigkeit von längerer Dauer das Bestehen der Gesellschaft nicht zu beeinträchtigen. Massgebend ist, dass dieses dann als bloss vorübergehender Zustand anzusehen ist ( BGE 55 I 351 , bestätigt durch den nicht veröffentlichten Entscheid vom 2. März 1943 i.S. Eidgen. Justiz- und Polizeidepartement gegen Eglantine S. A.). BGE 80 I 60 S. 63 c) Im vorliegenden Fall erklärt sich das Fehlen einer Geschäftstätigkeit seit mehreren Jahren ohne weiteres daraus, dass sich die Gesellschaft vom 5. August 1949 bis zum 12. Mai 1953 im Konkurs befand. Während der Hängigkeit des Konkursverfahren konnte aber die Gesellschaft selbstverständlich eine andere als auf blosse Liquidation gerichtete Tätigkeit nicht entfalten. Sie war insbesondere ausser Stande, irgendwelche neuen Geschäfte anzubahnen. Es geht deshalb nicht an, aus der ihr durch die Umstände aufgezwungenen Untätigkeit den Schluss zu ziehen, die Gesellschaft sei von den Beteiligten endgültig aufgegeben. Die Abfindung sämtlicher Gläubiger zwecks Erreichung des Konkurswiderrufs, die doch die Aufbringung nicht unerheblicher Gelder erforderte, weist gegenteils auf die Absicht hin, die Gesellschaft zu neuem Leben zu erwecken. Die Zeitspanne von nur 14 Tagen zwischen dem Konkurswiderruf und der Aufforderung des Handelsregisteramtes, das tatsächliche Weiterbestehen der Gesellschaft nachzuweisen, und zwar innert der Frist von nur 10 Tagen, ist zu kurz, als dass aus ihr irgendwelche Schlüsse gezogen werden könnten. Da die Gesellschaft nach der eigenen Darstellung des Handelsregisteramts praktisch über keine Aktiven mehr verfügt, muss sie vorerst neue Mittel beschaffen, um ihre Tätigkeit wieder aufnehmen zu können. Nach den Ausführungen der Beschwerde besteht denn auch die Absicht, mit Hilfe dritter Geldgeber der Gesellschaft unter Herabsetzung des Aktienkapitals auf Fr. 50'000.-- neue Gelder zur Verfügung zu stellen. Zur erfolgreichen Durchführung dieses Vorhabens bedarf die Gesellschaft aber selbstverständlich einer gewissen Zeit. Es muss ihr daher eine angemessene Frist eingeräumt und so Gelegenheit geboten werden, die Ernsthaftigkeit ihrer Bestrebungen und deren Erfolg unter Beweis zu stellen. Angemessen ist hier eine Frist, die mindestens 6 Monate von der Zustellung dieses Urteils an beträgt. Erst wenn nach Ablauf dieser Frist die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die tatsächliche Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit oder wenigstens ernsthafte, BGE 80 I 60 S. 64 im Gang befindliche Bemühungen um Beschaffung neuer Betriebsmittel nachzuweisen, darf angenommen werden, die Gesellschaft sei von den Beteiligten aufgegeben und daher zu löschen. 3. Wie aus dem Schreiben der eidgen. Steuerverwaltung vom 20. April 1953 an Amsler hervorgeht, besteht bei der genannten Verwaltung und beim Handelsregisteramt offenbar die Befürchtung, es sei beabsichtigt, den Aktienmantel zu verkaufen, und um einem solchen unzulässigen Vorgehen vorzubeugen, hat das Amt den unverzüglichen Nachweis einer tatsächlichen Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit gefordert. Allein die blosse Gefahr eines Mantelverkaufes vermag ein solches Vorgehen der Handelsregisterbehörden noch nicht zu rechtfertigen, da auf diese Weise auch eine ernstlich beabsichtigte und darum zulässige Weiterführung der Gesellschaft zum vorneherein verunmöglicht wäre und die Beteiligten gezwungen würden, zu einer Neugründung zu schreiten und die mit einer solchen verbundenen Kosten und Umtriebe auf sich zu nehmen. Sie haben aber ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihnen die vom Zivilrecht eingeräumte Möglichkeit, die bestehende Gesellschaft unter Aufbringung neuer Mittel weiterzuführen, gewahrt bleibt. Den Behörden stehen andere, ausreichende Rechtsbehelfe zu Gebote, um gegen einen blossen Mantelverkauf einzuschreiten. Da ein solcher als rechtsmissbräuchliche Missachtung und Vereitelung des Zwecks der Löschungspflicht anzusehen ist, der die Nichtigkeit des Geschäfts zur Folge hat ( BGE 64 II 363 ), könnten die Registerbehörden bei Feststellung eines solchen Sachverhalts in gegebenem Zeitpunkt die Konsequenzen ziehen. Die Steuerbehörde sodann hat in Art. 21 Abs. 2 StG eine Handhabe zur nachträglichen Erhebung der hinterzogenen Steuern; ferner kann sie gemäss Art. 53 lit. c StG gegen den Mantelverkäufer strafrechtlich vorgehen. Auf diese Folgen hat denn auch die Steuerverwaltung den Beschwerdeführer Amsler schon mit ihrem Schreiben vom 20. April 1953 ausdrücklich hingewiesen. BGE 80 I 60 S. 65 Für das tatsächliche Bestehen der Absicht eines unzulässigen Mantelverkaufs liegen aber zur Zeit keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Der Umstand, dass der Anwalt Amslers dessen Konkursverwaltung für die Überlassung der 1200 Aktien der AGIH den Betrag von Fr. 1200.-- angeboten hat, zwingt nicht zum Schluss auf das Vorliegen einer solchen Absicht. Die Aufbringung neuer Mittel für die Gesellschaft setzt voraus, dass der Alleinaktionär Amsler und damit die Gesellschaft über die Aktien verfügen kann. Da diese aber infolge des Beschlagsrechts der Konkursmasse Amsler dessen Verfügungsmacht entzogen sind, lag für ihn der Versuch nahe, sich diese auf dem genannten Wege zu verschaffen. Da ihm die erforderlichen Mittel für dieses Angebot an die Masse nach seiner Darstellung von der Geiag, also einer bereits bestehenden Gesellschaft, zur Verfügung gestellt werden sollten, ist auch kein Raum für die Vermutung, der Geldgeber bezwecke, sich auf diese Weise den Aktienmantel zur Umgehung der Gründungsvorschriften für eine A.-G. zu verschaffen. 4. War somit die wenige Tage nach dem Konkurswiderruf ergangene Aufforderung des Handelsregisteramtes, den Nachweis für eine tatsächliche Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit zu erbringen, verfrüht, so ist die gegen die verfügte Löschung des Handelsregistereintrags gerichtete Beschwerde begründet und daher im Sinne der vorstehenden Erwägungen gutzuheissen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen geschützt und die Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich vom 24. Juli 1953 wird aufgehoben.
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Urteilskopf 120 V 163 23. Urteil vom 3. März 1994 i.S. Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen gegen M. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 10 AHVG , Art. 28 AHVV : Beitragspflicht von Nichterwerbstätigen. - Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die Renteneinkommen eines Nichterwerbstätigen kapitalisiert und dem Vermögen hinzugerechnet werden (vgl. ZAK 1979 S. 558 f.; Erw. 4). - Die Renteneinkünfte aus einem befristeten Leibrentenvertrag sind zu kapitalisieren, da diese keine realisierbaren Vermögenswerte darstellen. Insbesondere lässt sich dann kein Höchstbetrag der Rentenleistungen ermitteln, wenn diese wie im vorliegenden Fall mit einer variablen Gewinnbeteiligung verknüpft sind (Erw. 4c).
Sachverhalt ab Seite 164 BGE 120 V 163 S. 164 A.- M. (geb. 1927) wurde als Pilot der Balair vorzeitig pensioniert und erhielt von seiner Pensionskasse per 31. Mai 1984 eine einmalige Kapitalauszahlung von Fr. 572'319.25. Von diesem Betrag setzte er Fr. 200'000.-- ein, um bei der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Zürich, durch einmalige Kapitaleinlage eine auf 13 Jahre befristete Leibrente mit Überschussbeteiligung in der Höhe von monatlich Fr. 1'537.10 (zuzüglich Überschussbeteiligung von anfänglich Fr. 170.85) zu kaufen. Am 11. Mai 1987 meldete sich M. bei der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen zur Abklärung der Beitragspflicht. Gestützt auf seine Angaben erfasste ihn die Ausgleichskasse mit Verfügungen vom 22. Mai 1987 und 4. Februar 1988 als Nichterwerbstätigen und setzte die Beiträge für die Jahre 1985-1989 aufgrund eines massgebenden Vermögens von Fr. 680'000.-- fest. Mit Nachtragsverfügung vom 10. November 1989 und Beitragsverfügung vom 14. Februar 1990 setzte die Ausgleichskasse die Beiträge für die Jahre 1989-1991 BGE 120 V 163 S. 165 auf einem Vermögen von Fr. 40'000.-- fest. Gestützt auf Meldungen der kantonalen Steuerverwaltung erliess die Ausgleichskasse in sinngemässer Wiedererwägung der früheren Verfügungen am 26. Oktober 1990 und 2. November 1990 Nachtragsverfügungen für die Beiträge pro 1985-1989. Als Berechnungsgrundlagen zog sie das ihr nachträglich gemeldete jährliche Renteneinkommen von Fr. 20'484.-- bei, das sie mit dem Faktor 30 (1985) bzw. 20 auf Fr. 614'520.-- bzw. Fr. 409'680.-- kapitalisierte und zur Bestimmung des Jahresbeitrages zum übrigen Vermögen hinzurechnete. B.- Gegen die Nachtragsverfügungen vom 26. Oktober 1990 und 2. November 1990 reichte M. Beschwerde ein mit dem Antrag, als massgebendes Vermögen sei anstelle des kapitalisierten Renteneinkommens das ursprünglich für den Leibrentenvertrag eingesetzte Kapital von Fr. 200'000.-- zum übrigen Vermögen hinzuzurechnen. Mit der Kapitalisierung sei aus diesem Betrag unzulässigerweise ein beitragspflichtiges Vermögen von Fr. 409'680.-- bzw. von Fr. 614'520.-- für 1985 gemacht worden. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen erwog, die Kapitalisierung der Bezüge des M. aus dem selbst erworbenen Leibrentenvertrag führe zu einem Ergebnis, das Sinn und Zweck der Kapitalisierung von Renteneinkommen zur Beurteilung der sozialen Verhältnisse kaum mehr entspreche, indem für die Beitragsbemessung der der Rente zugrundeliegende und dafür unmittelbar vor Leistungsbeginn eingesetzte Vermögensbetrag (Fr. 200'000.--) durch die Kapitalisierung mehr als verdoppelt bzw. für 1985 mehr als verdreifacht werde. Daher sei der Höchstbetrag der M. zustehenden Leistungen zu ermitteln und zu dem von den Steuerbehörden gemeldeten Vermögen hinzuzurechnen. Dementsprechend hiess das kantonale Gericht die Beschwerde teilweise gut und wies die Sache zur Ermittlung des massgebenden Vermögens und zur Neufestsetzung der Beiträge des M. für die Jahre 1985-1989 im Sinne der Erwägungen sowie zu entsprechender neuer Verfügung an die Ausgleichskasse zurück (Entscheid vom 18. Februar 1993). C.- Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und die Nachtragsverfügungen vom 26. Oktober 1990 und vom 2. November 1990 seien zu bestätigen. M. und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) haben auf Vernehmlassung verzichtet. BGE 120 V 163 S. 166 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 AHVG bezahlen Nichterwerbstätige je nach ihren sozialen Verhältnissen einen Beitrag von Fr. 168.-- (Mindestbeitrag bis 1985 Fr. 210.--, ab 1. Januar 1986 Fr. 300.-- und ab 1. Januar 1988 Fr. 324.--, gemäss den einschlägigen Verordnungen über Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV) bis Fr. 8'400.-- im Jahr. Der Bundesrat erlässt nähere Vorschriften u.a. über die Bemessung der Beiträge (Abs. 3 Satz 1). Gestützt darauf hat er Art. 28 bis 30 AHVV über die Beiträge der Nichterwerbstätigen erlassen. In Art. 28 Abs. 1 AHVV hat er den Begriff der "sozialen Verhältnisse" dahingehend konkretisiert, dass die Beiträge aufgrund des Vermögens und des mit 20 (bis 1985 mit 30) multiplizierten jährlichen Renteneinkommens festzusetzen sind. Verfügt ein Nichterwerbstätiger gleichzeitig über Vermögen und Renteneinkommen, so wird der mit 20 multiplizierte jährliche Rentenbetrag zum Vermögen hinzugerechnet (Abs. 2). Die kantonalen Steuerbehörden ermitteln das für die Beitragsberechnung Nichterwerbstätiger massgebende Vermögen aufgrund der betreffenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung; sie berücksichtigen dabei die Vorschriften über die direkte Bundessteuer ( Art. 29 Abs. 3 AHVV ). Die Ausgleichskasse ermittelt das Renteneinkommen; sie arbeitet dabei soweit möglich mit den Steuerbehörden des Wohnsitzkantons zusammen (Abs. 5). Das Eidg. Versicherungsgericht hat diese verordnungsmässige Regelung seit je als gesetzmässig erachtet ( BGE 105 V 243 Erw. 2 mit Hinweisen; ZAK 1986 S. 334, 1984 S. 485). 3. Vorliegend ist in grundsätzlicher Hinsicht unbestritten, dass die Leibrente der Rentenanstalt bei der Bemessung der AHV-Beiträge des Beschwerdegegners zu erfassen ist. Der Streit dreht sich um die Frage, wie bzw. in welchem Masse die aus dem Leibrentenvertrag fliessenden Leistungen in die Beitragsberechnung einzubeziehen sind. Die Ausgleichskasse hat für diese Rentenzahlungen die in Art. 28 Abs. 1 AHVV vorgeschriebene Kapitalisierung vorgenommen. Während der Beschwerdegegner nur die für den Rentenkauf geleistete Einmalprämie von Fr. 200'000.-- als anrechenbares Vermögen anerkennt, hat die Vorinstanz die Ausgleichskasse verhalten, den Höchstbetrag der Rentenleistungen zu ermitteln und diesen als Vermögen anzurechnen. BGE 120 V 163 S. 167 4. a) Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts ( BGE 101 V 179 ), letztmals bestätigt in ZAK 1979 S. 558 f., ist der Begriff der Rente gemäss Art. 28 AHVV im weitesten Sinne zu verstehen. Andernfalls entgingen oft bedeutende Leistungen, die in unterschiedlicher Höhe und unregelmässig ausbezahlt werden, der Beitragspflicht, weil es sich weder um eine Rente im strengen Sinne noch um massgebenden Lohn handeln würde. Entscheidend ist nicht allein, ob die fraglichen Leistungen mehr oder weniger die Merkmale einer Rente besitzen, sondern ob sie unabhängig davon zum Lebensunterhalt des Versicherten beitragen, d.h., ob es sich um Einkommensbestandteile handelt, welche die sozialen Verhältnisse eines Nichterwerbstätigen beeinflussen. Ist dies der Fall, so sind die Einnahmen gemäss Art. 10 AHVG bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen (ZAK 1979 S. 559 Erw. 2a). Die Bezüge des Beschwerdegegners aus dem Leibrentenvertrag mit der Rentenanstalt lassen sich ungeachtet ihrer zeitlichen Befristung ohne weiteres als Renteneinkommen im Sinne dieser Rechtsprechung einstufen. b) Gemäss Praxis ist ein Vermögensertrag dann nicht als Renteneinkommen zu behandeln und als solches zu kapitalisieren, wenn die Höhe des Vermögens bekannt ist oder von der Ausgleichskasse festgestellt werden kann ( BGE 101 V 179 ; ZAK 1979 S. 559 Erw. 2b mit Hinweis). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht die Ausgleichskasse geltend, diese Rechtsprechung trage dem in Art. 10 Abs. 1 AHVG verankerten Grundsatz der Beitragsbemessung anhand der sozialen Verhältnisse nur schlecht Rechnung, und regt zu einer anderen Interpretation des Art. 28 AHVV an. Danach wäre der in Anwendung von Art. 28 Abs. 1 und 2 AHVV zu ermittelnde Vermögensstand, ähnlich dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen bei der Rentenberechnung, als mehr oder weniger hypothetische Zahl zu betrachten, die einzig dazu dienen würde, in einer Beitragstabelle den geschuldeten Beitrag abzulesen. Diese Ausführungen geben indessen keinen Anlass, die zitierte Rechtsprechung in Frage zu stellen; insbesondere ist unklar, wie der Vermögensstand aus den aktuellen Leistungszuflüssen bestimmt werden soll. Der von der Ausgleichskasse erwähnte Vorschlag von Käser, die Beiträge in Prozenten eines Renteneinkommens zu berechnen, wobei Vermögen je nach Lebensalter in Leibrenten umzuwandeln wäre (HANSPETER KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, Bern 1989, Rz. 10.27, S. 192), kann nur de lege ferenda verstanden werden. Beizufügen ist, dass das BSV BGE 120 V 163 S. 168 zur Ermässigung des Kapitalisierungsfaktors nach Art. 28 AHVV auf 1. Januar 1986 von 30 auf 20 erläuternd ausführte, der Verwaltung gegenüber werde periodisch geltend gemacht, die Beitragsbemessung bei Nichterwerbstätigen sei ungerecht, namentlich würden (nach dem geltenden System) die Renteneinkommen von Invaliden und vorzeitig Pensionierten im Verhältnis zu den Vermögen zu stark mit Beiträgen belastet. Die scharfe Erfassung dieser Renteneinkommen vertrage sich zudem schlecht mit den heutigen Bestrebungen zur Förderung der beruflichen Vorsorge. Eine Korrektur dieser Verhältnisse sei über die Anpassung des Kapitalisierungsfaktors möglich (ZAK 1985 S. 436). c) Da sich somit eine Praxisänderung nicht aufdrängt, ist nur zu entscheiden, ob in Anwendung der bisherigen Rechtsprechung die Höhe des den Leibrentenleistungen entsprechenden Vermögens feststellbar ist, wovon die Vorinstanz ausgeht, oder ob eine Kapitalisierung der Renteneinkünfte vorzunehmen ist, wie die Ausgleichskasse verfügt hat. Vorliegend sind die Voraussetzungen für den Verzicht auf Kapitalisierung der Renteneinkünfte nicht erfüllt. Gleich wie im Fall ZAK 1979 S. 558 f., in welchem der damalige Beschwerdeführer von zwei Versicherungsgesellschaften zeitlich befristete Rückzahlungen aus einer Kapitalplazierung mit zusätzlicher Gewinnbeteiligung bezog, stellen die Ansprüche des Beschwerdegegners keine realisierbaren Vermögenswerte dar. Insbesondere fehlt es auch hier an der Möglichkeit, sie zu beziffern; einerseits werden die Leistungen im Falle des Todes des Versicherten vor Ablauf von 13 Jahren ohne Prämienrückerstattung eingestellt; anderseits lässt sich trotz Terminierung der Leibrente kein Höchstbetrag der dem Beschwerdegegner zustehenden Leistungen ermitteln, weil diese mit einer variablen Gewinnbeteiligung verknüpft sind. Bei dieser Sachlage ist es nur folgerichtig, wenn auch im hier zu beurteilenden Fall das dem Renteneinkommen entsprechende Vermögen nach Art. 28 Abs. 2 AHVV kapitalisiert wird. Mit den Methoden der Versicherungsmathematik wird sich wohl immer irgendein Höchstbetrag der einem Rentenbezüger zustehenden Leistungen ermitteln lassen. Ob damit grössere Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen wäre, ist aber zu bezweifeln. Die Renteneinkünfte, welche der Beschwerdegegner bezieht, beeinflussen seine sozialen Verhältnisse nicht weniger als die jährlichen Rentenbetreffnisse, welche einem andern Versicherten auf unbestimmte Zeit aufgrund eines überhaupt nicht feststellbaren Kapitals anfallen. Wenn der Beschwerdegegner die Beitragsfestsetzung auf der Grundlage BGE 120 V 163 S. 169 der Einmalprämie verlangt, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nach Gesetz und Verordnung für die Bestimmung der sozialen Verhältnisse auf die Höhe der Renteneinkünfte ankommt und nicht darauf, was dafür aufgewendet werden musste. Der im kantonalen Verfahren erhobene Einwand des Beschwerdegegners, die Kapitalisierung könne nur bei einer lebenslänglichen Rente, nicht jedoch bei einer Zeitrente vorgenommen werden, trifft nicht zu. Bei der Kapitalisierung von periodischen Leistungen ist nämlich deren zukünftige Dauer nicht zu berücksichtigen. Die von Art. 28 AHVV erfassten Renteneinkommen stellen - im Gegensatz zu Zinsen auf einer bestimmten geliehenen oder geschuldeten Kapitalsumme - Einkünfte aus einem nicht näher bestimmten und bekannten Kapital dar. Die Multiplikation mit dem Faktor 20 bzw. 30 entspricht einer Kapitalisierung und hat allein den Zweck, das Kapital zu berechnen, das - zu 5% bzw. 31/3% verzinst - das jährliche Einkommen, welches der Versicherte in Form einer Rente bezieht, abwerfen würde (nicht veröffentlichtes Urteil C. vom 30. März 1976, Erw. 2b). d) Aus dem Gesagten folgt, dass die Beitragsverfügungen der Ausgleichskasse aus bundesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sind. Es braucht daher nicht weiter geprüft zu werden, ob durch einen Systemwechsel den sozialen Verhältnissen der Nichterwerbstätigen im Durchschnitt besser Rechnung getragen werden könnte. Die verordnungsmässige Regelung mit den beiden Elementen Vermögen und kapitalisiertes Renteneinkommen lässt der Rechtsprechung zu wenig Spielraum, um dem Einzelfall besser gerecht zu werden. Sollte das Beitragssystem für Nichterwerbstätige im Sinne der Ausführungen von KÄSER (a.a.O., Rz. 10.25 ff., S. 191) strukturelle Mängel aufweisen, wären diese durch Revision der Verordnung zu beheben. 5. (Hinweis auf die Möglichkeit der Herabsetzung der Beiträge nach Art. 11 Abs. 1 AHVG ) 6. (Kostenpunkt) Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. Februar 1993 aufgehoben.
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Urteilskopf 97 III 52 13. Auszug aus dem Entscheid vom 22. Juli 1971 i.S. X.
Regeste Art. 92 Ziff. 3 SchKG . Unpfändbarkeit von Berufswerkzeugen (Auto). Befand sich der Schuldner im Zeitpunkt der Arrestlegung in gekündigtem Arbeitsverhältnis, so kommt es darauf an, ob er ohne eigenen Wagen konkret die Möglichkeit hatte, in der Nähe seines Wohnortes eine seinem erlernten Berufe entsprechende neue Stelle zu finden, ohne dass er wegen des fehlenden Fahrzeugs eine Lohneinbusse in Kauf nehmen musste. Die tatsächlichen Verhältnisse sind auch dann von Amtes wegen abzuklären, wenn der Schuldner selber ungenügende Angaben geliefert hat (Erw. 2).
Erwägungen ab Seite 53 BGE 97 III 52 S. 53 Erwägungen (gekürzt) 1. Gegenstand des Rekurses ist die Frage, ob der Rekurrent als Bauingenieur (Statiker) auf das von ihm benützte Personenauto zur Ausübung seines Berufes angewiesen ist, ob der Wagen für seine berufliche Tätigkeit im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG notwendig sei. Bei der Beurteilung dieser Frage ist grundsätzlich auf die Verhältnisse abzustellen, die im Zeitpunkt des Arrestvollzuges bestanden haben ( BGE 82 III 107 Erw. 3 mit Hinweisen, BGE 83 III 33 ). Zu jener Zeit war der Rekurrent bei der Firma A. in B. als Ingenieur angestellt, befand sich allerdings in gekündigter Stellung (Kündigung durch die Arbeitgeberin). Somit ging er im massgebenden Zeitpunkt einem unselbständigen Erwerb nach. Dass er sich später während vier Monaten als freierwerbender Bauingenieur betätigte, ist rechtlich unerheblich, und auch auf die gegenwärtigen Arbeitsverhältnisse bei der Firma C. kann es nicht entscheidend ankommen. Hingegen ist zu berücksichtigen, dass der Rekurrent im Zeitpunkt der Arrestlegung in gekündigtem Anstellungsverhältnis stand und ungeachtet des Ausgangs des Arrestverfahrens einen neuen Arbeitsplatz suchen musste. Es stellt sich demnach weniger die Frage, ob er durch den Entzug des persönlichen Motorfahrzeugs die bisherige Stelle verloren hätte, als vielmehr die, ob er ohne ein solches eine neue Beschäftigung als unselbständig Erwerbender finden konnte, die seinem erlernten Berufe entsprach und ihm ein genügendes Einkommen sicherte. Der Rekurrent bestreitet dies. 2. Die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der Frage der Unpfändbarkeit von Gegenständen gemäss Art. 92 SchKG von Bedeutung sind, haben die Aufsichtsbehörden - allenfalls mit Hilfe der Betreibungsämter - von Amtes wegen abzuklären ( BGE 89 III 34 , BGE 91 III 59 , beide mit Hinweisen). Vom Untersuchungsprinzip darf auch dann nicht abgegangen werden, wenn der Schuldner selber ungenügende Angaben geliefert hat ( BGE 86 III 50 , BGE 91 III 59 ). In dieser Hinsicht sind die Erwägungen des BGE 84 III 20 ungenau (nicht veröffentlichter Entscheid i.S. Äschlimann vom 27. Januar 1966, Erw. 2). Im vorliegenden Falle enthält der angefochtene Entscheid keine genügend konkreten Feststellungen, die ein abschliessendes Urteil über die Frage der Kompetenzqualität des arrestierten BGE 97 III 52 S. 54 Personenwagens erlaubten. Zur Anstellung des Rekurrenten bei der Firma A. führt die kantonale Aufsichtsbehörde aus, es lasse sich nicht annehmen, der Entzug des Autos hätte für den Rekurrenten den Verlust der Stelle oder eine Schmälerung des Lohnes zur Folge gehabt. - Abgesehen davon, dass diese Feststellung sehr unbestimmt ist, kann ihr - wie vorn in Erwägung 1 ausgeführt wurde - auch deshalb keine entscheidende Bedeutung zukommen, weil sich der Rekurrent im massgebenden Zeitpunkt bei der Firma A. bereits in gekündigtem Arbeitsverhältnis befand. Dagegen ist wichtig zu wissen, ob der Schuldner ohne eigenen Wagen konkret die Möglichkeit hatte, in der Nähe seines Wohnortes (den zu wechseln ihm nicht zugemutet werden kann) eine neue Stelle als Bauingenieur (Statiker) zu finden, ohne dass er wegen des fehlenden Fahrzeugs eine Lohneinbusse in Kauf nehmen musste (wobei sowohl die Einsparung an Autokosten als auch der Ausfall an Spesenentschädigungen für Geschäftsfahrten mit dem Privatwagen und allfällige Auslagen für andere Transportmittel vom Wohn- zum Arbeitsort in Rechnung zu stellen sind). Zu diesen Punkten hat die Vorinstanz keine klaren Feststellungen getroffen. Zwar erwähnt sie eine Umfrage bei "15 namhaften Ingenieurbüros in acht deutschschweizerischen Kantonen...", die ergeben habe, dass in neun der angefragten Büros kein Geschäftsauto zur Verfügung stehe und die angestellten Ingenieure den eigenen Wagen benützten, in drei weiteren Büros gleiches in 95-99% der Fälle zutreffe und in den restlichen drei Büros die "meisten" angestellten Ingenieure den Geschäftswagen verwendeten. Daraus schliesst die Vorinstanz, dass das eigene Auto bei der Stellenbewerbung wohl Vorteile bieten dürfte, dass jedoch nicht feststehe, dass der Rekurrent ohne ein solches keinen gleichwertigen Arbeitsplatz fände. Allein diese Feststellung, die sich zusätzlich auf einige summarische Auskünfte des städtischen Arbeitsamtes und des kantonalen Arbeitsinspektorates stützt, ist rein negativer Art und ohne positiven Aussagewert. Insbesondere geht aus ihr nicht hervor, ob der Rekurrent auf dem Platze B. (einschliesslich der näheren, vom Schuldner ohne Auto erreichbaren Umgebung) konkret die Möglichkeit hatte, ohne eigenen Wagen eine seiner Ausbildung entsprechende Stelle zu finden. Die Vorinstanz sagt nicht und aus den Akten ist nicht ersichtlich, wieviele der angefragten Ingenieur-Büros sich in B. befinden und welche BGE 97 III 52 S. 55 Antworten von diesen erteilt wurden. Es ist aber durchaus möglich, dass die Verhältnisse hier anders sind als in den übrigen, für den Rekurrenten nicht in Betracht fallenden Städten und Kantonen. Würde festgestellt, dass auch in B. und Umgebung Arbeitsplätze für Bauingenieure (Statiker) offenstehen, die keinen Privatwagen voraussetzen, müsste weiter abgeklärt werden, ob der Rekurrent mit der Annahme einer solchen Stelle nicht eine wesentliche Lohneinbusse erlitte; denn wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, kann dem bis unter den Notbedarf gepfändeten Schuldner keine Schmälerung des Einkommens zugemutet werden. Sollte sich herausstellen, dass in der Region B. für den Rekurrenten keine reale Aussicht besteht, ohne eigenen Wagen eine ausreichend entlöhnte Stelle als Statiker zu finden, müsste dies zum Schlusse führen, dass das Auto für ihn ein notwendiges Berufswerkzeug im Sinne von Art. 92 Abs. 3 SchKG darstellt. Da die tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz für die Beurteilung dieser Frage nicht ausreichen und gemäss den gemachten Ausführungen der Ergänzung bedürfen, sind die Akten in Anwendung von Art. 81 und 64 Abs. 1 OG an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückzuweisen.
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Urteilskopf 116 II 446 83. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 19 septembre 1990 dans la cause Société en nom collectif Perrin et Zbinden contre S.I. Pâquis-Ecole (recours en réforme)
Regeste Erstreckung des Mietverhältnisses (Art. 267a aOR). Aus der Rechtsprechung kann nicht abgeleitet werden, dass jede Erstreckung ausgeschlossen sei, wenn für den Mieter keine Aussicht besteht, neue Räumlichkeiten zu finden.
Sachverhalt ab Seite 446 BGE 116 II 446 S. 446 A.- Par contrat du 26 avril 1979, la société en nom collectif Perrin et Zbinden (ci-après: la société) a pris à bail trois BGE 116 II 446 S. 447 appartements, totalisant 12 pièces, et une cave dans un immeuble sis à la rue des Pâquis, à Genève, dont le propriétaire est la S.I. Pâquis-Ecole. Conclu pour une durée de 10 ans, le bail était reconductible tacitement de 5 ans en 5 ans. Le loyer annuel a été porté à 25'572 francs en mai 1981. Dans ces appartements, la société exploite un petit hôtel garni. Elle loue également un appartement de 4 pièces dans un immeuble adjacent propriété d'un tiers. Pour permettre l'exploitation de l'hôtel, l'ensemble des locaux ont été rendus communicants. A une date indéterminée, dame R. est devenue actionnaire de la S.I. Pâquis-Ecole. A partir du mois de mars 1986, elle a engagé des pourparlers en vue de la reprise du fonds de commerce de l'hôtel, mais sans obtenir de résultat. Le 13 février 1987, la S.I. Pâquis-Ecole a résilié le bail pour le 30 avril 1989, date de son échéance. B.- En mars 1987, la société a sollicité une première prolongation de bail. Après avoir été suspendue en raison de la lointaine échéance du bail, la cause a été reprise en novembre 1988 et les parties ont été entendues en avril 1989. Dans l'intervalle, plus précisément en juillet 1987, la société avait envoyé une lettre circulaire à 6 régies et agences immobilières pour trouver de nouveaux locaux; puis, dans le courant du mois de février 1988, elle avait adressé entre 70 et 80 lettres à des régies et agences immobilières de la place. Aucune de ces démarches n'a abouti. Par jugement du 30 mai 1989, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève a débouté la demanderesse des fins de sa requête en première prolongation du bail. Statuant le 23 avril 1990, sur appel de la demanderesse, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers a confirmé ce jugement. C.- La demanderesse interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de l'arrêt cantonal et requiert une première prolongation du bail jusqu'au 30 avril 1991. A titre subsidiaire, elle sollicite le renvoi de la cause à la Chambre d'appel pour nouvelle décision. La défenderesse propose le rejet du recours et la confirmation de l'arrêt attaqué. Le Tribunal fédéral admet le recours et réforme l'arrêt attaqué en ce sens que le bail liant les parties est prolongé jusqu'au 30 avril 1991. BGE 116 II 446 S. 448 Erwägungen Considérants: 3. a) Selon une jurisprudence fermement établie, le locataire ne peut exiger une prolongation de bail qu'à la condition d'avoir entrepris ce qu'on pouvait raisonnablement attendre de lui pour remédier aux conséquences pénibles du congé, et cela même lorsqu'il sollicite une première prolongation de son bail, le juge se montrant toutefois moins rigoureux à ce stade qu'à celui de la seconde prolongation ( ATF 110 II 254 , ATF 102 II 256 No 37). Il n'y a pas lieu de remettre cette jurisprudence en question. La demanderesse n'avance d'ailleurs pas d'autre argument que la différence, ressortant du texte de l' art. 267a CO , entre la seconde et la première prolongation. Cette différence est clairement mentionnée dans le dernier arrêt cité et n'a donc pas échappé au Tribunal fédéral lorsqu'il a posé les exigences auxquelles doit se soumettre le preneur qui requiert une première prolongation de son bail. b) Par ailleurs, de jurisprudence constante, la prolongation du contrat de bail n'a de sens que si le report du congé permet d'espérer une atténuation des conséquences pénibles qu'entraînerait ce congé et laisse prévoir qu'un déménagement ultérieur présenterait moins d'inconvénients pour le locataire, lequel ne saurait, en revanche, invoquer les conséquences nécessairement liées à la résiliation du bail en tant que telle ( ATF 105 II 198 in limine). Ainsi, les dispositions concernant la prolongation des baux ont pour but d'accorder au locataire plus de temps qu'il n'en aurait, selon le délai de résiliation ordinaire, pour chercher de nouveaux locaux ( ATF 102 II 256 No 37), et non de lui donner l'occasion de profiter le plus longtemps possible d'un appartement au loyer avantageux. Contrairement à ce que la cour cantonale croit pouvoir en déduire, cette jurisprudence ne signifie nullement qu'une prolongation ne puisse être accordée que dans la mesure où les perspectives de trouver de nouveaux locaux, citées comme exemple, existent réellement. On ne saurait non plus inférer de cette jurisprudence - elle a manifestement été rendue dans l'optique d'une situation où de nouveaux locaux peuvent être trouvés moyennant quelques efforts - que toute prolongation est exclue lorsqu'il n'existe aucune perspective de trouver des locaux. Les règles sur la prolongation tendent à adoucir les conséquences pénibles que la résiliation peut entraîner pour le locataire. Or, BGE 116 II 446 S. 449 comptent précisément au nombre de ces conséquences pénibles celles qui sont dues à la pénurie de locaux; elles empêchent en effet le preneur de trouver un logement ou un local commercial équivalant à celui qu'il quitte, ou en tout cas ne présentant pas avec ce dernier une différence telle qu'on ne saurait raisonnablement contraindre le locataire à l'accepter (arrêt non publié du 6 octobre 1989, en la cause S.I. Pré du Château S.A. c. dame S., consid. 1b, avec des références à JEANPRÊTRE, La prolongation des baux à loyer, Mémoires publiés par la Faculté de droit de Genève, 10e journée juridique, 1970, p. 138, à EGGER, Les justes motifs de la prolongation judiciaire du bail, thèse Fribourg 1984, p. 69, et à TH. EGLI, Kündigungsbeschränkungen im Mietrecht, p. 43; voir aussi l'arrêt non publié du 27 septembre 1989, en la cause dame B. c. Genossenschaft Migros Zürich, consid. 4a). Le législateur de 1989, qui a repris à l'art. 272 nouveau la référence aux circonstances pénibles pour le locataire ou sa famille, y a d'ailleurs expressément mentionné, parmi les éléments à prendre en considération, la situation sur le marché local du logement et des locaux commerciaux (al. 2 let. e), car il s'est manifestement rendu compte que ce marché immobilier local peut être source de conséquences pénibles (cf. le Message du Conseil fédéral du 27 mars 1985, in FF 1985 I 1442). c) Il n'est pas nécessaire, à propos de la présente espèce, de dire si les moyens auxquels la cour cantonale fait obligation au preneur de recourir sont effectivement exorbitants, comme le soutient la demanderesse, car on ne pourrait de toute façon formuler de telles exigences que s'il existait objectivement un espoir pour le preneur de trouver des locaux acceptables. Or, en l'occurrence, la cour cantonale a constaté souverainement qu'il n'existe aucune possibilité concrète pour la demanderesse de retrouver des locaux lui offrant les mêmes avantages que ceux dont elle bénéficie actuellement et qu'il est par ailleurs notoire qu'à Genève le marché immobilier ne permet pas à un hôtelier de retrouver des locaux comme ceux qu'occupe la demanderesse, même à un prix raisonnablement réadapté. Dans ces circonstances, les exigences fixées par la Chambre d'appel se révèlent totalement inutiles et, partant, étrangères au but et au sens de la loi. Ce constat s'impose d'autant plus ici que la demanderesse a pu vérifier l'inutilité de ses recherches par des mesures concrètes non négligeables. Il ne serait, dès lors, guère raisonnable d'exiger davantage d'elle, ce qui impliquerait des BGE 116 II 446 S. 450 dépenses supplémentaires qui ne feraient qu'accroître le caractère pénible de sa situation. En définitive, au vu des difficultés pour la demanderesse de retrouver des locaux lui permettant de continuer à exploiter un hôtel garni modeste, on doit admettre - ce qui est reconnu à juste titre par la cour cantonale - que la résiliation entraîne pour elle des conséquences pénibles. Comme la défenderesse n'a rien établi quant à son intérêt à voir le bail prendre fin, il apparaît clairement que les conditions posées par la loi pour l'octroi d'une première prolongation de bail sont remplies en l'espèce. L'arrêt attaqué doit ainsi être réformé et la prolongation sollicitée accordée.
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Urteilskopf 97 IV 34 9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. April 1971 i.S. Lüthi gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 34 Abs. 3 SVG . Der nach rechts Abbiegende, der einen so weiten Abstand vom rechten Strassenrand einhält, dass dazwischen genügend Raum bleibt, um einem nachfolgenden Verkehrsteilnehmer ein rechtsseitiges Überholen zu erlauben, darf sein Vorhaben erst dann ausführen, wenn er durch zureichende Vorkehren die Gewissheit erlangt hat, dabei nicht mit einem nachfolgenden Fahrzeug zusammenzustossen.
Erwägungen ab Seite 34 BGE 97 IV 34 S. 34 Nach Art. 34 Abs. 3 SVG hat der Fahrzeugführer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie beispielsweise zum Abbiegen, auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge BGE 97 IV 34 S. 35 Rücksicht zu nehmen. Nach der Rechtsprechung gilt dieses Gebot für jede Richtungsänderung, also auch bei jedem Abbiegen, gleichgültig, ob nach rechts oder links, in oder ausserhalb einer Strassenverzweigung abgebogen wird ( BGE 91 IV 11 ). Das will jedoch nicht heissen, dass der nach rechts abbiegende Fahrzeuglenker in jedem Falle nicht bloss die Richtungsänderung rechtzeitig ankündigen ( Art. 28 Abs. 1 VRV ), sondern sich auch durch geeignete Vorkehren nach rückwärts vergewissern müsse, ob er das Manöver gefahrlos ausführen könne. Wo er sich vorschriftsgemäss an den rechten Strassenrand hält (Art. 34 Abs. 1 und 36 Abs. 1 SVG) und nach rechts abbiegen kann, ohne zuvor brüsk bremsen ( Art. 12 Abs. 2 VRV ) oder nach der Gegenseite ausholen zu müssen ( Art. 13 Abs. 5 VRV ), besteht keine Veranlassung, ihn vor dem Abbiegen auch zur Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs zu verpflichten; denn wo nach der Verkehrslage objektiv keine Gefahr besteht, hat der sich ordnungsgemäss verhaltende Strassenbenützer nach dem Vertrauensgrundsatz auch nicht mit einer solchen zu rechnen (vgl. Art. 26 Abs. 1 SVG ). Darauf kann sich jedoch nicht berufen, wer eine für andere Verkehrsteilnehmer unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft. Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung aus den Bestimmungen der Art. 34 Abs. 3 SVG und 13 Abs. 5 VRV abgeleitet, dass der Führer, der vor dem Abbiegen nach rechts nach der Gegenseite ausholt, sich durch aufmerksame Beobachtung des rückseitigen Verkehrs, unter Umständen sogar durch Einschalten eines Sicherheitshaltes vergewissern muss, dass er den nachfolgenden Verkehr durch das Abbiegen nicht gefährde. Ein solches Manöver schafft nämlich eine Verkehrslage, bei welcher mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass ein nachfolgendes Fahrzeug rechts zum Überholen vorstossen werde ( BGE 94 IV 79 , BGE 91 IV 19 ). Ähnlich verhält es sich dort, wo der nach rechts abbiegende Fahrzeugführer ohne Not einen so weiten Abstand vom rechten Strassenrand einhält, dass zwischen diesem und seinem Fahrzeug genügend Raum bleibt, um einem nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, beispielsweise einem Kleinfahrzeug, ein rechtsseitiges Überholen zu erlauben ( BGE 91 IV 21 ). Dass sich ein nachfolgender Fahrzeugführer derart verhält, kommt vor allem dort vor, wo der Vorausfahrende ausserhalb einer Strassenverzweigung nach rechts abbiegen will oder wo in unmittelbarer Nähe die Fahrbahn in verschiedene Fahrspuren aufgeteilt BGE 97 IV 34 S. 36 wird, d.h. immer dann, wenn Missverständnisse auftreten können (vgl. BGE 91 IV 12 ). Deshalb ist der Führer, dessen Fahrweise beim Nachfolgenden den Eindruck erwecken kann, er beabsichtige, nach links abzubiegen oder zumindest geradeaus weiterzufahren, während er tatsächlich nach rechts abzuzweigen gedenkt, verpflichtet, alle Vorsicht anzuwenden, um allfälligen Gefahren zu begegnen, die sich aus der von ihm selber geschaffenen unklaren Verkehrslage ergeben können. Er wird deshalb erst dann nach rechts abbiegen dürfen, wenn er durch zureichende Vorkehren die Gewissheit erlangt hat, dass er dabei nicht mit einem nachfolgenden Fahrzeug zusammenstossen werde. Von dieser Pflicht vermag ihn die rechtzeitige Zeichengebung nicht zu entbinden ( Art. 39 Abs. 2 SVG ). Die Erfahrung lehrt, dass selbst die ordnungsgemässe Ankündigung einer Richtungsänderung von nachfolgenden Fahrzeugführern oft nicht oder zu spät beachtet wird ( BGE 91 IV 12 ). Das aber muss der Führer in Rechnung stellen, der vor dem Rechtsabbiegen entgegen der Vorschrift des Art. 34 Abs. 1 SVG nicht möglichst nahe dem Strassenrand entlang fährt (vgl. Art. 36 Abs. 1 SVG ). Auf ein ordnungsgemässes Verhalten der andern darf im Strassenverkehr nur vertrauen, wer sich selber verkehrsgemäss verhält ( BGE 91 IV 94 ). Dieser Grundsatz gilt für alle Strassenbenützer, unbekümmert darum, ob sie vortrittsberechtigt sind oder nicht (vgl. BGE 96 IV 135 mit Verweisungen).
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Urteilskopf 115 II 88 16. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Januar 1989 i.S. A. M. gegen Helvetia-Unfall, Schweizerische Versicherungsgesellschaft (Berufung)
Regeste Versicherungsvertrag; Anzeigepflicht (Art. 38 Abs. 1 und 45 Abs. 1 VVG). 1. Schreiben die Allgemeinen Versicherungsbedingungen vor, dass Unfälle, für die eine Entschädigung beansprucht wird, innert 30 Tagen der Versicherungsgesellschaft zu melden sind, ansonst die Leistungspflicht der Gesellschaft entfällt, so beginnt die Frist für die Erstattung der Anzeige nicht erst dann zu laufen, wenn sich der Anspruchsberechtigte dazu entschliesst, eine Entschädigung zu beanspruchen (E. 3). 2. Die Verspätung der Anzeige ist dann nach den Umständen unverschuldet und die Anspruchsverwirkung tritt nicht ein, wenn der Anspruchsberechtigte aus objektiven, von ihm nicht zu vertretenden Gründen daran gehindert war, seine Anzeige rechtzeitig zu erstatten (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 89 BGE 115 II 88 S. 89 A. M. hat mit der Helvetia-Unfall, Schweizerische Versicherungsgesellschaft, sowohl einen Privat-Krankenversicherungsvertrag als auch einen landwirtschaftlichen Unfall- und Haftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen. Am 21. Mai 1981 erlitt er nach seinen eigenen Angaben einen Unfall mit einem Stier, der ihn mit dem Kopf an eine Ladewand einer Camionnette gedrückt habe. Dabei sei er mit der rechten Schulter aufgeprallt und verspüre seither in dieser Schulter Schmerzen, die sich trotz Einsalben und Umschlägen im Verlauf des Sommers verstärkt hätten. Am 30. November 1981 suchte A. M. erstmals einen Arzt auf. Unmittelbar nach diesem Arztbesuch informierte er den Versicherungsinspektor der Helvetia-Unfall. In der Folge unterzog sich A. M. mehreren Behandlungen, die alle erfolglos blieben. Am 22. November 1985 reichte A. M. beim Zivilgericht des Sensebezirks gegen die Helvetia-Unfall eine Forderungsklage über insgesamt Fr. 123'277.95 ein. Mit Urteil vom 30. September 1986 wies das Gericht die Klage ab. Eine dagegen erhobene Berufung wurde vom Kantonsgericht des Staates Freiburg mit Urteil vom 28. Oktober 1987 abgewiesen. Gegen das kantonsgerichtliche Urteil hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit der er die Rückweisung der Sache zur Fortsetzung des Prozesses an die erste Instanz beantragt. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 13 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten für die landwirtschaftliche Unfall- und Haftpflichtversicherung hat der Versicherungsnehmer bzw. der Anspruchsberechtigte der Gesellschaft unverzüglich, spätestens jedoch innert 30 Tagen, schriftlich (womöglich mit dem zur Verfügung gestellten Formular) Anzeige zu erstatten, wenn der Versicherte einen Unfall erleidet, für welchen eine Entschädigung beansprucht wird (lit. a). Nach dem Unfall ist sodann sobald als möglich ein patentierter Arzt beizuziehen und für sachgemässe Pflege sowie Einhaltung der ärztlichen Weisungen zu sorgen; auf Verlangen der Gesellschaft ist jederzeit eine Untersuchung durch einen von ihr bestimmten Vertrauensarzt vornehmen zu lassen (lit. b). Gemäss Art. 25 AVB entfällt die Leistungspflicht der Gesellschaft, wenn der Versicherungsnehmer, Versicherte bzw. Anspruchsberechtigte die ihm durch den Versicherungsvertrag BGE 115 II 88 S. 90 überbundenen Obliegenheiten verletzt; dieser Nachteil tritt nicht ein, wenn die Verletzung den Umständen nach als unverschuldet anzusehen ist oder der Schaden auch bei Erfüllung der Obliegenheit eingetreten wäre. Diese Bestimmungen sind mit Art. 38 VVG vereinbar (vgl. Art. 97/98 sowie Art. 45 VVG ; BGE 74 II 93 E. 2; MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 2. Aufl., S. 320). 3. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Kläger seiner Meldepflicht nach Art. 13 lit. a AVB nicht innert der vorgeschriebenen Frist nachgekommen; auch die Pflicht, sofort einen Arzt beizuziehen, hat er verletzt. Der Kläger will jedoch aus dem Wortlaut von Art. 13 lit. a AVB, wonach diejenigen Unfälle innert 30 Tagen zu melden sind, für die eine Entschädigung beansprucht wird, ableiten, dass die Anzeigefrist erst dann zu laufen beginne, wenn der Anspruchsberechtigte sich entschliesse, eine Entschädigung zu beanspruchen. Diese Auslegung der AVB trifft jedoch deren Sinn nicht. Der Versicherer ist an einer unverzüglichen Meldung interessiert. Einerseits möchte er, sofern ihm dies notwendig erscheint, die Umstände des Falles und dessen Folgen sofort abklären, um sich vor ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen; anderseits will er die Möglichkeiten der Schadensminderung voll ausschöpfen können (MAURER, a.a.O. S. 319). Deshalb wird in den AVB der Beklagten nicht nur eine sofortige Anzeige, sondern auch ein sofortiger Arztbeizug gefordert. Die unverzügliche Anzeige liegt ausserdem auch im Interesse des Anspruchsberechtigten selbst, denn dieser ist für den Kausalzusammenhang zwischen dem versicherten Ereignis und dem eingetretenen Schaden beweispflichtig und dieser Beweis kann naturgemäss nur geführt werden, wenn die Anzeige und die ärztliche Betreuung dem versicherten Ereignis unmittelbar folgen. Es kann daher nicht einfach in das Ermessen des Versicherungsnehmers gestellt werden, wann er sich entschliesst, Versicherungsleistungen zu fordern, und die Frist für die Erstattung der Anzeige kann nicht erst von diesem Zeitpunkt an zu laufen beginnen. Sonst wäre die Möglichkeit des Einschreitens der Versicherung zur Feststellung des Sachverhalts und zur Ergreifung von schadensmindernden Massnahmen nicht mehr gegeben. Der - vom Kläger nicht behauptete - Fall, dass die Unfallfolgen vorerst gar nicht sichtbar waren und erst später auftraten (vgl. dazu BGE 40 II 67 , BGE 52 II 157 ), wäre unter dem Titel der unverschuldeten Verspätung BGE 115 II 88 S. 91 der Anzeige zu prüfen. Entgegen der Auffassung des Klägers kann demzufolge nicht davon ausgegangen werden, die Anzeigepflicht sei erst dann entstanden, als er sich mit grosser Verspätung dazu entschloss, einen Arzt beizuziehen. Erweist sich die Anzeige somit als verspätet, so kommt es nicht darauf an, ob sie in formeller Hinsicht in Ordnung war. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Feststellung der Vorinstanz, das versicherungstechnische Vorgehen sei dem Kläger bekannt gewesen, auf einem offensichtlichen Versehen beruhe, wie in diesem Zusammenhang geltend gemacht wird. 4. Gestützt auf Art. 25 AVB macht der Kläger geltend, eine allfällige Verspätung der Anzeige sei unverschuldet erfolgt und der Schaden wäre auch bei Erfüllung der Obliegenheiten eingetreten. a) Der Kläger führt aus, er sei Landwirt und Landwirte seien nicht "wehleidige Typen, die wegen jedem Bobochen zum Arzt springen". Er will damit geltend machen, der verspätete Arztbeizug und die verspätete Anzeige bei der Versicherung gereichten ihm nicht zum Verschulden. Indessen bedeutet der Begriff "nach den Umständen unverschuldet" in Art. 25 AVB etwas ganz anderes. Er will sagen, dass die Anspruchsverwirkung dann nicht eintritt, wenn der Anspruchsberechtigte aus objektiven, von ihm nicht zu vertretenden Gründen daran gehindert war, seine Anzeige rechtzeitig zu erstatten ( BGE 84 II 569 ). Der Kläger legt jedoch nicht dar, welche objektiven Gründen ihn daran gehindert haben sollten, rechtzeitig einen Arzt beizuziehen und den Unfall zu melden. Er macht insbesondere nicht geltend, die Unfallfolgen seien vorerst überhaupt nicht erkennbar gewesen. Vielmehr will er - schon wegen des von ihm zu beweisenden Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und den aufgetretenen Beschwerden - von Anfang an Schmerzen verspürt haben, die er indessen selbst zu heilen versucht habe, Es war sein freier Wille, zuerst eine Selbstbehandlung zu versuchen und den Arzt erst beizuziehen, als die Schmerzen "nicht mehr auszuhalten waren". Von einer aus objektiven Gründen unverschuldeten Verspätung der Anzeige und des Arztbesuchs kann daher nicht die Rede sein. b) Für die Behauptung, der Schaden wäre auch bei rechtzeitiger Erfüllung seiner Obliegenheiten eingetreten, ist der Kläger beweispflichtig. Die Vorinstanz hat angenommen, er habe diesen Beweis nicht zu erbringen versucht. Dass diese Annahme gegen Bundesrecht, namentlich gegen Art. 8 ZGB , verstosse, macht der Kläger nicht geltend. Dass er trotz Konsultation vieler Ärzte und Durchführung BGE 115 II 88 S. 92 von Kuren nicht geheilt werden konnte, beweist im übrigen nicht, dass der rechtzeitige Beizug eines Arztes den Schaden nicht abgewendet oder mindestens vermindert hätte. Der Kläger hat in seiner Einvernahme vor erster Instanz selbst ausgeführt, alle Ärzte hätten ihm gesagt, er käme zu spät. Die Berufung erweist sich somit als unbegründet und ist daher abzuweisen.
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Urteilskopf 85 I 52 7. Urteil vom 6. Mai 1959 i.S. Dr. W. Ochsner & Konsorten gegen Kantonsrat Schwyz.
Regeste Art. 88 OG . Fehlen der Legitimation zur Anfechtung der Privilegierunrung Dritter durch kantonalen Erlass.
Erwägungen ab Seite 52 BGE 85 I 52 S. 52 1. Das in der Volksabstimmung vom 7. Dezember 1958 angenommene Steuergesetz des Kantons Schwyz bestimmt in § 6 Abs. 1: "Wenn es bedeutende volkswirtschaftliche oder fiskalische Interessen rechtfertigen, die Gründung, Heranziehung oder Erweiterung eines Unternehmens oder die Wohnsitznahme natürlicher Personen im Kanton Schwyz zu erleichtern, kann der Regierungsrat angemessene Steuerermässigungen auf die Dauer von längstens 10 Jahren gewähren." Im Anschluss an die Publikation des Abstimmungsergebnisses über das Gesetz beantragen Dr. W. Ochsner, Dr. A. Blunschy und Karl Amgwerd dem Bundesgericht, in § 6 Abs. 1 StG die Worte "oder die Wohnsitznahme natürlicher Personen" aufzuheben. Es wird Verletzung von Art. 4 BV geltend gemacht. 2. Die staatsrechtliche Beschwerde setzt nach Art. 88 OG die Verletzung des Beschwerdeführers in einem unmittelbar ihm zustehenden verfassungsmässigen Individualrecht voraus. Richtet sie sich gegen einen allgemein verbindlichen Erlass, so genügt für die Legitimation des BGE 85 I 52 S. 53 Bürgers, dass der Erlass auch für ihn verbindliche Kraft hat, in Verbindung mit der Behauptung, dass dieser nach seinem Inhalt allgemein in verfassungsmässig gewährleistete Rechte eingreife. Es wird also hier nicht verlangt, dass ein gegenwärtiger Eingriff speziell in die persönliche Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachgewiesen werde, sondern es genügt die Verbindlichkeit des Erlasses für den Beschwerdeführer, und dass er virtuell darunter fällt. So ist die Legitimation des Beschwerdeführers zur Anfechtung eines Steuergesetzes bejaht worden, der infolge seines Wohnsitzes im Kanton unter das Steuergesetz fiel und durch dessen Vorschriften gegebenenfalls zu einer bundesrechtlich unzulässigen Steuer hätte herangezogen werden können; als unerheblich wurde bezeichnet, ob die angefochtenen Bestimmungen für den Beschwerdeführer im gegenwärtigen Zeitpunkt praktische Bedeutung haben oder nicht ( BGE 48 I 265 ). Die Legitimation wurde auch bejaht bei einer Beschwerde eines Wasserrechtsinhabers gegen einen allgemein verbindlichen Erlass über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte, und es wurde präzisiert, dass das Eintreten auf die Beschwerde mangels eines praktischen Interesses an der Anfechtung nur verweigert werden könnte, wo es nach der Materie, die der Erlass regelt, von vorneherein ausgeschlossen wäre, dass der Beschwerdeführer vom angeblichen Eingriff einmal persönlich berührt werden könnte ( BGE 48 I 594 ). 3. Wegen rechtswidriger Begünstigung Dritter liess das Bundesgericht früher die Beschwerde des Bürgers oder Steuerzahlers u.a. wegen Steuerbegünstigungen zu (BGE 10, 313; 23, 1565; 30, 718), ebenso bei Zulassung oder Nichtzulassung eines Dritten zu einem Gewerbe oder Beruf, wenn dieser eine polizeiliche Bewilligung voraussetzte ( BGE 46 I 378 ). Die neuere Praxis hat nicht bloss die Beschwerde zur Anfechtung polizeilicher Bewilligungen nicht mehr zugelassen ( BGE 72 I 92 , 178); sie hat auch die Beschwerde gegen konkrete Verfügungen wegen widerrechtlicher BGE 85 I 52 S. 54 Begünstigung, Privilegierung Dritter als nicht zulässig bezeichnet ( BGE 48 I 225 , Erw. 2 und 3, nicht publiziertes Urteil vom 1. Mai 1936 i.S. Brasserie d'Orbe, Erw. 1). Diese Praxis blieb zwar nicht unbestritten (HUBER, Die Garantie der individuellen Verfassungsrechte, Verhandlungen des Schweiz. Juristenvereins 1936, S. 181a f. lit. b; EGGENSCHWILER, Die rechtliche Natur des staatsrechtlichen Rekurses, 1936, S. 101). Sie geht aber von der Auffassung aus, dass sich wegen Verfassungsverletzung nur beschweren kann, wer durch einen behördlichen Erlass oder eine Verfügung in seinen rechtlich geschützten Interessen unmittelbar beeinträchtigt wird, dass also die Rüge nicht genügt, durch Erlass oder Verfügung werde ein verfassungsmässiger Grundsatz missachtet. Hieran ist auch in der Folge konsequenter als früher festgehalten worden, nicht nur bezüglich der Anfechtung polizeilicher Bewilligungen, sondern auch bei der Rüge der Verletzung der Gemeindeautonomie ( BGE 71 I 23 ), bei der Legitimation des Steuerzahlers, der eine finanzielle Massnahme der Gemeinde anficht, mit der die Möglichkeit der Erschwerung der Steuerlasten verbunden ist, bei der Legitimation des Anzeigers oder Geschädigten im Strafverfahren ( BGE 69 I 90 , BGE 70 I 79 ), oder der Beschwerde gegen vormundschaftliche Verfügungen. Wenn sich die bisherigen Urteile, welche die Beschwerde wegen Privilegierung Dritter nicht mehr zulassen, auf Fälle beziehen, wo nicht ein Erlass, sondern eine Anwendungsverfügung Gegenstand der Beschwerde war, die Vergünstigung also in Abweichung vom Gesetz erteilt wurde, so ist die Rechtslage doch nicht grundsätzlich anders, wenn sich die Beschwerde gegen einen generellen Erlass richtet. Auch sie ist von einer Rechtsverletzung gegenüber dem Beschwerdeführer abhängig. Es genügt auch hier nicht die Rüge, der Erlass missachte allgemein eine verfassungsmässige Norm. Vielmehr ist notwendig, dass der Beschwerdeführer durch den Erlass betroffen BGE 85 I 52 S. 55 würde und daher an dessen Aufhebung in besonderer Weise interessiert ist. Sind es die Interessen der Gemeinschaft, die in Frage stehen und ist der Beschwerdeführer nicht anders interessiert, als jeder andere Angehörige des Kantons, so haben die kantonalen Organe, bei Erlassen also der kantonale Gesetzgeber selbst diese Gemeinschaftsinteressen zu wahren. Dem einzelnen Staatsbürger kommt ein Beschwerderecht aus dem Gesichtspunkt nicht richtiger oder ungenügender Wahrung jener Interessen nicht zu. Es genügt nicht, dass er zwar unter den Erlass als Ganzes fällt, wenn die Norm, die er als verfassungswidrig bezeichnet, nicht auf ihn angewendet werden kann. Dass bei dieser Sachlage die Rechtsgleichheit auf einzelnen Gebieten, u.a. auch auf demjenigen des Steuerrechtes teilweise unbeachtet bleibt, weil die Einräumung von Privilegien überhaupt nicht der Anfechtung mit Beschwerde unterliegt, sodass also nicht bloss eine staatliche Anstalt oder eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch eine Privatperson durch Privileg oder Steuerabkommen von der sonst allgemein geltenden Steuerpflicht ausgenommen werden kann, ist eine Folge der Ausgestaltung der staatsrechtlichen Beschwerde nicht als Popularklage, sondern als Rechtsbehelf zur Wahrung von dem Beschwerdeführer persönlich zustehenden verfassungsmässigen Rechten. 4. Durch die Vorschrift des schwyzerischen Steuergesetzes, mit welcher dem Regierungsrat die Kompetenz eingeräumt wird, unter gewissen Voraussetzungen auch natürlichen Personen Steuervergünstigungen zu gewähren, wenn sie im Kanton Wohnsitz nehmen, werden die Beschwerdeführer, wiewohl sie steuerpflichtige Kantonseinwohner sind, weder im Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung, noch in demjenigen, nach Massgabe des Gesetzes besteuert zu werden (§ 16 Abs. 1 schwyz. KV), verletzt. Die beanstandeten Vorschriften des Steuergesetzes werden auf sie nicht angewendet; ihr Interesse, dass natürlichen BGE 85 I 52 S. 56 Personen keine Steuerprivilegien gewährt werden sollen, ist nicht von anderer Art als das Interesse jedes anderen im Kanton Schwyz Steuerpflichtigen. Es ist das öffentliche Interesse daran, dass im Gebiete des Steuerwesens keine Privilegien eingeräumt werden sollten. Es könnte aber nur mit einer Popularklage geltend gemacht werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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1,959
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Federation
b4e2044d-2315-4df4-baa2-ddd72d53a9b2
Urteilskopf 140 V 70 10. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen B. und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_469/2013 vom 24. Februar 2014
Regeste Art. 17 Abs. 1 und Art. 61 lit. a und c ATSG . Bei der Festlegung der zeitlichen Wirkung einer revisionsweisen Herabsetzung oder Aufhebung der Rente ist es sachgerecht, auf den Verfügungszeitpunkt abzustellen, wenn feststeht, dass bereits an diesem Tag die Revisionsvoraussetzungen materiell erfüllt sind (E. 4.2). Die Kosten eines Gerichtsgutachtens können unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie in BGE 139 V 496 für die Invalidenversicherung formuliert worden sind, dem Unfallversicherer auferlegt werden (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 140 V 70 S. 71 A. A.a Der 1967 geborene B. war seit 1. Juni 1994 als Betreuer bei der Stiftung X. und dazu seit 26. September 1994 als Raumpfleger bei der Genossenschaft C. angestellt. Er war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch unfallversichert. Am 26. Oktober 1996 hielt er mit dem Auto vor einem Fussgängerstreifen an, worauf das nachfolgende Auto in das Heck des seinigen stiess. Als Unfallfolgen wurden ärztlicherseits eine Commotio cerebri und eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) diagnostiziert. Am 25. Januar 1998 stürzte der Versicherte beim Skifahren; im Spital O. wurden als Unfallfolgen eine Commotio cerebri mit Kontusion der Lendenwirbelsäule (LWS) und der HWS diagnostiziert. Die SUVA erbrachte Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld. Mit Verfügung vom 30. September 1998 stellte sie diese ein, da keine Unfallfolgen mehr vorlägen. Auf Einsprache des Versicherten hin hob sie diese Verfügung am 21. April 1999 auf. In der Folge tätigte die SUVA weitere medizinische Abklärungen. Mit Verfügung vom 22. Januar 2003 sprach sie dem Versicherten ab 1. Oktober 2002 eine Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % und eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 35 % zu. Am 26. September 2007 leitete die SUVA eine Revision ein. Vom 26. März bis 16. April 2008 weilte der Versicherte in der Rehaklinik Y. Vom 7. Oktober bis 17. Dezember 2008 liess ihn die SUVA privatdetektivlich observieren (Bericht vom 26. Januar 2009); das Observationsmaterial liess sie medizinisch auswerten. Mit Verfügung vom 7. Mai 2009 stellte sie die Leistungen rückwirkend per Juni 2004 ein und forderte vom Versicherten die erbrachten Rentenleistungen im Betrag von Fr. 162'083.50 zurück. Dagegen erhoben dieser und sein Krankenversicherer Einsprache; Letzterer zog sie in der Folge zurück. Die Einsprache des Versicherten wies die SUVA mit Entscheid vom 13. September 2010 ab. (...) B. Gegen den Einspracheentscheid der SUVA vom 13. September 2010 erhob der Versicherte Beschwerde beim Verwaltungsgericht BGE 140 V 70 S. 72 des Kantons Luzern (heute: Kantonsgericht Luzern). Dieses holte ein fachpsychiatrisches Gutachten des Prof. Dr. med. M., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie, Leitender Arzt Versicherungsmedizin, vom 5. September 2012 ein. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hob die Vorinstanz den Einspracheentscheid insoweit auf, als der Versicherte darin zur Rückerstattung von Fr. 162'083.50 verpflichtet wurde; ferner stellte sie fest, dass ab 13. Oktober 2010 kein Anspruch auf eine Invalidenrente mehr bestehe; im Übrigen wies sie die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat; die Hälfte der Beweiskosten im Umfang von Fr. 6'317.70 auferlegte sie der SUVA (Entscheid vom 15. Mai 2013). C. Mit Beschwerde beantragt die SUVA die Aufhebung des kantonalen Entscheides. Der Versicherte schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichten auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Vorinstanz führte weiter aus, die Invalidenrente sei revisionsweise nach Art. 17 Abs. 1 ATSG (SR 830.1) aufzuheben, weil kein unfallbedingter psychischer Gesundheitsschaden mehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen sei. Streitig und zu prüfen ist der Zeitpunkt, auf den die Rente nach Art. 17 Abs. 1 ATSG aufzuheben ist. Die Vorinstanz erwog, dies sei der 13. September 2010, das Datum des strittigen Einspracheentscheides; im Entscheiddispositiv ging sie jedoch ohne weitere Begründung vom 13. Oktober 2010 aus. Auch der Versicherte beruft sich auf den Zeitpunkt des Einspracheentscheides. Die SUVA wendet ein, massgebend sei der erste Tag des Monats, der dem Verfügungsdatum (7. Mai 2009) folge, hier also der 1. Juni 2009. 4.1 Die Vorinstanz berief sich auf das Urteil 8C_580/2011 vom 5. Juli 2012 E. 7.3. Hierin wurde erwogen, der Zeitpunkt der revisionsweisen Herabsetzung der Rente sei im Bereich der Unfallversicherung nicht gesetzlich geregelt. Sie habe grundsätzlich nicht rückwirkend (siehe aber Urteil 8C_573/2011 vom 3. November 2011 E. 5.1 f.), sondern für die Zukunft zu erfolgen, zumal die IV-Stelle nach dem langen Unterbruch der Berufstätigkeit und Attestierung einer BGE 140 V 70 S. 73 Arbeitsfähigkeit durch die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) zunächst die Durchführung beruflicher Massnahmen in Erwägung gezogen habe. Es sei hier daher mit Blick auf Art. 17 Abs. 1 ATSG ("für die Zukunft") und Art. 30 UVV (SR 832.202) auf den Zeitpunkt der Revisionsverfügung beziehungsweise des Einspracheentscheides abzustellen. 4.2 Es trifft zwar zu, dass im Falle einer Einsprache der Einspracheentscheid an die Stelle der Verfügung tritt. Dies betrifft indessen die Frage, bis zu welchen Zeitpunkt die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind ( BGE 131 V 407 E. 2.1.2.1 S. 412; BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446; SVR 2013 UV Nr. 9 S. 29 E. 3.2, 8C_592/2012). Bei der Festlegung der zeitlichen Wirkung einer revisionsweisen Herabsetzung oder Aufhebung der Rente ist es jedoch sachgerecht, auf den Verfügungszeitpunkt abzustellen, wenn feststeht, dass bereits an diesem Tag die Revisionsvoraussetzungen materiell erfüllt sind. Andernfalls hätte es - wie die SUVA zu Recht geltend macht - die versicherte Person in der Hand, den Revisionszeitpunkt mittels Einsprache selbst bestimmen bzw. hinausschieben zu können; dies muss um der Rechtsgleichheit willen verhindert werden (vgl. auch BGE 106 V 18 E. 3c S. 21). Diese Lösung erscheint auch mit Blick auf die Doktrin gerechtfertigt (siehe ALFRED MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 2. Aufl. 1989, S. 393; ALAIN C. DOUDIN, La rente d'invalidité dans l'assurance-accidents, SZS 1990 S. 289; in der Militärversicherung wird der Zeitpunkt des Vorbescheids als massgebend erachtet, vgl. JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG], 2000, N. 27 zu Art. 44 MVG ; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 33 zu Art. 17 ATSG , geht bei der Revision von Amtes wegen vom Zeitpunkt des Entscheids aus, verweist aber u.a. auf MAURER, a.a.O., S. 393). Nach dem Gesagten ist die Rentenaufhebung auf den ersten Tag des Monats, welcher der Verfügung vom 7. Mai 2009 bzw. deren Zustellung an den Versicherten folgt, hier also auf den 1. Juni 2009, festzulegen (vgl. auch Art. 19 Abs. 3 ATSG ; BGE 140 V 65 ). 5. 5.1 Die Vorinstanz erwog, das von ihr eingeholte Gutachten des Prof. Dr. med. M. vom 5. September 2012 sei für die Fallbeurteilung notwendig gewesen. Da es sowohl für die beiden Invalidenversicherungs- wie auch für das Unfallversicherungsverfahren unerlässlich BGE 140 V 70 S. 74 gewesen sei, seien die Gutachterkosten von Fr. 12'635.40 zwischen der IV-Stelle und der SUVA hälftig aufzuteilen. Demnach seien die Kosten im Umfang von Fr. 6'317.70 der SUVA zu überbinden. Diese opponiert dagegen. 5.2 5.2.1 Die Vorinstanz beruft sich auf den die Invalidenversicherung betreffenden BGE 137 V 210 . Hierin hat das Bundesgericht erwogen, bei festgestellter Abklärungsbedürftigkeit habe das angerufene kantonale Versicherungsgericht (bzw. das Bundesverwaltungsgericht) grundsätzlich selber eine medizinische Begutachtung anzuordnen. Die Kosten einer gerichtlich angeordneten MEDAS-Begutachtung könnten der IV auferlegt werden, was mit Art. 45 Abs. 1 ATSG vereinbar sei. Mit BGE 139 V 225 E. 4.3 S. 226 hat das Bundesgericht alsdann erkannt, diese Erwägungen gälten sinngemäss auch für Gerichtsgutachten, welche das kantonale Gericht bei festgestellter Abklärungsbedürftigkeit in einem Verfahren der Unfallversicherung anstelle einer Rückweisung selber einhole, seien doch sowohl im Abklärungsverfahren der Invalidenversicherung wie auch in demjenigen der Unfallversicherung grundsätzlich die selben Verfahrensbestimmungen, namentlich Art. 43-49 ATSG , massgebend. Die Kosten eines Gerichtsgutachtens könnten somit dem Unfallversicherer auferlegt werden, wenn die Abklärungsergebnisse aus dem Verwaltungsverfahren in rechtserheblichen Punkten nicht ausreichend beweiswertig seien, zur Durchführung der vom Gericht als notwendig erachteten Beweismassnahme an sich eine Rückweisung in Frage käme, eine solche indessen mit Blick auf die Wahrung der Verfahrensfairness entfalle. 5.2.2 Die SUVA wendet ein, sie könne sich dieser Argumentation nicht anschliessen. Diesbezüglich gälten nicht Art. 43-49 ATSG , sondern es gälte Art. 61 ATSG . Nach dessen lit. c habe das Gericht die für den Entscheid erheblichen Tatsachen festzustellen. Der Beschwerde ans kantonale Gericht komme Devolutiveffekt zu, womit der Sozialversicherer die Herrschaft über den Streitgegenstand verliere ( BGE 127 V 228 E. 2b/aa S. 231). Gemäss Art. 61 lit. a ATSG müsse das kantonale Verfahren für die Parteien, also auch für den Sozialversicherer, kostenlos sein. Diese Vorbringen rechtfertigen keine Praxisänderung (zu deren Voraussetzungen siehe BGE 135 I 79 E. 3 S. 82). Es entsprach bereits früherer Rechtsprechung, dass Abklärungskosten, die im BGE 140 V 70 S. 75 kantonalen Beschwerdeverfahren entstanden, trotz grundsätzlicher Kostenlosigkeit desselben dann dem Versicherungsträger aufzuerlegen waren, wenn dieser die entsprechenden Abklärungen bereits im Verwaltungsverfahren hätte vornehmen müssen ( BGE 112 V 333 E. 4b S. 334; BGE 98 V 272 ff.). Im letztgenannten Urteil hat das Bundesgericht zu Recht erkannt, es gehe nicht an, dass sich die Versicherungsträger zu Lasten der Kantone eines Teils der Kosten entledigen, welche sie bei korrektem Vorgehen aufgrund ihrer Abklärungspflicht (vgl. heute Art. 43 f. ATSG) zu tragen hätten. 6. 6.1 Mit BGE 139 V 496 E. 4.4 S. 502 hat das Bundesgericht für den Bereich der Invalidenversicherung Kriterien aufgestellt, die bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sind, ob die Kosten eines Gerichtsgutachtens der Verwaltung auferlegt werden können. Es erwog, es müsse ein Zusammenhang bestehen zwischen dem Untersuchungsmangel seitens der Verwaltung und der Notwendigkeit, eine Gerichtsexpertise anzuordnen. Dies sei namentlich in folgenden Konstellationen der Fall: Wenn ein manifester Widerspruch zwischen den verschiedenen, aktenmässig belegten ärztlichen Auffassungen bestehe, ohne dass die Verwaltung diesen durch objektiv begründete Argumente entkräftet habe ( BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469; siehe auch BGE 139 V 225 E. 4 S. 226 und Urteil 8C_71/2013 vom 27. Juni 2013 E. 2); wenn die Verwaltung zur Klärung der medizinischen Situation notwendige Aspekte unbeantwortet gelassen oder auf eine Expertise abgestellt habe, welche die Anforderungen an eine medizinische Beurteilungsgrundlage nicht erfülle ( BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Wenn die Verwaltung dagegen den Untersuchungsgrundsatz respektiert und ihre Auffassung auf objektive konvergente Grundlagen oder auf die Ergebnisse einer rechtsgenüglichen Expertise gestützt habe, sei die Überbindung der Kosten des erstinstanzlichen Gerichtsgutachtens an sie nicht gerechtfertigt, aus welchen Gründen dies auch immer erfolge (zum Beispiel aufgrund der Einreichung neuer Arztberichte oder eines Privatgutachtens). 6.2 Diese Kriterien sind auch im Bereich der Unfallversicherung anzuwenden. 6.2.1 Die SUVA macht geltend, vor Erlass der Renteneinstellungsverfügung vom 7. Mai 2009 habe sie alle notwendigen Abklärungen durchgeführt. Insbesondere habe sie das Observationsmaterial medizinisch auswerten lassen. Es habe kein Anlass bestanden, BGE 140 V 70 S. 76 weitere Abklärungen vorzunehmen. Die Vorinstanz habe sich allein aufgrund der vom Versicherten bei ihr neu aufgelegten Beweismittel veranlasst gesehen, das psychiatrische Gerichtsgutachten des Prof. Dr. med. M. vom 5. September 2012 einzuholen. 6.2.2 Die SUVA zog unter anderem einen psychiatrischen Abklärungsbericht der Rehaklinik Y. vom 10. April 2008 bei, worin ausgeführt wurde, psychiatrischerseits bestehe beim Versicherten keine Einschränkung. Vom 7. Oktober bis 17. Dezember 2008 liess ihn die SUVA privatdetektivlich observieren; den diesbezüglichen Observationsbericht vom 26. Januar 2009 liess sie durch Prof. Dr. med. J., Facharzt Neurologie, Stv. Medizinischer Direktor, Medizinischer Leiter Neurologische Rehabilitation, Rehaklinik Y. im Bericht vom 31. März 2009 beurteilen; dieser Bericht wurde von Dr. med. K., Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinischer Leiter, Zentrum für Begutachtung, Rehaklinik Y., mitunterzeichnet. In diesem Bericht wurde ausgeführt, die Observationsergebnisse liessen den Schluss zu, der Versicherte sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in körperlicher und geistiger Hinsicht voll einsetzbar. In psychiatrischer Hinsicht ergäben sich aufgrund der Observation keine Hinweise für eine relevante Beeinträchtigung. Das Vorbringen der SUVA, sie habe alle notwendigen Abklärungen durchgeführt, ist nicht in Frage zu stellen. Festzuhalten ist denn auch, dass die Ergebnisse einer zulässigen Observation zusammen mit einer ärztlichen Aktenbeurteilung grundsätzlich geeignet sein können, eine genügende Basis für Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit zu bilden ( BGE 137 I 327 E. 7.1 S. 337). Soweit die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zur Begründung der Überwälzung der Gutachtenskosten auf die SUVA pauschal ausführte, das Gerichtsgutachten sei für die Fallbeurteilung notwendig gewesen, ist dies nicht hinreichend. Zudem geht aus den anderen Erwägungen der Vorinstanz hervor, dass sie sich aufgrund der vom Versicherten im Beschwerdeverfahren neu aufgelegten ärztlichen Unterlagen, wozu die SUVA ihrerseits eine ärztliche Stellungnahme einreichte, veranlasst sah, das psychiatrische Gerichtsgutachten in Auftrag zu geben. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz dessen Kosten zu Unrecht der SUVA auferlegt.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b4e317e7-f971-417d-aaff-adce6ae96bdd
Urteilskopf 138 V 23 4. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau gegen Gemeinde X. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_727/2010 vom 27. Januar 2012
Regeste Art. 21 Abs. 1 ELG ; Art. 1a Abs. 3 aELG (aufgehoben auf Ende 2007); Art. 13 Abs. 1 ATSG ; Art. 25 Abs. 1 und 2, Art. 377 Abs. 1 und 2 ZGB ; Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung. Bei Heim- oder Anstaltsbewohnern führt die Verlegung des nach Art. 25 Abs. 1 oder 2 ZGB abgeleiteten zivilrechtlichen Wohnsitzes in einen andern Kanton zu einer Änderung in der örtlichen Zuständigkeit der EL-Behörden (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 23 BGE 138 V 23 S. 23 A. Die 1987 geborene, entmündigte und unter elterlicher Sorge stehende R. bezieht eine ganze Rente der Invalidenversicherung und eine Hilflosenentschädigung wegen mittelschwerer Hilflosigkeit. Seit März 2005 lebt sie unter der Woche in der Stiftung A. und an den Wochenenden sowie in den Ferien bei ihrer Mutter, G., welche die elterliche Sorge alleine innehat. Die Mutter der Versicherten wohnte bis Juli 2009 in X., Kanton Zürich, bevor sie nach Y. im Kanton Aargau umzog. Mit Beschluss des Gemeinderates Z./AG vom 7. September 2009 ging die Aufsicht über die entmündigte R. von der Vormundschaftsbehörde X. auf diejenige der Gemeinde Z. über; gleichzeitig wurde G. als Inhaberin des elterlichen Sorgerechts verpflichtet, für ihre Tochter eine Rechnung über deren Einnahmen und Ausgaben zu führen. Die Gemeinde X., welche bislang BGE 138 V 23 S. 24 Ergänzungsleistungen (EL) zur IV-Rente von R. ausgerichtet hatte, ersuchte die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Aargau, Ausgleichskasse (nachfolgend: SVA Aargau), um Festsetzung und Auszahlung dieser Leistung ab August 2009. Die zürcherische Gemeinde stellte sich auf den Standpunkt, mit der Wohnsitzverlegung der Versicherten in den Kanton Aargau sei auch die ergänzungsleistungsrechtliche Zuständigkeit auf diesen Kanton übergegangen. Mit Verfügung vom 2. November 2009 lehnte die SVA Aargau "die Zuständigkeit des Kantons Aargau ab" und wies "das Begehren um Ausrichtung einer Ergänzungsleistung" ab. B. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die von der Gemeinde X. dagegen eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 10. August 2010 gut, hob die Verfügung der SVA Aargau vom 2. November 2009 auf und verpflichtete diese, den Anspruch von R. auf Ergänzungsleistung materiell zu prüfen und darüber zu verfügen. C. Die SVA Aargau führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die Gemeinde X. verzichtet ausdrücklich auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) beantragt deren Gutheissung, während das Versicherungsgericht des Kantons Aargau und die als Mitinteressierte beigeladene R. (vertreten durch ihre Mutter) auf eine Stellungnahme verzichten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Im Streite liegt die Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung ab 1. August 2009. 3.1 3.1.1 Nach Art. 1a Abs. 3 aELG (aufgehoben auf Ende 2007) war der Kanton, in dem der Bezüger seinen Wohnsitz hatte, zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung. Der Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift bestimmt sich nach den Art. 23-26 ZGB ( Art. 13 Abs. 1 ATSG [SR 830.1] in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 ELG [SR 831.30] sowohl in der Fassung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen neuen Rechts als auch in derjenigen des abgelösten aELG). Der zivilrechtliche Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden BGE 138 V 23 S. 25 Verbleibens aufhält ( Art. 23 Abs. 1 ZGB ) und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat ( BGE 133 V 309 E. 3.1 S. 312; BGE 127 V 237 E. 1 S. 238; BGE 125 III 100 E. 3 S. 102). Der Aufenthalt an einem Ort zum Zweck des Besuchs einer Lehranstalt und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt begründen keinen Wohnsitz ( Art. 26 ZGB ). 3.1.2 Rechtsprechungsgemäss wird jedoch in der letztgenannten Bestimmung lediglich die Vermutung angestellt, wonach der Aufenthalt am Studienort oder in einer Anstalt nicht bedeutet, dass auch der Lebensmittelpunkt an den fraglichen Ort verlegt worden ist. Diese Vermutung ist widerlegbar, insbesondere wenn eine urteilsfähige mündige Person freiwillig und selbstbestimmt, allenfalls vom "Zwang der Umstände" (etwa Angewiesensein auf Betreuung, finanzielle Gründe) diktiert, sich zu einem Anstaltsaufenthalt unbeschränkter Dauer entschlossen und überdies die Anstalt und den Aufenthaltsort frei gewählt hat ( BGE 137 III 593 E. 4.1 S. 600; BGE 134 V 236 E. 2.1 S. 239 f.; BGE 133 V 309 E. 3.1 S. 312; BGE 127 V 237 E. 2b und 2c S. 239 ff.). Die Widerlegung der Vermutung gemäss Art. 26 ZGB und mithin die Annahme der Wohnsitzverlegung eines EL-Bezügers an den Anstaltsort konnte also nach der früheren gesetzlichen Regelung zu einem Wechsel in der ergänzungsleistungsrechtlichen Zuständigkeit führen ( BGE 133 V 309 ). Das Bundesgericht erkannte durchaus, dass diese Rechtslage die Standortgemeinden und -kantone von Einrichtungen zur Betreuung und Pflege Behinderter finanziell benachteiligte und dadurch letztlich der Mobilität der Betroffenen bei der Suche nach einer geeigneten Institution abträglich war, weil sich zum Teil Widerstand gegen ein vorgesehenes Heimprojekt oder die Aufnahme ausserkantonaler Heimbewohner regte. Es befand indessen, es bleibe Sache des Gesetzgebers, Abhilfe zu schaffen und gegebenenfalls ergänzungsleistungsrechtlich eine vom zivilrechtlichen Wohnsitz abweichende Lösung vorzusehen ( BGE 133 V 309 E. 3.3 in fine S. 314; BGE 127 V 237 E. 2d in fine S. 242). 3.1.3 Eine derartige vom zivilrechtlichen Wohnsitz abweichende Regelung wurde im Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1) verankert. Dessen Art. 5 bestimmt, dass der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer andern Anstalt und die behördliche oder vormundschaftliche Versorgung einer BGE 138 V 23 S. 26 mündigen oder entmündigten Person in Familienpflege keinen Unterstützungswohnsitz begründen; der Eintritt eines solchen Sachverhaltes beendigt denn auch einen bestehenden Unterstützungswohnsitz nicht ( Art. 9 Abs. 3 ZUG ). Diese Regelung dient unter anderem dem Schutz der Standortkantone und soll den Anreiz nach kantonsexterner Unterbringung unterstützungsbedürftiger Personen verringern (Urteil 8C_79/2010 vom 24. September 2010 E. 7.2, nicht publ. in: BGE 136 V 346 ; Urteil 2A.714/2006 vom 10. Juli 2007 E. 3.2). Der Gesetzgeber nahm dabei bewusst in Kauf, dass eine freiwillig in ein Heim eintretende und am Ort des Heims zivilrechtlichen Wohnsitz begründende Person ihren Unterstützungswohnsitz weiterhin dort hat, wo sie vor dem Heimeintritt ihren Lebensmittelpunkt hatte (WERNER THOMET, Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG], 2. Aufl. 1994, N. 109 zu Art. 5 und N. 153 zu Art. 9 Abs. 3 ZUG ). 3.2 Im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) wurde das bisher geltende Bundesgesetz vom 19. März 1965 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (aELG) einer Totalrevision unterzogen. Das neue Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 (ELG) wurde auf den 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt. Laut dessen Art. 21 Abs. 1 erster Satz wird - in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 ATSG - die kantonale Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung grundsätzlich nach wie vor an den zivilrechtlichen Wohnsitz der bezugsberechtigten Person geknüpft. Der zweite Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG stellt nun aber im Sinne einer Ausnahme klar, dass der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer andern Anstalt und die behördliche oder vormundschaftliche Versorgung einer mündigen oder entmündigten Person in Familienpflege keine neue Zuständigkeit begründen. Diese Bestimmung ist mangels einer anderslautenden Übergangsbestimmung sofort anwendbar (SVR 2011 EL Nr. 6 S. 17, 9C_972/2009 E. 2.2 in fine). Gemäss Art. 21 Abs. 2 ELG bezeichnen die Kantone die Organe, die für die Entgegennahme der Gesuche und für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistungen zuständig sind; sie können die kantonalen Ausgleichskassen, nicht aber die Sozialhilfebehörden mit diesen Aufgaben betrauen. Während der Kanton Aargau - wie die meisten Kantone - die kantonale Ausgleichskasse (Sozialversicherungsanstalt) mit der EL-Durchführung betraut hat (§ 5 BGE 138 V 23 S. 27 Abs. 1 und § 7 Abs. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 2007 über Ergänzungsleistungen zur AHV und IV im Kanton Aargau [Ergänzungsleistungsgesetz Aargau, ELG/AG; SAR 831.300]), hat der Kanton Zürich diese Aufgabe grundsätzlich den politischen Gemeinden übertragen (§ 2 des Zürcher Gesetzes vom 7. Februar 1971 über die Zusatzleistungen zur eidgenössischen AHV/IV [Zusatzleistungsgesetz, ZLG; LS 831.3]). 3.3 Die beschwerdeführende SVA Aargau und das BSV interpretieren die Ausnahmeregelung gemäss zweitem Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG in dem Sinne, dass bei Heimbewohnern in jedem Falle derjenige Kanton EL-rechtlich zuständig bleibt, welcher die Ergänzungsleistung vor dem Heimeintritt ausgerichtet hatte - und zwar unabhängig von allfälligen "direkten" oder "abgeleiteten Wohnsitzverschiebungen" (so in der Beschwerdeschrift). Demgegenüber stellen sich die Vorinstanz und die Gemeinde X. auf den Standpunkt, dass nach der genannten neuen Gesetzesbestimmung zwar der Heimaufenthalt an sich keine neue ergänzungsleistungsrechtliche Zuständigkeit zu begründen vermag, eine solche Änderung in der kantonalen Zuständigkeit aber unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Art. 21 Abs. 1 erster Satz ELG weiterhin eintreten kann, namentlich dann, wenn der abgeleitete zivilrechtliche Wohnsitz bevormundeter oder entmündigter, unter elterlicher Sorge stehender Heimbewohner wechselt. In diesem Zusammenhang gilt es Folgendes klarzustellen: Die gemäss Art. 369 ZGB entmündigte, unter die elterliche Sorge ihrer Mutter gestellte R. ( Art. 385 Abs. 3 ZGB ) hat ihren (abgeleiteten) zivilrechtlichen Wohnsitz am Wohnsitz der Mutter ( Art. 25 Abs. 1 ZGB ; vgl. BGE 133 III 305 E. 3.3 S. 306 ff.; DANIEL STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 12 zu Art. 25 ZGB ; SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1984, N. 22 zu Art. 376 ZGB ), d.h. bis Juli 2009 in X., danach in Y. Entgegen den missverständlichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid wie auch in der dagegen erhobenen Beschwerde spielt im hier zu beurteilenden Fall der Sitz der Vormundschaftsbehörde, welche die Aufsicht über die Versicherte ausübt (nunmehr Z., früher X.), keine Rolle. Art. 25 Abs. 2 ZGB , wonach bevormundete Personen ihren (ebenfalls abgeleiteten) Wohnsitz am Sitz der zuständigen Vormundschaftsbehörde haben, ist auf volljährige Entmündigte, die unter elterlicher Sorge stehen, nicht anwendbar. Dies ändert indessen nichts an der nachfolgend zu beantwortenden Rechtsfrage: BGE 138 V 23 S. 28 Führt die Verlegung des abgeleiteten Wohnsitzes der nach wie vor im selben Behindertenheim lebenden EL-Bezügerin von X. in den Kanton Aargau zu einem Wechsel in der ergänzungsleistungsrechtlichen Zuständigkeit? Oder mit andern Worten: Ist dieser rechtserhebliche Sachverhalt unter die Grundnorm (erster Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG ) oder aber unter die Ausnahmeregelung (zweiter Satz dieser Gesetzesbestimmung) zu subsumieren? 3.4 3.4.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben. Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend. Anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche Richtschnur des Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nicht vorausgesehenen Umständen anpasst oder es ergänzt ( BGE 137 V 13 E. 5.1 S. 17 mit Hinweisen). 3.4.2 Den Materialien zur Totalrevision des ELG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzesentwurf zuhanden des Parlaments dem Bundesrat die Kompetenz einräumte, nach Anhörung der Kantone für in Heimen oder Spitälern lebende Personen besondere Zuständigkeitsbestimmungen zu erlassen (Art. 21 Abs. 1 zweiter Satz ELG-Entwurf gemäss Botschaft vom 7. September 2005 zur Ausführungsgesetzgebung zur NFA; BBl 2005 6029 ff., 6357 [Anhang 3]). Zur Begründung wurde ausgeführt, bei Heimbewohnern sei es in der Praxis zwischen den Kantonen immer wieder zu Streitigkeiten über die Zuständigkeit gekommen, "weil gerade die Wohnsitzfrage nicht immer ohne weiteres zu beantworten" sei (BBl 2005 6232 f. Ziff. 2.9.8.3 zu Art. 21 ELG ). Auf Antrag seiner vorberatenden Kommission (Protokolle der Sitzung vom 18./19. Januar 2006 [S. 69 ff.] und derjenigen vom 6./7. Februar 2006 [S. 20 ff.]) beschloss der Ständerat als Erstrat, die Kompetenz des Bundesrates zu streichen und durch den nunmehr geltenden zweiten Satz von Art. 21 Abs. 1 BGE 138 V 23 S. 29 ELG zu ersetzen. Im Rahmen der ständerätlichen Beratung führte der Kommissionssprecher aus, diese neue Regelung stimme mit derjenigen im hievor (E. 3.1.3) erwähnten ZUG überein. Die zum Zuständigkeitsgesetz entwickelte Praxis für Heim- und Anstaltsinsassen sowie Familienpfleglinge solle grundsätzlich auch im EL-Bereich Anwendung finden. Zuhanden der Materialien werde mit aller Deutlichkeit festgehalten, dass die Änderung keine Auswirkungen auf die Festlegung des zivilrechtlichen Wohnsitzes habe. Dieser bestimme sich einzig und allein nach dem ZGB (AB 2006 S 212). Der Nationalrat stimmte dem gegenüber der bundesrätlichen Vorlage neu gefassten Art. 21 Abs. 1 ELG diskussionslos zu (AB 2006 N 1255; SVR 2011 EL Nr. 6 S. 17, 9C_972/2009 E. 5.3.2.1). 3.4.3 Die dargelegte Entstehungsgeschichte der streitigen Norm zeigt, dass es dem Gesetzgeber darum ging, bei Heimbewohnern eine Kongruenz zwischen Ergänzungsleistung und Sozialhilfe herzustellen. Mit der dem ZUG nachempfundenen Ausnahmeregelung im zweiten Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG sollten zum einen die zwischen den Kantonen immer wieder auftretenden, sich an der Wohnsitzfrage entzündenden Streitigkeiten über die ergänzungsleistungsrechtliche Zuständigkeit bei Heimbewohnern künftig möglichst vermieden werden (vgl. vorstehende E. 3.1.2 und 3.4.2 am Anfang). Zum andern ging die gesetzgeberische Regelungsabsicht dahin, die Benachteiligung der Standortkantone von Heimen, Anstalten und vergleichbaren Institutionen (vgl. hiezu vorne E. 3.1.2 f.) fortan zu verringern. Wie weit die Kongruenz zwischen Ergänzungsleistung und Sozialhilfe reicht, beantwortet sich nach der jeweiligen Rechtsanwendungslage. So hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit dem fraglichen Eintritt einer EL-Bezügerin in eine der angeführten Einrichtungen festgestellt, ein solcher bleibe nach dem klaren Willen des Gesetzgebers, wie er auch im Wortlaut seinen Niederschlag gefunden hat, ohne Bedeutung für die Frage der Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung, unabhängig davon, ob am Ort der Institution zivilrechtlicher Wohnsitz begründet wird. Zuständig ist bzw. bleibt der Kanton, in welchem die Ergänzungsleistung beziehende Person unmittelbar vor dem Heim- oder Anstaltseintritt Wohnsitz hatte. Insoweit stellt sich die in der Praxis häufig schwierige Frage der Abgrenzung von wohnsitzbegründendem freiwilligen Eintritt in ein Heim oder eine Anstalt und nicht wohnsitzrelevanter Unterbringung nicht mehr. Für den Fall eines Aufenthalts in einem Heim, einem Spital oder einer BGE 138 V 23 S. 30 andern Anstalt hat der Gesetzgeber somit eine Regelung getroffen, bei welcher - ähnlich wie im Fürsorgebereich (E. 3.1.2 f.) - der zivilrechtliche Wohnsitz und die Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der (Ergänzungs-)Leistung auseinanderfallen können (SVR 2011 EL Nr. 6 S. 17, 9C_972/2009 E. 5.3.2.2). 3.4.4 Was die hier zu beantwortende Rechtsfrage (E. 3.3 hievor in fine) betrifft, ist der - in den drei Sprachfassungen übereinstimmende - Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 zweiter Satz ELG ("der Aufenthalt in ...", "le séjour dans ...", "il soggiorno in ...") ebenfalls eindeutig: Einzig der Heim- oder Anstaltsaufenthalt als solcher bleibt nach der neuen gesetzlichen Ausnahmeregelung für die Bewohner der erwähnten Einrichtungen EL-rechtlich unbeachtlich. Anderweitige Umstände, nach denen sich der zivilrechtliche Wohnsitz und damit dem Grundsatze nach auch die ergänzungsleistungsrechtliche Zuständigkeit bestimmen (Art. 21 Abs. 1 erster Satz ELG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 ATSG ), sind indessen nach wie vor massgebend. So ändert die bisherige örtliche Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung, wenn - wie hier - der gemäss Art. 25 Abs. 1 ZGB abgeleitete Wohnsitz einer entmündigten, unter elterlicher Sorge stehenden leistungsberechtigten Heimbewohnerin in einen andern Kanton verlegt wird, weil deren Mutter als alleinige Inhaberin des Sorgerechts vom zürcherischen X. in den Kanton Aargau zieht. Dieselben Überlegungen gelten für den ebenso abgeleiteten, am Sitz der Vormundschaftsbehörde liegenden zivilrechtlichen Wohnsitz bevormundeter Heim- oder Anstaltsbewohner ( Art. 25 Abs. 2 ZGB ): Deren Wohnsitzwechsel in einen andern Kanton führt nach der Grundnorm von Art. 21 Abs. 1 erster Satz ELG ebenfalls zu einer Änderung in der bisherigen ergänzungsleistungsrechtlichen Zuständigkeit, wobei eine solche Wohnsitzverlegung der formellen Übertragung der Vormundschaft auf die Vormundschaftsbehörde am neuen Ort bedarf ( Art. 377 Abs. 1 und 2 ZGB ; STAEHELIN, a.a.O., N. 4 ff. zu Art. 377 ZGB ; vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 5/02 vom 24. April 2002 E. 2). Hätte der Gesetzgeber tatsächlich in dem Sinne legiferieren wollen, dass bei Heimbewohnern die im Zeitpunkt des Eintritts bestehende kantonale Zuständigkeit der EL-Behörden in keinem Falle mehr eine Änderung erfährt, hätte er für die Ausnahmebestimmung zweifellos eine entsprechende Formulierung gewählt. 3.4.5 Gründe für eine vom unmissverständlichen Wortlaut abweichende Auslegung von Art. 21 Abs. 1 zweiter Satz ELG (E. 3.4.1 hievor) bestehen nicht: Die erwähnte, vom Gesetzgeber BGE 138 V 23 S. 31 beabsichtigte Kongruenz zwischen Ergänzungsleistung und Sozialhilfe ist unter systematischem Blickwinkel insofern begrenzt, als sich die Zuständigkeit im EL-Bereich grundsätzlich nach dem zivilrechtlichen Wohnsitz richtet (erster Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG ), wogegen der Bedürftige seinen sog. Unterstützungswohnsitz nach Art. 4 Abs. 1 ZUG prinzipiell in dem Kanton hat, wo er sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Dem im vorliegenden Zusammenhang interessierenden abgeleiteten Wohnsitz nach Art. 25 Abs. 1 oder 2 ZGB kommt somit im Sozialhilferecht für Erwachsene keinerlei Bedeutung zu (vgl. demgegenüber Art. 7 ZUG für unmündige Kinder). Folglich lassen sich für die hier zu beantwortende Rechtsfrage nach der Tragweite des zweiten Satzes von Art. 21 Abs. 1 ELG von vornherein keine Kongruenzüberlegungen anstellen, obwohl diese Ausnahmebestimmung mit derjenigen von Art. 5 ZUG weitgehend übereinstimmt (vgl. E. 3.1.3 und 3.4.2 f. hievor). Immerhin ist anzumerken, dass der Aufenthalt in einem Heim oder einer Klinik auch unter der Herrschaft des ZUG nicht dazu führt, dass der Unterstützungswohnsitz praktisch nicht mehr ändern kann (Urteil 8C_79/2010 vom 24. September 2010 E. 7.2 in fine, nicht publ. in: BGE 136 V 346 ; Urteil 2A.714/2006 vom 10. Juli 2007 E. 3.3). Auch eine am Sinn und am Zweck (teleologisch) oder an der Entstehungsgeschichte der Norm orientierte Interpretation ändert nichts am bisher ermittelten Auslegungsergebnis. Keiner der angeführten, sich aus den Materialien ergebenden Aspekte der gesetzgeberischen Regelungsabsicht verlangt nach einer über den Wortlaut hinausgehenden Subsumtion des hier relevanten Sachverhalts unter die Ausnahme- statt unter die Grundregel (d.h. unter den zweiten statt den ersten Satz von Art. 21 Abs. 1 ELG ). So kann die vorliegende Anknüpfung der ergänzungsleistungsrechtlichen Zuständigkeit an den abgeleiteten zivilrechtlichen Wohnsitz bevormundeter oder entmündigter, unter elterlicher Sorge stehender Heimbewohner offenkundig nicht dazu führen, dass sich - wie unter dem früheren aELG - an der oft schwierigen Abgrenzung zwischen wohnsitzbegründendem freiwilligem Eintritt ins Heim einerseits und nicht wohnsitzrelevanter Unterbringung anderseits Streitigkeiten unter den Kantonen entfachen (vgl. E. 3.4.2 f. hievor). Ebenso wenig kommt es nach der dargelegten Lösung zu einer nennenswerten Benachteiligung der Standortkantone von Heimen und Anstalten (vgl. dazu vorne E. 3.1.2 f. und 3.4.3). 3.4.6 Die Auslegung der Ausnahmeregelung von Art. 21 Abs. 1 zweiter Satz ELG anhand der normunmittelbaren Kriterien führt BGE 138 V 23 S. 32 zum Ergebnis, dass der Wortlaut der Gesetzesbestimmung deren wahren Sinn zum Ausdruck bringt. Bei Heim- oder Anstaltsbewohnern steht einzig der Aufenthalt in der jeweiligen Einrichtung als solcher der Begründung einer neuen ergänzungsleistungsrechtlichen Zuständigkeit entgegen, während anderweitige, den zivilrechtlichen Wohnsitz als grundsätzlichen Anknüpfungspunkt bestimmende Umstände (Art. 21 Abs. 1 erster Satz ELG) nach wie vor massgebend bleiben (so der abgeleitete Wohnsitz nach Art. 25 Abs. 1 oder 2 ZGB). Die der gesetzlichen Regelung widersprechende, vom BSV im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit ergänzte Verwaltungsweisung (Rz. 1330.02 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL] in der ab 1. April 2011 gültigen Fassung http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/category:59 ) ist unbeachtlich. 3.5 Nach dem Gesagten ging die Zuständigkeit für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistung von R. am 1. August 2009 von der Gemeinde X. auf die SVA Aargau über, als die Mutter der Leistungsbezügerin als (alleinige) Inhaberin der elterlichen Sorge in Y./AG neuen zivilrechtlichen Wohnsitz nahm.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b4e804d8-1306-4696-8b17-fc31a4ea9b14
Urteilskopf 87 I 349 57. Auszug aus dem Urteil vom 29. Juni 1961 i.S. Valvoline-Öl AG gegen Regierungsrat des Kantons Aargau.
Regeste Art. 31 BV . Reklame an Tankstellen. Die Anordnung, dass Tankstellen nur zwei von der Strasse aus sichtbare Markenkennzeichen führen dürfen, von denen das eine auf eine Benzinmarke und das andere auf die vom Betriebsinhaber vertretene Automarke entfällt, verfügt über eine gesetzliche Grundlage; sie ist trotz gewisser Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Wettbewerb polizeilicher Natur.
Sachverhalt ab Seite 349 BGE 87 I 349 S. 349 A.- Art. 4 Abs. 2 MFG verbietet, auf oder ausserhalb der Strasse Reklamen anzubringen, soweit dadurch die Sicherheit des Strassenverkehrs gefährdet wird. Nach § 93 Ziff. 2 der aargauischen Einführungsgesetzes zum ZGB (EG ZGB) ist der Regierungsrat befugt, Verfügungen gegen die Verunstaltung von Landschaften, Ortschaftsbildern und Aussichtspunkten zu treffen. Unter Berufung auf die genannten Bestimmungen hat der Regierungsrat des Kantons Aargau mit Beschluss vom 25. Januar 1957 "für die Kennzeichnung und Beleuchtung von Tankstellen und Garagen grundsätzlich die von der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachmänner (VSS) herausgegebenen, im Jahre 1956 teilweise revidierten Richtlinien (Normblätter BGE 87 I 349 S. 350 SNV 40625 a und 40626) verbindlich" erklärt. Diese Normen führen unter Ziff. 4 Abs. 2 und 3 aus: "Bei oder vor Tankstellen oder auf den Tankstellendächern dürfen nur zwei Markenkennzeichen, nämlich für eine Benzinmarke und eine vom Tankstelleninhaber offiziell vertretene Automarke oder Markengruppe, aufgestellt werden, die von den sich auf der Strasse nähernden Personen erkannt werden können. Andere Markenartikel oder Dienste, welche eine Tankstelle anzubieten hat, können zusätzlich angezeigt werden an oder direkt vor der strassenseitigen Gebäudefront, wobei diese Reklamen nur für den vor der Tankstelle anhaltenden Strassenbenützer erkennbar oder lesbar sein dürfen. Sie sollen verhältnismässig klein, wenig auffällig und weder selbstleuchtend noch reflektierend sein." B.- Die Valvoline-Öl Aktiengesellschaft, die Schmieröle und Schmierfette (im Gegensatz zu andern Unternehmen dieses Geschäftszweigs jedoch nicht gleichzeitig Benzin) vertreibt, kam um die Bewilligung ein, unter dem Vordach der Tankstelle Fricktalerhof an der Hauptstrasse Nr. 7 Basel-Stein-Koblenz in Sisseln eine Lichtreklame anbringen zu dürfen. Die Polizeidirektion des Kantons Aargau hat das Gesuch abgelehnt. Eine Beschwerde, welche die Gesuchstellerin dagegen führte, hat der Regierungsrat abgewiesen. Er hat dazu ausgeführt, die Handels- und Gewerbefreiheit sei hinsichtlich der Anbringung von Reklamen an öffentlichen Strassen aus polizeilichen Gründen und damit rechtmässig eingeschränkt. Um der Verkehrssicherheit willen müssten nicht nur Reklamen verboten werden, die Anlass zu Verwechslung mit Strassensignalen geben könnten oder die nachts blendeten; es gelte ausserdem, einer Häufung von Reklamen entgegenzutreten, weil diese die Gefahr einer übermässigen Ablenkung und Ermüdung der Fahrzeugführer schaffe. Es könne daher keine Rede davon sein, dass jede Tankstelle einen Anspruch darauf habe, sich durch zwei grosse Lichtreklamen kenntlich zu machen. Blosse Tankstellen müssten sich vielmehr mit einer einzigen grossen Lichtreklame begnügen, die auf die Hauptaufgabe der Anlage, den Benzinvertrieb, hinweise, indem sie das Wort "Benzin", die geführte Benzinmarke oder den Preis BGE 87 I 349 S. 351 in Erscheinung treten lasse. Die Richtlinien der VSS knüpften die Zulassung einer weiteren Auskündigung, nämlich jener einer Automarke oder Markengruppe, an die Bedingung, dass der Tankstelleninhaber offizieller Vertreter der Automobilfabrik sei. Solche Reklamen seien deshalb nicht bei blossen Tankstellen, sondern lediglich bei Garagen und Werkstätten von einiger Grösse und Bedeutung anzutreffen. Diesen Betrieben sei eine zusätzliche Kenntlichmachung der erwähnten Art zu ermöglichen, weil viele Kunden Tankstellen bzw. Werkstätten suchten, die sich auf die Wartung von Fahrzeugen einer bestimmten Marke spezialisiert hätten. Da zahlreiche Tankstellen Öle verschiedener Marken verkauften und der durchschnittliche Fahrzeughalter darauf achte, den Ölwechsel, der sich nicht allzu häufig und in feststehenden Zeitabständen wiederhole, in seiner "Stammgarage" vornehmen zu lassen, sei das Bedürfnis nach einer Kenntlichmachung der geführten Ölmarke demgegenüber nicht so ausgeprägt, dass es die Zulassung einer entsprechenden Reklame rechtfertigen würde. C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Art. 31 und 4 BV (sowie der Eigentumsgarantie) beantragt die Valvoline- Öl Aktiengesellschaft, es sei der Entscheid des Regierungsrats aufzuheben und anzuorden, dass die verweigerte Bewilligung zu erteilen sei. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Regierungsrat erblickt die gesetzliche Grundlage seines Entscheids vornehmlich in Art. 4 Abs. 2 MFG. Dieser verbietet im Bereich öffentlicher Strassen jede Reklame, die geeignet ist, die Sicherheit des Verkehrs zu gefährden. Art. 4 der Verordnung des Bundesrats über die Strassensignalisation vom 17. Oktober 1932 wiederholt dieses Verbot und führt es dahin näher aus, dass die Verwendung von Signalformen und -Farben zu Reklamezwecken sowie die Anbringung von Reklamen auf Signalen BGE 87 I 349 S. 352 ausgeschlossen werden. Damit wird indes nur ein Teil der Gefahrenquellen ausgeschaltet, die Art. 4 Abs. 2 MFG beseitigen will. Diese Bestimmung tritt vielmehr auch andern Gefährdungen des Verkehrs entgegen, die sich aus der Anbringung von Reklamen ergeben können. So untersagt sie zum Beispiel Reklamen, die ein Signal oder eine gefährliche Stelle verdecken, die Übersichtlichkeit der Strasse beeinträchtigen, den Fahrzeuglenker blenden oder dessen Aufmerksamkeit ablenken (STREBEL, N. 19 zu Art. 4 MFG). Art. 4 Abs. 2 MFG lässt dabei Raum für kantonale Ausführungsbestimmungen (Art. 70 MFG; STREBEL, N. 22 zu Art. 4 MFG), doch ist er selber keine blosse Rahmenvorschrift, sondern eine Norm, die unmittelbar auf einen gegebenen Sachverhalt angewendet werden kann. Das zeigt sich schon darin, dass Art. 64 MFG die Übertretung des Art. 4 MFG unter Strafe stellt. Zu einer nach Art. 4 Abs. 2 MFG unstatthaften Gefährdung des Strassenverkehrs kann auch eine Häufung von Reklamen führen, die an und für sich weder wegen ihrer Gestaltung noch wegen der Art ihrer Aufstellung zu beanstanden sind: zeigt doch die Erfahrung, dass die ständige Wiederholung auffällig aufgemachter Zeichen oder Anschriften auf den Fahrer ermüdend wirkt. Ein übermüdeter Fahrzeuglenker aber ist sowohl für sich als auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr (vgl. Art. 17 Abs. 2 MFG). Einem Überborden der Reklame an den Strassenrändern muss ausserdem im Interesse des Landschaftsschutzes entgegengetreten werden. Der Regierungsrat gründet sein Vorgehen denn auch zusätzlich auf § 93 Ziff. 2 EG ZGB, wonach er Verfügungen gegen die Verunstaltung von Landschaften, Ortschaftsbildern und Aussichtspunkten zu treffen hat. 3. Soweit die Reklame gerade infolge ihrer Häufung schädigende Auswirkungen hat, kann Abhilfe nur durch eine allgemeine Herabsetzung der Zahl der Werbezeichen geschaffen werden. Hierzu sind allgemein gefasste Verbote BGE 87 I 349 S. 353 notwendig; die Behörden können sich nicht mit einem Einschreiten von Fall zu Fall begnügen. Würden bloss jene Reklametafeln ausgeschaltet, die Anlass zur Verwechslung mit Signalen geben, gefährliche Stellen verdecken, die Übersicht beeinträchtigen, die Fahrzeuglenker blenden oder sonstwie besonders störend wirken, so würde es immer noch so viele Werbezeichen geben, dass ernstlich mit einer Ermüdung der Fahrer zu rechnen wäre. Gleiches gilt mit Bezug auf den Landschaftsschutz: Würden lediglich jene Reklamen untersagt, die vor einem besonders reizvollen Hintergrund stehen, so bliebe es bei einem Übermass von Geschäftsempfehlungen, das, wie ausländische Beispiele zeigen, die Aufmerksamkeit der Strassenbenützer derart in Anspruch nimmt, dass die Landschaft nicht mehr auf sie einzuwirken vermag. Um einem Überhandnehmen der Reklamen vorzubeugen, müssen deshalb Massnahmen ergriffen werden, die auf das Problem als Ganzes zugeschnitten sind. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hat zu diesem Behuf mit Beschluss vom 15. Dezember 1951 Reklametafeln im Sichtbereich von Land- und Ortsverbindungsstrassen ausserhalb der Ortschaften grundsätzlich verboten und die Kantonale Baudirektion lediglich für Ausnahmefälle ermächtigt, eine im öffentlichen Interesse liegende Hinweistafel zu bewilligen. Um die Wirksamkeit dieser Anordnung zu gewährleisten und keine Rechtsungleichheiten aufkommen zu lassen, musste die Reklame der Tankstellen entsprechenden Einschränkungen unterworfen werden. Der Regierungsrat hat in diesem Sinne mit Beschluss vom 25. Januar 1957 die Richtlinien der Vereinigung Schweizerischer Strassenfachmänner (VSS) über die Kennzeichnung, Reklame und Beleuchtung von Tankstellen und Garagen "verbindlich" erklärt. Der Beschluss, der in der Gesetzessammlung nicht veröffentlicht worden ist, dürfte in Anbetracht von § 2 lit. a des Gesetzes über die amtlichen Bekanntmachungen vom 26. November 1856 (AGS I S. 150; vgl. auch § 2 lit. c der gleichnamigen Verordnung BGE 87 I 349 S. 354 vom 26. September 1958) als blosse Dienstanweisung an die Kantonale Baudirektion zu verstehen sein, die für die Bewilligung der Reklamen zuständig ist. Er ist aber auch in dieser Form geeignet, die erforderliche Einheitlichkeit in der Bekämpfung von Reklameanhäufungen herbeizuführen. 4. Nach den Richtlinien der VSS, denen sich auch die Behörden anderer Kantone angeschlossen haben, sind "bei oder vor Tankstellen oder auf Tankstellendächern" nur zwei Markenkennzeichen zulässig, nämlich eines für eine Benzinmarke und eines für die vom Betriebsinhaber offiziell vertretene Automarke oder Markengruppe. Der Zahl der Reklamen werden damit, wie das Interesse der Verkehrssicherheit und des Landschaftsschutzes es erfordern, enge Grenzen gesetzt. Strenge war dabei umso eher am Platze, als den Tankstelleninhabern und ihren Lieferanten viel an einer auf die Verkehrsteilnehmer ausgerichteten Werbung liegt, so dass die Gefahr eines Überbordens der Reklame an oder bei solchen Anlagen besonders gross ist. Die Beschränkung auf zwei Grossauskündigungen je Tankstelle lässt sich deshalb durchaus vertreten. Wie der Regierungsrat mit Recht bemerkt, liesse es sich vom Standpunkt der Verkehrssicherheit und des Landschaftsschutzes aus sogar rechtfertigen, noch weiter zu gehen und nur eine Auskündigung je Tankstelle zuzulassen. Es kann sich demnach lediglich fragen, ob auch die Vorschrift, dass eine der zugelassenen Aussenreklamen auf eine Benzinmarke und die andere auf die vom Betriebsinhaber offiziell vertretene Automarke oder Markengruppe entfallen muss, sich im Rahmen von Art. 4 Abs. 2 MFG und § 93 Ziff. 2 EG ZGB halte. In dieser Hinsicht fällt in Betracht, dass die auf die Sicherheit der Strassenbenützer gerichteten verkehrspolizeilichen Massnahmen im Sinne der Verhältnismässigkeit polizeilicher Eingriffe auch den übrigen Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmer, soweit angängig, Rechnung zu tragen haben, sofern es sich dabei um wirklich schutzwürdige Anliegen handelt. So besteht BGE 87 I 349 S. 355 ein echtes Bedürfnis der Fahrzeugführer, zu erfahren, wo sie sich mit den wichtigsten Betriebsmitteln eindecken können und wo sie im Falle eines Schadens Hilfe finden. Dem kann die Reklame der Tankstellen dienstbar gemacht werden, ja sie kann darüber hinaus, sinnvoll angewandt, sogar zur Sicherung des Verkehrs herangezogen werden. Tankstellen bilden allgemeiner Erfahrung gemäss vor allem insofern eine Gefahrenquelle, als die zu- und wegfahrenden Kunden den durchgehenden Verkehr behindern und dadurch dessen Sicherheit gefährden ( BGE 83 I 151 ). Um diese Gefahr zu vermindern, muss der Kunde beim Ausschwenken besondere Vorsicht walten lassen. Das ist ihm nur möglich, wenn er sich frühzeitig zum Aufsuchen der Tankstelle entschliesst. Dies aber setzt voraus, dass er schon von weitem erkennen kann, ob die Tankstelle die von ihm gewünschte Marke führe. In diesem Sinne vermag die Aussenreklame eine Aufgabe im Dienste der Verkehrssicherheit zu erfüllen. Ihr Nachteil liegt, wie aufgezeigt, in der Ablenkung und Ermüdung der Fahrer, die sich bei einer Häufung von Geschäftsempfehlungen bemerkbar machen. Sollen die schädlichen Auswirkungen nicht die nützlichen überwiegen, so darf eine Tankstelle nicht für alle von ihr vertriebenen Waren Aussenreklamen anbringen; die Zahl der Markenkennzeichen ist vielmehr zu beschränken. Bei der Auswahl, die hiefür zu treffen ist, muss darauf Bedacht genommen werden, dass der Verkehr aus den zugelassenen Reklametafeln einen möglichst grossen Nutzen ziehe. Die Nützlichkeit eines Hinweises aber steigt mit der Zahl der Fahrer, die er angeht. Die Markenkennzeichen sind daher auf jene Warengattungen zu beschränken, welche die Fahrer am häufigsten benötigen. Mit verhältnismässig kleinem Aufwand können so dem Fahrer die für ihn wichtigsten Angaben vermittelt werden. Wird es dem Hauptteil der Kunden ermöglicht, sich rechtzeitig zu vergewissern, ob die in ihr Blickfeld tretende Tankstelle die gewünschte Ware führe, dann kann damit zudem die Zahl der Fälle, BGE 87 I 349 S. 356 in denen es wegen zu späten oder sonstwie unvorsichtigen Ausschwenkens zu einer Behinderung des Verkehrs kommt, wirksam herabgesetzt werden. Soll Gewähr dafür bestehen, dass die Markenkennzeichen tatsächlich diese günstige Auswirkung auf den Strassenverkehr haben, dann kann dem Betriebsinhaber nicht die Wahl gelassen werden, für welche der von ihm geführten Warengattungen er Reklame machen will; es kann ihm vielmehr nur gestattet werden, die für die Fahrer wichtigsten Seiten seines Angebots anzukündigen. Die wichtigste Ware aber, welche die Tankstellen feilhalten, ist das Benzin. Die eine der zugelassenen Aussenreklamen muss demgemäss auf diese Warengattung entfallen. Die Bedeutung des übrigen Angebots tritt weit hinter der des Benzins zurück. Das steht fest und kann ernstlich nicht bestritten werden. Immerhin lassen sich auch in diesem Bereich Unterscheidungen treffen. Die Richtlinien der VSS behalten die zweite zulässige Aussenreklame der Automarke oder Markengruppe vor, die der Betriebsinhaber vertritt; sie geben diese Reklame nicht etwa für das Öl frei. Diese Wahl ist vertretbar. In der Tat kann der Fahrzeugführer den Ölstand laufend und ohne Schwierigkeiten kontrollieren oder kontrollieren lassen; wird ein Ölwechsel fällig, so lässt er diesen mit Vorliebe in der Garage vornehmen, deren regelmässiger Kunde er ist. Er kann darum verhältnismässig lange unterwegs sein, ohne dass er - Unvorhergesehenes vorbehalten - nach einem Lieferanten des von ihm benützten Öls Umschau halten müsste. Demgegenüber zeigt die Erfahrung, dass zahlreiche Fahrer das Bedürfnis empfinden, auch unterwegs sicher zu sein, beim Eintritt kleinerer oder grösserer Störungen oder Schäden rasch eine Vertretung ihrer Automarke finden zu können. Es lässt sich deshalb rechtfertigen, dass die VSS und mit ihr der Regierungsrat eine Auskündigung, die auf die Vertretung einer Automarke hinweist, als dringlicher bewertet haben als die Anzeige der Ölmarke oder anderer Warengattungen (Reifen, Zubehör), BGE 87 I 349 S. 357 welche die Tankstelle führt. Ein weiterer Grund dafür, dass neben dem Benzinmarkenzeichen nur gerade eine Aussenreklame für die vom Betriebsinhaber vertretene Automarke oder Markengruppe zugelassen wird, liegt darin, dass die Zahl der Automobilvertretungen viel kleiner ist als die der Verkaufsstellen von Öl, Reifen usw. Die meisten Tankstellen kommen infolgedessen nicht in die Lage, ein zweites Markenkennzeichen anzubringen; sie müssen sich vielmehr mit einer Aussenreklame begnügen. Diese Beschränkung aber liegt, wie ausgeführt, durchaus im Sinne der Verkehrssicherheit und des Landschaftsschutzes. 5. Nach den vorstehenden Erwägungen lassen sich die Richtlinien der VSS über die Reklamen an Tankstellen auf Art. 4 Abs. 2 MFG und § 93 Ziff. 2 EG ZGB stützen. Das gilt auch für den angefochtenen Entscheid, der diese Richtlinien zur Anwendung bringt. Da er in Vollziehung einer Norm ergangen ist, welche die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs und den Schutz der Landschaft zum Gegenstand hat, ist er selber polizeilicher Natur. Zwar kann nicht übersehen werden, dass die Beschränkung der Aussenreklame auf eine Benzinmarke und eine Automarke oder Markengruppe auch gewisse Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Wettbewerb hat, indem sie Unternehmen, die, wie das der Beschwerdeführerin, nur mit Öl handeln, gegenüber Firmen, die unter der selben Marke Benzin und Öl vertreiben, benachteiligt. Die Richtlinien der VSS sind jedoch offensichtlich nicht im Hinblick auf die Förderung dieser Firmen erlassen worden; wenn sie ihnen einen gewissen Vorteil verschaffen, so stellt das lediglich eine ungewollte und praktisch nicht vermeidbare Begleiterscheinung einer Einschränkung dar, die zur Sicherung des Verkehrs und zum Schutze der Landschaft getroffen worden ist. Die polizeiliche Natur der Massnahme wird durch diese Nebenfolge nicht in Frage gestellt (MARTI, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 103). Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit wird durch die Richtlinien gewahrt, da sowohl BGE 87 I 349 S. 358 die zahlenmässige Beschränkung der Markenkennzeichen als auch die Festlegung des Inhalts der Reklame auf die Werbung für eine Benzinmarke und für eine Automarke oder Markengruppe durch den angestrebten polizeilichen Zweck gedeckt werden. Die Werbung für die einzelnen Warengattungen wird unterschiedlich behandelt, weil ihre tatsächlichen Auswirkungen vom verkehrspolizeilichen Standpunkt aus verschieden zu bewerten sind. Wird Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt, so wird indes die Rechtsgleichheit nicht verletzt. Zusammengefasst ergibt sich, dass die Richtlinien und mit ihnen der angefochtene Entscheid auf gesetzlicher Grundlage beruhen, dass sie polizeilicher Natur sind und dass sie sowohl den Grundsatz der Verhältnismässigkeit als auch das Gebot der rechtsgleichen Behandlung wahren. Sie verstossen mithin nicht gegen Art. 31 BV .
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Urteilskopf 93 IV 85 21. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 20 octobre 1967 dans la cause Kabalan contre Ministère public du canton de Vand.
Regeste Wucher. Art. 157 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . 1. Offenbares Missverhältnis: Fall von Mietzinserhebungen auf Wohnungen, die zuerst der Kontrolle, dann der Mietzinsüberwachung unterstanden (Erw. 1-4). 2. Ausbeutung der Notlage (Erw. 5). Art. 61 Abs. 1 StGB . Veröffentlichung des Urteils im Falle der Erhebung wucherischer Mietzinse (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 86 BGE 93 IV 85 S. 86 A.- Béatrice Kabalan était propriétaire de deux maisons locatives, l'une à Bex, l'autre à Ecublens. Jusqu'au 31 décembre 1964, ces deux maisons ont été soumises au contrôle et, postérieurement, à la surveillance des loyers. L'office cantonal pour le contrôle avait fixé le montant maximal des loyers, pour Ecublens, à 8472 fr. par an, frais de chauffage non compris. Pour le mois de décembre 1964, cependant, la propriétaire se fit payer des loyers représentant une somme annuelle de 18 960 fr., y compris 2040 fr. pour frais de chauffage. Au mois de mars 1965, les loyers correspondirent à des recettes annuelles de 21 360 fr. Pour celer le trop-perçu, la propriétaire encaissait les loyers personnellement et refusait en général de donner quittance pour la somme payée ou indiquait, dans la quittance, un montant inférieur. Dans de nombreux cas, elle fit connaître des augmentations de loyer par affichage sur le seuil du logement. Du fait de ces pratiques, des discussions s'élevèrent sans cesse, au cours desquelles la propriétaire injuria ses locataires, les menaça de dénoncer leur bail, ce qu'elle fit effectivement dans plusieurs cas. B.- Au cours de l'enquête pénale provoquée par les plaintes de locataires, le magistrat instructeur commit un expert pour établir la valeur locative des appartements. Dans son rapport du 2 juin 1966, l'expert a posé en principe que la loi de l'offre et de la demande était décisive pour l'estimation, que, cependant, son application ne faisait pas intervenir des éléments objectifs, mais l'ensemble des circonstances du marché. Il a jugé que l'on ne pouvait se fonder sur le rendement locatif de maisons construites postérieurement à l'année 1947 et soustraites, de ce fait, au contrôle puis à la surveillance; que l'on ne pouvait pas non plus prendre pour base les loyers admis BGE 93 IV 85 S. 87 sous le régime du contrôle ou de la surveillance, loyers faussés par le blocage de la valeur du placement. Il en a conclu qu'il fallait estimer les loyers selon l'"appréciation non justifiable de l'expert avec ce que cela comporte d'apriori et d'incertitudes". Il a ainsi fixé le rendement locatif de l'immeuble d'Ecublens à 16 000 fr. et les frais de chauffage à 2040 fr. C.- Le 27 février 1967, le Tribunal de simple police du district d'Aigle a condamné l'inculpée à deux mois d'emprisonnement et à 6000 fr. d'amende avec délai d'épreuve de quatre ans (pour le sursis à l'exécution de la peine privative de liberté et la radiation de l'amende); le juge de première instance a retenu l'infraction à l'AF du 21 décembre 1960 sur les loyers des biens immobiliers, etc., ainsi que l'usure (art. 157 CP). Il a ordonné la publication du jugement. Enfin, il a alloué à Piazza, partie civile, une indemnité de 910 fr. à titre de dommagesintérêts; il a renvoyé les autres lésés à faire valoir leurs prétentions devant le juge civil. Sur le crime d'usure, il a admis que la condamnation se justifiait pour les loyers perçus à Ecublens, mais non à Bex. D.- Le 16 mai 1967, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a rejeté un recours formé par la condamnée, sauf sur les conclusions de Piazza, qu'elle a renvoyé à agir devant le juge civil. Elle a aussi jugé que la recourante s'était rendue coupable du crime d'usure par la perception de loyers excessifs à Ecublens. En effet, a-t-elle dit, ces loyers dépassaient de beaucoup la moyenne des maximums autorisés. E.- Béatrice Kabalan s'est pourvue en nullité. Elle conclut à libération tant en ce qui concerne l'usure que touchant la publication du jugement. F.- Le Ministère public du canton de Vaud conclut au déboutement. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le présent pourvoi ne vise que la condamnation pour usure; l'infraction aux art. 3 et 7 de l'AF du 21 décembre 1960 n'était déjà plus contestée devant la Cour de cassation vaudoise. 2. Le rapport entre la prestation et la prestation en retour, que vise l'art. 157 ch. 1 al. 1 CP, se mesure dans le cas normal selon le prix ou la rémunération usuels pour des choses ou des services de même espèce. Dans le cas de logements donnés à bail, par conséquent, la valeur objective consiste dans les loyers BGE 93 IV 85 S. 88 qu'il est d'usage de payer pour des objets analogues au lieu considéré (RO 92 IV 134). Dans la cause Schmidt (arrêt précité), cette valeur était relativement facile à déterminer, car les appartements dont il s'agissait avaient été libérés du contrôle des loyers. En l'espèce, au contraire, les appartements de la recourante ont été soumis au contrôle des loyers jusqu'au 31 décembre 1964 et, depuis lors, à la surveillance des loyers. Dans de tels cas, cependant, on ne saurait assimiler le loyer maximal admis par l'autorité au rendement locatif, valeur objective. L'art. 157 CP punit l'acte d'exploitation qui consiste à se faire promettre ou accorder une prestation dont la valeur patrimoniale est dans une disproportion évidente avec celle que l'on accorde en retour. Ce qui est dès lors décisif, c'est la valeur patrimoniale effective, c'est-à-dire la valeur de la prestation, calculée en tenant compte de toutes les circonstances, non pas la limite imposée aux prix par la loi. Celui qui outrepasse cette limite contrevient à la réglementation des prix et tombe sous le coup des règles pénales spécialement applicables en cette matière, mais son acte ne constitue pas nécessairement le crime d'usure. Sans doute le dépassement du prix imposé créera-t-il fréquemment une disproportion évidente entre les prestations, mais non pas toujours; un prix qui reste dans les limites d'une estimation honnête peut, suivant les circonstances, excéder fortement le maximum que la puissance publique impose dans l'intérêt général. Il en allait ainsi, en particulier, dans le cas des logements sous l'empire du contrôle des loyers et même - quoique dans une moindre mesure - sous l'empire de la surveillance, qui y a succédé. La limitation légale des prix, dans ce domaine, n'a pas été instituée parce que les logements anciens valaient beaucoup moins que les neufs, mais bien parce que l'on a considéré comme contraire à l'intérêt public une libre formation des prix. On a artificiellement maintenu les loyers à un niveau bas, sans égard à l'état du marché; pour des raisons d'ordre économique et social, on a imposé aux propriétaires l'obligation d'accepter un rendement locatif qui ne correspondait pas à la valeur vénale de la chose louée. Mais, du point de vue de l'art. 157 CP, ce n'est pas ce rendement qui est décisif. L'autorité cantonale, cependant, a laissé cette question indécise, considérant que, même si l'on adoptait la solution la plus favorable à la recourante, les loyers que celle-ci exigeait apparaissaient manifestement abusifs. Pour la période où le contrôle BGE 93 IV 85 S. 89 des loyers était en vigueur tout au moins, l'argument n'est pas fondé, car l'écart entre les loyers effectivement perçus (16 920 fr.) et le rendement admissible selon l'expert (16 000 fr.) était alors proportionnellement faible. 3. Les prix fixés sous le régime du contrôle ou de la surveillance ne se prêtant pas à la comparaison qu'impose l'art. 157 CP, on ne peut tenir compte, pour appliquer cette disposition, que des loyers effectivement pratiqués pour des logements neufs, offrant des avantages comparables, car ces loyers ont été soustraits, tout d'abord au contrôle, puis à la surveillance et résultent de la libre formation des prix. La difficulté sera sans doute de trouver de tels objets de comparaison, car, le plus souvent, les appartements neufs présentent un confort et des commodités plus grands que les anciens. Au besoin, on surmontera cet obstacle en tenant compte, dans la comparaison, par des abattements sur les prix constatés, des désavantages que présentent les objets à estimer. C'est ainsi, comme on l'a dit dans l'arrêt Schmidt (RO 92 IV 132), que l'on jugera "selon les principes de l'honnêteté en affaires, s'il existe une disproportion évidente entre les loyers effectivement payés et ceux qui se justifiaient objectivement". S'il existe des taudis, ils seront estimés comme tels. 4. La Cour de cassation vaudoise n'ayant pas pris pour point de comparaison la valeur ainsi estimée, l'arrêt entrepris est entaché d'une erreur dans l'interprétation du droit fédéral et la cause doit être renvoyée à l'autorité cantonale qui se prononcera à nouveau. Si l'on se reporte à l'expertise, on ne saurait exclure, en l'état, que le rendement locatif de la maison d'Ecublens, convenablement estimé, ne soit sensiblement plus élevé que le maximum officiellement admis. A la vérité cependant, on ne voit guère, en l'état, que, ce maximum étant fixé à 8472 fr., un rendement de 16 000 fr., somme fixée par l'expert, ait pu se justifier. L'autorité cantonale appréciera la valeur de l'expertise; elle ordonnera les nouvelles mesures d'instruction qui s'imposeront. 5. Pour le cas où l'autorité cantonale admettrait derechef qu'il y a eu disproportion manifeste entre les loyers perçus et les prestations de la recourante, la cour de céans doit encore examiner si, contrairement à la thèse du pourvoi, Béatrice Kabalan a exploité un état de gêne où se seraient trouvés les locataires. L'autorité cantonale a constaté souverainement que, de 1963 BGE 93 IV 85 S. 90 à 1965 en particulier, il y avait, à Ecublens, une pénurie générale de logements, du moins pour la catégorie de ceux qu'offrait la recourante et que cette raison a déterminé les locataires à se soumettre, du moins pour quelques mois, aux conditions qu'elle leur imposait, craignant, s'ils ne les acceptaient pas, de se trouver sans toit, car ils ignoraient les lois applicables en la matière. Vu ces constatations de fait, qui lient la cour de céans (art. 277 bis al. 1 PPF), l'existence d'un état de gêne (cf. RO 92 IV 137, consid. 2) n'est pas douteux. Il n'est pas douteux non plus, vu les manoeuvres auxquelles s'est livrée la recourante, qu'elle ait intentionnellement exploité cette gêne. 6. De même, c'est à bon droit que la cour cantonale, vu la fréquence des abus dans le domaine des loyers, a jugé qu'il serait dans l'intérêt public de publier le jugement (RO 78 IV 14 et 18). L'art. 61 al. 1 CP n'exige pas, en outre, que la publication ait un effet préventif sur le condamné. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, en ce sens qu'elle annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants.
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Urteilskopf 116 Ia 449 66. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Dezember 1990 i.S. Stadt Zürich gegen Schweiz Allgemeine Versicherungs AG und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV , Art. 27 RPG und § 234 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes; planungsrechtliche Baureife für die Erstellung von Parkplätzen. 1. Gesetzliche Grundlage für die Kompetenz der Zürcher Gemeinden, die Zahl der Autoabstellplätze zu beschränken (E. 3b). 2. Funktion der planungsrechtlichen Baureife ( § 234 PBG -ZH) und der Planungszone im Sinne von Art. 27 RPG in bezug auf die Änderung von Bestimmungen der Nutzungsplanung (E. 4a). 3. Rechtsgleichheit bei der Beurteilung von Baugesuchen (E. 4b, c).
Sachverhalt ab Seite 450 BGE 116 Ia 449 S. 450 Die Bausektion II des Stadtrats Zürich verweigerte der Schweiz Allgemeine Versicherungs AG am 2. Juni 1989 die baurechtliche Bewilligung für die Erstellung von drei offenen Autoabstellplätzen auf dem Kernzonengrundstück Kat. Nr. 1693 an der Talstrasse 65 in Zürich 1. Die Bewilligungsverweigerung wurde damit begründet, das Baugrundstück liege im Reduktionsgebiet B. Gemäss der "heute gültigen Parkplatzverordnung" erfordere die bestehende Nutzung des Gebäudes ca. 36 Pflichtparkplätze. Zusätzlich dürfe maximal ein freiwilliger Parkplatz erstellt werden. Im Gebäude seien heute schon 46 Garagenplätze vorhanden, die aufgrund der Bestandesgarantie bestehen bleiben dürften. Die Pflichtparkplatzzahl sei damit mehr als erfüllt. Überdies sei ein weiterer oberirdischer Parkplatz mit Bausektionsbeschluss vom 7. März 1986 bewilligt worden. Dieser werde als freiwillig erstellter Parkplatz angerechnet. Die erlaubte Parkplatzzahl sei damit um 25% überschritten, weshalb weitere Plätze nicht bewilligt werden könnten. Die Schweiz Allgemeine Versicherungs AG gelangte gegen diese Verfügung vom 2. Juni 1989 an die Baurekurskommission I, welche den Rekurs abwies. Die Rekurskommission hielt fest, die Bausektion II habe in ihrer Vernehmlassung eingeräumt, dass die städtische Verordnung über Pflichtparkplätze (Parkplatzverordnung) vom 8. Januar 1986 keine Beschränkung von freiwillig erstellten Abstellplätzen vorsehe. Nach Auffassung der Rekurskommission bildet hingegen § 234 des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) i.V.m. Art. 10 der im Entwurf vorliegenden, am 11. Mai 1988 zuhanden des Gemeinderats verabschiedeten revidierten Parkplatzverordnung eine gesetzliche Grundlage für eine solche Beschränkung. Gegen den Entscheid der Baurekurskommission wandte sich die Schweiz Allgemeine Versicherungs AG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Die Mehrheit dieses Gerichts hiess die Beschwerde am 5. April 1990 gut und hob den Rekursentscheid der Baurekurskommission und die Bauverweigerung der Bausektion II des Stadtrats Zürich vom 2. Juni 1989 auf. Diese städtische Baubehörde wurde eingeladen, die Baubewilligung für die drei umstrittenen Autoabstellplätze zu erteilen. Eine Minderheit des Verwaltungsgerichts hatte die Beschwerde abgewiesen. Dieser Minderheitsstandpunkt wird im Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 5. April 1990 ausführlich begründet. Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts führt die Bausektion II des Stadtrats Zürich im Namen der Stadt Zürich BGE 116 Ia 449 S. 451 staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt dessen Aufhebung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Die Baurekurskommission I hat sich einlässlich mit der Frage befasst, ob sich die Bewilligungsverweigerung für die drei geplanten Parkplätze auf § 234 PBG i.V.m. Art. 10 des Änderungsentwurfs der städtischen Parkplatzverordnung vom 11. Mai 1988 (mit Ergänzung vom 26. Oktober 1988) stützen lasse. Sie hat die genannte Frage bejaht und deshalb die angefochtene Bauverweigerung geschützt. Beim Verwaltungsgericht wurde dieselbe Frage von der Mehrheit des Gerichts verneint. b) Der Gemeinderat der Stadt Zürich erliess am 8. Januar 1986 die Verordnung über Pflichtparkplätze (Parkplatzverordnung, PPV 1986). Diese Verordnung steht, soweit sie hier interessiert, seit dem 7. Februar 1986 in Kraft. Seither wurde die gesetzliche Grundlage dieser Verordnung geändert, indem § 243 PBG durch folgenden, am 1. Oktober 1987 in Kraft getretenen, neuen Absatz 2 ergänzt wurde: "Besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere des Verkehrs oder des Schutzes von Wohngebieten, Natur- und Heimatschutzobjekten, Luft und Gewässern, können die Gemeinden die Zahl der erforderlichen Abstellplätze tiefer ansetzen und die Schaffung zusätzlicher Abstellplätze untersagen." Das Bundesgericht hat in einem Entscheid vom 18. Januar 1990 anerkannt, dass die genannte Bestimmung eine eindeutige gesetzliche Grundlage für die Beschränkung der zulässigen Autoabstellplätze darstellt (ZBl 91/1990, S. 355 f., E. 3a). Gemäss § 243 Abs. 3 PBG regeln die Gemeinden die Einzelheiten durch Verordnung, die der Genehmigung bedarf. Mit Beschluss vom 11. Mai 1988 beantragte der Stadtrat von Zürich dem Gemeinderat, die Parkplatzverordnung zu revidieren und dabei insbesondere von der Kompetenz gemäss § 243 Abs. 2 PBG in der neuen Fassung Gebrauch zu machen, d.h. die Zahl der freiwillig erstellten Abstellplätze, entsprechend den Verhältnissen in den verschiedenen Stadtgebieten, zu beschränken. Dazu legte der Stadtrat einen Entwurf für die Revision der Parkplatzverordnung (PPV-E 1988) vor. Am 20. Dezember 1989 erliess der Gemeinderat die "Verordnung über Fahrzeugabstellplätze (Parkplatzverordnung)" (PPV 1989). Diese Verordnung ist noch nicht in Kraft getreten. Sie wurde mit BGE 116 Ia 449 S. 452 Rekurs angefochten und ist vom Regierungsrat noch nicht genehmigt worden. Inhaltlich weicht PPV 1989 in verschiedenen Punkten von der PPV-E 1988 ab. Der Gemeinderat reduzierte insbesondere die Zahl der Pflichtparkplätze (Art. 4 Abs. 1) und erhöhte die Zahl der freiwilligen Parkplätze (Art. 10 Abs. 1). Unter Bezugnahme auf diese verschiedenen Grundlagen bringt die Stadt Zürich vor, zur Zeit des erstinstanzlichen Entscheids, nämlich am 2. Juni 1989, sei bereits der stadträtliche Antrag für eine Revision der PPV 1986 (PPV-E 1988) vorgelegen. Gemäss der neu eingefügten Bestimmung von Art. 10 PPV-E 1988 sei die Zahl der freiwillig erstellten Abstellplätze im Gebiet B auf maximal 2,5% der Pflichtparkplatzzahl beschränkt worden. Für die Beschwerdegegnerin ergäbe sich hieraus eine maximal zulässige Parkplatzzahl von 37 Plätzen. Die Beschwerdeführerin habe die Bewilligung für die zusätzlichen drei Parkplätze aus der Überlegung verweigert, dass die Erstellung neuer, über Art. 10 PPV-E 1988 hinausgehender Parkplätze eine noch fehlende planungsrechtliche Festlegung im Sinne von § 234 PBG nachteilig beeinflussen würde. Zur Zeit des Verwaltungsgerichtsentscheids - noch nicht aber zur Zeit des Entscheids der Baurekurskommission I - sei die PPV 1989 bereits vom Gemeinderat verabschiedet gewesen. Diese habe zwar nicht im Resultat, aber doch in der Berechnungsweise erhebliche Abweichungen vom stadträtlichen Antrag (PPV-E 1988) mit sich gebracht. Die Berechnung gemäss Art. 4 und 10 PPV 1989 ergäbe eine maximal zulässige Parkplatzzahl von 38 Plätzen. Somit sei auch nach dem Massstab der PPV 1989 die höchst zulässige Parkplatzzahl auf dem Grundstück der Beschwerdegegnerin bereits heute massiv überschritten. c) Sowohl das Verwaltungsgericht als auch die private Beschwerdegegnerin gehen davon aus, die drei umstrittenen Abstellplätze würden über das nach der künftigen Parkplatzverordnung zulässige Mass hinausgehen. Das Verwaltungsgericht ist allerdings der Meinung, mit den drei zusätzlichen Abstellplätzen im Freien würde die künftig zulässige Abstellplatzzahl nur unwesentlich überschritten. Zur erwähnten Berechnung der zulässigen Parkplatzzahl gemäss Art. 4 und 10 PPV 1989 durch die städtische Behörde nimmt aber weder das Verwaltungsgericht noch die private Beschwerdegegnerin konkret Stellung. Letztere ist gar der Auffassung, diese Berechnung der höchst zulässigen Parkplatzzahl müsse im vorliegenden Verfahren unbeachtlich bleiben. Das Bundesgericht hat sich mit diesem Problem nicht weiter BGE 116 Ia 449 S. 453 auseinanderzusetzen. Es genügt festzustellen, dass die Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht und die private Beschwerdegegnerin übereinstimmend der Auffassung sind, die drei umstrittenen zusätzlichen Abstellplätze würden über das nach der künftigen Parkplatzverordnung zulässige Mass hinausgehen. 4. Gemäss § 234 PBG ist ein Grundstück baureif, wenn es erschlossen ist und durch die bauliche Massnahme keine noch fehlende planungsrechtliche Festlegung nachteilig beeinflusst wird. a) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts dient § 234 PBG ausschliesslich der Plansicherung und nicht allgemein der Voranwendung künftigen Rechts. Es muss sich bei einer planungsrechtlichen Festlegung im Sinne von § 234 PBG nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stets um ein - unmittelbares oder wenigstens mittelbares - Planungsinstrumentarium handeln. Reine Messvorschriften würden keine planungsrechtlichen Festlegungen im Sinne von § 234 PBG darstellen. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Praxis könne die Zielsetzung einer fehlenden Planung durch die Missachtung künftiger Bestimmungen über die Nutzweise selber, aber auch über die Ausnützung, die erlaubte Überbauungsart und insbesondere über die Geschosszahl nachteilig beeinflusst werden. Solche Normen seien von planerischer Bedeutung, weshalb sie im Rahmen von § 234 PBG beachtet werden müssten (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Juli 1990 i.S. K., E. 4 mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht geht somit in der erwähnten neuesten Rechtsprechung davon aus, die planungsrechtliche Baureife könne einem Bauvorhaben nicht nur vor der erstmaligen Festsetzung eines Nutzungsplans, sondern auch im Zusammenhang mit dessen Änderung entgegengehalten werden. Diese Auffassung ist auch im Hinblick auf Art. 27 RPG zutreffend, wonach die zuständige Behörde für genau bezeichnete Gebiete Planungszonen bestimmen kann, sofern Nutzungspläne angepasst werden müssen oder noch keine vorliegen. Da § 234 PBG im Kanton Zürich die Funktion der Planungszone im Sinne von Art. 27 RPG hat, kann diese kantonale Bestimmung auch aus diesem Grunde nicht nur zur Sicherung der erstmals festzusetzenden Nutzungsplanungen anwendbar sein. b) Im Lichte dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zu § 234 PBG muss auch die vom Gemeinderat der Stadt Zürich am 20. Dezember 1989 erlassene PPV 1989 und namentlich die in den Art. 4 Abs. 1 und 10 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene BGE 116 Ia 449 S. 454 Regelung über die maximal zulässigen Parkplätze gestützt auf § 234 PBG gesichert werden können. Das Verwaltungsgericht führt aus, mit den drei zusätzlichen Abstellplätzen im Freien würde die zulässige Abstellplatzzahl nur unwesentlich überschritten, wobei zudem zu überlegen wäre, ob sie nicht dem "Betriebszweck" des Ärztehauses dienten. Auf jeden Fall könne die Bewilligung der umstrittenen drei Parkplätze die künftige Parkplatzordnung nicht wesentlich ungünstig präjudizieren. Insbesondere könne keine Rede davon sein, dass andere Gesuche um Abstellplätze, die ebenfalls noch vor Inkrafttreten der neuen Parkplatzverordnung zu behandeln wären, aus Gründen der Rechtsgleichheit mit Rücksicht auf die Bewilligung dieser drei Parkplätze ebenfalls zu bewilligen wären. c) Diese Ausführungen sind verfassungsrechtlich nicht haltbar. Dass die Bewilligung der drei umstrittenen Parkplätze die neue Parkplatzverordnung nachteilig beeinflussen würde, ist offensichtlich. Weshalb bei einer Bewilligung der drei Abstellplätze gleichgelagerte Gesuche nicht auch zu bewilligen wären, ist im übrigen nicht ersichtlich. Im Lichte von Art. 4 BV wäre eine Gleichbehandlung im Gegenteil geboten. Zudem hat das Verwaltungsgericht auch schon entschieden, dass es bei der Prüfung der Frage, ob § 234 PBG verletzt sei, nicht auf die Bedeutung des einzelnen Falles ankomme. Im Zusammenhang mit der Änderung der Vorschriften über die zulässige Geschosszahl hat es erklärt, die Auswirkungen eines einzelnen Mehrgeschosses auf die Infrastruktur liessen sich vor allem in einem dicht bebauten Gebiet kaum messen. Ausschlaggebend sei vielmehr die präjudizielle Bedeutung, denn eine Vielzahl gleichartiger Projekte hätte spürbare Folgen für die Umgebung. Dementsprechend brauche nicht fallweise geklärt werden, ob ein Projekt messbare Auswirkungen zeitige (Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 1990 i.S. K., E. 5a). Werden diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf die im vorliegenden Verfahren zur Diskussion stehende vergleichbare Problematik übertragen, so ergibt sich, dass sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid ohne sachliche Gründe über seine eigene Praxis hinweggesetzt hat. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Vorgehen vor Art. 4 BV nicht standhält. Zu diesem Ergebnis ist im übrigen auch die Minderheit des Verwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit der Baurekurskommission I gelangt. Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid die Gemeindeautonomie verletzt und daher aufzuheben ist.
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Urteilskopf 134 III 97 17. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. Versicherungen (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_373/2007 vom 8. Januar 2008
Regeste Genugtuung in Form einer Rente ( Art. 47 OR ). Die Genugtuung kann in Form einer Rente ausgerichtet werden. Eine Genugtuungsrente muss jedoch in einem ausgewogenen Verhältnis zu einer Genugtuung stehen, die als Kapital bezahlt wird (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 134 III 97 S. 97 A. Die damals 19-jährige A. (Beschwerdeführerin) erlitt als Motorradfahrerin am 3. Juni 1990 einen schweren Verkehrsunfall. Der vortrittsbelastete B. missachtete ihr Vortrittsrecht, worauf es zu einem heftigen Zusammenstoss kam. Dieser Unfall verursachte bei der Beschwerdeführerin schwere Kopf- und Hirnverletzungen, die bleibende Schäden hinterliessen. In der Folge verlangte die Beschwerdeführerin von der X. Versicherung (Beschwerdegegnerin) - der Haftpflichtversicherung des fehlbaren Automobilisten - den Ersatz des unfallbedingten Schadens, der ihr nach Durchführung verschiedener Prozessverfahren von der Beschwerdegegnerin vergütet wurde (vgl. Urteil 4C.276/2001 vom 26. März 2002, publ. in: Pra 91/2002 Nr. 212 S. 1127). BGE 134 III 97 S. 98 B. Umstritten blieben nur noch die Genugtuungsansprüche. Bereits am 26. September 2001 liess die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin eine Integritätsentschädigung von Fr. 81'600.- zukommen. Zusätzlich zu diesem Betrag überwies sie der Beschwerdeführerin am 9. Dezember 2003 unter Einbezug des Zinsenlaufes seit dem Unfallereignis am 3. Juni 1990 eine Genugtuung von Fr. 150'000.-. Nach den Feststellungen des Obergerichts des Kantons Zug setzt sich die effektiv ausbezahlte Summe von Fr. 231'600.- zusammen aus einer Genugtuungssumme von Fr. 140'000.- (dieser Betrag umfasst auch die vorab bezahlte Integritätsentschädigung) und einer Verzinsung von 5 % für 13 Jahre seit dem Unfallereignis. C. In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht Zug, die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, eine Genugtuung von Fr. 100.- pro Tag ab dem 3. Juni 1990 zu bezahlen, zahlbar in einer Kapitalsumme für die Genugtuung vom 3. Juni 1990 bis zum Urteilsdatum zuzüglich 5 % Zins seit mittlerem Verfall und in einer lebenslänglichen Rente von Fr. 3'000.- pro Monat, zahlbar je auf den 1. eines Monats, erstmals auf den dem Datum des Urteils folgenden Monat. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Abweisung der Klage. Mit Urteil vom 24. Juli 2006 wies das Kantonsgericht Zug die Klage ab. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Zug Berufung mit dem gleichen Rechtsbegehren wie im erstinstanzlichen Verfahren. Mit Urteil vom 3. Juli 2007 wies das Kantonsgericht Zug die Berufung ab und bestätigte das Urteil des Kantonsgerichts vom 24. Juli 2006. D. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, eine Genugtuung in gerichtlich zu bestimmender Höhe von mindestens Fr. 50.- bis maximal Fr. 100.- pro Tag ab dem 3. Juni 1990 zu bezahlen, zahlbar in einer Kapitalsumme für die Genugtuung vom 3. Juni 1990 bis zum Urteilsdatum zuzüglich 5 % Zins seit mittlerem Verfall und in einer lebenslänglichen Genugtuungsrente in gerichtlich zu bestimmenden Monatsraten, zahlbar je auf den 1. eines Monats, erstmals auf den dem Datum des Urteils folgenden Monat; eventualiter sei der Beschwerdeführerin eine Genugtuung in gerichtlich zu bestimmender Höhe, mindestens aber in der Höhe von Fr. 310'000.- zuzüglich Zins von 5 % seit dem Unfalltag, abzüglich der bereits BGE 134 III 97 S. 99 geleisteten Kapitalsumme von Fr. 140'000.- und der bereits geleisteten Zinszahlung von Fr. 91'000.- zu bezahlen. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht hat unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil auf Gegenbemerkungen verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Im Hauptantrag verlangt die Beschwerdeführerin, es sei ihr eine Genugtuungsrente in der Höhe von mindestens Fr. 50.- und maximal Fr. 100.- pro Tag zuzusprechen. Bereits im kantonalen Verfahren verlangte die Beschwerdeführerin eine Genugtuungsrente von Fr. 100.- pro Tag, und zwar zahlbar ab Unfallereignis vom 3. Juni 1990 bis zum Urteilsdatum in Form einer Kapitalsumme zuzüglich Zins und ab dem Urteilsdatum als Rente von Fr. 3'000.- pro Monat. 4.1 Das Obergericht führte dazu aus, dass eine Genugtuung nicht nur als Kapital, sondern auch als Rente ausgerichtet werden könne. Allerdings sei in der Schweiz die Genugtuungsrente praktisch unbekannt. Zudem müsste die kapitalisierte Genugtuungsrente ungefähr der in vergleichbaren Fällen ausgesprochenen Genugtuungssumme entsprechen. Die von der Beschwerdeführerin geforderte Rente von Fr. 100.- pro Tag ergebe nach der Darstellung der Beschwerdegegnerin einen kapitalisierten Betrag von ca. Fr. 1,4 Mio. (vom Unfalltag am 3. Juni 1990 bis zum Datum des Rechtsbegehrens am 2. Juni 2005 eine kapitalisierte Summe von Fr. 547'500.- und von da an - massgebliches Alter der Beschwerdeführerin in diesem Zeitpunkt 34 Jahre - lebenslänglich monatlich Fr. 3'000.-, was kapitalisiert Fr. 868'680.-, insgesamt also Fr. 1'416'180.- ergebe). Da im vorliegenden Fall eine Genugtuungssumme von Fr. 140'000.- angemessen sei und eine Genugtuung in Rentenform wertmässig ungefähr der Genugtuung in Kapitalform entsprechen müsse, könne dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine Genugtuungsleistung in Rentenform erfüllt wären, weil die Beschwerdegegnerin die angemessene Genugtuungssumme bereits bezahlt habe. Dagegen wendet die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, dass nur eine lebenslange Genugtuungsrente der lebenslänglichen Leidensdauer der Beschwerdeführerin gerecht werde. 4.2 Nach dem Wortlaut von Art. 47 OR kann der Richter dem Geschädigten eine angemessene "Geldsumme" als Genugtuung BGE 134 III 97 S. 100 zusprechen. Während der deutsche Gesetzeswortlaut darauf schliessen lassen könnte, dass eine Genugtuung zwingend als Kapital abgegolten wird, verwenden der französische und italienische Gesetzestext den Begriff "Entschädigung" ("indemnité", "indennità"), die gemäss Art. 43 OR nicht nur als Kapital, sondern auch als Rente ausgerichtet werden kann. Die Lehre geht denn auch überwiegend davon aus, dass nicht nur beim materiellen Schaden (Schadenersatz), sondern auch beim immateriellen Schaden (Genugtuung) die Rente eine zulässige Abgeltungsform ist (HARDY LANDOLT, Zürcher Kommentar, Zürich 2007, N. 283 Vorbemerkung zu Art. 47/49 OR; HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., Zürich 2003, S. 116, Rz. 507; PIERRE TERCIER, Contribution à l'étude du tort moral et de sa réparation en droit civil suisse, Freiburg 1971, S. 222; MATTHIAS LEEMANN, Die Rente als Art des Schadenersatzes im Haftpflichtrecht, Diss. Zürich 2002, S. 62 ff.; VOLKER PRIBNOW, Einzelfragen zur Anwendung der Barwerttafeln von Stauffer/Schätzle, Collezione Assista, Genf 1998, S. 511; aus praktischer Sicht kritisch FRANZ WERRO, Commentaire romand, Code des obligations I, Genf 2003, N. 19 zu Art. 47 OR ; ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 3. Aufl., Bern 2006, N. 8 und 8a zu Art. 47 OR ; ablehnend OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, Zürich 1995, S. 463, Rz. 103). Auf jeden Fall muss eine Genugtuungsrente jedoch in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Genugtuungsbeträgen in Kapitalform stehen, die in vergleichbaren Fällen zugesprochen werden. Ob die Genugtuung in Form eines Kapitals oder einer Rente ausgerichtet wird, ist nur eine Frage der Abgeltungsform, hat aber keinen Einfluss auf die Genugtuungsbemessung (LEEMANN, a.a.O., S. 65; sinngemäss auch BREHM, a.a.O., N. 8a zu Art. 47 OR ). 4.3 Im vorliegenden Fall erweist sich eine Genugtuungssumme von Fr. 140'000.- wie ausführlich erläutert als angemessen. Die von der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren geforderte Genugtuungsrente von 100.- pro Tag ergäbe nach der Darstellung im angefochtenen Urteil einen kapitalisierten Betrag von ca. Fr. 1,4 Mio. (vgl. E. 4.1). Wenn im vorliegenden Fall eine Genugtuungsrente überhaupt in Frage käme, wäre sie auf jeden Fall auf der Basis eines Genugtuungskapitals von Fr. 140'000.- zu berechnen. Die Beschwerdeführerin macht jedoch auch im Verfahren vor Bundesgericht eine Genugtuungsrente von mindestens Fr. 50.- und maximal Fr. 100.- pro Tag geltend, die kapitalisiert den Betrag von Fr. 140'000.- bei weitem übersteigt. Daraus erhellt, dass es der Beschwerdeführerin mit ihrem BGE 134 III 97 S. 101 Antrag auf Zusprechung einer Genugtuungsrente in erster Linie darum geht, insgesamt eine höhere als die angemessene Genugtuungssumme von Fr. 140'000.- zu erwirken. Damit scheint die Beschwerdeführerin aber zu übersehen, dass die Frage, ob die Genugtuung in Form eines Kapitals oder einer Rente ausgerichtet wird, keinen Einfluss auf die Genugtuungsbemessung haben darf, sondern nur die Abgeltungsform betrifft. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das jugendliche Alter der Geschädigten im Unfallzeitpunkt - und damit die längere Leidensdauer - nicht ausschlaggebend für die Frage, ob ein Genugtuungskapital oder eine Genugtuungsrente zugesprochen wird. Vielmehr ist das Alter des Verletzten bzw. die Leidensdauer eines von mehreren Kriterien (Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen), das bei der Genugtuungsbemessung in Betracht fällt und von der Vorinstanz auch berücksichtigt worden ist. Demgegenüber hat das Alter des Geschädigten auf die Abgeltungsform (Kapital oder Rente) keinen Einfluss. 4.4 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch der Umstand, dass das Militärversicherungsgesetz eine Integritätsschadenrente vorsieht ( Art. 48 ff. MVG [SR 833.1]), für den hier zu beurteilenden Fall nicht ausschlaggebend. Eine im Sozialversicherungsrecht vorgesehene Spezialregelung für den Bereich der Militärversicherung ist nicht entscheidend für die Frage, wie eine dem Privatrecht unterstehende Genugtuung zu bemessen und abzugelten ist, zumal nicht einmal in allen Sozialversicherungsbereichen gleiche Berechnungsgrundlagen und Leistungsansätze gelten. Die kapitalisierten Leistungen in der Militärversicherung liegen in der Regel deutlich über dem, was der Versicherte bei gleichartiger Schädigung seitens der Unfallversicherer erhält. Dies wird allgemein damit begründet, dass der Versicherte im Rahmen der Wehrpflicht besonderen Risiken ausgesetzt ist, die im Versicherungsfall eine grosszügige Entschädigung rechtfertigen (JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N. 8 Vorbemerkungen zu Art. 48-50 MVG , mit Hinweisen). Eine generelle Anwendung dieser Sonderregeln ist nicht angebracht. 4.5 Aus diesen Gründen erweist sich der Antrag der Beschwerdeführerin, es sei ihr eine Genugtuungsrente von mindestens Fr. 50.- bzw. maximal Fr. 100.- pro Tag zuzusprechen, als unbegründet. Eine Rente berechnet auf einem Genugtuungskapital von Fr. 140'000.- verlangt die Beschwerdeführerin nicht.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b4f0efea-59fd-4b62-9aa7-c2a0388e051e
Urteilskopf 100 II 195 30. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1974 i.S. Bruhin gegen Ziegler.
Regeste Quellenrecht; schonende Ausübung der Dienstbarkeit ( Art. 737 ZGB ). Der Dienstbarkeitsbelastete kann Massnahmen zur Behebung schädigender Wirkungen der Rechtsausübung verlangen, sofern das Dienstbarkeitsrecht dadurch nicht geschmälert wird.
Sachverhalt ab Seite 195 BGE 100 II 195 S. 195 Aus dem Tatbestand: Philomena Bruhin-Krieg ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft GB Nr. 159 in Schübelbach, während die Nachbarliegenschaft GB Nr. 162 im Eigentum von Richard Ziegler steht. Dem jeweiligen Eigentümer dieser Liegenschaft steht ein unbeschränktes Wasserbezugsrecht an der auf dem Grundstück GB Nr. 159 entspringenden und in einer Brunnenstube gefassten Quelle zu. Im Jahre 1950 nahm Richard Ziegler Veränderungen an der Brunnenstube vor. Philomena Bruhin macht geltend, als Folge dieser Arbeiten sei das Wasser im Brunnen höher gestaut worden, was zu einer Versumpfung des um die Brunnenstube gelegenen Wieslandes geführt habe. Sie reichte beim Bezirksgericht der March gegen Richard Ziegler eine Klage ein, mit der sie unter anderem BGE 100 II 195 S. 196 beantragte, dieser sei zur Vornahme gewisser Sanierungsarbeiten zu verpflichten. Sowohl das Bezirksgericht als auch das Kantonsgericht des Kantons Schwyz wiesen die Klage in diesem Punkte ab. Das Bundesgericht hebt das kantonsgerichtliche Urteil auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Dem Beklagten steht nach zutreffender Auffassung der Parteien und der kantonalen Gerichte ein unbeschränktes Wasserbezugsrecht an der Quelle der Klägerin zu. Dieses Recht ist als ungemessene Grunddienstbarkeit gemäss Art. 730 ff. ZGB zu qualifizieren. Die Klägerin behauptet, seit 1950 werde ein Teil des um die Quelle liegenden Landes durch die Anlage der Brunnenstube bzw. durch die Art des Wasserbezugs versumpft und dadurch entwertet. Sie verlangt, dass diese Schädigungen durch geeignete Vorkehren behoben werden und fordert Ersatz des bisher erwachsenen Schadens. Das Kantonsgericht stellt für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die Versumpfung teilweise auf den Wasserstau in der Brunnenstube zurückzuführen ist, der sich nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren auf das Umgelände auswirkt, teils auf Wasserzufluss aus höher gelegenem Gebiet. Die Spuren in der Brunnenstube zeigten, dass der Wasseraufstoss je nach Witterung verschieden hoch sei. Auch das Ausmass der Versumpfung ändere sich und habe am Augenschein vom 17. Juni 1972 nur noch in einem Umkreis von ca. 1,5 m um die Brunnenstube bestanden. In rechtlicher Beziehung geht die Vorinstanz davon aus, dass der Beklagte sein servitutarisches Recht in schonender Weise auszuüben habe, jedoch nur soweit dadurch die zweckmässige Ausübung des Rechtes auch nicht in geringem Teil beeinträchtigt werde. Die Belastete habe einen ihr daraus erwachsenden Schaden hinzunehmen. Da der Beklagte ein ungemessenes und unbeschränktes Wasserbezugsrecht habe, könnte die Klägerin selbst dann keine Einschränkung verlangen, wenn der Höherstau für die Versumpfung allein verantwortlich wäre. Vorbehalten bliebe lediglich eine für das belastete Grundstück geradezu ruinöse Versumpfung, da eine BGE 100 II 195 S. 197 solche bei Begründung der Dienstbarkeit nicht vorausgesehen worden sei und nicht in Kauf genommen worden wäre. Von einer ruinösen Schädigung sei jedoch keine Rede; jedenfalls sei das Interesse des Beklagten am unveränderten und ungeschmälerten Wasserbezug grösser als das Interesse der Klägerin an der Beseitigung der Versumpfung. 4. a) Nach Art. 737 ZGB ist der Berechtigte befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist. Er ist jedoch verpflichtet, sein Recht schonend auszuüben. Wurde wie hier ein unbeschränktes Wasserbezugsrecht erworben, so hat der Belastete die aus der Ausübung des Rechts erwachsenden Schäden zu dulden, auch wenn diese Schäden erst die Folge eines im Laufe der Zeit erhöhten Wasserbezugs sind (LIVER, N. 21 ff., 43 ff. zu Art. 737 ZGB ; LEEMANN, N. 11 zu Art. 737 ZGB ). Diese Duldungspflicht ist jedoch nicht unbeschränkt. Der Belastete kann Massnahmen zur Behebung schädigender Wirkungen der Rechtsausübung verlangen, sofern das Dienstbarkeitsrecht dadurch überhaupt nicht geschmälert wird (LIVER, N. 45 ff. zu Art. 737 ZGB ). Der Belastete muss nur die mit der Rechtsausübung unvermeidlich verbundenen Schädigungen dulden. Kann das Recht in vollem Ausmass auf eine andere als die bisherige Art vertragsgemäss ausgeübt werden und kommt es in diesem Falle nicht zu Schädigungen, so hat der Belastete Anspruch auf eine entsprechende Änderung der Ausübungsart (LIVER, a.a.O.; LEEMANN, N. 5 zu Art. 737 ZGB ). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben muss der Berechtigte auf eine den Belasteten schädigende Rechtsausübung verzichten, soweit diese Rechtsausübung unnütz ist oder sein Interesse daran jedenfalls in einem krassen Missverhältnis zum Interesse des Belasteten an der Unterlassung der Schädigung steht ( BGE 95 II 21 mit Hinweis). b) Die Vorinstanz hat nicht geprüft, ob die von der Klägerin geforderten Massnahmen zu einer Beeinträchtigung des Wasserbezugsrechts des Beklagten führen würden. Sie behandelt den ganzen Fall so, als ob der Beklagte ein geschütztes Recht nicht nur auf ungemessenen Wasserbezug, sondern auf einen Höherstau in der Brunnenstube besässe. In diesem Sinne erklärt sie kurzerhand, die Absenkung des Wasserstandes könnte zwar möglicherweise die Versumpfung sanieren, doch komme dies einer unzulässigen Beschränkung des Wasserbezugsrechts BGE 100 II 195 S. 198 gleich. Diese rechtliche Folgerung ist unhaltbar. Dass die Vorinstanz die entscheidende Frage nach der Auswirkung einer Absenkung des Wasserstandes auf das Wasserbezugsrecht gar nicht untersucht hat, ist umso unverständlicher, als die Klägerin von Anfang an eine Beeinträchtigung dieses Rechts durch die mit der Klage geforderten Massnahmen bestritt und der von der Vorinstanz in diesem Zusammenhang zitierte Gerichtsexperte Bellin in seinem schriftlichen Gutachten die Möglichkeit einer Senkung des Wasserstandes ohne Beeinträchtigung des Wasserbezugsrechts bejaht. Der Experte empfiehlt den Versuch einer Absenkung des Wasserspiegels unter Beibehaltung der Saughöhe der Pumpe. Er bezweifelt zwar, dass die Versumpfung des Geländes gänzlich verhindert werden könne, da der Bestand der Quelle und die Saughöhe der Pumpe berücksichtigt werden müssten. Er hält es aber für wahrscheinlich, dass die Versumpfung auf ein erträgliches Mass gemindert würde. Bei dieser Sachlage konnte die Vorinstanz nicht ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen, die geforderten und möglicherweise tauglichen Sanierungsmassnahmen würden zu einer Schmälerung des Rechtes des Beklagten führen, ohne darüber Beweis abzunehmen. Mit ihrem Eventualbegehren hatte die Klägerin die Ausführung anderer, gerichtlich festzustellender Schutzvorkehren und Massnahmen verlangt, durch die einer Versumpfung des Umgeländes begegnet werden könnte. Sie hat sich dafür richtigerweise auf Expertise berufen und präzisiert, es lasse sich eventuell eine geringere Senkung des Wasserstandes oder eine andere geeignete Massnahme denken. Die Vorinstanz hat weder durch Expertise noch auf andere Weise abgeklärt, ob solche Massnahmen möglich wären, ohne dass das Wasserbezugsrecht beeinträchtigt würde. Wiederum geht sie von der rechtlich unhaltbaren These aus, schon die blosse Senkung des Wasserstandes beeinträchtige das Recht des Beklagten. Die Vorinstanz hat sodann zwar eine Interessenabwägung versucht, ist aber auch hier von unrichtigen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Sie stellt dem Interesse der Klägerin an der Entsumpfung der Liegenschaft das Interesse des Beklagten gegenüber, "das Wasserbezugsrecht entsprechend dem Inhalt des Dienstbarkeitsvertrages für die Bedürfnisse seiner Liegenschaft für Haus und Stall unbegrenzt nutzen zu können". Welches diese Bedürfnisse sind und welchen Wert BGE 100 II 195 S. 199 sie verkörpern, hat sie nicht geprüft. Es ist nicht abgeklärt, ob überhaupt ein Bedürfnis im Umfang der jetzigen Nutzung besteht, oder ob es sich nicht um eine unnütze Rechtsausübung handelt. Letzteres wäre dann nicht ausgeschlossen, wenn das Wasser, wie die Klägerin behauptet, aus hygienischen Gründen als Trinkwasser für Mensch und Vieh überhaupt nicht verwendbar wäre und nur als Brauchwasser von Nutzen sein könnte, im übrigen aber nutzlos z.B. in einem Brunnen abflösse. Die Vorinstanz hat ferner nicht geprüft, welche Beeinträchtigung sich für den Beklagten ergeben würde, wenn die mit der Klage geforderten Massnahmen wirklich zu einer gewissen Drosselung des Wasserzuflusses führen sollten. Bei der Interessenabwägung kommt es nicht auf das Interesse des Berechtigten an dem gesamten Wasserbezug an, sondern darauf, wie hoch einerseits die durch die Massnahmen vermeidbaren Schädigungen der Klägerin sind und wieviel anderseits der durch die gleichen Massnahmen bewirkte Ausfall des Wasserbezugs für den Beklagten wert ist. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass eine Schmälerung des Wasserbezugs um einige Minutenliter für den Betrieb des Beklagten völlig belanglos ist, so dass ein krasses Missverhältnis selbst dann zu bejahen wäre, wenn der behebbare Versumpfungsschaden mit der Vorinstanz niedrig bewertet wird. ... c) Lässt sich aber dem angefochtenen Urteil der für die Entscheidung massgebliche Sachverhalt nicht entnehmen, so ist die Sache zur Ergänzung der Akten an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 OG ). Diese wird abzuklären haben, ob die Versumpfung durch die von der Klägerin geforderten bzw. durch andere, gerichtlich. festzustellende Massnahmen auf ein erträgliches Mass zurückgeführt werden kann, ohne dass das Wasserbezugsrecht des Beklagten beeinträchtigt wird. Sollte eine Behebung der Versumpfung ohne Beeinträchtigung des Wasserbezugsrechts nicht möglich sein, wird sie sodann eine Interessenabwägung vorzunehmen haben und prüfen müssen, wie gross einerseits der durch die Sanierungsmassnahmen behebbare Schaden der Klägerin ist und wieviel anderseits der durch die Massnahmen bewirkte Ausfall des Wasserbezugs für den Beklagten wert ist. Auf dieser Grundlage wird die Vorinstanz einen neuen Entscheid zu fällen haben.
public_law
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b4f39b77-1e05-4100-9635-3c4918a25901
Urteilskopf 97 II 123 19. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 22 juin 1971 dans la cause Gobat contre Mongillo
Regeste Haftung aus unerlaubter Handlung; Versorgerschaden; Genugtuung. Grund und Umfang der Haftung (Erw. 2 bis 5). Der Versorgerschaden ist vom Todestag, nicht erst vom Tage des Urteils an zu berechnen (Erw. 6). Die Möglichkeit einer Wiederverheiratung ist sowohl beim Versorgerschaden als auch bei der darauf anzurechnenden Rente der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt zu berücksichtigen (Erw. 8a). Bemessung der Genugtuungssumme bei Verschulden des Schädigers, des Verunfallten und eines Dritten (Erw. 10).
Sachverhalt ab Seite 124 BGE 97 II 123 S. 124 Marc Joliat, entrepreneur de maçonnerie, bâtissait un immeuble locatif à Courrendlin. Le 4 mars 1966, son contremaître Angelo Zornio, son ouvrier Antonio Mongillo et son maçon Fernand Seuret construisaient avec l'entrepreneur de transports Georges Gobat une fosse septique rattachée au bâtiment. Gobat se servait à cet effet de sa pelle mécanique avec commande hydraulique Poclain TC 45, qu'il conduisait lui-même. Joliat n'avait recouru à ses services et à sa machine que pour l'exécution de ce travail; celui-ci a fait l'objet d'une facture du 30 juin 1966 de 310 fr., soit 5 heures à 50 fr., plus 60 fr. pour le déplacement de la pelle. Gobat a creusé une fouille circulaire d'environ 2 m de profondeur et 3 m de diamètre. Il fallait y placer trois tuyaux en ciment de 2 m 20 de diamètre et de 50 cm de hauteur; ces tuyaux, superposés, devaient être emboîtés et leurs joints cimentés. Pour les déposer et les mettre en place, Gobat se servait de sa machine comme d'une grue. Trois chaînes fixées sous le godet de la pelle tenaient les tuyaux par leur partie supérieure, à l'aide de pinces. Les articulations du bras permettaient de les soulever, de les déplacer et de les déposer. Zornio surveillait l'opération du haut de la fouille. Lorsque le second tuyau fut posé sur le premier, il fît descendre Mongillo et Seuret dans la fosse pour les ajuster et décrocher les chaînes. Il avait auparavant fait glisser latéralement de quelques centimètres le second tuyau, par un mouvement horizontal du godet, pour le mettre en place sur le premier. Gobat devait ensuite faire descendre le godet d'une dizaine de centimètres, pour détendre les chaînes. Avant cette manoeuvre, Mongillo et Seuret se trouvaient de part et d'autre de l'axe sur lequel le godet devait se déplacer verticalement. Gobat pouvait les voir. Zornio lui cria alors: "C'est bon!", pour lui signifier que le tuyau était en place et que les chaînes pouvaient être détendues. A ce moment, Gobat ne pouvait plus apercevoir Mongillo; il abaissa cependant le godet. Celui-ci tomba obliquement de 60 à 70 cm; en raison du déplacement horizontal qui avait précédé la manoeuvre, il ne se trouvait en effet plus au-dessus du centre du tuyau et était exposé à une traction inégale des chaînes. Il était d'autant plus difficile à maîtriser dans ces circonstances que le dernier élément du bras qui l'actionnait n'était pas équipé d'un frein de chute, contrairement aux deux autres éléments. Atteint par le godet, Mongillo a été écrasé BGE 97 II 123 S. 125 contre la paroi du tuyau. Il a succombé à ses blessures le même jour. B. - Par demande du 26 septembre 1967, dame Anna Maria Mongillo-Palmieri, veuve de la victime, et ses deux filles Maria Arcangela et Giovanna ont ouvert action contre Gobet en paiement de la partie du dommage pour perte de soutien non couverte par la Caisse nationale et d'une indemnité pour tort moral et pour frais funéraires. Le défendeur a conclu au rejet de la demande. Statuant le 9 octobre 1970, la Cour d'appel du canton de Berne a condamné le défendeur à payer les sommes ci-après: a) à dame Anna Maria Mongillo:29 000 fr. avec intérêt à 5% dès le 9 octobre 1970 (perte de soutien); 7500 fr. avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1966 (tort moral); 3500 fr. avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1966 (frais funéraires); b) à Maria Arcangela Mongillo: 400 fr. avec intérêt à 5% dès le 9 octobre 1970 (perte de soutien); 2500 fr. avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1966 (tort moral); c) à Giovanna Mongillo: 2800 fr. avec intérêt à 5% dès le 9 octobre 1970 (perte de soutien); 2500 fr. avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1966 (tort moral). C. - Le défendeur recourt en réforme au Tribunal fédéral contre cet arrêt, en reprenant ses conclusions libératoires. Les demanderesses ont formé un recours joint. Elles proposent le rejet du recours principal et prennent les conclusions suivantes: a) que les montants alloués à titre de dommages-intérêts pour perte de soutien soient portés à 31 000 fr. pour dame Anna Maria Mongillo, à 1100 fr. pour Maria Arcangela Mongillo et à 4000 fr. pour Giovanna Mongillo, avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1966; subsidiairement que ces montants soient augmentés selon l'appréciation du tribunal; b) que les montants alloués à titre de tort moral soient portés à 12 000 fr. pour dame Anna Maria Mongillo, et à 5000 fr. BGE 97 II 123 S. 126 pour Maria Arcangela et pour Giovanna Mongillo, avec intérêt à 4% dès le 4 mars 1966, subsidiairement que ces montants soient majorés à dire de justice. Erwägungen Considérant en droit: 1. ... 2. La Cour d'appel considère le contrat entre le défendeur et Joliat comme "un contrat mixte où l'élément d'entreprise est prépondérant, du moins en ce qui concerne l'organisation et la direction des travaux". Le défendeur soutient que l'arrêt déféré viole sur ce point les art. 253 et 101 CO et qu'il fonde à tort l'action des demanderesses sur les art. 41ss CO; il s'agit selon lui d'un contrat de bail, la mise à disposition du conducteur de la machine n'étant qu'une prestation accessoire de la bailleresse (RO 91 II 291) et lui-même étant auxiliaire de Joliat qui répond de son comportement selon l'art. 101 CO. a) Il est constant qu'aucun lien contractuel n'existait entre Mongillo, employé de Joliat, et le défendeur. Ce dernier ne peut donc être tenu à réparation du dommage et du tort moral subi par les demanderesses qu'en raison d'un acte illicite. L'existence d'un tel acte est en principe indépendante de ses rapports de droit avec Joliat ou de son éventuelle qualité d'auxiliaire au sens de l'art. 101 CO. La responsabilité de l'employeur pour le dommage causé à son co-contractant par ses auxiliaires dans l'accomplissement de leur travail n'exclut pas celle qui incombe à ces personnes en vertu des art. 41ss CO, lorsqu'une faute leur est imputable. b) La Cour d'appel a examiné la nature juridique du lien contractuel entre Joliat et le défendeur en recherchant à qui, de ce dernier ou du contremaître Zornio, incombaient l'organisation et la direction des travaux. Les parties n'ayant pas songé à préciser qui devait diriger la manoeuvre et en assumer la responsabilité, les premiers juges ont admis qu'il fallait prendre en considération "l'ensemble des circonstances du contrat": par leur objet nettement déterminé - le défendeur a établi le 30 juin 1966 une facture pour "creusage et pose d'une fosse septique avec pelle Poclain" - les rapports des parties relèveraient du contrat d'entreprise et non du contrat de bail ou de travail; la rémunération à l'heure, avec facturation des heures de travail effectif et non des heures de mise à disposition de la machine, correspondrait à la notion de "travail en régie" BGE 97 II 123 S. 127 caractéristique du contrat d'entreprise, terme d'ailleurs employé dans le rapport de la Caisse nationale du 24 mars 1966. La question ainsi examinée par la Cour d'appel, en considération de l'ensemble des circonstances du contrat, est une question de droit qui peut être revue en instance de réforme. Il est constant que le défendeur n'a pas seulement loué sa pelle mécanique, mais qu'il a aussi accompli un certain travail en l'utilisant. La description dans sa facture des prestations fournies n'est pas nécessairement un indice en faveur du contrat d'entreprise; elle peut tout aussi bien être interprétée comme une simple indication du but pour lequel la pelle mécanique a été mise à disposition et manoeuvrée. Le contrat en question pourrait être un contrat mixte comportant la location et l'utilisation de l'objet loué, ce qui expliquerait la rémunération d'après le temps employé (5 heures à 50 fr.) ainsi que le montant de 60 fr. relatif au déplacement de la pelle. Il est sans importance que la Caisse nationale, qui n'avait pas à apprécier les rapports contractuels entre le défendeur et Joliat, ait parlé dans son rapport de "travail en régie". Il faut en revanche prendre en considération les déclarations faites par Joliat le 4 ou 8 mars 1966 au Bureau de prévention des accidents de la Société suisse des entrepreneurs et le 16 mars 1966 dans une lettre au consulat d'Italie, déclarations que la Cour d'appel a estimé ne pas pouvoir retenir, relevant que Joliat n'était vraisemblablement pas conscient de l'importance des termes dont il se servait. Le rapport du bureau précité relate ce qui suit: "M. Marc Joliat, entrepreneur, nous dit avoir loué la pelle avec chauffeur auprès de M. Georges Gobat à Courrendlin. Ce dernier n'ayant pas de chauffeur à mettre à disposition, c'est lui qui est venu sur place pour conduire. M. Marc Joliat pense que M. Gobat n'avait pas une grande habitude de cette pelle." La lettre de Joliat au consulat d'Italie comporte le passage suivant: "Mon entreprise était en train de poser une fosse septique d'un diamètre de 2.00 m avec la machine à creuser d'une entreprise de Courrendlin, Georges Gobat, dont le patron lui-même manoeuvrait la machine." Ces deux déclarations tendent à prouver que Joliat a recouru à la pelle mécanique, manoeuvrée par le défendeur, aux fins de construire lui-même la fosse septique. Le défendeur n'était pas BGE 97 II 123 S. 128 en mesure d'accomplir ce travail seul, avec sa machine. Trois ouvriers de Joliat, dont un contremaître, y ont collaboré. L'installation de la fosse était d'ailleurs du ressort de Joliat, entrepreneur chargé de la construction de l'immeuble. Le rôle du défendeur se bornait à fournir et à manoeuvrer la pelle mécanique. Le reste, en particulier l'organisation, incombait à Joliat, qui avait affecté à ce travail trois ouvriers dont le contremaître Zornio; celui-ci a lui-même déclaré en procédure cantonale: "c'est moi qui dirigeais la manoeuvre". Cette déclaration concorde parfaitement avec son exclamation "c'est bon!", lorsqu'il estima que le godet de la pelle pouvait être abaissé. La question de savoir de quel contrat relevaient les prestations du défendeur - bail à loyer avec usage de la chose par le bailleur (cf. RO 91 II 291; arrêts non publiés Werner Schmid & Cie. c. Vereinigte Bauunternehmungen GmbH, du 2 juin 1953, et Geiger & Viatte c. Grande Dixense SA, du 18 décembre 1956) ou contrat d'entreprise - peut rester indécise. Même dans l'hypothèse d'un contrat d'entreprise, le défendeur n'était pas tenu à d'autres prestations que le creusage d'une fosse à l'aide de la pelle mécanique et la mise en place des tuyaux livrés par Joliat, avec la participation du personnel de celui-ci. Dans l'exécution de ce travail, il devait veiller à la sauvegarde de la vie et de l'intégrité corporelle des trois ouvriers de Joliat avec toute l'attention commandée par les circonstances. Mais il pouvait partir de l'idée que ces collaborateurs, notamment le contremaître Zornio, feraient également leur possible pour éviter un accident. Leurs erreurs de comportement lui étaient imputables dans la mesure où il était ou devait en être conscient; elles le déchargeaient au cas contraire. 3. Le fait que Zornio organisait et dirigeait le travail ne libérait pas le défendeur. Il savait que ce contremaître avait envoyé les deux ouvriers dans la fosse pour décrocher les chaînes. Il pouvait les apercevoir alors qu'ils se trouvaient de part et d'autre du bras de la pelle mécanique. Mais lorsqu'il entreprit sa manoeuvre à la suite de l'exclamation "c'est bon!" de Zornio, il ne voyait plus Mongillo. Il devait en conclure que celui-ci s'était déplacé dans la fouille et qu'il se trouvait très probablement sous le godet, où il était en danger. En tant que propriétaire et conducteur de la pelle mécanique, le défendeur en connaissait les particularités et les risques mieux que BGE 97 II 123 S. 129 Zornio, qui n'avait jamais travaillé avec une machine de ce genre; il ne devait donc pas se satisfaire du fait que le contremaître, qui s'était d'ailleurs détourné, n'intervînt pas. Il aurait dû faire sortir les ouvriers de la fosse avant d'abaisser le godet. La manoeuvre n'exigeait pas qu'ils fussent exposés au danger d'être atteints par la pelle. Le défendeur aurait dû les avertir d'emblée de ne jamais se placer près du godet, avant qu'il eût atteint sa position définitive. L'opération était difficile à contrôler, en raison de la modification du rapport des forces exercées par les chaînes et de l'absence d'un frein de chute. L'accident est ainsi imputable à faute au défendeur. 4. Le défendeur fait valoir qu'il est libéré de sa responsabilité par la faute grave du lésé (art. 44 CO). Ce moyen n'est pas fondé. En dépit de l'avis affiché à l'extérieur de la cabine et qui interdisait aux personnes non autorisées l'accès à la zone de travail de la pelle, Mongillo pouvait y accéder, puisqu'il devait aider à mettre en place les tuyaux et à décrocher les chaînes. On peut seulement lui reprocher d'être resté sans nécessité dans la fosse alors qu'on détendait les chaînes. Cette faute n'est pas grave. Ce n'est d'ailleurs pas là que le défendeur voit une faute lourde de la victime, mais dans le fait qu'elle s'est déplacée sous le godet, avant que les chaînes fussent détendues. Selon les constatations de la Cour d'appel, le motif de ce déplacement n'est cependant pas établi. Peut-être Mongillo a-t-il compris l'exclamation "c'est bon!" du contremaître comme un ordre de décrocher les chaînes. Il aurait dû songer dans cette hypothèse que l'ordre de Zornio ne concernait pas les deux ouvriers, mais le défendeur seul; les chaînes ne pouvaient en effet être décrochées, comme il devait le savoir, qu'après que le défendeur les eut détendues en abaissant le godet. Mais Mongillo ignorait que celui-ci descendrait obliquement de 60 à 70 cm. Comme le premier tuyau avait été mis en place sans incident, il pouvait admettre que l'abaissement du godet ne présentait pas non plus de danger. Le comportement de Mongillo serait donc excusable dans une certaine mesure, s'il s'était placé par anticipation sous le godet pour décrocher les chaînes. Il ne saurait non plus être question d'une faute grave du lésé dans la seconde hypothèse envisagée par la Cour d'appel; Mongillo, effrayé par un mouvement du godet, aurait voulu échapper à un danger en se déplaçant. BGE 97 II 123 S. 130 Dans l'incertitude du comportement causal de l'accident imputable à Mongillo qui a donné lieu à l'accident, une réduction des dommages-intérêts ne se justifie pas non plus. Selon une jurisprudence récente du Tribunal fédéral relative à l'art. 100 LAMA, la Caisse nationale n'est subrogée dans les droits du lésé que dans la mesure où ces droits excèdent la différence entre les prestations de la Caisse nationale et le dommage (RO 96 II 360ss). Une faute propre de la victime ne peut donc porter préjudice à l'ayant droit que si elle est assez lourde pour que les prétentions en dommages-intérêts soient inférieures à la partie du dommage non couverte par la Caisse nationale. Cette condition n'est pas remplie en l'espèce. 5. Le défendeur fait encore valoir que les art. 41ss CO ne sont applicables qu'aux prétentions des demanderesses relatives au tort moral et aux frais funéraires. Il se prévaut ainsi de l'art. 129 al. 2 LAMA, selon lequel l'employeur de l'assuré obligatoire ainsi que ses parents, employés ou ouvriers ne répondent du dommage assuré que s'ils l'ont causé intentionnellement ou par une faute grave, ou si l'employeur n'a pas payé les primes. N'importe quel employeur ne bénéficie cependant pas de cette disposition, mais seul l'employeur du lésé (RO 96 II 228 consid. 5). Or le défendeur n'était pas l'employeur de la victime; il n'a pas payé de primes pour l'assurer. Il n'était pas non plus parent, employé ou ouvrier de Joliat, employeur de Mongillo; peu importe à cet égard que les rapports de droit entre le défendeur et Joliat soient soumis aux règles du bail, ou à celles du contrat d'entreprise. Le défendeur était un entrepreneur indépendant dans ses relations avec la Caisse nationale. 6. S'agissant de la détermination du dommage consécutif à la perte de soutien, la Cour d'appel constate que Mongillo avait un salaire horaire de 5 fr. 03 lors de l'accident, que ce salaire aurait été porté à 5 fr. 40 en 1967, à 5 fr. 70 en 1968 et, selon les demanderesses, à 6 fr. 32 en 1970. Elle retient par mesure de simplification, et pour tenir compte du fait que Mongillo aurait touché un salaire inférieur jusqu'en 1968, le chiffre moyen de 5 fr. 70 qui était prévisible lors de l'accident. Les demanderesses font valoir que le tribunal savait lors du jugement qu'une hausse substantielle des salaires dans la construction interviendrait à partir du 1er janvier 1971. La Cour d'appel aurait dès lors dû se fonder sur le salaire horaire de BGE 97 II 123 S. 131 6 fr. 32, les montants inférieurs des années 1966-1969 étant compensés par l'évolution future. Il serait également erroné, eu égard à la durée de vie probable, de tabler sur 5 fr. 70 et non sur 6 fr. 32. Les demanderesses ne prétendent pas avoir offert de prouver qu'une hausse des salaires dans la construction serait intervenue au 1er janvier 1971, et quelle en aurait été l'importance. Elles se bornent à alléguer que le fait était connu du tribunal. Or l'arrêt déféré ne contient aucune constatation à cet égard. C'est donc que la Cour d'appel ne considérait pas comme notoire la prétendue hausse à intervenir, ou qu'elle tenait pour tardive l'affirmation des demanderesses. Celles-ci fondent ainsi leur recours joint sur un fait qui n'était pas établi lorsque fut rendu l'arrêt attaqué ou qui ne pouvait être pris en considération pour des motifs de procédure. Leur moyen n'est partant pas recevable. L'appréciation de la Cour d'appel, fondée sur le salaire de 5 fr. 70, ne violerait au demeurant pas le droit fédéral, même si la cour avait su que les salaires dans la construction augmenteraient en 1971 et si elle avait pu tabler sur cette hausse. Contrairement au dommage qui résulte d'une invalidité, celui qui dérive de la perte de soutien ne doit pas être calculé de façon concrète jusqu'au jour du jugement rendu en dernière instance cantonale, où des faits nouveaux peuvent encore être présentés, et de façon abstraite pour la période postérieure seulement; le calcul abstrait doit être fait au jour du décès, attendu que l'on ne sait pas si, sans l'accident, la victime aurait vécu jusqu'à la date du jugement (RO 84 II 300 consid. 7, 90 II 84). Cela ne signifie pas que le juge doive faire abstraction dans l'appréciation de la perte de soutien des faits postérieurs à la mort du soutien. Mais il doit faire preuve de retenue dans la prise en considération de ces faits, conscient de ce qu'il n'est pas certain que le soutien aurait été en vie et capable de travailler le jour du jugement. Aussi ne peut-on se fonder sans autre sur les salaires moyens de ce jour ni sur ceux qui ne sont alors que prévisibles pour l'avenir. Les salaires peuvent aussi diminuer. On ne saurait apprécier les circonstances existantes au moment du jugement de façon unilatérale, dans l'intérêt d'une seule partie. A cela s'ajoute, en l'espèce, que Mongillo était Italien et que sa famille vivait en Italie; on ne sait dès lors si et, les cas échéant, pendant combien de temps il serait resté en BGE 97 II 123 S. 132 Suisse et y aurait trouvé du travail. La Cour d'appel n'a pas outrepassé son pouvoir d'appréciation en calculant la perte de soutien sur la base d'un salaire horaire moyen de 5 fr. 70. 7. La Cour d'appel a retenu 2180 heures de travail par année, ce qui représente, compte tenu d'un salaire horaire de 5 fr. 70, un revenu annuel de 12 426 fr. Elle a admis que Mongillo aurait consacré en moyenne le 35% de ce revenu à sa femme. Cette proportion, que les parties ne remettent pas en cause, correspond à une contribution annuelle de 4349 fr. 10, soit en chiffre rond 4350 fr. Mais la Cour d'appel écrit 4530 fr. et fonde par la suite ses calculs sur ce chiffre. Cette inadvertance manifeste doit être rectifiée d'office (art. 63 al. 2 OJ). Ce faisant, le Tribunal fédéral n'outrepasse pas les conclusions du défendeur, qui tendent au débouté de la demande, mais les adjuge partiellement, pour des motifs autres que ceux qu'il invoque. 8. Pour déterminer la perte de soutien de la veuve, la Cour d'appel a soustrait de sa part au revenu annuel du mari la rente annuelle de 2964 fr. versée par la Caisse nationale, puis a capitalisé la différence au jour du décès et opéré sur le résultat une déduction de 10% pour chances de remariage. Le défendeur soutient que la déduction de 10% doit être opérée, eu égard à l'art. 100 LAMA, avant la soustraction de la rente de la Caisse nationale. La demanderesse elle-même aurait procédé de cette façon dans un calcul détaillé remis en procédure cantonale; la Cour d'appel serait ainsi allée au-delà des conclusions de la demanderesse, violant par là l'art. 3 PCF. a) La Cour d'appel a procédé selon la méthode simplifiée que STAUFFER/SCHAETZLE (Barwerttafeln, 3e éd. 1970, p. 160 exemple 17) proposent en se référant à l'arrêt Lloyd's Underwriters c. Chaboudez rendu le 11 mars 1969 par le Tribunal fédéral (RO 95 II 582ss). Ce mode de calcul n'est pas contraire à la loi. La réduction pour chances de remariage ne saurait porter uniquement sur la perte de soutien annuelle. Elle doit être opérée également sur la rente de la Caisse nationale. La correspondance dans le temps du dommage et de la rente de la Caisse nationale qui en est déduite doit en effet être sauvegardée. De même, le Tribunal fédéral ne se fonde pas sur les tables de mortalité pour déterminer la rente de la Caisse nationale imputable sur le dommage consécutif à une invalidité et calculé selon les tables d'activité (RO 95 II 588 consid. 5). La veuve ne touche d'ailleurs la rente de la Caisse nationale que jusqu'à son remariage; pour cette raison aussi, on n'impute BGE 97 II 123 S. 133 pas la rente viagère de la Caisse nationale sur l'indemnité pour perte de soutien réduite en raison des chances de remariage (RO 81 II 48 c. consid. 4 et 6). Le calcul est le suivant si l'on tient compte des chances de remariage en opérant une déduction sur la perte de soutien annuelle et une déduction correspondante sur la rente de la Caisse nationale: Perte de soutien annuelle (35% du revenu annuel de la victime) Fr. 4350.-- Déduction de 10% pour chances de remariage Fr. 435.-- ----------- Fr. 3915.-- Rente de veuve de la Caisse nationale Fr. 2964.-- Déduction de 10% pour chances de remariage Fr. 296.-- Fr. 2668.-- -------------------- Perte annuelle Fr. 1247.-- Capitalisation de ce montant à 4% - ce taux retenu par la Cour d'appel n'est pas remis en cause par les parties - selon table 45 de STAUFFER/SCHAETZLE (op. cit. p. 314, âge du soutien masculin: 39 ans, âge de la personne soutenue: 35 ans): 12,47 x 1665 = 20 762 fr. Dans l'arrêt RO 81 II 49, le Tribunal fédéral applique une méthode un peu plus compliquée: il commence par capitaliser la perte de soutien, puis opère la réduction pour chances de remariage et déduit enfin du résultat la rente capitalisée de la Caisse nationale, diminuée pour tenir compte des chances de remariage. Cette méthode aboutit pratiquement au même résultat: Capitalisation de la perte de soutien annuelle de 4350 fr. selon table 45 de Stauffer/Schaetzle (comme ci-dessus): 43,5 x 1665 = Fr. 72427.-- Déduction de 10% pour chances de remariage Fr. 7242.-- ------------ Fr. 65185.-- Capitalisation de la rente annuelle de la Caisse nationale de 2964 fr. selon table 45 deStauffer/Schaetzle (comme ci-dessus) : 29,64 x 1665 = Fr. 49350.-- Déduction de 10% pour chances de> remariage Fr. 4935.-->Fr. 44415.-- --------------------------- BGE 97 II 123 S. 134 Fr. 20770.-- La méthode simplifiée appliquée par la Cour d'appel selon STAUFFER/SCHAETZLE (op. cit., p. 160, exemple 17) donne un résultat identique: Perte de soutien annuelle Fr. 4350.-- moins la rente de la Caisse nationale Fr. 2964.-- ------------ Perte annuelle Fr. 1386.-- Capitalisation de ce montant comme ci-dessus: 13,86 x 1665 Fr. 23077.-- Déduction de 10% pour chances de remariage Fr. 2307.-- ------------ Fr. 20770.-- b) Le grief tiré par le défendeur du fait que la Cour d'appel serait allé au-delà des conclusions de la demanderesse, en n'opérant la déduction de 10% qu'après coup, est ainsi sans objet. Il est au surplus mal fondé: dans le calcul invoqué par le défendeur, la demanderesse a opéré la déduction de 10% pour chances de remariage non seulement sur la perte de soutien (capitalisée), mais aussi sur la rente de la Caisse nationale, suivant ainsi la méthode adoptée dans l'arrêt RO 81 II 49. Au demeurant, la question de savoir si la Cour d'appel pouvait allouer à la demanderesse plus qu'elle ne réclamait ne relève pas de l'art. 3 PCF mais de la procédure cantonale, dont l'application ne peut être revue en instance de réforme (art. 43 al. 1 OJ). 9. La Cour d'appel a ajouté à la perte de soutien capitalisée des demanderesses 5% d'intérêt pour la période du jour du décès à la date du jugement, les sommes ainsi obtenues portant intérêt dès cette date. Ce mode de procéder, qui fait bénéficier les demanderesses d'un intérêt sur l'intérêt écoulé jusqu'au jugement cantonal, correspond à la jurisprudence du Tribunal fédéral (RO 81 II 49); il n'est pas remis en cause par le défendeur. Les droits de dame Mongillo consécutifs à la perte de soutien s'établissent ainsi comme il suit: Perte de soutien capitalisée Fr. 20770.-- intérêt à 5% du 4 mars 1966 au 9 octobre 1970 (4 ans et 215 jours) Fr. 4774.-- ------------ Fr. 25544.-- avec intérêt à 5% dès le 9 octobre 1970. BGE 97 II 123 S. 135 10. Les demanderesses concluent à l'allocation de montants plus élevés, au titre de la réparation du tort moral. Elles soutiennent dans leur réponse au recours principal que le défendeur a commis une faute grave. Cette manière de voir est erronée. Le défendeur n'était pas seul responsable de la construction de la fosse septique; il collaborait avec les employés de Joliat. Son rôle se bornait à la mise en oeuvre et à l'utilisation de la machine. Il appartenait aussi aux trois ouvriers, et notamment au contremaître Zornio, de veiller à ce qu'aucun accident ne survienne, ceci sous leur propre responsabilité. Le défendeur n'était ni leur employeur ni leur supérieur. Mongillo et Seuret étaient au service de Joliat et sous les ordres du contremaître Zornio, lui-même employé de Joliat. Cette circonstance était de nature à affaiblir le sentiment des responsabilités du défendeur. Les trois ouvriers auraient également dû avoir conscience du danger auquel étaient exposées les personnes se tenant à proximité du godet de la pelle pendant la manoeuvre de détente des chaînes. Mongillo et Seuret auraient dû quitter d'eux-mêmes, avant cette manoeuvre, la fosse où ils étaient descendus pour la mise en place des deux tuyaux. Zornio devait le leur ordonner. Il répond d'une faute concomitante et Mongillo d'une faute propre. Mieux que le défendeur, ils pouvaient constater à quelle distance du godet se trouvaient Mongillo et Seuret; leur champ de vision était libre, tandis que, depuis sa cabine, le défendeur ne voyait plus Mongillo et qu'il devait consacrer son attention à la manoeuvre de la machine. Zornio a notamment commis la faute de se détourner sans raison, après son exclamation à l'intention du défendeur, au lieu de garder les yeux sur les deux ouvriers. Dès lors, et compte tenu de la faute relativement peu importante du défendeur, les montants mis à sa charge au titre de la réparation du tort moral ne sont pas anormales bas, en dépit de la douleur qu'ont subie les demanderesses à la suite de la mort de leur époux et père. La baisse du pouvoir d'achat de l'argent en Suisse est inopérante, attendu que les demanderesses, qui vivent en Italie, ne dépenseront vraisemblablement pas leur argent en Suisse, mais le convertiront en monnaie de leur pays. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral admet partiellement le recours principal et rejette le recours joint. BGE 97 II 123 S. 136 Réforme l'arrêt rendu le 9 octobre 1970 par la Cour d'appel du canton de Berne en ce sens que le montant alloué à la demanderesse dame Anna Maria Mongillo à titre de dommages-intérêts pour perte de soutien est réduit de 29 000 fr. à 25 544 fr. avec intérêt à 5% dès le 9 octobre 1970. Confirme ledit arrêt pour le surplus.
public_law
nan
fr
1,971
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b4f64b7e-e935-43ba-937e-24d987c09d39
Urteilskopf 112 Ib 388 63. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. November 1986 i.S. Prosima Immobilien AG gegen Munizipalgemeinde Tägerwilen und Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 5 Abs. 2 RPG ; materielle Enteignung. Begriff der materiellen Enteignung (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 3). Die Einweisung eines landwirtschaftlich genutzten Gebiets, das einer zu gross bemessenen altrechtlichen Reservezone zugewiesen war, in die Landwirtschaftszone wirkt nicht wie eine Enteignung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 112 Ib 388 S. 388 Die Prosima Immobilien AG erwarb im Jahre 1965 das landwirtschaftlich genutzte Grundstück Nr. 262 im Gebiet Loostampfi in der Gemeinde Tägerwilen. Das langgestreckte Grundstück umfasst 5718 m2. Es lag in der Reservezone W 3 gemäss dem früheren Zonenplan der Gemeinde Tägerwilen. Es grenzt an die Ländlistrasse an, die im Gemeindegebiet von Gottlieben liegt. Diese Strasse wurde von der Gemeinde Gottlieben mit Beteiligung der Gemeinde Tägerwilen in den Jahren 1980 bis 1982 mit den für die Groberschliessung erforderlichen Anlagen für Kanalisation und Wasser versehen. Die Prosima Immobilien AG leistete an diesen Ausbau im Jahre 1982 Perimeterbeiträge für die Teilfläche einer BGE 112 Ib 388 S. 389 Bautiefe von 930 m2 entlang der Strasse. Von einer Beitragsleistung für die restliche Fläche von 4788 m2 wurde sie auf ihre Einsprache hin befreit. Der revidierte Zonenplan der Gemeinde Tägerwilen vom 23. März 1984 wies das Gebiet Loostampfi im Umfang von einer Bautiefe entlang der Ländlistrasse und damit auch den entsprechenden Teil des Grundstücks der Prosima Immobilien AG, für welchen sie Perimeterbeiträge an den Ausbau der Ländlistrasse geleistet hatte, der definitiven Bauzone W 2 zu. Der restliche Teil der Parzelle wurde der Landwirtschaftszone zugeteilt. Die Prosima Immobilien AG setzte sich hiergegen ohne Erfolg zur Wehr. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau wies ihre Beschwerde mit Beschluss vom 7. Januar 1985 ab und genehmigte gleichzeitig den revidierten Zonenplan. In der Folge machte die Prosima Immobilien AG eine Forderung wegen materieller Enteignung geltend, die von der kantonalen Enteignungskommission abgelehnt wurde. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts hat die Prosima Immobilien AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintreten kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ist von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausgegangen, wonach eine materielle Enteignung dann vorliegt, wenn einem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch seiner Sache untersagt oder besonders stark eingeschränkt wird, weil ihm eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls ein einziger oder einzelne Grundeigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde ( BGE 110 Ib 32 E. 4; BGE 109 Ib 15 E. 2; BGE 108 Ib 354 E. 4; BGE 107 Ib 222 /223 E. 2, 383 E. 2; BGE 106 Ia 372 /373 E. 2a, je mit Hinweisen). In beiden Fällen ist die Möglichkeit einer zukünftigen besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen, wenn im massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher BGE 112 Ib 388 S. 390 Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen ( BGE 109 Ib 15 /16 E. 2; 107 Ib 223 E. 2, je mit Hinweisen). Unter besserer Nutzung eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu verstehen ( BGE 109 Ib 16 E. 2; BGE 106 Ia 373 E. 2a). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück sehr wahrscheinlich in naher Zukunft besser hätte genutzt werden können, sind nach der Rechtsprechung alle rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, welche die Überbauungschance beeinflussen können. Dazu gehören das im fraglichen Zeitpunkt geltende Bundesrecht sowie die kantonalen und kommunalen Bauvorschriften, der Stand der kommunalen und kantonalen Planung, die Lage und Beschaffenheit des Grundstücks, die Erschliessungsverhältnisse und die bauliche Entwicklung in der Umgebung ( BGE 109 Ib 16 E. 2; BGE 106 Ia 373 E. 2b, je mit Hinweisen). Diese verschiedenen Faktoren sind zu gewichten. Dabei ist in erster Linie auf die rechtlichen Gegebenheiten abzustellen. Nur wo das Bauen rein rechtlich zulässig, tatsächlich möglich sowie nach den Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft zu erwarten gewesen wäre ( BGE 107 Ib 224 E. 3b und c; BGE 96 I 357 E. 4, je mit Hinweis), kann in der Eigentumsbeschränkung, welche die Überbauung ausschliesst, ein besonders schwerer Eingriff gesehen werden, der eine Entschädigungspflicht auslöst. Als Gründe, die gegen die Überbauung eines Grundstücks in naher Zukunft sprechen, nannte das Bundesgericht beispielsweise das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung, einer Änderung in der Zonenplanung, eines Erschliessungs-, Überbauungs- oder Gestaltungsplans, einer Baulandumlegung oder weitgehender Erschliessungsarbeiten ( BGE 109 Ib 16 E. 2; BGE 107 Ib 223 ff. E. 3; BGE 106 Ia 190 E. 4d, 373 E. 2b, 376/377 E. 3d und e). Auch genügen die Erschliessbarkeit einer Parzelle und unter Umständen selbst deren Erschliessung nicht ohne weiteres, um die Überbaubarkeit in naher Zukunft zu bejahen ( BGE 109 Ib 16 E. 2; 103 Ib 222 /223 E. 5b; BGE 101 Ia 227 E. 4b). Für die Prüfung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliegt, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eigentumsbeschränkung abzustellen ( BGE 109 Ib 16 E. 3; 108 Ib 338 E. 4c; BGE 106 Ia 373 /374 E. 2c). 4. Die Beurteilung der Sache nach den dargelegten Grundsätzen führt zu folgendem Ergebnis: a) Zur Prüfung der Frage, ob die Beschwerdeführerin von einer materiellen Enteignung betroffen wurde, stellte die Vorinstanz zu BGE 112 Ib 388 S. 391 Recht auf die Rechts- und Sachlage ab, wie sie im Zeitpunkt der Genehmigung des revidierten Zonenplanes von Tägerwilen durch den Regierungsrat am 7. Januar 1985 bestand. Sie untersuchte, ob in diesem Zeitpunkt anzunehmen war, eine Überbauung des der Landwirtschaftszone zugewiesenen Teiles des Grundstückes Nr. 262 lasse sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen. b) In Übereinstimmung mit der konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht zur Beantwortung dieser Frage in erster Linie die rechtlichen Gegebenheiten berücksichtigt. Es ist dabei zum Schluss gelangt, eine Überbauung des in Frage stehenden Abschnittes der Parzelle Nr. 262 sei rechtlich nicht zulässig gewesen. Trifft dies zu, so kann in der Tat die Zuweisung des bisher landwirtschaftlich genutzten Abschnittes in die Landwirtschaftszone keinen besonders schweren Eingriff bewirken, der eine Entschädigungspflicht auszulösen vermöchte. Die rechtliche Unzulässigkeit einer Überbauung des in Frage stehenden Parzellenabschnittes folgt nach der Auffassung der Vorinstanz aus § 21 des Thurgauer Baugesetzes vom 28. April 1977 (BauG), welcher festhält, dass in der Reservebauzone kein Anspruch auf Erteilung einer Baubewilligung besteht. Auch wenn diese Bestimmung gemäss der bisherigen Thurgauer Praxis nicht generell die Möglichkeit einer Baubewilligung von vornherein ausschliesst, wie das Verwaltungsgericht mit Verweisung auf seinen Entscheid vom 11. Dezember 1985 i.S. Gemeinde Amriswil gegen Baudepartement des Kantons Thurgau darlegt, so ergibt sich im vorliegenden Falle aus den gegebenen Parzellenverhältnissen und der unzureichenden Erschliessung des der Landwirtschaftszone zugeteilten Areals des Gebietes Loostampfi/Ländli, dass eine Bewilligung für eine Überbauung des Grundstücks der Beschwerdeführerin in bezug auf den der Landwirtschaftszone zugewiesenen Teil nicht hätte erteilt werden können. Der entsprechende Abschnitt ist nicht baureif im Sinne von § 74 BauG. c) Die Einwendungen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet, diese überzeugenden Folgerungen der Vorinstanz zu widerlegen. Zu Unrecht meint die Beschwerdeführerin, aus dem Entscheid des Bundesgerichts vom 30. April 1986 i.S. Silberschmidt gegen Gemeinde Ermatingen ( BGE 112 Ia 155 ff.) herleiten zu können, sie habe Anspruch auf Bewilligung einer Überbauung des der Landwirtschaftszone zugewiesenen Abschnittes ihrer Parzelle. Als BGE 112 Ib 388 S. 392 bundesrechtswidrig bezeichnete das Bundesgericht in diesem Entscheid die Regelung des Thurgauer Baugesetzes, in die auf den voraussichtlichen Bedarf von 15 Jahren zu bemessenden Bauzonen auch die Reservebauzonen einzubeziehen, deren Umwandlung in definitive Bauzonen nur mit einem dem fakultativen Referendum unterstehenden Beschluss der zuständigen Gemeindebehörde möglich ist (§§ 16 und 21 BauG). Eine solche Regelung hat zur Folge, dass die Reservebauzone keine Bauzone im Sinne des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes ist, denn nach diesem Gesetz haben die Bauzonen das Land zu umfassen, da sich für die Überbauung eignet und weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird ( Art. 15 RPG ). Die Bauzonen sind durch das Gemeinwesen zeitgerecht zu erschliessen ( Art. 19 Abs. 2 RPG ). Das eidgenössische Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vom 4. Oktober 1974 präzisiert diese Erschliessungspflicht hinsichtlich des für den Wohnungsbau benötigten Landes, indem es in Art. 5 anordnet, dass die Grob- und Feinerschliessung der für den Wohnungsbau bestimmten Bauzonen entsprechend dem Bedarf in angemessenen Etappen innerhalb von 10 bis 15 Jahren durchzuführen sei. Mit dieser bundesrechtlichen Ordnung ist eine kantonale Vorschrift, gemäss welcher in die nach dem Bedarf von 15 Jahren zu bemessenden Bauzonen auch die Reservebauzonen einbezogen werden, deren Umwandlung in definitive Bauzonen von einem Beschluss des Stimmbürgers abhängt, unvereinbar. d) Aus der Bundesrechtswidrigkeit der erwähnten Regelung kann jedoch keineswegs hergeleitet werden, dass die bestehenden Reservezonen der Thurgauer Gemeinden den definitiven Bauzonen gleichzusetzen seien. Eine solche Folgerung kann von vornherein nicht gezogen werden für viel zu gross bemessene altrechtliche Reservezonen, die im Zeitpunkt ihrer Festsetzung nicht nach dem voraussichtlichen Bedarf der kommenden 15 Jahre bemessen wurden. Im Gegensatz zur Reservezone des gemäss dem Thurgauer Baugesetz und dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz revidierten Zonenplanes von Ermatingen handelt es sich bei der hier in Frage stehenden Reservezone von Tägerwilen um eine altrechtliche, den Raumplanungsgrundsätzen nicht entsprechende Anordnung. Es ergibt sich dies bereits daraus, dass das Baugebiet von Tägerwilen bei der Revision des Zonenplanes nach der unbestrittenen Darstellung der Gemeinde um 52 ha reduziert wurde. Der nun revidierte Zonenplan stellt in Wirklichkeit der erste den Planungsgrundsätzen BGE 112 Ib 388 S. 393 des kantonalen und eidgenössischen Rechts entsprechende Nutzungsplan dar. Auch betraf die in Frage stehende Reservezone des neuen Rechts in Ermatingen ein im Ortskern gelegenes Gebiet, während im hier zu beurteilenden Fall die altrechtliche, offensichtlich viel zu gross bemessene Reservezone von Tägerwilen am Rande des Gemeindegebietes gelegenes landwirtschaftlich genutztes Areal betrifft. Die vom Bundesgericht im genannten Entscheid festgestellte Bundesrechtswidrigkeit hat einzig zur Folge, dass der Thurgauer Gesetzgeber anzuordnen hat, die definitiven Bauzonen müssten nach dem voraussichtlichen Bedarf von 15 Jahren bemessen werden. Für einen weitergehenden Bedarf können auf Grund von Art. 18 Abs. 2 RPG Reservezonen festgelegt werden, in denen im Sinne der Baugebietsetappierung die bauliche Nutzung erst später zugelassen wird. e) Bei dieser Rechtslage hat das Verwaltungsgericht mit Recht gefolgert, dass im Zeitpunkt der Genehmigung des revidierten Zonenplanes eine Überbauung des der Landwirtschaftszone zugewiesenen Abschnittes der Parzelle Nr. 262 rechtlich unzulässig war. Die auch dem Bundesgericht bekannte frühere Praxis einzelner Thurgauer Gemeinden, in den Reservezonen Bauten zuzulassen, auch wenn gemäss § 21 Abs. 1 BauG kein Anspruch auf Erteilung einer Baubewilligung besteht, ändert hieran nichts. Im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichts im erwähnten Urteil vom 11. Dezember 1985 i.S. Gemeinde Amriswil kann diese Praxis allenfalls auf voll erschlossenem Land für Bauten in Frage kommen, welche die geordnete bauliche Entwicklung nicht behindern. Einer solchen Praxis steht auch das Urteil des Bundesgerichts vom 30. April 1986 i.S. Silberschmidt gegen Gemeinde Ermatingen nicht entgegen. Bezieht sie sich auf Reservebauzonen, die dem Begriff des Baugebietes gemäss § 16 des Thurgauer Baugesetzes entsprechen, also auf Zonen, welche nur Land umfassen, das innert 10 bis 15 Jahren für eine Überbauung benötigt wird, so vermöchte wohl diese Praxis sogar die festgestellte Bundesrechtswidrigkeit der gesetzlichen Regelung zu mildern. Wie es sich damit verhält, ist jedoch nicht zu prüfen. Entscheidend ist, dass die Thurgauer Gemeinden auf Grund des Bundesrechts verpflichtet sind, bei der Anpassung ihrer Zonenpläne an die Anforderungen des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes ihre allenfalls zu gross bemessenen Reservezonen in dem Umfang, als sie - wie dies auch das Thurgauer Baugesetz verlangt -innert BGE 112 Ib 388 S. 394 15 Jahren nach dem Grundsatz der geordneten baulichen Entwicklung für eine Überbauung benötigt werden, der definitiven Bauzone zuzuschlagen. Unter dem Gesichtspunkt der hier zu beurteilenden Frage der Entschädigungspflicht könnte der erwähnten Praxis der Thurgauer Gemeinden nur dann wesentliche Bedeutung zukommen, wenn auf einer in eine solche Reservebauzone eingewiesenen Parzelle, die voll erschlossen ist und für deren Überbauung die Gemeinde eine Bewilligung in Aussicht gestellt hat, nachträglich durch Anordnung einer Bauverbotszone das Bauen verhindert wird, wie dies in der vom Bundesgericht am 4. Dezember 1984 beurteilten Sache der Ortsgemeinde Warth gegen H. St. zutraf (E. 4, S. 12 ff. des Urteils, nicht publ.). Im vorliegenden Falle hat jedoch die Gemeinde Tägerwilen den durch die Ländlistrasse erschlossenen Grundstücksteil im Halte von 930 m2, für welchen die Beschwerdeführerin im Jahre 1982 auch Perimeterbeiträge zu bezahlen hatte, in die definitive Bauzone einbezogen. Der Landwirtschaftszone zugewiesen wurde einzig die Restfläche der Parzelle, welche - wie sich aus den eingereichten Situationsplänen ergibt - Teil des Gebietes Loostampfi/Ländli bildet, das aus den Parzellen Nrn. 922, 262, 263 und 994 besteht und im Hinblick auf eine allfällige bauliche Nutzung eine Einheit bildet, die im Rahmen einer Quartierplanung mit Landumlegung und Feinerschliessung der geordneten Überbauung zugeführt werden müsste. Solange diese baurechtlichen Voraussetzungen nicht geschaffen sind, fehlt dem Areal die Baureife im Sinne von § 74 des Thurgauer Baugesetzes. Der Beschwerdeführerin ist dies wohl selbst klar, bestätigt sie doch auch in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sie habe stets erklärt, sie würde eine Quartierplanungspflicht nicht nur akzeptieren, sondern sogar begrüssen. f) Es kann sich daher nur fragen, ob besondere Umstände vorlagen, die den Einbezug des in Frage stehenden Areals in die definitive Bauzone geboten hätten. Hievon kann nicht die Rede sein. Die altrechtliche, viel zu gross bemessene Reservezone kann keiner Bauzone gleichgesetzt werden, welche nach dem voraussichtlichen Bedarf innert 15 Jahren für eine Überbauung benötigt wird. Sie vermag daher auch nicht das Vertrauen zu begründen, das betreffende Gebiet werde in naher Zukunft der definitiven Bauzone zugewiesen, so dass die Beschwerdeführerin mit der baldigen Überbauung ihrer Parzelle mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte rechnen dürfen (vgl. BGE 108 Ib 349 E. 4d). Eine solche BGE 112 Ib 388 S. 395 Annahme lag auch deshalb nicht nahe, weil das für den früheren Zonenplan massgebende Baureglement der Gemeinde Tägerwilen vom Juni 1965 ausdrücklich anordnete, Neubauten dürften nur auf baureifen Grundstücken erstellt werden und Baureife setze unter anderem voraus, dass ein rechtsgültiger Bebauungs- oder Gestaltungsplan vorliege, dass Grösse und Form des Grundstücks eine Überbauung erlaubten und dass eine allenfalls nötige Baulandumlegung nicht erschwert werde (Art. 4). Ausserdem bestimmte Art. 3 des Reglementes, Bauten ausserhalb der definitiven Zonen hätten keinen Anspruch darauf, an die öffentliche Kanalisation sowie an das Wasser-, Gas- und Elektrizitätsnetz angeschlossen zu werden. Irgendwelche Zusicherungen für eine Überbauung wurden der Beschwerdeführerin nicht erteilt. Auch hat sie bisher für die Projektierung keine ins Gewicht fallenden Kosten aufgewendet, um den fraglichen Parzellenteil der Überbauung zuzuführen. Der Perimeterbeitrag, den sie für den erst in den Jahren 1980 bis 1982 erfolgten Ausbau der Ländlistrasse mit den Basiserschliessungsanlagen für die Kanalisation und die Wasserversorgung geleistet hat, bezieht sich lediglich auf den an diese Strasse anstossenden Abschnitt, welcher überbaut werden kann. g) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, eine Überbauung des in Frage stehenden Abschnittes der Parzelle Nr. 262 sei im Zeitpunkt der Genehmigung des revidierten Zonenplanes durch den Regierungsrat aus rechtlichen Gründen unzulässig gewesen. Bei dieser Rechtslage kommt den weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin über die Möglichkeit der Feinerschliessung des Areals Loostampfi/Ländli keine entscheidende Bedeutung zu. Die Beschwerdeführerin hat keine Schritte unternommen, um ein Quartierplanverfahren herbeizuführen. Auch wäre die Gemeinde nicht verpflichtet gewesen, in der Reservezone auf einen solchen Antrag einzutreten. Die Beschwerdeführerin konnte daher nicht mit der Realisierbarkeit einer Überbauung in naher Zukunft rechnen ( BGE 110 Ib 34 E. 4a mit Verweisung). Nach dem Gesagten bedeutete es keine Verletzung von Bundesrecht, wenn das Verwaltungsgericht zum Schluss gelangte, die Beschwerdeführerin werde durch die Einweisung des grössten Teils ihrer Parzelle Nr. 262 in die Landwirtschaftszone nicht enteignungsähnlich betroffen und könne daher keine Entschädigung BGE 112 Ib 388 S. 396 geltend machen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
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nan
de
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CH
Federation
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Urteilskopf 118 Ib 90 12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Januar 1992 i.S. Eidgenössisches Departement des Innern gegen Schweizerische Skischule Davos und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Regeste Forstpolizei; Rodungsbewilligung; Zuständigkeit. 1. Zuständigkeit für die Bewilligung von Rodungen im Schutzwaldgebiet: Art. 50 Abs. 2 FPolG , Art. 25bis Abs. 1 lit. a und Art. 25ter FPolV (E. 2). 2. Begriff des "gleichen Werkes" i.S. von Art. 25ter FPolV allgemein (E. 2c) und bei touristischen Transportanlagen und Skipisten im besonderen (E. 3). 3. Der Skilift, für den die Rodung im vorliegenden Fall anbegehrt wurde, gehört zum gleichen Werk wie die beiden benachbarten Skilifte und die verschiedenen damit erreichbaren Pisten (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 118 Ib 90 S. 90 A.- Die Skischule Davos betreibt den im Jahre 1971 erstellten Skilift Geissloch in Davos Platz. Die Talstation des Liftes befand BGE 118 Ib 90 S. 91 sich bis zum Ende der Skisaison 1990/91 auf der Parzelle Nr. 6151, welche seit 1977 zur Bauzone gehört und 1991 mit einem Mehrfamilienhaus überbaut wurde. Die Bergstation (Abbügelstelle) befand sich im Waldesinnern im Bereich eines Spazierweges, der 1988/89 durch eine etwas unterhalb verlaufende Waldstrasse ersetzt wurde. Durch die Überbauung der Parzelle Nr. 6151 und den Bau der Waldstrasse wurde der Betrieb des Skiliftes eingeengt. Insbesondere bei der Talstation gab es Konflikte zwischen der baulichen Nutzung einerseits und der Pisten- und Skiliftbenutzung andererseits. Sie wurden dadurch verschärft, dass die dort entlang dem Landwasser verlaufende Langlaufloipe wegen der erwähnten Überbauung in den Bereich der Talstation des Skiliftes verschoben wurde. Die Skischule Davos sah sich durch diese Entwicklung gezwungen, die Talstation um rund 70 m weiter nach Süden, in Richtung des Skiliftes Bolgen, zu verschieben. Die Bergstation des rund 310 m langen neuen Skiliftes, der rund 150 m im Waldareal verlaufen soll, ist auf der Waldstrasse, rund 20 m neben der bisherigen Abbügelstelle vorgesehen. Die Wiederaufforstung für die nötige Rodung einer Waldschneise für den neuen Skilift soll teils in der Schneise des alten Liftes vorgenommen werden. Im Sommer 1991 wurde der alte Geissloch-Lift abgebrochen. Am 17. Juni 1991 bzw. 3. Juli 1991 erhielt die Skischule Davos die Bau- und Betriebsbewilligung für den neuen Skilift respektive die Ausnahmebewilligung für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen. B.- Am 30. September 1990 stellte die Skischule Davos ein Gesuch um Rodung von 1472 m2 Schutzwald für den Bau des neuen Skiliftes Geissloch. Bereits für den Bau des alten Skiliftes waren seinerzeit 800 m2 Wald beansprucht worden, was am 4. Oktober 1971 bewilligt worden war. Sodann hatte der Ski-Club Davos am 22. Dezember 1977 vom Eidgenössischen Oberforstinspektorat die Bewilligung zur Rodung von 4800 m2 Wald für die Verlängerung des Hanges für die internationale Slalompiste, welche den FIS-Normen entsprechen und die Durchführung grösserer Sportanlässe erlauben sollte, erhalten. Hingegen hatte das Bundesamt für Forstwesen mit Entscheid vom 26. März 1987 der Skischule Davos die Rodung von 550 m2 Wald im "Bolgen" verweigert, welche der Verbesserung des Ski- und Übungsgeländes hätte dienen sollen. Die Regierung des Kantons Graubünden hielt sich aufgrund des eidgenössischen Forstpolizeirechts für die Rodungsbewilligung zuständig und erteilte sie mit Entscheid vom 9. Juli 1991. BGE 118 Ib 90 S. 92 C.- Mit Eingabe vom 23. August 1991 führte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) gegen den Beschluss der Regierung des Kantons Graubünden vom 9. Juli 1991 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, und machte insbesondere geltend, wegen des Zusammenhanges der fraglichen Rodung mit früher erteilten Rodungen, welche zum "gleichen Werk" zu zählen seien, sei für die Rodungsbewilligung nicht der Kanton Graubünden, sondern das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) zuständig. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) In erster Linie macht der Beschwerdeführer geltend, die Zuständigkeitsordnung für die Rodungsbewilligung gemäss Forstpolizeirecht sei verletzt worden. Damit stellt er sinngemäss den Antrag, die Streitsache sei zur materiellen Behandlung des Rodungsgesuches zuständigkeitshalber an das BUWAL zu überweisen. Darüber muss vorweg entschieden werden, da der angefochtene Entscheid aufgehoben werden müsste, wenn dieses Vorbringen begründet wäre ( BGE 106 Ib 145 E. 5; BGE 99 Ib 502 E. 2), und die Akten zum materiellen Entscheid der zuständigen Bundesbehörde zu überweisen wären (vgl. BGE 115 Ib 364 ; BGE 107 Ib 253 ). Für den Rodungsentscheid kann es wesentlich sein, ob die zuständige kantonale oder eidgenössische Behörde als erste Instanz urteilt (vgl. BGE 113 Ib 405 E. 3a), auch wenn gegen die Entscheide beider Behörden letztlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist ( Art. 25bis Abs. 3 FPolV ). 2. a) Gemäss Art. 31 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (FPolG) bedürfen alle Rodungen in Schutzwaldungen der Bewilligung des Bundesrates. Indessen delegierte der Bundesrat bereits mit einem Kreisschreiben vom 24. Dezember 1909 die Kompetenz, Rodungen bis 30 a in Schutzwaldungen zu bewilligen, an die Kantone (BBl 1910 I 20). Am 18. März 1971 wurde das Forstpolizeigesetz revidiert und ein neuer Art. 50 Abs. 2 eingefügt, welcher für die Delegation der Bewilligungskompetenz eine definitive Rechtsgrundlage enthält (AS 1971 1190; BBl 1970 I 494 ff. Botschaft). Danach wird der Bundesrat ermächtigt, einzelne, ihm aufgrund des Gesetzes zustehende Befugnisse ganz oder teilweise auf die Kantone zu übertragen, wobei die Delegationsmöglichkeit für BGE 118 Ib 90 S. 93 Rodungsbewilligungen im Schutzwaldgebiet auf die Fläche von 30 a im Einzelfall eingeschränkt ist. In der Folge machte der Bundesrat von dieser Delegationsmöglichkeit Gebrauch, indem er mit Beschluss vom 25. August 1971, in Kraft seit 1. September 1971, die Art. 25bis und 25ter in die Forstpolizeiverordnung einfügte (AS 1971 1192). Gemäss Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV sind die Kantone für Rodungsbewilligungen im Schutzwald von einer Fläche bis und mit 30 a zuständig ( Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV ). Art. 25ter FPolV sah ursprünglich vor, dass zur Ermittlung der für die Zuständigkeit zur Erteilung von Bewilligungen massgeblichen Rodungsflächen alle Rodungen zusammenzuzählen sind, welche a) innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vom gleichen Eigentümer, b) vom gleichen oder verschiedenen Eigentümern im selben zusammenhängenden Waldstück, und c) für das gleiche Werk, unabhängig von den territorialen und eigentumsrechtlichen Verhältnissen anbegehrt werden. Mit einer Änderung der Forstpolizeiverordnung vom 9. Dezember 1985 wurden die Buchstaben a und b von Art. 25ter FPolV gestrichen (AS 1985 2022). b) Welche Rodungen "für das gleiche Werk anbegehrt werden", muss sich aus Art. 25bis Abs. 1 lit. a und Art. 25ter FPolV selber ergeben. Die Bestimmungen sind gleichzeitig erlassen worden und müssen als Einheit betrachtet werden: Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV überträgt den Kantonen eine flächenmässig bestimmte Kompetenz, Art. 25ter FPolV soll die Umgehung der flächenmässigen Bestimmung der Zuständigkeit verhindern ( BGE 113 Ib 151 , 406; BGE 99 Ib 194 , 503 E. 3), ohne die delegierte Befugnis selber auszuhöhlen. Die Umgehung der Kompetenzordnung kann dazu führen, dass kantonale und eidgenössische Behörden über zusammenhängende Rodungen entscheiden, wobei die später entscheidende Behörde ihre Auffassung nicht frei bilden kann, sondern zur Vermeidung von widersprüchlichen und rechtsungleichen Ergebnissen gezwungen ist ( BGE 99 Ib 503 E. 3). c) Die ursprüngliche Fassung von Art. 25ter FPolV zeigte deutlich, dass die Kompetenzdelegation "im Einzelfall" ( Art. 50 Abs. 2 FPolG ) nicht auf einzelne Bewilligungsverfahren beschränkt ist, sondern eben gerade zwei oder mehrere, durch den Eigentümer (lit. a), das Waldstück (lit. b) oder das gleiche Werk (lit. c) zusammenhängende Gesuche umfassen kann (vgl. BGE 99 Ib 504 ). Seit der teilweisen Aufhebung von Art. 25ter FPolV ergibt sich das nur noch aus dem Begriff des "gleichen Werks" (frühere lit. c). BGE 118 Ib 90 S. 94 Als "Werke" gelten Projekte, Bauten oder Anlagen, die eine Verminderung des Waldareals oder eine dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung von Waldboden zur Folge haben ( Art. 25 Abs. 1 FPolV ; vgl. BBl 1988 III S. 192). Ein Werk kann aus einer einzigen Baute oder Anlage bestehen (vgl. BGE 113 Ib 148 ff.), aber auch eine Mehrzahl solcher umfassen, wenn sie in erheblichem Zusammenhang zueinander stehen (vgl. BGE 108 Ib 167 ff.; BGE 106 Ib 144 E. 5; 99 Ib 500 ff.), eben zum "gleichen" Werk gehören (z.B. Strassen, Wasserkraftwerke). Das "Werk" kann Rodungen an verschiedenen Orten (vgl. BGE 113 Ib 403 ff.; 108 Ib 178 f.) und zu verschiedenen Zeiten (vgl. BGE 99 Ib 504 ) nötig machen, verschiedene Waldgebiete betreffen und auch über das Waldareal hinausgehen (vgl. BGE 113 Ib 403 ff.). Alle Rodungen, die durch den Zweck eines solchen Werks bedingt sind, müssen zusammengezählt werden, selbst wenn ihr Zusammenhang nur formal ist ( BGE 113 Ib 406 ). Der Zusammenhang zwischen den anbegehrten Rodungen kann auch durch die einheitliche Rechtsgrundlage (Verordnung, Plan etc.) gegeben ( BGE 99 Ib 501 ff.; vgl. BGE 113 Ib 403 ff. und BGE 108 Ib 178 f.) oder funktionaler Art sein ( BGE 115 Ib 364 f. E. 5b; BGE 106 Ib 144 E. 5). Der Begriff des "gleichen Werks" ist somit nicht eng auszulegen ( BGE 115 Ib 364 E. 5a; vgl. BGE 113 Ib 151 E. 2c). d) Auch der Ausdruck "anbegehrt" ist formell auszulegen: Nur dann, wenn eine bereits erteilte Bewilligung durch Zeitablauf untergegangen ist und die entsprechenden Rodungen überhaupt nicht vorgenommen wurden, ist sie bei der Berechnung der Rodungsfläche für das gleiche Werk in einem späteren Verfahren nicht zu berücksichtigen, da in einem solchen Fall eine Umgehung von Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV nicht zu befürchten ist ( BGE 113 Ib 151 f. E. 2c, 406; vgl. BBl 1988 III 192: Botschaft Waldgesetz; vgl. Art. 7 Abs. 2 des Vernehmlassungsentwurfs für die neue Waldverordnung). e) Alle anderen anbegehrten Rodungen sind grundsätzlich in die Berechnung der Rodungsfläche im Sinne von Art. 25ter FPolV einzubeziehen. Die geltende Fassung des eidgenössischen Forstpolizeirechts sieht namentlich keine zeitliche Grenze vor, welche dies für zurückliegende Rodungen ausschliessen würde. Da Art. 25ter FPolV erst seit rund 20 Jahren in Kraft steht und auch die jüngste bundesgerichtliche Rechtsprechung davon ausging, dass keine zeitliche Grenze besteht (vgl. BGE 115 Ib 363 ), hat das Bundesgericht heute keinen Anlass zu prüfen, ob sich in Auslegung der Bestimmung eine zeitliche Schranke aufdränge, auch wenn das Inkrafttreten des neuen Waldgesetzes und der neuen Waldverordnung bevorsteht, BGE 118 Ib 90 S. 95 wobei die Verordnung nach Art. 7 des Vernehmlassungsentwurfs für den Einbezug von Rodungsflächen eine Begrenzung der Zeitspanne auf 15 Jahre, innert welcher die Rodungen für das gleiche Werk anbegehrt wurden, enthalten soll. Indessen ergibt sich aus der Einfügung von Art. 25ter FPolV im Jahre 1971 in die bereits bestehende Ordnung eine intertemporalrechtliche Grenze. In BGE 99 Ib 194 E. 2 bestimmte das Bundesgericht in Anwendung von Art. 25ter lit. b FPolV , dass bei der Prüfung der Zuständigkeit nur die Rodungsflächen einzubeziehen sind, welche nach dem Inkrafttreten von Art. 25ter FPolV am 1. September 1971 anbegehrt wurden (bestätigt in BGE 99 Ib 503 f.). f) Die beiden massgebenden Kriterien der Zuständigkeit für die Rodungsbewilligung sind somit das Werk und die Waldfläche, die für dieses gesamthaft zu roden ist. Keine Bedeutung haben die territorialen und eigentumsrechtlichen Verhältnisse ( Art. 25ter FPolV ), also auch nicht die Zahl und Grösse der betroffenen Parzellen. Ebensowenig hängt die Zuständigkeitsfrage von der Person des Gesuchstellers, seiner Tätigkeit, dem Benutzerkreis des Werkes oder vom Vorhandensein von weiteren, am Werk oder der Rodung Interessierten ab. 3. Touristische Transportanlagen (insbesondere Skilifte, Sessellifte) und Skipiste, welche Waldareal beanspruchen, sind klarerweise "Werke" im Sinne von Art. 25ter FPolV (vgl. BGE 113 Ib 411 ff.). Sicher ist ferner, dass ein Skilift und die einzige ihm dienende Skipiste wegen ihres funktionalen Zusammenhangs zum gleichen Werk gehören ( BGE 115 Ib 364 f. E. 5b). Das "gleiche Werk" auf eine solche einzige Piste zu beschränken widerspräche jedoch sowohl dem Zweck von Art. 25ter FPolV als auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, für die eine kommunale Güterregulierung ( BGE 113 Ib 406 E. 3b) und die sukzessive Gewinnung von Bauland nach einem Reglement der Bürgergemeinde ( BGE 99 Ib 504 ) je ein "gleiches Werk" im Sinne von Art. 25ter FPolV darstellen. Es macht sachlich keinen Unterschied, ob eine Transportanlage lediglich eine oder zugleich mehrere Skipisten erschliesst; sie bilden alle zusammen ein gleiches Werk. Nichts anderes ergibt sich aus dem erwähnten BGE 115 Ib 363 ff.: Der Skilift erschloss lediglich eine einzige markierte Piste, weshalb zwischen Lift und Piste ein besonders enger Zusammenhang bestand. Aufgrund dieser seltenen Situation lag ein eindeutiger Fall von einem "gleichen Werk" vor. Mehr kann dem Hinweis auf den "engen" Zusammenhang nicht entnommen werden, BGE 118 Ib 90 S. 96 schon gar nicht, dass lediglich eine Piste notwendigerweise zu einer Bergbahn gehöre, die anderen Abfahrtsmöglichkeiten also von vornherein nicht zum "gleichen Werk" zu zählen seien. Darüber hinaus kann auch ein System von mehreren Transportanlagen, welche eine oder mehrere Pisten erschliessen, zum gleichen Werk im Sinne von Art. 25ter FPolV gehören. Augenfällig ist das, wenn eine einzelne Bergbahn vom Tal aus einen oder mehrere Skihänge an einem Berg erschliesst, wo sich ein System von Skiliften befindet, das nur dank der Bergbahn überhaupt erreicht werden kann; die Skilifte sind dann von der Bergbahn abhängig, haben wie die dazugehörenden Pisten nur dank der Bergbahn eine Funktion und damit Existenzgrundlage. Ein genügender Zusammenhang zwischen verschiedenen Transportanlagen und Pisten braucht hingegen nicht schon aufgrund eines Richt- oder Nutzungsplans erblickt zu werden, der ein Skigebiet ausscheidet. Ebensowenig liegt überall ein funktionaler Zusammenhang vor, wo sich dem Skifahrer die Möglichkeit bietet, Abfahrten unter Benützung spezifischer Transportmittel aneinanderzureihen. Denkt man an die touristischen Bahnen, welche grössere Skigebiete untereinander verbinden, oder gar an die Bahn- und Busverbindungen im Tal, die zum gleichen Zweck extra eingerichtet werden, so dürfte bei der Annahme des gleichen Werkes eher Zurückhaltung angebracht sein. Andernfalls bliebe den Kantonen im Gebiet mit bedeutenden Skistationen wohl kaum mehr je die Zuständigkeit zur Bewilligung von Rodungen für den Skitourismus. 4. a) Im vorliegenden Fall wurden seit dem 1. September 1971 die Rodung von 4800 m2 für den Slalomhang (Gesuch vom 2. August 1977) und - aktuell - von 1472 m2 für den neuen Skilift Geissloch (Gesuch vom 30. September 1990) anbegehrt. Aus den Akten geht nicht mit Sicherheit hervor, ob auch die Rodung von 800 m2 für den alten Geisslochskilift, welche am 4. Oktober 1971 bewilligt wurde, nach dem 1. September 1971 anbegehrt worden ist. Die Frage kann jedoch, wie sich nachstehend zeigen wird, offenbleiben. Das Gesuch vom 21. März 1986 für die Rodung von 550 m2 zur Verbesserung des Ski- und Übungsgeländes, welches am 26. März 1987 abgelehnt wurde, fällt dagegen ausser Betracht; was für eine erteilte, aber durch Zeitablauf untergegangene Bewilligung gilt, die überhaupt nicht vorgenommen wurde, muss erst recht für eine verweigerte Rodung gelten, da in diesem Fall ohnehin keine Gefahr der Umgehung von Art. 25bis Abs. 1 lit. a FPolV zu befürchten ist (vgl. BGE 113 Ib 151 f. E. 2c, 406). BGE 118 Ib 90 S. 97 b) Der Geisslochskilift gliedert sich in den untersten Teil eines grösseren Pistensystems ein, das durch die Luftseilbahn Brämabüel-Jakobshorn und durch die Sesselbahn Carjöl-Usser Isch vom Tal erschlossen ist und eine grössere Anzahl von Skiliften umfasst, mit welchen die verschiedenen Pisten abwechselnd erreicht werden können. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass der neue Geisslochlift diesbezüglich zu einem gleichen Werk im Sinne von Art. 25ter gehört. Er bildet nicht in gleichem Masse Teil dieses Liftsystems wie andere, in den offenen Berghang oberhalb der Waldgrenze führende oder dort angelegte Transportanlagen. Er hat eine besondere Funktion, da seine Benützer auf den Pisten unterhalb des Waldes wieder den Ausgangspunkt erreichen und auf diesen Pisten nur in untergeordnetem Masse Skifahrer aus den höheren Teilen des Skigebiets ins Tal fahren, um anschliessend den Geisslochlift zu benützen. Zur Hauptsache dient dieser Lift Skifahrern (Anfängern, weniger Sportlichen und vor allem Kindern), die sich nur dort, in Dorfnähe, tummeln. Das zeigt unter anderem der beträchtliche Anteil der Einnahmen des letzten Betriebsjahres, der auf den Verkauf von Billetten und besonderen Abonnementen an einer eigenen Kasse entfiel. Daneben wird er von der Skischule wohl für die ersten Lektionen oder auch die ersten Fahrten mit Anfänger- und Kinderklassen benützt, bevor sie in der Folge mit der Luftseilbahn die höheren Skihänge aufsuchen. Hingegen ist der Geisslochskilift als Teil des gleichen Werks zu betrachten, zu dem auch die Skilifte Bolgen und Carjöl samt den verschiedenen durch sie erschlossenen Pisten gehören. Die drei Lifte liegen am gleichen Hang und haben ihren Ausgangspunkt relativ nahe beisammen auf etwa derselben Höhe im Talgrund. Die Skifahrer haben die Möglichkeit, auf dem präparierten Pistennetz von der Bergstation des einen Liftes die Talstation eines anderen Liftes zu erreichen. Das ergibt sich nicht bloss aufgrund der topographischen Verhältnisse, sondern auch aus der Begründung des 1986 abgelehnten Rodungsgesuchs, wo die Beschwerdegegnerin den ganzen Hang unterhalb des Bolgenwalds einschliesslich der Slalomschneise als ein Skigelände darstellt. Der relativ grosse Anteil an Einnahmen des Geisslochskiliftes aus der Beteiligung an Abonnementen für ein weiteres Transportmittelnetz zeigt, dass es sich dabei nicht um eine bloss theoretische Möglichkeit handelt, sondern der Lift zumindest auch von Skifahrern benützt wird, welche die Berechtigung zur Benützung der Nachbarlifts ebenfalls erworben haben. BGE 118 Ib 90 S. 98 c) Zu prüfen ist deshalb, ob auch der FIS-Slalomhang Bolgen, dessen Rodung 1977 anbegehrt und bewilligt und in der Folge grossenteils auch ausgeführt worden ist, zum gleichen Werk wie die Lifte Geissloch, Bolgen und Carjöl gehört. Der obere Teil dieses Hanges ist vom Geisslochlift und vom Bolgenlift her durch eine Querfahrt und einen Aufstieg zu erreichen; einfacher ist das vom Geisslochlift aus. Vom Berg her führt lediglich eine Abfahrt im Wald von der mit einer Luftseilbahn erschlossenen Ischalp zum Slalomhang herab. Der untere Teil des Slalomhanges hingegen ist in das Pistensystem Bolgen-Geissloch einbezogen; auch er kann vom Geisslochlift her besser erreicht werden als vom Bolgenlift aus. Entsprechend wurde der Zusammenhang zwischen Slalomhang und den beiden Skiliften von deren Betreibern in früheren Verfahren herausgestrichen, nämlich im Bewilligungsverfahren für den Slalomhang und in demjenigen von 1986/87, wo es um die Rodung einer Fläche von 550 m2 im "Bolgen" ging. Mit dem Bau der neuen Waldstrasse 1988/89, auf deren Trassee die neue obere Abbügelstelle des Geisslochliftes eingerichtet werden soll, wurde eine direkte Pistenverbindung in den unteren Bereich der für den Slalomhang bewilligten Rodungsfläche hergestellt, denn die Waldstrasse fällt von der neuen Abbügelstelle her zu beiden Seiten gegen die Skipisten ab, welche zurück zur Talstation des Geisslochliftes oder des Bolgenliftes führen. Das vom Geisslochlift erreichbare Pistensystem wurde damit gegen den Slalomhang hin bedeutend verbessert und dieser so mit dem Geisslochlift stärker verbunden. Aus diesen Gründen liegt es nahe, die Rodung von 4800 m2 für den FIS-Slalomhang als für das gleiche Werk anbegehrt zu betrachten, zu dem auch der Skilift Geissloch gehört. d) Sodann gehören zum gleichen Pistensystem, das mit dem Geisslochskilift und den beiden anderen Liften am Bolgenhang ein gleiches Werk bildet, die im Wald angelegten Abfahrten auf der 1988/89 gebauten neuen Waldstrasse. Ob diese für die Zwecke der Waldwirtschaft optimal angelegt wurde, worüber sich die Parteien nicht einig sind, kann dahingestellt bleiben. Sicher ist, dass sie in idealer Weise von der oberen Abbügelstelle des neuen Geisslochliftes aus die Verbindungen zu den Pisten herstellt, welche beidseits des Liftes zur Talstation führen, vor allem in südlicher Richtung. Ob die Pisten auf der Waldstrasse mit Maschinen präpariert werden oder allein durch die Benützung der zahlreichen Skifahrer entstehen, ist dabei nicht entscheidend. BGE 118 Ib 90 S. 99 Die Benützung der Waldstrasse als Skipiste steht mit dem alten und erst recht mit dem neuen Geisslochskilift in engstem Zusammenhang. Das Bundesamt für Forstwesen stimmte ihrer Anlage denn auch 1987 (nach Begehung mit den kantonalen Forstbehörden) mit der ausdrücklichen Bemerkung zu, dass zur Minimisierung der Eingriffe ein Zusammenlegen der beiden Nutzungen sinnvoll sei, künftige Verbreiterungen aus skitouristischen Gründen jedoch von vornherein abgelehnt werden müssten. Zwar fügte das Bundesamt damals bei, der Bau der Waldstrasse stelle seines Erachtens keinen Rodungstatbestand dar. Indessen ist aus heutiger Sicht nicht gewiss, dass dies auch für die tatsächlich gebaute Strassenanlage gilt, die nach den Feststellungen am Augenschein nicht so geführt ist, wie die Pläne in den Akten, z.B. der Plan für die streitige Rodung, zeigen. Die Auffassung, wonach der Bau der Waldstrasse keiner Rodung bedürfe, mag zwar vertretbar sein, wenn man den Bau der Waldstrasse isoliert betrachtet. Sie geht jedoch völlig darüber hinweg, dass die Anlage der Abfahrtspisten als jeweils vorübergehende Zweckentfremdung von Waldareal ( Art. 25 Abs. 1 FPolV ) einer Rodungsbewilligung bedarf, ebenso wie die Anlage des (im Rodungsplan enthaltenen) oberen Abbügelplatzes. Die Beschwerdegegnerin als Betreiberin des Skiliftes wird diese Rodung noch anbegehren müssen, falls ihr die Rodungsbewilligung für den neuen Lift erteilt wird. Auch wenn diese unvermeidlich voraussehbare Rodungsfläche nicht Gegenstand des Begehrens der Beschwerdegegnerin bildete und die Beschwerdeführerin sie nicht zum Gegenstand ihrer Beschwerde gemacht hat, ist auch sie in die für die Bestimmung der Zuständigkeit massgebliche Rodungsfläche einzubeziehen ( Art. 114 Abs. 1 2 . Halbsatz OG). Sie wurde weder ausgemessen noch von den Parteien beziffert, dürfte wohl aber zusammen mit der anbegehrten Rodungsfläche 30 a ausmachen. e) Rechnet man die derart ermittelten Rodungsflächen zusammen, so ergibt sich, dass die Fläche von 30 a, welche in der Zuständigkeit des Kantons gelegen wäre, jedenfalls überschritten ist. Somit war der Kanton Graubünden für die anbegehrte Rodung von 1472 m2 Wald aufgrund der für das gleiche Werk bereits anbegehrten Rodungen nicht zuständig.
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Urteilskopf 103 Ib 50 11. Auszug aus dem Urteil vom 18. März 1977 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz gegen Burgergemeinde von Venthône und Staatsrat des Kantons Wallis
Regeste Rodungsbewilligung. Die in Art. 26 Abs. 3 FPolV aufgestellte Richtlinie, wonach finanzielle Interessen nicht als gewichtiges Bedürfnis gelten, ist auch für die Beurteilung von Rodungsgesuchen öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu beachten. Dass ein Gemeinwesen für ein bedeutendes, im öffentlichen Interesse liegendes Werk Mittel benötigt und mit der Finanzierung auf dem ordentlichen Weg Mühe hat, stellt keinen ausreichenden Grund dar, um eine Rodung zu bewilligen, die den Verkauf von Bauland ermöglichen sowie aus dessen Erlös die Finanzierung des Werkes sichern soll (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 103 Ib 50 S. 50 Der Staatsrat des Kantons Wallis hat der Burgergemeinde von Venthône die Bewilligung erteilt, von dem ihr gehörenden BGE 103 Ib 50 S. 51 Wald eine Fläche von 2910 m2 zwecks Schaffung von Bauplätzen für Ferienhäuser zu roden. Der Erlös aus dem Verkauf des zu rodenden Waldgrundstückes soll die Finanzierung der dringend notwendigen Renovationsarbeiten am Schloss von Venthône ermöglichen. Der Schweizerische Bund für Naturschutz reicht gegen die erteilte Rodungsbewilligung Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein und verlangt deren Aufhebung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt die angefochtene Verfügung auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Gemäss Art. 26 FPolV dürfen Rodungen nur bewilligt werden, wenn sich hiefür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt. a) Ein solches Bedürfnis kann namentlich anerkannt werden, wenn das geplante Werk auf den vorgesehenen Standort im bisher bewaldeten Gebiet angewiesen ist. Ferienhäuser sind an sich - im Gegensatz zu Hochspannungsleitungen, Eisenbahnlinien oder Skipisten - überhaupt nicht standortgebunden. Die Rodung zur Schaffung von Bauland wurde bisher nur ganz ausnahmsweise als zulässig betrachtet, und zwar in Gemeinden mit sehr hohem Waldanteil an der Gesamtfläche und keiner andern Möglichkeit zu einer gewissen baulichen Entwicklung; dabei wurde stets verlangt, dass dieses Bedürfnis zur Beanspruchung von Wald durch die Ortsplanung überzeugend nachgewiesen sei. Zur Förderung des Tourismus in einer bestimmten Ortschaft oder Region wurden Rodungen bewilligt, sofern sich das konkrete Projekt auf Gesamtstudien stützen konnte, aus denen hervorging, dass das geplante Werk für die lokale Entwicklung von grosser Bedeutung sein konnte ( BGE 98 Ib 499 E. 7; BGE 96 I 506 E. 4). Im vorliegenden Fall wird nicht behauptet, die vorgesehene Schaffung von Bauplätzen für Ferienhäuser dränge sich aus planerischen Gründen auf, weil nicht genügend Bauland zur Verfügung stehe, sodass für diesen Zweck eine gewisse Waldfläche im Interesse einer vernünftigen Entwicklung geopfert werden sollte. Es wird auch nicht geltend gemacht, die vorgesehene Überbauung wäre für den Tourismus von entscheidender Bedeutung. Eine solche Argumentation könnte angesichts des Entwicklungsstandes von Montana-Vermala auch kaum BGE 103 Ib 50 S. 52 stichhaltig sein. Eine Standortgebundenheit, auch eine relative Standortgebundenheit im weitesten Sinne (z.B. Notwendigkeit der Baulandbeschaffung in der Gemeinde oder Region), ist somit nicht nachgewiesen. Die Überlegung, die Burgergemeinde als Waldeigentümerin brauche Geld für die Schlossrestauration und habe nur gerade an dieser Stelle ihres Grundeigentums die Möglichkeit, Bauland abzutreten, führt nicht zu einer Standortgebundenheit im Sinne von Art. 26 Abs. 3 FPolV , so wenig wie die Argumentation eines privaten Waldeigentümers, er könne das für seine Familie zweckmässige Einfamilienhaus nur bauen, wenn ihm eine Rodung auf seinem Grundstück bewilligt werde. b) Zwischen der in Frage stehenden Rodung und der Erhaltung des Schlosses Venthône besteht kein räumlicher oder sachlicher, sondern ausschliesslich ein finanzieller Zusammenhang. Die Burgergemeinde möchte durch Verkauf von Bauplätzen Geldmittel beschaffen, um ihren Beitrag an die Restauration des Schlosses leisten zu können. Die in Art. 26 Abs. 3 FPolV aufgestellte Richtlinie, wonach finanzielle Interessen nicht als gewichtiges Bedürfnis gelten, ist selbstverständlich auch für die Beurteilung von Rodungsgesuchen öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu beachten. Dass ein Gemeinwesen für bedeutende, im öffentlichen Interesse liegende Werke - wie Strassen, Schulhäuser, Kanalisation usw. - Mittel braucht und mit der Finanzierung auf dem ordentlichen Weg Mühe hat, kann an sich kein Grund sein, durch Bewilligung einer Rodung den Verkauf von Bauland zu ermöglichen. Würde man diese Grundsatzfrage anders entscheiden, so wäre das Walderhaltungsgebot in weitem Masse in Frage gestellt; denn für die Gemeinden und Bürgergemeinden als Waldeigentümer wäre die Versuchung doch recht gross, bedeutende Bauvorhaben mindestens teilweise durch Rodung von wenig ertragreichem Wald zu finanzieren. Wäre es zulässig, das öffentliche Interesse an einem konkreten Vorhaben dem Interesse an der Erhaltung von ein paar Aren Wald gegenüberzustellen, so müsste wohl die grossräumig konzipierte, auf lange Frist angelegte Walderhaltung gegenüber einem nachgewiesenen akuten Bedürfnis meistens unterliegen. Das entspräche dem klaren Zweck des Forstpolizeirechts nicht. Zudem würden auf diesem Wege die öffentlichrechtlichen Körperschaften gegenüber den privaten Waldeigentümern BGE 103 Ib 50 S. 53 in einer stossenden Weise privilegiert. Während der Private seinen Wald erhalten muss und nicht zur Beschaffung von flüssigen Mitteln roden darf, müssten die Gemeinwesen sich nicht im selben Mass an das Walderhaltungsgebot halten, sondern könnten zu Finanzierungszwecken Rodungsbewilligungen bekommen. c) Der Staatsrat des Kantons Wallis hat denn auch richtigerweise sich zur Begründung des angefochtenen Entscheides nicht in allgemeiner Form auf eine solche Möglichkeit der Finanzierung öffentlicher Aufgaben durch Rodung berufen. Er glaubt aber, der besondere Fall der Erhaltung des Schlosses Venthône vermöge die erteilte Rodungsbewilligung zu rechtfertigen. Die Erhaltung eines schützenswerten historischen Baudenkmals ist rechtlich gesehen eine öffentliche Aufgabe wie irgendeine andere. Dass deren Erfüllung über den Kreis der Gemeinde hinaus von kantonalem oder nationalem Interesse ist, kommt allenfalls durch Subventionen von Bund und Kanton zum Ausdruck. Aus grundsätzlichen Erwägungen ist wegen der Konsequenzen für die gesamte Forstpolizei die Überlegung abzulehnen, eine Rodung dürfe zur Beschaffung finanzieller Mittel bewilligt werden, wenn der Erlös für die Erfüllung einer solchen dringlichen öffentlichen Aufgabe bestimmt sei. Der Wald darf nicht in diesem Sinn als finanzielle Reserve betrachtet werden. d) Ob allenfalls in Extremfällen - etwa bei einer Gemeinde, die sich in einer finanziellen Notlage befindet und die Erhaltung eines ihr gehörenden wertvollen Bauwerks nur durch eine Waldrodung zu finanzieren vermag - ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis anerkannt werden dürfte, kann hier offen bleiben. Abgesehen davon, dass Beiträge von Bund und Kanton solche Situationen zeitlicher und sachlicher Dringlichkeit weitgehend vermeiden sollten, lässt sich nämlich im vorliegenden Fall aufgrund der Akten nicht annehmen, die Erhaltung des Schlosses Venthône sei nur möglich, wenn die Rodung bewilligt werde. Dass das Schloss einer gründlichen baulichen Erneuerung bedarf, war offenbar schon seit Jahren bekannt. Die Kosten der vorgesehenen Arbeiten belaufen sich nach Voranschlag auf Fr. 956'000.--. Dadurch soll das Gebäude in einen für die BGE 103 Ib 50 S. 54 Verwaltung brauchbaren Zustand versetzt werden. An diese Gesamtkosten bezahlen der Kanton und die politische Gemeinde nach den nicht bestrittenen Angaben des Beschwerdeführers zusammen Fr. 500'000.--. Die Bundessubvention beträgt 45% der subventionsberechtigten Kosten. Subventionsberechtigt ist, was der Erhaltung des Baudenkmals dient; nicht subventioniert werden Einrichtungen für die bessere Benützbarkeit. Wenn keine besonders kostspieligen Einrichtungen in der Gesamtsumme enthalten sind, dürfte die Bundessubvention mindestens Fr. 300'000.-- bis Fr. 400'000.-- betragen. Der noch ungesicherte Restbetrag der Finanzierung kann somit kaum sehr bedeutend sein. Auf jeden Fall ist der Nachweis keineswegs erbracht, dass ohne die Rodung die Erhaltung des Bauwerks gefährdet wäre. Der Bund ist zwar mit der Gewährung und Auszahlung seiner Subventionen immer etwas im Rückstand und wartet meistens die Vollendung der Restauration ab. In dringenden Fällen sind aber vorherige Zahlungen möglich. Obschon durchaus glaubhaft ist, dass es der Burgergemeinde Venthône nicht leicht fällt, einen angemessenen Beitrag an die Restauration zu leisten, so ist doch die Erhaltung des Bauwerks finanziell soweit gesichert und nicht von der Rodung abhängig. Durch die angefochtene Rodung soll nicht einer eigentlichen finanziellen Notlage gesteuert werden, die nicht auf andere Weise zu meistern wäre und den baulichen Zerfall des Schlosses zur Folge haben müsste; vielmehr will der Staatsrat mit der Rodungsbewilligung die Restfinanzierung auf einem einfachen Weg ermöglichen. Damit verletzt er jedoch das Forstpolizeirecht des Bundes.
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Urteilskopf 103 Ia 284 48. Extrait de l'arrêt du 23 février 1977 dans la cause Bettin et consorts contre Fribourg, Grand Conseil et Conseil d'Etat
Regeste Kant. Finanzreferendum. Neue oder gebundene Ausgaben; ausserordentliche Ausgaben, Begriff. Finanzielle Beteiligung eines Kantons an dem von einem Eisenbahnunternehmen durchgeführten technischen Ausbau.
Sachverhalt ab Seite 284 BGE 103 Ia 284 S. 284 Par décret du 20 novembre 1974, le Grand Conseil du canton de Fribourg a adopté le programme d'amélioration technique des transports publics fribourgeois, proposé par le Conseil d'Etat et devisé à 37'436'000 francs, dont 70% - soit 26'205'200 francs - seraient pris en charge par la Confédération. Il a dès lors voté un crédit d'engagement de 11'230'800 francs pour le financement de la part cantonale à l'aide technique accordée à la Compagnie des chemins de fer fribourgeois (en abrégé: Compagnie GFM) et prescrit que les BGE 103 Ia 284 S. 285 crédits de paiements seraient portés aux budgets des années 1975 à 1982. L'art. 6 du décret dispose: "Le Conseil d'Etat est chargé de l'exécution du présent décret qui n'a pas de portée générale. La procédure du référendum financier est ouverte à concurrence de 2'150'150 fr., représentant la part du canton aux dépenses qui, sans être absolument nécessaires au maintien des services actuels, sont cependant indispensables pour assurer une exploitation rationnelle..." Le délai de référendum n'ayant pas été utilisé, le Conseil d'Etat a promulgué le décret le 24 décembre 1974. Saisi de deux recours de droit public formés par des citoyens fribourgeois et tendant à l'annulation du décret du 20 novembre 1974, tout au moins en tant qu'il n'aurait pas été soumis à la votation populaire en vertu de l' art. 28bis al. 3 Cst. frib., le Tribunal fédéral les a rejetés. Erwägungen Extrait des motifs: 2. L'institution du référendum financier est régie, dans le canton de Fribourg, par les al. 2 et 3 de l' art. 28bis Cst. cant. - adoptés respectivement en 1948 et en 1972 - ainsi conçus: "Toute loi ou décret entraînant une dépense extrabudgétaire de plus de 500'000 fr. doit être soumis à la votation populaire, à la demande d'un quart des députés ou de 6000 citoyens. Toute loi ou décret entraînant une dépense extrabudgétaire de 3'000'000 de francs (trois millions) et plus doit être soumis à la votation populaire." Dans un arrêt de 1974 relatif à ces mêmes dispositions, le Tribunal fédéral a admis que l'on peut considérer comme extrabudgétaires les dépenses qui ne peuvent pas être supportées par un seul exercice et doivent être amorties par annuités budgétaires ( ATF 100 Ia 369 consid. 2 b). Cette interprétation, fondée sur la loi financière du 15 novembre 1960 (LF), n'est pas remise en cause par les parties. D'autre part, le Tribunal fédéral a également admis que seules les dépenses nouvelles doivent être soumises au référendum financier, à l'exclusion des dépenses liées, alors même que ni la constitution, ni la loi sur l'exercice des droits politiques, du 15 juillet 1966 (LEDP), ne le disent expressément... ( ATF 100 Ia 370 consid. 3a et la jurisprudence citée; cf. aussi ATF 101 Ia 133 ). BGE 103 Ia 284 S. 286 Les autorités cantonales n'étaient donc tenues de soumettre au vote populaire le décret du 20 novembre 1974 que s'il entraînait, pour 3 millions de francs au moins, une dépense extrabudgétaire nouvelle; elles ne l'étaient pas si et dans la mesure où il s'agissait d'une dépense liée... 4. Les auteurs du premier recours soutiennent qu'en droit fribourgeois des dépenses extrabudgétaires ne peuvent jamais être des dépenses liées. On ne saurait les suivre sur ce point. a) Le fait qu'une dépense n'ait pas été incluse dans un budget annuel ou que les travaux qu'elle doit financer s'étendent sur plusieurs années et doivent dès lors être supportés par plusieurs budgets annuels successifs n'a pas pour effet d'en faire nécessairement une dépense nouvelle. Rechercher si la dépense est budgétaire ou extrabudgétaire, c'est examiner si elle a pu être incluse entièrement dans un budget annuel ou si, au contraire, elle en dépasse les forces et le cadre. Rechercher si une dépense est nouvelle ou liée, c'est examiner si l'Etat est tenu d'effectuer la dépense parce qu'il ne peut se soustraire à l'exécution de la tâche à financer, étant donné la nature de cette tâche et les obligations légales de l'Etat à ce sujet. Le fait que l'Etat soit tenu d'exécuter une tâche et doive financer de ce fait une dépense liée ne lui interdit pas de répartir la dépense sur plusieurs exercices annuels. Si la Constitution fribourgeoise, à l'instar d'autres constitutions cantonales, ne contient pas de dispositions prévoyant expressément que seules les dépenses nouvelles - et non les dépenses liées - ouvrent la voie au référendum financier, il convient de rappeler que la jurisprudence du Tribunal fédéral sur ce point est ancienne et qu'elle était donc connue au moment où l' art. 28bis al. 3 Cst. frib. a été adopté par le peuple en 1972. b) Il est vrai que la jurisprudence assimile en général les dépenses "extraordinaires" aux dépenses nouvelles ( ATF 95 I 529 ; cf. ESCHER, Das Finanzreferendum in den schweizerischen Kantonen, thèse Zurich 1943, p. 94; GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, p. 531 n. 31) et que le texte allemand de l' art. 28bis al. 3 Cst. frib. (comme celui de l'al. 2) parle de "ausserordentliche Ausgabe"; il n'en demeure pas moins qu'en droit fribourgeois le terme de "dépenses extrabudgétaires" vise non pas la nature des dépenses, mais leur relation avec le budget et les comptes, soit avec le système financier du canton (cf. ATF 100 Ia 369 consid. 2 b; cf. aussi, BGE 103 Ia 284 S. 287 dans le même sens, l' art. 27 al. 1 ch. 2 Cst. Vaud., ATF 101 Ia 356 ss; ESCHER, op.cit., p. 19 ss). Le fait qu'une dépense soit qualifiée d'"extrabudgétaire" n'entraîne donc pas nécessairement qu'elle soit nouvelle au sens de la jurisprudence du Tribunal fédéral. 5. Dans son arrêt relatif aux crédits pour les routes votés par le Grand Conseil fribourgeois, le Tribunal fédéral a admis que les dépenses relatives à l'entretien des routes devaient être considérées comme des dépenses liées, car elles doivent nécessairement être effectuées par l'administration en exécution des obligations qui incombent à l'Etat; lorsque, en revanche, les travaux prévus vont au-delà du simple entretien et concernent soit la construction de nouvelles routes, soit la correction ou la réfection complète des routes existantes, il s'agit de dépenses nouvelles qui, dans la pratique fribourgeoise, ont toujours été soumises au référendum financier facultatif avant l'introduction, en 1972, du référendum financier obligatoire (art. 28bis al. 3), de sorte que depuis cette introduction il y a lieu de les soumettre au référendum obligatoire lorsqu'elles atteignent le montant de 3 millions de francs ( ATF 100 Ia 371 ss). Le décret attaqué en l'espèce concerne des dépenses relatives aux transports publics (réseaux des chemins de fer et des autobus). Si ce cas présente une certaine analogie avec celui de l'arrêt précité, il s'en écarte cependant en ce sens que, contrairement à ce qui était le cas pour les routes, les travaux projetés en l'espèce ne doivent pas être effectués par l'Etat, mais par une société anonyme, la Compagnie GFM, et les crédits votés sont destinés au subventionnement de cette compagnie. Les dépenses en cause n'en devront pas moins être considérées comme des dépenses liées si, d'une part, elles sont indispensables à l'entretien du réseau de la compagnie et si, d'autre part, l'Etat a l'obligation absolue de les prendre en charge en vertu de la législation fédérale ou cantonale, ou en vue de l'accomplissement de ses tâches normales. Il s'agira au contraire de dépenses nouvelles si et dans la mesure où elles ne sont pas indispensables au maintien de la situation actuelle, mais tendent au développement des prestations fournies par les transports, dans la mesure également où elles ne doivent pas être affectées à la réalisation de tâches incombant normalement à l'Etat.
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Urteilskopf 139 V 99 14. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons St. Gallen gegen B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_971/2012 vom 13. Februar 2013
Regeste Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ; Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; Art. 29 Abs. 1 BV ; nicht wieder gutzumachender Nachteil durch eine nach BGE 137 V 210 E. 4 S. 258 nicht gerechtfertigte Rückweisung? Der Entscheid einer Beschwerdeinstanz, die Sache zur weiteren medizinischen Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen, ist vor Bundesgericht regelmässig nicht anfechtbar (Beantwortung der in BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 in fine S. 265 offengelassenen Frage).
Sachverhalt ab Seite 99 BGE 139 V 99 S. 99 B. erhob gegen einen abschlägigen Rentenentscheid der IV-Stelle des Kantons St. Gallen (nachfolgend: IV-Stelle) vom 16. September 2010 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung der Arbeitsfähigkeit und zur neuen Verfügung an die Verwaltung zurück; die bei den Akten liegenden MEDAS-Gutachten aus den Jahren 2004 und 2010 seien nicht BGE 139 V 99 S. 100 schlüssig, der medizinische Sachverhalt sei mithin unzureichend abgeklärt (Entscheid vom 20. November 2012). Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses ein Gerichtsgutachten einhole. Die I. und die II. sozialrechtliche Abteilung haben zur folgenden Rechtsfrage ein Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG durchgeführt: "Nicht wieder gutzumachender Nachteil durch eine nach BGE 137 V 210 E. 4 S. 258 nicht gerechtfertigte Rückweisung?: Der Entscheid der Beschwerdeinstanz, die Sache zur weiteren medizinischen Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen, ist vor Bundesgericht regelmässig nicht anfechtbar. Stimmen die betroffenen Abteilungen dieser Schliessung der in BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 in fine S. 265 offen gelassenen Frage zu?" Die beiden sozialrechtlichen Abteilungen haben die Rechtsfrage einstimmig bejaht. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerdeinstanz holt in der Regel ein Gerichtsgutachten ein, wenn sie im Rahmen der Beweiswürdigung zum Schluss kommt, ein bereits erhobener medizinischer Sachverhalt müsse (insgesamt oder in wesentlichen Teilen) noch gutachtlich geklärt werden oder eine Administrativexpertise sei in einem rechtserheblichen Punkt nicht beweiskräftig. Eine Rückweisung an die IV-Stelle bleibt hingegen möglich, wenn es darum geht, zu einer bisher vollständig ungeklärten Frage ein Gutachten einzuholen. Ebenso steht es dem Versicherungsgericht frei, eine Sache zurückzuweisen, wenn allein eine Klarstellung, Präzisierung oder Ergänzung von gutachterlichen Ausführungen erforderlich ist ( BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 S. 264). 1.2 Die beschwerdeführende IV-Stelle macht geltend, im vorliegenden Fall gehe es weder darum, eine bisher vollständig ungeklärte Frage zu beantworten, noch sei einzig eine Präzisierung oder Ergänzung von gutachterlichen Ausführungen nötig. Ausserhalb dieser Konstellationen sei das kantonale Gericht nicht befugt, die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen. Damit leide der angefochtene Rückweisungsentscheid offensichtlich an einem Rechtsmangel. BGE 139 V 99 S. 101 1.3 Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Endentscheide; Art. 90 BGG ). Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid ( BGE 133 V 477 S. 481 f. E. 4.2 und 5.1), gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ein Zwischenentscheid bleibt im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt ( Art. 93 Abs. 3 BGG ). 1.4 Der Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ohne weiteres ausser Betracht. Derweil kann ein Rückweisungsentscheid der beschwerdeführenden IV-Stelle einmal dann einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ), wenn er materiellrechtliche Anordnungen enthält, welche ihren Beurteilungsspielraum wesentlich einschränken, ohne dass sie die ihres Erachtens rechtswidrige neue Verfügung selber anfechten könnte ( BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483; SVR 2012 AHV Nr. 15 S. 55, 9C_171/2012 E. 3.3.1). Dies trifft hier aber nicht zu. Zu prüfen bleibt somit, ob eine ungerechtfertigte Rückweisung aus Sicht der IV-Stelle andere nachteilige Konsequenzen haben kann, die sich im Rahmen einer Anfechtung des Endentscheids ( Art. 93 Abs. 3 BGG ) letztinstanzlich nicht gänzlich beseitigen lassen (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382). 2. 2.1 Die (im durch BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 [oben E. 1.1] definierten Umfang bestehende) Verpflichtung der Beschwerdeinstanzen, Gerichtsgutachten einzuholen, dient aus Sicht der versicherten Person zunächst der Fairness des Verfahrens (vgl. BGE 137 V 210 E. 4.2 S. 259); diese wiederum ist wesentliche Voraussetzung einer tragfähigen medizinischen Entscheidungsgrundlage (vgl. BGE 138 V 271 E. 1.2.1 und 1.2.2 S. 275 f.; BGE 137 V 210 E. 2.5 S. 241 mit Hinweisen). An einer solchen müssen versicherte Person und IV-Stelle gleichermassen ein Interesse haben. Zu bedenken ist dabei, dass die IV-Stelle nicht als Partei handelt, sondern als zur Neutralität und Objektivität verpflichtetes Organ des Gesetzesvollzuges, solange in der Sache kein Beschwerdeverfahren angehoben ist. Selbst nach BGE 139 V 99 S. 102 Eintritt der Rechtshängigkeit wird die Verwaltung zwar im prozessualen Sinne zur Partei; sie ist lite pendente indessen weiterhin der Objektivität verpflichtet und hat daher nicht auch im materiellen Sinn Parteieigenschaft ( BGE 136 V 376 E. 4.1.2 S. 378 mit Hinweisen). 2.2 In BGE 137 V 210 E. 3.4.2.7 S. 256 hat das Bundesgericht festgehalten, dass bei der Anordnung von Administrativgutachten ein nicht wieder gutzumachender Nachteil eintreten kann: "Für die Beurteilung des Merkmals des nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Kontext der Gutachtenanordnung ist an die oben (...) vorgenommene verfassungsbezogene Auslegung der Garantien für das Abklärungsverfahren anzuknüpfen. Auch hier fällt ins Gewicht, dass das Sachverständigengutachten im Rechtsmittelverfahren mit Blick auf die fachfremde Materie faktisch nur beschränkt überprüfbar ist. Mithin kommt es entscheidend darauf an, dass qualitätsbezogene Rahmenbedingungen (beispielsweise hinsichtlich der gutachterlichen Fachkompetenz; [...]) von Beginn weg durchgesetzt werden können (...). Greifen die Mitwirkungsrechte erst nachträglich - bei der Beweiswürdigung im Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren (...) -, so kann hieraus ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen, zumal im Anfechtungsstreitverfahren kein Anspruch auf Einholung von Gerichtsgutachten besteht. Hinzu kommt, dass die mit medizinischen Untersuchungen einhergehenden Belastungen zuweilen einen erheblichen Eingriff in die physische oder psychische Integrität bedeuten. Aus diesen Gründen sowie angesichts der geschilderten Merkmale der Vergabepraxis besteht ein gesteigertes Bedürfnis nach gerichtlichem Rechtsschutz. Daher ist im Rahmen einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung die Eintretensvoraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils für das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren zu bejahen, zumal die nicht sachgerechte Begutachtung in der Regel einen rechtlichen und nicht nur einen tatsächlichen Nachteil bewirken wird (...)." Diese Überlegungen sind im Kontext einer (ungerechtfertigten) Rückweisung sinngemäss massgebend. Somit droht hier prinzipiell derselbe Nachteil. Bei Streitigkeiten um die Anordnung von Administrativgutachten steht eine Beschwerdeinstanz zur Verfügung, deren Entscheid allerdings regelmässig nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden kann ( BGE 138 V 271 E. 3 S. 278). Im hiesigen Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine Anfechtungsmöglichkeit vor Bundesgericht vorgesehen werden muss, zumal dieses einzige mögliche Beschwerdeinstanz ist. 2.3 2.3.1 Holt eine Beschwerdeinstanz zu Unrecht kein Gerichtsgutachten ein und weist sie die Sache stattdessen an die IV-Stelle zurück, so beeinträchtigt dieses Vorgehen nach dem Gesagten die mit BGE 139 V 99 S. 103 BGE 137 V 210 E. 4 S. 258 verfolgte Zielsetzung. Die nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ausnahmsweise gegebene Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids steht indessen nur zur Diskussion, wenn ein effektiver Rechtsschutz ( Art. 6 Ziff. 1 EMRK , Art. 29 ff. BV ; BGE 138 V 271 E. 3.1 S. 278) nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann (vgl. BGE 138 V 271 E. 3.2 S. 278). Diese Anforderung ist erfüllt: Das Bundesgericht wird im Fall eines Weiterzugs des End entscheids prüfen, ob die Rückweisung an die Verwaltung gerechtfertigt war. Verneint es diese Frage, so kann es die Sache seinerseits an die erste Beschwerdeinstanz zurückweisen, damit diese ein Gerichtsgutachten einhole. Mit dieser Begründung ist das Bundesgericht in einer unfallversicherungsrechtlichen Angelegenheit auf die entsprechende Beschwerde einer Versicherten nicht eingetreten (SVR 2012 UV Nr. 19 S. 71, 8C_760/2011 E. 3). 2.3.2 Zur Beantwortung der Frage, in welchen Fällen so verfahren werden soll, ist sinngemäss auf die Rechtsprechung zurückzugreifen, wonach (in Übergangssituationen) ein nach altem Standard (das heisst noch ohne Gewährung der in BGE 137 V 210 statuierten Beteiligungsrechte) in Auftrag gegebenes Gutachten grundsätzlich zwar eine massgebende Entscheidungsgrundlage bildet. Das Manko wird jedoch bei der Beweiswürdigung berücksichtigt; ähnlich wie bei versicherungsinternen medizinischen Entscheidungsgrundlagen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.4-4.7 S. 469 ff.) genügen schon relativ geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der (verwaltungsexternen) ärztlichen Feststellungen, um eine (neue) Begutachtung anzuordnen (Urteile 9C_495/2012 vom 4. Oktober 2012 E. 2.2 und 2.3 sowie 9C_148/2012 vom 17. September 2012 E. 1.3 und 1.4; ferner SVR 2012 IV Nr. 32 S. 127, 9C_776/2010 E. 3.3 in fine; Urteile 9C_942/2011 vom 6. Juli 2012 E. 5.2 und 8C_360/2011 vom 13. Februar 2012 E. 4.2; vgl. auch BGE 137 V 210 E. 6 Ingress S. 266). Auf den hiesigen Kontext übertragen bedeutet dies, dass das Bundesgericht die Sache zwecks Einholung eines Gerichtsgutachtens an die erste Beschwerdeinstanz zurückweist, sobald der Beweiswert des nach einer ungerechtfertigten (vgl. oben E. 1.1) Rückweisung eingeholten Administrativgutachtens auch nur relativ geringfügig beeinträchtigt erscheint. 2.4 Die IV-Stellen tragen bei einer ungerechtfertigten Rückweisung (jedenfalls) einen zusätzlichen Abklärungsaufwand sowie (gegebenenfalls) das Risiko, dass das neu eingeholte Administrativgutachten letztlich wiederum nicht als genügende Beweisgrundlage angesehen BGE 139 V 99 S. 104 wird. Rein tatsächliche Nachteile wie eine Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens allein reichen nach gefestigter Rechtsprechung indessen nicht aus, um einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil anzunehmen ( BGE 137 III 380 E. 1.2.1 S. 382 mit Hinweisen). Darüber hinaus entsteht nach dem Gesagten kein irreversibler Nachteil. Somit entfällt die Möglichkeit einer Beschwerde an das Bundesgericht. Die bereits mit SVR 2012 UV Nr. 19 S. 71, 8C_760/2011 E. 3 in diesem Sinne gegebene Antwort auf die in BGE 137 V 210 E. 4.4.1.4 in fine S. 265 offengelassene Frage ist zu bestätigen. 2.5 Vom Grundsatz der Nichtanhandnahme direkter Beschwerden gegen ungerechtfertigte Rückweisungsentscheide wäre allenfalls eine Ausnahme zu machen, wenn sich inskünftig zeigen sollte, dass ein Gericht regelmässig entsprechend vorgeht (vgl. BGE 138 V 271 E. 4 S. 280).
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Urteilskopf 138 III 348 50. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre dame A. (recours en matière civile) 5A_540/2011 du 30 mars 2012
Regeste Art. 165 Abs. 2 ZGB ; angemessene Entschädigung. Voraussetzungen der Gewährung einer angemessenen Entschädigung an den Ehegatten, der aus seinem Einkommen oder Vermögen an den Unterhalt der Familie mehr beigetragen hat, als er verpflichtet war (E. 7.1.1 und 7.1.2). Berechnung des Betrags der Entschädigung (E. 7.1.3). Prüfung des vorliegenden Falls (E. 7.2-7.4).
Sachverhalt ab Seite 348 BGE 138 III 348 S. 348 A. A., né en 1965, et dame A., née en 1962, se sont mariés le 23 juin 1988 à Carouge. Ils ont adopté le régime de la séparation de biens par contrat de mariage du 26 mai 1988. Dame A. a acquis en 1991, pour 900'000 fr., un bien immobilier sis à X. et constituant le logement familial. Cette acquisition a été financée par un don de ses parents de 400'000 fr. ainsi que par une dette hypothécaire, à hauteur de 500'000 fr., contractée au nom des deux époux, en qualité de débiteurs solidaires. En lien avec le bien immobilier, propriété de son épouse, l'époux a allégué avoir consacré de nombreuses heures à des travaux d'établissement de plans et de rénovation. Il estime y avoir consacré environ 430 heures, correspondant à une rémunération de 34'640 fr., ainsi BGE 138 III 348 S. 349 qu'avoir pourvu à leur financement à hauteur de 165'660 fr. Il entend en outre participer à la plus-value acquise par l'immeuble à raison d'un tiers. B. Par acte déposé le 18 juin 2008, l'époux a formé une requête unilatérale en divorce auprès du Tribunal de première instance du canton de Genève. Par jugement du 15 avril 2010, le tribunal a prononcé la dissolution du mariage contracté par les parties. Il a entre autres dit que les époux avaient liquidé leurs rapports patrimoniaux et qu'ils n'avaient plus aucune prétention à faire valoir de ce chef. Par arrêt du 17 juin 2011, la Cour de justice du canton de Genève a réformé ce jugement en ce sens qu'elle a condamné l'épouse à verser au mari une somme de 40'000 fr. avec intérêt à 5 % dès le 18 juin 2008 à titre d'indemnité équitable au sens de l' art. 165 al. 2 CC . C. Le 30 mars 2012, le Tribunal fédéral a rejeté le recours formé par A. contre cet arrêt. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 7. (...) Le recourant invoque une violation de l' art. 165 al. 2 CC ainsi que des art. 9 Cst. et 4 CC en tant que l'autorité précédente ne lui a alloué qu'un montant de 40'000 fr. 7.1 7.1.1 Aux termes de l' art. 163 al. 1 CC , mari et femme contribuent, chacun selon ses facultés, à l'entretien convenable de la famille. Selon leur accord, cette contribution peut consister en des prestations en argent ( art. 163 al. 2 CC ). Celles-ci sont avant tout fournies par le produit du travail de l'un des époux ou des deux, voire du rendement de leur fortune. En vertu de leur devoir général d'assistance ( art. 159 al. 3 CC ), les conjoints peuvent également être contraints, dans des circonstances particulières, d'entamer leur capital dans l'intérêt du ménage ( ATF 134 III 581 consid. 3.3 et les références citées), sous réserve d'une éventuelle indemnité au sens de l' art. 165 al. 2 CC . En vertu de cette disposition, l'époux qui, par ses revenus ou sa fortune, a contribué à l'entretien de la famille dans une mesure notablement supérieure à ce qu'il devait a droit à une indemnité équitable. Ainsi que cela résulte clairement de son texte, l' art. 165 al. 2 CC ne vise que les contributions provenant des revenus ou de BGE 138 III 348 S. 350 la fortune d'un conjoint mais ne comprend pas le travail fourni par un époux dans l'amélioration et l'entretien du bien immobilier propriété de son conjoint (cf. arrêt 5C.137/2001 du 2 octobre 2001 consid. 3b/cc, in FamPra.ch 2002 p. 118 et les références citées). De son côté, l' art. 165 al. 1 CC ne s'applique qu'au travail fourni dans le cadre de la collaboration à la profession ou à l'entreprise du conjoint (même arrêt consid. 3b/bb). Les art. 163 ss CC , notamment l' art. 165 al. 2 CC , ressortissent aux dispositions générales du droit du mariage et sont ainsi applicables quel que soit le régime matrimonial adopté par les époux, en particulier en cas de séparation de biens, alors que l' art. 206 CC ne vaut que pour le régime de la participation aux acquêts. 7.1.2 Pour déterminer si une indemnité est due, il convient dans un premier temps de faire la part entre l'entretien normal au sens de l' art. 163 CC et les contributions extraordinaires de l' art. 165 al. 2 CC , la convention entre les époux concernant leurs contributions respectives constituant la base à cette détermination. A défaut d'accord entre les époux sur la répartition de leurs tâches, la mesure de l'apport pécuniaire s'apprécie selon les circonstances objectives existant au moment où celui-ci a été apporté, sans égard au fait que l'époux bénéficiaire était ou non conscient que la participation financière de son conjoint dépassait les devoirs imposés par le droit matrimonial. Il importe d'évaluer dans chaque cas la nature et l'ampleur de l'apport pécuniaire, en le mettant en rapport avec les autres prestations fournies comme contribution ordinaire aux charges du mariage. En l'absence de critères généraux applicables dans ce domaine, le juge statue en équité en se fondant sur les particularités importantes de l'espèce ( art. 4 CC ; arrêt 5A_290/2009 du 13 août 2009 consid. 3.2, in FamPra.ch 2009 p. 1065; cf. s'agissant de l' art. 165 al. 1 CC : ATF 120 II 280 consid. 6a; arrêts 5C.290/2006 du 9 mars 2007 consid. 2.1, in FamPra.ch 2007 p. 633; 5C.199/2005 du 12 octobre 2005 consid. 2.1, in FamPra.ch 2006 p. 125). La nature et la mesure concrètes de la participation financière ressortissent au domaine des faits; savoir si cette contribution est notablement supérieure aux obligations découlant des devoirs généraux du mariage est en revanche une question de droit, que le Tribunal fédéral peut revoir librement. Il s'impose toutefois une certaine retenue, compte tenu du pouvoir d'appréciation laissé au juge cantonal en la matière ( ATF 120 II 280 consid. 6a). BGE 138 III 348 S. 351 7.1.3 S'agissant du montant de l'indemnité, l'époux qui remplit les conditions de l' art. 165 al. 2 CC a droit non à la restitution des sommes versées mais à une indemnité équitable. Les critères de fixation sont pour la plupart les mêmes que ceux utilisés pour statuer sur l'existence du droit; mis à part la situation et les prestations de l'époux ayant droit à une indemnité, il s'agit surtout de la situation économique du conjoint et de la situation économique générale de la famille (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2009, n. 495 et 488; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 4 e éd. 1999, n os 36 et 23 ss ad art. 165 CC ; PICHONNAZ, in Commentaire romand, Code civil, vol. I, 2010, n os 42 et 23 ss ad art. 165 CC ; BRÄM/HASENBÖHLER, Zürcher Kommentar, 3 e éd. 1998, n os 51 ss ad art. 165 CC ). 7.2 La cour cantonale a considéré que seuls les investissements, à hauteur de 105'324 fr., effectués par le recourant en faveur du bien immobilier, propriété de son épouse, entraient en ligne de compte en application de l' art. 165 al. 2 CC . A cet égard, elle a constaté que les époux s'étaient consacrés au ménage et aux soins des enfants de manière plus ou moins égale, tant financièrement qu'en nature. Les dépenses du recourant ayant permis non seulement l'entretien de la demeure familiale mais également son amélioration et son aménagement, ce qui a profité à toute la famille, elle a considéré qu'elles consistaient en des contributions à l'entretien de la famille au sens large. Elle a ensuite relevé que le recourant ne disposait d'aucune fortune, que les investissements faits pour l'amélioration de l'immeuble avaient manifestement contribué à la plus-value acquise par celui-ci, laquelle ne profitait qu'à l'intimée en raison du régime de la séparation de biens adopté par les époux, et que le recourant n'avait pas beaucoup bénéficié de certains aménagements apportés puisque la séparation du couple était intervenue peu de temps après leur réalisation. La juridiction en a déduit que la contribution de 105'324 fr. pour l'amélioration et l'entretien du bien immobilier, propriété de l'épouse, devait être considérée comme notablement supérieure à l'entretien exigé par l' art. 163 CC . S'agissant de la fixation de l'indemnité allouée, elle a tenu compte de la durée de la vie commune, de l'ancienneté de certaines dépenses effectuées essentiellement pour des travaux d'entretien et non d'aménagement, ce qui justifie une réduction, et du montant de la fortune mobilière de l'intimée à hauteur de 260'000 fr., dont 217'000 fr. acquis par héritage. Elle en a conclu qu'une équitable indemnité de 40'000 fr. paraissait BGE 138 III 348 S. 352 proportionnée aux moyens de l'intimée et à l'importance de la contribution du recourant. 7.3 Le recourant reproche à la cour cantonale sa prise en compte des critères de fixation de l'indemnité et invoque une violation de l' art. 165 al. 2 CC , ainsi qu'une appréciation arbitraire des faits. A cet égard, il fait valoir plusieurs éléments, à savoir: qu'il a mobilisé la totalité de son temps libre et de ses revenus disponibles en faveur de la maison familiale; qu'il ne dispose, en conséquence, d'aucune fortune; que la fortune de l'intimée a été sous-estimée dès lors que la juridiction a ignoré son importante fortune immobilière; qu'il n'a que peu bénéficié de certains aménagements apportés à la maison familiale, la séparation étant intervenue peu de temps après leur réalisation; et que l'intimée profite seule de la plus-value. Par ailleurs, il se plaint de ce que l'autorité précédente a pris en compte des éléments dénués de pertinence, soit la durée de la vie commune et l'ancienneté de certaines dépenses effectuées essentiellement pour des travaux d'entretien. Sur ce point, il fait valoir que l'ancienneté des dépenses n'empêche pas leur influence décisive sur la plus-value et conteste que certaines dépenses aient été effectuées pour des travaux d'entretien. Il invoque également que certains critères essentiels n'ont pas été pris en compte, à savoir: son absence de fortune mobilière; l'importante fortune immobilière de l'intimée et les possibilités, en termes de liquidités, qui en découlent; ainsi que le fait que les revenus et le disponible de celle-ci sont plus élevés que les siens. Il en déduit que la décision entreprise heurte de manière flagrante le sentiment de justice et les principes dégagés de l'application de l' art. 4 CC , notamment en tant qu'elle ne détaille pas quelles dépenses consistaient essentiellement en des travaux d'entretien et s'inscrit en faux avec un arrêt récent du Tribunal fédéral concernant le partage d'une copropriété. 7.4 Le principe du droit à une indemnité au sens de l' art. 165 al. 2 CC n'est pas remis en cause; le recourant ne conteste pas non plus que seules entrent en considération les dépenses de 105'324 fr. effectuées. S'agissant de la fixation de l'indemnité, la cour cantonale a tenu compte de la plupart des éléments invoqués par le recourant puisque ce sont précisément ceux-ci qui l'ont conduite à en allouer une (cf. supra consid. 7.2). S'il est vrai que l'intimée dispose, en sus d'une fortune mobilière, d'une fortune immobilière et de revenus supérieurs à ceux du recourant, il y a lieu de rappeler que l'époux créancier n'a pas droit, en vertu de l' art. 165 al. 2 CC , à la BGE 138 III 348 S. 353 restitution des sommes versées mais à une indemnité équitable (cf. supra consid. 7.1.3). En tenant compte pour fixer le montant de celle-ci du fait que certaines dépenses ont été essentiellement effectuées pour des travaux d'entretien, la cour cantonale a estimé, même si elle ne l'indique pas expressément, que ceux-ci n'ont que peu, voire pas, impliqué de plus-value - ils ne donneraient notamment pas droit à la plus-value au sens de l' art. 206 CC (cf. Message du 11 juillet 1979 concernant la révision du code civil suisse [Effets généraux du mariage, régimes matrimoniaux et successions] FF 1979 II 1179, 1294 ch. 222.522) - et que leur financement n'excédait pas le devoir général d'entretien de l' art. 163 CC . En outre, contrairement à ce que prétend le recourant, l'ancienneté de certaines dépenses constitue un critère pertinent dès lors que, plus celles-ci ont été effectuées antérieurement à la séparation, plus le recourant a pu en bénéficier en nature durant la vie commune. Il s'ensuit que l'autorité cantonale n'a pas abusé de son pouvoir d'appréciation lorsqu'elle a arrêté le montant de l'indemnité équitable due au recourant pour les dépenses consenties en faveur de l'amélioration de la demeure familiale à 40'000 fr., à savoir plus ou moins le montant de la fortune mobilière de l'intimée, les fonds hérités mis à part. En tous les cas, les critiques du recourant ne parviennent pas à démontrer que les conditions d'une modification de la décision cantonale rendue en vertu d'un pouvoir d'appréciation seraient réunies en l'espèce. En particulier, lorsqu'il se plaint de ce que la juridiction précédente n'a pas indiqué quelles dépenses concernaient des travaux d'entretien, il perd de vue qu'en vertu des exigences de motivation (cf. consid. 2 non publié), il lui appartenait d'établir qu'il ressortirait des faits constatés en instance cantonale que toutes celles-ci avaient amélioré ou aménagé l'immeuble et que, en conséquence, elles excédaient toutes ce qu'exigeait sa contribution à l'entretien de la famille. Enfin, la jurisprudence, à laquelle se réfère le recourant, ne lui est d'aucune aide dès lors qu'elle concerne la liquidation d'une copropriété. Le grief doit ainsi être rejeté, pour autant qu'il soit recevable.
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Urteilskopf 135 III 574 83. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_306/2009 vom 25. Juni 2009
Regeste Kindesrückführung gemäss HKÜ; Hinterlegung des Reisepasses. Die Hinterlegung des Passes ist nicht nur während des Rückführungsverfahrens, sondern bis zum Vollzug der Rückführung eine zulässige Sicherungsmassnahme (E. 3). Sie muss jedoch im Einzelfall notwendig, geeignet und verhältnismässig sein (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 574 BGE 135 III 574 S. 574 Mit Urteil vom 16. April 2009 verpflichtete das Bundesgericht die Mutter, den in Verletzung einer amerikanischen gerichtlichen Verfügung widerrechtlich in der Schweiz zurückbehaltenen Sohn Z. gestützt auf das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ; SR 0.211.230.02) in die USA zurückzubringen, sobald gewisse Bedingungen (Garantien) seitens der USA erfüllt sind; diese sind momentan in Schwebe. BGE 135 III 574 S. 575 Im Anschluss an dieses Urteil sandte das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 21. April 2009 sowohl den Schweizer Pass des Kindes als auch den Pass der Mutter an diese zurück. Mit Bezug auf den Kinderpass erhob der Vater Beschwerde in Zivilsachen. Er verlangt, der Schweizer Pass des Kindes sei der Mutter erst herauszugeben, wenn die von den USA verlangten Garantien nicht erhältlich seien, wenn das Kind erfolgreich in die USA zurückgeführt sei oder wenn eine schriftliche Zustimmung beider Parteien zur Herausgabe des Passes vorliege. In ihrer Vernehmlassung vom 11. Mai 2009 verlangt die Mutter, das Gesuch sei abzuweisen bzw. als gegenstandslos zu erklären. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen und den Pass von Z. verwahren lassen. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Hinterlegung des Reisepasses des Kindes beim Gericht oder einer anderen geeigneten Behörde ist eine zulässige und verbreitete Sicherungsmassnahme im Zusammenhang mit dem Haager Rückführungsverfahren. Die Rechtsgrundlagen hierzu sind Art. 2 HKÜ und - der sich formell an die Zentralbehörde wendende, mutatis mutandis aber sogar verstärkt für die Gerichte geltende - Art. 7 Abs. 2 lit. b und h HKÜ. Unbestritten ist die Zulässigkeit der Sicherungsmassnahme während der Hängigkeit des Rückführungsverfahrens (aus der Literatur: JÖRG PIRRUNG, in: J. von Staudingers Kommentar zum BGB, 13. Aufl., Berlin 1994, N. 658 Vorbem. zu Art. 19 EGBGB; SCHMID, Neuere Entwicklungen im Bereich der internationalen Kindesentführungen, AJP 2002 S. 1337; aus der Rechtsprechung: Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 25. September 2005, in: ZR 2007 S. 34). Die potentielle Gefahr der Vereitelung der Rückführung ist aber nach Abschluss des materiellen Verfahrens nicht kleiner als während dessen Hängigkeit, im Gegenteil, steht doch mit dem rechtskräftigen Rückführungsurteil die Rückführungsverpflichtung definitiv fest. Die fortgesetzte Hinterlegung des Reisepasses bis zum Vollzug der Rückführung ist deshalb eine zweckmässige Massnahme, die nicht nur im Geist des HKÜ steht, sondern durch den Wortlaut von Art. 7 Abs. 2 lit. h HKÜ, der von geeigneten Vorkehrungen zur Gewährleistung der sicheren Rückgabe spricht, direkt abgedeckt ist (vgl. auch PIRRUNG, a.a.O., N. 664 Vorbem. zu Art. 19 EGBGB). BGE 135 III 574 S. 576 4. Es bleibt zu prüfen, ob die Einbehaltung des schweizerischen Reisepasses des Kindes im vorliegenden Einzelfall notwendig, geeignet und verhältnismässig ist. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass der Reisepass von Z. bereits während des Rückführungsverfahrens bei den Behörden hinterlegt war und diese Massnahme bislang nicht auf Widerstand gestossen ist. Unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit ergibt sich, dass die Beschwerdegegnerin in der Vernehmlassung im Rückführungsverfahren vor Bundesgericht auf einmal sehr starke generelle Bedenken gegen eine Rückkehr in die USA äusserte, dass sie in der Zwischenzeit aber bei der amerikanischen Botschaft das Gesuch für die verlangten Garantien bzw. einen anderen Visumstyp im Sinn des bundesgerichtlichen Rückführungsentscheides deponiert hat, was auf Kooperation schliessen lässt. Es bestehen denn auch keine konkreten Anhaltspunkte für ein Untertauchen bzw. einen Wegzug in ein anderes Land. Andererseits kann vom Beschwerdeführer nicht verlangt werden, dass er gewissermassen eine konkrete Fluchtgefahr der Gegenseite nachweist; vielmehr sind im Rahmen eines HKÜ-Verfahrens per se gewisse Sicherungsmassnahmen angezeigt. Mit Bezug auf die Eignung ist festzuhalten, dass zum einen die Rückgabeverpflichtung unter der Strafandrohung von Art. 292 StGB steht und zum anderen spätestens seit der Verwirklichung des Schengen-Raumes die Hinterlegung von Reisepapieren keine absolute Gewähr bietet, dass das rückzuführende Kind nicht in ein anderes Land verbracht wird; nichtsdestoweniger bleibt aber die Massnahme insofern zweckmässig, als ohne Reisepass jedenfalls ein dauerhaftes Verbleiben bzw. Niederlassen in einem Drittstaat erschwert ist. Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit der Massnahme kann festgehalten werden, dass es um das Einbehalten der Reisepapiere für die beschränkte Zeit bis zur Rückführung geht und im vorliegenden Fall Mutter wie Kind durch die Massnahme kaum beschwert sind: Die Beschwerdegegnerin hält in der vorliegenden Vernehmlassung selbst fest, dass sie nicht gedenke, in ein anderes Land zu reisen, und für die Einreise in die USA ist nach der unbestrittenen Darstellung des Beschwerdeführers lediglich der amerikanische Pass von Z. erforderlich bzw. gemäss US-amerikanischer Gesetzgebung überhaupt erlaubt. BGE 135 III 574 S. 577 Vor diesem Hintergrund erweist es sich als zweckmässig und verhältnismässig, den Schweizer Pass von Z. in dahingehender Gutheissung der Beschwerde einstweilen einzubehalten, sei es durch das Obergericht selbst, sei es durch eine vom Obergericht bezeichnete Behörde (erstinstanzliches Gericht, Vollstreckungsbehörde, etc.). Im Rückführungsfall kann der Pass beispielsweise durch die Flughafenpolizei ausgehändigt werden (vgl. HAUSER/URWYLER, Kindesentführungen, in: Rechtshilfe und Vollstreckung, 2004, S. 77). Sofort und direkt herauszugeben ist er selbstredend, wenn seitens der USA keine Garantien erhältlich sind, weil diesfalls die Rückführungsverpflichtung gemäss dem Bundesgerichtsurteil vom 16. April 2009 dahinfällt. Sodann kann der Pass jederzeit mit dem Einverständnis des Beschwerdeführers an die Beschwerdegegnerin ausgehändigt werden. Vorbehalten bleiben ferner weitere Herausgabegesuche infolge veränderter Situation.
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b4ffe287-214a-42fc-aaef-6567f9c3a724
Urteilskopf 138 IV 178 26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Reinhardt gegen Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach (Beschwerde in Strafsachen) 1B_205/2012 vom 18. Juni 2012
Regeste a Art. 15 Abs. 2, Art. 61 lit. a, Art. 307 Abs. 2 und 3 und Art. 312 Abs. 1 StPO ; Mitteilungspflicht der Polizei gegenüber der Staatsanwaltschaft im Strafuntersuchungsverfahren. Die Polizei hat der Staatsanwaltschaft die Identität der in eine Straftat involvierten Personen bekannt zu geben, soweit ihr diese bekannt ist. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen einen Polizeibeamten führt (E. 2.1-2.4). Regeste b Art. 149 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, c und e und Abs. 6 sowie Art. 150 Abs. 1, 2, 3 und 4 StPO; Zusicherung von Anonymität im Strafuntersuchungsverfahren. Sinn und Zweck der Zusicherung der Anonymität im Strafuntersuchungsverfahren ist die Geheimhaltung der Identität der betroffenen Person gegenüber Personen, die ihr Schaden zufügen könnten. Das Recht auf Anonymität besteht nicht gegenüber den Behörden wie etwa Staatsanwaltschaft und Gericht, sondern nur gegenüber denjenigen Personen, welche eine Gefährdung darstellen könnten (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 179 BGE 138 IV 178 S. 179 A. Am 30. August 2011 kam es (...) in Baden zu einem polizeilichen Zugriff durch die Sondereinheit "ARGUS" der Kantonspolizei Aargau, in dessen Verlauf nebst einem Tasereinsatz auch eine Schussabgabe durch einen Polizeibeamten erfolgte. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau wies gleichentags die gegen den Schützen zu eröffnende Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach zu, woraufhin die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten, drei weitere am Einsatz beteiligte Polizeibeamten als Zeugen sowie X. als Auskunftsperson einvernahm. Das Polizeikommando verweigerte der Staatsanwaltschaft die Bekanntgabe der Identität der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten. B. Die Staatsanwaltschaft sicherte der beschuldigten Person sowie den drei am Polizeieinsatz beteiligten Zeugen (...) Anonymität zu und unterbreitete dem Zwangsmassnahmengericht gleichentags einen Antrag auf Genehmigung der zugesicherten Anonymität. Das Zwangsmassnahmengericht trat (...) auf den Genehmigungsantrag nicht ein. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die BGE 138 IV 178 S. 180 Kantonspolizei die Identität der betroffenen Polizisten der Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt gegeben habe, womit weder ein Strafverfahren geführt noch über die Zusicherung der Anonymität entschieden werden könne. C. Mit Verfügung vom 21. Dezember 2011 verpflichtete die Staatsanwaltschaft Stephan Reinhardt, Kommandant der Kantonspolizei Aargau, ihr binnen zehn Tagen nach Rechtskraft die vollständigen Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten mitsamt konkreter Einsatzfunktion schriftlich bekannt zu geben. Eine von Stephan Reinhardt dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Aargau (...) ab, soweit es darauf eintrat. D. Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat Stephan Reinhardt (...) Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass er nicht verpflichtet sei, der Staatsanwaltschaft die Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten schriftlich bekannt zu geben. Eventualiter sei festzustellen, dass die Weigerung, der Staatsanwaltschaft die Personalien bekannt zu geben, gerechtfertigt sei. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Staatsanwaltschaft nimmt im strafprozessualen Verfahren bis zur Einstellung oder Anklageerhebung eine leitende Rolle ein ( Art. 61 lit. a StPO [SR 312.0]). Sie hat im Untersuchungsverfahren von Amtes wegen alle für die Beurteilung einer Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen abzuklären ( Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 308 Abs. 1 StPO ). Sie hat die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person abzuklären, sofern eine Anklage oder der Erlass eines Strafbefehls zu erwarten ist ( Art. 308 Abs. 2 StPO ). 2.2 Gemäss Art. 15 Abs. 2 sowie Art. 307 Abs. 2 StPO untersteht die Polizei bei der Ermittlung von Straftaten der Aufsicht und den Weisungen der Staatsanwaltschaft. Über ihre Feststellungen und die von ihr getroffenen Massnahmen hat die Polizei der Staatsanwaltschaft Bericht zu erstatten ( Art. 307 Abs. 3 StPO ). Sie kann davon BGE 138 IV 178 S. 181 nur absehen, wenn zu weiteren Verfahrensschritten der Staatsanwaltschaft offensichtlich kein Anlass besteht und keine Zwangsmassnahmen oder andere formalisierte Ermittlungshandlungen durchgeführt worden sind ( Art. 307 Abs. 4 StPO ). Die Staatsanwaltschaft kann die Polizei auch nach Eröffnung der Untersuchung mit ergänzenden Ermittlungen beauftragen. Sie erteilt ihr dazu grundsätzlich schriftliche Anweisungen, die sich auf konkret umschriebene Abklärungen beschränken ( Art. 312 Abs. 1 StPO ). 2.3 Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Polizei ihr bekannte Tatsachen, die bei der Ermittlung von Straftaten von Bedeutung sein können, der Staatsanwaltschaft grundsätzlich von sich aus mitzuteilen hat. Entsprechende Anfragen der Staatsanwaltschaft hat die Polizei angesichts der staatsanwaltlichen Weisungsbefugnis bei der Ermittlung von Straftaten zu beantworten. Insbesondere hat die Polizei der Staatsanwaltschaft auch die Identität der in eine Straftat involvierten Personen bekannt zu geben, soweit ihr diese bekannt ist. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen einen Polizeibeamten führt, wobei das kantonale Recht die Strafverfolgung der Mitglieder ihrer Vollziehungs- und Gerichtsbehörden wegen im Amt begangener Verbrechen oder Vergehen von der Ermächtigung einer Behörde abhängig machen kann ( Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO ). Vorbehalten bleiben sodann das Recht der beschuldigten Person bzw. einer Auskunftsperson, die Aussage zu verweigern (vgl. Art. 158 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 180 Abs. 1 StPO ) sowie die Zeugnisverweigerungsrechte gemäss Art. 168 ff. StPO . 2.4 Die von der Staatsanwaltschaft vom Beschwerdeführer verlangten Informationen, nämlich die Personalien der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten mitsamt konkreter Einsatzfunktion, sind für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Schussabgabe eines am Einsatz beteiligten Polizeibeamten zweifellos von Bedeutung. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Verfügung vom 21. Dezember 2011 in Aussicht gestellt hat, beabsichtigt sie, weitere Befragungen von Zeugen und Auskunftspersonen durchzuführen. Diese Ermittlungen würden zumindest erschwert, wenn ihr die verlangten Informationen nicht bekannt gegeben würden. Als Leiter des Polizeikorps ist der Beschwerdeführer somit grundsätzlich von Bundesrechts wegen verpflichtet, der Staatsanwaltschaft die verlangten, ihm bekannten Informationen herauszugeben. Daran ändert BGE 138 IV 178 S. 182 der Hinweis auf die ihm nach kantonalem Personalrecht obliegenden Fürsorgepflichten nichts. 3. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, das kantonale Recht verlange die Ermächtigung einer Behörde zur strafrechtlichen Verfolgung des betroffenen Polizeibeamten bzw. es fehle vorliegend an einer solchen Ermächtigung. Zu Recht macht er auch nicht geltend, dass er die Herausgabe der verlangten Informationen aufgrund eines strafprozessualen Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrechts verweigern dürfte. Er bringt aber (sinngemäss) vor, die am Einsatz beteiligten Polizeibeamten hätten gemäss Art. 149 StPO einen Anspruch auf Wahrung ihrer Anonymität im Strafverfahren und zwar auch gegenüber der Staatsanwaltschaft, weshalb er nicht verpflichtet werden könne, die verlangten Informationen bekannt zu geben. 3.1 Besteht Grund zur Annahme, ein Zeuge, eine Auskunftsperson, eine beschuldigte Person, eine sachverständige Person oder ein Übersetzer könnte durch die Mitwirkung im Verfahren sich oder eine Person, die mit ihr oder ihm in einem Verhältnis nach Art. 168 Abs. 1-3 StPO steht, einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben oder einem anderen schweren Nachteil aussetzen, so trifft die Verfahrensleitung auf Gesuch hin oder von Amtes wegen die geeigneten Schutzmassnahmen ( Art. 149 Abs. 1 StPO ). Unter anderem kann die Verfahrensleitung der zu schützenden Person die Anonymität zusichern ( Art. 149 Abs. 2 lit. a und Art. 150 Abs. 1 StPO ). Wurde der zu schützenden Person die Wahrung ihrer Anonymität zugesichert, so trifft die Verfahrensleitung die geeigneten Massnahmen, um Verwechslungen oder Vertauschungen zu verhindern ( Art. 149 Abs. 6 StPO ). Verfahrensleitende Behörde und somit zuständig für die Anordnung von Schutzmassnahmen ist bis zur Einstellung des Verfahrens oder zur Anklageerhebung die Staatsanwaltschaft ( Art. 61 lit. a StPO , Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts [im Folgenden: Botschaft StPO], BBl 2006 1085 ff., 1189 zu Art. 146 Abs. 1). Die Staatsanwaltschaft unterbreitet die von ihr gemachte Zusicherung innert 30 Tagen dem Zwangsmassnahmengericht zur Genehmigung ( Art. 150 Abs. 2 Satz 1 StPO ). Wird einer Person die Anonymität zugesichert, bedeutet dies, dass ihre Personalien im Verfahren nicht bekannt gegeben werden und ihre wahre Identität auch nicht in den Verfahrensakten erscheint. Typischerweise erscheint in den Akten nur eine Decknummer oder der Deckname der geschützten Person (Botschaft StPO, a.a.O., S. 1189 zu Art. 147). BGE 138 IV 178 S. 183 3.2 Der untersuchende Staatsanwalt hat der beschuldigten Person sowie drei am Polizeieinsatz beteiligten Zeugen in Anwendung von Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO Anonymität zugesichert. Die Frage, ob daran festzuhalten ist, wird das Zwangsmassnahmengericht zu beantworten haben ( Art. 150 Abs. 2 StPO ); sie ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Vorliegend zu beantworten ist nur die Frage, ob der Beschwerdeführer verpflichtet werden kann, der Staatsanwaltschaft die vollständigen Personalien sowie die konkrete Einsatzfunktion der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten schriftlich bekannt zu geben. Dass der Beschwerdeführer zur Herausgabe der verlangten Informationen grundsätzlich verpflichtet ist, wurde bereits ausgeführt (vgl. E. 2.1-2.4 hiervor). Zu prüfen bleibt, ob - wie er geltend macht - eine an einem Strafuntersuchungsverfahren beteiligte Person unter Umständen auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Anonymität beanspruchen kann und er gegebenenfalls deshalb die Herausgabe der verlangten Informationen verweigern darf. 3.2.1 Haben die Strafbehörden der zu schützenden Person Anonymität zugesichert, haben sie die geeigneten Massnahmen zu treffen, um Verwechslungen oder Vertauschungen zu verhindern ( Art. 149 Abs. 6 StPO ), und zu prüfen, ob die Person, die sie vor sich haben, mit jener identisch ist, die sich hinter der Anonymität verbirgt ( BGE 133 I 33 E. 3.1 S. 41 f. sowie E. 4.1 S. 43 mit Hinweisen). Daraus folgt, dass sie die Verfahrensbeteiligten identifizieren können müssen. Zwar bringt der Beschwerdeführer vor, eine Strafbehörde könne sich vor der Einvernahme einer zu schützenden Person auch von einem Polizeibeamten bzw. vom Polizeikommandanten bestätigen lassen, dass die einvernommene Person mit jener identisch ist, die sich hinter der Anonymität verbirgt. Dieses Vorgehen sei im Hinblick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip zu bevorzugen, weil es einen schriftlichen Vermerk der Identität in den Akten unnötig mache. Ob die Verfahrensrechte der weiteren Verfahrensbeteiligten in genügender Weise gewahrt bleiben, wenn eine Gerichtsbehörde die Identität einer zu schützenden Person nicht persönlich und anhand der Aufzeichnungen überprüft, sondern sich deren Identität einzig von einem Polizeibeamten bzw. vom Polizeikommandanten bestätigen lässt, kann vorliegend dahingestellt bleiben (vgl. dazu STEFAN WEHRENBERG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 39 zu Art. 149 StPO sowie BGE 133 I 33 E. 4.1 S. 43). Jedenfalls muss aber die Staatsanwaltschaft als bis zur BGE 138 IV 178 S. 184 Einstellung des Verfahrens oder zur Anklageerhebung verfahrensleitende und gegenüber der Polizei weisungsbefugte Behörde die Identität der beschuldigten Person sowie der weiteren Verfahrensbeteiligten persönlich überprüfen können. 3.2.2 Nicht zu folgen ist dem Beschwerdeführer, soweit er geltend macht, es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Personalien einer zu schützenden Person ausserhalb der eigentlichen Verfahrensakten schriftlich festhalte. Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, wird die Identität der einzuvernehmenden mit der tatsächlich einvernommenen Person in der Praxis dadurch sichergestellt, dass ihr bei der Zusicherung der Anonymität eine Nummer, ein Pseudonym oder ein fiktives Kürzel zugewiesen wird, die bzw. das in einem geheimen Dokument zusammen mit den wahren Personalien festgehalten und von der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht unter Verschluss aufbewahrt wird. Bei Bedarf kann die Person dann unter Ausschluss der Parteien und der Öffentlichkeit anhand der Kennzeichnung und des geheimen Dokuments identifiziert werden. Für ein solches Vorgehen bildet Art. 149 Abs. 1 StPO , wonach die Verfahrensleitung die zum Schutz der betroffenen Person geeigneten Schutzmassnahmen trifft, eine genügende gesetzliche Grundlage. Ausserdem ist in Art. 149 Abs. 2 StPO ausdrücklich vorgesehen, dass die Verfahrensleitung die Personalien der zu schützenden Person unter Ausschluss der Parteien oder der Öffentlichkeit feststellen (lit. c) und das Akteneinsichtsrecht einschränken kann (lit. e). 3.2.3 Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, es bestehe die Möglichkeit bzw. es sei zu erwarten, dass das Zwangsmassnahmengericht die Zusicherung der Anonymität nicht genehmige. Diesfalls bestehe die Gefahr, dass die Personalien der beteiligten Polizeibeamten den weiteren Verfahrensbeteiligten bekannt würden. Auch sei davon auszugehen, dass die Verfahrensgarantien der weiteren Verfahrensbeteiligten höher gewichtet würden, sodass früher oder später auch ursprünglich als geheim angelegte Dokumente und damit die Identität der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten offenzulegen sein werden. Damit würden die Polizisten an Leib und Leben gefährdet, weshalb die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 21. Dezember 2011 ihr Recht auf Leben und persönliche Freiheit beeinträchtige ( Art. 10 Abs. 1 und 2 BV sowie § 15 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 [SR 131.227]) und willkürlich sei ( Art. 9 BV ). BGE 138 IV 178 S. 185 Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass die am Strafverfahren beteiligten Personen möglicherweise dereinst die Identität der am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizeibeamten werden in Erfahrung bringen können, sofern das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung der von der Staatsanwaltschaft zugesicherten Anonymität rechtskräftig verweigern sollte. Die diesbezüglichen Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich der Sicherheit der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten können aber auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluss haben, weil die Polizei und damit der Beschwerdeführer nach dem in E. 2.1-2.4 Ausgeführten ohnehin verpflichtet wäre, der Staatsanwaltschaft die verlangten Informationen herauszugeben, sofern das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung rechtskräftig verweigern würde. Solche Bedenken sind vielmehr der Staatsanwaltschaft mitzuteilen und von dieser dem Zwangsmassnahmengericht mit dem Genehmigungsantrag zu unterbreiten ( Art. 150 Abs. 2 StPO ). Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus geltend machen will, es bestehe die Gefahr, dass unter der Zusicherung der Anonymität erhobene Beweise den weiteren Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben werden, erweist sich seine Rüge als unbegründet. Verweigert das Zwangsmassnahmengericht die Genehmigung, so dürfen die unter Zusicherung der Anonymität bereits erhobenen Beweise nicht verwertet werden ( Art. 150 Abs. 3 StPO ). Das Gleiche gilt, wenn ein Strafgericht zum Schluss kommt, die getroffenen Schutzmassnahmen seien mit den Verfahrensrechten der weiteren Beteiligten nicht vereinbar, zumal eine genehmigte oder erteilte Zusicherung der Anonymität sämtliche mit dem Fall betrauten Strafbehörden bindet ( Art. 150 Abs. 4 StPO ). Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise sind aus den Akten zu entfernen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten (Botschaft StPO, a.a.O., S. 1190 zu Art. 147 Abs. 3; vgl. auch Art. 141 Abs. 5 StPO ). 3.2.4 Sinn und Zweck der Zusicherung der Anonymität nach Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO ist nach dem Gesagten die Geheimhaltung der Identität der betroffenen Person gegenüber Personen, die ihr Schaden zufügen könnten. Das Recht auf Anonymität besteht nicht gegenüber den Behörden wie etwa Staatsanwaltschaft und Gericht (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2009, N. 9 zu Art. 150 StPO ; vgl. auch Art. 151 Abs. 1 lit. a StPO für die verdeckte Ermittlung), BGE 138 IV 178 S. 186 sondern nur gegenüber denjenigen Personen, welche eine Gefährdung darstellen könnten. Die Identifikation gegenüber den zuständigen Behörden (bei Kollegialgerichten zumindest gegenüber dem Vorsitzenden) ist auch im Falle von Schutzmassnahmen unverzichtbar (WEHRENBERG, a.a.O., N. 19 zu Art. 149 StPO mit Hinweis auf Art. 98b Militärstrafprozess vom 23. März 1979 [MStP; SR 322.1], wo ausdrücklich festgehalten wird, dass die Identität von Zeugen und Auskunftspersonen "gegenüber Personen, die ihnen Schaden zufügen könnten", geheim gehalten werden kann). Ohnehin undenkbar und mit Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 308 Abs. 1 und 2 StPO (vgl. E. 2.1 hiervor) unvereinbar wäre, dass die Staatsanwaltschaft nach Abschluss einer Untersuchung gegen eine Person Anklage erhebt oder einen Strafbefehl erlässt, ohne ihre Identität zu kennen. Aber auch über die Identität anderer zu schützender Verfahrensbeteiligter wie beispielsweise von Zeugen muss sich die Staatsanwaltschaft als verfahrensleitende Behörde ins Bild setzen können (vgl. Art. 143 Abs. 1 lit. a StPO ). Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die Strafbehörden ihrer Verantwortung für die Sicherheit der zu schützenden Personen bewusst sein müssen und die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz ihrer Identität einzuhalten haben (WEHRENBERG, a.a.O., N. 18 zu Art. 150 StPO ). 3.3 Damit steht fest, dass die am Einsatz vom 30. August 2011 beteiligten Polizisten im Strafuntersuchungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft keine Anonymität beanspruchen können und der Beschwerdeführer auch gestützt auf Art. 149 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a sowie Art. 150 Abs. 1 StPO die schriftliche Bekanntgabe der verlangten Informationen nicht verweigern darf.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
b5039395-348d-41a4-8692-fe15fbf82392
Urteilskopf 118 III 18 7. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 4. Juni 1992 i.S. I. Inc. und F. Inc. (Rekurs)
Regeste Art. 92 Ziff. 13 und Art. 93 SchKG . Pfändbarkeit einer Barauszahlung gemäss Art. 331c Abs. 4 lit. b Ziff. 2 OR. Die Barauszahlung einer Personalfürsorgeeinrichtung an einen Arbeitnehmer, der selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, ist weder unpfändbar im Sinne von Art. 92 Ziff. 13 SchKG noch beschränkt pfändbar im Sinne von Art. 93 SchKG .
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 118 III 18 S. 19 A.- Die Gläubigerinnen I. Inc. und F. Inc. hatten beim Kantonsgerichtspräsidium Zug einen Arrestbefehl gegen M.F., Rotkreuz, erwirkt. Die geltend gemachte Forderung von Fr. 98'000.-- (nebst Zins) wurde mit "unerlaubten Handlungen gemäss Art. 41 ff. OR " begründet, und es wurde der Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG genannt. In Vollziehung dieses Arrestbefehls belegte das Betreibungsamt Risch am 11. November 1991 namentlich den folgenden Gegenstand mit Arrest: "Forderung des Arrestschuldners auf Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung gegenüber der Columna Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank für die berufliche Vorsorge, Weltpoststrasse 5, 3001 Bern." B.- Am 15. November 1991 erhob M.F. bei der Justizkommission des Obergerichts Zug "eine Beschwerde in dieser Angelegenheit speziell betreffend Ziffer 5 und somit der Arrestierung von Pensionskassenguthaben". Mit dem Hinweis bezog sich der Arrestschuldner auf eine Eingabe, die er zuvor beim Kantonsgerichtspräsidium Zug eingereicht hatte. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wurde das Betreibungsamt Risch durch Urteil der Justizkommission des Obergerichts Zug vom 25. Februar 1992 angewiesen, "im Sinne der Erwägungen den Umfang der Arrestierbarkeit der dem Beschwerdeführer zustehenden Freizügigkeitsleistung gegenüber der Columna Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank für die berufliche Vorsorge festzustellen und in die Arresturkunde einzusetzen". Der in der Folge von der I. Inc. und der F. Inc. bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts eingereichte Rekurs wurde gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wurde. BGE 118 III 18 S. 20 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 275 SchKG wird der Arrest nach den in den Art. 91 bis 109 SchKG für die Pfändung aufgestellten Vorschriften vollzogen. Zu Recht hat deshalb die kantonale Aufsichtsbehörde die Parallelität von Pfändbarkeit und Arrestierbarkeit gesehen. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat sodann festgestellt, dass sich die Vertreterin der Arbeitgeberin von M.F. mit diesem auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses per 31. Oktober 1991 geeinigt habe; und sie hat daraus geschlossen, dass der Anspruch des M.F. auf Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung am 8. November 1991, als der Arrestbefehl erging, fällig und damit arrestierbar gewesen sei ( Art. 92 Ziff. 13 SchKG e contrario). Weiter hat die kantonale Aufsichtsbehörde unter Berufung auf BGE 115 III 45 ff. die Kapitalabfindung als im Sinne von Art. 93 SchKG nur beschränkt arrestierbar erklärt und dementsprechend das Betreibungsamt angewiesen, die finanziellen Verhältnisse des Arrestschuldners abzuklären und festzustellen, in welchem Umfang die Freizügigkeitsleistung arrestierbar sei. Für das Vorgehen hat die kantonale Aufsichtsbehörde auf BGE 113 III 15 E. 5 hingewiesen. 3. Einzig im Hinblick auf die letztere Erwägung wird das Urteil der Justizkommission des Obergerichts Zug von den Rekurrentinnen angefochten. Sie behaupten eine Verletzung von Art. 93 SchKG und bestreiten, dass die M.F. bar ausbezahlte Freizügigkeitsleistung nur beschränkt arrestierbar sei. a) Diese Meinung erscheint im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung, welche den Rekurrentinnen im Zeitpunkt der Einreichung des vorliegenden Rekurses offenbar noch nicht bekannt war, grundsätzlich begründet: In BGE 117 III 20 ff. hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts entschieden, dass eine gestützt auf Art. 331c Abs. 4 lit. b Ziff. 2 OR erfolgte Barauszahlung einer Personalfürsorgeeinrichtung weder unpfändbar im Sinne von Art. 92 Ziff. 13 SchKG noch beschränkt pfändbar im Sinne von Art. 93 SchKG sei. Im zitierten Entscheid ist festgehalten worden, dass nach dem klaren Willen des Gesetzgebers der Arbeitnehmer, der selbständigerwerbend wird, unter dem Vorbehalt von Art. 3 BVG die obligatorische berufliche Vorsorge verlasse und verlangen könne, dass ihm seine Forderung auf künftige Leistungen bar ausbezahlt werde; über den ausbezahlten Betrag könne er frei verfügen. Das empfangene Kapital diene nicht mehr der Vorsorge, sondern bilde ohne BGE 118 III 18 S. 21 Einschränkung Bestandteil des Vermögens des Berechtigten. Es sei daher nicht unpfändbar im Sinne von Art. 92 Ziff. 13 SchKG , aber - weil es nicht mehr von Gesetzes wegen dem künftigen Lebensunterhalt diene - auch nicht bloss beschränkt pfändbar im Sinne von Art. 93 SchKG (E. 4c am Ende). b) Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil hat M.F. am 1. Oktober 1991 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Sodann erklärt der Arrestschuldner in seiner der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts eingereichten Vernehmlassung, er bedürfe der rund Fr. 80'000.-- dringend als Startkapital. Der Arrestschuldner geht also selber davon aus, dass eine Barauszahlung stattfinden solle. Damit wiederholt sich der Fall, wie er in BGE 117 III 20 ff. zu beurteilen war, mit der Folge, dass der Betrag gepfändet werden kann. Art. 92 Ziff. 13 SchKG ist nicht anwendbar; und es liegt keine nur beschränkte Pfändbarkeit im Sinne von Art. 93 SchKG vor. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat allerdings auch festgehalten, es ergebe sich aus den von den Arrestgläubigerinnen eingereichten Akten, dass M.F. seit 1. Oktober 1991 als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse des Kantons Zug angeschlossen sei. Damit stellt sich die Frage, ob M.F. nicht doch - obligatorisch oder freiwillig (vgl. Art. 42 f. bzw. 44 f. BVG) - für die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge versichert bleibt oder ob es sich lediglich um einen Anschluss im Sinne des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (vgl. Art. 8 f. AHVG; Art. 17 ff., insbesondere Art. 25 AHVV ) handelt. Die ihm gegenüber der Columna Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank zustehende Freizügigkeitsleistung müsste im ersten Fall der neuen Vorsorgeeinrichtung überwiesen werden ( Art. 29 Abs. 1 BVG ) und würde sich insofern, im Sinne von Art. 92 Ziff. 13 SchKG , der Arrestierung entziehen. c) Die Sache wird daher an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückgewiesen, damit sie feststelle, wie die Freizügigkeitsleistung von der Columna Sammelstiftung der Schweizerischen Volksbank an M.F. ausgerichtet worden ist und ob insbesondere ein Teil davon M.F. bar ausbezahlt worden oder zur Barauszahlung vorgesehen ist. Entsprechend ist der unbeschränkt pfändbare Betrag festzustellen und ein neues Urteil zu fällen (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 81 OG ).
null
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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b505b717-6640-4d6a-a4d4-9b15cded41da
Urteilskopf 135 III 66 10. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_767/2007 vom 23. Oktober 2008
Regeste Art. 163, 176, 276 und 285 ZGB; Unterhaltsrecht, Frage der Mankotragung. Dem Unterhaltsverpflichteten ist in jedem Fall das Existenzminimum zu belassen, womit ein allfälliges Manko einseitig von den Unterhaltsberechtigten zu tragen ist (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2-10).
Sachverhalt ab Seite 67 BGE 135 III 66 S. 67 Die Parteien heirateten am 31. März 1994. Aus der Ehe gingen die Kinder R. (1994), S. (1995) und T. (1997) hervor. Seit Juli 2006 leben die Parteien getrennt. Mit Entscheid vom 1. Mai 2007 verpflichtete das Gerichtspräsidium 3 Baden den Ehemann u.a. zu Unterhaltsbeiträgen ab Dezember 2006 von Fr. 600.- pro Kind und von Fr. 678.- an die Ehefrau. Mit Urteil vom 12. November 2007 setzte das Obergericht des Kantons Aargau die Kinderunterhaltsbeiträge von Dezember 2006 bis August 2007 auf Fr. 409.35 und danach auf Fr. 600.- fest und bestätigte im Übrigen den erstinstanzlichen Entscheid. Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Ehefrau am 21. Dezember 2007 Beschwerde in Zivilsachen eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Festsetzung der Kinderalimente auf Fr. 600.- pro Kind ab Dezember 2006 sowie des Frauenaliments auf Fr. 625.- von Dezember 2006 bis Juli 2007 und auf Fr. 1'175.- ab August 2007. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Reichen die gemeinsamen Einkommen zur Finanzierung der Bedürfnisse der Ehegatten und der allenfalls vorhandenen Kinder nicht aus, stellt sich die Frage, wer das sich aus der Differenz der verfügbaren Mittel und des Gesamtbedarfes ergebende Manko zu tragen hat. In der früheren kantonalen Praxis wurde das Problem unterschiedlich angegangen; während verschiedene Kantone das Manko gleichmässig oder in einem bestimmten Verhältnis auf die Alimentengläubiger und den Alimentenschuldner verteilten (System der Mankoteilung), beliessen andere dem Unterhaltsverpflichteten in jedem Fall das volle Existenzminimum und begrenzten somit die materielle Unterhaltspflicht auf die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem betreibungsrechtlichen Existenzminimum (System der einseitigen Mankoüberbindung). Theoretisch liesse sich das Prinzip der einseitigen Mankoüberbindung auch im umgekehrten Sinn handhaben, indem vorab der Bedarf der Alimentengläubiger vollständig gedeckt würde (vorgeschlagen von PERRIN, La détermination des contributions alimentaires dans les situations de surendettement, in Festgabe für Bernhard Schnyder, Freiburg 1995, S. 535). Mit den BGE 121 I 97 , BGE 121 III 301 und BGE 123 III 1 hat das Bundesgericht die Rechtsanwendung dahingehend vereinheitlicht, dass dem BGE 135 III 66 S. 68 Unterhaltsverpflichteten für alle familienrechtlichen Unterhaltskategorien - ehelicher Unterhalt gemäss Art. 163 i.V.m. Art. 137, 173 oder 176 ZGB; nachehelicher Unterhalt gemäss Art. 125 ZGB ; Kindesunterhalt gemäss Art. 276 i.V.m. Art. 285 ZGB (bei der Verwandtenunterstützung gemäss Art. 328 ZGB stellt sich die Mankofrage von vornherein nicht) - stets das volle Existenzminimum zu belassen ist mit der Folge, dass die Unterhaltsberechtigten das ganze Manko zu tragen haben. Diese Rechtsprechung wurde in den BGE 126 III 353 E. 1a/aa S. 356 und BGE 127 III 68 E. 2c S. 70 bestätigt. Weil die Frage in der Lehre auch nach der bundesgerichtlichen Praxisvereinheitlichung kontrovers behandelt worden ist (vgl. SCHWENZER, FamKomm, Scheidung, Bern 2005, N. 32 zu Art. 125 ZGB m.w.H.) und überdies die seinerzeit angeführten Gründe für die einseitige Mankoüberbindung (dazu E. 3) nicht restlos zu überzeugen vermögen, rechtfertigt es sich, die Frage der Mankotragung - wie im Urteil 5C.77/2006 vom 14. Dezember 2006, E. 4 nicht publ. in BGE 133 III 57 angekündigt - mit Bezug auf die vorliegend zur Diskussion stehenden Kategorien des ehelichen Unterhalts und des Kindesunterhaltes einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. 3. Die Praxisvereinheitlichung wurde seinerzeit im Wesentlichen mit zwei Argumenten begründet. Einerseits wurde gesagt, dass die Arbeitsmotivation der unterhaltsverpflichteten Partei erhalten werden müsse ( BGE 121 I 97 E. 3b S. 101); diese könnte bei einem Eingriff ins Existenzminimum verloren gehen. Diese Betrachtungsweise erscheint aber insofern einseitig, als der Gegenseite in Mangelfällen regelmässig die sofortige oder spätere (insbesondere bei Wegfall der Kinderbetreuung) Aufnahme bzw. Ausdehnung einer eigenen Erwerbstätigkeit zugemutet wird und nicht zu sehen ist, inwiefern der Anreiz für den beruflichen Wiedereinstieg bei der einseitigen Mankoüberbindung höher sein sollte als die Arbeitsmotivation des Unterhaltsverpflichteten bei der Mankoteilung (PICHONNAZ/RUMO-JUNGO, Neuere Entwicklungen im nachehelichen Unterhalt, in: Familienvermögensrecht, Bern 2003, S. 23 f.; BIGLER-EGGENBERGER, Ehetrennung und Getrenntleben - und wo bleibt die Gleichstellung der Ehegatten?, AJP 1996 S. 7; SPYCHER, Unterhaltsleistungen bei Scheidung: Grundlagen und Bemessungsmethoden, Diss. Bern 1996, S. 182; FREIVOGEL, Nachehelicher Unterhalt - Verwandtenunterstützung - Sozialhilfe, BGE 135 III 66 S. 69 FamPra.ch 2007 S. 502). Im Übrigen fährt der pflichtige Teil ökonomisch nicht schlechter, wenn er im Bereich des Eingriffs seinerseits von der Fürsorge unterstützt wird und so wieder auf sein Existenzminimum kommt. Als weiteres Argument wurde angeführt, die Mankoteilung könnte zu mehr Sozialhilfeempfängern und damit zu einer grösseren Belastung für die Fürsorgebehörden führen ( BGE 121 I 97 E. 3b S. 101). Dies kann zutreffen, soweit beide Ehegatten nach Ausschöpfung aller Einnahmequellen (zusätzliche Arbeitsanstrengungen, freiwillige oder gesetzliche Zuwendungen Dritter) tatsächlich die Fürsorge in Anspruch nehmen müssen und nicht die gleiche Behörde zuständig ist. Indes erscheint fraglich, ob die Arbeitslast der Fürsorgebehörden als sachliches und damit erhebliches Kriterium für die vom Zivilrichter gestützt auf das Bundesprivatrecht vorzunehmende Unterhaltsfestsetzung gelten darf, zumal sich der administrative (Mehr-)aufwand in Grenzen halten dürfte. Das Bundesgericht hat in BGE 121 I 97 E. 3b S. 101 f. ferner darauf hingewiesen, dass bei einer Bevorschussung der Alimente das Gemeinwesen als Legalzessionarin ohnehin nicht in das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners eingreifen dürfe ( BGE 116 III 10 E. 2 S. 12), und in der Literatur wird die Meinung vertreten, die Belassung des betreibungsrechtlichen Notbedarfs entspreche einer allgemeinen Wertung der Rechtsordnung (so z.B. HAUSHEER/GEISER, Zur Festsetzung des Scheidungsunterhalts bei fehlenden Mitteln im neuen Scheidungsrecht, ZBJV 134/1998 S. 99). Diesbezüglich gilt es zu bemerken, dass der Unterhalt der Familie nicht auf der gleichen Stufe steht wie andere Forderungen. Vielmehr erachtet bereits das SchKG Unterhaltsforderungen als schützenswerter, was sich beispielsweise in Vorzügen wie der privilegierten Anschlusspfändung ( Art. 111 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 SchKG ) oder der Berücksichtigung in der 1. Konkursklasse niederschlägt ( Art. 219 Abs. 1 lit. c SchKG ). An die besondere Stellung von Unterhaltsforderungen knüpft auch die Rechtsprechung, wonach bei der Zwangsvollstreckung von Unterhaltsbeiträgen der Eingriff ins schuldnerische Existenzminimum im Grundsatz zulässig ist ( BGE 111 III 13 E. 5 S. 15 f.). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Leitgedanken, dass sich bei ungenügenden Mitteln beide Ehegatten gleichmässig einschränken sollen, ferner auch auf der Überlegung, dass zivilrechtlich festgesetzter Unterhalt nicht im Stadium des Vollzugs scheitern darf ( BGE 123 III 332 E. 2 S. 334). BGE 135 III 66 S. 70 Es ist aber einzuräumen, dass die Mankoteilung im Zusammenhang mit der Vollstreckung verschiedene Probleme birgt (dazu E. 9), die sich beim System der einseitigen Mankoüberbindung von vornherein nicht stellen. Für und gegen die beiden Systeme sprechen sodann eine Vielzahl anderer Elemente (dazu E. 7-9), die vor dem Hintergrund, dass die Änderung einer gefestigten Rechtsprechung an verschiedene Voraussetzungen gebunden ist (dazu E. 10), gegeneinander abzuwägen sind. 4. Für die Unterhaltsfestsetzung ist zunächst vom einschlägigen Bundesprivatrecht als materielle Grundlage des familienrechtlichen Unterhaltes auszugehen. Grundnorm für den ehelichen Unterhalt ist Art. 163 ZGB , wonach die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach seien Kräften für den gebührenden Unterhalt der Familie sorgen (Abs. 1) und sich über den Beitrag verständigen, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des anderen (Abs. 2). Der Kindesunterhalt basiert auf Art. 276 ZGB ; für seine Bemessung ist nach Art. 285 Abs. 1 ZGB den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern zu entsprechen und sind ausserdem Vermögen und Einkünfte des Kindes sowie der Beitrag des nicht obhutsberechtigten Elternteils an der Betreuung des Kindes zu berücksichtigen. Die Unantastbarkeit des Existenzminimums wird von der Lehre, soweit sie eine Mankoverteilung ablehnt (in der neueren Literatur sind dies BÄHLER, Scheidungsunterhalt - Methoden zur Berechnung, Höhe, Dauer und Schranken, FamPra.ch 2007 S. 469 f.; HAUSHEER/GEISER, a.a.O., S. 93 ff.; GEISER, Rechtsprechung im Überblick, Plädoyer 2008 S. 43 f.; HAUSHEER, Vom alten zum neuen Scheidungsrecht, Bern 1999, N. 3.11; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, N. 27 zu Art. 176 ZGB ; HAUSHEER/SPYCHER, Unterhalt nach neuem Scheidungsrecht, Bern 2001, N. 05.90; REUSSER, Aktuelles aus dem Familienrecht unter besonderer Berücksichtigung der Revisionstendenzen bei der elterlichen Sorge, ZBJV 144/2008 S. 147 f.), in erster Linie aus dem Satzteil von Art. 163 Abs. 1 ZGB "ein jeder nach seinen Kräften" abgeleitet; Beiträge an den Familienunterhalt würden bei einem Eingriff ins Existenzminimum eben die Kräfte des Unterhaltspflichtigen übersteigen (namentlich HAUSHEER/GEISER, a.a.O., S. 98; so auch BGE 123 III 1 E. 3b/aa S. 4). Damit BGE 135 III 66 S. 71 bleiben die anderen Teile des Norminhalts von Art. 163 ZGB unberücksichtigt, wonach ein jeder Ehegatte gesetzlich verpflichtet ist, gemeinsam mit dem anderen an den Familienunterhalt beizutragen (Abs. 1), und zwar unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft (Abs. 3). Dies ist aber dann nicht mehr der Fall, wenn der eine Teil weiterhin den Haushalt besorgt und die Kinder betreut, mithin die sich aus der im Sinn von Art. 163 Abs. 2 ZGB vereinbarten Aufgabenteilung ergebenden Pflichten erfüllt, während der andere Teil nurmehr für seinen eigenen Unterhalt sorgt und damit die sich aus der erwähnten Vereinbarung ergebenden Pflichten aufgibt oder diesen nicht mehr genügend nachkommt. Ferner wird damit zwischen Geld- und Erziehungsleistungen implizit eine Rangordnung geschaffen, was der Absicht von Art. 163 ZGB entgegensteht (zum Grundsatz der Gleichwertigkeit der Beiträge im Sinn von Art. 163 Abs. 2 ZGB statt vieler: HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 35 zu Art. 163 ZGB ). Sodann ist nicht zu übersehen, dass gerade im Fall von Kindern der erziehende Elternteil meistens wegen deren Betreuung an einer (ausgedehnten) Erwerbsarbeit gehindert ist. Der andere Ehegatte, ja die Gesellschaft überhaupt, erwartet vom betreuenden Teil auch regelmässig, dass er die im Rahmen der Aufgabenteilung übernommenen familiären Pflichten weiterhin erfüllt und sich um die Belange der Kinder kümmert, dass er mithin den Aufgaben im Sinn von Art. 163 Abs. 2 ZGB auch nach der Trennung nachkommt. Vom anderen Teil dürfte somit an sich Gleiches erwartet werden. Dazu kommt, dass die verfügbaren Mittel während des Zusammenlebens in der Regel gleichmässig für alle Familienmitglieder verbraucht werden und nicht der "Ernährer" nach dem Löwenprinzip vorab seine eigenen Bedürfnisse im Rahmen des Existenzminimums deckt und nur den allfällig verbleibenden Überrest an die Familie weitergibt. Dieses Problemfeld hat PERRIN in die Frage gefasst: "Les enfants ont-ils moins besoin de manger que leurs parents?" (La méthode du minimum vital, SJ 1993 S. 441). Wie der eheliche Unterhalt bemisst sich denn auch der Kinderunterhalt nach Kriterien sowohl auf der Seite des unterhaltsverpflichteten Elternteils als auch des unterhaltsberechtigten Kindes: Nach Art. 285 Abs. 1 ZGB soll der Unterhaltsbeitrag einerseits den Bedürfnissen des Kindes und andererseits der Lebensstellung bzw. der Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen. Mit dem Grundsatz der Unantastbarkeit des Existenzminimums des BGE 135 III 66 S. 72 unterhaltsverpflichteten Elternteils wird nur das eine der massgebenden Kriterien (Leistungsfähigkeit des Elternteils) berücksichtigt, während das andere (Bedürfnisse des Kindes) ausser Acht bleibt; stellt aber die Leistungsfähigkeit nur eines von mehreren Bemessungskriterien dar, kann sie an sich nicht zum alleinigen werden, nur weil sie gering ist; vielmehr wäre es naheliegend, zwar geringe, aber immerhin Beiträge festzusetzen. Eine auf die materiellen Grundlagen des Unterhaltsrechts beschränkte Betrachtungsweise führt mit Bezug auf den ehelichen Unterhalt und den Kinderunterhalt also zunächst zum Ergebnis, dass ein Manko auf die verschiedenen Familienmitglieder verteilt werden müsste. Der Grundsatz der Unantastbarkeit des Existenzminimums dürfte gedanklich denn auch nicht auf einer zivilrechtlichen Betrachtungsweise beruhen, sondern auf den gesicherten Hintergrund zurückgehen, dass die Träger des Fehlbetrages Sozialhilfe in Anspruch nehmen können. 5. Die soeben dargestellte Auslegung von Art. 163 ZGB und Art. 276 i.V.m. 285 ZGB würde auch einer verfassungsmässigen Auslegung im Sinn des allgemeinen Gebotes der Rechtsgleichheit ( Art. 8 Abs. 1 BV ) entsprechen; dagegen steht das Verbot der Geschlechterdiskriminierung ( Art. 8 Abs. 3 BV ) nicht im Vordergrund, denn Ausgangspunkt ist unabhängig von der Art des Unterhalts die faktisch bestehende Versorgungslage. So kann ein Hausmann mit der gleichen Problematik konfrontiert sein und stellt sich die Frage der Mankotragung auch bei der registrierten Partnerschaft, insbesondere aber beim Kindesunterhalt. Insofern sind die Ehegatten von der Verteilung des Mankos nicht in ihrer Funktion als Mann und Frau, sondern als unterhaltsverpflichteter und unterhaltsberechtigter Ehepartner betroffen; die finanzielle Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Trennung und damit die "Rolle" als berechtigter oder verpflichteter Teil ergibt sich bei den Ehegatten aus der gemeinsam gewählten Aufgabenteilung, während sie im Verhältnis zu den Kindern naturgemäss vorgegeben ist. Was die verfassungsmässigen Rechte anbelangt, würde im Übrigen der Anspruch auf Hilfe in Notlagen einer Mankoteilung nicht entgegenstehen. Art. 12 BV regelt nicht die familienrechtliche Unterhaltspflicht, sondern das Verhältnis zwischen hilfsbedürftigem Bürger und Staat. Im Übrigen verhält sich die Art der Mankoverteilung in Bezug auf Art. 12 BV insofern neutral, als durch eine BGE 135 III 66 S. 73 Aufteilung zwar unter Umständen eine Hilfsbedürftigkeit beim Unterhaltsverpflichteten geschaffen, dafür aber die Hilfsbedürftigkeit beim Unterhaltsberechtigten im Gleichschritt verringert wird. Der Notbedarf des Unterhaltspflichtigen ist aber nicht schützenswerter als derjenige des Unterhaltsberechtigten, und die Hilfsbedürftigkeit der Familie bzw. die gesamthaften Fürsorgeleistungen bleiben unabhängig von der Verteilung des Mankos konstant. 6. Weiter fragt sich, ob die parlamentarischen Beratungen zur Scheidungsrechtsrevision einer Mankoteilung auch mit Bezug auf den ehelichen und den Kinderunterhalt entgegenstehen würden: Für den nachehelichen Unterhalt wurde ein von der nationalrätlichen Kommission eingebrachter Art. 125 Abs. 2 bis ZGB , nach welchem das Manko in angemessener Weise zwischen den Ehegatten aufzuteilen gewesen wäre, in den Räten ausführlich diskutiert, aber nicht nur vom Ständerat (AB 1998 S S. 325 f.), sondern im Differenzbereinigungsverfahren schliesslich auch vom Nationalrat verworfen (AB 1998 N S. 1190). Bundesrat Koller begründete die abweisende Haltung des Bundesrates mit der Kohärenz des Systems, die gefährdet werde, wenn eine Mankoteilung nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beim ehelichen Unterhalt nicht möglich sei, für den nachehelichen Unterhalt aber gesetzlich vorgeschrieben werde (AB 1997 N S. 2702); auch Ständerat Küchler und Nationalrat Baumann hielten fest, es leuchte nicht ein, weshalb die Solidarität nachehelich weiter gehen solle, als sie ehelich gegangen sei und gegenüber den Kindern gehe (AB 1998 S S. 325, bzw. AB 1998 N S. 1188). Es ist an sich nicht zwingend, dass diese aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum ehelichen Unterhalt folgerichtig begründete Ablehnung der Mankoteilung für die vom Grundsatz der Eigenversorgung geprägte Zeit nach der Auflösung der Ehe ( BGE 134 III 145 E. 4 S. 146 unten) ihrerseits auf den ehelichen Unterhalt und den Kindesunterhalt gewissermassen zurückwirkt. Immerhin hat sich das Parlament aber der Frage der Mankoteilung angenommen und darüber mit Bezug auf den nachehelichen Unterhalt abgestimmt. Dabei ist die Parlamentsmehrheit in der Diskussion auch nicht davon ausgegangen, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum ehelichen Unterhalt und zum Kindesunterhalt verfehlt sei, aus Gründen der Systemkohärenz aber für den nachehelichen Unterhalt nicht anders entschieden werden könne. Die BGE 135 III 66 S. 74 Frage, ob den rechtsanwendenden Behörden aufgrund der parlamentarischen Beratungen zum nachehelichen Unterhalt für den ehelichen und für den Kindesunterhalt Spielraum verbleibt, ist nach dem Gesagten nicht von vornherein klar, muss mit Blick auf das Endergebnis aber auch nicht abschliessend beurteilt werden. 7. Es bleibt, die Auswirkungen der beiden Systeme im Zusammenhang mit der Festsetzung und der Vollstreckung des Unterhalts zu prüfen. Dabei soll zunächst die Frage der Vereinbarkeit der Mankoteilung mit dem Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG; SR 851.1) diskutiert werden. Mit dem ZUG ist die interkantonale Zuständigkeit bundesrechtlich geregelt worden; die meisten Kantone wenden die betreffenden Bestimmungen durch Verweis oder inhaltliche Übernahme auch im interkommunalen Verhältnis an (WOLFFERS, Grundriss des Sozialhilferechts, 2. Aufl., Bern 1999, S. 56). Relevant sind Art. 2 Abs. 1 ZUG , wonach bedürftig ist, wer für seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, Art. 6 ZUG , wonach jeder Ehegatte einen eigenen Unterstützungswohnsitz hat, bzw. Art. 7 Abs. 2 ZUG , wonach das unmündige Kind bei Eltern ohne gemeinsamen Wohnsitz den Unterstützungswohnsitz jenes Elternteils hat, bei dem es wohnt, und Art. 32 Abs. 3 ZUG , wonach in Hausgemeinschaft lebende Ehegatten und unmündige Kinder mit gleichem Unterstützungswohnsitz rechnerisch als ein Unterstützungsfall zu behandeln sind. Soweit ein Unterhaltspflichtiger für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen vermöchte, jedoch aufgrund zivilrechtlicher Unterhaltspflichten die Fürsorgebehörde aufsuchen müsste, würde die Fürsorgebehörde des Alimentenschuldners (jedenfalls wirtschaftlich betrachtet) nicht zur Unterstützungseinheit im Sinn von Art. 32 Abs. 3 ZUG gehörende Dritte unterstützen. Mit dieser Begründung haben in der Vergangenheit denn auch verschiedene Fürsorgebehörden eine über den Bedarf des eigenen Ansprechers hinausgehende Unterstützung verweigert (vgl. FREIVOGEL, a.a.O., S. 514 f.; HAUSHEER/GEISER, a.a.O., S. 100; PICHONNAZ/RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 25; SPYCHER, a.a.O., S. 185; SUTTER/FREIBURGHAUS, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1999, N. 64 zu Art. 125 ZGB ; URECH/FASEL, Geteiltes Leid - halbes Leid, recht 15/1997 S. 63 unten). Dem liesse sich entgegenhalten, dass Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den in einem anderen Haushalt lebenden BGE 135 III 66 S. 75 Familienmitgliedern keine gewöhnlichen Schulden, sondern familienrechtliche Pflichten sind, die insofern zum eigenen Lebensunterhalt des Alimentenschuldners gehören, zumal sie einerseits auch bei der Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums zu dessen eigenem Notbedarf gezählt werden (vgl. Ziff. II.5 der Richtlinien zur Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums) - es ist ja gerade der Sinn und Zweck des sog. betreibungsrechtlichen Existenzminimums, dass der Schuldner zu Lasten gewöhnlicher Kurrentforderungen vorab den Unterhalt für sich und seine Familie decken kann - und andererseits der Richter den Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen gestützt auf Art. 177 ZGB anweisen könnte, direkt Zahlungen an die Unterhaltsgläubiger zu erbringen. Die geltenden Normen des ZUG lassen sich aber nur mit Mühe in dieser Weise interpretieren, umso mehr als das Gesetz bei seinem Erlass noch vom Prinzip der Familieneinheit ausging (Botschaft, BBl 1976 III 1204). So war nach der ursprünglichen Formulierung von Art. 2 Abs. 1 ZUG bedürftig, wer seine notwendigen Lebensbedürfnisse und die seiner mit ihm den Wohnsitz teilenden Familienangehörigen nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten konnte. Entsprechend teilte die Ehefrau nach der seinerzeitigen Fassung unabhängig von ihrem Aufenthaltsort den Unterstützungswohnsitz des Ehemannes (Art. 6 Abs. 1 aZUG); erst mit der dauernden Trennung erhielt sie einen eigenen Unterstützungswohnsitz (Art. 6 Abs. 2 lit. b aZUG). Mit der Revision vom 14. Dezember 1990 wurde Art. 6 ZUG dahingehend geändert, dass jeder Ehegatte einen eigenen Unterstützungswohnsitz hat, und vor diesem Hintergrund ist klar, dass sich die in Art. 2 Abs. 1 ZUG ebenfalls revidierte Bedürftigkeitsdefinition "für seinen Lebensunterhalt" nicht anders als "für seinen eigenen Lebensunterhalt" lesen lässt. Unterstützungseinheit ist in diesem Sinn grundsätzlich die Einzelperson, wobei Hausgemeinschaften gemäss Art. 32 Abs. 3 ZUG zu einer Einheit zusammengezogen werden können (WOLFFERS, a.a.O., S. 136). Was die praktische Handhabung und die Auswirkungen auf die Gesamtordnung anbelangt, haben beide Systeme im Zusammenhang mit der fürsorgerechtlichen Unterstützung der mankobelasteten Personen je einen gravierenden Vor- bzw. Nachteil: Mit dem System der einseitigen Mankoüberbindung wird der Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe (dazu WOLFFERS, a.a.O., S. 71 f.; BGE 135 III 66 S. 76 THOMET, Kommentar zum ZUG, Zürich 1994, N. 70) durchkreuzt, und es kann zu systemwidrigen Verzerrungen kommen, wenn die Sozialhilfe zum primären Element in der unterstützungsrechtlichen Kaskade erhoben wird: Hat beispielsweise der unterstützungspflichtige Ehegatte vermögende Eltern, die im Rahmen von Art. 328 ZGB verwandtenunterstützungspflichtig wären, so aktualisiert sich diese Unterstützungspflicht gar nicht erst, wenn dem Unterhaltsschuldner das ganze Existenzminimum belassen wird; infolge der einseitigen Mankoüberbindung müssen der andere Ehegatte und die Kinder hierfür in vollem Umfang von der - an sich gegenüber der Verwandtenunterstützungspflicht subsidiären - Sozialhilfe unterstützt werden. Stossende Resultate können sich sodann im Zusammenhang mit der Rückerstattungspflicht für die bezogenen Fürsorgeleistungen ergeben, wobei im Zeitpunkt der Unterhaltsfestsetzung unbekannt ist, ob sich diese aktualisieren wird (dazu E. 8). Was den Kinderunterhalt im Speziellen anbelangt, kommt es überdies zu einer gesellschaftspolitisch unerwünschten Umkehrung des Grundsatzes, dass in erster Linie die Eltern und nicht die staatlichen Institutionen für die Kinder aufzukommen haben. Insofern erschiene es an sich sachgerechter, wenn zuerst der Zivilrichter die familienrechtlich geschuldeten Unterhaltsbeträge festsetzen und in einem zweiten Schritt die Fürsorgebehörden subsidiär für die noch bestehenden Deckungslücken aufkommen würden. Auf der anderen Seite würden bei einer Mankoteilung mit dem Ehegatten und den unter dessen Obhut stehenden Kindern Drittpersonen in das Administrativverhältnis zwischen der Fürsorgebehörde und dem Alimentenschuldner eingebunden, die im betreffenden Verfahren nicht Partei sind und entsprechend von der Behörde auch nicht direkt in die Pflicht genommen werden können. Dies kann insbesondere dort zu Problemen führen, wo sich die ökonomischen Verhältnisse bei den Drittpersonen während des Unterstützungsverhältnisses ändern. Es besteht keine Garantie, dass die Fürsorgebehörde beispielsweise von der Verbesserung der finanziellen Situation des anderen Ehegatten rechtzeitig Kenntnis erhält und entsprechend reagieren kann. Ohnehin können die Fürsorgebehörden auf eintretende Änderungen ganz allgemein rascher und flexibler reagieren, wenn sie jeweils nur ihren eigenen Sozialhilfeempfänger unterstützen. Schliesslich bestehen bei der praktischen Umsetzung der Mankoteilung auch dort Probleme, wo der Alimentenschuldner, der von der Fürsorgebehörde über seinen eigenen Bedarf hinaus unterstützt BGE 135 III 66 S. 77 wird, seinen familienrechtlichen Verpflichtungen nicht regelmässig und vollständig nachlebt (dazu E. 9). In fürsorgerechtlicher Hinsicht lässt sich zusammenfassend festhalten, dass sich das System der Mankoteilung nicht zwangslos mit der Zuständigkeitsordnung des auf der gleichen Stufe wie das ZGB stehenden ZUG verbinden lässt und damit der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung tangiert ist. Mehr noch als diese theoretischen Bedenken sprechen die dargestellten praktischen Probleme, die sich beim System der einseitigen Mankoüberbindung von vornherein nicht stellen, gegen dasjenige der Mankoteilung. 8. In jüngerer Zeit wurden die sich aus dem System der einseitigen Mankoüberbindung ergebenden unbilligen Konsequenzen im Zusammenhang mit der Rückerstattung von Fürsorgeleistungen vermehrt in den Brennpunkt der Diskussion gerückt (aus der neueren Literatur: BIGLER-EGGENBERGER, Überschuss und Manko bei Ehetrennung und Ehescheidung - ein Problem rechtlicher und tatsächlicher Gleichstellung von Frau und Mann?, in: Festschrift für Heinz Hausheer, Bern 2002, S. 197 ff.; FANKHAUSER, Nachehelicher Unterhalt in Mankofällen. Art. 125 ZGB , AJP 2007 S. 1175 ff.; POHLMANN, Mankoteilung - Möglichkeiten eines Ausgleichs zwischen den Ehegatten, FamPra.ch 2007 S. 526 ff.; FREIVOGEL, a.a.O., S. 501 ff.): Die Entgegennahme von Fürsorgeleistungen begründet eine entsprechende persönliche Schuld gegenüber dem Gemeinwesen. Hat der eine Ehegatte das ganze Manko alleine zu tragen, wachsen diesbezüglich nur ihm Schulden an und richtet sich der Rückforderungsanspruch des Gemeinwesens allein gegen ihn. Zwar belasten diese Schulden, soweit sie während der Trennungszeit begründet worden sind, bei der Scheidung güterrechtlich die Errungenschaft des betreffenden Ehegatten ( Art. 209 Abs. 2 ZGB ); indes wird bei Mangellagen typischerweise ein Rückschlag resultieren, welchen der betreffende Ehegatte selbst zu tragen hat ( Art. 210 Abs. 2 ZGB ). Diesfalls ist es auch nicht möglich, im Rahmen des (allfälligen) nachehelichen Unterhalts einen Ausgleich für die einseitige Mankoüberbindung zu schaffen, weil die auf Art. 163 oder 276 und 285 i.V.m. Art. 137 oder 176 ZGB gründende Unterhaltspflicht des Schuldners beim System der einseitigen Mankoüberbindung materiell auf die Differenz zwischen seinem Einkommen und Existenzminimum beschränkt wird, so dass der Schuldner keine über diese Quote hinausgehenden finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem anderen Ehegatten oder seinen Kindern hat und deshalb die BGE 135 III 66 S. 78 nachträgliche Deckung von Unterhaltslücken im Rahmen des nachehelichen Unterhalts auf eine unzulässige Korrektur des rechtskräftigen Trennungsurteils bzw. der in Rechtskraft erwachsenen vorsorglichen Massnahmen hinauslaufen würde ( BGE 133 III 57 E. 3 S. 60 f.). In BGE 121 I 97 E. 3b S. 101 wurde die einseitige Belastung mit Rückforderungen durch die Fürsorgebehörden als bloss theoretisch abgetan. Die praktische Erfahrung zeigt aber, dass es durchaus zur Rückforderung von Sozialhilfeleistungen kommen kann (siehe namentlich den zitierten BGE 133 III 57 ; vgl. auch PICHONNAZ/RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 25; URECH/FASEL, a.a.O., S. 58 Fn. 8). Gerade in Mangelfällen wird vom unterhaltsberechtigten Ehegatten regelmässig eine (Wieder-)eingliederung in den Arbeitsprozess verlangt, so dass sich dessen finanzielle Situation mit der Zeit verbessert. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen festzustellen, dass damit in der Regel eine ökonomische Erholung des Unterhaltsverpflichteten einhergeht (Wegfall von Unterhaltspflichten gegenüber dem Ehegatten und insbesondere gegenüber den Kindern, ferner durch berufliche Karriere), so dass die einseitige Belastung mit Rückforderungen besonders stossend erscheint. Andererseits sind grosse Unterschiede bei der vollumfänglich im Ermessen der Kantone liegenden Geltendmachung der Rückforderungsansprüche (THOMET, a.a.O., N. 261) festzustellen. Sodann ist bei der Festsetzung des ehelichen Unterhaltes in den meisten Fällen auch offen, ob der Alimentengläubiger dereinst über ausreichende Mittel verfügen wird, so dass sich der Rückforderungsanspruch des Gemeinwesens überhaupt aktualisieren kann. Bei einer Abwägung zwischen den beiden Systemen ist die Gesamtheit der praxisrelevanten Fälle im Auge zu behalten und darf nicht dem Prinzip der Mankoteilung allein wegen der unbestreitbar gerechteren Auswirkungen für den Fall, dass es später tatsächlich zu einer Rückerstattung von Fürsorgeleistungen kommt, der Vorzug gegeben werden. 9. Was die Zwangsvollstreckung der festgesetzten Unterhaltsbeiträge anbelangt, hat die Mankoteilung gegenüber dem System der einseitigen Mankoüberbindung, bei dem es unter dem Vorbehalt gleichbleibender finanzieller Verhältnisse zu keinen Problemen kommt, verschiedene Nachteile: Zunächst eröffnet sich aus dem Umstand, dass die Fürsorgebehörde beim System der Mankoteilung wirtschaftlich gesehen BGE 135 III 66 S. 79 Drittpersonen unterstützen muss (dazu E. 7), das Risiko, dass der Alimentenschuldner die betreffenden Sozialhilfeleistungen nicht an die unterhaltsberechtigten Personen als Enddestinatäre weiterleitet, sondern für eigene Bedürfnisse verbraucht. Insofern tragen die Unterhaltsberechtigten im Unterschied zum System der einseitigen Mankoüberbindung auch für den Mankoanteil des Unterhaltsschuldners das Inkassorisiko und besteht weiter die Gefahr, dass die staatlichen Stellen (Fürsorge und Alimentenbevorschussung) bei fehlgeschlagenem Inkasso im Ergebnis doppelte Leistungen erbringen müssen. Eine bereits im Gesetz angelegte Systemlücke ergibt sich sodann für den Fall, dass der Unterhaltsverpflichtete nachträglich (beispielsweise bei Verlust der Arbeitsstelle oder Aussteuerung) in einem die pfändbaren Einkommensbestandteile übersteigenden Mass fürsorgeabhängig wird, ohne dass es (vorerst) zu einer den neuen Einkommensverhältnissen entsprechenden Abänderung der Unterhaltsverpflichtung kommt: Diesfalls können die Alimente von vornherein nicht vollstreckt werden, weil Fürsorgeleistungen absolut unpfändbar sind ( Art. 92 Abs. 1 Ziff. 8 SchKG ), was erneut das Risiko birgt, dass die staatlichen Stellen im Endeffekt Doppelzahlungen erbringen müssen. 10. Die Änderung einer Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten ( BGE 127 II 289 E. 3a S. 292; BGE 132 III 770 E. 4 S. 777). Was die äusseren Verhältnisse und die Rechtsanschauung als solche anbelangt, hat sich mit Bezug auf die vorliegend zur Diskussion stehende Frage in den letzten 15 Jahren nichts geändert. Im Übrigen entspräche das System der Mankoteilung zwar allenfalls besserer Erkenntnis der ratio legis von Art. 163 ZGB bzw. Art. 276 i.V.m. Art. 285 ZGB (vgl. E. 4), aber ein Systemwechsel würde in der praktischen Handhabung auf zwei Ebenen zu mannigfaltigen Schwierigkeiten führen, zum einen beim Zusammenspiel mit den Fürsorgebehörden für die allseitige Deckung des verteilten Mankos BGE 135 III 66 S. 80 (dazu E. 7) und zum anderen im Stadium der Zwangsvollstreckung für den Fall des teilweisen oder vollständigen Ausbleibens der Unterhaltsbeiträge (dazu E. 9). Den sich bei der Umsetzung ergebenden Problemen ist angesichts ihrer Komplexität und Tragweite bereits bei der Wahl des Systems für die gerichtliche Festsetzung des geschuldeten Unterhalts Rechnung zu tragen. Für diese kann mit anderen Worten die zivilrechtliche Exegese der massgeblichen materiellen Normen (dazu E. 4) nicht allein massgebend sein; die Schwierigkeiten bei der praktischen Handhabung stellen ernsthafte, sachliche Gründe für die Beibehaltung des Systems der einseitigen Mankoüberbindung dar, welche das Kriterium der besseren Erkenntnis der ratio legis überlagern. Dazu kommt, dass das bisherige System in der Praxis den beteiligten Personen und Behörden vertraut ist und es sich in jeder Hinsicht eingespielt hat, so dass die für eine Praxisänderung sprechenden Gründe umso beherrschender sein müssten. Insgesamt ergibt eine gegenseitige Abwägung der in E. 3-9 dargestellten Elemente, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der Rechtsprechung im Rahmen der geltenden Rechtsordnung nicht gegeben sind. Es wäre vielmehr am Gesetzgeber, gegebenenfalls unter Anpassung der betroffenen Gesetze bzw. Rechtsgebiete eine adäquate und kohärente Lösung für die anerkanntermassen unbefriedigende Situation zu schaffen, die sich aus der einseitigen Mankoüberbindung an die Unterhaltsgläubiger - in der Regel die Ehefrau und naturgemäss immer die Kinder - ergibt.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b506a180-6d68-4b1f-8158-706da4b98e0e
Urteilskopf 96 IV 194 43. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 21 décembre 1970 dans la cause Baillif contre Ministère public du canton de Vaud.
Regeste Üble Nachrede, Art. 173 StGB . Das Kind ist im Verhältnis zu Vater und Mutter ein Dritter.
Erwägungen ab Seite 194 BGE 96 IV 194 S. 194 Le recourant allègue qu'ayant porté atteinte à l'honneur de sa femme en s'adressant à leur fils, il n'a pu commettre le délit de diffamation, l'enfant n'étant pas un tiers, au sens de l'art. 173 CP, par rapport à ses parents. Ce moyen est mal fondé. La jurisprudence a donné du tiers une définition large, que nécessite la protection de l'honneur des personnes (RO 86 IV 209). On ne saurait refuser la qualité de tiers à l'enfant de deux conjoints, car cela permettrait à chacun des parents de porter impunément, devant lui, atteinte à l'honneur de l'autre. Ce serait insupportable, particulièrement lorsqu'il s'agit d'époux vivant séparés dont l'un garde les enfants, tandis que l'autre conserve des relations personnelles avec eux.
null
nan
fr
1,970
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
b50be218-8dc2-48b4-833b-e0d3a0d759e8
Urteilskopf 125 III 141 27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Februar 1999 i.S. S. AG gegen Pro Litteris (Berufung)
Regeste Art. 20 Abs. 2 URG und Art. 59 Abs. 3 URG . Kopiervergütungen; pauschale Tarifansätze. Kopiervergütungen unterstehen zwingend der kollektiven Verwertung (E. 3). Die kollektive Verwertung stützt sich auf behördlich genehmigte Tarife, an die die Zivilgerichte gebunden sind; Tragweite dieser Bindung (E. 4a). Bedeutung von pauschalen Tarifansätzen (E. 4b und 4c).
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 125 III 141 S. 141 Die S. AG betreibt ein Treuhandbüro. Sie beschäftigt einen Angestellten. Zu ihrer Büroeinrichtung gehört ein Kopiergerät. Die Pro Litteris, Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für literarische, dramatische und bildende Kunst, forderte von der S. AG eine pauschale Kopierabgabe von Fr. 30.-- im Jahr. Als die S. AG sich BGE 125 III 141 S. 142 weigerte, diese Abgabe für die Jahre 1995 und 1996 zu bezahlen, setzte die Pro Litteris den Betrag von Fr. 60.-- in Betreibung, worauf die S. AG Rechtsvorschlag erhob. Am 27. Februar 1997 reichte die Pro Litteris beim Obergericht des Kantons Zürich Klage gegen die S. AG ein, mit dem Begehren, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr Fr. 60.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Juli 1996 sowie Fr. 22.-- Zahlungsbefehlskosten zu bezahlen, und es sei der von der Beklagten erhobene Rechtsvorschlag zu beseitigen. Mit Urteil vom 18. März 1998 hiess das Obergericht die Klage gut. Das Bundesgericht weist die von der Beklagten eingelegte Berufung ab, soweit es auf sie eintritt, und bestätigt das Urteil des Obergerichts. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden (Art. 19 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst [URG; SR 231.1]). Erlaubt ist dabei insbesondere auch das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben für die interne Dokumentation ( Art. 19 Abs. 1 lit. c URG ). Wer sich dieser Form des Eigengebrauchs bedient, schuldet jedoch dem Urheber oder der Urheberin hiefür eine Vergütung ( Art. 20 Abs. 2 URG ). Das Recht auf solche Kopiervergütungen gehört -- wie dasjenige auf Vergütungen aus Art. 13 URG (Vermietung von Werkexemplaren), aus Art. 20 Abs. 3 URG (Leerkassetten) oder aus Art. 35 URG (Sendung, Weitersendung oder Vorführung von Aufzeichnungen der Darbietungen ausübender Künstler) -- zu den Vergütungsansprüchen, die das am 1. Juli 1993 in Kraft getretene neue Urheberrechtsgesetz eingeführt hat, um Urheber und ausübende Künstler an den Erträgen von unkontrollierbaren Massennutzungen ihrer Werke und Darbietungen teilhaben zu lassen. Für diese Ansprüche sieht das Gesetz zwingend die kollektive Verwertung vor: Sie können nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften ( Art. 40 ff. URG ) geltend gemacht werden ( Art. 13 Abs. 3, Art. 20 Abs. 4, Art. 35 Abs. 3 URG ). Die Verwertungsgesellschaften, die für diesen Aufgabenbereich unter Bundesaufsicht stehen ( Art. 40 Abs. 1 lit. b und Art. 52 ff. URG ), sind verpflichtet, gestützt auf entsprechende Tarife (Art. 46 f. und 55 ff. URG) die Vergütungsansprüche wahrzunehmen ( Art. 44 URG ) und ihre Verwertung nach festen Regeln und nach dem Gebot der Gleichbehandlung zu besorgen ( Art. 45 Abs. 2 URG ). BGE 125 III 141 S. 143 4. Die Klägerin ist eine zugelassene Verwertungsgesellschaft. Sie ist aufgrund der Bewilligung des Bundesamtes für geistiges Eigentum vom 5. Juli 1993 zur Geltendmachung der Vergütungsansprüche aus den Art. 13, 20 und 22 URG befugt, soweit sie Werke der Literatur, der bildenden Kunst und der Fotographie betreffen. Ihre Forderung gegen die Beklagte stützt die Klägerin auf den Gemeinsamen Tarif 8/VI, der die Kopiervergütungen für den Bereich der Dienstleistungsbetriebe regelt. Dieser Tarif sieht in Ziffer 6.3.4 für Betriebe aus dem Treuhandwesen pauschale Vergütungen vor, die nach der Anzahl der Angestellten abgestuft sind, deren Höhe also nicht von der Kopiermenge abhängt. Beschäftigt ein Betrieb -- wie im vorliegenden Fall die Beklagte -- einen einzigen Angestellten, so beträgt die Vergütung Fr. 30.-- im Jahr. Das Obergericht ist zum Schluss gelangt, die tarifgemässe Pauschalvergütung sei ohne Rücksicht darauf geschuldet, ob geschützte Werke kopiert werden. Damit erübrigte sich für die Vorinstanz ein Beweisverfahren darüber, ob die Beklagte, wie sie behauptete, in der Tat keine veröffentlichten Werke vervielfältigt. Die Beklagte macht geltend, die Auffassung des Obergerichts verletze Bundesrecht, insbesondere die Art. 9, 19 und 20 URG . Sinngemäss rügt sie zudem auch eine Verletzung ihres bundesrechtlichen Beweisführungsanspruchs ( Art. 8 ZGB ; BGE 114 II 289 E. 2a S. 290 f., mit Hinweisen; vgl. auch BGE 122 III 219 E. 3c S. 223). a) Das System der kollektiven Verwertung über Verwertungsgesellschaften trägt den praktischen Schwierigkeiten Rechnung, mit denen die Erfassung von Massennutzungen urheberrechtlich geschützter Werke verbunden ist. Da sich diese Nutzungen der Kontrolle des Urhebers weitestgehend entziehen, wäre für ihn eine individuelle Geltendmachung kaum durchführbar. Umgekehrt wäre es auch für die Werknutzer kaum tragbar, die Vergütungsleistungen für die einzelnen vergütungspflichtigen Werknutzungen mit den jeweiligen Rechtsinhabern je separat abwickeln zu müssen (Botschaft vom 19. Juni 1989, BBl 1989 III 555; Botschaft vom 29. August 1984, BBl 1984 III 233). Die kollektive Wahrnehmung der Vergütungsansprüche soll einerseits eine möglichst vollständige Erfassung der vergütungspflichtigen Nutzungen gewährleisten und anderseits eine einfache, praktikable und berechenbare Einziehung der Vergütungen ermöglichen, was nicht zuletzt auch im Interesse der Werknutzer liegt (KASPAR SPOENDLIN, Zur Rechtsnatur und Bemessung der urheberrechtlichen Vergütung, in: FS 100 Jahre URG, S. 390 f.; CHRISTOPH GASSER, Der Eigengebrauch im Urheberrecht, BGE 125 III 141 S. 144 Diss. Bern 1997, S. 153; vgl. auch CARLO GOVONI, Die Bundesaufsicht über die kollektive Verwertung von Urheberrechten, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Basel, Bd. II/1, S. 383; BERNHARD WITTWEILER, Der Geltungsbereich der schweizerischen Verwertungsgesetzgebung, Diss. Zürich 1988, S. 80 ff., insbes. 81 f.). Die Verwertungsgesellschaften haben für die von ihnen geforderten Vergütungen Tarife aufzustellen ( Art. 46 Abs. 1 URG ), wobei sie gehalten sind, über deren Gestaltung mit den massgebenden Nutzerverbänden zu verhandeln ( Art. 46 Abs. 2 URG ). Sind mehrere Verwertungsgesellschaften im gleichen Nutzungsbereich tätig, so stellen sie einen an einheitlichen Grundsätzen ausgerichteten gemeinsamen Tarif auf und bezeichnen eine unter ihnen als gemeinsame Zahlstelle ( Art. 47 Abs. 1 URG ). Der Tarif ist der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten ( Art. 55 ff. URG ; Art. 1 ff. der Verordnung über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 26. April 1993 [URV; SR 231.11]) zur Genehmigung vorzulegen ( Art. 46 Abs. 3 URG ; Art. 9 ff. URV ). Die Schiedskommission genehmigt den Tarif, wenn er in seinem Aufbau und in den einzelnen Bestimmungen angemessen ist ( Art. 59 Abs. 1 URG ). Ihr Entscheid kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden ( Art. 74 Abs. 2 URG ). Im Anschluss an die Genehmigung ist der Tarif zu veröffentlichen ( Art. 46 Abs. 3 URG ). Rechtskräftig genehmigte Tarife sind nach Art. 59 Abs. 3 URG für die Gerichte verbindlich. Diese Vorschrift dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass ein von der Schiedskommission -- und gegebenenfalls auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin vom Bundesgericht -- gutgeheissener Tarif in einem Forderungsprozess gegen einen zahlungsunwilligen Werknutzer erneut in Frage gestellt werden kann (BARRELET/EGLOFF, Das neue Urheberrecht, N. 10 zu Art. 59 URG ; Botschaft 1989, a.a.O., S. 564; AB 1992 S. 383). Den Zivilgerichten ist es daher verwehrt, einen rechtskräftig genehmigten Tarif erneut auf seine Angemessenheit hin zu prüfen. Sie sind an das Ergebnis der Angemessenheitsprüfung im Genehmigungsverfahren gebunden. Das bedeutet indessen nicht, dass die Verwertungsgesellschaften befugt wären, gestützt auf einen genehmigten Tarif vor den Zivilgerichten auch Vergütungsansprüche geltend zu machen, die mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften unvereinbar sind. Insbesondere ginge es nicht an, auf dem BGE 125 III 141 S. 145 Umweg über einen genehmigten Tarif eine Vergütungspflicht für Tätigkeiten einzuführen, die nach dem Gesetz vergütungsfrei sind. Denn auch die Anwendung genehmigter Tarife hat sich im Rahmen des Gesetzes zu halten. Blosses Tarifrecht kann zwingendes Gesetzesrecht nicht einfach verdrängen (so aber VINCENT SALVADÉ, Les droits à rémunération instaurés par la loi fédérale sur le droit d'auteur et les droits voisins, sic! 1997, S. 454). Eine Auslegung von Art. 59 Abs. 3 URG , welche die Normenhierarchie in dieser Weise auf den Kopf stellte, würde über das Ziel hinausschiessen. Die mit Art. 59 Abs. 3 URG angestrebte Rechtssicherheit ist hinreichend gewährleistet, wenn im zivilgerichtlichen Verfahren eine erneute Angemessenheitsprüfung ausgeschlossen ist. Entgegen der Auffassung, welche die Vorinstanz im angefochtenen Urteil vertritt, bleiben somit die Zivilgerichte befugt und verpflichtet, darüber zu wachen, dass aus den Tarifen im Einzelfall keine gesetzwidrigen Vergütungsansprüche abgeleitet werden. b) Der Gemeinsame Tarif 8/VI, welcher der Klageforderung zugrunde liegt, ist von der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten mit Beschluss vom 21. November 1995 genehmigt und am 9. Januar 1996 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden. Wie sich aus dem Genehmigungsbeschluss ergibt, ist der Tarif aus Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Société suisse des auteurs (SSA) einerseits und einer ganzen Reihe von Nutzerorganisationen und -verbänden andererseits hervorgegangen. Der Genehmigungsbeschluss ist in Rechtskraft erwachsen; er ist offenbar nicht an das Bundesgericht weitergezogen worden. Damit ist der Tarif für die Gerichte grundsätzlich verbindlich geworden. Von seiner Angemessenheit ist daher im vorliegenden Verfahren auszugehen. Wenn die Beklagte behauptet, das blosse Abstellen auf eine Mitarbeiterzahl sei keine sachgerechte Lösung, sondern eine eher willkürliche Komponente, versucht sie in unzulässiger Weise die im Tarif vorgesehene Pauschalvergütung als unangemessen hinzustellen. Insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten. Zu prüfen bleibt hingegen, ob das Obergericht, wie die Beklagte auch und in erster Linie geltend macht, den Gemeinsamen Tarif 8/VI in einer Weise angewandt hat, die zu einem mit dem Gesetz unvereinbaren Ergebnis führt. Eine Vergütung ist nach der gesetzlichen Regelung nur für die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter, veröffentlichter Werke geschuldet (Art. 20 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 19 URG ). Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass BGE 125 III 141 S. 146 sich mit vertretbarem Aufwand gar nicht erfassen lässt, ob und in welchem Umfang die einzelnen Betreiber von Kopiergeräten solche Werke vervielfältigen. Deshalb lässt das Gesetz an die Stelle der genauen Erfassung eine auf Tarife gestützte schematische Festlegung der Vergütungsansprüche treten (Art. 46 f. URG). Die Tarifansätze beruhen auf denjenigen Annahmen über die durchschnittlichen Mengen vergütungspflichtiger Kopien, die in den Verhandlungen zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzerverbänden und im Genehmigungsverfahren vor der Schiedskommission als sachgerecht und angemessen anerkannt worden sind. Der Gemeinsame Tarif 8/VI rechnet grundsätzlich mit einer Entschädigung von 3,5 Rappen pro vergütungspflichtige Kopie (Ziff. 6.1; vgl. auch ERNST HEFTI, Die Tätigkeit der schweizerischen Verwertungsgesellschaften, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. II/1, S. 509). Der Pauschalvergütung von jährlich Fr. 30.--, die für Treuhandbetriebe mit einem Angestellten vorgesehen ist, liegt somit die Annahme zugrunde, dass in einem solchen Betrieb im Jahr durchschnittlich 857 Kopien aus urheberrechtlich geschützten Werken angefertigt werden. Von diesem Durchschnittswert wird die tatsächliche Zahl der vergütungspflichtigen Kopien im Einzelfall mehr oder weniger stark abweichen. Im einen Betrieb wird sie vielleicht ein Mehrfaches von 857 betragen; andernorts fällt möglicherweise während des ganzen Jahres gar keine Kopie aus einem Buch, einer Zeitschrift oder einer Zeitung an. Solche Abweichungen haben bei der Anwendung des Tarifs indessen ausser Betracht zu bleiben. Je nach Lage des Einzelfalls mag der pauschale Tarifansatz zwar als mehr oder weniger unbefriedigend erscheinen. Auf der anderen Seite sind Pauschalierungen aber unvermeidlich. Das Gesetz lässt sie nicht nur zu, sondern gebietet sie auch. Denn die in den Art. 46 f. URG vorgeschriebene tarifgestützte Abwicklung der Vergütungsleistungen kann nur funktionieren, wenn auf anerkannte Durchschnittswerte abgestellt und von den Besonderheiten des Einzelfalls abstrahiert wird. Anders ist die vom Gesetz geforderte «geordnete und wirtschaftliche Verwaltung» ( Art. 45 Abs. 1 URG ) nicht zu bewerkstelligen. Die damit verbundenen Ungenauigkeiten sind in Kauf zu nehmen. Das muss auch dann gelten, wenn in einem Betrieb -- wie dies die Beklagte für den ihren behauptet -- während der ganzen massgebenden Zeitspanne keine vergütungspflichtigen Kopien hergestellt worden sind. Eine Ausnahme rechtfertigt sich hier ebenso wenig wie dort, wo die kopierten Textseiten aus geschützten Werken ein Mehrfaches des BGE 125 III 141 S. 147 Durchschnittswerts erreichen, der dem tarifmässigen Pauschalansatz zugrunde liegt. Die Vorinstanz weist im Übrigen mit Recht darauf hin, dass es im Grenzfall von einigen wenigen oder gar von einer einzigen Kopie abhängt, ob geschützte Werke kopiert werden oder nicht. Solche marginalen Unterschiede fallen jedoch nicht ins Gewicht, wenn man sie mit den Ungenauigkeiten vergleicht, die sich bei Pauschalvergütungen ohnehin ergeben und die Hunderte, wenn nicht Tausende von Kopien umfassen können. c) Dem Obergericht ist somit darin beizupflichten, dass der Einwand der Beklagten, in ihrem Betrieb seien während der Jahre 1995 und 1996 überhaupt keine urheberrechtlich geschützten, veröffentlichten Werke kopiert worden, nicht gehört werden kann und folglich auch keiner beweismässigen Abklärung bedarf. Das angefochtene Urteil verstösst nicht gegen Bundesrecht, sondern steht gegenteils im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben, an denen sich die Verwertungsgesellschaften bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus unkontrollierbaren Massennutzungen auszurichten haben. Was die Beklagte in ihrer Berufung vorbringt, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Unbehelflich ist namentlich das zentrale Argument der Beklagten, der Urteilsspruch des Obergerichts laufe darauf hinaus, dass sie letztlich für Handlungen, die nach dem Gesetz vergütungsfrei sind, insbesondere für die Vervielfältigung ihrer eigenen Erzeugnisse, bezahlen müsse. Das trifft nicht zu. Falls die Beklagte in der Tat, wie sie behauptet, überhaupt keine urheberrechtlich geschützten, veröffentlichten Werke kopiert haben sollte, so ist der Gegenwert für die von ihr zu leistenden Vergütungen vielmehr darin zu sehen, dass ihr -- aufgrund der in Art. 19 Abs. 1 lit. c URG verankerten gesetzlichen Lizenz (BARRELET/EGLOFF, a.a.O., N. 2 zu Art. 19 URG ) -- zumindest die Möglichkeit offen stand, solche Kopien anzufertigen, und zwar ohne mengenmässige Begrenzung. Damit fällt die Argumentation der Beklagten in sich zusammen. Wer -- wie die Beklagte -- ein Kopiergerät betreibt und von einem Pauschaltarif erfasst wird, ist ohne Rücksicht auf die Zahl der tatsächlich angefertigten Kopien aus geschützten Werken vergütungspflichtig, dafür aber auch unabhängig vom Betrag der zu leistenden Vergütungen uneingeschränkt nutzungsberechtigt. d) Im Übrigen ist der Einsatz von Kopiergeräten heute derart verbreitet und selbstverständlich, dass sich mancher Nutzer wohl gar nicht mehr bewusst ist, dass er in die Rechte von Urhebern eingreift, sobald er einen Text oder Textausschnitt aus einer Zeitung, einer Zeitschrift oder einem Buch kopiert, um ihn einem Arbeitskollegen BGE 125 III 141 S. 148 zur Kenntnis zu bringen oder um ihn in einem Ordner, in einer Dokumentationsmappe oder in einem Kundendossier abzulegen und greifbar zu halten. Solche Werknutzungen sind jedoch gerade in der Treuhandbranche aus einem zeitgemässen Geschäftsbetrieb kaum mehr wegzudenken. Zur fachgerechten Erbringung der angebotenen Dienstleistungen dürfte es regelmässig unabdingbar sein, aktuelle Entwicklungen zu verfolgen und in Kundenberatung und Auftragsausführung mitzuberücksichtigen. Treuhandunternehmen werden deshalb kaum mehr darum herumkommen, moderne Kopiertechnik auch für die betriebsinterne Dokumentation einzusetzen. Es liegt auf der Hand, dass dabei -- bewusst oder unbewusst -- in nicht unerheblichem Umfang urheberrechtlich geschützte Werke vervielfältigt werden.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
b51155d4-ef86-4759-a0e8-6d8f682d2e8c
Urteilskopf 119 Ib 442 48. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. November 1993 i.S. S. AG gegen N. und Mitbeteiligte und Staatsrat des Kantons Freiburg (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 24 Abs. 1 RPG ; Ausnahmebewilligung für eine Plastik als Kennzeichen eines Aschenbeisetzungsplatzes auf einer Alp. 1. Aschenbeisetzungsplatz, der durch die Errichtung von drei Pyramiden aus Stahl gekennzeichnet werden soll. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 24 Abs. 1 RPG ist die Anlage als Ganzes zu beurteilen (E. 2). 2. Begriff der nach Art. 24 Abs. 1 RPG bewilligungspflichtigen Anlage (E. 3). 3. Standortgebundenheit eines Begräbnisplatzes auf einer Alp (E. 4)?
Sachverhalt ab Seite 442 BGE 119 Ib 442 S. 442 Die S. AG ist Eigentümerin der Alp Spielmannda in Cerniat/FR. Nach dem am 25. Juni 1991 genehmigten Zonenplan der Gemeinde liegt sie in der Landwirtschaftszone. Der Gesellschaftszweck ist im Handelsregister wie folgt umschrieben: "But: entretien, exploitation et protection dans son état naturel de l'alpage Spielmannda et la mise en terre de cendres funéraires." Die Gesellschaft bietet zur Finanzierung ihrer Investition und des Alpunterhalts jedem Interessierten die Beteiligung am Aktienkapital und gegen Entrichtung einer zusätzlichen Summe eine Begräbnisstätte an, wo die Asche eines Verstorbenen - ohne Urne - unter einer Erdscholle verstreut werden kann. An den Verstorbenen soll nur eine Inschrift auf einer von drei Pyramiden erinnern, BGE 119 Ib 442 S. 443 welche die Gesellschaft als erkennbares Zeichen der Stätte errichten will. Rund 500 m nordöstlich der Alp Spielmannda befindet sich in der Nachbargemeinde Plasselb ein Ferienheim, welches den privaten Beschwerdegegnern gehört. Auf den unmittelbar daneben und leicht überhöht liegenden Schwyberg führt eine Sesselbahn vom Schwarzsee her und verschiedene Skilifte. Am 17. April 1990 stellte die S. AG ein Baugesuch für die Errichtung von drei identischen Pyramiden des Bildhauers A. rund 150 m südwestlich der Alphütte. Die viereckigen Pyramiden bestehen aus rostfarbenem Cortenstahl, haben eine Grundkantenlänge von 3,68 m und sind 2,76 m hoch. Am 2. November 1990 erteilte die Baudirektion des Kantons Freiburg eine Sonderbewilligung für das Vorhaben, welche der Staatsrat des Kantons Freiburg (Exekutive) wegen Verfahrensfehlern aufhob. Am 21. Oktober 1991 erteilte die Baudirektion erneut eine Sonderbewilligung, die der Staatsrat mit Entscheid vom 21. April 1992 wiederum aufhob. Dagegen führt die S. AG mit Eingabe vom 27. Mai 1992 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt, es sei ihr eine Bewilligung im Sinne des Entscheids der Baudirektion vom 21. Oktober 1991 zu erteilen. Subsidiär sei entweder festzustellen, dass ihr Bauvorhaben keiner Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG bedürfe, oder es sei ihr eine solche Bewilligung zu erteilen, oder die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. Nach den Art. 22 Abs. 1 und 24 Abs. 1 RPG (SR 700) dürfen Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet werden. Vorab ist zu klären, was genau Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, und ob es sich dabei, was die Beschwerdeführerin bestreitet, um eine bewilligungspflichtige Anlage im Sinne dieser Bestimmungen handelt. a) Die Ausnahmebewilligung des Baudepartements, welche die Standortgebundenheit bejahte, bezog sich einzig auf die Pyramiden "à caractère symbolique". Der Staatsrat wirft die Frage auf, ob die Begräbnisstätte, welche sie kennzeichnen sollen, einen Standort ausserhalb der Bauzone beanspruchen könne, was er verneint, da die BGE 119 Ib 442 S. 444 Gemeinden Bestattungsorte in genügender Anzahl anbieten und der Ort auf der Alp Spielmannda nicht besonders geeignet sei. Da die Aschenbeisetzung, wenn nicht ein äusseres Zeichen darauf hinweisen würde, möglicherweise nicht vom eidgenössischen Raumplanungsgesetz erfasst würde (was er offenlässt), aber gerade die als Kennzeichen geplanten Pyramiden Verfügungsgegenstand bildeten, prüft er die nach Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG notwendige Beziehung zur Landschaft allein unter dem Gesichtspunkt, ob die Skulpturen am gewählten Ort für sich allein genommen als Gesamtkunstwerk ein untrennbares Ganzes mit der Umgebung bilden. b) Der Staatsrat geht im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die Pyramiden das äussere Kennzeichen des Bestattungsortes darstellen. Die Beschwerdeführerin wirft ihm deswegen eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vor. Wohl um der von den Beschwerdegegnern erhobenen Einwendung zu begegnen, dass die Skulpturen einer lukrativen Geschäftstätigkeit dienen sollten, will sie in der Beisetzung von Asche nur eine subsidiäre Geschäftstätigkeit sehen, welche ihr die Mittel zur Erreichung ihres primären und rein idealen Zwecks verschaffen solle, nämlich die in ihrem natürlichen Bestand durch konkrete Skitourismusprojekte bedrohte Alp zu erhalten. Die Pyramiden an der Stelle, wo die Beschwerdegegner eine Skipiste planten, sollten dem Schutz dagegen dienen und die Schutzmächte der Alp symbolisieren. c) Offensichtlich kennzeichnen die drei Pyramiden den Aschenbeisetzungsort. Das ergibt sich schon daraus, dass sie mit den Inschriften der Namen der hier Beigesetzten versehen werden sollen und wird durch die früheren Erklärungen der Beschwerdeführerin bestätigt. Auch die von ihr angestrebte symbolische Wirkung beruht auf der organischen Verbindung von Plastik und Begräbnisplatz, soll doch dargestellt werden, dass sowohl die Lebenden als auch die Verstorbenen für den Schutz der Alp vor menschlichen Ein- bzw. Übergriffen einstehen. Die Pyramiden bilden somit einen integrierenden Bestandteil des Begräbnisplatzes und sind dementsprechend unter raumplanungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht isoliert, sondern mit diesem zusammen als Einheit zu beurteilen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Errichtung eines durch drei Pyramiden gekennzeichneten Begräbnisplatzes auf der Alp Spielmannda. Ob die Pyramiden für sich allein genommen als Kunstwerke einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG zugänglich wären, braucht unter diesen Umständen nicht geprüft zu werden. BGE 119 Ib 442 S. 445 3. a) Der bundesrechtliche Begriff "Bauten und Anlagen" ist vom Gesetzgeber nicht näher umschrieben worden. Nach Lehre und Rechtsprechung gelten als "Bauten und Anlagen" jedenfalls jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und die Nutzungsordnung zu beeinflussen vermögen, weil sie entweder den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen (EJPD/BRP, Erläuterungen zum RPG, Bern 1981, Rz. 4 ff. zu Art. 22 mit Hinweisen). Das kantonale Recht darf den Umfang der nach Bundesrecht bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen nicht unterschreiten ( BGE 113 Ib 314 E. 2b mit Hinweis). b) Es kann kein Zweifel bestehen, dass der Begräbnisplatz mit der Pyramiden-Gruppe erheblich in Erscheinung tritt und die Umwelt verändert. Die Plastik bildet schon allein durch ihre Ausmasse einen markanten Kontrast zur Landschaft, und die Nutzung des Orts als Begräbnisplatz hebt ihn zumindest gefühlsmässig deutlich von seiner Umgebung ab, selbst wenn die landwirtschaftliche Nutzung kaum beeinträchtigt wird. Das Projekt der Beschwerdeführerin ist eine bewilligungspflichtige Anlage im Sinn von Art. 24 Abs. 1 RPG . 4. Die Errichtung der Pyramiden-Gruppe hat keinen Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Alp und ist daher in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform. Nach Art. 24 Abs. 1 RPG dürfen zonenfremde Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nur erstellt werden, wenn ihr Zweck einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und wenn keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Bauvorhaben standortgebunden, wenn es aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist, oder wenn ein Werk wegen seiner Immissionen in einer Bauzone ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen beurteilen sich nach objektiven Massstäben, auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des einzelnen kommt es dabei nicht an (Zusammenfassung der Rechtsprechung in BGE 118 Ib 17 E. 2b mit Hinweisen). b) Ein Begräbnisplatz der hier zur Diskussion stehenden Art ist sowenig wie ein herkömmlicher Friedhof objektiv an einen bestimmten Standort ausserhalb des Siedlungsgebiets gebunden. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Staatsrates befinden sich im Kanton Freiburg die Friedhöfe in der Regel in der Bauzone BGE 119 Ib 442 S. 446 oder in speziellen Zonen, nicht in der Landwirtschaftszone, und die für das Bestattungswesen zuständigen Gemeinden bieten Bestattungsplätze in genügender Zahl an. Daraus hat der Staatsrat gefolgert, das vorliegende Projekt zur Beisetzung der Asche sei zur Deckung des Bedarfs nicht erforderlich und könne allein unter diesem Aspekt keinen Standort ausserhalb der Bauzone für sich beanspruchen, und er sei auch nicht von Natur aus geradezu prädestiniert für die Aschenbeisetzung. Mit dieser Begründung, mit welcher der Staatsrat die Standortgebundenheit des Begräbnisplatzes - und damit der Pyramiden - verneint, hat er Art. 24 Abs. 1 RPG nicht verletzt. Die Standortgebundenheit ist aber unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung einer raumplanungsrechtlichen Ausnahmebewilligung; da sie vorliegend nicht gegeben ist, hat der Staatsrat das Vorhaben der Beschwerdeführerin mit Recht nicht bewilligt.
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
b512ef9e-6b89-414c-b12f-c796ed421863
Urteilskopf 100 V 17 4. Auszug aus dem Urteil vom 8. Januar 1974 i.S. De Girolamo gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Kumulation von Rente und Abfindung ( Art. 76 und 82 Abs. 1 KUVG ). Neben der Rente für organisch bedingte Folgen eines Unfalls kann für dessen psychische Rückwirkungen eine Abfindung gewährt werden.
Erwägungen ab Seite 17 BGE 100 V 17 S. 17 Aus den Erwägungen: a) Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht erwartet werden kann und der Unfall eine voraussichtlich bleibende Erwerbsunfähigkeit hinterlässt, so hören die bisherigen Leistungen auf, und der Versicherte erhält eine Invalidenrente ( Art. 76 KUVG ). b) Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht erwartet werden kann, jedoch die Annahme begründet ist, dass der Versicherte nach Erledigung seiner Versicherungsansprüche und bei Wiederaufnahme der Arbeit die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werde, so hören die bisherigen Leistungen auf, und der Versicherte erhält statt einer Rente eine Abfindung ( Art. 82 Abs. 1 KUVG ). Diese Bestimmung ist auf Versicherte anwendbar, die sich von den somatischen Unfallfolgen erholt haben, aber durch psychogene Störungen von der Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit abgehalten werden. In derartigen Fällen soll die Abfindung den Verunfallten von der Versicherung lösen und ihm eine schrittweise Wiedergewöhnung an seine Arbeit ermöglichen (EVGE 1950 S. 82, 1951 S. 8 und 1960 S. 265 f.; nicht publizierte Urteile vom 17. April 1969 i.S. Schlaubitz und vom 23. Mai BGE 100 V 17 S. 18 1972 i.S. Wasmer). Nach der Rechtsprechung, an der gemäss Beschluss des Gesamtgerichts vom 7. Juni 1971 (im Hinblick auf BGE 96 II 396 Erw. 2) festzuhalten ist, haftet die SUVA nur für die Unfall- und Behandlungsneurosen. Dagegen sind die Renten- oder Begehrungsneurosen von der Versicherung ausgeschlossen, weil es hier an einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang zwischen diesen Störungen und dem Unfall gebricht (nicht publizierte Urteile vom 24. August 1971 i.S. Parisenti und vom 6. September 1973 i.S. Perilli; vgl. ferner MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl., S. 255 ff.; EVGE 1960 S. 260 und 1950 S. 77). c) Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin verbietet die neuere Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts die gleichzeitige Gewährung von Rente und Abfindung nicht. Bereits im nicht publizierten Urteil vom 19. Juli 1962 i.S. Piller schützte das Gericht eine Verfügung der SUVA, worin für die organischen Folgen des Unfalls eine Rente gewährt und die damit verbundene Neurose nach Art. 82 KUVG abgefunden wurde. Und im nicht publizierten Urteil vom 13. Mai 1971 i.S. Birrer wurde festgestellt, dass neben der Abfindungssumme auch eine Invalidenrente gewährt werden könne (vgl. dazu auch MAURER, a.a.O., S. 260).
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b5174c53-66fd-40c9-8d1a-a9ccea5cac11
Urteilskopf 115 III 91 20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. Oktober 1989 i.S. A. gegen B. (Berufung).
Regeste Art. 56 Ziff. 3, 63 und 83 Abs. 2 SchKG . Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein ordentliches Rechtsmittel vor und fällt das Ende der Rechtsmittelfrist in die Betreibungsferien, ist Art. 63 SchKG anwendbar (Bestätigung der Rechtsprechung); Auswirkungen auf die Frist zur Aberkennungsklage ( Art. 83 Abs. 2 SchKG ).
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 115 III 91 S. 92 A.- Am 5. Januar 1988 eröffnete B. die Betreibung gegen A. im Betrag von Fr. 14'000.--. Nachdem A. Rechtsvorschlag erhoben hatte, gab der Einzelrichter für Schuldbetreibung und Konkurs Nidwalden dem Rechtsöffnungsgesuch des B. mit Entscheid vom 14. März 1988 statt. B.- Mit Eingabe vom 25. April 1988 erhob A. beim Kantonsgericht Nidwalden Aberkennungsklage gegen B. Am 13. Juli 1988 erkannte die Zivilabteilung I des Kantonsgerichts Nidwalden im Sinne eines Teilentscheides, dass auf die Aberkennungsklage nicht eingetreten werde, C.- Die dagegen von A. erhobene Appellation wies das Obergericht (II. Zivilabteilung) des Kantons Nidwalden mit Urteil vom 16. März 1989 ab. D.- Gegen dieses Urteil hat A. Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur einlässlichen Beurteilung an das Obergericht oder vielmehr an das Kantonsgericht des Kantons Nidwalden. B. schliesst auf Abweisung der Berufung, während das Obergericht auf Gegenbemerkungen verzichtet hat. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG kann der Betriebene binnen zehn Tagen seit Erteilung der Rechtsöffnung auf dem Wege des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen. Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein ordentliches Rechtsmittel vor, so beginnt die Frist für die Einreichung der Aberkennungsklage erst mit dem Entscheid der oberen Instanz oder aber mit dem unbenutzten Ablauf der Rechtsmittelfrist zu laufen ( BGE 104 II 141 ff.; BGE 100 III 76 /77 mit Hinweisen). a) Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist vom Obergericht des Kantons Nidwalden verbindlich festgehalten worden, dass der Kläger den gegen ihn ausgefällten Rechtsöffnungsentscheid am 21. März 1988 zugestellt erhalten hat. Die zehntägige Frist des vom kantonalen Recht als ordentliches Rechtsmittel vorgesehenen Rekurses ist somit am 22. März 1988 in Gang gesetzt worden, um am 31. März 1988 zu enden. Da dieser Termin in die Ostergerichtsferien gefallen und der Fristenlauf nach dem damals anwendbaren kantonalen Recht während der Gerichtsferien nicht gehemmt BGE 115 III 91 S. 93 worden sei, habe sich die Rekursfrist bis zum ersten Werktag nach den Gerichtsferien, somit bis zum 11. April 1988, verlängert. Zu diesem Zeitpunkt sei der Rechtsöffnungsentscheid zufolge unbenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und habe gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG zugleich die Aberkennungsklagefrist zu laufen begonnen. Die Klageanhebung hätte demnach bis am 21. April 1988 erfolgen müssen, weshalb das Kantonsgericht auf die erst am 25. April 1988 erfolgte Eingabe zu Recht nicht eingetreten sei. b) Streitig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob vom Obergericht Bundesrecht verletzt worden ist, indem es bei der Bestimmung des den Fristenlauf gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG auslösenden Zeitpunktes die Art. 56 Ziff. 3 und 63 SchKG ausser acht gelassen hat. 3. Nach Art. 56 Ziff. 3 SchKG dürfen - abgesehen von vorliegend nicht interessierenden Ausnahmen - während der Betreibungsferien keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden. Art. 63 SchKG sieht vor, dass die Betreibungsferien den Fristenlauf nicht hemmen; wenn indessen das Ende einer Frist in die Zeit der Ferien fällt, so wird die Frist bis zum dritten Werktage nach dem Ende der Ferienzeit verlängert ( Art. 63 SchKG in Verb. mit BGE 80 III 105 /106). a) Nach herrschender Lehre und gefestigter Rechtsprechung gilt die Erteilung der Rechtsöffnung als Betreibungshandlung ( BGE 96 III 49 E. 3 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; vgl. aus dem neueren Schrifttum etwa AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. 1988, § 11, Rz. 27, S. 96; GILLIERON Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. A. 1988, S. 99 unten; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, § 13 Rz. 21, Anm. 39, S. 129). Während der Betreibungsferien darf deshalb keine Rechtsöffnungsverhandlung abgehalten und die Rechtsöffnung nicht ausgesprochen werden. Folgerichtig hat die Rechtsprechung bereits früh festgehalten, dass für das Rekursverfahren in Rechtsöffnungssachen gleiches zu gelten hat, sofern nach kantonalem Recht ein solches Rechtsmittelverfahren vorgesehen ist. Endlich hat sie es als naheliegend erachtet, Art. 63 SchKG gleichermassen auf die Rekursfrist anzuwenden, denn diese Bestimmung soll nicht nur die Fristen im Auge haben, innert denen eine behördliche Handlung im Sinne von Art. 56 SchKG vorzunehmen ist, sondern auch diejenigen, die dem Schuldner zur Wahrung seiner Interessen BGE 115 III 91 S. 94 gesetzt Sind ( BGE 50 I 226 f. E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 50 III 11 ). Dabei ist nicht übersehen worden, dass die Einführung der Rekursmöglichkeit in Rechtsöffnungssachen und damit die Ausgestaltung der Rekursfrist dem kantonalen Recht anheimgestellt bleiben; obwohl aber die Kantone nach Art. 25 Ziff. 2 SchKG zur Regelung des summarischen Prozessverfahrens befugt sind, soll eine allgemeine Verfahrensvorschrift des SchKG dann zur Anwendung gelangen, wenn Sinn und Zweck des Gesetzes dies erfordern. Dies trifft nach der Rechtsprechung auf Art. 63 SchKG zu, und zwar in Rechtsöffnungssachen auch gegenüber der kantonalrechtlich geregelten Rekursfrist ( BGE 50 I 227 /228). Wird damit dem Schuldner nicht zugemutet, sich während der Betreibungsferien Klarheit darüber zu verschaffen, ob er den Rechtsöffnungsentscheid anfechten will, muss dies notwendigerweise auch Auswirkungen auf die Frist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG zeitigen. Diese Soll erst zu laufen beginnen, wenn der Entschluss des Schuldners, den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters in Rechtskraft erwachsen zu lassen, als gesichert feststeht. Letzteres aber ist bei Rechtsöffnungsentscheiden, bei denen die Rekursfrist wie vorliegend innerhalb der Betreibungsferien abläuft, gemäss Art. 63 SchKG erst nach Ablauf der Betreibungsferien sowie weiterer drei Tage der Fall. b) Die dargelegte Rechtsprechung, die ihren Niederschlag in kantonalen Urteilen gefunden hat (etwa ZR 82/1983 Nr. 29, S. 60 ff.; BlSchK 46/1982, Nr. 13, S. 56 ff.), ist auch von der Lehre gebilligt worden (AMONN, a.a.O., § 11 Rz. 44 sowie GILLIERON, a.a.O., S. 99; kritisch jedoch FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 13 Rz. 5, Anm. 6, S. 122). Auch im vorliegenden Fall besteht keine Veranlassung, von dieser langjährigen Praxis abzuweichen. Demgemäss hätte der Kläger - in Anwendung von § 16 Ziff. 2 der nidwaldischen Einführungsverordnung zum SchKG in Verbindung mit Art. 63 SchKG - bis zehn Tage nach Ostern, mithin bis zum 13. April 1988 Zeit gehabt, den Rechtsöffnungsentscheid mittels Rekurs anzufechten. Die für die Klagefrist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG entscheidende Rechtskraft trat somit erst am 14. April 1988 ein, weshalb die Vorinstanz die am Montag, den 25. April 1988, nach Art. 31 Abs. 1 und 3 SchKG fristgerecht angehobene Aberkennungsklage zu Unrecht als verspätet erachtet hat. Der angefochtene Entscheid ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben.
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Urteilskopf 107 Ia 206 42. Arrêt de la Ire Cour de droit public du 2 décembre 1981 dans la cause D. c. Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 4 BV ; Willkür. Die Einziehung der im Hinblick auf eine vorläufige Freilassung geleisteten Sicherheiten ist unzulässig, wenn sie nach Beginn des Strafvollzuges erfolgt (E. 2). Kein treuwidriges Handeln des Verurteilten, wenn er die Freigabe der Kaution verlangt, nachdem er im Laufe des Strafvollzuges die Flucht ergriffen hat (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 206 BGE 107 Ia 206 S. 206 Détenu préventivement à Genève sous l'inculpation de diverses infractions contre le patrimoine, le Français D. a été mis en liberté provisoire le 30 octobre 1979, moyennant versement d'une caution de 100'000 fr. Le 21 octobre 1980, la Cour d'assises du canton de Genève l'a condamné, pour escroquerie par métier, à 5 ans de réclusion, 1'000 fr. d'amende et 10 ans d'expulsion du territoire suisse. D. se trouvait alors à nouveau en détention préventive depuis près d'un mois, pour les besoins d'une seconde instruction ouverte contre lui. Le 4 novembre 1980, sa détention préventive a pris fin et il a alors commencé formellement à exécuter la peine prononcée contre lui par la Cour d'assises. Profitant d'un congé, D. a quitté la Suisse le 11 janvier 1981; il n'a pas réintégré l'établissement pénitentiaire depuis lors. Le 14 janvier 1981, le procureur général du canton de Genève a ordonné la contrainte des sûretés déposées le 30 octobre 1979 - lesquelles, frappées d'un séquestre au sens des art. 271 ss LP , n'avaient pas été libérées précédemment - et leur dévolution à l'Etat de Genève, sous réserve d'un montant de 1'000 fr. affecté au paiement de l'amende. BGE 107 Ia 206 S. 207 D. a recouru contre cette décision auprès de la Chambre d'accusation du canton de Genève. Cette dernière a, par ordonnance du 2 juillet 1981, rejeté le recours. Laissant ouverte la question de savoir s'il était admissible, au regard de la loi, de ne pas restituer les sûretés au condamné qui a commencé à exécuter sa peine, elle a considéré qu'en l'occurrence, la mauvaise foi de D. justifiait une telle solution. Agissant par la voie du recours de droit public, D. demande au Tribunal fédéral principalement d'annuler l'ordonnance précitée et de renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle statue à nouveau, subsidiairement d'annuler la décision du procureur général du 14 janvier 1981 et de dire que la caution est dégagée depuis le 22 septembre 1980. Il invoque une violation de l' art. 4 Cst. en faisant valoir que la décision entreprise est arbitraire à un double point de vue: d'une part, le refus de l'autorité cantonale de statuer sur la correcte application du droit cantonal constituerait à ses yeux un déni de justice formel, d'autre part, l'application au cas présent du principe de la bonne foi reposerait, selon lui, sur des considérations manifestement insoutenables. Dans ses observations, le procureur général du canton de Genève conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) En tant qu'il est dirigé principalement contre l'ordonnance de la Chambre d'accusation, le recours est recevable. En revanche, dans la mesure où il tend subsidiairement à l'annulation de la décision du procureur général, il est irrecevable, étant donné que l'autorité cantonale de recours a statué avec un plein pouvoir d'examen ( ATF 106 Ia 55 consid. 2; ATF 104 Ia 83 consid. 2b, 136 consid. 2a, 204 consid. 1b et arrêts cités). b) En outre, sous réserve d'exceptions dont les conditions ne sont pas réalisées en l'espèce, le recours de droit public ne peut tendre qu'à l'annulation de la décision attaquée ( ATF 106 Ia 54 consid. 1; ATF 105 Ia 28 consid. 1; ATF 104 Ia 32 consid. 1 et renvois). Les conclusions du recourant qui sortent de ce cadre, notamment celles qui tendent à ce que le Tribunal fédéral donne des injonctions positives à l'autorité cantonale, sont ainsi irrecevables. 2. Il convient de relever préliminairement que les sûretés déposées par le recourant pour sa mise en liberté provisoire n'ont pas été dégagées lorsque celui-ci a commencé à exécuter sa peine, comme elles doivent BGE 107 Ia 206 S. 208 normalement l'être d'office. Il est toutefois sans intérêt pour la présente procédure de s'interroger sur les raisons pour lesquelles tel n'a pas été le cas. On retiendra seulement ici que cette circonstance a permis au procureur général d'ordonner la contrainte desdites sûretés en cours d'exécution de la peine. On remarquera à ce propos que l'autorité cantonale ne se prononce pas sur la légalité de cette mesure dans une telle hypothèse et qu'elle laisse la question ouverte. La Cour de céans doit toutefois examiner en premier lieu si les conditions posées par la loi pour contraindre les sûretés sont remplies dans le cas particulier. a) Les dispositions qui définissent le but et la nature des sûretés en droit genevois figurent au titre deuxième du Code de procédure pénale du 29 septembre 1977 (CPP gen.), qui traite de la "Recherche des infractions et de leurs auteurs". Elles sont comprises dans le chapitre III de ce titre consacré à l'instruction préparatoire, et dans sa section 6 intitulée "Mise en liberté". Ainsi, selon l'art. 155, la mise en liberté provisoire peut être accordée à un inculpé détenu préventivement moyennant sûretés ou obligations; l'art. 156 al. 1 précise pour sa part que les sûretés ont pour but de garantir la présence de l'inculpé aux actes de la procédure et sa soumission au jugement. Il ressort du texte même de ces dispositions et de l'emplacement qu'elles occupent dans la systématique de la loi que la mise en liberté sous caution est une institution spécifiquement liée à la détention préventive. Considérée comme un succédané de cette dernière, elle constitue un cas d'application du principe de la proportionnalité, en vertu duquel le maintien en détention pour les besoins de l'instruction représente l'ultima ratio. Bien qu'il puisse entraîner des inégalités de traitement entre prévenus selon leur situation économique, le principe même des sûretés destinées à garantir la comparution ultérieure de l'inculpé devant l'autorité de jugement est largement admis dans la doctrine et la jurisprudence (voir ATF 105 Ia 187 consid. 4; arrêt de la Cour européenne Wemhoff du 27 juin 1968, in Annuaire 1968, p. 807 par. 15; avis de la Commission européenne du 5 décembre 1979, in SJ 1980 p. 586; G. ZIRILLI, Problèmes relatifs à la détention préventive, thèse Lausanne 1975 p. 29; CHRISTIAN NILS ROBERT, La détention préventive en Suisse romande et notamment à Genève, p. 84 ss). b) Il découle de sa nature de succédané de la détention préventive que la caution ne peut être exigée que si et aussi longtemps qu'il existe BGE 107 Ia 206 S. 209 un motif de détention préventive ( ATF 95 I 204 ; SJ 1976 p. 186). Par conséquent, elle doit être libérée dès qu'elle n'a plus sa raison d'être, c'est-à-dire lorsque les actes de procédure dont elle devait assurer le déroulement ont été exécutés et que le risque qu'elle avait pour but de prévenir a ainsi disparu (cf. FRANÇOIS CLERC, Initiation à la justice pénale en Suisse, p. 174). Les dispositions régissant la libération et l'exécution des sûretés font directement suite, dans le Code de procédure genevois, à celles dont il a été question ci-dessus. L'art. 161, en particulier, prescrit que les sûretés sont dégagées si la liberté provisoire prend fin, ou en cas de classement, de non-lieu, d'acquittement, d'absolution, de décès, ou lorsque l'inculpé s'est présenté aux actes de procédure pour l'exécution du jugement. Cette règle trouve son équivalent notamment à l' art. 57 PPF , qui précise que les sûretés sont dégagées lorsque la détention ne se justifie plus. D'autres codes de procédure cantonaux contiennent des dispositions analogues (voir notamment en ce qui concerne le Code de procédure bernois, M. WAIBLINGER, Das Strafverfahren des Kantons Bern, ad art. 132, p. 209 ss). Le but de la loi genevoise sur ce point ne comporte de la sorte aucune équivoque. Aussi a-t-on quelque peine à comprendre les hésitations exprimées par l'autorité cantonale au sujet de la portée exacte de la caution, en particulier sa référence à un "usage genevois" en la matière. Le texte de la loi, de même que les conceptions communément admises à cet égard, devaient l'amener à la conclusion que la caution n'a d'autre but que de garantir la comparution ultérieure du prévenu aux actes de la procédure pour l'exécution du jugement, mais qu'elle ne vise en revanche pas à assurer l'exécution complète de la peine à laquelle ce dernier pourrait être condamné. c) Il appert en l'espèce que le recourant, en se présentant tout d'abord à l'audience de jugement puis en commençant, à sa demande, l'exécution de sa peine, a accompli toutes les obligations légales dont le dépôt de la caution devait garantir l'exécution. Le séquestre intervenu entre-temps ne changeait en soi rien au sort que les dispositions de procédure pénale réservent aux sûretés, une fois que leur but a été atteint. Pour être admissible, la mesure de contrainte ordonnée par le procureur général en raison de la fuite ultérieure du recourant eût impliqué que la garantie offerte par le dépôt de la caution portât également sur l'exécution de la peine. Or, aucun motif tiré de la loi n'autorise une telle extension de l'usage de la caution. On chercherait en vain une disposition permettant au procureur général de s'opposer, comme il BGE 107 Ia 206 S. 210 l'a fait dans la présente espèce, à la libération de la caution après le début de l'exécution de la peine. C'est à tort, notamment, que dans ses observations sur le recours de droit public, ce dernier fait appel au texte de l' art. 162 al. 1 CPP gen. Certes, cette disposition déclare les sûretés exécutoires si l'inculpé se soustrait systématiquement à l'exécution du jugement. Elle doit cependant être mise en relation avec les art. 156 et 161 CPP gen., qui définissent respectivement le but des sûretés et le moment de leur libération. En aucun cas, sa portée ne saurait s'étendre au-delà de ces limites légales. Une interprétation extensive de l' art. 162 al. 1 CPP gen. serait manifestement insoutenable. Elle conduirait en effet à admettre la possibilité de bloquer, pendant toute la durée de l'exécution d'une peine, des sûretés qui, pour une raison quelconque, n'auraient pas été libérées à la fin de la détention préventive. Cela reviendrait à introduire un but étranger à celui que le législateur genevois a voulu atteindre en instituant la mise en liberté sous caution. Sous cet angle, la décision de l'autorité cantonale confirmant celle du procureur général, viole les dispositions claires de la loi cantonale et ne peut, dès lors, être maintenue. 3. Il reste cependant à voir si, comme le retient l'autorité cantonale, la libération des sûretés que réclame le recourant se heurte, en l'espèce, au principe de la bonne foi. Selon l'ordonnance déférée, en effet, le recourant, en voulant s'opposer à la décision du procureur général alors même qu'il se trouve en fuite et se soustrait ainsi systématiquement à l'exécution de sa peine, commettrait un abus de droit. a) Il convient tout d'abord de relever que l'autorité cantonale, lorsqu'elle reproche au recourant son comportement abusif, se réfère au moment où ce dernier a pris la fuite, soit postérieurement à la date de sa seconde mise en liberté provisoire, destinée à lui permettre de subir sa peine. En revanche, elle n'affirme nulle part qu'il aurait manifesté une attitude contraire à la bonne foi déjà au moment du début de l'exécution de la peine, lorsque la libération des sûretés aurait dû normalement avoir lieu. Or, à ce moment-là, ainsi qu'il a été dit plus haut, les obligations que la caution était destinée à garantir, conformément à l' art. 156 CPP gen., avaient toutes été exécutées par le recourant. L'abus de droit que retient l'autorité cantonale se rapporte donc exclusivement à la violation d'une obligation ultérieure, à savoir l'exécution effective de la peine, qui se distingue des précédentes par sa nature et dont la BGE 107 Ia 206 S. 211 caution n'est pas destinée à garantir l'accomplissement. Le principe de la bonne foi ancré à l' art. 2 CC et étendu par le Tribunal fédéral, dans sa jurisprudence relative à l' art. 4 Cst. , à l'ensemble des domaines du droit et en particulier à la procédure civile et pénale ( ATF 104 IV 94 consid. 3a; 102 Ia 579 consid. 6; ATF 101 Ia 44 consid. 3; ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, p. 139), ne saurait cependant avoir une application toute générale, mais doit au contraire se rapporter à l'exécution d'une obligation déterminée. A cet égard déjà, la façon de voir de l'autorité cantonale est erronée. b) Mais c'est surtout en ce qu'elle méconnaît le sens et les fondements mêmes du principe de la bonne foi et de son corollaire l'interdiction de l'abus de droit que la décision attaquée est insoutenable. On rappellera que d'une manière générale, le principe de la bonne foi ne peut primer celui de la légalité et donner au juge le pouvoir de modifier comme il l'entend la loi ou d'en faire purement abstraction (KATHARINA SAMELI, Treu und Glauben im öffentlichen Recht, RDS vol. 96 (1977), t. II, p. 312). En particulier, la référence au principe de la bonne foi ne permet pas au juge d'introduire dans le droit toutes sortes de postulats d'éthique sociale que le législateur n'a pas voulu y insérer. Pour les droits dérivant directement de la loi, la détermination de leur contenu selon les règles de la bonne foi se rapproche d'une interprétation téléologique de la règle légale correspondante, l'angle de vue de la confiance ne pouvant modifier fondamentalement le résultat (HENRI DESCHENAUX, Titre préliminaire du Code civil, p. 143). Bien plus, lorsque le but d'une disposition légale est défini clairement ou qu'il revêt un caractère absolu, comme c'est le cas des règles de procédure, il n'y a normalement pas place pour une adaptation au cas particulier sous le signe de la bonne foi (DESCHENAUX, ibidem). Quant à la règle prohibant l'abus de droit, elle autorise certes le juge à corriger les effets de la loi dans certains cas où l'exercice d'un droit allégué créerait une injustice manifeste (MERZ, Kommentar n. 21 ad art. 2 CC ). Toutefois, son application doit demeurer restrictive et se concilier avec la finalité, telle que l'a voulue le législateur, de la norme matérielle applicable au cas concret (MERZ, Kommentar n. 55-58; DESCHENAUX, op.cit., p. 144). Ainsi, pour être qualifié d'abusif, l'exercice d'un droit doit aller à l'encontre du but même de la disposition légale qui le consacre, de telle sorte que l'écart entre le droit exercé et l'intérêt qu'il est censé protéger soit manifeste (DESCHENAUX, ibidem). En définitive, l'application des règles de la bonne BGE 107 Ia 206 S. 212 foi ne saurait en aucun cas servir à vider la loi de sa substance et à réaliser des objectifs que le législateur, conscient des divers intérêts qu'il avait à prendre en considération, n'a pas voulu atteindre. c) Dès lors que le dépôt des sûretés n'a pas pour but de garantir l'exécution de la peine, mais uniquement d'assurer la participation du prévenu à l'instruction et à l'audience de même que son incarcération en cas de condamnation à une peine ferme, l'autorité cantonale ne pouvait, au regard des principes rappelés ci-dessus, s'appuyer sur le comportement jugé contraire à la bonne foi du recourant en cours d'exécution de la peine pour contraindre les sûretés. Elle était d'autant moins fondée à le faire que celles-ci auraient dû être antérieurement libérées. Sa décision est ainsi entachée d'arbitraire. Le recours de droit public doit donc être admis et la décision attaquée annulée, les droits des créanciers quant à la réalisation du séquestre sur le plan civil étant au demeurant réservés. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours dans la mesure où il est recevable et annule la décision attaquée.
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Urteilskopf 108 V 109 28. Extrait de l'arrêt du 19 juillet 1982 dans la cause Caisse cantonale genevoise d'assurance contre le chômage contre Severi et Commission cantonale de recours en matière d'assurance-chômage, Genève
Regeste Art. 54 Abs. 2 AlVG , 35 OG und 24 VwVG. Die Wiederherstellung einer Frist ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Die Art. 35 OG und 24 VwVG sind im Bereich der Arbeitslosenversicherung analog anzuwenden. In casu Gewährung der Wiederherstellung aufgrund eines im Ausland erlittenen Unfalls.
Erwägungen ab Seite 109 BGE 108 V 109 S. 109 Extrait des considérants: 2. La caisse soutient tout d'abord que les premiers juges n'auraient pas dû entrer en matière sur le recours formé hors délai auprès d'eux par l'assuré, car celui-ci n'a pas apporté la preuve de la date à laquelle l'empêchement qu'il alléguait avait pris fin. a) Bien que la législation fédérale sur l'assurance-chômage ne contienne aucune prescription sur la restitution du délai de recours en procédure cantonale, contrairement à ce qui est le cas, par exemple, dans le domaine de l'AVS et des assurances soumises à la même procédure que celle-ci ( art. 96 LAVS ; ATF 102 V 243 ; voir toutefois, s'agissant de litiges concernant des cotisations d'assurance-chômage, l'art. 33 AAC), il est de jurisprudence constante que les décisions cantonales en la matière peuvent être BGE 108 V 109 S. 110 déférées au Tribunal fédéral des assurances par la voie du recours de droit administratif (DTA 1980 no 31 p. 64 consid. 2 et les arrêts cités). b) En l'espèce, il ressort du dossier qu'à la date où la décision du Service de l'assurance-chômage rejetant son recours était prononcée, c'est-à-dire le 22 janvier 1980, l'assuré s'est rendu en Italie, en principe avec l'intention de rentrer à Genève le même jour. Toutefois, s'étant fracturé la rotule à la suite d'une chute, il fut contraint de prolonger son séjour à l'étranger. Ayant pris soin d'en informer sans délai l'autorité cantonale qui était saisie de son recours, l'assuré s'est conformé en tout point à ses obligations ( ATF 107 V 189 et les références, RCC 1982 p. 184 consid. 1b non publié aux ATF 107 V 190 ) et il ne pouvait se douter que la décision qu'il attendait avait été expédiée le jour même où il était victime d'un accident en Italie. Il eût été opportun, semble-t-il, qu'à réception de la lettre du Service d'assistance sanitaire et sociale de l'hôpital civil de Gênes, l'autorité de recours adressât une copie de sa décision à l'assuré pour lui permettre de prendre toutes dispositions utiles en vue de sauvegarder ses droits. Quant à la date de la fin de l'empêchement, Eduardo Severi a produit un certificat médical daté du 21 mars 1980 qui établit que c'est ce jour-là qu'il est sorti de l'hôpital où il séjournait depuis le 22 janvier précédent. c) Selon la jurisprudence citée plus haut (ci-dessus let. a; arrêt non publié Tenore du 17 janvier 1977), la restitution pour inobservation d'un délai est un principe général du droit dont le Tribunal fédéral des assurances contrôle librement l'application par les autorités cantonales compétentes en matière d'assurance-chômage, en s'inspirant par analogie de la réglementation qui figure aux art. 35 OJ et 24 PA. Un accident ou une maladie peut constituer, selon les circonstances, une cause légitime de restitution du délai au sens des dispositions précitées (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, p. 51). En l'espèce, compte tenu de la nature de l'empêchement, survenu alors que l'intéressé se trouvait à l'étranger, c'est avec raison que les premiers juges ont admis que le délai de recours devait être restitué et qu'ils ont, par conséquent, déclaré recevable le recours interjeté le 1er avril 1980 contre la décision du 22 janvier 1980.
null
nan
fr
1,982
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
b52bc26a-eee5-472b-a1b6-e07e44b805e9
Urteilskopf 136 V 16 3. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. P. gegen Ausgleichskasse medisuisse (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_572/2009 vom 8. Januar 2010
Regeste Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG ; Abzug von Einlagen in die berufliche Vorsorge bei Selbständigerwerbenden. Selbständigerwerbende können, auch wenn sie berufsvorsorgeversicherte Arbeitnehmer beschäftigen, maximal die Hälfte der persönlichen Einlagen in die 2. Säule (laufende Beiträge, Einkauf von Beitragsjahren) vom rohen Einkommen in Abzug bringen (Bestätigung und Verdeutlichung der Rechtsprechung; E. 5).
Sachverhalt ab Seite 16 BGE 136 V 16 S. 16 A. Der 1967 geborene P. ist als Selbständigerwerbender der Ausgleichskasse medisuisse angeschlossen und seit 1. Januar 2004 freiwillig bei der Vorsorgeeinrichtung seines Personals (Pensionskasse X.) versichert. Gestützt auf die Meldungen des Kantonalen Steueramtes vom 2. Mai und 18. Juni 2007 betreffend das bundessteuerpflichtige Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit setzte die Ausgleichskasse mit Verfügungen vom 13. Juni und 13. Juli 2007 die persönlichen Beiträge für 2004 und 2005 fest. Auf Einsprache hin ermittelte BGE 136 V 16 S. 17 sie das beitragspflichtige Einkommen neu. Dabei berücksichtigte sie die Hälfte der in diesen Jahren getätigten persönlichen Einlagen in die Pensionskasse X. (ordentliche Beiträge: Fr. 203'340.- [2004], Einkauf von Beitragsjahren: Fr. 784'500.- [2004] und Fr. 790'000.- [2005]). Mit Einspracheentscheiden vom 3. Januar 2008 verpflichtete die Ausgleichskasse medisuisse P. zur Bezahlung von Fr. 93'584.40 (2004) und Fr. 154'096.80 (2005; persönliche Beiträge und Verwaltungskosten) sowie Verzugszinsen von Fr. 5'788.10 (2004) und Fr. 3'600.05 (2005). B. Die von P. hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in dem Sinne teilweise gut, dass es den 2005 betreffenden Einspracheentscheid aufhob und die Sache zur Neufestsetzung der Beiträge unter Berücksichtigung eines beitragspflichtigen Einkommens von Fr. 1'409'869.- (nach Abzug der Hälfte der in diesem Jahr bezahlten ordentlichen Beiträge von Fr. 204'170.- in die eigene berufliche Vorsorge) an die Ausgleichskasse zurückwies; soweit das Beitragsjahr 2004 betreffend, wies es das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 7. Mai 2009). C. P. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Gerichtsentscheid vom 7. Mai 2009 und die Einspracheentscheide vom 3. Januar 2008 seien aufzuheben, die 2004 und 2005 getätigten persönlichen Einlagen in die eigene berufliche Vorsorge bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens vollumfänglich in Abzug zu bringen und die Sache sei an die Ausgleichskasse oder die Vorinstanz zur Neufestsetzung der AHV-Beiträge in diesem Sinne zurückzuweisen. Die Ausgleichskasse medisuisse und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Versicherungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG werden von dem durch die selbständige Erwerbstätigkeit erzielten rohen Einkommen die persönlichen Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge abgezogen, soweit sie dem üblichen Arbeitgeberanteil entsprechen. Gemäss Art. 18 Abs. 1 AHVV (SR 831.101) sind für die Ausscheidung und das Ausmass (auch) dieses Abzugs die Vorschriften über BGE 136 V 16 S. 18 die direkte Bundessteuer massgebend. Der insoweit einschlägige Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG (SR 642.11) bestimmt, dass bei der Ermittlung des der direkten Bundessteuer unterliegenden selbständigen Erwerbseinkommens die gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von den Einkünften abgezogen werden. Der Verweis in Art. 18 Abs. 1 AHVV auf das Steuerrecht steht jedoch unter dem Vorbehalt anderslautender Vorschriften im AHVG. Ein solcher der bundessteuerrechtlichen Ordnung derogierender Umstand ist unter dem Gesichtspunkt des Normzweckes sowie der angestrebten Gleichbehandlung Unselbständig- und Selbständigerwerbender darin zu erblicken, dass ein Abzug vom rohen Einkommen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG lediglich in der Höhe des "üblichen Arbeitgeberanteils" zulässig ist ( BGE 133 V 563 E. 1.1 S. 564 mit Hinweis). Gemäss Rz. 1114 (bis 31. Dezember 2007: 1104) der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) in der AHV, IV und EO ( http://www.bsv.admin.ch/vollzug ) sind laufende Beiträge in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge soweit abziehbar, als sie üblicherweise dem Arbeitgeberanteil der Selbständigerwerbenden für ihr eigenes Personal entsprechen. Für Selbständigerwerbende ohne Personal ist es in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 1 BVG (SR 831.40) die Hälfte. Rz. 1115 WSN bestimmt, dass Summen für den Einkauf in die reglementarischen Leistungen ( Art. 79b BVG ) im Umfang von 50 % abzugsfähig sind. Nach Art. 66 Abs. 1 BVG legt die Vorsorgeeinrichtung die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer in den reglementarischen Bestimmungen fest (Satz 1). Der Beitrag des Arbeitgebers muss mindestens gleich hoch sein wie die gesamten Beiträge aller seiner Arbeitnehmer (Satz 2). 2.2 In BGE 129 V 293 erkannte das Eidg. Versicherungsgericht, dass der Einkauf von Beitragsjahren durch Arbeitgeber oder Selbständigerwerbende ohne Arbeitnehmer im Rahmen der freiwilligen beruflichen Vorsorge ( Art. 4 und 44 BVG ) in einem bestimmten Umfang abzugsfähige persönliche Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG (und der Vorgängerbestimmung aArt. 18 Abs. 3 AHVV) darstellen. In BGE 132 V 209 bezeichnete es Rz. 1104 Satz 2 WSN, wonach BGE 136 V 16 S. 19 Selbständigerwerbende ohne Arbeitnehmer vom massgebenden beitragspflichtigen Einkommen höchstens die Hälfte der laufenden Beiträge an die Vorsorgeeinrichtung, der sie auf freiwilliger Basis angeschlossen sind, abzuziehen berechtigt sind, als gesetzmässig. In BGE 133 V 563 entschied die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts, dass bei Selbständigerwerbenden vom rohen Einkommen nicht nur die aufgrund einer normativen Verpflichtung geleisteten, sondern auch die freiwillig erbrachten, von den Statuten oder vom Reglement der Vorsorgeeinrichtung bloss ermöglichten Einlagen in die berufliche Vorsorge abgezogen werden können. Innerhalb bestimmter Schranken (u.a. beitragsmässige Begrenzung für einen Einkauf [ Art. 79a BVG , in der vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 gültig gewesenen Fassung; heute: Art. 79a-79c BVG ], Grundsätze der Angemessenheit [vgl. Art. 1-1b der Verordnung vom 18. April 1984 über die Berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1]] und Umgehungstatbestände [ BGE 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.]) kann in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 1 BVG die Hälfte abgezogen werden ( BGE 133 V 563 E. 2.4.4 in fine S. 568). (...) 5. 5.1 5.1.1 In BGE 133 V 563 , BGE 132 V 209 , BGE 129 V 293 und in den seither ergangenen Urteilen des Bundesgerichts 9C_158/2007, 9C_349/2007, 9C_375/2007, alle vom 2. November 2007, und H 140/06 vom 26. November 2007 ging es nicht um Selbständigerwerbende, welche im Rahmen der 2. Säule versicherte Arbeitnehmer beschäftigten und sich an deren beruflichen Vorsorge - an den ordentlichen Beiträgen über das gesetzliche Minimum gemäss Art. 66 Abs. 1 BVG hinaus - beteiligten. Demgegenüber bestand vorliegend aufgrund des Anschlussvertrages und des Reglementsnachtrages vom 10. Dezember 2004 die Verpflichtung, für die der obligatorischen beruflichen Vorsorge unterstellten zwei der insgesamt sieben Angestellten den vollen Arbeitnehmeranteil der laufenden ordentlichen Beiträge sowie 100 % des Einkaufs von Beitragsjahren zu übernehmen. Aufgrund der Akten bezahlte der Beschwerdeführer Fr. 6'228.55 (2004) und Fr. 5'195.35 (2005). 5.1.2 Aus der Rechtsprechung lässt sich somit für den vorliegenden Fall direkt nichts ableiten. BGE 132 V 209 im Besonderen äusserte sich lediglich zu Rz. 1104 Satz 2 WSN. Das Eidg. Versicherungsgericht hatte in E. 4.2 zwar ausgeführt, dass ein BGE 136 V 16 S. 20 Selbständigerwerbender, der gleichzeitig Arbeitgeber ist und in dieser Eigenschaft beispielsweise 60 % der gesamten von seinen Arbeitnehmern geschuldeten Beiträge übernimmt, im selben Umfang die in die eigene berufliche Vorsorge (2. Säule) einbezahlten Beiträge als Geschäftsaufwand vom rohen Einkommen nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG abziehen kann. Gemäss diesen Ausführungen wäre somit der Abzug nicht auf die Hälfte begrenzt. Dies entspricht wohl auch dem Sinn von Rz. 1104 (seit 1. Januar 2008: 1114) Satz 1 WSN, welche Weisung für die Sozialversicherungsgerichte jedoch nicht verbindlich ist ( BGE 133 V 450 E. 2.2.4 S. 455). 5.2 5.2.1 Nach dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG werden die persönlichen Einlagen Selbständigerwerbender in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge bei der Ermittlung des AHV-beitragspflichtigen Einkommens abgezogen, soweit sie dem üblichen Arbeitgeberanteil entsprechen. Die Höhe des Abzugs ist somit begrenzt. Der Ausdruck "üblicher Arbeitgeberanteil" ("part habituellement prise en charge par l'employeur", "quota generalmente assunta dal datore di lavoro" in der französischen und italienischen Textfassung) nimmt Bezug auf Leistungen des Arbeitgebers an die berufliche Vorsorge der Arbeitnehmer. Dabei ist in erster Linie an die periodisch, mindestens jährlich zu entrichtenden Beiträge gemäss Art. 66 Abs. 1 BVG und Art. 331 Abs. 3 OR zu denken ( BGE 129 V 293 E. 3.2.1 S. 296). Der Umstand, dass in Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG der Abzug der persönlichen Einlagen beispielsweise nicht einfach auf die Hälfte begrenzt wird, spricht dafür, dass in einem Anwendungsfall die vom konkreten Arbeitgeber aufgrund von Gesetz und Vorsorgereglement tatsächlich erbrachten Leistungen zugunsten der beruflichen Vorsorge des Personals massgebend sein sollen. Betragen diese bei den laufenden Beiträgen mehr als das gesetzliche Minimum von 50 % der gesamten Beiträge aller Arbeitnehmer, ist resp. wäre der Abzug entsprechend höher. 5.2.2 5.2.2.1 Die Einführung des Abzugstatbestandes nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG (bis 31. Dezember 1996: Art. 18 Abs. 3 AHVV , erlassen durch den Bundesrat gestützt auf Art. 9 Abs. 2 letzter Satz AHVG; BGE 132 V 209 E. 4.3 S. 212) erfolgte aus Gründen der Gleichbehandlung. Es wurde als unbefriedigend empfunden, dass die gemäss Art. 66 Abs. 1 BVG mindestens zur Hälfte vom Arbeitgeber zu übernehmenden Beiträge zur Finanzierung der beruflichen Vorsorge der BGE 136 V 16 S. 21 Arbeitnehmer (nach Art. 8 lit. a AHVV ) nicht massgebenden Lohn darstellten, die persönlichen Beiträge der Selbständigerwerbenden an die 2. Säule hingegen nicht, auch nicht teilweise, vom rohen Einkommen abgezogen werden konnten. Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung erfordere, so der Bundesrat, dass solche Beiträge AHV-rechtlich als geschäftsmässig begründeter Aufwand zum Abzug zugelassen würden. Für Selbständigerwerbende ohne Arbeitnehmer sei in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 1 BVG die Hälfte dieser Beiträge vom rohen Einkommen abziehbar ( BGE 129 V 293 E. 3.2.2.1 S. 296 mit Hinweis auf ZAK 1987 S. 6; die Regelung von aArt. 18 Abs. 3 AHVV wurde dann in Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG übernommen [Botschaft vom 5. März 1990 über die zehnte Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung, BBl 1990 II 81 Ziff. 51 zu Art. 9 AHVG ]). Zur Höhe des Abzugs bei Arbeitgebern wurde weiter nichts gesagt. 5.2.2.2 Gemäss den Erläuterungen zu aArt. 18 Abs. 3 AHVV sollte mit der Beschränkung des Abzugs auf das "üblicherweise" dem Arbeitgeberanteil entsprechende Ausmass der Gefahr von Missbräuchen entgegengetreten werden. Beispielhaft wurde der gut verdienende Selbständigerwerbende genannt, welcher nur einen Arbeitnehmer beschäftigt und für diesen den ganzen Beitrag an die 2. Säule übernimmt, "um auf diese Weise für sich selbst ebenfalls den Abzug des ganzen Betrages bei der Berechnung des AHV/IV/EO-Beitrages zu erwirken" (ZAK 1987 S. 7 oben). Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG (vgl. dazu auch BGE 129 V 293 E. 3.2.2 S. 296 ff.) lässt sich somit ableiten, dass die Leistungen eines Arbeitgebers für die berufliche Vorsorge seines Personals und der deshalb beanspruchte Abzug der persönlichen Einlagen in die 2. Säule bei der Ermittlung des AHV-beitragspflichtigen Einkommens resp. die entsprechende Beitragsreduktion nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen dürfen. Eine regelbildende Quantifizierung eines solchen Missverhältnisses ist indessen unklar und erscheint in Anbetracht der Vielfalt von Lebenssachverhalten (Dauer der Zugehörigkeit der selbständigerwerbenden Person zur freiwilligen beruflichen Vorsorge und Regelmässigkeit der Einlagen, Anzahl und Alter der beschäftigten Arbeitnehmer sowie BVG-pflichtige Lohnsumme, Grösse des Betriebs etc.) kaum möglich; zudem besteht die Gefahr der Ungleichbehandlung unter den Selbständigerwerbenden. Als naheliegende Variante liesse sich zwar diskutieren, die Aufwendungen des Arbeitgebers für die berufliche Vorsorge des Personals BGE 136 V 16 S. 22 in einem bestimmten Jahr, differenzierend nach laufenden Beiträgen und Einkauf von Beitragsjahren, zu vergleichen mit dem AHV-Beitrag auf den Aufwendungen für die eigene berufliche Vorsorge unter Berücksichtigung, dass die Hälfte der Einlagen auf jeden Fall zum Abzug zugelassen ist. Wird in dieser Weise vorgegangen, wäre mit Vorinstanz und Aufsichtsbehörde vorliegend ein Missbrauchstatbestand wohl zu bejahen und deshalb lediglich die Hälfte der persönlichen Einlagen zum Abzug vom rohen Einkommen nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG zuzulassen. Der Beschwerdeführer bezahlte insgesamt Fr. 6'228.55 (2004) und Fr. 5'195.35 (2005) an die Vorsorgeeinrichtung seines Personals. Der AHV-Beitrag auf der Hälfte seiner persönlichen Einlagen (je rund Fr. 990'000.-) betrug für beide Jahre jeweils mehr als Fr. 90'000.-. Es erscheint indessen grundsätzlich und auch unter dem Gleichbehandlungsaspekt problematisch, die Abzugsberechtigung über den gegebenen hälftigen Abzug hinaus direkt von der Höhe des Beitragssubstrates abhängig zu machen. 5.2.3 5.2.3.1 Gemäss erwähntem Art. 8 lit. a AHVV gehören reglementarische Beiträge des Arbeitgebers (zugunsten seines Personals) an Vorsorgeeinrichtungen, welche die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach dem DBG erfüllen, nicht zum Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (massgebender Lohn; Art. 5 Abs. 2 Satz 1 AHVG ). Der Beitragspflicht unterliegen nur Einlagen nicht, welche nach Statuten oder Reglement (grundsätzlich oder in einem bestimmten Zusammenhang) geschuldet sind (AHI 2004 S. 253, H 32/04 E. 4.2). Von der Beitragspflicht befreit ist nur, was der Arbeitgeber gestützt auf ihm grundsätzlich entzogene, jedenfalls nicht ad hoc im Einzelfall abänderbare normative Grundlagen zu leisten hat, sei es regelmässig, periodisch oder allenfalls anlässlich einer vorzeitigen Pensionierung ( BGE 133 V 556 E. 7.4 S. 560; Urteil 9C_157/2009 vom 6. Juli 2009 E. 2.2). 5.2.3.2 Unter Art. 8 lit. a AHVV fallende Leistungen eines Arbeitgebers gelten als Zuwendungen für Zwecke der Wohlfahrt seines Personals im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG . Sie können somit bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens in Abzug gebracht werden, soweit sie angemessen sind (Urteil 9C_387/2008 vom 14. April 2009 E. 3; BGE 133 V 563 E. 2.2 S. 565). Diese Abzugsmöglichkeit relativiert zumindest ein Stück weit das Argument der AHV-beitragsrechtlichen Ungleichbehandlung von Arbeitgebern BGE 136 V 16 S. 23 und Arbeitnehmern, welche Anlass für die Schaffung von aArt. 18 Abs. 3 AHVV und Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG bildete. Es kommt dazu, dass Arbeitgeber neben den Zuwendungen für Zwecke der Wohlfahrt des Personals (u.a. laufende Beiträge und Einkauf von Beitragsjahren im Rahmen der beruflichen Vorsorge) im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. d AHVG auch die zur Erzielung des rohen Einkommens erforderlichen Gewinnungskosten (u.a. Personalaufwand [Löhne etc.]) nach Art. 9 Abs. 2 lit. a AHVG abziehen können. So besehen lässt sich jedenfalls mit Bezug auf die Frage des Abzugs persönlicher Einlagen in die 2. Säule gestützt auf Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG kein wesentlicher Unterschied ausmachen zwischen Selbständigerwerbenden mit und solchen ohne Arbeitnehmer. Deren durch die Statuten oder das Reglement der Vorsorgeeinrichtung ermöglichten Einlagen in die eigene berufliche Vorsorge (2. Säule; laufende ordentliche Beiträge, Einkauf von Beitragsjahren) sind höchstens zur Hälfte abziehbar ( BGE 133 V 563 ). 5.3 Zusammengefasst ist der Gesetzeswortlaut ("üblicher Arbeitgeberanteil") nicht eindeutig, der normtragende Gesichtspunkt der Gleichbehandlung Selbständigerwerbender und Arbeitnehmer bei Arbeitgebern relativiert, wenn auch unklar und schwierig zu quantifizieren, was unter Missbrauch zu verstehen ist. Anderseits besteht kein ersichtlicher Grund, zwischen Selbständigerwerbenden mit und solchen ohne Arbeitnehmer zu differenzieren. Da diese maximal die Hälfte der persönlichen Einlagen vom rohen Einkommen nach Art. 9 Abs. 2 lit. e AHVG abziehen können (E. 2.2), muss dasselbe auch bei Arbeitgebern gelten, ohne dass es darauf ankäme, ob sie aufgrund statutarischer oder reglementarischer Verpflichtung mehr als 50 % der gesamten Beiträge der Arbeitnehmer übernehmen und/oder sich am Einkauf von Beitragsjahren beteiligen. In diesem Sinne ist die Rechtsprechung ( BGE 133 V 563 ; BGE 132 V 209 ; BGE 129 V 293 ) zu verdeutlichen.
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b5330873-d828-4290-8895-91a981f2c6c4
Urteilskopf 139 II 519 36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen X. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_321/2013 vom 11. Oktober 2013
Regeste Art. 17 Abs. 1, Art. 93 Abs. 2 und 3 BV ; Art. 4 Abs. 2 und 4, Art. 6 Abs. 2 und 3 RTVG ; das Sachgerechtigkeitsgebot bei Diskussionssendungen im Fernsehen. Bei Sendungen wie der "Arena" muss für das Publikum insgesamt in nicht manipulativer Weise erkennbar sein, welches die verschiedenen zum Thema vertretenen Meinungen sind; das Sachgerechtigkeitsgebot ist aber nicht schon dann verletzt, wenn in der Diskussion gewisse Aspekte nicht erwähnt werden. Andernfalls wären Diskussionssendungen im Stil der "Arena", wo die eingeladenen Gäste ihre Positionen und Meinungen zu einem politischen Thema darlegen, gar nicht mehr möglich. Dies kann nicht der Sinn von Art. 4 Abs. 2 RTVG sein (E. 3 und 4). In der konkret beanstandeten Sendung zur eidgenössischen Volksinitiative "Für ein bedingungsloses Grundeinkommen" wurde das Sachgerechtigkeitsgebot durch den blossen Umstand, dass bestimmte - frauenspezifische, aber auch andere - Aspekte noch stärker hätten betont werden können, nicht verletzt (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 520 BGE 139 II 519 S. 520 Am 11. April 2012 wurde der Text der eidgenössischen Volksinitiative "Für ein bedingungsloses Grundeinkommen" im Bundesblatt publiziert (BBl 2012 4175). Diese Initiative war am 27. April 2012 Thema der im Schweizer Fernsehen ausgestrahlten Diskussionssendung "Arena". Mit Brief vom 3. Mai 2012 an die Ombudsstelle SRG beanstandete X. die Sendung als unausgewogen. In ihrem Schlussbericht vom 27. Mai 2012 kam die Ombudsstelle zum Schluss, das Sachgerechtigkeitsgebot sei nicht verletzt worden. Am 2. Juni 2012 gelangte X. an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) und rügte, in der Sendung sei die Situation der Frauen nicht sachgerecht dargestellt worden. Zudem beantragte sie die Schaffung einer Stelle für Gleichstellung in der Darstellung von Mann und Frau im Fernsehen und Radio. Innert der von der UBI angesetzten Frist reichte sie zahlreiche Unterschriften nach. BGE 139 II 519 S. 521 Mit Entscheid vom 19. Oktober 2012, versandt am 28. Februar 2013, hiess die UBI die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten war, und stellte fest, dass die Sendung "Arena" des Schweizer Fernsehens vom 27. April 2012 das Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (RTVG; SR 784.40) verletzt habe. Das Bundesgericht heisst die von der SRG hiegegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut und stellt fest, dass die genannte Sendung das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt hat. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die UBI hat zunächst erwogen, die Zusammensetzung der Diskussionsrunde (im "Arena-Ring" vier Männer) sei bei der Einhaltung des Sachgerechtigkeitsgebots nicht zu prüfen (Entscheid b. 656 vom 19. Oktober 2012 E. 4.5/4.6). Sodann hat sie festgestellt, in der beanstandeten Sendung seien im "Arena-Ring" je zwei Befürworter und Gegner der Initiative präsent gewesen. Diese Vier hätten den Grossteil der knapp 76 Minuten dauernden Diskussion bestritten. Daneben seien ein Schriftsteller, Repräsentanten verschiedener Parteien, Verbände, ein Wissenschafter und Gäste aus dem Publikum zu Wort gekommen. Umstritten in der Diskussion sei insbesondere gewesen, ob die Initiative die Freiheit und Selbstverantwortung einschränke oder erweitere, ob sie mit einem liberalen Staatsverständnis vereinbar sei, ob sie finanzierbar sei, welches Menschenbild der Initiative zu Grunde liege und welche Auswirkungen sie generell auf die Erwerbstätigkeit habe (E. 5). Weiter hielt die Vorinstanz fest, bei der rundfunkrechtlichen Prüfung sei zu berücksichtigen, dass das Vorwissen des "Arena"-Publikums über die Initiative vermutlich verhältnismässig gering gewesen sei. Es handle sich überdies um eine komplexe Initiative, welche in vielerlei Hinsicht grundlegende Änderungen mit sich bringen würde und weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Hand, die Unternehmen sowie die ganze Bevölkerung hätte (E. 5.2). Frauen seien in der Diskussion klar in der Minderheit gewesen (im zentralen Ring ausschliesslich Männer, in der zweiten Reihe zwei Frauen neben sieben Männern). Eine derart zusammengestellte Diskussionsrunde habe zwar nicht zwangsläufig zur Folge, dass ein Thema BGE 139 II 519 S. 522 unvollständig dargestellt werde und sich das Publikum keine eigene Meinung bilden könne (E. 5.3). Das durch die Initiative angestrebte bedingungslose Grundeinkommen betreffe die ganze Schweizer Bevölkerung direkt, Männer, Frauen und Kinder, ob erwerbstätig oder nicht (E. 5.4). In der Diskussion sei aber weitgehend ausgeklammert worden, welche Auswirkungen die Initiative auf Personen habe, welche nicht oder nur teilweise erwerbstätig seien und vor allem unbezahlte Arbeit leisteten. Solche Tätigkeit werde am meisten und primär von Frauen geleistet (E. 5.5). Ferner stellte die UBI fest, in der Sendung sei viel über Arbeit gesprochen worden; die Debatten hätten aber regelmässig die Erwerbstätigen betroffen. Mögliche Auswirkungen der Initiative auf die vielen Personen, die unentgeltlich viel wertvolle Arbeit leisteten, hätten die Beteiligten nicht diskutiert. Die Diskussion habe weitgehend den Anschein erweckt, dass die Initiative unbezahlte Arbeit und die in diesem Bereich primär Tätigen gar nicht betreffe. Auch die möglichen Auswirkungen der Initiative auf die Armutsbekämpfung seien nur ganz am Rande erwähnt worden, ebenso wie andere Themen ausgelassen worden seien, welche vorwiegend die weibliche Bevölkerung beträfen (E. 5.6). Angesichts der Bedeutung von unbezahlter Arbeit stelle dieser Gesichtspunkt im Rahmen des Themas der beanstandeten Sendung keinen Nebenpunkt dar. Es gehe dabei um einen zentralen Aspekt der Initiative, welcher die ganze Bevölkerung und besonders die in diesem Bereich viel stärker engagierten Frauen betreffe. Die weitgehende Auslassung dieses Aspekts habe die Meinungsbildung des Publikums über die Initiative erheblich beeinträchtigt. Auch habe sich die fehlende Transparenz insbesondere angesichts des fehlenden Vorwissens des Publikums zur Initiative negativ auf die Meinungsbildung ausgewirkt (E. 5.7). Dem Argument der Veranstalterin, sie habe grosse, aber erfolglose Anstrengungen unternommen, um eine Frau für die Diskussionsrunde zu gewinnen, hielt die Vorinstanz entgegen, dass die fehlende Teilnahme einer Fachfrau zum Sendethema nicht zwingend Ursache für die einseitige, tendenziell auf männliche Sichtweisen und Haltungen fokussierende Debatte gewesen sei. Die Veranstalterin hätte andere Möglichkeiten gehabt, um das Thema auch aus einer eher weiblichen bzw. auf spezifisch weibliche Themen fokussierten Sicht darzustellen (E. 5.8). Der Redaktion hätte auch genügend Zeit für umfangreichere Recherchen und eine vertiefte, sachgerechte Aufbereitung des Themas zur Verfügung gestanden (E. 5.9). BGE 139 II 519 S. 523 3.2 Die Beschwerdeführerin rügt, damit seien die Anforderungen an eine Diskussionsplattform zu hoch angesetzt. In einer 75-minütigen Ausstrahlung könnten nicht alle Facetten eines Themas berücksichtigt werden. Das Publikum habe sich durchaus eine eigene Meinung bilden können; zudem habe die Vorinstanz gar nicht geprüft, ob die journalistischen Sorgfaltspflichten eingehalten worden seien. Der angefochtene Entscheid sei willkürlich, indem er einerseits festhalte, dass das Sendethema nicht geschlechtsspezifisch sei, dann aber doch das Thema "vergeschlechtliche". Im Rahmen des angekündigten Sendethemas sei der Aspekt der Erwerbslosigkeit ein Nebenpunkt gewesen. Zudem verletze die UBI die Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit sowie Art. 4 RTVG , indem sie versuche, vorzuschreiben, welche Themen die Veranstalterin zu behandeln habe und welche Aspekte dabei im Vordergrund zu stehen hätten. Ein Anspruch auf Vollständigkeit bezüglich der Diskussion eines Themas könne nicht bestehen, zumal ein solches Begehren unmöglich zu erfüllen wäre. Mit dem angefochtenen Entscheid werde die Programmautonomie der Veranstalterin verletzt, indem die Vorinstanz Wahl und Bearbeitung des Sendethemas diktieren wolle. Ferner rügt die Beschwerdeführerin in verschiedener Hinsicht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. 4. 4.1 Die Beurteilungskriterien, welche die UBI im angefochtenen Entscheid anwendet, lehnen sich an diejenigen an, welche sie in ihrem Entscheid vom 30. August 2012 i.S. Erwin Kessler und Mitunterzeichner ("Botox") angewendet hatte, welcher vom Bundesgericht im Urteil 2C_1246/2012 vom 12. April 2013 geschützt wurde. Darin führte das Bundesgericht aus, in einer Sendung sollten keine wesentlichen Aspekte zum Thema unterschlagen werden (E. 2.2.2). Werde über ein für die Meinungsbildung wichtiges Unterthema in Verletzung des journalistischen Vollständigkeitsgebots nicht berichtet, sei der entsprechende Beitrag nicht mehr rundfunkrechtskonform ( Art. 4 Abs. 2 RTVG ). Nur wenn es sich dabei um einen Nebenpunkt handle, überwiege das Interesse des öffentlich-rechtlichen, mit einem Programmauftrag betrauten Veranstalters am Vorrang seiner Medien- und Programm(gestaltungs)freiheit das Interesse des Publikums bzw. der Öffentlichkeit an einer alle wesentlichen Aspekte zum von ihm vernünftigerweise erwarteten Thema abdeckenden Berichterstattung (E. 2.2.5). BGE 139 II 519 S. 524 4.2 Diese Anforderungen an die Sachgerechtigkeit sind zugeschnitten auf Informationssendungen, bei denen die Redaktion selber Fakten zu einem Thema aufarbeitet und dem Publikum präsentiert. Im zitierten Entscheid handelte es sich im Rahmen eines Gesundheitsmagazins um eine Sondersendung, die einem einzigen Thema gewidmet war, nämlich der Herkunft sowie dem Einsatz von "Botox" in Kosmetik und Medizin und den damit verbundenen Nutzen und Gefahren. Die dort genannten Kriterien lassen sich nicht ohne Weiteres auf eine Diskussionssendung wie die "Arena" übertragen (vgl. BARRELET/WERLY, Droit de la communication, 2. Aufl. 2011, S. 224 f. Rz. 731 f.). Die Anforderungen an die Sachgerechtigkeit hängen auch vom Charakter und den Eigenheiten des Sendegefässes ab ( BGE 134 I 2 E. 3.3.1; BGE 132 II 290 E. 2.1; zit. Urteil 2C_1246/2012 E. 2.1). Die "Arena" zeichnet sich dadurch aus, dass nicht die Redaktion von ihr aufbereitete Informationen vermittelt, sondern die eingeladenen Gäste ihre Positionen und Meinungen zu einem politischen Thema darlegen. Die einzelnen vertretenen Positionen und Meinungen dürfen und sollen auch einseitig sein (vgl. spezifisch zur ähnlichen Sendung "Rundschau" BGE 131 II 253 E. 3.2). Die Sachgerechtigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 RTVG kann nicht von den Voten, die die einzelnen Diskussionsteilnehmer abgeben, verlangt werden. Sie muss sich darin äussern, dass für das Publikum aus der Sendung insgesamt in nicht manipulativer Weise erkennbar ist, welches die verschiedenen zum Thema vertretenen Meinungen sind; das Sachgerechtigkeitsgebot ist aber nicht schon dann verletzt, wenn in der Diskussion gewisse Aspekte, die mit dem behandelten Thema zusammenhängen, nicht erwähnt werden (Urteil 2C_139/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 3.2 und 3.3, in: sic! 4/2012 S. 251; vgl. auch BGE 138 I 107 E. 3). Die Moderation kann und soll nicht den Diskussionsteilnehmern vorschreiben, was sie zu äussern haben. Es sind vielmehr die Diskussionsteilnehmer selber, welche in ihren Voten aus ihrer Sicht die Schwerpunkte setzen. Die Redaktion kann mit der Themenwahl und Fragestellung Einfluss auf den Verlauf der Diskussion nehmen, aber sie darf und soll auch Raum für eine spontane Entwicklung der Diskussion belassen. 4.3 Zu berücksichtigen sind auch Umfang und Komplexität einer Materie in Relation zu der Dauer der Sendung. Die UBI stellt selber fest, bei der diskutierten Volksinitiative handle es sich um eine komplexe Initiative, welche bei einer Annahme in vielerlei Hinsicht grundlegende Änderungen mit sich bringen würde und BGE 139 II 519 S. 525 weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Hand, die Unternehmen sowie die ganze Bevölkerung hätte. Es liegt auf der Hand, dass in einer Sendung von rund fünf Viertelstunden nicht alle Aspekte, die mit einem solchen Thema verbunden sind, behandelt oder gar vertieft werden können. Das wäre nicht einmal in einer wissenschaftlich aufgearbeiteten Informationssendung möglich und erst recht nicht in einer politischen Diskussionssendung mit einer grösseren Zahl von Beteiligten mit kontroversen Ansichten. Würde allein darin, dass in einer solchen Sendung nicht alle wesentlichen Aspekte eines Themas behandelt werden, ein Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot erblickt, wären Diskussionssendungen im Stil der "Arena" überhaupt nicht mehr möglich, was offensichtlich nicht der Sinn von Art. 4 Abs. 2 RTVG sein kann. Diese Bestimmung ist dann verletzt, wenn in der Sendung nicht zum Ausdruck kommt, dass und inwiefern die Meinungen zur Initiative kontrovers sind oder wenn in manipulativer Weise zentrale Aspekte der Initianten oder der Gegenmeinung unterdrückt werden. Wenn dagegen nicht alle Aspekte diskutiert werden, die von bestimmten Bevölkerungskreisen im Zusammenhang mit der Initiative als wichtig erachtet werden, liegt kein Verstoss gegen Art. 4 Abs. 2 RTVG vor, solange verschiedene, wesentliche Argumente beider Seiten angemessen zur Sprache kommen. 5. Zu prüfen ist, ob die von der UBI beanstandeten Aspekte zur Folge haben, dass die streitige Sendung im dargelegten Sinne als nicht sachgerecht zu bezeichnen ist. 5.1 Wie aus dem Initiativtext klar hervorgeht und auch von der UBI festgestellt wird, soll das bedingungslose Grundeinkommen der ganzen Bevölkerung zustehen, also Männern, Frauen und Kindern, ob erwerbstätig oder nicht. Damit wurde für das Publikum klar, dass auch Personen, die bisher nicht oder nur teilweise erwerbstätig sind oder eine unbezahlte Arbeit ausführen, ein solches Grundeinkommen erhalten sollen. Die weitere Beteiligte legt sodann selber dar, dass in der Sendung präsentiert wurde, wie hoch das bedingungslose Grundeinkommen nach Vorstellung der Initianten wäre, nämlich pro Monat pro erwachsene Person Fr. 2'500.- und pro Kind Fr. 625.-. Daraus ergibt sich, wie viel z.B. eine Frau, die Kinder aufzieht oder sonst eine unentgeltliche Arbeit verrichtet, nach Vorstellung der Initianten erhalten soll. Die Auswirkungen der Initiative auf die unbezahlte Arbeit sind insoweit klar dargelegt worden. BGE 139 II 519 S. 526 Es ist daher nicht nachvollziehbar, wenn die UBI der Sendung vorwirft, es sei ausgeklammert worden, welche Auswirkungen die Initiative auf Personen habe, welche nicht oder nur teilweise erwerbstätig sind oder unentgeltliche Arbeit verrichteten. Ebenso wenig überzeugt der Vorwurf der UBI, die Diskussion habe den Eindruck erweckt, dass die Initiative die unbezahlte Arbeit und die in diesem Bereich Tätigen nicht betreffe. Vielmehr war gerade der Umstand, dass auch Personen, die nicht erwerbstätig sind, ein Einkommen erhalten sollen, der zentrale Punkt der ganzen Diskussion. Da gemäss dem Text der Volksinitiative das Gesetz die Höhe des Grundeinkommens regeln soll, war und ist eine präzisere oder verbindliche Angabe gar nicht möglich. Der von der UBI erhobene Vorwurf der fehlenden Transparenz ist insoweit unbegründet. 5.2 Die UBI beanstandet insbesondere, die Sendung sei einseitig auf männliche Sichtweisen und Haltungen und zu wenig auf spezifisch weibliche Themen fokussiert gewesen. Die unentgeltliche Arbeit werde primär von Frauen erbracht, so dass dieser Aspekt insbesondere die Frauen betreffe und dessen weitgehende Auslassung die Meinungsbildung des Publikums über die Initiative erheblich beeinträchtigt habe. Aber auch die möglichen Auswirkungen der Initiative auf die Armutsbekämpfung seien nur am Rande erwähnt worden, ebenso wie andere Themen ausgelassen worden seien, welche vorwiegend die weibliche Bevölkerung beträfen, wie die finanzielle Situation Alleinerziehender. Die weitere Beteiligte bringt zudem vor, Männer und Frauen würden geschlechtsspezifisch leben, hätten unterschiedliche ökonomische Bedingungen und Lebensläufe und ungleiche Löhne und verschieden hohe Auslagen und Renten. Frauen hätten auch bezüglich philosophischer Aspekte eine andere Sicht einbringen können; es seien meist Frauen, die Alte und Kranke pflegten; das Thema sei nur aus männlicher Sicht dargestellt worden. Sodann sei die Frage der Finanzierbarkeit nicht sachgerecht dargestellt worden: Man möchte Antworten haben auf die Frage, welche Sozialleistungen wegfielen bzw. wo noch unbezahlte Care-Funktionen nötig sein würden; die Rechnung sei ohne den Einbezug der verschiedenen Leistungen, die durch Männer und Frauen eingebracht würden - und der Sozialkosten, die durch verschiedene Bedürfnisse von Männern und Frauen entstünden -, gemacht worden. Es müssten die Leistungen durch unbezahlte Arbeit, die vorwiegend von Frauen geleistet werde, und auch die anfallenden Sozialleistungen mit eingerechnet werden. BGE 139 II 519 S. 527 5.2.1 Wie die UBI selber feststellt, würden gemäss Initiative Frauen und Männer das Grundeinkommen gleichermassen erhalten. Die Initiative ist damit als solche nicht geschlechtsspezifisch, wie die Beschwerdeführerin mit Recht darlegt. Hausmänner oder alleinerziehende Väter sind genau gleich betroffen wie Hausfrauen oder alleinerziehende Mütter. Zutreffend ist, dass die Erwerbsquote bei Männern höher ist als bei Frauen oder umgekehrt ausgedrückt, dass Frauen häufiger als Männer Tätigkeiten ausführen, die nicht als Erwerbstätigkeit entlöhnt werden. Das gehört jedoch zum Allgemeinwissen, das beim Publikum vorausgesetzt werden kann, auch wenn das Vorwissen bezüglich der konkreten Volksinitiative gering gewesen sein mag. Daraus folgt ohne Weiteres, dass Frauen statistisch häufiger als Männer von einem bedingungslosen Grundeinkommen profitieren würden. Eine solche Folge ist evident, auch ohne dass sie speziell thematisiert oder hervorgehoben werden müsste. Gewiss mag bedauert werden, dass die Hauptbeteiligten der Diskussion ausschliesslich Männer waren und im inneren "Arena-Ring" keine Frau stand, die den frauenspezifischen Anliegen in der Sendung deutlicheres Gehör hätte verschaffen können. Dies allein reicht aber für eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebotes von Art. 4 Abs. 2 RTVG nicht aus. Die Visionierung der Sendung ergibt überdies, dass - wenn solche frauenspezifischen Anliegen angesprochen worden sind - die Diskussionsteilnehmer dazu auch das Wort erhalten haben. Ferner hat - wie die UBI feststellt - in der Sendung ein Vertreter der Initianten die Hoffnung geäussert, die Frauen könnten der Initiative zum Durchbruch verhelfen, worauf der Moderator drei Frauen aus dem Publikum dazu befragte. Man kann unter diesen Umständen der Sendung nicht vorwerfen, sie habe in manipulativer Weise wesentliche Fakten verschwiegen, sondern höchstens, sie hätte dieses Thema mehr vertiefen können. Die Auswahl und Gewichtung der Themen liegt jedoch in der Programmautonomie der Veranstalter (nicht publ. E. 2.2). 5.2.2 Zu den Vorwürfen der UBI und der weiteren Beteiligten, verschiedene weitere frauenspezifische Fragen seien nicht behandelt oder beantwortet worden, ist zunächst zu bemerken, dass es nicht um eine Informations-, sondern eine Diskussionssendung ging, von der von vornherein nicht eine umfassende Antwort auf sämtliche Aspekte verlangt oder erwartet werden kann (oben E. 4.2 und 4.3). Zudem enthält die Volksinitiative bloss relativ vage Grundsätze und überlässt die Regelung im Übrigen dem Gesetz. Insbesondere nennt BGE 139 II 519 S. 528 sie die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens nicht; ebenso wenig äussert sie sich dazu, ob und in welchem Umfang stattdessen bisherige Leistungen (etwa der Sozialversicherung oder Sozialhilfe) reduziert würden. Die von der weiteren Beteiligten vermissten Antworten können daher aktuell gar nicht gegeben werden. Insbesondere ist es unmöglich, für einzelne Personen vorherzusagen, ob sie mit dem von der Initiative vorgesehenen System letztlich besser oder schlechter gestellt würden als bisher. Ebenso können die Auswirkungen der Initiative auf die Armutsbekämpfung oder auf die finanzielle Situation Alleinerziehender ohne Kenntnis der Ausführungsgesetzgebung nicht beurteilt werden. Das liegt aber am Inhalt der Initiative und kann nicht der beanstandeten Sendung angelastet werden. 5.2.3 Schliesslich zeigen die Vorbehalte der UBI und der weiteren Mitbeteiligten exemplarisch auf, dass mit der Frage eines bedingungslosen Grundeinkommens sehr viele Themen mehr oder weniger eng verknüpft werden können. Mit genau gleichem Recht könnte aber auch beanstandet werden, dass in der Sendung weitere ebenso wichtige Themen im Zusammenhang mit der Initiative nicht diskutiert oder vertieft wurden, so z.B. Auswirkungen der Initiative auf Betagte, Junge, Migranten, Unternehmen, Steuerzahler, Arbeitnehmer, die öffentliche Hand oder die Volkswirtschaft. Es ist jedoch offensichtlich schlicht unmöglich, alle diese Fragen in einer politisch kontroversen Diskussionssendung von fünf Viertelstunden erschöpfend oder auch nur einigermassen vertiefend abzuhandeln (oben E. 4.3). Wäre die zu wenig ausführliche Behandlung der frauenspezifischen Aspekte bereits ein Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot, so wäre dieses ebenso dadurch verletzt, dass die übrigen Themen nicht oder zu wenig ausführlich behandelt worden sind. Bei einem solchen Massstab aber wären Sendungen wie die "Arena" a priori nicht mehr zu realisieren. Das erscheint als offensichtliche Übersteigerung des Sachgerechtigkeitsgebots. 5.3 Insgesamt kann keine Rede davon sein, dass in der streitigen Sendung in manipulativer Weise zentrale Aspekte verschwiegen worden wären. Der blosse Umstand, dass bestimmte - hier frauenspezifische, aber auch andere - Aspekte auch stärker hätten betont werden können, verletzt Art. 4 Abs. 2 RTVG nicht.
public_law
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
b5353108-4493-4cf6-aa9a-61dd452c3d09
Urteilskopf 120 II 229 43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1994 i.S. K. gegen B. (Berufung)
Regeste Besuchsrecht; Offizialmaxime; neue Tatsachen und Beweismittel ( Art. 156 Abs. 2, Art. 273 ZGB ; Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Für die Kinderzuteilung und die damit unmittelbar zusammenhängenden Fragen gilt die Offizialmaxime. Das hat jedoch nicht zur Folge, dass im Berufungsverfahren vor Bundesgericht neue Tatsachen und Beweismittel zulässig sind. In dieser Hinsicht gilt Art. 55 Abs. 1 lit. c OG (E. 1c). Bedeutung von BGE 119 II 201 ff. Diese Rechtsprechung besagt nicht, dass einem Elternteil, der im Verdacht steht, sein Kind sexuell missbraucht zu haben, überhaupt kein Besuchsrecht eingeräumt werden darf. Es kann sich als mit dem Kindeswohl vereinbar erweisen, den persönlichen Verkehr des nicht obhutsberechtigten Elternteils mit dem im Zeitpunkt der Scheidung noch kleinen Kind nicht von Anfang an ganz zu unterbinden, sondern für eine bestimmte Dauer in Form eines begleiteten Besuchsrechts zuzulassen (E. 3b/aa). Das bedeutet jedoch nicht, dass im Scheidungsurteil das Besuchsrecht ebenso provisorisch geregelt werden darf wie im Massnahmeverfahren nach Art. 145 ZGB (E. 3b/bb). Ausgestaltung des Besuchsrechts im konkreten Fall (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 230 BGE 120 II 229 S. 230 A.- K. und B. heirateten am 24. Oktober 1988. Am 2. Oktober 1989 gebar B. die gemeinsame Tochter C. Am 27. Februar 1992 reichte K. beim Bezirksgericht St. Gallen Scheidungsklage ein, worauf B. am 2. März 1992 widerklageweise ebenfalls um Scheidung der Ehe ersuchte. Im Frühjahr 1992 zog sie ausserdem mit dem Kind nach T., Italien, dem Wohnort ihrer Eltern. Gegen K. wurde ein Strafverfahren wegen Verdachts auf sexuelle Handlungen gegenüber seiner Tochter eingeleitet, das heute noch nicht abgeschlossen ist. B.- Beide Parteien zogen das erstinstanzliche Urteil an das Kantonsgericht St. Gallen, welches seinerseits mit Entscheid vom 25. Januar 1994 die Scheidung der Ehe aussprach (Ziff. 1 des Dispositivs) und das Kind C. unter die elterliche Gewalt der Mutter stellte (Ziff. 2 des Dispositivs). Der Kläger erhielt ein begleitetes Besuchsrecht von dreimal fünf aufeinanderfolgenden Tagen pro Jahr zugesprochen, welches am Wohnsitz des Vaters, jeweils täglich von 09'00 Uhr bis 20'00 Uhr auszuüben war (Ziff. 3a). Zur Überwachung dieses Rechts ordnete das Kantonsgericht eine Beistandschaft BGE 120 II 229 S. 231 gemäss Art. 308 Abs. 2 ZGB an (Ziff. 3b); ferner erliess es zuhanden der Mutter die Weisung, dafür zu sorgen, dass das Kind am vom Beistand bestimmten Ort vom Vater abgeholt bzw. dorthin zurückgebracht werden könne (Ziff. 3c). C.- K. hat dieses Urteil mit Berufung beim Bundesgericht angefochten. Damit beantragt er, Ziffer 2 des kantonsgerichtlichen Urteils aufzuheben und die Frage der Kinderzuteilung zu weiteren Abklärungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für den Fall, dass dem nicht entsprochen werden sollte, schliesst er dahin, es sei Ziff. 3 des vorinstanzlichen Urteils aufzuheben und ihm ein begleitetes Besuchsrecht von viermal fünf aufeinanderfolgenden Tagen pro Jahr einzuräumen; zum Schutze des Kindes seien die nötigen Massnahmen im Sinne von Art. 307 ff. ZGB anzuordnen. B. beantragt Abweisung der Berufung. Mit gleichzeitig eingelegter Anschlussberufung verlangt sie, Ziff. 3 des kantonsgerichtlichen Urteils aufzuheben und von der Zusprechung eines Besuchsrechts zugunsten des Vaters abzusehen. K. schliesst auf Abweisung der Anschlussberufung. In teilweiser Gutheissung von Berufung und Anschlussberufung hebt das Bundesgericht Ziff. 3 des angefochtenen Urteils auf und ordnet das Besuchsrecht neu. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. c) Der Kläger macht unter Hinweis auf BÜHLER/SPÜHLER (N. 68 zu Art. 146 ZGB ) und BGE 82 II 470 ff. geltend, bezüglich der Elternrechte und -pflichten seien neue Begehren und dementsprechend auch neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel zulässig. Im Scheidungsverfahren gilt für die Kinderzuteilung und die damit unmittelbar zusammenhängenden Fragen, namentlich auch für die Regelung des Besuchsrechts, uneingeschränkt die Offizialmaxime; es sind daher weder neue Begehren ausgeschlossen, noch ist das Bundesgericht an die Anträge der Parteien gebunden ( BGE 119 II 201 E. 1 S. 203 mit Hinweisen). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich indes ebensowenig wie aus BGE 82 II 470 ff., dass neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel zulässig wären. Auch für die Kinderzuteilung und die damit zusammenhängenden Fragen gilt vielmehr Art. 55 Abs. 1 lit. c OG , der neue Tatsachen und Beweismittel ausschliesst; dies ist denn auch von BÜHLER/SPÜHLER BGE 120 II 229 S. 232 an der für die Frage einschlägigen Stelle (N. 44 zu Art. 156 ZGB ) unter Hinweis auf den nicht veröffentlichten Entscheid des Bundesgerichts vom 25. Februar 1960 i.S. D./D. ausdrücklich festgehalten worden. 3. Die Vorinstanz hat dem Kläger ein begleitetes, an dessen Wohnsitz auszuübendes und detailliert geregeltes Besuchsrecht eingeräumt. In seinem Eventualantrag verlangt der Kläger unter Hinweis auf seine ausgezeichneten Fähigkeiten und die ausgesprochen gute Beziehung zum Kind eine Ausweitung des Besuchsrechts über die kantonsgerichtliche Regelung hinaus, während die Beklagte sich mit ihrer Anschlussberufung grundsätzlich gegen die Gewährung eines Besuchsrechts wendet. Zur Begründung führt sie im einzelnen aus, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger seine Tochter sexuell misshandelt haben könnte. Dieser Verdacht stütze sich auf das gerichtsmedizinische Gutachten, das eine Verletzung und Rötung der Scheidenschleimhaut des Kindes im Zeitraum der Ausübung des Besuchsrechts des Klägers feststelle; selbst der Gutachter schliesse die Möglichkeit einer Kindesmisshandlung nicht aus, und der Kläger werde auch dadurch belastet, dass die Tochter dem vertrauten Kinderarzt gegenüber bestätigt habe, sie sei von ihrem Vater "berührt" worden. Der Verdacht der Misshandlung durch den Kläger sei damit konkret begründet. Gemäss BGE 119 II 206 bestehe daher Anlass, von der Gewährung eines Besuchsrechts abzusehen, zumal der Scheidungsrichter laut Ziff. 2 des Regests dieser Rechtsprechung die persönlichen Beziehungen der Eltern zu den Kindern grundsätzlich endgültig und dauerhaft zu ordnen habe, und eine den gegebenen Verhältnissen bloss für eine begrenzte Zeitspanne angepasste, hingegen auf Dauer getroffene Lösung diesen Grundsatz verletze. Das vorinstanzliche Urteil, das dem Kläger trotz des erheblichen Verdachts ein wenn auch durch strenge Massnahmen geschütztes Besuchsrecht einräume, widerspreche daher den Art. 156 Abs. 2 und 273 ZGB . a) Die Beklagte scheint davon auszugehen, aufgrund der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 119 II 201 ff.) könne dem Vater wegen des Verdachts der sexuellen Misshandlung des Kindes schlechthin kein Besuchsrecht eingeräumt werden. Das ist indes nicht der Sinn der zitierten Rechtsprechung. b) aa) Art. 156 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 273 ZGB räumt dem Elternteil, welcher durch die Scheidung die elterliche Gewalt verliert, ein Recht auf angemessenen persönlichen Verkehr mit seinen Kindern ein. Beim Anspruch auf persönlichen Verkehr handelt BGE 120 II 229 S. 233 es sich um ein Pflichtrecht (HEGNAUER, N. 57 f. zu Art. 273 ZGB ), das nicht nur dem Interesse des besuchsberechtigten Elternteils, sondern ebenfalls demjenigen des Kindes dienen soll (HEGNAUER, N. 18 zu Art. 273 ZGB ; vgl. auch DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 3. Aufl. Bern 1985, S. 141 N. 749). Zwar hat das Besuchsrecht für das Kind je nach Alter und Lebensumständen unterschiedliche Bedeutung (FELDER/HAUSHEER, Drittüberwachtes Besuchsrecht: Die Sicht der Kinderpsychiatrie, in ZBJV 129 (1993), S. 706); es ist aber auch für die Entwicklung des Kleinkindes wesentlich (FELDER/HAUSHEER, a.a.O., S. 705). Der vollständige Entzug dieses Rechts bildet daher die "ultima ratio" (vgl. Art. 274 Abs. 2 ZGB ; HEGNAUER, N. 40 ff. zu Art. 274 ZGB ; vgl. auch BÜHLER/SPÜHLER, Ergänzungsband, N. 302 zu Art. 156 ZGB ) und darf somit im Interesse des Kindes nur angeordnet werden, falls die nachteiligen Auswirkungen des persönlichen Verkehrs sich nicht in für das Kind vertretbaren Grenzen halten lassen. Die Interessen der Eltern sind insoweit von untergeordneter Bedeutung; der besuchsberechtigte Elternteil hat die sich aus dem Besuchsrecht ergebenden Unannehmlichkeiten ebenso in Kauf zu nehmen wie der Inhaber der elterlichen Gewalt, zumal es bei der Festsetzung des Besuchsrechts nicht darum geht, einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Eltern zu finden, sondern den elterlichen Kontakt mit dem Kind in dessen Interesse zu organisieren. Weil die Bedürfnisse des Kleinkindes nicht denjenigen eines Jugendlichen entsprechen, lässt sich das Besuchsrecht bei einem Kind, das bei der Scheidung noch klein ist, nicht bis zu dessen Mündigkeit einheitlich regeln. Das Besuchsrecht unterliegt vielmehr der gleichen Dynamik wie die Beziehung, deren Ausdruck es ist, und bedarf daher auch differenzierter Regelungen. Im Lichte dieser Ausführungen kann es sich somit - auch in einem Fall wie dem vorliegenden - durchaus als mit dem Kindeswohl vereinbar erweisen, den persönlichen Verkehr des nicht obhutsberechtigten Elternteils mit dem im Zeitpunkt der Scheidung noch kleinen Kind nicht von Anfang an ganz zu unterbinden, sondern für eine bestimmte Dauer in Form eines begleiteten Besuchsrechts zuzulassen. bb) Aus dem unter aa) Dargelegten darf indes nicht geschlossen werden, das Besuchsrecht könne im Rahmen der Scheidung ebenso provisorisch geregelt werden wie im Massnahmeverfahren nach Art. 145 ZGB . Im Gegensatz zum Massnahmeentscheid ergeht das Scheidungsurteil nicht im summarischen Verfahren. Im Scheidungsprozess ist der Sachverhalt bezüglich der Elternrechte und -pflichten vollständig abzuklären. Das Scheidungsurteil erwächst zudem BGE 120 II 229 S. 234 in materielle Rechtskraft, was für den Massnahmeentscheid gar nicht oder nur beschränkt zutrifft (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, N. 437 zu Art. 145 ZGB ). Während bei Art. 145 ZGB bereits eine andere Beurteilung der Gegebenheiten eine Abänderung der Massnahme rechtfertigen kann (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, N. 440 zu Art. 145 ZGB ), vermögen nach ergangenem, formell und materiell rechtskräftigem Scheidungsurteil nur seit dem Urteil eingetretene Veränderungen der Verhältnisse dazu Anlass zu geben (BÜHLER/SPÜHLER, N. 14 zu Art. 157 ZGB ). Soll der im Scheidungsurteil geregelte persönliche Verkehr zwischen Eltern und Kindern neu gefasst werden, so bedarf es daher eines neuen ordentlichen Verfahrens (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, N. 29 zu Art. 157 ZGB ; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 4. Aufl. Bern 1994, S. 124/25 N. 19.13; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 379, 3. letzter Absatz in fine und Fn. 67), das eine andere zeitliche Dimension aufweist, weil die darin vorzunehmenden Anpassungen wesentlich weniger schnell zu erreichen sind, als dies in einem summarischen Verfahren möglich wäre. In diesem Sinne ist die Regelung des Besuchsrechts im Scheidungsurteil mithin eine endgültige und dauerhafte. cc) Von diesen Grundsätzen ist das Bundesgericht auch in BGE 119 II 201 ff. nicht abgewichen; es hat sich vielmehr lediglich aufgrund der gegebenen Verhältnisse und des besonderen Gefahrenmomentes des konkreten Falles veranlasst gesehen, nebst dem beaufsichtigten Besuch noch zusätzliche Massnahmen zum Ausschluss der Gefährdung der Kinder vorzusehen. Dies hat sich namentlich auch deshalb aufgedrängt, weil die letzte kantonale Instanz selber von der gewählten Lösung nicht überzeugt war und ausdrücklich betont hat, dass der eingeschlagene Weg sich zur Zeit als der beste erweise (vgl. BGE 119 II 205 unten). c) An sich zu Recht wird in der Anschlussberufung auf zwei Umstände - die Aussage des Kindes gegenüber dem Arzt sowie die starke physische Bindung des Vaters an das Kind - hingewiesen, die beide an sich mehr als bloss die Möglichkeit indizieren würden, dass der Kläger das Kind verletzt haben könnte. Dies stellt indes keinen genügenden Grund dar, dem Kläger gestützt auf Art. 274 Abs. 2 ZGB jegliches Besuchsrecht zu verweigern oder auch nur den Ausgang des gegen ihn angehobenen Strafverfahrens abzuwarten, bevor über das Besuchsrecht entschieden wird. 4. Das Kantonsgericht hat das Besuchsrecht des Vaters auf dreimal fünf aufeinanderfolgende Tage pro Jahr festgesetzt und des weiteren verfügt, dass dieses Recht jeweils täglich von 09'00 Uhr bis BGE 120 II 229 S. 235 20'00 Uhr am Wohnsitz des Klägers auszuüben sei. Sodann hat es für die Überwachung des Besuchsrechts eine Beistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 2 ZGB angeordnet und der Mutter Weisungen erteilt. a) Das Besuchsrecht wird nach richterlichem Ermessen festgesetzt ( Art. 4 ZGB ; vgl. HEGNAUER, N. 61 zu Art. 273 ZGB ; BÜHLER/SPÜHLER, N. 62 zu Art. 156 ZGB ). Das Bundesgericht auferlegt sich daher bei der Überprüfung entsprechender Entscheide eine gewisse Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz bei ihrer Entscheidung Umstände berücksichtigt hat, die nach dem Sinn des Gesetzes keine Rolle hätten spielen dürfen oder wenn wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen worden sind (vgl. BGE 117 II 6 E. 2 S. 8/9 mit Hinweisen). Bei der Bemessung des Umfanges eines Besuchsrechts gilt es zu überlegen, was der persönliche Kontakt zwischen dem besuchsberechtigten Elternteil und dem Kind bezweckt und was diesem zumutbar ist. In der Lehre wird mit Recht vertreten, beim Kind, das bis ungefähr zu seinem 9. Lebensjahr mit seinen Eltern lebt, sei, sofern es diesem zumutbar bleibe, ein umfangreicheres Besuchsrecht vorzusehen als beim Vorschulkind. Denn bei diesem erfüllt das Recht lediglich den Zweck, eine hinreichende Realitätskontrolle zu ermöglichen, um so eine Idealisierung oder Dämonisierung des nicht obhutsberechtigten Elternteils zu verhindern. Diesem Zweck entsprechen indes bereits einige wenige Besuche pro Jahr (vgl. FELDER/HAUSHEER, a.a.O., S. 701). b) Im konkreten Fall hat das Kantonsgericht weder diesen Grundsätzen Beachtung geschenkt noch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Mutter mit ihrem Kind in Italien wohnt. Sie hat damit das ihr zustehende Ermessen überschritten. Im Lichte der vorgenannten Ausführungen (E. 3b/aa) ist dem Kläger zwar unverzüglich ein begleitetes Besuchsrecht einzuräumen, wobei es jedoch angesichts der beschriebenen Dynamik des Rechts angebracht ist, die Begleitung lediglich bis zum vollendeten 12. Altersjahr - d.h. bis zum Übergang der Tochter vom Kindes- zum Jugendalter - vorzusehen, danach aber ein unbegleitetes Besuchsrecht zuzulassen. Im Interesse des Kindes ist das Besuchsrecht an dessen Wohnsitz auszuüben, da die vom Kantonsgericht gewählte Lösung angesichts der damit verbundenen Reisen in die Schweiz eine zu grosse Belastung für das Kind darstellen würde. Der Umstand, dass sich aus der Wahl des Ortes für den Kläger allenfalls gewisse Nachteile - wie etwa die Reise ins Ausland - ergeben können, darf für das Bundesgericht nicht massgebend sein (vgl. E. 3b/aa). BGE 120 II 229 S. 236 Eine andere Regelung drängt sich hier auch aus prozessualen Gründen nicht auf, zumal das vorliegende Urteil auch hinsichtlich der Besuchsrechtsregelung am derzeitigen Wohnsitz in Italien grundsätzlich anerkannt wird (vgl. Art. 1, 2 und 9 des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, SR 0.276.194.541; vgl. DUTOIT/KNOEPFLER/LALIVE/MERCIER, Répertoire de droit international privé suisse, Band 2, Bern 1983, S. 214 f. N. 5, 8 und 9). Angesichts der konkreten Verhältnisse sind - entgegen dem Antrag des Klägers - keine Kindesschutzmassnahmen gemäss Art. 307 ff. ZGB anzuordnen. Insbesondere erweist sich eine Überwachung des Besuchsrechts durch einen Beistand ( Art. 308 Abs. 2 ZGB ) als überflüssig; im konkreten Fall genügt vielmehr eine von einer Privatperson oder dem Vertreter einer dafür geeigneten Organisation durchgeführte private Begleitung der Besuche des Vaters durchaus, um einer Gefährdung der Tochter wirksam zu begegnen. Die Beklagte hat ihrerseits bei der Ausübung des Besuchsrechts Hand zu bieten, wobei es insbesondere zu ihrer Aufgabe gehören wird, sich mit dem Kläger über den Zeitpunkt der Besuche zu verständigen und die private Begleitung zu organisieren. Wird im weiteren berücksichtigt, dass die Tochter knapp fünf Jahre alt ist und wegen der nunmehr vorgesehenen Lösung nicht mehr gezwungen ist, an den Wohnsitz des Vaters zu reisen, so erscheint ein Besuchsrecht des Vaters von dreimal zwei aufeinanderfolgenden Tagen pro Jahr als angemessen, wobei im Einklang mit der Rechtsprechung des Kantonsgerichts vorzusehen ist, dass dieses begleitete Recht jeweils täglich von 09'00 Uhr bis 20'00 Uhr ausgeübt werden kann.
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Urteilskopf 115 Ib 393 54. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Oktober 1989 i.S. X. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 15 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VStG ; Mithaftung des Liquidators; Befreiungsbeweis. Der Verwaltungsrat ("Strohmann") haftet als Liquidator solidarisch für die Verrechnungssteuer, welche die ohne formelle Liquidation aufgelöste Gesellschaft auf dem Liquidationsüberschuss schuldet. Er kann sich von seiner Mithaftung nicht befreien, indem er geltend macht, er habe bloss seinen Namen zur Verfügung gestellt.
Sachverhalt ab Seite 394 BGE 115 Ib 393 S. 394 Am 14. November 1986 verkaufte die I. S.A. ihre Liegenschaft, welche ihr einziges wesentliches Aktivum war. Seither ist die Gesellschaft nicht mehr aktiv. Einziger Verwaltungsrat der Gesellschaft war X. Am 10. Dezember 1987 teilte er gegenüber dem Handelsregisteramt seinen Rücktritt als Verwaltungsrat mit, und am 8. Juni 1988 wurde schliesslich die Eidgenössische Steuerverwaltung ersucht, ihre Zustimmung zur Löschung der Gesellschaft im Handelsregister zu erteilen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schloss daraus, dass die Gesellschaft ihrer wirtschaftlichen Substanz entleert, von den Beteiligten aufgegeben und faktisch liquidiert worden sei, und auferlegte der Gesellschaft für einen Liquidationsüberschuss von Fr. ... Verrechnungssteuern im Betrag von Fr. ... Sie bezeichnete zudem X. als solidarisch haftbar, weil er als (faktischer) Liquidator der Gesellschaft zu betrachten sei ( Art. 15 Abs. 1 lit. a VStG ). Gegen den Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung führt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er bestreitet seine solidarische Haftung für die Verrechnungssteuerforderung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Erwägungen: 4. a) Nach Art. 15 Abs. 1 lit. a VStG haften für die Steuer mit dem Steuerpflichtigen solidarisch "die mit der Liquidation betrauten Personen bis zum Betrage des Liquidationsergebnisses". Der Beschwerdeführer war seit dem 12. April 1985 als einziger Verwaltungsrat der I. S.A. im Handelsregister eingetragen und unterzeichnete auch den Kaufvertrag vom 14. November 1986 über die Veräusserung der Liegenschaft. Er war damit faktisch Liquidator der Gesellschaft und haftet als solcher solidarisch für die Steuer der liquidierten juristischen Person, zumal es für die Haftung des Liquidators keine Rolle spielt, ob er als solcher formell im Handelsregister eingetragen ist (ASA 55, 651, mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer kann sich von dieser Haftung nur befreien, wenn er nachweist, dass er "alles" ihm "Zumutbare zur Feststellung und Erfüllung der Steuerforderung getan hat" ( Art. 15 Abs. 2 VStG ). Ob der Liquidator "alles ... Zumutbare" getan hat, beurteilt sich nach den konkreten Umständen und den persönlichen Verhältnissen. Nach ständiger Rechtsprechung ( BGE 106 Ib 379 /80; Urteile vom 16. November 1984 i.S. M. S.A. und vom 19. September 1985 BGE 115 Ib 393 S. 395 i.S. G. und D. S.A.) muss der Liquidator nachweisen, dass er alles vorgekehrt hat, was sich nach den Umständen vernünftigerweise von ihm erwarten liess, damit die Steuerforderung festgestellt und erfüllt werden kann. Nach der Darstellung in der Beschwerdeschrift entfaltete der Beschwerdeführer als Verwaltungsrat der fraglichen Gesellschaft indessen keine Aktivitäten und begnügte sich beim Verkauf der Liegenschaft damit, dass der Notar die Grundstückgewinnsteuerberechnung geprüft, für in Ordnung befunden und bezahlt hatte. Was mit dem Verkaufserlös geschah, kümmerte den Beschwerdeführer nicht. Mit diesem Vorgehen liess der Beschwerdeführer dem oder den Aktionären völlig freie Hand. Er verlangte namentlich nicht, dass die Steuerschulden oder die übrigen Gesellschaftsschulden sichergestellt wurden. Auch wenn an ihn nicht die gleichen Anforderungen wie beispielsweise an einen Anwalt, Treuhänder oder Bücherexperten ( BGE 106 Ib 380 ; ASA 55, 651 E. 2c) gestellt werden dürfen, hat er damit klarerweise nicht das getan, was einem Liquidator unter den gegebenen Umständen zugemutet werden durfte. Er haftet folglich solidarisch mit der Gesellschaft für deren Steuerschuld. b) Was der Beschwerdeführer zu seiner Befreiung vorbringt, dringt nicht durch. Es mag zutreffen, dass er als Bauzeichner oder Architekt über keine juristischen Kenntnisse hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines Verwaltungsrates verfügte und insoweit seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Es mag auch seine Richtigkeit haben, dass er im Rahmen der laufenden Geschäfte als Verwaltungsrat keine konkreten Aufgaben wahrzunehmen hatte. Wer jedoch ein Mandat als Verwaltungsrat (oder Liquidator) einer Gesellschaft übernimmt, kann sich nicht mit dem Vorwand von seiner Haftung befreien, er habe lediglich seinen Namen zur Verfügung gestellt; der Strohmann, der sich mit einem Mandat einverstanden erklärt, von dem er weiss, dass er es nicht gewissenhaft wird ausführen können, verletzt in schwerwiegender Weise seine Sorgfaltspflichten. Dem Beschwerdeführer hilft dabei auch nicht, dass sein Verwaltungsratshonorar in keinem Verhältnis zu der von ihm übernommenen Verantwortung stand. Denn die Verantwortlichkeit des Liquidators kann - im Interesse Dritter und des Fiskus - nicht davon abhängen, aus welchen Motiven er sich zur Übernahme des Mandats entschlossen hat und ob er für seine Tätigkeit angemessen entschädigt wird.
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Urteilskopf 97 I 107 19. Auszug aus dem Urteil vom 5. Mai 1971 i.S. X gegen Dr. Y, Staatsanwalt und Obergericht des Kantons Luzern.
Regeste Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 4 BV . Kantonales Strafprozessrecht. Der Privatkläger kann, obwohl in der Sache selbst nicht legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde rügen, die Klage sei aus einer Erwägung, die offensichtlich der kantonalen StPO widerspricht, von der Hand gewiesen worden. Es ist nicht willkürlich, die Strafklage von der Hand zu weisen, wenn die geltend gemachte Tat zwar unter Strafe gestellt ist, es aber offensichtlich an einem hinreichenden Verdacht fehlt.
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 97 I 107 S. 108 Aus dem Tatbestand: A.- Gegen X wurde ein Strafverfahren wegen gewerbsmässigen Betrugsversuchs und Urkundenfälschung durchgeführt. Nachdem sich X in dieser Angelegenheit selbst mehrmals an die Presse gewandt hatte, erteilte der die Untersuchung führende Staatsanwalt Dr. Y zur Klarstellung gewisser Behauptungen einem Journalisten Auskunft, der darüber einen Zeitungsartikel veröffentlichte. B.- X reichte gegen Dr. Y Strafklage wegen übler Nachrede, eventuell Verleumdung und Kreditschädigung ein. Darin machte er geltend, Dr. Y habe ihm in diesem Zeitungsartikel wahrheitswidrig vorgeworfen, er hätte mit Betrugsabsicht gehandelt. Der Amtsstatthalter wies die Klage von der Hand. Ein Rekurs des X an die Staatsanwaltschaft hatte insoweit Erfolg, als der ausserordentliche Staatsanwalt den Entscheid des Amtsstatthalters aufhob und diesen anwies, die Untersuchung durchzuführen. Auf Beschwerde von Dr. Y hob das Obergericht des Kantons Luzern den Entscheid des a.o. Staatsanwalts auf und bestätigte den Entscheid des Amtsstatthalters, womit dieser die Strafklage des X von der Hand gewiesen hatte. Zur Begründung führte das Obergericht im wesentlichen aus: Nach konstanter Praxis der luzernischen Strafrechtspflegebehörden gelte es als eine Voraussetzung der Strafverfolgung, dass sich die Anschuldigung nicht von vorneherein als haltlos erweise. Treffe dies zu, so habe der Strafkläger kein schützenswertes Interesse an der Untersuchung; vielmehr habe dann der Angeschuldigte von Verfassungs wegen Anspruch darauf, dass die Einleitung des Strafverfahrens unterbleibe. Der Untersuchungsrichter müsse deshalb jeweils auf Grund des materiellen BGE 97 I 107 S. 109 Strafrechts - sozusagen vorfrageweise - prüfen, ob die den Gegenstand der Klage bildende Tat mit Strafe bedroht sei, bevor er ein Strafverfahren einleite; er dürfe auch berücksichtigen, ob ein Rechtfertigungsgrund vorliege. Freilich dürfe der Untersuchungsrichter eine Strafklage nur dann von der Hand weisen, wenn ausser Zweifel stehe, dass sich der Angeschuldigte nicht strafbar gemacht habe. Im vorliegenden Fall habe Dr. Y im Rahmen der ihm vom Gesetz verliehenen Befugnisse gehandelt; er habe die beanstandete Auskunft berechtigterweise erteilt. Es habe sogar ein öffentliches Interesse bestanden, dass Dr. Y die zur Klarstellung der Sachlage erforderliche Auskunft erteilt habe. Die Anklage gegen X laute tatsächlich zur Hauptsache auf Betrugsversuch, und aus dem Zeitungsartikel gehe klar hervor, dass X im Prozess Betrugsversuch vorgeworfen werde; die Verbindung zu dem noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren gehe wie ein roter Faden durch den ganzen Bericht. Die Auskunft habe somit der Wahrheit entsprochen; auch sei sie auf das Wesentliche beschränkt gewesen. Selbst wenn das eine oder andere Tatbestandsmerkmal der Ehrverletzung oder Kreditschädigung gegeben sein sollte, würde es, ganz abgesehen von der Schuld, an der Rechtswidrigkeit fehlen. Der Amtsstatthalter habe deshalb die Strafklage zu Recht von der Hand gewiesen. C.- Gegen diesen Entscheid hat X staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Das Obergericht hat die Strafklage des X in Bestätigung des Entscheids des a.o. Amtsstatthalters von der Hand gewiesen, indem es annahm, es sei von vorneherein klar, dass sich Dr. Y nicht der Ehrverletzung oder Kreditschädigung schuldig gemacht habe, wie ihm das in der Strafklage vorgeworfen wurde. Der Beschwerdeführer behauptet - freilich in unklarer Weise - eine Strafklage dürfe nicht deshalb von der Hand gewiesen werden, weil der Amtsstatthalter bzw. das Obergericht annehme, es bestehe von vorneherein kein Verdacht, dass der Beschuldigte die Tat begangen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 94 I 555 ) ist auf die Beschwerde einzutreten, soweit damit behauptet wird, aus dem vom Obergericht herangezogenen Grund dürfe BGE 97 I 107 S. 110 eine Strafklage überhaupt nicht von der Hand gewiesen werden. Der Privatkläger hat einen Anspruch darauf, dass einer Strafklage Folge gegeben und ein Strafverfahren eröffnet wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind, und es kommt einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs gleich oder zumindest nahe, wenn die Strafklage aus einer Erwägung, die ganz klar und offensichtlich der Strafprozessordnung widerspricht, von der Hand gewiesen wird. Das entspricht denn auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts (nichtveröffentlichte Urteile vom 23. Dezember 1970 i.S. Max Hommel & Co. und vom 19. Januar 1971 i.S. Brun). b) § 59 StPO lautet: "1 Ist die angezeigte Handlung nicht mit Strafe bedroht oder fehlen andere Voraussetzungen der Strafverfolgung, so gibt der Amtsstatthalter der Anzeige keine Folge. 2 Eine Klage wird in diesem Falle von der Hand gewiesen und der Entscheid dem Privatkläger eröffnet. Dieser trägt in der Regel die Kosten. 3 Der Privatkläger kann gegen den Entscheid beim Staatsanwalt Rekurs einlegen." Es ergibt sich daraus, dass entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers für die Strafanzeige und für die Klage eines Privatklägers im wesentlichen die gleiche Ordnung gilt. Der Strafanzeige wird keine Folge gegeben, die Klage wird von der Hand gewiesen, was beides bedeutet, dass es der Amtsstatthalter ablehnt, ein Strafverfahren zu eröffnen. Es ist klar, dass eine Strafklage von der Hand zu weisen ist, wenn die Tat, so wie sie vom Privatkläger geschildert wird, gar nicht mit Strafe bedroht ist. Fraglich ist dagegen, ob eine Strafklage auch dann von der Hand gewiesen werden darf, wenn die Tat zwar allenfalls unter Strafe gestellt ist, aber sich bei Prüfung der Klage von vorneherein zeigt, dass diese grundlos ist. So kann es beispielsweise offenkundig sein, dass sich ein Vorfall nicht so abgespielt haben kann, wie er in der Klage dargestellt ist, oder es kann sich zeigen, dass der in der Klage ausgesprochene Verdacht einer strafbaren Handlung klarerweise nicht vorhanden ist. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, es müsse in solchen Fällen der Klage Folge gegeben werden, doch ist es nicht unhaltbar, wenn das Obergericht den § 59 StPO anders auslegt. Damit jemand gerichtlich verfolgt werden darf, bedarf es nach allgemeiner Lehre eines gewissen Verdachts, dass er eine mit Strafe bedrohte BGE 97 I 107 S. 111 Tat begangen hat ( BGE 96 I 27 ). Es ist unter diesem Gesichtspunkt zulässig, dass der Untersuchungsrichter eine Anzeige oder Klage prüft und die Eröffnung eines Strafverfahrens ablehnt, wenn es offensichtlich an einem hinreichenden Verdacht fehlt. Das liegt im Interesse des Beschuldigten, der nicht grundlos in ein Strafverfahren einbezogen werden soll. Zudem soll sich die Strafverfolgungsbehörde nicht mit Fällen beschäftigen müssen, in denen eine Bestrafung von vorneherein nicht in Frage kommt. Es geht indessen nicht an, dass der Untersuchungsrichter eine Klage von der Hand weist, wenn ein gewisser Verdacht vorliegt, indem er in subtiler Erwägung darüber befindet, ob es voraussichtlich zu einer Verurteilung kommen könnte oder nicht. Er darf, wenn die in der Klage genannte Tat an sich allenfalls mit Strafe bedroht ist und die formellen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, die Klage nur von der Hand weisen, wenn sie offensichtlich grundlos ist, wenn es also klarerweise an einem die Eröffnung des Strafverfahrens rechtfertigenden, sog. hinreichenden Verdacht mangelt. Besteht ein gewisser, wenn auch nicht schwerwiegender Verdacht, so muss die Untersuchung eingeleitet werden (vgl. die erwähnten Urteile i.S. Hommel & Co. und Brun). So wendet das Obergericht den § 59 StPO an, und diese Auslegung ist nach dem Gesagten nicht willkürlich. Sie stützt sich zudem, wie im angefochtenen Entscheid ausgeführt wird, auf eine mehrjährige kantonale Praxis und auf die Entstehungsgeschichte der Norm. Ferner entspricht sie der Regelung anderer Strafprozessordnungen (§ 80 Abs. 1 der solothurnischen StPO vom 7. Juni 1970; vgl. LENZLINGER, Nichtanhandnahme und Einstellung der Untersuchung, in: Kriminalistik, 1965, S. 158). Der Strafkläger ist bei dieser Auslegung des § 59 StPO nicht der Willkür des Amtsstatthalters ausgesetzt, wie der Beschwerdeführer behauptet. Er kann sich mit einem Rekurs an den Staatsanwalt wenden, wenn er glaubt, der Amtsstatthalter habe seine Klage zu Unrecht von der Hand gewiesen. Einen abweisenden Entscheid des Staatsanwalts kann er an das Obergericht weiterziehen.
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Urteilskopf 100 III 19 7. Entscheid vom 21. März 1974 i.S. Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung
Regeste Verbindlichkeit des Konkursdekretes für die Konkursbehörden, Art. 171 SchKG . Konkursbeamter und Aufsichtsbehörde können ein Konkursdekret jedenfalls dann nicht auf seine Gesetzmässigkeit überprüfen, wenn mit der Durchführung des Konkurses bereits begonnen worden ist (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 100 III 19 S. 19 A.- Am 11. Januar 1972 wurde in Bern als Verein im Sinne von Art. 60 ZGB die Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung (im folgenden TKV genannt) gegründet. Die Statuten BGE 100 III 19 S. 20 des Vereins enthalten unter anderem folgende Bestimmungen: "II. Vereinszweck Art. 2 Die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" bezweckt die Aufklärung ihrer Mitglieder über die wirtschaftlichen Vorteile der Gefrierkonservierung. Ganz besonders soll darauf geachtet werden, dass möglichst breite Bevölkerungskreise auch schnellverderbliche Nahrungsmittel wie Frischfleisch, Gemüse, Früchte und Fertigmahlzeiten als Notvorrat anlegen. Die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" wird ihre Mitglieder ständig über die neuesten Erkenntnisse der Gefrierkonservierung auf dem laufenden halten. Die Mitglieder der "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" werden auch über die Haltung der geeigneten Kühlgeräte durch neutrale Fachleute beraten. Es soll insbesondere auch minderbemittelten Mitgliedern ermöglicht werden, eigene Tiefkühlgeräte zu halten. III. Mittel Art. 3 Vereinszweck: Um die in Art. 2 umschriebenen Vereinszwecke besser erfüllen zu können, wird die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" Lebensmittel, die sich nach Sorte und Qualität besonders gut für die Gefrierkonservierung eignen, in grösseren Mengen einkaufen und diese preisgünstig an seine Mitglieder abgeben." Die TKV betrieb in der Folge einen bedeutenden Handel mit Fleisch und Fleischprodukten sowie Tiefkühlgeräten. Sie eröffnete vier Metzgereifilialen in Oberwangen, Bern, Lyss und Burgdorf, die von qualifizierten Metzgern geführt wurden. Der monatliche Umsatz dieser Filialen betrug ca. Fr. 80 000.-- bis 100 000.--. Gemäss Art. 20 der Statuten sollte der Verein ins Handelsregister eingetragen werden. Das Handelsregisteramt Bern lehnte es jedoch ab, den Eintrag vorzunehmen. Ende 1972 hatte die TKV ungefähr 700 Mitglieder. B.- Am 29. Januar 1973 meldete die TKV beim Konkursrichter Bern den Konkurs an mit der Begründung, es bestehe eine Unterbilanz in der Höhe von ungefähr Fr. 110 000.--. Mit Schreiben vom gleichen Tag machte die Vieh-und Fleischhandels AG (im folgenden als VFH bezeichnet), eine Gläubigerin der TKV, den Konkursrichter darauf aufmerksam, dass die TKV ausschliesslich kommerzielle Zwecke verfolge, dass sie daher als einfache Gesellschaft zu betrachten sei und dass BGE 100 III 19 S. 21 demzufolge ein Konkurs über sie nicht in Frage komme. Trotzdem wurde am 31. Januar 1973 in Anwendung von Art. 191 SchKG über die TKV der Konkurs eröffnet. Das Konkursamt Bern begann sogleich mit der Durchführung des Konkurses. Es verkaufte die leicht verderblichen Waren ( Art. 243 Abs. 2 SchKG ), führte die Inventaraufnahme durch, publizierte die Konkurseröffnung, lud auf den 13. März 1973 zur ersten Gläubigerversammlung ein, welche jedoch nicht beschlussfähig war, und liess sich ermächtigen, die übrigen Aktiven sofort zu verwerten, was in der Folge zum Teil auch geschah. C.- Mit Eingabe vom 5. April 1973 führte die VFH bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde mit dem Begehren, der gestützt auf das Konkurserkenntnis vom 31. Januar 1973 über die TKV durchgeführte Konkurs sei als nichtig zu erklären. Die Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 25. April 1973 gut und hob den Konkurs auf. D.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt die TKV, der Entscheid der Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und das Konkursamt Bern sei anzuweisen, den Konkurs fortzuführen. Die VFH stellt in ihrer Vernehmlassung den Antrag, auf den Rekurs sei nicht einzutreten; eventuell sei er abzuweisen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die VFH macht in erster Linie geltend, die Rekurrentin sei nicht prozessfähig, weil ihr keine Rechtspersönlichkeit zukomme, und es sei daher auf den Rekurs nicht einzutreten. Dieser Einwand geht indessen fehl. Die Vorinstanz hat in der Begründung ihres Entscheides zwar ausgeführt, die TKV sei nicht rechtsfähig, weil sie einen wirtschaftlichen Zweck verfolge. Ein Verein wie übrigens auch eine Stiftung muss aber als partei- und prozessfähig angesehen werden, wenn Gegenstand des Prozesses gerade die Frage seiner Rechtsfähigkeit ist; andernfalls könnte ein kantonaler Entscheid in einer solchen Frage nicht ans Bundesgericht weitergezogen werden ( BGE 90 II 333 ff., BGE 88 II 209 ff., BGE 96 II 277 /278; vgl. auch BGE 99 III 8 ). Auf den Rekurs ist daher einzutreten. BGE 100 III 19 S. 22 2. Nach der allerdings seit längerer Zeit nicht mehr bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichts sind die Konkursbehörden (Konkursbeamter und Aufsichtsbehörde) befugt, ein Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen und die Durchführung eines Konkurses abzulehnen, wenn sie es für gesetzwidrig oder doch für offenbar gesetzwidrig halten ( BGE 49 III 248 Erw. 3, BGE 45 I 53 , BGE 30 I 849 Erw. 2; Entscheid vom 15. Juli 1907 i.S. Levy-Sonneborn, teilweise veröffentlicht in Archiv SchK 1908 S. 6/7 und in Monatsblätter für Betreibungs- und Konkursrecht 1908 S. 109/110; vgl. auch den Entscheid vom 4. Oktober 1907 i.S. Bernasconi, veröffentlicht in Archiv SchK 1908 S. 96/97). Im gleichen Sinne hatte bereits der Bundesrat entschieden, als er noch die Oberaufsicht über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen ausübte (Archiv SchK 1893 S. 4 ff. und S. 39 ff.; vgl. auch JAEGER, N. 4 zu Art. 176 sowie N. 1 und 2 zu Art. 221 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, S. 579 N. 56). Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei, ist fraglich. Wohl kommen bei der Beurteilung von Konkursbegehren auch den Aufsichtsbehörden gewisse Kompetenzen zu. Sie haben insbesondere darüber zu entscheiden, ob die Vorschriften über den Betreibungsort eingehalten seien ( BGE 96 III 33 f.), ob der Schuldner der Konkursbetreibung unterliege oder ob ein nicht handlungsfähiger Schuldner in gesetzwidriger Weise betrieben werde ( Art. 173 Abs. 2 SchKG ). Der Konkursrichter hat in solchen Fällen den Entscheid über das Konkursbegehren auszusetzen und die Sache den Aufsichtsbehörden zu überweisen. Die Verantwortung für die Konkurseröffnung trägt aber allein der Richter (FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., II, S. 106 N. 171). Wären nun die Konkursbehörden entsprechend der bisherigen Praxis befugt, das Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen, so würde der Entscheid über das Konkursbegehren letztlich den Aufsichtsbehörden zugeschoben, was mit der im Gesetz vorgesehenen Verteilung der Kompetenzen zwischen Konkursrichter und Aufsichtsbehörden wohl kaum vereinbar sein dürfte (JAEGER, N. 1 zu Art. 221 SchKG ; JAEGER-DAENIKER, N. 3 zu Art. 176 SchKG ; FRITZSCHE, a.a.O.). Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann indessen offen bleiben. Eine Überprüfungsbefugnis der Konkursbehörden BGE 100 III 19 S. 23 dürfte jedenfalls - wenn überhaupt - höchstens dann in Frage kommen, wenn das Konkurserkenntnis offensichtlich gesetzwidrig wäre (FRITZSCHE, a.a.O.). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die Annahme des Konkursrichters, die Rekurrentin sei ein rechtsfähiger Verein, mag unrichtig sein; schlechthin unhaltbar ist sie nicht. Immerhin ist die Rekurrentin während eines ganzen Jahres im Rechtsleben als Verein aufgetreten. Aus ihren Statuten allein ergibt sich sodann nicht ohne weiteres, dass sie einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Schliesslich lässt sich auch daraus nichts ableiten, dass sie nicht im Handelsregister eingetragen ist. Ein Verein, der für seinen (idealen) Zweck ein kaufmännisches Gewerbe betreibt, hat sich zwar gemäss Art. 61 Abs. 2 ZGB im Handelsregister eintragen zu lassen; der Eintrag ist jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der VFH lediglich deklaratorischer Natur, so dass die Erlangung der Rechtsfähigkeit nicht davon abhängt ( BGE 88 II 219 /220; TUOR/SCHNYDER/JÄGGI, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 8. Aufl., S. 113; EGGER, N. 4 zu Art. 61 ZGB ; HEINI, in Schweizerisches Privatrecht, II, S. 535/536). Entscheidend aber ist, dass sich auch nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts die Befugnis der Konkursbehörden, das Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen, auf die Einleitung des Konkursverfahrens beschränkt. Hat der Konkursbeamte die Durchführung des Konkurses einmal an die Hand genommen, so kann er bzw. die Aufsichtsbehörde demzufolge nicht mehr auf das Konkurserkenntnis zurückkommen, auch wenn dieses an einem Mangel leiden sollte (Entscheid vom 15. Juli 1907 i.S. Levy-Sonneborn, Archiv SchK 1908 S. 6; JAEGER, N. 4 zu Art. 176 SchKG ). Im vorliegenden Fall hat das Konkursamt Bern mit der Durchführung des Konkurses bereits begonnen. Es hat das Inventar aufgenommen, die Konkurseröffnung publiziert und eine Gläubigerversammlung abgehalten. Insbesondere hat es bereits Aktiven verwertet. Das Begehren der VFH, der Konkurs sei nichtig zu erklären, ging erst 65 Tage nach der Konkurseröffnung ein. In diesem Stadium des Verfahrens konnte die Aufsichtsbehörde keinesfalls mehr auf das Konkurserkenntnis zurückkommen, auch wenn man ihr im übrigen ein Prüfungsrecht zugestehen wollte. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und das Konkursamt Bern anzuweisen, BGE 100 III 19 S. 24 das Konkursverfahren über die Rekurrentin weiterzuführen. Für dieses Ergebnis sprechen auch praktische Überlegungen. Nachdem bereits Verwertungshandlungen vorgenommen worden sind, gibt es keine andere Lösung, als den Verwertungserlös konkursmässig an die Gläubiger zu verteilen. Wollte man mit der VFH annehmen, es liege ein Vermögen ohne hinreichende Verwaltung vor und es müsse daher ein Beistand bestellt werden ( Art. 393 ZGB ), so würde dies ebenfalls zum Konkurs führen, denn der Beistand könnte nichts anderes tun, als beim Konkursrichter die Insolvenzerklärung abgeben (vgl. BGE 51 II 265 /266). 3. Die VFH macht geltend, ein Urteil, das gegenüber einer nicht rechtsfähigen Partei ergehe, sei nichtig. Das Konkurserkenntnis vom 31. Januar 1973 sei daher ein "Nichturteil", das nicht zu beachten sei. Nach der Rechtsprechung sind Betreibungshandlungen, die von einem nicht existierenden Gläubiger ausgehen oder die sich gegen einen nicht existierenden Schuldner richten, als nichtig zu betrachten ( BGE 73 III 62 , BGE 72 III 43 , BGE 62 III 135 , BGE 51 III 58 , 66, BGE 43 III 177 , BGE 41 III 2 /3; V. SCHWANDER, Nichtige Betreibungshandlungen, BlSchK 1954 S. 8; FRITZSCHE, a.a.O., I, S. 53). Im vorliegenden Fall fehlt es indessen nicht an einem tauglichen Konkurssubjekt. Der Konkursrichter, der durch die Eingabe der VFH darauf aufmerksam gemacht worden war, dass die Rekurrentin möglicherweise wirtschaftliche Zwecke verfolge und daher nicht rechtsfähig sei, hat in seinem Entscheid deren Rechtsfähigkeit bejaht. Dieser Entscheid ist nach dem Gesagten für das Konkursamt und die Aufsichtsbehörden verbindlich, nachdem mit der Durchführung des Konkurses bereits begonnen worden ist. Es handelt sich dabei keineswegs um ein Nichturteil (vgl. dazu GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 227 N. 3, 71 N. 1), mag die Ansicht des Konkursrichters auch unzutreffend sein. Für das vorliegende Konkursverfahren ist daher davon auszugehen, der Rekurrentin komme die Rechtspersönlichkeit zu. Demzufolge müssen die Gläubiger, die eine Forderung gegen die Rekurrentin haben, kolloziert werden, obwohl sich ihre Forderung in Wirklichkeit möglicherweise gegen die einzelnen Vereinsmitglieder richtet. Umgekehrt kann die Konkursverwaltung, die von Gesetzes wegen befugt ist, alle zur Erhaltung und Verwertung der Konkursmasse gehörenden Geschäfte zu BGE 100 III 19 S. 25 besorgen ( Art. 240 SchKG ), die liquiden Guthaben der Masse einziehen, ohne dass eingewendet werden könnte, die Rekurrentin sei nicht rechtsfähig. Im übrigen ist aber die Frage, ob der Rekurrentin die Rechtspersönlichkeit zukomme, nicht rechtskräftig entschieden. Sollten die Gläubiger einzelne Vereinsmitglieder für die Schulden der Rekurrentin belangen, so könnte der Zivilrichter frei darüber befinden, ob diese als Verein oder in Anwendung von Art. 62 ZGB als einfache Gesellschaft zu betrachten sei, für deren Verbindlichkeiten die Gesellschafter persönlich und solidarisch haften ( Art. 544 Abs. 3 OR ). Daraus ergibt sich übrigens, dass die VFH durch den Konkurs über die Rekurrentin in keiner Weise beschwert ist, da ihr die Möglichkeit, gegen die einzelnen Vereinsmitglieder vorzugehen, gewahrt bleibt. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben; das Konkursamt Bern wird angeWiesen, das Konkursverfahren über die Rekurrentin weiterzuführen.
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Urteilskopf 141 I 211 20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen C. (Beschwerde in Strafsachen) 1B_169/2015 / 1B_177/2015 vom 6. November 2015
Regeste Art. 16, 17 und 36 BV , Art. 69 ff. StPO , § 11 ff. AEV /ZH; Einschränkung der Gerichtsberichterstattung über eine öffentliche strafrechtliche Hauptverhandlung. Das vom Strafrichter gegenüber den Gerichtsberichterstattern unter Androhung von Ordnungsbusse ausgesprochene Verbot, bestimmte Informationen über den Angeklagten zu publizieren, war mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unzulässig (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 212 BGE 141 I 211 S. 212 A. Am 16. Dezember 2013 erhob die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Uster Anklage gegen C. wegen Rassendiskriminierung. Sie warf ihm vor, auf der Online-Kommunikationsplattform "Twitter" folgende Kurznachrichten veröffentlicht zu haben: - "Wir sollten dieses Pack aus dem Land werfen. Ich will nicht mit solchen Leuten zusammenleben." - "Vielleicht brauchen wir wieder einmal eine Kristallnacht ... diesmal für Moscheen." - "Ich würde gewisse Leute tatsächlich gerne an die Wand stellen und erschiessen. Dreck weniger auf Erden wäre gut." B. Auf Antrag von C. verfügte der Einzelrichter am 16. Mai 2014 Folgendes: "1. Den Gerichtsberichterstattern bzw. Medienvertretern wird die Auflage erteilt, die Anonymität der beschuldigten Person wie folgt zu wahren: In einer allfälligen Berichterstattung wird untersagt, a) den Namen der beschuldigten Person zu nennen; b) Fotos der beschuldigten Person zu publizieren; und c) Alter, Wohnort, Arbeitgeber und die Adresse des Internetblogs der beschuldigten Person zu publizieren. 2. Gerichtsberichterstatter bzw. Medienvertreter, welche die Anordnung gemäss Ziffer 1 vorstehend missachten, können mit Ordnungsbusse bis zu Fr. 1'000.- bestraft werden. § 12 der Akteneinsichtsverordnung der obersten Gerichte (LS 211.15) bleibt vorbehalten." Der Einzelrichter teilte diese Verfügung C., der Staatsanwaltschaft und den Privatklägern schriftlich mit. Den Medienvertretern eröffnete sie der Einzelrichter zu Beginn der Hauptverhandlung vom 19. Mai 2014 mündlich. Auf entsprechendes Gesuch hin stellte er am 22. Mai 2014 den Medienvertretern die vollständige schriftliche Ausfertigung der Verfügung zu. C. Dagegen erhoben die akkreditierten Gerichtsberichterstatterinnen A. und B. je Beschwerde. Am 31. März 2015 beschloss das Obergericht des Kantons Zürich (III. Strafkammer) in zwei identisch begründeten Entscheiden was folgt: "1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde werden Ziff. 1 lit. a und c (teilweise) der Verfügung des Einzelrichters vom 16. Mai 2014 (Verbot, den Namen und das Alter des Beschuldigten zu publizieren) BGE 141 I 211 S. 213 aufgehoben. Im Übrigen (hinsichtlich Ziff. 1 lit. b und c [Verbot, das Bild sowie den Wohnort, den Arbeitgeber und die Adresse des Internetblogs des Beschuldigten bekannt zu geben]) wird die Beschwerde abgewiesen." D. A. führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, Ziffer 1 Satz 2 des Beschlusses des Obergerichts sei aufzuheben und festzustellen, dass § 11 Abs. 2 der Akteneinsichtsverordnung des Kantons Zürich in gemäss Art. 69 StPO öffentlich durchgeführten Verhandlungen keine genügende gesetzliche Grundlage darstelle, um die Medien- und Informationsfreiheit von Gerichtsberichterstattern mit konkreten Auflagen einzuschränken und solche mit einer Bussenandrohung zu verknüpfen. Eventualiter sei Ziffer 1 Satz 2 des Beschlusses des Obergerichts insoweit abzuändern, als darin unter Bezugnahme auf Ziffer 1 lit. c der Verfügung des Einzelrichters vom 16. Mai 2014 verboten werde, die Adresse des Internetblogs der beschuldigten Person zu publizieren (Verfahren 1B_169/2015). B. erhebt ebenfalls Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, Ziffer 1 Satz 2 des Beschlusses des Obergerichts sei mit Bezug auf die Nennung des Internetblogs (teilweise) aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die URL (Adresse) des Internetblogs des Beschuldigten publiziert werden dürfe (Verfahren 1B_177/2015). (...) Das Bundesgericht vereinigt die beiden Beschwerdeverfahren und heisst die Beschwerden gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 16 BV ist die Informationsfreiheit gewährleistet (Abs. 1). Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten (Abs. 3). Art. 17 BV schützt die Medienfreiheit. Danach ist die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen gewährleistet (Abs. 1). Zensur ist verboten (Abs. 2). Die Medienfreiheit gewährleistet ebenso Art. 10 EMRK , obschon sie darin nicht ausdrücklich erwähnt wird (JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 28 zu Art. 10 EMRK ; KARPENSTEIN/ BGE 141 I 211 S. 214 MAYER, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Kommentar, 2. Aufl. 2015, N. 13 zu Art. 10 EMRK ). Die Freiheit der Medien gehört zu den zentralen Ausprägungen des allgemeinen Grundrechts freier Meinungsäusserung. Normativer Kern der Medienfreiheit ist die Sicherung des ungehinderten Nachrichtenflusses und des freien Meinungsaustauschs. Geschützt ist die Recherchetätigkeit der Journalisten zur Herstellung von Medienerzeugnissen und zu deren Verbreitung in der Öffentlichkeit. Die damit vermittelte Freiheit des Medienschaffens ist nicht Selbstzweck. Vielmehr hat der ungehinderte Fluss von Informationen und Meinungen in einem demokratischen Rechtsstaat eine wichtige gesellschaftliche und politische Bedeutung. Den Medien kommt als Informationsträger die Funktion eines Bindeglieds zwischen Staat und Öffentlichkeit zu. Zugleich leisten die Medien einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle behördlicher Tätigkeiten ( BGE 137 I 209 E. 4.2 S. 211 mit Hinweis; ZELLER/KIENER, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 8 zu Art. 17 BV ). Das den Beschwerdeführerinnen auferlegte Verbot, bestimmte Informationen über den Beschwerdegegner zu publizieren, stellt einen Eingriff in die Medienfreiheit gemäss Art. 17 BV dar. Ob überdies die Informationsfreiheit nach Art. 16 Abs. 3 BV betroffen ist, kann dahingestellt bleiben, da die Voraussetzungen für deren Einschränkung nach Art. 36 BV dieselben sind wie bei der Medienfreiheit (ebenso BGE 137 I 209 E. 4.2 S. 212 mit Hinweis). 3.2 Gemäss Art. 36 BV bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein (Abs. 1). Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt (Abs. 2) und verhältnismässig sein (Abs. 3). Ein schwerer Eingriff in ein Grundrecht bedarf einer klaren und ausdrücklichen Regelung in einem formellen Gesetz. Bei einem leichten Eingriff genügt ein Gesetz im materiellen Sinn. Ob insoweit eine genügende gesetzliche Grundlage gegeben ist, prüft das Bundesgericht unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür ( BGE 139 I 280 E. 5.1 S. 284; BGE 137 I 209 E. 4.3 S. 212; BGE 137 II 371 E. 6.2 S. 381; BGE 130 I 65 E. 3.3 S. 68, BGE 130 I 360 E. 14.2 S. 362; BGE 125 II 417 E. 6b S. 428; je mit Hinweisen). Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen BGE 141 I 211 S. 215 wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 141 I 49 E. 3.4 S. 53 mit Hinweisen). Ob ein Eingriff in ein Grundrecht schwer ist, beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Nicht entscheidend ist das subjektive Empfinden des Betroffenen ( BGE 139 I 280 E. 5.2 S. 285; BGE 137 I 209 E. 4.3 S. 212; BGE 137 II 371 E. 6.2 S. 381; BGE 130 I 65 E. 3.3 S. 68; je mit Hinweisen). 3.3 3.3.1 3.3.1.1 Gemäss Art. 69 StPO sind die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte mit Ausnahme der Beratung öffentlich (Abs. 1). Öffentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich (Abs. 4). Damit setzt die Strafprozessordnung das in Art. 30 Abs. 3 BV , Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) verankerte Prinzip der Justizöffentlichkeit um (vgl. GEROLD STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 43 ff. zu Art. 30 BV ). Für die Bürgerinnen und Bürger soll ersichtlich sein, wie die Richterinnen und Richter die ihnen vom jeweiligen Wahlkörper übertragene Verantwortung wahrnehmen, und der Grundsatz der publikumsöffentlichen Verhandlung dient ganz allgemein einer transparenten Justiztätigkeit und Rechtsfindung. Da nicht jedermann jederzeit an beliebigen Gerichtsverhandlungen teilnehmen kann, übernehmen die Medien mit ihrer Gerichtsberichterstattung insofern eine wichtige Brückenfunktion, als sie die richterliche Tätigkeit einem grösseren Publikum zugänglich machen. Die Gerichtsberichterstattung dient damit einer erweiterten bzw. mittelbaren Gerichtsöffentlichkeit und in diesem Sinn besteht an ihr ein erhebliches öffentliches Interesse ( BGE 129 III 529 E. 3.2 S. 532 mit Hinweis). 3.3.1.2 Nach Art. 70 StPO kann das Gericht die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz oder teilweise ausschliessen, wenn: a. die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder schutzwürdige Interessen einer beteiligten Person, insbesondere des Opfers, dies erfordern; b. grosser Andrang herrscht (Abs. 1). Das Gericht kann Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern und weiteren Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, unter bestimmen BGE 141 I 211 S. 216 Auflagen den Zutritt zu Verhandlungen gestatten, die nach Absatz 1 nicht öffentlich sind (Abs. 3). Art. 70 Abs. 3 StPO sieht somit eine Besserstellung der Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter gegenüber dem übrigen Prozesspublikum vor. Das kantonale Recht enthält weitere Privilegien. Gemäss § 16 Abs. 1 Ziff. 2 der Verordnung vom 16. März 2001 der obersten Gerichte des Kantons Zürich über die Information über Gerichtsverfahren und die Akteneinsicht bei Gerichten durch Dritte (Akteneinsichtsverordnung; LS 211.15; nachfolgend AEV/ZH) wird in Verfahren mit öffentlicher Verhandlung den zugelassenen Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern in Strafsachen auf Anfrage gestattet, im Hinblick auf die Berichterstattung vor oder nach der Verhandlung Einsicht zu nehmen in die Anklageschrift bzw. diese ersetzende Entscheide (Strafbefehl, Einziehungsbefehl), bereits ergangene Entscheide in der betreffenden Sache sowie in weitere Akten, soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Eine solche Besserstellung von Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern gegenüber dem übrigen Prozesspublikum ist allgemein üblich ( BGE 113 Ia 309 E. 5c S. 323 mit Hinweisen). Sie trägt der dargelegten Brückenfunktion der Medien Rechnung. So haben gemäss den Richtlinien vom 6. November 2006 der Verwaltungskommission betreffend die Gerichtsberichterstattung am Bundesgericht (SR 173.110.133) akkreditierte Journalistinnen und Journalisten Zutritt zu verschiedenen Räumlichkeiten des Gerichts (Art. 8). In den Gerichtssälen sind zudem für sie reservierte Sitzbänke vorhanden (Art. 10). Das Bundesgericht stellt ihnen überdies verschiedene Unterlagen zur Verfügung, so z.B. die Sachverhalte für die an einer öffentlichen Sitzung beratenen Fälle in der für sie bestimmten Form; ebenso Fotokopiergeräte (Art. 11). 3.3.1.3 Die einzelrichterliche Hauptverhandlung vom 19. Mai 2014 gegen den Beschwerdegegner war öffentlich. Zugang hatten somit nicht nur die Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter, sondern jedermann. Das Verbot, bestimmte Informationen über den Beschwerdegegner zu publizieren, traf jedoch einzig die Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter, nicht aber das übrige Prozesspublikum. Jeden anderen Prozessbesucher hinderte die Verfügung des Einzelrichters nicht, die betreffenden Informationen an Dritte weiterzugeben, gegebenenfalls auch auf dem Internet mit BGE 141 I 211 S. 217 breiter Wirkung (z.B. Blog, "soziale Medien"). Die Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter wurden also gegenüber dem übrigen Prozesspublikum schlechter gestellt. Das läuft dem Grundsatz zuwider, wonach den Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern eine gegenüber dem übrigen Prozesspublikum privilegierte Stellung zukommt. Dies spricht für einen schweren Eingriff in die Medienfreiheit. 3.3.2 Der Einzelrichter verbot den Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern, bestimmte Informationen über den Beschwerdegegner zu verbreiten. Er begrenzte damit den möglichen Inhalt der Prozessberichterstattung. Eine derartige staatliche Einflussnahme auf Medieninhalte bedarf besonderer Rechtfertigung. Der Eingriff in die Medienfreiheit fällt hier umso mehr ins Gewicht, als es sich nach den zutreffenden Darlegungen der Vorinstanz beim Beschwerdegegner um eine (relative) Person der Zeitgeschichte handelt. Eine solche muss sich gegenüber anderen Personen Abstriche beim Persönlichkeitsschutz gefallen lassen ( BGE 129 III 529 E. 4.3 S. 534; Urteil 5A_456/2013 vom 7. März 2014 E. 5; je mit Hinweisen). Den Medien stehen deshalb entsprechend weitergehende Möglichkeiten der Berichterstattung offen. Selbst der Hinweis auf die Adresse des Internet-Blogs des Beschwerdegegners wurde den Beschwerdeführerinnen jedoch verboten. Da dort der Beschwerdegegner selber die Öffentlichkeit sucht und sich zu politischen Themen, insbesondere zur Einwanderung, und zum Strafverfahren äussert, muss dies als weitgehender Eingriff qualifiziert werden. Der Einzelrichter drohte für die Missachtung des Verbots zudem eine Ordnungsbusse bis zu Fr. 1'000.- an. Dies stellt einen ansehnlichen Betrag dar, der geeignet war, auf die Beschwerdeführerinnen eine entsprechend abschreckende Wirkung auszuüben. Dies lässt zusätzlich auf einen schweren Eingriff in die Medienfreiheit schliessen. 3.3.3 Die Beschwerdeführerinnen wollten als Mitarbeiterinnen der Tagespresse naturgemäss zeitnah über die einzelrichterliche Hauptverhandlung berichten. Vor Erlass der Verfügung des Einzelrichters wurden sie nicht angehört. Wie der Ablauf des Verfahrens zeigt, war es ihnen nicht möglich, zeitgerecht Rechtsschutz zu erlangen. Der vorinstanzliche Entscheid, der ihnen teilweise Recht gab, erging nahezu ein Jahr nach der einzelrichterlichen Verfügung. Ein Gesuch um aufschiebende Wirkung nach Art. 387 StPO hätte kaum Aussicht auf Erfolg gehabt. BGE 141 I 211 S. 218 3.3.4 Würdigt man diese Gesichtspunkte gesamthaft, spricht viel für die Annahme eines schweren Eingriffs in die Medienfreiheit. Bei einem solchen wäre eine klare und ausdrückliche Grundlage in einem formellen Gesetz erforderlich. 3.4 Art. 70 Abs. 3 StPO gestattet die Erteilung von Auflagen an die Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter einzig bei Ausschluss der Öffentlichkeit. Einen solchen Ausschluss verfügte der Einzelrichter nicht. Gemäss Art. 72 StPO können Bund und Kantone die Zulassung sowie die Rechte und Pflichten der Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstatter regeln. Nach § 73 Abs. 1 lit. d des Gesetzes vom 10. Mai 2010 des Kantons Zürich über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (Gerichtsorganisationsgesetz, GOG; LS 211.1) erlässt der Plenarausschuss der obersten kantonalen Gerichte eine Verordnung betreffend die Information über Gerichtsverfahren und die Akteneinsicht Dritter. Dem ist der Plenarausschuss mit der Akteneinsichtsverordnung nachgekommen. Gemäss § 125 GOG sind die Medien verpflichtet, eine vom Gericht angeordnete und formulierte Berichtigung zu ihrer Gerichtsberichterstattung zu veröffentlichen. Diese Bestimmung gibt dem Gericht somit die Möglichkeit, im betreffenden Medium eine unzutreffende Berichterstattung nachträglich zu berichtigen. Darum geht es hier nicht. § 125 GOG stellt keine gesetzliche Grundlage dar, um Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern im Vorfeld der Berichterstattung die Publikation bestimmter wahrer Informationen zum Angeklagten zu verbieten. Eine klare und ausdrückliche Grundlage in einem formellen Gesetz für den Eingriff in die Medienfreiheit bestünde demnach nicht. 3.5 Ob ein schwerer Eingriff in die Medienfreiheit vorliegt, kann jedoch offenbleiben, da sich auch bei Annahme eines leichten Eingriffs am Ergebnis nichts änderte. Die genannten Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Gerichtsorganisationsgesetzes stellen klar keine genügende Grundlage für den Eingriff dar. Die Vorinstanz legt das auch nicht dar. Sie ist der Auffassung, der Eingriff lasse sich auf die Akteneinsichtsverordnung stützen. Gemäss § 11 Abs. 2 AEV /ZH soll die Berichterstattung in sachlicher, angemessener Weise erfolgen und auf die schutzwürdigen BGE 141 I 211 S. 219 Interessen der Prozessparteien gebührend Rücksicht nehmen. Insbesondere ist jede Art von Vorverurteilung, unnötiger Blossstellung oder suggestiver Berichterstattung zu vermeiden. Verstösse gegen die Pflichten als zugelassene Medienschaffende werden nach § 12 AEV /ZH vom betreffenden Gericht dem Obergericht gemeldet (Abs. 1). Bei schwerer oder wiederholter schuldhafter Pflichtverletzung oder bei Missachtung der Berichtigungspflicht gemäss § 125 GOG kann die Zulassungsbehörde die folgenden Sanktionen ergreifen: (i) Verwarnung; (ii) Suspendierung für längstens drei Monate; (iii) Entzug der Zulassung. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dieser Regelung um eine abschliessende Ordnung handelt. Danach setzt die Sanktionierung von Medienschaffenden eine schwere oder wiederholte schuldhafte Pflichtverletzung voraus. Eine einmalige, nicht schwere Pflichtverletzung genügt also nicht. Für die Verhängung der Sanktionen ist überdies die Zulassungsbehörde zuständig. Zulassungsbehörde ist grundsätzlich die Verwaltungskommission des Obergerichts ( § 10 Abs. 3 AEV /ZH), weshalb Pflichtverstösse vom betreffenden Gericht denn auch dem Obergericht zu melden sind. Der Einzelrichter, vor dem die erstinstanzliche Hauptverhandlung stattfindet, ist für die Sanktionierung somit nicht zuständig. § 12 Abs. 2 AEV /ZH sieht als Sanktion zudem keine Busse vor. Zu beachten ist sodann § 17 AEV /ZH. Danach entscheidet in Verfahren ohne öffentliche Verhandlung das Gericht nach Massgabe von § 5 Abs. 3 AEV /ZH darüber, ob und in welchem Umfang die Medien und die Öffentlichkeit orientiert werden. Daraus ist zu schliessen, dass in Verfahren mit öffentlicher Verhandlung nicht das Gericht entscheidet, in welchem Umfang die Öffentlichkeit orientiert wird. Der Einzelrichter hätte demnach die Beschwerdeführerinnen an die Pflichten nach § 11 Abs. 2 AEV /ZH und die möglichen Folgen ihrer schweren oder wiederholten Verletzung gemäss § 12 Abs. 2 AEV /ZH erinnern können. Gestützt auf die Akteneinsichtsverordnung konnte er jedoch den Beschwerdeführerinnen kein Verbot erteilen, bestimmte Angaben über den Beschwerdegegner zu publizieren, und ihnen im Widerhandlungsfalle eine Ordnungsbusse bis zu Fr. 1'000.- androhen. Die gegenteilige Ansicht der Vorinstanz ist willkürlich. Selbst im Gesetz im materiellen Sinn fehlt es demnach an einer hinreichenden Grundlage für den Eingriff in die Medienfreiheit. Er erweist sich daher als unzulässig. BGE 141 I 211 S. 220 3.6 Ob der Eingriff in die Medienfreiheit verhältnismässig gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben. Zweifel bestehen insoweit insbesondere hinsichtlich des Verbots, die Adresse des Internetblogs des Beschwerdegegners bekannt zu geben. Dessen Namen und Alter durften die Beschwerdeführerinnen publizieren. Wer aber in der Suchmaschine "Google" den Namen des Beschwerdegegners eingibt, stösst sofort auf dessen Blog. Da der Beschwerdegegner mit dem Blog selber an die Öffentlichkeit geht, dürfte er zudem ein Interesse haben, dass möglichst viele Personen von seinen Darlegungen Kenntnis nehmen. Weshalb es den Beschwerdeführerinnen deshalb hätte verboten sein sollen, die Adresse des Internetblogs zu nennen, ist schwer nachvollziehbar. 3.7 Die Beschwerden sind demnach gutzuheissen; dies bereits gestützt auf das schweizerische Verfassungsrecht. Wie es sich insoweit mit Art. 10 EMRK , auf den sich die Beschwerdeführerinnen ebenfalls berufen, verhalten hätte, braucht nicht geprüft zu werden. 3.8 Die Beschwerdeführerin 2 beantragt die Aufhebung von Ziffer 1 Satz 2 des vorinstanzlichen Beschlusses lediglich in Bezug auf das Verbot der Publikation der Adresse des Internetblogs. Darüber darf das Bundesgericht nicht hinausgehen ( Art. 107 Abs. 1 BGG ). Aufgrund der Gutheissung der Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 entfallen die von der Vorinstanz bestätigten zusätzlichen Verbote jedoch auch für die Beschwerdeführerin 2. Das gebietet die Rechtsgleichheit ( Art. 8 BV ). 3.9 Der Wegfall der ausgesprochenen Verbote bedeutet nicht, dass die Beschwerdeführerinnen bei der Berichterstattung völlig frei waren. Sie hatten § 11 Abs. 2 AEV /ZH zu beachten, wonach die Berichterstattung auf die schutzwürdigen Interessen der Prozessparteien gebührend Rücksicht nehmen soll und jede Art unnötiger Blossstellung zu vermeiden ist, und bei schwerer oder wiederholter Pflichtverletzung die in § 12 Abs. 2 AEV /ZH vorgesehenen Sanktionen durch die obergerichtliche Verwaltungskommission zu gewärtigen. Bei widerrechtlicher Verletzung der Persönlichkeit drohte ihnen ausserdem eine Zivilklage des Beschwerdegegners nach Art. 28 ff. ZGB .
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
b5439b17-90f8-49d6-89cd-a942def861d9
Urteilskopf 106 Ia 9 4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1980 i.S. Gemeinde Vaz/Obervaz gegen Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Verwirkung von Perimeterbeiträgen. Auslegung einer Bestimmung, nach der der Perimeterentscheid spätestens im Zeitpunkt der Vollendung des Werkes öffentlich aufzulegen ist.
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 106 Ia 9 S. 10 Im Mai 1964 beschloss die Gemeinde Vaz/Obervaz, die von der Kantonsstrasse bei Valbella zum Weiler Sartons führende Strasse auf einem ersten Abschnitt zu korrigieren und zu Erschliessungszwecken auszubauen. Im August 1965 wurde sodann die Eröffnung des entsprechenden Perimeterverfahrens öffentlich bekanntgegeben. In der Folge bestellte die Regierung des Kantons Graubünden eine ständige Perimeterkommission (Kantonale Perimeterkommission für die Gemeinde Vaz/Obervaz). Spätestens im Sommer 1971 wurde der in Frage stehende Strassenabschnitt für den Verkehr eröffnet. Die Perimeterkommission beschloss, das Verfahren bis zum Vorliegen der amtlichen Grundstückschatzungen auszusetzen, die schliesslich im Juni 1977 vorlagen. Am 28./31. Juli 1978 erliess die Kommission den Entscheid, mit dem die sogenannte Privatinteressenz an dem fraglichen, Fr. 463'117.90 kostenden Strassenabschnitt auf 55% festgesetzt und unter Schaffung zweier Zonen auf An- und Hinterlieger verteilt wurde. Der Perimeterentscheid wurde alsdann vom 31. Juli bis zum 21. August 1978 öffentlich aufgelegt. Gegen den Perimeterentscheid erhoben eine Reihe von Grundeigentümern beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Rekurs. In Gutheissung des Rekurses hob dieses den Perimeterentscheid auf. Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil führt die Gemeinde Vaz/Obervaz staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht findet, dass die Gemeinde auf Grund von Art. 40 Abs. 5 der Kantonsverfassung im fraglichen Bereiche autonom sei und hebt das angefochtene Erkenntnis wegen Verletzung der Gemeindeautonomie auf, und zwar aus folgender BGE 106 Ia 9 S. 11 Erwägungen Erwägung: 5. a) Nach Art. 8 der Perimeterverordnung ist das Perimeterverfahren vor Beginn der Bauarbeiten durchzuführen, "oder sofern dies nicht möglich ist oder nicht angezeigt erscheint, mindestens so rechtzeitig einzuleiten, dass der Perimeterentscheid auf den Zeitpunkt der Vollendung der Werkanlage zur öffentlichen Auflage gelangen kann". Das Verwaltungsgericht hat diese Bestimmung dahin ausgelegt, dass das Perimeterverfahren bis spätestens zur Inbetriebnahme des Werkes abgeschlossen sein müsse; andernfalls verliere die Gemeinde ihre Anspruchsberechtigung. Das sei im vorliegenden Falle schon im Sommer 1971 der Fall gewesen, d.h. schon bevor die Perimeterkommission ihre Arbeit aufgenommen hatte. Diese Auslegung kann das Bundesgericht nach dem Gesagten nur auf Willkür hin überprüfen. Eingreifen kann es somit nur dann, wenn sich ergeben sollte, dass sich die Stellungnahme des Verwaltungsgerichts als mit Art. 4 BV nicht vereinbar erweist, weil sie nicht nur unrichtig, sondern schlechthin unhaltbar ist ( BGE 104 II 223 E. 2, BGE 102 Ia 3 E. 2a, BGE 100 Ia 6 E. 3b, 468 mit Hinweisen). Allerdings setzt eine solche Prüfung voraus, dass in der Beschwerdeschrift dargelegt wird, dass und inwiefern Art. 4 BV dergestalt verletzt sein soll ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht vor, es habe die fragliche Bestimmung willkürlich ausgelegt. Durch blosse Auslegung gelange es zu Verjährungs- oder Verwirkungsfolgen, die einschneidender seien als die in den Gesetzen ausdrücklich geregelten. Damit genügt die Beschwerde dem Erfordernis des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG . b) Art. 8 der Perimeterverordnung sieht die Verwirkung der Ansprüche der Gemeinde nicht vor. Zu diesem Schluss gelangte das Verwaltungsgericht vielmehr durch die Auslegung dieser Bestimmung. Es hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, es würde ein Zustand der Rechtsunsicherheit geschaffen, wenn man es hinnähme, dass Perimeterentscheide entgegen der Vorschrift von Art. 8 der Perimeterverordnung auch noch nach der Vollendung des Werkes öffentlich aufgelegt werden könnten. Indessen besteht kein Anlass, die von der Gemeinde geforderten Perimeterbeiträge aus diesem Grund als verwirkt anzusehen. Dafür, dass bezüglich öffentlichrechtlicher Abgaben infolge eines langen Zeitablaufes keine unerträgliche BGE 106 Ia 9 S. 12 Rechtsunsicherheit entsteht, sorgt schon das Institut der Verjährung, das auch im Bereich des öffentlichen Rechts anerkannt wird, allenfalls selbst dort, wo ausdrückliche Vorschriften fehlen (vgl. BGE 105 Ib 11 E. 3a, BGE 101 Ia 21 E. 4, 98 Ib 355 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht nun aber nicht an einen langen Zeitablauf angeknüpft, sondern allein an die Tatsache, dass der Perimeterentscheid erst nach der Vollendung des Werks öffentlich aufgelegt wurde. Inwiefern bei einem solchen Vorgehen eine solche Rechtsunsicherheit entstehen soll, dass sie das Dahinfallen der Ansprüche des Gemeinwesens bewirken müsste, ist nicht einzusehen. Dass diese Ansprüche durch das blosse Überschreiten eines Zeitpunktes, der meist mehr oder weniger zufällig gegeben ist, endgültig untergehen sollen, lässt sich dem Wortlaut von Art. 8 der Perimeterverordnung jedenfalls nicht entnehmen. Eine solche Regelung wäre schon deshalb stossend, weil das Dahinfallen der Ansprüche des Gemeinwesens von der zufälligen Dauer der Bauarbeiten abhinge, die mit der Dauer der Arbeiten der Perimeterkommission in keinem Zusammenhang steht. So ist es denkbar, dass dringliche und kostspielige Bauarbeiten innerhalb einer verhältnismässig kurzen Zeit auszuführen sind, während das entsprechende Perimeterverfahren ausserordentlich zeitraubend sein kann. In einem solchen Falle wäre nach der Auslegung, die das Verwaltungsgericht Art. 8 der Perimeterverordnung gibt, die Erhebung von Beiträgen schlechthin ausgeschlossen. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts drängt sich sodann auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Beitragspflichtigen auf, ist doch die Einleitung des Perimeterverfahrens gemäss Art. 9 Abs. 3 der Perimeterverordnung öffentlich bekanntzugeben; von dieser Bekanntgabe an wissen die Beitragspflichtigen somit, dass sie dem Gemeinwesen Abgaben zu leisten haben werden. Für seine Auslegung stützte sich das Verwaltungsgericht schliesslich auch auf Art. 12 Ziff. 2 der Perimeterverordnung, indes zu Unrecht. Nach dieser Bestimmung soll der Perimeterentscheid die Angaben über die mutmasslichen oder wirklichen Kosten des Werkes enthalten. Die wirklichen Kosten können in einem solchen Entscheid aber nur dann aufgenommen werden, wenn die fraglichen Bauarbeiten bereits abgeschlossen sind. Indem Art. 12 Ziff. 2 der Perimeterverordnung nicht nur die "mutmasslichen", sondern auch die "wirklichen Kosten" BGE 106 Ia 9 S. 13 erwähnt, setzt er geradezu voraus, dass die Beiträge auch dann noch erhoben werden können, wenn der Perimeterentscheid erst nach der Fertigstellung des Werks aufgelegt wird. Gesamthaft betrachtet, hält die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung von Art. 8 der Perimeterverordnung vor Art. 4 BV nicht stand. Es geht nämlich nicht an, durch blosse Auslegung einer grossrätlichen Verordnung den Bestand oder Nichtbestand des verfassungsmässigen Anspruches der Beschwerdeführerin auf den Bezug von Perimeterbeiträgen (Art. 40 Abs. 5 KV) von der zufälligen Dauer der Bauarbeiten abhängig zu machen. Allerdings kann auf Grund von Art. 8 der Perimeterverordnung verlangt werden, dass die Gemeinde das Perimeterverfahren "rechtzeitig" einleitet. Dass dieses Verfahren unter allen Umständen schon vor Abschluss der Bauarbeiten beendet sein muss, kann aber schon deswegen nicht gefordert werden, weil einerseits die Dauer des Perimeterverfahrens nicht vorausgesehen werden kann und anderseits durchaus Perimeterverfahren denkbar sind, die auch bei gewissenhafter Durchführung länger dauern als die gesamten Bauarbeiten. Dass die Beschwerdeführerin das Perimeterverfahren im vorliegenden Falle nicht "rechtzeitig" eingeleitet hat, kann nicht gesagt werden, beschloss sie doch im Mai 1964 die fragliche Strasse zu bauen und leitete bereits im August 1965 das Perimeterverfahren ein, wobei die Strasse erst im Sommer 1971 dem Verkehr übergeben wurde. Ist somit die Auffassung des Verwaltungsgerichts mit Art. 4 BV nicht vereinbar, wonach die Ansprüche der Beschwerdeführerin verwirkt seien, weil das Perimeterverfahren nicht vor Abschluss der Bauarbeiten abgeschlossen worden ist, dann ist das angefochtene Urteil wegen Verletzung der Gemeindeautonomie aufzuheben.
public_law
nan
de
1,980
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CH_BGE_002
CH
Federation
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Urteilskopf 102 V 137 31. Extrait de l'arrêt du 7 octobre 1976 dans la cause Vaudaux contre Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents et Office fédéral des assurances sociales
Regeste Krankheits- und Unfallverhütungsnormen ( Art. 65 Abs. 2 KUVG und Art. 10 Abs. 2 VO II). - Die von der SUVA erlassenen Richtlinien, die mangels Anordnung durch den Bundesrat nicht den Charakter allgemeiner Vorschriften besitzen, stellen für die Arbeitgeber eine Orientierung über die Sicherheitsmassnahmen dar, die in den Weisungen gefordert werden, welche die Anstalt in Einzelfällen erlässt. - Ein geringes Unfallrisiko allein rechtfertigt es noch nicht, dass man auf die vorbeugenden Massnahmen verzichtet.
Erwägungen ab Seite 138 BGE 102 V 137 S. 138 Considérant en droit: 1. L'art. 65 al. 1 et 2 LAMA s'exprime comme il suit: "1 Dans toute entreprise mentionnée aux art. 60 et suivants, l'employeur ou son représentant est tenu de prendre, pour prévenir les accidents ou les maladies professionnelles, toutes les mesures dont l'expérience a démontré la nécessité, que l'état de la technique permet d'appliquer et qui sont adaptées aux conditions d'exploitation de l'entreprise. 2 La Caisse nationale peut ordonner toute mesure utile, les intéressés entendus..." Les décisions prises par la caisse en vertu de l'al. 2 ci-dessus sont susceptibles de recours auprès de l'Office fédéral des assurances sociales, dont les décisions sont à leur tour attaquables devant le Tribunal fédéral des assurances par la voie du recours de droit administratif (v. p.ex. RO 100 V 197; 101 V 241 ). L'art. 10 al. 2 de l'Ordonnance II sur l'assurance-accidents prévoit que les prescriptions générales sur la prévention des accidents et des maladies professionnelles feront l'objet d'ordonnances d'exécution édictées par le Conseil fédéral. Il en existe plusieurs, mais elles ne concernent pas les presses pneumatiques (cf. Guide de l'assurance obligatoire 19e édition, pp. 53 à 55). En revanche, la Caisse nationale a émis des instructions, intitulées "Règles (Richtlinien) relatives à la construction et la position des dispositifs de commande", qui s'appliquent à la presse objet du litige, parce qu'elle est munie d'une commande à deux mains. On y lit (chi. 3.5.2.): "Si, pour la commande du mouvement d'une machine, il est fait usage d'un dispositif d'enclenchement à deux mains, celui-ci doit répondre aux conditions suivantes: - ... - Le dispositif de commande sera conçu de façon que le blocage abusif d'éléments de celui-ci soit impossible. - La commande doit être conçue de façon que pour chaque nouveau cycle de la machine les deux leviers ou boutons doivent être actionnés à nouveau. - Le mouvement dangereux de la machine doit être interrompu immédiatement si un ou les deux organes d'actionnement sont abandonnés avant la fin de celui-ci." Ces instructions n'ont pas la valeur de prescriptions générales, faute d'être ordonnées par le Conseil fédéral conformément BGE 102 V 137 S. 139 à l'art. 10 al. 2 Ord. II, mais bien celle d'un avertissement aux employeurs sur les mesures de sécurité que la Caisse nationale exigera dans les décisions que l'art. 65 al. 2 LAMA l'autorise à prendre dans les cas d'espèce (cf. MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2e édition, p. 337 lit. b in fine). 2. La presse pneumatique en cause ne répond pas aux exigences habituelles de la Caisse nationale, énoncées dans les instructions citées plus haut, sur deux points: a) le mouvement dangereux de la machine n'est pas interrompu immédiatement si l'un ou les deux organes d'actionnement sont abandonnés avant la fin du mouvement; b) le dispositif de commande n'est pas conçu de façon que le blocage abusif d'éléments de celui-ci soit impossible. Or, contrairement à ce qu'allèguent les recourants, on ne saurait qualifier de théorique le risque couru de ce chef par les ouvriers appelés à se servir de la machine: s'il est vrai que, dans la mesure où elle est utilisée correctement et où les interrupteurs électriques actionnés par les boutons-poussoirs demeurent intacts, la presse pneumatique n'est pas dangereuse, les leçons de l'expérience montrent que les défauts constatés par l'inspecteur de l'administration peuvent précisément être à l'origine d'accidents et qu'on ne peut purement et simplement exclure un comportement dangereux, voire déraisonnable, de l'opérateur (p.ex. le blocage d'un des boutons de commande pour quelque cause que ce soit). Au demeurant, une installation conforme aux exigences permet de déceler sans retard une défectuosité de l'interrupteur de l'un des boutons-poussoirs, événement qui ne peut être exclu et qui comporterait aussi un danger d'accident. Les mesures exigées sont dès lors justifiées. La circonstance que le risque d'accident est modéré ne saurait exempter d'appliquer les règles élaborées par l'établissement d'assurance, contrairement à ce qui paraît ressortir du considérant 5 de l'arrêt RO 100 V 197 (voir p. 201). Dès lors, le fait que rien ne se soit passé depuis des années dans les ateliers de gainerie des recourants n'est pas déterminant. Du reste, nulle exploitation, aussi bien surveillée soit-elle, n'étant à l'abri d'une défaillance de l'homme ou du matériel, les employeurs et la Caisse nationale seraient critiquables si, à la faveur de la coïncidence fâcheuse d'événements BGE 102 V 137 S. 140 imprévus, il se produisait dans l'entreprise Vaudaux G. & A. un accident que des mesures techniques connues auraient pu rendre impossible. C'est à tort que cette dernière compare le faible risque que présente sa presse pneumatique avec celui, plus grand, inhérent à l'utilisation d'autres machines, même pourvues de dispositifs de sécurité, comme les scies circulaires. Il va sans dire que le souci d'éliminer les dangers ne peut aller jusqu'à faire interdire l'usage d'engins indispensables mais qu'on ne peut rendre totalement inoffensifs. Cela ne dispense pas d'augmenter la sécurité de chaque genre de machine considéré isolément. Certes, lorsqu'elle prend une décision dans un cas d'espèce en matière de prévention des accidents, la Caisse nationale doit-elle rester dans le cadre fixé par l'art. 65 al. 1 LAMA (voir RO 100 V 197; 101 V 241 , plus spécialement consid. 5, p. 249). Cette condition est remplie en l'occurrence. Car le coût des modifications ordonnées, qui semble avoir été de quelque cinq cents francs lors de la première intervention de l'administration, à fin 1973, était loin d'être disproportionné avec les avantages qu'elles présentaient. Si par la suite ce prix a augmenté, notamment parce que le constructeur de la presse aurait récemment fermé ses ateliers, la dépense reste néanmoins acceptable au regard des conséquences morales et financières d'un accident. De toute façon, contrairement à l'avis des recourants, l'établissement d'assurance devait bien s'en prendre aux utilisateurs de la machine et non à son fabricant ou à son vendeur.
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Urteilskopf 124 V 215 36. Urteil vom 27. April 1998 i.S. M. gegen Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 8 Abs. 1 lit. g in Verbindung mit Art. 17 AVIG und Art. 18 ff. AVIV , insbesondere Art. 19 Abs. 4 AVIV (in den bis 31. Dezember 1995 resp. 1996 gültig gewesenen Fassungen); Art. 4 Abs. 1 BV . Nichtbefolgung der Kontrollvorschriften während eines vom Versicherten eingeleiteten Beschwerdeverfahrens nach aus andern Gründen erfolgter Ablehnung der Taggeldbezugsberechtigung. Berufung auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz. Auslegung der Informationspflichten im Lichte von Treu und Glauben. Nachträgliche Befreiung von der Kontrollpflicht aufgrund besonderer Verhältnisse, z.B. mit Blick auf im Anspruchszeitraum in Betracht gefallene Präventivmassnahmen.
Sachverhalt ab Seite 216 BGE 124 V 215 S. 216 A.- a) M. (geb. 1943), tätig als Drehbuchautor und Realisator oder Regisseur in der Filmbranche, arbeitete zuletzt temporär für die Firma Y AG, Filmproduktion, und zwar vom 1. Oktober 1992 bis 15. April 1993. Seit Oktober 1991 wegen Herzbeschwerden in Behandlung in der Medizinischen Poliklinik, Departement für Innere Medizin am Spital X, stehend, musste M. seine Tätigkeit für die Firma Y AG Mitte April 1993 krankheitsbedingt einstellen. Nachdem er sich in der Zeit von September 1993 bis Oktober 1994 verschiedenen medizinischen Therapien unterzogen hatte und dabei zeitweilig in seiner Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen war, meldete er sich am 9. November 1994 zur Arbeitsvermittlung beim Städtischen Arbeitsamt und am 14. November 1994 zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab diesem Datum bei der Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI an. Mit Verfügung vom 14. Dezember 1994 lehnte die Arbeitslosenkasse die Taggeldberechtigung ab, weil sich der Versicherte in der massgeblichen Rahmenfrist nicht über die gesetzlich geforderte Mindestbeitragsdauer von sechs Monaten, sondern nur über eine Beschäftigungszeit von fünf Monaten und sieben Tagen (bei der Firma Y AG) ausweisen könne. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die hiegegen erhobene Beschwerde gut - dies aus der Erwägung heraus, dass der Versicherte krankheitsbedingt vom Nachweis der Erfüllung der Mindestbeitragszeit befreit sei -, hob demzufolge die Ablehnungsverfügung vom 14. Dezember 1994 auf und wies die Sache zur Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen an die Arbeitslosenkasse zurück (rechtskräftiger Entscheid vom 6. Mai 1996). b) Die Arbeitslosenkasse teilte dem Versicherten mit Schreiben vom 13. Mai 1996 mit, es gelte nun die weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen, vor allem das Vorliegen einer Arbeitsfähigkeit (unter dem Titel der Vermittlungsfähigkeit) ab 8. November 1994 und die Frage, ob er die Stempelkontrolle besucht habe. Da sich herausstellte, dass M. die Stempelpflicht nur vom 8. bis 30. November 1994 erfüllt hatte, lehnte die BGE 124 V 215 S. 217 Kasse mit Verfügung vom 13. September 1996 den Taggeldanspruch ab 1. Dezember 1994 ab. B.- Hiegegen erhob M., im Verlaufe des Verfahrens nunmehr anwaltlich vertreten, Beschwerde und beantragte die rückwirkende Zusprechung von Arbeitslosenentschädigung ab 1. Dezember 1994. Er berief sich hiebei auf Treu und Glauben, rügte eine Verletzung der Informationspflicht der Verwaltung, welche für den Nichtbesuch der Stempelkontrolle kausal sei, verwies auf die zufolge Anmeldung bei der Invalidenversicherung (am 5. Januar 1996) zu vermutende Vermittlungsfähigkeit und machte insbesondere geltend, dass vom gesundheitlichen Standpunkt aus in der Zeit von Oktober 1994 bis März 1995 eine Umschulung möglich gewesen wäre. Vernehmlassungsweise schloss die Arbeitslosenkasse auf Abweisung der Beschwerde. Sie lehnte jede Haftung für eine nicht gegebene Rechtsauskunft ab. Es sei Sache der Versicherten, sich vor Stempelabbruch genügend über die Rechtslage zu informieren. Sämtliche von M. vorgebrachten Gründe für den Nichtbesuch der Stempelkontrolle würden eher auf Vermittlungsunfähigkeit hindeuten. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde in dem Sinne teilweise gut, als es die Sache unter Aufhebung der Verfügung vom 13. September 1996 an die Arbeitslosenkasse zwecks ergänzender Abklärungen über einen zeitlich befristeten Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung im Krankheitsfall zurückwies (Entscheid vom 22. April 1997). C.- M. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den sinngemässen Anträgen, es sei ihm zufolge Befreiung von der Erfüllung der Kontrollvorschriften Arbeitslosenentschädigung seit dem 1. Dezember 1994 zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zur Festlegung des Taggeldes an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen; ebenfalls eventuell "sei das angefochtene Urteil mit einer Dispositiv-Ziffer zu ergänzen, welche die Beschwerdegegnerin auffordert, zu befinden, ob ab dem 1. Dezember 1994 Umschulungsmassnahmen angezeigt gewesen seien". Schliesslich beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren. (...). Die Arbeitslosenkasse verzichtet auf eine Vernehmlassung, ebenso das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA; ab 1. Januar 1998: Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, nachfolgend: BWA). BGE 124 V 215 S. 218 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung nach dem aktenmässig ausgewiesenen letzten Stempeltag (30. November 1994), somit die Berechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ( Art. 8 ff. AVIG ) ab der Kontrollperiode ( Art. 18 Abs. 2 AVIG , in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen Fassung) Dezember 1994. Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde andere Leistungen anbegehrt werden, ist darauf nicht einzutreten. Der in den Beschwerdeanträgen erwähnte Anspruch auf Präventivmassnahmen ( Art. 59 ff. AVIG ) ist im vorliegenden Verfahren nur insofern von Bedeutung, als zu prüfen sein wird, ob im Hinblick auf einen nach Lage der Akten in Betracht fallenden, von der Verwaltung bisher nicht geprüften Anspruch auf Präventivmassnahmen eine nachträgliche Befreiung von der Kontrollpflicht zulässig ist (Erw. 4 hienach). 2. Es steht fest und ist (unter Vorbehalt der behaupteten Präventivmassnahmen) unbestritten, dass der Beschwerdeführer ab der Kontrollperiode Dezember 1994 die Kontrollvorschriften, insbesondere die einmal pro Woche zur Vermittlung sowie zur Überprüfung der Vermittlungsfähigkeit erforderte persönliche Meldung beim Arbeitsamt ( Art. 21 Abs. 1 AVIV in der vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 1996 in Kraft gestandenen Fassung), nicht erfüllt hat. Damit liegt eine der kumulativ erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a-g AVIG nicht vor, was nach ständiger Rechtsprechung zur Verneinung des Taggeldanspruches führt. Zu prüfen ist, ob sich der Beschwerdeführer über einen Rechtstitel ausweisen kann, welcher zu einem hievon abweichenden Ergebnis führt. In Betracht fallen der öffentlichrechtliche Vertrauensschutz, das Gebot, im Verhältnis Bürger (Versicherter)/Verwaltung (Versicherer) nach Treu und Glauben zu handeln, und ferner der in Art. 19 Abs. 4 AVIV (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung; seit 1. Januar 1997 findet sich diese Bestimmung materiell unverändert in Art. 20 Abs. 4 AVIV ) dem Arbeitsamt (seit 1. Januar 1997: der zuständigen Amtsstelle) auferlegte Informationsauftrag, den Versicherten auf seine Pflichten nach Art. 17 AVIG aufmerksam zu machen, insbesondere auf diejenige, sich um Arbeit zu bemühen. In intertemporalrechtlicher Hinsicht ist bei der Beurteilung des vorliegenden Falles von denjenigen Normen auszugehen, welche ab der BGE 124 V 215 S. 219 Kontrollperiode Dezember 1994 in Geltung standen, somit die Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen in den bis 31. Dezember 1995 resp. 1996 gültig gewesenen Fassungen. Was die vorinstanzliche Rückweisung an die Arbeitslosenkasse anbelangt, um dem Beschwerdeführer im Rahmen des Art. 28 AVIG den auf maximal 34 Taggelder im Krankheitsfall beschränkten Taggeldanspruch nach ergänzenden Abklärungen gegebenenfalls einzuräumen, ist der kantonale Entscheid von keiner Seite her angefochten und, mangels erheblicher Anhaltspunkte aufgrund der Akten ( BGE 110 V 53 Erw. 4a), nicht näher zu prüfen. a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zunächst eingeräumt, dass der - damals noch nicht anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren anerkannt habe, die Kontrollvorschriften nach der Ablehnung des Anspruchs durch die Beschwerdegegnerin am 14. Dezember 1994 nicht mehr erfüllt zu haben. Er habe dies mit einer krankheits- und arbeitsmarktbedingt verminderten Vermittlungsfähigkeit begründet. Er "habe sich auch nicht vorstellen können, dass er trotz der ablehnenden Verfügung weiterhin 'irgendwelche formalen Kontrollpflichten habe erfüllen müssen'". Zudem sei ihm infolge der unrechtmässigen Ablehnung eine seine Vermittlungsfähigkeit verbessernde Umschulung verwehrt geblieben. Er habe daher im vorinstanzlichen Verfahren sinngemäss geltend gemacht, in Anbetracht seiner (sehr speziellen) Tätigkeit als Regisseur hätte erst eine Umschulung die Grundlage dafür geschaffen, dass er seine Kontrollpflichten tatsächlich gesetzeskonform hätte erfüllen können. Die Vorinstanz habe sich mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen der Verletzung von Treu und Glauben und des widersprüchlichen Verhaltens durch die Arbeitslosenkasse nicht umfassend auseinandergesetzt. Wenn der Beschwerdeführer auf der Nichterfüllung der Kontrollvorschriften behaftet werde, so müsse "auch der konsequente Schluss gezogen werden, dass die Beschwerdegegnerin ebenfalls ihren gesetzlichen Pflichten hätte nachkommen, den sich nicht den Kontrollvorschriften unterziehenden Beschwerdeführer somit nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG einstellen müssen, komme doch dieser Norm die 'Kontrollfunktion' zu, dass dadurch der Versicherte auf ein allfälliges Fehlverhalten zwangsläufig aufmerksam gemacht werde". Hätte die Arbeitslosenkasse ihre Pflicht zum Erlass einer Einstellung nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG erfüllt, so wäre der Beschwerdeführer dadurch auf die Einhaltung der Kontrollvorschriften aufmerksam gemacht worden, wodurch der BGE 124 V 215 S. 220 Schaden in geringeren Grenzen hätte gehalten werden können. Die Verhaltensweise der Arbeitslosenkasse sei umso stossender, als sie während der gesamten Dauer des ersten gerichtlichen Beschwerdeverfahrens von 17 Monaten über die fehlende Erfüllung der Kontrollvorschriften orientiert gewesen sei. Es liege der Schluss nahe, dass sie bewusst die Nichterfüllung der Kontrollvorschriften geduldet habe. In Anbetracht der (der ersten Ablehnungsverfügung zugrunde liegenden) fehlenden Beitragszeit habe dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden können, die Kontrollvorschriften weiter zu erfüllen, "ohne sicher zu sein, dass er am Ende von der Beitragszeit befreit werden würde". Weder die damals angefochtene Ablehnungsverfügung noch das Informationsblatt noch "die Eingangsverfügung der Vorinstanz" hätten einen Hinweis darauf enthalten, dass während der Litispendenz die Kontrollvorschriften weiter zu erfüllen seien, selbst wenn vorgängig die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung von der Kasse aus einem anderen Grund verfügungsweise aberkannt worden seien. In Anbetracht der weitgehenden (finanziellen) Konsequenzen für den Beschwerdeführer rechtfertige sich - im Rahmen einer wertenden, die verschiedenen auf dem Spiele stehenden Interessen abwägenden Betrachtungsweise - eine vom Gesetz abweichende Behandlung. b) aa) Die bisherige Rechtsprechung hat in der vorliegenden Problematik einen ausgesprochen restriktiven Kurs eingeschlagen. Ausgegangen wird vom allgemeinen Grundsatz, dass niemand Vorteile aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis ableiten kann ( BGE 111 V 405 Erw. 3, BGE 110 V 338 Erw. 4; ZAK 1991 S. 375 Erw. 3c; ARV 1985 Nr. 13 S. 52 Erw. 4b mit Hinweis auf BGE 98 V 258 und ZAK 1977 S. 263 Erw. 3). Eine vom Gesetz abweichende Behandlung kommt nur in Betracht, wenn die praxisgemäss erforderlichen fünf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufung auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz erfüllt sind ( BGE 116 V 298 Erw. 3a). Dafür erforderlich ist insbesondere, dass die Verwaltung tatsächlich eine falsche Auskunft erteilt hat; von sich aus - spontan, ohne vom Versicherten angefragt worden zu sein - brauchen die Organe der Arbeitslosenversicherung hingegen - vorbehältlich Art. 19 Abs. 4 AVIV - nicht Auskünfte zu erteilen (unveröffentlichtes Urteil A. vom 19. Februar 1997). Eine in ihrer Tragweite beschränkte Abweichung davon ergibt sich aus dem gestützt auf Art. 17 AVIG und die allgemeine Vollzugskompetenz in Art. 109 AVIG erlassenen Art. 19 Abs. 4 AVIV . Nach dieser Verordnungsbestimmung BGE 124 V 215 S. 221 macht das Arbeitsamt den Versicherten bei der Anmeldung zum Taggeldbezug auf seine Pflichten nach Art. 17 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, insbesondere auf die Pflicht, sich selber um Arbeit zu bemühen, aufmerksam. Darauf ist der den Arbeitsämtern gesetzlich zugewiesene Informationsauftrag beschränkt. Eine Berufung auf den Vertrauensschutz wegen unterlassener weitergehender Auskünfte ist demzufolge unbegründet, sofern nicht konkrete Umstände eine ausserhalb der gesetzlich statuierten Verpflichtung liegende Aufklärung im Sinne der Rechtsprechung aufdrängen (unveröffentlichtes Urteil R. vom 23. Februar 1994). So muss etwa die Durchführungsstelle nicht von sich aus den Versicherten auf die Folgen der Aufnahme einer Zwischenverdiensttätigkeit (nach Art. 24 Abs. 3 AVIG ) hinweisen (unveröffentlichtes Urteil L. vom 4. Juli 1997). Wenn der Beamte des Arbeitsamtes den Versicherten bei seiner einmaligen Vorsprache nicht von sich aus auf die Notwendigkeit der Stempelkontrolle und die Möglichkeit des Bezuges von Arbeitslosenentschädigung hinweist, so ist darin kein Verhalten zu erblicken, welches ein Abweichen von der Kontrollpflicht zu rechtfertigen vermag. Dies käme nur dann in Betracht, wenn der Versicherte von der zuständigen Stelle über die Bedeutung der Stempelpflicht falsch orientiert worden wäre (ARV 1979 Nr. 13 S. 82, 1976 Nr. 13 S. 85). Auch die Berufung auf die fehlende Abgabe von Merkblättern hilft nicht weiter (ARV 1980 Nr. 44 S. 109; anders verhält es sich nur, wenn mit dem Merkblatt dem Versicherten eine in seinem Einzelfall entscheidende unrichtige Auskunft erteilt wird [ BGE 109 V 55 Erw. 3b]). Die gleiche Rechtsprechung gilt auch ausserhalb des Taggeldrechts, z.B. beim Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wo der Arbeitgeber nicht auf die Folgen einer verspäteten Voranmeldung aufmerksam gemacht werden muss (unveröffentlichtes Urteil M. vom 27. November 1997). Es ist somit ausserhalb des Tatbestandes von Art. 19 Abs. 4 AVIV ein unrichtiges Verhalten der Verwaltung im Sinne eines aktiven Tätigwerdens vorausgesetzt, wobei die Rechtsprechung der falschen Auskunft auch sonst fehlerhaftes Verwaltungshandeln gleichgesetzt hat, z.B. die - entgegen Art. 23 Abs. 1 AVIV (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) - unterbliebene Abgabe der Stempelkarte, welche der Verletzung einer unterbliebenen mündlichen Belehrung nach Art. 19 Abs. 4 AVIV gleichgestellt wurde (unveröffentlichtes Urteil Z. vom 21. August 1995). Im Bereich der BGE 124 V 215 S. 222 Präventivmassnahmen sodann umfasst der Informationsauftrag nach Art. 19 Abs. 4 AVIV auch, auf die Zuständigkeit der kantonalen Amtsstelle (und nicht des Arbeitsamtes) zur Bewilligung solcher Vorkehren hinzuweisen (unveröffentlichtes Urteil H. vom 30. November 1994). Weitergehende Informationspflichten bestehen, wenn das positive Recht dies vorschreibt, wie z.B. die in Art. 29 Abs. 3 AVIV (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) verankerte Verpflichtung der Kasse, den Versicherten auf den Untergang seines Entschädigungsanspruches im Säumnisfall (nicht rechtzeitige Einreichung der Unterlagen und des Entschädigungsbegehrens) hinzuweisen (ARV 1993/1994 Nr. 33 S. 231). bb) In Weiterführung dieser Grundsätze zur Tragweite des öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes und zu den Informationspflichten der Verwaltung im Bereich der Arbeitslosenversicherung hat das Eidg. Versicherungsgericht im unveröffentlichten Urteil W. vom 10. Dezember 1996 ausdrücklich entschieden, "dass der Beschwerdeführer unstreitig die Kontrollvorschriften ab 1. Juli 1993 nicht erfüllt hat, weshalb es an einer für die anbegehrte Arbeitslosenentschädigung unerlässlichen Anspruchsvoraussetzung (Art. 8 Abs. 1 lit. g in Verbindung mit Art. 17 AVIG ) mangelt, dass unter den Parteien denn auch nur die Frage umstritten ist, ob der Beschwerdeführer gestützt auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz ( Art. 4 Abs. 1 BV ; BGE 121 V 66 f. Erw. 2a mit Hinweisen; vgl. auch BGE 116 V 298 ) von diesem gesetzlichen Erfordernis dispensiert werden kann, dass das kantonale Gericht die Rechtsprechung über Treu und Glauben im Verwaltungsrecht, insbesondere über die Bindung der Behörde an eine unrichtige oder eine in Verletzung der Informationspflicht unterbliebene Auskunft, zutreffend dargelegt hat, worauf verwiesen sei, dass unbestrittenerweise keine falsche Auskunft seitens der kantonalen Amtsstelle oder der Arbeitslosenkasse vorliegt, dass insbesondere der Beschwerdeführer im Anschluss an die mit Vermittlungsunfähigkeit begründete Ablehnungsverfügung vom 29. Juni 1993 von den Organen der Arbeitslosenversicherung nicht vom weiteren Besuch der Stempelkontrolle abgehalten worden ist, was gegebenenfalls vertrauensschutzrechtlich von Belang wäre ( BGE 119 V 497 Erw. 3d in fine; ARV 1993/1994 Nr. 32 S. 228, 1976 Nr. 13 S. 85; nicht publiziertes Urteil Z. vom 21. August 1995), dass auch keine Verletzung der Informationspflicht ( Art. 19 Abs. 4 AVIV ) vorliegt, hatte doch die Verwaltung nach der Sachlage keinen hinreichenden Anlass, von sich aus beim Beschwerdeführer nachzufragen, aus welchen Gründen er ab 1. Juli 1993 die Kontrollvorschriften nicht mehr erfülle, BGE 124 V 215 S. 223 dass weder tatsächlich noch rechtlich irgendetwas den Beschwerdeführer zur Annahme berechtigte, sein gegen die erste Ablehnungsverfügung betreffend Verneinung der Vermittlungsfähigkeit anhängig gemachtes Beschwerdeverfahren enthebe ihn von der Beachtung der gesetzlichen Kontrollvorschriften, dass seine Auffassung, nur Versicherte, bezüglich deren die Anspruchsberechtigung feststehe, seien befugt, sich den gesetzlichen Kontrollvorschriften zu unterziehen, rechtsirrtümlich ist, was der Beschwerdeführer praxisgemäss selber zu vertreten hat (ARV 1985 Nr. 13 S. 52 Erw. 4b mit Hinweisen in Verbindung mit Nr. 15 S. 58), dass dieser Rechtsirrtum für die Verwaltung nach Lage der Akten nicht erkennbar war, weshalb sich auch unter diesem Gesichtspunkt keine Verpflichtung zur Aufklärung ergab, dass damit, wie das kantonale Gericht zutreffend erkannte, die Berufung auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz nicht durchdringt." 3. Dem Hauptstandpunkt des Beschwerdeführers kann somit nicht beigepflichtet werden. Die vorgebrachten Argumente rechtfertigen nicht die Annahme besonderer Umstände, wie sie im erwähnten unveröffentlichten Urteil W. vom 10. Dezember 1996 vorbehalten wurden: Zunächst verkennen die Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wie das Taggeldbezugsverfahren abläuft, indem sich einerseits die Einstellungsfrage, insbesondere jene nach Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG , nur stellt, wenn der gesetzliche Leistungsanspruch grundsätzlich gegeben, somit alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Zum andern gehen alle weiteren Rügen des widersprüchlichen Verhaltens, der Verletzung von Treu und Glauben usw. deswegen ins Leere, weil die Verwaltung mangels Vorsprache des Beschwerdeführers am Schalter in der Zeit ab Kontrollperiode Dezember 1994 gar nie die Gelegenheit hatte, ihn auf die Wichtigkeit der Befolgung der Kontrollvorschriften trotz des Beschwerdeverfahrens hinzuweisen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer die Stempelkontrolle schon Ende November 1994 eingestellt hatte, mithin vor Erlass der ersten Ablehnungsverfügung vom 14. Dezember 1994, welche somit für den Abbruch der Stempelkontrolle nicht kausal gewesen sein kann. Dass der Versicherte, wie er geltend macht, im Dezember 1994 noch an von der kantonalen Amtsstelle organisierten Veranstaltungen vorab informierenden Charakters teilgenommen hat, ändert daran nichts. 4. Nachdem feststeht, dass der Beschwerdeführer keine vom Gesetz abweichende Behandlung beanspruchen, also nicht gestützt auf den öffentlichrechtlichen Vertrauensschutz von der Beachtlichkeit der - anspruchsausschliessenden - Nichtbefolgung der gesetzlichen BGE 124 V 215 S. 224 Kontrollvorschriften freigestellt werden kann, bleibt zu prüfen, ob in Anbetracht der ab Kontrollperiode Dezember 1994 herrschenden Verhältnisse nicht eine Erleichterung der Kontrollvorschriften nach Massgabe der einschlägigen Verordnungsnormen, die damals in Kraft standen, verfügt werden kann. In einer solchen Betrachtungsweise ist nicht etwa das nachträgliche Eintragen von Kontrollstempeln für zurückliegende Tage zu erblicken, was nicht zulässig wäre (ARV 1979 Nr. 13 S. 82). Auf Antrag der kantonalen Amtsstelle konnte das BIGA in zeitlich befristeten Ausnahmefällen weitergehende Kontrollerleichterungen bewilligen, wenn ausserordentliche Verhältnisse dies erforderten ( Art. 21 Abs. 3 AVIV in der vom 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung). Diese Bestimmung ist dahingehend zu verstehen, dass es um eine globale Bewilligung weitergehender Kontrollerleichterungen geht. Selbst wenn man ihr einen individuellen Charakter zumessen wollte, kann vorliegend weder von zeitlich befristeten Ausnahmefällen noch von ausserordentlichen Verhältnissen gesprochen werden. Die auf den einzelnen Versicherten zugeschnittenen Erleichterungen der Kontrollpflicht in Art. 25 AVIV erfüllt der Beschwerdeführer ebenfalls nicht. Hingegen ist die Frage noch unter dem Gesichtswinkel von Art. 26 Abs. 3 AVIV zu prüfen, der (in der hier ebenfalls intertemporalrechtlich massgeblichen Fassung) lautet: "Versicherte, die auf Weisung oder mit Zustimmung der kantonalen Amtsstelle einen Kurs ( Art. 60 AVIG ) besuchen, sind von der Kontrollpflicht befreit, soweit dies für den Kursbesuch notwendig ist. Die kantonale Amtsstelle bestimmt, ob und wie oft der Versicherte die Kontrollpflicht erfüllen muss." Im Lichte dieser Bestimmung fragt sich, ob der Beschwerdeführer im Sinne des vertretenen Eventualstandpunktes nachträglich von der Kontrollpflicht ganz oder teilweise befreit werden kann, weil schon damals auch arbeitsmarktlich bedingte Umschulungsmassnahmen nach Art. 59 ff. AVIG indiziert gewesen wären. Auch dieses Begehren scheitert aber letztlich daran, dass effektiv keine Umschulungsmassnahme ab Dezember 1994 durchgeführt wurde und dass der Beschwerdeführer damals von den Organen der Arbeitslosenversicherung auch keine solche verlangt hatte. Wenn er einwendet, aufgrund der ärztlichen Stellungnahmen, insbesondere der Bestätigung der Frau Dr. med. D., Medizinische Poliklinik, Departement für Innere Medizin am Spital X, an die Arbeitslosenversicherung vom 17. Januar BGE 124 V 215 S. 225 1995, sei sein Umschulungsbegehren "bei der Beschwerdegegnerin aktenkundig" gewesen, so hilft ihm dies insofern nicht weiter, als trotzdem die Mindestbeitragszeit nicht erfüllt ist, welche nach Art. 60 Abs. 1 lit. b AVIG auch für Präventivmassnahmen Leistungsvoraussetzung ist, jedenfalls für den Taggeldanspruch. Aus dem von der Beitragszeit unabhängigen Kurskosten-Erstattungsanspruch nach Art. 60 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 3 AVIG lässt sich ebenfalls nichts zugunsten des Beschwerdeführers ableiten, weil Streitgegenstand eben nur der Taggeldanspruch ist. Damit stellt sich, letztlich genau gleich wie bei der Beurteilung des Hauptstandpunktes, die Frage, ob der Beschwerdeführer etwas aus dem Umstand gewinnt, dass die Verwaltung sein Dossier während der Rechtshängigkeit des ersten Beschwerdeverfahrens nicht weiter bearbeitet hatte, da sie davon ausgegangen war, zufolge Fehlens der Beitragszeit und fehlender Beitragsbefreiung könne der Beschwerdeführer keine Taggelder, auch nicht solche während einer Präventivmassnahme, beanspruchen. Diese Frage kann - aus Gründen der Konsequenz - nicht anders beantwortet werden als beim Hauptstandpunkt. 5. (Unentgeltliche Verbeiständung)
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b55d4546-8dd2-479b-ad51-86afb3bf533e
Urteilskopf 80 I 427 71. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. November 1954 i.S. Caliaro und Wydler gegen Aargau, Regierungsrat.
Regeste Zivilstandsregister. Gesuch um Eintragung einer im Ausland geschlossenen Ehe zwischen einem Ausländer und einer Schweizerin, die vor der Trauung die Erklärung abgegeben hat, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen, sowie der Legitimation eines gemeinsamen Kindes. Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Heimatkantons der Frau ( Art. 137, 95 und 97 ZStV ). Kognition der Zivilstandsbehörden. Verweigerung der Eintragung der in England geschlossenen Ehe eines durch ein schweizerisches Gericht von einer gebürtigen Schweizerin geschiedenen Italieners und einer Schweizerin. Internationales Eherecht. Tragweite von Art. 54 Abs. 3 BV sowie von Art. 7 c Abs. 1 und 7 f Abs. 1 NAG. Nichtanwendung des nach Art. 7 c Abs. 1 NAG massgebenden italienischen Rechts wegen Verletzung des schweizerischen ordre public?
Sachverhalt ab Seite 427 BGE 80 I 427 S. 427 Der in Biel wohnhafte italienische Staatsangehörige Caliaro heiratete im Jahre 1938 die Schweizerin Dorothea Bodmer. Diese Ehe wurde vom Amtsgericht Biel am BGE 80 I 427 S. 428 3. Dezember 1946 getrennt. Am 19. September 1948 sprach dasselbe Gericht auf Klage der Ehefrau, die sich inzwischen wieder ins Schweizerbürgerrecht hatte aufnehmen lassen, die Scheidung aus. In der Folge lebte Caliaro mit Fanny Wydler von Aarau zusammen. Diese gebar am 6. August 1949 den Knaben Michel. Ein Einbürgerungsgesuch Caliaros wurde von den bernischen Behörden abgewiesen. Am 11. Juni 1953 wurden Caliaro und Fanny Wydler vor dem Register Office von Holborn (England) getraut, nachdem die Braut am 28. Mai 1953 vor der Schweiz. Gesandtschaft in London die Erklärung abgegeben hatte, nach der Eheschliessung das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen (Art. 9 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts). Als "residence" der beiden zur Zeit der Heirat nennt der vom Register Office ausgestellte Eheschein ein Hotel in Holborn. Am 12. März 1954 richteten Caliaro und Fanny Wydler an die Justizdirektion des Kantons Aargau das Gesuch, diese Ehe sei ins Zivilstandsregister einzutragen; ausserdem sei ihr gemeinsames Kind Michel als ihr eheliches Kind einzutragen. In Übereinstimmung mit der Justizdirektion hat der Regierungsrat des Kantons Aargau dieses Gesuch am 21. Mai 1954 abgewiesen. Diesen Entscheid haben die Gesuchsteller mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen. Der Regierungsrat beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement enthält sich eines Antrags. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 137 Abs. 1 der Verordnung über das Zivilstandswesen vom 1. Juni 1953 (ZStV) dürfen ausländische Urkunden nur mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörde eingetragen werden. Das Gesuch, das die Beschwerdeführer am 12. März 1954 bei der aargauischen BGE 80 I 427 S. 429 Justizdirektion gestellt haben, geht seinem Sinne nach auf Erteilung dieser Bewilligung. Die örtliche Zuständigkeit der aargauischen Behörden ergibt sich daraus, dass zur Eintragung der in England erfolgten Eheschliessung ins Eheregister und der Legitimation des gemeinsamen Kindes der Beschwerdeführer ins Legitimationsregister, wenn eine solche Eintragung in der Schweiz überhaupt in Frage kommt, nach Art. 95 bzw. 97 ZStV das Zivilstandsamt der Stadt Aarau zuständig ist, die infolge der Erklärung vom 28. Mai 1953 auch dann Heimatort der Beschwerdeführerin Fanny Wydler bliebe, wenn die am 11. Juni 1953 geschlossene Ehe in der Schweiz und in Italien, dem Heimatlande des Beschwerdeführers Caliaro, anerkannt würde. ( Art. 95 ZStV spricht freilich nur von der Eintragung der im Ausland erfolgten Eheschliessung eines Schweizerbürgers, für die keine zivilstandsamtliche Urkunde vorgelegt werden kann. Falls wie hier eine solche Urkunde vorgelegt werden kann, muss jedoch die Eintragung ins Eheregister des Heimatortes, die nach Art. 118 Abs. 2 die Voraussetzung für die Eintragung ins Familienregister bildet, ebenfalls möglich sein.) 2. Bei Beurteilung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid über ein Gesuch im Sinne von Art. 133 der Zivilstandsverordnung vom 18. Mai 1928, dem Art. 137 der geltenden Verordnung entspricht, hat das Bundesgericht erklärt, die Prüfungsbefugnis der Zivilstandsbehörden sei notwendigerweise beschränkt. Ihre Aufgabe sei es vor allem, feststehende Tatsachen zu registrieren. Wenn sie auch bisweilen vorfrageweise über bestrittene Rechte zu befinden hätten (z.B. über die Ehelichkeit eines Kindes, Art. 252 ZGB ), könnten sie doch nur verhältnismässig einfache Fragen des zeitgenössischen schweizerischen Rechts, namentlich des geltenden Bundesrechts, entscheiden. Bei verwickelten Fragen oder bei Streitigkeiten, die - sei es auch nur teilweise - vom alten oder vom ausländischen Rechte beherrscht werden, sei die Eintragung aufzuschieben, bis der zuständige BGE 80 I 427 S. 430 Richter gesprochen habe ( BGE 63 I 197 /98). Hält man sich an diese Grundsätze, so erweist sich ohne weiteres als gerechtfertigt, dass die Vorinstanz dem Gesuch der Beschwerdeführer, das heikle Fragen des internationalen Privatrechts aufwirft, nicht entsprochen hat. Die Beschwerde kann aber auch dann keinen Erfolg haben, wenn man den Zivilstandsbehörden im vorliegenden Fall deswegen eine weitergehende Prüfungsbefugnis zugestehen will, weil hier anders als in dem in BGE 63 I 194 ff. beurteilten Falle die tatsächlichen Verhältnisse klar sind und die rechtlichen Schwierigkeiten nicht in einer nach alten Satzungen zu beurteilenden Vorfrage (betr. den Fortbestand eines angeblich im 18. Jahrhundert anerkannten Bürgerrechts) liegen und weil überdies unklar ist, wie die heutigen Beschwerdeführer eine gerichtliche Feststellung über die Gültigkeit ihrer Ehe für die Schweiz herbeiführen könnten (insbesondere gegen wen die unter sich einigen Beschwerdeführer klagen müssten). 3. Das Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschliessung vom 12. Juni 1902, dem die Schweiz und Italien beigetreten sind, kommt nach seinem Art. 8 Abs. 1 im vorliegenden Falle nicht zur Anwendung, weil Grossbritannien, wo die streitige Ehe geschlossen wurde, nicht zu den Vertragsstaaten gehört. Die Frage der Rechtsanwendung ist daher nach den einschlägigen Vorschriften des schweizerischen Landesrechts zu entscheiden. 4. Art. 54 BV stellt in Abs. 1 das Recht zur Ehe unter den Schutz des Bundes und bestimmt in Abs. 3, die in einem Kanton oder im Ausland nach der dort geltenden Gesetzgebung abgeschlossene Ehe solle im Gebiet der Eidgenossenschaft als Ehe anerkannt werden. Diese Verfassungsvorschriften kommen bei Beurteilung der Gültigkeit einer in der Schweiz oder im Ausland geschlossenen Ehe nicht mehr unmittelbar zur Anwendung, seitdem die Bundesgesetzgebung diese Materie geordnet hat. Sie bleiben in diesem Zusammenhang nur insofern von Bedeutung, als BGE 80 I 427 S. 431 das Gesetzesrecht im Lichte von Art. 54 BV auszulegen ist (vgl. BGE 68 I 79 ). Dabei fällt in Betracht, dass Art. 54 BV zwar grundsätzlich auch für Ausländer gilt, dass aber die lapidare Vorschrift von Abs. 3 auch beim Fehlen einer bundesgesetzlichen Ordnung nicht ohne Rücksicht auf die internationalrechtlichen Konflikte, mit denen namentlich bei der Eheschliessung von Ausländern zu rechnen ist, zur Anwendung gebracht werden könnte (vgl. BURCKHARDT, Komm. der BV, 3. Aufl. S. 500, der bei Erörterung von Abs. 1 erklärt'dass grundsätzlich auch Ausländer sich auf Art. 54 berufen können, dass aber die auf internationalen Erwägungen begründeten Einschränkungen vorbehalten bleiben). Art. 54 BV steht daher einer Auslegung der bundesgesetzlichen Bestimmungen, die solche Konflikte zu vermeiden sucht, nicht im Wege. 5. Die Gültigkeit einer Eheschliessung wird nach Art. 7 c Abs. 1 NAG , wenn der Bräutigam oder die Braut oder beide Ausländer sind, in Bezug auf jedes von ihnen nach dem heimatlichen Rechte beurteilt. Diese Vorschrift gilt nicht etwa nur bei der Eheschliessung, sondern gemäss den unzweideutigen romanischen Fassungen, die von "validité d'un mariage" bzw. "validità d'un matrimonio" sprechen, auch bei Beurteilung der Frage der Gültigkeit einer geschlossenen Ehe ( BGE 69 II 344 ; im gleichen Sinne die einhellige Lehre zum ähnlich lautenden Art. 13 Abs. 1 des EG zum deutschen BGB; vgl. statt vieler RAAPE, Internat. Privatrecht, 3. Aufl. 1950, S. 158 oben). Sie steht an der Spitze der Bestimmungen über die Eheschliessung und die Anerkennung geschlossener Ehen im internationalen Verhältnis und bringt den Grundsatz zum Ausdruck, der diese Materie beherrscht: den Grundsatz der Massgeblichkeit des Heimatrechts, zu dem der schweizerische Gesetzgeber sich im Eherecht bekannt hat, um nach Möglichkeit zu vermeiden, dass eine Ehe in der Schweiz als gültig, im Heimatstaate der Parteien dagegen als ungültig behandelt wird oder umgekehrt. Entsprechend ihrem allgemeinen Wortlaut und dem Zweck, den sie hienach verfolgt, gilt BGE 80 I 427 S. 432 die Vorschrift von Art. 7 c Abs. 1 entgegen der Auffassung, die STAUFFER und BECK in ihren Kommentaren vertreten (N. 1 und 5 bzw. N. 1 und 2 zu Art. 7 c NAG ), nicht bloss für die Eheschliessung in der Schweiz, sondern auch für die im Ausland geschlossenen Ehen (vgl. BGE 68 II 13 /14, wo beiläufig bemerkt wurde, die Frage, ob die nach den Angaben der Frau in Costa Rica getrauten Parteien verheiratet seien, beurteile sich gemäss Art. 7 c NAG nach Heimatrecht. Der die gleichen Parteien betreffende Entscheid BGE 71 II 128 ff. behandelt nicht die Frage der Rechtsanwendung, sondern nur die Frage des Gerichtsstandes für die Klage auf Feststellung des Bestehens der Ehe, die wegen der ausländischen Staatsangehörigkeit beider Parteien auf Grund von Art. 8 NAG im Sinne der Unzuständigkeit der schweizerischen Gerichte entschieden wurde). Das Gegenteil (Geltung von Art. 7 c Abs. 1 nur für die Eheschliessung in der Schweiz) lässt sich nicht etwa aus Art. 7 c Abs. 2 ableiten, wonach die Form einer in der Schweiz erfolgenden Eheschliessung sich nach schweizerischem Rechte bestimmt. Diese Bestimmung hat lediglich den Sinn, hinsichtlich der Form einer in der Schweiz zu schliessenden oder geschlossenen Ehe eine Ausnahme von Art. 7 c Abs. 1 zu schaffen, der nach seinem Wortlaut auch auf diese Frage angewendet werden könnte, weil die Gültigkeit der Eheschliessung, die er behandelt, u.a. von der Beobachtung der Form abhängt (vgl. zu Art. 7 c Abs. 2 im übrigen BGE 76 IV 114 ff. Erw. 3). Der Entscheid darüber, nach welchem Rechte die Gültigkeit einer in der Schweiz oder im Ausland geschlossenen Ehe sich beurteilt, ist also aus Art. 7 c Abs. 1 zu gewinnen, sofern nicht Art. 7 c Abs. 2 oder eine andere Sondervorschrift eingreift. Eine solche Sondervorschrift liegt in Art. 7 f Abs. 1 NAG , der bestimmt, dass eine Ehe, die im Ausland nach dem dort geltenden Recht abgeschlossen worden ist, in der Schweiz als gültig betrachtet wird, wenn ihr Abschluss nicht in der offenbaren Absicht, die Nichtigkeitsgründe des schweizerischen BGE 80 I 427 S. 433 Rechts zu umgehen, ins Ausland verlegt worden ist. Diese Vorschrift gilt jedoch, wie schon in BGE 69 II 345 festgestellt, trotz ihrer allgemeinen Fassung nur für Schweizer. Die Begründung, die im eben angeführten Entscheide für diese Auslegung gegeben wurde, ist freilich nicht zwingend. Wenn Ausländer die Nichtigkeitsgründe des schweizerischen Rechts nicht umgehen können, weil die Art. 7 c und 7 e NAG ihre Eheschliessung dem Heimatrecht unterstellen, so folgt hieraus zunächst nur, dass die in Art. 7 f Abs. 1 vorgesehene Ausnahme von der Regel, dass eine nach dem Recht des Abschlussortes gültige Ehe in der Schweiz anerkannt wird, sich bei Ausländern nicht verwirklichen kann. Aus dem Umstand, dass eine Ausnahmevorschrift auf einen bestimmten Personenkreis nicht zutreffen kann, ergibt sich nicht ohne weiteres, dass auch die Regel für diese Personen nicht gelte. Die Notwendigkeit, Art. 7 f Abs. 1 im erwähnten Sinne einschränkend auszulegen, tritt jedoch klar zutage, sobald man die vom Gesetz verfolgte Tendenz berücksichtigt, Konflikte mit dem Heimatrecht der Ehegatten nach Möglichkeit zu vermeiden. Mit diesem Bestreben ist es durchaus vereinbar, eine Ehe, die Schweizer im Ausland nach dortigem Rechte geschlossen haben, auch dann anzuerkennen, wenn ihr Abschluss in der Schweiz nicht möglich gewesen wäre. Indem die Schweiz für ihre eigenen Angehörigen unter den in Art. 7 f Abs. 1 umschriebenen Voraussetzungen auf die Anwendung des schweizerischen Rechts verzichtet, das nach Art. 7 c als Heimatrecht anwendbar wäre, schafft sie keinen internationalrechtlichen Konflikt, sondern beugt im Gegenteil einem solchen vor. Ganz anders verhält es sich aber in dieser Hinsicht, wenn zwei Ausländer im Ausland nach Massgabe der dort geltenden Gesetzgebung heiraten. Würde die Schweiz eine solche Ehe ohne Rücksicht darauf als gültig behandeln, ob der ausländische Heimatstaat sie anerkennt, so liefe dies dem vom Gesetz verfolgten Zwecke zuwider. Dies ist der entscheidende Grund dafür, dass Art. 7 f Abs. 1 auf Ehen zwischen Ausländern BGE 80 I 427 S. 434 nicht anzuwenden ist, sondern dass für solche Ehen Art. 7 c massgebend bleibt, auch wenn die Eheschliessung im Ausland erfolgte. Im übrigen wäre es ungereimt, die nach dem Rechte des ausländischen Abschlussortes gültigen Ehen von Schweizern nur unter dem Vorbehalte der Gesetzesumgehung, diejenigen von Ausländern dagegen ohne solchen Vorbehalt anzuerkennen. Was mit Bezug auf Ehen unter Ausländern gesagt wurde, muss auch für den Fall der Eheschliessung zwischen einem Ausländer und einer Schweizerin gelten, und zwar selbst dann, wenn diese auf Grund von Art. 9 des neuen Bürgerrechtsgesetzes die Erklärung abgegeben hat, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen. Der Umstand, dass die Frau Schweizerin ist und bleibt, ändert nichts daran, dass die Anerkennung der Ehe in der Schweiz ohne Rücksicht auf die Stellungnahme des Heimatstaates des Mannes zu einer Konfliktslage führen könnte, wie das Gesetz sie verhindern will. (Was im Falle der Heirat zwischen einem Schweizer und einer Ausländerin gilt, braucht hier nicht untersucht zu werden.) Erklärt das internationale Privatrecht des ausländischen Heimatstaates nicht das materielle Recht dieses Landes für anwendbar, sondern verweist es auf das Recht eines andern Landes (z.B. das Recht des Abschlussortes oder des Wohnsitzstaates), so ist dieser Verweisung Rechnung zu tragen, da in diesem Falle die Anerkennung der Ehe im Heimatstaat, auf die es ankommt, eben vom Rechte des andern Staates abhängt. Ausgeschlossen ist die Anwendung des nach den Konfliktsregeln massgebenden ausländischen Rechtes dann, wenn sie zu einem mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung unverträglichen Ergebnis führen würde. In solchen Fällen lässt das schweizerische Recht ausnahmsweise "hinkende Ehen" zu ( BGE 76 IV 114 ff., 116 unten). Vorbehalten bleiben staatsvertragliche Vorschriften, welche die Berufung auf den ordre public bestimmten Beschränkungen unterwerfen. BGE 80 I 427 S. 435 7. Das italienische Recht, das bei Beurteilung der Gültigkeit der Ehe der Beschwerdeführer nach Art. 7 c NAG als Heimatrecht des Bräutigams bzw. Ehemannes zu berücksichtigen ist, stellt in Art. 115 Abs. 1 des Codice civile, der von der Ehe der Italiener im Ausland handelt, den Grundsatz auf, dass der (italienische) Staatsangehörige den Vorschriften des ersten Abschnitts "dieses Kapitels" (des dritten Kapitels des 6. Titels des ersten Buches), d.h. den Art. 84 ff. unterworfen ist, auch wenn er im Ausland gemäss den dort geltenden Formen heiratet. Das italienische Recht lässt also die italienischen Vorschriften über die Voraussetzungen der Eheschliessung zur Geltung kommen, wenn ein Italiener im Ausland heiratet. Nach diesen Vorschriften konnte der Beschwerdeführer Caliaro die Beschwerdeführerin Wydler nicht heiraten, weil Italien, wie die Vorinstanz auf Grund eines Berichtes der Italienischen Botschaft in Bern festgestellt hat, die in der Schweiz ausgesprochene Scheidung der ersten Ehe Caliaros nicht anerkennt, sondern diese Ehe als noch bestehend betrachtet, sodass die Voraussetzung des ledigen Standes (libertà di stato, Art. 86 des Codice civile) nicht gegeben ist. Die gleichwohl geschlossene Ehe ist nach italienischem Recht ungültig, d.h. sie kann gemäss Art. 117 des Codice civile von den Gatten, den nächsten Aszendenten, der Staatsanwaltschaft und allen denjenigen, die ein rechtliches Interesse haben, mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden. Sie wird, wie im Berichte der Italienischen Botschaft ausdrücklich gesagt wird, in Italien nicht anerkannt. Eine im Heimatland des Ehemannes nicht anerkannte Ehe kann nach Art. 7 c Abs. 1 NAG auch in der Schweiz nicht anerkannt werden. Die Ehe der Beschwerdeführer ist deshalb in der Schweiz nicht einzutragen. Die Anwendung des ausländischen Rechts. die zu diesem Ergebnis führt, kann nicht unter Berufung auf den schweizerischen ordre public abgelehnt werden. Es ist unbestritten und unbestreitbar, dass die Beschwerdeführer in der Schweiz nicht hätten heiraten können, weil Art. 1 des BGE 80 I 427 S. 436 Haager Eheschliessungsabkommens, das in diesem Fall anwendbar gewesen wäre, wie Art. 7 c Abs. 1 NAG grundsätzlich das Heimatrecht als massgebend erklärt und keiner der in Art. 2 und 3 des Abkommens abschliessend aufgezählten Fälle vorliegt, in welchen die Anwendung des Heimatrechts verweigert werden kann. (Das in der Nichtanerkennung der Scheidung begründete Verbot der Wiederverheiratung gilt nicht als ein Verbot, das ausschliesslich auf Gründen religiöser Natur beruht; vgl. BECK N. 8 zu Art. 3 des Abkommens.) Die Erkenntnis der Unmöglichkeit, in der Schweiz zu heiraten, war denn auch offensichtlich der Grund, weshalb die Beschwerdeführer sich zur Eheschliessung nach England begaben. Verweigert das Heimatrecht die Anerkennung einer in einem dritten Staate geschlossenen Ehe, die in der Schweiz nach den für diesen Fall geltenden staatsvertraglichen Abmachungen nicht hätte geschlossen werden können, so verstösst dies keineswegs gegen den schweizerischen ordre public. Der Anwendung des italienischen Rechts kann der schweizerische ordre public im übrigen auch dann nicht entgegengehalten werden, wenn man davon absieht, dass ein Staatsvertrag den Beschwerdeführern die Eheschliessung in der Schweiz verbot. Es kann von vornherein keine Rede davon sein, dass das schweizerische Rechtsgefühl schon dadurch in unerträglicher Weise verletzt werde, dass Italien die Scheidung des Italieners Caliaro nicht anerkennt, sondern die frühere Ehe als noch bestehend ansieht, solange die geschiedene Frau noch am Leben ist, und sich demzufolge einer Wiederverheiratung Caliaros widersetzt. Dass die Anwendung des italienischen Rechts gegenüber Caliaro der öffentlichen Ordnung der Schweiz zuwiderlaufe, lässt sich aber auch dann nicht mit Grund behaupten, wenn man berücksichtigt, dass ein schweizerisches Gericht die Scheidung ausgesprochen hat. Zur Scheidung durch ein schweizerisches Gericht konnte es kommen, weil die erste Ehefrau Caliaros nach der Trennung, die auch nach italienischem Rechte zulässig war, wieder ins Schweizerbürgerrecht aufgenommen BGE 80 I 427 S. 437 wurde und seither ohne Rücksicht darauf, ob sie die durch die Ehe erworbene italienische Staatsangehörigkeit behielt oder nicht, in der Schweiz den für Schweizer geltenden Vorschriften untersteht und weil angenommen wird, dass Art. 7 h NAG entsprechend seinem Wortlaut nur gelte, sofern der ausländische Ehegatte die Scheidung verlangt, nicht dagegen, wenn der schweizerische dies tut (vgl. BGE 40 I 427 , BGE 58 II 96 /97). Wenn aus diesen Gründen die Scheidung ohne Rücksicht auf das sie verbietende Heimatrecht des Ehemanns ausgesprochen wurde, so folgt daraus nicht, dass die Schweiz sich auch bei der Wiederverheiratung des Mannes über dessen Heimatrecht hinwegsetzen müsse, um ein für die schweizerische Rechtsauffassung unannehmbares Ergebnis zu vermeiden. Beim Eheabschluss ist die Anerkennung durch den Heimatstaat wichtiger, die Nichtanerkennung folgenschwerer als bei der Scheidung, sodass sich eine verschiedene Behandlung der beiden Fälle rechtfertigen lässt. Endlich kann auch die Tatsache, dass von geschiedenen Ehegatten verschiedener Nationalität der eine wieder heiraten kann, der andere dagegen nicht, in einem dem Heimatprinzip huldigenden Lande nicht als derart stossend angesehen werden, dass dem Heimatrecht des ausländischen Gatten, das sich dessen neuer Eheschliessung widersetzt, die Anwendung zu versagen wäre. 8. Kann die Ehe der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht anerkannt werden, so ist ohne weiteres klar, dass auch eine Legitimation ihres gemeinsamen Kindes nicht in Frage kommt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 117 Ib 225 29. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 29 novembre 1991 en la cause Association vaudoise des petites familles et Etat de Vaud c. Département fédéral de justice et police (recours de droit administratif)
Regeste Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1984 über die Leistungen des Bundes für den Straf- und Massnahmenvollzug (BLSM; SR 341); Verfahren der Anerkennung von betriebsbeitragsberechtigten Erziehungsheimen. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde für Betriebsbeiträge nach Art. 5 Abs. 1 BLSM ( Art. 99 lit. h OG ) (E. 2). Mit dem Inkrafttreten des BLSM ist die unter altem Recht entwickelte Praxis hinfällig geworden (E. 4a). Rechtliche Bedeutung verwaltungsinterner Richtlinien (E. 4b). Art. 3 Abs. 1 lit. d und e der Verordnung über die Leistungen des Bundes für den Straf- und Massnahmenvollzug (VLSM) widersprechen weder dem Gesetz (Art. 6 und 19 BLSM) noch der Verfassung (E. 5). Auch bei einer nach aussen familienähnlich strukturierten Einrichtung hat das Departement, wenn sie einen gewissen Institutionalisierungsgrad erreicht und über eine grössere Anzahl Kinder und Erzieher verfügt, eine eigenständige Beurteilung der lokalen Verhältnisse gemäss den einschlägigen Bestimmungen vorzunehmen (E. 6a und b). Würdigung der Strukturen der verschiedenen als "Nest" bezeichneten und von der "Association vaudoise des petites familles" betriebenen Einrichtungen (E. 6c und 7).
Sachverhalt ab Seite 226 BGE 117 Ib 225 S. 226 Suite à l'entrée en vigueur, le 1er janvier 1987, de la loi fédérale du 5 octobre 1984 sur les prestations de la Confédération dans le domaine des peines et des mesures (LPPM, RS 341), le Département fédéral de justice et police a examiné si les "Nids" exploités par l'Association vaudoise des petites familles peuvent être considérés comme des maisons d'éducation ayant un droit à obtenir une subvention fédérale destinée à couvrir une partie de leurs coûts d'exploitation. Développés sur un concept commun, très général, les "Nids" sont des maisons d'éducation de petite taille offrant huit à dix places à des enfants, en principe en âge de scolarité, présentant des troubles importants de la personnalité ou du comportement et issus de milieux familiaux perturbés ou dissociés. Chaque "Nid" est dirigé par un couple directeur - dont un au moins des conjoints est un éducateur spécialisé -, assisté dans son activité par BGE 117 Ib 225 S. 227 un ou plusieurs éducateurs, dont le degré de formation varie. Les pensionnaires ne sont pas répartis selon les classes d'âge, mais sont tous regroupés à l'exemple de ce qui se passe dans une famille. Estimant que les "Nids" font office de famille de substitution et soulignant le faible degré d'institutionnalisation atteint par ces maisons d'éducation, le Département fédéral de justice et police a jugé le 20 décembre 1990, par sept décisions distinctes, que les "Nids" accomplissent une action éducative préventive qui relève exclusivement de l'assistance publique cantonale; cette qualité de famille d'accueil exclut à son avis tout subventionnement fédéral au titre de la LPPM. Agissant par sept recours de droit administratif, l'Association vaudoise des petites familles et l'Etat de Vaud demandent au Tribunal fédéral d'annuler les décisions du 20 décembre 1990 et de reconnaître les sept "Nids" en tant que maisons d'éducation ayant droit aux subventions fédérales d'exploitation. Ils considèrent que l' art. 3 let . d et e OPPM ainsi que les directives départementales n'ont pas de base légale suffisante dès lors que ces normes introduisent des limitations qui ne sont pas prévues par la loi. Au surplus, les recourants contestent l'appréciation de l'autorité intimée qui a assimilé les "Nids" à des familles d'accueil. Le Tribunal fédéral a rejeté un recours et admis les six autres en renvoyant l'affaire au Département fédéral de justice et police pour nouvelles décisions. Erwägungen Considérant en droit: 2. a) Selon l' art. 99 let . h OJ, le recours de droit administratif est irrecevable contre l'octroi ou le refus de subventions, crédits, garanties, indemnités et autres prestations pécuniaires de droit public auxquels la législation fédérale ne confère pas un droit. L'existence d'un tel droit doit être admise lorsque la législation elle-même précise les conditions d'octroi de la prestation, sans laisser à l'appréciation des autorités d'application le soin de déterminer si un montant sera ou non alloué ( ATF 116 Ib 312 , ATF 110 Ib 152 et les références). A cet égard, il est sans importance de déterminer si l'arrêté fondant le droit aux subventions est une loi ou une ordonnance ou si la reconnaissance d'un droit découle de plusieurs arrêtés, telles une loi fédérale et son ordonnance d'application. BGE 117 Ib 225 S. 228 b) En l'espèce, l' art. 5 al. 1 let. b LPPM fixe que "la Confédération alloue des subventions d'exploitation" à des maisons d'éducation qui s'engagent à accueillir des enfants et des adolescents en application des art. 82 ss et 89 ss CP et accueillent principalement de tels cas ou des pupilles difficiles à éduquer ou en sérieux danger. Compte tenu du texte impératif de la disposition ("La Confédération alloue"), comme aussi des travaux préparatoires (BO 1984 N 43), le législateur a conféré aux établissements concernés par l' art. 5 al. 1 LPPM un véritable droit aux subventions. L'attribution de l'aide fédérale fondée sur l' art. 5 al. 2 LPPM relève en revanche de l'appréciation des autorités fédérales ("La Confédération peut allouer"; voir aussi BO 1984 N 40, intervention Kohler) qui peuvent subventionner des institutions s'occupant spécialement d'enfants ou d'adolescents dont le comportement social est gravement perturbé (cf. art. 5 al. 2 LPPM en relation avec l' art. 2 al. 2 LPPM ). Malgré la différence dans les termes utilisés pour décrire les pensionnaires des deux sortes d'établissements en cause - la loi parle dans un cas de "pupilles difficiles à éduquer ou en sérieux danger" et dans l'autre d'"enfants ou d'adolescents dont le comportement social est gravement perturbé" -, le critère retenu par le législateur pour distinguer les différentes maisons d'éducation ne se fonde pas sur la terminologie employée par la loi pour définir la clientèle, mais sur la proportion d'enfants particulièrement perturbés présents dans les établissements. En effet, déjà lors des débats parlementaires (voir BO 1984 N 40, intervention Nebiker), il est apparu pour le moins délicat, voire artificiel, de vouloir distinguer entre les enfants "difficiles à éduquer ou en sérieux danger" et ceux "dont le comportement social est gravement perturbé". Conscient du problème, le Conseil fédéral a édicté à l' art. 9 OPPM une définition globale des enfants concernés par la loi, en les intégrant tous sous le terme général d'"enfants dont le comportement social est gravement perturbé" (voir le titre de la section 5 de l'ordonnance). L' art. 9 al. 2 OPPM (Ordonnance sur les prestations de la Confédération dans le domaine des peines et mesures du 29 octobre 1986, RS 341.1) intègre également à la définition globale susmentionnée les enfants qui, souffrant de troubles du comportement, doivent être placés dans une maison d'éducation en vertu de l' art. 8 LAI . Dans la mesure où la clientèle décrite à l' art. 5 al. 1 let. b LPPM et celle à laquelle renvoie l' art. 5 al. 2 LPPM sont les mêmes, le BGE 117 Ib 225 S. 229 critère de distinction entre les maisons d'éducation ayant droit aux subventions et celles qui ne peuvent pas y prétendre réside ailleurs. Pour qu'un établissement puisse se prévaloir de l' art. 5 al. 1 let. b LPPM , il est nécessaire qu'il accueille principalement des enfants renvoyés en vertu du code pénal ou des pupilles difficiles à éduquer. Le critère de distinction est donc quantitatif et implique qu'au moment considéré, le foyer en cause est effectivement occupé principalement par des enfants entrant dans la définition globale de l' art. 9 OPPM ou des enfants renvoyés en vertu du code pénal (cf. arrêt non publié du 24 août 1990 en la cause Verein Evangelisches Schulheim Langhalde c. DFJP, consid. 1b et c). A cet égard, la version allemande de l' art. 5 al. 1 let. b LPPM qui utilise deux fois la forme verbale "aufzunehmen" ne rend pas compte de l'aspect purement factuel de la deuxième exigence, correctement formulée dans les versions française et italienne de la loi ("accueillent principalement", "accolgono prevalentemente"); pour saisir le sens exact de la disposition, la seconde phrase en allemand doit donc être comprise à l'indicatif ("aufnehmen"). Savoir si cette exigence quantitative implique la réalisation d'un pourcentage minimal de 50% des journées de séjour, comme l'exige l'administration, ou une appréciation plus flexible de cette occupation principale en fonction des circonstances particulières de l'établissement n'a pas à être tranché dans la présente cause. Il apparaît en effet que les foyers représentés par les recourants s'occupent en priorité et de manière principale d'enfants entrant dans la définition de l' art. 9 OPPM puisque la majeure partie de ces derniers a été placée sur la base de l' art. 310 CC . L' art. 99 let . h OJ ne s'oppose donc pas à la recevabilité du recours de droit administratif. 3. S'il ne fait pas de doute que l'Association vaudoise des petites familles, directement touchée par les décisions attaquées, dispose d'une qualité pour agir suffisamment au sens de l' art. 103 let. a OJ , il est douteux, en revanche, que l'Etat de Vaud puisse se prévaloir d'une légitimation suffisante. En effet, les collectivités publiques ne peuvent agir selon l' art. 103 let. a OJ (seule disposition à entrer en considération en l'espèce) que lorsqu'elles sont atteintes de la même manière que des administrés ( ATF 108 Ib 207 ). Or, dans le cas particulier, l'intervention du canton se fonde sur l'art. 17 de la loi vaudoise sur la protection de la jeunesse et s'inscrit visiblement dans l'accomplissement d'une tâche étatique. Il est donc peu probable que l'Etat de Vaud puisse agir en BGE 117 Ib 225 S. 230 l'occurrence par recours de droit administratif. La question peut toutefois demeurer indécise, dès lors qu'il faut, de toute manière, entrer en matière sur le recours de l'Association qui développe des griefs identiques à ceux de l'Etat de Vaud. 4. a) La présente procédure de reconnaissance d'un éventuel droit au subventionnement est justifiée par l'entrée en vigueur de la nouvelle législation sur les prestations de la Confédération dans le domaine de l'exécution des peines et des mesures. Selon l' art. 21 let . c LPPM concernant les dispositions transitoires (voir aussi art. 16 al. 9 OPPM ), les subventions d'exploitation ont été versées jusqu'au 31 décembre 1989 en vertu de l'ancien droit. Cela signifie que, jusqu'à cette date, les autorités de subventionnement ont encore appliqué la loi fédérale du 6 octobre 1966 sur les subventions de la Confédération aux établissements servant à l'exécution des peines et des mesures et aux maisons d'éducation (RO 1967 p. 31) ainsi que ses ordonnances d'exécution (l'ordonnance du Conseil fédéral du 14 février 1973, RO 1973 p. 385, 1975 p. 2149, 1984 p. 1235; l'ordonnance du Département fédéral de justice et police du 24 octobre 1984, RO 1984 p. 1238). Contrairement à la nouvelle loi fédérale de 1984 dans laquelle le législateur a fixé d'emblée un certain nombre de critères à respecter pour bénéficier de l'aide fédérale (cf. art. 5, 6 et 7 LPPM ), l'ancienne loi, en son art. 2, laissait au Conseil fédéral la liberté complète de fixer le taux et les modalités des subventions d'exploitation. De plus, aux art. 3, 4 et 5 OPPM , le gouvernement fédéral a désormais imposé des conditions précises et nombreuses à satisfaire pour recevoir une subvention d'exploitation (clause du besoin, effectif minimum, formation des éducateurs, etc.); ces exigences sont très différentes de celles que prévoyait l'art. 5 de l'ancienne ordonnance sur les subventions, dans sa version du 19 novembre 1975, applicable jusqu'à l'entrée en vigueur du nouveau droit (RO 1975 p. 2150); se bornant en effet à édicter des conditions générales, l'ancien droit laissait aux autorités d'application un vaste pouvoir d'appréciation et d'interprétation qui est aujourd'hui fortement restreint par la précision des nouveaux textes. Enfin, il ne faut pas perdre de vue que, lors des débats parlementaires, le législateur fédéral a voulu limiter la participation financière de la Confédération à l'exploitation des maisons d'éducation, notamment en réduisant le taux de subventionnement du personnel (voir BO 1982 E 611 ss, 1984 N 43 ss et 435 ss). BGE 117 Ib 225 S. 231 Ces différences fondamentales entre l'ancien et le nouveau droit impliquent que la mise en oeuvre du nouveau droit nécessite une nouvelle appréciation de la situation de chaque foyer en fonction des règles en vigueur actuellement. En d'autres termes, on ne peut pas considérer qu'une décision de reconnaissance partielle ou de refus de la reconnaissance sous le nouveau droit constitue une modification ou une révocation de décisions antérieures puisque les règles applicables ne sont plus les mêmes. Le subventionnement dont ont bénéficié les "Nids" jusqu'en 1989 se fondait sur l'ancien droit. Les recourants ne peuvent donc tirer aucune prétention de la pratique antérieure des autorités. De même, c'est à tort que ces dernières prétendent, dans leurs décisions, révoquer les reconnaissances; elles statuent simplement sur une nouvelle situation, née de l'entrée en vigueur du nouveau droit. b) Contrairement à l'ancien droit qui comportait une subdélégation du pouvoir réglementaire au Département fédéral de justice et police (cf. art. 17 de l'ordonnance sur les subventions du 14 février 1973; RO 1973 p. 391), la nouvelle ordonnance du Conseil fédéral du 29 octobre 1986 (OPPM) règle directement toutes les questions d'exécution de la loi. Le Département fédéral de justice et police n'a donc pas en la matière un pouvoir réglementaire propre. Les directives qu'il a édictées et sur lesquelles il s'est largement fondé pour statuer ont donc le caractère d'instructions internes. Or, de telles instructions données par l'administration afin d'assurer une application uniforme de dispositions légales n'ont pas force de loi et, par voie de conséquence, ne lient ni les administrés, ni les tribunaux, ni même l'administration; elles ne constituent pas des normes de droit fédéral au sens de l' art. 104 let. a OJ et n'ont pas à être suivies par le juge (cf. PATRY, Le problème des directives de l'Administration fédérale des contributions, in: Archives de droit fiscal suisse 59 p. 28 et la jurisprudence citée). Elles servent tout au plus à créer une pratique administrative uniforme et présentent à ce titre une certaine utilité; de toute façon, de telles instructions ne peuvent pas sortir du cadre fixé par la norme supérieure qu'elles sont censées concrétiser. En d'autres termes, à défaut de lacune, les directives ne peuvent prévoir autre chose que ce qui découle de la législation ou de la jurisprudence. Il convient donc d'examiner si la solution retenue par l'administration respecte le droit fédéral, en particulier la loi fédérale de 1984 et l'ordonnance de 1986, sans s'arrêter au texte des directives. BGE 117 Ib 225 S. 232 5. Les recourants contestent tout d'abord la validité de l' art. 3 al. 1 let . d et e OPPM. a) Selon la jurisprudence, le Tribunal fédéral examine librement si une ordonnance du Conseil fédéral dispose d'une base légale suffisante et si les normes réglementaires contestées ne contiennent aucun excès ou abus du pouvoir délégué; en outre, à moins que la loi fédérale n'autorise expressément le Conseil fédéral à déroger à la Constitution, le Tribunal fédéral s'assure que l'ordonnance ne viole aucun droit ou principe constitutionnel ( ATF 114 Ib 19 , ATF 107 Ib 246 ss). b) Le législateur fédéral ne s'est pas contenté de charger, de manière générale, le Conseil fédéral d'exécuter la loi en édictant les dispositions nécessaires ( art. 19 LPPM ); il lui a expressément conféré le pouvoir de soumettre l'octroi des subventions d'exploitation à des charges et conditions. L' art. 6 al. 1 LPPM enjoint tout d'abord au gouvernement fédéral de déterminer les conditions d'octroi des subventions par analogie avec l' art. 3 LPPM ; l' art. 6 al. 2 LPPM accorde, pour le surplus, au Conseil fédéral la compétence de subordonner cet octroi "à des conditions supplémentaires ou l'assortir de charges". Le législateur a ainsi conféré un vaste pouvoir d'appréciation au Conseil fédéral pour déterminer le cercle des bénéficiaires des subventions. Certes, le gouvernement fédéral n'a pas la compétence de multiplier les exigences au point de rendre les conditions de la reconnaissance impossibles - ou excessivement difficiles - à réaliser par les maisons d'éducation. Il n'en demeure pas moins que, sous cette réserve, le Conseil fédéral dispose d'une liberté étendue que le Tribunal fédéral doit respecter. Faisant usage des larges pouvoirs délégués, le Conseil fédéral a promulgué l' art. 3 OPPM qui fixe en partie les conditions auxquelles doivent satisfaire les maisons d'éducation pour obtenir la reconnaissance qui leur donnera droit aux subventions. Selon l' art. 3 al. 1 let . d OPPM, l'octroi de subventions fédérales pour l'exploitation de maisons d'éducation nécessite que "deux tiers au moins des personnes s'occupant d'éducation disposent d'une formation complète au sens de l'art. 5 al. 1 ou 2 let. a; la direction ainsi que les collaborateurs, suivant une formation en cours d'emploi, sont inclus dans ces deux tiers". L' art. 3 al. 1 let . e OPPM subordonne, pour sa part, l'octroi de subventions au fait que "la maison d'éducation dispose d'un personnel dont l'effectif correspond à la gravité des difficultés des pensionnaires. La maison d'éducation la plus petite comprendra BGE 117 Ib 225 S. 233 au moins 2,5 postes dont deux d'éducateurs au sens de l'art. 5 al. 1 ou 2 let. a". Trouvant ainsi directement sa source aux art. 6 et 19 LPPM , l' art. 3 al. 1 let . d et e OPPM dispose d'une base légale suffisante. c) Ces normes réglementaires ne concrétisent par ailleurs aucun excès ou abus du pouvoir délégué, ni aucune atteinte à un quelconque droit constitutionnel. Les travaux des Chambres fédérales montrent clairement que le législateur n'entendait verser des subventions d'exploitation qu'aux maisons d'éducation qui assurent un encadrement particulier, adapté aux pensionnaires (voir BO 1982 E 612 ss). A défaut d'indication précise dans la loi et compte tenu de la grande marge d'appréciation dont jouissait le Conseil fédéral, ce dernier pouvait dès lors raisonnablement poser des exigences quant à l'effectif et à la qualité du personnel dont doit disposer la maison d'éducation qui sollicite un subventionnement; par ce biais, il assure, en effet, autant que possible un certain degré de qualité des institutions bénéficiant de l'aide fédérale et répond ainsi à l'attente du législateur. Rien n'indique que ces exigences qui tendent à favoriser les personnes prises en charge sont excessives ou déraisonnables. Conformes à la volonté du législateur et en rapport avec la fin visée, elles ne violent pas le droit fédéral (cf. GRISEL, Traité de droit administratif, p. 328; voir également quant au personnel spécialisé disponible durant la nuit: arrêt non publié du 24 août 1990, déjà cité, consid. 3c). Au surplus, l'expérience montre que de nombreuses maisons d'éducation peuvent satisfaire aux exigences des art. 3 ss OPPM et obtenir une reconnaissance du droit aux subventions d'exploitation; les recourants ne peuvent donc pas sérieusement prétendre que l'accumulation des conditions et charges rendrait impossible une reconnaissance et, partant, viderait la loi de son sens. 6. La question essentielle à résoudre en l'espèce est celle de savoir si l'autorité intimée peut refuser les subventions d'exploitation en se limitant à constater que la maison d'éducation en cause est une "grande famille" au sens de l'art. 5 des directives départementales. a) Ainsi qu'il a été indiqué précédemment, en elles-mêmes, les directives n'ont pas force de loi; elles ne peuvent pas prévoir autre chose que ce qui découle déjà de la loi ou de l'ordonnance (cf. consid. 4b). Il convient donc d'examiner ci-après si l'exclusion de principe du subventionnement des établissements des recourants peut se fonder directement sur la loi ou l'ordonnance. BGE 117 Ib 225 S. 234 b) On peut comprendre que, par schématisme, l'autorité intimée ait exclu par principe les familles d'accueil de la liste des maisons d'éducation ayant droit aux subventions; il est vrai qu'en général, si l'on confie des enfants à un couple de parents sans formation spéciale et en comptant sur le bon sens de ces derniers pour accompagner les pupilles de la petite enfance jusqu'à la fin de l'adolescence, les conditions des art. 3 ss OPPM ne sont d'emblée pas réalisées, tant du point de vue de la qualité de l'encadrement que du point de vue de la quantité du personnel formé ou de la grandeur de l'établissement. De même, on ne saurait voir dans de pareilles situations une intervention de l'Etat à des fins de prévention de la délinquance; dans la mesure où les enfants sont pris en charge en bas âge, bien avant l'âge minimal de 7 ans prévu pour l'application du code pénal ( art. 82 CP ), l'activité relève essentiellement de l'assistance publique cantonale. Pour de tels cas simples, le ch. 5 des directives ne fait que concrétiser les dispositions réglementaires et légales. La situation change lorsque la "grande famille" se situe à mi-chemin entre la famille d'accueil décrite ci-dessus et la maison d'éducation au sens strict du terme. Dès le moment où un certain degré d'institutionnalisation est introduit dans un groupe formé d'un nombre suffisant d'enfants et d'éducateurs, il ne saurait être question d'appliquer aveuglément le ch. 5 des directives pour décider du subventionnement même si, extérieurement, la structure de l'établissement rappelle encore celle de la famille. En effet, les institutions disposent d'une certaine autonomie pour définir leur concept pédago-thérapeutique; elles peuvent décider de concentrer leurs efforts non pas en fonction d'une spécialisation par classes d'âge des pensionnaires, mais en créant une unité de type "familial" qui encadrera les clients quel que soit leur âge. Rien n'exclut de reconnaître de tels établissements s'ils remplissent les conditions posées par la loi et l'ordonnance pour obtenir la reconnaissance, notamment s'ils sont prêts à accueillir des enfants renvoyés en vertu du code pénal. A défaut d'habilitation spéciale, le Département fédéral de justice et police ne peut pas privilégier un type de foyer plutôt qu'un autre si tous deux satisfont aux exigences légales et réglementaires. En d'autres termes et compte tenu de la situation légale actuelle, à chaque fois qu'une certaine institutionnalisation de la "grande famille" sollicitant un subventionnement a été réalisée, l'autorité intimée doit procéder à une appréciation spécifique des circonstances locales en fonction BGE 117 Ib 225 S. 235 des normes applicables, sans se contenter d'appliquer le ch. 5 de ses directives. c) En l'espèce, il faut constater que les "Nids" ne sont pas simplement des familles de substitution dans lesquelles des parents de remplacement essaieraient, avec leur bon sens, d'éduquer des enfants défavorisés placés dès la prime enfance. Les "Nids" disposent pour une bonne partie de leur personnel d'éducateurs spécialisés remplissant les conditions de l'art. 5 al. 1 et al. 2 let. a OPPM. De même, avec dix pensionnaires par "Nid", la grandeur de ces maisons d'éducation se situe au-delà des sept clients que le Département lui-même considère comme la taille minimale d'une institution ayant droit aux subventions. De plus, un concept commun régit l'activité des établissements qui collaborent lors des placements. Enfin, au vu des statistiques produites, l'âge des pensionnaires lors de leur placement ne se situe pas, pour l'essentiel, au-dessous de l'âge de 7 ans et la majeure partie des enfants est placée en vertu de l' art. 310 CC conformément à l' art. 9 OPPM . Les "Nids" sont prêts par ailleurs à recevoir des pensionnaires sur mandat judiciaire pénal. Il apparaît dès lors manifeste que les "Nids" ne sont pas de simples familles de substitution dépourvues de structures et de concept pédagogique et que leur portée en tant qu'institution dépasse celle de la "grande famille" au sens étroit. d) Dans ces conditions, l'autorité intimée ne pouvait pas se contenter d'appliquer le ch. 5 des directives aux "Nids" sans examiner dans le détail si chaque foyer, considéré isolément, satisfait aux exigences légales et réglementaires. N'ayant pas procédé à cet examen circonstancié, elle a violé le droit fédéral. 7. a) Lorsqu'il constate une violation, le Tribunal fédéral peut soit statuer lui-même sur le fond, soit renvoyer la cause à l'autorité intimée pour nouvelle décision dans le sens des considérants ( art. 114 al. 2 OJ ). Il s'abstient de se prononcer lui-même sur le fond lorsque l'autorité de première instance dispose d'un certain pouvoir d'appréciation ( ATF 115 Ib 357 ). b) En l'espèce, il ne fait pas de doute qu'avec ses quatre éducateurs formés au sens de l'art. 5 al. 1 et al. 2 let. a OPPM et ses dix pensionnaires, le "Nid de l'Aube Claire" est une institution qui satisfait aux exigences de l' art. 3 let . d et e OPPM, comme aussi aux autres exigences légales et réglementaires. Il importe peu, par ailleurs, que, par souci de ne pas briser des fratries, un ou deux enfants de moins de 7 ans aient été acceptés dans l'institution; selon le système en vigueur, leurs journées de séjour ne seront de BGE 117 Ib 225 S. 236 toute manière pas prises en compte dans le calcul des subventions et leur présence ne modifie pas la constatation selon laquelle le foyer respecte les conditions posées à une reconnaissance. Cela étant, il faut cependant constater que le "Nid de l'Aube Claire" ne dispose pas d'un concept individualisé de prise en charge de ses pensionnaires, mais uniquement du concept global développé pour tous les foyers de même type par l'Association. Bien que cette lacune ne justifie pas le refus des subventions, on doit se demander s'il ne faudrait pas astreindre le foyer à présenter un concept pédago-thérapeuthique individualisé avant le versement de l'aide fédérale. Sur cette question, le Département fédéral de justice et police dispose toutefois en vertu de l' art. 10 OPPM d'un pouvoir d'appréciation que tient à respecter le Tribunal fédéral. Il convient donc de renvoyer la cause à l'autorité intimée pour qu'elle procède à la reconnaissance tout en lui laissant le soin de fixer les éventuelles charges ou conditions qui pourraient s'avérer nécessaires. c) L'étude du dossier montre que le "Nid du Pont" ne peut pas bénéficier des subventions fédérales. En effet, sur les trois personnes fonctionnant dans l'encadrement du foyer, une seule dispose d'une formation complète au sens de l'art. 5 al. 1 et al. 2 let. a OPPM. Ne satisfaisant pas à l'exigence de l' art. 3 let . e OPPM relative à l'effectif minimal d'une maison d'éducation, le foyer en cause ne peut pas espérer obtenir une reconnaissance en tant que maison d'éducation ayant droit aux subventions fédérales d'exploitation. d) Restent les cinq autres foyers. Dans ces cas, il apparaît que chaque "Nid" dispose de trois personnes pour l'encadrement, dont deux sont formées conformément à l'art. 5 al. 1 et al. 2 let. a OPPM. Si la proportion de l' art. 3 al. 1 let . d est ainsi atteinte, il n'est pas sûr que l'effectif puisse être jugé correspondant à la gravité des difficultés des pensionnaires au sens de l' art. 3 let . e OPPM. Certes, l'effectif minimum de deux postes et demi dont deux d'éducateurs peut être tenu pour satisfait compte tenu de la participation du couple directeur dans l'éducation. En revanche, la question se pose de savoir si les trois postes disponibles (deux éducateurs et une personne non spécialisée) sont suffisants pour s'occuper d'un effectif de dix pensionnaires. Il ne faut pas perdre de vue en effet que, selon les explications de l'autorité intimée, l'effectif minimum de deux postes et demi mentionné précédemment - et en principe respecté par les cinq "Nids" restants - a été calculé pour sept pensionnaires. BGE 117 Ib 225 S. 237 La correspondance de l'effectif en personnel avec la gravité des difficultés des pensionnaires au sens de l' art. 3 al. 1 let . e OPPM constitue une notion juridique indéterminée. Selon la jurisprudence, le Tribunal fédéral reconnaît, dans l'application de telles notions, un certain pouvoir d'appréciation aux autorités administratives et s'astreint à une retenue lorsque le Département prend une décision dans un domaine technique en s'appuyant sur des rapports d'experts ( ATF 115 Ib 315 /316 et les références). Ayant à annuler les décisions attaquées pour les motifs mentionnés précédemment, il ne se justifie pas que le Tribunal fédéral substitue en outre sa propre appréciation à celle de l'autorité intimée - qui dispose de spécialistes (arrêt non publié du 24 août 1990, déjà cité, consid. 2c) - sur l'interprétation à donner dans les cas particuliers à la notion juridique indéterminée. Il convient de laisser aux experts le soin de définir si les trois postes disponibles permettent effectivement de répondre aux besoins des dix pensionnaires prévus dans chaque foyer; cette appréciation ne résulte pas d'une application aveugle et mathématique du minimum de deux postes et demi pour sept pensionnaires transposé à trois postes pour dix enfants. Il incombe à l'autorité intimée de prendre sa décision en se fondant, d'une part, sur un rapport circonstancié des experts fédéraux et, d'autre part, sur l'avis de l'autorité cantonale compétente qui connaît le mieux la situation prévalant dans chaque foyer. Sous ces conditions, qui garantissent une mise en oeuvre de l' art. 3 let . e OPPM conforme aux principes admis en sociologie, les causes peuvent être renvoyées au Département fédéral de justice et police pour nouvelles décisions dans le sens des considérants.
public_law
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
b56a1355-87cc-4b98-a7d5-37ff4bcde528
Urteilskopf 106 Ia 126 24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Mai 1980 i.S. Studer gegen Regierungsrat des Kantons Uri (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; Bewilligung zur gewerbsmässigen Vertretung von Gläubigern ( Art. 27 SchkG ). Es verstösst gegen Art. 31 BV , wenn für die Bewilligung zur gewerbsmässigen Vertretung von Gläubigern verlangt wird, dass der Gesuchsteller Wohnsitz im Kanton habe.
Sachverhalt ab Seite 127 BGE 106 Ia 126 S. 127 Das urnerische Einführungsgesetz zum SchKG vom 3. Mai 1891 (EGzSchKG) enthält in Art. 15 folgende Vorschriften: "Zur gewerbsmässigen Vertretung der Gläubiger ist die Patentierung als Geschäftsagent erforderlich. Das Patent wird vom Regierungsrate gegen eine einmalige Staatsgebühr von Fr. 100.-- erteilt. Es dürfen nur solche Personen patentiert werden, die verfassungsgemäss wählbar, persönlich ehrenhaft und zuverlässig, sowie mit der einschlägigen Gesetzgebung vertraut sind." Gemäss Art. 21 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Uri vom 6. Mai 1888 (KV) ist stimmberechtigt, ungeachtet des Geschlechts, jeder 20jährige, im Kanton sesshafte Kantons- und Schweizerbürger, letzterer jedoch erst nach Ablauf einer dreimonatigen Frist vom Tage der gesetzlich vollzogenen Niederlassung an. Gemäss Art. 24 Abs. 1 KV ist wahlfähig jeder Stimmberechtigte, ausgenommen die nicht rehabilitierten Konkursiten und ausgepfändeten Schuldner. Am 21. August 1978 stellte Heinz Studer, Bücherexperte, Bern, bei der Justizdirektion Uri das Gesuch um Erteilung der Bewilligung zur gewerbsmässigen Vertretung von Gläubigern im Kanton Uri. Mit Beschluss vom 16. Juli 1979 lehnte der Regierungsrat das Gesuch ab, im wesentlichen mit der Begründung, dass Studer nicht im Kanton Uri Wohnsitz habe und daher nicht "verfassungsgemäss wählbar" sei, wie Art. 15 Abs. 3 EGzSchKG dies als Voraussetzung für die Erteilung der nachgesuchten Bewilligung verlange. Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 27 Abs. 1 SchKG können die Kantone die gewerbsmässige Vertretung der Gläubiger organisieren. Insbesondere können sie die Ausübung dieses Berufes von dem Nachweis persönlicher Tauglichkeit und Ehrenhaftigkeit und BGE 106 Ia 126 S. 128 von einer Sicherheitsleistung abhängig machen und die Gebühren für die einschlägigen Verrichtungen festsetzen. Damit ist durch Bundesgesetz und demnach in für das Bundesgericht verbindlicher Weise ( Art. 113 Abs. 3 BV ) festgelegt, dass die Kantone befugt sind, den Betrieb einer Geschäftsagentur der Bewilligungspflicht zu unterstellen und vom Besitz eines Fähigkeitsausweises abhängig zu machen. Wie das Bundesgericht in BGE 95 I 332 E. 3 dargelegt hat, will Art. 27 Abs. 1 SchKG die Kantone indes nicht ermächtigen, bei der Ausgestaltung der entsprechenden Massnahmen von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen. Hinsichtlich der Anforderungen, die für die Erlangung der Bewilligung zum Betrieb einer Geschäftsagentur aufgestellt werden können, sind deshalb die Grundsätze zu beachten, die sich aus Art. 31 BV ergeben. Die kantonalen Beschränkungen müssen demnach auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und dürfen nicht über das hinaus gehen was erforderlich ist zur Erreichung des polizeilichen oder sozialpolitischen Zwecks, durch den sie gedeckt sind ( BGE 103 Ia 596 E. 1a mit Hinweisen). b) Die Bewilligungspflicht, welche die Kantone aufgrund von Art. 27 SchKG einführen können, ist zum Schutze der Gläubiger und Schuldner bestimmt, die für das Verfahren vor den Betreibungsbehörden die Dienste eines gewerbsmässigen Vertreters in Anspruch nehmen wollen. Sie soll verhindern, dass sich Gläubiger oder Schuldner Personen anvertrauen, die vertrauensunwürdig sind oder die nicht über die Kenntnisse verfügen, die zur gehörigen Interessenwahrung nötig sind. Für die Erreichung dieser Zielsetzung ist nicht erforderlich, dass der gewerbsmässige Vertreter im Kanton Wohnsitz habe, in dem er als Vertreter eines Gläubigers oder Schuldners tätig werden will. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein Wohnsitzerfordernis für Erwerbstätigkeiten, die unter dem Schutz von Art. 31 BV stehen, nur statuiert werden, wenn es aufgrund besonderer Umstände als unabdingbar erscheint. Derartige Umstände wurden namentlich für Rechtsanwälte ( BGE 80 I 152 ; BGE 65 I 6 ), Ärzte ( BGE 67 I 198 ), Zahnärzte ( BGE 83 I 254 ), Chiropraktoren ( BGE 80 I 15 ), Installateure ( BGE 88 I 68 ), Hersteller von Grabmälern ( BGE 80 I 127 ) und Taxichauffeure ( BGE 99 Ia 394 ), aber auch für Geschäftsagenten ( BGE 71 I 254 ) verneint. Die Kantone haben zwar ein gerechtfertigtes Interesse daran, die Tätigkeit dieser Personen zu BGE 106 Ia 126 S. 129 regeln und zu überwachen, doch vermag das ein Wohnsitzerfordernis nicht zu begründen. Eine entsprechende Überwachung ist ohne weiteres möglich durch die Kontrolle der im Kanton selber ausgeübten Tätigkeit. Soweit für die Beurteilung der Fähigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Bewilligungsinhabers auch die ausserkantonale Tätigkeit von Bedeutung ist, so vermag sich der Bewilligungskanton darüber ohne weiteres ins Bild zu setzen, sei es durch Auflagen, die dem Bewilligungsinhaber gemacht werden, sei es gegebenenfalls auf dem Weg der interkantonalen Rechtshilfe. Die Auffassung, dass ein Wohnsitzerfordernis in der Regel eine unverhältnismässige Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit darstellt, wird nicht nur in der Rechtsprechung vertreten, sondern auch von der herrschenden Lehre geteilt (vgl. AUBERT, Droit constitutionnel suisse, Bd. II, Nr. 1891; SALADIN, Grundrechte im Wandel, 2. Aufl., S. 217, 222; MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit der schweizerischen Bundesverfassung, S. 105, 54 ff.; HOTZ, Zur Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit von Grundrechtseingriffen, Diss. Zürich 1977, S. 97, 112; SCHÜRMANN, Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 50). 3. Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht schon in BGE 71 I 255 entschieden, dass ein Wohnsitzerfordernis als Voraussetzung für die Betätigung als Geschäftsagent unverhältnismässig sei und gegen Art. 31 BV verstosse. Soweit jener Entscheid auf Art. 31 BV Bezug nahm, befasste er sich freilich nur mit jener von Geschäftsagenten häufig ausgeübten Tätigkeit, die nicht unter Art. 27 Abs. 1 SchKG fällt und die Beratung und nicht gerichtliche Vertretung von Privaten bei Rechtsgeschäften oder in sonstigen, rechtliche Interessen berührenden Angelegenheiten umfasst. Hinsichtlich der gewerbsmässigen Vertretung der Gläubiger vor den Betreibungsbehörden nahm das Bundesgericht in seiner damaligen Rechtsprechung nämlich an, dass Art. 27 SchKG den Kantonen verwehre, die Tätigkeit von Geschäftsagenten mit ausserkantonalem Wohnsitz zu regeln, und zwar selbst dann, wenn diese innerkantonal tätig wurden und Gläubiger mit Wohnsitz im Kanton vertraten ( BGE 52 III 107 ; vgl. auch BGE 53 I 397 ). Das Bundesgericht gab diese Auslegung von Art. 27 SchKG in der Folge auf ( BGE 92 III 49 ; vgl. auch BGE 95 I 332 ; BGE 103 Ia 49 ). Das heisst aber nicht, dass die Kantone die Bewilligung der unter Art. 27 SchKG fallenden Tätigkeit nunmehr an die Bedingung knüpfen könnten, BGE 106 Ia 126 S. 130 dass der betreffende Geschäftsagent im Kanton Wohnsitz habe. Vielmehr gelten auch in bezug auf diese Tätigkeit die in BGE 71 I 255 angestellten Erwägungen, dass ein Wohnsitzerfordernis unverhältnismässig ist und gegen Art. 31 BV verstösst. Insoweit ist jener Entscheid durch die spätere Änderung der Rechtsprechung nicht berührt worden.
public_law
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
b56ebb0e-d8a8-4fe0-bdef-b08040b867b9
Urteilskopf 106 II 166 32. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Juli 1980 i.S. Transplan AG gegen Jürg Elmiger (Berufung)
Regeste Art. 18 BMM . Die Begründungspflicht gemäss Art. 18 Abs. 1 BMM ist Teil der Willenserklärung auf Mietzinserhöhung, und der Vermieter muss sie so gegen sich gelten lassen, wie der Mieter sie in guten Treuen verstehen kann.
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 106 II 166 S. 166 A.- Jürg Elmiger ist seit 1. August 1972 Mieter einer Wohnung im Hause der Transplan AG an der Buchzelgstrasse 64 in Zürich. Der Nettomietzins betrug vorerst Fr. 563.-- pro Monat und wurde per 1. Oktober 1973 infolge Anpassung an die ortsüblichen Mietzinse inkl. Kostensteigerung auf Fr. 608.-- erhöht. Auf den 1. Oktober 1974 wurde der monatliche Zins wegen Erhöhung der Hypothekarzinsen, Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals und Betriebskostensteigerung auf Fr. 675.-- und per 1. Oktober 1975 mit der Begründung "Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals, Betriebs- und Unterhaltskostensteigerung, Erzielung eines angemessenen Ertrags" auf Fr. 705.-- hinaufgesetzt. B.- Im September 1978 gelangte der Mieter an die Schlichtungsstelle, da er den Mietzins infolge gesunkener Hypothekarzinsen BGE 106 II 166 S. 167 als übersetzt betrachtete. Weil es nicht zu einer Einigung kam, beantragte er beim Mietgericht des Bezirkes Zürich eine Herabsetzung des Mietzinses. Dieses hiess in Anwendung von Art. 19 BMM die Klage gut und reduzierte den zulässigen Nettomietzins für die vom Kläger gemietete Wohnung ab 1. Oktober 1978 auf Fr. 615.-- monatlich. Auf Rekurs der Beklagten bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 31. Januar 1980 das erstinstanzliche Urteil. Die von der Beklagten erhobene Berufung weist das Bundesgericht ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hält fest, die Beklagte sei mit der Mietzinserhöhung per 1. Oktober 1975 auf einen angemessenen Ertrag gekommen. Da seither die Hypothekarzinsen von 6 auf 4 1/2% gesunken seien, was einer Kostenersparnis von 20% entspreche, sei der bisherige Ertrag unangemessen. Dem stünden allerdings Kostensteigerungen im Ausmass von fünf Mietprozenten gegenüber, so dass die Mietzinsreduktion von Fr. 90.-- im Monat angebracht sei. Streitig ist weder die festgestellte Hypothekarzinssenkung noch die Kostensteigerung seit der letzten Mietzinserhöhung, sondern allein, ob die Vorinstanz den per 1. Oktober 1975 auf Fr. 705.-- erhöhten Mietzins als angemessenen Ertrag ihrem Entscheid zugrunde legen durfte oder ob sie, wie die Beklagte meint, durch Überprüfung der Berechnungsfaktoren auf zehn Jahre zurück den per 1. Oktober 1978 angemessenen Ertrag hätte ermitteln müssen. Mit der Berufung wird darüber Beweisabnahme, insbesondere durch Expertise, verlangt. 3. Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, dass auch in einem solchen Herabsetzungsverfahren die Art. 14 und 15 BMM anwendbar sind und dass dem Reduktionsanspruch des Mieters die vom Vermieter geltendgemachten und belegten Erhöhungsgründe verrechnungsweise entgegenzuhalten sind. Dabei übernimmt sie die von GMÜR/CAVIEZEL (Mietrecht-Mieterschutz, 2. Aufl., 1979, S. 99) vertretene Ansicht, dass der Mieter sich nach Art. 19 BMM nur auf Änderungen der Bemessungsgrundlage seit der letzten Mietzinsfestsetzung berufen könne, was auch für die verrechneten Kostensteigerungen des Vermieters gelte. Die Vorinstanz gesteht diesem ferner den BGE 106 II 166 S. 168 Nachweis zu, dass er früher die Erhöhungsmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft habe, der Mietzins also trotz Kostensenkungen nicht übersetzt sei. Entsprechend beschränkt sie sich nicht auf die Prüfung der Kostenentwicklung seit dem 1. Oktober 1975, sondern bezieht die Angemessenheit des erzielten Ertrags in die Prüfung ein. 4. Das Obergericht behaftet die Beklagte dabei, dass sie die Mietzinserhöhung auf den 1. Oktober 1975 u.a. mit "Erzielung eines angemessenen Ertrages" begründete. Die Begründungspflicht des Vermieters solle dem Mieter ermöglichen, die Berechtigung der Mietzinserhöhung zu überprüfen und sich über die Anfechtung schlüssig zu werden. Bei Annahme der Erhöhung werde die Begründung Vertragsinhalt und bedürfe der Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz. So betrachtet könne die betreffende Begründung nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte mit der Erhöhung auf einen angemessenen Ertrag komme, zumal sie angesichts der früheren Erhöhung mit den übrigen Argumenten kaum durchgedrungen wäre. a) Nach Meinung der Beklagten kann die stichwortartige Begründung im vorgeschriebenen Formular nicht in dieser Weise verstanden werden. Sie habe damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie bis an die Grenze des unangemessenen Ertrags gehen wolle. Diese Begründung sei überhaupt keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die einer Auslegung zugänglich wäre. Letzteres geht ebenso wie die Berufung auf BGE 95 II 247 von vornherein fehl. Die Begründungspflicht gemäss Art. 18 Abs. 1 BMM ist Teil der Willenserklärung auf Mietzinserhöhung, und der Vermieter muss sie so gegen sich gelten lassen, wie der Mieter sie in guten Treuen verstehen kann. Das frei nachzuprüfen steht dem Bundesgericht im Berufungsverfahren zu ( BGE 99 II 285 E. 2, BGE 96 II 33 mit Hinweisen). Die Überprüfung kann indes nur zum gleichen Resultat führen, zu dem auch die Vorinstanz gelangt ist. Der Kläger durfte davon ausgehen, dass mit der auf den 1. Oktober 1975 akzeptierten Mietzinserhöhung ein angemessener Ertrag erreicht sei. b) Zu Unrecht spricht die Beklagte einem Mieter das schutzwürdige Interesse daran ab zu erfahren, ob der Vermieter das Maximum oder nur einen Teil dessen fordere, was der Mieter zur Zeit hinnehmen müsse. Ein solches Interesse besteht in BGE 106 II 166 S. 169 einem gewissen Umfang schon in bezug auf allfällige weitere Erhöhungen. Es liegt aber - wie der vorliegende Fall deutlich macht - gerade im Hinblick auf ein späteres Herabsetzungsbegehren auf der Hand. Für dieses ist nach Art. 19 BMM eine Veränderung der Berechnungsgrundlagen erforderlich, weshalb ein Vergleich mit der letzten Mietzinsfestsetzung unerlässlich ist. Wird dem Vermieter überdies das Recht zugestanden, bei diesem Anlass Kompensation mit früher nicht voll ausgeschöpften Erhöhungsmöglichkeiten geltend zu machen, wie das die Beklagte für sich beansprucht, so ist der Mieter schon bei Erhöhungen daran interessiert zu erfahren, ob solche stillen Reserven bestehen. Einzuräumen ist freilich, dass dem Mieter mit einer vorgedruckten, formelhaften Begründung, die gleichzeitig Kaufkraftsicherung des risikotragenden Kapitals, Betriebs- und Unterhaltskostensteigerung und Erzielung eines angemessenen Ertrages nennt und keinerlei konkrete Angaben macht, herzlich wenig gedient ist. Dies entspricht kaum dem Sinn der Begründungspflicht, die dem Mieter den Entscheid über die Anfechtung ermöglichen soll (BBl. 1972 I S. 1243 zu Art. 18 BMM ). Das ändert jedoch nichts daran, dass die Beklagte sich bei ihren Formeln behaften lassen muss, wie sie in guten Treuen verstanden werden dürfen. c) Bei dieser Rechtslage ist die Feststellung der Vorinstanz nicht zu beanstanden, dass ein monatlicher Mietzins von Fr. 705.-- per 1. Oktober 1975 einen angemessenen Ertrag ergab und dieser seither unter Berücksichtigung der beträchtlichen Senkung des Hypothekarzinses unangemessen wurde. Das muss zur Bestätigung des angefochtenen Urteils führen, ohne dass zu prüfen wäre, ob die Beklagte per 1. Oktober 1975 alle Erhöhungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatte. Unter diesen Umständen kann auch offenbleiben, ob die Beklagte, wenn sie bei der 1975 gegebenen Begründung nicht oder nicht im genannten Sinn behaftet werden könnte, mit dem Nachweis eines angemessenen Ertrages der Anpassung an die veränderten Berechnungsgrundlagen zu entgehen vermöchte.
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Urteilskopf 106 II 71 15. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Januar 1980 i.S. Jobst gegen Hardy Löhrer KG (Berufung)
Regeste Urheberrecht, Art. 1 URG . 1. Voraussetzungen des Urheberrechtsschutzes für die rohen Köpfe von gewerblich hergestellten Kasperlifiguren (E. 2a). 2. Verneinung des Schutzes für die Köpfe und die Negativformen, mit deren Hilfe sie hergestellt werden (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 106 II 71 S. 71 Erica Jobst verkaufte am 29. Januar 1971 die "ERI-Werkstätte" in Lörrach, die 1956 zur serienmässigen Herstellung von Kasperlifiguren gegründet wurde, mit allen Aktiven und Passiven an Hardy Löhrer. Der Kauf erfasste auch die Rechte, den Namen "ERI" für die neue Firma und deren Produkte zu BGE 106 II 71 S. 72 verwenden und das Know-how sowie die Fabrikationskapazität voll zu nutzen. Am 30./31. März 1971 schlossen Frau Jobst und Löhrer einen Lizenzvertrag, der wie der Kaufvertrag ab 1. Januar 1971 gelten sollte. Damit übertrug Erica Jobst dem Lizenznehmer weltweit die ausschliesslichen Rechte für Fabrikation und Vertrieb der "ERI-Handpuppen" sowie der "ERI-Künstler- und Hampelfiguren"; für letztere nahm sie das Gebiet der Schweiz aus. Neue von der Lizenzgeberin entworfene Figuren sollten automatisch unter den Vertrag fallen. Löhrer verpflichtete sich, eine Lizenzgebühr von 5% des Netto-Grosshandelsumsatzes zu bezahlen. Frau Jobst kündigte den Lizenzvertrag am 15. August 1977, weil der Umsatz seit 1973 ständig und wegen Verschulden Löhrers zurückgegangen sei. Im Januar 1979 klagte Erica Jobst beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die Hardy Löhrer KG mit dem Begehren, es sei der Beklagten zu verbieten, mit den von ihr entworfenen Negativformen Puppenköpfe herzustellen und diese zu verkaufen, feilzuhalten oder sonstwie in Verkehr zu bringen, oder die Negativformen zu bearbeiten und davon Puppenköpfe herzustellen und diese zu verkaufen, feilzuhalten oder in Verkehr zu bringen. Der Appellationshof wies die Klage am 16. Mai 1979 ab, weil die Klägerin mit dem Kaufvertrag auch sämtliche ihr zustehenden Urheberrechte an den Puppenköpfen und Negativformen auf den Käufer übertragen habe. Gegenstand des Lizenzvertrages sei nach dem Willen der Parteien nur die Abgeltung des im Kaufpreis nicht enthaltenen Geschäftswertes (Goodwill) gewesen. Er erachtete zudem Rohlinge und Negativformen nicht als Kunstwerke im Sinne von Art. 1 URG . Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen worden ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat in ihrer Eventualerwägung den Rohlingen und Negativformen - nur diese liegen gemäss den Klagebegehren im Streit - den urheberrechtlichen Schutz versagt, weil sie keine Kunstwerke im Sinne von Art. 1 URG seien. Nach Auffassung der Klägerin hat sie damit Bundesrecht verletzt. BGE 106 II 71 S. 73 a) Das als Vorbild für die gewerbliche Herstellung eines Gegenstandes dienende Muster oder Modell fällt grundsätzlich unter das MMG; Urheberrechtsschutz wird ihm nur ausnahmsweise, nämlich dann gewährt, wenn es sich wirklich zum Kunstwerk im Sinne des URG erhebt ( BGE 75 II 358 ). Ein Kunstwerk liegt vor, wenn sich die Gestaltung des Gegenstandes als eigenartige Geistesschöpfung von individuellem Gepräge darstellt, diese Gestaltung der Ausdruck einer neuen, originellen geistigen Idee oder die Verkörperung eines Gedankens ist, für die es einer individuellen geistigen Idee bedurfte ( BGE 101 II 105 E. 2b mit Hinweisen, BGE 75 II 359 /60 mit Hinweisen). Blosse handwerkliche Leistungen, die lediglich bekannte Formen oder Linien verbinden oder abwandeln, erhalten keinen Urheberrechtsschutz ( BGE 100 II 172 mit Hinweisen). Der ästhetische Wert und die Bedeutung des Werkes sind nicht zu berücksichtigen ( BGE 75 II 360 mit Hinweisen), an die Originalität keine grossen Anforderungen zu stellen ( BGE 100 II 172 ), aber insgesamt doch ein höherer Grad von Individualität oder Originalität und eigenpersönlicher Prägung zu verlangen als beim Muster und Modell ( BGE 75 II 360 E. 2a; TROLLER, Immaterialgüterrecht, 2. Auflage, Bd. I, S. 449). b) Der Appellationshof hat den Figuren der Klägerin die Originalität abgesprochen, weil deren charakteristische Züge durch vorbekannte Merkmale geprägt seien, die den Erwartungen der Abnehmer entsprächen und deshalb von anderen Herstellern ebenfalls berücksichtigt würden. Da dies für die fertigen Figuren gelte, treffe es um so mehr auf die noch weniger individualisierten Rohlinge und die Negativformen zu. Auch die Klägerin anerkennt, dass bestimmte allgemeine Vorstellungen über einen Figurentyp bestehen, an die sie sich bei der konkreten Formgebung gehalten hat. In dem von ihr vorgelegten Gutachten wird ausgeführt, das Gesicht der Zaubererfigur passe "ganz genau zu einem Zauberer und nicht zu einem Doktor oder gar zu einer Krankenschwester". Die einzelnen Figurentypen erhalten ihre Charakterisierung jedoch vornehmlich durch Bemalung und Ausstattung. Gerade das muss aber ausser Betracht bleiben, da die Klägerin allein für die rohen Kopf- und Negativformen Urheberrechtsschutz beansprucht. Soweit der Gutachter der Klägerin die fertigen Figuren, insbesondere unter Einbezug ihrer Bemalung und der Dekors würdigt, was vorwiegend der Fall ist, erscheint das BGE 106 II 71 S. 74 Gutachten deshalb im vornherein nicht als schlüssig. Es dürfen zudem nicht die verschiedene Spieltypen darstellenden Figuren miteinander verglichen werden, wie es das Gutachten tut, sondern zu fragen ist, ob bestimmte von der Klägerin entworfene Spielfigurentypen sich von gleichartigen anderer Hersteller rechtsgenüglich unterscheiden. Aufgrund der rohen Kopfform und nach dem Gesamteindruck beurteilt offenbaren diese zur Hauptsache eine Kombination von wiederum gängigen, für bestimmte Charakteren allgemein als typisch erachtete Gesichtsmerkmale. Eine ausgeprägte, mühelos erkennbare Eigenwilligkeit fehlt diesen rohen Kopfformen. Nur bei einem detaillierten Nebeneinandervergleich würden Einzelheiten auffallen, durch die sie sich von Kopfformen anderer Hersteller allenfalls unterscheiden. Nicht darauf aber kommt es an, sondern entscheidend ist, ob sich die Einzelheiten zu einer von Figurenköpfen anderer Hersteller merkbar unterschiedlichen Einheit zusammenfügen (TROLLER, a.a.O., S. 490; KUMMER, Das urheberrechtlich schützbare Werk, S. 43), was zu verneinen ist. Erheblich ist die Verschiedenheit nur, sofern sie handgreifliche Züge aufweist, mühelos erkennbar ist; Individualität bringen nicht bereits kleinste Abweichungen in Einzelheiten hervor. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten erschöpft sich insoweit in einer Hervorhebung einzelner Feinheiten bestimmter Figurentypen, was aber nicht wegleitend sein kann, wenn der durch bestehende Vorstellungen, eigentliche Klischees und die Erwartungshaltung des Marktes weitgehend vorbestimmte Gesamteindruck, den die fertigen Figuren machen sollen und in aller Regel auch machen, dadurch im Verhältnis zu gleichwertigen Figuren anderer Hersteller nicht entscheidend verändert wird. Gehen die von der Klägerin entworfenen rohen Kopf- sowie Negativformen bei einer Gesamtbetrachtung über eine blosse Typisierung nicht mühelos erkennbar hinaus, so sind sie urheberrechtlich nicht schützbar (KUMMER, a.a.O., S. 60). Dies gilt um so mehr, als nach der angeführten Rechtsprechung an die Originalität oder Individualität der rohen Puppenköpfe, die als Vorbild für die gewerbliche Herstellung von Gegenständen dienen, erhöhte Anforderungen zu stellen sind.
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Urteilskopf 137 I 145 15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Steueramt der Stadt Luzern und Dienststelle Steuern des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_571/2010 vom 21. Dezember 2010
Regeste Art. 127 Abs. 2 und 3 BV ; Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Schlechterstellungsverbot; Erfassung des von einer ausserkantonalen Liegenschaftenhändlerin (juristische Person) durch Veräusserung eines Grundstücks erzielten Gewinns mit der Grundstückgewinnsteuer durch den Liegenschaftskanton. Darstellung der bisherigen Praxis: Die Erfassung von Gewinnen von Liegenschaftenhändlern mit der Grundstückgewinnsteuer verstösst nicht gegen Doppelbesteuerungsverbot, wenn im Kanton lediglich eine Steuerpflicht aus Grundeigentum besteht (E. 4.1). Stärkere Gewichtung des Schlechterstellungsverbots bzw. des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Besteuerung von Liegenschaften im interkantonalen Verhältnis in der neueren Rechtsprechung (E. 4.2). Die unterschiedliche Grundstückgewinnbesteuerung des Liegenschaftenhandels von ausserkantonalen juristischen Personen im Vergleich zu den im Kanton ansässigen juristischen Personen, welche im Kanton Luzern zu einer erheblichen Mehrbelastung führt, ist unzulässig (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 137 I 145 S. 146 A. Die X. SA ist eine Immobiliengesellschaft mit Sitz in A./SZ. Sie veräusserte mit Vertrag vom 17. April 2008 ein in der Stadt Luzern gelegenes Grundstück zum Preis von Fr. 8'800'000.- an eine in Luxemburg domizilierte Gesellschaft. Mit Veranlagungsentscheid vom 9. September 2008 des Regionalen Steueramts der Stadt Luzern wurde die X. SA bei einem steuerbaren Grundstückgewinn von Fr. 250'261.- zur Leistung einer Grundstückgewinnsteuer in der Höhe von Fr. 77'439.- verpflichtet. Die Gesellschaft beantragte im Einspracheverfahren erfolglos die Besteuerung des Gewinns aus dem Liegenschaftenverkauf mit der ordentlichen Gewinnsteuer 2008. Eine gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, mit Urteil vom 14. Juni 2010 ab. B. Mit Eingabe vom 3. Juli 2010 erhebt die X. SA Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 14. Juni 2010 sowie der Steuerveranlagung des Regionalen Steueramts Luzern vom 9. September 2008. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten ist und weist die Angelegenheit zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an das Regionale Steueramt zurück. (Zusammenfassung) BGE 137 I 145 S. 147 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Im Bereich der Steuern wird das Gebot der rechtsgleichen Behandlung gemäss Art. 8 Abs. 1 BV insbesondere durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert ( Art. 127 Abs. 2 BV ). Der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung verlangt, dass alle Personen oder Personengruppen nach denselben gesetzlichen Regeln erfasst werden; Ausnahmen, für die kein sachlicher Grund besteht, sind unzulässig. Andererseits verbietet der Grundsatz, einer kleinen Gruppe von Steuerpflichtigen im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich grössere Lasten aufzuerlegen. Nach dem Grundsatz der Gleichmässigkeit der Besteuerung sind Personen, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, in derselben Weise mit Steuern zu belasten und müssen wesentliche Ungleichheiten in den tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechend unterschiedlichen Steuerbe-lastungen führen. Schliesslich besagt das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dass die Steuerpflichtigen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit an die Steuerlasten beizutragen haben ( BGE 133 I 206 E. 6.1 S. 215 f. mit Hinweisen). Das schliesst auch aus, dass Steuerpflichtige für kantonsübergreifende Sachverhalte ungleich oder mehrfach belastet werden (sog. Doppelbesteuerung; vgl. Art. 127 Abs. 3 BV ). 2.2 Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten, weil sie nicht im vollen Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot, vgl. BGE 134 I 303 E. 2.1 S. 306 f.; BGE 132 I 29 E. 2.1 S. 31 f.; BGE 131 I 249 E. 3.1 S. 253; je mit Hinweisen). Diese allgemeine Regel hat aber gegebenenfalls zurückzutreten vor dem besonderen Grundsatz, wonach das Grundeigentum dem Kanton, in dem es gelegen ist, zur ausschliesslichen BGE 137 I 145 S. 148 Besteuerung vorbehalten ist ( BGE 131 I 249 E. 3.1 S. 253; BGE 116 Ia 127 E. 2b S. 130; BGE 111 Ia 220 E. 2a S. 224). 2.3 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Schlechterstellungsverbots ( Art. 127 Abs. 3 BV ) sowie des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ( Art. 127 Abs. 2 BV ), weil der Kanton Luzern Grundstückgewinne auf Geschäftsvermögen nur dann der Grundstückgewinnsteuer (und nicht der ordentlichen Einkommens- oder Gewinnsteuer) unterstelle, wenn im Kanton lediglich eine Steuerpflicht aus Grundeigentum bestehe. Daraus resultiere für die Beschwerdeführerin eine erhebliche Mehrbelastung (Fr. 77'439.- anstatt Fr. 40'236.-), welche einzig dadurch begründet sei, dass ihr Sitz ausserhalb des Kantons Luzern liege. Im Ergebnis werde damit eine juristische Person mit ausserkantonalem Sitz stärker belastet als eine solche mit Sitz im Kanton Luzern. Sie macht geltend, das Bundesgericht habe seit 2001 in konstanter Rechtsprechung "sämtliche Nachteile alleine durch eine Teilung von Sitzkanton und Besteuerungskanton aufgehoben". Zudem werde neuerdings der verfassungsmässige Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stärker betont. Die Vorinstanz verweist demgegenüber auf die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach es nicht gegen das Doppelbesteuerungsverbot verstosse, wenn ein Liegenschaftskanton die von ausserkantonalen Liegenschaftenhändlern erzielten Veräusserungsgewinne wie private Kapitalgewinne einer Grundstückgewinnsteuer unterwerfe. Eine solche unterschiedliche Besteuerung von ausserkantonalen Liegenschaftenhändlern gegenüber solchen mit Wohnsitz (oder Betriebsstätte) im Kanton habe das Bundesgericht letztmals mit Urteil 2P.173/2001 vom 26. Februar 2002 bestätigt. 3. 3.1 Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen Gewinne, die sich bei der Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie Anteilen daran ergeben, soweit der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt ( Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14] ). Die Besteuerung der Grundstückgewinne erfolgt in den Kantonen nicht einheitlich: Entweder werden diese Gewinne alle mit einer besonderen Wertzuwachs- oder Grundstückgewinnsteuer erfasst (als Objektsteuer); dabei wird nicht BGE 137 I 145 S. 149 unterschieden, ob das veräusserte Grundstück dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen des Veräusserers zugehört (sog. monistisches oder Zürcher System). Oder dann unterliegen nur Grundstückgewinne des Privatvermögens dieser Steuer und solche des Geschäftsvermögens werden der ordentlichen Einkommens- oder Gewinnsteuer unterstellt (als Subjektsteuer; sog. dualistisches oder St. Galler System). Das Steuerharmonisierungsgesetz folgt in seinem Grundsatz dem dualistischen System, es erlaubt aber auch, dass nach dem monistischen System geschäftliche und private Grundstückgewinne einer Grundstückgewinnsteuer unterworfen werden ( Art. 12 Abs. 4 StHG ; vgl. BGE 131 II 722 E. 2.1 S. 723 mit Hinweisen). 3.2 Gemäss § 1 Abs. 1 und 2 des Gesetzes (des Kantons Luzern) vom 31. Oktober 1961 über die Grundstückgewinnsteuer (GGStG; SRL 647) lautet die entsprechende Regelung (unter der Marginalie "Gegenstand der Steuer") wie folgt: " 1 Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen Gewinne aus Veräusserung von Grundstücken oder von Anteilen an solchen; ausgenommen sind Gewinne aus Veräusserung von Geschäftsvermögen, die der Einkommens- oder Gewinnsteuer unterliegen. 2 Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen ferner: 1. [...] 2. Gewinne aus dem Handel mit Grundstücken, wenn im Kanton lediglich eine Steuerpflicht aus Grundeigentum besteht." Der Kanton Luzern folgt damit im Grundsatz dem dualistischen System der Grundstückgewinnbesteuerung. Allerdings erfasst die Bestimmung von § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG auch Gewinne aus dem Handel mit Grundstücken des Geschäftsvermögens von natürlichen und juristischen Personen, die nur aufgrund ihres Immobilienbesitzes im Kanton Luzern steuerpflichtig sind ("ausserkantonaler Liegenschaftenhandel"), mit der Grundstückgewinnsteuer. Es ist unbestritten, dass diese systemwidrige Behandlung der ausserkantonalen Liegenschaftenhändler mit Art. 12 Abs. 4 StHG in Einklang steht (vgl. BERNHARD ZWAHLEN, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Zweifel/Athanas [Hrsg.], Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 2. Aufl. 2002, N. 25 zu Art. 12 StHG ). Als problematisch erweist sich die Norm von § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG aber im Zusammenhang mit dem Schlechterstellungsverbot (vgl. E. 4.3 hiernach). 4. 4.1 Nach der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung (letztmals bestätigt mit Urteil 2P.173/2001 vom 26. Februar 2002 E. 2b) BGE 137 I 145 S. 150 verstösst die Erfassung von Gewinnen von Liegenschaftenhändlern mit der Grundstückgewinnsteuer nicht gegen das Doppelbesteuerungsverbot, wenn im Kanton lediglich eine Steuerpflicht aus Grundeigentum (d.h. weder Wohnsitz, Betriebsstätte noch Sitz im Kanton) besteht: Gemäss dieser Rechtsprechung stehen das Grundeigentum und sein Ertrag unter der Steuerhoheit des Kantons, in dem es sich befindet; dies soll auch für den bei der Veräusserung einer Liegenschaft erzielten Gewinn gelten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er nach dem kantonalen Steuerrecht der allgemeinen Einkommens- bzw. Gewinnsteuer oder einer besonderen Wertzuwachs- oder Grundstückgewinnsteuer unterworfen ist ( BGE 120 Ia 361 E. 4b und 5 S. 365 f.; BGE 95 I 431 E. 2a S. 434; BGE 92 I 461 E. 2-4 S. 466 ff.). Dem Liegenschaftskanton ist es deshalb gemäss bisheriger Praxis nicht verwehrt, die von ausserkantonalen Liegenschaftenhändlern erzielten Veräusserungsgewinne wie private Kapitalgewinne mit einer Grundstückgewinnsteuer (Objektsteuer) zu erfassen; das ist auch dann der Fall, wenn der Kanton - wie der Kanton Luzern - die Veräusserungsgewinne auf Liegenschaften des Geschäftsvermögens der im Kanton ansässigen Liegenschaftenhändler (natürliche oder juristische Person) der Einkommenssteuer unterstellt. Der ausserkantonale Liegenschaftenhändler wird zwar damit anders behandelt als eine Person, die Wohnsitz, Betriebsstätte oder Sitz im Kanton hat, aber gleich wie ein im Kanton wohnhafter Privater; dies wird damit gerechtfertigt, dass ausserkantonale Liegenschaftenhändler der Steuerhoheit des Kantons nicht für ihre eigentliche Geschäftstätigkeit, sondern nur infolge ihres Grundeigentums unterstehen (Urteil des Bundesgerichts vom 6. November 1963 E. 3, in: ASA 33 S. 165; Urteile 2P.316/1992 vom 25. Februar 1994 E. 3, in: StR 49/1994 S. 422; 2P.221/1993 vom 28. Oktober 1994 E. 3b; 2P.289/2000 vom 8. Januar 2002 E. 6, in: ASA 71 S. 416; 2P.173/2001 vom 26. Februar 2002 E. 2b). 4.2 In seiner neueren Rechtsprechung hat das Bundesgericht in Bezug auf die Besteuerung von Liegenschaften im interkantonalen Verhältnis das Schlechterstellungsverbot wie auch den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit indessen deutlich stärker gewichtet: Wohl hält das Bundesgericht grundsätzlich weiter daran fest, dass dem Liegenschaftskanton die Gesamtheit der Liegenschaftserträge und -gewinne zur ausschliesslichen Besteuerung zusteht; dies bedeutet aber nicht, dass er den Steuerpflichtigen zu einem höheren als dem erzielten Einkommen besteuern darf. Dem BGE 137 I 145 S. 151 Liegenschaftskanton sind vielmehr nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung insofern Grenzen gesetzt, als er auf die Situation des Steuerpflichtigen (Unternehmung bzw. Privatperson) und dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Rücksicht nehmen muss: So kann zwar der Belegenheitskanton den Wertzuwachs aus der Veräusserung einer Betriebsliegenschaft ausschliesslich besteuern; er ist aber verpflichtet, den Geschäftsverlust, den die Unternehmung im Sitzkanton (oder weiteren Kantonen mit Betriebsliegenschaften) aufweist, mit dem Grundstückgewinn zu verrechnen ( BGE 131 I 249 E. 6.3 S. 261 f.). Das Bundesgericht hat diese neue Regel zur Vermeidung von sog. Ausscheidungsverlusten in der Folge - mit Bezugnahme auf das Schlechterstellungsverbot bzw. den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - mehrfach bestätigt und sowohl auf Liegenschaften im Privatvermögen ( BGE 131 I 285 E. 4.1 S. 290) als auch auf Kapitalanlageliegenschaften einer Unternehmung ausgedehnt ( BGE 132 I 220 E. 5 S. 227). Eine weitere Praxisänderung betraf die Schuldzinsen bei Liegenschaftenhändlern, welche neu nach dem quotenmässigen System proportional nach Lage der geschäftlichen und privaten Aktiven zwischen den betroffenen Kantonen aufgeteilt werden ( BGE 133 I 19 E. 6.3 S. 25; vgl. die Darstellung der neuen Praxis bei PETER MÄUSLI, Stärkere Gewichtung des Schlechterstellungsverbotes in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts, in: Entwicklungen im Steuerrecht, Michael Beusch/ISIS [Hrsg.], 2009, S. 429 ff.; SEILER/DUSS, Jüngste Entwicklungen bei der Besteuerung von Liegenschaften im interkantonalen Verhältnis, BR 2007 S. 152 ff.; PETER LOCHER, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3. Aufl. 2009, S. 18 ff.). 4.3 Soll der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen ( Art. 127 Abs. 2 BV ) besser Rechnung getragen und auch die Durchsetzung des Schlechterstellungsverbots ( Art. 127 Abs. 3 BV ) sichergestellt werden, so kann - im Lichte der unter E. 4.2 dargestellten Neuausrichtung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung - an der Zulässigkeit der unterschiedlichen Grundstückgewinnbesteuerung des Liegenschaftenhandels von ausserkantonalen juristischen Personen im Vergleich zu den im Kanton ansässigen juristischen Personen (vgl. E. 4.1. hiervor) nicht länger festgehalten werden. 4.3.1 Der Kanton ist zwar frei, ob er Kapitalgewinne auf Liegenschaften des Geschäftsvermögens nach dem dualistischen System mit der allgemeinen Einkommens- oder Gewinnsteuer erfassen will, oder ob er sie nach dem monistischen System wie private Grundstückgewinne der besonderen Grundstückgewinnsteuer unterwirft. BGE 137 I 145 S. 152 Das Steuerharmonisierungsgesetz lässt den Kantonen diesbezüglich die Wahl (vgl. E. 3.1 hiervor). Eine nach dem dualistischen System konsequent ausgestaltete Grundstückgewinnsteuer darf aber keine Gewinne von ausserkantonalen juristischen Personen, die Liegenschaftenhandel betreiben und nur aufgrund ihres Immobilienbesitzes (Geschäftsvermögen) im Kanton steuerpflichtig sind, erfassen. Eine solche Lösung, wie sie der Kanton Luzern in § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG vorsieht, ist mit dem Schlechterstellungsverbot bzw. dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht (mehr) zu vereinbaren (ebenso MÄUSLI/OERTLI, Das Schweizerische Steuerrecht, 6. Aufl. 2010, S. 266; auch ZWAHLEN, a.a.O., N. 25 zu Art. 12 StHG , bezeichnet die entsprechenden kantonalen Regelungen als "problematisch"). Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin als juristische Person ihren Sitz im Kanton Schwyz und ist nur aufgrund ihres Immobilienbesitzes im Kanton Luzern steuerpflichtig, d.h. im Kanton Luzern kann weder an den Sitz noch an eine Betriebsstätte angeknüpft werden. Mit der Unterwerfung unter die Grundstückgewinnsteuer wird die Beschwerdeführerin stärker belastet, als wenn sie - wie dies bei Liegenschaftenhändlern mit Sitz oder Betriebsstätte im Kanton Luzern der Fall wäre - mit der ordentlichen Gewinnsteuer erfasst würde. Im vorliegenden Fall beträgt die Differenz, was unbestritten geblieben ist, Fr. 37'203.-; dies entspricht einer Mehrbelastung im Vergleich zur ordentlichen Gewinnbesteuerung (Fr. 77'439.- anstatt Fr. 40'236.-) von über 92 %. Die Beschwerdeführerin wird hier als steuerpflichtige juristische Person nur darum stärker belastet, weil sie nicht in vollem Umfang der Steuerpflicht des Kantons Luzern untersteht. Wie bereits erwähnt, ist es aber aus Überlegungen der Steuergerechtigkeit unzulässig, einen ausserkantonalen Steuerpflichtigen Regeln zu unterwerfen, welche einen ausschliesslich innerkantonalen Steuerpflichtigen - unter sonst gleichen Umständen - nicht treffen würden (vgl. auch Urteil 2C_761/2007 vom 23. Juni 2008 E. 3.4.2, in: StE 2008 B 72.19 Nr. 9). Die bisher vertretene Begründung, der ausserkantonale Liegenschaftenhändler werde zwar anders als ein Händler mit Sitz oder Betriebsstätte, aber gleich wie ein im Kanton wohnhafter Privater behandelt, vermag vor dem Hintergrund der erwähnten Entwicklung der Rechtsprechung nicht (mehr) zu überzeugen: Für die Beurteilung, ob eine verbotene Schlechterbehandlung vorliegt oder nicht, sind Liegenschaftenhändler unter sich zu vergleichen (Grundsatz der Gleichmässigkeit der Besteuerung); der Hinweis auf die Besteuerung von Privatpersonen ist hier BGE 137 I 145 S. 153 unbehelflich. Zum gleichen Ergebnis führt auch die konsequente Anwendung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Besteuerung bzw. der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ( Art. 127 Abs. 2 BV ; vgl. E. 2.1 hiervor). 4.3.2 Auch der Gesetzgeber des Kantons Luzern ist sich der Problematik der Bestimmung offenbar bewusst: § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG wird per 1. Januar 2011 ersatzlos aufgehoben (vgl. Anhang zur Änderung des Steuergesetzes vom 9. März 2009, Gesetzessammlung des Kantons Luzern, 13. Lieferung vom 14. November 2009, S. 336), nachdem die Änderung des Steuergesetzes in der Volksabstimmung vom 27. September 2009 angenommen worden ist. In der Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 23. September 2008 zum Entwurf einer Änderung des Steuergesetzes (Teilrevision 2011; B 75, S. 55 ff.) wird zunächst die Regelung des Kantons Luzern, wonach sowohl natürliche als auch juristische Personen, die nur aufgrund ihres Grundeigentums im Kanton Luzern steuerpflichtig sind, Grundstückgewinne mit der Grundstückgewinnsteuer versteuern müssen, als im interkantonalen Vergleich "einzigartig" bezeichnet. Weiter wird eingeräumt, dass im Einzelfall aus der Unterstellung eines Grundstückgewinns unter die Grundstückgewinnsteuer, verglichen insbesondere mit der Unterstellung unter die Gewinnsteuer ab 2011, eine erheblich höhere Belastungsdifferenz als zur Zeit der Einführung von § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG resultieren könne. Diese Belastungsdifferenz sei umso höher, je kürzer die Besitzdauer am Grundstück gewesen sei. Wenn aber die Belastungsdifferenz aufgrund der Unterstellung des ausserkantonalen Liegenschaftenhandels unter eine andere Steuerart als den innerkantonalen Liegenschaftenhandel in einer Vielzahl der Fälle erheblich sei, vermöge das sachlich nicht mehr zu befriedigen. Eine wesentlich andersartige steuerliche Behandlung bezüglich Steuerart und Steuertarif könnte zudem im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot nach Art. 8 und 9 BV und das Schlechterstellungsverbot nach Art. 127 Abs. 3 BV in Zukunft "verfassungsrechtlich heikel" werden. Der Kantonsrat hat dieser Auffassung und der Aufhebung von § 1 Abs. 2 Ziff. 2 GGStG diskussionslos zugestimmt (Verhandlungen des Kantonsrats 1/2009, S. 296 und 411). 4.4 Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass der angefochtene Entscheid das Schlechterstellungsverbot ( Art. 127 Abs. 3 BV ) wie auch den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ( Art. 127 Abs. 2 BV ) verletzt und damit aufzuheben ist.
public_law
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation